Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text
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04.11.2019 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 04.11.2019 Geschäftszahl G308 2177095-1 Spruch G308 2177095-1/17E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX), geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2017, Zahl: XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.03.2019, zu Recht: A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: 1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.11.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005. 2. Am 15.11.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des Beschwerdeführers im Asylverfahren statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er wäre wegen dem IS aus dem Irak geflohen. Im Falle einer Rückkehr würde er vom IS getötet werden. 3. Am 29.08.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er sei Angestellter der Stadtverwaltung in Mossul gewesen. Am 26.05.2014 habe einer seiner Arbeitskollegen dem Beschwerdeführer gesagt, er habe etwas mit ihm zu bereden und würde deswegen zum Beschwerdeführer nach Hause kommen, da er dies nicht auf der Arbeitsstelle besprechen wolle. Der Kollege habe von ihm verlangt, dass er sieben Ausweise (davon drei Dienstausweise und vier religiöse Ausweise für die Moscheen) für IS-Zugehörige erstellen solle, damit diese die Checkpoints passieren können. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert und es am nächsten Tag seinem Vorgesetzten erzählt. Der Kollege habe alles geleugnet. Der Vorgesetzte habe zum Beschwerdeführer gesagt, sie würden den Kollegen genau beobachten. Am selben Tag habe er zuhause einen Anruf erhalten. Der Anrufer habe gefragt, ob er derjenige sei, der für die Ausstellung von Personalausweisen zuständig sei, was er bejaht habe. Sodann habe der Anrufer dem Beschwerdeführer gedroht und gesagt, er würde seinen Kopf verlieren, wenn er die sieben Ausweise nicht ausstelle. Daraufhin habe er die SIM-Karte aus dem Telefon entfernt und sei nach Rücksprache mit seinem Bruder zur Polizeistation gegangen, um eine Anzeige zu www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 91 Bundesverwaltungsgericht 04.11.2019 erstatten. Die Anzeige sei aufgenommen worden, aber trotz seines Ersuchens sei vor seinem Haus keine Polizeistreife postiert worden. Der Beschwerdeführer habe sich dann bei seiner Tante verstreckt und seinen Vorgesetzten kontaktiert. Dieser habe ihm geraten, nicht in die Arbeit zu kommen und Urlaub zu nehmen. Er würde den Kollegen sagen, der Beschwerdeführer absolviere Prüfungen an der Universität und habe deswegen frei. Am 02.06.2014 sei er trotzdem zur Dienststelle gegangen, um seinem Vertreter den Stempel für die Ausstellung von Ausweisen zu übergeben. Dann habe er sich bis zum Einmarsch des IS in Mossul bei Onkel und Tante versteckt und danach sei er nach Bagdad gereist. Am Tag darauf habe der Vater ihm erzählt, dass der IS bei ihnen zuhause gewesen sei und nach dem Beschwerdeführer gesucht habe. Er sei ungläubig und unkooperativ gewesen, weshalb sie ihn töten wollten. Aus Angst habe der Vater dann angegeben, mit dem Beschwerdeführer nichts mehr zu tun zu haben und habe dem IS die Auto- und Geschäftsschlüssel sowie den Laptop des Beschwerdeführers übergeben. In Bagdad habe sich der Beschwerdeführer in einem schiitisch- sunnitisch gemischten Viertel bei einem engen Kindheitsfreund aufgehalten. Am 27.10.2014 habe er in einem Supermarkt eingekauft, als ein Pick-Up vorgefahren sei und die Insassen den Beschwerdeführer nach seinem Ausweis gefragt hätten. Als diese gesehen hätten, dass der Beschwerdeführer aus Mossul stamme, hätten sie ihn mit Gewalt in das Auto gezerrt und in ein sehr altes Haus an einem unbekannten Ort gebracht. Dort sei er geschlagen und als Sunnit beschimpft worden. Am nächsten Tag sei ein Mann zu ihm gekommen, der sich als der sich als der Vorsitzende der schiitischen Miliz Asa-ib Ahl al-Haqq (im Folgenden: AHH) des Viertels vorgestellt habe. Sie hätten dem Beschwerdeführer unterstellt, dass er in Bagdad Anschläge verüben wolle. Die AHH hätte dann seinen Freund, bei dem er in Bagdad gewohnt habe, angerufen und ihn zu dem Haus zitiert, in welchem man den