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Regionales

Debatte um den Stadtbahnausbau Mehr für

Dabei kristallisieren sich vier Schwer- punktvorhaben heraus, die auch andere Einreicher und Anreger als wesentlich er- achten: 1.) die westliche Innenstadtstrecke 2.) Umstellung der Buslinie 411 (Kanzler- feld/Lamme – City – Mascherode) auf Stadtbahnbetrieb 3.) Ostverlängerung der Linie M3 Rich- tung Volkmarode Nord – Dibbesdorf (– /) und 4.) eine Pilotstrecke für eine Regiotram Braunschweigs ist durchaus leistungsfähig und verhältnismäßig modern. Doch der Ausbau Braunschweig Hbf. – City – . stagniert seit über zehn Jahren, die letzten Neubaustrecken gehen auf Projekte und Beschlüsse aus Zu den bedeutendsten Wunschprojekten den 1990er-Jahren zurück. gehört eine Tram über den Ring sowie ein Foto: Stefan Vockrodt Tramanschluss für den geplanten Bahnhal- or gut einem Jahr sorgte die seit ausarbeiten zu lassen, in dem „vorrangig tepunkt BS-West, zum Beispiel durch die Jahrzehnten geplante, aber bis heute das Stadtbahnnetz auf sinnvolle Erweiterun- Linie M5, die auch in den Ort hi- Vnicht angegangene Verlängerung der gen und Ergänzungen“ untersucht werden nein verlängert werden kann. Weitere, auch Tramlinie 3 durch Volkmarode für eine hefti- soll. Ende August bat die Stadtverwaltung von anderer Seite genannte Wunschstrecken ge Debatte in der Stadt. Sie entzündete sich dann die Bürger – binnen weniger als drei umfassen einen Straßenbahnanschluss von an der Kritik um die von der Verkehrs-AG zur Wochen! –, ihre Vorschläge dazu einzurei- Querum und eine Durchbindung der Tram Begutachtung im Rahmen einer so genann- chen; es gibt eine Fülle, zum Teil sehr de- vom Krematorium über Rautheim nach Ma- ten standardisierten Bewertung vorgelegte taillierte. scherode. Planung – sorgte aber immerhin dafür, die Debatte um den Ausbau und die Erweite- Was gemacht werden kann und Warum ein Ausbau? rung des Braunschweiger Schienennetzes was geschehen muss wieder in Gang zu bringen. Die Braunschweiger Verkehrs-AG freut sich Das 1992 aufgestellte und prinzipiell Auch das Umweltzentrum hat zusammen über steigende Fahrgastzahlen, auch wenn noch gültige Prioritätenkonzept Stadtbahn- mit dem BUND, dem Braunschweiger Forum, im Vergleich mit anderen, gleich großen ausbau ist hier und da überholungsbedürf- dem VCD und interessierten Einzelpersonen Städten der ÖPNV in Braunschweig noch tig, ansonsten aber noch anwendbar. Trotz- der Stadt eine Liste von Anregungen überge- große Entwicklungspotentiale aufweist, wie dem entschied der Rat im Februar, bis zum ben, die notwendige und wünschenswerte die Tabelle belegt. So fährt der Braunschwei- Sommer 2014 ein neues Stadtbahnkonzept Netzerweiterungen enthält. ger nur etwa 156 Mal im Jahr mit und Bahn, während es ein Bürger in (Saale) Tabelle: Die Braunschweiger Verkehrs-AG im Leistungsvergleich 233 Mal tut. Der Vergleich zeigt auch, dass Stadt Braunschweig Gera Halle/S. Städte wie Kassel, Halle oder Gera, in denen Unternehmen BsVAG GVB HAVAG KVG MoBiel die Tram den Schwerpunkt des ÖPNV leistet, Einwohner 244.000 96.000 230.000 192.000 323.000 wesentlich höhere Leistungen aufweisen Tramlinien 5 3 13 7 4 und wirtschaftlicher arbeiten als Braun- Netzlänge Tram (km) 39,6 18,8 86,2 51,2 35,6 schweig oder Bielefeld, in denen die Tram Zug-km (Mio.) 9,9 4,2 9,0 8,08 12,96 nicht die Hauptlast des ÖPNV trägt. davon Tram 2,5 1,7 5,68 3,70 2,75 Schaut man sich das bestehende Braun- Tramanteil (%) 25,3 40,5 63,1 45,6 21,2 schweiger Netz einmal an, so fällt auf, Fahrgäste (Mio.) 38 18 53,5 37,75 55,5 dass es ein Nord- und ein Südnetz gibt, die Personen-km (Mio.) ca. 164 88,82 331,15 186,66 291,79 nur über das Nadelöhr Hagenmarkt – Rat- Tramanteil (%) 43,2 62,1 81,9 65,0 46,8 haus – Bohlwegkreuzung verbunden sind. Auslastung 15,7 17,6 25,5 18,0 18,3 Wenn, wie im kommenden Jahr geplant, Fahrten pro Einwohner 156 188 233 197 172 am Hagenmarkt die Gleise saniert wer- Kostendeckung (%) ca. 70 82 90 den, muss auf der Hälfte des Tramnetzes Aufschlüsselung und Daten nach VDV-Statistik für 2011 Busersatzverkehr angeboten werden. Das (Braunschweig nach BsVAG-Homepage und wikipedia) konnten wir im Sommer schon einmal ge-

