konturen konturenkonturen

rothenfelser burgbrief 02/05

1 Editorial

„‚Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Huub Oosterhuis 3 Die Vision vom Frieden Gerechtigkeit und alles übrige wird euch Huub Oosterhuis hinzugegeben werden‘, alles, auch das 7 Romano Guardini, ein Geistesverwandter Erlebnis des Schönen“. Romano Guardini 9 Huub Oosterhuis schreibt dies 1918 in der 2. Auflage seines Dass wir leben Buches „Vom Geist der Liturgie“. Dieser Satz Ansgar Franz 10 „Der nach menschlicher Gewohnheit“ kommt für heutige Ohren von weit her und Alexander Diensberg klingt eigentümlich unzeitgemäß. Die zeitge- 16 Betäubt und bitter nössische Alltagskultur ist eher bestimmt 18 Alex Stock durch ästhetische Erregungsreize und bunte Wie soll ich wissen Oberflächenspiele. Für die Ästhetik ist das Birgitta Kaspar-Heuermann 22 Zwei Bäume im Winterlicht Schöne derzeit kaum mehr ein Thema. Gotthard Fuchs – „Nicht mit gewöhnlichen 24 und abgegriffenen Worten“ Der Satz von Guardini überzeugt mich. 28 Doris S. Jonas – Seine Texte und Lieder Für Christen hat das Schöne Voraussetzun- haben meine Seele erfreut gen, die nicht in der Schönheit selbst liegen. Kees Kok 29 Wo das Lehrhaus fehlt Wenn wir das Schöne suchen, das dem Le- Felix Bernhard ben Glanz und eine Ahnung von Erfüllung 35 Huub Oosterhuis und die Kleine Kirche gibt, bewahrt diese Einsicht vor eitler reli- 37 Ulrich Sander giöser Artistik und christlichem Huub Oosterhuis im Verlag Herder Ästhetizismus. Meinulf Barbers 39 Dr. Klaus Boissereé zum Gedenken 50 Jahre Wie hätte ein Briefwechsel von Romano 40 St. Laurentius Guardini und Huub Oosterhuis über das 41 Von der Burg Schöne und das Reich Gottes ausgesehen?

Oosterhuis war im April Gast der Burg Bericht der Mitgliederversammlung Rothenfels, und die konturen erinnern an diese Tage. Der ungeschriebene Briefwechsel gehört zu meiner imaginären Bibliothek der vermissten Bücher und leider gibt es keinen Impressum Buchhändler und Antiquar, der mir hier wei- konturen. rothenfelser burgbrief terhelfen kann. Herausgeber: Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e.V., 97851 Rothenfels Redaktion: Joachim Hake Joachim Hake Mitarbeit: Dr. Meinulf Barbers, Dr. Gudrun Kuhn Dr. Gotthard Fuchs Layout: Gernot Schüll Erscheinungsweise: 2 x jährlich Auflage: 2000 Schüll-Druck Marktheidenfeld

2 Die Vision vom Frieden

1. gestorben. Wo ist ihre große Dem Lieblingsheiligen Liebe geblieben? Nichts wis- von Europa, Franziskus sen wir von diesen Unzähli- von Assisi, wird folgen- gen, – wieviele davon verbit- des Gebet zugeschrie- tert gestorben sind und wie- ben: „Herr, mach mich viele nicht verbittert, sondern zu einem Werkzeug dei- einer Vision verbunden, die nes Friedens: dass ich sich erst in der Zukunft ein- Freundschaft bringe, wo mal erfüllen würde, an ihren Feindschaft herrscht.“ Kindern oder fernen Nach- In diesen zwei Zeilen kommen vielleicht erst. wird eine Sehnsucht zum Ausdruck gebracht, Unter ihnen waren Leute, die die vielen von uns be- sich gerufen wussten, Men- kannt ist, die manchmal schen anzuführen und für aufflammt, besonders in Projekte für Gerechtigkeit zu Tagen von Krieg: man © geen gewinnen, für Versuche der würde gern ein Werk- Huub Oosterhuis Versöhnung, im Streit gegen zeug des Friedens sein, das herrschende Chaos, An- man möchte etwas tun, wir schämen uns führer waren sie, Initiatoren, Erste, Frauen unserer Hilflosigkeit, und womöglich, wenn und Männer, die diese Vision formulieren es denn etwas nützen würde, wären wir so- konnten, in die Praxis umsetzen und weiter- gar zu größeren Opfern bereit. Ließen sich tragen, Leute, die sich zur Verfügung gestellt vielleicht sogar Menschen finden, die bereit haben, das Gewissen der Zeit zu schärfen wären, ein Drittel ihres Jahreseinkommens und dabei die Hoffnung nicht aufzugeben – zu spenden, wenn sie damit einen Quadrat- das alles hat ihnen viel Leid eingebracht. So kilometer Unversehrtheit erwerben könnten, ergeht es einem jeden, der mit einer ande- im Irak oder in Israel? Wir leben in einem ren Welt beginnt, der eine große Liebe be- System, in dem so etwas nicht möglich ist. sitzt. Ein Leiden, das man sich nicht wünscht, Wenn man es sich aber doch einmal vorstell- sich nicht ausgesucht hat, das man letztlich te! – „Mach mich zu einem Werkzeug deines aber annimmt wegen der einen Sache, der Friedens“. gegenüber man treu bleiben möchte.

2. 3. Im vergangenen Jahrhundert von Kriegen Ich halte Jesus von Nazareth für einen sol- und unversöhnlichen Feindschaften haben chen Menschen, für einen dieser Initiatoren, unzählige Unbekannte, irgendwelche zufäl- einen dieser Ersten. Am Ostermorgen singt ligen Leute, ein Werkzeug des Friedens sein und erzählt die Liturgie seine Geschichte, wollen und dafür große Opfer auf sich ge- diese fast zwanzig Jahrhunderte alte, in Streit- nommen. Sie haben konkrete Projekte gehabt gesprächen zerpflückte, und dennoch nicht und ihr Leben Gerechtigkeit und Versöhnung kleinzukriegende Geschichte von einem, der verschrieben, sie haben trennende Mauern sich berufen wusste zur Versöhnung der vie- mit abgerissen, Schulden von anderen abge- len, der sogar dazu bereit war, seine Feinde zahlt, Lasten auf sich genommen, vor allem zu lieben. Aus den Schriften seiner Tradition auch die Last der Gewissensbildung, sie ha- war ihm die Geschichte vom Sündenbock ben nachgedacht, den Versuch unternom- bekannt, den man – beladen mit allen Übeln men, sich selbst und diese Welt zu verstehen, des Volkes – in die Wüste schickte, damit er sie haben vor Wut geweint wegen des Un- sie dorthin trage, wo sie keinen Schaden mehr rechts, verzweifelt darüber, dass alles so lan- anrichten könnten. In prophetischen Liedern, ge dauert, sie haben gehofft, und das, was die man Jesaja zuschreibt, wird statt des Sün- sie gerade noch vor Augen hatten, haben sie denbocks eine menschliche Gestalt gezeich- später nicht mehr gesehen. Und so sind sie net, ein „Diener“. Von ihm wird gesagt, dass

3 Die Vision vom Frieden

er leiden werde und sein Leben hingeben, Aussehen veränderte und seine Kleider „um viele zur Gerechtigkeit zu bringen“, um strahlend weiß wurden, die Farbe der neu- viele in das Land Gerechtigkeit zu führen und en Erde annahmen. Und siehe, zwei Män- miteinander zu versöhnen. ner sprachen mit ihm, es waren Mose und Elija, die zwei, die einst das große Befrei- An einem Abend, nach einem Tag voller ungsprojekt, das „Auszug“ genannt wurde, Krankenheilungen und heilsamen Worten, begonnen hatten und erneut begannen. Sie besteigt Jesus einen hohen Berg, um dort zu waren gekommen, um ihn zu trösten und zu beten. Betend fällt er in Schlaf, und dann er- ermutigen, zu stärken, Halt zu geben, jetzt, scheint ihm der Engel Gabriel mit einer da er beschlossen hatte, den Weg zu Ende Buchrolle in der Hand und liest ihm das Lied zu gehen, komme, was kommt. von dem Diener vor, mit eben diesen Wor- ten von Gerechtigkeit für viele. Jesus nickt Hört, wie die Worte für sich selber sprechen: und spricht sie murmelnd mit, denn er kennt Und siehe, zwei Männer sprachen mit ihm, sie auswendig. Dann fragt der Engel: Bist du es waren Mose und Elija. bereit, so ein Diener zu sein? Hier bin ich, In Lichtglanz erschienen, antwortet Jesus. Kennst du den Weg zur Ge- sprachen sie über seinen Auszug, rechtigkeit?, fragt der Engel Gabriel. Erst den er in Jerusalem vollenden sollte. durch das Meer hindurch und dann durch Petrus und die mit ihm waren, die Wüste, erwidert Jesus. Und all der Hun- schliefen, bleischwer von Müdigkeit. Sie fuhren auf und sahen seinen Lichtglanz ger und Durst und die Blasen an den Füßen? und die zwei Männer, die bei ihm standen. – Schmerz, sagt Jesus, ach ja... Und wenn du Und es geschah, unterwegs umkommst, von einer giftigen als die zwei von ihm gingen, Schlange gebissen wirst, oder einfach an Er- dass Petrus sprach zu Jesus : schöpfung stirbst?, fragt der Engel. Hauptsa- Meister, es ist schön für uns, che, dieses Land existiert wirklich, sagt Je- hier zu sein. sus. Daraufhin verlässt ihn der Engel. Sollen wir drei Laubhütten machen, eine für dich, eine für Mose, eine für Elija? – Dies ist ein Midrasch, eine kleine Interpre- Er wusste nicht, was er sagte. tationsgeschichte, am Rande der großen Er- Während er so sprach, geschah es, zählung notiert, um zu verdeutlichen, was die dass eine Wolke ihn überschattete. Und sie fürchteten sich, Ausrichtung der großen im Kern ist. Mach als sie in die Wolke hineingingen. mich zu einem Werkzeug deines Friedens, Und es geschah, dass eine Stimme sprach aus betete Jesus auf diesem Berg. Beten – das ist der Wolke: ein Radikalisieren, ein Bis-zum-Äußersten- Dies ist mein Sohn, der Auserkorene, Gehen: Mach mich zur Not zu dem Preis, der hört auf ihn. für Frieden gezahlt werden muss. Lass den Und während die Stimme geschah, Tag deiner Gerechtigkeit anbrechen, schon stand Jesus dort allein. bald, den Tag, da alles Leid gelitten ist, alle Sie schwiegen, Menschen miteinander versöhnt sind. Lass erzählten es niemandem, in jenen Tagen, das Wirklichkeit werden, zur Not auf meinen was sie gesehen hatten. Schultern, hier bin ich – dein Diener. So, den- Lukas, 9,28-36 ke ich, wird er gebetet haben. 5. 4. Als Jesus den Berg hinabkam, hatte er sich – Und es geschah, dass er Petrus, Johannes und im Gespräch mit seiner tiefsten und höch- Jakobus mitnahm und den Berg bestieg, hin- sten Tradition, im Gebet – in der Gestalt des aufging, um zu beten. Und es geschah, wäh- „Dieners“ wiedererkannt und wusste, dass rend er betete, dass, von tiefer noch als aus die Worte des Propheten Jesaja an ihm er- seinem tiefsten Selbst, die Vision von einem füllt werden sollten: „Wie ein Schaf zur Land Gerechtigkeit in ihm aufstieg, über ihn Schlachtbank geführt, wie ein Schaf stumm kam, und dass sein Gesicht sich dabei im vor seinen Scherern.“ (Jesaja, 53,7).

4 Und er versammelte seine Jünger um sich 7. und sagte: Ich werde in die Hände „der Völ- Niemals in der Tradition ist das bittere Le- ker“ fallen (er meinte die Römer, die Besatzer bensende dieses Menschen vernichtend kri- auf Israels Grund und Boden, die Hüter des tisiert worden, es klingt bis auf den heutigen etablierten Chaos) und sie werden mich mit Tag und ist aufgeladen mit den Schreien der Peitschen schlagen und töten, ich aber wer- Verzweiflung aus dem zwanzigsten Jahrhun- de auferstehen. Sie jedoch verstanden nichts dert. Die aber, die ihn gekannt haben als Pro- und jenes Wort war ihnen vollkommen dun- pheten des Königreichs von Gott, in seiner kel. Welches Wort? Dass sie ihn töten wür- Treue dieser Vision gegenüber, haben ihm den? Dass er auferstehen würde? Dass man nach diesem Zitat aus Psalm 22 noch andere sich nicht anders verhalten kann, wenn man Worte in den Mund gelegt. „Vater, in deine eine Vision von Befreiung hat? Dass man mit Hände empfehle ich meinen Geist“, lässt dieser Bereitschaft, zum Äußersten zu gehen, Lukas ihn in seinem Evangelium rufen, und gefährlich ist für den Status quo und das herr- er bringt damit zum Ausdruck, dass all die schende Regime, staatsgefährlich sogar? Folter seine Geisteskraft und seine Hoffnung Dass das System aus Lüge und Gewalt einen nicht haben brechen können, dass er durch- Menschen nicht überwältigen kann, es sei- gehalten hat in den „Dingen“, in den Wor- nen Körper zwar töten kann, nicht aber sein ten, in dem Haus und Weltall seines Vaters, Licht? Jenes Wort verstanden sie nicht. Sie in dem er schon als Junge hat „sein“ müs- konnten nicht verstehen, dass „er so handeln sen. Dieser Vater ist der Gott von Mose und musste“ und was in ihn gefahren war. Elija, der Gott von Auszug und „Am Anfang“, der Menschen die Erde anvertraut hat: Hier, 6. Auserwählte, das gebe ich euch! Dieser Va- Hat Jesus sich für das Leiden entschieden? Er ter war ihm in seiner Todesstunde nahe? „In hat sich eher für die Vision entschieden – für deine Hände mein Lebensatem“ – das kann die Vision wusste er sich auserwählt. Er sah nur heißen, dass in ihm die Finsternis das sie und war verloren. Und das Leiden nahm Licht nicht überwältigt hat. er in Kauf. So ergeht es einem, wenn man eine Vision hat, eine große Liebe: dann muss man Was sagt uns diese Geschichte über Jesus? leiden, wird es wohl müssen. Man will es nicht, Mir ist es manchmal so, als sei dies das letz- aber deshalb lässt man es auch nicht bleiben. te Wort: Du, der mich verlassen hat (so klingt es für mich), ich verlasse dich nicht! Das ist Und so hat er denn gelitten. Vielleicht noch die größte Liebe und Treue, die Mose und am meisten, als er einsah, dass er nicht der Elija, die ganze Tradition Israels, sich vor- Letzte sein würde, der leiden musste, dass er stellen konnten. nicht der Erlöser der Welt war, dass es wo- möglich nichts bringen würde. Ob er das be- 8. reits geahnt hat, dort im Hof der Oliven? Dass In ihrem Geist und ihrer Vorstellungskraft es ein vergebliches Opfer wäre? Ein weg- haben die Evangelien den Gedanken zu den- geschenktes Leben, das nirgendwo bleibt? Das ken gewagt, dass diese vollkommene Liebe ist der Hof der Oliven, dass man so fühlt. mit dem völlig Undenkbaren beantwortet werden müsse: der Auferstehung aus dem Als er, am Kreuz hängend, die Finsternis fal- Tod. Diesen Menschen hat der Gott Israels len sah, mitten am Tag, da muss er gedacht zu dem Unmöglichen herausgefordert, und haben, dass die Finsternis das Licht für im- es sind Mose und Elija, zwei Männer in strah- mer überwältigt habe. Die älteste Geschich- lendes Weiß gekleidet, die dies am ersten Tag te über ihn, das Evangelium des Markus, legt der Woche (es war noch früh am Morgen) ihm die Worte in den Mund: „Gott, mein Gott, drei Frauen aus Galiläa verkündet haben und warum hast du mich verlassen?“ und bezeugt durch sie der ganzen Welt, allen Völkern bis damit, dass er mit einem Schrei der Verzweif- auf den heutigen Tag. Dass, wenn wir nicht lung gestorben ist, ein Schreien aus der Tie- auf immer den Anfechtungen des Zynismus fe, das durch viele Psalmen hindurchklingt. erliegen, wenn wir bis zum Ende an der

5 Die Vision vom Frieden

Zukunftsvision dieses schweigenden, verbor- Nachwort genen Gottes festhalten, an seinem Weltbild, Jesus von Nazareth war nicht der einzige, der an seinem Menschenbild, dass wir ihm dann gelitten hat, weil es sich nicht verhindern im Tod als „unserem Vater“ begegnen wer- ließ, – es ist nicht in seinem Sinne, ihn zum den, so wie Jesus von Nazareth und all die einzigen auszurufen. Alles, was ihn von an- anderen, die uns vorausgegangen sind, die deren Menschen trennt, ist nicht in seinem ganze Schar Menschen, die keiner zählen Sinne. kann. Huub Oosterhuis Erstveröffentlichung 9. Deze geboren vreemdeling Das ist die Ostergeschichte. Das ist das, was S. 155-160, es niemals als vorhandene Wahrheit, als De Prom 2004, Ü: B. Kasper-Heuermann Dogma gibt, sondern was immer wieder neu konturen gegeben werden muss, in der Verhüllung der Bildsprache, in stotternder Sprache. „Das ist empfiehlt Bücher das, was ich nicht verstehen kann, nicht den- ken, das ist zu hoch für mich“, weiß ich mit dem Dichter des Psalm 139. Und doch erfülllt Thomas Ruster Von Menschen, es mein Denken bis in die dritte Dimension Mächten und oder in den dritten Himmel, wie in einem der Gewalten, Paulusbriefe von einem Menschen geschrie- ben steht, der mit dem Leib oder ohne den Matthias Leib, ich weiß es nicht, nur Gott weiß es, ins Grünewald- Paradies entrückt wurde und unsagbare Verlag 2005 ISBN 3786725705 Worte vernahm, die kein Mensch ausspre- chen darf (2 Korinther 12, 2-4).

Die Erzählung von der Auferstehung Jesu ist die radikalste Darstellung dessen, dass die Vision Recht behält, dass diejenigen Recht behalten, die – gegen die ganze Welt – den Glauben an die Versöhnung der Menschen behalten, diese ihre Hoffnung. Sie entschei- Gott, Herr aller Mächte und Gewalten“, so ru- den sich für diese Vision als letzte Wahrheit. fen Christen in jedem Gottesdienst, wenn sie das dreifache „heilig“ sprechen. Doch wer Die Erzählung von der Auferstehung Jesu ist sind diese Himmelswesen, die die Bibel Mäch- die radikalste Darstellung von dem Recht der te und Gewalten nennt und deren Herr Gott Schwächsten, von allen, die die Vision als ist? Mit Hilfe einer soziologischen Analyse Wunden in ihrem Körper getragen haben, die können sie heute als autonom gewordene gelitten haben, die gestorben sind und sie Funktionssysteme unserer Gesellschaft wie nicht verwirklicht sahen, und trotz allem z.B. Wirtschaft und Verkehr entdeckt werden, d.h. als jene Mächte, die dabei sind, unseren nicht der Versuchung erlegen sind zu den- Planeten unbewohnbar zu machen. Wenn ken, dass sie nur ein Hirngespinst gewesen aber Gott dieser ihr Herr ist - wie können sei. Die Vision – nicht Hirngespinst, sondern Christen und Christinnen dann diesen Gewal- Versprechen: „Ich werde da sein“, das heißt: ten entgegentreten? Es wird Zukunft geben. Dieser Gott, von Der Autor weist einen konkreten Weg in in- Abraham und von Jesus, ist „Zukunft“. Nicht tensiver Auseinandersetzung mit der klassi- ein Toter ist das Ende, sondern ein Leben- schen theologischen Engellehre und der Tora- der. „Nicht ein Gott der Toten ist er, sondern Praxis des rabbinischen Judentums. So gibt er ein Gott der Lebenden. Denn alles Leben in seiner Gegenwartsdeutung nicht nur pasto- stammt von ihm“ (Lukas 20,39). rale und binnentheologische, sondern auch gesellschaftliche Handlungsoptionen.

