St. Märgen Hochschwarzwald

Judas Thaddäus-Kapelle auf dem Ohmen

Pfarr- und Wallfahrtskirche

Rosenkranz-Kapelle Mariä Himmelfahrt St. Wolfgang auf dem Thurner in der Glashütte und Kapellen Zum Geleit Neue Erkenntnisse wurden zutage gefördert und andere Betrachtungspunkte der jahr - Mit der Gründung des Klosters St. Märgen um hundertealten Geschichte St. Märgens 1118 war nicht einfach nur ein neues Kloster wurden wichtig. Mit Prof. Dr. Hans-Otto der Augustinerchorherren auf einer zwischen Mühleisen konnte ein ausgewiesener Kenner Tälern gelegenen Anhöhe des Hochschwarz - der Geschichte der Klöster, Kirchen und Kapel - waldes entstanden. Da mit der Klostergrün - len gewonnen werden. In Text und Bild ver - dung auch neue Grenzziehungen notwendig antwortet er diesen Kirchenführer unserer geworden waren, beschrieben diese nicht nur Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Himmel - die neuen Pfarrgrenzen, sondern es wurde fahrt sowie der Wallfahrtskapelle auf dem damit vor allem ein neuer Ort begründet. Des - Ohmen und der beiden Kapellen in der Glas - sen Name ergab sich aus dem von den Grün - hütte und auf dem Thurner. Die auffallend dern mitgebrachten Gnadenbild „Maria im hohe Dichte an Hofkapellen in St. Märgen Thron“. Für dieses Gnadenbild erbauten sie kann in diesem Band nicht bearbeitet werden. eine erste kleine Heimstatt als Zelle der Anbe - Den Lesern dieses Kirchenführers wünsche ich tung. Von Anfang an ist deshalb in den jetzt nicht nur einen Zuwachs an Wissen über Urkunden und Briefen von der „Cella Sanctä unsere Geschichte und deren Hintergründe, Mariä“ die Rede, woraus sich der heutige sondern auch spirituelle Anregungen für das Ortsname „St. Märgen“ entwickelte. Im Jahre eigene Glaubensleben. 2018 konnte St. Märgen sein 900-jähriges Jubiläum begehen. Aus diesem freudigen Pfarrer Klemens Armbruster, Anlass wurden im Vorfeld neue Nachfor - Leiter der Seelsorgeeinheit schungen zur Geschichte aufgenommen. St. Märgen-St. Peter

Die Wallfahrtsmadonna von St. Märgen

1 Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt (Patrozinium 15. August) Erzdiözese , Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald

Aus der Geschichte des Klosters regeltem Laufe trübe Wellen wirft, bald reißend dahinstürzt, bald gewaltsam ge - 1866, sechzig Jahre nach der Säkularisa- hemmt stille steht und bis zum Vertrock - tion, hatte Joseph Bader auf das wechsel - nen abnimmt“. Dieses dramatische Bild gilt hafte, oft leidvolle Schicksal des Klosters vor allem für die ersten Jahrhunderte sei - St. Märgen hingewiesen, das „einem Berg - nes Bestehens und für die lange Zeit, als in bache zu vergleichen ist, welcher in unge - St. Märgen das klösterliche Leben von der Mitte des 15. bis zum Beginn des 18. Jahr - hunderts, also über etwa 250 Jahre, unter - brochen war. Beim Blick auf seine Ge - schichte wird man demnach zwei sehr un - terschiedliche Perioden wahrnehmen. Nekrolog des Chorherrenstifts St. Märgen, angelegt 1715, mit Sterbeeintrag des Gründers Als Zeitpunkt der Gründung durch den Bruno am 6. Mai Straßburger Dompropst und „Kanzler des Kaisers“ (Heinrich V.) Bruno aus der Familie der Grafen von Wiesneck und Haigerloch ständen der Neugründung gehört sicher nig Rücksicht auf die Bedürfnisse eines geht man vom Jahr 1118 aus, nicht zuletzt, der machtpolitische Konflikt des Mittleren Konvents zuließ. So schickte man auf diese weil er in diesem Jahr auch andern- Investiturstreits, in dem das nahe, 25 Jahre noch namenlose Schwarzwälder Hochebe - orts als Stifter tätig war und dieses Jahr zuvor hierher verlegte St. Peter mit seinen ne – später erst St. Märgen genannt – eine schon früh als Gründungsdatum ange - Zähringern Stiftern auf der päpstlichen sprachlich und kulturell gemischte, zudem nommen wurde. Genauer wird man nur ei - Seite stand, während der Straßburger Bi - schlecht begüterte Gruppe, die für ein Le - nen Gründungszeitraum zwischen 1109 schof zur kaiserlichen zählte. Es mögen ben auf dem rauen Schwarzwald offen - und 1121/1122, als St. Märgen erstmals ar - aber mehr Motive regionaler Art gewesen kundig nicht vorbereitet war. Das früheste chivalisch belegt ist, benennen können. sein, z. B. eine geistliche Stätte für eine im bekannte Dokument St. Märgens von Durch die Verbindung nach Straßburg ka - Aufbau befindliche Adelsherrschaft zu 1120/1121, drei Jahre nach der Gründung, men neben deutschsprachigen, vielleicht schaffen oder aber neuen Lebensraum und ist die flehentliche Bitte seines Vorstehers aus Beu ron oder Marbach im Elsass, auch Ersatz für die von den Zähringern zerstörte D. an Bischof Ulrich von Konstanz, das Mönche aus dem Stift St. Leo in Toul Burg Wiesneck. Vielleicht war es der Zeit - Kloster dem Abt von St. Peter zu unterstel - (Lothringen). Sie brachten die Skulptur ei - druck, möglichst bald mit einer eigenen len: „Wegen der verschiedenen Sprachen ner zeitgenössischen Sitzmadonna mit, die Stiftung dem Zähringer Herrschaftsgebiet und der bereits erfolgten Flucht einiger der Neugründung den Namen gibt: Cella Grenzen zu setzen, der bei der Vorberei - Brüder sind unsere Landsleute erschreckt Sanctä Mariä, woraus später St. Märijen, tung der Klostergründung weniger Sorg - und wollen nicht mehr zu uns kommen. Wallfahrtsmadonna, 12. Jahrhundert St. Meryen, St. Me/ärgen wird. Zu den Um - falt bei der Auswahl eines Ordens und we - Aus dem gleichen Grund fürchten sich die

2 3 Nachdem der Bestand des Klosters mit bi - Freiburger Bürgerrechts zu verbessern schöflicher Hilfe und dank päpstlicher Be - suchte, gelangte das Kloster um 1370 in stätigungen über die Anfangsschwierig - solche Existenznöte, dass es die Selbst - keiten hinaus gesichert war, wurde „das ständigkeit aufgab und eine Union mit Joch der Advokatie“ erneut zu einer die dem Freiburger Chorherrenstift Allerheili - Existenz bedrohenden Situation. Nach den gen einging. Trotz der günstigeren rechtli - Wiesneckern hatten mehrere Familien des chen Situation – die Blumenecker Mörder Freiburger Stadtadels (Turner, Schnewelin, wurden geächtet, weil der Abt Freiburger Blumeneck) die Vogtei zu anderen als zu Bürger war – wurde die ökonomische Si - Schutzzwecken übernommen. Sie beute - tuation so trostlos, dass man im 15. Jahr - ten das Kloster aus und unterdrückten es hundert mehrfach niemand fand, der be - bis hin zur Gefangennahme und Ermor - reit war, als Abt die Verantwortung für das dung widerständiger Äbte. Dass einer der Kloster zu übernehmen. 1461 schließlich Äbte auch von Mitgliedern des Konvents verkaufte der gerade vier Monate im Amt umgebracht wurde, ist ein Indiz für die befindliche Abt Johannes Fähr mit Geneh - Fortdauer auch der inneren Schwierigkei - migung des Konstanzer Bischofs das ge - ten. Nach vergeblichen Versuchen, sich vor samte Gründungsgut (1000 ha Wald, 80 Konventssiegel 1335, Bruno weiht seine einem Gericht, das mit Verwandten des Bauernhöfe und ca. 90 Erblehen) mit Aus - Stiftung der Gottesmutter Vogtes besetzt war, Recht zu verschaffen, nahme der Kirche und des dortigen Zehn - Älteste Urkunde von St. Märgen 1121, verließ der Konvent um 1320 das Kloster ten an die Stadt Freiburg. Diese nutzte die vermutlich rückdatiert von 1136 und zog bettelnd durchs Land. In dieser Schwäche St. Märgens, besiegelte dessen Patronat. Es fehlte der Schutz einer mäch - äußersten Not versuchte der Abt von St. Ende als Abtei und erwarb dadurch für tigen Fürstenfamilie, sodass regionaler Peter, den Nachbarn zu helfen. In einem „sich so etwas wie ein Territorium“. Dem und städtischer Kleinadel, letztlich die Fremden und Einheimischen gegenseitig dramatischen Brief wandte er sich an Verkauf folgten jahrelange Auseinander - Stadt Freiburg selbst die durch die Grün - vor einander.“ Etwa gleichzeitig kündigt D. Papst Johannes XXII. und beschrieb das setzungen zwischen Kloster und Stadt, die dungsumstände bedingten politischen in Metz an, dass er die Kanoniker nach Toul Elend des verlassenen Klosters, das „in die vereinbarte Kaufsumme von 4800 fl. und ökonomischen Schwächen des Klos - zurückschicken werde, „da die Mittel des Gottes Auge eine Schande“ sei. (Der Brief nur zu einem geringen Teil ausbezahlen, ters ausnutzten und so dessen – vorläufi - Klosters zu gering und nach dem Tode ei - mit Siegel des st.-petrischen Abtes ist von den großen Rest vorgeblich zur Beglei - ges – Ende als Kloster herbeiführten. niger Brüder andere wegen Verschieden - W. Müller 1969 noch für „das St. Märger chung St. Märgener Schulden verwenden Obwohl man im 16. Jahrhundert in den heit der Sprache und Sitte fortgelaufen Archiv“ nachgewiesen, derzeit jedoch wollte – ohne dem Kloster einen Nachweis Kanzleien nur noch den Titel eines „Abtes sind.“ Bischof Ulrich, selbst Augustiner - nicht auffindbar.) Welchen Anteil das der Schuldablösung zu geben. Damit en - von Allerheiligen“ führte, blieb bei den chorherr, kam der Bitte nur insoweit nach, Schreiben an der Restitution St. Märgens dete in St. Märgen der erste Teil seiner Freiburger Augustinern der Gedanke an ei - als er die Franzosen zurückschickte, dafür hatte, ist nicht belegbar. Jedenfalls konn - Klostergeschichte. Die Gründung St. Mär - ne Rückkehr an den Ursprungsort wach. aber das Kloster durch Hinzuziehung deut - ten die Chorherren 1322 mithilfe des gens war Ausdruck temporärer politischer Nicht zufällig hatte man versucht, von der scher Chorherren festigte. Auch er wollte st.-petrischen Abtes Gottfried in ihr Klos - Macht, jedoch nicht unverzichtbarer Teil Stadt wenigstens für den dortigen Meier - keine der Bastionen seines Ordens aufge - ter zurückkehren und zunächst wieder ein einer auf Dauer angelegten politischen hof eine Art Rückkaufsrecht eingeräumt ben. Insofern war er auch direkt beteiligt, Gut erwerben. Die Unterdrückungen gin - Herrschaft gewesen. Der Straßburger zu bekommen. In den 1520er-Jahren war als 1121 ein – 1136 vermutlich zurückda - gen jedoch weiter und selbst die dafür Propst und der Konstanzer Bischof waren dieser auch für kurze Zeit wieder im Besitz tierter – Vertrag geschlossen wurde, der ausgesprochene Exkommunikation eines zwar zunächst nahe genug, um sich bei des Klosters. Das Freiburger Exil brachte die eine Ausdehnung der Augustiner auf der Schnewelins 1345 brachte keine Entlas - spektakulären Kontroversen als Anwälte Augustiner immer näher an die vollständi - Strecke zwischen der zerstörten Burg tung. Obwohl auch St. Märgen seine politi - ihres Klosters zu präsentieren. Dies bedeu - ge Aufgabe nicht nur ihres Freiburger Wiesneck und Waldkirch bis auf die Ber - sche Situation durch Unterstellung unter tete jedoch nur ein punktuelles und vor al - Klosters, sondern auch an die Aufgabe ih - geshöhen festlegte. das Haus Habsburg und den Erwerb des lem ein auf kaum zehn Jahre begrenztes res Klosters in St. Märgen – die Abtswürde

4 5 eine nochmals knapp hundertjährige Ge - fehlende Abtswürde zu erlangen. Erst die Anerkennung durch Wien. All dies wa - schichte des Klosters St. Märgen. zweieinhalb Jahre nach der Wahl erhielt er ren schon Anzeichen einer grundsätzli - Im Vordergrund standen bei Andreas Dil - – zur Kostenersparnis in Beuron – die chen Schwäche der Klöster, in der sie auch ger und seinem Nachfolger Peter Glunk, Abtsweihe. Freilich gehörte er damit noch von bischöflicher Seite keine Unterstüt - dem einzigen im 18. Jahrhundert aus dem immer nicht zum Prälatenstand. Das er - zung hatten und die die Fürstenhäuser als Schwarzwald stammenden Abt, zum einen reichte erst sein Nachfolger 1770. Obwohl Paladine Napoleons Anfang des 19. Jahr - die umfangreichen Bautätigkeiten an Kir - sich in den nächsten Jahrzehnten die Vor - hunderts zu deren Aufhebung nutzten. che und Klostergebäuden, zum anderen boten der Säkularisation verstärkt zeigten, Mit dem letzten Abt des Klosters, Joseph aber die Wiederherstellung der vollen war die Amtszeit des dritten Abtes im 18. Kurz, hatte man zudem 1797 einen Vorste - Abtswürde. Gleichzeitig erschienen über Jahrhundert, Michael Fritz, beginnend mit her gewählt, der sein Haus immer wieder den Jahren ihres Abbatiats und vermehrt seiner Wahl 1766 nochmals eine Zeit klös - auch für längere Zeit verlassen hat. „Nur noch über denen ihres Nachfolgers Micha - terlicher Stabilität. Das ihm übertragene Domestiken seien noch geblieben.“ Aus Steintafel unter der Empore: »Cella Sanc - el Fritz wie ein Menetekel die Vorboten der Amt des Direktors der Theologischen Fa - Sicht des letzten Abtes von St. Peter ge - tae mariae heiß ich warlich / Im 1430 Jar Klosteraufhebung. Als Propst Dilger sich kultät der Universität Freiburg spricht für hörte er zu den „2 Prälaten, von denen verbrun ich schandtlich / Mitt Gloggen, mit seinem Wappen und den Insignien ei - sein Ansehen. Freilich kam mit den zuneh - man weiß, daß sie die Auflösung der Stifte Orglen, Kelch, Bücher und allen Dingen / nes Abtes über dem Portal der von ihm er - menden steuerlichen Belastungen und wünschen“. Das letzte Pontifikalamt am Haben mir seydher nit mögen widerbrin - richteten Klosterkirche verewigen ließ, war den politischen Eingriffen in das Leben der 12. Oktober 1806, dem Festtag zur Erinne - gen / Abbt Ehrhart Rotenkopf hat mich ge - er formal noch nicht berechtigt, diese zu Klöster, wie Aufnahmestopp und Herauf - rung an die Rückführung des Gnadenbil - bauen zwar / Im 1493 Jar zur Ehre Gottes und Mariae firwahr«. tragen. Die Notwendigkeit rechtlicher und setzung des Professalters, auch deren Soli - des nach St. Märgen, hielt nicht zufällig ökonomischer Unterstützung ist ein Hin - darität untereinander auf den Prüfstand. der st.-petrische Abt Ignaz Speckle. Die weis auf auch in der Neugründung fort - Wie sein Vorgänger ließ sich auch Fritz zur Klostergeschichte St. Märgen kam so zum galt dort seit 1546 als erloschen. Bisweilen währende strukturelle Schwächen. Wäh - Kostenersparnis nicht im eigenen Haus zweiten Mal an ein Ende, hier ohne Hoff - lebten in Allerheiligen nur noch ein oder rend Konflikte mit dem Nachbarkloster St. weihen, sondern reiste hierzu nach Meers - nung auf eine künftige Wiederherstellung. zwei Chorherren, einmal brauchte man ei - Peter meist schnell gelöst werden konnten, burg, wo Eminenz allerdings gerade auf Der Versuch im 19. Jahrhundert, erneut ei - nen Murbacher Benediktiner als Verwalter berichten die Tagebücher von Dilger und der Jagd war und dabei nicht gestört wer - ne klösterliche Gemeinschaft anzusiedeln, und Ende des 17. Jahrhunderts versuchte Glunk immer wieder von massiven kon - den wollte. Endlich, nach sieben Tagen, er - blieb ebenso erfolglos wie letztlich auch man, die kleine Gemeinschaft endgültig ventsinternen Problemen. Für Glunk war folgte die Weihe im Reichsstift Creuzlin - die Jahre von 1995 bis 2011, in denen der aufzuheben. Trotz allem: 1699 gelang der eines der wichtigsten Anliegen, endlich die gen. Erst ein Dreivierteljahr später erfolgte Paulinerorden ansässig war. Rückkauf des St. Märgener Meierhofes, dessen Bewirtschaftung die ökonomische Grundlage für ein späteres Kloster am ur - sprünglichen Ort werden sollte. Als dort dann 1704 die Kirche abbrannte, wurde der Propst auf bischöfliches Drängen von den Bürgern St. Märgens vor die Alternati - ve gestellt, entweder die Kirche für die Pfarrseelsorge wiederaufzubauen oder auf den dortigen Zehnten zu verzichten – und damit wohl St. Märgen endgültig aufzuge - ben. Mit der Entscheidung zum Neubau 1715 unter dem 1713 gewählten Propst Andreas Dilger, den man deswegen auch den zweiten Gründer nennt, beginnt daher St. Märgen mit Blick zum Feldberg

