Das BMI Ist Zukunftsfit“ Sektionschef Dr
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030_034_Einzinger_030417_5Muster 3-spaltig neu links.qxd 22.02.17 16:52 Seite 30 INTERVIEW Verabschiedungsfeier am 30. Jänner 2017 im BMI: Sektionschef Franz Einzinger (mit Pensionierungsdekret) mit sechs „seiner“ Innenminister: Ernst Strasser, Franz Löschnak, Wolfgang Sobotka, Caspar Einem, Maria Fekter und Karl Schlögl. „Das BMI ist zukunftsfit“ Sektionschef Dr. Franz Einzinger, Leiter der Sektion I (Präsidium) trat mit 1. Februar 2017 in den Ruhestand. In seine Zeit als Präsidialchef fiel eine Reihe wichtiger und großer Reformen. Sie haben in Ihrer Funktion öfters mit Privatunternehmen zu tun gehabt. sich an privatwirtschaftlichen Grundsät- noch viele andere Dinge. Es hat vor den Wenn man das Innenministerium als zen. Aber es gibt immer noch Bereiche, 2000er-Jahren keine Sicherheitsakade- Dienstleistungsunternehmen sieht – wie wo wir uns von der Privatwirtschaft un- mie in der heutigen Form gegeben, kein fällt da der Vergleich aus? terscheiden müssen, weil wir oft auch Bundeskriminalamt, kein Bundesamt politische Überlegungen und Vorgaben für Verfassungsschutz und Terrorismus- Diesen Vergleich brauchen wir nicht berücksichtigen müssen. bekämpfung und kein Bundesamt zur zu scheuen. Wir sind in vielen Berei- Sie haben eine Reihe von Reformen Korruptionsprävention und Korrupti- chen sogar besser als manche Unterneh- erlebt, vor allem in den letzten Jahren. onsbekämpfung bis hin zum 2014 ge- men in der Privatwirtschaft, vor allem Welche Reformen waren aus Ihrer Sicht gründeten Bundesamt für Fremdenwe- weil wir krisenerprobt sind und oft auf die wichtigsten? sen und Asyl, wo über 190 Behörden zu sich verändernde Entwicklungen sehr einer Behörde zusammengeführt wor- rasch reagieren müssen – und das auch In den letzten vierzehn, fünfzehn den sind. Wenn ich sage „Die anderen gewohnt sind zu tun. Das hat sich zum Jahren sind die entscheidenden Refor- reden von Reformen, wir setzen Refor- Beispiel in der Flüchtlingskrise 2015 men über die Bühne gegangen, die das men um“, dann hat das seine Berechti- gezeigt, wo wir die Einzigen waren, die Ressort zukunftsfit gemacht haben. Hät- gung. Das Bundeskanzleramt hat immer schnell reagiert haben. Wir haben in den ten wir das versäumt, sähen wir heute wieder von den Ressorts Verwaltungs- letzten Jahren zunehmend Methoden schlecht aus – bei den Herausforderun- reformen eingefordert. Die großen Bro- aus der Privatwirtschaft übernommen, gen, die sich uns heute stellen, wie Kri- cken sind immer wieder vom Innenmi- zum Beispiel was das Führen anlangt: minalität oder Terror. Aber wir haben nisterium gekommen. Natürlich muss ACHAUER Führen mit Zielen, unsere Strategie IN- die Wachkörper zusammengelegt, wir man Strukturen immer wieder anpassen. P NEN.SICHER, wo wir klar eine Unter- haben die Behördenreform durchge- Aber von der Struktur her sind wir heu- ERD führt, einen jährlichen Strategieprozess te wirklich zukunftsfit und gut aufge- : G nehmensstrategie festgelegt haben. OTO Auch das neue Haushaltsrecht orientiert eingeleitet, aber natürlich gehören dazu stellt. F 30 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 3-4/17 030_034_Einzinger_030417_5Muster 3-spaltig neu links.qxd 22.02.17 16:52 Seite 31 Franz Einzinger: „Wir zählen in der Polizeiausbildung in Europa auf jeden Fall zu den Besten.