6 Romano Guardini, ein Geistesverwandter

In den 40er und Jahren verlor, dass 50er Jahren des ver- es jedoch zur glei- gangenen Jahrhun- chen Zeit, besonders derts war Romano in kultursoziologi- Guardini einer scher Hinsicht, sei- der großen geistli- ner Zeit weit voraus chen Väter für die war. Dabei denke ich katholischen Nie- insbesondere an das derlande. Alle seine Büchlein Das Ende Werke wurden ins der Neuzeit, einen Niederländische nach wie vor sehr übersetzt. Sein be- wichtigen und weit- rühmtestes Buch reichenden Essay. Der Herr stand bei Nicht umsonst wur- uns zu Hause im de Guardini 1962 der Bücherschrank; renommierte Nie- eine wunderschöne derländische Eras- Sprache, glänzend muspreis für Kultur übersetzt von Gabri- verliehen. el Smit, einem be- kannten katholi- Zwischen 1955 und schen Dichter. Ich 1958 studierte ich als habe es gelesen, als Jesuit Philosophie ich in die 5. und 6. am Berchmanianum Klasse des Gymna- in Nijmwegen. Guar- siums ging und da- dini lehrte zu der Zeit nach noch etliche „Religionsphiloso- Male wieder. Es hat phie“ in München mich sehr beeindruckt. Es war mein erstes und war ein gefragter Prediger, dessen Pre- „theologisches“ Buch, keine Dogmatik, son- digten weithin verbreitet und übersetzt wur- dern ein warmes, frommes Buch, entstan- den. Sie lagen auch in der Bibliothek des den aus der Praxis des Predigens. Daneben Berchmanianum aus, wo ich sie begierig las. gab es bereits eine Vielzahl anderer Bücher Als Jesuit konnte man nach dem Philosophie- aus seiner Feder. Aber zu diesem Zeitpunkt studium weiter studieren oder Surveillant in waren wir in den Niederlanden noch weit einer Jesuitenschule werden. Mir gefiel kei- entfernt von jeglicher theologischen Diskus- nes von beiden. Ich wollte stattdessen 2 Jah- sion, die seinem Niveau entsprochen hätte. re lang zu Guardini in die Lehre gehen, zu Was mich am meisten fesselte, war seine Uni- den Füßen des Meisters sitzen. Das reizte versalität. Er schrieb über Hölderlin und Do- mich sehr. Aber es wurde mir nicht gestat- stojewski und Kierkegaard, und es war da- tet, denn Guardini war nicht Jesuit und mei- mals durchaus etwas Besonderes, christliche ne Obersten waren ein wenig neidisch auf Kultur und Theologie auch aus dem Blick- seinen Einfluss. Ich habe dann Niederländi- winkel großer Denker und Schriftsteller zu sche Sprache und Literatur in Groningen stu- beleuchten. Dieser Zugang über die Litera- diert und mich seit 1960 intensiv dem Schrei- tur hatte etwas sehr Verlockendes. Das ge- ben von Texten für eine neue niederlän- samte Oeuvre Guardinis war beeindruckend dischsprachige Liturgie gewidmet. So habe und hatte eine weitreichende Wirkung – bis, ich nie die Gelegenheit gehabt, ihm persön- Anfang der 60er Jahre, das Konzil stattfand. lich zu begegnen. Da waren Guardinis Schriften mit einem Mal nicht mehr modern. Ich denke, dass sein Hat er mein Werk beeinflusst? Indirekt sicher. Werk zwar den Anschluss an die theologi- Schon 1918 in Vom Geist der Liturgie deutete schen Entwicklungen in den 60er und 70er Guardini die große Diskrepanz an zwischen

7 Romano Guardini, ein Geistesverwandter

der erhabenen Form und Sprache der rö- mit ihm überhaupt alles, was „Liturgie“ heißt, misch-katholischen Liturgie und der Erfah- so sehr historisch gebunden – antik oder mit- rung des heutigen Menschen und seinem telalterlich oder barock – dass man sie der Bedürfnis nach einem konkreten, lebensna- Ehrlichkeit wegen ganz aufgeben müsste?“ hen Glaubensausdruck. Aber zu jener Zeit Er formuliert dort ein Programm, in dem ich war der Geist der Liturgie noch objektiv-dog- meine liturgische Erneuerungsarbeit, mit der matisch eingesponnen in den Sprachkokon ich in eben jenen Jahren intensiv beschäf- der lateinischen Liturgie. Guardini stellte tigt war, sehr wohl wiederfinde. Er stellt sich fest, dass viele bib- die Frage, ob es lisch-liturgische nicht besser sei, Texte – er nennt dem, was gefeiert hier insbesondere werden muss, (er die Psalmen – nach benennt es noch einer anderen traditionell das Sprache verlangen, „heilige Geheim- in der ihre „tiefe nis“) eine solche Empfindung“ zum Form zu geben, Ausdruck kommen „dass der heutige kann. Andernfalls Mensch sich dar- würde die Liturgie in aufrichtig wie- zu einem „kalten derfinden kann, Formwesen“ ver- dass die Sinne da- kümmern. Aber er von berührt wer- suchte die Lösung den, dass das mu- zuallererst in ei- sikalische Mo- nem „auf das Be- ment mehr ist als dürfnis des Einzel- eine bloße Verzie- nen ausgerichteten rung, dass die Ge- Gebetsleben“ au- meinschaft ande- ßerhalb der Litur- res bedeutet als gie, von dem her ein Zusammen- das liturgische Le- sitzen, vielmehr ben seine Wärme Solidarität in der und eigene Fär- Existenz“. bung erhalten soll- te. „Der Mensch Guardini richtete soll sein volles Le- den Blick immer ben in seinem Be- wieder auf die ei- ten wiederfinden.“ Die römisch-katholische genständige Bedeutung des „Alten Testa- Liturgie als solche war noch unantastbar. ments“ und zugleich auf den darüber hinaus Guardini hoffte, dass die Einzelnen die Li- reichenden Wert dieser Jüdischen Schrift. In turgie mit dem Geist ihres Gebetslebens Vom Geist der Liturgie, 1918, heißt es: „Man durchdringen würden. braucht nur die Psalmen zu lesen, in denen der ganze Mensch zum Vorschein kommt, Etwa 50 Jahre nach Vom Geist der Liturgie, wie er ist. (...) Oder die Lesungen des Alten im Jahre 1964, äußert Guardini, so bezeugt Testamentes. Wie tritt in ihnen die mensch- ein Brief an den Vorsitzenden des liturgi- liche Natur unverhüllt zutage! Nichts wird schen Kongresses in Mainz, starke Zweifel beschönigt und bemäntelt“. Und in Das Ende an der „Liturgiefähigkeit“ des modernen der Neuzeit, 1948: „Wenn ich es richtig sehe, Menschen, und begründet dies ausdrücklich erhält das Alte Testament eine besondere Be- mit der historischen Gebundenheit der Li- deutung: es zeigt den lebendigen Gott, der turgie: „Ist vielleicht der liturgische Akt und sowohl die mythische Verzauberung der Welt

8 als auch die heidnisch-politischen Mächte rerseits einen großen Einfluss auf mein li- durchbricht; daneben zeigt es den gläubigen turgisches Werk ausgeübt haben. Menschen, der, indem er den Bund annimmt, sich mit Gottes Taten vereinigt. Das wird Anfang der 90er Jahre erschien in unserer wichtig werden.“ Kirche eine Dame aus Deutschland, die Guardini gut gekannt hatte. Sie erzählte mir, Diese Erkenntnisse Guardinis schließen dass er meine ersten Bücher, die kurz vor nahtlos an die Einsichten protestantischer seinem Tod ins Deutsche übersetzten Bände Theologen wie etwa Dietrich Bonhoeffers Ganz nah ist dein Wort und Im Vorübergehen und des Niederländers K.H. Miskotte an. gelesen und geschätzt habe. Das empfand ich Letzterer sprach in denselben Jahren über als eine große Ehre. Und dann gab sie mir das „Guthaben des Alten Testaments“ im Hin- noch sein Totengedenkblatt mit einem Zitat blick auf das „Neue“. Es waren diese Er- von mir aus Ganz nah ist dein Wort. kenntnisse, die in den Niederlanden eine gro- Gegenseitiges Wiedererkennen hat uns zu ße Rolle gespielt haben bei der Entstehung Geistesverwandten gemacht. der „Lehrhausbewegung“, in der das Studi- um der jüdischen Wurzeln des Christentums Huub Oosterhuis einen wichtigen Platz einnimmt und die ih- Übers. Annette Rothenberg-Joerges

Dass wir leben Ein Tafelgebet Du, der uns für das Licht gemacht hat, der uns erschienen in Jesus, dass wir leben. Deinem Dienstknecht, dass wir leben – Zu Dir steh ich auf am Morgen, und der Tod wird nicht mehr sein. ich suche Dich im Morgenrot. Meine Seele dürstet nach Dir, Komm Geist erfreu uns, steck uns an, mein Leib verlangt nach Dir. erweich das Herz, dass wir erblühen in Jugend. Du, der genannt wird lebender Gott, der hört und sieht, Freund, Anderer, Mit diesen Worten bitten wir Dich Schoß des Friedens, und singen Dich an, unsern Vater. Herz, größer als mein Herz. Unser Vater, der im Himmel, Du, der uns für das Licht gemacht hat, Dein Name geheiligt, dass wir leben. Dein Reich schon im Kommen, Dein Wille geschehend, Lebendiger, nicht Gott von Toten – so möge es sein und der Tod wird nicht mehr sein. auf Erden und im Himmel. So wie Du uns hast zugesagt Gib uns Brot, morgen, heute noch, in Jesus, Deinem Dienstknecht. Brot der Gnade. Du, der uns für das Licht gemacht hat, Trag unsre Schuld ab. dass wir leben. Lehr uns vergeben Siehe uns Menschen, diese Welt. Mache uns Mut, Wende Dich um zu uns, geh Du mit uns wend uns zueinander hin. auf dem Weg des Lebens. Sieh Deine Menschen, diese Welt. Und der Tod wird nicht mehr sein. Komm, heiliger Geist von Gott her, Atem des ersten Anfangs. Huub Oosterhuis Komm, Geist von Auszug und Befreiung, Übers. Annette Rothenberg-Joerges

9 „Der nach menschlicher Gewohnheit“

Ein Tafelgebet Eines der ältesten Eucharistiegebete der Kir- als Midrasch zu Bibel und che ist in einer Gemeindeordnung überliefert, Gottesdienst die um das Jahr 200 das Leben einer kleinen christlichen Gruppe innerhalb einer antiken Großstadt regeln will. Die anonym über- lieferte Schrift wird seit Beginn des vergan- genen Jahrhunderts als „Traditio Apostolica“ bezeichnet und dem römischen Presbyter Gratias tibi referimus deus, Hippolyt (+235) zugeschrieben. Das in ihr be- wahrte Eucharistiegebet – eine Art „Muster- per dilectum puerum tuum Iesum text“, der ein Vorbild für das frei zu formulie- Christum, rende Gebet des Vorstehers sein will – umfasst quem in ultimis temporibus misisti drei Strophen, deren erste nach dem noch nobis salvatorem et redemptorem et heute geübten einleitenden Dialog („Dominus angelum voluntatis tuae, vobiscum ...“) wie folgt beginnt:1 qui est verbum tuum inseparabilem, per quem omnia fecisti, et beneplacitum Mit der lobpreisenden Danksagung an den tibi fuit, Vater folgt die Gemeinde dem Auftrag zum (quem) misisti de caelo in matricem Gedächtnis (Dtn 6,4ff; Lk 22,19) der Heilstaten virginis; Gottes. Danken und gedenken sind die zwei quique, in utero habitus, incarnatus Aspekte jenes Vollzugs – fachsprachlich est et filius tibi ostensus est, ex spiritu Anamnese genannt –, in dem das in der Bibel sancto et virgine natus, erzählte errettende Handeln Gottes (das be- qui voluntatem tuam complens et reits vollbrachte wie das noch ausstehende) populum sanctum tibi adquirens, für die Gemeinde kraft des Geistes Gegenwart extendit manus, cum pateretur, ut a wird. In dem vorliegenden Eucharistiegebet passione liberaret eos qui in te ist dieses vergegenwärtigende Gedächtnis von crediderunt, (...). Anfang an christologisch vermittelt: Da Gott im unzugänglichen Licht wohnt (Tit 6,16) und niemand ihn je gesehen hat, nur der Sohn uns Wir sagen Dir Dank, Gott, Kunde vom Vater bringt (Joh 1,18) und wir in ihm den Vater selbst sehen (Joh 12,45), voll- durch deinen geliebten Knecht zieht sich die Gebetsantwort der Gemeinde an Jesus Christus, den Vater „per Christum“. Dieser „geliebte den du uns in diesen letzten Zeiten Knecht“2 wird dann in seiner Zuwendung zu als Retter, Erlöser und Boten deines den Menschen näher charakterisiert, was Willens gesandt hast, grammatikalisch in einer einzigen, in Rela- der dein (von dir) untrennbares Wort ist, tivsätzen (quem, qui, per quem ...) gereihten durch das du alles geschaffen hast zu Phrase geschieht. Zunächst wird er mit drei deinem Wohlgefallen, Namen benannt: Er ist der salvator, der Hei- den du vom Himmel gesandt hast in land und Retter der Welt (Lk 2,11; Joh 4,42); den Schoß einer Jungfrau, er ist der redemptor, der uns freikauft (Gal 4,5) und der, im Mutterschoß empfangen, Mensch wurde und sich offenbarte als 1 Der lateinische Text ist gut greifbar in Traditio Apostolica /Apo- dein Sohn, geboren aus dem Heiligen stolische Überlieferung, übersetzt und eingeleitet von Wilhelm Geist und der Jungfrau, Geerlings, Band 1 der Reihe Fontes Christiani, Freiburg u.a. 2000, der, deinen Willen erfüllend und dir ein S. 143-313, hier 222; die oben wiedergegebene deutsche Fassung heiliges Volk erwerbend, seine Hände versteht sich als Arbeitsübersetzung, die möglichst nahe am Ori- ausgebreitet hat, als er litt, um die von ginal bleiben will. 2 Die Bezeichnung „Knecht“ (puer) meint hier noch keine im Leiden zu befreien, die an dich ge- arianischen Sinn mißzuverstehende Unterordnung des Sohnes glaubt haben, unter den Vater, sondern zitiert die jesajanische Rede vom Gottes- (...). knecht (Jes 52/53).

10 und sein Leben als Lösegeld hingibt (Mk Heiland, Traum vom Frieden, Licht der Welt 10,45; Hebr 9,12; 1 Tit 2,6), und er ist der und Weg zum Leben, angelus voluntatis dei, der Bote, der vom Him- 3. Brot des Lebens, wahrer Weinstock, der ge- mel herabgekommen ist, um den Willen des- liebt und unverstanden, aufbewahrt in Wort sen zu tun, der ihn gesandt hat (Joh 4,34; 5,30; und Zeichen, als ein uraltes Geheimnis, Lo- 6,38). Auf die drei großen Namen folgt die sungswort uns durchgegeben, eine fremd- Nennung von drei großen Zeiten der Heils- vertraute Geschichte, der zum Namen im Ge- geschichte, in denen Gott durch seinen Lo- dächtnis, der die Stimme des Gewissens, gos gewirkt hat: Schöpfung, Menschwerdung, Erlösung. Christus ist das Wort Gottes, durch 4. der mir Wahrheit ist geworden, sein gedenk das alles geschaffen wurde (Gen 1,3; Joh 1,3; ich hier, ihn nenn ich einen Toten, der nicht Hebr 1,2); ihn hat Gott vom Himmel gesandt tot ist, ein lebendiger Geliebter, der zu le- und er ist, geboren aus dem Heiligen Geist und ben sich entschieden für die Ärmsten aller der Jungfrau, Mensch geworden; und schließ- Armen, Helfer, Bruder und Gefährte unter lich hat er, um den Willen des Vaters zu erfül- den geringsten Menschen, len, am Kreuz die Arme ausgebreitet um in 5. der zur Zeit, als er umher ging durch die seinem Leiden die vom Leiden zu befreien, Dörfer seines Landes, Menschen anzog und die an den sich in seinem Boten offenbaren- beseelte, sie versöhnte miteinander, der den Gott geglaubt haben. Damit ist das Heil nicht schroff und unerreichbar, nicht erha- umfassend zur Sprache gebracht – was noch ben wie ein Herrscher, doch in Knechts- fehlt, ist die ausstehende eschatologische Voll- gestalt gelebt hat, der sein Leben für die endung, für die aber noch nicht gedankt wird, Freunde preisgab, von einem Freund ver- sondern die erbeten werden muss, was The- raten, der gequält bis an das Kreuz betete ma der dritten Strophe des Gebetes sein wird. für seine Feinde, der von Gott und Mensch verlassen, gestorben ist, wie ein Sklave, Verlassen wir an dieser Stelle das Eucharis- tiegebet der großstädtischen Christengemein- 6. der verstreut ist in den Acker, wie das klein- de der Antike3 und wechseln in einem weiten ste aller Körner, der den langen Winter war- Sprung zu dem ‚Tafelgebet‘ einer kleinen Ge- tet in der Stille seines Todes, der wie Ähren meinde, die in einer Großstadt unserer Tage abgeerntet, der wie Brot ist zu verteilen, um lebt. Das Gebet „Der nach menschlicher Ge- in Menschen Mensch zu werden, der in sei- wohnheit“ des ehemaligen Amsterdamer Stu- nem Gott verborgen dentenpfarrers Huub Oosterhuis steht in deut- 7. unser Friede ist geworden, unser Herz zur licher Parallele zu dem ersten Teil des Gebe- Ruh’ gekommen, der uns grüßt aus seiner tes, das dem römischen Presbyter Hippolyt Ferne, der uns ansieht aus der Nähe, als ein zugeschrieben wird: In dem einen wie dem Kind, ein Freund, ein and’rer, sein gedenk’ anderen Gebet wird die Anamnese, der Auf- ich hier, ihn nenn ich und empfehl’ ihn dei- trag zum Gedächtnis vollzogen durch die Nen- ner Obhut als lebendigen Geliebten, als nung der Namen des Messias Jesus einerseits den Menschen, der dir nah ist. und durch das vergegenwärtigende Gedenken der durch ihn charakterisierten (Heils-) Zei- 3 Zu einer Erschließung des ganzen Eucharistiegebets der sog. Traditio ten andererseits.4 Apostolica vgl. Ansgar Franz, „Werdet, was ihr seht, empfangt, was ihr seid: Leib Christi“. Die Feier der Eucharistie als Ort der Gemeinschaft 1. Der nach menschlicher Gewohnheit wurd’ mit Gott und den Geschwistern, in: Reinhard Göllner (Hg.), Gott erfah- benannt mit eig’nem Namen, als in lang ver- ren. Religiöse Orientierung durch Sakramente, (Theologie im Kontakt Bd. 13), Münster 2005, 75-71. gangener Zeit er geboren wurde, fern von 4 Das niederländische Original in H. Oosterhuis, Aandachtig liedboek, hier, Baarn 1983, Nr. 69; die deutsche Übertragung von P. Pawlowski (A. Rothenberg-Joerges / K. Kok) im Textheft der CD „Mitten unter uns. 2. der genannt wird: Jeschu, Jesus, Sohn des Gesänge zu Advent und Weihnachten“ Nr. 17; ebenfalls bei A. Stock, Josef, Sohn des David, Sohn des Jesse, Sohn Hierhin, Atem. Zur poetischen Theologie von Huub Oosterhuis, Osna- des Juda, Sohn des Jakob, Sohn des Abram, brück 1994, 58f; neuerdings auch, in teilweise etwas anderer Strophen- Sohn des Adam, Sohn des Menschen, der einteilung und Satzzeichensetzung, in H. Oosterhuis, Ich steh vor dir. auch Gottes Sohn genannt wird, der Heiden Meditationen, Lieder und Gebete, Freiburg u.a. 2004, 100f.