Beschwerdeführer festgehalten habe. Der Freund des Beschwerdeführers habe wiederum einen Freund bei der AHH gehabt, der für den Beschwerdeführer gebürgt habe, sodass man den Beschwerdeführer freigelassen habe. Daraufhin habe der Beschwerdeführer den Irak verlassen. In der Türkei habe er auch alles versucht, aber bezüglich eines Asylantrages erst einen Termin für 2023 erhalten. Er habe daher in der Türkei nicht bleiben können. Anlässlich dieser niederschriftlichen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer darüber hinaus eine Reihe von Beweismitteln, Dokumenten und Unterlagen zur Vorlage: ? irakischer Reisepass im Original (AS 83 ff) ? irakischer Personalausweis im Original (AS 97 f) ? irakischer Staatsbürgerschaftsnachweis im Original (AS 79 f) ? irakischer Dienstausweis im Original (AS 77 f jeweils unten) ? irakischer Arbeitsausweis (AS 93 ff) ? irakische Wahlkarte im Original (AS 77 f jeweils oben) ? irakischer Studentenausweis im Original (AS 81 f jeweils unten) ? Flugticket im Original (AS 99) ? Abschlusszeugnis einmal in Arabisch (AS 105 f) und einmal auf Englisch (AS 103 f) jeweils im Original ? Universitätsurkunde in Arabisch im Original (AS 101 f) ? Kopie der Meldekarte des Vaters (AS 81 f jeweils oben links) ? Kopien der Reisepässe des Vaters, der Mutter, der zwei Brüder und der Schwester (AS 113 ff und 121 ff) ? ID-Karte des in den USA lebenden Bruders (AS 117 ff) ? UNHCR Flüchtlings-Registrierungskarte aus der Türkei (AS 151) ? 15 Arbeitsbestätigungen auf Arabisch (AS 165 ff) ? Fotos (AS 199 ff und 207 ff) www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 91 Bundesverwaltungsgericht 04.11.2019 ? österreichischer Führerschein des Beschwerdeführers (AS 73 ff) ? Deutschkursbestätigung Niveau A1.1 vom 28.11.2016 (AS 109), Niveau A1.2 vom 07.03.2017 (AS 111) und Niveau A2.1 vom 06.06.2017 (AS 107) ? ÖSD Deutschzertifikat A2 vom 30.06.2017 (AS 127) ? 9 Unterstützungsschreiben (AS 129 ff) ? Bestätigungen der Caritas über Mithilfe des Beschwerdeführers beim Projekt "Nachbarschaftshilfe" (AS 139 ff) 4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 23.10.2017, dem Beschwerdeführer am 24.10.2017 zugestellt, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.11.2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat "Irak" (Spruchpunkt II.) abgewiesen, dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den "Irak" gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.), sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig sei. Er habe in der Erstbefragung lediglich angegeben, er sei wegen des Einmarsches des IS in Mossul aus dem Irak geflohen, jedoch zu keiner Zeit erwähnt, dass er persönlich durch IS Mitglieder bedroht worden wäre. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Dienstausweis sei nicht auf Echtheit überprüfbar, jedoch verfüge dieser über keine Sicherheitsmerkmale, sodass davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer den Dienstausweis auch gegen Barzahlung beschaffen hätte können. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich in der von ihm schließlich behaupteten Form bedroht gewesen, wäre er wohl kaum zur Dienststelle zurückgekehrt, um den Stempel an seinen Vertreter abzugeben. Es sei auch unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer der "Leiter" dieser Organisation gewesen sei, wenn er doch auch angab, noch studiert zu haben und sich deswegen jederzeit Urlaub nehmen habe können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer wegen "Freunden von Freunden" ohne weiteres aus der von ihm vorgebrachten Entführung durch Mitglieder der AHH in Bagdad wieder freigelassen hätte werden sollen. Es liege lediglich eine konstruierte Fluchtgeschichte vor. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Irak sei ihm zumutbar, da er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und seine Angehörigen nach wie vor in Mossul leben würden. Alternativ stehe ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in Bagdad zur Verfügung. Eine maßgebliche Gefährdungslage im Heimatland sei nicht vorgebracht worden und auch nicht aus den Länderberichten ersichtlich. Da der Beschwerdeführer sein bisheriges Leben im Irak verbracht habe, liege ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet