Die Diversifikation Der Rheinmetall-Berlin AG in Den
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Die Diversifikation der Rheinmetall-Berlin AG in den Zivilbereich zwischen 1956 und 1986 als strategische Antwort eines Wehrtechnikunternehmens auf die spezifischen Bedingungen des Rüstungsmarktes Inaugural-Dissertation zur Erlangung eines Doktorgrades der Philosophie (Dr. phil.) durch die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf vorgelegt von Thomas Jeschkowski aus Düsseldorf am 16.09.2019 Datum der Disputation: 05.02.2020 Erstgutachter: Herr Prof. Dr. Horst A. Wessel Zweitgutachterin: Frau Prof. Dr. Margrit Schulte Beerbühl meinen Eltern D61 Danksagung An erster Stelle gilt mein herzlicher Dank meinem Betreuer, Herrn Prof. Dr. Horst A. Wessel. Durch seine freundliche Bereitschaft, die Betreuung meiner Arbeit zu übernehmen, und durch seinen Rat und seine Unterstützung wurde diese Dissertation erst möglich. Herzlich danke ich auch Frau Prof. Dr. Margrit Schulte Beerbühl für die Übernahme des Zweit- gutachtens, sowie Frau Prof. Dr. Susanne Hilger für die anfängliche Begleitung. Zu besonderem Dank bin ich Herrn Dr. Christian Leitzbach von cL historia verpflichtet. Als Hüter und Leiter des Rheinmetall-Archivs hat er meine Arbeit durch die unermüdliche Bereitstellung der notwendigen Akten und Dokumente sowie durch zahlreiche fachliche Gespräche und Rat- schläge begleitet und unterstützt; die Zusammenarbeit war sehr angenehm. Letztlich zu danken habe ich den Verantwortlichen der Rheinmetall AG, insbesondere dem Leiter der Unternehmenskommunikation, Peter Rücker. Die Rheinmetall AG hat mir, mit Ausnahme der üblichen Sperrfristen, uneingeschränkten Zugang zum Konzernarchiv gewährt. Wie sich im Zuge der Recherchen gezeigt hat, stehen wehrtechnische Unternehmen einer Öffnung ihrer Archive für die historische Forschung tendenziell eher ablehnend gegenüber. Nicht so die Rheinmetall AG. Ohne ihre offene und transparente Kommunikation wäre diese Arbeit nicht entstanden. Thomas Jeschkowski Eidesstattliche Versicherung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt und die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken als solche kenntlich gemacht habe und dass die Arbeit bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht wurde. Bereits veröffentliche Teile sind in der Arbeit gekennzeichnet. Düsseldorf, den 16.9.2019 Thomas Jeschkowski Abstract Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall, 1889 als „Rheinische Metallwaaren‐ und Maschi‐ nenfabrik Actiengesellschaft“ zur Munitionsherstellung gegründet, entwickelte sich bis zum En‐ de des Zweiten Weltkrieges zu einem der bedeutendsten deutschen Hersteller wehrtechnischer Produkte. Einen Produktionsschwerpunkt bildeten Geschütze, Gewehre und Munition. Neben der wehrtechnischen Produktion wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit der Herstellung von Rohren sowie mit der Produktion von Stahl eine zivile Produktion als zweites Standbein ge‐ schaffen. Die zivile Produktion wies zunächst eine Verwandtschaft zur Rüstungsproduktion in technischer Hinsicht sowie in Bezug auf die eingesetzten Materialien auf. Sie war zeitweise durchaus wirtschaftlich erfolgreich und sicherte den Fortbestand des Unternehmens in den Zei‐ ten, in denen eine wehrtechnische Produktion verboten war. 1928 übernahm das Deutsche Reich indirekt die Aktienmehrheit an Rheinmetall und das Unternehmen blieb bis 1956 mehr‐ heitlich in Staatsbesitz. Nach einem fünfjährigen vollständigen Produktionsverbot nach Ende des Zweiten Weltkrieges und einer bescheidenen, wirtschaftlich nicht erfolgreichen zivilen Produkti‐ on ab Anfang der 1950er Jahre, wurde Rheinmetall reprivatisiert. Der Bund verkaufte seine Akti‐ enmehrheit 1956 an die saarländische Unternehmerfamilie Röchling unter der Maßgabe, dass Rheinmetall künftig wieder eine wehrtechnische Produktion aufnahm. In der Bundesrepublik wurde im Kontext der Wiederaufrüstung entschieden, die Rüstungspro‐ duktion ausschließlich privatwirtschaftlich zu organisieren. Der Bund hatte Interesse am Aufbau einer deutschen Rüstungsindustrie, wollte diese aber weder staatlich alimentieren noch Auslas‐ tungsgarantien geben. Für die Vergabe von Rüstungsaufträgen und für den Rüstungsexport er‐ ließ der Bund umfangreiche Regelwerke. Durch diese und durch verschiedene andere staatliche und politische Einflüsse entstand in der Bundesrepublik ein ganz besonderer Rüstungsmarkt, den die Verantwortlichen bei Rheinmetall als tendenziell problematisch und risikoreich ein‐ schätzten. Ihre Analyse des Rüstungsmarktes führte zu der strategischen Entscheidung, aus Gründen des Risikoausgleichs in zivile Geschäftsbereiche zu diversifizieren, die über andere, als deutlich attraktiver, risikoärmer und chancenreicher eingeschätzte Marktverhältnisse