6 7 Zur Bau- und Kunstgeschichte riss und zur Planung einer größeren, nun - nen neuen Bauvertrag abgeschlossen. Mit des Klosters mehr zweitürmigen Kirche, wozu bereits ihm erreichte er, dass ab Herbst 1716 der auch eine mögliche spätere Gestaltung neue Chor mit einer Wetterwand abge - Die Baugeschichte von Kirche und Kloster des Klosters gehörte. Diese Entscheidung schlossen als Ersatzkirche genutzt werden ist ein Spiegelbild einer Historie, zu der zeigte etwas vom Willen zu einem Neuan - konnte. Die Folge des Konflikts mit Winkler insgesamt fünf Brandkatastrophen gehö - fang klösterlichen Lebens. war ein mehrmonatiger, in Sachen Bau - ren. Vom Gründungsbau der Kirche aus Den ersten Baumeister, den Maurer Chris - mängel fast klassischer Prozess. dem frühen 12. Jahrhundert gibt es keine tof Winkler, hatte Dilger wegen Unfähig - Im Laufe des Jahres 1717 entstand der schriftlichen Überlieferungen. Es dürfte keit bereits nach vier Monaten im August Rohbau des Langhauses mit einer Holzde - auf der Stelle der heutigen Kirche, nur kür - 1715 wieder entlassen. Als dieser jedoch cke bis hin zum Frontispizium. Die Geld - zer und schmäler, nach den damaligen Ge - im folgenden Frühjahr wieder auftauchte sorgen des Propstes bedingten, dass der wohnheiten ein einschiffiger Bau mit ge - und weiterbauen wollte, war der Bautrupp Baumeister teilweise mit Schuldscheinen ostetem Chor und möglicherweise einem seines Nachfolgers bereits an der Arbeit. bezahlt werden musste. Nach finanziell seitlichen Campanile gewesen sein. Auf ei - Mit einem der Gutachter über die misslun - bedingten Verzögerungen 1718 konnte die nem Sockelbild in der Äbtegalerie von St. Gotisches Maßwerk aus der mittelalter- genen Fundamente, dem in der Region er - Kirche im folgenden Jahr insgesamt zur Peter, auf dem nach ihrem Umherirren von lichen Kirche fahrenen Baumeister Johannes Mathies, Benutzung geöffnet werden. Die Einset - der Heimkehr der Mönche um 1324 er - hatte Dilger schon im September 1715 ei - zung das Baumeisters Mathies 1721 als zählt wird, ist dieser Kirchentypus noch zu erkennen. Zwar stammt dieses Bild erst Bild ziemlich ähnlich gewesen sein. Man aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun - nimmt an, dass es ein solider Bau aus Ana - derts; da jedoch bis zur barocken Kirche texitstein war, der am Ohmen zur Verfü - des frühen 18. Jahrhunderts die Ur- gung stand. Während des spanischen Erb - sprungs kirche nach den Bränden von folgekriegs, als französische Truppen ma - 1284, 1430 und 1560 jeweils weitgehend rodierend durch die Gegend zogen, gingen mit den alten Mauern wieder rekonstruiert am 5. Juni 1704 Kirche und Kloster so in wurde, könnte die Kirche der ersten 500 Flammen auf, dass eine Rekonstruktion in Jahre derjenigen auf dem st.-petrischen den alten Mauern und Formen nicht mehr infrage kam. Das Tagebuch des st.-petri - schen Abtes Maurus Höss vermerkt, dass „Mangelnde Vorsicht der Pfarrmagd“ der Auslöser gewesen sei, es mögen aber auch Soldaten gewesen sein, die die ziemlich desolate Kirche angezündet haben. Zwar hätten Langhaus und Turm nochmals re - pariert werden können, nur der Chor hätte neu gebaut werden müssen. Während es bereits ein Jahr danach eine Johanneska - pelle als Notkirche gab, gab es über Repa - ratur oder Neubau zwischen Kloster, Ge - meinde und bischöflichem Stuhl ein zehn - Rückkehr der vertriebenen Chorherren in ihr jähriges Ringen. Initiative und Durchset - Kloster 1322, aus der Äbtegalerie St. Peter zungsvermögen von Propst Andreas Dilger 1752, (wohl älteste Ansicht der Abtei) führten dann 1715 zum vollständigen Ab - Idealplan des Chorherrenstifts, Baumeister Johannes Mathies um 1715

8 9 Abt Andreas Dilger (1713 –1736), Abt Andreas Dilger (angenommen), Abt Peter Glunk (1736 –1766 angenom - Abt Michael Fritz (1766 –1797) im Hintergrund das Kloster St. Märgen aus dem Augustinus-Altar von Joseph men) als Augustiner-Chorherr im Präla - (Simon Göser um 1770) (Franz Dietrich Kraus, 1721) Fiertmayer tenzimmer von Whyl

Verwalter des Meierhofs mit einem festen te der junge Jesuitenbruder Joseph Fiert - nicht bereits vertraglich festgelegten Aus - schon die Kanzel. Für den Gnadenaltar Gehalt war ein kluger Schachzug, um die - mayer, Schüler und Geselle von Cosmas stattungsvorhaben. Insofern war es ein hatte er als Alternative zur Lösung aus der sen auch bei weiteren Zahlungsschwierig - Damian Asam, ab Juni 1733 in nur vier Glücksfall gewesen, dass Dilger noch im Zeit nach 1723 ein eindrucksvolles Modell keiten am Ort halten zu können. Die Aus - Monaten die Deckenbilder ausführen. Dil - August 1735 den Bildhauer Matthias Faller hergestellt. Nachdem Faller 1737 aus dem stattung der Kirche war zunächst proviso - ger erwähnt neben dem „kunstreichen (1707–1791) als Laienbruder Floridus ins Orden ausgetreten war, band ihn Abt risch, erfuhr jedoch einen ersten Höhe - Frescogemäld“ besonders lobend den im Kloster aufgenommen hatte, obwohl Glunk spätestens im Sommer 1741 als per - punkt, als am 10. Oktober 1723 die Wall - Vergleich mit anderen Malern ungewöhn - rechtlich nicht klar war, ob St. Märgen zur sönlichen Kammerdiener wieder an das fahrtsmadonna nach St. Märgen zurück - lich günstigen Lohn von Br. Josephus. Im Aufnahme von Brüdern berechtigt war. Kloster, wobei er ihm ausreichend Spiel - gebracht und nach einer kurzen Präsenta - Sommer 1735 fertigte Fiertmayer dann für Damit aber war nun ein hochbegabter raum für seine künstlerischen Ambitionen tion in der Kirche zunächst im Zimmer des 150 fl. die drei Altarblätter, von denen das - Künstler Mitglied des Konvents, sodass die ließ. Zwei Jahre später machte sich Mat - Abtes aufgestellt wurde. Im April 1725 jenige des rechten Seitenaltares erhalten weitere Ausstattung der Altäre vorange - thias Faller auf dem elterlichen Oberfallen - wurde die Kirche mit sechs zunächst provi - ist, da es nach der späteren Umwidmung trieben werden konnte, ohne die Finanzen grundhof selbstständig, bis er 1751 für sorischen Altären vom Konstanzer Weihbi - des Altares in einen Herz-Jesu-Altar den des Klosters zu belasten. In den eindrei - zwanzig Jahre nach St. Peter übersiedelte, schof von Sirgenstein konsekriert. Die end - Brand von 1907 auf dem Speicher des viertel Jahren seines offiziellen Klosterauf - wo er mit seinen Arbeiten ebenfalls das gültige Ausstattung sollte sich nach ersten Pfarrhauses überstand. Nach dem Tod von enthalts schuf er für die Pfarrkirche Gna - Gesicht der Kirche mitprägte. Die Ausstat - Plänen von 1729 dann ab 1732 über Abt Dilger im März 1736 stoppte sein den-, Kreuz- und Josephsaltar, die Altäre in tung der Kirche zog sich angesichts der zwanzig Jahre lang hinziehen. Nachdem Nachfolger Petrus Glunk angesichts der der Ohmenkapelle, die Kreuzwegstationen knappen finanziellen Mittel bis in die die Stuckrahmen vorbereitet waren, konn - festgestellten finanziellen Situation alle zum Ohmenberg und wahrscheinlich auch 1750er-Jahre hin. 1743 waren die Neben -

10 11 vorhandenen Bild „Mariä St. Märgen gewesen sein. In der Zusam - Himmelfahrt“ seine end - menschau wird man feststellen, dass die gültige Fassung. Nach - drei Äbte des 18. Jahrhunderts, Dilger, dem 1749 ein schönes Glunk und Fritz, jeder auf seine Weise ein - Geläut in den Turm ge - fallsreich und engagiert dazu beigetragen kommen war, war mit haben, dass trotz der durchgängigen fi - den Faldistorien (Abt- nanziellen Probleme wenige Jahrzehnte und Zelebrantensitz) von vor der Aufhebung des Klosters ein insge - Matthias Faller 1753 die samt qualitätvoller barocker Kirchenbau bald 40-jährige Bauge - möglich wurde, dessen Eindruck im Innern schichte der Kirche ab - wesentlich durch die Arbeiten von Mat- geschlossen. Thematisch thias Faller bestimmt wurde. umgewidmet wurden Am Beginn des 20. Jahrhunderts berichten wenig später die beiden die Akten von einem verwahrlosten Zu - Die Ruine der Kirche nach dem Brand vom Seitenaltäre. Der linke, stand der Pfarrkirche, sodass eine umfas - 12. September 1907, Fassade und Teile der zunächst vom Bild her sende Renovierung vorgesehen war. Dazu Wände wurden in den Neubau integriert ein Annenaltar, war 1746 kam es jedoch nicht mehr. Am 12. Septem - mit einer Figur von Faller ber 1907 wurde die Kirche durch einen ligten einig, dass so schnell als möglich, zum Altar der damals be - Blitzeinschlag ein Raub der Flammen. und zwar genau nach dem Vorbild der zer - liebten Rosenkranzbru - Pfarrer Adolf Albicker, dessen Antrag auf störten, die Kirche wiederaufgebaut wer - derschaften geworden. Einbau eines Blitzableiters 1901 vom Ka - den sollte. Dass die kommenden Entschei - Im rechten Seitenaltar, tholischen Stiftungsrat wegen „übelver - dungen ein komplexer Prozess waren, liegt der später zum Herz-Je - standener Sparsamkeit“ abgelehnt worden darin begründet, dass ständig mindestens su-Altar wurde, tauschte war, meldete am nächsten Morgen per fünf verschiedene Institutionen mit unter - man das Altarbild mit „Telegraphie“ an Exzellenz, Erzbischof Tho - schiedlichen Interessen daran beteiligt dem hlg. Augustinus ge - mas Nörber, nach Freiburg: „Gestern waren: die Pfarrgemeinde mit dem Stif - gen eine Ansicht der hlg. Abend durch Blitz herrliche Kirche samt tungsrat, die politische Gemeinde, das Erz - Maria Margareta Ala - mehreren Häusern gänzlich abgebrannt“. bischöfliche Bauamt, das Erzbischöfliche coque in der Verehrung Ihm selbst wurde vonseiten des Katholi - Ordinariat und der Katholische Oberstif - des Herzens Jesu aus. Der schen Oberstiftungsrats noch vorgehalten, tungsrat. Dazu kamen Pfarrer Albicker, der abschließende Schritt der dass er die Ablehnung nicht dorthin ge - mit Leidenschaft den Wiederaufbau be - Ausstattung war die meldet hatte, da man ansonsten den Ein - trieb, und Prof. Sauer als Großherzoglicher kostbare, 1776/1777 von bau von Karlsruhe aus angeordnet hätte. Konservator der kirchlichen Denkmäler. Historische Aufnahme (vor 1904) des Johann Andreas Silbermann (Straßburg) Verbrannt ist dabei auch die Bibliothek in Bereits am 14. September war der Chef des Chors der Klosterkirche mit dem Kreuzaltar gebaute Orgel, für die der inzwischen 70- einem Nebenbau über der Sakristei, deren Bauamtes Raymund Jeblinger in St. Mär - (nach dem Brand von 1907 nicht wieder jährige Matthias Faller als letzte Arbeit zu - Katalog Engelbert Krebs erst wenige Jahre gen und Dokumente aus den Wochen da - aufgebaut), die Kreuzigungsgruppe von sammen mit seinem Sohn wohl einen be - zuvor erstellt hatte. Gerettet wurden unter nach belegen, dass er sich als Liebhaber al - Matthias Faller (heute an der linken Seite sonderen Prospekt geschaffen hatte. Hier großem Einsatz der Bevölkerung die be - ter Stile für eine originalgetreue Rekon - des Chores), links der ehemalige Abtssitz war er durch die Entscheidung von Abt weglichen Skulpturen von Matthias Faller struktion der barocken Kirche unter Ver - Fritz gegenüber dem von Silbermann emp - und im letzten Moment vor dem Einsturz wendung der erhalten gebliebenen Fassa - altäre durch eine Stiftung fertiggestellt fohlenen Josef Hör zum Zuge gekommen. der Decke vom Mesner Josef Goldschmidt de und der Reparatur der noch vorhande - worden und 1752 erhielt auch der Hochal - Dessen Bevorzugung in St. Peter um 1770 auch die Wallfahrtsmadonna. In den Tagen nen Mauern am Chor und Langhaus ein - tar mit dem schon seit zwanzig Jahren mag der Grund für Fallers Rückkehr nach und Wochen danach waren sich alle Betei - setzte. Sein Amt machte sich dafür auf die

12 13 stand der Konsekration hatten. Man wird ten Fallerfiguren wieder aufgestellt. Am daher die Weihe der heutigen Kirche in das Marienaltar ergänzte Kubanek die beiden Jahr 1725 datieren dürfen. Da sich 1908 großen Fallerengel mit einer Reihe kleine - herausstellte, dass weder ein Rechner rer Putten. Der 1877 in Graz geborene noch der Stiftungsrat ein Geldtagebuch Bildhauer Ludwig Kubanek ist in Freiburg über Einnahmen und Ausgaben geführt mit zahlreichen und auffallenden Arbeiten hatte, stockte die Ausstattung, da zu - wie etwa den Skulpturen an der Ochsen - nächst keine weitere Vergabe von Arbeiten brücke oder am Theater vertreten. 1910 erfolgen durfte. Nachdem der zur Kontrol - signierte Feuerstein das Hochaltarbild mit le angereiste Beamte jedoch sogar Über - dem Thema Mariä Himmelfahrt, das er in schüsse feststellte, konnten die Altäre in seinem, den Nazarenern nahen Stil inter - Auftrag gegeben werden. Bereits an Drei - pretierte. Der aus dem elsässischen Barr könig 1909 konnten größtenteils durch stammende Carl Martin von Feuerstein Stiftungen die sechs neuen Glocken ge - (1856–1931) wirkte ab 1898 als Professor weiht werden, die Albicker dann im I. Welt - für religiöse Malerei an der Akademie für krieg zweimal vor der Beschlagnahmung Bildende Künste in München. Er erlangte mit dem Argument retten konnte, dass sie als später Repräsentant der Nazarener mit doch erst so kurz in den Türmen hingen. Im Einflüssen aus Jugendstil und Impressio - Dezember 1941 mussten sie dann zusam - nismus bereits zu Lebzeiten große Aner - men mit den Prospektpfeifen der Orgel kennung. Er selbst nannte sich einen „reli - zum Einschmelzen abgegeben werden. giösen Historienmaler“, der auch durch Ein von Jeblinger, Albicker und Bürger - seine Schüler maßgeblichen Einfluss auf meister Rombach unterzeichnetes Proto - die christliche Kunst des frühen 20. Jahr - koll vom 22. Juni 1909 legte fest: 1. Haupt- hunderts hatte. Von Feuerstein stammen und Seitenaltäre sind in Form und Farbe auch die Oberblätter der Seitenaltäre so - wieder zu erstellen wie vor dem Brand; er - wie die beiden Marienbilder über den Ein - Die V. Station des Kreuzwegs von Waldemar Kolmsperger (vor 1915), Simon von Cyrene hilft haltene Fragmente werden wiederverwen - gängen zu den Seitenkapellen. Das Bild des Jesus das Kreuz tragen, am Sesel des Simon erkennt man, dass der Wiener Kreuzweg von Josef det: Bildhauer Weissburger u. Kubanek linken Seitenaltares mit dem Thema der von Führich hier als frei interpretierte Vorlage diente (Freiburg), die Maler Endres und Feuerstein Huldigung der Weisen aus dem Morgen - sollen Verträge bekommen. 2. Gnadenka - land übertrug man im selben Jahr dem Suche nach historischen Fotoaufnahmen. und Pfarrer Albicker durfte am 18. Dezem - pelle wie nach der letzten erhaltenen Fo - ebenfalls an der Münchener Akademie Es war auch der Wunsch des Großherzogs, ber eine vorläufige Benediktion vorneh - tografie. 3. „Bei allen an den Altären anzu - lehrenden Gabriel von Hackl. dass die Kirche in ihrem ursprünglichen men, um den Bau an Weihnachten als bringenden Engeln ist die Nacktheit durch Das Aussehen der gesamten Kirche Mariä Bestand erneuert werde. Sein Zuschuss „Notkirche“ verwenden zu können. Die Kleider zu verdecken.“ Die Freiburger Bild - Himmelfahrt wurde letztlich entscheidend von 2500 Mk. kam aus dem Heiligenfonds endgültige Konsekration der neuen Altäre hauer und Stuckateure Weissburger und mitbestimmt durch die Deckenbilder in in Forbach, den größten Beitrag brachte durch den in St. Märgen bekannten Weih - Kubanek rekonstruierten die Reliefs der Chor, Langhaus und Seitenkapellen sowie der Nachlass des Klosterschneiders mit bischof Friedrich Justus Knecht erfolgte zwölf Apostel an den Wänden von Chor die Wandbilder im Chor und der Gnaden - über 50.000 Mk. Durch die laufende Auf - erst sechs Jahre später am 6. Juli 1913. Ei - und Langhaus, die Stuckarbeiten an den kapelle von Prof. Waldemar Kolmsperger d. bietung von zehn Maurergesellen und den ne erneute Kirchweihe war nach Auskunft Decken sowie die fünf Altäre: Hauptaltar, Ä. (1858–1943). Im Unterschied zu Feuer - freiwilligen Einsatz von täglich etwa des Ordinariats nicht notwendig, da an den Rosenkranz- und den Herz-Jesu-Altar stein gilt Kolmsperger als der letzte große zwanzig Zimmerleuten konnte, durch den beim Brand stehen gebliebenen Mau - jeweils am Choreingang sowie den Gna - Maler des Barock, der sich in bayerischen günstiges Wetter bedingt, bereits am ern der alten Kirche nichts geändert wor - denaltar und den Josephsaltar in den seit - Kirchen durch zahlreiche Restaurierungen 9. November Richtfest gehalten werden den war, sodass diese noch ihren alten Be - lichen Kapellen. Dabei wurden die gerette - und viele eigene Arbeiten vor allem zu Ma -