11 „Der nach menschlicher Gewohnheit“

Das Gebet präsentiert sich in der Vertonung den, charakterisiert ihn aber als einen, der von Bernhard Hujibers als Lied, das gesun- nach menschlicher Gewohnheit einen Namen gen werden will. Es ist ein Lied, das von ei- hat, der also identifizierbar, benennbar ist.6 nem „lebendigen Geliebten“ (4,2;7,4) erzählt. Hierin ähnelt es, wie Alex Stock sagt, jenem Strophe 2 nennt die Namen, die die Bibel für Lied, „das die Braut des Hohenliedes auf der ihn festhält: Sein Eigenname ist Jeschu, „Gott Suche nach ihrem Bräutigam anstimmt, als befreit“, und in diesem Eigennamen, so die Töchter Jerusalems sie fragen: ‚Was hat Oosterhuis an anderer Stelle, wird schon die denn dein Geliebter vor anderen voraus, dass ganze Eigenart dieses Jesus deutlich: „Ein du uns also beschwörst‘ (Hld 5,9): ‚Mein Ge- Mensch, an dem man sehen und erleben liebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor wird, dass Gott befreit.“7 Doch steht Jeschu- Tausenden ....‘ (Hld 5,10).“5 Jesus bei aller Eigenart nicht isoliert in die- ser Welt, sondern er ist das Glied einer lan- Wie beschwört nun das Lied von Oosterhuis gen Kette, er ist auch „Sohn von“.8 Nach dem den Geliebten? Was beim ersten Lesen oder Vorbild des Stammbaums in Mt 1,1ff erklin- Hören eine lose, eher assoziativ geknüpfte gen die Namen der Vorfahren, vom unbedeu- Kette verschiedener Bilder und Fragmente tenden Zimmermann über einen König und von Geschichten scheinen mag, erweist sich Psalmensänger bis hin zu den ehrwürdigen bei näherer Betrachtung als eine wohlüber- Patriarchen: Josef, David, Jesse, Juda, Jakob, legte, fein ausbalancierte Komposition. Abraham. Es sind die Repräsentanten Isra- Strophe 1 nennt als eine Art Proömium die els, jenes Volkes, mit dessen Schicksal das beiden Hauptmotive, die das ganze Stück Schicksal des Messias untrennbar verwoben gliedern: Name (1,1) und Zeit (1,2). Der 1. ist. Als Sohn Israels ist Jesus auch Erbe Isra- Teil des Liedes (Str. 2-4) ist dem einen und els, „Erbe einer großen, in den Büchern, im den vielen Namen des Messias gewidmet, der Gedächtnis der heiligen Schriften überliefer- 2. Teil (Str. 5-7) der durch sein Wort und Werk ten Geschichte, (...) Erbe von Verhaltens- charakterisierten (Heils-) Zeit. Beide Teile formen (‚wäret ihr Abrahams Kinder, so tä- sind jeweils in drei erkennbar unterschiede- tet ihr Abrahams Werke‘, Joh 8,39; ‚habt ihr ne ‚Räume‘ gegliedert, die von den Namen nicht gelesen, was David tat‘, Mt 12,3), Erbe bzw. den (Heils-) Zeiten erfüllt sind. Diese von Verheißungen (‚damit der Segen Abra- Räume lassen sich verkürzend benennen mit hams unter die Heiden komme‘, Gal 3,14; „Bibel“, „Liturgie“ und „Namen ‚für mich‘“ ‚Reis aus der Wurzel Jesse‘, Röm 15,12).“9. In bzw. „(Heils-) Zeit ‚für uns‘“. Schematisiert v 2,3 wird die Genealogie bis zu dem „im ließe sich die Struktur des Liedes wie folgt Anfang“ der Genesis zurückgeführt: Sohn des darstellen, wobei allerdings der statische Adam, und deshalb Sohn des Menschen, aber Charakter der Übersicht kaum der Dynamik ein Mensch, in dem Gott sich in einer Weise der durch Stichwortanknüpfungen und gezeigt hat, dass in dem Sohn der himmli- Enjambements verbundenen Strophenfolge sche Vater selbst sichtbar wird (Joh 12,45), gerecht wird: und der darum als Menschensohn auch Got- tessohn genannt wird (2,3). Als Sohn Gottes Str. 1,1 Namen Str. 1,2 Zeit 5 Stock, Hierhin, Atem, 60. Str. 2 Namen der Bibel 6 Damit ist bereits hier implizit das Grundthema des Liedes ange- Str. 3 Namen der Liturgie stimmt, nämlich die ‚Ferne‘ und die ‚Nähe‘ des Messias (vgl. v 7,2: Str. 4 Namen „für mich“ der uns grüßt aus seiner Ferne, der uns ansieht aus der Nähe und Str. 5 (Heils-) Zeit der Bibel als ‚Rahmen‘ um das ganze Lied v 1,2: fern von hier und v 7,5: der Str. 6 (Heils-) Zeit der Liturgie dir nah ist). 7 Oosterhuis, Ich steh vor dir, 77. Str. 7 (Heils-) Zeit „für uns“ 8 Vgl. das Lied „29 Namen für Jesus von Nazaret“, wo es in Strophe 4 heißt: „Hirte. Perle. Zweig. Fisch. Brot. / Wort. Weinranke. Sohn Das Proömium der Strophe 1 rückt den, über von. Gott. / Knecht.“ (Hervorhebung A.F.), in: Oosterhuis, Ich steh den zu sprechen ist (der; 1,1), zwar in zeitli- vor dir, 73. 9 che und räumliche Distanz zu den Singen- Stock, Hierhin, Atem, 60.

12 ist er ebenfalls Erbe, Träger jener Namen, Strophe 5 erinnert die in der Bibel bewahr- die das Wesen Gottes, seine häsäd, die ‚Huld‘ ten Erfahrungen der Menschen mit dem Got- des Herrn (Ps 33,5) in der Welt aufscheinen tes- und Menschensohn. Anknüpfend an das lassen: Heiden Heiland (vgl. Jes 11,10; 49,6)10, Proömium (1,2: als vor lang vergangner Zeit Traum vom Frieden (vgl. Jes 9,5; Röm 15,33), er geboren wurde – 5,1: der zur Zeit, als er Licht der Welt (Mt 5,14; Joh 8,12) und Weg umherging) kommen Lehre und Verkündi- zum Leben (vgl. Joh 14,6). gung des Messias in den Blick, die Berufungs- erzählungen, Geschichten über seine Demut Strophe 3 führt die Reihe der biblischen Na- und Menschenfreundlichkeit, schließlich die men fort, überführt sie aber in den Raum der Passion, seine Lebenshingabe für die Freun- Liturgie: Mit Brot des Lebens (Joh 6,48) und de. Die Verse sind, so Alex Stock, „aretalo- wahrer Weinstock (Joh 15,1) rückt eine zen- gische Zitate, kondensiert aus Geschichten, trale Weise in den Blick, wie der Messias ge- die man in deren Fluß immer wieder verflüs- genwärtig bleibt, aufbewahrt in Wort und sigen muß, damit man sie richtig versteht (...), Zeichen (3,2). Gegenwärtig ist er in Brot und Erfahrungen zu Lebzeiten Jesu bis zu seinem Wein, gegenwärtig ist er auch, wenn im Got- menschen- und gottverlassenen Tod.“11 Der tesdienst die Schrift verkündet wird, die Höhepunkt der Sequenz wird mit jenem fremd vertraute Geschichte, das Losungswort, urchristlichen Hymnus formuliert, der im an dem er erkannt wird, so, als ob er selbst Philipperbrief aufbewahrt ist: der ... gestor- spricht, als Stimme (3,3f). Das uralte Geheim- ben ist, wie ein Sklave (5,6; vgl. Phil 2,7f: „... nis (3,2), das „vor aller Zeit vorausbestimmte er entäußerte sich und wurde ein Sklave ... Mysterium der verborgenen Weisheit Got- er erniedrigte sich und war gehorsam bis tes“ (1 Kor 2,7), wird offenbar in der durch zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.“). den Geist Gottes getragenen Mysterienfeier der Liturgie. Die nach dem Philipperhymnus zu erwarten- de Ansage der Auferstehung und Erhöhung Strophe 4 nimmt den in v 2,1 begonnenen Satz (vgl. Phil 2,9: „Darum hat Gott ihn erhöht ...“) auf, setzt aber pointiert ein mit dem dreima- folgt in Strophe 6, transponiert in die Dimen- ligen Gebrauch des Personalpronomens (mir, sion der Liturgie: Das Weizenkorn, das in die ich, ich). Die Namen, die die Bibel bewahrt Erde fällt und stirbt, bringt reiche Frucht (Joh und die Liturgie verkündet, finden ihr Ziel 12,24), Ähren, aus denen das untereinander im persönlichen Anruf, in der Bedeutung der zu verteilende Brot wird (6,3). Die im Gottes- Namen „für mich“. Der, der den Worten des dienst vergegenwärtigte Auferstehung des in Engels am Grab (Lk 24,5) zufolge nicht bei seinem Gott verborgenen (6,4), bei seinem den Toten ist (ihn nenn ich einen Toten, der Vater lebenden Christus vollzieht sich wie nicht tot ist; 4,1f), wird zum lebendigen (4,2.3) eine zweite Inkarnation im Fleischwerden Gegenüber, der mir auf zweifache Weise be- des Brotes, das die Gläubigen in der Eucha- gegnet: Zum einen will er erkannt werden in ristie empfangen, um selbst ‚Leib Christi‘ zu der Intimität der Liebe („Der Geliebte ist werden: der wie Brot ist zu verteilen um im mein, und ich bin sein“; Hld 2,16), zum ande- Menschen Mensch zu werden (6,4). ren will er erkannt werden in der Begegnung mit den Ärmsten aller Armen, in der Zuwen- Strophe 7 setzt, parallel zu Strophe 4, wieder dung zu den geringsten Menschen („Was ihr pointiert mit dem Personalpronomen ein, für einen meiner geringsten Brüder getan allerdings mit einer deutlichen Variation: der habt, das habt ihr mir getan“; Mt 25,40).

Der 2. Teil des Liedes, die Strophen 4-7, 10 Die Fügung „Heiden Heiland“ zitiert die auf der Bibel basieren- durchschreiten in deutlicher Parallele zu Teil de hymnologische Tradition, wie sie etwa in dem Ambrosius- 1 die Räume „Bibel“, „Liturgie“ und „Leben“, hymnus Intende qui regis Israel 2,1 greifbar ist: „Veni, redemptor nun unter dem Aspekt der Zeit (5,1): Auf die gentium“, was Luther übersetzt mit „Nun komm, der Heiden Heiland“ (EG 4). Nennung der Namen folgt das Gedächtnis der 11 Stock, Hierhin, Atem, 61. Heilsgeschichte(n).

13 „Der nach menschlicher Gewohnheit“

mir Wahrheit ist geworden (4,1) – unser Frie- den Blick, der in den Eucharistiegebeten als de ist geworden, unser Herz zur Ruh gekom- Adressat zu nennen ist14: Gott, der Vater.15 Es men (6,1). Nach dem Gedenken des im mag uns ungewöhnlich erscheinen, dass wir, gemeinschaftsstiftenden Mahl präsenten die Christen, ihn, Christus, dem Vater anemp- Christus (Str. 6) muss das „für mich“ (Str. 4) fehlen. Doch genau das tut dieses Lied, und in ein „für uns“ überführt werden. Aus die- es tut es in der Tradition der Psalmen: „Dei- ser Dimension der gemeinschaftlichen Fei- ne Hand schütze den Mann zu deiner Rech- er erwächst ein neues Verhältnis von ‚Ferne‘ ten, den Menschensohn, den du für dich groß und ‚Nähe‘: Die Anamnese des Namens und und stark gemacht hast“ (Ps 80, 18). Der le- der Geschichte des Namensträgers (sein ge- bendige Geliebte ist Gottessohn und Men- denk ich hier, ihn nenn ich; 7,3f) kann die Di- schensohn, so dass nicht nur ‚durch ihn und stanz zwischen uns und der biblischen Zeit, mit ihm und in ihm‘ zum Vater gebetet wer- die lang vergangen ist und fern von hier (1,2), den kann, sondern auch ‚für ihn‘, damit im historischen Sinn nicht einfach aufheben; ‚durch ihn und mit ihm und in ihm‘ der der Menschensohn bleibt in seiner Ferne Mensch in Gottes Nähe sein darf: ihn empfehl’ (7,2), aber es ist eine Ferne, die nicht mehr ich deiner Obhut ... als den Menschen, der dir unerreichbar und unzugänglich ist, sondern nah ist (7,4f). An anderer Stelle kann Ooster- die zur Nähe (7,2) wird, indem sie die freund- huis den Vater bitten, seines Messias zu ge- liche Zuwendung des Gottes- und Menschen- denken, um dann auch derer zu gedenken, sohnes (der uns grüßt ... der uns ansieht; 7,2) die der Spur dieses Messias folgen: vermittelt. Der biblische Traum vom Frieden „Manchmal bricht dein Licht / in Menschen (2,4) wird in dem vergegenwärtigenden Ge- durch, unaufhaltsam, / so wie ein Kind ge- dächtnis der Liturgie Wirklichkeit (unser boren wird. // Gedenk des Menschen, / der Friede ist geworden; 7,1) im Sinne der Erfah- genannt wird: dein Kind, / dein Königreich, rung des Augustinus: „Du treibst ihn (den dein Licht. // Keine Finsternis hat ihn je über- Menschen) an, dass er seine Freude daran wältigt. // Gedenk unserer, die, wie er, / ge- finde, dich zu loben, denn auf dich hin hast boren sind, ein für alle mal, / die aus seinem du uns gemacht, und unruhig ist unser Herz, Munde deinen Namen hörten, // die leben bis es ruht in dir“12 – unser Herz zur Ruh ge- müssen im Schatten des Todes, // leben, ihm kommen (7,1). nach.“16

In den beiden letzten Versen der Schluss- strophe wird nach dem „er“, dem „ich“ und dem „wir“ zum ersten Mal ein „du“ genannt. 12 Augustinus, Bekenntnisse 1,1, eingeleitet und übersetzt von Kurt Das Lied ist nicht allein gedenkende, beken- Flasch und Burkhard Mojsisch, Stuttgart 1993, S. 33. nende und werbend-preisende Meditation 13 Stock, Hierhin, Atem 59.62. 14 der Singenden, sondern hat ein Gegenüber, Die christliche Tradition kennt nur vereinzelt Ausnahmen von der Regel, das Eucharistiegebet an den Vater zu adressieren; vgl. die in einen Adressaten: ihn nenn ich und empfehl’ dieser Hinsicht klassische Mahnung des Konzils von Hippo (4. Jh.): ihn deiner Obhut als lebendigen Geliebten, als „Niemand soll in den Fürbitten den Vater anstelle des Sohnes oder den Menschen, der dir nah ist (7,4f). Wen den Sohn anstelle des Vaters nennen. Und wenn man am Altar steht, meint dieses „du“? Man kann es mit Alex soll das Gebet immer an den Vater gerichtet werden.“ (Mansi, Stock als ein menschliches Gegenüber deu- Sacrorum Conciliorum nova et amplissima Collectio, Bd. 3, Graz 1960, Sp. 922). ten, dem der Singende aus der Erfahrung der 15 Diese Adressierung an den Vater wird durch die musikalische Ge- Nähe (7,2) des lebendigen Geliebten (4,2) stalt des Liedes gestützt: Während der größte Teil der Weise vor- heraus diesen Jeschu-Jesus nun seinerseits wiegend syllabisch ist (d.h. je einer Textsilbe ist meist auch nur ein der Obhut anempfiehlt: „Einer singt, aber Ton zugeordnet), sind zwei Verse unüberhörbar durch gregoriani- nicht laut, in der ersten Person einer zwei- sche Melismen hervorgehoben, nämlich v 5,6: gestorben ist, wie ein Sklave und v 7,5: als den Menschen, der dir nah ist. Damit betont die ten zu von einem dritten (...). Jemand gesteht, Melodie nach dem Vorbild des Philipperhymnus als die beiden was ihn im Innersten bewegt, und er legt es Eckpunkte des Liedes die ‚Erniedrigung‘ und ‚Erhöhung‘ des Mes- einem anderen ans Herz“.13 Das Lied selbst sias. Der dir nahe ist meint also nicht die Nähe des Auferstandenen versteht sich als ‚Tafelgebet‘, und damit zu einem Menschen, sondern bekennt seine Erhöhung zur Rech- kommt in dem angesprochenen „du“ DER in ten Gottes.

14 Man darf und muss darüber diskutieren, ob So gesehen ist das Lied eine Art Midrasch, im Blick auf die liturgischen und dogmati- der die Fäden der Bibel und der Liturgie sin- schen Traditionen der Eucharistiegebete das gend und sagend aufnimmt, miteinander ver- Lied „Der nach menschlicher Gewohnheit“ knüpft und in das Leben der Heutigen ein- ein gesamtkirchliches ‚Tafelgebet‘ sein kann webt. – eine große, den Gedächtnisauftrag erfül- lende Anamnese ist es sicherlich. Der gottes- Ansgar Franz dienstlichen Dimension wird von der Struk- Professor für Liturgiewissenschaft tur des Liedes eine mittlere, eine vermitteln- an der Johannes Gutenberg-Universität de Position zugewiesen zwischen der Bibel Mainz und dem Heute. Die Namen und Geschich- ten der Schrift werden im liturgischen Ge- denken (Gedächtnis; sein gedenk ich; 3,4; 7,3) und in dessen vernehmbarem ‚Klangleib‘ (ihn nenn ich; 4,1; 7,4) auf eine Weise prä- sent, dass diese Namen und Geschichten das 16 „Manchmal bricht dein Licht“, in: Oosterhuis, Ich steh vor dir 102. Leben „für mich“ und „für uns“ verändern.

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15 Betäubt und bitter

Betäubt und bitter durch Verlust, sich in ein größeres Ganzes einfügen, mit Herkunft und Ziel verloren, anderen einstimmen und dabei Worte ver- dies Leben, das kein Leben ist, wenden, die man allein niemals verwirkli- noch tot, noch ungeboren. chen kann, an die man sich nur gemeinsam Mach auf Du, der im Lichte wohnt, mit anderen heranwagt.“ Das Lied „Betäubt dass nicht zum Tod verdammt sind, und bitter“ ist eines davon. In drei Strophen wir, die nach Dir benannt sind. bedenkt der Sänger betend (oder der Beter singend – wo ist da der Unterschied?!) Ge- Dein Name, einst uns zugesagt, genwärtiges, Vergangenes und Zukünftiges. klingt fort in unsren Ohren, dass Recht wir schaffen, Tag für Tag, Die Gegenwart beklagen und neu aus Dir geboren - „Das ist doch kein Leben mehr!“, so sagen „Geringsten Menschen Nächster sein“ wir manchmal, wenn wir schlimme Erfah- das Wort hat Sinn gegeben rungen machen und schwierige Lebenssitua- dem angsterfüllten Leben. tionen durchstehen müssen – und fühlen uns dann wie abgeschnitten von allen guten Le- Du Schicksal aller, die Dein Wort bensgeistern. Von solchem Verlust klagt die als Lebensweg begehen, erste Strophe. Verloren sind Herkunft und Du pflanzt den Atem ihnen fort, Ziel, das Leben selbst, „das kein Leben ist“. Dein Land sie werden sehen. Das ehemals von Gott her gutgemeinte Le- Die Wüsten dann von Tau getränkt, ben ist nicht selten bitter geworden. Aber Gerechtigkeit erfahren, Oosterhuis stellt nicht die generelle Absur- die früher glücklos waren. dität des Lebens fest, wenn er so dichtet. Ne- ben der Überschrift hat dieses Lied auch eine Mt 5, 4-5 Unterschrift, eine Bibelstelle: Mt 5, 4-5. „Se- lig die Trauernden, denn sie werden getrö- stet werden. Selig, die keine Gewalt anwen- den, denn sie erben das Land.“ Für sie also „Liedje dat ik niet kann laten...“ hat Oosterhuis dieses Lied geschrieben: die Beten ist in unseren Tagen nicht selten als den Tod eines Menschen beklagen, den Ver- frommes Plappern und Nachreden vorgefer- lust von Freundschaft, das Scheitern von Be- tigter Formeln und Floskeln verdächtigt. Und ziehung. Und für sie, die sich der Gewalt in in Deutschland gehört das Gebet nicht un- ihren vielfältigen, oft subtilen Formen aus- bedingt zur Kultur der Sprache und der Poe- gesetzt fühlen, die selbst aber darauf verzich- sie. Schaut man sich neuere religiöse Texte ten, gewalttätig zu sein und zurückzuschla- oder auch Lieder an, wie sie seit den 60er gen, selbst auf das Risiko hin, den Kürzeren Jahren in Vielzahl entstanden sind, stellt man zu ziehen. Ihnen, die ihre eigene Ohnmacht fest: nur wenige wenden sich betend Gott zu. überdeutlich spüren, bleibt nur die flehent- In den Niederlanden hingegen hat der Am- liche Bitte: „Mach auf, DU!“ Es ist der Ruf sterdamer Poet und Theologe Huub dessen, dem es eng geworden ist um’s Herz Oosterhuis dafür gesorgt, dass Beten wieder und um die Kehle und der sich in solcher Teil der Poesie wurde: Seit über 40 Jahren Angst nicht anders zu helfen weiß, als sich gelingt es ihm, das Lebensgefühl des moder- seinem Gott in Erinnerung zu rufen und um nen Menschen auszudrücken, das Suchen, Öffnung, um Weite und Ausblick zu bitten. Fragen, Schreien und Zweifeln – aber auch Sollte Gott vergessen können, die nach ihm Freude, Dank und Lob ins Wort zu fassen. benannt sind? Und unter den vielen poetischen Texten, die für Liturgie und Gottesdienst entstanden Die Vergangenheit erinnern sind, nehmen die mittlerweile mehr als 400 Der Mensch ruft sich seinem Gott in Erinne- Lieder einen besonderen Platz ein. „Weil das rung. Und Gott? Er ruft sich seinerseits dem gesungene Wort weiterreicht als das gespro- Menschen in Erinnerung. So betäubt dieser chene“, wie Oosterhuis sagt. „Singen heißt: in seiner Not auch sein mag, den Namen