“ Hatten Sie ein besonders einschnei- Was war das positivste Erlebnis in dendes Erlebnis in Ihrer Dienstzeit? Ihrer Dienstzeit? Großen und Ganzen passt das, wie es sich entwickelt hat. Probleme gibt es Das einschneidendste Erlebnis war Als im Jahr 2000 die sogenannte dagegen im Verwaltungsbereich. Hier sicher der plötzliche Tod von Ministerin „Wende“ gekommen ist, war ich Perso- wird seit Jahren gespart. Die Alters- Liese Prokop zu Silvester vor zehn Jah- nalchef. Einige haben gesagt, als Perso- struktur ist deshalb denkbar schlecht. ren. Gerade jene Ministerin, die auf- nalchef wird man in einer komplett neu- Das hat man im Kanzleramt schon vor grund ihres Führungsstils und Auftre- en politischen Konstellation nicht lange Jahren erkannt. Nur hat man nicht ge- tens voll anerkannt und beliebt war. überleben. Damals habe ich aber gese- gengesteuert, sondern man hat noch Wie haben Sie diesen Abend erlebt? hen: Wenn man seine Arbeit macht und mehr Planstellen eingespart. Das fällt – wie es die Pflicht eines Beamten ist – uns heute auf den Kopf. Jetzt haben wir Der damalige Kabinettchef Philipp unpolitisch agiert, dann kann man auch das Problem, dass wir in vielen Berei- Ita hat mich gegen 22 Uhr angerufen in neuen Zeiten überleben. Ganz im Ge- chen Spezialisten benötigen würden: und mir gesagt, unsere Bundesministe- genteil: Mit meiner Karriere ist es sogar Wir reden von Cybercrime und Cyber- rin sei verstorben. Ich habe zuerst ge- noch ziemlich bergauf gegangen. Ich security, von der Bekämpfung der Com- dacht, das kann nicht sein. Aber dann bin im Oktober 2000 Gruppenleiter ge- puterkriminalität allgemein. Und neben- hat Philipp Ita etwas von der Begräbnis- worden und mit 1. Jänner 2003 Sekti- bei vergisst man: Auch die Exekutive planung gesagt und gesagt, wir müssten onschef. Das hat mir gezeigt, dass der braucht im Hintergrund Leute, die zum koordinieren zwischen dem BMI, dem Rechtsstaat Österreich und das Beam- Beispiel die EDV am Leben halten. Land Niederösterreich und dem Kanz- tentum funktionieren. Wenn wir wollen, dass eines Tages jede leramt. Da habe ich langsam begriffen: Wie hat sich der Personalbereich aus Polizistin und jeder Polizist vor Ort Es ist wahr. Die Silvesterfeier war da- Ihrer Sicht entwickelt? Sie sind ja seit elektronisch Daten eingibt, zum Bei- mit natürlich zu Ende. Ich habe die Mi- 1982 damit beschäftigt? spiel in ein Tablet, dann muss im Hin- nisterin noch kurz vor Weihnachten, tergrund die Betreuung passen. Das kurz bevor ich in den Urlaub gegangen Bei der Exekutive hat sich in den heißt, wir bräuchten dringend Spezialis- bin, am Kohlmarkt getroffen und mit ihr letzten Jahren gezeigt, dass wir perso- ten. Bedenken Sie, dass sich das Budget geplaudert. Ihr Tod, das war sicher das nell heute ganz gut aufgestellt sind – in meiner Zeit als Sektionsleiter, also ACHAUER P Negativste, das ich in meiner Laufbahn ausgelöst durch Ereignisse in den Berei- von 2003 bis jetzt, verdoppelt hat – von ERD erlebt habe; wo sie doch noch so fit und chen Terror, Kriminalität und Migrati- 1,7 auf 3,4 Milliarden Euro. Das muss : G OTO voll im Leben war. Es war ein schwerer on. Man kann natürlich nie genug Poli- ja auch betreut werden. Alles lässt sich F Verlust fürs Haus und für uns alle. zistinnen und Polizisten haben, aber im nicht maschinell erledigen. 