14 15 Skizzen. Die Arbeit an den ins - Maße beeinträchtigten wie befürchtet und Führung durch die Kirche gesamt 38 Darstellungen sollte man deswegen geneigt sei, dem Ansinnen für eine Gesamtsumme von auf Einbau nachzugeben, was denn am Von außen zeigt sich die Kirche als ein Bau 16.000 Mk. am 1. Juli beginnen, 24. Dezember 1913 auch geschah. Als aus verputztem Bruchsteinmauerwerk, bei die Bilder im Langhaus muss - dann im Jahr darauf auch die Stiftung von dem nur die Portale und die Westfassade ten bis zum 15. August 1912, bunten Fenstern im Langhaus angekün - reicher ausgebildet sind. Zwei kräftige, ge - die Bilder in den Seitenkapellen digt wurde, schaltete man zudem Prof. kuppelte Türme flankieren den Chor und bis 30. September 1912 fertig Sauer ein, der am 14. November 1915 der über den beiden nach dem Chor im rech - sein. 1914/1915 schuf Kolms - Maßnahme unter der Bedingung zu - ten Winkel seitlich zum Langhaus ange - perger dann auch den qualität - stimmte, dass sie „möglichst licht“ sein bauten, polygonal endenden Kapellen sit - voll in barocker Manier gehal - müssten, leichte Formen hätten und die zen kleine Dachreiter. Dadurch ergibt der tenen Kreuzweg. Dass dieser Farbe nur wie ein Hauch werden dürfe, sie Grundriss eine Kreuzform. Die westliche von den oberen Behörden also den barocken Eindruck möglichst we - Fassade wird durch Wandpilaster dreifach Detail aus der Langhausdecke vor dem nicht genehmigt war, stellte sich heraus, nig beeinträchtigen sollten. geteilt und zeigt über dem von toskani - Brand von 1907; dieses emblematische als Pfarrer Albicker am 11. März den An - Bei der Renovierung der Kirche unter Pfar - schen Säulen getragenen Gebälk des Por - Thema findet sich in der Bilderwelt der trag auf Genehmigung von dessen Weihe rer Bernauer 1959/1960, bei der auch ein tals das Wappen des Klosters und die Abts- späteren Kirche nicht mehr stellte. Ohne Genehmigung wurde 1929 neuer Boden in Jura-Marmor verlegt und insignien. Im Innern eröffnet sich eine auch eine elektrische Heizung eingebaut, Haupt- und Seitenaltäre neu gefasst wur - lichte einschiffige Halle mit einer Länge was herauskam, als die Zeitung über die den, war in der Planung von vorneherein von insgesamt etwa 45 m (135 Schuh) mit rienthemen einen guten Namen gemacht nun „mollige Wärme“ in der Kirche berich - der Austausch aller farbigen Fenster vor - einem um etwa 3 m eingezogenen Chor, hatte. Berühmte Werke von ihm finden tete. gesehen, um den barocken Charakter auch sodass der Blick, wie für den barocken Kir - sich auch in den Schlössern Hohen - Zwischenzeitlich war es ab Ende 1912 zu diesbezüglich wiederherzustellen. Nach ei - chenraum typisch, durch den himmlischen schwangau und Neuschwanstein. Die Ent - einer heftigen, etwa einjährigen Ausei - ner grundlegenden Innenrenovation mit Festsaal zum Hochaltar mit dem Taberna - scheidung für Kolmsperger war nicht nandersetzung um den Einbau von gestif - der Tieferlegung des Kirchenraumes auf kel als Bild des Thrones Gottes hingeführt leichtgefallen, weil unter anderem von den teten farbigen Chorfenstern gekommen. das Niveau der Kirche vor 1907 wurde die wird. Das Gesamtbild des Raums, das der beiden Künstlern der Seitenaltarblätter, Das Bauamt hatte erklärt, dass in der Ba - gesamte Klosteranlage am 7. Juli 1987 als Besucher vom Eingang aus wahrnimmt, ist Feuerstein und Hackl, sehr viel günstigere rockkirche keine gemalten Fenster zur Ver - ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeu - mit Ausnahme des nicht mehr aufgestell - Kosten in Voranschlag gebracht worden wendung kommen sollten, und auch tung in das Denkmalbuch eingetragen. ten Kreuzaltares dasjenige der 1725 ge - waren. Wahrscheinlich hat das Votum von Kolmsperger hatte sich nach Vollendung 1989 ersetzte ein neues Geläut mit fünf weihten Klosterkirche. Unterstrichen wird Jeblinger den Ausschlag gegeben, der seines Auftrags in Kenntnis der Entwürfe Glocken der Firma Metz, Karlsruhe, die dies schon im ersten Eindruck durch die meinte, dass man zwar auch die Preis - ausdrücklich gegen den Einbau stilfremder Stahlglocken von 1949, von denen eine im original erhaltenen Fallerskulpturen an günstigeren nehmen könne, aber Kolms - Fenster gewehrt. Diese waren jedoch ir - Hof südlich der Kirche erhalten ist. Reno - den Altären. Beim Blick zur Decke wird perger für die vorgesehenen Arbeiten der gendwann bereits hergestellt worden, oh - vierungen und Veränderungen standen dann trotz der barocken Manier der Bilder Bessere sei, nicht zuletzt wohl, weil er im ne dass ein Auftrag nachgewiesen werden auch in der Zeit danach an, 2011 eine Au - deutlich, dass die Ausmalung insgesamt Sinne der barocken Rekonstruktion malte, konnte. Die Überlegung, die bunten Fens - ßenrenovation der Kirchtürme, 2012 und jünger ist, also eben der Zeit nach dem während die beiden anderen eher dem ter stattdessen in die Thurner- oder Oh - 2016/2017 konservierende Arbeiten im In - Brand von 1907 zugehört. Die von Kolms - zeitgenössischen Stil verbunden waren. So menkapelle einzubauen, scheiterte an ih - nern; 2000 waren Zelebrationsaltar und perger 1912 in der Manier des 18. Jahr - erhielt er unter Genehmigung des Ober - rer Größe. Um den bereits begonnenen Ambo von Wolfgang Kleiser, Vöhrenbach, hunderts geschaffenen Decken- und stiftungsrats mit genauer Angabe der Bild - Rechtsstreit nicht eskalieren zu lassen, und 2001 ein neues Chorgestühl dazuge - Wand bilder erzählen zusammen mit dem inhalte am 16. Juni 1911 den Vertrag mit fand man die Formulierung, dass die seit kommen. Hochaltarbild von Feuerstein beim Gang dem Bauamt und dem Kirchen- und Pfarr - fünf Jahren vorhandenen Fenster hässlich durch die Kirche die mit Maria verbundene hausbaufonds St. Märgen zur Ausmalung seien, die neuen trotz stilistischer Mängel Heilsgeschichte. Diese beginnt mit der Ein - der Kirche nach den von ihm vorgelegten den Gesamteindruck doch nicht in dem führung Marias in den Tempel als Decken -

16 17

Die Flucht nach Ägypten

bild der Gnadenkapelle. Im Protoevangeli - einem Betschemel dem mit weit ausladen - um des Jakobus wird überliefert, dass Joa - der Gebärde die Botschaft vortragenden chim und Anna entsprechend dem bei der Gabriel zu und vermittelt mit der Hand vor Ankündigung der Schwangerschaft gege - der Brust und geneigtem Haupt ihr Einver - benen Versprechen ihre Tochter in drei Ta - ständnis. Mit seinem oben geschmückten gen von Nazareth nach Jerusalem beglei - Stab lässt der Engel, über dem noch die teten, wo sie vom Hohepriester Zacharias Geisttaube schwebt, die Anspielung an an der Tempelpforte erwartet wurden. Die Hermes, den antiken Götterboten, durch - Eltern stellten die dreijährige Maria auf die scheinen. Die Fortsetzung der Erzählung, erste Stufe der Tempeltreppe, die anderen deren Darstellung man links vom zentralen ging sie allein hinauf und alle waren er - Deckenbild findet, ist die auch nur vom staunt, wie schnell und furchtlos sie die Evangelisten Lukas (Lk 1,39–40) im An - letzte Stufe erreichte, ein Bild voller Sym - schluss an die Verkündigungsszene berich - bolik, wie Eltern ihrem Kind den eigenen tete Begegnung der schwangeren Maria Weg freigeben und so ermöglichen. Über mit ihrer Verwandten Elisabeth, die selbst der Orgelempore ist in der Rückschau die im sechsten Monat schwanger ist. Maria bei Lukas beschriebene Ankündigung der antwortet auf deren Gruß mit dem be - Geburt Christi durch den Erzengel Gabriel rühmten Loblied des Magnifikat. Die Be - bewegt inszeniert. Maria, in weißem Kleid gegnung findet hier unter Anwesenheit mit blauem Obergewand, dreht sich von der beiden Männer vor dem Haus des Za - charias statt. Im zentralen Bild über der Links: Das Weihnachtsgeschehen im zentralen „Leutkirche“, mit „WKolmsperger 1912“ Deckenbild der Pfarr- und Wallfahrtskirche unten links signiert, steht den Gläubigen

20 21 teils selbst mit Kindern, und in die Gegenwart. Auf der rechts davon, also über der rechten Seite des Weih - traditionellen Männerseite nachtsbildes wird die nur bei der Kirche, mehreren Män - Matthäus 2,13 überlieferte nern, Hirten, Pilgern und Geschichte von der Flucht Handwerkern, unter denen nach Ägypten dem Text ge - man auch Joseph annehmen mäß veranschaulicht: Un - kann. Auf der linken Seite mittelbar nachdem die Ma - weist aus einem Architektur - gier auf einem anderen Weg element heraus ein Mann mit die Heimkehr angetreten erhobener Hand, möglicher - haben, erscheint ein Engel weise Lukas als Autor des Er - Josef im Traum und spricht: eignisses, demonstrativ auf „Steh auf, nimm das Kind das göttliche Geschehen hin. und seine Mutter zu dir und Die darauffolgende, auch nur fliehe nach Ägypten, und bei Lukas geschilderte Szene, bleibe dort, bis ich es dir sa - die Darstellung Jesu im Tem - ge!“ In einigen Apokryphen pel, wird dem Betrachter im wird mitgeteilt, dass sich Deckenbild vor dem Chor unterwegs die Palmen, so präsentiert. Die Beschnei - wie auf diesem Bild, vor dem dung verbunden mit der Na - Flüchtling Jesus und seiner mensgebung Jesu nach jüdi - Familie verneigten. schem Gesetz gilt als Bestäti - Die Weisen aus dem Mor - gung des Alten Bundes. Wie genland, die nach Matthäus auf einer Bühne wird hier die davor dem Neugeborenen Stelle aus dem 2. Kapitel vor - ihre verehrenden Geschenke geführt: „Jeder älteste Sohn überreicht hatten, findet und jedes erstgeborene man auf dem Altarbild des männliche Tier sollen dem linken Seitenaltares. Es ist Herrn gehören.“ Gleichzeitig eine eigenwillige Interpreta - wird auch das vorgeschriebe - tion mit den drei Männern in ne Reinigungsopfer für Ma - vornehmen, aber nicht kö - ria dargebracht: Man musste niglichen Gewändern im zwei Turteltauben oder zwei Vordergrund, von denen die Marienaltar, Altarbild (Gabriel von Hackl, junge Tauben opfern. Simeon, der im Tem - beiden älteren rechts einen von der Reise Herz-Jesu-Altar, Altarbild Joseph Fiertmayer 1910): Die Weisen aus dem Morgenland pel voller Sehnsucht auf den Retter Israels erschöpften Eindruck machen. Die darge - 1735): Die Verherrlichung des hl. Augustinus gewartet hatte, um in Frieden sterben zu stellten Personen sind so gemalt, als ob ih - mit dem Weihnachtsereignis das auch da - können, nimmt den Knaben in seine Arme. re Modelle Schwarzwälder aus der Umge - Skulpturen am Altar, links Blasius, Patron mals populärste Kirchenfest vor Augen. Dass der Jesusknabe dabei vor der Be - bung hätten sein können. Über ihnen ent - gegen Halskrankheiten, und rechts Sebas - Durch den Tannenbaum eher in eine schneidung ängstlich die Hand nach seiner deckt man einen mit Turban bekleideten tian, Patron gegen die Pest und andere an - Schwarzwaldlandschaft gelegt, sitzt Maria Mutter ausstreckt, gibt der Szene etwas schwarzen Begleiter und neben dem Blick steckende Krankheiten, gehören ebenso in denselben Kleiderfarben wie bei der Ver - Realistisches und die beiden Ministranten durch das Fenster in eine Berglandschaft wie die Figuren an der Predella (Sockelbe - kündigung zwischen mehreren Frauen, am rechten Bildrand holen das Geschehen auf der anderen Seite den hlg. Joseph. Die reich des Altaraufbaus auf dem Altartisch),