16 Gottes in seinen Ohren nimmt er noch wahr. len, dass sie seit über 4000 Jahren nichts an Und dieser Name ist Verheißung und Auftrag ihrer Hoffnungsmächtigkeit und Zukunfts- zugleich. Gott ruft dem Menschen in Erin- fähigkeit eingebüßt haben. Mit seinen Tex- nerung, wer er von Anfang an für ihn war ten reiht sich Oosterhuis somit in die große und was er von ihm will: „dass er Recht schaf- jüdisch-christliche Tradition von Beterinnen fen und Geringsten ein Nächster sein möge!“ und Betern, Sängerinnen und Sängern ein, – nicht mehr und nicht weniger. Man fühlt die an einem neuen Himmel und an einer sich mit der zweiten Strophe des Liedes an neuen Erde oft recht trotzig festgehalten ha- den Propheten Jesaja erinnert, der einst Is- ben, obwohl alle Anzeichen der Gegenwart rael ermahnte, die Fesseln des Unrechts zu solche Hoffnung als töricht und naiv erschei- lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die nen lassen mussten. Das vermag den anzu- Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zer- rühren und zu trösten, zu ermutigen und zu brechen, an die Hungrigen Brot auszuteilen, erfreuen, der diese Lieder in heutiger Zeit die obdachlosen Armen ins Haus aufzuneh- singt. Sie sind fromm, aber nicht frömm- men und die Nackten zu bekleiden und der lerisch. Sie drücken die Nöte des Einzelnen daran die Zusage Gottes knüpfte: „Dann wird genauso aus, wie sie gesellschaftliche und dein Licht hervorbrechen wie die Morgen- politische Probleme nicht verschweigen. Den röte, und deine Wunden werden schnell ver- Psalmen sind sie so verwandt wie den Lie- narben. Wenn du dann rufst, wird der Herr dern der Prophetinnen und Propheten Isra- dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe els. In ihnen schlägt spürbar das weite Herz schreist, wird er sagen: Hier bin ich.“ des Gottes, von dem sie singen. Und sie leh- ren das Beten, das manchmal genauso flüch- Die Zukunft wahrträumen tig und nutzlos zu sein scheint, wie ein Lied, Für die Trauernden aber Gewaltlosen hat das man aber nicht drangeben darf, weil aus- Oosterhuis dieses Lied geschrieben. Für die, gesprochen sein muß, von dem man nicht die die Wege Gottes nicht verlassen, allen schweigen darf! Widerfahrnissen zum Trotz. Für sie malt die dritte Strophe Zukunftsbilder, die fett sind an „Worte sind Lebensrettung. Ich würde mich Leben: Atem, neues Land, von Tau getränk- selber verlieren, ich würde verwelken und te Wüsten und Menschen, die glücklich sind, chaotisch werden, verschüttet unter der weil sie Gerechtigkeit erfahren, indem sie schweigenden Mehrheit und der wortlosen Gerechtigkeit tun. Die Erinnerung an ver- Gewalt, wenn ich nicht mehr aussagen kann, gangene Zeiten, in denen Gott sein Wohlwol- wer ich bin. Wer darauf verzichtet, sich selbst len hat spüren lassen, setzt den Mut und die und andere auszusagen, kommt niemals Hoffnung frei, bessere Tage für möglich und mehr zu Wort, ist verloren, ist namenlos.“ die gute Zukunft, die von Gott her kommt, Das ist es, warum Huub Oosterhuis das Sin- für wahr zu halten. gen und Beten nicht lassen kann.

Das ganze Lied ist dem uns bekannteren „Ich Alexander Diensberg SAC Rektor der Bildungsstätte Haus Wasserburg steh vor dir mit leeren Händen, Herr“, das wir im (Nr. 621) finden, sehr ver- wandt. Gegenwart, Vergangenheit und Zu- Tagungshinweis kunft sind hier wie dort in einen heilsge- schichtlichen Zusammenhang gebracht, Psalmen zum Klingen bringen - selbst die Motive – die düsteren wie die hoff- Deutsche Gregorianik als geistlicher Übungsweg nungsvollen – stimmen in hohem Maße über- mit Prof. Dr. Christa Reich ein. Das verwundert nicht, wenn man weiß, dass Oosterhuis viele seiner Bilder nicht neu vom 20. - 22. Januar 2006 erfindet. Er findet sie vor – und zwar in der heiligen Schrift. In seiner Kunst, diese Visio- Info und Anmeldung über die Verwaltung der nen von Gestern mit der Situation von uns Burg Rothenfels Heutigen zu verbinden, lässt er uns erfüh- oder unter www.burg-rothenfels.de

17 Wie soll ich wissen

Drei Klagelieder Von „Mutter“, „Mutterschoß“, „Mutter- von Huub Oosterhuis brust“ und „Mutterleib“ ist bei Oosterhuis nicht die Rede. Das Lied singt vom Vater, weil es von dem anderen reden möchte, der da In einem Liturgieverständnis, das die Diffe- „von Mutterleib und Kindesbeinen an“ ge- renz der Zeiten schwer erträgt, den Karfrei- wirkt hat. Die biblische Imagination der tag am liebsten schon österlich moduliert, am Mutter ruft das Gegenbild des Vaters hervor, Sarge das De profundis durch ein Alleluja aber nicht in einer Art von paritätischem Me- ersetzt und das Requiem als Auferstehungs- chanismus, sondern weil eben dies ein Ju- amt feiert, hat die Klage über Tod und Ver- gendtraum des Dichters ist, ein Gottestraum gänglichkeit wenig Raum. Es ist ein erstaun- von Jugend an: der Vater, der das Kind auf liches Defizit, wenn man bedenkt, wie die den Schultern trägt. In einem Morgenlied von moderne Poesie sich mit diesen Fragen be- Oosterhuis, einem Lied an das Licht, heißt faßt. Ihr nahe sind Klagelieder von Huub es einmal: Oosterhuis, die sich an den 22. Psalm an- „Licht, meiner Stadt wachsamer Hüter, schließen. Licht, immer leuchtend, es gewinnt. Wie meines Vaters feste Schulter 1. Ich träumte Dich trag mich, dein ausschauendes Kind.“2 Ich beginne mit einem einfachen, fast volks- liedhaften, kleinen Lied: „Ik droomde U“ – Hier wird der alte Topos von den „Kindern „Ich träumte Dich“1 des Lichts“ so beim Wort genommen, dass Ich träumte dich von Jugend an: das Bild eines Vaters auftaucht, der dem all- mein Vater, der mich trägt und kennt. zu kleinen Menschenkind auf seinen Schul- tern den nötigen Weltausblick verschafft. Noch war ich nicht in Schmerz geborn, Es ist, weitab von aller Vater-Mutter-, Mann- hieltst du um mich die Hände schon. Frau-Ideologie, ein lebensgeschichtliches Wo bist du, da ich, alt und grau, Grundbild, das in unterschiedlicher Hinsicht nicht weiß, wie ich mich halten soll. entfaltet werden kann. In unserem Lied ist es das Tragen und Halten, und singend Über- Dies hab ich über dich gedacht: Wasser-Halten. So wie ein Mann sein Kind aufhebt, Aber das ganze ist ja kein fröhliches Kinder- auf seinen Schultern hält und singt lied, sondern ein Rückblicklied: „ich träum- und weiß, daß es untröstlich ist, te dich“, „dies hab ich über dich gedacht“; das Rückblicklied eines alten Mannes: so trägst du mich und singst mir zu, stimmst meine Seele ein auf Glück „Wo bist du, da ich alt und grau nicht weiß, wie ich mich halten soll.“ und läßt mich fallen in den Tod - wie soll ich wissen, wie du bist. Ist das Vater-Gottestraumbild noch zu hal- Ps 22, Vers 10-11 ten, wo die Altersgebrechlichkeit weniger an einen Christophorus als an einen Äneas den- ken lässt, der seinen Vater Anchises aus dem Zum Gedicht hinzu gehört die biblische Stel- brennenden Troja schleppt. Aber es ist nicht lenangabe Ps 22, Vers 10-11. Da steht zu lesen: nur die bange Frage, ob der kindliche Traum sich im Alter als Illusion erweisen könnte, „Ja, du bist’s der mich zog aus dem sondern in der letzten Strophe die greifbar Mutterschoß, mich sicher barg an meiner Mutter Brust. 1. H. Oosterhuis, Gezongen Liedboek, Kampen 1993, 368 (Übers. A. Auf dich ward ich geworfen aus Mutter- Stock). schoß, 2. Ebd. 288; vgl. dazu A. Stock, Stimme, Name, Licht am Morgen. Beten vom Mutterleib an bist du mein Gott.“ bei Huub Oosterhuis, in: U. Willers (Hg.), Beten: Sprache des Glau- bens, Seele des Gottesdienstes, Tübingen 2000, 301-313.

18 drohende Enttäuschung, der Bruch des Ver- Wie Häuser schief und ausgewohnt, trauens für das Kind, das sich auf den Vater abseits von allen Wegen, verlassen hatte: gerissen Fundament und Grund, durchs Dach fällt Schnee und Regen. „Und läßt mich fallen in den Tod.“ So sind die Toten, taub und tief Das Lied kann die kindliche Vertrauensse- versunken in den Furchen, ligkeit nicht halten und kehrt auch nicht in gepflügt, gedüngt, doch nicht gekeimt, einer letzten, höheren Glaubenskurve zu ihr die Ernte ungeboren. zurück. Es endet im Zwiespalt der Gefühle, Ob sie vielleicht vor Tag und Tau in der Ratlosigkeit des Gottesgedankens: auf Reiherflügeln schweben, „Wie soll ich wissen, wie du bist.“ nicht Menschen mehr, nicht Mann und Wenn dies eine Klage ist, so macht sie kein Frau? lautes Geschrei. Es ist ein erwachsenes Kin- Wie soll ich Antwort finden. derlied in der Randzone der Resignation. Wir gehn und niemand weiß, wohin, 2. Totenlied wie Wasser ausgegossen. Verstummt und kalt in Mark und Bein, Das bekannteste und beliebteste katholische und ohne Weggenossen. Beerdigungslied der neueren Zeit ist das 1935 von Georg Thurmair gedichtete „Wir sind nur Ps 22, Vers 14 Gast auf Erden“.3 Es ist eine Art von Wander- lied, vom jugendbewegten Autor auf die Die erste Strophe nimmt die seit der Antike Lebensfahrt in toto transponiert: gebräuchliche Metapher des Menschenle- bens als Meeresfahrt auf, aber der Hafen ist „Und wandern ohne Ruh nicht das rettende Ziel, sondern der Ort des mit mancherlei Beschwerden finalen Schiffbruchs: „gesunken tief im Ha- der ewigen Heimat zu.“ fen.“ Die zweite Strophe springt ans Land, ein ver- Man kann sich verlaufen auf dieser metaphy- rottetes Haus, zu nichts mehr nütze. So sind sischen Wanderung und ermüden, aber dann die Toten taub und tief. Wie sollten sie eine wird Gott wie ein ewiger Herbergsvater ge- Stimme hören. beten, ein Licht ins Fenster zu stellen: Gut, wird man sagen, aber ist da nicht Pau- „Und sind wir einmal müde, lus, der 1. Korintherbrief, das 15. Kapitel: dann stell ein Licht uns aus, „gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in O Gott, in deiner Güte, Unverweslichkeit“? Ja, sagt das Lied. Jahr für dann finden wir nach Haus.“ Jahr gesät in den Gottesacker und keine Spur von Ernte: Dass dieses Lied auch bei nachlassender „Versunken in den Furchen, Kirchenbindung seinen Platz im Gefühls- gepflügt, gedüngt, doch nicht gekeimt, raum der Beerdigung hält, zeugt von der tie- die Ernte ungeboren.“ fen Verankerung des Wandervogelgedankens in der deutschen Seele. Es ist eine Trostaria Ist es vielleicht, erwägt die nächste Strophe, ohne Glaubenszwang. realistisch gesehen, doch anders als dieser Oosterhuis’ „Totenlied“4 ist da von härterer irre Glaube an „des Fleisches Auferstehn“? Gangart und klingt hier und da wie eine Kon- Sinkt nicht vielleicht der Leib wirklich für trafaktur.

Wie Schiffe aus dem Nichts daher 3. Vgl. Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 1975, getrieben über’s Wasser, Nr. 656. durch Sturm und Stille abgefahrn, 4. H. Oosterhuis, Gezongen Liedboek, 367 (Übers. A. Stock.; eine frü- gesunken tief im Hafen. here Übersetzung mit Melodie findet sich in: Du bist der Atem mei- ner Lieder. Gesänge von Huub Oosterhuis und Bernard Huijbers, übertr. von P. Pawlowsky, Freiburg/Brsg. 1976, Nr. 43).

19 Wie soll ich wissen

immer ab in den Acker, wird zum Staub, aus Umgestoßne Becher Wasser, dem er genommen ist. Wandert vielleicht die einander zugedacht, Seele in der Natur, gesellt sich anderen Le- sind wir, wer hat wen verlassen, bewesen, reinkarniert sich im Vogelflug: wer nie gekannt? Name, hast mich überschattet, „Ob sie vielleicht vor Tag und Tau Licht, Schwalbenflug im Wind, auf Reiherflügeln schweben Angesicht, mir zugekehrt, mir nicht Menschen mehr, nicht Mann und verwaistem Kind. Frau?“ Nenn mich, kenn mich neu, beatme Hatte Jesus nicht selbst so etwas gesagt, dass mein Leben, daß ich nicht die, die jener Welt gewürdigt werden, „nicht hingeschrieben stehen bleibe - mehr heiraten und geheiratet werden, son- vergangnes Lied. dern seien wie Engel im Himmel“, Lk 20,35f Zu Psalm 22 – ätherisches Seelengeflügel in ornithologi- scher Verwandtschaft zu Graureihern im Das dritte der Lieder5, die auf Ps 22 Bezug neh- Morgennebel? „Wie soll ich Antwort finden“? men, greift nicht einen bestimmten Vers her- Da tritt nun keine Wende ein, wie meistens aus, sondern setzt verschiedene Versfragmente in den Psalmen der Schrift, kein Heilsspruch in ein neues Textgefüge ein: „Warum hast du oder Priesterorakel, das ein Licht aufstellt. mich verlassen“ – Vers 2; „von dir beseelt“ – Vielmehr: Vers 30; „Würmer sind wir“ – Vers 7; „Wir gehn und niemand weiß, wohin, „umgestoßne Becher Wasser“ – Vers 15; „wer wie Wasser ausgegossen. hat wen verlassen“ – Vers 2; „Angesicht, mir verstummt und kalt in Mark und Bein, zugekehrt“ – Vers 25. und ohne Weggenossen.“ Oosterhuis dichtet den Psalm nicht nach, son- dern weiter. Das „Warum hast du mich ver- Fast ist diese letzte Strophe im Plural des Ge- lassen?“ wird wörtlich aufgenommen, aber sangs ein Widerspruch zu dem, was sie singt. dann weiter durchgefragt: „Wer hat wen ver- Noch singen sie ja miteinander. Aber auch lassen, / wer nie gekannt.“ Die Ferne wird dieser zusammenbindende Gesang ist kein noch rätselhafter, undurchschaubarer, als es Mittel gegen das unabwendbar kommende in der eindeutigen Klage „Warum hast du...?“ Verstummen. „Wie Wasser ausgegossen“ – erscheint. Der Psalm-Vers vom vergossenen das Totenlied bezieht sich auf Ps 22, Vers 15. Wasser wird im Gedicht zum Bild umgestoße- ner Becher, ein verlassener Tisch, das große „Eli, Eli, lama sabaktani“ in eine sprachlose 3. Liebe, Zweifel Zerrüttung des Verhältnisses zurückversetzt.

Liebe, Zweifel, Wut und Trauer, Das Gedicht „Liebe, Zweifel“ hat zugleich, gezähmt, nicht ausgetobt, soweit einem Lied das möglich ist, etwas angehaltnes Bluten, schwarzrot Transzendentalpoetisches, dieses verstanden geronnene Flut. im Sinne F. Schlegels als eine Poesie, die „das Produzierende mit dem Produkt darstellt“ Warum hast du mich verlassen? „und in jeder ihrer Darstellungen sich selbst Ich kann nicht leben, nicht mit“ darstellt, „und überall zugleich Poesie atemholen, bluten, außer und Poesie der Poesie“6 ist. Die erste Stro- von dir beseelt. phe reflektiert darauf, daß das Gedicht, der Todesangst zerschweigt die Formen der Sprache, unsren Bund - 5. nicht mehr Menschen, Würmer sind wir H. Oosterhuis, Gezongen Liedboek, 253 (Übers. A.Stock). 6. Zit. nach F. Schlegel, Kritische Schriften, Darmstadt 1964, 53 im blinden Grund. (Athenäumsfragmente); vgl. A.Stock, Hierhin, Atem. Zur poetischen Theologie von Huub Oosterhuis, 1994 .

20 erste Ansatz einer Sprachform, schon eine Wie der Psalm 22 im 2. Vers einklagt Zähmung der wilden Gefühle ist: „Warum hast du mich verlassen, bleibst ferne meiner Rettung „Liebe, Zweifel, Wut und Trauer und den Worten meiner Klage?“, gezähmt, nicht ausgetobt.“ so langt auch Oosterhuis’ Lied nach einer Wenn der Schmerz Versform anzunehmen erfahrbaren Nähe aus. Der Psalm kann ab beginnt, ist der erste Blutstrom schon gestillt. Vers 23 schon den Erfolg der Sprachbe- Aber das Gedicht, das den unmittelbaren mühung verkünden. So weit ist Oosterhuis’ Schmerz hinter sich haben muss, um über- Lied noch nicht. haupt zur Sprache zu kommen, will ihn ja zum Ausdruck bringen und bringt ihn des- Alex Stock halb nicht hinter sich. So fällt in der 3. Stro- Prof. em. für Theologie und ihre Didaktik in Köln phe als Hemmung ein:

„Todesangst zerschweigt die Formen Konturen der Sprache, unsren Bund.“ empfiehlt Bücher

Todesangt überzieht mit Schweigen die uns Hermann Kurzke/ verbindende Sprache. Sie schnürt die Kehle Jacques Wirion zu, desavouiert die Formen der Sprache, in Unglaubens- denen die Menschen miteinander verkehren. gespräch Die Angst, die die Sprache verschlägt, dass Vom Nutzen und man sich nur noch stumm in seinem Schmerz Nachteil der Religion winden kann, erzeugt schon vor der Zeit, was für das Leben sicher kommt: C.H.Beck 2005 ISBN 3406534872 „nicht mehr Menschen, Würmer sind wir im blinden Grund.“

Aber das Gedicht geht weiter, ist im Kampf gegen das Versinken im stummen Schmerz der Verlassenheit, beschreibt ihn und begehrt dagegen auf, nicht laut, sondern mit der Er- innerung einfacher Worte – Name, Licht, Ein nicht mehr ganz gläubiger Christ und ein Angesicht, Schwalbenflug im Wind. nicht ganz ungläubiger Atheist streiten über In der letzten Strophe reflektiert das Gedicht, Fragen der Religion und der Lebenskunst. Es wie in der ersten, noch einmal auf das Au- geht um Glück und Leid, Kunst und Leben, Ge- ßerhalb seiner selbst. Das „Ich“, das hier das sundheit und Krankheit, Zufall und Tod, Gott Wort nimmt, erwartet etwas jenseits des Ge- und die Welt. Ist heroischer Nihilismus angesagt, oder darf es dichts, wenn es verklungen ist. Der spricht, ein postmodernes Christentum geben, das nur erhebt den Anspruch, mehr zu sein als ein noch nach dem Trost, nicht mehr nach der fiktives Pronomen im lyrischen Sprachspiel, Wahrheit fragt? Ist Christentum dann ein blo- die Sprache wird aufgeboten, damit etwas ge- ßes Therapeutikum, ein intellektuelles Sofa, auf schieht: dem sich die Denkfaulheit ausruht? Wozu nützt Religion? Sie hilft gegen Zufall, Leid „Nenn mich, kenn mich neu, und Tod, sagt der eine. Illusion! sagt der andere. Was ist intellektuell noch erlaubt, wenn man die beatme mein Leben.“ Religionskritik ernst nimmt? Religion ist Opium, das mag sein – aber ist das Leben ohne Opium zu Damit es mit dem schön gedichteten alten ertragen? Kann man den Trost der Religion gewin- Lied nicht sein ästhetisches und historisches nen, ohne sich selbst zu betrügen? Gibt es Fröm- Bewenden habe: „hingeschrieben stehen migkeit ohne Glauben? bleibe – / vergangnes Lied“

21 Zwei Bäume im Winterlicht

Zur Schönheit der Poesie formation, in ihr geht es um klare Wahrhei- von Huub Oosterhuis ten, Begriffe und Formeln. Bei der zweiten Sprache handelt es sich um eine tiefere Schicht von Sprache, eine, die das auszudrük- ken versucht, was eigentlich nicht zu sagen Stehn im Winterlicht zwei Bäume ist. Dies ist die Sprache der Rührung und der starr gleichgültig kalt untröstlich Ekstase, der Intuition, der Gefühle, die Spra- che der Liebenden. Diese Sprache ist tastend, Mit wenigen Strichen wird hier eine Szene- sie sucht und stottert. Sie ist kein Luxus oder rie skizziert. Reduziert und klar wie eine ja- das Hobby einiger Exoten, sondern so lebens- panische Tuschzeichnung. Keine unnötigen notwendig wie Wasser und Brot. Dieser Spra- Details, keine Farbigkeit. Auf den ersten Blick che hat Oosterhuis sich verschrieben, seit er handelt es sich um eine Naturzeichnung: zu dichten begann. zwei Bäume in frostig winterlicher Atmo- sphäre. Schon bald aber wird deutlich, dass Oosterhuis verzichtet in seiner Poesie auf es sich um eine symbolische Gegenüberstel- schmückendes Beiwerk, selten benutzt er Ad- lung zweier Lebensmodelle handelt (der eine jektive. Eher bilden schlichte Substantive die – der andere), die Natur wird personifiziert: Eckpfeiler seines Redens: Mensch, Freund, Name, Licht, Wasser. Es ist nicht die Spra- Hören sie den Sturm sich nähern, che der triumphalen Glaubensgewissheit, schließt der eine Augen, Ohren, vielmehr spricht der Suchende, Zweifelnde, wird in seinem Traum zur Schwalbe. der Großstadtmensch: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“. Wie bewähren sich die beiden Lebenskon- zepte in Krisensituationen? Sturm nähert Die zweite Sprache ist Bildsprache und nur sich, existentielle Gefahr, Entwurzelung in dieser kann man sich dem Geheimnis des droht. Die eine Möglichkeit besteht in diffu- Glaubens nähern, so Oosterhuis. Es stelle ser Hoffnung, dass es so schlimm schon nicht eine Gefahr für die Theologie dar, zu mei- werden möge. Augen schließen, wegschau- nen, man könne Glauben in der ersten Spra- en, illusionäre Fluchtgedanken. Dem wird che fassen, exakt definieren und in dogmati- eine andere Möglichkeit gegenübergestellt: sche Formeln gießen.

