Porträtmalerei Nach Fotografien Ende Des 19. Jahrhunderts in München

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Porträtmalerei Nach Fotografien Ende Des 19. Jahrhunderts in München Tini Rupprecht Porträtmalerei nach Fotografien Ende des 19. Jahrhunderts in München Milena Greif Dissertation an der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt von Milena Greif aus München München, den 10. Oktober 2002 Erstgutachter: Frau Prof. Dr. Steffi Roettgen Zweitgutachter: Herr Prof. Dr. Frank Büttner Tag der mündlichen Prüfung: 26.2.2003 Die Recherche in USA für diese Arbeit wurde durch ein einmonatiges DAAD- Forschungsstipendium ermöglicht. Mein besonderer Dank gilt: Nikki Taylor, Kate und Mark Petley, Richard Wolf, Helmut Heß und Christine Walter, Rudi Konar, meinen Eltern sowie dem Münchner Stadtmuseum und Frau Dr. Heller von der Von Parish-Kostümbibliothek INHALTSVERZEICHNIS Einleitung 1 I. Das Verhältnis von Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert 7 1. Die Diskussion über Malerei auf fotografischer Basis 7 1.1 Die Behandlung des Verhältnisses von Fotografie und Malerei in der kunsthistorischen Literatur 7 1.2 Einschätzung der Verwendung von Fotografie in der Malerei durch die Kunstgeschichte und nach zeitgenössischen Quellen 9 1.3 Die vermeintliche Verheimlichung der Fotografie 11 1.4 Zusammenfassung 14 2. Bedingungen für Malerei nach Fotografie 15 2.1 Erhaltene Bestände 15 2.2 Weshalb Bestände fehlen 16 2.3 Zweierlei Fotografie und ihr Kunstwert 17 2.4 „The Flavour of the Lens“ 20 2.5 Die mittelbare und die unmittelbare Wirkung der Fotografie auf die Malerei 23 2.6 „Moderne“ Bildnismalerei mit Fotografie 28 2.7 Zusammenfassung 29 3. Die „rechte Hand des Künstlers“ – der Status der Fotografie im Werkprozess 30 3.1 Die fotografische Skizze 30 3.2 Kritik der Abhängigkeit des Künstlers von der Fotografie 32 3.3 Die Schwierigkeit, nach Fotografien zu malen 33 3.4 Die Verbesserung der Malerei durch die Fotografie 36 3.5 „Synthetischer Realismus“ 37 3.6 Zusammenfassung 38 4. Die Ästhetik der Porträtmalerei Ende des 19. Jahrhunderts 39 4.1 Vom Idealismus zum Individualismus 39 4.2 Die Verwissenschaftlichung der Porträtmalerei 41 4.3 Die fehlende Farbigkeit der Fotografie 43 4.4 Momentaufnahme versus Seelenporträt 45 4.5 Die Ähnlichkeit 46 4.6 Zusammenfassung 49 5. Die Wahrnehmung fotografischer Malvorlagen 49 5.1 Abbildungsmodi 49 5.2 Der Bildcharakter fotografischer Malvorlagen 50 5.3 Zusammenfassung 53 II. Die Malerin Tini Rupprecht 55 1. Quellen, Fotografien und Œuvre 55 1.1 Literatur und Quellenlage 55 1.2 Der fotografische Nachlass und der Verbleib des Œuvres 56 2. Werdegang der Malerin 57 2.1 Biographie 57 2.2 Honorare, Auftragslage und Porträtanfragen 58 2.3 Ausstellungstätigkeit und Auszeichnungen 61 2.4 Spezialisierung auf das Porträtfach 63 3. Tini Rupprecht als Porträtmalerin 64 3.1 Verortung einer „Prunkmalerin“ 64 3.2 Tini Rupprechts künstlerische Vorbilder 67 3.3 Historistische Malerei 68 3.3.1 Plagiarismus 71 3.3.2 Die Originalität historistischer Porträtmalerei 73 3.3.3 Historistische Malerei zwischen Kritik und Vereinnahmung 74 3.3.4 Die fotografische Aneignung der Vorbilder 75 3.3.5 Eliminierung des Kontextes am Beispiel des Bildes „Anno 1793“ 77 3.4 „Der Geist des Rococo“ 79 3.5 Zusammenfassung 