22 23 Dominikus, Rosenkranzmadonna und Ka - rechts Ubald von Gubbio sieht, Patron ge - porträtiert im Deckenbild des Prälatenzim - Erfahrung in dieser Weise viele Menschen tharina von Siena, zu den von Faller um gen Anfallskrankheiten, an dessen Beinen mers in Wyhl. Für die Auszüge der beiden berichten, die dem Tod nahe waren. Wäh - 1742/1743 geschaffenen Figuren, die 1907 sich ein Kranker in einem epileptischen Altäre hat Feuerstein mit dem Herz Mariä rend im Hintergrund Maria klagend auf aus der brennenden Kirche gerettet wur - Anfall windet. An der Predella erkennt man links und dem Herz Jesu rechts die Wid - den Sterbenden zeigt, erteilt ihm der vor den. von links nach rechts Aloisius von Gonza - mung der Altäre ins Bild umgesetzt. 1909 ihm sitzende Jesus mit der rechten Hand Dies gilt ebenso für den Skulpturen - ga, Patron der jungen Menschen, Johannes wurde die neue Agatha-Statue neben dem den Segen, mit der linken hält er den Va - schmuck des rechten Seitenaltars, an dem den Evangelisten, einen Herz-Jesu-Thron, linken Seitenaltar geweiht – nach der ter an dessen rechtem Handgelenk, wo man links neben dem Bild Johannes Nepo - Theresa von Avila und Franz von Sales, bei - Brandkatastrophe eine Heilige, auf deren man nahe an den Lebensadern ist, so wie muk, Patron des Beichtgeheimnisses, und des Heilige, die durch Ordensgründungen Patronat als Schutz gegen Feuer man nicht es auf orthodoxen Osterikonen Symbol – sie die Unbeschuhten Karmeliterinnen, mehr verzichten wollte. Der Antonius er die Salesianer – der Kirche auf Dauer von Padua auf der gegenüberliegen - geistliche Impulse gegeben haben. Das Al - den Seite stammt noch von Faller. tarbild, das durch seinen früheren Aus - Über den Durchgängen zu den Ka- tausch gegen ein Bild der Herz-Jesu-Ver - pellen trifft man auf jeweils ein Ma - ehrung dem Brand von 1907 auf dem rienbild, das in den umgebenden Speicher entkommen ist, stellt mit der Kontext gehört: Bei der Gnadenka - Apotheose, der himmlischen Verherrli - pelle ist das Motiv laut Auftrag an chung des Augustinus, hier die Verbindung den Künstler „Mariä Empfängnis“ zur Zeit der Chorherren her. Im Zentrum mit der Lilie der Reinheit, wie es spielen die Putten mit Buch und Löffel auf dann zum Bestandteil der Begeg - die Legende an, dass Augustinus zu der nung der schwangeren Frauen Ma - Zeit, als er das Buch über die Dreifaltigkeit ria und Elisabeth wird. Bei der Jo - vorbereitete, am Strand einen Knaben er - sephskapelle ist Maria als schmerz - blickte, der mit einem Löffel Wasser aus hafte Mutter vom Schwert der Lei - dem Meer in eine Sandgrube goss. Als Au - den durchdrungen, zu denen nach gustinus ihn fragte, was er da mache, ant - alter Tradition die Beschneidung ih - wortete der Knabe, er habe vor, mit dem res Sohnes, die Flucht nach Ägypten Löffel das Meer trockenzulegen und in die und – das Deckenbild der Jo - Grube zu füllen. Augustinus erklärte dem sephskapelle – der Tod ihres Man - Knaben, das sei unmöglich. Der aber erwi - nes gehören. Letztmals ist hier die derte, eher sei es für ihn möglich, das fer - Familie zusammen: Durch Vorhän - tigzubringen, als für Augustinus, in seinem ge, Weihwasserkessel und brennen - Buch auch nur den kleinsten Teil der Ge - de Kerze wie auf einer Bühne arran - heimnisse der Dreifaltigkeit zu erklären. giert, liegt Joseph mit geöffneten Und er verglich die Grube mit dem Buch, Augen auf dem Totenbett. Sein das Meer mit der Dreifaltigkeit und den Blick ist gen Himmel gerichtet, wo Löffel mit dem Verstand des Augustinus. hinter einer Wolke zwei innig nahe Danach verschwand er. Bei dem im Vorder - Engel sichtbar sind. Wenn er diese grund porträtartig zu sehenden Chorher - auch nicht sehen kann, so scheinen ren könnte es sich nach Ansicht von Elisa - ihm die von dort kommenden Licht - beth Irtenkauf um Propst Andreas Dilger strahlen den Weg in eine andere Rosenkranzmadonna am Marienaltar von handeln. Abt Peter Glunk, von dem es in St. Welt zu zeigen – eine Art „rite de passa - Josefs-Altar mit den Gebeinen des Katakom - Matthias Faller Märgen keine Abbildung gibt, vermutet sie ge“ und ein Phänomen, über das als gute benheiligen Constantinus in der Predella

24 25 (1 Mose 16) geschrieben steht: „Denn ich an diese Erret - will sie segnen, und Völker sollen aus ihr tung. Ihr gegen - werden und Könige über viele Völker.“ über kniet Ruth Abraham findet man auf dieser Seite am vor einem Mann Ende der Reihe in dem Moment vorge - mit Hirtenstab. Es stellt, als er bereit ist – und dann aufgehal - weist auf den Mo - ten wird –, auf Geheiß Gottes, der seinen ment hin, als die Gehorsam prüfen will, seinen Sohn Isaak Moabiterin Ruth zu opfern. Sara gegenüber ist Elisabeth mit um das Jahr 1000 ihrem Sohn Johannes, dem späteren Täu - v. Chr. in Bethle - fer und in der Heilsgeschichte als Vorläufer hem beim Aufle - Jesu genannt, dargestellt. Am Ende der sen übriger Ähren, rechten Seite erkennt man König David an was sie als Auslän - der für ihn wegen seiner Psalmendichtun - derin tun durfte, gen typischen Harfe. Trotz seines nicht un - den Eigentümer tadeligen Lebenswandels wurde ihm ver - des Ackers, ihren Judith versteckt das Haupt des Holofernes kündigt, dass der HERR ihm auf Dauer ein zukünftigen Ehemann Boas, kennenlernt. Die Bergpredigt, Relief am Kanzelkorb im Brotbeutel ihrer Dienerin Haus machen will, auch wenn seine Nach - So wird sie die Großmutter des Isai und Ur - kommen eine Missetat tun: „Aber dein großmutter des späteren Königs David. Haus und dein Königreich soll beständig Damit ist sie nach der biblischen Überliefe - und Versprechen der Auferstehung ist. Auf sein ewiglich vor dir, und dein Stuhl soll rung eine Vorfahrin Jesu und wird als eine des Alten Testaments. Die Karmelitin, wel - dem nach dem Brand rekonstruierten Altar ewiglich bestehen.“ Dass Abraham und von vier Frauen in seinem Stammbaum am che nach dem Tod ihres habsüchtigen dieser Kapelle steht als frühe ausdrucks - David das Bild der Verkündigung rahmen, Anfang des Matthäusevangeliums aus - Mannes Nabal die Frau von David wurde, volle Fallerskulptur der hlg. Joseph, dem wird aus dem Zusammenhang mit dem drücklich genannt. Hinter ihr übergibt Ju - hatte die Schuld ihres Mannes, der David Jesusknaben auf dem rechten Arm zuge - Lukas-Text verständlich, in dem über den dith, eine der Heldinnen der jüdischen Ge - nicht den Lohn für das Hüten der Herde wandt, der ihm, wie Kinder das gerne tun, angekündigten Sohn Marias gesagt wird: schichte (gest. angeblich um 550 v. Chr.), geben wollte, auf sich genommen und be - neugierig-liebevoll in den Bart greift. „Der wird groß sein und ein Sohn des das von ihr abgeschlagene Haupt des Ho - schwichtigte dadurch und zudem mit rei - In den in Grisaille (Ton in Ton) gemalten Höchsten genannt werden; und Gott der lofernes einer Dienerin in den Verpfle - chen Geschenken, wie sie hier zu sehen Bildern der Langhausdecke werden gleich - HERR wird ihm den Stuhl seines Vaters Da - gungssack, damit sie es unbemerkt aus sind, den Krieger David. So trägt Abigail als sam als Rahmung oder Vorgeschichte der vid geben; und er wird ein König sein über dem Lager hinausbekommen. Diese legen - Prophetin zur Entstehung des Herrscher - mit Maria verbundenen Heilsgeschichte das Haus Jakob ewiglich, und seines Kö - däre Geschichte berichtet von einer Straf - geschlechts bei, aus dem Jesus hervorgeht. acht Gestalten des Alten Testaments vor - nigreiches wird kein Ende sein.“ expedition des babylonischen Herrschers Als Davids Frau wird sie zu einer entschei - gestellt, vier Frauen in Dreipassfeldern um Vier Frauen des Alten Testaments umrah - Nebukadnezar gegen das Südreich Juda. denden Beraterin auf dem Weg zu seiner das zentrale Bild, zwei Männer und zwei men in Dreipassbildern das zentrale Weih - Judith rettete ihre Heimatstad Betylua, in - Königsherrschaft über Juda. In der Zusam - Frauen in Eckbildern. Vorne links hält Saara nachtsbild. Vorne links sieht man Esther, dem sie sich als Überläuferin ausgab, nach menschau der acht Gestalten des Alten (hier so geschrieben) ihren Sohn Isaak im eine Verwandte des Juden Mordechai. einem Festmahl den feindlichen Heerfüh - Testaments ergibt sich, dass sich mit den Arm. Das Holzelement mit Metallbeschlag Durch ihren mutigen Einsatz bei ihrem rer Holofernes, der in Erwartung auf die zwei Männern und zwei Frauen in den im Hintergrund mag an die Tür erinnern, Mann rettete sie ihr Volk vor der Vernich - Nacht mit ihr so viel getrunken hatte wie blaugrauen Eckbildern eher eine Vorhersa - hinter der sie kichernd stand, als die Engel tung, die der Großwesir Aman geplant noch nie an einem Tag, mit seinem eige - ge der Geburt Jesu verbindet, während die Abraham die Geburt ihres Sohnes ankün - hatte. Das Bild zeigt sie kniend als königli - nen Schwert tötete. So konnten die be - vier Frauen in den rotbraunen Grisaillen digten. Sara gilt in der modernen Theolo - che Bittstellerin vor ihrem Gatten, dem stürzten Perser in die Flucht geschlagen um das Zentralbild herum jede in ihrer gie gleichrangig mit ihm als eine der Erz - Perserkönigs Ahasver (reg. 485–465 v. werden. Die Frau im vierten Bild, Abigail, Weise zur Rettung oder zum Bestand des mütter Israels, so wie es im Buch Genesis Chr.). Das jüdische Purim-Fest erinnert gilt als eine der faszinierendsten Frauen Volkes Israel beigetragen haben. Das ge -

26 27 kleinen Sohn offensichtlich das Beten bei. Himmelfahrt gleichsam ihr ir - Auch Joseph im Hintergrund ist bei der discher, beim Gang durch die Lektüre, wobei vorne links in einem Holz - Kirche zu entdeckender Le - block die Axt den Hinweis auf seinen Zim - bensweg. Über dem offenen mermannsberuf gibt und auch bei Maria Grab im unteren Bereich steigt eine Spindel rechts daneben ihren prakti - sie, von zwei größeren Engeln schen Alltag andeutet. Unterhalb des Bil - begleitet, in die Höhe, wo zwei des ist die Kreuzigungsgruppe des frühe - Putten für sie als Königin des ren Kreuzaltares von Matthias Faller, ange - Himmels die Krone bereithal - bracht. Als Pendant gegenüber stehen an ten. Die von einem Engel nach der Wand, ebenfalls von Faller die Apostel unten gereichte rosafarbene Andreas und Petrus, die Namenspatrone Rose erinnert an das Motiv der der Äbte Dilger und Glunk. Darüber erklärt Morgenröte mit dem neuen nun seinerseits der zwölfjährige Jesus den Licht, in das Maria unterwegs Eltern die Heilige Schrift. Im Vordergrund ist. Das von Feuerstein 1910 diskutieren zwei männliche Gestalten oh - signierte Werk spricht die ne Heiligenschein über ein Buch, während Sprache des Jugendstils, sodass man am Boden weitere Bücher und ein man hier trotz erhaltener Fotos Tintenfass entdeckt. Im Thema des Bildes auf eine Kopierung der baro - am Hochaltar vollendet sich mit Mariens cken „Mariä Himmelfahrt“ ver - zichtet hat. Im plastisch ge - stalteten Auszug des Altares trifft man dagegen eher wie - der in der früheren Manier auf eine Dreifaltigkeit mit der Geisttaube, bei der Gottvater schützend die Hand über den Erdball hält und Christus, das Kreuz in der Mariä Himmelfahrt, Hochaltarbild von Maria Hilfe der Christen, Deckenbild im rechten Hand haltend, mit der linken offen Martin von Feuerstein (1910) Chor, Waldemar Kolmsperger d. Ä, 1912 Rechts: Mariä Himmelfahrt von Joseph nach unten weisend, seine Mutter erwar - Fiertmayer (1735) tet. Links hält ein Putto in der einen Hand einen Kelch, aus dem heraus eine Hostie zu sehen ist, und scheint mit der anderen, streng erhobenen Hand auf das in der Eu - seligge sprochenen Augustiner Petrus Fo - dankliche Ensemble dieser acht Personen charistie gegenwärtige göttliche Gesche - rerius im Chorhemd (der Putto über ihm lässt sich bruchlos mit der modernen Ge - hen hinzuweisen. Sein Pendant ist ein Put - trägt das Birett des Chorherren). Unmittel - dankenwelt einer feministischen Theolo - to mit den Gesetzestafeln des Moses. Die bar seitlich des Bildes stehen die beiden gie in Beziehung setzen. großen seitlichen Figuren präsentieren hlg. Johannes, links die ernste Gestalt des Die Kindheitsgeschichte Jesu wird im Chor links Augustinus, den Patron des Chorher - Täufers mit dem Kreuzstab, ihm gegenüber dort, wo früher die Kinderbänke standen, renstifts, darüber einen Putto mit den Bi - der Apostel und Lieblingsjünger Jesu mit mit zwei Wandbildern weitererzählt. Auf schofsinsignien Mitra und Stab und rechts, dem Evangelienbuch. An den Wänden des der linken Seite bringt Maria, wie im Auf - als Gegenstück, das brennende Herz in der Chores beginnt als Stuckreliefs die Reihe trag genannt, im Haus in Nazareth ihrem erhobenen rechten Hand, den 1730 der zwölf Apostel, die sich im Langhaus

28 29 in der vor einer Vorhangdraperie auf eige - das Recht auf Ab - nem Altar die Wallfahrtsmadonna ihren bildungen, eben Platz hat, die im 12. Jahrhundert aus Loth - auch von Maria, ringen hierherkam, dem Ort den Namen auf Ikonen war, gab und als älteste Madonna in der Erzdi - hinter ihm Anselm özese Freiburg gilt. Nach der langen Zeit von Canterbury, mit den Chorherren im Freiburger Exil einer der einfluss - wurde sie mit ihrer Rückkehr im Oktober reichsten mittelal - 1723 ein wichtiges Zeichen für die Wie - terlichen Theolo - derbelebung von Kloster und Wallfahrt. gen im Zeitraum Nüchtern betrachtet, ist es der hochmit - der Gründung von telalterliche Typus der thronenden Ma - St. Märgen. Es donna, mit Plinthe (Thron) 533 mm hoch, ging ihm auf der 320 mm breit und 215 mm tief; ohne den Grundlage von Thron ergeben die Maße 493, 240 und 190 Gedanken des Au - mm. Sie besteht aus verschiedenen Arten gustinus um eine vernunftgemäße theolo - Putto mit Skapulier, Deckenbild an der Apostel Thomas, Stuckrelief im Chorraum von Laubholz, ist rückseitig ausgehöhlt gische Erkenntnis. Ihm gegenüber ist Al - Chordecke und mit einem Brett verschlossen. Fehl - fons von Liguori zu sehen, ein sozial enga - stellen wurden teilweise textil kaschiert, gierter Priester und Gründer der Redemp - sind aber an den Armen des Kindes deut - toristen. Da er erst 1839 heiliggesprochen fortsetzt, rechts unterbrochen von der Hilfe erflehende Mutter, daneben mehrere lich zu sehen. Statt der früher wechseln - und 1871 zum Kirchenlehrer ernannt wor - Kanzel, an deren Korb ebenfalls als Relief Kinder und eine männliche Gestalt, die den Bekleidung wurde nach der letzten den war, sind die vier Wandbilder, die im die Bergpredigt vorgestellt wird. Auf dem Maria einen versiegelten Brief nach oben Restaurierung zu ihrem Schutz im 900. Ju - Vertrag mit Kolmsperger aufgeführt sind, Kanzeldeckel sitzt über den vier Evangelis - reicht. Unterhalb Marias steht in Rücken - biläumsjahr eine überzeugende, auf Dauer zumindest in dieser Form eine thematische tensymbolen der mit Gesetzestafeln und ansicht eine einzelne männliche Gestalt, angelegte Lösung gefunden, mit der der Neuschöpfung um 1912. Kreuz lehrende Christus auf einem Thron. die ehrerbietig den Hut abnimmt. Am un - ursprüngliche Corpus sichtbar bleibt, Unter den durch Namen und Attribute zu teren Rand geht mit einer darin versinken - durch ein umgebendes goldenes Gewand erkennenden Aposteln zeigt man Thomas, den Gestalt der Blick in den Höllenschlund, jedoch die Würde unterstrichen wird. wie häufig, mit der Lanze, hier aber zudem aus dem ein Schlangenkopf herausragt. Für die Wandbilder hat man vier Gelehrte mit einer Gebärde, in der er seine Hand für Die sechs Deckenkartuschen mit Engeln ausgewählt, die durch ihre Schriften als die geöffnete Seite zum Herz Christi führt. spielen in unterschiedlicher Weise auf die besondere Marienverehrer ausgewiesen Das zentrale Deckengemälde des Chores Verehrung Mariens an: Derjenige über sind. Vorne rechts erkennt man im Zister - stellt Maria als die Helferin der Christen dem Altar verstreut Rosen nach unten, ziensergewand Bernhard von Clairvaux. Er vor Augen. Als Himmelskönigin bildet sie links hält einer den Dirigentenstab, der da - war ein großer Verehrer Marias und Legen - mit ihrem kleinen Sohn den Kern der Dar - neben das dazugehörende Liedblatt, ge - den berichten von mehreren Begegnun - stellung. Über ihr ist der Himmel offen, genüber beten zwei in Richtung des gen mit ihr. 1118, also im Jahr der Grün - unter ihr befinden sich die Gruppen der Hauptbildes, links hinten bringt einer den dung St. Märgens, wurde er zum Leiter des Hilfesuchenden, links ein Papst mit Tiara Rosenkranz, rechts hinten ein anderer das Zisterzienserordens und erneuerte die Or - und dahinter eine männliche Gestalt mit Skapulier; die Reihe endet hinten in der densregeln, sodass er zu Recht als zweiter Hermelin, die Zepter und Reichsapfel in Mitte mit einem Putto mit Palmen. Gründer des Ordens gelten kann. Links ist den Händen hält, davor ein offensichtlich Der Abschluss des Kirchenrundgangs soll Johannes Damascenus dargestellt, der um kranker Mann, im Hintergrund dazu die die nördlich im rechten Winkel an das 700 als Mönch im Kloster Mar Saba im Bil - Modell des Gnadenaltars Krücken, rechts eine für ihr krankes Kind Langhaus angefügte Gnadenkapelle sein, derstreit ein entschiedener Kämpfer für von Matthias Faller, Kapelle am Neuhäusle