Treibt der andre seine Wurzeln „Gott“ lasse sich nicht definieren und in kei- tiefer noch ins Erdreichdunkel ne Sprache übersetzen. Es gilt das biblische zu noch tieferen Wasserströmen. Verbot, sich ein Bild von Gott zu machen. Eher manifestiert sich Jahwe als der, der da (T: Huub Oosterhuis/ Ü: Hanns Keßler) ist, tätig, handelnd: „Der mich trug auf Ad- lers Schwingen“, „Der die Erde formte, grün- Der Vergleich in Psalm 1 – „Er ist wie ein Baum, dete, festhält“. Ex negativo nähert man sich der an Wasserbächen gepflanzt ist“ – wird zu an („Du bist nicht der, der wir dachten“), viel- einem autonomen poetischen Bild ausgestal- leicht, oder in Paradoxien: „fremd bleibender tet. Die Erdung, die Suche nach den eigenen Freund“. Oosterhuis sucht das oftmals kleri- Wurzeln, nach einer Tradition, die Kraft kal abgenutzte Potential der biblischen Spra- schenkt für die Gegenwart, das ist die andere che freizulegen, die Automatisierung religiö- Möglichkeit, auf Krisen zu reagieren. Zuge- ser Wahrnehmung zu durchbrechen, nicht spitzt wird hier das „Grundsatzprogramm“ von um „modern“ zu sein, sondern um erfahrbar Psalm 1 vorgeführt, ohne moralische Lenkung zu machen, dass die Worte der Schrift auf- jedoch („Wohl dem Mann, der...“), der Leser richten, wachrütteln, heilen können. wird selber seine Schlüsse ziehen. Wie Gott wird auch der Mensch in Abgren- Nach Huub Oosterhuis gibt es zweierlei Spra- zungen beschrieben: „nicht mit Füßen“, „nicht che. Die erste dient dem Austausch von In- mit Klauen“ ausgestattet ist der Mensch, son-

22 dern mit zwei Füßen, die auf dem Boden ste- darum, die Hoffnung auf Befreiung und Ge- hen, „um zum Segen füreinander, dazusein, rechtigkeit für alle zu formulieren, und das den Weg zu gehen“ (aus dem Lied: Auf der in einer Sprache, in der wir, wie Oosterhuis Erde soll ich wohnen). Nicht dualistisches sagt, „wohnen und wurzeln, sprechen, fan- Denken durchzieht die Bildsprache von Huub tasieren, krank sind, Geld verdienen und lie- Oosterhuis, sondern Dialektik: der Mensch ben“, in authentischer Sprache also, wobei ist groß und gleichzeitig nichtig, seine „Nase auch gesellschaftskritisch und prophetisch voller Lebensatem“, sein „Bauch voll mit Be- Klartext gesprochen werden kann: „Du, der gehren“, „mit dem Kopf nicht in den Wolken“ den stummgeschlagnen Mund versteht“. und doch „der Sonne zugewandt“. Noch etwas zum Verhältnis von Sprache und Inspirationsquelle für Huub Oosterhuis ist die Musik: Nach Oosterhuis ist das gesungene Schrift. Dabei wird der biblische Text nicht Wort das Herz der Liturgie. Singen reiche sprachlich illustriert und parallel nachge- weiter als das Wort, die Sprache. Singen sei zeichnet, sondern er nimmt sich die theolo- elementar: Atmen, Luft holen, eine Stimme gisch-dichterische Freiheit, biblische Aussa- haben, leben. Nicht Zuschauer zu sein, son- gen zuzuspitzen, zu ver-dichten. Oosterhuis dern mitzumachen. Dabei hatte Oosterhuis erfasst die Essenz, bringt ungewöhnliche Zeit seines Lebens das Glück, wie er es sagt, Kombinationen aus verschiedenen bibli- mit guten Komponisten gesegnet zu sein. schen Büchern zustande. Er variiert das ly- Drei an der Zahl haben ihn und sein Schaf- rische Ich, lässt den Pharao die Selbstver- fen begleitet, ein jeder mit einer unverwech- ständlichkeit der Macht formulieren („Es selbaren Handschrift und in engem Aus- kann nicht wahr sein, dass ich hier verkehrt tausch mit dem Dichter. Vision und Hoffnung bin“) und den alternden König David um der „Großen Erzählung“ gemeinsam zu sin- noch ein paar Lebenstage bitten („Lass ein- gen, erlaubt eine viel aktivere „Einverlei- mal noch den Sommer kommen“). Was un- bung“ als die einsame, rezeptive Aufnahme scheinbar geworden ist, legt er frei in seiner der Texte. Kollektiv gesungen gehen sie Schönheit, er erkennt die poetische Kraft der sprichwörtlich unter die Haut, ins Herz wo- Vergleiche, macht eine plastische Bild- möglich, und klingen lange nach. sprache daraus, etwa in dem Text „Der mich trug“ (nach Deuteronomium 32,11), in dem (Vgl. auch: Kees Kok, De vleugels van een sich eine Mensch-Werdung, eine Emanzi- lied. Over de liturgische poezie van Huub pationserfahrung artikuliert. Oosterhuis, Amsterdam 1990)

Der mich trug Birgitta Kasper-Heuermann Dr. phil., Germanistin, Theologin, Niederlandistin, auf Adlers Flügeln Oosterhuis-Übersetzerin seit 1990 der mich hat geworfen in die Weite und als ich kreischend fiel, Tagungshinweis mich aufgefangen mit den Schwingen und wieder hoch mich warf, Singwochenende bis dass ich fliegen konnte mit Liedern und Texten von Huub aus eigner Kraft. Oosterhuis

(Text: Huub Oosterhuis/ mit Stiftung Lehrhaus & Liturgie, Kees Übersetzung: Annette Rothenberg-Joerges) Kok, Henri Heuvelmans, Tom Löwenthal

Die Bindung des Dichtens an die jüdisch- vom 10. – 12. Februar 2006 christliche Schrift bedeutet, dass die Ästhe- Info und Anmeldung tik der Sprache an einen Inhalt gebunden ist. über die Verwaltung der Burg Rothenfels Es geht Oosterhuis nicht um liturgisches oder unter www.burg-rothenfels.de Dekor und „Gottesdienstleistungen“, sondern

23 „Nicht mit gewöhnlichen und abgegriffenen Worten“

Im Gespräch Nehmen wir als Beispiel Jo- mit Johannes vom hannes vom Kreuz: auch sei- Kreuz ne Poesie ist ein einziges „Schriftlied“, ohne die Bibel nicht zu denken. Auch bei ihm stehen Leben und Werk Jesu von Nazareth zärtlich im Mittelpunkt, wie selbst- verständlich auch hier ganz einbuchstabiert in Texte und Bilder des Alten Testaments und der Hebräischen Bibel. Auch bei Johannes vom Kreuz sind Licht und Dunkel, Warten, Angesicht und Schönheit zentrale Kategori- Warum haben Lieder wie „Ich steh vor dir en christlicher Existenz und Glaubenspoesie. mit leeren Händen, Herr“ auch nach vierzig „Leg mein Gesicht frei, mach mich schön“ – Jahren höchste Sympathiewerte und hohe in der Aura Jesu, in der Brechung des Bro- Einschaltquoten – nicht nur in Christen- tes, in den Fraktalen und Frakturen ge- kreisen? Warum sind die Oosterhuis-Lieder schichtlicher Realität, im Mandalazeichen im „Gotteslob“ für viele Seelsorgerinnen und des Kreuzes also. Bei beiden Autoren ist die- Mitchristen besondere Bezugspunkte der se mystische Dialogik „von Herz zu Herz“ Liturgiegestaltung? Gewiss spielen die Me- spürbar, diese feinfühlige Intimität des An- lodien und Rhythmen eine besondere Rolle, Sprechens und Vor-Tastens, des Suchens und mehr aber noch die Sprache der Gedicht- Fragens. Vor allem aber: auch bei Johannes Gebete, ihr Verweischarakter, ihre bestimm- vom Kreuz lebt ein genau reflektiertes Wis- te Diskretion. Die „Litanei von der Gegen- sen von dem schier unendlichen Unterschied wart Gottes“ ist trotz problematischer Über- zwischen Gedicht und Kommentar, zwischen setzung eines der wenigen geglückten Bei- Poesie und Prosa. Nicht zufällig ist Juan de spiele für die meist vermisste Dimension des la Cruz poetisch und poetologisch anregend Kontemplativen. „Er schrieb uns frei mit ei- bis in die Gegenwart. „Ich sprach zu meiner gener Hand“ – was Oosterhuis in seinem Seele: sei still und warte, ohne zu hoffen, / „Schriftlied“ vom Schöpfer sagt, darf auch für Denn Hoffen wäre auf Falsches gerichtet; den Autor gelten. Um seiner bibelsatten, warte ohne zu lieben, / Denn Liebe wäre auf menschenfreundlichen Poetik des Frag- Falsches gerichtet; da ist noch der Glaube, / ments mehr auf die Spur zu kommen, kann / Doch Glaube und Liebe und Hoffen sind ein Seitenblick in Traditionen christlicher alle im Warten. / Warte ohne zu denken, denn Mystik hilfreich sein. zum Denken bist du nicht reif, / Dann wird Einerseits kommen deren Bilder und Texte das Dunkel das Licht sein und die Stille der jedenfalls (explizit) im Werk von Oosterhuis Tanz.“ So heißt es z.B. im dritten Satz des kaum vor, andererseits ergeben sich gerade zweiten Quartetts von T. S. Eliot: Zwiege- dadurch schöpferische Resonanzen trotz al- spräch des suchenden Menschen, der nicht ler historischen und glaubensgeschichtli- nur an die drei theologischen Tugenden, son- chen Differenz. Mystik und Mysterium ge- dern als vierte im Bunde an das Denken ap- hören nicht nur sprachlich zusammen; das pelliert – sie alle kulminieren im Warten. Die Geheimnis des Glaubens will – im Unter- kardinalen Tugenden sollen darauf verzich- schied zum Rätsel – bewohnt und begangen ten, in der vertrauten Weise tätig zu werden. sein, also auch besprochen und besungen – Das dreimalige „warte ohne“ (sunder aber eben als Geheimnis, als Resonanzraum warumbe) ist bezeichnend. „Wie lange müs- jenes wahren Lebens, dessen Gelingen so sen wir / noch auf dich warten... warten auf sehr noch vermisst wird. dich, wissen es selber nicht“ heißt es in

24 Oosterhuis’ „Litanei von der Gegenwart Got- Erinnerung schon wissend, wer der (die) tes“. Es ist die Sprache des Begehrens und Geliebte ist, wird das Schmerzwissen um so Vermissens, die dem biblischen Glauben ei- größer, wie sehr er (sie) noch fehlt. Die Kunst gen ist – der Schöpfungsort: „Mit nichts von des Vermissens, das Sehnsuchtswissen, „bist nichts hast du begonnen, sprachlos hast du du wiederkommst“, markiert spannungs- das Licht gesagt... Mit Licht von Licht hast reich den Ort, an dem die Lieder des Glau- du geschrieben / dein Buch, das uns am Le- bens gesungen, die Gebete der Sehnsucht ge- ben hält / dein Wort, das treu bei uns geblie- sprochen, die Gedichte der Hoffnung gefun- ben / und diesem Lied das Atem stellt.“ (39) den werden. Kommentierend bemerkt Juan: „In dieser ersten Strophe trägt die in das Cantico espiritual WORT, den Sohn Gottes, ihren Bräutigam, Im schließlich 40strophigen Dialog zwischen verliebte Menschenseele, ... ihre brennende der Braut und dem Bräutigam des Juan de la Liebessehnsucht vor und beklagt sich zu- Cruz kommt das Wort „Gott“ kein einziges gleich bei ihm über seine Abwesenheit.“ (1,1) Mal vor, ebenso wenig wie im Hohenlied der Bibel. „Wo hast du dich verborgen?“ – be- Diese spirituelle Topographie hat biogra- zeichnend ist diese Eingangsfrage, die das phisch einen besonderen Sitz im Leben: Jo- Gedicht intoniert und die sehnsüchtige Such- hannes dichtet wesentliche Teile des Cantico bewegung in Gang setzt. Dem „adónde“ (wo) schon in der dunklen Nacht der viel- korrespondiert, den Text strukturierend, das monatigen Folterhaft seiner „Mitbrüder“; sie „allí“ (dort). Gesucht wird der Ort der ge- hatten den unbequemen Reformer bei Nacht meinsamen Bleibe von Braut und Bräutigam, und Nebel entführt. Gibt es bezeichnende gesucht wird die communio continua, die kirchliche Ausgrenzungen bei beiden Sän- fortwährende heilige Kommunion, die Lust gern christlicher Existenz, bezeichnende der Begegnung und Vereinigung. In der 12. Existenz? „Wo hast du dich verborgen?“– das bzw. 13. Strophe erst kommt das Suchen ans ist alles andere als eine rhetorische Frage. Ziel. Dann folgen überschwänglich genaue Gott, der vermisste, ist allererst neu zu ent- poetische Ortsangaben: „Keller, Garten, Höh- decken, auf den langen Expeditionen ins len“, die Welt im Ganzen wird diaphan im neuere Ausland der Seele, im Dunkel der Glanz göttlicher Gegenwart, im Glaubens- Geschichte, in den Spannungen der Realität blick des kontemplativen Menschen, der – für Juan vergleichbar den zeitgenössischen dichtend und singend der Einigung von Gott Entdeckungsreisen Lateinamerikas. Und für und Welt und Mensch lauscht. Im Kommen- Oosterhuis? tar Juans heißt es: „Und so freut sich der Sohn Gottes in der Menschenseele an ihren Won- „Die fremden Inseln sind vom Meer umsäumt nen und nährt sich an ihr, das bedeutet, er und jenseits der Meere, weit abgelegen und verbleibt in ihr wie an einem Ort, wo er sich fern der Verbindung mit den Menschen. Und sehr freut, weil sich der Ort wirklich an ihm so nennt die Menschenseele wegen der gro- freut.“ (26,9) ßen, staunenswerten Neuartigkeiten und der fremden, vom Alltagswissen weit entfernten Es gibt, wie auch bei Augustinus zu lernen Einsichten, die sie in Gott erschaut, ihn frem- ist, zweierlei Suchen: einerseits die Suche de Insel. Fremd nennt man ja einen aus ei- nach dem, was uns vollends unbekannt ist nem dieser beiden Gründe: entweder weil er und noch fehlt; andererseits die Suche des- zurückgezogen von den Leuten lebt oder wie sen, was uns wohl vertraut ist und noch viel er durch seine Taten und Werke gegenüber vertrauter werden will. In der erotischen den übrigen Menschen hervorragend und Metaphorik des Johannes gesagt: es gibt eine einzigartig ist. Aus diesen beiden Gründen Suche nach der Beziehung, die uns fehlt; es nennt der Mensch Gott hier fremd; denn er gibt eine Suche in der Beziehung, in der wir ist nicht nur die ganze Fremdheit der nie schon leben – aufgrund der Beziehung. Das gesehenen Inseln, sondern auch seine Wege, ist die Theo-Logik des Cantico espiritual (und Ratschlüsse und Werke sind sehr fremd, neu der Gedichte von Oosterhuis). In dankbarer und staunenswert für die Menschen.“ ▲

25 „Nicht mit gewöhnlichen und abgegriffenen Worten“

Musik der Stille „Leg mein Gesicht frei“ Weder biographisch noch werkgeschichtlich In der dreizehnten Strophe des Cantico ist Johannes vom Kreuz zu verstehen ohne stehen die viel zitierten Verse: seine künstlerische Begabung und Neigung, „Mein Geliebter: die Gebirge, ohne sein ausgeprägtes Stilgefühl und Schön- die einsamen waldigen Täler, heitswissen. Bekannt ist, dass er sich selbst die wundersamen Inseln, als Holzschnitzer und Maler versuchte; be- die rauschenden Flüsse, kannt ist, wie sehr er gerade die andalusi- das Flüstern der liebkosenden Winde, schen Nächte, die Schönheit der Natur über- haupt empfand und schließlich in ihrer sa- die ruhige Nacht kramentalen, diaphanen Dimension zu wür- kurz vor dem Aufgang der Morgenröte, digen und zu feiern verstand. Im Kommen- die Musik der Stille, tar zur 35. Strophe des Cantico („Genießen Einsamkeit voll Klänge, wir uns, Geliebte, / und machen wir uns auf, das Abendmahl, das erfrischt und ver- uns in deiner Schönheit zu sehen...“), heißt liebt macht.“ es: „Machen wir es so, dass wir durch die bereits erwähnte (kontemplative) Übung der Der verliebte Mensch – die „alma“ – ist hin- Liebe dahin gelangen, uns in deiner Schön- gerissen von der abwesenden Anwesenheit heit zu sehen. D.h.: dass wir uns an Schön- des Geliebten in den Stimmen und Gestalten heit ähnlich sind und deine Schönheit so ist, der Natur. Der Mensch, „für gewöhnlich erst dass ich, wenn wir einander anschauen, dir nach langer geistlicher Übung (in diesen in deiner Schönheit gleiche und mich in dei- Zustand) versetzt“, ist nun derart durchdrun- ner Schönheit sehe, was dann sein wird, gen von der alles wiedervereinigenden Ge- wenn du mich mit deiner Schönheit gleich genwart Gottes, dass Johannes vom Kreuz gestaltest. So werde ich dich in deiner Schön- von der geistlichen Verlobung „mit dem Wort, heit, und du wirst mich in deiner Schönheit dem Sohn Gottes“, spricht. „Da sich diese sehen; und so möge ich in deiner Schönheit kleine Taube von Menschenseele, hin und Du erscheinen, und du mögest in deiner her fliegend durch die Liebeslüfte über den Schönheit Ich erscheinen, und meine Schön- Sintflutgewässern ihrer Plagen und brennen- heit sei deine Schönheit, und deine Schön- der Liebessehnsüchte, die sie bis hier dar- heit meine Schönheit; und ich werde Du in gestellt hat, bewegte und nichts fand, wo ihr deiner Schönheit, und du wirst Ich sein in Fuß aufruhte, streckte der mitfühlende Va- deiner Schönheit, denn eben deine Schön- ter Noach bei ihrem letzten Flug, von dem heit wird meine Schönheit sein.“ Das ist die hier die Rede war, die Hand seines Erbar- Sprache der Liebe, das ist Beziehungsmystik, mens aus und fing sie wieder auf und holte typisch christlich und ganz christozentrisch, sie in die Arche seiner selbstlosen und ver- das ist Beziehungsschönheit im wechselsei- langenden Liebe.“ Die ganze Welt ist solch tigen Austausch und Ansehen – kein Ästheti- einem Mensch gotterfüllt, freilich im Para- sieren, kein Verklären und Verstellen, son- dox, Vorahnung „nur“, im Verborgenen of- dern ein Ausstrahlen von innen her, ganz auf fenbar. Ausdrücklich betont Juan, dass es der Spur des biblischen kabod, der doxa und hier nicht nur „um ein Sehen der Dinge im gloria, der Aura und Ausstrahlung – stets frei- Licht oder der Geschöpfe in Gott geht“, son- lich in jenem Überschwang, der vom Vermis- dern um ein ergriffenes Wissen, „dass alle sen weiß, von Vergangenheit und Erwartung. Dinge Gott sind“. Um jeden illusionären Diese Mystik der Transformation, der Wand- Überschwang freilich im Ansatz zu unterbre- lung und Gleichgestaltung, lebt vom innig- chen, fügt er hinzu, dass solche Gottes- sten Gegen-Über Gottes in Jesus Christus. gewissheit „nur eine starke und überfließen- „Wenn von dir zu mir / nicht ein Schimmer de Mitteilung und Vorahnung von dem (ist), kommt, / will ich keinen mehr, / lache mas- was Gott in sich sei.“ Noch in der innigsten kensteif, fliehe in die Nacht / werde Wüste- Kommunion bleibt Gott der ganz Andere, das nei. Kehr dein Herz zu mir“ – so Oosterhuis: fremde Geheimnis. „Dich gesucht bei Tag“ (152).