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nießen, Wiederholungen sind eher weniger erwünscht. Deshalb sollte die seit 1992 geplante westliche Innenstadtverbindung vom Ra- deklint zum Friedrich-Wilhelm-Platz mit höchster Priorität realisiert werden. Für die Trasse über Gördelinger Straße, Alt- stadtmarkt und Brabantstraße liegt die Planung fertig vor. Mit einem zügigen Plan- feststellungsverfahren könnte hier 2015, spätestens 2016 gefahren werden – bis da- hin dürfte die bestehende Gleisanlage am Die alte Eisenbahnstrecke nach Wende- Hagenmarkt noch ohne größere Probleme burg wird VW für sein neues Logistikzen- durchhalten. trum reaktivieren, auf einigen Abschnitten Längerfristig sind die Projekte „Ersatz in der Braunschweiger Innenstadt ist Nor- Buslinie 11“, hier auch mit einer Gabelung malspurgleis vor einiger Zeit mitverlegt wor- der Strecke in Lehndorf Richtung Lamme den; Lücken (wie an der Wendenstraße und und Richtung Kanzlerfeld und eine Ring- Das bestehende Schienennetz lässt große Teile Hamburger Straße) könnten im Zuge anste- tram zu betrachten. Angemerkt sei hierzu der Stadt links und rechts liegen. Lehndorf, die hender Baumaßnahmen leicht geschlossen nur: Ein Straßenbahnanschluss vom Haupt- Südstadt aber auch Querum, Hondelage und werden. Das Konzept einer RSB-Pilotstrecke Rüningen sind „straßenbahnhöffig“. bahnhof über die Salzdahlumer Straße in Grafik: Deutsches Architektur Forum nach Wendeburg greift einen der vielverspre- die Südstadt ist seit 1960 (!) geplant – die chendsten einst geplanten Äste auf und ließe entsprechenden Trassen sind seither freige- geführten Baumaßnahmen ist seitens der sich in überschaubarer Zeit (in weniger als halten worden. Verkehrs-AG der dafür erforderliche Min- zehn Jahren) realisieren, zumal auch die der- destabstand zwischen den Gleisen eingehal- zeitige Landesregierung eine Reaktivierung Doch eine RegioStadtBahn (RSB)? ten worden, auf der Wolfenbütteler Straße stillgelegter Bahnstrecken ohne die DB plant. aktuell leider nicht. Im Zuge dieser Planun- So gesehen besteht jetzt eine große 1995 wurde vom Rat beschlossen, das gen begann damals auch die RSB-Planung, Chance, dreizehn verlorene Jahre aufzuho- Braunschweiger Straßenbahnnetz langfristig die leider mit vielen schönen Worten und len. Die Stadt und ihre Bürger sollten sich auf Normalspur umzuspuren und für den mangels Taten wieder aufgegeben wurde – das nicht entgehen lassen. Einsatz 2,65 Meter breiter Stadtbahnwa- seitens der Behörden, nicht seitens einiger gen auszubauen. Bei vielen seither durch- engagierter Bürger. Stefan Vockrodt

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