19. Jahrgang Nr. 4 - Oktober 1993

In memoriam Walter Först Seite 133

Aufsätze Luise Thuß Vom Gastarbeiterprogramm zur multikulturellen Sendung Ausländerprogramme im Rundfunk der DDR Seite 143 Sibylle Bolik Themen und Tendenzen des Hörspiels in der DDR Seite 150 Thomas Beutelschmidt Bedingungen und Entwicklungen der Studiotechnik im Fernsehen der DDR Seite 155 Joachim-Felix Leonhard Das Rundfunkarchiv Ost Folgen und Folgerungen filr Gegenwart und Zukunft Seite 168

Dokumentation Christa Nink Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik im Westdeutschen Rundfu nk Seite 176 Klaus Scheel Quellen zur Geschichte des nationalsozialistischen Rundfunks im >Sonderarchiv< Moskau Seite 192

Nachrichten und Informationen

Vorstand des Studienkreises in Leipzig neu gewählt Seite 201 SaEung des \A/ilhelm-Treue-Stipendiums Seite 201 \Mlhelm-Treue-Stipendien des Stud ienkreises vergeben Seite 202 22. Doktoranden-Kolloquium des Studienkreises 1 994 Seite 202 25. Jahrestagung des Studienkreises 1994 Seite 203

Schwarzes Brett Rudolf \A/ildenmann (1921 - 1993) Seite 204 Walter-Karl Schweikert (1908 - 1992) Seite 205 Herbert Blank. Ein biographischer Hinweis Seite 207 Unbekannte Rundfu nkrede Gottfried Benns Seite 210 Amerikanische Rundfu nkmacher im Dienste des Dritten Reichs Seite 211 DDR-Rundfu nkzeitschrift auf Mikrofilm Seite 215 Niederländisches Jahrbuch Mediengeschichte Seite 217

Bibliographie Seite 219

Besprechungen Seite 224 Autoren der längeren Beiträge

Thomas Beutelschmidt, Freiberuflicher Medienjoumalist, Stubenrauchstraße 11, 12161 Bertin

Sibylle Bolik, Freiberufliche Autorin und Hörspiellektorin, Kyffhäuserstraße 59, 50674 Köln

Prof. Dr. Friedrich P. Kahlenberg, Präsident des Bundesarchivs, Potsdamer Straße 1, 56075 Koblenz

Dr. Joachim-Felix Leonhard, Vorstand des Deutschen Rundfunkarchivs, Bertramstraße 8, 60320 am Main

Prof. Dr. Winfried B. Lerg, Direktor des Instituts far Publizistik der Universität MOnster, Bispinghof 9- 14, 48143 Manster

Christa Nink, Historisches Archiv des Westdeutschen Rundfunks, Appellhofplatz 1, 50667 Köln

Dr. Klaus Scheel, Historiker, Ehm-Welk-Straße 7, 12619 Bertin

Luise Thuß, Freiberufliche Joumalistin, Harnischweg 17, 12555

Redaktionsanschrift

Prof. Dr. Arnulf Kutsch, Universität Leipzig, Fachbereich Kommunikations- und Medienwissenschaften, Augustusplatz 9, 04109 Leipzig- Danziger Straße 9, 48161 Manster-Roxel; Bibliographie: Dr. Marianne Ravenstein, Institut fOr Publizistik der Universität Münster, Bispinghof 9 - 14, 48143 Münster; Besprechungen: Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main; Hergestellt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rundfunkarchiv. Zur Erinnerung

Mit dem am 10. Oktober verstorbenen Mitre­ dakteur der >Mitteilungen< verlor der Studien­ kreis Rundfunk und Geschichte einen seiner Gründungsväter. Zu dem Colloquium Ge­ schichte des Rundfunks, zu dem Wilhelm Treue gemeinsam mit Helmut Hammer­ schmidt am Rande des Historikertages in Freiburg i. Br. im Oktober 1967 eingeladen hatte, war Walter Först uneingeladen er­ schienen. Die auf seiten der Veranstalter er­ kennbare Irritation räumte er mit dem zupak­ kenden Bekenntnis aus, ohne die Einbezie­ hung verantwortlicher Mitarbeiter aus den Walter Först Rundfunkanstalten sehe er für die wissen­ 1920- 1993 schaftliche Beschäftigung mit dem Medium wenig Chancen. Wie recht hatte er damals mit einem solchem Statement; denn die wenig­ sten Anstalten waren zu jenem Zeitpunkt dem Aufruf des Intendanten des Süddeutschen Rundfunks, Hans Bausch, als Vorsitzendem der Historischen Kommission der ARD gefolgt, Referate zur Rundfunkgeschichte einzurichten. Wer zu geschichtlichen Fragen des Rundfunks arbeiten wollte, fand damals noch in den wenigsten Anstalten einen Ansprechpartner. Meine zeitlich folgende nächste persönliche Begegnung mit Walter Först fand sechs Jahre später im September 1973 in Berlin bei der vierten Jahres­ tagung des 1969 gegründeten Studienkreises Rundfunk und Geschichte statt; von der Mitgliederversammlung wurde ich damals zum ersten Mal in den Vorstand gewählt. Damals hörte ich von Walter Först, daß er den Studien­ kreis auf Dauer angelegt sah, als Mittler zwischen den Interessenten der Rundfunkgeschichte und den Anstalten, aber auch, daß dieser entschieden »kein Jubiläumskreis sei, der wieder auseinander geht«. Das meinte er auch als Kommentar im 50. Jahr des Rundfunks in Deutschland zum Beschluß, gegen den Widerstand von Hans Bausch, die Historische Kommission der ARD wieder aufzulösen. Zu jenem Zeitpunkt amtierte Walter Först bereits seit 1971 als Schriftführer des Vereins. Er wurde in der ersten Vorstandssitzung, an der ich am 20. März 1974 in Mainz in der »Favorite« teilnehmen durfte, zu dem für mich wichtigsten Gesprächspartner. Die Aufforderung, rundfunkgeschichtlich re­ levante Nachrichten und Berichte aus der Vereinsarbeit an die Redaktion von >Rundfunk und Fernsehen< zu geben, hatte mich zu der Frage veranlaßt, warum der Verein keinen Mut zu eigenen Mitteilungen habe. Walter Först griff den Gedanken zupackend auf und das Ergebnis ist evident: Im Oktober des gleichen Jahres erschien Nr. 1 der >Mitteilungen<. Von den Teilnehmern jenes für mich denkwürdigen Vorstandstreffens in meiner Heimatstadt müssen wir inzwischen Wilhelm Treue, Walter Bruch und Ludwig Kroll mit Walter Först als Tote beklagen. Doch Ansgar Diller, Harald Heckmann, Winfried B. Lerg und Werner Schwipps werden sich noch erinnern, wie ln memoriam Walter Först hartnäckig Walter Först sich für den Start unserer Zeitschrift engagierte. Daß sie wurde, was sie in inzwischen 19 Jahrgängen wurde, bleibt vor allem sein Verdienst. Wieviel wäre zu solcher Aussage zu erinnern und auszuführen: Die Proto­ kolle unserer Vorstandssitzungen geben dafür nur einen ganz unvollständi• gen Beleg; denn Schriftführer war und blieb bis zum Ende der neunten Wahl­ periode im Herbst des Jahres 1987, bis zur Wahl von Wolf Bierbach zu sei­ nem Nachfolger, Walter Först selbst. Er arbeitete stets ergebnisorientiert und so belegen die Protokolle selten den Gang einer Diskussion, schon gar nicht den Anteil Walter Försts selbst. Wir, die Überlebenden, aber wissen, wie oft wir bei hochfliegenden Plänen oder fruchtbaren Diskussionen über Metho­ denfragen von ihm an das Nächstliegende erinnert, in die unausweichliche Planungsarbeit für ein bevorstehendes Colloquium, eine Jahrestagung zu­ rückgeholt wurden. Und wir Überlebenden unter den Mitredakteuren und Mitarbeitern wissen, wie wir in die Pflicht genommen wurden zu schreiben, zu kommentieren, zu rezensieren oder zu berichten! Dabei lernte ich die Profes­ sionalität des Redakteurs schätzen, denn kein Manuskript genügte Walter Försts Qualitätsanspruch. Zupackend redigierte er, wie selbstverständlich setzte er die Einsichtsfähigkeit und Toleranz der Autoren voraus, offen mar­ kierte er von ihm gesehene Defizienzen nicht nur sprachlich, sondern auch in­ haltlich. Jedes neue Heft war vom Inhaltsverzeichnis bis zur letzten Besprechung von ihm redigiert. Er wußte durch sein Beispiel zu motivieren und nicht zuletzt auch die bei weitem überwiegende Mehrzahl der Mitarbeiter zur Pünktlichkeit zu erziehen. Daß über viele Jahre die Hefte der >Mittei­ lungen< zum Beginn eines Quartals vorlagen, war seiner Gabe, zu mahnen wie seinem stupenden Fleiß zu danken. Dabei kam dem verantwortlichen Redakteur der Rat und die Unterstützung zugute, die Sieglinde Stüben in der Landesredaktion des WDR ihm immer erbrachte, gerade auch dann, wenn Försts Engagement überpointierten Ausdruck gefunden hatte. Walter Först arbeitete als Schriftführer mit dem Gründungsvorsitzenden Wilhelm Treue bis 1983 zusammen. Seide verband gegenseitiger Respekt vor der historiegraphischen Leistung des Kollegen, aber auch die Freude an der Entdeckung von jüngeren Begabungen. Sie verständigten sich in ein­ drucksvoller Effektivität auch in schwierigen Situationen. Über viele Jahre sa­ hen und sprachen sie sich nahezu wöchentlich, wenn Wilhelm Treue nach seiner Arbeit im Bankhaus Oppenheim und Cie. die Landesredaktion auf­ suchte. Die Vereinsarbeit war ein Stück Leben für beide, der Studienkreis Ausdruck einer Selbstverpflichtung zur Vermittlung von wissenschaftlichen Arbeitsbeziehungen, die weit über die Rundfunkgeschichte im engeren Sinne hinausreichte. Von 1983 an durfte ich für zwei Wahlperioden in der Nachfolge von Wil­ helm Treue mit dem Schriftführer Walter Först unmittelbar zusammenarbei­ ten. Da es für mich keine regelmäßigen Termine in Köln gab, verabredeten wir uns in dichter Folge oft auch in Sonn, in Andernach oder am privaten Wohnort. So oft es möglich war, organisierten wir gemeinsame Anreisen zu Vorstandssitzungen. Wie fruchtbar war unser Austausch, wie selbstverständ• lich entwickelten sich Projekte und Vorhaben und wie zupackend kommen­ tierte Walter Först die jeweils jüngste Korrespondenz. ln den Jahren der Zu­ sammenarbeit mit ihm erwuchs eine meiner engsten freundschaftlichen Be- ln memoriam Walter Först

Ziehungen. Bei aller ihm gemäßen Distanz zu privaten Bezügen, bei aller Verschlossenheit gegenüber persönlichen Befindlichkeiten bewies er mir gegenüber offene Solidarität. Walter Först war für mich immer ansprechbar und er verweigerte nie einen guten Rat. Er wußte zu ermutigen und zu er­ muntern, natürlich vor allem, wenn es um eine gemeinsame Arbeit ging, aber durchaus auch in persönlichen Fragen. So karg das auch formuliert wurde: er wußte gelegentlich sogar zu loben. Walter Först war für viele von uns das Vorbild beeindruckender Arbeits­ disziplin, eines unbedingten Einsatzes für die als wichtig bezeichneten Ziele und zugleich das Vorbild eines unbestechlichen Qualitätsanspruchs. Walter Försts Leben war der Bewährung durch Arbeit gewidmet, alles, was ihn davon abzulenken schien, verwarf er oder es langweilte ihn. Ich empfand ihn als einen sehr typischen Vertreter jener Nachkriegsgeneration, die früh geprägt durch das falsche Pathos der nationalen Bewährung im Kriege um so entschiedener sich in den Wiederaufbau einer demokratischen politischen Kultur in Deutschland einbrachte. Von der Tatkraft und dem Urteil seiner Ge­ neration wurden viele von uns Nachwachsenden geprägt. Walter Först danke ich das Vorbild seiner Verantwortungsbereitschaft und vielfältige Beweise seiner Solidarität, die sich auch in kritischer Spannung ausdrücken konnte und mir während seiner letzten Lebensjahre immer wichtiger geworden war. Walter Försts Leistung für den Studienkreis wird unter den älteren Mitglie­ dern unvergessen bleiben, möge es uns gelingen, den Jüngeren davon Zeugnis zu geben. Friedrich P. Kahlenberg

Redaktion live

Er sitzt an seinem Schreibtisch und vor ihm liegt ein Text. Wie aus dem Ärmel gezaubert gleitet ein Stift auf seinem Mittelfinger, wird vom Daumen und Zeigefinger arretiert. Der Besucher wartet gespannt. Aber nichts passiert. Doch die Brille wird aufgesetzt, mit erwartungsvoller Geduld, keineswegs bedeutungsvoll und ohne den Text aus den Augen zu lassen. Der Text wird avisiert, begriffen im Wortsinn, mit Daumen und Zeigefinger beider Hände aufgenommen. der Stift schiebt sich in die Faust wie ein Werkzeug . Das muß der Moment sein. Aber nein, der Blick löst sich vom Text, fällt über den obe­ ren Brillenrand auf den Besucher, fragend: Wo ist ... ? Gestern war ... Was kommt ... ? Morgen wird ... Sollen wir erst mal ... ? Wieder ist nichts passiert Oder doch? der Text liegt vor. Er wird nicht lange liegen bleiben. Der Besu­ cher weiß es, denn er wird ihn bald lesen oder hören. Dann wird er wieder einmal Redaktion live, Walter Först, erkennen. Walter Först ist am 10. Oktober 1993 in Köln gestorben. Nicht wenige wer­ den den Redakteur aus unmittelbarer Kenntnis erinnern. Viele werden den Publizisten aus mittelbarer Erinnerung an seine Arbeiten kennen. So wenig wie der Autor vom Werk, so wenig ist der Publizist von seinem Publikum zu trennen. Er braucht keinen Nachruf, allenfalls einen Aufruf, denn Walter Först ist nachzulesen und wiederzuhören. Presse und Rundfunk waren seine ln memoriam Walter Först

beiden Medien. Der am 20 . Dezember 1920 geborene Düsseldorfer hatte bereits als Sechzehnjähriger die Aktenregistratur einer Industrie- und Han­ delskammer der öffentlichen Lehranstalt vorgezogen und sich sein erstes Publikum mit Feuilletons für heimatliche, sogar für Frankfurter und Berliner Zeitungen gesucht. Bald erschienen größere Beiträge in einer Berliner Wo­ chenzeitschrift, der im Oktober 1933 von Fritz Klein (1895-1936) und Paul Fechter (1880-1958) gegründeten >Deutschen Zukunft. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur<. das Blatt der beiden ehemaligen Redakteure der Berliner >Deutschen Allgemeinen Zeitung< war zuerst im Eigenverlag, seit 1937 in der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart erschienen und wurde seit 1938 im parteieigenen Deutschen Verlag, vormals Ullstein-Verlag, hergestellt. Im Lektorat des Deutschen Verlags fand der noch nicht zwanzigjährige Walter Först eine feste Anstellung, denn von seinen gelegentlichen Feuille­ tonbeiträgen konnte er nicht leben. Im Lektorat des Deutschen Verlags begegnete Walter Först indessen ei­ nem Schriftsteller und Publizisten, der dort 1936, nach einem zweijährigen Aufenthalt in der Schweiz, eine Arbeitsnische gefunden hatte: Erik Reger, nom de plume des aus Bendorf am Rhein stammenden Hermann Dannen­ berger (1893-1954). Reger sollte wenige Jahre später für Walter Först eine richtungweisende Orientierung bereithalten. Am runden Mittagstisch im Cafe Hahnen am Berliner Nollendorfplatz, der, wie Paul Fechter nach dem Krieg schrieb, »das eigentliche Zentrum unserer Redaktion (der >Deutschen Zu­ kunft<) war, versammelte sich ein Kreis, von dem aus manches Wertvolle in die >Deutsche Zukunft< hinüberging. Sie war mehr und mehr das letzte Blatt geworden, das Opposition durch Qualitätsarbeit machte - die einzige Form des Widerstandes, die noch möglich war.«1 Im Cafe Hahnen versam­ melten sich aus der von Fechter organisierten Redaktion der>Deutschen Zu­ kunft< der Chefredakteur Werner Wirths (1891-1945), der Wirtschaftsredak­ teur Ernst Samhaber (1901-1974), der Feuilletonredakteur Hans Paeschke (1911-1992), Peter Bamm (d.i. Gurt Emmrich, 1897-1975) mit einer wöchentli• chen Glosse, Werner Henske (1912-1942) mit Theater- und Filmbespre­ chungen sowie General Horst Metzsch mit Militärkommentaren seit Kriegs­ beginn. Walter Först war bei weitem der Jüngste, wenn er überhaupt in die­ sem Kreis zugelassen war. Im Juni 1940 kam das Ende der Zeitschrift. Werner Wirths hatte in der letzten Ausgabe die Überschrift untergebracht: »Die Deutsche Zukunft geht im Reich auf«. Gemeint war mit dieser Anspie­ lung, daß sein Blatt mit der vom Propagandaminister gewünschten Wo­ chenzeitschrift >Das Reich< fusionieren mußte. Auch für diese Wochenzeitung schrieb Walter Först, bevor er Soldat bei der Nachrichtenabteilung einer Infanterieeinheit wurde. Nach einer schweren Verwundung im Kessel von Stalingrad bekam er einen Platz im Lazarett­ flugzeug und wurde ausgeflogen. Verwundungen und Erfrierungen wurden über mehrere Monate wieder kuriert und er sollte abermals zu seiner Einheit an die Front. Bevor er dort eintraf, hatte die Deutsche Wehrmacht kapituliert und Walter Först schlug sich nach Berlin durch. ln der Wohnung von Paul Fechter bekam er eine Schlafstelle, beim >Berliner Rundfunk<, dem Sender der Sowjetischen Militäradministration, gab man ihm für ein Jahr (1945-1946) Arbeit. Eine Sendereihe mit dem Titel »Literatur und Musik der Völker« schrieb er für das Kulturprogramm. Damals war sein Zimmernachbar der ln memoriam Walter Först

Kölner Publizist Carl (eigentl. Karl Josef) Linfert (1900-1981 ), der spätere WDR-Kulturchef. Ende September 1945 wurde im amerikanischen Sektor Berlins eine Zeitung lizenziert mit dem Titel> Tagesspiegel<. Die zentrale Fi­ gur unter den vier Lizenzträgern war Erik Reger. Gedruckt wurde im Druck­ haus Tempelhof, das zunächst unter amerikanischer Sequesterverwaltung stand. Der Zivilangestellte der Abteilung Informationskontrolle bei der ameri­ kanischen Militärregierung in Berlin, Harold Hurwitz, nannte den >Tagesspiegel< ein Blatt von Intellektuellen für Intellektuelle in der kritisch-li­ beralen Tradition des deutschen Journalismus. Eine Weile hatte man erwo­ gen, den Titel >Deutsche Allgemeine Zeitung< wieder aufleben zu lassen, aber schließlich aus publizistischen wie titelrechtlichen Gründen darauf ver­ zichtet. Walter Först arbeitete im Ressort Innenpolitik. Reger galt als ent­ schiedener Kritiker des Kommunismus, dem er eine gefährliche Affinität zum Nationalsozialismus zuschrieb. Das mag auch ein Grund gewesen sein, weshalb er sich der Idee eines zu früh vereinten deutschen Zentralstaats ent­ gegenstellte. Dem entstehenden »Oststaat« setzte er ausdrücklich einen demokratischen »Weststaat« entgegen. Aufmerksam verfolgte er die Entste­ hung der Länder in den Westzonen; Reger war ein überzeugter Föderalist. Walter Först mag das in der Redaktion des> Tagesspiegel< oft genug erfah­ ren haben. deshalb hatte der Chefredakteur gewiß nichts gegen Walter Försts Rückkehr an den Rhein einzuwenden. ln einem Leitartikel hatte er ge­ schrieben: »Die Tragik beruht darauf, daß es gar keine Jugend mehr gibt; keine Jugend in dem Sinne einer glücklichen Periode, da alles Vergangene Gestern, alles Zukünftige Morgen heißt und die Phantasie mit ihren Idealen obenan steht. ( ... ) Infolgedessen ist das Problem der Jugend heute mehr als je ein Problem ihrer Umwelt; die Umwelt aber ist heute viel grenzenloser als je, so grenzenlos, daß nicht allein die Jugend sich darin verliert, sondern daß auch wir die Jugend aus dem Auge verlieren.« 2 Erik Reger ließ Walter Först 1948 in seine Heimatstadt Düsseldorf zurück• kehren. Im September 1948 wurde der Parlamentarische Rat für die Trizone eingesetzt. Walter Först fuhr als Korrespondent für mehrere Zeitungen re­ gelmäßig zu den Sitzungen und begleitete diese politische Institution bis zum Abschluß ihrer Arbeit mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Im Funkhaus des NWDR Köln war man auf Walter Först aufmerksam geworden. Zum 1. Oktober 1951 trat er dort eine leitende Redakteursstelle in der Hauptabteilung Politik an . ln den folgenden zehn Jahren - aus dem NWDR Köln war inzwischen die Landesrundfunkanstalt WDR Köln geworden - zeichnete sich ab, wie förderlich die rundfunkpublizistische Arbeit des WDR für die Entstehung einer politischen Identität des Landes Nordrhein-Westfalen sein sollte. 1961 kam der Hörfunkdirektor des WDR, Fritz Brühl (1909-1982), mit der Idee zu Walter Först, eine die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Nordrhein-Westfalens publizistisch spiegelnde und prägende Sendereihe einzurichten, die in einer besonderen Landesredaktion produziert werden sollte. Am 1. März 1961 lief die erste Sendung, die seit 1974 unter dem Titel >Forum West< ausgestrahlt wird. Autoren wurden auch außerhalb des WDR verpflichtet mit Beiträgen zur neueren Landesgeschichte und zur Biographie regionalgeschichtlich und landespolitisch bedeutender Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Die essayistischen Sendetexte sind in zwei Buchreihen mit insgesamt 17 Bänden von Walter Först heraus- ln memoriam Walter Först gegeben worden, Er selbst schrieb umfassende landesgeschichtliche Mo­ nographien und gab seit 1985 eine regionalhistorische Fachzeitschrift mit dem Titel >Geschichte im Westen< heraus. Noch vor dem 50jährigen Jubilä• um des Rundfunks in Deutschland widmete Walter Först diesem Medium sein historisches Interesse. An der Gründung des >Studienkreis Rundfunk und Geschichte< war er maßgeblich beteiligt. Die wissenschaftliche Fach­ zeitschrift >Mitteilungen. Studienkreis Rundfunk und Geschichte< hat er vom 1. Jahrgang (197 4/75) bis zum 18. Jahrgang (1992) verantwortlich geleitet. Im »Grünberger Doktoranden-Kolloquium« des Studienkreises hat Walter Först manche Brücke von der Wissenschaft zur Praxis geschlagen, indem er den Zugang zu Archiven geöffnet, Interviews mit Zeitzeugen vermittelt und schließlich in mannigfaltiger Weise die Veröffentlichung von Dissertationen gefördert hat. 1973 eröffnete er die rundfunkkundliehe Schriftenreihe »Annalen des Westdeutschen Rundfunks«. Der achte Band dieser Reihe ist gegenwärtig in Vorbereitung . 1985 hat Walter Först seinen Redakteursschreibtisch verlassen. Der Autor und Herausgeber in der besten Tradition des Historical Journalism ist in den Sielen gestorben. Winfried B. Lerg

1 Paul Fechter: An der Wende der Zeit. Gütersich 1949, 5. Auflage 1955, S. 137.

2 Erik Reger: Vom künftigen Deutschland. Aufsatze zur Zeitgeschichte. Berlin 1947, S. 114. ln memoriam Wa/ter Först

Walter Först Rundfunkhistorische Veröffentlichungen Eine Auswahlbibliographie

1. Editionen 2. Artikel und Aufsätze

Annalen des Westdeutschen Rundfunks. Vom britischen Zonenrundfunk zur Landeran­ Köln und Berlin: Grote'sche Verlagsbuchhand­ stalt. Die rundfunkgeschichtliche Frühzeit Nord­ lung 1973 ff. rhein-Westfalens. Köln: Grote'sche VerlagsbuchhandlungNerlag ln: Rundfunk und Fernsehen 18.Jg. (1970), Nr. W.Kohlhammer 1980 ff. 2, S.136-150. Bd. 1: Die Westdeutsche Funkstunde. Früh• Zur Kölner Mitgliederversammlung des Studien­ geschichte des WDR in Dokumenten. kreises Rundfunk und Geschichte. Zusammengestellt und erlautert von ln: Rundfunk und Fernsehen 18.Jg. ( 1970), Wolfgang Schütte. 1973. 130 Seiten. Nr.3-4, S.360-361 . Bd . 2: Aus Köln in die Welt. Beitrage zur Zur Mitgliederversammlung des Studienkreises Rundfunkgeschichte. Herausgegeben Rundfunk und Geschichte. von Walter Först. 1974. 621 Seiten. ln: Rundfunk und Fernsehen 19.Jg. (1971 ), Nr.2, S.173-175. Bd. 3: Der neue WDR. Dokumente zur Nach­ kriegsgeschichte des Westdeutschen Zur Quellenlage der Rundfunkgeschichte in Rundfunks. Zusammengestellt und er­ Deutschland. lautert von Wolf Bierbach. 1978. 437 ln: Rundfunk und Fernsehen 19.Jg. (1971 ), Seiten. Nr.3, S.305-308. Bd . 4: Nach fünfundzwanzig Jahren. Beitrage Zur Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk zur Geschichte und Gegenwart des und Geschichte. WDR. Herausgegeben von Walter ln: Rundfunk und Fernsehen 20.Jg. (1972), Först. 1980. 399 Seiten. Nr.2, S.181-182. Bd . 5: Michael Tracey: Das unerreichbare Zeigen, was zu zeigen ist Über erste Ausstel­ Wunschbild. Ein Versuch über Hugh lungs-Erfahrungen. Greene und die Neugründung des ln: MitteilungStRuG 1.Jg. (1974/1975), Nr.2, S. Rundfunks in Westdeutschland nach 9-11. 1945. 1982. 139 Seiten. Landesgeschichte neu verstanden. Ein Rund­ Bd. 6: Rundfunk in der Region. Probleme und funkprogramm macht Geschichte. Möglichkeiten der Regionalitat. Her­ ln: Gesellschaft und Geschichte Bd . 1. Ge­ ausgegeben von Walter Först. 1984. schichte in Presse, Funk und Fernsehen. 407 Seiten. Hrsg. von Peter Browsky, Barbara Vogel und Heide Wunder. Opladen 1976, S. 71-86. Bd. 7: Karla Fohrbeck/Andreas Johannes Wiesand: Der WDR als Kultur- und 25 Jahre Funkhaus Wallraffplatz. Initiative des Wirtschaftsfaktor. 1989. 226 Seiten. WDR führt zur Wiederbelebung der Kölner City. ln: Fünkchen Jg.1977, Nr.31, S. 8-10 Bd . 8: Leo Flamm: Westfalen und der West­ (gemeinsam mit Wolf Bierbach). deutsche Rundfunk. Eine rundfunkhi­ storische Studie zur Regionalisierung. Funkhauser und Denkmalpflege. 1993. ln: Mitteilungen StRuG 4.Jg. (1978), Nr.4, S.153 ln Vorbereitung. (gemeinsam mit Reinhard Schneider). Wenn Paragraphen in die Jahre kommen. Das Rundfunk und Fernsehen. WDR-Gesetz von 1954 und die Gegenwart. Red. ln: Köln- Westfalen 1180-1980. Walter Först. [Ausstellungskatalog. Red .: Peter Berghaus] Köln: Westdeutscher Rundfunk 1976 [Masch. Münster/Westf. 1980, Bd .1, S.449-454. Manuskript]. Ein Sender, Baujahr '56. Am 1.Januar: Das Jubi­ laum des Westdeutschen Rundfunks Köln . über den Beginn des neuen WDR. ln: WDR print Jg .1980, Nr.56, S.3. Jn memoriam Walter Först

Anfänge und Ansätze. Willy Weyer (1917-1987). ln: Nach fünfundzwanzig Jahren. Beiträge zu ln: Mitteilungen StRuG 13.Jg . (1987), Nr.4, Geschichte und Gegenwart des WDR. Hg. S.304-305. von Walter Först. Köln 1980, S.15-38. Neues zur Inflation des Regionalen. Funkstunde, Reichssender, NWDR, WDR ... ln : Mitteilungen StRuG 14.Jg. (1988), Nr.2, Stationen einer Entwicklung: Zur Tagung des S.121-122. Studienkreises Rundfunk und Geschichte in Politik, Presse und Rundfunk. Anmerkungen zur Münster (1982). Rolle der Medien in der Frühzeit des Bundes. ln: Westfalenspiegei 31 .Jg. (1982), Nr.8, ln : Aus der Arbeit der Archive. Beiträge zum Ar- S.41 - 44. chivwesen, zur Quellenkunde und zur Ge­ Fritz Brühl (1909-1982). schichte. Festschrift für Hans Booms. Hg. von ln: Mitteilungen StRuG 8.Jg . (1982), Nr.4, Friedrich P.Kahlenberg. Boppard 1989, S.178-181. S.852-865. Auch Köln: Ein Sender des Führers. Hörfunk und Fernsehen - ihr Verhältnis zur ln : WDR print Jg.1983, Nr. 81 , S.7. technischen Bildung. ln: Technik und Bildung. Herausgegeben von Peter von Zahn zum 70.Geburtstag am Laetitia Boehm und Charlotte Schönbeck. 29.Januar 1983. Düsseldorf 1989. ln: Mitteilungen StRuG 9.Jg. (1983), Nr.1 , S.14- 16. Ein publizistisches Novum entsteht. Die Rund­ funkanstalten in den Zonen und Ländern. Die Wiege des WDR steht in Münster. Erinne­ ln: Unsere Medien- Unsere Republik Jg.1989, rungen an das, was aus dem Rundfunk in 60 H.1, S.8f. Jahren geworden ist. ln: WDR print Jg .1984 , Nr.102, S.5. Rundfunkgeschichte als Landesgeschichte. ln: Nordrhein-Westfalen, Kernland der Bundes­ Der Raum- und der Vergangenheitsbezugs des republik. Eine Aussstellung der staatlichen Landesrundfunks. Archive des Landes aus Anlaß des ln: Die Regionalisierung der historisch-politi­ 40jährigen Bestehens der Bundesrepublik schen Kultur. Nahweit und Geschichte im Deutschland. Siegburg 1989, S.141-168. Rundfunk. Hrsg. von Siegtried Quandt und Jörg Calließ. Gießen 1984, S.51-57. Herausgegeben von ... Die Publikationen des Studienkreises, vornehmlich die >Mitteilungen<. Rundfunk. ln : Mitteilungen StRuG 16.Jg. (1990), Nr.1, ln: Deutsche Verwaltungsgeschichte. 4.Bd. : Das S.39-43. Reich als Republik und in der Zeit des Natio­ nalsozialismus. Stuttgart 1985, S.474-486. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das Medium und die Zeitgeschichte. [Vortrag in ln : Medienverbände in Deutschland. Geschichte, der Schweizerischen Landesphonothek in Luga­ Berufsaspekte, Politik. Hg. von Heinz-Dietrich no) Fischer. Berlin 1991 , S.79-88. ln: Mitteilungen StRuG 12.Jg. (1986), Nr.4, S.335-342. Erfordernisse für eine Rundfunkgeschichte. ln: Unsere Medien - Unsere Republik Jg.1991, 25 Jahre Deutschlandfunk. Nr. I, S.16-17. ln: Mitteilungen StRuG 13.Jg. (1987), Nr.1, S.18-19. Los von Harnburg und gleichauf mit den süd• deutschen Ländern. Die frühe Rundfunkpolitik Hugh Carleton Greene und die Lander. Nordrhein-Westfalens. Eine Dokumentation . ln: Geschichte im Westen 2.Jg. (1987), Nr.1, ln: Geschichte im Westen 6.Jg. (1991), Nr.1 , S.101-103. S.91-110. ln: Mitteilungen StRuG 13.Jg. (1987), Nr.2, S.108-112. Geschichte von Hörfunk und Fernsehen. ln: Bochumer Publizistik- und Kommunikations­ ln memoriam Kurt Wagenführ. Wissenschaft in den neunziger Jahren. Hg. ln: Mitteilungen StRuG 13.Jg. (1987), Nr.3, von Heinz-Dietrich Fischer u. Mitarbeit von S.206f. Ulrike G.Wahl. Köln 1992, S.178-187. Funk und Fernsehen. ln: Deutsche Verwaltungsgeschichte. 5.Bd. Die Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart 1987, S.897-909. ln memoriam Walter Först

3. Rezensionen Todestag des Ingenieurs und Rundfunkpioniers Hans Bredow. Klaus Wehmeier. Die Geschichte des ZDF. Teil Westdeutscher Rundfunk, 2.Programm. Zeitzei­ 1: Entstehung und Entwicklung 1961-1966. chen. 9.Januar 1984. Mainz 1977. Arnulf Kutsch Karl Holzamer: Das Wagnis. Mainz 1979. ln: Mitteilungen StRuG 6.Jg .(1980), Nr.4, S. 155-158. Hans Bausch (Hrsg.): Rundfunk in Deutschland. Bd .1-5. München 1980. ln: Mitteilungen StRuG 7.Jg. (1981), Nr.1, 8.73- 76. Eberhard Klumpp: Das erste Jahrzehnt. Der Südfunk und sein Programm 1924-1932/33. Stuttgart 1982. 60 Jahre Rundfunk in Hannover. Hg . von Wal­ demar R.Röhrnbein. Hannover 1984. ln: Mitteilungen 8tRuG 11 .Jg.(1985), Nr.2, 8 .193-196. Wolfram Köhler (Hrsg .): Das Funkhaus Hanno­ ve~ Hannover 1987. ln: Mitteilungen StRuG 14.Jg . (1988), Nr.1 , 8 .81-82. Franz-Josef Heyen/Friedrich P. Kahlenberg (Hrsg. ): 80dwestfunk. DOsseidorf 1986. ln: Mitteilungen 8tRuG 14.Jg. (1988), Nr.1, 8 .83-84. Klaus-Uirich Benedikt Emil Dovifat. Mainz 1986. ln: Mitteilungen StRuG 14.Jg . (1988), Nr.3, 8 .307-309. Wolfram Köhler (Hrsg.): Der NDR. Zwischen Programm und Politik. Hannover 1991 . ln: Mitteilungen 18.Jg. (1992) , Nr.4, 8.297-280.

4. Rundfunksendungen

Eröffnung der Westdeutschen Funkstunde (50.Jahrestag). Westdeutscher Rundfunk, 2. Programm. Zeitzei­ chen. 10.0ktober 1974. Eröffnung des Funkhauses in Köln vor 25 Jah­ ren . Westdeutscher Rundfunk, 2.Programm. Zeitzei­ chen. 20.Juni 1977. Radio im Revier. Westdeutscher Rundfunk, 1.Programm. Studio Essen. 22.Januar 1979. Portrait einer Rundfunklandschaft Bayerischer Rundfunk, Zeitfunk. 10.Mai 1980. Am Wallraffplatz und anderswo. 25 Jahre Westdeutscher Rundfunk. Westdeutscher Rundfunk, 3.Programm. 31. Dezember 1980.

Luise Thuß

Vom Gastarbeiterprogramm zur multikulturellen Sendung Ausländerprogramme im Rundfunk der DDR

Ausländische Arbeitskräfte in der DDR sehe Arbeitskräfte in der DDR, von denen etwa 60.000 aus Vietnam, rund 16.000 aus Mocambi­ Bis 1989 war es selbst für Interessierte schwie­ que und fast 9.000 aus Kuba stammten. rig, Informationen oder gar Forschungsergebnis­ Besonders auffällig ist die seit Mitte der 80er se zum Thema »Ausländer in der DDR« ein­ Jahre stark anwachsende Zahl der jährlich ins zuholen. Eine Durchsicht der entsprechenden Land geholten ausländischen Arbeitskräfte. Für Fachliteratur und einschlägiger Bibliotheken aus nötige Investitionen fehlte das Geld, Produkti­ der DDR ergeben nur einige knapp gehaltene onsausfälle waren an der Tagesordnung, die ge­ Überblicksartikel zur Ausländerbeschäftigung steckten Planziele gerieten in Gefahr, und die und zur Entwicklungspolitik der DDR , Publika­ ohnehin schwierige Versorgungslage der Bevöl• tionen, in denen - so wie es die Staats- und Par­ kerung drohte sich zu verschlechtern. Die Be­ teiführung lesen wollte - die erfolgreiche entwick­ schäftigung ausländischer Arbeitskräfte hatte lungspolitische Arbeit der DDR bilanziert wird . das Ziel, die defizitäre Produktion der Zuliefer­ Dabei hatte sich die DDR aufgrund ihrer industrie und Rohstoffproduktion der DDR zu spezifischen politischen, demographischen und unterstützen und Importe in konvertierbarer wirtschaftlichen Bedingungen relativ früh um den Währung zu sparen. Drei Viertel der ausländi• Einsatz ausländischer Arbeitskräfte bemüht. ln schen Arbeitskräfte arbeiteten im Schichtdienst, den fünfziger Jahren überstieg der Emigrations­ wo eine hohe Fluktuation von DDR-Arbeitskräf• verlust von Bürgern aus der DDR fast zweiein­ ten vorherrschte. Trotzdem wurde im Ministeri­ halbmal den natürlichen Bevölkerungszuwachs. albeschluß von 1983 die Planung der Beschäf• Hinzu kam, daß die Bevölkerungsentwicklung tigung ausländischer Arbeiter als eine vorüber• der DDR bis Mitte der 70er Jahre rückläufig war gehende Maßnahme dargestellt. Ihr Hauptanteil und bis Ende der 80er Jahre stagnierte.1 Außer• sollte bis Ende der 80er Jahre planmäßig in die dem zeigte sich wie in westlichen Ländern die Heimatländer zurückkehren und später durch Tendenz, daß durch Höherqualifizierung Arbeiter Modernisierung und neue Investitionen vollkom­ in der DDR nicht mehr bereit waren, bestimmte men ersetzt werden. Tätigkeiten auszuüben, und viele Arbeitsplätze Die ökonomischen Zwänge für diese Arbeits­ für unqualifizierte Arbeiten, speziell im Dienstlei­ emigration innerhalb des Rates für gegenseitige stungsgewerbe, nicht mehr zu besetzen waren. Wirtschaftshilfe (RWG) waren ein Tabuthema für Das erste zweiseitige Regierungsabkommen Medien und Forschung. Das offizielle Argumen­ über den Einsatz ausländischer Arbeiter in der tationsmuster bestand darin, den grundlegend DDR wurde mit Polen im Jahre 1966 abge­ anderen Charakter des Einsatzes der schlossen. Es betraf die Beschäftigung polni­ »ausländischen Werktätigen« in der DDR im scher Pendler in den grenznahen Bezirken Vergleich zu den »Gastarbeitern« in der Bun­ Dresden, Cottbus und Frankfurt/Oder. Handelte desrepublik deutlich zu machen. Dementspre­ es sich anfangs hauptsächlich um eine Migration chend definierte die Migrationsforschungsgruppe männlicher polnischer Arbeitskräfte, so wurden der Universität Rosteck ihre Aufgaben und Ziel­ später zunehmend auch polnische Frauen aus stellung als »Vertiefung der von der marxisti­ den Grenzgebieten vornehmlich im DDR-Hotel­ schen Forschung vertretenen These über die und Gastronomiewesen wie in Verarbeitungsbe­ Kontinuität imperialistischer Fremdarbeiterpoli­ trieben eingesetzt. Es folgten bilaterale Verträge tik« von der Kaiserzeit über die Weimarer Re­ mit Ungarn (1967) und Algerien (1974) sowie publik und den Faschismus bis in die Bundesre­ Abkommen mit Kuba (1975), Mocambique publik.2 »Als sei Nürnberg nie gewesen, als wäre {1979), Vietnam (1980), Angola (1984), der nie völkerrechtlich die Zwangsarbeitspolitik des Mongolei (1982) und derVR China (1986). deutschen Imperialismus verurteilt worden, wer­ Im Ergebnis solcher vertraglichen Beziehun­ den seit Mitte der 50er Jahre durch das Mono­ gen waren bis Mitte der 80er Jahre jährlich etwa polkapital der BRD und seinen Staat die reaktio­ 30.000 ausländische Werktätige in den Betrieben nären Traditionen imperialistischer Fremdarbei­ der DDR beschäftigt. Diese Zahl stieg von 1986 terpolitik fortgeführt«, schrieben die gleichen Au­ bis 1987 drastisch auf 53.000 und erreichte ein toren 1979.3 Jahr später eine Größe von 85.000. Zum 31 . Was die Migration in der DDR angeht, so Dezember 1989 befanden sich 90.571 ausländi- finden sich allenfalls Texte, in denen recht sum- 144 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) marisch die wenigen nicht unter Verschluß ge­ betreten. Auch seitens der Herkunftsländer wa­ haltenen Daten und Fakten präsentiert wurden, ren Kontakte der Gastarbeiter zu Deutschen un­ sowie mehr oder weniger programmatische Bei­ erwünscht. träge, die man als Selbstdarstellungen ohne jede Die Aufenthaltsdauer der Vertragsarbeiter Problemdiskussion bezeichnen könnte. Der war auf vier bis fünf Jahre begrenzt. Diese Zeit­ mehrjährige Arbeitseinsatz mit dem offiziell er­ spanne sowie die festgelegte Gruppengröße von klärten Ziel der Facharbeiterausbildung der 50 Personen waren Mindestbedingungen für ei­ »ausländischen Freunde« stand symbolisch für nen ökonomisch effektiven Einsatz ausländi• die Zusammenarbeit im RGW, für sozialistischen scher Arbeiter und wurden mit der Ausbildungs­ Internationalismus und Solidarität mit den Ent­ dauer begründet. wicklungsländern. Kein Wort z.B. über die Diffe­ Diese Widersprüchlichkeit zwischen prokla­ renzen mit Algerien über die Behandlung algeri­ miertem Internationalismus und Isolation der scher Arbeitskräfte in der DDR mit der Folge, ausländischen Arbeiter von der deutschen Be­ daß die algerische Regierung ein Gesetz gegen völkerung spiegelte sich auch in den Ausländer• die Ausbeutung ihrer Staatsbürger durch fremde programmen des DDR-Rundfunks wider. Staaten verabschiedete. Es führte zur Kündigung des Regierungsabkommens sowie zur Rückbe• orderunQ aller Algerier aus der DDR innerhalb Ausländerprogramme innerhalb der kürzester Zeit. Redaktion Internationaler Die Lage der ausländischen Arbeiter in der DDR wurde vor allem durch die bilateralen Programmaustausch Staatsverträge bestimmt. Allen Abkommen war gemeinsam, daß sie ex pressis verbis das über• Mit 17 Redakteurinnen, zwei Redakteuren und einstimmende Interesse beider Partner an der einem Leiter stellte die Redaktion Internationaler Qualifizierung der Arbeitskräfte enthielten. Im­ Programmaustausch eine absolute Frauendo­ merhin haben sich, diesem Tenor folgend, bis mäne im Rundfunk der DDR dar. Der offensicht­ 1987 rund 75 v. H. der ausländischen Arbeiter liche Grund: Hier fanden die fast ausschließlich zum Facharbeiter qualifiziert. Bei der sprunghaft jungen Frauen mit Klein- und Schulkindern die gewachsenen Zahl der Arbeitskräfte Ende der Möglichkeit, ohne die in aktuellen Rundfunkre­ 80er Jahre wurde diesem Ziel immer weniger daktionen üblichen Zeitzwänge journalistisch entsprochen. Auch bei den Ausländern selbst tätig zu sein. Gleichzeitig verzichteten sie jedoch sank die Motivation zur Qualifikation, da die Be­ auf den direkten Hörerkontakt, die Genrevielfalt rufsspezifik und die in der DDR vorhandene und sprachliche Ausdrucksmöglichkeit, die durch Technologie mit der Situation in den Heimatlän• die notwendigen Übersetzungen eingeschränkt dern nur in Ausnahmefällen korrespondierten. wurden und letztendlich auf wichtige Berufser­ Die Regierungsabkommen garantierten die fahrungen, die für eine Karriere als Rundfunkre­ soziale und arbeitsrechtliche Gleichstellung der dakteur oder -moderater unerläßlich sind. Diese ausländischen Werktätigen mit inländischen Ar­ Einschränkungen verbunden mit fehlender beruf­ beitern. Doch staatlicherseits war das Verhältnis licher Anerkennung für eine nicht durch Hörerre• zu den in der DDR tätigen Ausländern überwie• aktion meßbare Arbeit machten die Redaktion gend durch Pragmatismus und formale Züge ge­ für männliche Kollegen unattraktiv. kennzeichnet. Es entstand ein Widerspruch zwi­ Die Redaktion lieferte fremdsprachige Bei­ schen der Betreuung und Eingliederung der träge und Sendungen an ausländische Rund­ ausländischen Arbeiter in den Betrieben und ih­ funkstationen auf der Grundlage von Abkommen rer fehlenden Integration in allen anderen Le­ über den Internationalen Programmaustausch. bensbereichen. Das ist auf die Ambivalenz der Diese redaktionelle Anbindung der Ausländer• Vertrage zurückzuführen. Sie trugen stark programme an die Hauptabteilung Internationale reglementierenden Charakter und enthielten de­ Verbindungen des DDR-Rundfunks widersprach taillierte Richtlinien für die zu schaffenden Le­ der üblichen Praxis der Programmzugehörigkeit bensbedingungen, die letztendlich auf eine um­ zum ausstrahlenden Sender, in diesem Fall fassende Kontrolle durch die deutschen Betreuer >Radio DDR II< , und war durch die Außenseiter• im Betrieb und im Heim einerseits und Gruppen­ rolle der Ausländerproblematik im DDR-Hörfunk leiter, Jugend- und Gewerkschaftsorganisationen erklärbar. der Entsenderländer andererseits abzielten. Da­ bei spielte die zwangsweise Unterbringung in Heimen eine entscheidende Rolle. Zu den Hei­ men gab es keinen freien Zugang. Aus vielen Berichten geht hervor, daß es besonders Deut­ schen oft versagt wurde, ein Wohnheim zu Thuß : Vom Gastarpeiterprogramm zur multikulturellen Sendung 145

Sendereihe »Musik aus Kuba Kubaner in den halbstündigen Programmkontext und etwas mehr« stellten. Doch da bei einer halben Stunde Sen­ dezeit Sprachen, Informationen und Musik in Mitte 1982 entstand im Rundfunk der DDR das ku~er Folge wechselten, wurde das zweispra­ erste Ausländerprogramm für »die kubanischen chige Schema ebenso wie die Kürze der Sende­ Freunde und die Freunde Kubas« . Das geschah zeit von den Kubanern jahrelang kritisiert. auf persönliche Weisung des Leiters der Abtei­ Die völlige sprachlich-inhaltliche Orientierung lung Agitation und Propaganda beim Zentralko­ auf die kubanischen Vertragsarbeiter konnten die mitee (ZK) der SED, Heinz Geggel, dem Rund­ Programmredakteure stillschweigend im Laufe funk und Fernsehen in der DDR unterstanden. der Jahre durchsetzen, eine Verlängerung der Heinz Geggel verband eine persönliche Bezie­ Sendezeit hätte eine Entscheidung auf höherer hung mit Kuba . Während des Krieges hatte er Leitungsebene verlangt und kam somit nicht zu­ als Emigrant auf der Insel gelebt, war dort der stande. Wert legte die Rundfunkleitung auf die Kommunistischen Partei beigetreten, und aus Feststellung, daß Einmischungen in das jener Zeit stammten seine persönlichen Freund­ »lnlandsprogramm« seitens kubanischer Institu­ schaften mit Persönlichkeiten aus der kubani­ tionen unerwünscht seien . Eine Zusammenarbeit schen Revolution. Daraus resultierte sicher das mit dem kubanischen Rundfunksender >Radio »Privileg«, daß die 1982 nur 6.800 Kubaner Rebelde< kam erst mehrere Jahre nach Sende­ umfassende Vertragsarbeitergruppe ein eigenes beginn zustande, als die Redakteure durch gro­ Rundfunkprogramm erhielt. ßes persönliches Engagement dem Programm Bis zum Februar 1990 blieb das zuerst bereits ein eigenes Profil gegeben hatten. ln ih­ deutsch-spanische, später rein spanischspra­ rer Programmpolitik tolerierte die Rundfunklei­ chige Programm die einzige Ausländersendung tung in den »Exotensendungen« allerdings auch im DDR-Rundfunk, obwohl inzwischen die Zahl Beiträge, die nicht der DDR-Informationspolitik der Vietnamesen (60.400) und der Mocambi­ entsprachen. Durch ihre schwer zu kontrollieren­ quaner (15.100) die der Kubaner (8.000; Stand de Fremdsprachigkeil besaßen die Redakteure März 1990) längst überschritten hatte. Eine der Ausländerprogramme somit für die Verwen­ Werbung für die wöchentliche Halbstundensen­ dezeit ungewöhnliche Freiräume. dung in der Programmzeitschrift >FF dabei< Die Sendereihe »Musik aus Kuba und etwas oder anderen Publikationen wurde untersagt, um mehr« wurde freitags von 18.15 bis 18.45 Uhr nicht »Schlafende Hunde« zu wecken, wie rund­ auf >Radio DDR II< ausgestrahlt. Sie war ge­ funkintern argumentiert wurde. Die Funkhauslei­ schaffen worden, um den Kontakt der Kubaner tung in der Nalepastraße wollte keine weiteren zum sozialistischen Heimatland nicht abreißen »sprachlichen, musikalischen und kulturellen zu lassen. Wöchentliche Nachrichtenzusammen­ Fremdkörper« im Programm, die deutschen fassungen Ober politische, kulturelle und sportli­ Hörgewohnheiten widersprächen. Minderheiten­ che Ereignisse, die Würdigung nationaler Ge­ radio, so die offizielle Begründung, könne man denk- und Feiertage durch Sonderbeiträge sowie sich im Ost-West-Medienkrieg um die Einschalt­ die neueste Musik aus den kubanischen Hitpa­ quoten nicht leisten. raden für die vorrangig jugendlichen Hörer soll­ Dabei war eine halbe Stunde »Ausländer• ten die Brücken in die Heimat schlagen. Die programm« wöchentlich auf >Radio DDR II< ei­ zweite Funktion bestand in der Stimulierung des nem Kulturkanal mit ohnehin geringen Einschalt­ sozialistischen Wettbewerbs und der kulturellen quoten, wahrlich kein sehr großes Zugeständnis Betätigung der Kubaner innerhalb ihrer Kollek­ im Vergleich zu den täglichen mehrsprachigen tive. Hier ging es im Prinzip um eine Erhöhung Gastarbeiterprogrammen der ARD-Anstalten. der Arbeitsleistungen und eine Freizeitgestal­ Doch selbst diese geringe Sendezeit wurde nicht tung , die sich innerhalb der Wohnheime realisie­ als wirkliches »Ausländerprogramm« konzipiert. ren ließ. Der Alltag der kubanischen Arbeiter wurde ~ie mußte aus grundsätzlichen politischen Uberlegungen heraus zweisprachig gestaltet durch die Arbeit, die Sprach- und Berufsausbil­ werden, obwohl klar war, daß sich die Erwartun­ dung und das Leben im Wohnheim bestimmt. ln gen von deutschen und kubanischen Hörern an den ersten Monaten ihres Aufenthalts versuchten ein Kubaprogramm aufgrund des unterschiedli­ sie, mehr aus den Wohnunterkünften heraus zu chen Kenntnisstandes stark unterschieden. Die unternehmen. Besonders in kleinen Orten und Städten kam es jedoch wiederholt zu Diskrimi­ ~edakteure versuchten, dem zu entsprechen, mdem sie statt einer wörtlichen Übersetzung der nierungen in der Öffentlichkeit. »Gegenwärtig spanischen Beiträge, wie konzeptionell eigentlich häufen sich Beschwerden der kubanischen Kol­ vorgesehen, im Deutschen landeskundliehe legen, daß ihnen der Zutritt zu Gaststätten, Texte Ober die Geschichte, Geographie, Botanik Disco- und Tanzveranstaltungen verwehrt Kubas, Ober Kultur, Sprache und Mentalität der wird .«4 146 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Da die Kubaner nach dem dreimonatigen ob­ wurde über ein System von Volkskorresponden­ ligaten Sprachkurs nur unzureichend Deutsch ten realisiert, die durch den kubanischen Ju­ sprachen, durchbrachen nur wenige die Isolation gendverband in allen Kollektiven gewählt wur­ des Lebens im eigenen Arbeits- und Heimkol­ den. Entsprechend ihrer vorgegebenen Aufgabe lektiv. ln einer Anzahl von Wohnheimen entstan­ berichteten diese im Funktionarsstil über Er­ den Clubs, die von Kubanern selbst verwaltet folgsmeldungen im sozialistischen Wettbewerb wurden und wo sie einen großen Teil ihrer Frei­ und der Berufsqualifizierung, der Ergebnisab­ zeit verbrachten . »Die Einrichtung einer Kantine rechnung im Wettbewerb um saubere und or­ im Wohnheim hat sich positiv auf das Gesamt­ dentliche Wohnheime und um die Erringung des verhalten der Jugendlichen ausgewirkt. Hier Titels »Kulturvolles Kollektiv«. Trotz immer neuer können unsere kubanischen Freunde beim Do­ Aufrufe an alle Hörer, persönliche Erfahrungen mino-, Schach-, Karten- oder Tischtennisspielen zu schreiben, blieben Privatbriefe die Ausnahme Speisen und Getränke zu sich nehmen. Durch und reduzierten sich fast ausschließlich auf Mu­ diese Maßnahmen wurden die Vorkommnisse im sikwünsche und Grüße. Territorium völlig abgebaut.«5 Nach Abschluß einer Vereinbarung zwischen Um die kulturellen und sportlichen Aktivitäten dem Rundfunk der DDR und der kubanischen in den kubanischen Kollektiven in der DDR zu Radio- und Fernsehorganisation im Jahre 1985 erhöhen, wurden von der nationalen Leitung des erweiterte sich die Zusammenarbeit zwischen kubanischen Jugendverbandes >Union de J6ve­ dem Kubaprogramm und dem kubanischen nes Comunistas< ein über Jahre landesweit ge­ Rundfunk. Wettbewerbssieger oder von den führter Wettbewerb um den Status eines Kollektiven benannte kubanische Jugendliche »modulo cultural« für alle Gruppen geführt. Um erhielten die Möglichkeit, über ihren Aufenthalt in als »kulturvolles Arbeitskollektiv« ausgezeichnet der DDR zu berichten und Grüße an ihre Ver­ zu werden, mußten zehn verschiedene regel­ wandten und Freunde in Kuba zu schicken, die mäßige kulturelle oder sportliche Aktivitäten dann von >Radio Rebelde< (Havanna) und Re­ nachgewiesen werden. Natürlich entstanden fast gionalprogrammen ausgestrahlt wurden. Das Oberall Baseballmannschaften, die Bezirks- und Ganze lief unter dem Tenor der solidarischen Landesmeisterschaften organisierten . Dabei Hilfe Kubas für das sozialistische Bruderland blieben die Kubaneraufgrund der in Deutschland DDR und sollte dem Einsatz für Kuba durch die relativ unbekannten Sportart meist unter sich in der DDR erlangten Berufserfahrungen und oder spielten gegen andere ausländische Mann­ Abschlüsse nutzen . Die meisten Heimkehrer schaften. Die zahlreichen kubanischen Musik­ konnten jedoch mit den konkreten Berufserfah­ gruppen traten bei Betriebsfesten, in Discos und rungen aus der DDR aufgrund fehlender Koordi­ auf FDJ-Festivals auf und waren vielleicht der nationsmöglichkeiten zwischen Ausbildung und einzige interkulturelle Kontakt mit dem Gastge­ industrieller Strukturentwicklung Kubas gar berland. Auf den jährlich stattfindenden Kulturfe­ nichts anfangen . Nur wenn die DDR Industriean­ stivals der kubanischen Kollektive auf Bezirks­ lagen nach Kuba lieferte, wie im Falle der Bier­ und Landesebene präsentierten sich Sänger, brauerei Tinima in Camaguey, den Keramikfa­ Tänzer, Theatergruppen, Stimmenimitatoren, briken auf der Insel der Jugend und dem Halb­ Poeten, Maler und Humoristen. leiterwerk in Pinar del Rio, wurden junge Fach­ Dieses sich entwickelnde kulturelle Leben in arbeiter für den späteren spezifischen Einsatz den kubanischen Arbeitskollektiven spiegelte gezielt ausgebildet. sich auch in der kubanischen Sendereihe im Für die zentrale Leitung des kubanischen Rundfunk wider. Durch Reportagen aus den Rundfunks erhielt das Kubaprogramm in der Gruppen, durch Einzelporträts und Einbeziehung DDR im Laufe der Jahre eine besondere Bedeu­ von Kulturpräsentationen in das Programm tung, war es doch die einzige Sendereihe im wurde der Kontakt und die Information unter den Zentrum Europas, die Ober das sozialistische weit Ober 100 kubanischen Arbeitskollektiven Kuba regelmäßig aktuell berichtete. Obwohl ku­ gefördert. Die multikulturelle Chance einer dar­ banische Arbeitskräfte auch in Bulgarien, Un­ Ober hinausgehenden Information für deutsche garn, der CSSR und der Sowjetunion im Einsatz Hörer konnte das Programm aufgrund seiner waren, blieb das Programm einzigartig. oben dargestellten Sendebedingungen nicht er­ 1987 wurden die Redakteure des Kubapro­ füllen. gramms von der Leitung von >Radio Rebelde< Der Kontakt zwischen Programmredaktion (Havanna) gebeten, wöchentliche Korrespon­ und kubanischen Hörern gab das verzweigte Sy­ dentenbeitrage telefonisch nach Kuba zu Ober­ stem der staatlichen und gesellschaftlichen spielen. Dafür erhielt das Kubaprogramm mo­ Reglementierung des Lebens der Kubaner, das natliche Musikpakete und über Satellit in Aus­ individuelle Entscheidungen kaum zuließ, wider. schnitten Überspielungen der wichtigsten aktuel­ Auch die zahlreiche Hörerpost an die Sendung len Fidei-Castro-Reden. Die Wertschätzung für Thuß: Vom Gastarbeiterprogramm zur multikulturellen Sendung 147

die Arbeit der Kubaprogrammredaktion äußerte ·Für , Vietnam bedeutete der Export von Ar­ sich in den letzten Jahren in jährlichen Einladun­ beitskräften die Öffnung von Ventilen für die an ­ gen zu Reportagereisen nach Kuba und 1987 gestauten gesellschaftlichen Spannungen, etwa zur Teilnahme am Festival für Rundfunk und die Arbeitslosigkeit und die sozialen Probleme Fernsehen in Santa Clara, auf dem das Pro­ nach dem Krieg . Außerdem brachte der Einsatz gramm »Musik aus Kuba und etwas mehr« eine vietnamesischer Werktätiger in der DDR finan­ Auszeichnung erhielt. zielle Einnahmen. Die Vietnamesen waren auf Bei den Reportagereisen erhielt die verant­ die Lebensbedingungen in einer ihnen vollkom­ wortliche Programmredakteurin Luise Thuß men fremden Weit in keiner Weise vorbereitet. durch die Unterstützung des kubanischen Der mangelnde Zugang zu kulturellen Werten Rundfunks die Möglichkeit zu Interviews, die in ­ Deutschlands auf Grund fehlender Sprach­ zwischen historischen Wert besitzen und die kenntnisse und andererseits fehlender Möglich• Erlaubnis, aus dem Archiv des ZK der kubani­ keiten zu eigener kultureller Betätigung führte bei schen KP Umschnitte von Castro-Reden wie z.B . ihnen zu einer besonders ausgeprägten Isolie­ anlaßlieh der Beendigung der Alphabetisierungs­ rung von der gesellschaftlichen Umwelt. kampagne, der Proklamation des Sozialismus Kontakte zur Bevölkerung der DDR waren auf Kuba oder der Schweinebuchtinvasion für von vietnamesischer Seite unerwünscht, Kon­ das Programm mitzunehmen, die im Zentralar­ takte zur Presse nicht erlaubt. So lebten die Vi­ chiv des DDR-Rundfunks nicht vorhanden wa­ etnamesen in der DDR in fast völliger Abhängig• ren . keit von den ihnen zugeordneten Betreuern , Das durch die Zusammenarbeit mit >Radio Heimleitern und vietnamesischen Gruppenlei­ Rebelde< entstandene Programmarchiv kubani­ tern. Von der deutschen Bevölkerung wurden sie scher Musik mit weit über 2000 Titeln übertraf in vor allem als Konkurrenten in Mangelbereichen Genrevielfalt und Aktualität weit das Zentrale erlebt Beim Kampf um das knappe Angebot an Rundfunkarchiv. Leider ist zu befürchten, daß es Fahrrädern, Nähmaschinen oder billigen Kinder­ bei der Abwicklung der Hauptabteilung Interna­ sachen, als Menschen, die vermeintlich Devisen tionaler Programmaustausch zum großen Teil erhielten und einen Paß besaßen, um ins westli­ verlorengegangen ist. che Ausland zu fahren. Die Haltung des kubanischen Rundfunks än• Durch die zunehmende Entlassungswelle derte sich allerdings kurz nach der Wende. Die nach der Wende, die zuerst ausländische Ar­ · Überspielungen der Korrespondentenberichte beitnehmer traf, und gleichzeitig wachsender wurden kommentarlos eingestellt. ln den Folge­ Ausländerfeindlichkeit änderte sich zwangsweise monaten kehrten die meisten der kubanischen der ursprünglich konzipierte Programminhalt der Arbeitskräfte in ihre Heimat zurück und damit Sendung »Stimme der Heimat« . Die Vietnam­ entfiel die Existenzberechtigung für das Pro­ sendung bot ihren Hörern die im deutschen gramm. Es wurde im Oktober 1990 eingestellt. Sprachraum einmalige Chance von Information in der Landessprache über die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland, denen die Viet­ Die vietnamesische Sendereihe namesen zum großen Teil verständnisvoll ge­ »Stimme der Heimat« genüberstanden. Orientierungshilfe wurde drin­ gend nötig, da viele Betriebe versuchten, den Auf langjährigen Druck der vietnamesischen Ver­ Vietnamesen ihre Rechte, z.B. Kündigungsfrist, tragsarbeiter innerhalb der Gewerkschaftsleitun­ einmalige Entschädigung in Höhe von 3000,­ gen wandte sich der Freie Deutsche Gewerk­ DM , Fortzahlung des Lohnes für die Dauer von schaftsbund mit der Bitte an das Zentralkomitee drei Monaten oder Übernahme der Rückreiseko• der SED, eine Rundfunksendung für diese größ• sten , nicht oder nicht vollständig zu gewähren te Gruppe ausländischer Vertragsarbeiter zu ge­ und sich durch massenhafte Abschiebung vor nehmigen. Die ersten Halbstundensendung Vertragsende der eingegangenen Verpflichtun­ »Stimme der Heimat« in vietnamesischer Spra­ gen zu entledigen. che wurde am 2. Februar 1990 ausgestrahlt. Für Kurz nach der Wende waren in Berlin 80 v.H. die Rundfunkleitung war dies Anlaß, beide Aus­ der knapp 5.000 vietnamesischen Vertragsarbei­ länderprogramme erst auf eine ungünstige ter bereits arbeitslos. Da sich abzeichnete, daß UKW-Sendezeit (>Radio aktuell<, freitags 22 .00 eine nicht unerhebliche Zahl von Vietnamesen - 23.00 Uhr) und später auf Mittelwelle abzu­ eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland an­ schieben. Auch dieses Programm hatte das ur­ strebte, bemühten sich die Redakteure innerhalb sprüngliche Ziel, vor allem Nachrichten und Mu­ ihrer Möglichkeiten ebenfalls um Integrationshilfe sik aus Vietnam zu senden und somit eine Brük• und Informationen über das neue Ausländerge• ke in die Heimat für die Vertragszeit in der DDR setz, das mit Sonderregelungen für ehemalige zu schlagen. DDR-Vertragsarbeiter ab 1. Januar 1991 Gültig- 148 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) keit erhielt. Mit der Abschaltung der Mittelwellen­ Nach der deutschen Vereinigung entwickelten frequenz von >Radio aktuell< im Mai 1991 wurde sich die fünf neuen Bundesländer zu einem Ge­ die Vietnamsendung jedoch eingestellt. biet wachsender Fremdenfeindlichkeit Die Ursa­ chen waren vielschichtig: Vierzig Jahre der Ab­ schottung, der Intoleranz gegenüber allem Ausländer und Medien Fremden und Andersartigen und einer verfehlten Ausländerpolitik, die keine multikulturelle Norma­ Klaus Merten vom Institut für Publizistik der Uni­ lität im Alltag zuließ, dazu wachsende Aggres­ versität Münster ermittelte in einer Inhaltsanalyse sionen durch soziale Spannungen und ein 1986,6 daß sich die Ausländer grob in vier Grup­ Werte- und Orientierungsverlust, der verlorene pen einteilen lassen: Ausländer als Gäste, Identität durch übersteigerten Nationalismus zu Künstler und Sportler; Ausländer in ihrem Hei­ kompensieren suchte. matland (das Ausland); Ausländer als Asylbe­ werber und als ausländische Arbeitnehmer. Die ersten beiden Gruppen gelten, so Merten, als »Multikulturell auf Radio aktuell« »gute Ausländer« . Das Bild der Asylbewerber und ausländischen Arbeitnehmer wird im Ver­ Im Dezember 1990 entwickelten die Redakteu­ gleich dazu deutlich negativ verzerrt. Das resul­ rinnen der Ausländerredaktion das Konzept einer tiert aus dem aktualitätsorientierten Prinzip jour­ neuen Sendereihe, die vorrangig für deutsche nalistischer Berichterstattung, wodurch Negativ­ Hörer bestimmt war und in lockerer Magazinform ereignisse stets Vorrang erhalten. Somit er­ über Traditionen, Bräuche, Kulturen, Sprachen scheint der Ausländer in den Medien meist im und Religionen anderer Völker berichtete. Dabei Täter/Opfer-Umfeld. Die Wirkung auf die deut­ erzählten ausländische Nachbarn vor allem sche Bevölkerung ist dabei tendenziell vorur­ selbst über ihren Alltag, aufgelockert durch viel teilsverstärkend. Merten stellt fest: Je fremder Musik aus aller Welt. Dieses im Sendegebiet dem deutschen Durchschnittsbürger seine Na­ einmalige Programm durchbrach die übliche tionalität sei, je weniger Kontakt er zu Auslän• Ausländerberichterstattung mit dem immer wie­ dern habe, desto mehr sei er auf die Medien an­ der zu beobachtenden Opfer-Täter-Muster. Die gewiesen. Die moderne Kommunikationsfor­ vielfältigen Themen gingen stets von der natürli• schung zeige sehr deutlich: Wirksam ist eben chen Neugier auf menschliche Alltagsfragen aus: nicht das, was real vorhanden ist, sondern, was Wie feiern die Juden den Sabbat, welchen Mo­ in den Köpfen der Leute als Wirklichkeit durch ralkodex predigt der Islam, wie kocht man die Medien gespeichert wird. »Indisch«, was bedeutet eigentlich auf Türkisch Hildegard Kühne-Scheland vom Adolf-Grim­ »Döner Kebab«, wie lebt man in einer binationa­ me-lnstitut kam bei Untersuchungen über die len Familie, wo liegt der Ursprung der brasiliani­ Darstellung der Ausländer im Fernsehen zu ver­ schen Sambagruppen, welche Sprache spre­ gleichbaren Ergebnissen.? Vorherrschendes chen die Roma, was haben die Hugenotten in Thema in den Beiträgen war im Untersuchungs­ das »Berlinische« eingebracht etc. zeitraum das Asylantenproblem, das besonders Ausgehend von der Überzeugung, daß Tole­ häufig unter den Aspekten der Belastung und ranz durch die Erkenntnis befördert wird, daß die Bedrohung gestaltet wurde. Die Berichterstat­ eigene Kultur nur eine vieler möglicher Lebens­ tung im aktuellen Fernsehbereich zum Auslän• formen darstellt, versuchte die Sendereihe, derthema sei, so ein weiteres Ergebnis, das durch einen multikulturellen Ansatz den wach­ auch fOr die Presse zutrifft, stark ereignisbezo­ senden Tendenzen von Fremdenfeindlichkeit gen und problemorientiert. entgegenzusteuern. Aufgrund großer Hörerak• Für den Hörfunk gibt es kaum Untersuchun­ zeptanz wurde das Programm »Multikulturell auf gen darüber, wie das Ausländerthema in deut­ Radio aktuell« ab Januar 1991, also innerhalb schen Programmen umgesetzt wird. Analysen eines Monates, von der Mittelwelle in das UKW­ dürften jedoch ähnlich wie beim Fernsehen aus­ Vormittagsprogramm des Senders übernommen. fallen. Auch hier wird immer wieder kritisiert, daß Trotz Empfehlungen der Ausländerbeauftragten Ausländer oft nur dann auftauchen, wenn es um der Bundesregierung und der Arbeitsgruppe der Probleme geht. Das Alltägliche, das Normale im Berliner Ausländerbeauftragten wurde diese Zusammenleben zwischen Deutschen und Aus­ Sendung bei der Neugestaltung des Hörfunks in ländern, die positiven Beispiele, so die Kritik, keine der neu entstandenen Rundfunkanstalten fehlen meist. Das kulturelle Miteinander zwi­ übernommen. Somit wurde die Sendereihe mit schen Deutschen und Ausländern oder gar die Auflösung von >Radio aktuell< Ende 1991 ein­ kulturelle Bereicherung durch die hier lebenden gestellt. Nationalitäten sei selten Thema von Beiträgen oder Sendungen. Thuß : Vom Gastarbeiterprogramm zur multikulturellen Sendung 149