26 Unsagbar standen zu werden, um im Menschen Liebe Der kontemplative Weg geistlicher Verwand- und Zuneigung zu bewirken; denn sie ist lung macht, wie Juan in seiner kleinen Her- nach Art des Glaubens beschaffen, mit dem meneutik zu Beginn unterstreicht, die Unaus- wir Gott lieben, ohne ihn zu verstehen.“ Die- sprechlichkeit der mystischen Erfahrungen se mystische Aporetik ist grundlegend: „Noch immer bewusster. „Insofern der Mensch, der dein Schatten macht uns blind“, dichtet in dieser Liebe umgestaltet und von ihr be- Oosterhuis. Die Bildrede von der dunklen wegt wird, gewissermaßen den selben Über- Nacht des Glaubens oder von der Wunde der fluss und inneren Schwung in seinem Spre- Liebe, die heilt, findet sich bei Juan – und chen besitzt“, bleibt sein Kommentar hinter das sind nur Beispiele für jenes geistliche seinem Gedicht, das Gesagte hinter dem „Metapherngestöber“, in dem die „bunte Unsagbaren unendlich zurück. Es lässt sich Gnade Gottes“ sich poetisch artikuliert und nicht „auch nur annähernd mit Worten gut poetologisch reflektiert. erklären“ – und nicht zufällig reklamiert der seine Lieder kommentierende Spiritual auf Kleines Zwischenfazit: so unterschiedlich die jenen paulinischen Gottesgeist, der unserer Autoren und ihre Text sind, in der bildreich Schwachheit zur Hilfe kommt „mit unaus- verweisenden, schöpferisch irritierenden sprechlichen Seufzern“ (Röm 8,26). „Denn Sprachbewegung kommen sie überein. Das, wer könnte niederschreiben, was er den ver- was unsagbar ist, sucht Sprache – und bleibt liebten Menschen, in denen er wohnt, zu ver- als Gegenwärtiges doch verborgen. Wenn stehen gibt? Und wer könnte mit Worten dar- denn allegoria „Anderssprechen“ heißt, figu- legen, was er sie erfühlen lässt? Und wer ral und Abwesendes vergegenwärtigend, schließlich, was er sie ersehnen lässt?“. Am dann lässt sich sagen: die besten dieser Ge- ehesten noch ließe sich „in Bildern, Verglei- dichtgebete haben die „Figur, die das Frem- chen und Gleichnissen“ etwas von dieser de, das andere des Gemeinten ausspricht und förmlich herzzerreißenden Geistesgegen- paradoxerweise in die Fremdheit der Sinnen- wart in der Spannung von Erinnerung und welt eine Spur dessen einschreibt, was ihr Erwartung, von Fund und Suche deutlich inkommensurabel bleibt – die Heiligkeit Got- machen. Der mystagogische Kommentar tes“ (Teuber, 87). Sie sind Figurationen der dient bloß näherungsweise dem, was das Ge- Unverfügbarkeit, Zeichenkörper und Sprach- dicht-Gebet sagt – und beides geschieht „aus gebilde, die zum Hindurchgehen einladen, der Überfülle des Geistes“. Im Sprachspiel zum „Vorübergang“, pascha domini. der Dekonstruktion gesagt: „Die Kommen- tare... sind Supplemente zweiten Grades, da Ohne Halt und doch gehalten, sie auf Gedichte verweisen, die ihrerseits ohne Licht im Dunkeln lebend, supplementär sind.“ (Teuber 35). Die poeti- werd’ ich gänzlich mich verzehren. sche Inszenierung lebt von der sprachlichen Vergegenwärtigung des Abwesenden. „Das Losgelöst ist meine Seele. Durchgehen der Texte sollte als ein Durch- Nichts Geschaff’nes hält sie fest. oder Vorübergang, als ein Transitus verstan- Über sich hinausgehoben den werden, der nirgendwo hinführt und sich schmeckt sie Leben wie noch nie. nirgendwo sesshaft macht.“ Weil unsagbar, Gott alleine gibt ihr Halt. ist der Bilderteppich des Gedichts voller para- Drum das Wort, das ich euch sage: doxaler Sprachmuster, Worte und Wider- Das, was ich am meisten schätze, worte, Spruch und Gegenspruch geben sich ist, daß ich mich jetzt schon sehe kontrapunktisch Resonanz. Vollends ab- ohne Halt und doch gehalten. sichtslos kommen diese Gedichte, Lieder und Gebete einher; doch bezeugen sie schon, Finsternis lässt mich erdulden wovon sie sprechen und wofür sie werben. dieses todgeweihte Leben. „Die mystische Weisheit nämlich, die sich der Dennoch ist mein Schmerz nicht groß, Liebe verdankt, von der diese Liedstrophen weil, auch wenn das Licht mir fehlt, handeln, braucht nicht bis ins Einzelne ver- ich ein himmlisch Leben lebe.

27 „Nicht mit gewöhnlichen und abgegriffenen Worten“

Solch ein Leben schenkt die Liebe. Anmerkung: Und je blinder diese Liebe, Die zitierten Texte beziehen sich auf: desto mehr geb’ ich mich hin, Johannes vom Kreuz, Der geistliche ohne Licht im Dunkeln lebend. Gesang (Cántico A. Vollständige Neu- übertragung. Gesammelte Werke Band 3) Alles dies bewirkt die Liebe. Freiburg 1997 Seit ich endlich sie erkannte, macht das Gute und das Schlechte Huub Oosterhuis, Ich steh vor Dir. sie zu einem süßen Duft, Meditationen, Gebete und Lieder, weil sie mich in sich verwandelt. Freiburg 2004 Schnell in ihrer duft’gen Flamme, die ich innerlich verspüre, Bernhard Teuber, Sacrifcium litterae. Al- ohne daß was übrig bleibt, legorische Rede und mystische Erfah- werd’ ich gänzlich mich verzehren. rung in der Dichtung des heiligen Johan- nes vom Kreuz, München 2003

Gotthard Fuchs Referat Kultur – Wissenschaft – Gesellschaft Bistum Limburg

Seine Texte und Lieder haben meine Seele erfreut 1969/70 war ich als junge Lehrerin ein – wo die Leute aus dieser Ekklesia mich, eine Jahr lang an der Waldorfschule in Amster- kirchlich-fromme Protestantin aus der Pfalz, dam tätig. Ich bewegte mich dort im Mi- nie nach meiner Konfession fragten und von lieu von Künstlern und Außenseitern; das sich selbst nur sagten: „Wir sind katholisch freie bunte Leben der Stadt faszinierte – aber nicht römisch –katholisch!“ mich. Was mich jedoch am meisten be- – Wo mir die schönen Lieder mit den fremd- eindruckte, war die Art von Kirche, die ich artigen Melodien, den unerwarteten Pausen dort kennenlernte. In der unscheinbaren, und den tiefgehenden Texten beim Singen kleinen Amstelkerk war es, „ins Herz rutschten“ – und dort blieben! – wo ich zum ersten Mal Huub Oosterhuis Natürlich lag es auch an der niederländi- predigen hörte: über Gedichte von Pablo schen Sprache (die ich liebte), daß mir al- Neruda, („gehören solche Texte über- les in der Amstelkerk so besonders vorkam. haupt in einen Gottesdienst?“) Aber ich spürte auch eine neue Art von – wo das Abendmahl mit Brot und Becher Theologie, die von Gott in unüblichen Bil- von verschiedenen Leuten in verschiede- dern und Begriffen sprach, die Beten und nen Ecken der Kirche verteilt wurde - Handeln aufeinander bezog, die eine Ver- nicht steif und mit trister Miene vorne am bindung herstellte zwischen uns hier – und Altar, wie ich es vorher nur kannte, den anderen Menschen dort und überall. – wo eine bunte Mischung von Menschen Die Texte und Lieder von Huub Oosterhuis zusammen kam: Studenten, Hippies, äl- haben mich mein Leben lang begleitet, tere Leute, Künstler, Kinder, eine Mi- mein Inneres genährt und meine Seele er- schung im Gegensatz zu dem üblichen freut. Ich bin ihm sehr dankbar. Gottesdienstpublikum: gesellig, locker, und doch gehörte jede/r gleich dazu, Doris Sybille Jonas

28 Wo das Lehrhaus fehlt

Wo das Lehrhaus fehlt, beginnt die Liturgie zu verhallen Fünfundzwanzig Jahre Stiftung Lehrhaus & Liturgie

1980 schrieb Huub Oosterhuis: „Wo die Li- turgie fehlt, fällt eine Gemeinde auseinan- der. Ohne Bild, Gleichnis und Lied wird das Wiedererkennen des Wortes der Schrift schwer. Wo das Lehrhaus als selbständiges Projekt oder wenigstens als ein Element des Gottesdienstes fehlt, beginnt die Liturgie zu verhallen.“ (Twee of drie. Voor en over kriti- sche gemeenten). Im selben Jahr noch wur- Huub Oosterhuis im Rode Hoed Oktober 2005 de auf Initiative von Huub Oosterhuis die Stif- tung Lehrhaus & Liturgie ins Leben gerufen. Initiativen für eine Liturgieerneuerung, für Dieser Artikel enthält ein paar Hintergrund- eine Liturgie in der Sprache des Volkes. Die- informationen zu dieser fünfundzwanzig- se wurden jedoch von Rom immer systema- jährigen Einrichtung. tisch und mit großer Vehemenz bekämpft und möglichst in lokalen Grenzen gehalten. Nach Liturgie dem Zweiten Weltkrieg jedoch ertönte der Zu der Zeit, als die römisch-katholische Li- Ruf nach Reformen immer lauter. 1959 kün- turgie noch auf Latein stattfand, hallte es viel- digte Papst Johannes XXIII. das Zweite Vati- fältig. Das heißt nicht, dass diese Liturgie kanische Konzil an. Als er im Vorfeld dazu bloßer Hall war. Ihre Bedeutung lag jedoch weltweit eine Umfrage unter den Bischöfen mehr auf religiös emotionalem, weniger auf abhalten ließ, um die wichtigsten Erneue- bewusst- und daher kritisch-gläubigem Ge- rungswünsche zu erkunden, stand die jewei- biet. Der Kirchenmusik kam eine zentrale lige Liturgie an erster Stelle. Das Konzil be- Rolle zu. Die Klänge des gregorianischen Ge- gann daher auch mit der Erarbeitung des Do- sangs gaben dem Kirchenjahr Struktur, be- kuments, das die Erneuerung der Liturgie le- stimmten die liturgischen Stimmungen. Wer gitimieren und regeln sollte: Sacrosanctum damit aufgewachsen war, konnte heraus- Concilium. Als dieses „Dekret“ erschien, exi- hören, ob es Weihnachten war oder Ostern stierten bereits an verschiedenen Orten in oder Pfingsten. Weniger ausdrücklich, aber Europa Vorreiter der Entwicklung einer neu- umso reicher an Emotionen waren lateini- en Liturgie in der jeweiligen Landessprache. sche Messen von Mozart bis Perosi. Für die meisten Kirchgänger besaßen die lateini- Die Amsterdamer schen Texte untergeordnete Bedeutung, sie Studentenekklesia sind im Laufe der Jahrhunderte einfach ein Die Amsterdamer Studentenekklesia war ei- Bestandteil der Musik geworden. In Verbin- ner dieser Orte (eine 1960 von dem Jesuiten dung mit den liturgischen Handlungen, dem Jan van Kilsdonk gegründete Studentenge- Anlegen der Kleidung, den Gesten, den Ker- meinde). Die offizielle Liturgieerneuerung zen und dem Weihrauch, entstand eine ge- kam allgemein recht mühsam und nur gegen wisse Atmosphäre, in der es sich schwelgen großen konservativen Widerstand in Gang. ließ, wenngleich viel von der Qualität des Ge- Erst 1970 erschien ein neues lateinisches botenen abhing. In der katholischen Kirche Messbuch. Die Übersetzung des niederländi- gab es aber seit jeher eine Strömung, der es schen Messbuchs (Altaarmissaal) kam erst mehr um die Beachtung der Texte ging, um 1979 auf den Markt. In Amsterdam wurde die das Wort, um den Inhalt der Liturgie. Auch Erneuerung von dem Dichter Huub Oosterhuis nach der Reformation fanden sich zahlreiche und dem Komponisten Bernhard Huijbers (in

29 Wo das Lehrhaus fehlt

Zusammenarbeit mit der „Arbeitsgruppe für Volkssprachenliturgie“) mit Energie und Schwung angepackt. Das führte in der zwei- ten Hälfte der sechziger Jahre, vor allem hin- sichtlich des Amtsverständnisses und des Zö- libats, zu zahlreichen Konflikten mit den kirch- lichen Autoritäten, die meinten, nicht weiter als „Rom“ gehen zu dürfen, und endete letzt- lich 1970 in einem schmerzlichen, aber unver- meidlichen Bruch mit dem Bischof von Harlem. Seither ist die Amsterdamer Studen- tenekklesia eine kirchliche Gemeinde „in frei- er Verfassung“. Sie zog in die evangelische Amstelkerk, wo sie von 1970 bis 1985 ihre Tref- fen abhielt, bis Restaurationspläne sie zu ei- nem Umzug zwangen. Von 1985 bis 1990 fan- den die Gottesdienste in der mennonitischen Singelkerk statt, von 1990 dann bis heute im Antoine Oomen, Henri Heuvelmans, Tom Löwenthal „Roten Hut“, einem landesweit bekannten Kulturzentrum an der Keizersgracht 100-104 in Amsterdam, dessen Gründung auf eine In- turgie. Ohne diese Orientierung wäre die itiative von Huub Oosterhuis zurückgeht. Ekklesia längst eingegangen und würde ihre Liturgie – vor allem das inzwischen sehr um- Bis auf den heutigen Tag ist die 45jährige fangreiche Repertoire an Liedern – nicht eine Amsterdamer Studentenekklesiaeine Werk- derart große Ausstrahlungskraft besitzen. Die stätte neuer liturgischer Formen, Texte und Studentenekklesia wird seit langem von Leu- Lieder, die ihren Weg in viele Gemeinden und ten sehr unterschiedlicher konfessioneller Gruppen finden, auch außerhalb der Nieder- Herkunft besucht, zunehmend aber auch von lande. Ihre Stärke liegt vor allem – neben der Leuten ohne jeglichen kirchlichen, ja nicht poetischen Qualität der Texte von Huub einmal christlichen Hintergrund. Sie hat die Oosterhuis in ihrer „Treue gegenüber dem Unterscheidung von römisch-katholisch und Erbe der Vergangenheit“, vor allem dem bibli- protestantisch hinter sich gelassen, obgleich schen Erbe und den jüdischen Wurzeln der Li- sie urkatholisch ist hinsichtlich der Beibehal- tung der wöchentlichen Eucharistie und des musikalischen Geschmacks, eher protestan- tisch dagegen in der Sorgfalt gegenüber dem Wort und der zentralen Bedeutung, welche der Predigt zukommt. Indem das Beste aus der ka- tholischen und der protestantischen Traditi- on herausgegriffen wird, dient sie vielen in den verschiedenen Gemeinden und Gruppen, sich selber „bedient“ sie jedoch vor allem an der Urquelle der jüdischen und christlichen Tra- dition, Tora (Tenach) und Evangelium, kurz der Bibel. Eine solches „Sich-Bedienen“ kommt jedoch nicht ohne das Lehrhaus aus.

Lehrhaus „Lehrhaus“ ist ein Begriff aus der jüdischen Tradition, bet hamidrasch. Die Synagoge ist von jeher ein Ort der Liturgie gewesen, an dem Kees Kok, Alex van Lighten, Huub Oosterhuis immer auch gelehrt und gelernt wurde. Der

30 Feier Verzameld Liedboek (2004) Antoine Oemen (Dirigent) Henri Heuvelmans (Klavier)

Gegenstand des Lernens waren die Schrift (Tenach) und die Tradition (Talmud). Und da- bei geht es bis heute um die Frage, wie die Tradition mit der eigenen Gegenwart und den neuen Erfahrungen und Einsichten verknüpft werden kann; wie diese Tradition so zur Spra- che gebracht werden kann, dass sie „aktuell“ wird und bleibt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das Lehrhaus aus dem Bewusstsein heraus entwickelt, vor allem in den protestan- tischen Niederlanden, dass der christliche An- tisemitismus mit ein Nährboden für die Shoa gewesen ist. In den Lehrhäusern beschäftigt Diese Welt man sich eingehend mit dem jüdischen Ur- Die Lieder von Huub Oosterhuis sind bestimmt sprung des Christentums und der jüdischen für Predigt und Schriftauslegung. Ein wichti- Art den Umgangs mit Schrift und Tradition. Auf ges Merkmal dabei ist ihre große gesellschafts- lange Sicht ist das Lehrhaus für die Aufrecht- politische Ausrichtung, die dem „mystischen“ erhaltung einer lebendigen Liturgie unver- Gehalt jedoch keinen Abbruch tut. Mystik und zichtbar. Die Liturgie war – ihrem Inhalt wie Politik schließen einander nicht aus, sondern ihrer Form nach – viele Jahrhunderte lang fest- bedingen einander und brauchen sich gegen- geschrieben. Der Einsatz der Bibel in der Li- seitig. In der Bibel, in den Psalmen und bei turgie war stark selektiv von der kirchlichen den Propheten halten beide einander in einem Lehre bestimmt. In einem Lehrhaus kann man spannenden Gleichgewicht. Das Persönliche von einem unbefangeneren und weiter hat immer politisch-gesellschaftliche Seiten, gefassten Umgang mit der Bibel immer wie- wie auch andersherum. der neue Anregungen für Inhalt und Formge- bung der Liturgie erhalten, für die liturgische Liturgie ist keine losgelöste sonntägliche re- Aktualisierung der biblischen Lebenslehre und ligiöse Enklave innerhalb der gesellschaftli- der prophetischen Vision, die sich wie ein ro- chen Woche. In und zwischen den Zeilen der ter Faden durch Tenach und Evangelium zieht. liturgischen Texte und Lieder muss „diese Welt“ erkennbar hindurchklingen können. Faktisch ist die Amsterdamer Studenten- So wie in dem Lied mit dem Titel: ekklesia aus Bibelkursen mit starkem Lehr- hauscharakter hervorgegangen, aus Kursen, Diese Welt. die Pater van Kilsdonk Ende der fünfziger Jah- Was kein Auge gesehn, re für katholische Studenten abhielt. Das kein Ohr gewagt zu hören, Lehrhaus, besonders das intensive Studium was unsre Väter nicht der Schrift, von Genesis bis zur Apokalypse, zu träumen wagten, sind wir hat dort von Anfang an, aber auch die weite- geworden: diese Welt. ren vierundvierzig Jahre, eine zentrale Rolle Tote, unbegraben, gespielt. Die liturgischen Texte von Huub nur Trümmer deine Stadt, Oosterhuis sind von biblischen Themen und aufgescheucht, abgeschlachtet Zitaten durchtränkt. All die Jahre hindurch wie Kleinwild bei der Jagd, haben insbesondere der Exeget Han deine allerliebsten Menschen. Renckens S.J. und der politische Theologe Ton Veerkamp einen entscheidenden Einfluss Durch Stürme von Gewalt. auf die liturgische Poesie von Oosterhuis ge- Fortgejagte sind wir, habt. Letzterer hat die biblisch-theologischen an Mühlsteine festgeklammert, Erkenntnisse in aussagstarke, singbare und wie Verdammte sind wir liturgisch nutzbare Sprüche, Gebete und Lie- geworden: diese Welt. der übersetzt. (Text: Huub Oosterhuis/ Übersetzung: Annette Rothenberg-Joerges)

31 Wo das Lehrhaus fehlt

pe für Volkssprachenliturgie („Werkgroep voor Volkstaalliturgie“) dar, in der Huub Oosterhuis und Bernhard Huijbers von 1959 bis 1979 zusammen an einer neuen nieder- ländischen Liturgie gearbeitet hatten, bis Huijbers dann 1979 nach Frankreich ging.