30 31 „Maria im Thron“, frühes 12. Jahrhundert, eine der ältesten plastischen Marien- darstellungen in der Erzdiözese Freiburg

Würdigung

Engelbert Krebs erinnert in seinem Bericht zur verbrannten Bibliothek an die Kirche des 18. Jahrhunderts als an einen von au - ßen eher schmucklosen Barockbau, wäh - rend im Innern ein „guter, zarter Barockstil … die Wände überkleidete und fünf gold - strahlende Wandaltäre … mit äußerst fei - nen Formen“ die Kirche zierten. Diesen Eindruck vermittelt, vor allem durch die große Zahl der beim Brand von 1907 ge - retteten Skulpturen von Matthias Faller, die Kirche auch in der Rekonstruktion des frühen 20. Jahrhunderts. Nicht zuletzt bie - tet die gelungene Ausmalung, die von ei - nem hohen biblischen und kirchenge - schichtlichen Wissensbestand der Auf - traggeber zeugt, die authentische An - schauung eines barocken Gesamtkunst - Johannes Damascenus, im Bilderstreit des werks. 7. Jahrhunderts Verteidiger der Ikonogra - Kranke kommen bittend zur Gnadenmutter von St. Märgen, fie, 1890 zum Kirchenlehrer ernannt Kupferstich von 1760, vermutlich nach einer Zeichnung von Matthias Faller

32 33 des Jakobus, aber dafür kein Thaddäus. Das digung in der wenige Jahre zuvor gegrün - Die Judas-Thaddäus-Kapelle Johannesevangelium (14,22) kennt keinen deten Marienzelle annehmen. Dass Bern - Thaddäus; dafür stellt ein Judas – wie ei - hard angeordnet hatte, dass man ihm die auf dem Ohmen (Patrozinium 28. Oktober) gens erwähnt, nicht der Verräter Judas – Reliquie mit ins Grab gebe, weil er in ihm Jesus dort eine Frage. Nach einer Legende einen großen Helfer in allen Anliegen ge - schickte der Apostel Thomas seinen Apos - funden habe, mag mit dazu beigetragen Knapp einen Kilometer südwestlich von St. Praelatur Maria Zell“ durch die Fürbitte des telkollegen Judas Thaddäus zu dem an Le - haben, dass Judas Thaddäus zu einem Pa - Märgen liegt auf einem kleinen Bergrü - Judas Thaddäus bei Jesus und Maria „er - pra erkrankten König von Edessa. Durch tron in besonderen, gar ausweglosen Nö - cken, dem Ohmen, die dem Apostel Judas wirket“ wurde. Vermutlich setzt sich der ein „wahres Abbild“ Christi auf einem Lei - ten wurde. Thaddäus gewidmete Kapelle. Auch wenn Doppelname Judas Thaddäus aus zwei un - nentuch, das er auf der Brust trug, geheilt, Ebenso wie die Gestalt des Apostels bleibt sich dessen Gestalt mehr durch Legenden terschiedlichen Personen in den Apostel - dankte der König Judas Thaddäus. Auch im Bereich der Annahmen auch die Her - als durch historische Fakten erschließt, so listen zusammen. Bei Matthäus (10,3) und das Volk ließ sich taufen und der Apostel kunft der Ortsbezeichnung des Ohmen. Im ist die Wallfahrt zu seiner Kapelle ein Teil Markus (3,18) findet sich der Apostelname wurde der erste Bischof der Stadt. Nach Umfeld findet man das Wort noch mehr - der Geschichte St. Märgens. Abt Andreas Thaddäus und kein Judas; bei Lukas (6,16) anderen Überlieferungen wirkte Judas fach in Verbindungen wie dem Ohmen - Dilger schreibt 1729 in seinem Tagebuch, und in der Apostelgeschichte (1,13) findet Thaddäus zusammen mit Simon in Syrien, wald oder dem Ohmenacker. Eine Annah - dass die „Wiedererbauung der uralten sich in der Apostelliste ein Judas, der Sohn Mesopotamien und in Persien. Da sie mit me sieht einen keltischen Ursprung des zahlreichen Wundertaten die Machtlosig - Begriffs, da vielleicht auch hier bis ins 20. keit der örtlichen Zauberer bewiesen, or - Jahrhundert noch ein kahler Hügel, wie ganisierten diese einen Aufstand der Pries - auf anderen weithin sichtbaren Plätzen ter, der zum Märtyrertod der beiden Apos - der Region, eine keltische Kultstätte gewe - tel führte. Die Keule als Zeichen seiner To - sen sein könnte. Eine andere Mutmaßung desart wurde daher ebenso zum Attribut nimmt auf dem Ohmen eine frühe Kapelle des Judas Thaddäus wie, allerdings selte - an, die dem hlg. Thomas geweiht war. ner, das Winkelmaß, weil er zur Verwandt - Durch eine an anderer Stelle belegte Laut - schaft des Zimmermanns Joseph gehörte. verschiebung könnte aus der Thomaska - Der Überlieferung nach wurde über den pelle eine Thomenkapelle und schließlich Gräbern der zwei Apostel eine Kirche er - die Ohmenkapelle geworden sein. richtet. Im Westen erlebte die Verehrung Jedenfalls steht der Aufschwung der bis des Judas Thaddäus eine Renaissance heute gern wahrgenommenen Wallfahrt durch den hlg. Bernhard von Clairvaux. Er in direktem Zusammenhang mit der Wie - trug eine Reliquie des Heiligen auf der derbelebung des Klosters. 1722 hatte der Brust, als er auf seiner Reise durch den Freiburger Kartäuser-Prior Bruno Bürgin Breisgau 1146 den Kreuzzug predigte. Propst Andreas Dilger eine Reliquie des Ju - Zwar kam, soweit man weiß, Bernhard das Thaddäus aus Rom zukommen lassen. nicht auf den Hochschwarzwald, aber da Dilger, während der anstrengenden Bau - er von einem Augustinerchorherren des phase unter starken Schmerzen leidend, Klosters Kreuzlingen, dem Konstanzer Bi - schreibt in seinem Tagebuch seine rasche schof Hermann von Arbon, begleitet wur - Genesung der Hilfe des Heiligen zu. Histo - de, kann man hier die Quelle der Judas- risch fassbar wird an diesem Ort eine Judas Kreuzwegstationen, Matthias Faller, 1737, Klostermuseum, früher am Weg zur Ohmen-Kapelle Thaddäus-Verehrung am Oberrhein und Thaddäus und den hlg. Engeln geweihte vielleicht auch den Anstoß zu dessen Wür - Kapelle erstmals in den 1720er-Jahren. Ein

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Jahr bevor das Gnaden - gelist Pfunner im Laufe bild im Oktober 1723 des Jahres 1757 abge - nach St. Märgen zu - schlossen werden konnte. rückkam, ist am Ort also Dass mehr als 20 Jahre bereits die Judas-Thad - seit der Grundsteinlegung däus-Verehrung belegt. vergangen waren, wird In deren Folge ließ Dil - seinen Grund zum einen ger 1724 in Augsburg in den parallel laufenden einen Kupferstich des Bauvorhaben, zum andern Apostels anfertigen, aber auch im unterschied - gab eine Lebensbe - lichen Finanzgebaren der schreibung in Auftrag Pröpste Dilger und Glunk und 1725 erschien das gehabt haben. Während erste Wallfahrtsbüch - Ersterer, wie Elisabeth Ir - lein mit Gebeten, in de - tenkauf feststellte, alles nen der Apostel als Not - Bargeld zur Ausschmü - helfer „in verzweifelten Die Verkündigung an Maria und die Aufforderung an Josef, Kunstschreiner Johann Martin Hermann ckung der Kirche ausgab, ließ Glunk „keine Angelegenheiten“ ange - Maria zu sich zu nehmen, Johann Pfunner, 1757 zu. Ein halbes Jahr nach seiner Wahl zum neuen Arbeiten beginnen, bis die Schulden rufen wird. Ihm hatte neuen Abt benediziert Glunk, offiziell im - abbezahlt waren“. 1749 waren zusammen der Propst auch die mer noch nicht Abt, am 28. Oktober 1736 mit den sechs Glocken für die Pfarrkirche Hauskapelle geweiht. die „Capellam Judä Thaddäi“ und kann da - auch zwei für die Ohmenkapelle gegossen Propst Andreas Dilger, der demnach sowohl den Grundstein, in den er außer der Reli - bei ein weiteres Reliquienpartikel von der worden. Eine von ihnen entging der Be - die Wiederbelebung des Klosters wie seine quie des Kapellenpatrons auch eine des se - Hand des Heiligen vorzeigen. Wiederum schlagnahmung während des II. Weltkrie - eigene Genesung der Fürbitte des Apostels ligen Petrus Forerius einfügt. Zur Weihe des ein Jahr später werden im September unter ges und blieb als „Läuteglöckchen“ bis zuschrieb, ließ zunächst im September neuen Zelebrationsaltares 1968 wurde eine großem Zulauf des Volkes die von Matthias heute erhalten. 1726, vielleicht anstelle eines älteren Baus, weitere Reliquie des Judas Thaddäus im Faller geschaffenen 14 Stationen am Weg Mehrmals wurde die Kapelle in ihrer bald wohl aus Holz eine dem hlg. Judas Thad - Reliquiengrab des Altars eingebettet. Papst zur Kapelle aufgerichtet. 1746 kommt eine 300-jährigen Geschichte einer mehr oder däus gewidmete Wallfahrtskapelle aufrich - Johannes XXIII. (1958–1963) hatte sie eiserne Glocke zu Ehren des Erzengels Mi - weniger gründlichen Renovierung unter - ten. Im April 1729, dem Jahr, in dem das durch Vermittlung des aus Ebnet stam - chael, der hlg. Engel und des hlg. Johann zogen. Die umfangreichen Arbeiten der Kloster wieder besiedelt wurde, schreibt menden Paters Bonaventura Josef Schwei - Nepomuk in den Turm. Wie üblich wurde Jahre 1909/1910 wurden aus dem Nach - Dilger in seinem Tagebuch, dass er nach ei - zer aus der alten Peterskirche in Rom der die Kapelle erst anlässlich einer Firmreise lass des St. Märgener Kaufmanns Engel - nem „rauhem Winter under großem Ohmenkapelle geschenkt. Ein Jahr nach der des Konstanzer Weihbischofs Franz Karl Jo - bert Albert finanziert. Im Vordergrund Schnee“ erstmals wieder zum Judas Thad - Grundsteinlegung 1735 wird der Dach - seph Fugger am 25. August 1749 konse - stand dabei die Restaurierung der fünf De - däus „gewahlfartet“ sei, der durch seine stuhl aufgerichtet, wozu Dilger dann aus - kriert. Die Fortführung der Ausstattung ckengemälde und der drei Altargemälde. Fürbitte Mariazell erhalten habe. Wohl weil drücklich nur seine Hausleut mitnimmt. wird in Glunks Tagebuch im Oktober 1751 Der in der Schweiz eingebürgerte und vor der Wallfahrtsort große Resonanz fand, Peter Glunk, zu dem Zeitpunkt noch Dekan, mit der Bezahlung der Stuckarbeiten an Jo - allem als Hotelmaler bekannte Restaurator schloss Dilger im Juni 1734 mit dem St. kommentiert kurz danach nüchtern den sef Vogel und der Fassung des Hauptaltares Otto Haberer-Sinner, der sich zu Recht ge - Märgener Maurer Matthäus Fehrenbach Bau der Kapelle mit den Kosten von „1000 durch Johann Baptist Menrad aus Löffin - gen eine Übermalung der Deckenbilder mit den Vertrag für den Bau einer steinernen fl rheinisch ohne die Altär“. Deren Aufstel - gen dokumentiert. Es sollte dann nochmals Ölfarbe gewehrt hatte, erhielt 800 Mk für Kapelle. Schon am 9. Juli 1734 legte er un - lung in der Zeit bis zur vorläufigen Weihe sechs Jahre dauern, bis die Ausgestaltung seine Arbeit. Die Altäre wurden durch die ter Anwesenheit mehrerer seiner Kanoniker schreibt Manfred Hermann dem Villinger mit den Deckenbildern von Jo hann Evan - Gebr. Endres vollständig neu marmoriert.

38 39 originalen Decke die Er - thias Faller moderne Bilder die Geschichte das Thaddäus (1,9) im Streit mit dem Teu - neuerung der Wände des der 14 Stationen erzählen. Die Struktur der fel erwähnt wird, dort aber das letzte Ur - Kirchenschiffs notwendig. 20 m langen, 8,50 m breiten und 7 m ho - teil Gott überlässt, wird hier in der bildli - Hermann Ginter, der Kon - hen Kapelle erschließt sich von außen mit chen Übersetzung der Apokalypse vorge - servator der kirchlichen einem rechteckigen, auf beiden Seiten stellt. Michael stürzt den Drachen in den Kunstdenkmäler der Erzdi - zweifenstrigen Langhaus, an das sich ein Abgrund (Offenbarung 20,2–3), kämpft özese Freiburg, der der Ka - leicht eingezogener Fünfachtelchor mit gegen alles, was Gott seinen Rang streitig pelle „bemerkenswerte Ar - beidseitig einem weiteren Fenster an - macht. Das Schriftwort „QUIS UT DEUS“ in beiten des heimischen Ro - schließt. Auf dem durchgängigen Dach der Kartusche unterhalb der Michaelsge - kokos“ attestiert hatte, bei sitzt über dem Chor ein mit Zwiebelhaube stalt erklärt diesen Moment: „Wer ist wie den anstehenden Fragen je - gekrönter und mit einem Kreuz abschlie - Gott?“ Die Seelenwage, das richtende doch zunächst nicht betei - ßender Dachreiter. Im Innern entfaltet sich Schwert und der unterwerfende Tritt auf ligt gewesen war, hatte ver - das auch für eine kleine Barockkirche typi - den Teufel, den man hier auch als weibli - hindert, dass das alte Mau - sche Bild des himmlischen Festsaales, in che Gestalt sehen kann, sind in der Kunst erwerk durch dem barocken dem der Blick durch den eingezogenen durchgängige Attribute des Erzengels. Bau fremde Strebepfeiler Chor zum Hochaltar mit dem Tabernakel Der rechte Seitenaltar ist in Erinnerung an abgestützt wurde. 1966 er - als Symbol für den Thron Gottes hinge - eine frühere Kapelle südlich des Klosters folgte die Benediktion der führt wird. Die Idee des himmlischen Rau - dem hlg. Wendelin gewidmet. Er steht mit wiedererstellten Ohmenka - mes wird am Ohmen durch die dominante den üblichen Attributen der Schäferschau - pelle und am 12. Mai 1971 Engel-Thematik noch unterstrichen. Das fel und eines bei ihm ruhenden Rindes auf die Altarweihe durch Weih - nicht signierte Hochaltarblatt mit der Dar - der Spitze des Altares. Aus königlichem bischof Karl Gnädinger. Al - stellung des Martyriums und der Verherrli - Geschlecht stammend, gehört er zu den lerdings hatte die Renovie - chung des hlg. Apostels Judas Thaddäus irischen Missionsmönchen des 7. Jahrhun - rung der 1960er-Jahre sta - schreibt Manfred Hermann wegen der den derts. Auf dem Weg nach Rom war er als tische Eingriffe in Funda - Umriss betonenden Wiedergabe der Ge - demütiger und wundertätiger Viehhirte im ment und Außenwände mit stalten ebenso wie die Blätter der Seiten - Gebiet des heutigen St. Wendel geblieben. sich gebracht, sodass schon altäre dem Freiburger Künstler Hans Mi - Seine Verehrung als Patron der Bauern und 15 Jahre später die alte De - chael Saur zu. Saur hatte im Jahrzehnt da - Hirten war im süddeutschen Raum weit cke mit einem Gipsverstrich ausgegossen vor auch die Wechselbilder des Hochalta - verbreitet. Auf dem Altarbild sieht man ei - Erzengel Michael und der Engelsturz, werden musste und 2001/2002 eine um - res in St. Peter und die Altarbilder für die ne Versammlung von zehn bußfertigen Johann Pfunner, 1757 fangreiche Restaurierung der Decke zur Ursulakapelle geliefert. Für die von Mat - Gestalten, aus dem Alten und Neuen Tes - Im Zuge einer notwendigen Trockenle - Sicherung der Stuckarbeiten und der De - thias Faller geschnitzten und von J. B. tament, aus der Kirchengeschichte und gung waren in den 1960er-Jahren an der ckenbilder notwendig wurde. Dabei stellte Menrad gefassten Skulpturen des Hochal - aus Legenden. Eindeutig zu identifizieren Ohmenkapelle wiederum umfangreiche sich auch heraus, dass die Deckenbilder zu tars hat Propst Petrus Glunk seinen Na - sind in der Mitte der sitzende Petrus, der Sanierungsmaßnahmen notwendig ge - 60 bis 90 % in mehreren Schichten über - menspatron und den seines Vorgängers seine Schlüssel auf einem Buch abgelegt worden. Nach einer ersten Renovierung malt sind. 2017 wurden ein neuer Sand - Andreas Dilger, die hlg. Brüder Petrus und hat, darunter links Maria Magdalena mit durch die Firma Gschöll 1955 wurden 1961 steinboden verlegt und der Vorplatz der Andreas, jeweils mit den für sie typischen einem Totenkopf im Gewand und dem die Deckenbilder erneut restauriert. Da - Kapelle gepflastert. Kreuzformen, gewählt. An die Spitze des Kreuz in der Hand, rechts kniet auf einer nach wurden jedoch zunächst 1962 ein Auf dem Kastanienalleenweg zur Kapelle Altars ließ er in bewegter Geste den Erzen - Wolkenbank der Psalmensänger David mit Abbruch und Neuaufbau der Choraußen - wird man von einem Kreuzweg begleitet, gel Michael als Kämpfer gegen den Satan der Harfe. Oben in der Mitte erkennt man wände und 1964 unter Abstützung der auf dem heute statt der Arbeiten von Mat - stellen. Michael, der auch im Brief des Ju - im weißen Gewand der Chorherren den