Quellen Nguyen Trong Cu : Zur Situation der Ausländer in den neuen Bundesländern. ln : ZAR 1/1992. Der Beauftragte der Bundesregierung fUr die In­ tegration der ausländischen Arbeitnehmer und Nguyen Trong Cu : Situation der Vietnamesinnen ihrer Familienangehörigen: Ideen und Hand­ in der ehemaligen DDR - Erfahrungen und lungshilfen gegen Fremdenfeindlichkeit vor allem Überlegungen zur Ausländerprobematik. Mate­ in den fünf neuen Bundesländern. Juli 1991. rialien einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung , 7. und 8. Mai 1991 . Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Ausländer und Massenmedien, Bestandsauf­ Thomä-Venske, Hanns: Notizen zur Situation der nahme und Perspektiven, Vorträge und Materia­ Ausländer in der DDR. ln: ZAR (Zeitschrift für lien einer internationalen Fachtagung vom 2. bis Ausländerrecht und Ausländerpolitik) 3/1990, S. 4.Dezember1986. Bonn 1987. 125-131 . Büro der Ausländerbeauftragten beim Ministerrat Ueberschär, Ursula (Leiterin Projektgruppe der DDR (Hrsg.): Informationen zur Ausländer• Ausländerintegration an der Universität Leipzig): politik Nr. 1 und 2. Juli 1990. Neues Deutschland - Alte Ausländer. Zur Situa­ tion der ausländischen Mitbürger in der ehema­ MfALISAL-AAK: Ministerium für Arbeit und ligen DDR. ln : Programme gegen Fremdenfeind­ Löhne der DORfStaatssekretariat für Arbeit und lichkeit, 2. Radioforum »Ausländer bei uns« des Löhne, Abteilung Ausländische Arbeitskräfte: SDR. ln: Meier-Braun, Kari-Heinz (Hrsg.), S. 23- Betriebsakten, Informationsakten zum Abkom­ 38 . men. Statistisches Jahrbuch der DDR 1989, hrsg. vom Statistischen Amt der DDR. Berlin 1989. Anmerkungen Darkow, Michaei/Eckhardt, Josef/Maletzke, Ger­ 1 Vgl. Statistisches Jahrbuch der DDR 1989 hard: Massenmedien und Ausländer in der Bun­ desrepublik Deutschland (= Schriftenreihe Media 2 Elsner, Lothar und Lehmann, Joachim: DDR-Li­ Perspektiven Bd . 5) . Frankfurt am Main 1985. teratur über Arbeiterwanderung und Fremdarbei­ terpolitik des Imperialismus aus den Jahren 1979 - Krüger-Potratz, Marianne: Anderssein gab es 1983. ln: Fremdarbeiterpolitik des Imperialismus, nicht. Ausländer und Minderheiten in der DDR. Heft 15, 1983, S. 69. Münster-New York 1991 . 3 Elsner, Lothar und Lehmann , Joachim: Zur Elsner, Eva-Maria: Rechtsstellung der ausländi• Modifizierung der Fremdarbeiterpolitik in der BRD schen Arbeitskräfte in der DDR. ln: Zeitschrift für in den 70er Jahren. ln : Fremdarbeiterpolitik des Imperialismus, Heft 6, 1979. Ausländerrecht (ZAR) 4/1990, S. 157-162. 4 MfAUSAL-AAK: Brief von Cubatecnica, Anlage: Elsner, Lothar und Lehmann, Joachim: DDR-Li­ Brief von Gruppenleitern des VEB Transport­ teratur über Arbeiterwanderung und Fremdarbei­ gummi Bad Blankenburg, Gera, 17.12.1987, S. 3 terpolitik des Imperialismus aus den Jahren 1979 5 - 1983. ln: Fremdarbeiterpolitik des Imperialis­ MfAUSAL-AKK: Bericht zum Einsatz kubanischer Werktätiger im VEB Stahl- und Walzwerk mus, Heft 15, 1983. »Wilhelm Florin« Henningsdorf, 18.3.1983, S. 2. Elsner, Lothar und Lehmann, Joachim: Zur Mo­ 6 Merten, Klaus: das Bild der Ausländer in der difizierung der Fremdarbeiterpolitik in der BRD in deutschen Presse, 1986 den 70er Jahren. ln: Fremdarbeiterpolitik des 7 Imperialismus, Heft 6, 1979. ln : Bundeszentrale für politische Bildung, S. 79ff Meier-Braun, Kari-Heinz: Ausländer und Mas­ senmedien. ln: Zeitschrift für Ausländerrecht (ZAR) 2/1991, S. 89-94. Meier-Braun, Kari-Heinz: Ausländer, Massen­ medien und öffentliche Meinung - Medienpä• dagogisches Seminar über drei Arbeitseinheiten. FachsteHe für Medienarbeit der Diözese Rotten­ burg-Stuttgart. Stuttgart 1988 (2 . Auflage). Merten, Klaus: Das Bild der Ausländer in der deutschen Presse - Ergebnis einer systemati­ schen lnhaltsanalye. Frankfurt am Main 1986. Sibylle Bolik

Themen und Tendenzen des Hörspiels in der DDR·

Der folgende Abriß der Hörspielgeschichte in der Auch im darauffolgenden Jahrzehnt blieben DDR ist als Kurzresümee zu verstehen. Auf die viele Radiostücke noch dem didaktischen Typus Darstellung historischer Entstehungsbedingun­ verhaftet. Gleichwohl stieg die Zahl derer, die gen, zumal der institutionellen Voraussetzungen sich um alternative Darstellungsverfahren be­ des Hörspiels im Rundfunk der DDR mühten . Dieser Prozeß wurde begleitet von den (Entwicklungs- und Zensurpraxis) sowie der Re­ theoretischen Überlegungen von Gerhard lation Schriftsteller - Rundfunk - Publikum wird Rentzsch, Peter Gugisch und Siegtried Hahnel, an dieser Stelle bewußt verzichtet zugunsten die Gestalt und Funktion eines sozialistischen einer zusammenfassenden Auswertung der Re­ Hörspiels definierten und damit zur Konsolidie­ sultate, wie sie sich im Programm niederschlu­ rung der Gattung beitrugen. Parallel dazu vollzog gen . Diese Auswertung soll einen Überblick ge­ sich in den 60er Jahren eine breite thematische ben über 1. dominante Themen/Stoffe (Gen­ Umorientierung: Schon mit dem Bitterfelder Pro­ remerkmale) und 2. deren asthetisch-publizisti­ gramm, deutlicher noch nach dem Mauerbau, sche Behandlung in verschiedenen Entwick­ wurde die Auseinandersetzung mit der DDR-Ge­ lungsphasen (Strukturmerkmale). genwart, die Darstellung des sozialistischen Auf­ Die 50er Jahre - für das westdeutsche Hör• baus, zum vordringlichen Anliegen (auch) der spiel eine sogenannte Blütezeit - waren in der Hörspielarbeit Produktions- oder Brigadehör• Geschichte des DDR-Hörspiels zweifellos das spiele standen am Anfang, um 1960 löste die dunkelste Kapitel. Als direktes Sprachrohr nach Kollektivierung der Landwirtschaft eine Welle von Westen standen der Rundfunk und mit ihm das Landstücken aus, in wachsendem Maße wurden Hörspiel im publizistischen Kampf in vorderster auch Alltags- und Lebensprobleme jenseits des Front. Der Kalte Krieg diktierte die Hauptthemen: Arbeitsbereichs aufgegriffen. Prioritat hatten Angriffe auf die Außen- und Rü• Festzustellen ist eine im Vergleich zu frühe• stungspolitik der USA und ihrer militarischen ren Jahren insgesamt größere Problemorientie­ Bündnispartner, auf die amerikanische Atombe­ rung . Die Darstellung mustergültiger Wandlungs­ waffnung, auf die Kriegsführung in Korea und und Lösungsprozesse wurde abgelöst durch lndochina. Damit eng verbunden war die Auf­ Radiostücke, die reale Zeit- und Alltagserfahrun­ deckung der »antinationalen und restaurativen gen aufgreifen, Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung in Westdeutschland«. Diese »Frie­ Entwicklung durchaus kritisch erörtern und mit­ denspropaganda« bediente sich in der Regel unter auch auf einen exemplarischen Hand­ einer außerst simplen didaktischen Dramaturgie. lungsschluß verzichten. Der neue Spieltypus Charakteristisch war die Vorführung exemplari­ wurde seinerzeit mit dem Begriff des scher Lern- und Wandlungsprozesse innerhalb »realistischen Problemhörspiels« 1 belegt. Zu­ eines moralisch-politischen Schwarz-Weiß-Sche• treffend ist diese Charakterisierung insofern, als mas von sozialistischer Friedens- und imperia­ sie neben dem asthetischen Stilprinzip listischer Kriegsmacht Bei einigen Autoren, so (Realismus) auch die gewachsene Konfliktbe­ auch bei Rudolf Leonhard, der bis zu seinem reitschaft andeutet. Tod 1951 eine wichtige Stütze des Spielplans Zu betonen ist allerdings, daß der Alltagsrea­ war, wurde das didaktische Muster durch lismus im Hörspiel der 60er Jahre noch durch­ ausgesprochene Agitprop-Mittel erganzt. Auch in weg affirmativen Charakter hatte. Bei größerer der DDR galt diese stereotype Propaganda Reflexions- und Lösungsfreiheit blieben die Ra­ schon wenige Jahre spater, da der aktuelle Be­ diogeschichten auf die Grundsatze von Partei­ zug durch die politische Entwicklung überholt lichkeit und Operativitat verpflichtet. Die Diskus­ war, als operative Verschleißkunst Nur verein­ sion von Einzel- oder Sekundarproblemen war zelte Beitrage - zu nennen sind vor allem Walter gebunden an die grundsatzliehe Bejahung der Karl Schweickerts Monologstück »Herhören - gesellschaftlichen Entwicklung - ein Prinzip, das Hier spricht Hackenberger«, (1951/54), »Die sich wiederum in Handlungs- und Darstellungs­ Korrektur« (1958), ein frühes Produktionsstück schemata niederschlug. Charakteristisch waren von Heiner und lnge Müller, sowie Rolf Schnei­ beispielsweise die Betonung individueller Kon­ ders historische Parabel »Der dritte Kreuzzug« fliktursachen (oftmals »subjektive Rückstandig• (1960) - nahmen strukturelle Merkmale vorweg, keit« }, die Relativierung des »Problemfalls« die erst in den 60er Jahren auf breiterer Basis durch Anführung positiver Gegenbeispiele oder zur Entfaltung kamen. die retrospektive Konfliktdarstellung von einem spateren Standpunkt, der die zeitliche oder hi- Bolik: Themen und Tendenzen des Hörspiels in der DDR 151 storische Überwindung des Problems suggeriert. zonen der Gesellschaft öffnete, Außenseitertum, Regelmäßig beschrieb die Handlung einen kon­ Verweigerung und Versagen sichtbar machte. struktiven Bewältigungsprozeß mit zumindest Hinzuweisen ist außerdem auf eine wachsende optimistischer Lösungsperspektive. Die Wir­ (wenn auch noch immer kle ine) Zahl von Komö• kungsabsieht zielte auf soziale Integration (im dien und Satiren und nicht zuletzt auf die Ent­ weitesten Sinne) oder, wie beim Rückblick auf wicklung von Originaltonhörspielen (auch hier ist Geschichte, die Förderung historisch-politischer der quantitative Anteil allerdings geringfügig). _ ldentitatsbildung. Die stofflich-thematische Differenzierung ging Die 70er und 80er Jahre wurden ironischer­ einher mit einer Lockerung inhaltlicher Tabus, weise bereits vor dem Ende der DDR als »zweite mit einer Differenzierung auch der Problem- und Halbzeit«2 der DDR-Hörspielgeschichte charak­ Darstellungsmuster. Allein mit der Kategorie des terisiert. Die Ablösung Ulbrichts durch Honecker, Affirmativen ist das Gesamtspektrum der Funk­ insbesondere der VIII . Parteitag 1971, der eine dramatik in den 70er und 80er Jahren nicht mehr kulturpolitische Liberalisierung verhieß, verhalfen zu erfassen. ln der Haltung gegenüber der Wirk­ auch der literarischen Produktion im Rundfunk lichkeit zeichneten sich divergierende Tenden­ zu größerem Spielraum. Bemühungen um eine zen ab, die, bei fließenden Grenzen im einzel­ größere Hörerfreundlichkeit des Programms ins­ nen, doch prinzipiell zu unterscheiden sind . gesamt setzten die Neubewertung auch von Un­ Weiterhin entstanden in großer Zahl Hör• terhaltungsbedürfnissen voraus. Die Hauptabtei­ spiele, die den gesellschaftlichen Prozeß durch lung Funkdramatik im Rundfunk der DDR ex­ punktuelle Kritik und konstruktive Anregungen pandierte, die Produktionszahlen stiegen. Mit der befördern wollten . Auch diese Stücke nahmen Zunahme ausländischer Hörspiele, unterhalten­ soziale Fehlentwicklungen und individuelle Pro­ der und Kriminalstücke, mit steigendem Pro­ bleme in größerem Umfang auf, hielten jedoch grammanteil vor allem des Kinderhörspiels, auch an der Lösbarkeit von Konflikten und entspre­ mit der Entwicklung von Kurzhörspielen wurde chenden Rezeptionsvorgaben fest. Gesellschaft­ das Angebot breiter, vielfältiger und differenzier­ liche Moralpädagogik und ermutigende Lebens­ ter. Nachdrücklicher als zuvor wurde der Kontakt hilfe griffen bei der Alltagsdarstellung ineinander: zum Publikum gesucht, indem die Hörer zur Be­ Das zeitbezogene Problemhörspiel wurde zu teiligung an verschiedenen Programmaktivitäten einem Medium der Sozialtherapie. und zum kritischen Urteil aufgefordert wurden . Daneben entstanden in vielen, wenngleich Seit 1977 vergab nicht nur eine Kritikerjury Hör• nicht allen Hörspielgenres Stücke, die sich durch spielpreise; auch die Hörer waren zum Votum ein geschärftes Problembewußtsein und größere aufgerufen und bestimmten alljährlich einen Hö• Konfliktbereitschaft auszeichneten. ln bisher un­ rerpreis. bekanntem Ausmaß wurden Widersprüche der Der Neuansatz des Originalhörspiels zeigte DDR-Gesellschaft nicht nur sichtbar, sondern sich zunächst in einer beträchtlichen Erweiterung auch offengehalten, artikulierten sich Skepsis des Stoff- und Problemfeldes, einer Erweiterung, und Enttäuschung bis hin zu tiefer Desillusion. die in vielfacher Hinsicht mit Tendenzen der Ursachen für Fehlentwicklungen, Scheitern und Buch- und Bühnenliteratur korrespondierte. Im Versagen wurden nicht mehr vorrangig beim Gegenwartshörspiel, das quantitativ weiterhin Einzelnen, sondern im gesellschaftlichen Um­ überwog, verloren die in den 60er Jahren klar kreis gesucht. Dabei schloß die Parteinahme für konturierten Genres an Bedeutung, aktuell-ope­ das Individuum moralpädagogische Lösungsstra• rative Schwerpunkte (wie ehedem das Thema tegien aus. Die Problemdarstellung drängte nicht »Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaf­ auf individuelle Verhaltensanderung, sie wurde ten«) verschwanden ganz. Wo Traditionsgenres, geleitet von einem kritisch-analytischen Inter­ wie etwa das Produktionsstück, weitergeführt esse, das die gesellschaftlichen Verhältnisse als wurden, signalisierte der veränderte Zugriff auf fragwürdig und die Eingriffsmöglichkeiten des das Sujet häufig eher eine Diskontinuität denn Einzelnen als gering erkannte. ln wachsendem die Anknüpfung an vorgeprägte Problemmuster. Maße erwies sich das Hörspiel als Instrument Seit Beginn der 70er Jahre war die Lebenssitua­ einer kritischen »Sozialanalyse«,3 die sich auch tion von Schülern und Jugendlichen (und damit im historischen Genre fortsetzte. der heikle Bereich »Volksbildung«) ein Schwer­ Das Spektrum des Geschichtshörspiels punktthema. Zugleich wurde die Stellung der wurde seit Beginn der 70er Jahre merklich wei­ Frau in beruflichen, familiären und Partnerbezie­ ter. Neben der unmittelbaren Vorgeschichte, also hungen als neues und umfangreiches Konflikt­ der Geschichte der Arbeiterbewegung im 20. feld entdeckt. Mitte der 70er Jahre setzte eine Jahrhundert, geriet zunehmend die preußisch• kritische Befragung der Arbeitswelt ein, die sich deutsche Geschichte des 18. und 19. Jahrhun­ im darauffolgenden Jahrzehnt auch den Rand- derts ins Blickfeld. Zugleich manifestierte sich in 152 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) einer Reihe von Hörspielen ein verändertes In­ gen »der aktuellen Lebensproblematik« von Kin­ teresse an der Vergangenheit. Vielfach diente dern und Jugendlichen zu »entsprechen«.4 der Rückblick nicht mehr nur einer affirmativen Für die 80er Jahre ist festzustellen, daß die Traditionsbildung. Kennzeichnend war die Ten­ Grenze zwischen märchenhaften Hörspielen für denz zur Entideologisierung des Geschichtsbil­ Kinder und Erwachsene fließend wurde. Autoren des, die wiederum mit unterschiedlicher Akzen­ entdeckten das Kinderprogramm als eine unver­ tuierung und Konsequenz realisiert wurde. Den dächtige Nische, in der sich, so hoffte man zu­ größten Abstand zur politisch-belehrenden Ge­ mindest, chiffrierte Botschaften auch an Altere schichtsdramatik früherer Jahre gewannen Hör• unterbringen ließen. Daß diese Rechnung nicht spiele, die am Beispiel historischer (Künstler• immer aufging, bezeugen allerdings Zensurfälle, )Figuren das Spannungsverhältnis zwischen In­ die auch aus diesem Bereich bekannt wurden . dividuum und Gesellschaft, Geist und Macht un­ Und neben kritischen Gesellschafts- und Zivilisa­ tersuchten und damit unmißverständlich auch zu tionsparabeln - hier sind vor allem Stücke von aktuellen Konflikten Stellung bezogen. Albert Wendt und Franz Fühmann zu nennen - ln provokatorischer Absicht fragten ebenfalls standen schließlich bis in die 80er Jahre auch zeitgeschichtliche Hörspiele erstmals nach der solche Beiträge, die Märchenmotive in traditionell Aktualität des Verdrängten, nach zurückgewie• affirmativer Manier einsetzten. ln Stücken dieser senen Erblasten des Nationalsozialismus. Identi­ Art wurde das Wundermotiv des Volksmärchens tätsbildend wirkte nun weniger die revolutionäre gleichsam auf seine sozialistische Alltagstaug­ Tradition als der humanistisch inspirierte Wider­ lichkeit geprüft und natürlich für überholt befun­ stand gegen Gewaltherrschaft und Krieg . Die den ; im gleichen Zuge wurden Wert und Sinn Kehrseite der ethisch-moralischen Geschichts­ sozialistischer Arbeitsmoral einmal mehr unter betrachtung zeigte sich bei der Auseinanderset­ Beweis gestellt. zung mit DDR-Historie: Typisch für diese The­ Gleichwohl ist resümierend festzuhalten, daß mengruppe war das Ausweichen vor historisch­ sich das DDR-Hörspiel in seiner »zweiten Halb­ kritscher Konkretheit in einen bekenntnishaften zeit« - darin der breiten literarischen Entwicklung Humanismus. Zweifellos war der Spielraum fü r folgend - durchaus tradierten Ritualen der Be­ Widerspruch zum offiziellen Geschichtsbild dort schönigung widersetzte. Der größere Spielraum am geringsten, wo die jüngste Vergangenheit, wurde freilich im allgemeinen nur einseitig ge­ der Aufbau des Sozialismus, zur Diskussion nutzt: Die Tabulockerung äußerte sich überwie• stand. Ungleich deutlicher artikulierte sich dieser gend in der Themenwahl und -behandlung, nur Widerspruch beim weiten Ausgriff in die Ge­ selten in alternativen ästhetischen Techniken . schichte, da das historische Gleichnis, darin dem Während das kritische Aussagepotential deutlich märchenhaften Kostüm ähnlich, die Möglichkeit zunahm, blieb das künstlerische Konzept weit­ der Verschlüsselung bot. gehend unverändert. Bis zum Ende der 80er Solche parabelhafte Verarbeitung von Märchen• Jahre dominierte das realistische Handlungs­ und (in geringerem Maße) mythologischen Stof­ und Rollenspiel mit individueller, zumeist chrono­ fen oder Motiven war eine markante Neuerung logisch erzählter Fabel und emotional anspre­ im Hörspiel vor allem der 80er Jahre. Auch diese chenden Figuren, die zur Identifikation einluden. Entwicklung erschien als Pendant zu Stofften­ Eine Anpassung an das Medium erfolgte inso­ denzen in Prosa und Drama, zur Rezeption vor fern , als betont visuelle Aktionsmomente gemie­ allem des griechischen Mythos. Die klare Bevor­ den, akustisch wahrnehmbare Situationen und zugung des Märchenhaften in der Funkdramatik Motive gesucht wurden; radiospezifische Darstel­ wie auch die zumeist relativ einfache Parabel­ lungsformen waren die Ausnahme. Folglich be­ struktur deuteten indes auf Impulse auch aus schränkte sich die Aufgabe der Regie in der Re­ dem Bereich des Kinderhörspiels, wo Märchen gel darauf, mittels Raumatmosphäre, Hinter­ schon seit den frühen 50er Jahren, da ihr erzie­ grund- und Handlungsgeräuschen Wirklichkeit herischer Wert in der pädagogischen Diskussion akustisch zu illusionieren und in der Sprecher­ noch heftig umstritten war, einen angestammten führung »Überzeugungskraft der >lebendigen Platz hatten. Einer Studie zum Kinderhörspiel Abbilder< her[zu]stellen«.s Beschränkt blieben zufolge beschränkten sich die frühen Volksmär• darüber hinaus Charakter und Funktion der chen-Adaptionen »auf didaktische Thematisie­ Sprache, die kaum jemals als Träger subjektiven rungen und eine oft überdeutliche Ausformulie­ Ausdrucks und als Herausforderung an offizielle rung der Moral« ; doch nahm seit Mitte der 60er Sprachmuster begriffen wurde. Gerade die sel­ Jahre die Neigung zu, reale Problemgeschichten tenen Versuche, die sich dem mainstream ent­ »in märchenhafter Verfremdung« zu erzählen zogen, machten auf ein generelles Manko der und auch mit neuen Volksmärchen-Bearbeitun- konservativen Dramaturgie aufmerksam: ln der Regel blieb auch die kritische Alltagsansicht so Bolik: Themen und Tendenzen des Hörspiels in der DDR 153 kleinformatig und schmal, die Sprache so in­ desto offener setzte es sich publizistischen Kri­ strumental begrenzt, daß ihre Verweiskraft eher terien und Restriktionen aus; je mehr das Hör• gering einzustufen ist. Trotz oftmals brisanter spiel seine ästhetische Eigenart zurückstellte, Problematik blieb die ästhetisch-provokative desto bereitwilliger verzichtete es auf spezifische Energie zumal des Zeitstücks daher gering. Möglichkeiten der Gegenrede und der künstleri• schen Selbstbehauptung in einem dirigistischen Massenmedium. Kritik - Thesen - Ausblick langfristig erscheint daher die künstlerische SelbstbescheidunQ als wesentliches Entwick­ Nach der schrittweisen Ablösung von kruder po­ lungshemmnis des DDR-Hörspiels. Das konser­ litischer Didaktik fand das Hörspiel seit Beginn vative, an realistischer Bühnendramatik ge­ der 70er Jahre zu einer prekären Balance von schulte Gattungsverständnis führte zu ästheti• Anpassung und Widerspruch, von sozial-affir­ scher Standardisierung und Stagnation. Summa mativen und -analytischen Funktionen. Zweifel­ summarum begründete es eine ästhetische Mo­ los war die vielfach unter Beweis gestellte politi­ nokultur, deren beharrliche Pflege (zumal im in­ sche Gefügigkeit der Funkdramatik eine nicht ternationalen Vergleich) zunehmend anachroni­ unwesentliche Voraussetzung für ihre unbotmä• stische Züge annahm. ßigen Äußerungen. Erst diese Anpassung er­ Dennoch wird man in einer gesamtdeutschen laubte systemimmanente Regelverstöße, die das Hörspielkultur, die sich von Umbrüchen in der grundsätzliche gesellschaftliche Einverständnis Medienlandschaft bedroht sieht, die Vorzüge der nicht in Frage stellten. »realistischen Option« nicht übersehen können . Mit solcher Möglichkeit zum loyalen Regel­ Angesichts einer zwischen akustischem Expe­ verstoß erwarb sich das Hörspiel in seinem un­ riment, literarischer Tradition und populären Ge­ mittelbaren medialen Umkreis bereits ein Privi­ brauchsprodukten auch in der alten Bundesre­ leg . Die ambivalente Natur künstlerischen Aus­ publik »festgefahrenen Hörspielkunst«.? die ih­ drucks, auch traditionelle ästhetische Techniken ren öffentlichen Bedeutungsverlust trotz aller der »Sklavensprache«, erleichterten die Artikula­ Flexibilität nicht entscheidend aufzuhalten ver­ tion von Erfahrungen, die von offiziellen Positio­ mochte, wurde schon Mitte der 80er Jahre an ein nen und damit auch von den publizistischen Bot­ »untrügliches Signal« erinnert, »welche Stilim­ schaften des staatlichen Verlautbarungsrund­ pulse zukunftsträchtig sind: Was eckt an, was funks abwichen. Ausgestattet mit solchem Kunst­ erregt Widerspruch, was verletzt konservative oder Fiktionsvorteil, avancierte die Funkdramatik Positionen!« 8 Steigt in dieser Situation der Kurs­ zur vorzeigbaren Visitenkarte des DDR-Rund­ wert des »gute[n] alte[n] Handlungshörspiel[s], funks. Nur unter diesem Blickwinkel auch konnte das sich wenigstens noch an politisch brisante das Hörspiel - kein stets dienstbereites Sprach­ Themen wagt«,9 so könnte damit auch die acht­ rohr, aber fürwahr auch keine treibende opposi­ berste Tradition des DDR-Problemhörspiels, die tionelle Kraft - im vergleichenden Rückblick als Bereitschaft und Fähigkeit zur kritischen Sozial­ »die integerste und sinnvollste Strecke der Funk­ analyse, eine nachträgliche Aufwertung erfahren. tradition«6 in der DDR gelten. Zu fragen bleibt indes, ob die Funkdramatik Vortrag in der Fachgruppensitzung »Literatur« den ihr zugefallenen Kunst- und Fiktionsvorteil anläßlich der Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte in Leipzig am 23. Sep­ ausgeschöpft oder nicht auch unfreiwillig ver­ tember 1993. spielt hat. Als ausgesprochenes Themen- oder Problemhörspiel, das sich seiner gattungsspezi­ Anmerkungen fischen Ausdrucksmittel in der weit überwiegen• den Mehrzahl der Fälle kaum bewußt war, nahm 1 Peter Gugisch: Die Entwicklung des Gegen­ das DDR-Hörspiel einen publizistischen Zu­ wartshörspiels in der Deutschen Demokratischen schnitt an, der seinen Kunstcharakter eher ver­ Republik. Phil. Diss. Greifswald 1965 (Masch . deckte denn betonte. Zumal die dominierende Mskr.), S. 96. Alltags- und Gebrauchsdramatik übernahm 2 Peter Gugisch.: Ein dreifacher Beginn: Das Funktionen einer problemorientierten, kritischen Hörspiel in der DDR. ln: Grundzüge der Publizistik, die in der DDR-Öffentlichkeit fehlte. Geschichte des europäischen Hörspiels. Hrsg. v. Indem das Problemhörspiel auf ästhetische Bre­ Christian W. Thomsen und lrmela Schneider. chungen weitgehend verzichtete, machte es 1985, S. 158-174, S. 166. seine Thesen verfügbar und um so leichter kon­ 3 Michael Hametner: Geschichten für das Hörspiel. trollierbar, stellte es seine Inhalte relativ unge­ Zur Entwicklung des Genres Mitte der achtziger schützt zur Disposition. Je eindeutiger sich das Jahre. ln: DDR-Literatur '87 im Gespräch. Hrsg. v. Hörspiel als publizistisches Forum präsentierte, 154 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Siegtried Rönisch. Berlin und Weimar 1988, S. 108-127, S. 112. 4 Stephan Göritz: Hörspiele für Kinder im Rundfunk der DDR. ln: Beiträge zur Geschichte des Rundfunks 21. Jg . (1981) , Nr. 3, S. 27-47, zit. S. 41, 32 , 43f. 5 Siegtried Hähnel: Veränderung gestalten - Veränderung bewirken. Die Zukunftschancen der Funkdramatik. ln: Neue Deutsche Literatur 19. Jg . (1971) , Nr. 7, S. 165-172, S. 171 . 6 Rede der Schauspielerin Jutta Wachowiak zur Hörspielpreis-Verleihung am 29. März 1990. Zit. nach : Radio im Umbruch. Hrsg . v. Funkhaus Ber­ lin/Lektorat Rundfunkgeschichte. Berlin 1991, S. 393.

7 Johann M. Kamps: Aspekte des Hörspiels. ln: Tendenzen der deutschen Gegenwartsliteratur. Hrsg . v. Thomas Koebner. Stuttgart 1984, S. 350- 381, S. 378. 8 Christoph Buggert: Verkabelte Literatur? Die Chancen des Hörspiels in der Medienzukunft ln: Grundzüge der Geschichte des europäischen Hör• spiels, S. 207-220, S. 220. 9 Ebenda. Themas Beutelschmidt

Bedingungen und Entwicklungen der Studiotechnik im Fernsehen der DDR

Wer den Durst der Gegenwart löschen will, muß um der »Haupstadt« arbeiteten. Nach der Ein­ aus dem Brunnen der Vergangenheit trinken. führung der UKW-Technik kam 1958 mit der Thomas Mann Berliner Welle sowie Radio DDR II mit Bildungs­ und Kulturschwerpunkten eine zweite Program­ Der massenkommunikativen Möglichkeiten des mschiene hinzu, ergänzt durch das mehrspra­ Rundfunks als »Zeitung ohne Papier und >ohne chige Radio Berlin International (RBI) und das Entfernungen<« 1 waren sich die Kulturoffiziere eigenstandige Jugendradio DT 64, genannt und »im Waffenrock der Roten Armee«2 in Ost­ etabliert nach dem »FDJ-Deutschlandtreffen« deutschland nach dem Kriege von vornherein 1964. bewußt: Weite Streuung der Information und Er­ Nachdem der Rundfunk in der SBZ/DDR nun reichbarkeit der gesamten Bevölkerung, hohe als das erste »entscheidende Massenmedium Operativität, starke Authentizität durch Live­ zur Publizierung dieser Politik des Fortschritts Übertragungen, direkte und aktuelle Berichter­ und zur Mobilisierung der Bevölkerung« einge­ stattung. Die Sowjetische Militäradministration in führt und ideologisch eingebunden war, begann Deutschland (SMAD) schaffte sich die notwendi­ Anfang der 50er Jahre parallel die Vorbereitung gen gesellschaftlichen Voraussetzungen für den für die mediale Ergänzung Fernsehen als ein ungehinderten Zugriff auf die Funkmedien einer­ weiterer »wesentlicher Beitrag zur Stärkung der seits durch die Enteignung der verbliebenen DDR und des sozialistischen Lagers«.s Auch in Elektronikindustrie und ihre spatere Überführung diesem Fall bemühten sich die Funktionäre wie­ in »Volkseigentum«. Andererseits unterstützte der um den Nachweis vermeintlicher marxi­ sie sogleich juristisch, institutionell und technisch stisch-leninistischer Traditionslinien bei ihrem den Auf- und Ausbau eines Deutschen Demo­ »Streben nach zeitgemäßer Vervollkommnung kratischen Rundfunks in der Sowjetischen Be­ des neugeschaffenen Meinungsbildungssy­ satzungszone (SBZ), übertrug den neu einge­ stems« und ihrer »besonderen Hervorhebung setzten Behörden wie der Deutschen Zentral­ massenwirksamer Agitations- und Kunstfor­ verwaltung für Volksbildung die Einrichtung von men.« Der Chefchronist des Deutschen Fern­ Redaktionen und versorgte die Sendeeinrichtun­ sehfunks, Manfred Hempel, verwies zum einen gen mit- außerst knapper- Energie. 3 Ende 1946 auf das von Lenin formulierte »Bedürfnis nach hatten neben dem Berliner Rundfunk weitere der Verwirklichung des Fernsehprinzips ( .. .), um sechs Regionalsender mit ihrem regelmäßigen >auf einem Bildschirm das bewegte Bild des Programm für schon mehr als zwei Millionen sprechenden Menschen über Radiotelefon zu angemeldete Hörer begonnen. sehen<.«s Zum anderen nahm er die Klassiker Nach der endgültigen Konsolidierung von selbst in Anspruch, sah Analogien zur Presse­ Partei und Staat, verbunden mit der Auflösung entwicklung im 19. Jahrhundert und behauptete der alten Länderstruktur, entschloß sich die in seinen geschickt außerhalb ihres ursprüngli• DDR-Regierung, ein Staatliches Rundfunkkomi­ chen Kontextes montierten Textpassagen, die tee der DDR zu bilden, das sich nach den Ent­ »elektronische Bild-/ Tonübertragung« des Fern­ scheidungen der II. SED-Parteikonferenz für den sehens - Oberinterpretiert als ein ideeller »planmäßigen Aufbau des Sozialismus« und der »Staatsgeist, der sich in jede Hütte kolportieren Zentralisierung der Medien am 14. August 1952 laßt, wohlfeiler als materielles Gas« - sei »im als oberstes Leitungsorgan beim Ministerrat besten Sinne des Marx-Wortes >das Oberall of­ konstituiert hat.4 Mit Hilfe dieser Institution konn­ fene Auge des Volksgeistes, ( ... ) das spre­ ten die bis dato noch relativ selbstandigen regio­ chende Band, das den Einzelnen mit dem Staat nalen Landessender in drei verschiedenen, aber und der Welt verknüpft, ( ... )der geistige Spiegel, aufeinander abgestimmten und zentral von Ber­ in dem ein Volk sich selbst erblickt<.«7 lin aus vorgegebenen Programmen zusammen­ Die weite Verbreitung, die allgemeine Ak­ gefaßt werden, die dann seit September 1956 zeptanz und die direkten Wirkungsfaktoren der mit erweitertem Angebot unter den bekannten gesellschaftlich verbindlichen Instanz Fernsehen Namen Deutschland Sender- seit 1971 Stimme mußten die Führung immer wieder in ihrer Ab­ der DDR für deutschsprachige Hörer außerhalb sicht bestarken, dieses Medium als »ein wichtig­ des Landes -, Radio DDR mit Information und stes Instrument des sozialistischen Staates bei Unterhaltung sowie Berliner Rundfunk als Medi- der Erfüllung seiner politisch-ideologischen, kul- 156 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) turell-erzieherischen und organisatorischen Auf­ Fernsehen (BRF), das alle bisherigen Werkstät• gaben«B erfolgversprechend zu nutzen. Um die ten aus dem Institut für Post- und Fernmeldewe­ in den offiziellen Direktiven stets angemahnte sen (IPE, vormals Zentralinstitut für Funktechnik) »qualitative Verbesserung der Programme« er­ sowie das damalige Zentrallaboratorium der Ge­ höhen, »die sozialistische Bewußtseinsbildung« neralintendanz des Rundfunks integrierte, wurde stärker fördern, »den wachsenden Informations-, dann »der gesamte technische Produktionspro­ Bildungs- und Unterhaltungsbedürfnissen« bes­ zeß des Rundfunks und des Fernsehens vom ser gerecht und damit »tief in die Privatsphäre Mikrofon bzw. der Fernsehkamera bis zum Sen­ der Menschen, in ihre Herzen und Hirne« ein­ der [dem] Verantwortungsbereich [der Post] un­ dringen zu können, waren die Verantwortlichen terstellt.« Diese Teilung und Straffung der Ver­ zu jedem Zeitpunkt bereit, im Vergleich zu ande­ waltungsinstanzen erschien als eine unabding­ ren Kulturbereichen überproportional in den bare Voraussetzung, um die gesamte Medien­ Ausbau und die Rekonstruktion der »materiell­ landschaft »planmäßig« gestalten zu können, technischen Front (sie!)« zu investieren9: »Die Modernisierungen aus eigener Kraft zu ermög• programmpolitischen Forderungen eilen der ma­ lichen und damit - gegen den »Klassenfeind« teriell-technischen Entwicklung voraus, so daß gerichtet - »solche politisch außerordentlich ein permanenter Druck auf die technische Basis wichtigen Einrichtungen wie das Funkwesen entsteht, sich zu vervollkommnen und weiterzu­ >Störfrei< zu machen.« 15 entwickeln.« Dieser Zustand sollte als Die übergeordneten Ziele einer auf allen Ge­ »schöpferische Unruhe der Fernseharbeit« pro­ bieten autarken DDR konnten die Ingenieure im duktiv »für die volle Entfaltung«10 der Fähigkei• Bereich der Funkmedien aber niemals erreichen, ten von Regisseuren und Technikern dienen, die waren doch nach der politischen Teilung »die jedoch gerade von den politischen Gremien im­ deutsche Fernsehindustrie und die Zentren der mer wieder bei der Erfüllung ihrer oftmals über• Fernsehwissenschaft aus ihrem historisch ge­ zogenen Verpflichtungen ge- und behindert wur­ wachsenen Verband gerissen.«16 Weitgehend den. Sahen sich die einen in ihrem inhaltlichen auf sich selbst gestellt, mußten sie »allein durch und kreativen Wirken durch kulturpolitische Re­ die Kraft und das Schöpferturn der von kapitali­ striktionen und Vorgaben eingeschränkt, so fehl­ stischer Ausbeutung befreiten Arbeiter im te es den anderen an Valutamitteln, Baukapazi­ Bündnis mit der fortschrittlichen Intelligenz und täten und internationalen Kontakten. nicht zuletzt dank der brüderlichen Hilfe der sow­ jetischen Klassengenossen« 17 praktisch aus dem Nichts oft mit primitiven oder unzureichen­ 1. den Mitteln alle die erforderlichen Ausrüstungs• bestände, Gerätschaften und elektronischen »Mit ihrer tätigen Fürsorge für das Fernsehen« 11 Bauteile selbst entwickeln oder zumindest nach­ betraute die Partei 1948 zunächst das Post- und bauen . Auf die Patente, Technologien oder Er­ Fernmeldetechnische Zentralamt (PFZ) mit satzteile der traditionellen Hersteller, die sich technischen Entwicklungsfragen, Planungsauf­ nun außerhalb der sozialistischen Landesgren­ gaben und dem Betrieb der Funkmedien. Die zen wieder etablierten, hatten sie keinen Zugriff technische Seite der Sendeabwicklung wurde mehr: »Die Ausgangsbasis war außerordentlich staatlicherseits recht bald von der Programm­ ungünstig, da es einerseits in der Industrie unse­ produktion getrennt. Eine weitreichende Ent­ rer Republik zu wenig Spezialisten für die Video­ scheidung, die stets Probleme mit der Koordi­ technik gab und andererseits es nicht gelang, die nation und den Zuständigkeiten zweier sehr un­ Industrie in wünschenswertem und erforderli­ terschiedlich strukturierter Institutionen mit sich chem Umfang für die Entwicklung und Fertigung brachte, obwohl von Beginn an von seiten der von Fernseh-Studioeinrichtungen zu gewin­ Studiotechniker betont wurde, »die Zusammen­ nen.« 18 Erschwerend kam hinzu, daß der 111. arbeit mit den Kollegen des Deutschen Fernseh­ Parteitag der SED 1950 in einem ersten Fünfjah• funks so zu gestalten, daß die Zugehörigkeit der resplan dem Schwermaschinenbau und der Me­ an einer Sendung Beteiligten zu zwei Betrieben tallurgie Prioritäten einräumte, was zu wirtschaft­ für die Realisierung des Programmablaufs keine lichen Disproportionen führte und die Bedeutung hat.«12 War für inhaltliche Fragen »schmerzlichsten Entschlüsse« nach sich zog, das Staatliche Rundfunkkomitee zuständig - aus »für eine Entwicklung des Fernsehens in der dem 1968 das separate Staatliche Komitee für DDR nicht in dem Maße Mittel bereitzustellen, Fernsehen beim Ministerrat hervorging13 -, so wie das von den Fernsehleuten für notwendig hatte ab 1956 das Ministerium für Post- und erachtet worden war.«19 Fernmeldewesen für die Bereitstellung der appa­ Trotz immenser Schwierigkeiten mit neuen rativen Basis zu sorgen.14 Mit der Schaffung Industriezweigen und -verfahren wie der Elek­ eines Betriebslaboratoriums für Rundfunk und tronenoptik, Hochvakuumtechnik oder Luminis- ,. Beutelschmidt: Studiotechnik im Fernsehen der DDR 157 zenzstoffchemie entwickelte sich das im Juni Besatzungsorgane die Potenzen von früheren 1950 nach einem Beschluß der Generalinten­ Firmenkomplexen der Allgemeinen Elektrizitäts• danz des Deutschen Demokratischen Rundfunks Gesellschaft (AEG) bzw. Telefunken in Berlin ins Leben gerufene Fernsehzentrum der DDR sofort erkannt und »den Kriegsverbrecherkon­ kontinuierlich zu einer vollständigen Produkti­ zernen der Funkindustrie die Verfügung über ihr onsstätte, deren Technik sich allerdings zumin­ Vermögen«25 entzogen. Die Siegermacht wollte dest anfangs »nicht mit der messen konnte, die ihren immensen Reparationsbedarf zum einen man beim imperialistischen deutschen Fernse­ über die vorhandenen Bestände des damaligen hen seit den frühen 40er Jahren einzusetzen Fernmelde-Apparatebaus Oberspree (FAO) gewohnt war«.2o ln den ersten Jahren entstan­ decken und zum anderen die reaktivierten For­ den neben Tonbandgeräten und Radioeinrich­ schungs- und Produktionskapazitäten der Röh• tungen erste provisorische Schwarzweiß-TV• renfabrik Oberspree (RFO) für die Teilefertigung Kameras21 mit »Zugpulten« als externe Bedien­ des für ihren Binnenmarkt bestimmten Fernseh­ elemente und Bildkontrollempfänger, die bis zur empfängers T-2 (»Leningrad«) nutzen.26 Direkt Inbetriebnahme des Fernsehens durch weitere 1945 wurde aus den beiden alten Betriebszwei­ Studiotechnik und Film- bzw. Dia-fEpi-Abtaster gen als Sowjetische Aktien-Gesellschaften ergänzt wurden. Mit dieser Ausstattung began­ (SAG) der Teil Nachrichten, Entwicklung und nen dann ab 1. August 1951 die vorläufigen Fabrikation (NEF) sowie das Labor-Konstrukti­ Sendeversuche »in drahtlos übertragenen Wor­ ons-Versuchswerk (LKVO) - kurz darauf Ober­ ten und Bildern ein neues gesellschaftliches Be­ spreewerk (OSW) - gebildet und 1950 im Werk wußtsein, die marxistisch-leninistische Ideologie für Fernmeldewesen (HF/ dann WF) zusam­ und das sozialistische Menschenbild zu vermit­ mengeschlossen, das erst am 1. Mai, dem Tag teln.«22 Nach der Installierung eines TV-Senders der Arbeit, 1952 in DDR-Besitz überging und auf dem Berliner Stadthaus am 29. Februar 1960 zum VEB Werk für Fernsehelektronik (WF) 1952 kam es zu regelmäßigen, aber inoffiziellen im späteren Kombinat Mikroelektronik Erfurt aus­ Probeausstrahlungen, bevor rechtzeitig vor gebaut wurde. Weihnachten täglich ein nun öffentliches Pro­ Dieser komplizierte Werdegang sei hier in gramm sogleich mit der »Aktuellen Kamera« einem kleinen Exkurs skizziert, weil in den Ver­ gestartet wurde - wenn auch nicht zum ur­ waltungsstrukturen die fehlenden Kontinuitäten sprünglich geplanten Zeitpunkt, denn »Mangel und Kontraproduktivitaten vieler Industrieberei­ an Werkstoffen und fehlende Produktionserfah­ che ihren Ausdruck fanden, bei denen »immer rungen führten auch hier ( ...) mehrfach zu Ter­ wieder Betriebsteile und Konstruktionsbüros ein­ minverzögerungen.«23 bzw. ausgegliedert wurden« .27 So war auch die­ Der ständig gestiegene Bedarf an professio­ ser Standort entsprechend der sich verändern• neller Technik führte 1957 zur Bildung einer den Planvorgaben jeweils für unterschiedliche »überbetrieblichen sozialistischen Arbeitsge­ Warengruppen zuständig. Zunächst entstanden meinschaft für Bildaufnahmegeräte« , der neben hier die Abtaströhren für die Studiokameras des dem genannten Betriebslaboratorium (BRF) der Fernsehens und Sendeanlagen für die Tele­ Deutschen Post auch Unternehmen wie der VEB kommunikation. Da sich jedoch sehr schnell die Carl Zeiss Jena und das VEB Werk für Fernmel­ fehlende Kompetenz und produktionstechnische dewesen angehörten. Aus diesen verstärkten Mangel offenbarten, erfüllten sich die Hoffnun­ Anstrengungen resultierten zwar erste industriell gen auf serienreife Produktlinien mit höchster gefertigte Kameraserien FSTK und FUK.24 Aber Perfektion auf Weltniveau nicht, auch wenn die die beteiligten Betriebe konnten langfristig weder Mitarbeiter des Zentralen Arbeitskreises Fern­ qualtitativ noch quantitativ die in sie gesetzten sehtechnik der DDR sogar in bezug auf Farb­ Erwartungen erfüllen, so daß man die Konstruk­ fernsehrOhren lange davon ausgingen, daß tion fernsehtechnischer Geräte wieder senderin­ »größere Anforderungen feinmechanischer und tern einem Mitte 1958 neu geschaffenen VEB konstruktiver Art ( ... ) in der DDR als gelöst be­ Funkversuchswerk übertrug, wie auch der Bau trachtet werden können.«28 Der Bau elektroni­ und die Erweiterungen der Produktionsstätten scher Kameras mußte dennoch ausgegliedert und festen Übertragungsstellen von einem sepa­ und dem neugegründeten VEB Studiotechnik raten VEB Anlagenbau für Rundfunk und Fern­ übertragen werden, der schließlich aber auch sehen wahrgenommen wurde. nur Schwarzweiß-Modelle im Industriestandard Am Beispiel der wechselvollen Geschichte in vielfaltigen Überwachungsanlagen für unter­ des damals noch involvierten VEBs Werk für schiedliche Arbeitsvorgange in der Fabrikation , Fernmeldewesen lassen sich die einzelnen dem Dienstleistungsbereich oder der Medizin , im Etappen und Rückschlage beim Aufbau einer Straßenverkehr sowie beim ausgedehnten Ob­ national unabhängigen Elektronikindustrie ab­ jekt- und Grenzschutz liefern konnte.29 lesen. Nach Kriegsende hatten die sowjetischen 158 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Aus diesem Grund bestimmte seit den 60er 2« und richtete unter starken Sicherheitsbe­ Jahren die Fertigung von Empfängerbildröhren stimmungen bis 1976 eine »Erdfunkstelle Inter­ mengenmäßig das Profil des WF. Um auch hier sputnik« ein, die für neue Fernsehdienste und im internationalen Wettbewerb mithalten zu kön• Nachrichtenkanäle genutzt wurde. nen, sollten von Beginn an farbtüchtige Ausfüh• rungen nach Art eines in der Sowjetunion er­ probten Lochmaskentypes entstehen. Aber auch 2. diese ehrgeizigen Projekte mußten erfolglos ein­ gestellt werden, was zu einer weiteren Abhän• Bis in die 60er Jahre hinein dominierte der Film gigkeit von westlichen Zulieferungen führte. So als Speichermedium für fiktionale und nicht di­ konnte die Einrichtung eines effektiven Farb­ rekt gesendete Beiträge. Nur die Live-Übertra• bildröhrenwerkes erst 1984 mit Hilfe des japani­ gung aus den Ateliers oder vor Ort erfolgte seit schen Toshiba-Konzerns auf der Basis dessen Anbeginn auf rein elektronischem Wege. Um »ln line«-Technologie realisiert werden. 30 »die hohe Qualität des 35mm-Filmbildes mit der Im Zuge der gesamtgesellschaftlichen Zen­ zeitsparenden Arbeitsweise des elektronischen tralisierungsabsichten und volkswirtschaftlich Verfahrens konstruktiv und aufnahmetechnisch notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen er­ verbinden«38 zu können, führte die Studiotech­ folgten auch innerhalb der Medien weitere Um­ nik mit der Electronicam-Anlage (E-CAM - eine strukturierungen der ministeriellen und wissen­ Entwicklung der westdeutschen »Arri«-Filmbe­ schaftlich-technischen Einrichtungen nach ein­ triebe) ein neues, rationelleres Produktionsver­ heitlichen Prinzipien der Planung und Lenkung: fahren ein . Die Konfiguration bestand aus drei Nach dem V. Parteitag der SED entstand auf Filmkameras, deren Sucherbild ausgespiegelt Beschluß des Präsidiums des Ministerrates En­ wurde und über externe Monitore der Regie zur de 1961 das übergeordnete Rundfunk- und Auswahl und Kontrolle gleichzeitig zur Verfügung Fernsehtechnische Zentralamt (RFZ),3 1 das nun stand . Damit ließ sich zwischen den einzelnen endgültig alle vormals selbständigen Abteilungen Aufnahmeeinheiten beliebig umschalten und und Labore unter sich vereinte, um »dem Funk­ längere Passagen wie beispielsweise bei Musik­ wesen der Deutschen Post eine in jeder Hinsicht darbietungen, Interviews oder ausgedehnten betriebssichere und mit hoher Qualität arbei­ Spielszenen in mehrere Einstellungen direkt tende Technik zur Verfügung zu stellen sowie auflösen und ohne Unterbrechung aufzeichnen. die Schnelligkeit und Sicherheit der Nachrichten­ Auch wenn mit der allmählichen Durchsetzung übermittlung zu erhöhen.«32 Da mit der Grenz­ des Videorecorders diese gewöhnungsbedürfti• schließung im gleichen Jahr die Abwanderung ge und von Seiten der Regisseure umstrittene von Fachkräften beendet war und ein ökonomi• Form der Filmarbeit, die als eine Art Vorläufer scher Stabilisierungseffekt eintrat, entwickelte der heute praktizierten Timecode-Methode ein­ sich die Medienarbeit in den rekonstruierten und gestuft werden kann, später kaum eine Rolle erweiterten Fernsehstudiokomplexen in Berlin mehr spielte, so blieb der Film aber als Informa­ sowie den zusätzlich in Betrieb genommenen tionsträger noch bis in die 80er Jahre hinein von Bezirksstudios in Rostock, Halle, Leipzig, Dres­ Bedeutung: »Betrachtet man die gesendeten den und Kari-Marx-Stadt tatsächlich zunächst Programmbeitrage, betragt gegenwärtig das einmal zufriedenstellend.33 Es ließen sich in den Verhältnis Film : Magnetbandaufzeichnung etwa kommenden Jahren eine Reihe technischer Vor­ 50 : 50, wobei das Fernsehen selbst weniger als haben konkretisieren, wie etwa der Aufbau des 25 v. H. seiner Beitrage als Film produziert. Etwa UKW-Rundfunks (seit 1961) und der Stereo­ die Hälfte der gesendeten Filmbeiträge werden phonie (1964), der Ausbau eines breitbandigen von der DEFA übernommen bzw. werden aus Richtfunknetzes mit dezentralen Füllsendern zur dem Ausland bezogen.«39 Schließung lokaler Versorgungslücken (ab 1964) Obwohl die Innovations- und Investitionspo­ oder zur Einrichtung des Farbfernsehens (1969) tentiale der eigenen Elektronikindustrie objektiv und des Stereotons (1970)34 sowie die Realisie­ gesehen früh stagnierten, mußten die Fernseh­ rung einer Reihe neuer Studioausrüstungen wie techniker dem internationalen Trend von Film Bildüberblendeinrichtungen35 und andere maß• auf Video folgen und sich auch auf dem äußerst geschneiderte (Transistor-)Technik der zweiten komplexen Gebiet der elektromagnetischen Bild­ Generation, die sowohl im stationären Betrieb speicherverfahren versuchen. Der Zentrale Ar­ als auch in den selbstgefertigten Übertragungs• beitskreis Fernsehen beschloß schon 1959 die wagen (seit 1963)36 lange ihren Dienst taten. Entwicklung eines professionellen Videorecor­ Neben den technischen Ausrüstungen bedeu­ ders. Dieser hatte sich in seinen Parametern den tender Gesellschaftsbauten37 widmete sich das Maschinen des amerikanischen Systemerfinders RFZ auch früh der Signalübertragung mit Hilfe »Ampex« auszurichten, die aufgrund des im Kal­ des osteuropäischen Satellitensystems »Molnija ten Krieg verhängten Embargos durch die Beutelschmidt: Studiotechnik im Ferns~hen der DDR 159

