Historische Und Literarische Studiën Zum Dritten Teil Des Kudrunepos
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HISTORISCHE UND LITERARISCHE STUDIËN ZUM DRITTEN TEIL DES KUDRUNEPOS L. PBBTERS PROMOTOR: PROF. DR. J. A. HUISMAN HISTORISCHE UND LITERARISCHE STUDIËN ZUM DRITTEN TEIL DES KUDRUNEPOS PROEFSCHRIFT TER VERKRIJGING VAN DE GRAAD VAN DOCTOR IN DE LETTEREN AAN DE RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT, OP GEZAG VAN DE RECTOR MAGNIFICUS, PROF. DR. J. LANJOUW, VOLGENS BESLUIT VAN DE SENAAT IN HET OPENBAAR TE VERDEDIGEN OP VRIJDAG 18 OKTOBER 1968 DES NAMIDDAGS TE 3.15 UUR DOOR LEOPOLD PEETERS GEBOREN OP 14 FEBRUARI 1925 TE HEPPEN (BELGIË) J. A. BOOM EN ZOON, UITGEVERS TE MEPPEL INHALT Vorwort VII Einleitung 1 Erstes Kapitel/Kudrun und die Normandie 13 Zweites Kapitel/Kudrun und der Nordseeraum .... 55 Drittes Kapitel/Gudruns Leidenszeit 104 Viertes Kapitel/Die Seefahrt nach Ormanie 129 Schlusswort 157 Anmerkungen 175 Register 241 Wort- und Sachverzeichnis 241 Autorenverzeichnis 250 Stellenverzeichnis 251 VORWORT Part de l'authentique; part de l'imaginaire: toute tentative d'interprétation qui manquerait a rendre compte, avec une égale plenitude, de l'un et l'autre élément serait par \k même condamnée. MARC BLOCH, La société féodale. Paris 1939, S. 150: Première Partie, Livre II, Chap, iii, 2: L'épopée. Obigem Leitsatz, den ich dem berühmten Werk Marc Blochs entnahm, brauche ich nur wenig hinzuzufügen. Der gleiche Gedankengang hat Anlage und Plan dieser Arbeit bestimmt. Sie stellt sich die Aufgabe, eine durchaus problemreiche epische Dichtung des Mittelalters zu behandeln und sie in ihrer Entstehung und Entfaltung begreiflich zu machen, und im besonderen das eigentümliche Wesen dieser Dichtung aus der Art ihres geschichtlichen und literarischen Werdens zu er- klaren. Fiir die Kudrundichtung lasst sich nachweisen, dass sich die Faden zwischen Heldendichtung und Geschichte hin und her spinnen. In diesem Zusammenhang ist es mir eine angenehme Pflicht dem Inhaber des Utrechter Lehrstuhls für mittelalterliche Geschichte, Herrn Profes sor Dr. F. W. N. Hugenholtz, grössten Dank auszusprechen. Er hat bereitwilligst seine Zeit und Aufmerksamkeit dem Lesen des Manu- skripts gewidmet. Weiterhin möchte ich Herrn Professor Dr. T. A. Rompelman danken für die Anregungen und Hinweise, die ich von ihm erhielt, und das Interesse, das er meinen Forschungen zuteil werden liess. Ich bin mir bewusst, wie sehr mein Wissen um die germanischen Sprachen und Literaturen von meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. J. A. Huisman, erweitert und vertieft worden ist. Er hat an Ent stehung und Fortgang meiner Untersuchung regen Anteil genommen; dafür sei ihm an dieser Stelle herzlichst gedankt. Zum Schluss sei mir noch gestattet, den Bibliothekaren und den wis- senschaftlichen Mitarbeitern der Institute und Bibliotheken, die mir mit grosser Liberalitat Zeitschriften und Bücher zur Verfiigung gestellt haben, den nötigen Dank auszusprechen. Es seien hier besonders ge- nannt: das "Instituut voor Germaanse Taal- en Letterkunde" der Rijks universiteit Utrecht, die Utrechter und Amsterdamer Universitats- bibliotheken, die "Koninklijke Bibliotheek" im Haag. Herrn drs. P. A. Fretz, der das