40 41 Patronin der Prostituierten, die ihr Leben än - Martyriums seinen Kopf auf dem linken Arm dern konnten. Unter Petrus vermutet er den trägt und so zum Patron gegen Kopfweh reumütigen Zöllner. Die Person hinter dem wurde. Ein Merkvers auf einer Gebetstafel Kreuz des Schächers und der Bischof ober - aus der Barockzeit (nach „Ökumenisches halb des Petrus sind bislang nicht identifi - Heiligenlexikon“) benennt die Aufgaben der ziert. Der kniende Mann am linken Rand 14 Heiligen, deren Verehrung als einheitli - verkörpert in der klassischen Geste des am ches Ensemble, mit regionaler Differenzie - meisten dargestellten Büßers den Kirchen - rung, wie es sich seit dem 15. Jahrhundert lehrer Hieronymus. Die seitlichen Figuren ausgebildet hatte: S. Blasius – bringt wegen (Kopien nach Originalen von Matthias Faller) Halsweh Fürbitt dar, S. Georgius – ist anzu - präsentieren rechts Maria Magdalena, die rufen in Kriegs-Gefahr, S. Erasimus – für man früher mit der reumütigen Sünderin Darm und Leibesschmerzen, S. Vitus – ein beim Gastmahl bei Simon dem Pharisäer großer Freund der Kinder-Herzen, S. Panta - identifizierte, und links als Pendant Kathari - leon – Patron der Ärzten, bei Gott mächtig, na von Alexandrien. Dass sie, selbst keine S. Christoph – für Hagl und Wetter be - Büßerin, an diesem Altar einen Platz bekom - schützt er kräftig, S. Dionysus – in Haupt - men hat, wird den Grund darin haben, dass weh wird gerufen an, S. Cyriacus – von Teu - ihr Gedenktag, der 25. November, der Be - fel Beseßnen helfen kann, S. Achatius – dem ginn der zweiten großen 40-tägigen Fasten- christlichen Kriegsvolk hilft er behend, S. und Bußzeit vor Weihnachten war. Der „Ka - Eustachius – Betrübniß in der Ehe abwendt, threins-Tag“ stellte den Tanz ein. Der Altar S. Ägidius – hilft zu Erkenntniß heimlicher wird so für die bei der Wallfahrt hierher Sünd, S. Margaretha – wo Teufelslist ein Zu - Kommenden zu einer bildlichen Vorstellung gang findt, S. Katharina – wenn Weisheit im und damit Aufforderung zu Bußfertigkeit Studiren mangelt, S. Barbara – im Tod die und Reue. Der Altar auf der rechten Seite ist Sackrament erlangt. Die Blicke der Nothel - demgegenüber auf unterschiedliche Weise fer sind auf das Auge Gottes am oberen helfenden Heiligen gewidmet. Bekrönt wird Rand des Bildes gerichtet, wohin sie die Bit - er in Kukulle und mit Abtsstab vom hlg. ten der Pilger übermitteln. Die seitlichen Al - Magnus, einem im Raum Füssen legendären tarfiguren zeigen links den hlg. Johannes Maria Magdalena am Altar der Büßerinnen Apostel Judas Thaddäus mit Christusbild Benediktinermönch des 9. Jahrhunderts, Nepomuk und rechts Aloysius mit dem Je - und Büßer, Matthias Faller (1736/37) auf der Brust, 1738 dessen Leben vom Streben nach Vollkom - suskind. Nepomuk erlangte wegen seines menheit bestimmt war, der aber in ländli - legendären Märtyrertodes zum Schutz des die Pflege von Pestkranken eingesetzt hat - hlg. Augustinus mit dem Kelch und einem chen Regionen auch als Schutzpatron und Beichtgeheimnisses nach seiner Heilig - te, bezog sich sein Patronat neben dem für brennenden Herzen. Manfred Hermann sah Nothelfer gegen Mäuse-, Raupen- und En - sprechung 1729 fast als Habsburger die Jugend, dabei nicht zuletzt für eine gu - in der männlichen Gestalt mit dem Kreuz im gerling-Plagen galt. Auf dem Altarbild fin - Staatsheiliger eine große Popularität, die te Berufswahl, auch auf ansteckende Arm den reumütigen Schächer, in der Frau det man die 14 Nothelfer, von denen Chris - im süddeutschen Raum durch ein Reli - Krankheiten. Die ikonografische Zusam - links neben ihm die hlg. Büßerin Thais in tophorus als Patron gegen ein unversehenes quiengeschenk nach Meßkirch noch zu - menschau der beiden Seitenaltäre erinnert Ägypten. Thais war eine ägyptische Hetäre Sterben den zentralen Platz einnimmt. Über sätzlich gefördert wurde. Auch Aloysius an uralte Bilder der heilenden Medizin, die (in der Antike eine gebildete Kurtisane) des ihm erkennt man in einem Bogen die drei war erst 1726 heiliggesprochen und 1729 in der linken Hand Attribute des Überwin - 4. Jahrhunderts, die nach ihrer Bekehrung „heiligen Madl“ und links über ihnen Bischof zum Patron der Jugend ernannt worden. dens des Bösen, hier auf dem Altar gelin - als Eremitin in der Wüste lebte. Sie gilt als Dionysius von Paris, der als Zeichen des Da er sich selbst bis zum eigenen Tod für gend mit der Buße, und in der rechten

42 43 Hand Elemente des Heilens hielt, hier per - Gabriel an Maria, die er, wie häufig interpre - sonifiziert durch die Fürbitte der Nothelfer. tiert, beim Lesen antrifft, ihre Schwanger - Die St.-Wolfgang-Kapelle auf dem Die fünf Engelbilder von Joseph Evangelist schaft. Gegenüber dieser traditionellen Illus - Pfunner, im Breisgau einem der besten Kir - tration wird das Geschehen um ihren Ver - Thurner (Patrozinium 31. Oktober) chenmaler in der zweiten Hälfte des 18. lobten Joseph eher ungewöhnlich insze - Jahrhunderts, greifen das zweite Patronat niert: Der Engel nimmt ihn energisch an der der Ohmenkapelle, die hlg. Engel auf. Im linken Schulter und führt ihn zu der im Hin - Der Begriff Thurner (ursprünglich Turner, Kapelle abgebrochen und eine neue „wei - Mittelbild, umgeben von Engeln, befördert tergrund erkennbaren Maria. Die Aufforde - in der Geschichte wechselnd mit und ohne ters hinauf auf einen anderen Boden ge - Erzengel Michael drei teuflische, gehörnte rung nach Matthäus (1,19): „Joseph, Sohn h geschrieben) leitet sich ab von einem setzt worden“ sei. Bei der aufgegebenen und geschwänzte Gestalten mit einem Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Freiburger Adelsgeschlecht, das diesen Na - Kapelle hatte es sogar Zweifel gegeben, ob Flammenschwert in das am unteren Bild - Frau zu dir zu nehmen“, wird hier mit der men seinerseits auf den Turm seines Was - sie wirklich konsekriert worden sei. Immer rand offene Höllenfeuer. Bei der Figur links Unterstützung des Engels ins Bild gesetzt. serschlosses zurückführte. 1293 kaufte wieder hatte es Auseinandersetzungen erkennt man im Rückenflügel noch ihre Ur - Beim Blick zurück sieht man im linken Bild, Burkard Turner mit der Herrschaft Wies - über die Kostenfrage bei dortigen Repara - sprungsbestimmung als Engel. Am oberen beide mit Wanderstab, den Erzengel Rapha - neck auch die Vogtei über das Kloster turen gegeben. Abt Dilger hatte schließlich Rand erscheint, die Arbeit Michaels unter - el, der den jungen Tobias auf einer Reise be - St. Märgen, zu dessen Besitz die Örtlichkeit die 25 für den Thurner gestifteten Messen stützend, eine Hand mit Feuerpfeilen. Auch gleitet und hier vor einem Seeungeheuer in Turner gehörte. Anfang des 15. Jahrhun - in der Mutterkirche lesen lassen. Die Un - die vier Eckbilder greifen die Engelsthematik Schutz nimmt. Auf der gegenüberliegenden derts erscheint der Name Turner in Zusam - tersagung des dortigen Kirchweihfestes im auf. Beim Blick nach vorne links verkündet Seite ist ein Engel mit einem Kind unter - menhang mit St. Märgen in mehreren Ur - Jahr 1751 hatte ihren Hauptgrund jedoch wegs, dem er den Weg zum Himmel zeigt. kunden, darunter auch als örtlicher Fami- eher in der Nichteinhaltung des Tanzver - Mit dieser ikonografischen Komposition der lienname. 1431 findet man in klösterlichen botes durch den Thurnerwirt. Die alte Ka - Deckenbilder werden hier den Pilgern die Akten erstmals einen Peter Turner als pelle bestand mit einer Gesamtlänge von drei in der Westkirche traditionell verehrten „wirt aus dem swarzwalde“. Eine Kapelle etwa 14 m aus zwei gleich langen Teilen. Erzengel – Michael, Gabriel und Raphael – bei St. Wolfgang auf dem Thurner, die an der Das „Chörlein“, die vordere Hälfte, hatte der Wahrnehmung wichtiger Aufgaben vor alten Verbindung über den Schwarzwald dabei ursprünglich „die ganze Capellen“ Augen geführt. neben dem Wirtshaus ein Ort zum Ausru - ausgemacht und war „in Mauern noch Die Votivtafeln an den Rückseiten der Ka - hen gewesen sein mag, wird erstmals 1491 sehr starch“, während der spätere Anbau pelle zeugen von der langen und bis heute in den Akten der Freiburger Talvogtei auf - „sehr schadhaft war“. Den Neubau für die regen Wallfahrtstätigkeit. Und sie erzählen geführt. Spätestens seit dem frühen 14. geplante, nun 60 „Schuoh“ lange und 30 von der Dankbarkeit vieler Menschen, de - Jahrhundert führte in Konkurrenz zum Höl - „Schuoh“ breite Kapelle begründete Abt nen oft in schwierigsten Situationen Hei - lental eine wichtige Handelsstraße von Frei - Glunk damit, dass er damit den Bauern ei - lung, Trost und Hilfe zuteilwurde. So erfüllt burg über den Thurner nach Villingen, deren ne „Refusion thun wollte“, also ihnen da - sich hier das Anliegen dieser Kapelle, das in Scheitelpunkt zwischen Wagensteig- und für etwas zurückgäbe, dass bei der Erbau - der von Josef Vogel geschaffenen pracht - Urachtal auf über 1000 m Höhe etwa bei ung von Kirche und Kloster in St. Märgen vollen, mit Weihrauchfässern geschmück - der Thurnerkapelle lag. Die Genehmigung, auch die zur Thurnerkapelle gehörenden ten Stuckkartusche am Triumphbogen dazu auch über St. Märgener Territorium zu Capitalia zum Einsatz gekommen seien. festgeschrieben ist: „Sanctis Angelis, S. Ju - fahren, war dem Abt mit dem Villinger Bür - Die Thurnerkapelle habe mehr Ca pitalia als dae Thaddaeo in Desperatis Patrono Spe - gerrecht vergütet worden. die Mutterkirche, die beim „Bauwesen“ cialissimo“, Den hlg. Engeln (und) dem hlg. Für den Bau der heutigen St.-Wolfgang- verwendet worden seien. Daher habe das Judas Thaddäus, dem besonderen Patron Kapelle haben wir im Tagebuch von Abt Kloster beim Bau der St.-Wolfgang-Kapel - Alte und neue Votivtafeln in der Ohmen- in Verzweiflungen. Glunk am 13. Mai 1757 eine ausgezeich - le nun alles übernommen, auch den Lohn Kapelle nete Quelle. Er schreibt, dass die bisherige und die Fuhren, die die Bauern hätten tun

44 45 Die Archivalien sprechen schon 1909 von Pfarrei Thurner gab. Vor allem der Pfarrer einer Wiederherstellung der Thurnerkapel - von St. Märgen wehrte sich dagegen le, insbesondere des Daches. Erneut stand ebenso wie gegen eine Umpfarrung des dann in den 1930er-Jahren eine umfang - Thurners nach Titisee oder Neustadt, da reiche Renovierung der Kapelle an. 1935 dies für St. Märgen den Abfluss von Mit - war das Gesuch zur baulichen Herstellung teln zur Folge gehabt hätte, die dort zum der aus der Barockzeit stammenden Thur - Erhalt der Wallfahrtskirche benötigt wür - nerkapelle mit den genauen Maßangaben den. von 18 x 8 x 8 m, also einer Gesamtfläche Eine wesentliche Veränderung der Kapel - von 162 qm, gestellt worden. Damit sich le bedeutete die Aufstellung eines neuen die Kapelle auch für Sonntagsgottesdiens - Altares mit der Kopie des Sarner „Jesus - te eignete, wurde eine Empore eingebaut, kindls“ am 24. Oktober 1937. Der Hinter - in deren unteren Teil dann in den 1950er- grund dafür ist die wundersame Hei - Jahren noch ein Beichtstuhl eingefügt lungsgeschichte der aus dem Thurner - wurde. Die Abrechnung der Baumaßnah - wirtshaus stammenden Albertine Weber, men, zu denen auch die Sakristei und ein geb. Hermann, im Jahr 1931. Schon Jahre neuer Bodenbelag gehörten, ergab im von Herzattacken geplagt, reiste sie in Februar 1938 Gesamtkosten von über sterbenskrankem Zustand nach Sarnen, 5000 RM, davon 1000 RM für die Decken - wo sie nach Empfang der Sterbesakra - malereien der Gebrüder Hemberger aus mente und der hlg. Kommunion eine Karlsruhe, die Engelbert Krebs stiftete. spontane Heilung erfuhr. Aus Dankbar - Wohl in diesem Zusammenhang wurden Der frühbarocke Altar der vormaligen auch die vier Tafelbilder von Simon Göser St.-Wolfgangs-Kapelle auf dem Thurner aus dem klösterlichen Refektorium hierher verbracht, die dann 1940 in Rahmen neu gefasst und letztmals 2012 aufwendig res - tauriert wurden. Am 27. Februar 1949 müssen. Der Architekt war der aus Immen - wurden die Kreuzwegstationsbilder des dingen stammende Sohn eines Vorarlber - Malers Walther Meyerer-Speer geweiht. ger Barockbaumeisters Johann Baptist Hä - Im Juli 1952 kam aus den Mitteln einer ring, der wenige Jahre später Freiburger Stiftung eine bei F. W. Schilling in Heidel - Stadtbaumeister wurde und sich mit berg gegossene Glocke in den Turm; 1956 Der Altar der Thurner-Kapelle prächtigen Barockbauten wie z. B. St. Peter erfolgte die Marmorierung des bis dahin in der Fassung von 1956 in Endingen noch einen Namen machte. nur in Weiß und Gold gehaltenen Altares. Links: Der neo-barocke Altar von 1937/38 Häring oblag auch die Ausführung der Letztmals wurde St. Wolfgang in den Jah - Stuckarbeiten an der Decke, wobei erst ren 2012/2013 innen renoviert, wozu auch keit ließ sie mit Erlaubnis der Äbtissin der 180 Jahre später auch Bilder in die Stuck - die Reinigung der Deckenbilder gehörte. dortigen Benediktinerinnen durch einen rahmen kamen. Dass man ihn für den Bau Zur Geschichte dieser Kirche gehört auch, Oberammergauer Schnitzer eine Nachbil - der Kapelle gewählt hatte, hing wohl mit dass es um 1940 eine intensive Diskussion dung des Sarner Jesuskinds anfertigen. den Verbindungen der Abtei nach Freiburg um die Errichtung einer eigenen Kuratie Nachdem die Aufstellung an ihrem Wohn - zusammen. mit der Perspektive einer selbstständigen ort in einer Singener Kirche untersagt