NATO-Staaten nicht in ausreichender Menge in notwendige »Steigerung der Arbeitsproduktivi­ die sozialistischen Länder eingeführt werden tät« , »Optimierung der körperlichen und geisti­ konnten. Nach dreijähriger Forschungsarbeit gen Beanspruchung« sowie »Förderung der kam endlich der Prototyp einer reinen Fernseh­ Persönlichkeitsentwicklung im Arbeitsprozeß« 41 Aufzeichnungsanlage ohne Schnittmöglichkeiten bewirken zu können. Vergleichbare Ansätze mit der Bezeichnung Mavicord heraus, die für humaner Arbeitsbedingungen zwecks Produktivi­ zeitversetzte Ausstrahlungen der nun elektro­ t~itssteigerungen spielten daraufhin bei den aus magnetisch gespeicherten aktuell-politischen der praktischen Erfahrung heraus geforderten Sendungen, Sportberichte oder die Vorproduk­ Verbesserungen »der Mensch-Maschine-Bezie­ tion von Fernsehspielen gedacht war. Bis 1968 hungen zwischen Bediener und Bildmischein­ entstanden allerdings nur zwölf einzeln zusam­ richtungen« ebenfalls eine wesentliche Rolle: mengesetzte Exemplare, deren Weiterentwick­ »Es kann nicht immer wieder verlangt werden, lung nach den Plänen des Ministerrates aus fi­ daß sich die Kollegen für die Bedienung an nanziellen Überlegungen und Kapazitätsgründen neue, umfangreiche und sicher auch nicht un­ zugunsten einer farbtüchtigen Variante gestoppt komplizierte Bearbeitungstechnik mit steigendem wurde. Der Nachfolger feierte dann 1972 auf der Aufvvand anpassen müssen. Vielmehr muß end­ Leipziger Messe seine vor ausländischen Gä• lich der umgekehrte Weg konsequent beschrit­ sten inszenierte Premiere, von dem aber nur 27 ten werden, nämlich die Technik den menschli­ Stück für den RGW-Markt in Produktion gingen, chen Erfordernissen stärker anzugleichen. «42 weil die aufvvendige Herstellung, die übergroßen Dimensionen, der gewaltige Energiebedarf, die geringe Bildqualität und die hohe Störanfälligkeit 3. eine weitere Nutzung in keiner Weise mehr rechtfertigten.40 Die zahlreichen Versuche »zur konsequenten Für die medien- und werbewirksame Olym­ Überwindung der NSW-ImportabMngigkeit bei piade 1980 in Moskau unternahm die Elektronik­ Hauptausrüstungen der materiell-technischen industrie noch einmal alle Anstrengungen, um Basis für die Programmproduktion des DDR­ eine dritte Generation von Videogeraten zu Fernsehens«43 führten Anfang der 70er Jahre bauen. Diesmal zeichneten sowjetische Partner unter anderem zu dem international ersten rein für die Bandmaschine vom Typ KADR 5 verant­ elektronischen Synchronisationsverfahren, mit wortlich, für die das RFZ nun auch ein System dem direkt ohne die Zwischenstufe Film neue zur automatischen elektronischen Montage Sprachfassungen mit einer entsprechenden Ge­ (SAEM) beisteuerte. Die Schnitteinheit für die räuschkulisse und Musik in einem Arbeitsgang Post-Produktion erforderte für DDR-VerMitnisse auf dem Videoband aufgezeichnet werden konn­ völlig neue Fertigungstechnologien und mar­ te.44 Darüber hinaus entstanden weitere Peri­ kierte fortan auch im fernseh- und nachrichten­ pherieprodukte für die Bildbearbeitung im Stu­ technischen Geratebau den erwünschten Über• diobetrieb. Auf der Grundlage dieser Produkt­ gang zur Rechentechnik und Mikroelektronik, die linie45 hatte sich das RFZ mit dem Entwurf eines verstärkt zur Rationalisierung und Automatisie­ eigenständig funktionierenden Mix-Effekt-Sy­ rung beiträgt, die Arbeit erleichtert und zu höhe• stems als ein Staatsplanthema gemäß der 3. ren Gebrauchswerten führt. Tagung des ZK der SED bis Ende 1983 zu sei­ Zudem erlangten mit dem Steuerpult SAEM ner »letzten praxisorientierten Geräteentwick• nun auch erstmals projektierende statt korrigie­ lung« wiederum mit einer »volkswirtschaftlichen rende Gestaltungsgesichtspunkte und die be­ Zielstellung« verpflichtet, »die Mitbestimmung wußt ergonomische Formgestaltung »eine be­ des Welthöchststandes auf dem Gebiet der deutsame, immer starker zwischen psycholo­ SECAM-Bildmischeinrichtungen und eine NSW­ gischen, technischen und kulturell-ästhetischen Importvermeidung in Höhe von 900.000 Valuta­ Faktoren vermittelnde Funktion«: »Bedingt durch mark pro Anlage«46 zu erreichen. Mit dieser wei­ den Arbeitsgegenstand handelt es sich hierbei terhin analog arbeitenden Technik konnten in um Steuer-, Regel-, und Kontrollarbeitsplätze mit der Vorproduktion und Senderegie erstmals oh­ einem großen Anteil visueller lnformationsdar­ ne Auflösungs- und Kodierverluste komplexe bietung. Probleme der Zu- und Anordnung von Bildmischungen und Montagen realisiert werden, Kontroll- und Anzeigeeinheiten nehmen daher und zwar vollständig auf der Ebene des für die eine zentrale Stellung ein und bleiben nicht nur DDR gewählten französischen Farbsystems47 - auf den Arbeitsplatz beschränkt, sondern erfor­ eine politische Systementscheidung, um die dern eine komplexe, prozeßbezogene Betrach­ Kompatibilität mit dem bundesdeutschen PAL­ tungsweise.« Dieses erweiterte Problembewußt• Verfahren (Phase Alternation Line) zu vermei­ sein war längst volks- und betriebswirtschaftlich den, die erst nach der Vereinigung Ende 1991 zwingend geworden, um gezielt die dringend zurückgenommen wurde.4B Zuvor sahen sich die 160 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Bildingenieure oftmals zu Normwandlungen ge­ potentielle Einstellungen und Perspektiven der zwungen, weil viele der eingesetzten Studioge­ Kamera zu simulieren. Gedacht waren diese rate nach dem PAL-Prinzip der simultanen Si­ graphischen Entwurfsarbeiten vor allem für auf­ gnaiObertragung funktionierten, das gegenOber wendige Filmprojekte, TV-Serien und Reihen, dem sequenziellen Verfahren für die tricktechni­ aber auch den Einsatz bestimmter Standardde­ sche Manipulation der Videoinformationen eher korationen und den Test aufwendiger Kamera­ prädestiniert war. einsatze (z .B. Kranfahrten oder Modellaufnah­ Auch wenn in einzelnen Sektoren wie bei­ men). spielsweise der Bildmeßtechnik mit analogen Da sich das Fernsehen durch die zuneh­ und spater sogar digitalen Systemen für die Er­ mende Konkurrenzsituation zu den westdeut­ zeugung komplexer PrOfsignale und Auswertung schen Anstalten und durch die dringende Not­ der wesentlichen Bildparameter (ANAVID und wendigkeit, eigene Programme zu verkaufen, »in DAVID) hin und wieder Wirtschaftspatente er­ technisch-technologischer und inhaltlich-gestal­ langt werden konnten, mußten die Verantwortli­ terischer Hinsicht zum internationalen Leistungs­ chen doch erkennen, daß sich die fernsehtechni­ vergleich gezwungen«54 sah, wurde zuletzt so­ sche Entwicklung langst nicht mehr von oder in gar die digitale Ton- und Bildverarbeitung dann der DDR weiterführen ließ49. Die Schwerpunkte eingeführt, wenn »neue Möglichkeiten erschlos­ innerhalb des RFZ verlagerten sich somit konse­ sen werden (konnten), die mit analogen Mitteln quenterweise auf neu eingesetzte Abteilungen nicht zu lösen sind.«ss Mit diesen schrittweisen wie die Arbeitsgruppe Mikrorechentechnik Maßnahmen sollten einerseits die künstlerischen (1981) und der Rationalisierungsmittelbetrieb Produktionsbedingungen weiter verbessert und Post- und Fernmeldewesen ( 1984 ), die für drin­ andererseits die ständig aufgetretenen Probleme gend erforderliche Einsparungen, Rekonstruk­ mit der gegenseitigen Anpassung der beiden tionen und Detailverbesserungen zu sorgen hat­ Farbnormen PAL und SECAM eieminiert und die ten: »Deshalb arbeiten alle Kollektive nach dem bereits im analogen Studioverbund vorhandenen Prinzip der fehlerfreien Arbeit, entwickeln viele Inseln in Form von Digital Video Effect-Geraten Initiativen. ( ... ) Die Anlagen rationeller zu nutzen, (DVE), Bildspeichern, Normwandler und Compu­ sie mit eigener Kraft zu modernisieren, das ist tergraphik-Systemen westlicher Provinienz ohne ein vorrangiges Wettbewerbsanliegen in den qualitätsmindernde Signalwandlungen adäquat Funkamtern, Funkbetriebsstellen und in den eingesetzt werden . Studiotechniken. «so Spätestens seit der Einführung des Farbfern­ Im Mittelpunkt standen seitdem offiziell »die sehens fielen notgedrungen immer häufiger beschleunigte Einführung der Anwendung von (Kauf-)Entscheidungen zugunsten westlicher CAD/ CAM-Systemen, flexible Automatisierung Technologien, weil die Produktivität der planwirt­ ganzer Produktionslinien« sowie die »Entwick­ schaftlich organisierten Elektronikindustrie nicht lung, qualitätsgerechte Produktion und effektive den ideologischen Ansprüchen genügen konnte. Anwendung mikroelektronischer Baugruppen Trotz aller Unternehmungen und Bemühungen und Bauelemente« .51 Der Computereinsatz soll­ war, Ober den gesamten Zeitraum betrachtet, die te langfristig bei der Produktionsvorbereitung , Aufrechterhaltung eines flachendeckenden Sen­ der Gestaltung und Generierung von digitalen dernetzes und eines aktuellen und vielschichti­ Bildwelten sowie der Steuerung von Kameras gen Vollprogramms nie in Ganze mit eigenen (Motion Control), der Beleuchtung und Schnitt­ Mitteln zu gewahrleisten, obwohl die Presse anlagen wesentliche Aufgaben übernehmen. Es stets die Leistungen der RGW-Produktion her­ wurden in diesem Zusammenhang beispielswei­ auszustellen hatte: So trug natürlich beim DDR­ se konkrete Überlegungen angestellt, ob und wie Fernsehen noch in den 80er Jahren einzig »die sich das in der industriellen Formgestaltung und moderne sowjetische Kameratechnik das Ihre zu Architektur bereits bewahrte computergestützte einer hohen GOte der Aufzeichnung bei« und Konstruieren »für die Planung der optischen »die Videospeichergerate (... ) wurden vom Konzeption künstlerischer audiovisueller Film­ Rundtunk-Fernsehtechnischen Zentralamt der und Fernsehaufnahmen verwenden laßt.«52 Ei­ deutschen Post gebaut«.56 ln Wirklichkeit sah ne Arbeitsgruppe Computerdesign53 experimen­ sich die Intendanz schon in den 50er Jahren tierte mit Szenenbildern des Fernsehens und immer wieder zu Importen gezwungen, um mit suchte nach sinnvollen Formen eines optischen ausländischem Equipment die Defizite im Be­ Drehbuches als ein virtuelles Modell für die op­ reich der (Farb-)Kameras57 und Videorekor­ timale und effektive Gestaltung von Bildräumen der58, aber auch der Trick- und Schnitteinrich­ und Handlungsablaufen. Der Rechner hatte da­ tungen oder der Übertragungstechnik auffangen bei verschiedene Varianten Ober den Grundriß zu können. 1963 gelangten die Techniker unter und die Bedingungen des Drehortes, die Posi­ strengster Geheimhaltung - es durften nicht ein­ tionen und Bewegungen der Schauspieler sowie mal Photodokumente angefertigt werden - auf il- Beutelschmidt: Studiotechnik im Fernsehen der DDR 161 legalen Wegen in den Besitz einer Bandma­ deanstalten und bewies. in welchem Ausmaße schine des Vorreiters »Ampex«, was die Ablö• auf inländische Industrieprodukte einerseits oder sung des Films als Bildträger vorprogrammierte Einfuhren andererseits zurückgegriffen wurde. und eine beschleunigte Ausweitung der Produk­ Sowohl die Strategien der Eigenversorgung als tion, Sendung, Speicherung und des Austau­ auch der Ankauf benötigter Fremdprodukte be­ sches von Programmen ermöglichte. Es folgten wiesen durch ihre im DDR-Maßstab enormen in kurzen Zeitabständen weitere Modellvarian­ materiellen und finanziellen Größenordnungen ten, denen ja auch die vorgestellten Eigenent­ einmal mehr den exponierten Stellenwert der au­ wicklungen nachempfunden waren. Die nächste diovisuellen Massenmedien für die Partei- und Generation wurde dann von den nun schon Staatsführung. mobileren Formaten mit 1"-Spulen und einer Schrägspuraufzeichnung geprägt, die Ende der 70er Jahre nach unten ihre Ergänzung durch die 4. semiprofessionellen Kassettensysteme aus dem Industriebereich oder der Consumerelektronik Wie bereits dargelegt, konnte der Programmbe­ fanden. ln der letzten Dekade verlagerte sich die reich des nach 1989 zumindest namentlich wie­ Programmproduktion im DDR-Fernsehen wie der rehabilitierten Deutschen Fernseh-Funks international üblich zunehmend auf die japani­ (DFF) in der gesamtdeutschen Medienlandschaft sche Betacam-Technologie des Marktführers nicht überleben, obwohl er sich in kürzester Zeit Sony. und mit großer Zustimmung seiner zurückge• Im innerdeutschen Handelsverkehr, aber wonnen Zuschauer vom zentralistischen SED­ auch über internationale Verbindungen wurden Sprachrohr zu einem kritischen, differenzierten zur Abwicklung dieser Devisengeschäfte selb­ und publikumsnahen Medium gewandelt hatte. ständige Handelshäuser oder Vermittlungsfirmen Mit der staatlichen Vereinigung schmolzen die zwischen den Herstellern und den DDR-Stellen Sender DFF 1 und DFF 2 zu einem Vollpro­ eingeschaltet. Durch diese oftmals konspirative gramm DFF-Länderkette zusammen, bevor die Methode gingen viele Korruptions- und Bera­ ganze Anstalt laut Artikel 36 des Einigungsver­ tungsgelder verloren, die aber alle Beteiligten trages Ende 1991 endgültig zugunsten der neu aus politischen Überlegungen praktizierten, um aufgeteilten Regionalangebote des Norddeut­ nicht offen miteinander verkehren zu müssen. schen Rundfunks (NDR) mit seinem zusätzlichen Sowohl die Verkäufer als auch die Kunden hiel­ Einzugsgebiet Mecklenburg-Vorpommern, dem ten sich stets bedeckt und schwiegen sich über kleinen Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg das konkrete Liefer- und Finanzvolumen aus, (ORB), dem nun für beide Stadthälften verant­ weil beide Seiten ihre oft langfristigen Vereinba­ wortlichen Sender Freies Berlin (SFB) und der rungen und komplizierten Verbindungen nicht potenten Drei-Länder-Anstalt Mitteldeutscher unnötig gefährden wollten: »Sales to Eastern Rundfunk (MDR) dezentralisiert und aufgelöst Europe are going to require a great deal of com­ wurde.63 Diesen förderalen Rechtsnachfolgern - mitment.«59 Die erzielten Gewinne dürften sich allerdings nur in bezug auf die geschaffene aber insgesamt im Rahmen gehalten haben, weil Obergangseinrichtung und nicht auf die zuge­ die zur Verfügung gestellten Budgets mit zuletzt ordneten Liegenschaften selbst, die als ehemali­ 640 Millionen Mark »real nicht einmal dem eines ges Reichsvermögen entsprechend Artikel 21 mittleren Regionalsenders in der Bundesrepu­ des Einigungsvertrages nun in den Besitz des blik« entsprochen haben sollen.so Für DDR-Ver­ Bundes Obergingen - konnte die eingesetzte hältnissse allerdings eine bedeutende Größen• >Neue Fünf Länder Gesellschaft zur Abwicklung ordnung: Schon für das Haushaltsjahr 1980 ga­ der Rundfunkeinrichtung< (NFL) nach Abschluß ben die Statistiken 487,6 Millionen Mark an Aus­ ihrer Tätigkeiten dann die erzielten Erlöse aus gaben an, was etwa einem Viertel der gesamten dem Sachanlagenkapital und Restvermögen des Aufwendungen für den Kulturbereich entsprach ehemaligen Fernsehzentrums Berlin-Adlershof und den Betrag für das Filmwesen im gleichen überweisen.64 Zeitraum um das Doppelte überstieg.61 Im Gegensatz zu ihren damit ebenfalls ent­ ln der späten »Lehrbriefreihe Technik und lassenen oder in den Vorruhestand versetzten Technologie von Fernsehproduktionen« - her­ Kollegen aus den direkt zum Sender gehörigen ausgegeben von der HFF, Fachrichtung Produk­ Programmabteilungen mußten die technischen tion - wurden alle gebrauchliehen Produkteinhei­ Mitarbeiter des damaligen Rundfunk- und Fern­ ten der Aufnahme, der Bearbeitung und Wieder­ sehtechnischen Zentralamtes - und nun Zentrum gabe/ Sendung behandelt,62 die dem DDR­ für Funkdienste (ZFu) - vom neuen Arbeitgeber Fernsehen Ende der 80er Jahre zur Verfügung Deutsche Post Telekom nach der Zusammen­ standen. Der hier transparent gemachte Ausstat­ führung mit dem nun selbständigen Gesamtun­ tung offenbarte die realen Kapazitäten der Sen- ternehmen Deutsche Bundespost Telekom als 162 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Beamte und Angestellte des öffentlichen Dien­ Entwicklung des Deutschen Fernsehfunks zu ei­ stes in verschiedene Fernmeldeabteilungen ner starken Waffe ( ... ) im erfolgreichen Kampf ge­ weitgehend übernommen werden. Der frühere gen die psychologische Kriegsführung des west­ Status des RFZ als Generalauftragnehmer für deutschen Imperialismus und dessen Versuche , funktechnische Einrichtungen und Rationalisie­ in der DDR die Konterrevolution zu organisieren.« rungsmittelbaubetrieb ging dabei verloren und Manfred Hempel: Fernsehfreundschaft ohneglei­ die Bereiche Bild- und Tontechnik wurden einge­ chen . ln: Theorie und Praxis. Diskussionsmateria­ stellt, weil die jetzige Zustandigkeit der Post lien 43/ 1969, S. 121 - 151, hier S. 121 und S. gesetzlich einzig auf die Distribution von Pro­ 150. grammen nach Studio-Ausgang bzw. die Ge­ 3 Am 13.5.1945 sendete das erste Mal der Berliner wahrleistung von Informationsdiensten be­ Rundfunk, am 1.9. folgte der Sender Leipzig (seit schrankt bleibt und die ehemaligen Betriebe 15.9. mit eigenem Programm), ab 7.12. der Sen­ auch nach einer Privatisierung und nach Um­ der Dresden, ab 24.12. der Landessender schulungsmaßnahmen keine Marktchancen hat­ Schwerin, ab 1.1.1946 der Sender Weimar, ab ten .65 Mai der Landessender Potsdam, ab 24 .12. der Landessender Halle und ab 1.5.1949 der Damit endete ein weiteres Kapitel der DDR­ Deutschlandsender (zuvor Teil des Berliner Rund­ Mediengeschichte. Inwieweit der herausragende funks). · Diese und andere Daten zur Entwicklung Medien- und Technologiestandort im Bundes­ der DDR-Medien finden sich in der ausführlichen eigentum nach der Hauptstadtentscheidung der »Zeittafel zur Geschichte des Journalismus in der Regierung noch am Leben erhalten werden DDR 1945- 1961« in: Günter Raue : Geschichte kann , bleibt abzuwarten. Immerhin handelt es des Journalismus in der DDR. Leipzig 1986, S. sich hierbei, von der Nutzflache und Studioka­ 244 - 278. Diese Chronik wurde fortgesetzt in der pazitat aus betrachtet, um einen der größten Reihe der Lehrmaterialien der Kari-Marx-Universi­ Fernsehkomplexe Europas, der aufgrund seiner täV Sektion Journalistik vgl. Edeltraud Peschel : Zeittafel zur Geschichte des DDR-Journalismus Infrastruktur und interessanten Randlage sicher 1961- 1986. Leipzig 1987. auch zukünftig eine ernstzunehmende Konkur­ Die politische, programmliehe und themati­ renz zu den gleichfalls historischen Produktions­ sche Entwicklung der ostdeutschen Radiosender zentren der alten DEFA-Betriebe in Potsdam­ findet sich in einer ergänzenden Zusammenstel­ Babelsberg und den Atelier-Gesellschaften wie lung vom Lektorat Rundfunkgeschichte: Unser der >Münchener Bavaria< und dem >Studio­ Rundfunk in vier Jahrzehnten. Eine Datenüber• Hamburg< darstellen dürfte.66 Auf alle Falle hat sicht von 1945 bis 1985. ln : Beiträge zur Ge­ das Land Berlin zunachst die Verfügungsgewalt schichte des Rundfunks Jg. 1984, Nr. 4, S. 5- 28. Den bewegten Zeitraum der »Wende« dokumen­ Ober das begehrte Gelande erhalten. ln seinem tiert dann mit umfangreichen Analysen und Quel­ Auftrag sucht nun die Ende 1991 gegründete len: Funkhaus Berlin/ Lektorat Rundfunkgeschich­ Gesellschaft >Neue Lander Grundstücksverwer• te (Hg.): Radio im Umbruch. Oktober 1989 bis tungs und Verwaltungs-Gesellschaft< (NFG) Oktober 1990 im Rundfunk der DDR. Darstellun­ nicht nur einen mittelstandischen »Bewerber/ gen, Chronik, Dokumentation, Presseresonanz. Betreiber, der eine weitere medienwirtschaftliche Berlin 1990. Eine Aufsatzsammlung zur Geschich­ Nutzung des Gelandes sichert« .67 te des eigenständigen Jugendsenders DT 64 ha­ ben erstellt Andreas Ulrich/ JörgWagner (Hg.): DT 64 - Das Buch zum Jugendradio 1964 - 1993. Anmerkungen Leipzig 1993. Die rein apparative Aufbauphase der Radiosender wurde für den »internen Dienst­ 1 Eine Definition von Lenin, der sich schon 1921 in gebrauch« zuletzt noch verfaßt von der Studio­ folgenden Texten mit den propagandistischen technik Rundfunk: Zusammenfassung der Unter­ Möglichkeiten des Rundfunks auseinandergesetzt lagen über die Entwicklung der Technik des hatte: An M.A. Bontsch-Brujewitsch. ln: W.l. Le­ Rundfunks bis 1967 Band 1 und 2. Berlin (DDR) nin: Werke, Bd. 35, S.413 sowie: An den Volks­ 1989. kommissar für Post- und Fernmeldewesen. ln: Ebenda, S. 496. Auf diese Äußerungen stützt sich 4 Gemäß der »Verordnung Ober die Bildung des Günter Raue: Geschichte des Journalismus in der Staatlichen Rundfunkkomitees«, dem fortan alle DDR. Leipzig 1986, S. 79 f. Studios unterstanden und das als Plan- und ln­ vestitionsträger für alle Objekte des Rundfunks 2 Mit dieser Formulierung sollte die »enge und fungierte (§ 7 und 8), sollte »die Bevölkerung tief herzliche Freundschaft« zur Sowjetunion unter­ mit der Idee der Verteidigung des Friedens, ( .. .) strichen werden, die auch im Medienbereich an unserer Heimat und des Hasses gegen die impe­ gleicher Stelle für das Fernsehen reklamiert rialistischen Kriegsbrandstifter, Militaristen und wurde: »Die Zusammenarbeit mit dem sowjeti­ Vaterlandsverräter« erfüllt werden: »Dazu ist es schen Fernsehen, als dem ideologischen Instru­ notwendig, die Rundfunkarbeit ( .. .) in Berlin zu ment der am meisten gestählten und im Kampf zentralisieren und einer einheitlichen Leitung zu erprobten Abteilung der kommunistischen Weltbe­ unterstellen, die für die Gestaltung der ( .. .) Pro­ wegung, war von prinzipieller Bedeutung für die gramme verantwortlich ist.« ln: GSB 112/1952, S. Beutelschmidt: Studiotechnik im Fernsehen der DDR 163

733 f. Eine Präzisierung und noch stärkere Politi­ 1976-80, deren Aussage exemplarisch für alle sierung erfolgte im »Statut des Staatlichen weiteren Verlautbarungen zu diesem Thema gel­ Rundfunkkomitees« vom 18. Oktober 1956. ln: ten kann . GBL Teill98/1956, S. 1181 -1183. 10 Ebenda , S. 107f sowie S. 93. 5 Diese eindeutigen Formulierungen des ideologi­ 11 Manfred Hempel: Befreites Fernsehen. ln : Theo­ schen Auftrages der Medien beherrschten sogar rie und Praxis. Diskussionsmaterial 54/ 1975, S. die technische Literatur wie hier Deutsche Post/ 21 - 75, hier S. 51 . Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zentralamt (Hg.): Die Entwicklung der technischen-technolo­ 12 Karl Heinz Müller: Die technischen Einrichtungen gischen Forschung und des wissenschaftlich­ des deutschen Fernsehfunks. ln : Theorie und technischen Fortschritts im Funkwesen sowie der Praxis. Diskussionsmaterial 13/ 1962, S. 8 - 33, Bau von Ausrüstungen und Rationalisierungsmit­ hier S. 33. teln für die Deutsche Post der DDR 1945- 1985. Textfassung Berlin (DDR), S. 7 und 144. 13 »Beschluß über die Bildung des Staatlichen Ergänzt um die inhaltlich-programmliehen Komitees für Rundfunk beim Ministerrat und des Seiten der Fernsehgeschichte gab der Deutsche Staatlichen Komitees für Fernsehen beim Mini­ Fernsehfunk eine Reihe von Chroniken und zu­ sterrat« vom 4. September 1968. ln: GBL Teil II sammenfassenden Publikationen zur Gesamt­ 105/1968, S. 837. entwicklung der Sendeanstalten heraus - eine 14 Die rechtlichen Grundlagen regelte laut »Gesetz Auswahl : Deutscher Fernsehfunk (Hg .): 5 Jahre über das Post- und Fernmeldewesen vom 3. April Deutscher Fernsehfunk. Berlin (DDR) 1957; 1959« zunächst die »Verordnung vom 1. Juni Ders .: 10 Jahre Deutscher Fernsehfunk. Berlin 1956 über den Fernseh-Rundfunk mit der dazu (DDR) 1963. - Ders .: Der Deutsche Fernsehfunk. ergangenen Ersten Durchführungsbestimmung« Entwicklung, Programm, Produktion, Technik, in­ (GBL I, S. 494f) . ln: GBL Teil I 27/1959, S. 365- ternationale Zusammenarbeit. Berlin (DDR) 1964. 375, hier S. 375. - Deutscher Fernsehfunkl Presseabteilung (Hg .): 1 Informationen über das Fernsehen der DDR . Ber­ 5 Deutsche Post/ Rundfunk- und Fernsehtechni­ lin (DDR) 1967. - Da die Geschichtskommission sches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der des Fernsehens seit Mitte der 70er Jahre dazu technischen-technologischen Forschung und des übergegangen war, die Programme intern auszu­ wissenschaftlich-technischen Fortschritts im werten, wurden die historischen Publikationen Funkwesen sowie der Bau von Ausrüstungen und nicht mehr weitergeführt. Die Auswahl an veröf­ Rationalisierungsmitteln für die Deutsche Post der fentlichungsrelevanten Daten , Fakten, Sendungen DDR 1945- 1985. Textfassung Berlin (DDR), S. und Personen mußte den Verantwortlichen immer 19 f. schwerer fallen, weil durch ständige Ausweisun­ 16 Manfred Hempel: Befreites Fernsehen, a.a.O., S. gen und Ausreisen eine parteigenehme Zusam­ 59 . menstellung wichtiger Sendungen, Ereignisse und Personen problematisch wurde bzw. die vom 17 Manfred Hempel: Fernsehfreundschaft ohneglei­ Fernsehen inszenierte Realität insgesamt immer chen . ln: Theorie und Praxis. Diskussionsmate­ weniger mit dem tatsächlichen Alltag der DDR­ rialien 43/1969, S. 130. Bevölkerung übereinstimmte und von daher die 18 Deutsche Post/ Rundfunk- und Fernsehtechni­ Akzeptanz des Mediums abgenommen hatte. sches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der 6 So wurde die Sowjetunion stets als das histori­ technischen-technologischen Forschung ... a.a.O., sche Vorbild herausgestellt, dem es in allem S. 26 a. nachzueifern galt: »>Von der Sowjetunion lernen, 19 Zu diesem Urteil kam nach Auswertung der Akten heißt siegen lernen< - diesen schon 1946 von und Investitionspläne der verschiedenen Medien­ Wilhelm Pieck geprägten Satz machte die marxi­ bereiche beim Ministerium für Post- und Fernmel­ stisch-leninistische Partei auch in der Fernseh­ dewesen Manfred Hempel: Befreites Fernsehen. entwicklung zum Gesetz des Handelns.« Manfred A.a.O., S. 63 f und Fußnoten 18 bis 26. Hempel: » ... in dem ein Volk sich selbst erblickt« . ln: Film und Fernsehen 11/1977, S. 46-49, hier 20 Ebenda, S. 71. S. 47. 21 Der erste Kamera-Prototyp QP 6 und QP 9 ent­ 7 Der Autor zitiert aus den Debatten über stand auf der Basis einer Normal-Ikonoskop-Bild­ »Preßfreiheit« in den »Verhandlungen des 6. röhre von Telefunken, die unter den Kriegs­ Rheinischen Landtags« in den Marx/Engels Wer­ beständen des früheren AEG-Werkes - nach der ken, Band 1, S. 47 und Fußnoten 3 und 4. Enteigung zunächst Oberspreewerk - gefunden wurde. Die erste Eigenentwicklung QP 1 von 8 Rudolf Hochsieder, Direktor für Wissenschaft und 1951, die als wesentlicher Bestandteil für den Technik im Fernsehen der DDR, in einem Vortrag geplanten Sendebetrieb gedacht war, blieb ein während eines TV-Symposiums in Bratislava Unikat, weil den Konstrukteuren die Unterbrin­ 1976. ln : Theorie und Praxis. Diskussionsmaterial gung der einzelnen Bauelemente und die Ablei­ 60/1976, S. 87 - 109, hier S. 88. tung der Wärmeenergie in dem vorbereiteten 9 Ebenda, S. 88, 94 und 108. Der Referent zitiert Gußgehäuse nicht gelang. Diese technischen hier die Direktive für den Fünfjahresplan der DDR 164 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Probleme trugen mit dazu bei, daß die DDR zwar dikon-Röhren, die auch in einem Projektorblock als fünftes europäisches Land nach der UdSSR, für die Filmabtastung (Projektoreinheit QR 50) Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden des RFZ zu Beginn der 60er Jahre Verwendung das Fernsehen einführte, aber erst nach zweiein­ fanden . halb Jahren Vorbereitungszeit mit den noch recht 30 Diese Investitionsentscheidung half dem WF auch primitiven QP 6- und QP 9-Kameras als Notlö• zunächst - wenngleich mit Mühen und ersten Per­ sungen das reguläre Programm beginnen konnte . sonaleinschränkungen - über den Zusammen­ Kurze technische Beschreibungen und Abbildun­ bruch der DDR-Wirtschaft hinweg. Die befürchtete gen der Modelle in Werner Eichhorn : Technische Stillegung konnte Mitte 1991 noch einmal durch Dokumentation Deutsche Post/ Studiotechnik eine verbesserte Absatzsituation abgewendet Fernsehen. Teil 1: Fernsehkameras, Teil 2: Ma­ werden, obwohl auch der frühere Hauptabnehmer gnetische Bildaufzeichnung (MAZ) - Videokasset­ RFT im eigenen Lande neue Kooperationspartner tenrekorder (VCR). Berlin (DDR) 1989. gefunden hatte und eigene Wege gegangen war. 22 Manfred Hempel: Befreites Fernsehen . a.a.O., S. Die Entwicklung nach der deutschen Einheit faßt 71 . zusammen Horst Buchwald: Noch ein Jahr harte Arbeit. Das Werk für Fernsehelektronik setzt auf 23 Auf diese Schwierigkeiten wegen der unzurei­ Aufträge aus Moskau. ln: Der Tagesspiegel vom chenden »Entwicklungsmittel« , die »das DDR­ 28. 7. 1991 . Fernsehen weit zurück(warfen)«, weist nur Man­ Eine endgültige Lösung erhoffte sich dann die fred Hempel hin , dessen Kollegen ansonsten mitverantwortliche Treuhandanstalt mit einer stets die positiven Erfolge herausstellten. Ebenda , Übernahme durch das südkoreanische Unter­ S. 64 und 70. nehmen Samsung ab 1993. Bislang konnte die 24 Verstärkte Anstrengungen der Betriebslaboratori­ Bildröhrenproduktion von zuletzt jährlich 1 ,2 Mil­ en und der damals noch mit einbezogenen Au­ lionen Stück von nur noch wenig mehr als 10 v. H. ßenbetriebe führten 1958 zu der Fernseh-Studio­ der früheren Belegschaft auf dem nun denkmal­ kamera FSTK 1 (= QP 35), ihrer verbesserten geschützten Gelände des Industriearchitekten Variante QP 39 sowie der Fernseh-Universal-Ka­ Peter Behrens aufrecht erhalten werden . Über mera (FUK) seit 1960 nun auch mit der Super­ diese Pläne berichten Ulrich von Löhneysen : Ost­ Orthikon-Röhrenbestückung. Unter Federführung West-Bündnisse. Letzte Chancen sowie Eva des bald darauf gegründeten Rundfunk- und Breutel : Retter. Samsung in Berlin. ln: Video 4/ Fernsehtechnischen Zentralamts (RFZ) entstand 1991 , S. 12 und 9/1992, S. 17. mit der FUK 2 (= QP 52) dann 1964 eine licht­ 31 Veröffentlichung der Beschlüsse durch den Stell­ empfindlichere Ausführung für den Studio- und vertreter des Ministers für das Post- und Fernmel­ Reportageeinsatz. Das spätere Modell FUK 5 (= dewesen und für den Bereich Rundfunk und Fern­ QP 53) jetzt sogar mit Transistortechnik und ge­ sehen verantwortlichen Gerhard Probst: Rund­ druckten Schaltungen tat von 1966 bis Mitte der funk- und Fernsehtechnisches Zentralamt (RFZ) . 80er Jahre ihren Dienst im DDR-Fernsehen. ln: Technische Mitteilungen des Rundfunk- und 25 Manfred Hempel: Fernsehfreundschaft ohneglei­ Fernsehtechnische Zentralamtes (RFZ) 1I 1962, chen . a.a .O., S. 123. S. 1 -2. 26 Die Endfertigung besorgte das Sachsenwerk 32 Deutsche Post/ Rundfunk- und Fernsehtechni­ Radeberg: »Bis zum Ende des Jahres 1951 konn­ sches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der ten sie 29.500 Geräte in die Sowjetunion liefern, technischen-technologischen Forschung ... a.a.O., die als Wiedergutmachungsleistung auf die in s. 55. Potsdam festgelegten Reparationen angerechnet 33 Einen detaillierten Überblick über die Ausstattung wurden.« Ebenda, S. 126. des Fernsehzentrums nach den Investitionen im 27 Die abwechslungsreiche Entwicklung des WF Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) zu schildert detailliert Martin Richter: Vom Automo­ Beginn der 60er Jahre gibt Kari-Heinz Müller: Die bilwerk zum Elektrobetrieb. ln: Betriebszeitung technischen Einrichtungen des deutschen Fern­ WF-Sender 37, 38, 39 und 40/ 1987, hier Nr. 39 sehfunks. ln: Theorie und Praxis. Diskussionsma­ o.S. terial 13/ 1962, S. 8 - 33. Darüber hinaus eine Gesamtschau aller technischen Einrichtungen von 28 Neidhardt: Farbfernsehen in der DDR. ln: Berliner H. Stier/ E. Augustin: 15 Jahre Funkwesen der Zeitung vom 29.1.1961 . Zu dieser Zeit experi­ DDR - ein Rückblick und Ausblick zu Ehren des mentierten die Betriebe noch mit 15. Jahrestages unserer Republik. ln: Technische ,,Rechteckröhren in Allglasausführung« (Typ Co­ Mitteilungen des Rundfunk- und Fernsehtechni­ lorskop) als Weiterentwicklungen sowjetischer schen Zentralamtes (RFZ) 3/ 1964, S. 97 - 106. Vorläufer - Projekte, die aber nie über das Stadi­ um von »Funktionsmustern« hinauskamen. 34 Unter der Rubrik »Nutzeffekt der Investitionen« faßt die hier zugrunde gelegte Dokumentation der 29 Für diese Einsatzfelder wurden Kameras des RFZ-Betriebsgeschichte für jedes Jahrzehnt die »industriellen Fernsehens« mit vereinfachter Bild­ Studio- und Senderkapazitäten und Empfangs­ technik und reduzierter Auflösung angeboten wie möglichkeiten für die Bevölkerung zusammen . beispielsweise der Telistor TFK 100 oder die Va­ Vgl. Deutsche Post/ Rundfunk- und Fernsehtech- rianten einer Fernsehkamera (FK) -Serie mit Vi- Beutelschmidt: Studiotechnik im Fernsehen der DDR 165

nisches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der Der spätere QR 302 - ein Ungetüm mit 600 kg technischen-technologischen Forschung und des Gewicht sowie einer Länge und Höhe von fast wissenschaftlich-technischen Fortschritts im zwei Metern - erlaubte die Aufnahme von maximal Funkwesen sowie der Bau von Ausrüstungen und 96 Minuten Farbprogrammen nach der französi• Rationalisierungsmitteln für die Deutsche Post der schen Farbnorm SECAM. Weitere Details enthält DDR 1945 - 1985. Textfassung Berlin (DDR), S. eine Produktbeschreibung der als Hersteller an­ 45 f (50er Jahre), S. 109 (60er Jahre), S. 169 gegebenen Deutschen PosU RFZ für den (70er Jahre) und 217 f (bis 1985). Konnte 1970 Außenhandel, Berlin (DDR) 1972. das 1. TV-Programm von 82 V. H. nur in srw 41 Hier und zuvor Gretel Lechtenfeld: Sozialistische empfangen werden, so waren es 1980 98 v. H. in Persönlichkeitsentwicklung und Automatisierung - Farbe. Das 2. Programm sahen 1970 erst 41,2 ihre Einflüsse auf Arbeitsplatzgestaltung am Bei­ v.H. und davon wieder nur 38,3 v.H. in Farbe, was spiel der Einheit Grundstufe SAEM . ln: sich auf 88 v.H . zehn Jahre später verbesserte. Technische Mitteilungen des RFZ 4/1980, S. 77- Auch im Rundfunkbereich konnte erst 1980 eine 81, hier 77 f. fast flächendeckende Versorgung (98-99 v. H.) er­ reicht werden, wobei allerdings auch dann nur 42 Die vielschichtigen Anforderungen bei der kreati­ zwischen 70 und 76 v.H . in Stereo zu hören war. ven Nutzung von Mix-Effekt-Geräten mit einer kaum überschaubaren und beherrschbaren Zahl 35 Über die frühe Technik zur wahlweisen Nutzung von Bildgestaltungsmöglichkeiten analysiert Joa­ mehrerer Bildquellen im Live-Betrieb berichtet G. chim Giemens: Entwicklungstendenzen der Bild­ Uhlenbrok: Bildüberblendeinrichtungen im Fern­ mischtechnik. ln : Bild und Ton 71 1984, S. 215- seh-Studio. ln : Technische Mitteilungen aus dem 219, hier S. 218 f. Betriebslaboratorium für Rundfunk und Fernsehen (BRF) 2/1960, S. 43-51. 43 Deutsche PosU Rundfunk- und Fernsehtechni­ sches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der 36 Auch dieser Erfolg wurde in der Presse vor allem technischen-technologischen Forschung ... a.a.O. , in Hinblick auf Deviseneinsparungen als kollektive S. 143. Meisterleistung herausgestellt, durch die das DDR-Fernsehen »auf diesem Gebiet unabhängig 44 Diese Technologie war für den internationalen von Importen aus NATO-Ländern« werden sollte. Programmaustausch unverzichtbar, weil die da­ Notiz >Fernsehübertragungszug FZ 18< ln: Neues maligen Videorecorder noch nicht über eine voll­ Deutschland vom 15. 12. 1963. wertige zweite Tonspur für die später und beim Eine Zusammenfassung der mobilen Studio­ Film übliche Trennung von Sprache und 0-Ton­ technik besorgte Richard Christophel: Die funk­ Mischung verfügten. Bis Ende 1984 wurden auf technischen Fahrzeuge des RFZ. ln: Technische diese ökonomische und zeitsparende Weise 1000 Mitteilungen des RFZ 3/1982, S. 64- 67. Produktionen bearbeitet. Eine ausführliche Be­ schreibung des Verfahrens unternimmt Michael 37 Exemplarisch sei die Arbeit an der zentralen und Rakow: Synchronisation am laufenden Band . ln : heute umstrittenen Repräsentationsarchitektur in Film und Fernsehen 9/1976, S. 15- 17. Berlin genannt -G. Begoll u.a.: Palast der Repu­ blik. Die Leistungen des RFZ bei der Realisierung 45 Darunter fielen das Farbabgleichgerät OS 790 (im des Bauvorhabens. ln : Technische Mitteilungen westlichen Sprachgebrauch eine Einheit für das des RFZ 2/1977, S. 25-32. Colour-Matching), das Farbschablonensignalgerät QX-760 (= ein Chroma Key-Generator) sowie die 38 Hans-Jörg Gläser: Die Produktion von Fernseh­ Bildmischeinrichtung QX 7000 - zur Adaption des filmen mit der Electronicam-Anlage. Berlin (DDR) sowjetischen Farbfernsehstudioblocks ASB 5 2T 1971 . ln diesem »Studienmaterial Produktion« der an die Verhältnisse des DDR-Fernsehens wie bei­ Betriebsakademie des OFF wird behauptet, daß spielsweise im Studio Rosteck -, der Videoband­ im Gegensatz zur herkömmlichen Spielfilmpro­ Prüfautomat QR 7016 zur Reinigung der viel ge­ duktion mit sequenzieller Einkamera-Aufnahme nutzten und abriebsstarken 2"-Magnetbänder aus die Nutzmeterleistung pro Drehtag mit dem neuen eigenen ORWO-Produktionsbeständen im Pro­ System mit 160 Metern verdreifacht werden grammarchiv und sogar ein Effektgenerator QH konnte. (Ebenda, S. 9) 7009, über dessen Möglichkeiten Auskunft geben 39 Ralf Lenk: Zur Entwicklung des Fernsehens der - Horst Gartz/ Manfred Gragert: Ein neuer Effekt­ DDR. ln: radio fernsehen elektronik 12/ 1982, S. generator für die Bildmischtechnik. ln: Technische 751 - 754, hier S. 752. Mitteilungen des FRZ 1/1978, S. 4-7. 40 Der Mavicord QR 300 konnte nach dem Prinzip 46 Deutsche PosU Rundfunk- und Fernsehtechni­ des 4-Kopf-Transversalrotations-Verfahrens - so sches Zentralamt (Hg .): Die Entwicklung der die DDR-spezifische Bezeichnung des Quadru­ technischen-technologischen Forschung ... a.a.O., plex-Standards - schwarzweiße Bildsignale auf 2"­ S. 194. Gefertigt wurden insgesamt nur vier Ein­ Spulenbändern für maximal 60 Minuten aufzeich­ heiten des QX 7100 für das Fernsehzentrum in nen. Näheres von der Studiotechnik Fernsehen in Berlin-Adlershof. ihren Hinweisen über die magnetische Fernseh­ 47 Schon Ende 1960 hatte die Deutsche Post mit Aufzeichnungsanlage Mavicord QR 300. ln : dem Farbfernsehen experimentiert- damals noch Theorie und Praxis. Diskussionsmaterial 23/1964, auf der Basis des amerikanischen NTSC-Sy- s. 17-24. 166 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

stems: »ln kollegialer Zusammenarbeit, beson­ den - Heide-Uirike Walther: Neuland für acht. ders mit den Wissenschaftlern und Ingenieuren KOMAX: Herausforderung in neuen Dimensionen. der UdSSR, ( .. .) wird das Farbfernsehen auch in ln: Wochenpost 15/1982, S. 5. der DDR eingeführt werden. ( ... ) Wir werden aber 51 Den Forderungskatalog stellte der Hauptdirektor dabei Fehler oder besser kapitalistische Gepflo­ genheiten, wie sie in den USA zu finden sind, und Leiter des Amtes, Siegtried Hermann, auf: 25 Jahre Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zen­ vermeiden.« - behauptete Kurt Hein : Das farbige Bild wird kommen. ln: Neues Deutschland vom tralamt der Deutschen Post - 25 Jahre Leistungen 13. 6. 1960. Bereits 1963 wurde dann ein für das sozialistische Nachrichtenwesen. ln: »Farbfernsehversuchsstudio« eingerichtet und für Technische Mitteilungen des RFZ 4/ 1986, S. 73- die technischen Versuchssendungen eigene 74, hier S. 73. Technik entwickelt: RGB-Mischverstärker QV 603, 52 Ralf Lampe: Möglichkeiten des Computer Aided Videoverteilerverstärker QV 604, Farbkorrektur­ Design für Film- und Fernsehproduktionen. Di­ verstärker QV 605 und einen RFZ-Farbfernseh­ plomarbeit HFF, Potsdam-Babelsberg 1987, S. 5. Epiabtaster. Über diese ersten Versuche und Die Hardware des Systems basierte auf DDR-ei­ Untersuchungen ausführlicher in Wort und Bild J. genen Rechnern (Robotron A 5120 und A 7100, Wobst: Das Farbfernsehversuchsstudio des RFZ. gekoppelt mit einer EDV-Anlage). Bei der Soft­ ln: Technische Mitteilungen des RFZ 3/ 1964, S. ware handelte es sich um eine Adaption des an 122- 124. der Bauakademie der DDR entwickelten Experi­ mentiersystems für den architektonischen Ent­ 48 Diese Umstellung auf die PAL-Norm in ganz wurfsprozeß (PERD). Deutschland bedeutete für rund 60 v. H. der Haushalte der ehemaligen DDR den Kauf neuer 53 Vgl. Gunter Eisermann: Überlegungen zum Ein­ Empfänger, weil ihre alten Geräte zumeist nur ei­ satz von Rechentechnik in der Arbeit der Sze­ nen SECAM-Dekoder besaßen und das west­ nenbildner des Fernsehens der DDR. Berlin deutsche Farbprogramm nur in Schwarzweiß se­ (DDR) 1986. hen konnten. Der mit der internationalen Einführung beider 54 Dietmar Hösel: Das System der digitalen Bildsi­ Systeme verbundene Kampf um politische Ein­ gnalverarbeitung und sein Einsatz für die Gestal­ flußbereiche und Marktanteile der Elektronikindu­ tung von Fernsehbildern . Diplomarbeit HFF, strie beschreibt authentisch der beteiligte Inge­ Potsdam-Babelsberg 1987, S. 3. Die bis zu die­ nieur Walter Bruch: PAL - Die Erfindung und sem Zeitpunkt einzige Arbeit zum Thema in der weltweite Durchsetzung eines Farbfernsehsy­ DDR beschreibt die Funktionsweise und Einsatz­ stems. ln: Ders./ Heide Riedel: PAL Das Farb­ möglichkeiten digitaler Videoanlagen, die aus­ fernsehen. Berlin 1987, S. 59- 128. nahmslos aus dem »nichtsozialistischen« Ausland stammen. 49 So hatte auch das allerletzte Prestigeobjekt - ein digitaler Standbildspeicher für den Fernsehstudio­ 55 Wolfram Eckardt: Perspektive der Digitaltechnik betrieb - angesichts der immer preiswerteren und im Fernsehstudio. ln : radio fernsehen elektronik leistungsfähigeren Westprodukte keine nen­ 10/ 1984, S. 637-653, hier S. 653. neswerte Chance mehr. Hinweise zu dieser Ent­ 56 Vgl. den Beitrag von Klaus Ziegert: Damit Bild und wicklungsarbeit in einer Redaktionsnotiz »Mate­ Ton stets klar ins Haus gelangen. Findige Postler riell-technische Basis für Rundfunk und von der Studiotechnik Fernsehen . ln: Neues Fernsehen in hoher Qualität« in: Bild und Ton 6/ Deutschland vom 10.2.1980 . 1988, S. 179. Ausführlicher über die Aufgaben und Funktionen dieser Technik bei Wolfram Ek­ 57 Begonnen hatte die Einfuhr schon 1955 mit der kardV Bernd Bölike: Digitaler Standbildspeicher damals sehr fortschrittlichen und mobilen Video­ für den Fernsehstudiobetrieb. ln: Technische kamera 2014 des englischen Herstellers PYE, die Mitteilungen des RFZ 4/ 1986, S. 75 - 78. vor allem für die Reportage und bei Außenüber• tragungen zum Einsatz kam. 1960 folgten aus 50 Klaus Ziegert: Bild und Ton mit Qualität frei Haus. dem RGW-Bereich der ungarische Eigenbau KT -5 Kollektive der Deutschen Post sorgen für verbes­ und die sowjetische KT-6 mit vergleichbarer serten Rundfunk- und Fernsehempfang. ln: Technologie, elektronischem Sucher und Wech­ Neues Deutschland vom 5.3.1984. Allein in die­ selobjektiven. sem Jahr sollen im Post- und Fernmeldewesen ln den 70er Jahren kam die DDR nach ihrer »Rationaliserungsmittel im Werte von 84,5 Millio­ außenpolitischen Öffnung meist auf Umwegen nen Mark selbst hergestellt« worden sein auch in den Besitz von westdeutschen Typen der (ebenda). Bosch-Fernseh-GmbH. Die zunächst noch ge­ Als Beispiel für Rationalisierungserfolge sei braucht erworbenen und schwarzweiß arbeiten­ auf die automatisierte Technik zur Signalvertei­ den KOD 75 bzw. K 3 0 75 wurden im Zeitalter lung und Übertragung von 1982 hingewiesen: des Farbfernsehens bald von der erfolgreichen zum einen die Kommutierungsanlage zur Über• KCU 40 als das »Arbeitspferd« in den DDR-Stu­ tragung von Video-, Ton-, Licht- und X-Signalen, dios abgelöst - ergänzt von der holländischen kurz KOMAX genannt sowie das spätere Prozes­ Philips LOK 3, der englischen Konkurrenz Marconi sorgesteuerte Kommutierungssystem PROKS, die MARC VII sowie einigen sowjetischen Farbkame­ als große Kollektivleistungen herausgestellt wur- ras KT 116M und später KT 132 und KT 178. Beutelschmidt: Studiotechnik im Fernsehen der DDR 167

j Die Nutzung tragbarer Kameraausführungen dam-Babelsberg 1986, hier S. 4. Zum anderen für die aktuelle Berichterstattung erfolgte ebenfalls Manfred Falkenhain: Die mobile Übertragungs• zu Beginn der 70er Jahre noch in SIW-Technik technik im DDR-Fernsehen. Potsdam-Babelsberg mit der amerikanischen Ampex BC-300 und dem 1987. transportablen 2"-Rekorder VR-3000. Als zusätz• 63 Damit hatten sich alle Pläne eines gemeinsamen liche Bildquelle auf dem Übertragungswagen Ostdeutschen Rundfunks (0 3) oder auch die an­ diente die Bosch KP 40, bevor ab 1976 die farb­ visierte »kleine Lösung« mit einem Nordost­ tüchtigen KCN 9 und 92 sowie die KCR 40, KCA deutschen Rundfunk (NOR) als Zusammenschluß 90 und zuletzt die LOK 90 - nun von Broadcast von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Television System (BTS) verwendet wurden. Berlin zerschlagen , die mit ihren Programmen die ln den 80er Jahren bestimmten die japani­ besonderen kulturellen ldentitäten in den neuen schen Anbieter den Markt. Sony lieferte als Stand Bundesländern berücksichtigen und bedienen alone-Ausführung ihre BVP-Serie mit Röhren und wollten. Die vor allem aus politischen Gründen später mit Chiptechnologie und leitete die Gene­ erfolgte Neuaufteilung - als die zunächst bis zu ration der modernen Camcorder mit ihren Beta­ einem Zusammenschluß von Berlin und Branden­ cam-Varianten der BVW-Reihe ein , die zuletzt burg sowie einer zu erwartenden Neustrukturie­ noch 1989 durch die kompakten Einheiten BVW- rung der gesamten ARD endgültige Konstellation 200 und -300 ergänzt wurden . - sind dokumentiert als Sonderteile »Medien­ 58 Die Studios bedienten sich lange Zeit der 2"- und region Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Bran­ 1"-Spulenrekorder wie der Ampex-Maschinen VR- denburg« sowie »Sachsen, Sachsen-Anhalt, 1002, -1200, -2000 und AVR 2 als auch der Bo­ Thüringen« in: Medien Bulletin 6/1992, S. 37- 54 sch-Produkte BCM-40 sowie BCN 20, 40/41 und und 14 + 15/1992, S. 41- 55 . 50/51 bzw. eines gesonderten Industriestandards 64 Nach Abzug der Abfindungsleistungen an 4140 des amerikanischen Herstellers International Vi­ ehemalige Mitarbeiter des OFF , der Unterhalts­ deo Corporation (IVC) . Ab Mitte der 80er Jahre aufwendungen für erhaltene Orchester und alter erfolgte allmählich die Umstellung auf das Seta­ Verpflichtungen verblieben von insgesamt 511 cam-Format mit Playern und Schnittrekordern von Millionen DM noch 110 Millionen für eine Aus­ Sony und BTS . schüttung an die neuen Sender. Zu dieser Bilanz Für Redaktionsaufgaben , den Rohschnitt, eine Notiz »Endgültig abgewickelt« in : Medien Programmvorbereitungen, Sichtungskopien und Bulletin 1 + 2/1993, S. 10. Sprachsynchronisationen dienten diverse U-ma­ tic-Ausführungen von Sony und Japan Victor 65 Der damalige Leiter des Zentrums für Funkdien­ Company (JVC), (S-)VHS-Modelle von JVC sowie ste , Hansjürgen Bartsch in einem Beitrag von Ul­ VCR-Geräte von Philips, Grundig und ZRK-Unitra, rike Scholz: Telekom 2000. Dorniger weg zum einem polnischen Produzenten. Ziel. ln: ING Digest. Das Ingenieur-Magazin 4/ 1991, S. 12-17, hier S. 17. 59 So die vorsichtige Einschätzung des Sony-Pres­ sesprechers Themas lsajiw. Die Unsicherheiten 66 Die Bedeutung der AV-Branche für den Wirt­ mit den Ostgeschäften verhinderten auch nach schaftsraum Berlin dokumentiert Christine Dank­ der politischen Öffnung den von vielen Westun­ bar: Film und Fernsehen an die Spree. ln Berlin ternehmen erhofften Verkaufsboom. Hierzu der entstehen mehrere Medienzentren. ln : Der Ta­ Blick von außen auf diese spezielle europäische gesspiegel vom 9.3.1993. Marktsituation von Andrew von Gamm: East Ger­ many - a hard nut to crack. ln: International 67 Soweit der Ausschreibungstext, zitiert von Rein­ Broadcasting 6/1991, S. 74. hart Bünger in seiner Recherche über die kompli­ zierten Nachlaß- und Eigentumsverhältnisse des 60 Über die finanzielle Situation im Fernsehen ehemaligen Fernsehzentrums : Eine Ländersa• konnte erst nach der politischen Öffnung gespro­ che, die dem Bund gehört. Adlershof, die Abwick­ chen werden. Hierzu unter Berufung auf den lung der Einrichtung und ein Grundstücksstreit Pressesprecher des OFF Michael Mara: nach Sendeschluß. ln: Der Tagesspiegel vom »Elektronische Mauer« empört viele DDR-Bürger. 28.2.1993. ln: DerTagesspiegel vom 31 . 12. 1989. 61 Dem standen nur 391 ,2 Millionen Mark an Ein­ nahmen durch Gebühren und Programmverkäufe gegenüber. Diese Zahlen nennt der ehemalige TV-Kommentator Heinz Grote: 30 Jahre sozialisti­ sches Fernsehen. ln: Prisma. Kino- und Fern­ sehalmsnach 13/ 1983, S. 9 - 20, hier S. 20. Die Vergleichszahlen sind zu entnehmen: Institut für Kulturforschung beim Minister für Kultur: Kultur in der DDR - Daten - 1975 - 1988. Berlin (DDR) 1989, S. 11 - 15. 62 Zum einen die Diplomarbeit von Heiko Winkler: Technik der stationären Fernsehproduktion. Pots- Joachim-Felix Leonhard

Das Rundfunkarchiv Ost Folgen und Folgerungen für Gegenwart und Zukunft·

Nicht selten stehen Ereignisse als Endpunkte ei­ dieser DDR zu beschäftigen, ihre historisch-poli­ ner Entwicklung, sind Folgen von Ursachen, und tischen Grundlagen aufzuarbeiten, um aus der können doch ihrerseits neue Folgen, auch Folge­ Erforschung zu Anhaltspunkten objektiver Be­ rungen auslösen, für die sie möglicherweise gar wertung und Einschätzung zu gelangen. Im nicht Ursache sind, so doch vielleicht Anlaß ge­ Grunde genommen heißt dies nichts anderes als geben haben: Die Rundfunkarchive der DDR - mit historischer Grundlagenforschung einen Bei­ nur Abschluß einer Entwicklung oder (auch) An­ trag zur praktischen Politik zu leisten, die bisher laß zum Nachdenken über Künftiges, auch wenn je deutsch war, jetzt gesamtdeutsch werden es nicht unmittelbar dazu Bezug hat? Darüber zu muß . Ob diese Grundlagenforschung freilich informieren, aber auch Anstöße zu vermitteln, ist einzig und fast ausschließlich auf schriftlichen die Absicht dieser Ausführungen. Dabei gehen oder gedruckten Zeugnissen und Belegen auf­ die Überlegungen zuerst in die Richtung metho­ bauen darf, ist eine methodische Frage, die für disch-kritischer Betrachtung, wenden sich dann die Zeitgeschichte, auch für die Zeithistoriker dem Ereignis und den Ereignissen selbst und selbst, nicht ohne Herausforderung, auch mit ihren Entwicklungen und Folgen, auch Abfolgen, Kritik verbunden sein mag . Orientiert sich, sieht zu und leiten über zu Überlegungen, die nicht man von wenigen Ausnahmen ab, die Methodik oder auch direkt oder indirekt mit dem Ereignis von Zeithistorikern fast ausnahmslos am papier­ zu tun haben. nen Informationsträger bis hin zu der nicht selten anzutreffenden Haltung, andere, z. B. audiovi­ suelle Zeugnisse, erst dann als Dokumente der Grundsätzliche Bemerkungen Zeitgeschichte einzuordnen, wenn sie in trans­ kribierter Form, also auf Papier, vorliegen, so hat Zuweilen haben wir den Eindruck, daß das, was dies bei der historischen Aufarbeitung der DDR gerade oder vor kurzer Zeit geschehen ist, was eine besondere Bewandtnis. Immerhin haben wir gestern noch aktuell war, bereits Geschichte sei, es ja nicht etwa mit einer historischen Epoche weil als Ereignis hinter uns liegend oder als oder Entwicklung zu tun, die Jahrzehnte oder gar Entwicklung abgeschlossen. Auch nehmen wir Jahrhunderte zurückliegt und die zwangsläufig an, aus der Geschichte, ihren Geschichten und ihre Dokumente, dem Prinzip der Schriftlichkeit Geschehnissen lernen, Erkenntnisse gewinnen folgend, überliefert hat. und Folgerungen ziehen zu können . »Eng ist das Längst beziehen Mediävisten beispielsweise Leben fürwahr, aber die Hoffnung ist weit« sagt Überlieferungen ikonographischer Art oder Mo­ Goethe, und wir selbst wissen, daß sich die numente der Architektur als Quellen im Rahmen Dinge, genauer die Zeiten ändern und wir in, der Historischen Hilfswissenschaften ein . Rar auch mit ihnen. Letzteres, d.h. der Wandel, voll­ sind dagegen die Bemühungen der klassischen zieht sich in der Gegenwart, entzieht sich jedoch Zeitgeschichte, audiovisuelle Dokumente, zumal bisweilen der direkten Wahrnehmung und wird im 20. Jahrhundert technisch Oberliefert und erst recht bewußt, historisch wie politisch, wenn auch Oberlieferbar, in den Gesamtrahmen ein­ wir die erste Distanz, räumlich wie zeitlich, ge­ zubeziehen und ihre Wirkung auch unter dem wonnen haben. Gesichtspunkt der akustischen und visuellen Wahrnehmung bestimmter Vorgange zu begrei­ fen: Als beispielsweise beim letztjährigen Deut­ Stellenwert historischer Quellen schen Archivtag, im Kongreßzentrum am Alex­ anderplatz in Berlin, aber auch anderenorts, das Vielleicht haben wir jetzt, im dritten Jahr nach der Gesamtthema »Historische Aufarbeitung der DDR« anstand, wandten sich Festvortrag und Wiedervereinigung, diese erste Distanz erlangt, um uns näher mit der kulturellen und histori­ nahezu alle anderen Beiträge - mit einer Aus­ nahme - der methodischen Grundfrage zu, wie schen Überlieferung eines Staates zu beschäfti• und inwieweit aus den vielen Akten, die in die gen, der uns so fern war wie geographisch nah, Archive gelangt sind, historische Erkenntnisse und der mehr an Kultur, Asthetik und Kommuni­ als Ergebnis historisch-politischer Analyse ge­ kation hinterlassen hat, als wir uns über die wonnen werden können. Ist diese Basis wirklich Jahre der Trennung aus linkselbischer Sicht vor­ stellen wollten. Die Zeit ist gekommen, sich mit ausreichend? Zumal bei der AufarbeitunQ des Joachim-Felix Leonhard: Das Rundfunkarchiv Ost 169

historischen Erbes eines Staates, dem eigentlich Frage: Ist die zeitgeschichtliche Forschung ei­ bei der Aktenbildung, sprich in den Registraturen gentlich methodisch darauf vorbereitet, da es von Ministerien, Parteien und Massenorganisa­ nach wie vor beispielsweise einer Quellenkunde, tionen, wohl an allem gelegen sein dürfte, nur auch einer Methodologie für die Behandlung au­ nicht an der Entwicklung von Objektivität und diovisueller Quellen weitestgehend mangelt? Neutralität? Die Frage ist also gleich zweifacher Vielleicht kann die Gründung, d. h. die Ge­ Natur: Kann man, darf man sich auf diese schichtswerdung des Rundfunkarchivs Ost, dazu schriftlichen Zeugnisse beschränken, was bisher Anstöße vermitteln. Dieses Archiv also, zunächst fast immer der Fall ist, oder hat man eben nicht »Rundfunkarchive der DDR«, dann doch auch andere Dokumente als Zeitzeugnisse, »Einrichtung« , dann »Rundfunkarchiv Ost«, wird die ja vielfach auch Zeitzeugen sind, einzubezie­ ab 1. Januar 1994 als »Standort Berlin des hen in die globalere Betrachtung? Und, indem Deutschen Rundfunkarchivs«, einer Stiftung des dieses bejaht wird, erhält nicht etwa die Rund­ bürgerlichen Rechts und Gemeinschaftseinrich­ funkgeschichte, die typologisch als Spezialdis­ tung der ARD mit Sitz in Frankfurt am Main, ziplin, als ein Beispiel zur Gesamtgeschichte der fungieren . Zeit dienen mag, größere Bedeutung, wenn sie auch, trotz vielfacher positiver Forschungser­ gebnisse, im Rahmen der gesamten Zeitge­ Vergleichbare Ausgangspositionen: schichte eher ein Randdasein führt wie die Film­ West- Ost geschichte, die Kunstgeschichte und andere Spezialdisziplinen mehr? Der Weg bis zur Gründung dieses Archivs bzw. eines neuen Teils des Deutschen Rundfunkar­ chivs war, bezogen auf Verlauf und historische Historisch-politischer Kontext Auffälligkeiten der Wiedervereinigung, schwierig bis - denkt man an bestimmte Klärungs- und Den Blick im wahrsten Sinne zu öffnen und zu Abstimmungsprozesse zurück - dornenreich und weiten, könnte eine Aufgabe, auch eine Wirkung zuweilen mehr auf- denn anwendungsorientiert. oder Folgerung, sein, die von einem Rundfunk­ Zwar bedeutete der Zeitpunkt für die Übertra• archiv Ost als Sammlung der historischen Hinter­ gung der Aufgabe zur treuhänderischen Verwal­ lassenschaft des Rundfunks der DDR ausgehen tung durch die fünf neuen Länder und Berlin kann . Anders, als dies mit der verhältnismäßig bzw. die ihnen zugeordneten Rundfunkanstalten spät einsetzenden historischen Aufarbeitung des >Mitteldeutscher Rundfunk< (MDR), >Norddeut­ Nationalsozialismus der Fall war, als erst mit scher Rundfunk< (NDR), >Ostdeutscher Rund­ zeitlicher Distanz die Themen und die Problema­ funk Brandenburg< (ORB) und >Sender Freies tik erörtert wurden, liegt das, was wir mit der Berlin< (SFB) für die Jahre 1992 und 1993 an Aufarbeitung der DDR vor uns haben, eben nicht das Deutsche Rundfunkarchiv einen historischen eine Generation zurück. Vielmehr ist all< das Zufall im Hinblick auf das Jahresdatum der noch nicht so lange her, ist zwar bereits Vergan­ Übernahme. Doch sind gewisse Parallelen und genheit und bestimmt, je nach Entwicklung von Analogien nicht zu verkennen. Die Übertragung Politik und Ökonomie, die Gegenwart deutlicher dieses Auftrages fiel immerhin in das Jubiläums• denn je. Denn ungeachtet aller unübersehbaren jahr des vor 40 Jahren, im Jahre 1952, gegrün• Veränderungen in Städten und Landschaften deten damaligen »Lautarchivs des Deutschen des Ostens, ist das Gefühl für Identifikation einer Rundfunks« bzw. späteren und jetzigen Deut­ Gesellschaft von 16 Millionen Menschen mehr schen Rundfunkarchivs. als legitim und, da es nicht oft zur Anerkennung Schon in der Nachkriegszeit, als die aus den durch die »Anderen« aus dem Westen kam, ge­ drei Westzonen erwachsene Bundesrepublik leitet von Nostalgie und Rückerinnerung an frü• sich föderalistisch und - im Bezug auf die Or­ here Zeiten. ganisation des Rundfunks - nach dem Prinzip Im Sinne der Einbringung der DDR-Ge­ der Staatsferne organisierte, galt es, für die ar­ schichte in eine gesamtdeutsche Nachkriegs­ chivische Hinterlassenschaft der Reichs-Rund­ geschichte, die nicht mit einer Geschichte der funk-Gesellschaft eine Bleibe zu organisieren, Bundesrepublik verwechselt werden darf, ist es die zwar zentral wirken, doch nicht staatlich sein von den Zeitläufen, vor allem aber von der un­ sollte. Die damals existierenden sechs Rund­ mittelbaren Wahrnehmung her dringend gebo­ funkanstalten >Bayerischer Rundfunk< , ten, auch Dokumente, die nicht auf Papier in >Hessischer Rundfunk<, >Nordwestdeutscher geschnürten Paketen oder zwischen zwei Ak­ Rundfunk<, >Radio Bremen<, >Süddeutscher tendeckeln in staatlichen oder kommunalen Ar­ Rundfunk< und >Südwestfunk< gründeten dafür chiven verwahrt sind, für historische Untersu­ dieses Lautarchiv, das nicht nur die Produktio­ chungen heranzuziehen. Es erhebt sich die nen und Materialien der Reichs-Rundfunk-Ge-

169 170 Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen 19 (1993) sellschaft bewahren, sondern zugleich auch Kultur als Ziele des Programmauftrages zu ver­ schon damals im dezentralen ARD-System eine stehen, eine Aufgabe, die dann als Folge auch Koordinierungsfunktion einnehmen sollte. Vor die Einbeziehung von historischen Programmbe­ allem aber, so Kurt Magnus, einer der Grün• ständen in das Gesamtprogrammvermögen be­ dungsväter, sollte dieses Archiv, anders als die deutet und die angesichts des nicht seltenen nur für die eigenen Zwecke des Rundfunks ein­ Blicks auf Einschaltquoten ebenfalls alles andere gerichteten Archive der Rundfunkanstalten, von als selbstverständlich ist. Vielleicht aber ist hier vornherein für allgemeine, wissenschaftliche und ein Ansatz zu erkennen für einen Wettbewerbs­ insbesondere historische Zwecke nutzbar ge­ vorteil des öffentlich-rechtlichen Systems gegen­ macht werden. Diese Grundlinien, im übrigen über privaten Anbietern, für den das Rundfunk­ von den Rundfunkanstalten als den Stiftern in archiv Ost - oder sagen wir besser: der Standort der Verfassung des Deutschen Rundfunkarchivs Berlin der ARD-Gemeinschaftseinrichtung Deut­ zugrundegelegt, haben sich bis heute erhalten. sches Rundfunkarchiv - ein Beispiel für die Ar­ Eine 1952 durchaus vergleichbare Situation chive der gesamten ARD ist: Im Wettbewerb trat 1992 ein: Es galt, für die Zeit nach dem Wir­ zählt natürlich nicht zuletzt auch die Qualität der ken des Rundfunkbeauftragten, d. h. also zum 1. Produktion selbst, die ihrerseits aber abhangig Januar, 00.00 Uhr, das rundfunkhistorische Pro­ ist von der bereitgestellten Infrastruktur. grammvermögen und die dazugehörigen Mate­ Die Dokumentation von Zusammenhängen, rialien aus der Zeit einer vergangenen Epoche die als Hintergrundinformationen in einer immer bzw. eines untergegangenen Staates, eines komplexeren und schnellebigeren Welt benötigt ebenfalls diktatorischen Systems, zu überneh• werden, ist für Hörer und Zuschauer von großem men. Doch die Größenordnung war alles andere Interesse. Diese Hintergrundinformationen, als vergleichbar, und außerdem waren die Mate­ gleichsam das historische Gedächtnis, sind in rialien außer für Programmvorhaben von vorn­ den Archiven der öffentlich-rechtlichen Anstalt herein auch wieder für die Interessen wissen­ ein Pfund, mit dem im Wettbewerb um den Kun­ schaftlicher Forschung aufzuarbeiten und zur den deshalb gewuchert werden sollte, weil die Verfügung zu stellen. privatrechtliehen Anbieter nicht über dergleichen Bei aller Parallelität zeigen sich jedoch auch verfügen. Die Entscheidung, die Archive des entscheidende Unterschiede: Erstens handelt es Rundfunks der DDR, eines Gebietes, in dem sich bei den Rundfunkmaterialien der Sender der heute immerhin 16 Millionen Menschen leben ehemaligen DDR um Programmvermögen aus und das mit seiner Thematik uns alle, d.h. auch Hörfunk und Fernsehen, und das gleich aus ei­ alle im Westen, angeht, zu übernehmen, sollte nem Zeitraum von über 40 Jahren, und zweitens auch gesehen werden im Wettbewerbsvorteil trat das Ereignis selbst mit weit geringerer zeitli­ und in der Gesamtaufgabe des Rundfunks. Es ist cher Distanz ein, als dies im Jahr 1952, sieben vielleicht eine Folge, die bislang noch nicht so Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, recht als positiver Effekt eingeschätzt wird, be­ der Fall war. Drittens handelte es sich 1992 - denkt man, zu welch< späten Sendeterminen z. noch - nicht um einen Auftrag der ARD, die zu­ B. Dokumentationssendungen über die DDR mit gleich die Stifterversammlung des Deutschen Archivbeständen aus der DDR im Ersten Fern­ Rundfunkarchivs bildet, sondern um - wie er­ sehprogramm plaziert werden. wähnt- einen treuhänderischen Auftrag. Viertens fiel dann aber die Entscheidung der ARD, die im Frühjahr 1993 beschloß, die Archive endgültig Langwieriger Entscheidungsprozeß zum 1. Januar 1994 in die Gesamtträgerschaft zu übernehmen und sie als Standort Berlin dem Nun, nachdem die Grundsatzentscheidung ge­ Deutschen Rundfunkarchiv zuzuordnen, zu ei­ troffen wurde auf der Basis von Sichtung und nem Zeitpunkt, als dies von der politischen und Sicherung, aber auch Nutzung des Materials in besonders der finanziellen Situation alles andere den vergangenen eindreiviertel Jahren, mag ein als selbstverständlich war. Blick zurück auf die Entscheidung selbst ver­ Erneut, ähnlich und doch anders als 1952, deutlichen, wie es zu dieser kam und wie der trat die ARD - und nur diese - damit in eine Ver­ Planungs- und Entscheidungsprozeß samt Er­ antwortung und finanzielle Verpflichtung ein, die gebnissen Folgen, auch Folgerungen zeitigte. in anderen Staaten durchaus als staatliche Auf­ Eigentlich schien alles einfach und logisch, gabe begriffen wird und in Deutschland auf und dennoch war es nicht so: Zwar legte der Ei­ Grund der Verfassungslage Sache des öffent• nigungsvertrag fest, daß sich der Rundfunkbe­ lich-rechtlichen Rundfunks ist - und auch bleiben auftragte der Organisation der beiden Rundfunk­ sollte. ln dieser Entscheidung dokumentiert sich sender nach der Wiedervereinigung anzuneh­ in gewisser Weise die Konsequenz aus dem men und diese in Form der sogenannten Auftrag der Rundfunkgesetze, Information und »Einrichtung« bis zum 31. Dezember 1991 fort- Joachim-Felix Leonhard: Das Rundfunkarchiv Ost 171

zuführen, d. h. zu beenden hatte. Zwar war auch Es war also nicht eine Kommission oder ein klar, daß gemäß Art. 36 des Einigungsvertrages Gremium der ARD, wenn auch zahlreiche Mit­ das rundfunkspezifische Vermögen an die neuen arbeiter aus verschiedenen Rundfunkanstalten Länder und Berlin zu gehen hatte, doch lag bis mitwirkten, sondern der Studienkreis Rundfunk November 1991 keinerlei Entscheidung über das und Geschichte, der sich der mühevollen Ana­ vor, was die »Einrichtung« nach dem 31. De­ lyse und Auflistung der Archivbestände auf kei­ zember 1991 hinterlassen würde an Immobilien , neswegs bekanntem oder sicherem Terrain an­ Geräten und letztlich auch Archiven als Pro­ nahm. Dieser ersten Erhebung, die nach den grammvermögen. ln einer Zeit, als das Tages­ Gegebenheiten »nur« die Berliner Kernbestände geschäft und weniger konzeptionelle Überlegun• erfassen konnte, nicht aber die an vielen ande­ gen für den »Tag danach« in der Nalepastraße ren Orten lagernden Materialien, schlossen sich und in Adlershof das Handeln bestimmten und Empfehlungen zur Organisation und Nutzung an. zur damaligen Zeit Planung und Politik der ARD Daß diese Empfehlungen, die auch parallele gewiß auch von anderen Problemen bestimmt Entwicklungen wie Eberhard Fechners Appell zur war als von der Beschäftigung mit einem Archiv, Schaffung einer Deutschen Mediathek berück• einem in Berlin-Ost zumal, war es fast kein sichtigen wollten , nicht, - besser: Noch nicht oder Wunder, daß die verdienstvolle erste Analyse so nicht - Gehör in den Entscheidungsgremien des Studienkreises Rundfunk und Geschichte der ARD fanden, magdarangelegen haben, daß unter der Federführung von Friedrich P. Kahlen­ die Zeit noch nicht reif genug war oder, um das berg und Wolfgang Hempel nicht die Akzeptanz Goethe-Wort nochmals aufzugreifen, das Leben fand, die die vierbändige Studie eigentlich ver­ noch nicht lang genug und deshalb die Hoffnung dient hätte. Dies galt nicht nur für die Entschei­ noch nicht weit war. Kurzum, der Verwaltungsrat dungsträger selbst, sondern auch für die mit der des Deutschen Rundfunkarchivs stellte das vom Materie vertrauteren Fachkreise, die diese Stu­ Studienkreis vorgelegte Konzept zurück und be­ die mit nicht geringem Argwohn aufnahmen, galt schloß stattdessen in seiner Sitzung am 16. es doch, angesichts drohender Reduzierungs­ September 1991 in Bremen, eine zweijährige maßnahmen im eigenen Hause, gewissermaßen Sichtungs- und Sicherungsphase vorzusehen dem lokalen Hemd Priorität vor dem überregio• und damit den neuen Vorstand des Deutschen nalen Jackett einzuräumen. Rundfunkarchivs zu betrauen. Erst die Ergeb­ Oie Lösung der im Herbst 1991 dringend an­ nisse dieser Sichtung sollten als Entscheidungs­ stehenden Fragen wurde nicht unbedingt erleich­ grundlage in der Frage dienen, was nach der tert durch die Tatsache, daß im Deutschen zweijährigen treuhänderischen Phase zu ge­ Rundfunkarchiv Anfang Oktober, d.h. also drei schehen habe, wie Trägerschaft, Haushalt, Or­ Monate vor dem Ende der »Einrichtung«, ein ganisation u.ä.m. zu gestalten seien. Vorstandswechsel stattfand und anstelle des langjährigen Vorstands Dr. Harald Heckmann ein Nachfolger trat, der bis dahin überhaupt nicht im Signal der ARD Archivbereich tätig gewesen war - und auch nicht in der ARD. Dank der Unterstützung Einzelner, Die Entscheidungssituation im Herbst 1991 ist zu denen Dr. Themas Weymar (HR), Themas zwar bereits Geschichte, jedoch noch sehr le­ Setz (HR), Christoph Singeinstein (früher Funk­ bendig: Dies beginnt erstens mit der Tatsache, haus Berlin, jetzt ORB), Michael Albrecht (früher daß der mit der Aufgabe zu betrauende (neue) Deutscher Fernsehfunk, jetzt ORB), Wolfgang Vorstand des Deutschen Rundfunkarchivs im Hempel (SWF) und Ernst Dohlus (SFB) sowie September noch gar nicht im Amt war, zweitens vor allem Prof. Dr. Hartwig Keim gehörten, der wurde erwartet, daß für die Sichtung und Siche­ sich als damaliger Intendant des Hessischen rung umfangreiche ABM-Mittel eingeworben Rundfunks und Vorsitzender des Verwaltungs­ würden, und schließlich sollte drittens die ko­ rats des Deutschen Rundfunkarchivs schon früh stenfreie Nutzung der umfangreichen Räume der Problemstellung angenommen hatte, gelang gewährleistet sein. Nur unter diesen Bedingun­ es noch im Oktober, in verhältnismäßig kurzer gen zeigte sich die ARD - zu Recht - bereit, ih­ Zeit, ein Handlungskonzept zu erarbeiten. Damit rerseits Mittel bereitzustellen. Die Bedingungen sollten sowohl die Sichtung und Sicherung der zu erfüllen bedurfte es eines nicht geringen Ma­ Bestände als auch die Nutzung gewährleistet ßes an Zeit und Aufwand. Gleichwohl wurde vor sein, was für die damals gerade neugegründeten dem Hintergrund nicht unverminten Geländes in Rundfunkanstalten in den neuen Ländern von der Schlußphase der »Einrichtung« bereits Ende wesentlicher Bedeutung war. An den Beständen Oktober die Servicegesellschaft Archive und bekundeten in den letzten Monaten der Medien als gemeinnützige Qualifizierungsgesell­ »Einrichtung« privatwirtschaftlich-kommerzielle schaft durch das Sozialpädagogische Institut Rundfunkanbieterein nicht geringes Interesse. Berlin gegründet, ein Institut, das im Auftrag des