Huijbers bekam in der Person von Antoine Oomen und Tom Löwenthal zwei sehr un- terschiedliche, aber würdige Nachfolger, die das Repertoire, das er hinterließ, bis auf den heutigen Tag beinah verdreifacht haben. 2004 erschien „Verzameld Liedboek. Litur- gische gezangen op teksten van Huub Ooster- huis“, eine Liedsammlung mit beinahe tau- send Seiten und mehr als fünfhundert Lie- dern und Gesängen, in der das Amsterdamer Dominicus-Kirche. Feier Verzameld Liedboek (2004) Repertoire nach biblischen und liturgischen

In dieser Art hat Oosterhuis mehrere „politische“ Kir- chenlieder verfasst. Unter anderem dadurch unter- scheidet sich sein Werk von dem gängigen Liedreper- toire. Dieses Genre Lieder – so nahe sie auch bei der Spra- che und der „Spiritualität“ der Bibel stehen – passt meist nicht in den noch immer weitgehend traditionellen Erwartungshorizont der Li- turgie und dringt nur lang- sam vor in das Repertoire ei- nes durchschnittlichen Kir- chenchores. Wohingegen die Im Rode Hoed: Tom Löwenthal biblische Sicht von „dieser Welt“ auch in traditionellen Texten durch- Themen angeordnet worden ist (Herausge- schimmert. Etwa in der Bitte „Dein Reich ber: Kok, Kampen). komme“ des Vater Unser. Wer dieser Bitte zu- stimmt, steht letztlich auch vor politischen Die Stiftung Lehrhaus & Liturgie hat die letz- Entscheidungen in Sachen Arm und Reich, ten fünfundzwanzig Jahre, unter anderem Krieg und Frieden, Recht und Unrecht. Das auch wegen der großzügigen Unterstützung politische Kirchenlied macht die Notwendig- einiger Ordensgemeinschaften, einen bestän- keit von derlei Entscheidungen explizit. digen Strom an neuen liturgischen Kom- positionen finanzieren können, und dieser ist Lehrhaus und Liturgie auch nach dem Erscheinen des Liederbuches 1980 wurde die Verbindung zwischen nicht versandet. Antoine Oomen schrieb inzwi- Lehrhaus und Liturgie bestätigt und durch schen schon wieder eine Reihe von Komposi- die Gründung einer Stiftung verstärkt tionen zu freien Psalmbearbeitungen von (Stichting Leerhuis & Liturgie). Diese stellte Huub Oosterhuis und Tom Löwenthal kompo- zugleich eine Fortsetzung der Arbeitsgrup- nierte vor kurzem ein Weihnachtsoratorium.

32 Von 1980 bis 1995 gab die Stiftung die „Werk- schrift voor Leerhuis & Liturgie“ heraus, 1995 wurde die Nachfolge angetreten von dem „Maandbrief voor Leerhuis & Liturgie“ und einer Zeitschrift für eine breitere als nur kirchliche Leserschaft namens „Roodkoper“, eine Zeitschrift für Kultur, Religion und Po- litik (roodkoper.nl).

Inzwischen ist die Stiftung Lehrhaus & Litur- gie noch immer untrennbar mit der Amster- damer Studentenekklesia verbunden. Ihr klei- nes Team hält auch die vierzig Gottesdienste dieser Ekklesia ab. In den letzten Jahren sind an verschiedenen Orten im In- und Ausland nach dem Modell der Amsterdamer Studenten- Kapelle des Ignatiuskollegs. Hier finden zwischen 1960 – 1970 die Gottesdienste der Amsterdamer Studentenekklesia statt (Foto Moussault)

Ein Großteil des alten (Huijbers) und des neu- en Repertoires wurde auf zwanzig CDs fest- gehalten. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung schätzungsweise mehrere hundert „liturgi- sche Liedtage“ in den Niederlanden organi- siert, auf denen neue und alte Lieder – zu- meist unter der Leitung von Tom Löwenthal und begleitet von dem Pianisten Henri Heuvelmans – eingeübt und gesungen wer- den. Beendet wird so ein Liedtag mit einer kleinen „Probeliturgie“. In Amsterdam (in der Dominicuskerk) werden solche Tage durch- schnittlich von dreihundert Teilnehmern be- Amstelkerk. Die hölzerne protestantische Kirche. Nach dem Bruch sucht, darunter zunehmend auch von Prote- mit dem Bistum trifft sich die Amsterdamer Studentenekklesia hier stanten, vor allem aus den „Kantoreien“. von 1970 – 1985 zu den Gottesdiensten (Foto Moussault).

Andere Aktivitäten Neben der Produktion und der Verbreitung der neuen liturgischen Musik zu Texten von Huub Oosterhuis läuft seit 1997 eines der ehr- geizigsten Projekte der Stiftung Lehrhaus und Liturgie: „Die gesamte Bibel gelesen und ausgelegt“. Innerhalb dieses Projekts werden einzelne Bibelbücher übersetzt und dem Pu- blikum vorgestellt. Bislang erschienen neue Übersetzungen von Genesis, Exodus und Nu- meri, von Huub Oosterhuis und dem Exe- geten Alex van Heusden (Herausgeber: de Prom 2004). Momentan wird an der Überset- zung des Lukasevangeliums gearbeitet, die im nächsten Jahr erscheinen soll. Huub Oosterhuis in der Amstelkerk 1983 (Foto Moussault).

33 Wo das Lehrhaus fehlt

Rode Hoed (Foto Moussault)

ekklesia und mit Unterstützung von Lehrhaus & Liturgie neue kirchliche Gemeinden und andere Initiativen entstanden, mehr oder we- niger noch in Verbindung mit bestehenden Kir- chen: die Westfriesische Ekklesia in Wognum (NH), „Leerhuis & Liturgie Brabant“ (Veld- hoven). Auch im flämischen Lier, Antwerpen und Brügge sowie im deutschen Bremen und München sind rund um das Amsterdamer Liedrepertoire kleinere oder größere blühen- de „Gemeinden“ entstanden.

Seit Ende der achtziger Jahre wird intensiv an einer singbaren Übersetzung der Lieder von Oosterhuis ins Deutsche gearbeitet. In- zwischen sind um die hundertfünzig über- setzt, auf CD aufgenommen und in Partitur herausgegeben worden. Eine Liedersamm- lung ist in Vorbereitung. Außerdem hat es in den letzten Jahren schätzungsweise fünfund- zwanzig sehr erfolgreiche Liturgische Lied- Rode Hoed 1990 tage in Deutschland und der Schweiz gege- ben, unter anderem auf Burg Rothenfels.

Kees Kok Bücher, u.a. „De vleugels van een lied. Over de litur- Theologe, seit Gründung der Stiftung Lehrhaus & gische poezie van Huub Oosterhuis“ (Herausgeber: Liturgie deren Generalsekretär und ist seit einigen Barn 1990) und „De kunst van de liturgie“ (Heraus- Jahren deren Direktor. Er veröffentlichte mehrere geber: Kampen 2004). Übers.: B. Kasper-Heuermann

34 Huub Oosterhuis und die Kleine Kirche

Die Gemeinde Kleine Kirche zu Osnabrück im Vordergrund besteht seit gut 30 Jahren. Von den Gedan- H. Oosterhuis (l.) ken und Ideen des Zweiten Vatikanischen A. Rothenberg- Konzils und der Würzburger Synode inspi- Joerges (r.) riert, wurde diese Personalgemeinde vom (Burg Rothenfels 2005) Forum Osnabrück und der Studentenge- meinde gegründet. Jeden Samstag um 18.15 Uhr feiert sie in der Gymnasialkirche zu Os- nabrück, die auch „Kleine Kirche“ genannt wird, ihren Gottesdienst.

Die sich zum Gottesdienst versammelnde Gemeinde war von Anfang an eine singende Gemeinde; begei- stert davon, Litur- die Gemeinde und gie vor allem als die Schola, die in je- „gesungene Litur- dem Gottesdienst gie“ zu feiern. Das präsent ist. Von ih- liturgische Ge- rem Selbstverständ- samtkonzept die- nis her ist die Schola ser Gemeinde kein Konzertchor, lässt sich im Sinne sondern „Spitze“ des Zweiten Vati- des Gemeindege- kanischen Konzils sanges. wie folgt beschrei- ben: Schrifttexte, Auf der Suche nach Predigt, Gebete neuen Gesängen und Liedauswahl Schola Kleine Kirche Osnabrück und Liturgieformen sollen eine Einheit stieß die Kleine Kir- bilden. Wenn die Gemeinde Kleine Kirche im che auf die Amsterdamer Studenten-Ecclesia Gottesdienst singt, dann kommt sie vom Wort und das Lehrhaus für Liturgie, die beide von der Schrift her, dem sie größtmögliche Über- dem Dichtertheologen Huub Oosterhuis ge- zeugungskraft zu geben versucht. Es geht ihr prägt wurden. Seine bibeltheologischen Tex- darum, die biblische Vision von Gerechtig- te wurde von niederländischen Komponisten keit und Frieden, vom Reich Gottes wachzu- vertont und haben so Eingang in die liturgi- rufen und herbeizusingen. Die Liturgie soll schen Feiern, vor allem in den Niederlanden, musikalisch schön sein, nicht technisch per- gefunden. In Deutschland sind einige Lieder fekt, sondern ausdrucksstark und kommuni- in das Gotteslob aufgenommen und bekannt kativ. Träger dieser gesungenen Liturgie sind geworden, wie zum Beispiel: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“, „Nahe wollt der Herr uns sein“ und „Solang es Menschen gibt auf Erden“.

Da es Bedarf nach weiteren neueren Lied- texten gab, nahm die Kleine Kirche Kontakt zu dem Lehrhaus für Liturgie in Amsterdam auf, um neuere Lieder für den Gottesdienst zu bekommen. Nachdem sich die Mitglieder des Amsterdamer Lehrhauses von der musi- kalischen Qualität der Schola der Kleinen Kir- che überzeugt hatten, wurde sie beauftragt, im Vordergrund Ansgar Schönecker (Dirigent) eine CD mit Gesängen von Huub Oosterhuis

35 Huub Oosterhuis und die Kleine Kirche

in deutscher Sprache aufzunehmen. So ent- Tom stand 1992 die erste CD „Licht und Atem“. Löwenthal; Viele Lieder dieser CD, wie zum Beispiel „Die im Hinter- Steppe wird blühen“, wurden nicht nur von grund: der Gemeinde Kleine Kirche begeistert auf- Kerstin M. Wüller genommen, sondern mittlerweile auch von (Sopran) Gemeinden im gesamten deutschsprachigen Raum. Dies ermunterte das Amsterdamer Lehrhaus und die Schola der Kleinen Kirche dazu, weitere CDs mit Liedern von Huub Oosterhuis aufzunehmen. Und so erschien 1993 die CD „Mitten unter uns“ mit Gesän- gen zu Advent und Weihnachten; 1996 „Dann werd ich leben“, Gesänge für die österliche Bußzeit und Ostern und schließlich 2001 „Der Schola mich trug“, Gesänge für die Liturgie. Kleine Kirche Wer in diese CDs hineinhört, merkt den Lied- Osnabrück texten an, dass sie aus dem Stoff der biblischen auf Burg Glaubensgeschichten, aus Psalmen und Rothenfels Prophetenliedern entstanden sind. Mit solchen 2005 Worten kann auch der heutige Mensch beten und singen. Welchen Geist die poetische Theo- logie von Huub Oosterhuis atmet, lässt sich viel- leicht erahnen, wenn man die Glaubenserfah- rung aus dem alttestamentlichen Buch Deuteronomium nachbuchstabiert: „Der mich trug auf Adlers Flügeln, der mich hat geworfen in die Weite und als ich kreischend fiel, mich aufgefangen mit den Schwingen und wieder hoch mich warf, bis dass ich fliegen konnte aus Oosterhuis will mit Liedern Menschen für- eigener Kraft.“ (Vgl.Dtn. 32,11) Diese tragende einander gewinnen; Menschenherzen für die Kraft hat in der Poesie von Oosterhuis, wie in biblische Vision von Gerechtigkeit und Frie- der biblischen Sprache zahllose Namen, denen den öffnen. Singen heißt für ihn, sich in ein der Mensch sich anvertrauen kann: Liebe, Ver- größeres Ganzes einfügen, mit anderen ein- gebung, Recht und Gerechtigkeit. Kein ferner stimmen und dabei Worte verwenden, die Gott, sondern einer, zu dem unser Verlangen man allein niemals verwirklichen kann, an geht und der uns „umwirbt“ wie ein Verliebter. die man sich nur gemeinsam mit anderen Von ihm steht leichthin und feurig geschrieben, heranwagt. „In einer singenden Gemeinde dass Er mit nichts aus nichts die Erde und die fühlt man sich – trotz aller Zweifel – doch Menschen formte, dass Er die Herzen der Men- wie zu Hause im Schutz einer heilsamen An- schen immer wieder neu macht, ihren Verstand onymität. Das gemeinsam gesungene Lied ist erhellt und sie so am Leben hält. Er wird unser oft ein rechtmäßiges Alibi für die persönli- Vater genannt, ein Vater, der wie eine Mutter che Ohnmacht des Glaubens.“ sorgt für seine Kinder. Die Gemeinde Kleine Kirche mit ihrer Schola bietet den suchenden und fragenden Men- Weitere Informationen zur Schola: schen unserer Zeit einen Ort, an dem sie mit- einander singen können. Und in der Welt von www.schola-kleine-kirche.de Alle im Text erwähnten CDs heute gibt es nicht so viele Orte, wo das noch können bestellt werden über geschieht. [email protected] oder Tel/Fax: 0541-60079363 Felix Bernard Rektor der Kleinen Kirche

36 Huub Oosterhuis im Verlag Herder

Seit 1967 erscheinen Texte Eine Auswahl von von Huub Oosterhuis im Ver- Gebeten aus diesen lag Herder (bis 1982 Herder beiden ersten Wien, seit 1992 Herder Frei- deutschsprachigen burg im Breisgau), viele da- Veröffentlichungen von als deutschsprachige erschien 1971: Die Ausgaben niederländischer Herausgeber Erstveröffentlichungen, man- schreiben im Vor- che auch Textzusammen- wort: „Diese Aus- stellungen für die deutsche wahl ist Kranken Leserschaft. gewidmet. sie ist aber kein ‚Kran- Dabei erweisen sich die frü- kengebetbuch‘. hen Texte der ersten drei Bände „Ganz nah ist dein Du wartest auf uns. Wort“ (1967), „Im Vorüberge- Gebete von Huub hen“ (1969) und „Weiter se- Oosterhuis. Ausge- hen als wir sind“ (1973) als wählt und eingelei- prägend für die deutschspra- tet von Maria Buch- chige Wahrnehmung von wald und Franz Jo- Huub Oosterhuis. sef Fischer (Verlag Herder Wien 1971) Sie bilden den Grundstock für zwei Sammelausgaben, 1982 zum fünfzehn- Weiter sehen als wir sind. Meditationstexte - jährigen Jubiläum als Autor im Verlag Her- Gebete - Lieder (Verlag Herder Wien 1973, der, „Mitten unter uns“, und 1994 zum Übersetzer: Nikolaus Greitemann, Peter Paw- sechzigsten Geburtstag, „Du bist der Atem lowsyk; dt. Übersetzung von „Zien soms und die Glut“. In dieser Geburtstagsausgabe even“, Verlag Ambo) schreibt Cornelis („Kees“) Kok, langjähriger Mitarbeiter der Auf halbem Weg (Verlag Herder Wien 1975; Ganz nah Amsterdamer Studenten- Übersetzer: Peter Pawlowsky; dt. Überset- ist dein Wort, ekklesia und heute Leiter der zung von „hoe ver is de nacht“, Verlag Ambo) 1967 „Stichting Leerhuis & Liturgie“ (Stiftung Lehrhaus und Litur- Du bist der Atem meiner Lieder. Gesänge von gie, Amsterdam) über diese ersten drei Ver- Huub Oosterhuis [Texte] und Bernard Huij- öffentlichungen: „Ganz nah ist dein Wort“ bers [Melodien] (Verlag Herder Wien 1976; gelte der Erneuerung der christlichen Übersetzer: Peter Pawlowsky und Johannes Gebetssprache, „Im Vorübergehn“ dem Ent- Bergsma, Helmut Hucke, ) wurf eines neuen liturgischen Stils und „Wei- ter sehen als wir sind“ der Suche nach ei- Eine Handvoll Saat (Verlag Herder Wien nem zugleich persönlichen wie politischen 1977, Übersetzer: Peter Pawlowsky, dt. Über- Sprechen von Gott. setzung von „Tot op vandaag“, Verlag Ambo)

Ganz nah ist dein Wort. Gebete und Fürbitten Menschen vor Tag und Tau. Wege der Nach- (Verlag Herder Wien 1967, Übersetzer: Peter folge (Verlag Herder Wien 1978, Übersetzer: Pawlowsky; dt. Übersetzung von „Bid on Nikolaus Greitemann; dt. Ausgabe von vrede“, Verlag Ambo) „Mensen voor dag en dauw“, Verlag Ambo)

Im Vorübergehn (Verlag Herder Wien 1969; Dein Trost ist nah. Gebete für Stunden der Übersetzer: Nikolaus Greitemann, Peter Bedrängnis (Verlag Herder Wien 1978; Über- Pawlowsky; dt. Übersetzung von „In het setzung Peter Pawlowsky. dt. Übersetzung voorbijgaan“, Verlag Ambo) von „Dan zal ik leven“, Verlag Ambo)

37 Huub Oosterhuis im Verlag Herder

Söhne des Armen. Eine was es heißt, Mensch zu sein auf Erden“ (Vor- biblische Geschichte für wort von Cornelis Kok): Ich steh vor dir. Me- Menschen von heute. Mit ditationen, Gebete und Lieder. Herausgegeben einem Nachwort von von Cornelis Kok unter Mitarbeit von Birgitta Hans-Ruedi Weber (Li- Kasper-Heuermann und Annette Rothenberg zenzausgabe des ÖRK, Joerges (Verlag Herder Freiburg im Breisgau Verlag Herder Wien 2004; Übersetzer: Cornelis Kok, Birgitta Kas- 1980; Übersetzer: Peter per-Heuermann, Annette Rothenberg- Pawlowsky) Joerges und andere) Gehn, wo kein Weg ist Huub Oosterhuis’ Hochgebetstexte fanden in (Verlag Herder Wien der Phase der nachkonziliaren liturgischen 1981) Erneuerung im deutschen Sprachraum gro- Zum fünfzehnjährigen ße Verbreitung. Die Wertschätzung seiner im Verlagsjubiläum von deutschen Sprachraum vergleichslosen litur- Oosterhuis (1967-1982) gischen Poesie zeigt sich auch darin, dass – veranstaltet der Verlag trotz der Loslösung seiner Amsterdamer Herder „so etwas wie Studentekklesia 1970 vom zuständigen Bis- eine Jubiläumsausgabe tum – in das 1975 erschienene offizielle ka- der schönsten Gebete tholische Gesang- und Gebetbuch „Gottes- dieses genialen hollän- lob“ Liedtexte von ihm ebenso wie die „Lita- dischen Dichters und religiösen Schriftstel- nei von der Gegenwart Gottes“ aufgenom- lers“ (Klappentext): Mitten unter uns. Die men wurden. schönsten Gebete von Huub Oosterhuis. Ausge- Ein neues katholisches Gebet- und Gesang- wählt und übersetzt von Peter Pawlowsky (Ver- buch ist in Arbeit. Es bleibt zu hoffen, dass lag Herder Wien 1982) die entsprechenden Kommissionen für Lie- der und Gebete wieder den Mut und die Weit- Dein ist die Zukunft. Meditationen – Gebete – sicht aufbringen, Lieder und Texte von Huub Lieder von Advent zu Advent (Verlag Herder Oosterhuis aufzunehmen. Freiburg im Breisgau 1992, Übersetzer: Mi- Denn was Christinnen und Christen des deut- chael Kuhn, Kees Kok) schen Sprachraums seit nahezu vier Jahr- Aus Anlass des sechzigsten Geburtstags von zehnten bei Huub Oosterhuis suchen und fin- Huub Oosterhuis erscheinen die Gebetstexte den, ist in gewisser Weise bis heute ohne aus „Ganz nahe ist uns dein Wort“ sowie eine Parallele: eine zeitgenössische Gebetsspra- Auswahl aus „Im Vorübergehen“ und „Wei- che, die zurückgreift auf die biblischen (und ter sehen als wir sind“ unter dem Titel damit auch: jüdischen!) Wurzeln des christ- lichen Glaubens, die durch das Feuer der Du bist der Atem und die Glut. Gesammelte geschichtlichen Erfahrung des zwanzigsten Meditationen und Gebete (Verlag Herder Frei- Jahrhunderts gegangen ist und damit persön- burg im Breisgau 1994; Übersetzer Peter lich wie politisch Stellung bezieht, die das Pawlowsky) „wir“ der zur christlichen Gemeinde Versam- Nach zehn Jahren, 2004, erscheint eine neue melten sowohl voraussetzt als auch, in dem Zusammenstellung von noch unveröf- sie es an- und aufruft, liturgisch-poetisch Ich fentlichten und bereits bekannten Tex- „stiftet“. ten, zum Teil in neuer Übertragung. Der Verlag Herder ist stolz, dass er für die- steh vor dir, „In diesem Buch sind zahlreiche älte- sen Autor und diese Sprache seit vier Jahr- 2004 re und neue Texte von Oosterhuis aus- zehnten eine verlegerische Plattform zur gewählt und thematisch um Bereiche Verfügung stellen kann. Weitere Projekte wie Gott, Bibel, Kirche, Jesus, Heiliger Geist sind in Planung. und Liturgie gruppiert worden. Entstanden Ulrich Sander ist dabei so etwas wie eine kleine poetische Dr. theol., Verlagslektor ‚Glaubenslehre‘, deren Kern die Frage ist, Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau

38 Dr. Klaus Boisserée zum Gedenken

Am Mittwoch, dem dass seine Treue 31. August 2005, zum Werk der starb Herr Dr. jur. Burg über den Tod Klaus Boisserée im hinaus währt – mit Alter von 80 Jahren. einem Spenden- aufruf für Rothen- Die Freunde von fels auf der Todes- Burg Rothenfels anzeige. haben ihm viel zu danken. Er kam mit In den letzten seiner Frau Chri- Jahrzehnten kam stel seit Anfang der Klaus Boisserée 50er Jahre nach Rothenfels und nahm – auf die Burg vor allem zu Guardini-Ta- bis Pfingsten 2005 – an vielen Tagungen gungen, Liturgietagungen und der teil, motivierte andere zur Teilnahme und Rothenfelser Pfingsttagung und beteilig- zur Mitgliedschaft in unserer Vereinigung te sich intensiv und kenntnisreich an den und setzte sich auch für die Rothenfelser Gesprächen dort. Daneben war er beruf- Familienferien ein. In für die Burg von lich stark engagiert – so nach seiner Zeit der inhaltlichen Ausrichtung wie im wirt- im Ministerium von 1974 bis 1983 als schaftlichen Bereich besonders schwie- Hauptgeschäftsführer der Industrie- und rigen Zeiten engagierte er sich ab Pfing- Handelskammer Düsseldorf und dann bis sten 1964 als Stellvertreter des Vorsitzen- zuletzt als Rechtsanwalt und Nestor ei- den Werner Hamelbeck und nach dessen ner Düsseldorfer Anwaltskanzlei – und Rücktritt von März 1970 bis Pfingsten arbeitete ehrenamtlich in vielen Berei- 1971 als Vorsitzender. Seinem Einsatz für chen mit – so z.B. in der ASG, einem gro- das Werk der Burg – trotz aller berufli- ßen katholischen Bildungsforum in Düs- chen Anforderungen als Ministerialdiri- seldorf, und von 1975 bis 1994 als Rats- gent im Ministerium für Arbeit, Gesund- herr der Stadt Düsseldorf. Hier setzte er heit und Soziales des Landes Nordrhein- besondere Schwerpunkte in den Berei- Westfalen – ist es ihm mit zu verdanken, chen kommunale Verkehrspolitik, Stadt- dass die „Durststrecke“ überwunden planung und Umweltschutz. werden konnte und Burg Rothenfels in dieser freien Trägerschaft in eine gute Zukunft ging. Und dankbar sehen wir, Meinulf Barbers

39 50 Jahre St. Laurentius 1954 - 2004

Ausstellung in München

Im Oratorium des Hl. Philipp Nerischließen sich Welt- priester zu einer Gemein- schaft zusammen. Jedes Ora- torium ist selbständig, aber eingebunden in die General- kongregation.

Nach 1945 trafen sich die Heinrich Kahlefeld Ernst Tewes Leipziger Oratorianer Philipp * 6.1.1903 – † 5.3.1980 * 4.12.1908 – † 16.1.1998 Dessauer, Heinrich Kahle- feld, Ernst Tewes, Klemens Tilmann, Franz Schreibmayr, Dies gelang im Juni 1954. neuen Bezirk St. Laurentius, Jan Wiggers und Joseph Jam- Heinrich Kahlefeld wurde der 1954 von der Pfarrei mers in München-Solln. Eini- Superior. Herz-Jesu abgetrennt wurde. ge von ihnen übernahmen Seelsorgestellen in verschie- Die Oratorianer bemühten In Deutschland existieren denen Gemeinden. Ihr ge- sich um die Übertragung ei- heute folgende Häuser: Leip- meinsames Ziel war es, in ner eigenen Pfarrei. Erzbi- zig, München, Aachen München ein neues Oratori- schof Kardinal Wendel über- (1956), Frankfurt / Main um zu gründen. trug ihnen die Seelsorge im (1956), Dresden (1961), Hei- delberg (1968), Celle (1992), Ilsede (1997)

St. Laurentius ist der Burg Rothenfels in vielfacher Wei- se verbunden. Heinrich Kahlefeld war von 1928 an enger Mitarbeiter von Romano Guardini und von 1948-1959 Burgleiter. Ernst Tewes, Josef Gülden, Philipp Dessauer und andere be- suchten regelmäßig die Burg Rothenfels. Gemeinsames Anliegen war immer – ganz in der Tradition des Oratori- ums und seiner Hochschät- zung der Liturgie – die litur- gische Erneuerung.

Die Ausstellung befindet sich Die Kirche St. Laurentius ist den kleinen, aus Ziegelstein gebauten ganz frühen Vorstadtkirchen im alten Rom vergleichbar. in der Kirche St. Laurentius.

40 Von der Burg

Bericht der Mitgliederversammlung beitet. Der Rittersaal wurde neu gestrichen, Pfingstmontag 18.05.2005 die Beleuchtung verbessert und die Lautspre- cher besser positioniert. Albrecht Busch gibt den Bericht des Schatz- Der Vorsitzende Meinulf Barbers begrüßt die meisters. Das Jahr 2004 war wirtschaftlich für anwesenden 83 Mitglieder und einige Gäste. die Burg kein leichtes Jahr. Alle Anstrengun- Er gibt danach den Bericht über die Vorstands- gen waren darauf gerichtet, die Belegung – arbeit des zurückliegenden Jahres. vor allem auch der eigenen Tagungen – zu halten. Vorrangiges Ziel ist immer noch die Von knapp 1000 Mitgliedern Anfang der sieb- verstärkte Tilgung der Schulden aus dem Bau ziger Jahre stiegen die Mitgliederzahlen auf des Gartensaales und dem Umbau des Amts- über 1800 zu Ende der Achtziger, gingen dann hauses. Insgesamt erbrachte die Arbeit der aber zurück und lagen 1995 bei über 1600, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für 2004 2000 bei 1330, 2003 bei 1242, 2004 bei 1226 48017 Übernachtungen. Das ist ein respekta- und gegenwärtig bei 1170. bles Ergebnis. Der Vorstand bittet alle mitzuhelfen, verstärkt Die Einnahmen/Ausgabenrechnung wird vor- Mitglieder für unsere Vereinigung zu werben. gelegt. Diese sowie das ausführliche Protokoll Außerdem werden alle Mitglieder gebeten, der MV kann nach vorheriger Anmeldung von Tagungen der Burg zu besuchen, die Burg Mitgliedern auf Burg Rothenfels eingesehen durch Spenden und Darlehen zu unterstützen. werden. Eine besondere Bedeutung für die Burg hat die Belegung durch Gästegruppen (Chöre, Es folgt der Bericht der Prüferinnen. Inge Musikgruppen, Pfarrgemeinden, Lesekreise Bogner und Inge Holstein stellen fest: Buch- usw.). Alle Mitglieder werden hier gebeten, haltung und Kassenprüfung sind äußerst kor- entsprechend Werbung zu machen und bei rekt und sorgfältig. Die Mittel werden spar- Rückfragen Kontakt mit Rosemarie Richartz sam und satzungsmäßig verwendet. Sie emp- (Verwaltung), Stefan Janos Wagner (Burg- fehlen die Entlastung des Vorstandes. wart) oder Joachim Hake (Bildungsreferent) Es folgt die Aussprache über die Berichte und aufzunehmen. die Entlastung des Vorstandes ohne Gegen- Der Vorstand dankt den ständig auf der Burg stimmen bei Enthaltung der Betroffenen. Die tätigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für beiden Prüferinnen wurden wiedergewählt. ihre engagierte und sorgfältige Arbeit. Ein gutes Team von Angestellten ist für die Burg In ihrem Bericht zur Burgratsarbeit des letz- tätig und macht diese zu einem gastfreundli- ten Jahres dankt die scheidende Sprecherin chen und gern besuchten Ort. Der Vorstand Gerburg Crone zunächst den ebenfalls schei- dankt auch allen ehrenamtlichen Mitarbeitern denden Burgratsmitgliedern Alexander Suse- und Mitarbeitern der Burg. Vor allem geht ein wind und Wolfgang Rückl für ihren großen herzlicher Dank an die scheidenden Burg- Einsatz. Dem Bildungsreferenten Joachim ratsmitglieder. Hake dankt sie herzlich für die gute und ver- trauensvolle Zusammenarbeit in den vergan- Bettina Herbst berichtet über die Bau-, Reno- genen Jahren. vierungs- und Sicherheitsmaßnahmen. Für die Jugendherberge wurde auf der sogenann- Sie erinnert an einige Höhepunkte des Bil- ten Reigenwiese ein Sportplatz angelegt, der dungsprogramms im vergangenen Jahr, so an Tischtennisraum wurde renoviert und ein eine Chortagung mit dem niederländischen Tischkicker aufgestellt. Außerdem wurden Dichtertheologen Huub Oosterhuis, eine Ta- durch den Einbau zweier zusätzlicher Du- gung zum Verhältnis von Caritas und Kirche, schen die sanitären Bedingungen im West- die Tagung zur Erinnerung an das Wirken von palas verbessert. Franz Stock u.v.m. Gerburg Crone schließt den Auf Anregung von Feuerwehr und Versiche- Bericht mit dem persönlichen Wunsch, dass rungen wurde ein Brandschutzkonzept erar- die Burg weiterhin ihr Profil schärft und da-

41 Mitglieder- Restaurierung versammlung des Steinwappens

bei vor allem den Mut zu gemeinsamen Fürstbischof generationenübergreifenden Visionen hat. Lorenz von Bibra Als Bildungsreferent dankt Joachim Hake sei- – neben der nerseits Gerburg Crone für die sehr gute Zeit Kapellentüre der klaren und konstruktiven Zusammenar- beit. Das Programm der Burg Rothenfels hat Datierung: in den letzten Jahren zunehmend an Kontu- 1. Viertel des 16. ren gewonnen. Musik und theologische Re- Jahrhunderts flexion werden verbunden, innerkirchliche Reformdiskussionen werden geführt, die Burg Material: ist ein Ort der liturgischen Bildung und des grünlicher Mutes zur Theologie und des persönlichen Be- Keupersandstein kenntnisses. Familientagungen binden christ- liche Suchbewegungen ein in das Gespräch Farbfassung: zwischen den Generationen. Für die Zukunft rötliche Über- sind weitere Tagungsreihen geplant: die Fort- fassung noch er- setzung der Rothenfelser Literarischen Ge- kennbar spräche, Tagungen zum Thema Macht, ein jährlich stattfindendes Kolloquium für Theo- Schadensbild: logen und Theologinnen, die nicht in der Kir- Fehlende Partien, im oberen Bereich starker che und Wissenschaft arbeiten. Bindemittelverlust mit grossen Rissen und hinterspülten Klüften, stark absandende Zuwahl zum Burgrat: Der MV stellen sich zur Oberfläche Zuwahl drei Kandidaten bzw. Kandidatinnen vor, für die (bei insgesamt 78) Stimmen wie folgt abgegeben werden. Gertrud Frank-Zilly Massnahmen zur Konservierung 61; Armin Hackl (57) und Katharina Heyden bzw. Restaurierung 69. Der Burgrat wählte im Anschluß an die MV Das Wappen wurde vorab in mehreren Zy- alle drei Kandidaten bzw. Kandidatinnen in klen von steigender Konzentration mit Kie- den Burgrat zu. selsäure.. (25 - 35% Wirkstoffgehalt) behan- Mathilde Schaab-Hench delt, danach erfolgten Rissinjektionen mit niedrigviskosem Epoxidharz, bei Rissen mit über 1mm mit kiesolgebundenen, feinen Quarzsanden als Stützmasse. Rittersaal erhielt neuen Anstrich Die stark hinterspülten Bereiche wurde Steinergänzungsstoff hinterfüttert und im Be- Der in den 20er Jahren durch den damali- reich des Helms und der Büffelhörner als Er- gen Burgarchitekten gestaltete Rittersaal im gänzung angetragen. Ostpalas der Innenburg war in die Jahre ge- Im Mittelbereich des Helmes erfolgte eine kommen und buchstäblich ergraut. Im Früh- Vernadelung mit Edelstahl um die stark zer- jahr griff das Team um Burgwart Stefan János mürbte Zone vor dem Absturz zu sichern. Wágner und Werkmeister Erhard Roth zum Pinsel. Wände, Decke und Fensternischen In den überstabten Rahmen wurde am li. un- erhielten einen strahlend weißen Anstrich. teren, senkrechten Profil, und li. oben im Die zweite Beleuchtungsebene wurde ent- waagrechten Rahmenprofil, eine Stein- fernt, ebenso die Lautsprecheraufhängung, vierung in artidentischem Keupersandstein so dass die ursprüngliche Klarheit und eingesetzt. Kleinere Fehlstellen wurden mit Schlichtheit des Raumes wiederhergestellt Steinergänzungsstoff angetragen. Bei der wurde. Retusche wurden Oxidfarben mit Kiesol- Stefan János Wágner fixativ verwendet.

42 Burgimpressionen Ein neuer Internetauftritt der Burg Rothenfels

Neben einer überarbeiteten Rothenfelser Burgseite mit einer nun übersichtlichereren Benutzerführung (www.burg- rothenfels.de) erhielt die Burg in diesem Jahr einen ergän- zenden Auftritt im Internet. Sowohl als Link vom Haupt- menü ansteuerbar als auch unter www.burg-impressio- nen.de finden Interessierte eine Vielzahl von stimmungs- vollen Aufnahmen von der Burg, die vom Alltag in Ju- gendherberge und Tagungs- haus erzählen und einen Ein- druck von der Umgebung ver- mitteln. Stefan János Wágner, dessen staltung und Programmie- Burgfotos hier veröffentlicht rung verantwortlich ist Die neuen Burgimpressionen werden. Für die Seitenge- Matthias Schröder (netrun). wurden erstellt von Burgwart Stefan János Wágner Die Reigenwiese Neubau eines Sportplatzes auf Burg Rothenfels

zur diesjährigen Sommersaison der Jugend- herberge genutzt werden konnte. Die Bauleitung hatte Burgarchitekt Roland Rit- ter. Mit ergänzendem sachkundigem Rat half Guido Kniesburges im Vorfeld. Ausgeführt wurde der rund 25.000 Euro teuere Platz von der Fa. Hoffmann, Marktheidenfeld. Die we- sentlichen Elemente des Neubaus sind Dränageeinrichtungen, damit Regenwasser künftig ordentlich abläuft, ein fundierter Un- terbau mit rötlichem Aschebelag auf einer Flä- che von 8 x 17 Metern und eine gummierte Einfassung, um Verletzungen zu vermeiden. Somit hat nun das Spielfeld eine ordentliche Kontur, was gleich beim Betreten des Barock- gartens ins Auge fällt. Bereits im Frühjahr wurden die Hainbuchen Die Zeiten schlickrutschender und matsch- an der Seite zum Stelzengraben beachtlich ge- verschmierter Fußballer sind vorbei. Viele Jah- stutzt, was nun einen freien Blick in die Land- re war die Reigenwiese mit dem lehmig-stau- schaft zulässt. In die Hainbuchenallee inte- bigen Boden und vielen Unebenheiten ein griert wurde eine Boule-/Boggiabahn - ein Gefährdungspotenzial für spielende Kinder weiteres Freizeitangebot für die Gäste der und jugendliche Gäste der Burg. Der Vorstand Burg. beschloss den Neubau eines Sportplatzes, der Pfingsten 2005 fertiggestellt wurde und bereits Stefan János Wágner

43 einige Seminartermine für das Jahr 2006

Datum Tag.-Nr. Titel Referenten 20. - 22.01.06 A 601 Psalmen zum Klingen bringen - Prof. Dr. Christa Reich Deutsche Gregorianik als geistlicher Übungsweg 08. - 10.02.06 A 602 GrenzZeiten – Hermann Josef Bayer Rituale und Liturgien Prof. Dr. Benedikt Kranemann, zwischen Tod und Begräbnis Dr. Rolf-Peter Lange 7. Rothenfelser Liturgietagung Prof. Dr. Reiner Sörries u. Erhard Weiher 10. - 12.02.06 C 603 Singwochenende mit Liedern und Stiftung Lehrhaus&Liturgie Texten von Huub Oosterhuis Amsterdam 17. - 19.02.06 H 604 Tanzen wie der Sonnenkönig Beate Knobloch Barocktanz zum Kennenlernen Andrea Baur 25. - 28.02.06 F 605 Folkloretanz im Fasching Francis Feybli, Gertrud Prem 03. - 05.03.06 A 606 Die neue Option für die Armen Andrea Fanzago, Dr. Hejo Manderscheid, Hans-Jürgen Marcus, Dr. Mathias Möhring-Hesse, Prof. Dr. Norbert Schuster u.v.a.

zu Ihrer Information

Gerne senden wir Ihnen auf Anfrage weitere Jah- Spenden und Beiträge sind steuerlich abzugsfähig. res- und Einzelprogramme zu: Bei Zahlungen von insgesamt jährlich mehr als 100,– Euro erhalten Sie am Anfang des nächsten Jahres Verwaltung Burg Rothenfels, 97851 Rothenfels am unaufgefordert eine Spendenbescheinigung zuge- Main (bitte Rückporto beilegen) sandt. Für Zahlungen bis 100,– Euro genügt zur Vor- Tel.: 09393 / 99999, Fax: 99997 lage beim Finanzamt der von der Bank abgestempel- e-mail: [email protected] te Durchschlag Ihres Einzahlungsbeleges. Zahlungs- homepage: www.burg-rothenfels.de vordrucke liegen jeweils den Burgbriefen 1 und 2 bei. Bitte vergessen Sie nicht, Ihren Absender anzugeben. Mitglied des Vereins kann jeder Christ werden, der Herzlichen Dank! 18 Jahre alt ist und sich der Arbeit der Burg verant- wortlich verbunden fühlt. Voraussetzung ist die Stel- Hinweis für Ihr Finanzamt: lung zweier Bürgen, die schon drei Jahre lang Mit- Die Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels glied des Vereins sind. e.V. ist nach dem letzten ihr zugegangenen Körper- schaftssteuerbescheid des Finanzamtes Lohr am Falls Sie Mitglied werden möchten, rufen Sie uns an: Main für 2004 vom 29.08.2005 als ausschließlich und 09393 - 99994 oder 99999 unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienend aner- kannt. (Förderung der Jugend- und Altenhilfe sowie JAHRESBEITRAG seit 2002 (Mindestbeitrag) Förderung der Erziehung und Bildung) und ist nach & 5 Abs 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes von Mitglieder bis 29 Jahre e 20,— der Körperschaftssteuer befreit. (Steuer-Nr. 231/111/ Mitglieder e 40,— 50001 Eheleute zusammen e 50,— Klavier gesucht. UNSER KONTO Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e.V. Für die Tagungsarbeit der Burg werden immer 97851 Rothenfels gute Instrumente benötigt. Wir suchen für den Saal 300 in der Zehntscheune ein gut erhalte- Konto-Nr.: 240 002 543 nes Klavier. Setzen Sie sich bitte mit Burgwart Sparkasse Mainfranken BLZ 790 500 00 IBAN: DE677905 0000 0240002543 Stefan János Wágner in Verbindung, falls Sie SWIFT-BIC: BYLADEM1SWU ein Klavier abzugeben haben.

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