46 47 worden war, erreichte der St. Märgener Ortsgeistliche dann in Freiburg die Aufstel - lungserlaubnis für den Thurner. Die Votiv - tafeln, die in der Folge von Heilungen auch hier am Thurner erzählten, sind bei Um - bauten in den 1950er-Jahren entfernt worden. Engelbert Krebs berichtete, wie das „Sarnerjesuskindl“, begleitet von eini - gen Geheilten, in der eben neu ausgestat - teten Wolfgangskirche von 500 Schwarz - wäldern begrüßt wurde. Der barocke Altar mit dem Kirchenpatron Wolfgang wurde in die Kapelle eines nahe gelegenen Hofes überführt. Dafür wurde der Kirchenpatron in einem qualitätvollen Tafelbild in der Kir - che dargestellt und ist seit der Ausmalung in den 1930er-Jahren zudem im zentralen Deckenbild präsent. Von außen erschließt sich die Architektur von St. Wolfgang als ein längsrechteckiger Bau mit anschließendem fensterlosen Fünfachtel-Chor und einer unter Pfarrer Siebold am Chorhaupt angebauten Sakris - tei. Die Seitenwände mit jeweils einer Ein - gangstür erhalten ihre Gliederung durch zwei längliche, oben gewölbte Fenster und Hl. Wolfgang mit Kirchenmodell um 1870 im westlichen Teil durch jeweils ein Oku - lusfenster, dieses auf der Südseite über dem ebenfalls später hinzugefügten lich kleineren Altar von 1655, der seit über Windfang. Über dem Eingang auf der 200 Jahren auch schon in der Vorgänger - Nordseite steht das Baujahr 1757. Im In - kapelle gestanden hatte, in die Kapelle des nern erschließt sich die Thurnerkapelle als Holzhofes übertrug. Diese war im badi - klassisches Modell eines auf den Altar hin schen Kulturkampf auf Initiative des Breit - ausgerichteten barocken Kirchenraums. nauer Pfarrers Carl Alois Metz als katholi - Der heute vorhandene neobarocke Altar sches Refugium vorgesehen, falls sich sei - von 1937 (Egon Hummel, St. Märgen) er - ne Pfarrkinder dem Altkatholizismus zu - setzte einen Altar, der in den 1870er-Jah - wenden würden. Manfred Hermann ren aufgestellt und 1916 mit einem aus schreibt diesen in der Region frühesten Al - Bamlach erworbenen älteren Altaraufsatz tar der Barockzeit dem Bildhauer Bartle Die Verherrlichung des hl. Wolfgang, unten Blick zur Kapelle und zum Kandel, versehen worden war. Der Grund dafür Winterhalter vom Oberfallengrund in Gebrüder Hemberger, 1937 war, dass man den ursprünglichen, deut - Furtwangen-Neukirch zu. Da mit dem Al -

48 49 findet man als seitliche Altarfiguren noch Schwetzingen mit unterschiedlichen aus dem 18. Jahrhundert die Matthias Fal - Schwerpunkten (August: Personen, Adolf: ler zugeschriebenen Heiligen Johannes der Konfiguration, Emil: Stuck) tätigen Gebrü - Täufer und Gallus mit dem Bären als Attri - der Hemberger. Diese, zwischen 1875 und bute. Eine Legende berichtet, dass in der 1886 geboren, waren alle drei als Kunst - Nacht ein gefährlicher und gefräßiger Bär maler ausgebildet und sind mit ihrem klas - an das Lager von Gallus gekommen sei. sischen Stil den Nazarenern zuzuordnen. Dieser habe ihm befohlen, Holz für Feuer Nicht zuletzt durch ihre Arbeiten in St. und den Bau einer Zelle herbeizuschaffen, Stephan (Karlsruhe) hatten sie ein hohes er werde dafür Brot erhalten, müsse aber Renommee. Im südlichen Schwarzwald seinerseits andere wilde Tiere abwehren. findet man sie wohl durch die Vermittlung Den Bauholz tragenden Bären findet man von Siebold ausschließlich am Thurner und in St. Märgen. Andere Varianten berichten, in der Glashütte. Das Bild über dem Chor - dass Gallus dem Bären einen Dorn aus raum veranschaulicht in traditioneller dem Fuß gezogen und ihn dadurch gefü - Weise den Moment in Emmaus, als die bei - gig gemacht habe. Als zentrale Figur wur - den Jünger Christus, der den Blick nach de dann 1937 die erwähnte Kopie des Sar - oben richtet, am Brechen eines hier klei - ner Jesuskindes eingefügt. Von Matthias nen runden Brotes erkannten. Das Origi - Faller nach 1757 stammen auch die bei - nelle an der Szene ist, dass sie vor einem den größeren, eindrucksvollen Skulpturen Fenster stattfindet, durch das der Blick auf der Mutter Jesu, der das Schwert des die aus dieser Gegend immer wieder sicht - Die Tugend der Mäßigung: Wein wird mit Die Tugend der Mäßigung, personifiziert Wasser vermischt Schmerzes das Herz durchbohrt, und des bare Schwarzwaldlandschaft mit Feldberg im seligen Bernhard von Baden Schmerzensmannes. Die Schriftstelle im und Schauinsland geführt wird. Die Idee, Neuen Testament, die hier ins Bild gesetzt das jeweilige Geschehen in einen örtlichen tar auch die Skulptur des Kirchenpatrons wurde, findet sich bei Mt 11,28–29: Die Bezug zu setzen, ist noch deutlicher beim bis zu seinem Tod Bischof von Regensburg. entfernt worden war, wurde zu diesem Soldaten „zogen ihn aus und legten ihm zentralen Deckenbild umgesetzt. Der Apo - Die Legende erzählt von seinem siebenjäh - Zeitpunkt, damit der Kirchenpatron wieder einen Purpurmantel an und flochten eine theose des hlg. Wolfgang, die Verherrli - rigen Einsiedlerleben am später nach ihm präsent war, das unsignierte Bild des hlg. Dornenkrone und setzten sie auf sein chung und seine Aufnahme in den Him - benannten Wolfgangsee. Als er dort durch Bischofs Wolfgang mit einem Kirchenmo - Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine mel, findet hier über der Thurnerkapelle den Teufel gestört wurde, beschloss er, sich dell auf dem Arm angefertigt, das jetzt an rechte Hand.“ Seit 1937 stehen die Skulp - statt, sodass er auf diese Weise zugleich als an einem freundlicheren Ort eine Klause der Südwand des Langhauses hängt. Als turen auf Stuckkonsolen an den Seiten - Schutzpatron der Kirche und der dahinter zu erbauen. Er warf seine Axt ins Tal hinab Pendant findet man gegenüber die Dar - wänden. sichtbaren Raumschaft wird, die vom dop - und gelobte, an dem Ort, an dem er sie stellung einer bäuerlich-bürgerlichen Ma - Den Eindruck, den die Kapelle heute ver - peltürmigen Kloster St. Märgen bis zu dem wiederfinden werde, eine Kirche zu erbau - ria, die selbst ein Zepter in der Hand hält, mittelt, erhielt sie im Wesentlichen durch am Horizont sichtbaren Kandel reicht. en. Hierher rühren das Attribut des Beils während ihr Sohn dem Betrachter mit dem die im Kontext der Renovierung von Wolfgang selbst ist umgeben von Engeln, und in anderen Wolfgangdarstellungen Olivenzweig eines der in der Bibel ge - 1936/1938 unter Pfarrer Siebold einge - die von seinen Attributen hier Mitra, Stab, ein Kirchenmodell. Auf Bitte seines Bis - bräuchlichsten Friedenssymbolen vorzeigt. fügten Deckenmalereien. Siebold war vor Buch (Hinweis auf die Bildung) und Beil tums nahm er den bischöflichen Stuhl An dem neobarocken Altar von 1937, der, St. Märgen Pfarrer in Odenheim gewesen. vorzeigen. Wolfgang von Regensburg, 924 wieder ein. Er förderte besonders die Bil - zunächst ausschließlich in Weiß gehalten Von dort kannte er die aus diesem Ort in Pfullingen (?) geboren und 994 in Pup - dung und das geistliche Lebens des Klerus (Marmorierung von 1956), nun in die Pro - stammenden, später mit Sitz in Karlsruhe ping in Österreich gestorben, war Benedik - und der Orden. Er gilt unter anderem als portionen des Chores eingepasst wurde, vor allem in der Gegend um Bruchsal und tinermönch von Einsiedeln und von 972 Patron der Hirten, Holzarbeiter, Köhler, un -

50 51 schuldig Gefangenen und des Viehs sowie nur zu einem Drittel für sich verwendete, ein re befinden sich im Kloster St. Elisabethen als Helfer bei vielerlei Krankheiten wie Drittel der Kirche und das letzte Drittel den der Augustinerchorfrauen auf Schloss Gol - Schlaganfall, Gicht, Fußleiden, Haut- und Armen überließ. Bei der Entscheidung für denstein bei Salzburg, zwei weitere sind ver - Augenkrankheiten. Bernhard mag auch mitgespielt haben, dass schollen. Göser (1735–1816) gilt im süd - Das Ensemble der Deckenbilde r wird ver - man dem regierenden Haus des Großher - westdeutschen Raum als der letzte bedeu - vollständigt durch die symbolische Darstel - zogtums Baden, zu dem St. Märgen seit Kur - tende Maler der Barockzeit und zugleich als lung der vier Kardinalstugenden. Bereits zem gehörte, gefällig sein wollte; dort „Meister des frühen Klassizismus“. Seit ihrer 1922, so das Datum auf zwei der Scheiben, schätzte man es, durch genealogische Bezü - Übertragung in die Kapelle sind die thema - waren mittels Stiftungen die vier ursprüng - ge die eigene Bedeutung zu untermauern. In tisch ungewöhnlichen Tafelbilder in Chor lich barocken Fenster der Kapelle durch far - der darüber originell inszenierten „Mäßi - und Langhaus von St. Wolfgang ein im Stil bige Fenster mit figürlichen Darstellungen gung“ schenkt ein Putto in blauem Hemd stimmiger Teil der Ausstattung. Name und der Firma Protz & Ehret (Freiburg) ersetzt mit mahnend erhobenem Zeigefinger – fast Zuständigkeiten der zentralen Gestalten worden. Die Okulusfenster erhielten ent - möchte man in ihm einen Bacchanten se - werden in lateinischem Text am unteren En - sprechende farbige Rahmungen. Man darf hen – einer nur knapp bekleideten Gestalt de der Gemälde in einer mit Ornamenten annehmen, dass es Pfarrer Siebold war, der klares Wasser in den Weinkrug, sodass die verzierten Kartusche beschrieben. An der die dargestellten Personen gezielt so ge - Schorle Mahnung zum maßvollen Trinken Südostwand rechts findet man die Darstel - wählt hatte, dass man in ihnen die Verkör - wird. Für die „Klugheit“ steht im hinteren lung von Szenen aus dem Leben des hlg. Bi - perung der Kardinalstugenden wahrneh - linken Fenster die Mutter Anna, die ihrer schofs Ubaldus: Ubald von Gubbio (um men konnte. Deren Bezeichnung befindet Tochter Maria das Lesen beibringt. In dem 1080/85–1160, 1192 heiliggesprochen) war sich jeweils am oberen Rand der Scheiben. dazugehörenden Deckenbild über der Em - selbst regulierter Augustinerchorherr und Als dann die Gebrüder Hemberger 1937 die pore personifizieren zwei weibliche Putten Bischof von Gubbio. Aus vornehmer Familie vier Eckbilder an der Decke anfertigten, mit klassischen Beigaben, Schlange und stammend, teilte er sein Erbe an die Armen übersetzte Siebold hier die Kardinalstugen - Spiegel, die „Klugheit“. Dem Mädchen, dem aus. Ein späterer Lebensbericht beschreibt, den in symbolische Illustrationen, wie man sich die Schlange, auch eine Allegorie der wie er selbst, was Essen und Trinken anbe - sie vor allem in der Barockkunst kannte. Im List, um den Arm windet, hält die zweite Per - langte, bescheiden lebte und so auch in ei - linken vorderen Fenster personifiziert die son den Spiegel vor Augen, in dem sie sich nem Kloster der Augustiner wieder einen hlg. Agnes mit dem Lamm im Arm und der wiederfindet. Für die „Gerechtigkeit“ wurde strengeren Lebenswandel dursetzte. In bi - Märtyrerpalme, wie es darübersteht, die Joseph, der auch den Beinamen „Der Ge - schöflichem Gewand wird er mit einem vor „Starkmut“. Gestiftet wurde das Fenster von rechte“ trägt, mit den Zimmermannsattri - ihm fliehenden Teufel dargestellt; er gilt als der Schule der Schweighöfe sicher auch im buten Beil und Säge erkoren. Die beiden Patron der Kinder sowie als Patron gegen Hinblick darauf, dass Agnes die Patronin ins - Putten im entsprechenden Deckenbild han - Nervenleiden und Besessenheit. Hier vergibt, besondere für junge Mäd chen war. Die tieren bewegt mit den Mitteln der Gerech - wie die Schrift besagt, Ubaldus aus bemer - „Stärke“ im Deckenbild darüber wird kon - tigkeit, Waage und Schwert. Hier haben die kenswerter Liebe einem jungen Mann das ventionell mit einem Stück Säule ins Bild ge - Künstler mit „Hemberger Karlsruhe 1937“ schwere Unrecht, das er ihm angetan hatte. setzt, das zwei Putten nur mit Mühe halten signiert. Da zu Füßen des Mannes Hammer, Schaufel können. Dass Pfarrer Siebold als Person für Die vier Leinwandgemälde mit vergoldetem, und ein Zollstock liegen, mag es sein, dass er Der Mann der Schmerzen, Matthias Faller die vorne rechts thematisierte „Mäßigung“ geschwungenem Zierrahmen (Höhe 195 cm den Bischof bei einem Bau betrogen hatte. den sel. Bernhard von Baden gewählt hat, x Breite 107 cm) werden Simon Göser zuge - An der Nordostwand links des Altares sitzt auf einem römischen Konzil per Fingerzeig mag mit dessen Lebensweise Mitte des 15. schrieben und sind Teil einer Reihe von zehn der „Schüler des hlg. Augustinus“, der hlg. die authentischen heiligen Schriften von Jahrhunderts zusammenhängen. Es wird Stücken, die ab 1769 ihren Platz im Refekto - Papst Gelasius (492 –496) auf seinem Thron,, den Apokryphen. Letztere werden von einem überliefert, dass Bernhard seine Einkünfte rium des Klosters gehabt hatten. Vier weite - umgeben von Bischöfen, und unterscheidet jungen Kleriker unterhalb des Thrones auf -

52 53 gelesen und von ei - meliterorden. Bei einer nem anderen bereits Prozession durch Ak - aus der Konzilsver - kon am Fest der sammlung entfernt. Kreuzerhöhung im Bekannt ist der aus Jahr 1214 wurde Al - Afrika stammende bert vom dortigen Papst für seine Schrif - Meister des Heilig- ten, in denen er die Geist-Hospitals der Zweireichelehre, also Johanniter, dessen die Trennung und Ei - unehrenhafte Entlas - genständigkeit von sung er betrieben hat - kirchlicher und welt - te, erstochen. An der licher Macht, heraus - Nordwand links sieht arbeitete. Die Dar - man im Bild den zu stellung hier bezieht Tode erschrockenen sich auf das ihm zu - Abt Wilhelm von Ros - geschriebene „Decre - kilde, dem ein Bote tum Gelasianum de sagt: „Septem dies recipiendis et non re - vives“. Wilhelm von cipiendis libri“, einen Æbelholt, auch von Erlass über die in die Paris (1105 (?) bis kirchliche Lehre auf - 1122/23), Sohn einer zunehmenden und Adelsfamilie, war in die nicht aufzuneh - der Zeit Regularkano - menden Bücher. Im niker im Stift Ste-Ge - Langhaus, rechts an neviève-de-Paris, als der Südwand, über - dort die Augustinerre - gibt der hlg. Alber - gel eingeführt wurde. tus, Lateinischer Pa - Später wurde er Abt triarch von Jerusa - im Kloster Eskilsø auf lem (um 1149 bis der gleichnamigen In - 1214), zunächst selbst sel in Dänemark, wo er Re gularkanoniker, sich „nicht ohne Mühe den Ere miten vom und Behinderungen“ Berg Karmel eine von als Förderer der Or - ihm entworfene, auf denszucht ebenfalls ihre Lebensform aus - um die Einführung der gerichtete Mönchs - Augustinerregel be - regel. Aus dieser Ge - mühte. Die hier darge - meinschaft entwi - stellte Szene – sieben Abt Wilhelm von Roskilde ckelte sich der Kar - Jahre vor seinem Papst Gelasius