171 172 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Senats von Berlin diverse Qualifizierungsmaß• Ausdruck brachten, besondere Hervorhebung, nahmen im Osten der Stadt durchführt. auch wenn, wie mancherorts behauptet, mit der Zu dieser Servicegesellschaft trug das Deut­ Zwischenphase zur Sichtung und Sicherung zu­ sche Rundfunkarchiv seine fachliche Kompetenz nächst nur ein Zeitgewinn erzielt sein mochte. für Management und Planung bei. in zwei Wo­ Schon im Januar 1992 begannen die Mitar­ chen wurde ein Konzept für insgesamt 104 ABM­ beiter unter Koordination des Deutschen Rund­ Stellen, aufgeteilt in drei Teilprojekte, entwickelt, funkarchivs mit der Zusammenführung und der die einzelnen Stellen gemäß BAT nach Tätig• Ordnung der umfangreichen Materialien wie keitsteldem beschrieben, die Mittel beantragt, bis Tonbänder, Filme, Videobänder, Schallplatten , sie schließlich auch bewilligt wurden. Freilich Fotos, Akten, Presseausschnitte und vielem geschah dies offiziell erst am 18. Dezember, d. anderen mehr. Über die Quantität und Qualit~it h. 13 Tage vor dem Sendeschluß der dieser Bestände, über die Probleme bei ihrer »Einrichtung«, doch zeichnete sich das Ergebnis Aufarbeitung ist anderenorts schon mehrfach schon früh genug ab. berichtet worden, 1 so daß die nachfolgende Be­ Nicht viel anders war die zweite Bedingung, schreibung sich auf deren Einordnung beschrän• die der kostenlosen Nutzung der Räume, zu er­ ken kann. Festzuhalten ist, daß die Überlieferung reichen: Es galt, die Zustimmung der Chefs der des DDR-Rundfunks einen Fundus darstellt, der Staatskanzleien der neuen Länder zu erreichen, für Programmgestaltung und wissenschaftliche was nicht ohne Mühe am 20. November 1991 Fragestellungen viele Möglichkeiten und Antwor­ gelang. Es ist zu bedenken, daß die Staatskanz­ ten bietet und in Quantität wie Qualität den Be­ leien der neuen Länder und Berlins - nicht nur ständen von Rundfunkorganisationen Westeuro­ um diese Zeit - sich auch um andere Dinge zu pas durchaus vergleichbar ist. kümmern hatten und daß die kostenfreie Nut­ zung von damals ca . 15000 qm nicht unbedingt zur großen Freude der jeweiligen Finanzminister Rege Nutzung durch die neuen Rund­ vereinbart wurde, die eher an Einnahmen inter­ funkanstalten essiert sein mochten. Nun mag überraschen, daß die Grundsatzentscheidung der ARD bereits Die Materialien wurden von Anfang an rege ge­ vor Erfüllung der Auflagen erfolgte, in einer näm• nutzt. Insbesondere nahmen Mitteldeutscher lich ebenso kurzfristig anberaumten wie kurzen Rundfunk und Ostdeutscher Rundfunk Branden­ Sondersitzung des Verwaltungsrates des Deut­ burg vollständige Sendungen wie Hör- oder schen Rundfunkarchivs auf dem Frankfurter Fernsehspiele, aber auch Musikproduktionen Flughafen am 15. November 1991. Der Zeit­ und Features in ihre Hörfunk- und Fernsehpro­ druck, sechs Wochen vor Ende der gramme oder verwendeten Klammerteile aus »Einrichtung«, ließ freilich nichts anderes zu: Die alten Sendungen für die Neuproduktion bei­ ARD-Rundfunkanstalten beschlossen das vom spielsweise von historisch-politischen Dokumen­ Deutschen Rundfunkarchiv vorgelegte Konzept tationen. Nicht nur MDR und ORB (beide Rund­ und stellten Mittel für das Management unter der funkanstalten sowie Norddeutscher Rundfunk Voraussetzung bereit, daß die beiden genannten und Sender Freies Berlin stellten für Recherchen Bedingungen dann auch später eintreten wür• und Überspielungen sowie andere Dienstleistun­ den. Was dann, freilich im Falle der ABM-Stellen gen zusatzlieh Personalmittel bereit), sondern relativ spät, jedoch noch rechtzeitig genug erfolg­ auch OS-Kultur griffen auf die Bestande zurück - te. So bedingten Ursache und Folge einander. erklärbar mit der Tatsache, daß diese Sender Gleichwohl machen Inhalt und Form dieses vorrangig eine auf die neuen Länder bezogene Entscheidungsprozesses, besonders im Herbst Klientel in Hörfunk und Fernsehen zu bedienen 1991, deutlich, wozu das öffentlich-rechtliche hatten. Die anfangliehe Zurückhaltung der übri• Rundfunksystem, besinnt es sich auf seinen gen Rundfunkanstalten hing damit zusammen, Programmauftrag - nämlich Information und Kul­ daß die westdeutschen Redaktionen das neue tur - immer noch fähig ist. Vielleicht konnte das Angebot erst kennenlernen mußten, wozu bei nicht undeutliche Interesse von privatrechtlich­ diversen Materialpräsentationen Gelegenheit kommerzieller Seite, das Programmvermögen gegeben wurde. So setzte allmählich ein Prozeß der DDR-Rundfunkarchive käuflich zu erwerben, des Umdenkens ein, das östliche Programm­ es möglicherweise später in Programmen des vermögen als Teil eines neuen gesamtdeutschen privaten Rundfunks zu verwerten und darüber Programmvermögens und damit erweiterten An­ hinaus zu vermarkten, den Entscheidungsprozeß gebots im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem beeinflussen und beschleunigen. Gleichwohl zu begreifen. Es war kaum zu erwarten, daß dies aber verdient das Vertrauen, das die Landes­ selbstverstandlieh erschien - warum sollte dies rundfunkanstalten der ARD mit diesem Beschluß im Rundfunkbereich auch anders sein als im dem Deutschen Rundfunkarchiv gegenüber zum übrigen öffentlichen Leben: Die Wiedervereini- Joachim-Felix Leonhard: Das Rundfunkarchiv Ost 173 gung war ein Ereignis und nicht unbedingt be­ nen und Arbeitsgruppen den Haushalt beschlos­ reits das Ergebnis eines Prozesses des Zusam­ sen. Dies gilt für Sach- und Investitionsmittel menwachsens. sowie für Personalmittel für insgesamt 56 neue Wie sehr aber die Verwendung von Archivgut Stellen, davon einige auf Zeit. Daß diese Ent­ des Rundfunkarchivs Ost historische Fragen von scheidung für den Osten Berlins erfolgte, gibt ihr heute beantworten hilft, zeigt sich an zwei Bei­ zusätzlich eine politische, vor allem arbeitsmarkt­ spielen: Zum einen bedeutet die Nutzung von wie sozialpolitische Komponente. Dies gilt um so sogenannten Ost-Beständen im Programm von mehr, als in der gleichen Zeit, in der gleichen ARD und ZDF nicht nur einen Beitrag zur Ko­ Stadt, von der öffentlichen Hand gerade auf dem stenreduktion in Produktion und Programmpla­ Gebiete der Kultur und Wissenschaft eher ge­ nung, wenn gute Sendungen für Sendeplätze spart, d. h. reduziert und abgebaut, denn inve­ insbesondere in Kulturprogrammen genutzt wer­ stiert wird. den. Zum anderen erfüllt die Einbringung von Ost-Materialien die Forderung nach einem auf ein gesamtdeutsches Publikum ausgerichteten Folgerungen für die Zukunft? Programm, das nicht mehr, wie bisher nicht sel­ ten der Fall, aus westlicher Sicht, mindestens So ist also im Jahre 1993 gleichsam die Grün• aber aus dem Blickwinkel des Westens gestaltet dung eines Archivs erfolgt, das bis 1991 noch ein werden darf. Produktionsarchiv war und in der Silvesternacht Hier ist, blickt man auf die Entwicklung der 1991/92 »historisch« wurde. Eigentlich müßten vergangenen anderthalb Jahre zurück, das Le­ die Ausführungen an dieser Stelle schließen, ben nicht so eng und die Hoffnung nicht nur weit. wenn nicht die Planung und der Aufbau dieses Die Erfahrung zeigt, daß das Archivmaterial jetzt historischen Archivs, weit über das Ereignis mehr und mehr angenommen wird, wie einzelne hinaus gehend und - bestenfalls von ihm ange­ Sendungen und Sendereihen, zeigen: Beispiels­ regt -, Anlaß zu eher grundsätzlichen Erörterun• weise die siebenteilige Fernsehserie des MDR gen über die Zukunft historischer, d.h. älterer über die Entwicklung und Geschichte der DDR und selten benutzter Bestände geboten hätte. (»Das war die DDR«) mit ihren überwiegend aus Parallel dazu ist eine Entwicklung in Gang ge­ Adlershof stammenden Dokumenten und die kommen, die mit den Schlagworten wie Reihe »ZeitZeichen« des WDR-Hörfunks über »Digitalisierung«, »Massenspeicher«, »Multi verschiedene historische Fixpunkte der DDR. Media Desk« und anderen mehr schon in Kürze Das Material steht für die ARD als kostenloser die Arbeitsweise von Redaktionen radikal ver­ Fundus bereit und sollte - unter Kostendruck erst ändern wird. Eine Entwicklung, die für die Archi­ recht - genutzt werden. Damit ist natürlich nicht ve selbst in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung dem Leben aus archivalischen Konserven das ist, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Um­ Wort geredet, auch nicht dem Prinzip absoluter stellung der Archivierungsmethoden, aber auch Retrospektive zur Lösung heutiger Fragen, nur: hinsichtlich der Frage der Bestandserhaltung und Die Qualität des Programms, von dem die Hörer -nutzung. Wenn man bedenkt, daß die moderne und Zuschauer mehr und mehr nicht nur Unter­ Technologie mit ihren noch gar nicht absehbaren haltung, sondern auch Hintergrundinformationen Möglichkeiten (zuweilen auch Unmöglichkeiten) erwarten, hängt zwar vornehmlich von der Quali­ Informationen über den Bestand wie den Be­ fikation der Produzenten selbst ab, aber auch stand selbst dezentral mittels Digitalisierung am vom Material, zumal dann, wenn dieses aus den Arbeitsplatz des Redakteurs vermitteln kann, Archiven leicht zugänglich gemacht werden kann man sich vorstellen, daß dies auch Auswir­ kann. Vielleicht ist dies bereits eine Folge, die kungen auf die Organisation von Archiven haben sich in der Gegenwart zeigt, und, denkt man an wird, auch wenn das volle Ausmaß noch nicht er­ den Wettbewerbsvorteil für die öffentlich-rechtli• kennbar ist. chen gegenüber privaten Rundfunkanbietern, Es liegt darüber hinaus auf der Hand, daß die erst recht in der Zukunft zeigen wird. fortschreitende Digitalisierung auch Folgerungen Die Voraussetzungen dafür, nämlich Stabilität zeitigen wird für die Bildung von Quellen und de­ der Dienstleistung selbst, hat die ARD geschaf­ ren Überlieferung, d.h. also auch auf die Bildung fen: Am 1. Februar 1993 hat der Verwaltungsrat von historischer Tradition, für die historische des Deutschen Rundfunkarchivs auf seiner Sit­ Forschung späterer Zeiten. Kaum zu bezweifeln zung in Hannover die Grundsatzentscheidung ist, daß dies auch Änderungen bei der Nutzung getroffen, das Rundfunkarchiv Ost zu überneh• nach sich ziehen wird, wenn in einzelnen Sen­ men und es dem Deutschen Rundfunkarchiv zu­ dern ein einziger zentraler Rechner alles und zu zuordnen, und am 5. Mai 1993 hat der Verwal­ jeder Zeit kosteneffizient bereithalten soll. Nur tungsrat nach den in der ARD üblichen Vorprü• soviel scheint sicher: Werden die Archive der fungen durch die dafür bestimmten Kommissio- verschiedenen Sparten, insbesondere Schall-

173 174 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) und Fernseharchive, sich bei der Bereitstellung jüngster Zeit. Gleichwohl sind über, vielleicht von Dokumenten mit tagesaktuellem Bezug dem auch beispielhaft durch das Rundfunkarchiv Ost digitalen Informations- und Dokumenttrager zu­ Überlegungen in Gang gesetzt worden, die sich wenden, so stellen sich für die historischen, zwar nicht als Folgen für die Gegenwart, so doch nichtsdestoweniger wertvollen Altbestande Fra­ als Folgerungen für die Zukunft erweisen kön• gen nach der Digitalisierung, nach den Kosten nen. Immerhin wurde hier eine Lösung nach dem dafür, nach den ökonomischen Rahmenbedin­ Motto »Zwei Standorte, eine Organisation« ge­ gungen bei der Vorhaltung von Magazinflachen funden, bei der die Nutzer über zentrale Nach­ etc. Dies wiederum ist eine Frage der finanziel­ weisinstrumente wie Datenbanken entspre­ len Ressourcen in den einzelnen Rundfunkan­ chende Informationen und Zugang erhalten. Be­ stalten, die - auf verschiedene Ursachen zurück• stimmt ist es die beste Lösung, wenn die Be­ gehend- sich, im Vergleich zu den expandieren­ stande nach dem Prinzip der nachsten Nahe den Programmen der Sender, für die Archive aufbewahrt werden. Doch was tun, wenn der eher umgekehrt proportional verhalten dürften. Platz erschöpft, keine Mittel für Erweiterungen So ist Skepsis angebracht, ob genügend Mittel oder Miniaturisierung durch Digitalisierung vor­ bereitgestellt werden (können), jetzt oder auch handen sind? Es gilt also, rechtzeitig Auffang­ erst in einigen, aber wenigen Jahren, um histori­ positionen zu schaffen, beispielsweise in Koope­ sche Altbestande zu bewahren und auch zu digi­ ration betriebene, zentrale Depots an möglichst talisieren und sie auf diese Weise für künftige kostengünstigen Orten, an die die Archivalien Nutzung bereitzustellen, wenn sie in das Ent­ abgegeben werden können unter Wahrung der scheidungsdilemma zwischen Bewahren und Eigentums- und Verfügungsrechte der abgeben­ Kostenreduktion geraten . ln der Regel haben den Rundfunkanstalt (man denke vor allem an historische Altbestande jedwelcher Art, wie dies die Honorar- und Lizenzunterlagen und deren auch schon bei Kassationen in den 60er und Verwaltung). Im Zeitalter der Breitbandverkabe­ 70er Jahren, unter verhaltnismaßig günstigeren lung, insbesondere angesichts des bereits exi­ Rahmenbedingungen der Fall war und wo diese stierenden Netzwerks der ARD, ist es zuneh­ Kassationen dennoch nicht verhindert werden mend keine technische Frage mehr, beispiels­ konnten, dabei eine verhaltnismaßig geringe weise Klammerteile rasch zu überspielen, wenn Lobby. sie an einem ganz anderen Ort gebraucht wer­ So ist es eher kein Zufall, sondern Gebot der den . Stunde, daß Ökonomie und Historie derzeit im Tagesgeschaft, vor allem aber bei der Zukunfts­ planung aufeinander rechtzeitig abzustimmen Qualifizierte Archivierung sind, ohne daß Verlust - und das ist bei der Löschung immer unwiederbringlicher Verlust - Keinesfalls bedeutet dies, daß zur Lösung der droht oder drohen muß. Dabei gerat der nicht Raumprobleme etwa alles unbesehen weiterge­ selten zu vernehmende Ruf nach Fusion von reicht werden sollte an derartige Depots. Viel­ ganzen Rundfunkanstalten oder nach Zentral­ mehr sollte man sich auch hier nüchtern bewußt lösungen in Konflikt mit den dezentralen Not­ machen, wozu man bei der Materialsichtung im wendigkeiten, mit dem Beharrungsvermögen Rundfunkarchiv Ost und beim Entscheidungs­ und auch mit der Struktur, wie sie im föderal ver­ prozeß für dieses Archiv bereits existenzorien­ zweigten System unseres Landes nun einmal tiert gezwungen war, daß namlich eben nicht gegeben ist. Betrachtet man die Dinge differen­ alles auf ewig erhalten werden soll oder auch ziert, so wird klar, daß nicht alles, was zentral erhaltbar sein kann. Ob Digitalisierung auf Mas­ koordiniert wird, zentralistisch sein muß, Zentrali­ senspeicher oder Vergabe an Depots, beides tat in diesem Sinne nicht physisch-raumlieh zen­ setzt eine fachlich-intellektuelle Bewertung vor­ tral oder zentralistisch verstanden werden muß. aus und stellt sich damit als eine Aufgabe, um Tatsache aber ist, daß Kostendruck, Raum­ die sich die Medienarchive angesichts der zu­ knappheit und andere Faktoren zum rechtzeiti­ nehmenden Materialflut bereits bemühen, die gen Nachdenken Ober Alternativen und differen­ aber immer wieder erneut überdacht werden zierte Lösungen führen müssen, will man nicht muß. zu spat reagieren, wofür bekanntlich das Leben So schließen diese Überlegungen, wie die bestraft, und zwar sowohl die, die historische Alt­ Eingangsbetrachtungen, mit Fragen methodi­ bestande gerne bewahren wollen, als auch vor scher Art, wie sie sich aus der Beschaftigung allem die, die diese als historische Quellen un­ und der Etablierung des Rundfunkarchivs Ost tersuchen und benutzen möchten. ergeben haben. Das Nachdenken Ober Grund­ Daß man sehr wohl getrennt nicht nur fragen, wie audiovisuelle Quellen mehr in die »marschieren«, sondern auch vereint Effizienz zeitgeschichtliche Forschung einzubeziehen erzielen kann, ist nicht erst eine Erkenntnis aus sind, ob eine Quellenkunde für derartige Mate- Joachim-Felix Leonhard: Das Rundfunkarchiv Ost 175 rialien erarbeitet, wie die Zukunftsplar:lUng für . " rundfunkhistorische Archive, die zuweilen Ge­ genwartsplanung für die historischen Altbe­ stande bedeutet, aussehen kann, findet vor einer zunehmend interessierten und sich vergrößern• den Öffentlichkeit statt. Das Interesse an Doku­ mentationen nimmt zu und damit zugleich Klien­ tel und Lobby des öffentlich-rechtlichen Systems mit seinem Informations- und Kulturauftrag. »Was hilft es, auf dem Gedanken zu behar­ ren, wenn sich um uns alles andert.« Es ist eine Folgerung, die nicht unbedingt neu ist und aus Goethes Egmont, erster Aufzug, stammt, die dennoch Gültigkeit beanspruchen kann, um Erörterungen über die Fragen des Status-quo­ Denkens und Überlegungen zur zukunftsorien­ tierten Bewahrung von Quellen der Vergangen­ heit in Gang zu setzen. Vielleicht kann so, aus der Bewertung von Ursachen, Anlässen, aber auch aus Folgen und Folgerungen und vor allem aus der Einordnung des Vorgangs Rundfunkar­ chiv Ost in den historisch-politischen Kontext auch eine Art methodelogisch-organisatorischer Aufschwung West entstehen. Vortrag anläßtich der Jahrestagung des Studien­ kreises Rundfunk und Geschichte in Leipzig am 25. September 1993.

Anmerkungen 1 vgl. Joachim-Felix Leonhard: Die Rundfunkarchive der ehemaligen DDR. ln : Der Archivar 45. Jg. (1992), H. 3, Sp. 352-360; ders.: Die Rundfunkar­ chive der ehemaligen DDR. Sichtung, Sicherung und Erschließung unter Koordination des Deut­ schen Rundfunkarchivs , Frankfurt am Main. ln: Der Archivar 46. Jg . (1992), H. 1, Sp. 56-62; ders .: Programmvermögen und kulturelles Erbe. Das DRA übernimmt die Rundfunkarchive Ost. ln: ARD Jahrbuch 25. Jg. (1993), S. 51-61 .

175 Christa Nink

Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik im Westdeutschen Rundfunk 1933 Biographische Notizen - Ein Arbeitsbericht

Vorbemerkung Ein Asylrecht gab es damals, als sie verfolgt wurden und fliehen mußten, nicht. Man sprach Seit geraumer Zeit wird in Deutschland über auch nicht von Asylsuche sondern - euphemi­ Flüchtlinge und Asylsuchende diskutiert und im stisch - von Emigration. Ob Menschen mit ihrem Zustrom verfolgter Menschen eine Bedrohung Schicksal heute in Deutschland Zuflucht finden gesehen. Flüchtlinge und Asylsuchende werden könnten, bezweifle ich. Gemessen mit der kur­ angefeindet, diffamiert und müssen um Gesund­ zen Eile mancher Wortführer in der heutigen heit und Leben fürchten. Vor 60 Jahren, nach­ Asylrechtsdiskussion, waren sie in den ersten dem die Nationalsozialisten in Deutschland die Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft aus Macht übernommen hatten, mußten Deutsche in einem verfolgungsfreien Staat gekommen, wür• anderen Landern Zuflucht suchen, auch Mitar­ den an Stammtischen - und nicht nur dort - als beiter des Westdeutschen Rundfunks (WDR). ln Scheinasylanten und Wirtschaftsflüchtlinge dis­ ihrer Existenz bedroht und verfolgt, mußten vor kriminiert. den Nationalsozialisten fliehen oder sich ver­ Wenige haben wieder Fuß gefaßt. Auch nach stecken: 1945 stießen sie selten auf Verständnis in der Öffentlichkeit. Ein Zeitzeuge, WOR-Angestellter Leenarde Aramesco 1. Tenor von 1927 - 1953, schrieb 1968 in einem Bericht Franz Peter Brückner Chefredakteur der für das Historische Archiv des WDR: »Ich möch• Programmzeitschrift te den 1933 entlassenen Kollegen nur den Wind >Die Werag< aus den Segeln nehmen, die nicht verstehen Dodja Feldin Solocellist wollen, daß man ohne Pg [ d.i. Parteigenosse; Carl Heil Sprecher u. Spiel­ Ch. N.] zu sein, Charakter haben kann, sauber leiter bleiben kann, um die Familie satt zu machen. Es Fritz Lewy Leiter der Abteilung ist billig - es wäre billig, wenn die Herren Emi­ Propaganda und Sta­ granten, die das wüste Treiben der Nazis vom tistik sicheren Balkon ihrer Internierungslager verfol­ Alexander Maass Sprecher gen konnten, stolz auf sich waren. Wer auskneift, Bronislaw Mittmann 1. Konzertmeister kann nicht stolz auf sich sein. - Hier schon gar 1 Hermann Spitz Leiter der Abteilung nicht.« Konzert- u. Schall­ ln den vergangenen Jahren habe ich mich platten bemüht, dem Schicksal dieser ehemaligen Kol­ Dr. Hans Stein Leiter der sozialwis­ leginnen und Kollegen nachzugehen. Soweit es senschaftliehen Ab­ möglich war, habe ich versucht, ihre Lebensläufe teilung und die der übrigen, 1933 gekündigten WOR­ Walter Stern Assistent der Vor­ Angestellten aus den mir im WDR zugänglichen tragsabteilung Quellen zu rekonstruieren. Die Ergebnisse dieser Dr. Hanns Ulmann Leiter der Abteilung Recherchen habe ich nun - bewußt unkommen­ Programmredaktion tiert - zusammengestellt. Zunachst scheinen es Eis Vordemberge Leiterin Kinderfunk nur dürre Fakten und Daten zu sein. Wenn man Fritz Worm Leiter der Abteilung aber bereit ist, sich darauf einzulassen - und Literatur u. Kulturwis­ allzuviel Phantasie bedarf es dazu nicht -, wird senschaften man erkennen, was dahinter steht: Gebrochene Lebensläufe, Anpassuung oder Verlust der bür• An diese Kolleginnen und Kollegen möchte ich gerlichen Existenz, die nackte Not zu überleben, erinnern. Sie haben geholfen, den Rundfunk, für viele Jahre Flucht, Entbehrung und Angst. den wir arbeiten, aufzubauen. Sie haben diesem Diese Dokumentation beansprucht keine Medium Gestalt gegeben und seine Möglichkei• Vollständigkeit; sie ist neben meiner Tatigkeit am ten erprobt, haben den Ruf des Westdeutschen Historischen Archiv des WDR entstanden. So Rundfunks begründet. Sie haben bezahlt mit mußte und müssen wichtige Aktenbestände zum dem Verlust von Familie, Freunden, Beruf, Hei­ Thema, z. B. die RRG-Akten im Bundesarchiv mat und Gesundheit. Nicht alle haben überlebt. Koblenz, aus zeitlichenGründen unberücksichtigt Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 177 bleiben. Mit der Veröffentlichung der Dokumenta­ a) wegen nicht-arischer Abstammung : tion möchte ich dazu anregen, das Thema wis­ das Orchestermitglied Ernst Böhm und senschaftlich zu bearbeiten. die Sangerin Elmi Gulland [d . i. vermutl. Leni GOIIand]

Kündigungen, Entlassungen und Berufs­ verbote 1933 b) wegen mangelnder Gewähr politischer Zuver­ lässigkeit: Nach den Reichstagswahlen vom 5. Marz 1933 den früheren Intendanten Ernst Hardt begann in den Rundfunkanstalten eine großan• den früheren Abteilungsleiter Fritz Worm gelegte Entlassungswelle, von den Nationalso­ den früheren Abteilungsleiter Hans Stein zialisten als »Säuberung« des »System-Rund­ den früheren Abteilungsleiter Friedrich funks« der Weimarer Republik bezeichnet, spa­ Lewy ter legalisiert durch das »Gesetz zur Wiederher­ den früheren Abteilungsleiter Hans Ebert stellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April den früheren Prokurist Wilhelm Tigges 1933, unter das auch die Angestellten des das Orchestermitglied Peter Köntges Rundfunks fielen . Nach § 3 dieses Gesetzes das Orchestermitglied Hermann Hartung mußten alle »Beamte, die nicht arischer Ab­ den Ansager Erich Braun stammung sind« , in den Ruhestand versetzt die Sangerin Maria Berger werden, nach § 4 konnten »Beamte, die nach die Sekretärin Maria Guntermann ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die den Musiker Reinhard Fritzsche Gewahr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhalt• die Choristin Hildegard Gliss los für den nationalen Staat eintreten«, entlassen den Sekretar Rudolf Kirschke werden.2 den Hausschreiner Karl Kohrer [richtig: »Wie vielen Rundfunkangestellten insgesamt Kohrs] aus den verschiedensten Gründen - zumeist aus den Buchhaltungs-Angestellten Josef Peen rassischen oder politischen - gekündigt worden den Sanger Hans Remagen ist, laßt sich heute nicht mehr mit Sicherheit den Bürovorsteher Hans Sand feststellen. Mit geringen Abweichungen dürfte den Musiker Altred Sauerteig der Befund über den Westdeutschen Rundfunk den Bassist Wilhelm Scheele auch für die überwiegende Mehrheit der anderen den Musiker Kurt Schneider Rundfunkanstalten zutreffen. Danach sei im den Chor-Direktor Bernhard Zimmermann Frühjahr 1933 die gesamte Führungsspitze aus­ den Orchesterwart Robert Worret gewechselt worden, der nationalsozialistische die Sekretärin Margot Weweler »Säuberungseingriff« habe selbst Mitglieder des die Schauspielerin Martha Walter Großen Orchesters erfaßt. Aber auch Sekretä• den Assistenten des Chordirektors Otto rinnen, Mitarbeiter der Buchhaltung oder der Maier Hausschreiner fielen der nationalsozialistischen den Sprecher Richard Paul Personalpolitik zum Opfer. ( .. .) Von einer Ge­ den Hörspielregisseur Dr. Hanns Ulmann samtbelegschaft von rund 300 Personen verlo­ den Musiker Georg Grelke ren also annahernd 13 Prozent ihre Stellung im die Sangerin Anna Schmitz Kölner Funkhaus.«3 den Oberspielleiter Rudolf Rieth Die Zahl von 13 Prozent dürfte allerdings zu bei diesem, sobald der beschleunigt von niedrig angesetzt sein; nach den mir zur Verfü• Ihnen gung stehenden Informationen mußten mehr als zu beschaffende Ersatz da ist, 50 WDR-Mitarbeiter gehen oder sollten gekün• den Sanger Franz Hahnenfurth digt werden. Bei einer Belegschaft von etwa 300 den Leiter der Oper Siegtried Anheisser.«4 Angestellten ist das fast ein Fünftel. ln einem Brief der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) Darober hinaus sollten noch eine Reihe von Mit­ an den Westdeutschen Rundfunk vom 29.Juni arbeiterinnen und Mitarbeitern Oberprüft und der 1933 heißt es: rumanisehe Musiker John Gavala durch einen »ln Verfolg [!] der anlasslieh der Durchfüh• deutschen Musiker ersetzt werden. rung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Einige der in diesem Schreiben aufgeführten Berufsbeamtenturns Obersandten Fragebögen Angestellten sind jedoch offensichtlich weiterbe­ ersuchen wir Sie, Ihrem Vorschlag gemäß, zu­ schäftigt worden. So notiert Josef Kandner in nächst folgende Kündigungen bzw. Entlassun­ seinen Tagebüchern, daß Martha Walter wieder gen vorzunehmen: arbeiten durfte, und Alfred Sauerteig gibt in ei­ nem Fragebogen der Gemeinschaft der früheren Rundfunkangestellten (GDFRA) Landesgruppe 178 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

West eine lückenlose Beschäftigung in Köln bis (GDFRA), die für ihre bedürftigen oder notlei­ 1940 an .5 Andererseits finde ich in den Quellen denden Mitglieder, ehemalige RRG-Angestellte, auch immer wieder Namen, die ich nicht zuord­ finanzielle Unterstützungen durch die Rundfunk­ nen oder verifizieren kann. Außerdem mußten anstalten erwirkte. Auf einer der ersten Mit­ nach den Unterlagen des Historischen Archivs gliedslisten findet sich der Name einer 1933 des WDR noch eine ganze Reihe von Angestell­ entlassenen jüdischen Angestellten mit dem ten den WDR verlassen.6 handschriftlichen Vermerk: »Gestrichen«.a Die Kündigung bedeutete für die meisten Betrof­ übrigen Unterstützungsemfänger und -empfän• fenen auch Berufsverbot und Verlust der Exi­ gerinnen waren auch nach 1933 noch im Rund­ stenzgrundlage: Im Rundfunk durften sie nicht funk beschäftigt. mehr beschäftigt werden, und andere Arbeits­ Freie Mitarbeiter wurden nach den gleichen möglichkeiten waren häufig versperrt. Um publi­ Kriterien behandelt. Viele Schauspieler, Musiker, zistisch oder künstlerisch tätig zu sein, mußte Autoren, Komponisten durften aus rassistischen man Mitglied einer der Kammern der Reichskul­ oder politschen Gründen nicht mehr beschäftigt turkammer sein; die Aufnahmekriterien der werden. Kammern entsprachen jedoch den Bedingungen für die Tätigkeit im Rundfunk. Anhand der Unterlagen des Historischen Archivs Schon vor 1933 haben die Nationalsozialisten des WDR konnten die nachfolgenden Lebens­ den Rundfunk bekämpft. Sie bezeichneten ihn läufe, zum Teil nur sehr lückenhaft, nachge­ als »Systemrundfunk« und sahen in ihm eine zeichnet werden. Stütze des Weimarer »Systems«, der verhaßten parlamentarischen Demokratie. ln Köln war es besonders die nationalsozialistische Zeitung Vorgehen, Quellen und Quellenlage >Westdeutscher Beobachter<, die den West­ deutschen Rundfunk angriff und einzelne Mitar­ Die Ergebnisse der vorliegenden Dokumentation beiter persönlich verunglimpfte. Aus den zeitge­ sind nur vorläufig; die Arbeit ist nicht vollständig nössichen Quellen wird deutlich, daß von Beginn und entspricht nicht dem fachlichen Standard. Es des Jahres 1933 an ein Klima der Verunsiche­ wurde, mit den angegebenen Ausnahmen, kein rung und Bedrohung im WDR herrschte. Josef Material aus anderen Archiven herangezogen. Kandner berichtete in seinen Tagebüchern über Nur in einigen Fällen konnte auf Primärquellen diese Zeit immer wieder von Anordnungen, Ar­ zugegriffen werden; das Kriterium, ersatzweise beitsverboten, Beurlaubungen, Kündigungen. mindestens zwei voneinander unabhängige Se­ Fast die gesamte Führungsspitze des WDR kundärquellen nachzuweisen, von denen eine wurde ausgetauscht, darüber hinaus mußten alle nicht auf dem Material des Historischen Archivs gehen, die sich nicht anpassen wollten oder des WDR beruht, konnte nicht immer erfüllt wer­ konnten. Schon im Sommer 1933 hatten die Na­ den. tionalsozialisten den Sender fest in der Hand.7 Grundlage dieser Arbeit sind vor allem Do­ Es fällt auf, daß im Schreiben der Reichs­ kumente aus der Sammlung des Historischen Rundfunk-Gesellschaft an den Westdeutschen Archivs des WDR, in der Regel nicht verifiziert Rundfunk zwei Angestellten »wegen nicht ari­ durch weitere Quellen, ergänzt durch Material scher Abstammung«, d.h. entsprechend§ 3, und aus der WDR-Bibliothek und dem WDR-Pres­ den übrigen, darunter auch jüdischen Angestell­ searchiv. ten, »wegen mangelnder Gewähr politischer Zu­ Das Historische Archiv des WDR besitzt verlässigkeit«, d.h. entsprechend § 4 des Geset­ keine systematisch aufgebaute Quellensamm­ zes zur Wiederherstellung des Berufsbeamten­ lung für die frOhe Rundfunkgeschichte. Es han­ turns gekündigt werden sollte. Jüdische Welt­ delt sich bei den benutzten Materialien um eine kriegsteilnehmer waren laut § 3,2 von Entlas­ eher zufällig und unsystematisch zusammenge­ sungen nach § 3 »wegen nicht arischer Ab­ tragene Sammlung von Nachlässen, Zeitzeu­ stammung« ausgenommen, für sie mußte also genberichten, Zeitungsausschnitten und Einzel­ auch der § 4, die »mangelnde Gewähr politi­ dokumenten, die das Historische Archiv von scher Zuverlässigkeit« als Kündigungsgrund ehemaligen Kolleginnen und Kollegen erhalten herhalten. Nach § 8 dieses Gesetzes konnten hat. Zu erwähnen sind hier vor allem der Nach­ Entlassene ein Ruhegeld bekommen, jedoch erst laß von Josef Kandner (v. a. Tagebücher, Briefe, nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit. Der Manuskripte), ferner Stiftungen von Richard Westdeutsche Rundfunk war aber erst 1924 ge­ Weimar (Briefe von Fritz Worm und Briefe sowie gründet worden, den entlassenen Mitarbeiterin­ Briefabschriften von Ernst Hardt), Karl August nen und Mitarbeitern stand also nichts zu. DOppengießer (Briefe, Briefabschriften und Fo­ ln den 50er Jahren formierte sich eine Ge­ tokopien von Ernst Hardt) sowie Ablichtungen meinschaft der früheren Rundfunkangestellten einiger Briefe von Ernst Hardt, die Alexander Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 179

Maass dem Historischen Archiv anlaßlieh eines jedem Fall mit dem arbeitsrechtlich relevanten Vortrags über Hardt geschenkt hat. Anders als in Datum übereinstimmen. Nur im Fall von fehlen­ Archiven üblich, wurden diese Dokumente nicht den offiziellen Belegen wird ganz auf Zeitzeu­ in ihrem Zusammenhang belassen, sondern aus­ genberichte oder Briefe zurückgegriffen, oft die­ einandergenommen und in einer Art Dossier neu nen sie jedoch als Ergänzung. geordnet. Ordnungskriterium ist ein Datum, ln Klammern gesetzte Begründungen für die meist das Einstellungsdatum desjenigen, dem Entlassung stammen aus Zeitzeugenberichten das Dokument zugeordnet wurde. oder anderen zeitgenössischen Quellen; ab April Eine sehr wichtige Quelle sind m.E. die Ta­ 1933 dürfte aber auch hier das Berufsbeamten­ gebücher von Josef Kandner (Spielleiter und gesetz herangezogen worden sein. Dennoch ist Sprecher) über die Jahre 1931 - 1949, die bisher die Erinnerung der Zeitzeugen nicht falsch; das noch nicht bearbeitet worden sind. Die Gesprä• Gesetz war nur der beschönigende legale An­ che mit den Zeitzeugen hat die erste Leiterin des strich für die Entlassung. Zudem wurden einige Historischen Archivs des WDR, Frau Dr. Rose­ Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen offenbar schon marie Rossbach, geführt. Die Qualität der Zeit­ vor Erlaß des Gesetzes entlassen; dies gilt vor zeugenberichte und Gespräche ist sehr unter­ allem für die jüdischen Musiker. Ihre Namen schiedlich; vielfach sind es undifferenzierte, werden in dem zitierten RRG-Brief nicht mehr apologetische Anekdotensammlungen mit dem erwähnt. Tenor, daß alle Deutschen doch Opfer der Na­ Unter Bemerkungen wurde auf weiteres Ma­ tionalsozialisten gewesen seien. Dennoch lassen terial hingewiesen. Soweit es sich dabei um Do­ sich daraus viele Hinweise und ein, wenn auch kumente aus anderen Archiven handelt, konnte unvollständiges, Bild der Zeit gewinnen. es, wie dargelegt, für diese Dokumentation je­ Das Vorgehen bei dieser Dokumentation ent­ doch nicht ausgewertet werden. sprach dem »Schneeballsystem«: Ausgehend von Hinweisen in Zeitzeugenberichten, wurde nach früheren und späteren Berufstätigkeiten Lebensläufe recherchiert sowie Bemerkungen über Freun­ (Stand: 01 .11 .93) deskreise und Mitarbeiter nachgegangen. Es ist zu vermuten, daß sich in Archiven von Institu­ (?) bedeutet, daß das Datum nicht bekannt oder die tionen oder Organisationen, in denen jemand Angabe zweifelhaft ist. tätig war, wie auch in Nachlässen von Freunden und Kollegen noch Material finden läßt. Hinzu­ weisen ist für die entsprechenden Fälle auch auf Anheisser, Dr. Siegtried Entnazifizierungsakten sowie Personalunterla­ Leiter der Oper gen im Berliner Document Center.9 geb. 09.12.1881 Düsseldorf Für Kündigungen und Entlassungen werden gest. 16.06.1938 Berlin in der Literatur und in Zeitzeugenberichten oft mehrere, unterschiedliche Daten genannt. Es 1900 Abitur; Studium der klassischen wird von Beurlaubungen, Kündigungen, Ver­ Philologie, Theater-und Musikwis­ tragsauflösungen, Entlassungen gesprochen; senschaft in Berlin; nach Erlaß des Gesetzes zur Wiederherstellung 1902 Kaufmann in der väterlichen Firma; des Berufsbeamtenturns von 7.3.1933 wurde ''914 ff.(?) Teilnahme am 1. Weltkrieg; dabei auf dieses Gesetz Bezug genommen. Es 1920 Musikstudium in Sonn; gab offensichtlich mehrere Aktionen, bei denen 1921 Promotion; Dissertation »Das Vor­ gegen die mißliebigen Mitarbeiterinnen und Mit­ spiel zu >Tristan und lsolde< und arbeiter vorgegangen wurde. Die genauen Daten seine Motivik«; und Vorgange lassen sich nur anhand der Akten (?) Regieassistent am Schauspielhaus der RRG im Bundesarchiv Koblenz klären; dies Köln; Spielleiter an verschiedenen konnte ich aus zeitlichen Gründen nicht tun. Hier Bühnen des Rhein-Ruhr-Gebiets; wird meist der zitierte Brief der RRG an den Übersetzungen von Operntexten; WDR vom 29.6.1933 herangezogen, der die 1926 WERAG: zunächst Oberspielleiter Anweisung zur Kündigung bzw. Entlassung ent­ der Oper, später Leiter der Opern­ hält. Es wird dabei davon ausgegangen, daß die abteilung; Kündigung bzw. Entlassung dann auch vollzogen 1933 nach der Entlassung von Ernst wurde. Wenn dies nachweislich nicht der Fall Hardt kommissarischer Intendant; war, wird es im jeweiligen Lebenslauf ven• ~rkt. 29.06.1933 Kündigung- bzw. Entlassungs­ Zeitzeugen sprechen oft nur von Entlas1 ;ngen anweisung durch die RRG; und nennen Daten, die wohl subjektiv r .s sehr Aug . 1933 Entlassung nach § 4 d. Gesetzes einschneidend angesehen wurden, aber nicht in zur Wiederherstellung d. Berufs- 180 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

beamtentums; (?) Ausbildung an der Hochschule für (?) Tatigkeit in Berlin; Bühnenkunst Dumant-Lindemann Düsseldorf; Theaterengagements; Quellen: Biographisches Material, HA 26, 12x1 0; 1927 WERAG: Sprecher u. Ansager; Rheinische Musiker. F. 9. Köln 1981 . (Beiträge für Juli 1933 Entlassung; rheinische Musikgeschichte. H. 129.); Pressematerial zur Beurlaubung von Hardt; Quellen : Kandner, Tagebücher, HA 31 , 12x8 (Quelle Bemerkungen: Kopie der Dissertation, HA 26, 12x1 0; nicht nachprüfbar); Personenkartei, HA WDR ... Anheisser, S. : Der Einklang von Ton und Wort. Ein Beitr. zur Ftage d. Opernübersetzungen, in : Jahrbch des Westdeutschen Rundfunks, 1929, S. 114-118; Brückner, Franz Peter Chefredakteur der Programmzeitschrift >Die Aramesco, Leenarde Werag< Tenor (Solist) Oper, Operette geb. 24 .06.1886 geb. 27.01 .1898 Temesvar gest. 23.01 .1956 gest. Dez. 1946 New York 1905- 1912 Studium; 1913- 1932 >Kölner Tageblatt<, Redakteur, (?) Studium in Wien; (?) Engagement am Opernhaus Essen; Schauspiel- u. Kunstkritiker; 1926 WERAG: 1. Tenor; 1928 WERAG: Chefredakteur der Pro- 31 .03.33 Entlassung, (Begründung: Jude); grammzeitschrift >Die Werag<; April 1933 Flucht: Frankreich, Spanien, (?) Flucht nach Holland; gelegentliche Auftritte u. padagogische Tatigkeit Schweiz (Ausweisung}, Italien, in Amsterdam; Frankreich; Emigration in die USA; Dez. 1943 von der Gestapo in Nizza gesucht; 06 .02 .1946 NWDR Köln : stellvertretender Quellen : K.J. Kutsch , L. Riemens: Unvergängliche Abteilungsleiter Künstlerisches Stimmen , Bern 1982; dies.: Großes Sängerlexikon , Wort; Ergänzungsband, Bern 1991 ; Kandner, Tagebücher, 01 .04 .1952 Ruhestand; HA31,12x8; Quellen: Brückner, F.P.: Heimkehr aus Frankreich, Sendereihe »Zum Tage«, NWDR , 11.03.1946, 19.15 Ascheuer, Hans Uhr, Ms., HA Mikrofiche; Nachruf, Kölnische Rund­ Kraftfahrer schau 25.01 .1956; Bauer, Thomas: Deutsche Programmpresse 1923 bis geb. 24.12.1899 Solingen 1941 . München u.a. 1993. V.a. S. 124; Personenkar­ tei , HA WDR (Quellen nicht nachprüfbar); (?) Volksschule; Bemerkungen: Brief an Hardt v. 6.5.1946, darin 1920 Kraftfahrerprüfung; Schilderung seines Exils, in: NL Hardt, Schiller Natio­ 1926 WERAG: Kraftfahrer; nalmuseum Deutsches Literaturarchiv, Marbach; 1933 Entlassung; danach Arbeit als Kraftfahrer bei verschiedenen Firmen; Ebert, Hans 1939- 1945 Soldat bzw. Organisation Todt; Leiter der Musikalischen Abteilung 1946 danach Arbeit als Kraftfahrer bei geb. 15.05.1889 Berlin verschiedenen Firmen; gest. 31.08.1952 Berlin 1952 erfolglose Bewerbung beim NWDR Köln; (?) Musikstudium, Berlin, Düsseldorf, Köln; Quellen: Bewerbungsbogen, HA 46,12x25; Musiklehrerprüfung; Bemerkungen: Brief an Hardt v. 26.6.1946, darin Lehrtätigkeit in Düsseldorf u. Schilderung seines Prozesses gegen die Entlassung, Solingen; in: NL Hardt, Schiller Nationalmuseum Deutsches 1914- 1928 Schauspielhaus Düsseldorf, Kapell­ Literaturarchiv, Marbach; meister; 1928 WERAG: Leiter der Musikalischen Abteilung; Braun, Erich Marz 1933 Beurlaubung Sprecher u. Ansager Juni 1933 Kündigung nach § 4 d. Gesetzes geb. 14.08.1901 Düsseldorf zur Wiederherstellung des Berufs­ gest. 1957 (?) beamtentums; (Begründung: »anti- Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 181

nationalsozialistische Gesinnung«); Guntermann, Maria danach freischaffender Komponist; Sekretärin Ufa, Freie Mitarbeit; geb. 1901 (?) 1938 Ausschluß aus der Reichsmusik- gest. 22 .10.1968 Köln kammer; 23.10.1946 NWDR Hamburg, Abteilungsleiter 1928 WERAG: Sekretärin von Dr. Hans Musik; Stein; 28.02.194 7 ausgeschieden auf eigenen Juni 1933 Entlassung (Begründung: politische Wunsch; Unzuverlässigkeit; Zugehörigkeit 01.09.1950 freie Mitarbeit bzw. befristete An­ zum Betriebsrat); stellung als Komponist, Arrangeur, 1944 Übersiedlung zu Verwandten nach Programmgestalter; lchenhausen, dort Zusammentref­ fen mit Ernst Hardt; Quellen: Lebenslauf, HA 28,12x4; Pressematerial zur 1945 erfolglose Bewerbungen bei Dr. Beurlaubung; Hans Bredow und Konrad Aden­ Bemerkungen: Briefe an Hardt, in : NL Hardt, Schiller­ auer mit Empfehlungsschreiben Nationalmuseum Deutsches Literaturarchiv, Marbach; von Hardt; (?) erfolglose Bewerbung beim NWDR Köln ; Feldin, Dodja (?) BR München; Solocellist (?) SWF bis zur Pensionierung; (?) 1965 Ruhestand;

25.03.1933 fristlose Entlassung (Begründung: Quellen: Vermerk über ein Gespräch am 13.03.1966, Jude); HA 28,12x6; (?) Auftritte bei Veranstaltungen des Jüdischen Kulturbundes Rhein­ Ruhr (mündl. Mitteilung von Frau Hardt, Ernst Pracht, NS-Dokumentationszen­ Intendant trum Köln); geb. 09.05.1876 Graudenz [über sein weiteres Schicksal ist gest. 31 .01 .19471chenhausen nichts zu ermitteln] 1882 -1893 Schulbesuch in Königsberg; Quellen: Kandner, Tagebücher, HA 31 ,12x8; Kadettenanstalt; 1893-1898 Reisen; erste schriftstellerische u. journalistische Arbeiten; Fritzsche, Reinhard 1898 - 1900 >Dresdener Zeitung<, Feuilleton- Soloflötist chef; geb. 1900 (?) 1900- 1913 freier Schriftsteller; 1914 - 1918 dienstverpflichtet als Dolmetscher; (?) Blüthner-Orchester Berlin; 1919 - 1924 Schauspielhaus Weimar, General- 1926 WERAG: 1. u. Soloflötist, intendant; Mitglied des Blaserquintetts, 1925- 1926 Schauspielhaus Köln, Intendant; Mitglied des Kölner Trios für alte 03.07.1926 WERAG: Wahl zum Intendanten; Musik, Mitglied des Betriebsrats; 20.03.1933 Beurlaubung; 1933 Entlassung (Begründung:marxisti­ 25.03.1933 Hausverbot sche Gesinnung); 29.03.1933 Kündigung durch RRG zum (?) Eintritt in NSDAP oder Zweig­ 31 .12.1933 organisation; 24.04.1933 Beschluß der Gesellschafter­ (?) Konzertreisen mit dem Trio für alte versammlung Ober Abberufung als Musik durch Europa u. USA; Gasehaftsführer der WDR GmbH; (?) Dirigent in Hamm; 25.04 .1933 Kündigung durch WDR GmbH zum 1947 Entnazifizierung; 31 .12.1933 30.06 .1933 Auflösung des Vertrags mit soforti­ Quellen: Brief an Kandner vom 12.11 .1947, HA ger Wirkung aufgrund § 4 des Ge­ 47,11x5; Protokoll der Betriebsratssitzung vom setzes zur Wiederherstellung des 08 .10.1930, HA 30,9x1; biographische Angaben z.T. nach Brief der Schwester, HA Korrespondenz; Berufsbeamtenturns 10.09 .1933 Verhaftung; 10.09.-16.09. Ge­ fangnis; 182 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

1934 Aufnahme in die Reichsschrifttums­ 1939 Absetzung als Sprecher, Weiter­ kammer; Arbeit als Übersetzer ; arbeit als Übersetzer; 1935 Freispruch im Rundfunkprozeß; (?) soll in Deutschland in Abwesenheit Übersiedlung nach Berlin; zum Tode verurteilt worden sein 1938 Zahlung einer Abfindung von 9.000 (nicht verifizierbar) Reichsmark auf Veranlassung von 06.06 .1940 Sammellager, zuerst Nimes, dann Hermann Göring; (nach Angaben Arbeitslager bei Langlade; von Maria Guntermann lebte er in 1942 Entlassung, Deutschlehrer an lehenhausen von einer Rente in Privatschulen in Nimes; Höhe von 400 Reichsmark, die sich 11 .11 .1942 Nach der Besetzung Südfrankreichs aus seinerT~tigkeit als Intendant durch deutsche Truppen: Unter­ vom Staatstheater Weimar her­ tauchen u. Flucht mit falschen leitete); Papieren auf den Namen Charles 1943 Übersiedlung nach lchenhausen; Hebert; 1945 Britische Kontrolloffiziere versu­ 22 .07.1943 Verhaftung durch Gestapo nach chen Hardt als Intendanten für den Denunziation als »deutscher Jude«; neuzugründenden Rundfunk in der Inhaftierung in St. Pierre, Marseille Britischen Zone zu gewinnen; die u. Les Boumettes, Lager Com­ Plane scheitern wegen Krankheit piegne Hardts; KZ Buchenwald, Baubrigade Ellrich; Quellen: Aus der Vielzahl von Quellen und Sekun­ 10.04 .1945 Abmarsch nach Oranienburg; därliteratur hier nur: Kandner, Tagebücher, HA 05 .04 .1945 Befreiung durch amerikanische 31, 12x8; Vermerk über ein Gespräch mit Maria Gun­ Truppen; termann am 13.03.1966, HA 28,12x6; Briefe an Ernst (?) Rückkehr nach ; Hardt, hrsg . von Jochen Meyer, Marbach 1975, darin: freier Journalist u. Sprecher von Lebenschronik S. 7 - 10; Pressematerial zur Kündi• deutsch-sprachigen Sendungen des gung; Bemerkungen: NL Hardt im Schiller-Nationalmuseum Auslandsdienstes RTF; Deutsches Literaturarchiv, Marbach; weitere Unterla­ 1966 Ruhestand; gen, darunter Originalbriefe von Hardt an Carl Hans Edler, Karl August Düppengiesser. Richard Weimar u. Quellen: Biographische Angaben nach Schiller-Lerg, Rudolf Rieth im HA WDR ; S.: Mit den Ohren sehen. ln: Studienkreis Rundfunk u. Geschichte Mitteilungen, 1984, S. 334- 342 ; Brief vom 05.08.1967 an HA (Erinnerungsprotokoll), HA Heil, Carl 33,3x4; Sprecher u. Spielleiter geb. 15.02.1901 Elberfeld gest. 18.11.1983 Paris Kehrs, Karl Hausschreiner 1918- 1921 Lehrerausbildung; geb. 06.01 .1911 (?) Studium der Deutschen Philologie, gest. 06 .01 .1985 Literaturgeschichte, Kunstge­ schichte, Theaterwissenschaft in 1930 WERAG: Hausschreiner; Köln; Schauspieler u. Inspizient; Juni 1933 Kündigung nach § 4 d. Gesetzes 1927 WERAG: gelegentlich freie Mit­ zur Wiederherstellung d. Berufs­ arbeit als Sprecher,spater konti- beamtentums; (Begründung: nuierliche T~tigkeit als Sprecher u. Zentrumsmitglied, kath. Jugend­ Spielleiter; bundführer) 1931 Arbeit für den französischen (?) selbstandig, Werkstatt für Innen­ Rundfunk in Paris; ausbau 15.02.1933 Wohnungsdurchsuchung; (?) Soldat; 31 .03.1933 Ausscheiden auf eigenen Wunsch; 1945 NWDR Köln, zuletzt Hauptsach­ 01 .04.1933 Verbot der Wiederbeschaftigung; bearbeiter in der WDR-Abteilung 1933 Flucht nach Frankreich; Allgemeiner Einkauf; Arbeit als Statist, Sprecher, 1976 Ruhestand; Übersetzer in Paris; 1937 Sprecher bei deutschsprachigen Quellen: Vermerk über ein Gespräch am 30.09.1969, HA 69,9x15; Nachruf, WDR print Nr. 106, Februar Sendungen von Radio Strasbourg 1985, S. 14; in Paris; Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 183

Bemerkungen: Soll nach Angaben von Kollegen gestellt von Herrn Themas Bauer) ,. HA 28 .1x7 ; einen erfolgreichen Prozeß gegen seine Entlassung Kohlhaas, Heinz : Erinnerungen an Fntz Lewy, HA geführt haben und rehabilitiert worden sein (nicht 28 ,1x7; Bauer, Themas: Deutsche Programmpresse verifiziert) ; 1923 bis 1941. München u.a. 1993, v.a. S. 196; Pres­ sematerial zur Kündigung; Bemerkungen: Layout d. »Jahrbuchs des Westdeut­ Korte, Paul schen Rundfunks 1929« von Lewy, ebenso das der Verwaltungsdirektor >Werag<, vermutlich auch Layout von Briefköpf~n . z.B. dem von Fritz Worm; 3 Entwürfe zu Theatenn­ geb. 17.03 .1880 Letmathe szenierungen in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung Schloß Wahn; 1916-1921 Deutsche Bank; 13.05.1927 WERAG: Verwaltungsdirektor; 01.09.1933 Beurlaubung; Inhaftierung; Maass, Alexander 1935 Freispruch im Rundfunkprozeß; Sprecher geb. 11.04.1902 Essen Quellen: Personalkartei, HA WDR (Quelle nicht nach­ gest. 13.11 .1971 Bad Hornburg prüfbar); 1919 Schauspielschüler u. Volontar, Stadttheater Essen; Lewy, Fritz 1921-1922 Rheinische Landesbühne Düren, Leiter der Abteilung Propaganda und Statistik Schauspielhaus Köln, Stadtheater geb. 1893 Essen Münster; gest. 12.06 .1950 Cincinnati 1926 KPD; 1927 WERAG: Sprecher; 1911-1914 Ausbildung an der Kunstgewerbe­ journalistische. Tatigkeit u.a. für schule Düsseldorf: Malen u. Zeich­ >Kölnische Zeitung<, >Kölner nen, Typographie, Buchgestaltung; Tageblatt<, >Dortmunder General­ Studium der Kunstgeschichte in anzeiger<, >Westdeutsches Bonn; Echo< ; (?) Soldat(?); Okt.1931- Mitarbeit beim Sowjetischen Rund­ 1918 Rückkehr nach Düsseldorf, freier Aug.1932 funk, Moskau; Künstler (Plakate, Kataloge, Wer­ Marz 1933 Flucht nach Frankreich; bung); 1935 Spanien, Leiter des Redaktions­ (?) Theater in Düsseldorf: Bühnenbild büros beim Komitee der Volks­ u. Kostüme zu Schillers »Turan­ olympiade Barcelona; dot«; (?) nach Beginn des Bürgerkriegs 1921 Nationaltheater Weimar Bühnen• Organisation von Auslands­ bildner; Wohnungsnachbar von sendungen des republikanischen Paul Klee, Verbindung zum Bau­ Rundfunks; haus; Freiwilliger der spanischen Miliz, 1926 Wechsel mit Intendant Ernst Hardt dann Soldat der Centuria an das Schauspielhaus in Köln; Thalmann, XII. Internationale 1928 WERAG: Propagandaabteilung, Brigade, spater Hauptmann; Layoutgestaltung von Veröffentlich• Nov. 1936 vor Madrid schwer verwundet; ungen; (?) Sprecher bei Kurzwelle 29,8 Marz 1933 Beurlaubung (Deutscher Freiheitssender 29,8), Juni 1933 Kündigung nach§ 4 d. Gesetzes zuletzt Informationschef 45. Di­ zur Wiederherstellung d. Berufs­ vision; beamtentums; (Begründung: Jude); 1938 Konflikt mit der KPD, Flucht nach Flucht nach Spanien; Frankreich; Parteiaustritt, Anschluß Pakat- und Buchgestaltung, Film; an den Kreis um Willi Münzenberg; 1938 Flucht nach USA; (?) nach Kriegsbeginn Organisation Erste Arbeiten in Cincinnati: von deutschsprachigen Rundfunk­ Plakate usw.; sendungen im Auftrag des franzö• 1947 Dozent an der Art Academy of sischen lnformationsministeriums; Cincinnati, spater Fakultats­ 1940 Internierung in der Bretagne, Flucht mitglied; nach Marseille, mit britischer Hilfe Quellen: Lebenslauf, (Kopie aus dem Cincinnati Art nach Oran; Museum, Library, freundlicherweise zur Verfügung 1941 Ausreise mit Ziel Mexiko; jedoch 184 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

von den Bermudas über Kanada Mittmann, Bronislaw nach England; 1. Konzertmeister 1945 im Auftrag der britischen Besatzung geb. Kiew (?) bei Radio Hamburg; 1947 Leiter der Rundfunkschule des 01 .01.1927 WERAG: 1. Konzertmeister; NWDR Hamburg; 25 .03 .1933 Entlassung (Begründung: Jude); 1949 gleichzeitig Programmreferent (?) Auftritte bei Veranstaltungen des beim Generaldirektor; Jüdischen Kulturbundes Rhein­ 1950 Programmdirektor; Ruhr (mündliche Mitteilung von (?) Anonyme Denunziation: »Kom­ Frau Pracht, NS-Dokumentations­ munist«; zentrum Köln); 1956 Ausscheiden anlaßlieh der Auflö• [über sein weiteres Schicksal ist sung des NWDR; nichts zu ermitteln] Bemühungen um Weiter­ beschaftigung ohne Erfolg; Quellen : Kandner, Tagebücher, HA 31, 12x8; 1957 Rednerkurse für DGB u. SPD; 1958-1962 Geschaftsführer beim Ausschuß »Kampf dem Atomtod« , Bonn; Neumann, Fritz nach Aufgabe der Kampagne durch Tenor (Solist) Oper, Operette SPD u. DGB gelegentliche Mitarbeit geb. 11 .06.1896 beim Rundfunk; gest. 15.09 .1981

Quellen: Kandner, Tagebücher HA 31 , 12x8; Nachruf, 1927 WERAG: Tenor (Solist); Mitarbeit WOR-Information vom 23.11 .1971 ; Biographisches bei Unterhaltungssendungen; Handbuch der deutschsprachigen Emigranten, Bd. 1. 1933 Entlassung, (Begründung: kein 1983, S. 466; NSDAP-Mitglied); Bemerkungen: Briefe an Hardt, in : NL Hardt, Schiller­ Nationalmuseum Deutsches Literaturarchiv, Marbach; Quellen: Vermerk über ein Gespräch mit Neumann am 11 .10.1965, HA26,12x4;

Maass, Eleonore Fotogratin Sand, Hans geb. (?) Bürovorsteher geb. 05 .07.1895 Sürth 1928 WERAG: Fotografin; gest. 07.04.1970 München 25.03.1933 Entlassung; (?) Praktikant Reichspost; Quellen: Kandner, Tagebücher, HA 31 ,12x8; HA 1919-1921 Dresdner Bank; Korrespondenz; 1921-1925 Bankhaus Baumgarten; 1928 WERAG: Bürovorsteher, stell­ vertretender Leiter der Abteilung Maier, Otto Verwaltung; Assistent des Chordirektors; Konzertpianist Juni 1933 Kündigung nach§ 4 d. Gesetzes geb. 25.10.1904 Winnweiler zur Wiederherstellung des Berufs­ gest. 28.02 .1993 beamtenturns 1935-1945 RRG Berlin, Verwaltungsleiter; Studium Klavier u. Dirigieren in (?) 19.05.1950 NWDR Köln , Verwaltungsleiter, Frankfurt und Köln; zuletzt Leiter der WDR-Haupt­ 1929 WERAG: Konzertpianist; abteilung Verwaltung; Juni 1933 Kündigung nach§ 4 d. Gesetzes 31 .07.1961 Ruhestand; zur Wiederherstellung des Berufs­ beamtenturns Quellen: Biographisches Material, HA 70,4x14; (?) freier Pianist bei verschiedenen Sendern; 1948 NWDR Köln , Korepetitor beim Rundfunkchor; 1969 Ruhestand;

Quellen: WOR-Information vom 22.10 .1969; Nachruf, WDR Print Nr. 204, April1993, S. 17; Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 185