31 ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 3-4/17 030_034_Einzinger_030417_5Muster 3-spaltig neu links.qxd 22.02.17 16:52 Seite 32 INTERVIEW Worin liegen die Schwierigkeiten bei Ihr Leitspruch ist „Das Team ist der der Einstellung neuer Verwaltungsbe- schen Exekutive und Verwaltung aufge- Star“. Als Sie bei der Polizei bzw. im diensteter? hoben oder zumindest relativiert würde BMI angefangen haben, war das anders. und statt eines E- und eines A-Schemas Das liegt an den Vorgaben. Wenn für Exekutive bzw. Allgemeine Veral- Das war extrem anders. Als ich ein- ich heute zum Beispiel eine Psycholo- tung ein S-Schema für „Besoldungs- getreten bin, hat das Motto geheißen: gen- oder IT-Planstelle besetzen möchte gruppe Sicherheit“ geschaffen würde. Der Chef hat immer recht. Das war ein und jemanden wüsste, der die Voraus- Wir haben heute schon praktisch idente rein autoritärer Führungsstil. Befehle setzungen erfüllt und eine Spitzenkraft Arbeitsplätze einmal mit Exekutiv- und sind im Büro des Chefs ausgegeben wäre, muss ich die Stelle trotzdem erst einmal mit Verwaltungsbediensteten be- worden, hinter einer Doppeltür mit ressortintern ausschreiben, dann bun- setzt, wie zum Beispiel im Bundeskri- Polsterung. Draußen an der Wand hat desweit in allen Ressorts und dann noch minalamt. ein rotes Licht geleuchtet, mit der Auf- über die Jobbörse und das AMS. Das ist Sie waren 39 Jahre im Innenressort schrift „NICHT EINTRETEN“. Ideen eine Ochsentour, denn zwischendurch tätig. Als Sie 1978 eingestiegen sind, seitens der Mitarbeiter waren nicht ge- muss ich immer wieder das Kanzleramt haben Sie mit einer Schreibmaschine fragt, Rückfragen nicht beliebt. Infor- fragen, ob ich den nächsten Schritt ma- gearbeitet. Wie haben Sie die Entwick- mationen hat es keine gegeben – son- chen darf. Die Ausschreibungen im lung bis heute erlebt? dern man hat als Beamter in seinem ei- AMS haben zum Beispiel zur Folge, genen Tunnel etwas ausgearbeitet, von dass Hunderte Bewerbungen reinkom- Als ich 1978 im Bezirkspolizeikom- dem man geglaubt hat, das will der men, die alle bewertet werden müssen. missariat Meidling als Polizeijurist an- Chef. Das hat sich sehr geändert. Heute Das ist eine Riesenbelastung für das gefangen habe, hat es mechanische steht ein kooperativer, situativer Füh- Personalreferat. Oft schreiben die Be- Schreibmaschinen gegeben. Später wa- rungsstil im Vordergrund. Es wird in werber selbst in ihre Bewerbung, dass ren elektrische Bildschirmschreibma- Projekten gearbeitet, die Leute sind sie die Voraussetzungen nicht erbrin- schinen eine Errungenschaft, danach selbstbewusster. Ich habe schon als gen. Überprüft werden müssen sie trotz- sind erste Computer gefolgt, mit riesi- Stellvertreter in der Personalabteilung dem. Wenn ich beispielsweise jeman- gen Nadeldruckern, die einen Höllen- begonnen, die Mitarbeiter einzubezie- den im Talon hätte, müsste er oder sie lärm gemacht haben. Heute habe ich hen und habe von meinem damaligen abwarten, bis diese Prozedur zu Ende meinen Computer in der Sakkotasche. Chef den