Quellen Und Forschungen Aus Italienischen Archiven Und Bibliotheken

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Quellen Und Forschungen Aus Italienischen Archiven Und Bibliotheken Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut in Rom Bd. 89 2009 Copyright Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online- Publikationsplattform der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA), zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden. ZWISCHEN ÖSTERREICH, VENEDIG UND UNGARN Die „Chronik von Valvasone“ als Zeugnis der Geschichte Friauls im späten Mittelalter von UWE LUDWIG Vor einigen Jahren hat Mario D’Angelo eine neue Edition des Chronicon Spilimbergense vorgelegt, 1 die an die Stelle der von Giu- seppe Bianchi im Jahre 1856 besorgten Ausgabe 2 tritt und aufgrund der überlieferungskritischen Bemerkungen und der historischen Er- läuterungen, die der Herausgeber der Wiedergabe des Textes beifügt, eine der wichtigsten erzählenden Quellen zur spätmittelalterlichen Geschichte Friauls der Forschung eigentlich erst zugänglich macht. Der Berichtszeitraum dieser Chronik annalistischen Typs umspannt die Jahre von 1241 bis 1489, wobei freilich die Nachrichten in man- chem Zeitabschnitt äußerst spärlich fließen, um in anderen Phasen an Ausführlichkeit und Lebendigkeit zu gewinnen. Dem 13. Jahrhundert gehören nicht mehr als acht Notizen an: Sie beginnen mit der Meldung vom Einfall der Tataren in Ungarn (1241) und enden mit der Nach- richt von der Wahl Herzog Konrads von Schlesien zum Patriarchen von Aquileja und der daraufhin von Papst Bonifaz VIII. ausgespro- chenen Berufung des Erzbischofs von Capua, Petrus Gerra (Pietro Gera), auf den Aquilejeser Patriarchenstuhl (1299). 3 Wesentlich detail- 1 Chronicon Spilimbergense. Note storiche su Spilimbergo e sul Friuli dal 1241 al 1489, ed. M. D’Angelo, Sequals 1998. Dem lateinischen Text der Chronik ist im Paralleldruck eine italienische Übersetzung beigegeben. 2 G. Bianchi, Chronicon Spilimbergense nunc primum in lucem editum, Udine 1856. 3 Chronicon Spilimbergense, ed. D’Angelo (wie Anm. 1) S.24. Zum Inhalt der hier erwähnten Meldungen siehe unten S.163ff. QFIAB 89 (2009) 114 UWE LUDWIG freudiger ist die Berichterstattung für die nun folgenden zehn Jahre. Das Interesse der Chronik gilt vor allem den militärischen Konflikten des Patriarchen Ottobono (1302–1315) mit dem Herrn von Treviso, Rizzardo da Camino, und dessen friulanischen Gefolgsleuten. 4 Zwi- schen 1309 und 1338 verstummt die Chronik völlig, um dann für die folgenden Jahre mit einigen wenigen Meldungen aufzuwarten. 5 Mit dem Jahr 1349 wird der Bericht erneut mitteilsamer und farbiger. Bis 1362 sind Jahr für Jahr – eine Ausnahme bildet lediglich das Jahr 1360 – recht umfangreiche Aufzeichnungen vorgenommen worden,6 so dass man ohne Weiteres sagen kann, dass die Amtszeiten der Pa- triarchen Nikolaus (1350–1358) und Lodovico Della Torre (1359– 1365) den Schwerpunkt der chronikalischen Darstellung bilden. Der Zeitraum von 1362 bis 1409 ist mit lediglich sieben Eintragungen ver- treten, 7 ehe der Informationsgehalt der Quelle für die Jahre 1409 bis 1418 wieder erheblich ansteigt. 8 In der Folgezeit sind nur noch verein- zelt Nachrichten niedergeschrieben worden, wobei sich das Interesse von den politischen und militärischen Ereignissen zusehends auf das Feld der Unglücksfälle und der Naturkatastrophen verlagert. 9 Das Chronicon Spilimbergense ist nicht im Original überliefert, sondern nur in einer Abschrift von der Hand Domenico Ongaros aus dem späten 18. Jahrhundert, die in der Biblioteca Guarneriana in San Daniele del Friuli aufbewahrt wird. 10 Über mehrere Zwischenstu- 4 Ebd., S.26–30. Zu diesen Zusammenhängen vgl. P. Paschini, Storia del Friuli, Udine 41990, S.424ff.; G. Brunettin, L’evoluzione impossibile. Il principato ecclesiastico di Aquileia tra retaggio feudale e tentazioni signorili (1251–1350), in: P. Cammarosano (Hg.), Il Patriarcato di Aquileia. Uno Stato nell’Europa medievale, Ronchi dei Legionari 2000, S.65–226, S.121ff. 5 Chronicon Spilimbergense, ed. D’Angelo (wie Anm. 1) S.30: Es sind Einträge zu den Jahren 1338, 1343, 1346 und 1348 überliefert. 6 Ebd. S.32–58. 7 Ebd. S.58–60. 8 Ebd. S.60–68. 9 Ebd. S.68–74. 