Sistig, Alfred Erich 1938 nach »Anschluß« Osterr. in Wien Assistent in der Hörspielabteilung verhaftet; geb. 19.10.1909 Hagen KZ Dachau; Entlassung, da Ein­ gest. 08.09.1980 Duisburg-Rheinhausen reisevisum nach Frankreich er­ halten; (?) Oberrealschule Düsseldorf; 1939 Verhaftung in Nizza, Internierung, Banklehre; Fremdenlegion, Sahara; 1929 WERAG: Hörspielabteilung 1941 Auslieferung an d. SS in Metz Assistent, Spielleiter; nach Kapitulation Frankreichs; Mitarbeit in der Literarischen Ab­ 1941-1945 Auschwitz, Lager Dora; teilung; 1945 Teilnahme am Marsch der Häftlinge 1933 Ausscheiden auf eigenen Wunsch; des Auschwitz-Neben- Iagers Fürstengrube (?) Spielleiter an Theatern in Hagen u. nach Schleswig-Holstein; Frankfurt/M.; Mai 1945 bewußtlos ins Krankenhaus UfA, Dialogregisseur, Drehbuch­ Trelleburg/Schweden eingeliefert; autor; 1946 Philharmonisches Orchester Stock­ 01 .01.1946 Bayerisches Staatsschauspiel Mün• holm, Dirigent; chen, Chefdramaturg; 1947 NWDR Hamburg, Leiter der Musik­ 01 .06.1946 Münchner Kammerspiele, Re­ abteilung, Mitbegründer »das neue gisseur u. stellvertretender Inten­ werk« (moderne Musik) u. »Das dant; alte Werk«; 1960 Städtische Bühnen Münster, Inten­ 1948 NWDR Hamburg, Dirigent, Kapelle dant; Harry Hermann; 1968 Staatstheater , Inten­ 1950 NWDR Hamburg, Leiter der Haupt­ dant; abteilung Musik; Dez.1955- Kriminalobersekretär Nass, Quellen : Kürschners Biographisches Theaterhand­ Juni 1956 Harnburg (ehemaliger Gestapo­ buch, 1956; Ulrich, Paul S.: Theater, Tanz und Musik angehöriger) ermittelt gegen Spitz; im Deutschen Bühnenjahrbuch. Bd. 2. Berlin 1985; Vorwürfe: Er sei nicht Hermann Bemerkungen: Briefe an Hardt, in NL Hardt, Schiller­ Spitz, habe Wiedergutmachung Nationalmuseum Deutsches Liteaturarchiv Marbach ; erschlichen, die KZ-Nr. habe er in St. Pauli eintätowieren lassen; Vorwürfe erweisen sich als unbe­ Spitz, (Harry) Hermann rechtigt u. haltlos; Spitz lehnt da­ Pseudonym: Harry Hermann nach die Übernahme der Stelle des Leiter der Konzert- u. Schallplattenabteilung Leiters der Hauptabteilung Musik geb. 07.03.1899 Brünn im NDR ab; gest. 10.06.1961 Harnburg weitere Aufgaben im NDR: Vorbe­ reitung von Musiksendungen im (?) Studium an der Akademie für Fernsehen, Orchester Harry Her­ Musik u. Darstellende Kunst, Wien; mann; Kapellmeister; (?) 1. Weltkrieg: Kriegsfreiwilliger; Quellen: Biographisches Material, versch . Schrift­ 1920-23 (?) Wiener Philharmoniker; stücke v.a. Zeitungsausschnitte, HA 29,12x3; Tichat­ 1923-24 (?) Oper Berlin; schek, Georg-Aiexander: Harry Hermann Spitz, För• Gründung des Guaneri-Quartetts; derer des »Neuen Werks«, in: Jüdische Allgemeine Gastspiele in Deutschland, Europa, vom 09.12.1955, S. 17; Amerika, Japan; 1929 WERAG: Leiter der Konzert- u. Schallplattenabteilung; Stein, Dr. Hans 1933 fristlose Entlassung; Verhaftung Leiter der Abteilung Wirtschaft und Soziales durch die Gestapo; als österreichi• geb. 07.12.1894 Köln scher Staatsbürger nach Protest gest. 03.07.1941 Harrowgate des österreichischen Konsuls ent­ lassen; bis 1910 Volksschule, anschließend Marzel­ Flucht nach Belgien, keine Arbeits­ lengymnasium Köln erlaubnis, Weiterflucht nach 1910 ab Untersekunda Gymnasium Italien, Neapel, dann Paris, Monte Münstereifel, (Tigges: Königi.• Carlo, Brüssel, Mailand, Wien; Preußisches G., Hecker: St. 186 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Michaelsgymnasium); Dez. 1925 - Aufenthalt in Moskau dort Freundschaft mit Wilhelm April1926 Tigges sowie dem späteren Kölner Okt. 1926 - Aufenthalt in Moskau Weihbischof Wilhelm Cleven Han. 1927 1914 Abitur, danach Studium der Philo­ 1927 WERAG: Freie Mitarbeit sophie, Geschichte und Sprachwis­ 31 .10.1927 Beginn der siebenteiligen Sende- senschaft an d. Universität Bonn; reihe »Rußland von heute«; 02.08.1914 1. Weltkrieg: Kriegsfreiwilliger; 30.9.1928 WERAG: Leiter der Abteilung für Herbst 1914 Entlassung wegen Krankheit; Wirtschaft und Soziales in der anschließend Fortsetzung d. Vortragsabteilung; Studiums in Sonn; 19 04 .1933 Kündigung zum 30.06.1933 nach Frühj. 1915 Heeresdienst; § 4 d. Gesetzes zur Wiederher­ 1917 Leutnant der Reserve; stellung des Berufsbeamtentums; Frühj. 1918 Kompanieführer e. Regiments­ Beurlaubung; Sturmabteilung, später Maschinen- Herbst 1933 Vergebliche Bemühungen um gewehr-Offiziere. Divisionssturm­ Arbeitsmöglichkeiten in Deutsch­ kompanie; land; Übersiedlung nach Holland; Auszeichnung mit dem Eisernen 1934 Arbeit an der Studie »Das Zeitalter Kreuz I und II ; des Pauperismus und seine Asso­ 1918/19 Wiederaufnahme d. Studiums in ziationen. Soziale Tatsachen und Bonn Ideen auf dem westeuropäischen 1919 Studium der Nationalökonomie an Kontinent zum Ende des 18. bis zur d. Universität Köln bei d. Profes­ Mitte des 19. Jahrhunderts«; soren von Wiese, Eckert, Beck­ 1935 Mitarbeit am u. Leitung d. Deut­ mann, Thiess; Wirtschaftsge­ schen Abteilung des neu gegrün- schichte u. Sozialpolitik bei d. Pro­ deten Internationalen Institutes für fessoren Kuske, Schmittmann, Sozialgeschichte, Amsterdam; Lindemann; Bov. 1938 Ausbürgerung 1920/21 Leitung d. sozialistischen Studen­ 02 .02 .1939 Aberkennung des Doktorgrades; tengruppe an d. Universität Köln ; Aug. 1939 Kurz vor Einmarsch der deutschen 11 .06.1921 Promotion mit einer Arbeit über Truppen Flucht mit dem Institut »Der Kölner Arbeiterverein von nach England; 1848«; (?) Assistent von Prof. Benno Kuske; Quellen: Bericht Tigges, HA 28 ,1x3; Bericht Stern, HA (?) Vorlesungen an d. Wirtschafts- u. 65,3x2; Hans Stein (Nachruf). ln: Bulletin of the Inter­ sozialgeschichtl. Fakultät der Uni- national Institute of Social History Amsterdam. Vol. V. versität Köln bis zum Eintritt in die 1950, S. 30; Promotionsakten, Universitätsarchiv Köln, Bestand 70/138 ; Freidenthai-Haase, Marthy: KPD; Erwachsenenbildung im Prozeß der Akademisierung . 1922 Erster Assistent am Rheinisch­ Frankfurt am Main u.a. 1991; Hecker, Rolf: Hans Westfälischen Wirtschaftsarchiv; Stein - wissenschaftlicher Mitarbeiter und Korrespon­ (?)-Herbst Forschungsauftrag d. Rheinisch­ dent des Moskauer Marx-Engels-lnstituts (1925- 1924 Bergischen Komsumgenossen­ 1929). T. 1. Zur Arbeit an d. MEGA. ln: Beiträge zur schaft »Hoffnung« über Genossen­ Marx-Engels-Forschung. N.F. 1993. S. 1-40; schaftsgeschichte; [Ergänzungen zu den mir vorliegenden Daten hat 1922/23 Dozent an d. Universität Frankfurt freundlicherweise Frau Renate Schumacher/Deut­ am Main: »Besprechungen über sches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main zur Ver­ fügung gestellt.] soziale Fragen, insbes. Arbeiter­ Bemerkungen: NL Stein, darunter Manuskripte von bewegung mit Besichtigungen«; Rundfunkbeiträgen u. Korrespondenz, im Internatio­ freie Mitarbeit im Rheinisch-westfäli• nalen Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam; Find­ schen Volksbildungswesen u. am buch NL Stein als Kopie im Historischen Archiv d. freigewerkschaftichen Seminar; Stadt Köln; Promotionsakten im Historischen Institut 1923 Eintritt in die KPD; d. Universität Köln ; möglicherweise Korrespondentz 1925 Bis Oktober Handlungsbevoll­ mit Prof. Dr. Paul Honigsheim, NL Honigsheim, mächtigter d. Fa. Roland Stahl­ Michigan State University Archives, Dr. Richard warenfabrik Köln-Ohligs-Solingen; Harms, East Lansing, Michigan, USA; Stein, H.: Rußland von heute. ln: Jahrbuch d. Westdeutschen 01.11 .1925 Wissenschaftlicher Mitarbeiter u. Rundfunks. 1929. S. 72-111 . Gespräche über Men­ - 1928/29 Korrespondent am Marx-Engels­ schentum .: 4. Gespräch über d. Staat. Hardt, Prof. Dr. lnstitut, Moskau; Mitarbeit an der Honigsheim, Dr. Stein, Worm. ln: Rundfunk-Jahrbuch. Marx-Engels-Gesamtausgabe; 1930. S. 185-187; NL Kuske im Historischen Archiv Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 187 der Stadt Köln , Einzelstücke als Kopie im HA WDR ; Tigges, Dr. Wilhelm Versch . zeitgenössische Pressebeiträge von u. über Prokurist u. Leiter der Programmverwaltung Stein im HA WDR ; geb. 15.07 .1894 Datteln gest. Okt. 1986 Pöcking Stern, Walter (?) Gymnasium Münstereifel; Assistent in d. Vortragsabteilung, Referat Ar­ 1914 Abitur; Bankvolontär; chitektur u. Bildende Kunst 02 .08.1914 1. Weltkrieg: Kriegsfreiwilliger, geb. 18.01 .1896 Troisdorf Auszeichnung mit dem Eisernen gest. 1970 Cartagena/Kolumbien Kreuz 1 u. 2; (?) Auslandsaufenthalt; Studium in Köln beiProf. Bruno (?) 1924 Studium in Köln bei Prof. Bruno Kuske; Kuske; 1927 WERAG: Assistent in der 1928 Dissertation über die Früh• Vortragsabteilung, Referat geschichte der Konsum­ Architektur u. Bildende Kunst; genossenschaftsbewegung; Redakteur der Zeitschrift »a bis z. 1928 WERAG: Prokurist u. Leiter der Organ der Gruppe progressiver Programmverwaltung; Künstler, Köln« und Mitglied dieser 18.04.1933 (?) zunächst Beurlaubung, dann Gruppe; (die Gruppe traf sich im Entlassung nach § 4 d. Gesetzes Cafe Monopol am Wallraffplatz, zur Wiederherstellung d. Berufs­ heute Standort des WDR-Funk­ beamtentums; hauses;) (?) nach Besuchen bei Hans Stein in befreundet mit Dr. Hans Schmitt Amsterdam Paßentzug (-Rost), später Pressechef der 1934-1952 leitende Tätigkeit in der Wirtschaft; Stadt Köln ; 1959 Großes Bundesverdienstkreuz; März 1933 Bitte um Beurlaubung; 23.03 .1933 Flucht über Frankreich nach Quellen: Bericht Tigges, HA 28 ,1x3 ; Hüsch, Josef: Im Spanien, Ibiza, Barcelona; Kölner Cafe Monopol 1931, Zeitgenossen treffen sich 1936 (?) Zusammentreffen der aus Ibiza u. wieder. WDR 2. Progr. , 3.7.1966. Ms ., HA 31 ,1x3; Dr. Köln kommenden Familiein Zürich, Wilhelm Tigges. (Nachruf). ln: ZAW-Service. Nr. gemeinsame Flucht nach Kolum­ 139/40, Dez. 1986; bien; verschiedene Tätigkeiten: Bemerkungen: NL Stein , Internationales Institut für Photolaborant, Professor für Sozialgeschichte, Amsterdam; NL Kuske, Histori­ Kunstgewerbe, Anfertigung u. sches Archiv der Stadt Köln ; Verkauf von Wetterhäuschen, Milchfachmann in einer Pasteu­ Ulmann, Dr. Hanns risierungsanstalt; Leiter der Programmredaktion, Mitarbeiter d. Quellen: Bericht Stern , HA 65,3x2 ; Hüsch , Josef: Im Hörspielabteilung Kölner Cafe Monopol 1931 . Zeitgenossen treffen sich geb. 19.08.1900 Elberfeld wieder. WDR 2. Progr. 3.7.1966, Ms., HA 31,1x3; gest. Mai 1940 Amsterdam (?) Vom Dadamax zum Grüngürtel. Kölnischer Kunst­ verein 1975. Ausstellungskatalog; a bis z. Organ der (?) Studium , Jura, Volkswirtschaft, Gruppe progressiver Künstler Köln. Nachdruck. Köln , Literatur, Kunstgeschichte, New York 1969; Philosophie; Bemerkungen: Möglicherweise Korrespondenz mit Dr. 1922 Promotion in Gießen; Dissertation Hans Schmitt(-Rost), NL Schmitt-Rost, Historisches »Das deutsche Bürgertum in deut­ Archiv d. Stadt Köln ; für den Hinweis auf Dr. Hans Schmitt(-Rost) danke ich Herrn Walter Vitt, Köln . schen Tagebüchern des 18. und 19. Jahrhhunderts«; (?) Feuilleton-Redakteur; 01 .12.1926 WERAG: Leiter der Programm­ redaktion, Dramaturg u. Regisseur in der Hörspielabteilung; 31 .03.1933 Entlassung; (?) Flucht nach Holland; Arbeit als Versicherungsagent; Mai 1940 Selbstmord nach Einmarsch der deutschen Truppen; 188 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Quellen: Biographisches Material, HA 26, 12x6; Kand­ Walter, Martha ner, Tagebücher, HA 31,2-1; Brückner, Franz Peter: geb. (?) Rückkehr aus Frankreich, Sendereihe »Zum Tage«, gest. 1946 Konstanz 11 .03.1946, 19.15 Uhr NWDR, Ms., HA Mikrofiche; Schauspielerin Brief Hardt an Düppengieser vom 02.09.1937, (Abschrift), HA 28,4x2; 1925 WEFAG Elberfeld; 1927 - 1940 WERAG: Sprecherin; van den Wyenbergh, Marie Theres 1933 Beurlaubung; Assistentin in der Vortragsabteilung, Leiterin des Frauenfunks Quellen: Kandner, Tagebücher, HA 31,12x8; Perso­ nalkartei, HA WDR ... (Quellen nicht nachprüfbar) geb. 28.06.1902 Düsseldorf

(?) Ausbildung: Kindergärtnerin, Säug• Weimar, Richard lingspflege, Krankenpflege, Wohl­ Sprecher fahrtspflege; geb. 02.08.1903 St. Petersburg/Rußland Nov. 1927 WERAG: Frauenfunk; gest. 04.07.1983 Erfurt 01.01.1928 Festanstellung; 1933 Entlassung, (Begründung: negativ 1915 nach Internierung der Familie in über den Führer gesprochen, po­ Rußland Übersiedlung nach Berlin; litisch unzuverlässig); Besuch der Realschule, kaufmänni Verdienstverbot, d.h. durfte nicht sehe Lehre; Schauspielunterricht; mehr als 200 Reichsmark im Monat Volontär an der Volksbühne Berlin; verdienen; längere Zeit arbeitslos, 1924-1925 Schauspielhaus Düsseldorf; dann bei Krupp in Essen; 1925-1926 Schauspielhaus Köln; 1946 (?) Versuch, beim NWDR Köln eine 1927 Volksbühne, Thalia-Theater, Berlin; Anstellung zu finden, mißlang; 1928 WERAG: Sprecher; 1947-1962 SWF, Leiterin d. Frauenfunks; Juni 1933 Kündigung nach § 4 d. Gesetzes zur Wiederherstellung d. Berufs­ Quellen: Erinnerungen 1928-1933, Gespräch mit Dr. Montenbruck, SWF, HA28,1x1; beamtentums; Bemerkungen: Programm der Frauenstunde. Aufli­ Verbot, im Rundfunk zu arbeiten; stung aller Sendungen mit Nennung von Themen u. (?) Berlin, Versuch, am Theater Fuß zu Autoren 1928-1932. HA 28,1x4; fassen, einige Rollen im Theater in der Saarlandstraße, im Kurfürsten• Theater u.a.; Vordemberge, Eis 1938 Filmrolle in »Du und ich«; Leiterin des Kinderfunks 1938 Theater Meiningen, Regisseur; geb. 05.07. 1902 Wien (?) Staatstheater Kassel; Reichsgautheater Posen; (?) Schauspielausbildung bei Louise 1944 Schließung des Theaters, Soldat; Dumont; Schauspielhaus Düssel• 1945-1949 Gefangenschaft: Ural, dann in der dorf; Engagements in Düren, Düs• Nähe von Moskau; seldorf, Osnabrück; 02.09.1949 Berlin; 1927 WERAG: Sprecherin, später Lei­ März 1950 Mecklenburg, Staatstheater; terin des Kinderfunks; Schwerin, 1. Spielleiter u. 1933 Entlassung (Begründung: Jüdin); Schauspieler; Hausverbot; 1956-1958 Oberspielleiter Halle; Flucht von Versteck zu Versteck 1958 Staatstheater Dresden, bei Freunden, zuletzt Bad Honnef; Schauspieler u. Sprechmeister; 1946 NWDR Köln, Leiterin des Kinder­ funks; Quellen: Lebenslauf, HA 28,3x2; Erinnerungen an 1964 Ruhestand; den Westdeutschen Rundfunk in der Ära Hardt HA, 28,3x3; Quellen: Schneider, Christof: Eis Vordemberge zum Bemerkungen: Briefe an Hardt in: NL Hardt, Schiller­ 90., in: Fernseh-Informationen, Jg. 43. 1992, S. 519- Nationalmuseum Deutsches Literaturarchiv, Marbach; 520; Biographisches Material, HA 64,7x3; Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 189

Worm, Fritz 1924-1925 Kapellmeister am Stadttheater Abteilungsleiter, Literatur u. Kulturwissenschaf­ Mönchen-Giadbach; ten 1925-1927 Freier Musiker; (Briefkopf: Leiter der literarischen Abteilung) 1927-1935 WERAG: Kapellmeister und geb. 1887 Chordirektor; gest. 09.05.1940 Rio de Janeiro Juni 1933 Kündigung nach § 4 d. Gesetzes zur Wiederherstellung d. Berufs­ (?) Buchhändler; beamtentums; 1927 WERAG: zunächst freier Mit­ danach Weiterbeschäftigung; arbeiter, 1935-1942 Kapellmeister am Reichssender 1929 Festanstellung; später Leiter der Stuttgart; literarischen Abteilung; 1937 Eintritt in die NSDAP; Mitarbeit im Juni 1933 Kündigung nach § 4 d. Gesetzes Kreisstab Ludwigsburg; zur Wiederherstellung d. Berufs­ 1943-1944 Städtischer Musikdirektor in beamtentums); Biedenhofen; 1933- Aufträge beim Rundfunk in Basel; 1944-1945 Musiklehrer; 1936 (?) Lesungen für den Jüdischen Kultur­ 1947-1962 NWDR Köln Chordirektor bund Rhein-Ruhr; Hausdurchsuchung; Quellen : Biographisches Material, HA 68 . 1x8; 1936 Flucht nach Rio de Janeiro; Arbeit als Übersetzer; Vorträge u. Lesungen aus Werken deutscher Abkürzungen Klassiker; BR Bayerischer Rundfunk Quellen: Briefe an Richard Weimar, HA 33, 12x27; DGB Deutscher Gewerkschaftsbund Biographisches Material, HA 27, 12x3; Pressematerial GD FRA Gemeinschaft der früheren zur Beurlaubung; Klatt, M.: Professionalisierung im Rundfunkangestellten Weimarer Rundfunk . M.A. Münster 1985. S. 128; HA Historisches Archiv Bemerkungen: Briefe an Stein, in NL Sten, Interna­ tionales Institut für Sozialgeschichte Amssterdam ; HA ... in Verbindung mit einer Signatur möglicherweise Korrespondenz mit Prof. Dr. Paul des Historischen Archivs des Honigsheim, NL Honigsheim, Michigan State Uni­ WDR versity, Univesity Archives, Or. Richard H. Harms , IISG Internationales Institut für East Lansing , Michigan, USA; Worm, F.: Persönlich• Sozialgeschichte, Amsterdam keit und Werk Albrecht Dürers, in: Jahrbuch des KPD Kommunistische Partei Deutsch­ Westdeutschen Rundfunks. 1929. S. 24-43; Worm, lands F. : Wert und Ehre deutscher Sprache, in: Jahrbuch d. KZ Konzentrationslager Westdeutschen Rundfunks. 1929. S. 235; Gespräche NDR Norddeutscher Rundfunk über Menschentum,: 4. Gespräch über d. Staat. Hardt, Prof. Dr. Honigsheim, Dr. Stein , Worm. ln: NL Nachlaß Jahrbuch d. Westdeutschen Rundfunks. 1929. S. NSDAP Nationalsozialistische deutsche 218-224. - 24. Gespräch über d. Staat. Hardt, Prof. Arbeiterpartei Dr. Honigsheim, Dr. Stein, Worm. ln: Rundfunk-Jahr­ NWDR Nordwestdeutscher Rundfunk buch 1930, S. 185-187; versch. Manuskripte u. Briefe Pg Parteigenosse imHAWDR; RTF Radiodiffusion Television Fran­ caise SPD Sozialdemokratische Partei Zimmermann, Bernhard Deutschlands Chordirektor ss Schutzstaffel der NSDAP geb. 13.07.1895 Köln SWF Südwestfunk gest. 21.01 .1968 Köln Ufa Universum Film-Aktiengesell­ schaft (?) Gymnasium; WDR Westdeutscher Rundfunk 1914 1. Weltkrieg: Kriegsfreiwilliger, WERAG Westdeutscher Rundfunk AG 1917 Verwundung, danach bis zur Ent­ lassung freiwillige Tätigkeit im Büro der Städtischen Bühnen Köln; (?) Musikstudium; 1920-1922 Klavierlehrer; 1922-1924 Musikalischer Leiter einer Gesangs- und Opernschule in Köln ; 190 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Quellen Tigges , Wilhelm: Bericht. HA 28 ,1x3 . Ulmann, Hanns: Biographisches Material. HA 26, 12x6. Bundesarchiv Koblenz van den Wyenbergh, Marie Theres: Erinnerungen Brief der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft an den 1928-1933. Gespräch mit Dr. Montenbruck, SWF. HA Westdeutschen Rundfunk vom 29.06.1933, Bestand 28,1x1 . R 55/1033 Vordemberge, Eis: Biographisches Material. HA Universitatsarchiv Köln 64 ,7x3. Weimar, Richard: Lebenslauf. HA 28,3x3. Promotionsakten Hans Stein, Bestand 70/138 Weimar, Richard : Erinnerungen an den Westdeut­ schen Rundfunk in der Aera Hardt. HA 28,3x3. Historisches Archiv des WDR Worm, Fritz: Biographisches Material. HA 27,12x3. Anheisser, Dr. Siegfried: Biographisches Material. HA 26, 12x10. Worm, Fritz: Briefe an Richard Weimar. HA 27,12x3. Ascheuer, Hans: Bewerbungsbogen. HA 46, 12x25. Brückner, Franz Peter: Heimkehr aus Frankreich, Literatur Sendereihe »Zum Tage«, NWDR, 11 .03.1946, 19.15, Ms. HA Mikrofiche. a bis z. Organ der Gruppe progressiver Künstler, Köln Ebert, Hans: Lebenslauf. HA 28 , 12x4. No. 1, Okt. 1929 bis No. 30, febr. 1933. nachdruck mit Fritzsche, Reinhard: Brief an Josef Kandner vom e. Register von Hans Schmitt-Rost. Köln , New York 12.11 .1947. (Nachlaß Kandner.) HA 47, 11x5. 1969. Guntermann, Maria: Vermerk über ein Gespräch am Bauer, Thomas: Deutsche Programmpresse 1923 bis 13.03.1966. HA 28,12x6. 1941. Entstehung, Entwicklung u. Kontinuität d. Rundfunkzeitschriften . München u.a. 1993. (= Rund­ Heil, Carl : Brief vom 05.08 .1967 an das Historische funkstudien Bd. 6) . Archiv des WDR. HA 33,3x4. Bierbach, Wolf: Rundfunk zwischen Kommerz und Hüsch, Josef: Im Kölner Cafe Monopol 1931 . Zeitge­ Politik. Der Westdeutsche Rundfunk in der Weimarer nossen treffen sich wieder. WDR 2. Programm, Zeit. Bd . 1.2. Frankfurt am Main u.a. 1986. 03.07.1966. Ms. HA 31 ,1x3. Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Kandner, Josef: Tagebücher 1931 - 1949. HA Emigration nach 1933. Bd . 1-3. München 1980-83. 31,12x8. Bulletin of the International Institute of Social History Kohlhaas, Heinz: Erinnerungen an Fritz Lewy. HA Amsterdam. Vol. V. 1950. Amsterdam 1950. 28,1x7. Deutsches Bühnenjahrbuch. Jg. 43. 1932-45. 1934. Kohrs, Karl: Vermerk über ein Gespräch am Berlin 1932-34. 30.09.1969. HA 69,9x15. Diller, Ansgar: Rundfunkpolitik im Dritten Reich . Externe Korrespondenz des Historischen Archivs München 1980. (=Rundfunk in Deutschland, Bd . 2) . 1964- 1989. Encyclopaedia Judaica. Vol. 1-16. Jerusalem, New Lewy, Fritz: Lebenslauf. (Kopie aus dem Cincinnati York 1971 . Art Museum, Library.) HA 28,1x7. Friedenthai-Haase, Martha: Erwachsenenbildung im Neumann, Fritz: Vermerk über ein Gespräch am Prozeß der Akademisierung . Der staats- u. sozial­ 11.10.1965. HA 26,12x4. wissenschaftl. Beitr. zur Entstehung e. Fachgebiets an d. Universitäten der Weimarer Republik unter bes. Oettershagen, Albert: Bericht. HA 27,12x14. Berücksichtigung d. Beispiels Köln. Frankfurt am Personalkartei des Historischen Archivs des WDR. Main u.a. 1991 . (= Studien zur Bildungsreform, Bd . (Quellen z.T. nicht nachprüfbar). 18). Protokoll der Betriebsratssitzung vom 08.10.1930. HA Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten­ 30,9x1. tums. Vom 7. April 1933. in: Reichsgesetzblatt, T. 1, Nr. 34 vom 7. April1933, S. 175- 177. RRG-Unterstützungsempfänger. HA 61 ,5x2 . [Georg) Grove's Dictionary of music and musicians. Sand, Hans: Biographisches Material. HA 70,4x14. 5th. ed . Vol1-9. Suppl. London, New York 1954-61. Spitz, (Harry) Hermann: Biographisches Material. HA Hardt, Ernst: Briefe an Ernst Hardt. Hrsg. von Jochen 29,12x3. Meyer. Marbach 1975. Stern, Walter: Bericht. HA 65,3x2 . Nink: Folgen nationalsozialistischer Personalpolitik 1933 191

Heimann, Dieter: NS-Rundfunkführung am Beispiel 1 Albert Oettershagen: Bericht. HA 27,12x14. des Westdeutschen Rundfunks. in: Rundfunk und Politik 1923- 1973. Berlin 1975. S. 153-173. 2 Reichsgesetzblatt, T. 1, Nr. 34 vom 7. April 1933, S. 175-177. Heimann, Dieter: Der Reichssender Köln . T. 1: Machtergreifung und Gleichschaltung. Sendereihe 3 Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich . »Aus der Landesgeschichte«, WDR, 2. Progr. München 1980, S. 126-127. 02.02.1973, 16.15 Uhr. Ms. 4 Bundesarchiv Koblenz, R 55/1 033. Heimann, Dieter: Die Reichsender-Zeit. Rückblick 5 Josef Kandner: Tagebücher 1931 - 1949, HA und Chronik. in: Aus Köln in die Weit. Köln, Berlin 31, 12X8. RRG- Unterstützungsempfänger, HA 1974. S. 231-269. 61 ,5x2 . Horn, Wolfgang: Die »Machtergreifung« beim WDR. 6 Nach den Unterlagen des Historischen Archivs in: WDR print. Nr. 81 , Januar 1983. S. 7. des WDR mußten außerdem den Westdeutschen Jahrbuch des Westdeutschen Rundfunks . 1929. Köln Rundfunk verlassen: Leonardo Aramesco (1 . Te­ 1929. nor), Hans Ascheuer (Fahrer), Franz Peter Brück• ner (Chefredakteur >Die Werag<), Dodja Feldin Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Berlin (Solocellist), Carl Heil (Sprecher u. Spielleiter), 1956. Paul Korte (Verwaltungsdirektor), Alexander Kutsch, Ka rl Josef, Leo Riemens: Unvergängliche Maass (Sprecher), Eleonore Maass (Fotografin), Stimmen. 2., neubearb. Aufl . Hauptbd. Erg .Bd. Bern Bronislaw Mittman (1 . Konzertmeister), Fritz Neu­ 1982. mann (Sänger) , Alfred Erich Sistig (Hörspielabteilung), Hermann Spitz (Leiter der Kutsch , Karl Josef, Leo Riemens: Großes Sängerle• Abteilung Konzert- u. Schallplatten), Waller Stern xikon. Bd. 1.2.Erg .Bd . Bern, Stuttgart 1987-91. (Vortragsabteilung), Marie Theres van den Wyen­ Rheinische Musiker. F. 9. Köln 1981 . (Beiträge für bergh (Leiterin des Frauenfunks), Eis Vordem­ rhein ische Musikgeschichte. H. 129). berge (Leiterin des Kinderfunks), Richard Weimar (Sprecher) . Riemann, Hugo: Musiklexikon. 12 ., neubearb. Aufl. Bd . 1-3. Erg .Bd . Mainz 1959-72. 7 Dazu ausführlich: Dieter Heimann: NS-Rundfunk­ führung am Beispiel des Westdeutschen Rund­ Der Rundfunk. Blätter für nationalsozialistische funks. ln : Winfried B. Lerg/Rolf Steininger Kulturgestaltung . Mit den amtlichen Mitteilungen der (Hrsg.) :Rundfunk und Politik 1923 - 1973. Berlin Reichsrundfunkkammer. Jg . 1.1937/38-3.1939. H. 1975. s. 153-173. 1/2. Berlin 1937- 1939. 8 RRG-Unterstützungsempfänger, HA 61 ,5x2 . Rundfunk-Jahrbuch. Hrsg. von der Reichs-Rundfunk­ Gesellschaft. 1929-1933. Berlin 1929-1933. 9 Im Berlin Document Center gibt es Personalun­ terlagen zu folgenden hier aufgeführten WERAG­ Schiller-Lerg, Sabine: Mit den Ohren sehen . in : Stu­ Angestellten : Siegtried Anheisser, Ernst Hardt, dienkreis Rundfunk und Geschichte, Mitteilungen. Jg . Paul Korte, Rudolf Rieth, Alfred Erich Sistig, Ri­ 10.1984. S. 334-342. chard Weimar, Marie-Theres van den Wyenbergh, Schneider, Christof: Eis Vordemberge zum 90. in : Bernhard Zimmermann. Angaben nach Bierbach, Fernseh-Informationen. Jg . 43.1992. S. 519-520. Wolf: Rundfunk zwischen Kommerz und Politik, a.a.O., S. 551; Klatt, Michael: Professionalisierung Tichatschek, Georg-Aiexander: Harry Hermann Spitz, im Weimarer Rundfunk, a.a.O., S. 245. Förderer des »Neuen Werks« . in : Jüdische Allge­ meine vom 09.12.1955, S. 17. Ulrich, Paul S.: Theater, Tanz und Musik im Deut­ schen Bühnenjahrbuch. Bd. 1.2. Nachtrag 1. Berlin 1985-92. Mitteilung der Redaktion Vom Dadamax zum Grüngürtel. Köln in den 20er Jahren. Köln 1975. Der in Nr. 2/3, 1993 der >Mitteilungen< ange­ WDR print. Die Hauszeitschrift des Westdeutschen kündigte Teil 2 des Berichts »Rundfunk in Leip­ Rundfunks. Nr. 1. Sept. 1979 ff. Köln 1979 ff. Nr. zig. Quellen und Darstellungen zu seiner Ge­ 1.1973-44. Juni/Juli 1979 u.d.T.: Fünkchen. WDR in schichte« muß aus Platzgründen leider entfallen ; Team. er wird erst in Nr. 1, 1994 der >Mitteilungen< ab­ gedruckt. Die Werag . Jg. 1.1926 ff. Köln 1926 ff. Zum Teil 1 des Berichts hat Theresia Witten­ Widerstand und Verfolgung in Köln. 1933 - 1945. brink darauf aufmerksam gemacht, daß dem Köln 1974. Wirtschaftsministerium innerhalb des sachsi­ schen Kabinetts und nicht dem Außenministeri• um die Ressortzustandigkeit für den Rundfunk oblag. Klaus Scheel

Quellen zur Geschichte des nationalsozialistischen Rundfunks im »Sonderarchiv« Moskau

45 Jahre gehörte das »Zentrale Staatliche Son­ als 3 km)3 und 194 369 Einheiten (in 426 ver­ derarchiv« (seit Juli 1992: »Zentrum für die Auf­ schiedenen Bestanden = Fonds).4 Das bewahrung historisch dokumentarischer Samm­ »Sonderarchiv« verfügt auch über Überlieferun• lungen«) in Moskau zu den streng gehüteten Ge­ gen früherer Jahrhunderte zum Beispiel aus heimnissen der Sowjetunion, wurde das Archiv Adelsarchiven, von Freimaurerlogen und jüdi• selbst vor der sowjetischen Öffentlichkeit geheim schen Gemeinden. Schwerpunkte bilden jedoch gehalten. Vom Umfang der Bestände aus be­ das Schriftgut der Jahre von 1917 bis 1945 und trachtet war es das sechstgrößte Archiv der hier wiederum die Zeit von 1933 bis 1945. Hinzu UdSSR. Als »Trophäensammlung« hatte es eine kommen Archivalien aus der Zeit nach 1945, z.B. Fülle jener Archivalien aufgenommen, die sowje­ Unterlagen deutscher Kriegsgefangener. tische Truppen bei ihrem Vormarsch erbeutet Die ersten deutschen Dokumente, Unterlagen und nach Kriegsende beschlagnahmt hatten. der Wehrmacht, fielen Einheiten der Roten Ar­ Nicht nur deutsche Akten fielen den Sowjets mee bereits beim Gegenschlag im Winter dabei in die Hand. ln beträchtlichem Umfang 1941/42 vor Moskau in die Hande. Diese Unter­ stießen die sowjetischen Armeeinheiten auch auf lagen und die im Laufe des Krieges außerdem Archivalien, die ursprünglich Verbände der deut­ erbeuteten Wehrmachtsdokumente wurden im schen Wehrmacht in den besetzten Ländern Eu­ Zentralarchiv des Ministeriums für Verteidigung ropas geraubt hatten: Akten aus Ministerien, in Podolsk5 deponiert und gingen nur in Aus­ Polizeiverwaltungen, Banken, Firmen, Freimau­ nahmefallen an das »Sonderarchiv«, beispiels­ rerlogen , jüdischen Gemeinden, deutschen Exil­ weise zwei Fonds Feldpostbriefe.s Zivile deut­ verlagen und aus vielen anderen Institutionen sche Unterlagen erbeuteten die Sowjets in nen­ sowie von Einzelpersonen, die als Gegner des nenswertem Umfang erstmals Anfang 1945: Die Nationalsozialismus galten. Allein 1,3 Millionen in zwei Schlössern Niederschlesiens ausgelager­ Akten, aufgeteilt in 344 Fonds, mit zumeist Per­ ten Bestände des Reichssicherheitshauptamtes sonendossiers der französischen Geheimpolizei der SS wurden nach Moskau abtransportiert. aus den 30er Jahren stammten aus Frankreich. Nach Ende der Kampfhandlungen in Berlin be­ Osterreichische Akten, darunter Unterlagen aus mächtigte sich die Rote Armee u. a. 828 Akten dem Bundeskanzleramt in Wien, sind in 67 der Privatkanzlei Hitlers, 117 Akten der Reichs­ Fonds, griechische Archivalien in acht Fonds und 53 der Präsidialkanzlei. 7 nachgewiesen. Aber auch Dokumente aus dem Ein besonderer Rang kommt den Fonds zen­ Sekretariat des Königs von Norwegen, des finni­ traler deutscher Reichsbehörden und -institutio­ schen Staatsrats, des Primas von Polen und der nen, Verbänden und wichtiger Personen im niederländischen Regierung sind im »Sonder­ »Sonderarchiv« zu . Nach der Anzahl der Akten­ archiv« - die eingebürgerte Bezeichnung »Son­ einheiten (AE) geordnet, stehen an der Spitze: derarchiv« wird nachfolgend immer für die län• Reichsministerium des Inneren (Fond 720, gere korrekte neue Bezeichnung benutzt - vor­ 14.544 AE), Reichsgericht und Reichsanwalt­ handen. Wahrend die Rückgabe von Archivalien schaft (Fond 567, 14.355 AE), Deutsche Revisi­ an die Niederlande und Frankreich bereits in ons- und Treuhand AG, Berlin (Fond 1466, Gang gekommen ist, dauern die Verhandlungen 14.198 AE), Reichswirtschaftsministerium (Fond über die Rückführung der deutschen Bestände 1458, 13.355 AE), der Sammelbestand Justiz­ noch an .1 einrichtungen in Deutschland mit Akten des Volksgerichtshofs und Einzelfallen (Fond 1361, 11 .632 AE). Es wurden aber auch Akten ver­ Deutsche Bestände schiedener Einrichtungen unter einer Fond­ Nummer zusammengefaßt, so daß sie mitunter Über die Gesamtzahl der in russischen Archiven einen großen Umfang besitzen: Sach- und Per­ vorhandenen Akten deutscher Herkunft gibt es sonalakten der Fürsorge- und Versorgungs­ nur vage Angaben. Das Komitee für Archivange­ dienststellen der Waffen-SS (Fond 1372, 22 .873 legenheiten der Russischen Föderation schätzt AE}, Freimaurerlogen (Fond 1412, 14.414 AE) , sie auf eine Million Akteneinheiten;2 für das Militärische und militärbauliche Einrichtungen »Sonderarchiv« schwanken die Zahlen zwischen Deutschlands (Fond 1303, 5.681 AE). Anderer­ 174 000 Akten (in einer Gesamtlänge von mehr seits gibt es erstaunlicherweise auch kleine Scheel: Rundfunkakten im »Sonderarchiv« Moskau 193

Überlieferungen: Faschistische und profaschisti­ stände wird ergeben, ob und wie sie die Quellen sche Organisationen Deutschlands (Fond 1521 , im Bundesarchiv Koblenz und Potsdam sowie im 59 AE) , Gefängnisse in Deutschland (Fond Deutschen Rundfunkarchiv Frankfurt am Main 1408, 27 AE). Von den 80 vorhandenen Nach­ ergänzen . Ein Beispiel soll dies verdeutlichen : lassen sollen erwahnt werden diejenigen von Als bedeutendste Quelle auf die ich bei meinen Max Braun und Paul Löbe (SPD-Politiker, 5 und Archivrecherchen stieß, sind die Protokolle der 3 AE), Franz von Papen (Reichskanzler, 65 AE) , Geheimen Ministerkonferenzen im Propagan­ Ludwig Quidde (Pazifist, 34 AE), Walther daministerium für den Zeitraum vom 26 . Oktober Rathenau (Industrieller und Außenminister, 910 1939 bis zum 31 . Januar 1945 (Fond 1363, Opis AE), Hjalmar Schacht (Reichsbankpräsident, 65 3ff.) anzusehen . Ein Teil der Protokolle war in AE), August Thyssen (Industrieller, 12 AE). Es Form von Kopien schon in den 50er Jahren von sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die der UdSSR der DDR zurückgegeben worden Bestande mit einer geringeren Anzahl von Akten und kam in das Deutsche Zentralarchiv Pots­ durchaus Dokumente mit einer hohen Aussage­ dam. Willi A. Boelcke edierte 1966 die ihm zu­ kraft enthalten können. ganglichen Protokolle vom 26. Oktober 1939 bis zum 31 . Mai 1941 und brachte 1967 eine weitere Veröffentlichung mit erganzenden Dokumenten Akten zur Rundfunkgeschichte aus dem Politischen Archiv des Auswartigen Amtes in Bonn bis zum 31 . März 1943 heraus.9 Einzeldokumente, Schriftwechsel verschiedener Boelckes ausführliche Einleitungen zu beiden Institutionen mit Rundfunkbezügen und vollstän• Publikationen ersparen hier die Erlauterung des dige Akten zur Tatigkeit des nationalsozialisti­ Stellenwerts dieser Protokolle. Hervorgehoben schen Rundfunks sind mit Sicherheit in vielen sei jedoch, daß sie unverzichtbare Schlüsseldo• Fonds des »Sonderarchivs« enthalten . Die von kumente für Untersuchungen über Ziel, Inhalt mir besorgte Auswahl beschrankt sich auf ein ige und Methoden der nationalsozialistischen Pro­ Fonds und kann nicht mehr als einen ersten gro­ paganda sowie zur Lenkung aller Medien, darun­ ben Überblick bieten , der sich an den durchweg ter auch des Rundfunks, sind. Sie enthalten die in russischer Sprache vorliegenden, Details aber Weisungen an die verschiedenen Propaganda­ nicht berücksichtigenden Findbüchern orientiert. bereiche und aus gegebenem Anlaß Erganzun­ Nicht auszuschließen ist, daß in einigen Akten gen und Veranderungen. Die Protokolle für die der bereits erwahnten Fonds Rundfunkbelange Jahre 1943 bis 1945 dokumentieren die Zeit, in enthalten sind, ohne daß dies im jeweiligen der es mit den zunehmenden deutschen Nieder­ Findbuch erkennbar war. Möglich ware dies z.B. lagen an allen Fronten immer schwieriger wurde, bei Akten des Volksgerichtshofs, in denen Ver­ den Glauben an den »Endsieg« der Wehrmacht fahren wegen des Abhörens von aufrechtzuerhalten. Heute können sie zu einer »Feindsendern« sowie der Weitergabe von wirkungsvollen Entlarvung der Formen der Mei­ Nachrichten an andere Personen dokumentiert nungsmanipulierung beitragen. Sie decken auf, sind , bei Prüfberichten der Deutschen Revisions­ wie Propagandaminister Goebbels und seine und Treuhand AG sowie bei einigen Nachlässen. engsten Mitarbeiter unablassig die Kriegsrealitä• Es ist ebenso möglich, daß in einigen Akten ten umdeuteten, um mit ihrer Propaganda den des Überblicks der Rundfunk nur eine Neben­ Durchhaltegeist anzustacheln. rolle spielt. Ich habe mich dennoch zur Veröf• Andere Dokumente des »Sonderarchivs« fentlichung dieser Auswahl entschlossen, weil werden unsere Kenntnisse auch über andere sie den Archivaren und Historikern verdeutlicht, Propagandabereiche erweitern. So signalisieren welche Fülle an unerschlossenen Quellen zur die Findbücher, daß eine Reihe von Akten die deutschen Rundfunkgeschichte in Moskau liegt. Steuerung des Musiklebens durch das Regime Dafür kommen vor allem die Akten folgender offenlegen . Zu prüfen ist noch, inwieweit die Ak­ Behörden und Institutionen in Betracht: ten des »Sonderarchivs« die bereits bekannten Reichsministerium für Volksaufklarung und Pro­ Abhörberichte des »Seehaus«-Dienstes, beson­ paganda (Fond 1363, 639 AE), Nachlaß Joseph ders die Sendungen in deutscher Sprache, in Goebbels (Fond 1477, 1140 AE), Sonderdienst den verschiedenen deutschen und amerikani­ Seehaus des Auswartigen Amtes und des Pro­ schen Archiven und Bibliotheken komplettieren. pagandaministeriums (Fond 1423, 43 AE), Son­ ln diesem Zusammenhang soll auf die Akten derdienst »Vineta« des Propagandaministeriums über Radio Moskau, Radio Leningrad und den (Fond 1370, 413 AE), Deutsches Nachrichtenbü• Sender des Nationalkomitees Freies Deutsch­ ro (Fond 1493, 646 AE), Reichssicherheits­ land, auf das registrierte Hörerecho wie die Ge­ hauptamt der SS (Fond 500, 3009 AE).a genmaßnahmen der Gestapo und des Sicher­ Erst eine gründliche Durchsicht aller Mos­ heitsdienstes der SS eigens hingewiesen wer­ kauer rundfunkhistorisch relevanten Aktenbe- den . 194 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Benutzungshinweise 17.00 Uhr und am Freitag von 10.00- 16.00 Uhr geöffnet. Die Einsicht in Findbücher und die Er­ Über Jahrzehnte war eine Nutzung des ledigung von Aktenbestellungen wurde zuvor­ »Sonderarchivs« Spezialisten des sowjetischen kommend und rasch ermöglicht, die Betreuung Geheimdienstes und des Außenministeriums war lobenswert. Der Stockpreis für eine Sofort­ vorbehalten. Die Bestande wurden vor allem zur kopie betrug 348 Rubel pro Seite; eine Normal­ Suche von Belastungsmaterial gegen Kriegsver­ kopie, deren Anfertigung erst nach der Abreise brecher und Kollaborateure genutzt. Erstmals erfolgte und für deren Abholung und Versendung wies Ella Maximowa im Februar 1990 in einer jeder Benutzer selbst sorgen muß, kostete 17 4 Serie in der »lsvestija« auf die Existenz des Rubel. Die Preise sind inzwischen gestiegen. »Sonderarchivs« und seine Bestande hin und Neben den Findbüchern existieren weitere wiederholte dies in der deutschsprachigen Zeit­ Hilfsmittel in Form einer Sach- und einer Na­ schrift »Sowjetunion heute« im August 1990. menskartei, die ca . drei Millionen Personen ver­ 1991 gab es weitere Informationen durch füh• zeichnet. Die Bestande des Archivs sind fortlau­ rende russische Archivare auf wissenschaftli­ fend mit Nummern gekennzeichnet und begin­ chen Tagungen in MOlheim an der Ruhr und nen mit dem Fond 500. Größere Bestande sind Bellagio (Italien). Im FrOhjahr 1991 wurde das untergliedert in Opissy (Opis = Inventarbuch des »Sonderarchiv« durch ein Schild am Eingang Bestandes). außerlieh gekennzeichnet.10 Etwa zur gleichen Abschließend sei noch auf Rundfunkakten im Zeit erschien als erster deutlicher Beleg für die Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF) Öffnung seiner Bestande die deutsch-russische hingewiesen: Sie enthlaten Eigenanalysen zu Gemeinschaftsedition der Feldpostbriefe von der Umfang und Methoden der Sendetätigkeit in den Ostfront. 11 1992 nahmen Veröffentlichungen Kriegsjahren, z.B. für Radio Paris unter deut­ Ober die Bestände des »Sonderarchivs« und scher Leitung sowie »Sprachregelungen« ge­ Ober die Erfahrungen bei ihrer Benutzung zu .12 genüber dem Ausland im Fond 7445 .15 Wegen unterschiedlicher Erfahrungen deut­ scher Historiker beschranke ich mich hier auf meine persönlichen Eindrücke: Bei einem mehr­ Aktenübersicht wöchigen Aufenthalt im Auftrag der Historischen Kommission zu Berlin wurden im FrOhjahr 1993 Fond 1363 Reichsministerium für Volksauf­ Findbücher und Akten des »Sonderarchivs« für klärung und Propaganda (RMVP) eine spezielle Edition von Lageberichten der Ge­ heimen Staatspolizei ausgewertet. Von Findbü• Opis 178 Akten chern zu 33 Fonds fertigte ich Arbeitsnotizen an . Nr. Briefwechsel des RMVP mit Reichs­ Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. ministerium des Inneren, Polizei­ Zu berücksichtigen ist auch, daß die Notizen präsidien und der »Concordia« keine vollständigen Übersetzungen der in russi­ [Leitung der Geheim-Sender] scher Sprache vorliegenden Findbücher sind . 186 Blatt Von Vorteil ist, daß alle Aktenabgaben seit den 1933 - März 1945 50er Jahren an die Staatliche Archivverwaltung der DDR oder an andere Archive in Moskau 4 Briefwechsel des Rundfunks mit Aus­ (KGB, Außenministerium und Institut für Marxis­ landsdeutschen mus-Leninismus/Parteiarchiv) in den Findbü• 201 Blatt chern verzeichnet sind.13 1930 - April 1945 1992 gestellte schriftliche Benutzungsantrage 9 Rundfunk in Berlin an den Leiter des »Sonderarchivs« und zugleich 34 Batt an den Leiter des Komitees für Archivangelegen­ 1935- 1936 heiten der Russischen Föderation1 4 blieben oh­ ne Antworten - dies wurde mir spater mit der 10 Briefwechsel des RMVP mit dem Notwendigkeit der Einsparung von Portogebüh• Reichspostministerium Ober Rundfunk- ren und der Unsicherheit des Postweges erklart. fragen Seide Leiter können Benutzungsgenehmigungen 178 Blatt erteilen. Hilfreich war die Befürwortung eines In­ 1934- 1939 stituts der Russischen Akademie der Wissen­ 17 Rundfunk und Akademie der Wissen­ schaften, die schließlich Benutzungsgenehmi­ schaften gung wie Visaerteilung erheblich beschleunigt 252 Blatt haben. 1936- 1942 Das »Sonderarchiv« war wahrend unserer Nutzung von Montag bis Donnerstag 10.00 - 24 Rundfunk und Musik Scheel: Rundfunkakten im »Sonderarchiv« Moskau 195

399 Blatt 366 Blatt 1937- 1944 1941

25 Fernsehen und Paul Nipkow 43 Jugendpropaganda 556 Blatt 445 Blatt 1937- 1944 1940- 1945

29 Briefwechsel des RMVP mit dem 48 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk Auswärtigen Amt über Rundfunkfragen und Film 502 Blatt 382 Blatt 1933- 1944 1941

30 Briefwechsel des RMVP mit dem Ober- 49 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk kommando der Wehrmacht über Rund- und Film funkfragen 416 Blatt 367 Blatt 1939- 1941 1939- 1940 50 Briefwechsel des RMVP über techni- 31 Briefwechsel des RMVP mit dem sehe Angelegenheiten des Rundfunks Rundfunkundd~NSDAP und über das Funkjournal (betr. auch Italien) 381 Blatt 80 Blatt 1939- 1941 1939- 1940 51 Briefwechsel Sender Berlin, Koblenz, 32 Briefwechsel des RMVP zu Musik- Trier angelegenheilen 369 Blatt 474 Blatt 1939- 1942 1939- 1942 52 Briefwechsel von Rundfunkein- 34 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk- richtungen und des Fernsehsenders angelegenheilen 342 Blatt (betr. u.a . 100 Jahre Deutsches Lied) 1941 - 1942 662 Blatt 55 Briefwechsel zu Rundfunkangelegen- 1940- 1942 heilen 35 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk- 507 Blatt angelegenheilen 1941 - 1942 658 Blatt 56 Briefwechsel zur Auslandspropaganda 1939- 1943 des Rundfunks 36 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk- 567 Blatt angelegenheilen 1941 - 1942 (betr. das Protektorat Böhmen und 58 Briefwechsel zu Rundfunkangelegen- Mähren) heiten 172 Blatt (betr. Propaganda gegen die UdSSR) 1939- 1944 753 Blatt 37 Briefwechsel des RMVP zu Rundfunk- 1941 - 1945 angelegenheilen 59b Arbeitsunterlagen des Referats VII des (betr. auch die Deutsche Polizei und RMVP (Ausland] Frankreich) 74 Blatt 343 Blatt 1935- 1937 1939- 1942 60 Protokolle und Dokumente über Mit- 39 Briefwechsel des RMVP zu Musik- arbeiter fragen 118 Blatt 13 Blatt 1941 -1944 1940- 1941 61 Musikfragen 40 Briefwechsel des RMVP mit dem Ober- 188 Blatt kommando der Wehrmacht über Rund- 1941 - 1944 funkfragen (betr. Balkan , USA und Groß- 62 Briefwechsel des RMVP mit dem Ober- britannien) kommando der Wehrmacht 196 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

621 Blatt 1943- 1944 1941 - 1944 79 Briefkopien über Auslandspropaganda 63 Briefwechsel des RMVP mit Rundfunk- 282 Blatt einrichtungen 1943- 1945 151 Blatt 80 Briefwechsel des RMVP mit dem 1933- 1944 Rundfunkinstitut Freiburg 64 Briefwechsel des RMVP mit Rundfunk- 175 Blatt einrichtungen 1943- 1945 640 Blatt 81 Unterlagen zum deutschen Liedgut 1942 853 Blatt 65 Berichte über das Ausland (dabei auch 1944 Rundfunk, Kulturspiegel , Hans Hinkel) 83 Briefwechsel des Büros Schwarz van 487 Blatt Berk 1942 105 Blatt 66 Unterlagen über Eugen Hadamovsky 1943- 1944 [Reichssendeleiter] 84 Briefwechsel mit dem Reichs- 68 Blatt kommissarfür die besetzten nieder- 1942 ländischen Gebiete 67 Briefwechsel mit Rundfunk- 298 Blatt einrichtungen 1944- 1945 111 Blatt 85 Informationsbulletin des RMVP 1942 165 Blatt 68 Briefwechsel des RMVP mit dem Ober- 1944 kommando der Wehrmacht 86 Plan des RMVP 469 Blatt 14 Blatt 1942 [ohne Datum] 69 Aufzeichnungen des Seehaus- 87 Briefwechsel mit dem Rundfunk Dienstes (betr. Propaganda gegen die franzö- 216 Blatt sische Armee - General Maxime 1942- 1943 Weygand) 71 Unterlagen der Radio-Union 92 Blatt 136 Blatt 1937- 1941 1942- 1944 88 Briefwechsel des RMVP mit dem Aus- 74 Briefkopien der Gruppe Ost [vermutlich wärtigen Amt Sendergruppe Ost] (betr. Propaganda gegen die UdSSR) 13 Blatt 137 Blatt 1943 1937- 1944

75 Briefwechsel des RMVP mit dem Die folgenden Akten enthalten Rundfunk in Berlin weitere zahlreiche Rundfunkbezüge 400 Blatt 1943 Opis2 12 Akten 76 Briefwechsel des RMVP mit dem Aus- [Hierin sind Unterlagen von Iandsrundfunk »Transocean« und Bulletins enthalten 680 Blatt 1935- 1945] 1943

77 Aufzeichnungen des »Seehaus- Opis 3 42 Akten Dienstes« Opis4 110 Akten 149 Blatt 1943- 1944 Opis 5 75 Akten

78 Briefwechsel des RMVP mit dem Opis6 61 Akten Rundfunk und Firmen Opis 7 167 Akten 520 Blatt Scheel: Rundfunkakten im »Sonderarchiv« Moskau 197

[enthält die Protokolle der 14 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« geheimen Ministerkonferenzen) [ohne Datum) [ohne Angabe) 148 Blatt 26.10.1939-31.10.1945 151 Geheimer Strukturplan des Rundfunks [ohne Datum) Fond 1423 Seehaus-Dienst [ohne Angabe) Opis 43 Akten 16 Aufzeichnungen des Moskauer Rund- Bulletin »Funk-Spiegel« funks (in russischer Sprache) 25.2.1940-31 .7.1940 1944 334 Blatt [ohne Angabe)

2 Bulletin »Funk-Spiegel« 17 Aufzeichnungen des Moskauer Rund- 2.8.1940-5.9.1940 funks (in deutscher Sprache) 364 Blatt 1944 (ohne Angabe) 3 Bulletin »Funk-Spiegel« 21.10.1941-31 .10.1941 Ha Aufzeichnungen des Moskauer Rund- 256 Blatt funks (in deutscher Sprache) 1944 4 Bulletin »Funk-Spiegel« [ohne Angabe) 1.11.1941 - 15.11 .1941 393 Blatt 18 Aufzeichnungen des Moksauer Rund- funks und des Senders Leningrad 5 Bulletin »Funk-Spiegel« 1944 16.11 .1941 - 30.1 1.1941 287 Blatt 391 Blatt 19 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 6 Bulletin »Funk-Spiegel« November 1942 1.12.1941 -15.12.1941 79 Blatt 405 Blatt 20 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 7 Bulletin »Funk-Spiegel« April1945 16.12.1941-31 .12.1941 11 Blatt 298 Blatt 21 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 8 Bulletin »Funk-Spiegel« 23.2.1945 1.1.1942-24.1.1942 66 Blatt 612 Blatt 22 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 9 Aufzeichnungen des Senders des 3.2.1945 Nationalkomitees Freies Deutschland 187 Blatt 20.12.1944-4.1.1945 68 Blatt 23 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 15.1.1945 10 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 100. Blatt Februar 1945 137 Blatt 24 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 14.3.1945 11 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 69 Blatt März 1945 380 Blatt 25 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 1.2.1945 11a Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 211 Blatt [ohne Datum) 259 Blatt 26 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 26.3.1945 12 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« 39 Blatt März/April1945 57 Blatt 27 Spezialbulletin des »Seehaus- Dienstes« 13 Bulletin »Funk-Abhör-Berichte« (in russischer Sprache) April1945 2.2.1945 139 Blatt 7 Blatt 198 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

28 Seehaus-Dienst 50 Radio Moskau in deutscher Sprache Februar - Juli 1944 1939 159 Blatt 6 Blatt

29 Seehaus-Dienst 339 Bulletin »Antideutsche Propaganda«, Januar - Mai 1944 hrsg. von der Geheimen Staatspolizei 107 Blatt 26.3.1939-15.3.1940 546 Blatt 30 Seehaus-Dienst März - April 1944 340 Bulletin Rundfunk, hrsg. von der 350 Blatt Geheimen Staatspolizei 1939 31 Seehaus-Dienst 205 Blatt Juni - Juli 1944 461 Blatt 341 Bulletin Rundfunk [ohne Datum] 32 Seehaus-Dienst 275 Blatt März - Juli 1944 105 Blatt 342 Bulletin Rundfunk [ohne Datum] 33 Seehaus-Dienst [ohne Angabe] August - September 1944 684 Blatt 350 Bulletin Rundfunk 1940 34 Seehaus-Dienst 66 Blatt Mai - September 1944 537 Blatt Das Bundesarchiv Koblenz hat aus Moskau Be- Standsübersichten in russischer Sprache erhalten, die 35 Seehaus-Dienst z.T. übersetzt werden und Ende 1993 zugänglich Januar - Juli 1944 sind. 139 Blatt

36 Seehaus-Dienst Fond 501 Geheimes Staatspolizeiamt Mai - Juli 1944 (Gestapa) Berlin 72 Blatt [in den Moskauer Findbüchern bezeichnet als Gestapo Berlin] 37 Seehaus-Dienst Juni 1944 Opis 1 Ohne Angabe 84 Briefwechsel des Gestapa Berlin über 38 Seehaus-Dienst die Agentur Transocean August 1944 1935 Ohne Angabe [ohne Angabe]

39 Seehaus-Dienst Opis 3 Juni 1944 337 Blatt 352 Gestapo-Berichte über Radio Moskau 1934- 1939 40 Seehaus-Dienst [ohne Angabe] Januar1945 284 Blatt 353 Briefe von Deutschen an Radio Moskau 41 Seehaus-Dienst 1936- 1939 Januar1945 [ohne Angabe] 235 Blatt Fond 505 Polizeiprasidium Berlin Fond 500 Reichssicherheitshauptamt der SS Opis 2 Opis 2 189 Akte über Arbeiter Radio Bund, Freier 35 Briefe an Radio Moskau Radio Bund Deutschlands u.a. Dezember 1938 1924- 1936 9 Blatt [ohne Angabe]

Opis4 Scheel: Rundfunkakten im »Sonderarchiv« Moskau 199

Fond 615 Nachlaß Ernst Lothar Reich der Hans-Böckler-Stiftung. Düsseldorf 1992, S. [Adjutant von Propagandaminister 58 . Weitere deutschsprachige Akten gibt es in Ar­ Goebbels] chiven von St Petersburg, Podolsk und im Pano­ rama-Museum Wolgograd. Zu beachten sind aus­ Opis 1 67 Akten serdem noch Bestände in anderen Nachfolge­ 5 Kopien von dienstlichen Rapporten staaten der UdSSR, so in Archiven in Brest und über antiamerikanische Propaganda Minsk (Belorußland), Kiew (Ukraine), Vilnius 1942- 1944 (Litauen), Riga (Lettland) und Tallin (Estland). Vgl. 164 Blatt Bernd Wagner: Deutsche Aktenbestände im Mos­ kauer Zentralen Staatsarchiv. Ein Erfahrungsbe­ 7 Direktiven des RMVP über den Kurs richt in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 40. der deutschen Politik, der Wirtschaft Jg . (1992), H. 2, S. 311-319, hier318f. und Kultur für ausländische Journali- sten 3 Kai von Jena, Wilhelm Lenz: Die deutschen Be­ 17.1.1944 stände im Sonderarchiv in Moskau. in: Der Archi­ 9 Blatt var 45. Jg. (1992), H. 3, Sp. 457-468, hier Sp. 459. 11 Unterlagen über Auslandspresse und -rundfunk 4 Vgl. Wolfgang Form, Pavel Polian: Das Zentrum 1943- 1944 für die Aufbewahrung historisch-dokumentarischer 56 Blatt Sammlungen in Moskau . in: 1999, 8. Jg . (1993) , H. 4, S. 141-149, hier S. 142. Vgl. auch Jan Foit­ 12 Der Rundfunk über die militärische zik: Zur Situation in Moskauer Archiven. in: Jahr­ Entwicklung buch Historische Kommunismusforschung, Bd . 1, Februar- August 1944 Berlin 1993, S. 299-308, hier S. 306f., der mit 44 Blatt Verweis auf eine Auskunft des Archivleiters und 14 Bulletin des Deutschen Nachrichten- auf Wolfgang Form, Pavel Polian : Das Zentrum büros für die Aufbewahrung historisch-dokumentarischer 1935 Sammlungen in Moskau - ein Erfahrungsbericht 16 Blatt in : Bundesinstitut für internationale und ostwis­ senschaftiche Studien, Köln, Informationen aus 15-28 Bulletin des Deutschen Nachrichten- der Forschung 1992, Nr. 7, 3,5 Millionen Akteinei­ büros heiten und 100 Fonds deutscher Provenienz 1943- 1944 nennt. Die überarbeitete Veröffentlichung von 29 Aufzeichnungen über den Sender des Form und Polian erwähnt die Zahl 100 Fonds Nationalkomitees Freies Deutschland nicht mehr. Sie nennt einen Gesamtbestand von 2.11 .1943-16.8.1944 1.368 .997 Akteneinheiten (in einer Gesamtlänge 112 Blatt von etwa 20 km in 870 Fonds).

30 Kommentare von (Kurt) Dittmar, Bayer, 5 Adresse: Zentralnyj Archiv Ministerstva Oborony, (Kurt?) Günther u.a. über den Rund- Uliza Kirowa 74, 142 117 g. Podolsk funk zur militärischen Lage (Moskovskaja Oblast). 2.10.1943-10.8.1944 6 Vgl. dazu die Fonds 1275 und 1452. Die erste 57 Blatt Buchpublikation, die auf 200 Feldpostbriefen von 31 Bericht des Oberkommandos der über 5.000 des »Sonderarchivs« basierte, war die Wehrmacht über die politische Lage deutsch-russische Gemeinschaftsedition »Ich will Englands raus aus diesem Wahnsinn«. Deutsche Briefe von 14.3.1944 der Ostfront 1941 -1945 aus sowjetischen Archi­ 7 Blatt ven. Hrsg .: Anatoly Golovchansky u.a., Wuppertal 1991. Einige Feldpostbriefe beziehen sich auf den Rundfunk, vgl. S. 25, 42, 44, 64, 92, 191, 206 u.a. Anmerkungen 7 Vgl. die Fonds 1355, 1235 und 1413 des Einzelheiten über den Fortgang der Rückfüh• »Sonderarchivs«, dazu die spezielle Sammlung rungsverhandlungen vgl. Mitteilungen aus dem im Fond 1525 mit dem Gästebuch der Reichs­ Bundesarchiv 1993, H. 1, S. 18 ff. u. H. 2, S. 68 f. kanzlei und Fotoalben. 2 Vgl. Götz Aly, Susanne Heim: Das Zentrale 8 Vgl. die Beispiele in der Aktenübersicht Staatsarchiv in Moskau (»Sonderarchiv«). Re­ konstruktion und Bestandsverzeichnis verschollen 9 Vgl. Kriegspropaganda 1939-1941. Geheime Mini­ geglaubten Schriftguts aus der NS-Zeit. Hrsg. von sterkonferenzen im Reichspropagandaministe- 200 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

rium. Hrsg. u. eingeleitet von Willi A. Boelcke, Stuttgart 1966, u. »Wollt Ihr den totalen Krieg?« Die geheimen Goebbels-Konferenzen 1939-1943. Hrsg. u. ausgewählt von Willi A. Boelcke, Stuttgart 1967.

10 Die offizielle Bezeichnung lautet jetzt: »Zentr chra­ nenija istoriko-dokumentalnych kollekzij« = »Zen­ trum für die Aufbewahrung historisch doku­ mentarischer Sammlungen«, Uliza Vyborgskaja 3, 125 212 Moskau. Telefon-Nr. 159 738.

11 Vgl. Anm. 6. Weitere Hinweise auf deutsche Feld­ postbriefe in anderen russischen Archiven und Erfahrungen bei der Benutzung geben: Stalingrad - eine deutsche Legende, Hrsg. von Jens Ebert, Reinbek bei Harnburg 1992, S. 47 ff.; Sabine Ro­ semarie Arnold, Manfred Hettling: Briefe aus Sta­ lingrad in sowjetischen Archiven . ln: Stalingrad. Mythos und Wirklichkeit einer Schlacht. Hrsg . v. Wolfgang Wette und Gerd R. Ueberschaer. Frankfurt am Main 1992, S. 82 ff.

12 Vgl. dazu Anm. 2, 3, und 4, ferner das Nachwort der deutschen Hrsg. von »Ich will raus aus diesem Wahnsinn« - Fußnote 6. Zu beachten ist auch : George C. Browder: Captured german and other Nations Documents in the Osoby (Special) Ar­ chive, Moscow. ln: Central European History Vol. 24 (1991), Nr. 4, S. 424-445.

13 Vgl. dazu Götz Aly, Susanne Heim, Anm. 2, S. 10, 12, 14 u.a.

14 Adresse: Komitet po delam archivov pri Pravi­ telstve Rossijskoj Federazii, Uliza lljinka 12, Pod­ jezd 8, 103 132 Moskau. Telefon 2 06 27 85, Fax 2 00 42 05.

15 Adresse: Gossudarstvennyi Archiv Rossijskoi Fe­ derazii (GARF) , Bolschaja Pirogovskaja 17, 119 435 Moskau. Telefon 2 45 12 87. Nachrichten und Informationen

Vorstand des Studienkreises Günter Roessler, Deutsche Welle Köln in Leipzig neu gewählt (Fachgruppe Technik) Prof. Dr. Helmut Schanze, Universität/GH Sie­ Die Mitgliederversammlung des Studienkreises gen, Sonderforschungsbereich »Bildschirmme­ Rundfunk und Geschichte e. V. hat am 25. Sep­ dien« (kooptiert) tember 1993 in Leipzig einen neuen Vorstand gewählt: Dr. Heiner Schmitt, Zweites Deutsches Fern­ sehen Mainz, Archiv-Bibliothek-Dokumentation Vorsitzender (Mitglied laut Satzung) Dr. Helmut Drück, Intendant des RIAS Berlin Dr. Wolfgang Sieber, Hessischer Rundfunk Frankfurt am Main, Sendeleitung (Fachgruppe Stellvertretende Vorsitzende Musik) Dr. Walter Klingler, Südwestfunk Baden-Baden, Prof. Dr. Rolf Steininger, Universität lnnsbruck, Medienforschung Institut für Zeitgeschichte Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz, Universität Leipzig , Sieglinde Stüben, Westdeutscher Rundfunk Fachbereich Kommunikations- und Medienwis­ Köln, Landesredaktion (kooptiert) senchatten Dr. habil. Reinhold Viehoff, Universität Siegen , Institut für Empirische Literatur- und Medien­ Schriftführer forschung (Fachgruppe Literatur) Dr. Edgar Lersch, Süddeutscher Rundfunk Stutt­ gart, Historisches Archiv Als Kassenprüfer wurden Gustav Adolf Mohr­ lüder (Zweites Deutsches Fernsehen Mainz) und Schatzmeister Hans Rink (Zweites Deutsches Fernsehen Dr. Michael Crone, Hessischer Rundfunk Mainz) gewählt. Frankfurt am Main, Dokumentation und Archive

Beisitzer Prof. Dr. Lothar Albertin, Horn-Bad Mainberg Satzung des Dr. Wolf Bierbach, Westdeutscher Rundfunk Wilhelm-Treue-Stipendiums Köln , Landesredaktion (kooptiert) des Studienkreises Rundfunk und Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv Geschichte e. V. Frankfurt am Main, Historisches Archiv der ARD vom 1. Oktober 1992 (kooptiert) § 1 Wolfgang Hempel, Südwestfunk Baden-Baden, Dokumentation und Archive (kooptiert) Zweck des Wilhelm-Treue-Stipendiums ist die Förderung von Dissertationen auf dem Gebiet Prof. Dr. Friedrich P. Kahlenberg, Bundesarchiv der Mediengeschichte und Medienwissenschaft Koblenz (kooptiert) mit dem Schwerpunkt Rundfunk. Das Stipendium Dr. Wilhelm van Kampen, Landesbildstelle Berlin soll dazu dienen, eine als wissenschaftlich wertvoll erkannte Arbeit zu Ende zu führen . Detlef Kühn, Sachsische Landesanstalt für priva­ ten Rundfunk und neue Medien Dresden §2 Dr. Joachim-Felix Leonhard, Deutsches Rund­ (1) Das Wilhelm-Treue-Stipendium wird für zwölf funkarchiv Frankfurt am Main (Mitglied laut Sat­ Monate vergeben und ist mit einem Betrag von zung) 12 x DM 1.000,-- ausgestattet. Es wird in den Prof. Dr. Wolfgang Mühi-Benninghaus, Humboldt Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Universität zu Berlin, Institut für Theater­ Geschichte e. V. durch das Kuratorium ausge­ wissenschaft I Kulturelle Kommunikation schrieben mit einer Bewerbungsfrist bis 15. Au­ gust. Es wird durch das Kuratorium unter Aus­ Dr. Marianne Ravenstein, Universiat Münster, schluß des Rechtsweges bis Ende Oktober ver- Institut für Publizistik (kooptiert) 202 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) geben und dauert von Januar bis Dezember des Wilhelm-Treue-Stipendien folgenden Jahres. des Studienkreises vergeben (2) Das Kuratorium besteht aus dem Ehrenvor­ sitzenden, dem Vorsitzenden des Studienkrei­ Christof Schneider und Hans-Uirich Wagner hei­ ses, einem der Beauftragten für das Doktoran­ ßen die beiden Doktoranden, die für 1994 das den-Kolloquium, einem Hochschullehrer der Ge­ Wilhelm-Treue-Stipendium des Studienkreises schichtswissenschaft/Rundfunkgeschichte, ei­ Rundfunk und Geschichte e. V. erhalten. nem Hochschullehrer der Medien- bzw. Kom­ Schneider arbeitet z. Z. am Institut für Pu­ munikationswissenschaft und einem Rundfunk­ blizistik der Universitat Münster an seiner Disser­ praktiker. Es wird durch den gewahlten ge­ tation »Zeitgeschichte im Hörfunk. Die Darstel­ schaftsführenden Vorstand des Studienkreises lung des Nationalsozialismus im Hörfunkpro• berufen. Dem Kuratorium gehört außerdem der gramm des Nordwestdeutschen Rundfunks von Schriftführer des Studienkreises Rundfunk und 1945 bis 1948«. Geschichte e. V. an. Das Kuratorium wird vom Wagners Dissertationsvorhaben am Fachbe­ geschaftsführenden Vorstand des Studienkreises reich Neuere Deutsche Literaturwissenschaft der für die Dauer seiner Wahlperiode bestimmt. Universita.t Samberg lautet: »Grundzüge des Hörspielprogramms der Rundfunkanstalten in §3 Deutschland zwischen 1945 und 1949«. (1) Das Wilhelm-Treue-Stipendium wird verge­ Das Stipendium, mit jeweils DM 12.000,-­ ben an Doktoranden, deren Vorarbeit an ihrer dotiert, tragt den Namen des ersten Vorsitzen­ Dissertation weitgehend abgeschlossen ist und den des Studienkreises und soll medienge­ die bereits Teile ihrer Dissertation im Entwurf schichtliche und medienwissenschaftliche Dok­ vorlegen können . Bei der Vergabe des Stipendi­ torarbeiten mit dem Schwerpunkt Rundfunk ums werden bei gleichwertigen Arbeiten solche fördern. Es wird an Doktoranden vergeben, de­ Dissertationen gefördert, die bei Doktoranden­ ren Vorarbeit an der Dissertation weitgehend Kolloquien des Studienkreises Rundfunk und abgeschlossen ist und die ihre Arbeiten beim Geschichte e. V. vorgestellt worden sind . Doktoranden-Kolloquium vorgestellt haben. (2) Antrage auf Vergabe des Wilhelm-Treue-Sti­ A.D. pendiums stellen die Doktoranden. Dem Antrag sollen eine Projektskizze, eine Gliederung sowie bereits vorhandene Teile der Dissertation beilie­ gen. 22. Doktoranden-Kolloquium (3) Die Antrage nimmt der Schriftführer des Stu­ des Studienkreises in Grünberg 1994 dienkreises Rundfunk und Geschichte e. V. ent­ gegen, der jedem Kuratoriumsmitglied je eine Zu seinem 22. Doktoranden-Kolloquium ladt der Kopie des Antrags und der Unterlagen zur Ver­ Studienkreis Rundfunk und Geschichte vom 13. fügung stellt. bis 15. Mai 1994 wieder nach Grünberg (Hessen) ein . Wahrend dieses alljahrlieh im §4 Frühjahr veranstalteten Kolloquiums haben Dok­ Das Kuratorium tritt bis spatestens Ende Oktober toranden, Diplomanden und Magisterkandidaten eines jeden Jahres unter der Leitung des und -kandidatinnen die Möglichkeit, sich in Fra­ Vorsitzenden des Studienkreises Rundfunk und gen ihrer Examensarbeit von Wissenschaftlern, Geschichte e. V. zusammen und bestimmt bei Rundfunkpraktikern und Archivfachleuten inten­ mindestens fünf abgegebenen Stimmen mit siv beraten zu lassen und ihre geplanten For­ Mehrheit den Stipendiaten. schungsprojekte einem sachkundigen Fachpu­ blikum vorzustellen. Die in Grünberg vorgestell­ §5 ten Themen zeigen deutlich, daß rundfunkbe­ zogene Forschung nicht das Monopol einer ein­ Diese Satzung wurde am 1.10.1992 durch den zelnen wissenschaftlichen Disziplin ist. Gerade geschaftsführenden Vorstand des Studienkreises die vergangenen Grünberger Veranstaltungen Rundfunk und Geschichte e. V. beschlossen. dokumentieren, daß verschiedene universitare Fachrichtungen ihren klassischen thematischen und methodelogischen Kanon erweitert und sich rundfunkbezogenen Fragestellungen geöffnet haben. Den Informationsbedarf der Teilnehmer erfüllen die Berater und Beraterinnen, die bei methodischen und inhaltlichen Fragen sowie bei Quellenproblemen weiterhelfen. Das Wochen- Nachrichten und Informationen 203 .. ende vom 13. Mai bis zum 15. Mai 1994 bietet Rückblick »Zehn Jahre duales Rundfunksystem ausreichend Gelegenheit für eine intensive in der Bundesrepublik Deutschland« konzentrie­ Gruppen- und Einzelberatung. Viele der Grün• ren . Im Tagungsprogramm sind u. a. vorgesehen berger Erstteilnehmer haben entscheidende ein Beitrag zu den von der Medienpolitik er­ Anregungen für ihre eigenen Projekte erhalten ; hofften programmliehen Erwartungen an eine folgerichtig verweisen zahlreiche Autoren und neue Rundfunkordnung. Als Erganzung dazu Autorinnen rundfunkgeschichtlicher oder generell werden Analysen der eingetretenen Programm­ publizistischer Arbeiten auf die Folgerungen, die entwicklung in Hörfunk und Fernsehen beim öf• sie gerade aus der Beratung in Grünberg ge­ fentlich-rechtlichen wie beim privaten Rundfunk zogen haben. Alle Studierenden haben die Mög• vorgestellt. Außerdem soll der Versuch gemacht lichkeit des Erfahrungsaustausch mit Kommili­ werden, die unterschiedlich ausgepragten Ver­ tonen, die an vergleichbaren wissenschaftlichen anderungen im Nutzungsverhalten in ihrer ge­ Fragestellungen arbeiten und möglicherweise sellschaftlichen Bedeutung zu interpretieren. Die ahnliehe Probleme haben. ordnungspolitischen Grundlagen des dualen Tagungsort ist die hessische Landesspart­ Systems, die zutage getretenen Defizite sowie schule in Grünberg bei Gießen. Teilnehmen Forderungen zur Steuerung der künftigen Ent­ können Doktoranden und Studierende im Haupt­ wicklung werden zum Ausklang der Tagung dis­ studium, die im Rahmen einer wissenschaftli­ kutiert. Wie immer stehen am Beginn der Jahres­ chen Abschlußarbeit ein Thema aus dem Be­ tagung am 22 . September die Sitzungen der reich der Rundfunkforschung bearbeiten. Dies Fachgruppen »Archive und Dokumentation«, können sowohl historische wie auch gegen­ »Literatur«, »Musik« und »Technik«, die aus wartsbezogene Themen sein, mit organisati­ fachspezifischer Perspektive die Tagungsthe­ onsgeschichtlichen, programmwissenschaftli­ matik vertiefen. Für den 23. September ist ein chen, technikbezogenen oder rezeptionsorien­ »studentisches Fenster« vorgesehen. tierten Schwerpunkten. E. L. An den Tagungsort Grünberg kann der Stu­ dienkreis bis zu 30 Teilnehmer und Teilnehme­ rinnen einladen. Anmeldeschluß ist der 1. April 1994. Übernachtung und Verpflegung sind ko­ stenlos. Das Kolloquium beginnt Freitag, 13. Mai 1994, 18.30 Uhr, und endet Sonntag, 15. Mai 1994, 14.00 Uhr. Verantwortlich für das Kollo­ quium sind Dr. Walter Klingler und Dr. Marianne Ravenstein. Interessenten können nahere Informationen erhalten bei: Sieglinde Stüben, Westdeutscher Rundfunk, Landesredaktion, Appellhofplatz 1, 50667 Köln; Dr. Marianne Ravenstein, Institut für Publizistik der Universitat Münster, Bispinghof 9- 14, 48143 Münster; Dr. Walter Klingler, Sodwestfunk, Medienforschung, Hans-Bredow­ Straße, 76530 Baden-Baden. Weitere Informationen und ein genaues Ta­ gungsprogramm werden in Nr. 1, 1994 der >Mitteilungen< veröffentlicht. Marianne Ravenstein

25. Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte 1994 in Düsseldorf

Die 25. Jahrestagung des Studienkreises findet vom 22. bis 24. September 1994 auf Einladung der Landesanstalt für Rundfunk in Nordrhein­ Westfalen in Düsseldorf statt. Thematisch wird sich die Veranstaltung im wesentlichen auf einen Schwarzes Brett

Rudolf Wildenmann (1921 - 1993) Presse. Kaum war das Studium abgeschlossen, wechselte der 31jährige als Banner Redakteur Wie immer schlossen die Wahllokale um 18.00 zur >Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung<. Uhr - fast sieben Stunden bevor das ZDF das 1956 wurde Wildenmann Studienleiter und stell­ erste »vorläufige Endergebnis« für die gesamte vertretender Direktor des Ostkollegs der Bun­ Republik präsentierte. Dazwischen reichlich Zeit deszentrale für politische Bildung in Köln . Und für Kurzweil und Information. Für die Unterhal­ drei Jahre später kehrte er endgültig dorthin zu­ tung : Roberto Blanco, Rene Kollo, Max Greger rück, woher er gekommen war: An die Universi­ und sein Orchester ... Für die wissenschaftliche tät. Auswertung: Prof. Dr. Rudolf Wildenmann. Es Als Assistent, später Dozent in Köln habili­ war eine Premiere - Wahlparty 1965. tierte er sich 1962 für Politische Wissenschaften Mit dieser ZDF-Sendung zur Bundestagswahl und lehrte ab 1964 an der Universität in Mann­ am 19. September begann in der Bundesrepu­ heim. Dort war er zeitweilig lnstitutsdirektor, De­ blik das Zeitalter der modernen Wahlberichter­ kan und Rektor, so auch in den turbulenten Jah­ stattung, der Wahlanalyse vor laufenden Kame­ ren 1968 und 1969. Neben Vertretungen in Aa­ ras nach angelsächsischem Vorbild . Der Polito­ chen und Freiburg war Wildenmann auch im loge Rudolf Wildenmann war einer der Väter Ausland ab 1969 regelmäßig in Hörsälen anzu­ dieses Genres in Deutschland. Er starb, 72-jäh• treffen - als ständiger Gastprofessor in New rig, am 14. Juli 1993 in Mannheim. York, Cambridge, Buffalo, Stony Brook und Du­ 1961 schon hatte Wildenmann gemeinsam brovnik. Von 1980 bis 1983 lehrte er am Euro­ mit Gerhard Baumert und Erwin K. Scheuch die päischen Hochschulinstitut in Florenz. »Kölner Wahlstudie« ins Leben gerufen und Soweit seine hauptberuflichen Wege. Abseits damit neue Akzente in der deutschen empiri­ davon und immer eng damit verbunden war sein schen Wahlforschung gesetzt. Gerade als Pro­ Engagement in der »Freizeit«: 1970 gründete er fessor für Politische Wissenschaften an die Uni­ mit anderen europäischen Wissenschaftlern das versität Mannheim berufen, gründete er 1964 die European Consortium for Political Research Arbeitsgruppe, die seit 1965 für das ZDF Pro­ (ECPR). Diese Organisation, die politikwissen­ gnosen aufstellt und Ergebnisse interpretiert: Die schaftliche Institute aus ganz Europa zusam­ Forschungsgruppe Wahlen . Mit ihr entwickelte menschloß, leitete der Mannheimer Professor Wildenmann die Wahlhochrechnung - 1964 noch mehrere Jahre lang. Ebenfalls auf sein Konto von Hand, ab 1965 per Computer - und konzi­ geht die Idee, einmal im Jahr an einer europäi• pierte für das ZDF zehn Jahre lang die Analysen. schen Universität im Rahmen des ECPR junge ln der Bonner Beethovenhalle am 19. September Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern zu 1965 saß er selbst vor laufender Kamera und einem Arbeitstreffen einzuladen. interpretierte die neuesten Trends und Zahlen. Ein wichtiger Vorstoß für die Sozialwissen­ Doch das Stichwort »Wahlberichterstattung« schaften gelang ihm 1973: Selbst Senator der steht nur für den Teil seiner Biographie, der den Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Wissenschaftler bundesweit bekanntmachte. überzeugte er die Gremien der DFG davon, daß Geboren am 15. Januar 1921 in Stuttgart, lernte auch die Sozialwissenschaften für gute For­ der Sohn eines Arbeiters nach der Volksschule schungsergebnisse die nötige Infrastruktur brau­ zunächst den Beruf des lndustriekaufmanns. chen- als Ergebnis entstand 1974 das Zentrum 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen und für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA). verbrachte die Jahre 1941 bis 1946 in Gefan­ Leiter bis 1980: Rudolf Wildenmann. Und genschaft in Ägypten, Südafrika, England und schließlich die letzten Stationen seiner wissen­ Kanada, wo er das Abitur nachholte. ln Tübingen schaftlichen und publizistischen Laufbahn: und Heidelberg studierte der junge Heimkehrer 1983/84 Direktor des Europa-Instituts in Mann­ Volkswirtschaft, Soziologie, Geschichte und heim, ab 1987 Leiter der Forschungsstelle für Staatsrecht und promovierte 1952 über das Gesellschaftliche Entwicklung (FGE) der dortigen Thema »Partei und Fraktion«, ein Beitrag zur Universität, 1987 bis 1990 Kuratoriumsmitglied Analyse der politischen Willensbildung in der der Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Bundesrepublik. Infrastruktureinrichtungen (GESIS), Mitte bis Die Verbindung von Politik und Medien, spä• Ende der 70er Jahre regelmäßige Mitarbeit an ter ein wichtiges Feld seiner wissenschaftlichen der Zeitschrift >Capital<, 1990 bis 1992 Mitglied Arbeit, lernte er in der Praxis schon während des im Fernsehrat des ZDF. Studiums kennen: Ab 1950 arbeitete Wilden­ Doch damit nicht genug: Über die Politik - mann als freier Journalist für Rundfunk und wohl sein liebstes Kind - sprach und schrieb Wil- Schwarzes Brett 205 denmann nicht nur, er kannte sie auch aus pisch ist. Neudeutsch würde man von nächster Nähe. Nach einer kurzen Zwischensta­ »Diversifikation« sprechen, wenn neben etwa 20 tion als Referent im Bundesinnenministerium in Buchveröffentlichungen die zahlreichen Funkar­ den 50er Jahren gehörte er von 1963 bis 1969 beiten stehen, ergänzt um Texte für Theater, zum wissenschaftlichen Beraterstab des Bun­ Kabarett oder Kleinbühnen. Hinzu kommt eine deskanzleramts und saß in mehreren wissen­ »Beschäftigungsliteratur«, unter die Schweickert schaftlichen Kommissionen der Landesregierung sein Buch »Guten Tag, Herr von Knigge . Ein hei­ Baden-Württembergs. Das Parteibuch der CDU teres Lesebuch für alle Jahrgänge über alles, gab er 197 4 nach sechs Jahren Mitgliedschaft was >anständig< ist« einordnete, einen zurück. Wenn der agile Mann mit dem »Longseller«, der seit 1957 allein 21 Auflagen schwarzen Haarkranz und Vater von fünf Kin­ erlebte. Darüber hinaus wechselten nicht wenige dern zwischen Vorlesungen, Reisen, Sitzungen der Hörspiel- und Dramentitel von Walter-Karl und dem Verfassen von Büchern und Aufsätzen Schweickert das Medium und wurden auch als etwas Zeit fand, interessierte er sich für Literatur Spielfilme und Fernsehspiele realisiert. Sein und Kunst und er spielte Golf. »Ochse von Kulm« beispielsweise reüssierte als »Dieser streitbare Selfmademan mit einem Hörspiel 1952, feierte als »Heiterer Roman« seit Kopf voll brausender Ideen gab ein Beispiel für 1953 mehrere Auflagen, bevor er 1955 verfilmt den Erfolgswillen und die Vielseitigkeit der wurde (DEFA; Regie: Martin Hellberg). Schließ• Kriegs- und Nachkriegsgeneration«, so die lich rundet eine Vielzahl von Artikeln in Zeitun­ >Frankfurter Allgemeine Zeitung< in ihrem Nach­ gen und Zeitschriften dieses Bild ab. ruf auf Wildenmann vom 16. Juli 1993. Max Der 1908 in Freiburg im Breisgau geborene Kaase, Professor für Politische Wissenschaft Sohn eines Architekten lebte seit 1929 als freier und International Vergleichende Sozialforschung Schriftsteller in Leipzig. Er schrieb für Rundfunk an der Universität Mannheim, nannte seinen und Zeitungen. Für die MIRAG entstanden Sen­ Vorgänger einen engagierten Verfechter der dungen wie »Humor des Pinsels und der Feder. Demokratie: »Charakteristisch waren vor allem Gespräch zwischen Kunstmaler Ernst Kaufmann sein Mut und seine Fähigkeit, gegensätzliche und Walter Schweickert« (8.4.1932) oder Interessen durch die Macht des Sacharguments »Frische Schotten eingetroffen. 30 Minuten Hu­ pragmatisch zum Konsens zu führen.« mor von Ernst Kaufmann und Walter Christiane Deuse Schweickert« (12 .7.1932). Bei solchen Titeln zeigten sich zum ersten Mal Schweickerts satiri­ sche Ader und seine humoristische Feder, die zu seinem charakteristischen Zug werden sollten. Walter-Karl Schweickert (1908- 1992) Sie führten den jungen Autor auch zum Kabarett. 1932 war er in Leipzig Mitbegründer der Ka­ Mit der Geschichte des DDR-Hörspiels ist sein barettgruppe >Die Zeitlupe<. Schweickert erin­ Name untrennbar verbunden: Walter-Karl nerte sich später: »Der drohende Hitlerfaschis­ Schweickert, Verfasser von »Herhören! Hier mus, die bedrückende Massenarbeitslosigkeit, spricht Jesus Hackenberger!« Im Juni 1951 vom der Morgenluft witternde Militarismus und chaoti­ MDR-Leipzig ausgestrahlt, sollte dieser zackige sches Vielparteiengezänk lieferten Stoff genug. Befehl des ehemaligen Nazi-Hauptfeldwebels an ( .. .) Doch alle selbstlosen, beinahe verzweifelten die Radiohörer zum Beginn des literarischen Bemühungen ( ...) wurden angesichts des dro­ Hörspiels in der DDR werden. »Hackenberger« henden Jahres 1933 von Programm zu Pro­ avancierte zur Geburtsstunde der ostdeutschen gramm aussichtsloser«. Für politisches, >linkes< Hörspielgeschichte. Die erstaunliche zeitliche Kabarett war die Zeit bald vorbei. Schweickert Parallelität zu den westdeutschen »Träumen« stellte die junge literarische Karriere bei der drängt sich auf, riß doch nur zwei Monate vorher Machtergreifung Hitlers ein, in den Jahren des der NWDR-Hamburg mit Hilfe von Günter Eichs Dritten Reiches veröffentlichte er nichts. Statt­ Bildern einer kollektiven Verdrängung seine Hö• dessen trat er in das Geschäft seines Vaters in rerklientel im Westen aus der Lethargie. Brenn­ LuckafThOringen ein, Obernahm es 1934 und punktartig markieren die beiden so verschiede­ machte es als Baustoffgroßhandlung in Borna nen Hörspiele, wie sich die deutsch-deutsche ansässig. Hörspielgeschichte auseinanderentwickelte. Ein solcher Rückzug wird nicht leicht gefallen Doch wer war dieser Schriftsteller Walter-Karl sein, denn Walter-Karl Schweickert war von An­ Schweickert? Viele Literaturlexika beschränken fang an auch ein politischer Autor gewesen. sich gern auf seine - allerdings erstaunlich um­ Seine erste Veröffentlichung unter dem Titel fangreiche - Bibliographie. Schweickerts Werk­ »Die Wandlung«, eine Kurzgeschichte, erschien verzeichnis illustriert ein Phänomen, das für den 1925 im >Klassenkampf<, dem Organ der KPD Literaturbetrieb der ehemaligen DDR sehr ty- Halle/Merseburg. Erst 17jährig, erregte 206 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Schweickert damit kurz vor dem Abitur vor allem Hackenberger!«, der Bestandteil »Jesus« war das Mißfallen der Schulleitung. Gelegenheitsar­ also gegenüber der Urfassung beim MDR-Leip­ beiten beim >Kunstblatt der Jugend< und in der zig verschwunden. Zum ersten Mal ist man nun Presseabteilung des AMA-Filmvertriebs in Berlin in der Lage, einen Vergleich anzustellen, kann folgten . 1927-28 war Schweickert für den Elynor (hörspiel}philologisch exakt trennen und nach Heidrich Verlag in Magdeburg tatig , in dessen den Gründen der Neuinszenierung fragen. Zeitschrift >Forum der Jugend< sein »Tagebuch Einen ersten Versuch unternahm ein Inter­ eines proletarischen Gymnasiasten« erschien. view mit Gerhard Rentzsch, der an beiden In­ Für Schweickert, seit diesen Jugendjahren der szenierungen als Dramaturg beteiligt war (MDR­ Arbeiterbewegung und der Parteiarbeit verbun­ Kultur, 29.6.1993). Rentzsch bietet darin zum den, stand die einmal gefundene weltanschauli­ Fall Hackenbergereine plausible These, wonach che Orientierung nicht mehr in Frage. die für heutige Augen und Ohren erstaunlich Diese deutlich politische Profliierung durch­ geringen Textunterschiede auf eine Veränderung zog das gesamte literarische Werk Schweickerts. in der Kirchenpolitik der SED-Führung Der leidenschaftliche Anti-Militarismus von Wal­ zurückzuführen seien. ln der Tat beschranken ter-Karl Schweickert konnte sich in der Zeit der sich die Unterschiede der beiden Fassungen nur DDR sehr schnell mit den entsprechenden auf den »Jesus«-Titelzusatz sowie auf eine An­ ideologischen Vorgaben verbinden. Dies wird vor spielung im Hörspielmonolog des in einer Ner­ allem in einigen der für ein eher jugendliches venklinik festgehaltenen ehemaligen Nazi-Aus­ Lesepublikum verfaßten Romanen und Erzäh• bilders Hackenberger. Er, Hauptfeldwebel lungen deutlich. »Ich tat es für Jim« (Berlin: Hackenberger, so konnte man 1951 hören, habe Deutscher Militärverlag 1960) beispielsweise ist im Krieg durch ein Telefonat mit dem Sanitäts• unterhaltsam und spannend geschrieben, und bereich mehr Leute plötzlich wieder gesund ge­ Schweickert benutzt das Abenteuer einer außer macht als der biblische Jesus. 1954 war an diese Kontrolle geratenen Lokomotive, um kritische Stelle ein wesentlich abgeschwächter, am Rande Seitenhiebe auf den gnadenlosen Konkurrenz­ erwähnter Vergleich zu St. Georg getreten. Nun kampf im amerikanisch-kapitalistischen Wirt­ tobte 1951, im Jahr der Ursendung, zwischen schaftssystem zu »verpacken« . Die ideologische den Kirchen in der DDR und der Staatsführung Frontstellung zu der von ihm so geschilderten ein regelrechter Kulturkampf, den Erich Mielke und bezeichneten »brutalen Gesellschaftsord­ zu einer »mit allen Mitteln des Staatsterrors ge­ nung« ist aus vielen seiner Bücher nicht wegzu­ führten Kampagne« nutzte.1 Die Auseinander­ denken. setzung um die Jugendarbeit der evangelischen Doch dieses kurze Portrat von Walter-Karl Kirchen (>Junge Gemeinde<) neben der staatli­ Schweickert, der am 27. Dezember 1992 in chen Freien Deutschen Jugend gelangte Leipzig nach schwerer Krankheit verstarb, soll 1951/52 auf einen Höhepunkt, blasphemische zum Abschluß noch einmal auf die Produktion und kirchenkritische Töne kamen sehr gelegen. zurückkommen, die in der Tat aus seinem lite­ Ganz anders jedoch die Situation 1953/54! rarischen Gesamtwerk herausragt. Es soll hier Nach einem großen Staat-Kirche-Gespräch namlich gleichzeitig noch von einem kleinen sen­ wurde der Konflikt zunächst beigelegt. Durch die sationellen Archivfund berichtet werden. Heide Ereignisse des 17. Juni 1953 wollte man für ei­ Böwe, Mitarbeiterin an der Hörspielabteilung des nige Zeit bewußt den Eindruck eines Kirchen­ MDR, entdeckte uniangst im Schallarchiv des kampfes vermeiden, auf allen Gebieten, selbst Deutschen Rundfunkarchivs - Rundfunkarchive dem einer Hörspielsendung. Nach Gerhard Ost die Urfassung des »Herhören! Hier spricht Rentzsch Iage hier die Ursache für die Entfer­ Jesus Hackenberger!« nung der bei Kirchenkreisen möglicherweise an­ Die Frage »Wieso Urfassung?« ist berechtigt. stößigen und blasphemisch mißverstandliehen Denn bis vor kurzem herrschte Unklarheit, wie es Stellen. Es scheinen jedenfalls alle Gründe aus­ sich mit der Textgestalt und Inszenierung dieses zuscheiden, die in der ideologisch-politischen DDR-Klassikers verhielt. Jene Fassung namlich, Zielsetzung des Hörspiels die verordnete Maß• welche zwischen 1954 und 1989 die stolze nahme einer erneuten Realisation suchen. Die Anzahl von nachweisbaren 28 Wiederho­ dezidiert anti-westliche Wendung am Schluß des lungsterminen in den DDR-Programmen er­ »Hackenberger«-Hörspiels, wo dieser nazisti­ reichte, welche 1956 auf Schallplatte (VEB Deut­ sche, seine sadistischen Triebe auslebende sche Schallplatten; Reihe »eterna«) vertrieben kleinbürgerliche Schindertyp rasonniert, welche und als Text 1965 vom Staatlichen Rundfunk­ Karriere er bei der Wiederbewaffnung im Westen komitee editiert wurde (Hörspiele 5. Berlin: Hen­ machen könne, diese Ausführungen sind in schel Verlag), ist eine abgeänderte zweite Pro­ beiden Fassungen vorhanden. Sie waren inte­ duktion des >Berliner Rundfunks< aus dem Jahr graler Bestandteil des Hörspiels von Anfang an, 1954. Ihr Titel lautete »Herhören! Hier spricht standen doch auch beide Sendetermine, im Juni Schwarzes Brett 207

1951 und im Januar 1954, nachweislich im Zu­ Endt;! .1926 zum >Kampf-Verlag< der Gebrüder sammenhang mit der Auseinandersetzung um Strasser, dem Kristallisationspunkt der soge­ die Remilitarisierung der Bundesrepublik unter nannten NS-Linken. Konrad Adenauer. Das verbindet das Hörspiel Aus der Begegnung mit Otto Strasser ent­ mit vielen parallel entstandenen funkdramati­ wickelte sich eine jahrelange enge persönliche schen Arbeiten dieser Zeit in der DDR und zeigt und politische Verbindung. Blank galt bald als seinen historischen Ort der Entstehung. einer der besten Journalisten der NS-Presse. Als »Herhören! Hier spricht (Jesus) Hackenber­ Nachfolger von Joseph Goebbels und Karl ger!« aber war - im Gegensatz zu den Berliner Kaufmann wurde er im Sommer 1928 Chefre­ Experimenten um ein sozialistisches Hörspiel dakteur der >Nationalsozialistischen Briefe<. Im von Kari-Georg Egel, Maximilian Scheer und Sommer 1930 wurde der engere Kreis um Otto Rudolf Leonhard - seit jeher ein voller Erfolg. Ein Strasser von Hitler aus der Partei gedrangt. Die formal überzeugender Text und die - in beiden mit der Parole »Die Sozialisten verlassen die Inszenierungen - so bedeutende künstlerische NSDAP« gegründete >Kampfgemeinschaft Re­ Interpretation durch den Schauspieler Willy A. volutionarer Nationalsozialisten< (KGRNS) führte Kleinau trugen dazu bei. Der »Hackenberger« schon nach kurzer Zeit ein kümmerliches Sek­ kann berechtigterweise in die Reihe der großen tendasein. Bis zum Frühjahr 1933 gehörte Blank Monologe der Hörspielgeschichte eingereiht zur engsten Führungsspitze der krisen- und werden. Mit dem Manuskript von Walter-Karl skandalgeschüttelten KGRNS, der »Schwarzen Schweickert war der Hörspieldramaturgie des Front«, wie sie spater genannt wurde. 2 >Mitteldeutschen Rundfunks< ein Glücksfall zu­ ln den Jahren bis 1933 war Blank sicherlich gegangen. der wichtigste Mitarbeiter Otto Strassers. Ge­ Hans-Uirich Wagner meinsam hatten beide das Konzept eines revo­ lutionaren Nationalsozialismus entworfen, des­ 1 Peter Maser: Glauben im Sozialismus. Berlin 1989, S. 51 sen »geschichtsphilosophischer« Anteil im we­ sentlichen auf Blank zurückgehen dürfte. 3 Mochte das »Gesetz der dreieinigen Bipolaritat« noch als - vielfach belachelte - völkische Spin­ Herbert Blank tisiererei durchgehen, erregte Blank durch den freilich ideologisch verbramten Insiderbericht Ein biographischer Hinweis » Wilhelm 111« das Interesse einer breiten Öffentlichkeit. Neben der Mitarbeit an Für die einen war er ein geistvoller Feuilletonist. den Periodika der KGRNS veröffentlichte er un­ Anderen galt er als überzeugter Nationalsozialist ter Pseudonymen wie Karsthans, Weigand von oder preußischer Anarchist. Die Rede ist von Miltenberg, Jacklin Rohrbach oder Bert Branden dem Schriftsteller und Journalisten Herbert eine ganze Anzahl von Büchern und Pamphle­ Blank. Knapp ein Jahr, vom Februar 1949 bis ten . 4 zum Januar 1950, war Blank kommissarischer Wahrend Otto Strasser nach der Machter­ Intendant des Hamburger Funkhauses des greifung der Nationalsozialisten zunachst nach NWDR. Von Beginn an heftig umstritten, wurde Wien und spater nach Prag emigrierte, entschloß er schließlich doch von seiner abenteuerlichen sich Blank, in Deutschland zu bleiben. Im Zuge Vergangenheit eingeholt. der reichsweiten Polizeiaktion gegen die KGRNS Herbert Gustav Adolf Blank wurde am 14. wurde er am 15. Juni 1933 verhaftet und ins Dezember 1899 in Frankfurt am Main geboren.1 berüchtigte Columbia-Haus eingeliefert, wo er Aufgewachsen in Berlin, wurde er als Oberpri­ allerdings, wie der Mitgefangene Kurt Hiller maner 1917 Soldat. Nach dem Ende des Welt­ notierte, als »immerhin Nazi« 5 priviligiert krieges schloß er sich dem Freikorps Reinhardt behandelt wurde. Nachdem sich Blank verpflich­ an. Durch »Fronterlebnis« und Nachkriegswirren tet hatte, sich künftig jeder politischen Betatigung radikalisiert, gelang Blank der Wechsel in eine zu enthalten, wurde er Anfang September bürgerliche Existenz nur vorübergehend. Bevor entlasssen. Nicht zuletzt die Tatsache, daß er im er im April 1924 zum Sekretar der Deutschvölki• Sommer 1934 von der Prager Auslandszentrale schen Freiheitspartei (DVFP) in Mecklenburg/ der »Schwarzen Front« als Verrater ausge­ Grenzmark avancierte, war er nach einer kauf­ schlossen wurde, deutet darauf hin, daß sich mannischen Lehre einige Jahre als Angestellter Blank anfangs den neuen Verhaltnissen anzu­ tatig gewesen. Nach Berlin zurückgekehrt, trat er passen suchte. Der Staatskommissar im Preu­ dann Ende 1925 in die Schriftleitung des DVFP­ ßischen Kultusministerium, Hans Hinkel, ein alter Organs >Deutsches Tageblatt< ein. Wie viele Bekannter aus dem >Kampf-Verlag<, verschaffte andere Funktionare und Mitglieder der DVFP ihm nach der Entlassung aus der Schutzhaft die orientierte sich Blank zur NSDAP und wechselte Stelle eines Zensors im Sonderreferat zur 208 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Überwachung der geistig und kulturell tätigen >Abteilung Wort<, er sei, wie es später in einem Juden.S Gleichwohl blieb Blank mit dem Stigma Memorandum des Kontrolloffiziers Grinyer hieß, des unzuverlässigen Kantonisten behaftet, daran »den meisten Leuten am NWDR weit überlegen , dürfte auch der 1934 veröffentlichte Roman soweit es Allgemeinwissen , Fähigkeit und Fleiß »SS« wenig geändert haben.7 Die schrift­ betrifft, ( .. .) während seine Mängel in persönli• stellerische Tätigkeit konnte er - zunächst jeden­ chen Beziehungen und menschlichem Takt of­ falls - ungehindert fortsetzen , wenn auch einige fensichtlich sind«. 12 Eine Wandlung zum über• der früheren Publiktionen indiziert wurden . zeugten Demokraten scheint allerdings bei ge­ Am 25. Februar 1935 wurde Blank erneut nauer Prüfung mehr als zweifelhaft.13 festgenommen und im Oktober vom 2. Senat Am 2. Februar 1949 wurde Blank zum Nach­ des Volksgerichtshofes wegen Vorbereitung zum folger des zurückgetretenen Eberhard Schütz Hochverrat unter erschwerenden Bedingungen von Generaldirektor Adolf Grimme zum kommis­ zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Seine nach sarischen Intendanten des Hamburger Funkhau­ dem Krieg geäußerte Behauptung, er habe in ses bestimmt. Die Neubesetzung der Intendanz Thüringen eine Widerstandsgruppe der war gewiß alles andere als eine glückliche Per­ »Schwarzen Front« aufgebaut, dürfte jedoch er­ sonalentscheidung. Es regte sich auch sofort heblich übertrieben sein. Fest steht, soviel we­ Widerstand. Grimme hörte sich zwar die Klagen nigstens laßt sich aus den erhaltenen Akten an , die eine Delegation des Personals nicht rekonstruieren, daß Blank mit einer Gruppe um allein über Blank, sondern über die gesamte Si­ den ehemaligen KGRNS-Funktionär Walter tuation des Senders vorbrachte, reagierte aber Schreck in Kahla/ Thüringen in Verbindung ge­ nicht. Nachdem Kurt Hiller Anfang April in der standen und über diesen Kontakt mit Strasser in >Neuen Zeitung< erste Einzelheiten über Blanks Prag aufgenommen hatte. Die Strafe verbüßte »Strasser-Vergangenheit« veröffentlicht hatte, Blank zunächst im Zuchthaus Brandenburg-Gör• kamen scheibchenweise weitere Details aus den, später im Strafgefangenenlager Aschendor­ dem Vorleben des Hamburger Intendanten ans fermoor. Die Haft wurde zweimal unterbrochen: Licht: Der dubiose »SS«-Roman , kompromittie­ Im Sommer 1937 sollte Blank auf Anweisung des rende Auszüge aus Elaboraten der Vor-Hitler­ Geheimen Staatspolizeiamtes einen Bericht über Zeit, die unrühmliche Stellung in Hinkels Son­ die »Schwarze Front« anfertigen; im August derreferat Verbindungen zu seinem einstigen 1939 wurde er in das Konzentrationslager alter ego Otto Strasser, der in Kanada darauf Sachsenhausen überstellt, um hier auf den per­ wartete, nach Deutschland zurückkehren zu sönlichen Befehl Himmlers »eine besonders dürfen, konnten ihm allerdings nicht nachgewie­ wichtige staatspolitische Arbeit«B auszuführen. sen werden .14 Der Angegriffene suchte die Vor­ Zufrieden scheinen seine Auftraggeber nicht würfe zu entkräften, er habe sich schließlich tar­ gewesen zu sein, denn nach Verbüßung der nen müssen: »Wer die Schwierigkeiten des regulären Strafe brachte man ihn ins Konzentra­ Widerstandes kannte, wird die Situation von tionslager Ravensbrück. damals verstehen.«15 Daß Blank für eine Institu­ Nach der Befreiung von Ravensbrück durch tion wie den NWDR moralisch untragbar gewor­ die Amerikaner im Mai 1945 schlug sich Blank in den war, wurde auch wohlmeinenden Beobach­ den Westen durch. ln seiner neuen Heimat tern deutlich. Hugh Greene etwa empfahl unter Harnburg begann er als freier Journalist für den diesen Umständen dem Verwaltungsratsvorsit­ Hörfunk zu arbeiten. Die erste Berührung mit zenden Raskop und dem Generaldirektor diesem Medium hatte Blank übrigens bereits im Grimme, Blank von dem verantwortungsvollen Februar 1933 gehabt, als er in der >Berliner Posten abzulösen, »man solle ihm erlauben, Funkstunde< mit Theodor Heuß über einen eine ahnliehe Position einzunehmen, wie er sie Wortbeitrag von Otto Flake (»Toleranz- eine Sa­ bis zum letzten Februar innehatte, als er ein sehr che von gestern und morgen«) diskutierte.9 nützlicher Mitarbeiter war.«16 Ausgewiesen als Widerstandskämpfer, ge­ Die Enthüllungen waren allerdings nur ein hörte Blank beim NWDR neben Peter von Zahn, Aspekt der Affäre Blank. Die Ernennung zum Axel Eggebrecht oder Wilhelm Heitmüller zur Intendanten fiel in die kritische »Phase der lnsti­ »Garnitur der ersten Stunde«10 der deutschen tutionalisierung und Bürokratisierung«17 des Mitarbeiter. Er verfaßte vornehmlich historische NWDR. Hier erwies sich Blank als willfähriger Hörfolgen und Sendungen, etwa eine zwölfteilige Vollstrecker der »Reorganisationspolitik« von Reihe »An den Kreuzpunkten deutscher Ge­ Grimme. Am 13. Mai 1949 hatte er 51 Mitarbei­ schichte« ( 1945/46) oder die fünfzehnteilige tern, darunter auch Axel Eggebrecht, Ludwig Reihe »Die Deutsche Revolution von 1848« Cremer, Werner von Lojewski und Gerda Prolli­ (1948). Einige seiner Beitrage sind in den us, die Kündigung ausgehändigt (wobei die mei­ >Nordwestdeutschen Heften< nachzulesen.11 sten Entlassungen aus arbeitsrechtlichen Grün• Die Briten schätzten den Mitarbeiter der den später zurückgenommen werden mußten). Schwarzes Brett 209

Nur wenige Tage spater, am 17. Mai, entlud sich 6 Vgl. Herbert Freeden: Jüdisches Theater in Nazi­ die Erregung über die Amtsführung des Inten­ 'Deutschland. Frankfurt/M. et al. 1985, S. 43-45. danten auf einer Betriebsversammlung. 800 Joseph Wulf: Literatur und Dichtung im Dritten Mitarbeiter sprachen Blank einstimmig das Miß• Reich . Eine Dokumentation. Frankfurt/M. und Ber­ lin 1989, S. 456-459. trauen aus. Dieser hatte es abgelehnt, vor der Versammlung zu erscheinen oder mit dem Be­ 7 A. Tiefenbach [d . i. Herbert Blank]: SS. Ein Ro­ triebsrat zu verhandeln, bot aber seinen Rücktritt man. Mit einem Vorwort v. Hans Hinkel. Olden­ an. Grimme hielt aber nach wie vor an ihm fest. burg und Berlin 1934. Intern hatte Grimme dagegen schon im April 8 Bundesarchiv Potsdam: RJusM IVg 1363/43g, BI. 1949 erklart, daß er niemals die Absicht gehabt 67. habe, an Blank auf Dauer festzuhalten und sich 9 Theodor Heuss: Die Machtergreifung und das inzwischen davon überzeugt habe, daß dieser, Ermächtigungsgesetz. Zwei nachgelassene Kapi­ abgesehen von politischen Erwagungen, für tel der Erinnerungen 1905- 1933. Hrsg . v. Eber­ diese Position nicht geeignet sei.18 Aber erst hard Pikart. Tübingen 1967, S. 16-18. Jürgen C. über ein halbes Jahr später, am 28. Januar Heß: Theodor Heuss vor 1933. Ein Beitrag zur 1950, wurde Blank, noch dazu aus einem eher Geschichte des demokratischen Denkens in Deut­ nichtigen Grunde (er hatte gegenüber Journali­ schland. Stuttgart 1973, S. 142, Anm. 6. sten einige illoyale Bemerkungen gemacht), fal­ 10 Wolfgang Jacobmeyer: Politischer Kommentar lengelassen und fristos entlassen. und Rundfunkpolitik. Zur Geschichte des Nord­ Nach der Kündigung beim NWDR schlug sich westdeutschen Rundfunks, 1945 - 1951 . ln: Win­ Blank als freier Journalist und Schriftsteller fried B. Lerg u. Rolf Steiniger (Hrsg .): Rundfunk durch .19 Das Arbeitsgericht bestatigte in zwei und Politik 1923 - 1973. Beiträge zur Rundfunk­ Instanzen die Entlassung, verurteilte den NWDR forschung . Berlin 1975, S. 314. (zuerst abgedruckt aber zur Zahlung einer Abfindung. Wiedergut­ in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 21 . Jg. (1973), S. 358-387). Zu Blanks Tätigkeit am machung oder Entschädigung als Verfolgter des NWDR insgesamt vgl. Heinz-Dieter Deiters: Fen­ NS-Regimes wurden mit dem Hinweis auf die ster zur Weit. 50 Jahre Rundfunk in Norddeutsch­ NSDAP-Mitgliedschaft abgelehnt. Am 7. Januar land. Harnburg 1973, S. 226ft. Rolf Geserick: Vom 1958 starb er, seit Jahren schwer krank, in NWDR zum NDR. Der Hörfunk und seine Pro­ Harnburg an den Spätfolgen der erlittenen KZ­ gramme 1948 - 1980. ln: Der NDR. Zwischen Haft. Der >Norddeutsche Rundfunk< war am Programm und Politik. Beiträge zu seiner Ge­ Grab seines ungeliebten ehemaligen Intendan­ schichte. Hrsg. v. Wolfram Köhler. Hannover ten lediglich durch eine Kranzspende vertreten . 1991, S. 153f. Dierk Ludwig Schaaf: Politik und Wilhelm Grabe Proporz im NWDR . Rundfunkpolitik in Nord- und Westdeutschland 1945 - 1958. Diss. Harnburg Zu biographischen Einzelheiten vgl. Berlin Docu­ 1971, S.59ff. S. 104. Michael Tracey: Das uner­ ment Center: Personalakte Herbert Blank. Bun­ reichbare Wunschbild - Ein Versuch über Hugh desarchiv Potsdam: RJusM IVg 1363/43g. Greene und die Neugründung des Rundfunks in Nordwestdeutschland nach 1945. Köln 1982, S. 2 Vgl. Louis Dupeux: »Nationalbolschewismus« in 77ft. Deutschland 1919 - 1933. Kommunistische Stra­ tegie und konservative Dynamik. München 1985, 11 Vgl. z. B. Herbert Blank: Der Einzige und sein S. 393-408. Patrick Moreau: Nationalsozialismus Eigentum. ln: Nordwestdeutsche Hefte (Hamburg) von links. Die »Kampfgemeinschaft Revolutionä• 1. Jg. (1946), H. 3, S 33-35. Herbert Blank/ Axel rer Nationalsozialisten« und die »Schwarze Front« Eggebrecht Gespräch über ein Nietzsche-Buch. Otto Strassers 1930 - 1935. Stuttgart 1985. ln : ebd., H. 4, S. 27-30. Herbert Blank: Rebellen gegen Hitler. ln: ebd., H. 6, S. 45-48. Herbert 3 Vgl. Otto Strasser: Der Deuter und Künder der Blank: Hinter dem Gitter ... ln: ebd., H. 9, S. 17- Deutschen Revolution. Herbert Blank. ln: Die 22. - Ein Manuskript »Wandlung des Eigentums­ Schwarze Front (Berlin) v. 30. 10. 1932, S. 6, fer­ begriffes« (NWDR/ 1946) befindet sich im Nach­ ner W. H. [d. i. Willy Haas]: Ein warmes Fußbad in laß Otto Strassers. Institut für Zeitgeschichte: ED Menschenblut Betrachtungen über eine neue 118/43. Geschichtsschreibung. ln: Die Literarische Weit (Berlin) 8. Jg. (1932), Nr. 51 (9. 12. 1932), S. 385- 12 Michael Tracey: (wie Anm. 19), S. 92f. 386. 13 Vgl. dazu die von Jacobmeyer zitierten Äußerun• 4 Weigand von Miltenberg [d . i. Herbert Blank]: gen von Blank aus einem Memorandum vom Adolf Hitler Wilhelm 111. Berlin 1931 . Zur Biblio­ April/ Mai 1946. Jacobmeyer: (wie Anm. 10), S. graphie vgl. Armin Mohler: Die Konservative Re­ 316ft. Ferner ohne Verf.: Debatte über Ernst Jün• volution in Deutschland 1918 - 1932. Ein Hand­ ger. ln: Nordwestdeutsche Hefte (Hamburg) 1. Jg . buch . Darmstadt 1972, S. 460f. (1946), H. 7, S. 13-15. 5 Kurt Hiller: Leben gegen die Zeit. Erinnerungen. 14 Zu einer Annäherung zwischen Blank und Stras­ Bd.1. Logos. Harnburg 1969, S. 272. ser kam es nach 1945 nicht mehr. Vgl. z. B. Wer­ ner Dietz an Otto Strasser v. 23. 11 . 1949. Institut 210 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

für Zeitgeschichte: ED 118/29. Eine bearbeitete »ein rein aus dem Transzendenten sich regulie­ Fassung der Blanksehen »Geschichtstheorie« rendes Schicksal« über sich habe. Der Mensch wurde von Strasser posthum herausgegeben. befindet sich heute in einem Auflösungsmilieu, Herbert Blank: Der Rhythmus in der Geschichte. gemischt aus »Intellektualismus und Verfall«, München 1964. aus extremen Individualismus und kollektiver 15 Zit. n. Kurt Hiller: Streit um Hamburgs Intendan­ Erfahrung mit einem besonders starken Gefühl ten . Herbert Blank und seine Strasser-Vergan­ für das »Auflösende und Entgleitende«, also - genheit, in: Die Neue Zeitung (München) v. 9. 4. wie Senn zusammenfaßt für das 1949. Vgl. ferner ohne Verf. [d. i. Kurt Hiller]: Wie »Unaufhörliche des Gestaltwandels und alles man 1932 »aktive Opposition« machte, in: ebd. v. Seins« . Das Unaufhörliche ist das »große Ge­ 3. 6. 1949. Ohne Verf.: Die Lampe blakte. Durch­ putzen, durchputzen' in : Der Spiegel (Hamburg) 3 setz, der dunkle Drang, Liebe, Kunst, Wissen­ (1949), Nr. 22 (26. 5. 1949), S. 5-7. schaft, Religionen ... , und keiner kennt die Stimme, die es rief«. Senn wendet sich außer• 16 Michael Tracey: (wie Anm. 10), S. 100. dem gegen den »abendlandischen Aufstiegs­ 17 RolfGeserick: (wieAnm. 10), S. 152f. glauben« und gegen einen »zivilisatorischen .Op­ timismus«; sein »tragisches Weltgefühl« b1etet 18 Michael Tracey: (wie Anm . 10), S. 84 . für den »götterlosen Spattyp« als Schicksal nur 19 Vgl. z. B. Jörg Loibas [d . i. Herbert Blank]: Europa einen immerwahrenden Wandel an: »Ewig im wird es schaffen. München 1952. Herbert Blank: Wandel und im Wandel groß« . Konservativ. Harnburg 1953. Ders .: Unter dem Wahrend die Rundfunkkritik für das Oratorium schwarzen Adler. Preussische Berichte und selbst lobende Worte fand («es war wirklich Anekdoten. Harnburg 1957. Ders.: Eliten oder Prätorianer. ln : Neues Abendland (München) 12. Musik und wir können von diesem Hindemith viel Jg . (1957) , S. 231-236. Gutes erwarten«}, wurden ausgerechnet die einführenden Bemerkungen Senns als »unverstandlich«2 bezeichnet, mit seiner »fremdwortüberladenen Ausdrucksweise ( .. . ) Unbekannte Rundfunkrede Gottfried verargerte er die Hörer«3. Senn selbst muß mit seiner Einführung unzufrieden gewesen sein , Senns im Deutschen Rundfunkarchiv denn am Schluß seiner Rede sagte er seinen Zuhörern, daß die nachfolgende Musik das Unter den Rundfunkschallplatten, die im Sommer »offenbaren« werde, was sie von seiner Einlei­ 1993 aus dem Bestand des früheren DDR­ tung nicht voll erfaßt hatten. Rundfunks (Funkhaus Berlin-Köpenick) in das Gottfried Senn, neben Bertolt Brecht einer Deutsche Rundfunkarchiv nach Frankfurt am der einflußreichsten deutschen Lyriker dieses Main gekommen sind, befinden sich auch zwei Jahrhunderts, nutzte schon bemerkenswert früh Platten einer Rundfunkansprache von Gottfried die Möglichkeiten des Rundfunks: ab 1927 trat er Senn, deren Text bisher ungedruckt blieb. Am - gefördert von Edlef Koeppen, dem spateren 13. Mai 1932 führte Senn in knappen sieben Mi­ Leiter der Literarischen Abteilung der Berliner nuten in die Rundfunkauffühung von Funkstunde - mit einiger Regelmaßigkeit im »wesentlichen Teilen« des Oratoriums von Paul Berliner Rundfunk auf, sei es mit Gedichtlesun­ Hindemith »Das Unaufhörliche«, das Otto Klem­ gen, mit Vortragen («Die Genialen«, 1930; »Die perer dirigierte, ein. Der Rundfunksendung der neue literarische Saison«, 1931) oder mit Dis­ >Berliner Funkstunde< waren der kussionen (mit Oskar Loerke, 24.2.1931 ; mit >Deutschlandsender< und die >Schlesische Johannes R. Becher, »Dichtung an sich«, 1930). Funkstunde< angeschlossen. »Das Unaufhörli• Senns Rang zum Irrationalismus und Mystizis­ che« war am 21 . November 1931 in der Berliner mus, die auch in »Das Unaufhörliche« deutlich Philharmonie uraufgeführt worden. wurde, fand seinen negativsten Ausdruck in den Senn, der sich einmal über die »Sinnlosigkeit beiden Rundfunkreden »Der neue Staat und die guter Texte für Musik« und das geringe Ver­ Intellektuellen« (24. April 1933) und »Antwort an standnis für die Wortkunst von seiten der Mu­ die literarischen Emigranten« (24. Mai 1933), die sikkritiker beklagt hatte 1, hat vermutlich deswe­ seine - zur damaligen Zeit - weitgehende gen eigens eine Einführung geschrieben. Der Übereinstimmung mit der nationalsozialistischen Schriftsteller versucht in einem eindringlichen Ideologie dokumentieren. Auch nach dem Zwei­ und engagierten Sprachduktus seine Zuhörer ten Weltkrieg hatte Senn zahlreiche Möglichkei­ von der Aktualitat dieses »modernen Oratori­ ten, seine Gedanken und seine Dichtungen über ums« zu überzeugen. Er betrachtet den moder­ den Rundfunk bekannt zu machen, vor allem nen Menschen nicht als »losgelöstes Individuum über den Nordwestdeutschen Rundfunk Berlin, der Aufklarung«, nicht als »wissenschaftlichen wo sich Thilo Koch für ihn einsetzte. Sein letztes Menschen«, sondern als einen Menschen, der Rundfunkinterview (zum 70. Geburtstag) datiert Schwarzes Brett 211 vom 3. April 1956, zwei Monate vor seinem Tod Kurzwellensenders< im Zweiten Weltkrieg. Sie (7 . Juli 1956). bestritt ihre Darstellung mit kurzen biographi­ Walter Roller schen Skizzen über den Engländer William Joyce alias »Lord Haw-Haw« , über den ameri­ 1 Gottfried Senn : Dichter über ihre Dichtungen. München 1969, S. 43f. kanischen Botschaftsangestellten Herbert John Burgman alias »Joe Scanlon« sowie über die 2 Der Deutsche Rundfunk Jg . 10, 1932, H. 21, S. beiden amerikanischen Journalisten Robert Best 59. und . Ihre Quellen waren Bei­ 3 Ostdeutsche Illustrierte Funkstunde Jg . 9, 1932, träge englischer und amerikanischer Zeitungen H. 21,S. 3 und Zeitschriften sowie Shirers Best-Biographie »The traitor« (New York 1950). Der englische Journalist John Alfred Cole veröffentlichte 1964 seine William-Joyce-Biographie »Lord Haw-Ha­ Amerikanische Rundfunkmacher W« (London 1964; dt. Ausgabe: Wien-Harnburg im Dienste des Dritten Reichs 1965). ln einer von der >Deutschen Welle< Neun Kurzbiographien (Köln) herausgegebenen Schriftenreihe zur Ge­ schichte des deutschen Auslandsrundfunks kam Sie arbeiteten in Berlin für das USA-Zonenpro­ als dritter Band unter dem Titel »Wortschlacht im gramm des >Deutschen Kurzwellensenders< Äther. Der deutsche Auslandsrundfunk im zwei­ (KWS), für die englischsprachigen »G-Sender« , ten Weltkrieg« (Berlin 1971) eine Sammlung von die Tarnsenderprogramme, gegen Kriegsende Aufsatzen von Werner Schwipps und Gerhart für die an alliierte Soldaten der Invasionsstreit­ Goebel heraus. Den beiden Autoren lagen kräfte gerichteten Programme der sogenannten Aufsatze aus der zeitgenössischen Rundfunk­ »Kampfsender« der Wehrmachtpropaganda, - fachpresse, Erinnerungsprotokolle von Zeitzeu­ als Übersetzer, Sprecher, Redakteure, Kom­ gen , ferner Photokopien von Akten der amerika­ mentatoren. Die Journalisten und Journalistin­ nischen Landesverratsprozesse sowie einige nen , meist amerikanische Staatsbürger deut­ Rundfunkakten aus dem Politischen Archiv des scher Herkunft, hatten sich dem Auslandsdienst Auswärtigen Amtes vor. Die gleichen Quellen des Großdeutschen Rundfunks zur Verfügung und Darstellungen benutzte auch Willi Altred gestellt oder waren angeworben worden. Den Boelcke für sein umfassendes Sachbuch »Die Gründen für diese publizistische Kollaboration Macht des Radios. Weltpolitik und Auslands­ mit dem politischen und - nach dem Kriegseintritt rundfunk 1924 bis 1976« (Frankfurt-Berlin-Wien der Vereinigten Staaten zudem strafbar - mit 1977); er benutzte außerdem das Buch des dem militärischen Gegner geht eine in den USA amerikanischen Publizisten William Greenough publizierte Gruppenbiographie nach .1 Schofield »Treason trail« (New York 1964). Die amerikanischen Deutschlandkorrespon­ Schofield hatte die Landesverratsprozesse als denten kannten sie , hielten jedoch auf Distanz. Journalist für den >Boston Globe< verfolgt. Der CBS-Korrespondent William Lawrence Shi­ J.C. Edwards, Archivar der University of Ge­ rer erwähnte in seinem 1941 erschienenen orgia in Athens , zeichnet die Lebens- und Be­ »Berlin Diary« (deutsche Ausgabe: Weimar rufswege von neun Publizistinnen und Publizi­ 1991) einige Begegnungen. ln der Oktober-Aus­ sten nach, die an Sendungen für Nordamerika gabe 1943 der Zeitschrift >Harper's< veröffent• im sogenannten USA-Zonenprogramm des lichte er einen Beitrag mit dem Titel »The Ame­ >Deutschen Kurzwellensenders< (KWS). beson­ rican radio traitors« (Val. 187 (1943), S. 397- ders während des Zweiten Weltkrieges. mitge­ 403). Die Zeitschrift >Cosmopolitan< gab einem arbeitet haben. Seine Materialbasis ist solide. Artikel von Albert Parry den Titel »Short-Wave Bei einem wissenschaftlichen Archivar kann traitors« (Val. 114, No.4/April 1944, S. 59-19). nicht überraschen, daß er vorwiegend Primär• Damit war ein Thema angeschnitten, das die quellen ausgewertet hat, - allenfalls deren of­ amerikanische und die britische Publizistik und fensichtliche Ergiebigkeit. Edwards benutzte Justiz bis in die fünfziger Jahre beschäftigen Akten des amerikanischen Außenministeriums sollte. Aber erst kürzlich, im dritten Band seiner des vormaligen Kriegsministeriums, vor alle~ Lebenserinnerungen, suchte William Shirer nach des Justizministeriums und hier die Dossiers des den Beweggründen für das persönliche und Federal Bureau of lnvestigation (FBI), Protokolle berufliche Schicksal jener »Rundfunk-verräter«.2 der Landesverratsprozesse, hier die stenogra­ ln ihrem Breitwandpanorama über den phischen Protokolle des US-Gerichts für den »Verrat im 20. Jahrhundert« (Bd . I, Harnburg Bezirk von Massachusetts in Boston, ferner die 1956) widmete Margret Boveri ein besonderes Abhörberichte der >British Broadcasting Cor­ Kapitel der Rundfunkpropaganda in den eng­ poration< (BBC-Monitoring Reports). Deutsche lischsprachigen Programmen des >Deutschen Akten wurden nicht herangezogen; die Darstel- 212 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) lung der publizistischen Lage, der Rundfunkor­ Fester Jane Anderson - Juana Anderson ganisation und des Auslandsrundfunks in Marquesa de Cienfuegos Deutschland zwischen 1933 und 1945 wurde mit amerikanischer Literatur bestritten. Allein die Pseudonym »Georgia Peach«, geb. 6. Januar Sammelschrift mit den Aufsatzen von Schwipps 1893 in Atlanta, Ga., arbeitete sie als Autorin und und Goebel lagen ihm als deutschsprachige Karrespandentin bis 1915 in New York, als Texte vor. Für sein Gruppenbild mit Damen der Kriegsberichterstatterin für die Londoner >Daily amerikanischen Rundfunkverrater stellte er neun Mail< 1915-18 in England und Frankreich, lebte sorgfaltig recherchierte Kurzbiographien zusam­ 1918-33 wieder in New York und arbeitete als men. Reisekorrespondentin, heiratete 1933 in Sevilla den spanischen Geschaftsmann Alvarez de Frederick Wilhelm Kaltenbach Cienfuegos, arbeitete wieder als Kriegsbericht­ erstatterin für die >Daily Mai!< auf Seiten der Na­ Pseudonym »Mr. Reader«, geb. 29. Marz 1895 tionalisten, wurde im September 1936 von Re­ in Dubuque, lowa, gest. Oktober 1945 im Inter­ gierungstruppen als Spionin verhaftet und zum nierungslager der Roten Armee bei Frank­ Tode verurteilt, im Oktober Abschiebung in die furt/Oder, seit 1933 als Student, Übersetzer und Vereinigten Staaten, war für die antikommunisti­ Journalist in Deutschland, 1936 Promotion (Dr. sche Bewegung um den katholischen phil.) an der Universitat Berlin , seit 1939 beim »Rundfunkbischof« Fulton John Sheen publizi­ KWS tatig, Sendereihen: »Letter to lowa - Dear stisch tatig, kehrte 1938 nach Spanien zurück, Harry« (= Harry Hagemann, ehemaliger Schul­ kam 1941 nach Berlin und war von April 1941 bis freund, Rechtsanwalt in Waverly, lowa), »Jim Marz 1942 und noch einmal von Juni 1944 bis and Johnny«, »Fritz and Fred« (mit 0 . Kriegsende für den KWS tatig; im April 1947 Koischwitz); 1943 in den USA in absentia wegen wurden die Marquesa Juana und ihr Mann in Landesverrats angeklagt. lnnsbruck aufgegriffen, in Salzburg unter Haus­ arrest gestellt; beide bekamen neuen spanische Passe, mit denen sie im April 1948 nach Spanien ausreisen konnten ; das amerikanische Ju­ geb. November in Darmstadt, gest. 28. 1894 28 . stizministerium vermochte keine zureichenden August in Waterbury, Conn ., kam mit 1956 1895 Gründe für eine Anklage wegen Landesverrats ihren Eltern in die USA, lebte 1914-20 als Stu­ zu erkennen. dentin und Journalistin in Paris, 1920-39 als Journalistin in den USA, seit 1939 als Korre­ Max Otto Kaischwitz spandentin in Deutschland, seit 1940 für den KWS tatig, war 1945-46 von amerikanischen Pseudonyme »Dr. Anders«, »Mr. O.K.«, geb. 19. Militarbehörden in Deutschland, seit 1946 von Februar 1902 in Jauer/Niederschlesien, gest. 31 . der Einwanderungsbehörde in New York inter­ August 1944 in Berlin, studierte Germanistik an niert; im April 1948 wurde eine Anklage wegen der Universitat Berlin und promovierte im April Landesverrats aufgehoben. 1925, wanderte im selben Jahr in die Vereinigten Staaten aus; er lehrte Deutsch an der Lincoln Edward Leopold Lelaney School der Columbia Universitat und am Hunter College, wo er 1928 zum Assistenzprofessor Pseudonym »E.D. Ward«, geb. Dezember 12. ernannt wurde, schrieb deutschkundliehe Text­ in Olney, 111., gest. Juli in Glendale, 1885 1. 1972 bücher, eine deutsche Literaturgeschichte, 1930 Calif., war seit als Sonderkorrespondent 1940 eine Heimatkunde seiner Geburtsstadt Jauer, des deutschen Auswartigen Amtes beim KWS erwarb im Marz 1935 die amerikanische Staats­ tatig, setzte sich im April nach Bratislava, 1943 bürgerschaft, reiste im Sommer 1939 mit seiner im Mai 1945 nach Prag ab, wurde dort von Familie nach Deutschland, war seit Januar 1940 tschechischen Behörden zunachst inhaftiert, für den KWS tatig mit den Reihen »The College spater der amerikanischen Militarpolizei überge• Hour«, »Fritz and Fred« {mit Fred Kaltenbach), ben und in Freising bei München in einem Lager übernahm für die Rundfunkabteilung des Aus­ der amerikanischen Heeresabwehr (Army CIC) wartigen Amtes als »Prof. Koischwitz« gelegent­ interniert, im Marz 1946 verhaftet und im Militar­ lich konzeptionelle Aufgaben, besuchte mit sei­ gefangnis in Oberursel bei Frankfurt am Main ner Kollegin und Lebensgefahrtin eingeliefert, im August 1946 wieder entlassen - seine Ehefrau Erna (Bea), eine gebürtige und in die USA abgeschoben. Bei seiner Ankunft Schweizerin und Mutter seiner drei Töchter, war in New York nahm in die Bundespolizei (FBI) in im August 1943 bei einem Luftangriff in Berlin Gewahrsam; eine von der Bundesanwaltschaft ums Leben gekommen - deutsche Kriegsgefan­ vorbereitete Anklage wegen Landesverrats genenlager in Frankreich und produzierte Re­ wurde im August aufgehoben. 1947 portagen und Interviews für das USA- Schwarzes Brett 213