Manuskript gelesen hat, verdanke ich manchen Wink, der der Lesbarkeit meiner Arbeit zugute gekom- men ist. EINLEITUNG Die unter dem Namen Kudrun bekannte, dem Mittelalter ange- hórende deutsche Dichtung ist uns nur in einer einzigen, spaten Hand schrift erhalten. Sie wird in der Nationalbibliothek in Wien als Hs. 73 aufbewahrt. Nach ihrem früheren Aufbewahrungsorte, dem Schlosse Ambras bei Innsbruck, heisst die Handschrift die "Ambraser Hand schrift", auch wohl "Ambraser Heldenbuch". Das Kudrunepos wurde mit anderen Helden- und höfischen Epen von 1502 bis 1515 durch den Zolleinnehmer Hans Ried in Bozen für Kaiser Maximilian abge- schrieben und in die damals iibliche Sprachform umgesetzt. Aus dieser Handschrift des 16. Jahrhunderts ist zuerst im Jahre 1835 von Adolf Ziemann der mittelhochdeutsche Text hergestellt worden. In den fol- genden hundertfünfundzwanzig Jahren ist der Kudruntext wiederholt von verdienten Forschern herausgegeben worden. Neben Ziemann tra- ten Al. J. Vollmer, Karl Bartsch, Ernst Martin und B. Symons als kritische und bedachtsame Betreuer des überkommenen Erbes. Auf die Frage wann und wo das Kudrunepos entstanden ist, gibt es keine verbindliche Antwort. Die stilistischen Merkmale, die Geschichte der Kudrunstrophe, die Art der Erzahlung, ja sogar der unverkennbare Einfluss des Nibelungenliedes in seiner jiingsten Fassung, haben die Forscher dazu gezwungen eine förmliche Abhangigkeit der letzten Kudrunbearbeitung vom Nihelungenlied anzunehmen. Der Einfluss des Nibelungenliedes auf die spatere Heldendichtung ist übermach- tig gewesen, besonders auf die Kudrun. Jozef Körner nimmt sogar an, "dass die mündlichen Überlieferungen von Etzel und Dietrich, Hilde und Kudrun, Ortnit und Wolfdietrich erst unter seiner Nachwirkung und nach seinem Vorbild zu den umfanglichen Leseepen des 13. Jahr hunderts ausgestaltet worden sind; vornehmlich die "Kudrun" ist mit massenhaften sachlichen und sprachlichen Entlehnungen aus dem Nihelungenlied durchsetzt".1 Diese Abhangigkeit vom Nibelungen- liede und die gesellschaftlich-politischen Vorstellungen in der Kudrun bilden die guten Gründe, "uns auf die Zeitangabe urn 1240' zu einigen, wobei berücksichtigt sein will, dass eine solche Dichtung nicht in wenigen Wochen entsteht".2 Die neuere Forschung, und dies im Gegensatz zu der alteren, scheut sich die Kudrun in einem Atemzuge mit dem Nibelungenlied zu nen- nen und sie als dichterische Leistung neben ihr Vorbild zu stellen. Die Kudrun ist ein ausgesprochener Spatling in der Heldendichtung. Das Handschriftenverhaltnis spricht eine beredte Sprache: 35 Handschriften des Nïbélungenliedes stehen nur einer einzigen spaten der Kudrun gegeniiber. Die Sonderstellung und auch ihre besondere Bedeutung gewinnt die Kudrun namentlich dadurch, dass sie uns Völker- und Lebensverhaltnisse darstellt, welche den übrigen deutschen Helden- dichtungen weniger bekannt sind: die Nordsee und die Normandie bilden die wichtigsten geographischen und historischen Hintergriinde der Sagendichtung. Schon der Inhalt der Kudrun, der hier in gedrang- ter Form wiedergegeben sei, macht das deutlich.3 Die dreiteilige Hand- lung gibt die Schicksale dreier Generationen einer Herrscherfamilie wieder: Der Hagenteil (Str. 1-203, Av. 1-4): Als