80 4. Tini Rupprechts Verhältnis zur Münchner Porträtmalerei 81 4.1 „Angewandte Kunstgeschichte“ und Porträtmalerei in München 82 4.2 Die Lehrer Františék DvoĜák und Franz Bohumil Doubek 84 4.3 Das Verhältnis zu Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach 86 4.4 Tini Rupprechts Status als erfolgreiche Porträtmalerin in München 89 4.5 Tini Rupprechts Urteil über Münchner Malerei 91 4.6 Zusammenfassung 92 5. Pastellmalerei und Tini Rupprechts Spezialisierung 93 5.1 Pastellmalerei Ende des 19. Jahrhunderts 93 5.2 Die Wiederentdeckung des Pastells in München 94 5.3 Pastelleigenschaften 96 5.4 Eine moderne Technik? 98 5.5 Tini Rupprechts Pastelltechnik 98 5.6 Zusammenfassung 101 Exkurs: Die fotografische Selbstdarstellung der Malerin 102 6. Tini Rupprechts Porträtauffassung 104 6.1 Das Frauenporträt Ende des 19. Jahrhunderts 104 6.2 Zum Begriff des „Realidealismus“ 105 6.3 Vergleich mit Franz von Lenbachs und Friedrich August von Kaulbachs weiblichen Porträts 107 6.4 Porträtauffassung in Fotografie und Malerei 110 6.4.1 Das gemalte und das fotografierte Bildnis 111 6.4.2 Die Dame in Fotografie und Malerei 112 6.4.3 Tini Rupprechts Verständnis der Damenrolle 113 6.4.4 Eine Kronprinzessin in Bildnissen 115 6.4.5 Gruppenbildnis und Bildnishintergrund 116 6.4.6 Männerporträts 117 6.4.7 Historistische Requisite im Kinderbildnis 118 6.5 Zusammenfassung 120 2 III. Tini Rupprechts Fotografien 123 1. Die Herstellung von Vorlagefotografien und ihre Vorausetzungen 123 1.1 Münchens fotografierende Maler 123 1.2 Tini Rupprechts Fotopraxis 124 1.3 Die Zusammenarbeit mit Fotografen und Gehilfen 127 1.4 Fotonutzung bei Franz von Lenbach und Franz von Stuck 130 1.5 Entwickeln, Abziehen und Vergrößern der Fotografien 131 1.6 Atelierfotografien und die Vermittlung der Porträtkonzeption 132 1.7 Gestaltung der Abzüge 134 1.8 Notizen und Anweisungen auf den Fotografien 135 1.8.1 Anweisungen für Vergrößerungen 136 1.8.2 Maßstabsänderungen 137 1.9 Zusammenfassung 138 2. Künstlerische Arbeit mit Vorlagefotografien 138 2.1 Anzahl der Aufnahmen 138 2.2 Techniken der Übertragung 140 2.2.1 Das Quadratrasternetz 141 2.2.2 Das Abpausen 142 2.2.3 Die „Photopeinture“ 143 2.2.4 Die Projektion 144 2.3 Zusammenfassung 147 3. Malpraxis mit Fotografien 147 3.1 Die Fotositzung 148 3.2 Das durch die Fotografie erlangte Bildkonzept 149 3.3 Die Porträtsitzung 152 3.4 Skizzen und Farbnotizen 154 3.5 Die fotografierte Gliederpuppe 156 3.6 Porträtkleidung und Kostümierung 158 3.7 Zusammenfassung 161 4. Gemäldereproduktionen 162 4.1 Reproduktionen unvollendeter Gemälde 163 4.2 Reproduktionen vollendeter Gemälde 165 4.3 Porträtmalerei und fotografische Reproduktion 168 4.4. Zusammenfassung 170 Schluss 171 Literaturverzeichnis – alphabetisch 177 Literaturverzeichnis – systematisch 186 Abbildungsverzeichnis 196 Bildnachweis 201 3 V. Katalog 202 1. Fotografien zur Gemäldevorbereitung 204 Identifizierte Fotografien zur Gemäldevorbereitung 204 Unidentifizierte Porträtfotografien zur Gemäldevorbereitung 236 2. Pastellgemälde und Zeichnungen 247 In der Von Parish-Kostümbibliothek 247 In Museen und in Privatbesitz 248 3. Gemäldereproduktionen 251 4. Sonstige Fotografien von Modellen und aus dem Atelier 262 5. Sonstiges Atelierinventar 276 6. Schriftlicher Nachlass 277 Abbildungen zum Text 279 4 „Ich lasse die Gegenstände ruhig auf mich einwirken, beobachte dann diese Wirkung und bemühe mich, sie treu und unverfälscht wiederzugeben. Dies ist das ganze Geheimnis, was man Genialität zu nennen beliebt. Göthe. Es kommt aber darauf an wie einem das wiedergeben gelingt!!