verfügten. Diese Diversifikationsstrategie wurde in zwei Phasen realisiert: Zwischen 1962 und 1980 erwarb Rheinmetall zahlreiche mittelständische Unternehmen der Verpackungstechnik, der Umform‐ technik und der Mess‐ und Regeltechnik und in den 1980er Jahren folgte der Erwerb der drei Großunternehmen WMF, Jagenberg und Pierburg. Insbesondere in der ersten Phase der Diversi‐ fikation wurden die erworbenen Unternehmen nur minimal in den Rheinmetall‐Konzern inte‐ griert. Sie blieben aufgrund einer bewussten Entscheidung des Konzernvorstands rechtlich selbstständig und konnten weitgehend unabhängig von der Konzernzentrale agieren. Zudem wurden die zwischen den Unternehmen der verschiedenen Diversifikationsbranchen bestehen‐ den Synergiepotenziale, insbesondere in der Umformtechnik, nur unzureichend erschlossen; eine mögliche Effizienzsteigerung durch eine verstärkte Integration der erworbenen Gesell‐ schaften unterblieb weitgehend. Die strategische Diversifikation bei Rheinmetall in der ersten Phase war im Ergebnis nicht erfolg‐ reich. Die in der ersten Phase akquirierten Unternehmen erwirtschafteten massive Verluste, wobei die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Unternehmen bzw. Branchen unterschiedlich verlief. Das strategische Ziel einer Minderung der Risiken des Wehrtechnikgeschäfts wurde durch die Diversifikationsstrategie nicht erreicht, sondern die Verluste des Zivilbereichs führten zeitweise zu einer ernsthaften Bedrohung der Existenz des Rheinmetall‐Konzerns. Das Wehr‐ technikgeschäft hingegen, zu dessen Absicherung die Diversifikation dienen sollte, verlief im betrachteten Zeitraum außerordentlich erfolgreich. Die strategische Diversifikation in der zwei‐ ten Phase hingegen kann als erfolgreich bezeichnet werden. Abstract The Rheinmetall company in Düsseldorf, that was founded in 1889 as “Rheinische Metallwaaren‐ und Maschinenfabrik Actiengesellschaft“ for the production of ammunition, developed to one of the most important manufacturers of military equipment in Germany. Can‐ nons, guns and ammunition formed one focus of production. In addition to armaments produc‐ tion civilian production (tubes and steel) was established already at the end of the 19th century to develop a second mainstay. Civilian production was initially related to armaments production in technical terms and in terms of the materials used. Temporarily civilian production was eco‐ nomically successful and ensured the continued existence of the company in times when defen‐ se technology production was prohibited. In 1928 the German Reich indirectly acquired a majo‐ rity stake in Rheinmetall and the company remained majority state‐owned until 1956. After a five‐year complete ban on production after the end of the Second World War and a modest, economically unsuccessful civilian production from the early 1950s Rheinmetall was repri‐ vatized. The federal government sold its majority of shares to the Saarland entrepreneurial fa‐ mily Röchling in 1956, provided that Rheinmetall would resume military production in the fu‐ ture. In the Federal Republic, in the context of rearmament, it was decided to organize arms produc‐ tion exclusively in the private sector. The federal government was interested in building a Ger‐ man armaments industry, but did not want to support this industry or provide guarantees of capacity utilization. The government issued extensive regulations for the award of arms orders and for arms exports. This and various other state and political influences created a very special armaments market in the Federal Republic, which those responsible at Rheinmetall tended to view as problematic and risky. The analysis of the armaments market led the Rheinmetall ma‐ nagement for reasons of risk balancing to the strategic decision to diversify into civilian business areas who had other market conditions that were considered to be significantly more attractive, less risky and more promising. This diversification strategy was implemented in two phases: Between 1962 and 1980, Rheinmetall acquired numerous medium‐sized companies in packaging technology, metal forming and measuring and control technology, and in the 1980s the three large companies WMF, Jagenberg and Pierburg were acquired. In the first phase of diversificati‐ on in particular, the acquired companies were only minimally integrated into the Rheinmetall Group. They remained legally independent due to a conscious decision by the Group Manage‐ ment Board and were able to act largely independently of the Group headquarters. In addition, the synergy potential between the companies in the various diversification industries, in particu‐ lar in forming technology, was not sufficiently exploited. A possible increase in efficiency due to an increased integration