Zonenprogramm sowie für die Kampfsender der Aufenthaltserlaubnis und beim Propaganda­ Wehrmachtpropaganda. Der Abhördienst der ministerium einen Presseausweis. Vom 10. April BBC registrierte die letzte Sendung von »Mr. 1942 war er im USA-Zonenprogramm des KWS O.K.« am 26. Juli 1944 aus Paris. Mit einer zu hören, zuerst als »Mr. Guess Who« , ab dem schweren Tuberkulose kehrte er nach 21 . Mai 1942 mit der Sendereihe »Best' Berlin Deutschland zurück und starb im Städtischen Broadcasts«; ein amerikanisches Bundesgericht Krankenhaus Berlin-Spandau an Herzversagen. stellte ihn am 27. Juli 1943 wegen Landesverrats in absentia unter Anklage; im Spätherbst 1943 Mildred (Midge) Elizabeth Gillars zog er mit seiner Frau Erna, geb. Maurer, ehemalige Mitarbeiterin des Wiener Büros von genannt »Axis Sally« , geb. November 29. 1900 >Associated Press/AP< nach Wien zurück und in Portland, Maine, als M.E. Siks, trug seit 1907 Oberspielte seine Berichte nach Berlin; nach der den Familiennamen ihres Stiefvaters Robert Besetzung Wiens durch die Rote Armee im April Bruce Gillars, gest. 25. Juni 1988 in Columbus, 1945 tauchten die Bests in der britischen Zone Ohio; Schauspielerin, kam 1934 nach Berlin, Osterreichs unter, wurden erst im Februar 1946 verdiente ihren Lebensunterhalt an der Berlitz entdeckt, den amerikanischen Militärbehörden School, seit Mai 1940 als angestellte Sprecherin obergeben und in Salzburg unter Hausarrest ge­ für das englischsprachige Mittelwellenprogramm stellt· im Herbst 1946 brachte man ihn in das des Auslandsdienstes der Reichs-Rundfunk-Ge­ lnter~ierungslager Oberursel, und zusammen mit sellschaft; ihr Freund und Lebensgefährte M. 0 . Douglas Chandler wurde er in die USA geflogen, Kaischwitz holte sie 1943 zur Mitarbeit an Pro­ wo am 29. März 1948 gegen ihn Anklage wegen grammen für amerikanische Soldaten und Landesverrat erhoben wurde; am 16. April 1948 Kriegsgefangene und mit eigenen Sendereihen: erklärte ihn das Gericht für schuldig im Sinne der »Midge at the Mike«, »Home Sweet Home« , Anklage und verurteilte ihn zu einer le­ »Midge's Medical Reports« u.a.; von ihren Hö• benslänglichen Haftstrafe und einer Geldbuße rern bekam sie den Namen »Axis Sally«, unter von 10.000 Dollar; ein Revisionsverfahren hatte dem sie sich bis zuletzt meldete. Nach der Kapi­ keinen Erfolg und Robert Best starb am 16. De­ tulation wurde sie von amerikanischer Militärpo• zember 1952 im Medical Center for Federal lizei festgenommen und in die USA verbracht, Prisoners in Springfield, Missouri, an den Folgen 1949 wegen Landesverrats zu 30 Jahren Haft in eines Schlaganfalls. einem Bundesgefängnis für Frauen verurteilt, im Juni 1961 begnadigt. Douglas Chandler Robert Henry Best Pseudonym »Paul Revere« , geb. 26. Mai 1889 in , war seit Anfang der zwanziger Jahre Pseudonym »Mr. Guess Who« , geb. 16. April journalistisch tätig, heiratete 1924 Laura Jay 1896 in Sumter, South Carolina, gest. 16. De­ Wurts, Tochter der wohlhabenden Familie des zember 1952 in Springfield, Missouri, graduierte Ingenieurwissenschaftlers am California Institute 1916 am Wofford College in Spartanburg, stu­ of Technology (Caltech) in Pasadena, Alexander dierte seit 1920 an der Graduate School of Jour­ Jay Wurts; im September 1931 brach Chandler nalism der Columbia Universität und kam im mit seiner Familie nach Europa auf, lebte zu­ Sommer 1922 mit einem einjährigen Reisesti­ nächst in Südfrankreich und kam im März 1933 pendium der Pulitzer-Stiftung nach Europa, hielt nach Deutschland; in Starnberg mietete er ein sich nacheinander in Genf, Paris, London, Berlin Haus und lernte zwei für seine berufliche Zukunft und Prag auf und blieb ab Dezember 1922 in wichtige Personen kennen, Ernst Hanfstaengl Wien. Hier arbeitete er als freier Korrespondent und Ralf Hoffmann, beide von der Abteilung für die amerikanische Nachrichtenagentur Auslandspresse der NSDAP in München, die ihn >United Press/UP<; mit einigen englischen und mit deutschen und ausländischen Journalisten amerikanischen Wiener Korrespondenten, dar­ bekannt machten und für ihn in den folgenden unter Marcel William Fodor vom >Manchester Jahren zahlreiche Auslandsreisen organisierten; Guardian< und John Gunther von den Chicago Chandler schrieb Ober diese Reisen zahlreiche >Daily News< gründete er im Juni 1930 ein Beiträge für die amerikanische Monatszeitschrift Nachrichtenbüro, die >Anglo-American Press >National Geographie Magazine<, die er auch mit Union/Ampress<. Nach dem Kriegseintritt der eigenen Fotos illustrierte; seit Februar 1938 in USA wurde er, zusammen mit weiteren 145 Potsdam, knüpfte Verbindungen zur Rundfunk­ amerikanischen Korrespondenten, in Bad Nau­ abteilung des Auswärtigen Amts; mit einer Auf­ heim interniert, verweigerte jedoch die Abschie­ enthaltserlaubnis, einem »Fremden-paß«, und bung; unter Hinweis auf seine antijüdischen und einem Presseausweis nahm er im April 1941 antisowjetischen Einstellungen erwirkte er im seine Arbeit für den KWS auf; als Pseudonym Februar 1942 beim Auswärtigen Amt eine 214 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) wahlte er den Namen eines amerikanischen Na­ Stattdessen bot er dem Presseattache der tionalhelden, Paul Revere. Im Sommer 1943 deutschen Botschaft in Helsinki seine journali­ wich Chandler mit seiner Familie nach Wien aus; stischen Dienste an . Dieser schickte ihn mit einer seine Beitrage zeichnete man auf Wachsplatten Empfehlung zur Rundfunkabteilung des Aus­ auf, brachte sie durch Kurier nach Königs Wu­ wartigen Amts nach Berlin; man verschaffte ihm sterhausen, wo sie für die Sendung noch einmal einen wohldotierten Redakteursposten im USA­ - auf Tonband -umgeschnitten wurden . Der BBC­ Zonenprogramm des KWS. Am 1. September Abhördienst hörte »Paul Revere« zum letzten 1944 lief seine erste Sendung. Vor der anrük• Mal am 11. Januar 1945. kenden Roten Armee flohen Day und seine Frau Amerikanische Militarpolizisten entdeckten Mitte April 1945 nach Bad Tölz, wo er sich im die Chandlers in Durach bei Kempten im Allgau . Juni den örtlichen amerikanischen Militarbehör• Ende 1946 nach Oberursel bei Frankfurt in das den stellte, die ihn aber nach einem viertagigen zentrale Internierungslager der amerikanischen verhör wieder freiließen . Doch im Marz 1946 Militarregierung gebracht, flog er - zusammen holte die militarische Abwehr ihn ab und inter­ mit Robert Best- in die USA. Noch wahrend er in nierte ihn bis zum Jahresende in Oberursel. Washington vom FBI verhört wurde, bereitete Als das amerikanische Justizministerium das Bezirksgericht von Massachusetts in Boston erklart hatte, man sei an seinem Fall nicht mehr die Anklageschrift vor. Insgesamt elf Zeugen der interessiert, kehrte er nach Bad Tölz zurück, Reichs-Rundfunk-Gesellschaft und der Rund­ bekam jedoch ein Einreiseverbot für die USA funkabteilung des Auswartigen Amts hatte das auferlegt. Seine früheren journalistischen Ar­ Gericht aus Deutschland vorladen lassen, darun­ beitgeber wollten nichts mehr mit ihm zu tun ter Anton Winkelnkemper, Edward Victor Sittler, haben, deshalb bot er 1950 dem Ausschuß des Dietrich Ahrens, Georg Otto Eduard von Lilien­ antikommunistischen Senators Joseph Raymond feld. Drei Wochen dauerte der Prozeß im Juni McCarthy seine Dienste an . Ende 1953 durfte er 1947. Das Urteil lautete auf schuldig im Sinne nach Finnland ausreisen, seine Versuche, zum der Anklage, das Strafmaß lebenslanglieh und INS wieder Kontakt zu finden, blieben ohne 10.000 Dollar Geldbuße. Erst im August 1963 Erfolg. 1962 bekam er über alte Freunde einen erließ Prasident John F. Kennedy dem letzten bescheidenen 50-Dollar-Vertrag (monat-lich) als »Rundfunkverrater« den Rest seiner Strafen. freier Mitarbeiter der Chicagoer >Tribune<. Chandlers Tochter aus zweiter Ehe, Sylvia, konnte ihren Vater außer Landes bringen. Die Gruppenbiographie von Edwards bietet mannigfaltige Erklarungen an für die bisweilen Donald Day bizarren persönlichen Lebensumstande, die mili­ tanten politischen Einstellungen und die aggres­ geb. 15. Mai 1895 in Brooklyn Heights, N.Y., siven, oft antisemitischen publizistischen Kam­ gest. 30. September 1966 in Helsinki, Sohn ei­ pagnen der amerikanischen Rundfunkpublizi­ nes Sportjournalisten. Er war seit 1912 journali­ sten, denen die deutschen Rundfunkpropagandi­ stisch tatig, zuerst in Chicago, dann in New York sten nur allzu gern ein Forum boten. Edwards für die Nachrichtenagentur des Hearst-Verlags, merkt an, daß sich die amerikanische Gesetzge­ den >International News Service/INS<. 1920 bung zum Landesverrat im Fall der Rundfunk­ wollte er sich in Moskau niederlassen, bekam publizisten als unwirksam erwiesen habe; weil jedoch keine Aufenthaltserlaubnis. Darum die Rechtsprechung nicht vom Motiv sondern schrieb er aus Riga mehr als 20 Jahre über die vom Vorsatz ausgehe, seien die schlaueren Mit­ Sowjetunion, für den INS, für die Londoner arbeiter des KWS um einen Prozeß herumge­ >Daily Mail< und schließlich für die nationalkon­ kommen, wahrend ein paar arme Irre nach thea­ servative Chicagoer Tageszeitung >Tribune<. Als tralischen Verfahren und aufgeregter Medienbe­ die Rote Armee im Juni 1941 in Litauen einmar­ gleitung im Gefangnis landeten. Eine kommuni­ schierte, floh Day nach Helsinki und berichtete kationsgeschichtliche Bewertung freilich wird weiter für die >Tribune< und für die amerikani­ Kriterien der politischen Moral und der publizisti­ sche Rundfunkgesellschaft >Mutual Broadcasting schen Ethik einbeziehen müssen. System/MBS<. Als sich Finnland nach Beginn Winfried B. Lerg des Krieges gegen die Sowjetunion zunachst auf Seiten der Deutschen wiederfand, schließlich John Carver Edwards: Berlin Calling. American nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Broadcasters in Service to the Third Reich. New Krieg, wurde seine Lage in der finnischen Haupt­ York 1991 . stadt unhaltbar. Die >Tribune< kündigte ihm, als 2 William Shirer: 20th Century Journey. Vol. 111 : A er sich geweigert hatte, in die USA zurückzukeh• Native's Return 1945-1988. Boston u.a. 1990. ren . Schwarzes Brett 215

Rundfunkprogrammzeitschrift der DDR vorsitzender der DDR. Der am 31. Oktober 1945 Anmerkungen zur Geschichte des Monopol- ,, von Notarin lngeborg Gentz beurkundete Gran­ blattes anläßlich seiner Verfilmung dungsvertrag nannte als »Gegenstand des Unternehmens ( .. .) Deutscher Funk-Verlag Die unter wechselnden Titeln von 1946 bis 1990 GmbH« das Verlegen und Drucken sowie den erschienene Rundfunkprogrammzeitschrift der Vertrieb »von literarischen Erzeugnissen aller Sowjetischen Besatzungszone und der Deut­ Art, die mit den Aufgaben oder den Interessen schen Demokratischen Republik (DDR) ist vom des Rundfunks in Zusammenhang stehen Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse (sowie] von Musiknoten«. Der Funk-Verlag wollte eV. in Dortmund verfilmt worden, Die Verfilmung außerdem das »Schrifttum Ober Angelegenhei­ geschah auf Veranlasssung des Deutschen ten und Fragen des gesamten Rundfunkver­ Rundfunkarchivs in Frankfurt am Main mit Hilfe kehrs« fördern und entwickeln und sich an der in den Rundfunkarchiven Ost in Berlin(­ »Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art und Adlershof) vollständig vorhandenen Jahrgänge allen mit dem Gegenstand des Unternehmens in der Zeitschrift. Damit steht auf 46 Filmrollen für Zusammenhang stehenden Geschäften« die Erforschung der DDR-Mediengeschichte eine beteiligen.3 Für das zweite Halbjahr 1948 sind lückenlos überlieferte Quelle zur Verfügung. Hier Auflagenzahlen überliefert: Sie schwanken sind nicht nur die Programme des DDR­ zwischen knapp 40 000 und knapp 60 000 Ex­ Rundfunks und des DDR-Fernsehens in den emplaren.4 Ausdrucken der Sendefolgen dokumentiert, Die Vorlage für das Politbüro der SED mit der sondern neben Sendemanuskripten auch Texte Überschrift »Reorganisation des deutschen de­ zu Aspekten des Programms, der Technik und mokratischen Rundfunks«, die 1952 zur Bildung Organisation abgedruckt. des Staatlichen Rundfunkkomitees (SRK) führte , Eher als die >Hör zu<, die immer wieder als verfügte auch die Herausgabe einer »einheitlich die am längsten erscheinende Rundfunkpro­ wöchentlich erscheinenden Programmzeitschrift« grammzeitschrift nach dem Zweiten Weltkrieg und beendete damit endgültig die Existenz der bezeichnet wird, erschien die erste Nummer des Zeitschriften >Der Rundfunk< (Leipziger >Der Rundfunk. Illustrierte Wochenschrift mit Ausgabe) sowie der >Illustrierte Funkwoche<, die Funkprogramm< betitelten Programmblatts am 1. ab Mai 1949 zunächst als >Potsdamer Februar 1946 (>Hör zu<: 15. Dezember 1946) Funkwoche< erschienen war. Die vorläufige zum Preis von 30 Rpf. Der Intendant des >Berli­ Auflage des nunmehrigen Monopolblatts wurde ner Rundfunks<, Hans Mahle, schrieb ein Geleit­ auf 400 000 Stück und der Umfang auf 24 Seiten wort und versprach, daß die Zeitschrift »bemüht festgelegt. 5 Die Umorganisation nahm die sein [wird], die Tradition der guten deutschen Zeitschrift erneut zum Anlaß für ein Geleitwort: Rundfunkpresse vor 1933 fortzusetzen und »>Der Rundfunk< will das feste Bindeglied [ihren] Teil für den demokratischen Neubau un­ zwischen dem Staatlichen Rundfunkkomitee und seres Vaterlandes beizutragen«.1 Das Impres­ dem Hörer sein . Uns ist jetzt mehr denn je die sum nannte als Herausgeber die >Deutscher Aufgabe gestellt, im Zeichen des Aufbaus des Funk-Verlag GmbH - Wilhelm Beier< und als Sitz Sozialismus den Kampf um den Frieden und um der Redaktion »Berlin-Charlottenburg 9, Masu­ die Einheit Deutschlands zu unterstützen. Dabei renallee 8-14« 2 - mithin die gleiche Anschrift wie wissen wir alle, daß die Voraussetzung für die die des (sowjetzonalen) >Berliner Rundfunks<. Existenz unseres Volkes die deutsch-sowjetische Die unmittelbare Nachbarschaft von Rund­ Freundschaft und die Freundschaft mit allen funk und Rundfunkpresse überrascht aus zwei­ friedliebenden Völkern ist. Sie gilt es zu verbrei­ erlei Gründen nicht: Zur Tradition des Rundfunks tern und zu vertiefen.«s Nachdem mit der vor 1933 gehörte es, sich offiziöse Presseorgane Nummer 40/1952, erstmals im Impressum als Ueweils eine bei jeder Rundfunkgesellschaft) zu Herausgeber das »Staatliche Rundfunkkomitee halten - aus publizistischen wie aus finanziellen der DDR« und als für Verlag und Vertrieb zu­ Gründen. Außerdem hatte Rundfunkintendant ständig der »Henschelverlag Kunst und Gesell­ 7 Mahle die >Deutsche Funk-Verlag GmbH< selbst schaft« genannt worden waren, wechselte das mitgegründet Zum Gründerkreis gehörten Blatt seinen Haupttitel mit der Nummer 10/1953 außerdem ein Redakteur namens Wilhelm Beier, in >Unser Rundfunk< und nannte sich im der Angestellte der Deutschen Zentralverwaltung Untertitel >Organ des Staatlichen Rundfunkkomi­ für Volksbildung in der Sowjetischen tees der DDR<. Besatzungszone Dr. Joseph Naas sowie der ln dem erst am 9. November 1953 unter­ Angestellte der Deutschen Zentralverwaltung der zeichneten »Vertrag über die Herausgabe der Industrie in der Sowjetischen Besatzungszone Zeitschrift >Unser Rundfunk<« unter der Li­ Willi Stoph, späterer Innen- bzw. Verteidi­ zenznummer 705 des Presseamtes beim Mini­ gungsminister, Ministerpräsident und Staatsrats- sterpräsidenten der Regierung der DDRB wurde 216 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) festgehalten , daß der Henschei-Verlag keinerlei Schon zur Eröffnung des offiziellen Fernseh­ Subventionen erhält9, der Vorsitzende des SRK programms anlaßlieh des 80. Geburtstag von den Chefredakteur ernennt und die Redakteure DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck am 3. Januar von der Kaderabteilung des Rundfunkkomitees 1956 sollte die Zeitschrift in >Rundfunk- und bestätigt werden müssen. Ein eigener Abschnitt Fernsehzeitung< umbenannt werden, 13 doch sie widmete sich dem publizistischen Ziel der Zeit­ führte erst viel später zu einem anderen Jubilä• schrift: Sie sollte die Hörer zu den Sendungen umstag einen neuen Titel ein : Anlaßlieh des des Rundfunks hinführen und »die Arbeit aller »Festes des zehnten Jahrestages unseres Ar­ Redaktionen ( .. .) entsprechend ihrer Bedeutung beiter- und Bauern-Staates« erschien sie ab [behandeln], so daß im Mittelpunkt auch der Nummer 41/1959 als >FF. Funk und Fernsehen Arbeit der Zeitschrift die gesamtdeutschen Fra­ der DDR<. Begründet wurde die Umbenennung gen, der Aufbau in der Deutschen Demokrati­ damit, daß das Fernsehen »aus der Abge­ schen Republik und das Beispiel der Sowjet­ schlossenheit des Laboratoriums langst zum union und der volksdemokratischen Länder ste­ Volk gekommen« ist.1 4 Dem Fernsehen sollte hen«. Die Zeitschriftenredaktion wurde außer• künftig mehr Raum und zwar eine Seite pro Tag dem auf die Vereinbarung von langfristigen zur Verfügung stehen. Mit Stolz wies die Redak­ Themenplanen verpflichtet, die festhielten, tion darauf hin, daß 1949 für 16 Seiten der glei­ »welche Beitrage die Redaktionen des Staatli­ che Preis, nämlich 30 Pf. zu entrichten war, wie chen Rundfunkkomitees in welcher Form und zu nunmehr für 32 Seiten im Jahr 1959. Nach wei­ welchen Terminen liefern«. Die Leitung des teren zehn Jahren war 1969 eine erneute Titel­ Rundfunkkomitees behielt sich vor, vierteljährlich änderung in >FF dabei< zum 20. Jahrestages der zur Arbeit der Zeitschrift Stellung zu beziehen.10 DDR-Gründung und dem Sendebeginn des Umfang und Auflagenhöhe der Zeitschrift zweiten Fernsehprogramms sowie der zeitglei­ standen auf keinem festen Fundament, wurden chen Einführung des Farbfernsehens in der DDR von der gesamtstaatlichen Wirtschaftsplanung am 3. Oktober fällig; die Zeitschrift erschien abhängig gemacht. So veranlaßte ein Beschluß außerdem erstmals in Farbe und legte sich ein des Politbüros des SED-Zentralkomitees im größeres Format zu.15 Noch 1968 im Frühjahr 1954, wonach 5,2 Tonnen Papier bei Zusammenhang mit der Teilung des Rundfunk­ der Herstellung von >Unser Rundfunk< pro Aus­ kernites in eines für den Rundfunk (Hörfunk) und gabe einzusparen waren, das Rundfunkkomitee eines für das Fernsehen verschwand die Angabe zum Hinweis, die Auflage sei zuvor bereits von eines Herausgebers16, Mitte 1969 wurde auch 450 000 auf 400 000 Stück gesenkt und der der Verlag gewechselt: Das Objekt Rund­ Umfang von 32 auf 24 Seiten reduziert worden funkzeitschrift ging vom »Henschei-Verlag« auf und müsse, sollte der Beschluß durchgesetzt den »Berliner-Verlag« über11, in dem es bis zum werden, nunmehr weiter auf 20 Seiten vermin­ Ende der DDR verblieb. Die Auflage war bereits dert werden.11 Vier Jahre später beantragte der 1966 auf über eine Million Exemplare gestie­ Henschelverlag, die Auflage vom 1. Januar 1959 gen18, im Dezember 1989 betrug sie rund ein­ an auf 700 000 Exemplare zu erhöhen und den einhalb Millionen.19 Umfang um acht Seiten zu erweitern. Zur Be­ Ansgar Diller gründung führte er an : Die anwachsende Zahl der Rundfunk- und Fernsehteilnehmer wie der Programme mache sich in einer entsprechenden Anmerkungen Nachfrage bemerkbar. Um der Forderung 1 Zum Geleit. ln: Der Rundfunk 1. Jg. (1946), H. 1 Nachdruck zu verleihen, wurde der Verlag (Erstes Februarheft 1946), [S . 2]. grundsätzlich: »Es gibt keine Zeitschrift in der 2 Vgl. ebd. S. 15. Deutschen Demokratischen Republik außer der Zeitschrift >Unser Rundfunk<, die sich neben an­ 3 Gesellschaftsvertrag zur Gründung des deren wichtigen Aufgaben auch speziell und re­ »Deutscher Funk-Verlag GmbH«. ln: Deutsches gelmäßig mit der publizistischen Anwendung der Rundfunkarchiv - Rundfunkarchive Ost - (DRA Methode des sozialistischen Realismus auf dem Ost) Berlin: Aktenbestand Hörfunk 1945- 1949. Gebiete des Rundfunks und Fernsehens befas­ 4 Vgl. Statistik zu >Der Rundfunk<, o. D. [vermutlich sen müßte und könnte. Es gibt bis heute noch Anfang 1949], in: Bundesarchiv (BA) Potsdam DR keine fundierte und regelmäßige parteiliche und 6/318. operative Rundfunk- und Fernsehkritik in unserer 5 Anlage Nr. 6 zum Protokoll Nr. 124/52 der Sitzung gesamten Presse. Auch dafür waren wir zustän• des Politbüros des Zentralkomitees am 5. 8. 1952. dig, brauchen aber mehr Raum, den wir nicht auf ln: Stiftung Archiv der Parteien und Mas­ Kosten der aktuellen Konterpropaganda schaffen senorganisationen der DDR (SAPMO) im BA dürfen.«12 Berlin Zentrales Parteiarchiv (ZPA) der SED IV 2/2/224. Schwarzes Brett 217

6 Der Rundfunk 7. Jg. (1952), S. 2. den Jahren 1933 bis 1940, die Rolle des Rund­ funks im indonesischen Befreiungskampf bis 7 Der »Henschelverlag Kunst und Gewerbe« ging aus der Fusion des »Bühnenvertrieb und Verlag 1945 ferner die koloniale Presse sowie, am Bei­ spiel' von drei wöchentlich erscheinenden Illu­ Henschel und Sohn« mit dem »Deutscher Film­ Verlag und Deutscher Funk-Verlag« hervor. Vgl. strierten, die Fotoreportagen über die Dekolo­ Bruno Henschel. ln : Wer war wer? - DDR. Berlin nisation. Zwei weitere Beitrage widmen sich fil­ 1992, S. 181 . mhistorischen Problemen, und zwar zum einen der niederländisch-indischen Filmbewertung in B Vgl. Vertrag zwischen dem Staatlichen Rundfunk­ den Jahren 1912 bis 1942 und zum anderen der komitee und dem Henschei-Verlag Kunst und Ge­ niederländisch-indischen Filmgesellschaft Der sellschaft GmbH über die Herausgabe der Zeit­ schrift >Unser Rundfunk<, 9.11 .1953. ln: BA Pots­ Band wird abgeschlossen durch englischspra­ dam DR 6 /211 . chige Zusammenfassungen der Beitrage, Auto­ ren-, Personen und Sachregister sowie durch ein 9 Reaktion auf das Mitte 1948 erstmals zu verzeich­ Verzeichnis der im Jahre 1991 in den Nie­ nende und von der Generalintendanz des Rund­ derlanden veröffentlichten Arbeiten und abge­ funks zu deckende Defizit. Wie Anm . 4. schlossenen Dissertationen zur Medienge­ 10 Wie Anm . 8. schichte. 11 Henschelverlag an Zentralkomiieee der SED, Herausgegeben von der in Amsterdam an­ 23.6.1954. ln: BA Potsdam DR 6/197. sässigen Stiftung Mediengeschichte (>Stichting Mediageschiedenis<) und eröffnet mit einem Bei­ 12 Henschelverlag an Zentralkomitee der der SED , trag über die »Bedeutung der Rundfunkge­ 23.5.1958. ln : BA Potsdam DR 6/517. schichte für die Kultur- und Sozialgeschichte« 13 Vgl. [Vorlage des Sekretariats der SED:] Verbes­ von A.F. Manning , Professor für Neueste Ge­ serung des Fernsehprogramms und der Beginn schichte an der Universität Nijmegen, war der des offiziellen Programms zum Geburtstag des erste Band des Jahrbuchs im September 1989 Präsidenten am 3. Januar, o. D. [vermutlich erschienen.1 Die Einleitung zu diesem ersten Herbst 1955]. ln : SAPMO BA Berlin ZPA IV 2/902/86. Band ging kurz auf die beachtlichen Fortschritte der medienhistorischen Forschung im nieder­ 14 FF. Funk und Fernsehen der DDR 14. Jg . (1959), ländischen Kön igreich in den zurückliegenden H. 41, S. 2. Jahren ein ,2 um dann über den Grund der Veröf• 15 Vgl. FF dabei 24. Jg . (1969) , H. 40. fentlichung des Jahrbuches auszuführen : »Befriedigende Publikationsmöglichkeiten fehlen 16 Vgl. Funk und Fernsehen der DDR 23. Jg. (1968) , H. 48 u. H 49. noch. Medienwissenschaftliche Fachzeitschriften gewähren nur selten Raum für umfangreiche 17 Vgl. Funk und Fernsehen der DDR 24. Jg . (1969), historische Aufsatze und geschichtswis­ H. 27. senschaftliehe Fachzeitschriften können den 18 Vgl. FF Aktuell, in : FF Funk und Fernsehen der Medien wenig oder keine Aufmerksamkeit wid­ DDR 21 . Jg. (1966), H. 6, S2 . 2. men . Das Jahrbuch Mediengeschichte will die­ 19 Vgl. Frankfurter Rundschau vom 5. 12. 1989. sem Mangel abhelfen.« Durch sein Erscheinen solle zugleich die historische Erforschung der audiovisuellen Medien in den Niederlanden einer größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht und die Niederländisches Jahrbuch Medienhistoriographie insgesamt stimuliert werden . Mediengeschichte Die beiden ersten Bände des Jahrbuchs ver­ sammeln Aufsatze ausschließlich zur Geschichte Mit dem Themenschwerpunkt »Niederländisch• der audiovisuellen Mittel Rundfunk und Film, Indien«, der heutigen Republik lndonesien, ist darunter Beitrage über »Die Rolle der Rad io­ vor einiger Zeit der vierte Band des niederländi• Amateure in der frühen Rundfunkgeschichte schen Jahrbuchs Mediengeschichte (>Jaarboek ( 1923 bis 1926)«, »Ansichten über Film und Mediageschiedenis<. Amsterdam: Stichting be­ Filmkunst in den Niederlanden (1916 bis 1927)« , heer IISG 1992) erschienen. Die sieben Aufsatze »Wahrnehmung und Reaktionen auf den deut­ des Bandes wollen eine erste medienhistorische schen antisemitischen Film in den Niederlanden Annäherung leisten an den Zusammenhang wahrend der Besatzungszeit« und »Der anti­ zwischen der Kolonialpolitik Den Haags und dem kommunistische Spielfilm in den Niederlanden Aufbau sowie der lnstrumentalisierung der ( 1948 bis 1957)«. Seit seiner dritten Ausgabe im Medien Presse, Rundfunk und Film. Die Beitrage Jahre 1991 veröffentlicht das Jahrbuch zudem behandeln den europäischen und den ein­ pressehistorische Untersuchungen. heimischen Rundfunk in Niederländisch-lndien in 218 Studienkreis Rundfunk und Geschichte.· Mitteilungen 19 (1993)

Themen, Ansatze und Ergebnisse der bisher veröffentlichten Beitrage des >Jaarboek Media­ geschiedenis< sind auch für die Historiographie hierzulande von großer Bedeutung, insbeson­ dere für die medienhistorische Erforschung des dunklen Kapitels der deutschen Okkupation der Niederlande, und nicht zuletzt für die interkultu­ relle Analyse kommunikationshistorischer Pha­ nomene und Prozesse. Auch die Institution des Jahrbuches per se sollte auf seine mögliche Vorbildfunktion für ein ahnliches Unternehmen in Deutschland sorgfaltig überprüft werden. Arnulf Kutsch An der >Stichting Mediageschiedenis< sind das Niederländische Filmmuseum, die Stiftung Film und Wissenschaft (beide in Amsterdam) sowie das Niederländische Rundfunkmuseum (Hilver­ sum) beteiligt. Die Veröffentlichung des Jahrbuchs wird durch verschiedene Film- und Rundfunk­ Stiftungen und -gesellschaften gefördert sowie durch das in den Niederlanden für den Rundfunk zuständige Ministerium für Gemeinwohl, Volks­ gesundheit und Kultur. 2 Einen guten Überblick über Entwicklung, der­ zeitigen Stand und Probleme der kommunikati­ onshistorischen Forschung in den Niederlanden gibt Joan Hemels: Kommunikationsgeschichte in den Niederlanden: Aufschwung oder Veitstanz? Eine zurückhaltende Antwort eines mitverantwort­ lich Beteiligten. Ein Beitrag zur Rundfrage »Neue Positionen zur Kommunikationsgeschichte«. ln : Medien & Zeit 7.Jg (1992), Nr. 2, S. 19-25; vgl. ferner Joan Hemels: Stand und Probleme der hi­ storischen Presseforschung in den Niederlanden. ln: Presse und Geschichte. Beiträge zur histori­ schen Kommunikationsforschung. München 1977, S. 227-232 sowie neuerdings Joan Hemels: Das audiovisuelle Kulturerbe als Forschungsgebiet der Kommunikationsgeschichte in den Niederlanden. ln: Siegtried Quandt!Peter Fischer/Horst Schichte! (Hrsg.): Fachjournalismus im Gespräch . Texte des Zentrums für fachjournalistische Studien an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Nr. 7 (1991 ), S. 71-98; Joan Hemels: Zeitungs- und Zeitschrif­ tengeschichte. ln: Heinz-Dietrich Fischer (Hrsg.): Bochumer Publizistik- und Kommunikations-Wis­ senschaft in den neunziger Jahren. Köln 1992, S. 145-177. Bibliographie

Rundfunkbezogene Hochschulschriften Stand und Perspektive in der Bundesrepublik aus kommunikationswissenschaftliehen Deutschland. (Wintersemester 1988/89) Fachinstituten Schlarb, Armin: Politische lnstrumentalisierung der Medien . Literaturstudie zum Wandel der politischen Kommunikation in der Bundesrepublik Deutschland. Institut für Publizistik (Wintersemester 1988/89) Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Colonei-Kieinmann-Weg 2 Pfeiffer, Axel : Das Entstehen der Dritten Fernseh­ 55099 Mainz programme. (Wintersemester 1988/89) Hofmann, Regine: Pay-TV in der Bundesrepublik Deutschland. (Wintersemester 1988/89) Dissertationen Gries, Andrea: Die Vorstellungen der deutschen Scheuerle, Brigitte: Verfassungsrechtliche Aspekte werbetreibenden Wirtschaft zu einem europäischen des Hessischen Privatrundfunkgesetzes (HPRG) . Rundfunkrechtssystem - eine kritische Würdigung . (Sommersemester 1989) (Wintersemester 1988/89) Allscheid-Schmidt, Petra: Die Kritik am internatio­ Linne, Matina: Die Geschichte der >Ersten Privaten nalen lnformationsfluß. Beurteilung der politischen Fernsehgesellschaft< - eine kritische Würdigung . Diskussion anhand wissenschaftlicher Untersu­ (Wintersemester 1988/89) chungsergebnisse. (Wintersemester 1989/90) Wenzel, Eilen: Das »Doppelmonopol« im privaten Hensel, Matthias: Der Beitrag der Informationsöko• Rundfunk - Darstellung und Würdigung anhand der nomie zur Untersuchung der lnformationsgesell­ empirischen Literatur und der Rechtsprechung des schaft. (Wintersemester 1989/90) Bundesverfassungsgerichts. (Wintersemester 1988/89) Wirl, Manfred: Die öffentliche Meinung unter dem NS­ Regime. (Wintersemester 1990/91) Püttmann, Jürgen: Deutschsprachige Hörfunksen• dungen ausländischer Sender. Eine Inhaltsanalyse Croissant, Hans-Jürgen: Die Entwicklung des privaten der Nachrichtensendungen von BBC Lenden, RSI Rundfunks in Rheinland-Pfalz. Politische und Stockholm, SRI Bern, Radio Moskau, Radio Polonia rechtliche Grundstrukturen. (Sommersemester 1991) und Radio Prag. (Sommersemester 1989) Ostertag, Michael: Zum Wirkungspotential nicht­ Maue, Stefan : »Rationalisierung« in der Fußballbe• sprachlicher Äußerungen in politischen Sendungen. richterstattung. (Sommersemester 1989) Der Einfluß offensiver und defensiver Verhaltens­ strategien auf das Erscheinungsbild von Politikern Freisens, Uwe: SAT 1 - Entwicklung, Organisation und Journalisten in Fernsehinterviews. (Winter­ und rechtliche Rahmenbedingungen . (Sommerseme­ semester 1991/92) ster 1989) Dörner, Franz: Das Verhältnis zwischen Massen­ Lerch, Gerhard: Der Sportjournalismus aus der Sicht medien und der Bundeswehr. Eine empirische Unter­ der Sportjournalisten. Eine schriftliche Umfrage zur suchung . (Sommersemester 1992) Sportberichterstattung in Presse und Rundfunk unter Berücksichtigung der Kommerzialisierung des Sports. Holicki, Sabine: Die Wirkung von Pressefotos im (Sommersemester 1989) Vergleich zu Pressetexten am Beispiel von Politi­ kerdarstellungen. (Sommersemester 1992) Klinge-Schüller, Karolin : Die Geschichte und Ent­ wicklung von RTL-plus. (Sommersemester 1989) Weber, Uwe: Der grenzüberschreitende Datenfluß (GOF). Ein neues Phänomen der internationalen Jöst, Markus: Das nordrhein-westfälische »Zwei­ Kommunikation. (Sommersemester 1992) Säulen-Modell« vor dem Hintergrund des Verhält• nisses von Presse und Rundfunk. (Wintersemester 1989/90) Magisterarbeiten Weber, Brigitta: Wettbewerbspolitik für das Fern­ sehen in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Kühn, Christoph: Der Bürgerservice in Rheinland­ Hintergrund eines dualen Rundfunksystems . Pfalz. Entwicklung und Funktion. (Wintersemester (Wintersemester 1989/90) 1988/89) Buchmüller, Heidi: Empirische Studien zur Werbe­ Hsing, Chi-Wu: Internationaler Nachrichtenfluß. wirkungsforschung seit 1980. (Wintersemester Vergleich Agenturen - Massenmedien. (Winterseme­ 1989/90) ster 1988/89) Weißbecker, Helga: Die Veränderungen der The­ Schmitt-Egenolf, Andreas: Individualkommunikation in menschwerpunkte in den Hörfunk-Nachrichten des neuen Netzen - technische und historische Ent­ HR von 1955 bis 1985. (Wintersemester 1989/90) wicklung der Telematik sowie Überlegungen zu deren 220 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Clauer, Markus: Die Wahrnehmung und Wirkung Müller, Eveline: Die Wochenschau im Dritten Reich . positiver und negativer Informationen (verbal I visu­ (Wintersemester 1990191) ell) . (Wintersemester 1989190) Kamnakis, Georg : Die Entwicklung des Sportfunks in Reigber, Dieter: Die regionale I lokale Berichterstat­ Deutschland. (Wintersemester 1990191) tung des Kabelpilotprojekts LudwigshafenNorder­ Schwarz, Michael: Das Fernsehen in Jamaica. pfalz - Ein inter-/intramedialer Vergleich . (Winter­ (Wintersemester 1990191) semester 1989190) Schädler, Reinhard: Kultursponsoring in der Bun­ Grimm, Themas: Die Öffentlichkeitsarbeit des Zweiten desrepublik Deutschland. (Wintersemester 1990191) Deutschen Fernsehens (ZDF). Systematische Analyse und Fallbeispiel . (Wintersemester 1989190) Kirchgeßner, Oliver: Rechtliche Grundlagen und Funktion der Deutschen Welle. (Wintersemester Krupp, Helga Gabriele: Vergleichende Analyse der 1990191) Fernsehzuschauerforschung in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft unter besonderer Be­ Czarnecki, Themas: Die Existenz und Bedeutsamkeil rücksichtigung der Vereinheitlichungsproblematik mit kommunaler Determinanten für das Wahlverhalten . Blick auf den zukünftigen EG-Binnenmarkt. Eine empirische Untersuchung am Beispiel von (Wintersemester 1989/90) Rheinland-Pfalz. (Wintersemster 1990191) Pfersdorff, Bärbel: Medienwirkung im Dritten Reich . Weiter, Renate: Zum Einfluß der bild- oder textorien­ Eine Untersuchung anhand der SO-Berichte. tierten Mediennutzung auf das Wissen und Verhalten (Sommersemester 1990) von Vorschulkindern. (Wintersemester 1990191) Klepper, Petra : Vorschulkind und Fernsehen: Nut­ Kuntz, Peter: Überwachung und Beratung des zung, Verarbeitung und Wirkung. (Sommersemester Rundfunks in der Weimarer Republik. Untersucht am 1990) Beispiel des kulturellen Beirats des Südwestdeut• schen Rundfunks. (Sommersemester 1991) Beeres, Manfred: Struktur, Organisation und Be­ deutung des Landesstudios Rheinland-Pfalz des Raith, Ronald: Geschichte und Funktion der Parla­ Südwestfunks. (Sommersemester 1990) mentsberichterstattung. (Sommersemester 1991) Kayser, Susanne: Wirkung von Nachrichtenfilmen auf Lalli, Roberto: Perspektiven des Jugendschutzes in Kenntnisse und Meinungen. (Sommersemester 1990) den audiovisuellen elektronischen Medien der BG. (Sommersemester 1991) Unold, Michaela: Die Wirkung von Gewaltdarstel­ lungen: Der relative Einfluß des Ereignisses - real vs . Mainka, Sybille: Methodische Grundlagen der Fern­ fiktional - bzw. der Darstellungsform - künstlich vs . sehforschung in der Bundesrepublik Deutschland natürlich - auf die Rezipienten. (Sommersemester unter besonderer Berücksichtigung der Auswahlver­ 1990) fahren . (Sommersemester 1991) Gaßner, Hans-Peter: Analyse der Bilddarstellung des Kolz, lnez: Das Satellitenfernsehen in der Europäi• Konfliktes in Mittelamerika. (Wintersemester 1990191) schen Gemeinschaft. ( Sommersemester 1991) Lilienthal, Georg : Der Einfluß der Reihenfolge und der Heim, Mark: Wandlungen der Fernsehproduktions­ Präsentationsform von Fernsehnachrichten auf die technik und ihre Auswirkungen auf die Fernseh­ Erinnerung und das Verstehen. (Wintersemester produktion am Beispiel des Südwestfunks. 1990191) (Sommersemester 1991) Dittel, Burkhard: Die Entwicklung einer Unterhal­ Rose, Christa: Das Satellitenprogramm 3sat. Ent­ tungssendung für das Fernsehen: Planung und wicklungsgeschichte und Analyse des Programm­ Produktion. (Wintersemester 1990/91) angebots. (Sommersemester 1991) Heerwig, Andreas: Rundfunkkontrolle in der Wei­ Zock, Peter: Planung und Realisierung der Unter­ marer Republik. Eine Untersuchung am Beispiel des haltungssendung >Showfenster<. (Sommersemester Politischen Überwachungsausschusses bei der 1991) Südwestdeutschen Rundfunk AG zwischen 1926 und 1932. (Wintersemester 1990/91) Heintzel, Alexander: Die Berichterstattung über die Sowjetunion im bundesdeutschen Fernsehen. Bauer, Stephan: Programmgeschichte und Pro­ ( Sommersemester 1991) grammstrukturen bei der Schlesischen Funkstunde AG in Breslau (1924-1933). (Wintersemester Neubert, Roland: Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Geschichte, Rechtsgrundlagen, Funkti­ 1990191) onsweise, Organisation. (Wintersemester 1991192) Altherr, Georg: Die Bedeutung privater Programm­ produzenten für die öffentlich-rechtlichen Rund­ Weber, Anke: Sehen von Informationsprogrammen im Zeitalter der Verkabelung: Der Einfluß vermehrter funkanstalten. (Wintersemester 1990191) Programmauswahl auf die Nutzung von Nachrichten, Hoffmann, Michael: Die Öffentlichkeitsarbeit von Nachrichtenmagazinen und innenpolitischen Fernsehanstalten. Theoretische Herleitung und Magazinen bei 14- bis 19jährigen und 20- bis explorative Umfrage zur Public Relations von Fern­ 29jährigen. (Wintersemester 1991/92) sehanstalten. (Wintersemester 1990191) Bibliographie 221

Lang, Detlef: Veränderungen im Medienwesen der Waage I Gemeinschaft für Förderung des sozialen (früheren) DDR . Eine Dokumentation von Oktober Ausgleichs e. V. (Sommersemester 1992) 1989 bis zum Jahresende 1990. (Wintersemester Glotzbach, Heike: Organisationsstruktur, Funktion 1991/92) und Arbeitsweise der Landeszentrale für privaten Maritzen, Sabine: Schriftliche Befragung bei Kinder­ Rundfunk (LPR) . (Sommersemester 1992) und Jugendpsychiatern zum Thema fi lmische Gewalt. Herzer, Christiane: PR-Konkurrenz der Rundfunk­ (Wintersemester 1991/92) systeme? Umfrage unter Pressejournalisten und PR­ Bleh, Wolfgang : Schriftliche Befragung bei Psycho­ Mitarbeitern von Fernsehsendern. (Sommersemester logen in der Kinder- und Jugendarbeit zum Thema 1992) filmische Gewalt. (Wintersemester 1991/92) Bassermann, Isabelle: Aufbau , Arbeitsweise und Sucher, Claudia: Neuere Entwicklungen im franzö­ Perspektiven der Europäischen Rundfunkunion . sischen Rundfunksystem. (Wintersemester 1991/92) (Wintersemester 1992/93) Keßler, Dietmar: Der Reichsverband Deutscher Metten , Priska: Der Einfluß des Fernsehens auf Rundfunkteilnehmer e. V. für Kultur, Beruf und Vorstellungen von sozialen Rollen und sozialen Volkstum. (Wintersemester 1991/92) Verhaltensweisen bei Vorschulkindern . (Winterseme­ ster 1992/93) Puth, Christina: Die Wirkung von Farben in der Werbekommunikation. (Wintersemester 1991/92) Marx. Michael: Die medienpolitische Diskussion um die D2-MAC-Norm. (Wintersemester 1992/93) Stienert, Heike : Vergleichende Analyse der Haus­ und Kundenzeitschriften öffentlich-rechtlicher Rund­ Schlierike, Werner: Zeitliche Werbegrenzen im öf• funkanstalten der Bundesrepublik Deutschland . fentlich-rechtlichen Rundfunk - Eine kritische Ausein­ (Wintersemester 1991/92) andersetzung. (Wintersemester 1992/93) Gießelmann, Thea : Der Einfluß der Darstellung von Dupre, Daniele: Mehr Vielfalt durch mehr Kanäle? Gewalt und der Konfliktposition der Betrachter auf die Analyse des Programmangebots im deutschen Zuschauerreaktionen. (Wintersemester 1991/92) Fernsehen von 1983 bis 1991 . (Wintersemester 1992/93) Hundertmark, Ursula: Die Fernsehrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft - eine kritische Würdi­ Hess, Odile: Die elektronische Kirche in den Verei­ gung. (Wintersemester 1991/92) nigten Staaten von Amerika . (Wintersemester 1992/93) Titz, Christiane: Die Medienpolitik der DDR nach der Revolution von 1989. (Wintersemester 1991/92) Sartoris, Stephan: Konfrontation im Äther. Dargestellt am Beispiel der beiden deutschen Staaten. Musolff, Axel: Der Einfluß der Reihenfolge von Wer­ (Wintersemester 1992/93) bespots innerhalb eines Werbeblocks im Hörfunk auf die freie und gestützte Erinnerung. (Wintersemester Achinger, Gabriele: Amerikanischer Auslandsrund­ 1991/92) funk für Osteuropa am Beispiel von >Radio Free Europe I Radio Liberty<. (Wintersemester 1992/93) Topp, Elisabeth: Schemageleitete Rezeption von Hörfunk- und Zeitungsnachrichten. (Wintersemester Esser, Bettine: Struktur und Funktion von Pay-TV 1991/92) unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Pay-TV-Veranstalters >Premiere< . (Wintersemester Daschmann, Gregor: Der Einfluß von Sprecherrolle 1992/93) und Lebhaftigkeit auf Hörerurteile. (Sommersemester 1992) Kasch , Herman: Die Geheimsender des Dritten Reiches am Beispiel der Concordia-Sender. Prüfig, Katrin: Formatradio - ein medienwirtschaftli­ (Wintersemester 1992/93) ches Konzept. Dargestellt anhand von Radio FFH. (Sommersemester 1992) Härtel, Dietmar: EL PAIS and ABC über die Eigen­ schaften der Deutschen. (Sommersemester 1993) Storz, Sigrid: Der Einfluß von Bild und Text auf die Problemwahrnehmung und UrsachenzuschreibunQ Kalisch, Oliver: Nachrichtenfilmagenturen: Reuters von Fernsehzuschauern am Beispiel eines Beitrags Television und Worldwide Television News. über Umweltverschmutzung. (Sommersemester (Sommersemester 1993) 1992) Klein, Nicole: Mediennutzung im Alter. (Sommer­ Nuber, Günter: Sportberichterstattung im Zweiten semester 1993) Deutschen Fernsehen. Wandel in Produktion und Nutzung unter besonderer Berücksichtigung der Löblein, Heike: Die Darstellung des Golfkrieges in der Kommerzialisierung im Sport. (Sommersemester Fernsehberichterstattung. (Sommersemester 1993) 1992) Nussbeutel, Ralf: Kommunikationsstrategien im Kreyes, Themas: Auswirkungen des Pluralismus bei internationalen Kultursponsoring. Eine Umfrage bei der Rundfunkorganisation. (Sommersemester 1992) international tätigen Unternehmen in der Bundesre­ publik Deutschland. (Sommersemester 1993) Schüfer, Simone: Die deutsche Medienkampagne für die Soziale Marktwirtschaft. Dokumentation der 222 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Esme, Sibel : Struktur und Aufgaben des öffentlich• Redakteur des NWDR Köln , Programmdirektor rechtlichen Fernsehens TRT in der Türkei. der Deutschen Welle. (Sommersemester 1993) Hubert, Heinz-Josef. Gerd Ruge , der Fernseh-Erzäh• Wellstein, Ute: Universitäre Journalistenausbildung in ler. Ende August geht ein Urgestein des Westdeut­ der ehemaligen DDR . (Sommersemester 1993) schen Rundfunks nach 45 Dienstjahren in Pension . Bernhard Rosenbarger ln : WDR print. Nr 208 . 1993. S. 3.

Hubert, Heinz-Josef. Die Hohe Schule des Hör­ Spiels. Vor 30 Jahren fing es an : Aus dem Drama im Radio wurde Hörkunst im Massenmedium Radio. in : Zeitschriftenlese 63 (1 . 6. - 30 . 9. 1993) WDR print. Nr 206. 1993. S. 7. Zum 30jährigen Bestehen des WDR-Hörspielstudios Duchkowitsch, Wolfgang , Fritz Hausjell. 1942-1992: für akustische Kunst (Neues Hörspiel). Ein halbes Jahrhundert Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien. Hübner, Heinz Werner. Abschied von der Provinz. Ein ln: Publizistik. Jg. 38 . 1993. H. 2. S. 228-230. Nachruf auf »Hier und Heute«. ln: Funk-Korres­ pondenz. Jg. 41 . 1993. Nr29. S. 1~ . Garitaonandia, Carmelo. Regional television in Euro­ pe. ln: European journal of communication . Vol. 8. Kammann , Uwe. Also ... Friedrich Wilhelm Hymmen 1993. Nr 3. S. 277-294. zum 80. Geburtstag. ln: Kirche und Rundfunk. 1993. Nr 44. S. 3-4 . Gültner, Rudolf. Nicht nur der 1 :0-Journalismus. 30 Journalist und Medienkritiker, geb. 1913. Jahre »das aktuelle sport-studio«. ln : ZDF. Jg. 9. 1993. Nr8. S. 8-11 . Kirfel , Manfred. The Lucky Country Downunder. Rundfunkszene in Australien. T. 3. ln: Weltweit hören. Hachmeister, Lutz. Das Fernsehen und sein Preis. 1993. H. 8. S. 6-10. Reflexionen über 30 Jahre Adolf-Grimme-Preis. T. 1 - 2 Klußmann, Jörgen-Erik. Die Rolle der Massenmedien im Demokratisierungsprozeß am Beispiel Tansania. Hadlow, Martin. Where new nations need new media. Können Medien einen Entwicklungsprozeß hervor­ Central Asia media audit. ln : lntermedia. Vol. 21 . rufen? Massenmedien und politische Willensbildung 1993. Nr 1. S. 41-45. in Tansania. ln: Communications. Die Europäische Überblick über die Massenmedien in den neuen Zeitschrift für Kommunikation. Jg . 18. 1993. H. 2. S. zentralasiatischen Staaten Kasachstan , Tadschiki­ 201-214. stan, Kirgisistan, Turkmenistan, Usbekistan. Koebner, Thomas. Rätselspiele im Rahmen der Hall, Peter Christian. 25 Jahre Mainzer Tage der Gemütlichkeit. Der Freitagabend-Krimi im ZDF . ln : Fernseh-Kritik. ln: ZDF Jahrbuch >92. Mainz 1993. S. Funk-Korrespondenz. Jg. 41 . 1993. Nr 34. S. 1-3. 169-173. Krönig , Jürgen. Nach fünfzig Jahren Selbstkritik. Wie Hallenberger, Gerd. Nicht alles - oder? ln: Journalist. die BBC über den Holocaust (nicht) berichtet hat. ln: 1993. Nr 7. S. 38-40. Kirche und Rundfunk. 1993. Nr 67. S. 19-21 . Zur Entwicklung der Wettbewerbsspiele in Hör• Zur Informationspolitik der BBC über den Natio­ funk und vor allem Fernsehen: vom Quiz zur Game nalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg . Show. Lempp, Albrecht Massenmedien. ln: Initiativen kultu­ Hametner, Michael. Ein Hörspiel-Regisseur der reller Zusammenarbeit. Bundesrepublik Deutschland - Bühnenschauspieler. Peter Groeger: Suchender, Volksrepublik Polen. 1982-1988. Darmstadt 1989. S. Entdecker, Stilist. ln: Funk-Korrespondenz. Jg. 41 . 53-62. 1993. Nr 33 . S. 19-21. Zur Kooperation der Massenmedien in der Bun­ desrepublik Deutschland und in Polen und zur Hess, Jutta Odile. Die Elektronische Kirche in den Darstellung des jeweiligen Landes in den Massen­ Vereinigten Staaten von Amerika. ln: Communicatio medien des anderen Landes. socialis. Jg. 26. 1993. Nr 3. S. 222-260. L[endzian), MaUa). Erst den Rhein, dann den Bach Hili, John. Government policy and the British film runter! »Hier und heute« wurde am 18. Juni [1993) im industry 1979-90. ln: European journal of communi­ Funkhaus Wallratplatz »tränenreich« zu Grabe getra­ cation . Vol. 8. 1993. Nr 2. S. 203-224. gen. ln: WDR print. Nr 207. 1993. S. 6. Unter Berücksichtigung der Fernsehpolitik in der Ära Thatcher. Lindenmeyer, Christoph. »Ich hörte mich sozusagen leben ... « Nachruf auf Hansjörg Schmitthenner. ln: Honig, Werner. Chr[istian] v. Chmielewski . Ein Kava­ Kirche und Rundfunk. 1993. Nr 49. S. 16-18. lier: Immer stilsicher und fachlich unanfechtbar. ln: Zum Tod des langjährigen Hörspielchefs des WDR print. Nr 207 . 1993. S. 7. Bayerischen Rundfunks, geb. 1908, gest. 26.5.1993. Bibliographie 223

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Maierbrugger, Arno. Zwischen Disziplinen. Warum Sengbusch, Gonrad H. von . Vor 45 Jahren: Bernhard Rahmentheorien mehr versprechen als das Ritual Wobbe baute das kleinste Allstrom-Radio der Weit. einer »Theorie der Kommunikationsgeschichte« ln : Weltweit hören. 1993. H. 6. S. 12-13. halten kann. ln: Medien & Zeit. Jg . 8. 1993. H. 2. S. 29-37. Steinke, Katharina. Antifa-Filme als Nische? Ein Gespräch mit dem Drehbuchautor Eberhard Görner. Matzen, Christiane. Chronik der Rundfunkentwicklung ln : Deutschland-Archiv. Jg . 26. 1993. H. 5. S. 536- 1992. ln: Rundfunk und Fernsehen. Jg . 41 . 1993. H. 554. 2. S. 287-309. Über Eberhard Görners antifaschistische Spiel­ und Fernsehfilme in der DDR. Minehan, Mike. Australiens neues Rundfunkgesetz und die Aufsicht über das private Fernsehen . ln: Wagner, Hans-Uirich. Mehr als nur eine kurze Episo­ Rundfunk und Fernsehen. Jg . 41 . 1993. H. 2. S. 212- de . Am Mitteldeutschen Rundfunk entstand zwischen 222 . 1946 und 1952 eine eigene Leipziger Hörspieldra• maturgie. ln : Funk-Korrespondenz. Jg. 41 . 1993. Nr Montes-Baquer, Jose. K[laus] Lindemann. Er machte 36. S. 23-25. die Musik telegen . ln : WDR print. Nr 207 . 1993. S. 7. Zum Tod des Autors und (Musik-)Regisseurs Zimmermann , Peter. Das Haus des Dokumentarfilms, Klaus Lindemann (1935-1993). Europäisches Medienforum. Ein Institut zur Sammlung , Erforschung und Förderung dokumenta­ Mühi-Benninghaus, Wolfgang . Zu Problemen der rischer Film- und Fernsehformen in Stuttgart. ln : ZDF­ Medien im Osten Deutschlands vor, während und Kontakt. 1993. H. 9. S. 26-27. nach der Wende. ln : Politik populär machen. Politi­ sche Bildung durch Massenmedien. Hohenheimer Zimmermann , Peter. Ein Pilotprojekt der Fernsehge­ Medientage 1992. Stuttgart 1993. S. 45-58. schichte . Zum Europäischen Medienforum Stuttgart I Haus des Dokumentarfilms (HOF). ln : Medienwis­ Nicht nur der 1:0 Journalismus. 30 Jahre »aktuelles senschaft: Rezensionen . 1993. H. 1/2. S. 13-15. sport-studio« . ln: ZDF-Kontakt. 1993. H. 7/8 . S. 12- 13. Zugegeben . Es fehlen die Worte. Hans Abich zum Fünfundsiebzigsten. ln: Funk-Korrespondenz. Jg . 41 . Poerschke, Hans. Gedanken zur Journalismus­ 1993. Nr 32 . S. 9-12 . Konzeption der SED in den fünfziger Jahren. ln: Mit einem Beitrag von Anne Rose Katz zum 70. Beiträge zur Geschichte der DDR. Bd 4. Berlin 1993. Geburtstag Hans Abichs und »Sentenzen und S. 237-255. Sottisen« von Hans Abich : Intimitäten [aus seinem Leben] . Rosenstein, Doris. Von schwarz-weiß zu bunt-bunt. Rudolf Lang Notizen zum Farbfernsehen. ln : Diagonal. 1992. H. 2. S. 45-51. Zur Einführung des Farbfernsehens in Deutsch­ land, besonders zur Ästhetik und Dramaturgie des Einsatzes von Farb- bzw. Schwarz-Weiß-Fernsehen.

Sanders, Wilm. Zehn Jahre Telekirche. Anmerkungen zu einem spezifischen religiösen Sendekonzept ln : Funk-Korrespondenz. Jg. 41 . 1993. Nr 24. S. 17-18. Die »Telekirche« im Dritten Fernsehprogramm des NDR (seit 1984), ist eine ökumenische (Verkündigungs-)Sendung mit »gottesdienstlichen Elementen«.

Sayed, Shahjahan. Radio Afghanistan: Historische Entwicklung und Aufgabe. ln: Communications. Die Europäische Zeitschrift für Kommunikation. Jg. 18. 1993. H. 1. S. 89-101 . U.d.T.: Die Entwicklungsgeschichte von Radio Kabul, Afghanistan. T. 1 - 2. ln: Radioweit Jg. 10. 1993. H. 6. S. 9-11 , H. 7. S. 38-39.