“ Tini Rupprecht, Auftragsbuch 1914-19241 Einleitung In München sind außergewöhnlich viele Fotografien erhalten, nach denen Maler im 19. Jahrhundert arbeiteten, insbesondere von den so genannten Malerfürsten Franz von Lenbach und Franz von Stuck. Diese Bestände lassen sich durch den Nachlass der Münchner Pastellporträtmalerin Tini Rupprecht (1867-1956) ergänzen. Er umfasst etwa 700 Reproduktionen, 2700 Privatfotografien und rund 1000 porträtvorbereitende Aufnahmen, womit dieser Bestand mit zu den größten zu rechnen ist, die vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis dato bekannt sind. Die Untersuchung dieses Nachlasses, der von der Verfasserin erstmals durchgesehen und katalogisiert wurde, war der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit. Der Nachlass ist bislang unpubliziert und wird hier zum ersten Mal vorgestellt. Besonderes Interesse galt bei der Aufarbeitung den Vorlagefotografien der Porträtgemälde, die ein Beispiel für die mediale Entwicklung vom 19. zum 20. Jahrhundert geben. Die Fotografien werden daher von mehreren Perspektiven aus betrachtet: sowohl von der Praxis der Malerin aus als auch vor dem Hintergrund der Anforderungen, die die Porträtmalerei um die Jahrhundertwende bestimmten. Die Einschätzung von Malerei nach Fotografie im 19. Jahrhundert und deren kunsthistorische Aufarbeitung soll zuvor einen Eindruck von der Problematik geben. Von einer besonderen Qualität der Fotografien, die Maler für ihre Arbeit anfertigten, wusste schon ein Zeitgenosse Tini Rupprechts, der Direktor der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark zu berichten. Er erhoffte sich von dieser Art von Fotografie sogar eine vorbildhafte Wirkung für die Erzeugnisse der Berufsfotografen. „Es ist bekannt, dass schon jetzt unsere Bildnismaler ganz ausgezeichnete Aufnahmen machen, die aber dem Publikum vorenthalten werden“, schrieb er 1898 in der Jahresgabe des Kunstvereins Hamburg, einem zweibändigen Werk über Bildnismalerei in Hamburg, und fuhr fort: 1 Auftragsbuch 1914-1924, o. S. [S.1], o. Dat., ca. 1914 (Unterstreichung im Original). 1 „Eine Reihe von öffentlichen Ausstellungen solcher Bildnisaufnahmen durch grosse Künstler dürfte eins der kräftigsten Mittel sein, zunächst in den größeren Städten im Geschmack des Publikums einen Wandel hervorzurufen. Aber auf solche Ausstellungen ist kaum zu hoffen, da die Künstler ihre Tätigkeit als Photographen noch gern verschweigen.“2 Nicht von ungefähr verwies Lichtwark in diesem Zusammenhang auf den „Geschmack des Publikums“, von dem das Porträt wie keine andere Gattung abhängig ist. Ein erstarkender Individualismus, der sich gegen den Porträtidealismus der ersten Jahrhunderthälfte durchgesetzt hatte, muss als weiterer Hintergrund der Entwicklung des Porträts um die Jahrhundertwende gesehen werden, ebenso wie das wachsende Selbstbewusstsein bürgerlicher Persönlichkeiten, wie Lichtwark weiter ausführte: „Eins der Mittel, die wohlhabende
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