54 55 wirklichen Tod – mit mit ihrer Förderung der doppeldeutigen der Ordensregel und Botschaft, Du lebst anderer authentischer (noch) sieben Tage, Schriften zugleich gehört zu den so - auch eine generelle, genannten Bekeh - literarisch fundierte rungsvisionen, wie Mahnung zum richti - sie auch von ande - gen klösterlichen Le - ren überliefert sind. ben waren. Nicht zu - Der Text in der Kar - letzt ist die Auswahl tusche erklärt dazu: der hier Präsentierten „S. Wilhelmus Ro - ein Hinweis auf die schildensus ancipiti fundierten ordensge - mortis nuntio ad ri - schichtlichen Wissens - gidissimam septem bestände des Auf - annorum poeniten - traggebers Abt Mi - tiam animatur“. chael Fritz, der für (Durch die mehr - das Refektorium ge - deutige „doppelge - zielt beispielhafte Le - sichtige“ Ankündi - bensmomente frühe - gung des Todes ent - rer Chorherren aus - schließt er sich zu wählte, mit denen er einer sehr strengen seinem Konvent das Buße von sieben „Lernen aus der Ge - Jahren.) schichte“ vermittelte. In der Zusammen - So ist in der Thurner - schau ergibt sich kapelle neben ihrem ein Bild von vier aus mehr als 500-jährigen den Reihen der re - Patronat des hlg. Wolf - gulierten Chorher - gang und der bald ren stammenden hundertjährigen Wall - ranghohen, bis zum fahrt zum Sarner Je - Papst reichenden suskind in besonderer Klerikern, die durch Weise auch ein an - ihre jeweilige Le - schauliches Stück klös - bensart den Augus - terlichen Lebens prä - tinern in St. Märgen sent geblieben. in unterschiedlicher Weise als persönli - che Vorbilder die - Bischol Ubaldus nen sollten, die aber Albert, Patriarch von Jerusalem

56 57 Die Rosenkranz-Kapelle in der Glashütte (Patrozinium 7. Oktober)

Ursprünglich hatte das Gebiet der Glas - folgte eine Ergänzung der Madonna mit hütte, im „Knobelswald“ oder auch „Hin - den Figuren des hlg. Dominikus und der terstraß“ genannt, zur Herrschaft St. Peter hlg. Katharina von Siena durch Bildhauer gehört. Abt Paulus Pastor hatte das Gebiet Matthias Faller vom Oberfallengrund in 1683 Glasmachern aus Tirol zum Abholzen Neukirch, wodurch das Ensemble in seiner und Besiedeln überlassen. Für sie wurde Ausstattung zu einem klassischen Rosen - dann wenig später eine kleine frühbarocke kranzaltar wurde. Kapelle gebaut. Wohl für sie wurde die Nach der Aufhebung des Klosters St. Peter heute noch dort befindliche Madonna mit 1806 entstand nunmehr eine eigene Ge - Kind geschaffen, die Manfred Hermann meinde „Hinterstraß“. Diese nahm die Ka - dem Freiburger Bildhauer Franz Hauser pelle in ihre Obhut, wie man einem (1651–1717) zuschrieb, von dem noch an - Grundbucheintrag vom 4. März 1874 ent - dere Madonnen in Waldau, nehmen kann: „Die Gemeinde besitzt mehr und erhalten sind. Die pasto - als sechzig Jahre eine Kapelle.“ Bereits rale Betreuung der „Glashütter“ Bewohner 1809 wurde die Glashütte von der Pfarrei erfolgte zunächst durch die Pfarrei Neu - Neukirch nun auch organisatorisch St. kirch. Als die Augustiner nach St. Märgen Märgen zugeordnet. 1861 findet man in zurückkehrten, übernahmen sie die Seel - den Archivalien ein Schreiben von der sorge. Im Tagebuch von Propst Dilger wird Glashütte an das Erzbischöfliche Ordinari - 1718 berichtet, dass P. Simon „die so ge - at mit der Bitte um Genehmigung, dass nannten Hintersträßler Petersbergische man mit einer Stiftung von Freifräulein Pfarrkinder wieder zu versehen übernom - Sophia von Brandenstein die Kapelle res - men habe“. Verzeichnet werden hier auch taurieren und ein gutes Altarbild herstel - die hierfür gestellten materiellen Bedin - len könne. 1863/1864 wurde „die schad - gungen: „1. Daß sie vor die Hochzeith ge - hafte und ruinierte Kapelle“ mit der Stif - ben 1 fl und für das Mahl die Zech des tung von 200 Gulden dann wohl weitge - oberen Tisch. – 2. Für das Versehen 6 bz, hend neu errichtet und erhielt mit der das Taufen 5 xr. – 3. Der nit kann die 5 xr Weihe durch den Subregens des Priester - zahlen, soll 2 Täg frohnen. – 4. Die Bauern seminars St. Peter Knittel 1869 auch die führt ein jeder aus unserem Wald 2 Fährt Erlaubnis, dass hier, wie es damals hieß, die Holz jährlich zu unserem Pfarrhof.“ Nach - Messe gelesen werden durfte. In der Regel dem der Wald verbraucht war, zogen die fand ab da ein wöchentlicher Werktags - Glasmacher in das Gebiet um Bräunlingen. gottesdienst statt. 1927 wurde die Kapelle Die Siedler in der „Glashütte“ erbauten um instand gesetzt, innen mit einer neoba - Altar der Rosenkranz-Kapelle mit Mondsichelmadonna (um 1685) und Skulpturen 1731 eine größere Kapelle. Nach 1745 er - rocken Altarrückwand (Bildhauer Egon der Heiligen Dominikus und Katharina von Siena (Matthias Faller, nach 1745)

58 59 Hummel, St. Märgen) und außen mit Sa - spitz auslaufender Dachreiter mit einem kristei und kleiner Vorhalle ausgestattet. bekrönenden Kreuz. Chor und Längswände 1929 ließ Pfarrer Siebold durch die Gebr. werden an beiden Seiten durch oben rund - Hemberger, Karlsruhe, an der Decke das bogig abschließende Fenster gegliedert. Gemälde „Maria Rosenkranzkönigin“ aus - Oberhalb des später am Eingang hinzuge - führen. 1937 ermöglichte wiederum eine fügten, mit einem Fenster erhellten Vor - Stifterin die Anbringung eines Kreuzwegs, baus entdeckt man zwei kleine runde ausgeführt in Schwarz-Weiß-Manier von Fenster. Im Innern eröffnet sich lichter L. Barth. 1948 erbat Pfarrer Siebold beim Raum, der noch eine Erinnerung an seine Ordinariat die Genehmigung zur Aufbe - erste Entstehung in der Barockzeit vermit - wahrung des Allerheiligsten im neu ange - telt. Die drei Kunstwerke erzählen von der fertigten Tabernakel. Er schildert dabei voll Geschichte der Kapelle und ihrer Benen - Sympathie die Kapelle, die mit einer nung. Im Zentrum des Altares steht in ei - Grundfläche von 45 qm in den letzten Jah - nem Strahlenkranz auf einer Mondsichel, ren neu hergestellt worden sei, mit einem aus der sich eine Schlange windet, eine Deckenbild geschmückt sei und ein schö - Maria mit Zepter in der rechten Hand und nes Ba rock altärchen enthalte. 1956/1957 ihrem Sohn mit dem Reichsapfel auf dem wurde die Kapelle als Schenkung der Ge - linken Arm. Die Mondsichelmadonna meinde St. Märgen, zu der die Glashütte (auch apokalyptische Madonna) geht auf politisch gehörte, in das Eigentum der Kir - die Vision des Johannes von einer Frau zu - chengemeinde St. Märgen überführt. Der rück, die – mit Sternen gekrönt und mit der Stiftungsrat hatte die Übertragung an den Sonne bekleidet – auf dem Mond steht Kirchenfonds St. Märgen akzeptiert. Es und dem letzten apokalyptischen Gefecht folgte 1969 unter Pfarrer Bernauer eine zwischen dem Drachen und dem Erzengel Innenrenovation, wobei Boden und Au - Michael ausgesetzt wird (Geheime Offen - ßenputz erneuert und die Ausmalung der barung 12,3–5). Diese Madonna des 17. Kapelle vereinfacht wurde. Nachdem die Jahrhunderts war demnach nicht Na - Kapelle 1989 durch eine Straßenbaumaß - mensgeberin für eine Rosenkranz-Kapelle. nahme etwas von der Straße weggerückt Diese Benennung könnte mit der gezielten war, erfolgte 1992 nochmals eine die Kir - Hinzufügung der beiden seitlichen Figuren che im Innern verändernde Renovierung. nach 1745 erfolgt sein. Bereits im 16. Jahr - Decke und Wände wurden durch Klaus hundert hatte es nach siegreichen Kriegen Hog, St. Märgen, neu gefasst, die Altar - Gedenktage mit dem Rosenkranz als rückwand umgestaltet sowie ein neuer Ze - Dankgebet gegeben. Nach dem Sieg über lebrationsaltar und Ambo von Bildhauer die Türken bei Peterwardein am 5. August Wolfgang Kleiser, Vöhrenbach, hinzuge - 1716 erhob dann Papst Klemens XI. das fügt. Rosenkranzgebet zu einem Festtag der Von außen ist die Struktur der Kapelle als ganzen Kirche, der am ersten Sonntag im längsrechteckiger Bau mit eingezogenem Oktober gefeiert wurde. Die beiden in den Chor und durchgängigem Dach zu erken - nen. Über dem Eingangsbereich sitzt ein Rechts: Deckenbild in der Rosenkranz-Kapelle

60 61 Jahren danach hinzugefügten Holzskulp - kommen ließen. Als Pfarrer Siebold daher der Liturgie von Mariä Geburt wurde diese Franziskus aus dem Jahr 2016 beschlossen turen Dominikus und Katharina von Siena 1929 die Decke ausmalen ließ, war dies ausdrücklich „Morgenröte des Heils“ ge - werden, dass der Rosenkranz „in vieler Hin - sind nun die damals für einen Rosenkranz - nicht nur die Gelegenheit, das bis dahin nannt. Der Kreis um die Bilderwelt dieser sicht die Zusammenfassung der Geschichte altar typischen Bildwerke, mit denen meist nicht vorhandene Thema des Rosenkran - kleinen Kapelle soll mit dem Wort von Papst der Barmherzigkeit Gottes“ sei. auch eine entsprechende Bruderschaft zes aufzugreifen, sondern auch die von verbunden war. Beide Heilige zeigen eine Rom aus geförderte Gebetsform ins Bild zu Gebärde, mit der sie an vielen anderen Al - setzen. Zwar behielt die hier mit Kopftuch Literaturhinweise Elisabeth Irtenkauf (Hrsg.), Die Tagebücher des Abtes Peter Glunk von St. Märgen auf dem Schwarzwald tären den Rosenkranz aus der Hand Marias eher bürgerliche, also nicht mit Krone aus - Kath. Pfarramt und politische Gemeinde St. Märgen (reg. 1736–1766), in: FDA Bd. 115, 1995, S. 35–278 oder ihres Sohnes entgegennehmen. Man gestattete Maria dennoch das Zepter in (Hrsg.), St. Märgen, Hochschwarzwald, Festschrift Elisabeth Irtenkauf (Hrsg.), Die Tagebücher des Abtes mag ihre Gesten auch als auf Maria hin - der Hand, aber ihr Sohn reicht den in der anlässlich der 850-Jahr-Feier, Karlsruhe 1968 bzw. Propstes Andreas Dilger von St. Märgen und Gemeinde St. Märgen, Matthias Faller, Der Barockbild - Allerheiligen/Freiburg (reg. 1713–1736), in: FDA Bd. weisend deuten. Nach alter Überlieferung Kapelle Betenden den Rosenkranz nach hauer aus dem Schwarzwald, Lindenberg 2007 119, 1999, S. 5–328 soll der hlg. Dominikus (Gründer des Predi - unten. Insofern wird man die Anordnung Klemens Armbruster, Dankbarkeit schafft sich Orte, St. Elisabeth Irtenkauf, Klaus Hog, Die Baugeschichte gerordens der Dominikaner) bei einer Ma - als Rosenkranzkönigin benennen können. Märgen: ein Ort – drei Wallfahrten, in: Gemeinde St. Mär - des Klosters St. Märgen auf dem Schwarzwald ein - rienerscheinung im Jahre 1208 die heutige Die Komposition hat noch eine sicher nicht gen, 900 Jahre lebendige Geschichte, 2018, S. 92–113 gebettet in die Klostergeschichte (ca. 1115–1860), Manfred Hermann, St. Märgen im Schwarzwald und Lindenberg 2010 Form des Rosenkranzes empfangen und zufällige Besonderheit: Am unteren Rand seine Wallfahrtsgeschichte, Lindenberg 2002 Wolfgang Müller, Studien zur Geschichte der Klös- anschließend in seinem Orden eingeführt des Bildes hält ein Engel die rosafarbene Manfred Hermann, Katholische Pfarr- und Wall - ter St. Märgen und Allerheiligen, Freiburg i. B., in: haben. Dabei habe Maria den Rosenkranz Blüte einer Rose in Richtung des Betrach - fahrtskirche Mariä Himmelfahrt St. Märgen im FDA Bd. 89, 1969, S. 5–129 Dominikus als Waffe im Kampf gegen die ters. Möglicherweise kannte der kunstsin - Schwarzwald, Lindenberg 2003 Johannes Weber, 1907–1982 – Aus der Geschichte Klaus Hog, Im Gedenken an die Säkularisation des der katholischen Pfarrgemeinde St. Märgen, Mskr. Albigenser (eine antikirchliche Ketzerbe - nige Pfarrer das Alte Passional , eine mit - Klosters Mariazell auf dem Schwarzwald, 1806– 1982 wegung) geschenkt. Historisch bringt man telhochdeutsche Legendensammlung oh - 2006, Privatdruck 2005 die Entstehung des Rosenkranzgebetes, ne Angabe des Verfassers, in der das Ave- das 1569 in der heutigen Form für die ka - Maria diese mit einer himmlischen Rose tholische Kirche festgelegt wurde, mit den vergleicht. Hierin gründet wohl die Be - mittelalterlichen Gebetsbräuchen der Lai - zeichnung Rosenkranz für die Zählkette enmönche (Konversen) in Beziehung, für und eine Ave-Maria-Gebetsreihe. Eine der die die in Deutsch gesprochenen, wieder - Legenden handelt von einem Marienver - holten Gebete an die Stelle der von den Pa - ehrer, der eine Marienstatue mit einem ge - tres gesungenen Psalmen getreten sind. flochtenen Kranz aus Rosen zu schmücken Auch wenn es für sie keine vergleichbare pflegte. In einer Erscheinung soll er eines Schenkungslegende gibt, ist der Rosen - Tages die Botschaft bekommen haben, kranz für Katharina, eine der Schutzheili - dass sich Maria über einen anderen Rosen - gen Europas, ein gängiges Attribut. Hier kranz mehr freue, nämlich über 50 gebete - leitet sich die Verbindung zum Rosenkranz, te Ave-Maria. Diese würden in ihren Hän - in dem die Ereignisse aus dem Leben Jesu den zu Rosen, aus denen sie den schönsten zusammengefasst werden, aus ihrer ganz Kranz flechten könne. Es gibt noch einen auf Christus bezogenen Lebensweise her. weiteren möglichen Bezug: In barocken Unter dem Pontifikat von Leo XIII. erschie - Darstellungen der a ntiken Mythologie, so z. nen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts B. im nahen Schloss Ebnet, wird Aurora, die etwa zwölf Enzykliken, die dem Rosen - „rosenfingrige“ Göttin der Morgenröte, mit kranzthema gewidmet waren und ihm in einer solchen Rose präsentiert, die dem Be - Der hlg. Augustinus, Patron der Augustiner-Chorherren, Skulptur am Hochaltar der Gebetspraxis eine hohe Bedeutung zu - trachter von einem Putto gereicht wird. In der Pfarr- und Wallfahrtskirche, Matthias Faller 1752

62 63 Stallungen Pforte Schreinerei Mühle

Bäckerei Grundriss der Klosteranlage um 1806 Brunnen - schale Friedhof Hühnerhaus

Klosterkirche Vestibül

Konvents- Prälaten- trakt trakt

Gartenanlage mit Springbrunnen Ohmen Glashütte

St. Märgen mit Blick zum Ohmen und nach St. Peter

Kunstverlag Josef Fink Fotos Hauptstraße 102 b Herbert Mark, St. Märgen: U 2; Erzbischöfli - 88161 Lindenberg i. Allgäu ches Ordinariat Freiburg i. Br., Bildarchiv, www.kunstverlag-fink.de Aufnahme Michael Eckmann: S. 24, 34, 42, 1. Auflage 2018 Aufnahme Christoph Hoppe: S. 2, 6, 8, 29, ISBN 978-3-95976-188-8 32 oben, 33, 40, 43; Generallandesarchiv Herausgeber Karlsruhe: S. 4, 9, 64; Stadtarchiv Freiburg: Seelsorgeeinheit St. Märgen-St. Peter S. 5; Landesdenkmalamt: S. 16, 28 rechts; Autor Christoph Hoppe: S. 1, 10 rechts; Autor: Prof. Dr. phil. Dr. theol. h.c. Hans-Otto Mühleisen S. 6/7, 26, 30 rechts, 32 unten, 49; Pfarr - archiv St. Märgen: S. 13, 47 links, 63; Lektorat Verlagsarchiv S. 11 links, 12; Dr. Ulrike Liebl, Kareth alle anderen: Erwin Reiter, Haslach Bildbearbeitung Holger Reckziegel, Bad Wöris hofen Druck Thurner Layout Memminger MedienCentrum, Druckerei und Georg Mader, Weiler im Allgäu Verlags-AG