10 San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana, Ms. 274: „Necrologia Ec- clesiarum aliquot Forojuliensium ex Archetypis vel descripta vel decerpta“. Auf eine Abschrift des Nekrologs von Rosazzo folgen darin auf fol.55r–81v (pag. 1–52 der separaten, zeitgenössischen Zählung) Excerpta ex Necrologio Veteri Eccle- siae Spilimbergensis per Com. Danielem Concinam, Ad cujus Apographum Diligenter hoc nostrum conformavimus. Zu dieser Handschrift siehe Chronicon Spilimbergense, ed. D’Angelo (wie Anm. 1) S.8ff. QFIAB 89 (2009) CHRONIK VON VALVASONE 115 fen 11 geht diese Abschrift auf einen codex vetustissimus membrana- ceus, vulgo catapan, ecclesiae Sanctae Mariae de Spilimbergo 12 zu- rück. Der Katapan, wie er in der Marienkirche von Spilimbergo, dem heutigen Dom, geführt wurde, ist ein an vielen friulanischen Kirchen gebräuchlicher Sammelcodex, in dem Rechte und Privilegien, Ein- künfte, Vermächtnisse und mit Anniversarfeiern verbundene Stiftun- gen festgehalten wurden. Den Kern einer solchen Handschrift bildete im Regelfall ein Heiligenkalendar, in dem nekrologische Eintragungen vorgenommen wurden, das mitunter jedoch auch zur Aufzeichnung wichtiger Geschehnisse und Vorkommnisse diente. 13 An der Marien- kirche zu Spilimbergo sind derartige chronikalische Notizen über ei- nen Zeitraum von beinahe 250 Jahren niedergeschrieben worden, wenn auch mit beträchtlichen Intensitätsschwankungen, die das mehr oder minder große Interesse der einzelnen Generationen spiegeln, Mitteilenswertes für die Nachwelt schriftlich zu fixieren. Leider hat sich weder der „ältere“ noch der „jüngere“ Katapan, über welche die Marienkirche von Spilimbergo einem Inventar von 1501 zufolge verfügte, erhalten. 14 Es stellt sich daher die Frage, ob die chronologische Unordnung, in der Ongaros Abschrift die einzelnen Nachrichten darbietet, den „originalen“ Befund wiedergibt oder ob die Vermutung Mario D’Angelos zutrifft, Ongaros Vorlage sei durch nach- 11 Ebd. 12 Die Überschrift auf fol.56r (pag. 1) von Ms. 274 lautet: Excerpta Ex Codice vetustissimo Membranaceo vulgo Catapan Ecclesiae Sanctae Mariae de Spi- limbergo. 13 Der Terminus catapan ist von griechisch katapan herzuleiten, vgl. J. Pirona, Vocabolario friulano, hg. von G.A. Pirona, Venezia 1871 (Ndr. 1983) S.55f.; G.A. Pirona, Il Nuovo Pirona. Vocabolario friulano, hg. von E. Carletti/G. B. Corgnali, Udine 1935 (Ndr. Udine 1983) S.109, und wird in der Bedeutung „(Buch) für alles“ verwendet. – Zu den friulanischen Katapanhandschriften siehe Chronicon Spilimbergense, ed. D’Angelo (wie Anm. 1) S.10f.; F. Metz, Pieta`e liturgia, in: La Chiesa di San Martino al Tagliamento. Storia, arte, reli- giosita`, Pordenone 1996, S.31–99, S.93 Anm. 20. Unter den jüngeren Editionen friulanischer Katapane seien genannt: G. Ribis, Il Catapan di Rizzolo in Friuli (1307–1610), Fonti per la storia della Chiesa in Friuli 6, Udine 2002; A. Tilatti, Il catapan di Trevignano udinese (secoli XIV-XVI), Fonti per la storia della Chiesa in Friuli. Serie medievale 3, Roma 2006; M. Beltramini, Il Catapan di Codroi- po (1551), Fonti per la storia della Chiesa in Friuli 10, Udine 2008. 14 Chronicon Spilimbergense, ed. D’Angelo (wie Anm. 1) S.10. QFIAB 89 (2009) 116 UWE LUDWIG trägliche Veränderung der Seitenabfolge und durch den Verlust von zahlreichen Blättern in Mitleidenschaft gezogen worden. 15 Zu berück- sichtigen ist in diesem Zusammenhang die der Kopie angefügte An- merkung (Monitum), in der Ongaro Überlegungen zur Eintragstätig- keit der verschiedenen im Codex tätigen Schreiber anstellt: Diesen „wackeren Männern“ ( boni … viri), so sagt er, sei es vor allem darum zu tun gewesen, die historischen Ereignisse für die Nachwelt aufzu- zeichnen. Um die Reihenfolge der Notizen hätten sie sich nicht geküm- mert oder sie hätten es nicht vermocht, eine Ordnung herzustellen. Die frühesten Schreiber hätten noch genügend Platz für ihre Aufzeich- nungen gehabt, während spätere Schreiber freigebliebene Stellen der Handschrift für ihre Notizen ausgewählt und dabei Zwischenräume offengelassen hätten, die von noch späteren Händen gefüllt worden seien. Ongaro zieht daraus die Schlussfolgerung: … ex quo factum est, ut rerum ac temporum ordo consistere nullatenus potuerit. 16 Dem- nach ist davon auszugehen, dass die fehlende chronologische Ord- nung in der Abschrift Ongaros der Aufzeichnungspraxis im alten Ka- tapan zuzuschreiben ist. Ungewiss bleibt, ob man tatsächlich anneh- men muss, ganze Seiten des Katapans und mit ihnen zahlreiche Notate seien verlorengegangen, um zu erklären, weshalb der Bericht des Chronicon Spilimbergense bisweilen für längere Zeit verstummt. Auf die vielfachen wörtlichen Überschneidungen zwischen der Chronik von Spilimbergo und der sogenannten Chronik der Patriar- chen von Aquileja hat bereits der erste Rezensent der Ausgabe Bian- chis hingewiesen. 17 Mario D’Angelo 18 möchte zudem eine wechselsei- 15 Ebd. S.9. – Vgl. auch die Besprechung der von Bianchi im Jahre 1856 besorgten Edition der Chronik von Spilimbergo im Archivio Storico Italiano,
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