König Sigeband von Irland ein grosses Fest an seinem Hof in Baljan veranstaltet, wird sein Söhnchen Hagen von einem Greif geraubt und auf eine feme Insel entführt. Aber dieser entkommt glücklicherweise der jungen Brut des Raubvogels, indem ihn ein junger Greif aus dem Nest fallen lasst. In einer Felsenhöhle am Meer trifft er drei schone Königstöchter, die der Greif friiher ebenfalls geraubt hatte. Die Prinzessinnen stammen aus Indien, Portugal und Iserland. Hagen wird anfangs von ihnen auferzogen, bis er sich schliesslich der Rüstung und der Waffen eines tot angeschwemmten Schiffbriichigen, eines Kreuzfahrers, bemachtigt. Es gelingt ihm die Greifen zu erschlagen. In einem Robinsonade- dasein ist er der eigene Erzieher, er wird zum vollendeten Ritter und Helden. Indem er das Blut eines erlegten Gabiluns trinkt wird er iibermenschlich stark. Er begleitet die Prinzessinnen auf ihren Wunsch an das Meeresufer, wo sie ein Schiff erblicken. Es ist ein Pilgerschiff, dessen Herr der Graf von Garadê, der Feind seines Vaters, ist. Er erzwingt, dass der Graf ihn und die Madchen nach Irland fahrt. Er versöhnt den Grafen mit seinem Vater. Die ehemaligen Feinde bleiben vierzehn Tage in Baljan. Hagen heiratet Hilde von Indien, eines der Wildnismadchen, und übernimmt die Herrschaft des Landes. Sie haben eine Tochter, die auch Hilde heisst. Im zwölften Lebensjahr wird sie von vielen fremden Fiirsten, u.a. einem aus Wêleis, umworben. Hagen, vdlant aller künige, lasst die Boten der Werber aufhangen und will die Tochter nur einem Mann geben, der starker ist als er. Der Hildeteil (Str. 204-562, Av. 5-8): Hetel, König der Hegelingen, herrscht über ein küstennahes Reich, wozu Ortlant (Nortlant), Niflant, Tenelant (Tenemarke, Teneriche), Stürmen, Dietmers, Friesen und Waleis gehöien. Man rühmt dem unverheiraten König die schone Hilde, Hagens Tochter. Er entsendet seine Leute, die ihm verwandt oder lehenspflichtig sind: den alten Wate von Stürmen, den liederkundigen Horant, der in Tenemarke zu Hause ist, und den weisen Frute von Tenemarke. Zu ihnen gesellen sich Morung von Niflant und Irolt von Ortlant. Sie bereiten sich ihrem Herrn die Braut zu gewinnen. Sie fahren als reiche Kaufleute nach Iiland, wahrend in ihren Schiffen sich bewaffnete Krieger unter Deck versteekt halten. Als angebliche Flüchtlinge, die behaupten von König Hetel vertrie- ben zu sein, erregen sie das Mitleid des Königs und der Königin von Bal jan und die Vertriebenen gewinnen durch kostbare Geschenke deren Gunst. Die junge Hilde wünscht die Gaste zu sehen. Darauf entbietet Hagen die Fremden zum Hofe. Ihr Gebaren, ihre glanzende Kleidung erregen Be- wundering. Man veranstaltet Kampfspiele. Wate stellt sich, als hatte er nie solches Fechten gesehen, doch gegenüber Hagen erweist er sich als Meister. Besonderes Ansehen erlangt Horant mit seinem wunderbaren Sang. Die Vogel verstummen, die Tiere im Walde, die kriechenden Tiere im Gras, die Fische im Wasser lassen von ihren gewohnten Tatigkeiten ab. Den Trauern- den schwindet das Leid, Kranke mussen genesen. Die Königstochter be- scheidet den Sanger heimlich zu sich; er singt ihr die verführerische Weise von Amilê. Er bringt ihr die Werbung seines Herrn vor und versichert, sein Herr habe zwölf Sanger, die