Schneider, Norbert. Eine Autorität. Hans Abich wird heute 75. ln: Kirche und Rundfunk. 1993. Nr 60. S. 3. Besprechungen

Übersicht grammpresse zwischen 1923 und 1941 darzustellen. nicht hoch genug einzuschätzen. Deswegen ist die Thomas Bauer: Deutsche Programmpresse vorliegende Publikation von Thomas Bauer weit mehr 1923- 1941 als eine längst überfällige Annäherung an dieses (Wolfgang Mühi-Benninghaus) schwierige Thema. Sie stützt sich auf Primärquellen Ulrich M. Bausch: Amerikanische Kulturpolitik in insgesamt 17 Archiven und auf eine Vielzahl von in Württemberg-Baden 1945 - 1949 Sekundärquellen. Auf der Basis dieses Materials (Arnulf Kutsch) gelingt es dem Autor. in drei übersichtlich geglieder­ ten Kapiteln wesentliche Wissensdefizite über die Gerhard Keiderling (Hrsg .): "Gruppe Ulbricht" Programmpresse zu beseitigen. in Berlin 1945 Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Entste­ (Ansgar Diller) hung und Entwicklung der speziellen Printsparte in Protokolle des Sekretariats des Zentralkomitees der Weimarer Republik. Im Zentrum der Darstelung der KPD Juli 1945 bis April 1946 stehen hierbei die »offiziellen« Organe der Rund­ (Ansgar Diller) funkgesellschaften. Ausgehend von ihrer Entstehung als Monopolunternehmen, werden mit Akribie die Frank Capellan: Der Deutschlandfunk 1961 - 1989 wirtschaftlichen. personellen und inhaltlichen Ab­ (Rolf Steininger) hängigkeiten der Blätter von den jeweiligen Rund­ Waller J. Schütz: Medienregion Stuttgart funkgesellschaften sowie die Interessen von Reichs­ (Edgar Lersch) Rundfunk-Gesellschaft und Reichspost nachgezeich­ net. Es werden außerdem die Expansion der Pro­ Knut Hickethier (Hrsg.): Fernsehen grammpresse auf dem deutschen Pressemarkt (Edgar Lersch) zwischen 1924 und 1929. die sich verändernden Horst G. Tröster: Science Fielion Inhalte sowie Umfang, Verbreitung und Auflagen im Hörspiel1947- 1987 beschrieben. Zum Schluß geht Bauer auf die Verän• (Hans-Uirich Wagner) derungen der Programmpresse während der Weltwirt­ schaftskrise und den Siegeszug der von Großverla• Wolfgang Ruppert (Hrsg .): Chiffren des Alltags gen herausgegebenen Billigblätter - korrespondierend (Wolfgang Mühi-Benninghaus) mit der zunehmenden Zahl von Arbeitslosen und Rudolf Lang (Bearb.): Hörtunk und Fernsehen Kurzarbeitern - ein. Die Ergebnisse dieses Teils der (Arnulf Kutsch) Darstellung bestätigen die am Beginn formulierte These: »Die abhängige Programmpresse stellte ein Heinz-Dietrich Fischer (Hrsg.): Medienverbände exaktes Spiegelbild des Weimarer Rundfunks dar. in Deutschland denn hier wie dort wurden Politik und Zeitgeschehen (Arnulf Kutsch) ausgeklammert. Auch die Chance. die Blätter zur Plattform für medienpolitische Diskussionen zu nutzen. blieb ungenutzt.« (S. 54) 1934 stellten die nationalsozialistischen Macht­ Thomas Bauer: Deutsche Programmpresse 1923 haber den Abdruck von Sendefolgen unter urheber­ bis 1941. rechtlichen Schutz und kamen damit einer Forderung Entstehung. Entwicklung und Kontinuität der Rund­ der Arbeitsgemeinschaft der »offiziellen« Funkpresse funkzeitschriften (= Rundfunkstudien. Bd . 6). und der >Funk-Stunde< Berlin nach. die in einem Mu­ München u.a.: K. G. Saur 1993, 454 Seiten. sterprozeß gegen die Berliner AG für Druck und Verlag am Ende der Weimarer Republik dies vergeb­ Die Geschichte der deutschen Programmpresse in lich durchzusetzen versucht hatten. Die Anordnung der Weimarer Republik und im Dritten Reich gehört des Reichsministeriums für Volksaufklärung und zu den Desideraten deutscher Rundfunkforschung. Propaganda diente allerdings nicht dem Wettbe­ Das Defizit ist verständlich, verlangt doch die Unter­ werbsschutz kleiner Verlage, was die Intention des suchung dieses Zeitschriftentyps neben umfangrei­ Prozesses zu Beginn der 30er Jahre gewesen war. chen rundfunkhistorischen auch vielfältige pressehi­ Vielmehr weist der Autor im Rahmen des zweiten storische Kenntnisse. Da die Rundfunkpresse abwei­ Kapitels überzeugend nach. daß diese Anordnung ein chend vom Rundfunk in dieser Zeit immer privatwirt­ integrales Element im Rahmen der Politik der soge­ schaftlich organisiert war, ist ein historischer Rekon­ nannten Gleichschaltung der Presse war. Wie in den struktionsversuch erschwert. Beispielsweise fielen die Programmen der einzelnen Rundfunkgesellschaften. exakten Auflagenhöhen ebenso unter das Betriebs­ so hatte sich auch in der Funkpresse schon vor dem geheimnis wie viele innerbetriebliche Entscheidun­ Machtantritt des Hitler-Hugenberg-Kabinetts Gleich­ gen. Da die entsprechenden Primärquellen entweder förmigkeit in der Berichterstattung ausgebreitet. von den Eigentümern der Verlage oder den Bomben Goebbels, als Propagandaminister auch für den des Zweiten Weltkrieges vernichtet wurden, ist die Rundfunk zuständig, konnte an eigenrecherchierten Entwicklung der Programmpresse im Detail heute nur Beiträgen über den Rundfunk. den er 1933 als mit Mühe zu rekonstruieren. Unter diesen Umständen »einflußreichsten Mittler zwischen Volk und Bewe­ ist allein schon der Versuch, die deutsche Pro- gung« bezeichnete, nicht interessiert sein . Unter Besprechungen 225 diesen Bedingungen wirkte sich die Abhängigkeit dElr konnten , die den Behörden genehm waren . Die Programmpresse von ihrem Objekt, dem Rundfunk, genannten und andere Ungenauigkeiten beeinträchti­ dahin gehend aus, daß sie in der Zeit der national­ gen nicht den sehr positiven Gesamteindruck, den die sozialistischen Diktatur noch schärferen institutionel­ Monographie hinterläßt Insofern stellt sie eine wichti­ len, inhaltlichen und ökonomischen Regelungen ge Ergänzung zur bisherigen Rundfunkforschung dar. unterlag, als sie für die Presse ohnehin galten. Unter Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin diesen Umständen prägten vor allem Pressemittei­ lungen in den 30er Jahren den redaktionellen Teil der Funkblätter und machten von daher den klassischen, selbst recherchierenden Rundfunkjournalisten weit­ Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-ameri­ gehend überflüssig. Auf Grund der zunehmenden Pa­ kanischen Information Control Division in Würt• pierknappheit in Deutschland mußte die Programm­ temberg-Baden von 1945 bis 1949. presse schließlich am 1. Juni 1941 ihr Erscheinen Zwischen militärischem Funktionalismus und schwä• einstellen. bischem Obrigkeitsdenken (= Veröffentlichungen des ln seinem letzten kurzen Kapitel beschäftigt sich Archivs der Stadt Stuttgart, Bd. 55). Themas Bauer unter fünf verschiedenen Aspekten mit Stuttgart: Klett-Cotta 1992, 231 Seiten (mit 21 Abb .). der »wirtschaftlichen Bedeutung der Programmpres­ seRestauration<« , wesentlich höher waren, als sie bisher angegeben um dann recht unvermittelt zu fragen: »Was also wurden. Das Buch endet mit einem knappen Epilog , taten sie in Württemberg-Baden, die Gewinner des der einen kurzen Blick auf die Programmpresse des Krieges? Waren sie überflüssig und standen im Weg deutschen Nachkriegsrundfunks wirft. herum? Restaurierten sie überlebte Verhältnisse? Die Publikation mit ihren durchweg stringenten Welche konkrete Rolle spielten sie im Geflecht von Argumentationen enthält allerdings auch einige Wandel und Kontinuität? Am konkreten Beispiel der Schwächen. So klingt die Behauptung, bei dem Reorganisation von Kultur und Öffentlichkeit in einem Hauptschriftleiter des Drahtlosen Dienstes handele es überschaubaren Bezugsrahmen soll das Wirkungsge­ sich um einen »zuverlässigen Parteigenossen« , flecht zwischen Einheimischen und Besatzern analy­ wenig überzeugend, wenn als einziger Beweis dafür siert werden. Durch Beleuchtungen konkreter Ent­ lediglich sein Beitrittsdatum zur NSDAP am 1. Mai scheidungsfindungsprozesse zwischen Besatzern 1933 genannt wird. Auf Seite 217 erwähnt Bauer kurz und Besiegten sollen Ziele, Möglichkeiten und Be­ den Starkult und schreibt: »Das Propagandami­ grenzungen der Arbeit US-amerikanischer Kulturoffi­ nisterium, das den >Starkult< leicht hätte unterbinden ziere dargestellt werden.« (S. 12) können, nahm diesen aber in Kauf, weil er die Aufla­ Eine ziemlich verschwommene Auseinanderset­ ge der Publikationen und damit auch die Verbreitung zung mit dem Begriff Restauration folgt erst am der darin enthaltenen Propaganda steigerte.« Diese Schluß des Buches, in seinem dritten, mit These klingt, vor dem Hintergrund von vielfältigen »Schlußfolgerungen und Zusammenfassung« über• aber schon 1933 gescheiterten Bemühungen der schriebenen Teil. Dort erfährt man zudem, daß die nationalsozialistischen Machthaber im Film den Publizistik und die durch sie hergestellte Öffentlichkeit Starkult einzudämmen bzw. abzuschaffen, wenig als Teile der >politischen Kultur< begriffen werden. plausibel. Wenn man zugleich berücksichtigt, daß fast Neuaufbau und Kontrolle der Medien sowie der während der gesamten NS-Zeit der gemeinsame übrigen Einrichtungen der öffentlichen Belehrung und Auftritt von führenden Nationalsozialisten mit Stars Unterhaltung (Theater, Kabarett, Ausstellungen, zum festen Bestandteil der Selbstdarstellung Hitlers, Bibliotheken, Vorträge) während der Besatzungszeit Goebbels, Görings u.a. gehörte, dann sind die zitier­ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versteht der ten Ausführungen dringend ergänzungsbedürftig. Autor als wesentlichen Beitrag zur Entfaltung und Auch die unkritische Übernahme der Zahlen aus Entwicklung einer neuen politischen Kultur in Sperlings Adreßbuch scheint mir problematisch zu Deutschland, den er für Württemberg-Baden insge­ sein (S. 165). Ungenau ist schließlich die Feststel­ samt als geglückt einschätzt. lung, daß sich im Osten Deutschlands die Publikation Für den Neuaufbau und die Kontrolle der Publi­ >Der Rundfunk<, »die unter dem Schutz der Behör• zistik in der amerikanischen Besatzungszone war die den stand, ungehindert ausbreiten« konnte; »sie war >Information Control Division< (ICD) zuständig. Diese bald das einzige Programmblatt« (S .325). Hier fehlt Abteilung der in Berlin ansässigen amerikanischen nicht nur der Hinweis auf die Programmzeitschrift Militärregierung für Deutschland errichtete und be­ >Der Rundfunk. Mitteldeutscher Rundfunk Leipzig<, trieb auch die amerikanischen Informationszentren die zwischen 1949 und 1952 erschien. Auch der (seit 1947: >Amerika-Häuser<). Die Tätigkeit der ICD Hinweis auf die Behörden ist banal, denn bereits das während der Jahre 1945 bis 1949 beschreibt Bausch Verfahren zur Lizensierung der ostdeutschen Presse im ersten Teil seines Buchesam Beispiel des >6871st nach dem 8. Mai 1945 garantierte bereits, daß in der Distriel Information Services Control Command<, der SBZ/DDR nur solche Presseerzeugnisse erscheinen den regionalen und - wie der Autor darlegt - von der 226 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Berliner Zentrale relativ unabhängig arbeitenden sehe Autoren zu nennen . Deren Arbeiten erwähnt Dienstbereich der ICD in Württemberg-Baden bildete . Bausch jedoch weder in seinem Literaturverzeichnis Dieser Teil ist fraglos der stärkste der vorliegenden noch in seinen Anmerkungen . Monographie. Auf der Grundlage der Akten der ame­ Die Untersuchung der Tätigkeit und Entscheidun­ rikanischen Militärregierung und der Befragung einer gen der amerikanischen >Information Control Divisi­ beeindruckenden Reihe damaliger Beteiligter bietet on< in Deutschland stellt aus kommunikationshistori­ der Autor zahlreiche neue , aufschlußreiche Fakten scher Sicht ein zweifellos wichtiges , ja überfälliges und Einzelheiten über den Wiederaufbau von Presse, Thema dar. Nach der Lektüre von Bauschs Disserta­ Rundfunk und Film, von Buchverlagen und Theatern tion bleibt jedoch fraglich, ob für eine solche Unter­ in Württemberg-Baden sowie nicht zuletzt über die suchung ein kulturgeschichtlicher Ansatz hinreicht . dort durchgeführten Umfragen zu Medienbewertung auch wenn er präziser dargelegt und angewandt wird , und-nutzungder deutschen Bevölkerung. als dies Bausch tut. Die ICD und ihr >6871st District Doch man vermißt in der bisweilen zu episoden­ Information Services Control Command< erfüllten haft, vornehmlich aus der Perspektive des >6871 st einen publizistischen Auftrag, der nicht ausschließlich District Information Services Control Command< kulturpolitisch verstanden werden kann und verstan­ sowie der auf deutscher Seite beteiligten, örtlichen den wurde, wie es im übrigen Bauschs Darstellung Publizisten und Politiker geschriebenen Darstellung indirekt selbst zeigt - ganz abgesehen davon , daß die für Einordnung und Bewertung der Entschei­ dieser Auftrag im Laufe der Besatzungsjahre einem dungsprozesse und Resultate ursächlichen kultur­ erheblichen politischen und wirtschaftlichen Interes­ und medienpolitischen Zusammenhänge. Das betrifft senwandel unterworfen war. vor allem die Konzeption und die rechtlichen Rah­ Dem Rezensenten liegt es beileibe nicht, an menbedingungen der amerikanischen Besatzungs­ Büchern herumzunörgeln, die ihn vom Titel her inter­ politik, die kaum erkennbar werden. Dieses Manko essieren und aus denen er manches zu lernen hofft, tritt besonders deutlich dort zu Tage , wo sich Bausch die seinen Erwartungen aber nicht entsprechen und mit komplizierten Vorgängen befaßt, die allein aus gelegentlich arg prätentiös daherkommen (S . 185). der von ihm gewählten Perspektive un- oder zumin­ Doch scheinen zu viele Passagen des hier angezeig­ dest doch mißverständlich bleiben müssen: Seine ten Buches mit reichlich heißer Nadel gestrickt. Seine bruchstückhaften Darstellungen über die Entstehung bisweilen recht flotten Formulierungen sind einer des Pressegesetzes für Württemberg-Baden (S. 72- vermeintlich guten Lesbarkeit geschuldet, opfern 74) und der Rechtsgrundlage für den >Süddeutschen dieser aber in nicht wenigen Fällen die erforderliche Rundfunk< (S . 91-101) dürften selbst für Kenner der Klarheit und geraten daher schlicht zum Ärgernis, das Materie schwer nachzuvollziehen sein. obendrein durch Nachlässigkeiten gesteigert wird. So Auch der zweite Teil des Buches vermag den vermißt man ein Verzeichnis der benutzten Quellen , angedeuteten Mangel nicht wettzumachen . Mit und das insgesamt 14 Eintragungen umfassende, »Kontextanalyse der ICD« überschrieben, handelt es immerhin »Kommentierte Verzeichnis der wichtigsten sich weniger um eine systematische Analyse, als Abkürzungen« (S. 202f.) mutet u.a. folgendes zu : vielmehr um eine historische Beschreibung der »JCS. Joint Chiefs of Staff. Anglo-amerikanischer Entstehung, des Aufbaus und des Auftrags der Generalstab unter Eisenhower.« [sie!] oder: »OWI :. >Information Control Division< im Zeitraum 1942 bis Office of War Information. Wurde nach Kriegsende 1949, die dem Leser über weite Strecken eine Ver­ aufgelöst. Ein Teil des Personals ging zur ICD.« kehrung des chronologischen Ablaufs zu den im Kommentar überflüssig? ersten Teil behandelten Vorgängen und damit Arnulf Kutsch, Leipzig zwangsläufig manchen historischen Bruch in der Darstellung zumutet. Hinzu kommt, daß Bausch die für das Verständnis von Medienkontrolle und -neuaufbau bedeutsame Gerhard Keiderling (Hrsg.): »Gruppe Ulbricht« in Tätigkeit der >Psychological Warfare Division< (PWD) Berlin April bis Juni 1945. des Alliierten Oberkommandos offenbar unterschätzt Von den Vorbereitungen im Sommer 1944 bis zur (S . 160ft). Immerhin bildete die PWD den institutio­ Wiedergründung der KPD im Juni 1945. Eine Doku­ nellen Nukleus der 1945 errichteten >Information mentation (=Politische Dokumente, Bd. 13). Control Division<; die von der PWD-Abteilung für Berlin: Berlin Verlag Arno Spitz GmbH 1993, 766 Pläne und Direktiven ausgearbeiteten, im »Manual for Seiten. the Control of German Information Services« im April 1945 herausgegebenen Anweisungen legten minutiös Anfang Mai 1945 traf Walter Ulbricht, Mitglied von fest, wie beim publizistischen Wiederaufbau vorzu­ Zentralkomitee (ZK) und Politbüro der Kommunisti­ gehen war, und dieses Handbuch geizte nicht mit schen Partei Deutschlands (KPD), mit neun Genos­ besatzungspolitischer Argumentation. Medienpolitik sen aus Moskau in der noch immer umkämpften wurde gerade auf seiten der amerikanischen Sesat­ Reichshauptstadt Berlin ein. Als »Gruppe Ulbricht« in zer als wesentliche Funktion der Demokratisierung in die Geschichte eingegangen, lautete ihr Auftrag, Deutschland verstanden, und eines ihrer wichtigsten während der ersten Phase ihrer Besatzungsverwal­ Mittel bildete eine weltanschauliche Kampagne , die tung die sowjetischen Behörden zu unterstützen, >Re-Orientation<. Diese Zusammenhänge bleiben in ohne offiziell selbst in Erscheinung zu treten. Erst in Bauschs Abhandlung blaß, obschon sie längst einer zweiten Phase sollten erweiterte Aufgaben für präzise erforscht sind, etwa in den Studien von Doris diesen Personenkreis hinzukommen, sollte er sich um von der Brelie-Lewin, Norbert Frei, Reinhart Greuner, die Neugründung der KPD , die Bildung von anti­ Kurt Koszyk oder Elisabeth Matz, um nur einige deut- faschistischen Ausschüssen und nicht zuletzt um die Besprechungen 227

Agitation und Propaganda über Print- und andere waltung bzw. in der Organisation der KPD tätig zu Massenmedien bemühen. werden, den »demokratischen Rundfunk auf[zu]­ Wie sehr auch der Rundfunk die Aufmerksamkeit bauen«. Ohne lange Sitzungen sei die Entscheidung der kommunistischen Funktionäre auf sich zog, geht gefallen, diesen Rundfunk nach der Linie zu organi­ aus einer Reihe von Dokumenten in den Akten der sieren, die »das Zentralkomitee unserer Partei festge­ KPD im Berliner Archiv der Parteien und Massenor­ legt hatte« . (S. 725) 1 Mit Interesse verfolgte Pieck, ganisationen der DDR hervor, die Gerhard Keiderling der zunächst in Moskau geblieben war, die Aktivitäten in seiner Quellensammlung abgedruckt hat. Selbst im seiner Parteigenossen in Berlin und teilte Ulbricht am Ätherkrieg gegen das Dritte Reich über die Sender 22. Mai mit: »Ich hörte dieser Tage Euren Sender. des deutschsprachigen Dienstes von Radio Moskau, ( ... ) Das Programm ist noch sehr unausgeglichen, des Nationalkomitees Freies Deutschland sowie des aber ich hoffe, daß sich das sehr bald bessern wird .« >Deutschen Volkssenders< engagiert, sahen sie im (S. 370) Und am 30. Mai sprachen Pieck und Di­ Rundfunk eine einzigartige Möglichkeit, die politi­ mitroff vorsorglich darüber, daß die Zentrale des schen Ziele der Besatzungsmacht sowie ihre eigenen Rundfunks für die Sowjetische Besatzungszone nach Zukunftsvorstellungen zu propagieren . Die Edition ist Leipzig umziehen müsse, falls die Kontrolle über den somit auch für Rundfunkhistoriker relevant, doku­ Rundfunk in Berlin unter die Alliierten aufgeteilt mentiert sie doch u.a. eine wichtige Übergangsphase würde. (vgl. S. 439) der kommunistischen Rundfunkpropaganda. Zu­ Die Dokumente enthalten genügend Stoff für eine nächst noch in Moskau konzentriert, verlagerten sich Fortsetzung der Kontroverse, ob die KPD bereits die rundfunkpropagandistischen Aktivitäten allmählich 1945 den Rundfunk fest im Visier bzw. bereits fest im an die Front und gingen schließlich in Deutschland Griff hatte oder ob damals noch alles offen war, die weiter. Die Dokumente belegen zudem, wie sehr bei Rundfunkgeschichte von SBZ und DDR einen ande­ allen Entscheidungen in diesen Monaten - nicht nur ren Verlauf hätte nehmen können . im Bereich des Rundfunks - die KPD den Anwei­ Ansgar Diller, Frankfurt am Main sungen der KPdSU folgte bzw. zu folgen hatte. Mahle wiederholte diese Version bei einem Zur Vorbereitung auf ihren künftigen Einsatz in Workshop des Deutschen Rundfunk-Museums Deutschland befaßten sich die KPD-Genossen Berlin über den »Rundfunkneubeginn 1945« am bereits Mitte 1944 mit dem Rundfunk. ln seiner Denk­ 17.12.1991; er ergänzte, der Befehl zum Sende­ schrift »Kader ins [von der Roten Armee besetzte start sei (außerdem ?) von Generaloberst Bersarin Deutsch-]Land« regte der KPD-Vorsitzenden Wilhelm gegeben worden, der offenbar einen Befehl von Pieck beim Chef des Informationsbüros beim ZK der Marschall Schukow weitergegeben habe. Abge­ KPdSU und früheren Generalsekretär der Kommuni­ druckt in: Heide Riede! (Hrsg.): Mit uns zieht die stischen Internationale Georgi Dimitroff an, u. a. 25 neue Zeit ... 40 Jahre DDR-Medien. Eine Ausstel­ antifaschistische Kriegsgefangene zu Radioredakteu­ lung des Deutschen Rundfunk-Museums. 25. Au­ ren auszubilden (S. 11 0). Bei einer seiner weiteren gust 1993 bis 31 . Januar 1994. Berlin 1993, S. 21 . Besprechungen im sowjetischen Zentralkomitee hielt Der frühe Sendestart überrascht insofern, als der KPD-Chef im Februar 1945 fest, die Hauptarbeit nach dem Befehl Nr. 1 des Chefs der habe zwar im Frontgebiet und dort über zwei fahrbare (sowjetischen) Besatzung von Berlin vom Sender zu erfolgen, doch die Sender in Moskau soll­ 26.4.1945 alle Radioempfänger abzuliefern wa­ ten weiterbetrieben werden. (S . 207) Parallel dazu ren . Vgl. das reproduzierte Faksimile in: ebd. S.8. gingen die Planungen weiter, wurden die von den Sendern im besetzten Deutschland anzupackenden Themen festgelegt: »Aufklärung über die Kriegs­ schuld Deutschlands«, »Mobilisierung der Massen zur ( ... ) restlosen Vernichtung des Nazismus und Militaris­ Protokolle des Sekretariats des Zentralkomitees der KPD Juli 1945 bis Apri11946. mus«, »Mobilisierung der Massen zur Unterstützung der Maßnahmen der Besatzungsbehörde«, »Beginn (= Dokumente zur Geschichte der kommunistischen einer planmäßigen grundlegenden Umerziehung des Bewegung in Deutschland- Reihe 1945/1946, Bd . 1). München: K. G. Saur 1993, 577 Seiten. deutschen Volkes im Geiste friedlicher Arbeit und wirklicher Demokratie« (S. 218). Auf ersten Personal­ listen fanden sich langjährige Moskauer Rundfunkmit­ Das bis vor einigen Jahren bestgehütete und von arbeiter wie Hans Mahle (stellvertretender Chefredak­ Benutzern weitgehend abgeschottete Archiv auf teur des >Senders Freies Deutschland<), Arthur deutschem Boden macht's jetzt möglich: eine Edition aller Protokolle der obersten Führungsgremien und Fiedler und Heinz Greif (Redakteur bzw. Sprecher des deutschsprachigen Dienstes von >Radio Mos­ zentralen Führungsorgane der Kommunistischen kau<) sowie Markus Wolf (Kommentator des Partei Deutschlands aus den Jahren 1945 und 1946. >Deutschen Volkssenders<) wieder. (S. 234) Noch bevor das Zentrale Parteiarchiv der SED bzw. ln den Akten der KPD fehlen offenbar Hinweise PDS Teil der Stiftung Archiv der Parteien und Mas­ auf die Hintergründe, die zum Sendebeginn des senorganisationen der DDR im Bundesarchiv Berlin >Berliner Rundfunks< am 13. Mai 1945 führten, so wurde, begannen die Vorarbeiten an einer fünfbändi• daß Keiderling sich damit begnügen mußte, Auszüge gen Quellenedition, die in ihrer Breite und Tiefe aus den 1988 niedergeschriebenen, aber (unver­ vergleichbare Unternehmungen über andere deut­ öffentlichten) Erinnerungen Mahles abzudrucken, die sche Parteien in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Altbekanntes wiederholen. So habe er, Mahle, von den Schatten stellt. Der hier vorzustellende erste Waller Ulbricht den Auftrag erhalten, statt in einer für Band druckt die Protokolle des Sekretariats des ihn vorgesehenen Position bei der Berliner Stadtver- Zentralkomitees der KPD vom 2. Juli 1945 (drei 228 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993)

Wochen nach dem Gründungsaufruf der KPD) bis Frank Cappellan: Für Deutschland und Europa: zum 17. April1946 (wenige Tage vor der Vereinigung Der Deutschlandfunk. von KPD und SPD in der Sowjetischen Besatzungs­ Rundfunkanstalt mit besonderem Auftrag (= Rund­ zone zur SED) ab, außerdem als Beilagen bezeich­ funkstudien, Bd. 7). nete Beschlüsse einzelner Parteigremien, Aufrufe, München u.a .: K.G. Saur 1993, 492 Seiten. Reden und Artikel von Parteifunktionären sowie Berichte über die (partei)politische Entwicklung in den »Man kann jene Mauer ( ... ) höher und stärker ma­ westlichen Besatzungszonen und Protokolle der chen; man kann eine zweite und dritte ziehen, den Aktionsgemeischaft SPD-KPD in München. letzten Fluchtweg blockieren oder selbst einen fest­ Die Edition dokumentiert neben dem Aufbau der täglichen Besuch von Kindern bei ihren Eltern unter­ Parteiorganisation und ihrer politisch-ideologischen binden: Noch aber gibt es Ätherwellen, die von uns zu Entwicklung das Engagement von Funktionären und Ihnen hinüberreichen, die ein verbindendes Wort zu Mitgliedern für das Überleben der Bevölkerung in der Ihnen bringen sollen, ein informierendes, ein erleich­ Not des ersten Nachkriegsjahres, die Beziehungen zu terndes oder auch ein tröstendes.« den anderen Parteien, besonders zur SPD, der Riva­ Mit diesen Worten von Bundespräsident Heinrich lin um die Sympathien aus dem Arbeitermilieu, sowie Lübke begann am 1. Januar 1962 ein neuer Rund­ die Kontakte zu den Besatzungsmächten. Dabei wird funksender seine Arbeit: Der >Deutschlandfunk<. Der die vielfältige Unterstützung der Sowjetischen Militär• Auftrag dieses Senders war per Bundesgesetz fest­ administration für die KPD deutlich, nicht nur für den geschrieben: Er sollte »Rundfunksendungen für Aufbau der Parteiorganisation, sondern auch für die Deutschland und das europäische Ausland« gestal­ Parteipresse und die parteieigenen Verlage sowie die ten . Agitation und Propaganda. Was da so schlicht und einfach formuliert war, war Der Rundfunk wird in den Sitzungen des Sekreta­ überhaupt nicht einfach. Und das hatte viel mit der riats verhältnismäßig selten thematisiert, unterstand unsäglichen Vorgeschichte dieses Senders und den er doch - zumindest bis zum 21. Dezember 1945 - for­ rundfunkpolitischen Vorstellungen von Bundeskanzler mell der Propagandaabteilung der sowjetischen Adenauer und der CDU/CSU zu tun. Adenauers Besatzungsverwaltung. Dennoch läßt sich sein Stel­ »Griff nach dem Rundfunk bzw. Fernsehen« war lenwert im Gefüge der kommunistischen Meinungs­ 1961 vom Bundesverfassungsgericht verhindert lenkung erkennen, wenn z. B. der KPD-Vorsitzende worden. Aus dem Scheiterhaufen dieser Politik ent­ Wilhelm Pieck zusammen mit den Funktionären standen durch Bundesgesetz die »Bundesrund­ Walter Ulbricht, Franz Dahlem und Anton Ackermann funkanstalten« >Deutsche Welle< (für Auslands­ am 8. Juli 1945 dafür plädieren, »die Radiostation in sendungen) und eben der >Deutschlandfunk<. Leipzig .. . [zu] erhalten, ... zu mal der Berliner Sender Bei den Ländern und den Landesrundfunkanstal­ unter der gemeinsamen Kontrolle der Alliierten ste­ ten war der >Deutschlandfunk< von Anfang an ein hen wird.« (S . 35) Nicht ohne Hintersinn war auch der ungeliebtes Kind - aus ihrer Sicht unnötige Konkur­ Beschluß vom 24. November 1945, den vier Teilha­ renz, die sie auch noch mitfinanzieren sollten. Daß bern des »Rundfunkverlags« (gemeint ist die am 31. das so war, mußten die Verantwortlichen für diesen Oktober 1945 gegründete »Deutsche Funk-Verlag Sender gerade in den Anfangsjahren mehr als einmal GmbH«) aus der »Hauptkasse des ZK ein persönli• schmerzlich erfahren. Man muß die Entstehungsge­ ches Darlehen von je 15 000 Mk auszuzahlen.« (S. schichte des Senders kennen, um überhaupt zu 122) Und am 8. Dezember 1945 beschloß das KPD­ begreifen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit aus­ Sekretariat, sich direkt in die Personalpolitik einzumi­ einanderklaffen. Die »Geburtsfehler« des Senders schen, und beauftragte die »Kaderabteilung des ZK«, waren gravierend: »Keine Bleibe, kein Geld, keine einen Stellvertreter für Rundfunkchef Hans Mahle, Frequenz.« So sah der Beginn aus; es war, als hätte einen Redakteur für die Sendung »Aktuelle Fragen« der Rundfunk neu erfunden werden müssen. sowie einen Redakteur für den Jugendfunk zur Verfü• Die Anfangsjahre waren Pionier- und Kärrnerar• gung zu stellen. (S. 129) Auch das Rundfunkpro­ beit Hierfür stehen die Namen der ersten beiden gramm war vor Eingriffen der kommunistischen Partei Intendanten: H. F. G. Starke und Franz Thedieck. Wie nicht gefeit: An der Kampagne zur Bildung einer die Schwierigkeiten überwunden wurden, kann jetzt in (sozialistischen) Einheitspartei hatte sich nach dem der Arbeit von Frank Capellan nachgelesen werden. Willen der Funktionäre ab Mitte Februar 1946 auch Der Verfasser nennt sie - in Publizistendeutsch - der Rundfunk mit entsprechenden Sendungen zu bescheiden einen »Beitrag der Kommunikationsfor­ beteiligen. (S. 168) schung«, der dazu beitragen soll, »Informations­ Auf die weiteren Bände der Edition, die die Proto­ defizite abzubauen«. Aber es ist viel mehr als dies. kolle der erweiterten Sitzungen des Sekretariats des Erstmals wird hier die Innenansicht einer Rundfunk­ Zentralkomitees sowie jeweils die Protokolle der anstalt geliefert, die in vielfacher Hinsicht die interes­ Reichsberatung vom 8./9. Januar 1946, der Reichs­ santeste, weil am meisten politische und politisierte konferenz vom 2./3. März 1946 und des 15. Partei­ Rundfunkanstalt in der Bundesrepublik war und bis tags vom 19./20. April 1946 dokumentieren sollen, zur Wiedervereinigung gewesen ist. Wenn man weiß, darf man gespannt sein, vor allem auf ihre Aussagen wie sensibel die Dinge gerade bei diesem Sender zu den Medien, speziell zum Rundfunk. waren, ist es in der Tat erstaunlich und nachgerade Ansgar Diller, Frankfurt am Main bewundernswert, was für Material Capellan ausge­ graben und ausgewertet hat: Gremienprotokolle, interne Positionspapiere, Vermerke, Notizen, Schrift­ wechsel etc. Hinzu kommen jene Informationen, die man nur im Gespräch mit den Akteuren erfährt - und Besprechungen 229 da muß man wohl all jene zu ihrer Offenheit beglück• funk< nicht ohne Wirkung in der DDR war. Der Sen­ wünschen , die diese Informationen an den Autor der wurde gehört; wie er gewirkt hat, läßt sich aller­ weitergegeben haben. dings schwer festmachen : Im Kern sollte der >Deutschlandfunk< ja der Wie­ Was bleibt als Fazit? Der >Deutschlandfunk< als dervereinigungssendar sein. Die Frage war nur, wie ein Sender, durch dessen Geschichte sich parteipoli­ dies im Programm umgesetzt werden sollte, ohne tische Auseinandersetzungen wie ein roter Faden daß der Sender gleich als »Staatsrundfunk« abgetan ziehen. Das ist die eine Seite der Medaille . Die ande­ würde. Da ging es um das Selbstverständnis und die re ist allerdings, daß trotzdem oder gerade deswegen persönliche Standfestigkeit der Akteure und Redak­ ein besonders anspruchsvolles Programm im Infor­ teure. Als die Pionierzeit zu Ende ging, wurde immer mationsbereich gemacht werden konnte, um Längen deutlicher, daß so mancher Vertreter der politischen besser als das so manch anderer Rundfunkanstalt. Parteien in den Gremien den >Deutschlandfunk< als Wer wissen will, wie der >Deutschlandfunk< in den politische Spielwiese und politisches Instrument der vergangeneo 30 Jahren »funktioniert« hat, dem sei jeweiligen Bundesregierung sah; die »große« Politik die Arbeit von Capellan dringlichst zur Lektüre emp­ blieb leider nicht draußen vor der Tür der Marienbur­ fohlen . Ähnliche Untersuchungen für die übrigen ger Villa in Köln, die lange Zeit als Funkhaus diente. Anstalten wären wünschenswert. Mit der Wieder­ Das Gegenteil war der Fall und sorgte in der Öffent• vereinigung hat der »Wiedervereinigungssender« lichkeit für negative Schlagzeilen. Mit jedem Regie­ >Deutschlandfunk< einen Teil seiner Arbeit geleistet. rungswechsel sollte auch im Funkhaus ein neues Man kann nur hoffen, daß seine Stimme weiterhin Kapitel aufgeschlagen werden - so zumindest sahen kräftig zu hören ist - nunmehr allerdings als es die Funktionäre. Die Konflikte waren dabei vor­ »Einigungssender«. programmiert, da die Amtsperiode der Gremienmit­ Rolf Steininger, lnnsbruck glieder leider nicht immer bei einem Regierungs­ wechsel zu Ende ging. Intendantenwahlen wurden so zu schicksalhaften Ereignissen hochgespielt, etwa als es 1972 um die Nachfolge von Franz Thedieck ging . Walter J . Schütz: Medienregion Stuttgart. Was Capellan da herausgefunden hat, wie er eines Eine Bestandsaufnahme (= Medien und Märkte, der düstersten Kapitel des >Deutschlandfunks< Bd. 4) . beschreibt, das ist eine spannende Lektüre - und Konstanz: Universitätsverlag Konstanz 1993, 379 zeigt, warum der Sender das Odium des Staatsrund­ Seiten . funks nie ganz ablegen konnte . Und dann machte der >Deutschlandfunk< ja auch Der Verfasser dieser Rezension ist kein Spezialist für noch Programm. Capellan zeigt die Entwicklung Fragen der »Kommunikationsraumanalyse« . Insofern dieses Programms vom »Antisender« zum »Dialog­ ist sein Urteilsvermögen sicher beschränkt. Vermut­ sender«. Dabei wird auch immer wieder die Proble­ lich wurde er als Rezensent für dieses Buch gebeten, matik erkennbar, daß der >Deutschlandfunk< in vielen weil er die Medienregion Stuttgart aus eigener An­ Bereichen der verlängerte Arm des Presseamtes der schauung kennt und bei einem der dort ansässigen Bundesregierung zu sein schien , weniger ein Sender Medienunternehmen beschäftigt ist. für ganz Deutschland als vielmehr nur für die Bundes­ Schütz hat seine ausdrücklich als »Bestands­ regierung - zumindest . sahen das manche so . Es aufnahme« deklarierte Ausarbeitung im Auftrag der wurde jedenfalls viel mit dem Bundespresseamt »Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart« telefoniert. Immer wieder ging es auch um die vielzi­ verfaßt, wobei ihm als Mitarbeiterin Monika Hoffart tierte »Ausgewogenheit« des Programms. Je hitziger und als Beraterin Prof. Dr. Claudia Mast, Stuttgart­ die politischen Auseinandersetzungen in der Bundes­ Hohenheim, zur Seite standen . Das Buch ist in sieben republik waren , um so hitziger waren die parteipoliti­ Kapitel gegliedert. Kapitel I behandelt »Forschungs­ schen Interventionen der Gremienvertreter. Capellan auftrag und Methoden der Analyse«, Kapitel II faßt zeigt das exemplarisch an Sendungen der Redak­ als »Forschungssynopse« die Literatur zu den teure Heribert Schwan und Hans-Peter Riese. Da war Problemkreisen »Medienstandort« und »Kommuni­ dann die Standfestigkeit des Intendanten Richard kationsraumanalyse« zusammen. Kapitel 111 bis VI Becker gefragt. Und um den »weichzuklopfen«, bieten die »harten« Fakten, d.h. die Strukturdaten zur scheute man sich nicht, in dessen Vergangenheit zu Region Stuttgart (111. Kapitel) , die Daten zur Medien­ wühlen. Daß dieser sich noch 1944 mit 17 Jahren wirtschaft in der Region Stuttgart (IV. Kapitel), »Die freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte, wollte man Bedeutung der Medienbranchen« (V. Kapitel) und ihm nicht zur Last legen - sagte man, aber daß er es »Medienbezogenen Leistungen in der Region Stutt­ den Gremien verschwiegen hatte! Zur Standfestigkeit gart« (VI.Kapitel). des Intendanten trug dies jedenfalls nicht bei, so daß Neben diesen weitgehend quantifizierten »Facts« dann auch so standfeste Leute wie Chefredakteur »werden in einem abschließenden Kapitel Meinungs­ Bernhard Wördehoff das Handtuch warfen. äußerungen von Medienunternehmen und freiberuf­ Und wie war das mit dem »Wiederver­ lich in der Medienbranche der Region Stuttgart Täti• einigungssender«? Wurde das, was Bundespräsident gen zusammengefaßt, und zwar mit Blick auf das Lübke als Auftrag formuliert hatte, eingelöst? ln »Image« von Stadt und Region, auf die »Beurteilung einem eigenen Kapitel untersucht Capellan das von Standortfaktoren, auf die Bindung an den Stand­ Thema »Deutschlandfunk und DDR« , das Wirken des ort Stuttgart und die Zukunftschancen der Region« . Senders in der DDR und die Beschäftigung in der Zusammenfassend werden noch einmal in elf Thesen DDR mit diesem Sender. Aus dem zweiten zieht er als Quintessenz des status quo die wichtigsten den wohl richtigen Schluß, daß der >Deutschland- Konturen der Medienregion Stuttgart herausgearbei- 230 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) tet, gestützt auf Kurzzitate der interviewten Medien­ Daß dem jahrzehntelang in der Branche tätigen spezialisten. Dabei kann man dann Allgemeinplätze Walter J. Schütz der Lapsus unterlaufen ist. den lesen wie : »Die Region Stuttgart ist ein bedeutender SDR als »Landesrundfunkanstalt« zu bezeichnen . Medienstandort in der Bundesrepublik Deutschland« ist eigentlich unverzeihlich. Es war der fast und »die Medienwirtschaft wird sich innerhalb ihrer (berufs-)lebenslange Traum von SDR-Intendant Strukturen weiterentwickeln«. Daß Stuttgart keine Hans Bausch, nach einer Auflösung des Filmstadt ist, liegt auf der Hand, und daß im Ver­ >Südwestfunks< mit dessen baden-württembergi• lagswesen die Produktion von Fachbüchern eindeutig schem Teil und dem SDR eine Landesrundfunk­ Vorrang hat. war schon aus der Bestandsaufnahme anstalt für das südwestdeutsche Bundesland zu hervorgegangen. Kritisch betrachtet werden die installieren, mit Sitz natürlich in Stuttgart. Bekann­ allgemeinen Standortbedingungen (Nahverkehr, termaßen ist ihm dieses Vorhaben nie gelungen. Wohnraumsituation) und ein gewisser Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten; auch das hatte die Da­ tenerhebung ergeben. Gefordert werden eine Kon­ zentration von Medienaktivitäten z.B . der Landes­ Knut Hickethier (Hrsg.): Fernsehen regierung in Stuttgart - und nicht im ganzen Land Wahrnehmungswelt, Programminstitution und Markt­ verteilt nach dem Gießkannenprinzip (Zentrum für konkurrenz (= Grundlagen, Bd.6). Kunst und Medien in Karlsruhe, Filmakademie in Frankfurt am Main u.a: Peter Lang 1992, 371 Seiten. Ludwigsburg etc.): Anknüpfend an die vorhandenen Strukturen sollte Stuttgarts Qualität und Ruf als Die Komplexität der medial vermittelten gesellschaft­ »Medienstadt« gefestigt und ausgebaut werden. lichen Kommunikation hat dazu beigetragen, daß die Eine der Thesen kommt zu dem Ergebnis: »Der wissenschaftliche Beschäftigung mit ihr sowie mit den >Süddeutsche Rundfunk< als Landesrundfunkanstalt einzelnen Medien - z.B. dem Fernsehen - auf meh­ trägt zur Profliierung der Medienregion Stuttgart bei« 1 rere Disziplinen verteilt ist. Um die Komplexität zu (S. 315). Diese Feststellung wird mit einigen Ein­ reduzieren. hat man nicht nur den Prozeß der Kom­ Satz-Äußerungen von Fachleuten belegt, aber durch munikation in seine Einzelheiten zerlegt. Auch wer­ keinerlei analytische Durchdringung der Materie den die verschiedenen Faktoren vielfach mit sehr untermauert: Denn aus der dürren Auflistung der verschiedenen Methoden in einzelnen Disziplinen Wirtschaftsdaten und den quantitativen Angaben zur bearbeitet. So konzentrieren sich publizistikwissen­ Programmleistung in Hörfunk und Fernsehen des schaftliche, aber auch medienästhetische Erklä• >Süddeutschen Rundfunks< (SDR) (S.167-176) kann rungsansätze für die Entstehung des Programms. auf man dieses weitreichende Urteil nun wirklich nicht die rechtlichen und organisatorischen Vorausset­ ableiten. Was soll man mit einer solchen Feststellung zungen bzw. die konzeptionellen Vorstellungen der anfangen? Sie ist jedoch ganz typisch für das Buch. »Macher«. Dabei muß man gelegentlich den Eindruck ln den Meinungsäußerungen und den zusammen­ gewinnen, daß aktuelle Programme sowie kulturell fassenden Thesen ist die Rede von einigen sozusa­ und unterhaltend orientierte nicht in ein- und dersel­ gen »qualitativ« zu wertenden Fakten. aus denen sich ben Einrichtung produziert werden. Abseits der Folgerungen dafür hätten ableiten lassen, welcher quantitativen Forschung findet sich eine zunehmende Stellenwert der Stadt und der Region >Mittlerer Nek­ Zahl von qualitativ orientierten Rezeptionsstudien mit kar< im Medienbereich zukommt und vor allem in der psychologischen, psychoanalytischen oder gar ethno­ Zukunft noch zukommen könnte. Insofern wundert es logischen Erklärungsmodellen. Für sie spiegelt das den Rezensenten, daß der Auftraggeber nur eine mediale Angebot oft nur den Bedarf der Rezipienten. »Bestandsaufnahme« erwartet hat: Schütz hat sich der einigermaßen voraussetzungslos unterstellt wird. strikt daran gehalten. Er hat auch wenig Anstrengung Das Defizit der wissenschaftlichen Auseinander­ darauf verwandt, objektive Datenerhebung und setzung mit medialer Kommunikation besteht darin, Image-Analyse in einen gewissen Zusammenhang zu daß die unterschiedlichen Richtungen einander wenig bringen. Die Datenerhebung erfaßt m. E. - wie beim zur Kenntnis nehmen, es an produktiver Auseinan­ SDR gezeigt - im wesentlichen Oberflächenphäno• dersetzung der Forschungsrichtungen mangelt. mene (Umsatz, Mitarbeiter, Auflagen, Anzahl der Ebenso wichtig wäre die Entwicklung von vermitteln­ publizistischen Einheiten), die sich mit Blick auf die den Deutungskategorien, die insbesondere den »qualitativen« Interviewäußerungen nur bedingt gegenseitigen Bedingungszusammenhang von verwenden lassen. Einige verbindende Hinweise, Produktion und Rezeption erklären helfen, ohne etwa auch zur eingangs erwähnten Forschungslitera­ wiederum deren jeweilige relative Eigenständigkeit tur oder den aufgelisteten Studien zu anderen aufzulösen. »Medienstädten« hätten dem möglicherweise dank­ Knut Hickethier gehört zu den wenigen Kommuni­ baren Auftraggeber einige Fingerzeige für künftige kationsforschern, die dezidiert den Austausch zwi­ Aktivitäten geben und dem unbedarfteren Leser licht schen den Disziplinen gefordert und praktiziert haben. und Schatten des Kommunikationsraums >Mittlerer Im übrigen hat er selbst den Versuch unternommen, Neckar< etwas deutlicher vor Augen führen können. die »Mensch-Apparat«-Anordnung bei den elektroni­ Aber womöglich ist nur die eingangs eingestandene schen Medien (in Übertragung des »Dispotif«-Be­ Inkompetenz des Rezensenten die Ursache dafür, griffs) für eine Deutung von Programmentwicklung daß er diese Folgerungen nicht aus dem von Schütz aus den Rezeptionsbedingungen heraus fruchtbar zu dargebotenen Material selbst ziehen kann. machen.1 Es verwundert daher nicht, daß die Einlei­ Edgar Lersch, Stuttgart tung zu dem vorliegenden Band den eingangs be­ schriebenen Tatbestand konstatiert und als Intention Besprechungen 231 des Herausgebers angibt, daß »Texte aus den unter­ sungsrechtlich aushebelt, mit unübersehbaren schiedlichen Disziplinen, aus der publizistischen und Konsequenzen . Zwischen die juristisch-organisatori­ der kritischen Medienberichterstattung nebeneinan­ schen Teile 111 und VNI ist ein Block mit Beiträgen der« gestellt werden sollen (S. 9). Hickethier wird aus der Programm-(Geschichts-)Forschung gesetzt, wohl gute Gründe dafür gehabt haben, daß er, wie in in dem Hickthier im wesentlichen Ergebnisse des dem von ihm mitherausgegebenen Band Siegener Sonderforschungsbereichs 240 »Bildschirm­ »Fernsehtheorien«, auf eine ausführlichere Einleitung medien«, dem er selbst angehört, vorstellt. Diese verzichtete. Sie wäre denkbar etwa als ein die ver­ Auswahl erscheint besonders beliebig, wie überhaupt schiedenen Ansätze verbindender Forschungsbericht, man über die Auswahlkriterien für alle Beiträge strei­ der den Leser, ohne ihn zu bevormunden, etwas ten kann : Aber, wer sie im Detail kritisiert, muß ein dichter an die hinter den einzelnen Beiträgen stehen­ Gegenkonzept entwickeln. den Wissenschaftstraditionen heranführte. Daraus Abgesehen davon fragt sich der Rezensent ernst­ hätte ein wichtiger Beitrag für das Gespräch zwischen haft, welchen Nutzen diese Textauswahl hat. Als Ver­ den Disziplinen werden können . such einer Forschungssynthese trägt das Nebenein­ Hickethier hat in erster Linie jüngere (seit 1984 anderstellen von Texten zu wenig bei. Verdienstvoll erschienene), meist zusammenfassende Aufsätze ist sicher, daß einige interessante, vielfach allerdings aus wissenschaftlichen Zeitschriften zusammenge­ in eher essayistischer Form vorgetragene Ein- und stellt und sie auf insgesamt sechs Abschnitte verteilt. Ansichten der Medienpublizistik, die bei der Publika­ Deren Anordnung hat der Herausgeber entgegen tion in den Fachdiensten wie Streichhölzer in tiefer dem gängigen Ablaufschema vom Kommunikator Nacht aufblitzen und verlöschen, mit diesem Reader zum Rezipienten aufgebaut und leitet in Teil I mit dem Vergessen entzogen und quasi dem Kanon der sechs Beiträgen zu »Zuschauerverhalten und Wahr­ Fachliteratur zugeführt werden. Ansonsten aber hat nehmungswelt« ein . Neben ganz allgemeinen Be­ die Auswahl nichts mit dem vom Herausgeber der trachtungen (Wolfgang Langenbucher) stehen Bei­ Reihe , in der Hickethiers Sammelband erscheint, auf träge im Vordergrund, die die »Formwirkungen« des Seite 5 festgestellten Bedarf zu tun: Schwierig zu »Fernsehgebrauchs« (lrene Neverla zur Zeitproble­ erreichen sind die Texte allemal nicht, da alle in matik) oder die individuellen Aneignungsweisen deutscher Sprache in gängigen Fachzeitschriften und (Lothar Mikos über Familienserien) zum Gegenstand Fachkorrespondenzen erschienen sind. haben. Edgar Lersch, Stuttgart Teil II enthält zwei »vermittlungstheoretische« Um so unverständlicher ist es, daß er seinen auf Beiträge. Newcomb/Hirschs Überlegungen zum S. 173ft in dem Band abgedruckten Beitrag »Das »Fernsehen als kulturelles Forum« und Norbert Programm: Fluß und Gitter« gerade um diesen Schneiders Essay über »Das Fernsehen: Ein Mythen­ Abschnitt gekürzt hat. produzent« verdeutlichen auf je eigenwillige Weise, daß im gesamtkulturellen Kontext bewußte oder un­ 2 Vgl. das im abgedruckten Beitrag von Bernd-Peter bewußte Funktionszuschreibungen des Mediums und Lange auf S. 296 eingestreute Zitat von Wei­ die Bedeutungszuschreibungen von Genres und schenberg, der darauf hinweist, daß »niemals ihre bestimmter Aussagemodi zwischen Machern und [der Kommunikationswissenschaftler, E. L.] Pro­ Zuschauern sich decken müssen, soll die mediale gnosen so treffsicher gewesen sind wie im Fall Botschaft überhaupt ankommen . Insofern hätte auch der neuen Medien«. der Beitrag von Elstner/Müller/Spangenberg (als konkretere Entfaltung dieser Problemstellung für die Dreißiger Jahre) und die Überlegungen von Hachmeister zum »Fernsehen in den Zeiten des Horst G. Tröster: Science Fiction im Hörspiel Sinnverlustes« hier ihren Platz gehabt. Wegen der die 1947-1987. Produktions- und Rezeptionssphäre umgreifenden Hrsg. v. Deutschen Rundfunkarchiv. Thematik der Beiträge wäre es eigentlich sinnvoller Frankfurt am Main: Deutsches Rundfunkarchiv 1993. gewesen, diesen Teil an den Anfang oder an den 750 Seiten . Schluß zu stellen. Der mit »Mentalitätsgeschichte und Medienent­ Für die Freaks ein absolutes Muß, für die Hörspiel• wicklung« reichlich ungenau umschriebene 111. Teil, dramaturgen eine nützliche Hilfestellung, für den der Beiträge zur Organisations- und Genregeschichte interessierten Laien ein kurzweiliger Einstieg: So (so mit dem Überblicksaufsatz von Helmut Kreuzer könnte man auf einen Nenner bringen, worin die aus dem Jahr 1979) mit dem Beitrag zur Frühge• Bedeutung des vorliegenden »Science-Fiction«­ schichte verbindet, hätte auch mit Teil V eine Einheit Kataloges besteht. ln der Tat gelingt dieser bilden können, weil es die Wandlung des Rundfunk­ »vollständigen Dokumentation aller Science-Fiction­ systems vom öffentlich-rechtlichen Monopol in ein Hörspiele von 1947 bis 1987«, was der Vorstand des duales aufzeigt, z.T. zwar in prognostischen Artikeln, Deutschen Rundfunkarchivs, Joachim-Felix Leon­ die von der Wirklichkeit aber inzwischen längst ein­ hard, in seinem Vorwort als »Brücke zwischen Rund­ geholt sind.2 Die Beiträge, die die europäischen funkhörern und Programmplanem« beschwört. Denn Perspektiven der Fernsehentwicklung zum Gegen­ diese »Science-Fiction«-Dokumentation will mehrere stand haben, stellen die Problematik insofern in einen Funktionen gleichzeitig erfüllen. neuen Zusammenhang, als Fernsehen auch rechtlich Priorität der Publikation, die als Sonderband der gesehen nur noch als Dienstleistung angesehen wird, vom Deutschen Rundfunkarchiv herausgegebenen die das bundesdeutsche Verständnis der Zugehörig• Jahrbuchreihe »Hörspiele in der ARD« erscheint, ist keit der Medien zur kulturellen Sphäre auch verfas- 232 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) sicherlich berechtigterweise der Handbuchcharakter menstellung zu bewegen. Hasselblatt, bekannterma­ für die Hörspielredaktionen und -dramaturgien. Die ßen ein unermüdlicher Förderer des speziellen »Hörspielmacher« von München bis Hamburg, von Genres und selbst Autor in diesem Bereich (die Saarbrücken bis Berlin erhalten hier eine - wie es Dokumentation bis 1987 weist allein 13 Hörspiele von heißt - »rasche Orientierung über vorhandene Res­ ihm nach), steuerte dem Unternehmen den einleiten­ sourcen« im gemeinsamen öffentlich-rechtlichen den und - auf 25 mikroskopisch klein geschriebenen HörspielpooL Dieser umfaßt immerhin die stolze Seiten - sehr umfangreichen Essay bei. ln immer Summe von 625 Produktionen, die sich in 40 Jahren neuen Ansätzen ventiliert Hasselblatt darin seine radiophoner Kunst angesammelt haben . Damit man einmal aufgestellte Grundthese vom Science-Fiction­ nun auch fleißig mit diesen Pfunden wuchern kann, Hörspiel als »Radio im Konditional« . Science-Fiction wird jedes der Science-Fiction-Hörspiele - wie aus sei demnach nicht allein in Hinblick auf das Stichwort den bisherigen Hörspieljahrbücher bekannt - auf »Zukunft« zu sehen, sondern in Hinblick auf einem eigenen Blatt mit sämtlichen wichtigen Pro­ »Möglichkeiten«. Wie jede Fiktion und wie im Wesen duktionsdaten (Dauer ohne An- und Absage; Ursen­ der Phantasie verankert, gehe es um das »Aus­ dung, Wiederholungen etc.) und einer komprimierten Denken von Unrealisiertem, von Nicht-Wirklichkeit«. Inhaltsangabe vorgestellt. Bei letzterer wird man Die »mögliche Gegenwart als Alternative über den darüber streiten können, ob die Entscheidung richtig Umweg über Zukunft« steht für Hasselblatts Be­ war, die Hörspiele lediglich inhaltlich und streng schreibung im Vordergrund; »Was wäre, wenn ... « sei deskriptiv vorzustellen. Die Kurztexte enthalten sich letztlich die Ausgangsfrage für einen Science-Fiction­ nicht nur jeglicher Wertung, sondern klammern auch Plot. Science-Fiction-Hörspiele seien also nicht formale Punkte aus. Die Scheu vor dem anderen vertröstende Glücksentwürfe und trivialphantastische Extrem, etwa Kurzrezensionen wie im Heyne Hirngespinste, sondern würden - darin vergleichbar »Science-Fiction-Jahrbuch«, ließ auf wertvolle Infor­ der wissenschaftlichen Forschung - aus dem Inter­ mationen verzichten . esse an einer Antizipation des Zukünftigen entstehen; Dafür findet sich in dem knapp 70seiligen Anhang sie würden »in Modelle des Möglichen einüben«. Der wohl alles rubriziert, was unterschiedlichste Zu­ Stil des Essays als flammendes Plädoyer und die gangsweisen von Benutzern zufriedenstellen kann . beredte Wiederholung seiner entsprechenden Cha­ Die jeweiligen Register, nach Autoren, nach Kompo­ rakterisierungen lassen über weite Strecken den nisten und Regisseuren geordnet, verstehen sich fast Eindruck entstehen, Hasselblatt verfolge gar eine schon von selbst; aber sie werden nicht nur durch ein missionarische Zielsetzung. Sein Kreuzzug gilt in Literaturverzeichnis zum Science-Fiction-Hörspiel einem Rundumschlag generell der sogenannten ergänzt, sondern ebenso durch eine chronologische »Literaturliteratur«, jener - aus seiner Sicht - an Ordnung aller Titel sowie getrennt nach einzelnen Vergangenem, an einem »traditionellen, geistes­ Sendern; dazu werden preisgekrönte Hörspiele wissenschaftlichen Weltbild« orientierten und so aufgeführt, Mehrfachproduktionen genannt und selbst eminent technikfeindlichen Literatur. Im 0-Ton Dieter die »zufällige Übereinstimmung von Titeln« weist, um Hasselblatt klingt das folgendermaßen: »Aber es ist keine Verwechslungen aufkommen zu lassen, drei ein Wahn zu wähnen, die Wahrheit des Schreibens Hörspiele aus. Übersichten über Reihen, Serien und liege im Beschreiben, im Einholen und Einheimsen Zyklen schließlich können - und sollen - helfen, die von >Wirklichkeit«<. Nach Hasselblatt gehören zur nächste Spielplangestaltung mit neuen thematischen »Licentia poetica« Phantasie, Fiktion, Kalkül, Expe­ Zusammenstellungen zu bereichern. Es ist ganz riment, Gedankenspiel; allesamt Werte, die er aus­ offensichtlich die Absicht, das Science-Fiction-Hör• schließlich in der Science-Fiction umgesetzt sieht. spiel durch diese Dokumentation zu fördern. Wissenschaftlich analysierend stellt sich dagegen Darum ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, der kleinere Beitrag von Christiane Timper dar, die daß es sich bei »Science-Fiction im Hörspiel 1947- die »Originalkompositionen im deutschen Science­ 1987« natürlich auch um ein Buch von Spezialisten Fiction-Hörspiel 1947-87« untersucht. Timper baut für Enthusiasten handelt. Horst G. Tröster, der Do­ auf den Ergebnissen ihrer Dissertation »Hörspiel• kumentarist dieser Sammlung, im bürgerlichen Beruf musik in der deutschen Rundfunkgeschichte« auf1 Apotheker in Frankfurt am Main, widmet sich seit und versucht, anhand von mehreren genauer inter­ Jahren vorbehaltlos dem Science-Fiction-Hörspiel. pretierten Fallbeispielen einen Gesamtüberblick zu Aufsätze zu diesem Thema weisen ihn aus, Interes­ geben. Ob allerdings das - wie sie resümiert - so sierte lesen regelmäßig in den »Heyne-Jahrbüchern selten erreichte Schallplattenniveau bei (Science­ Science-Fiction« die Kurzbilanzen aus seiner Feder Fiction-)Hörspielmusiken wirklich nur am mangelnden über das zurückliegende Jahr. Es war Trösters priva­ Etat liegt, ist zu hinterfragen; ein systematisierender tes umfangreiches Archiv, das die Grundlage der Vergleich mit den erfolgreichen Soundtracks von vorliegenden Dokumentation bildete. Der »erste Science-Fiction-Kinofilmen wäre noch anzustellen. inhaltsbezogene und redaktionsübergreifende genre­ Von Axel Eggebrechts Europa-Utopie aus dem bezogene Versuch, die Hörspielgeschichte aufzuar­ Jahr 1947 mit dem Titel »Was wäre, wenn ... « bis zu beiten«, ist ohne diesen Glücksfall nicht denkbar, bei Douglas Adams »Per Anhalter ins All«, von Günter dem die umfangreiche Sammlung eines passionierten Eichs verschiedenen »Huflattich«-lnszenierungen bis Radiohörers und die Akribie eines »Laien« sich in zu Michael Koser mittlerweile sogar schon auf 16 eine so materialreiche Veröffentlichung umsetzten. Teile angewachsenen Science-Fiction-Reihe »Der Eine wichtige Rolle für das Zustandekommen der letzte Detektiv« - das breite Spektrum dieser Doku­ Übersicht spielte auch Dieter Hasselblatt. 1984/85 mentation lädt zum Vertiefen ein . Science Fiction als begann er als damaliger Hörspielchef beim Bayeri­ »phantasievoll ausgemalte Spekulation, die, real in schen Rundfunk, Horst G. Tröster zu dieser Zusam- der Darstellung, aber fiktional im Kalkül zum Zweck \1..

Besprechungen 233 des Spiels mit Möglichkeiten«, so die Kurzfassung enthält, durch deren Verknüpfungen aber sehr anre­ einer auführlichen Science-Fiction-Definition von gend zu lesen ist. Horst G. Tröster (S. 47), das Science-Fiction-Hörspiel Wte bereits Ruppert beschränkt sich allerdings meldet sich mit dem vorliegenden Katalog nachdrück• auch Seile nur auf rein materielle Produkte, was den lich zu Wort. Blick auf die »Chiffren des Alltags« m. E. zu stark Hans-Uirich Wagner, Samberg einschränkt. So bleiben andere Momente, die diese Kultur in gleicher Weise prägen, wie etwa die Stars Vgl. Christiane Timper: Hörspielmusik in der oder die Serie, völlig unberücksichtigt. Dies ist be­ deutschen Rundfunkgeschichte. Originalkompo­ dauerlich, weil z.B. Richard Dreyer bereits Ende der sitionen im deutschen Hörspiel 1923- 1986. Ber­ 70er Jahre in seinen Untersuchungen zu Stars zu lin 1990. ähnlichen Ergebnissen kommt wie die beiden Auto­ ren . Aber nicht nur aus der Sicht vergleichbarer Re­ sultate scheint die Einengung nicht gerechtfertigt, sondern auch mit Blick auf historisch unterschiedliche Wolfgang Ruppert (Hrsg.): Chiffren des Alltags. Vermarktungsstrategien, von Produktinszenierungen Erkundungen zur Geschichte der Massenkultur. usw. Die historische Darstellung von Massenproduk­ Marburg: Jonas Verlag für Kunst und Literatur 1993, ten unter Vernachlässigung der verschiedenen Mo­ 124 Seiten. mente von Massenkommunikation führt im einzelnen sicher zu interessanten Detailergebnissen, wie nicht Die Aufsatzsammlung , die Ergebnisse einer 1990 an nur der Aufsatz von Seile, sondern auch die übrigen der Hochschule der Künste in Berlin veranstalteten Beiträge zeigen . Für theoretische Verallgemeinerun­ Arbeitstagung enthält, gliedert sich inhaltlich in zwei gen des Untersuchungsgegenstandes ist diese Teile. Zunächst nähern sich der Herausgeber Wolf­ Ausgangsbasis allerdings zu schmal. gang Ruppert sowie Gert Seile Fragestellungen der Das angedeutete Problem trifft zum Teil auch auf Geschichte der industriellen Massenkultur. Sodann den Aufsatz von Sparke zu, der den Zusammenhang beschäftigen sich Penny Sparke , Chup Friemert und von Design und Massenkultur in den USA zwischen Themas Schwerdtfeger mit den Problemen »Design 1860 und 1960 beschreibt. in drei Zeitabschnitten, und Massenkultur in den USA 1860 - 1960«, 1860 - 1927, 1928 - 1939 und 1945 - 1960 charakte­ »Radiowellen. Objektgeschichte und Hörerformen« risiert der Autor unterschiedliche Momente der De­ sowie »Das Bierglas. Zwischen Gebrauchswert und signentwicklung. Die Basis für die Periodisierung Fetisch.« bilden die unterschiedlichen Konzepte des lndustne­ Das Vorwort und der einleitende Aufsatz von designs, das sich zunächst am Produktionsprozeß Ruppert versuchen einen notwendigen Perspektiven­ und am Preis orientierte, später sich an die wechsel in der Geschichtsschreibung zu begründen »ästhetischen Vorlieben der Konsumenten« (S . 56) und methodische Zugriffe aufzuzeigen, »mit deren anlehnte und schließlich dem permanenten Wechsel Hilfe die Objektgeschichten in ihren kulturellen und der unterschiedlichen Moden unterworfen und damit sozialen Kontexten erkannt und gelesen werden auch Ausdruck der »Objektvergänglichkeit« von können« (S . 11 ). Ruppert beruft sich vor allem auf Gegenständen wurde (S . 57) . Paul Virilio und Jean Baudrillard, um auf die Aktualität Der Beitrag »Radiowellen. Objektgeschichte und seiner Fragestellung zu verweisen. in seinen Hörerformen« ist der längste des Sammelbandes. Zu »Überlegungen zur Begründung eines Forschungsan­ Beginn zeichnet Friemert in groben Zügen die Ent­ satzes« bezieht er sich ausschließlich auf deutsche wicklung des Rundfunks von der Entdeckung der oder ins Deutsche übersetzte Autoren , ohne dabei Hertzsehen Wellen bis zur vierten Großen Deutschen selbst auf neue Zusammenhänge zu kommen. Von Funkausstellung nach, auf der die deutsche Industrie daher vermitteln die Ausführungen lediglich eine erstmals Radios mit elektrodynamischem Lautspre­ zusammenfassende Darstellung weitgehend bekann­ cher vorstellte, die bereits ein Jahr später den Markt ter Aspekte zum Thema . bestimmten . Außerdem beschreibt der Autor vier ln seinem Beitrag »Produktkultur als Aneignungs­ unterschiedliche »Hörformen<<: »Die Hausfrau nimmt ereignis zwischen industrieller Matrix, sozialen Nor­ teil am Hören«, »Die Weit als Gute Laune und der men und individuellem Gebrauch« unternimmt es Trost in der Musik«, »Die Weit als Möglichkeit. Der Seile drei Reflexionsräume von industrieller Kultur irreale Weltatlas« und »Die Weit als hörbarer Laut«. zu verbinden: »Die Ebene oder Dimen­ mitei~ander ln den jeweiligen Abschnitten beschreibt Friemert sion gesellschaftlich-allgemeiner, epochaler Aneig­ Zusammenhänge von Radiohören, technischer nungsprozesse von lndustriekultur, die Ebene oder Ausstattung und äußerer Gestaltung der Geräte. Dimension der sozialen Ausdifferenzierung besonde­ Ferner stellt er die ökonomischen Interessen der rer Deutungs- und Umgangsmuster darin und die Radioproduzenten am Ende der 20er und in den Ebene oder Dimension individueller Auslegungen frühen 30er Jahren sowie die politischen Bestrebun­ innerhalb teilhabender Gebrauchsbiographien.« (S. gen der Führungsspitze des >Dritten Reiches< dar. 24) Die thesenhaften theoretischen Exkurse zu den Die Behandlung der jeweiligen Aspekte fällt sehr jeweiligen Betrachtungsebenen untermauert der unterschiedlich aus. So wird zum Beispiel die Verfasser jeweils mit Bildern aus der eigenen Erfah­ »Hörform« Volksempfänger sehr genau beschrieben, rungsbiographie. Auf diese Weise entsteht ein in sich während andere »Hörformen« eher assoziativ be­ stimmiger Vorschlag für eine sowohl theoretische als schreibend und konstruierend nachgezeichnet wer­ auch historisch konkrete Annäherung an Fragestel­ den. lungen der industriellen Massenproduktion, der auf Im letzten Aufsatz beleuchtet Schwerdtfeger vor den jeweiligen Untersuchungsebenen wenig Neues allem unter Berücksichtigung historischer, sozialer 234 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 19 (1993) und ökonomischer Aspekte die Frage nach dem Heinz-Dietrich Fischer (Hrsg.): Medienverbände in »Bierglas zwischen Gebrauchswert und Fetisch« . Deutschland. Auffällig ist in der Darstellung, daß der Autor sich mit Geschichte, Berufsaspekte, Politik. dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Ge­ Berlin: Vistas Verlag 1991, 196 Seiten . brauchswert von Biergläsern nur sehr zurückhaltend befaßt, während er den Fetisch, den er als »Obwohl sie zum Teil nicht unwesentlichen Einfluß »Vergessen der Substanz zugunsten der Bedeutung« auf Entscheidungen der Kommunalpolitik ausüben, ist (S . 122) definiert, sehr ausführlich behandelt. Der das Wissen über Aktivitäten, Intentionen und die Leser, der vielleicht das einfache Bierglas bevorzugt, Effizienz einzelner Verbände im gesamten Medienbe­ das gleichfalls von gestalterischen Wandlungen im reich recht dürftig und reicht häufig kaum über den Laufe der Geschichte nicht verschont blieb, sucht in Kreis der Insider hinaus«, schreibt Heinz Dietrich diesem Aufsatz allerdings vergeblich nach Gründen Fischer in der historischen und systematischen für dessen Entwicklung. Einleitung des Bandes. Sein zweifellos zutreffender Trotz aller Kritik können die Beiträge als einzelne Befund mochte zugleich Anlaß dafür gewesen sein, in bestehen. Es muß jedoch bezweifelt werden, ob die einer Ringvorlesung der Ruhr-Universität Bochum angebotenen Forschungsansätze für die Annäherung Sachverständige zu bitten, über wichtige Medienver­ an eine Geschichte der industriellen Massenkultur bände und -Organisationen zu referieren. Die zwölf ausreichen. Vorträge u. a. über den Deutschen Journalisten-Ver­ Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin band, die IG Medien, den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, die Spitzenorganisation der Film­ wirtschaft und den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, präsentiert das vorliegende Buch. Rudolf Lang (Bearb.): Hörfunk und Fernsehen. ln zwei ausführlichen Beiträge behandeln Waller Aufsatznachweis aus Zeitschriften und Sammelwer­ Först die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtli• ken . Jahresband 1992. chen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Köln: Westdeutscher Rundfunk 1993, LVI, 305 Sei­ Deutschland und Reiner Hochstein die Direktoren­ ten. konferenz der Landesmedienanstalten. Zum Nutzen dieser auf knappe, gleichwohl gründliche Sachinfor­ Der 17. Jahresband dieser fortlaufenden Bibliogra­ mation bedachten Publikation trägt auch ein von phie der unselbständig erscheinenden Rundfunklite­ Jürgen Niemann zusammengestelltes, nach Medien ratur führt ca. 1500 Titel auf. Sie sind durch ein um­ geordnetes und über 250 Eintragungen umfassendes fangreiches, fein gegliedertes Schlagwortregister Verzeichnis der einschlägigen Verbände, Organisa­ sowie durch ein Verfasserverzeichnis leicht zu er­ tionen und Vereine bei. schließen. Die meisten Titelaufnahmen sind außer• Arnulf Kutsch, Leipzig dem durch zum Teil ausführliche Annotationen in­ haltlich aufgeschlüsselt. Rudolf Lang, Bibliothekar des >Westdeutschen Rundfunks< und den Lesern der >Mitteilungen< als Bearbeiter ihrer »Zeitschriftenlese« seit Jahren bekannt, wertet etwa 200 laufende Zeit­ schriften aus, darunter wichtige kommunikationswis­ senschaftliche und -historische Periodika des ln- und des Auslands; hinzu kommen noch zahlreiche Jahr­ bücher und Sammelpublikationen, die von der Biblio­ thek des >Westdeutschen Rundfunks< erworben wur­ den. Für den rundfunkhistorisch Interessierten weist das Register neben den Schlagworten »Geschichte«, »Rundfunkgeschichtsforschung« und »Programmgeschichte« eine ganze Reihe weiterer zentraler Begriffe aus, mit deren Hilfe er sich die nachgewiesene Literatur schnell erschließen kann. Ein nicht zu unterschätzender Vorzug des längst zum unentbehrlichen bibliographischen Standardwerk gewordenen Verzeichnisses ist sein ausführlicher Nachweis der Aufsatzliteratur über die aktuelle Pu­ blizistik- und kommunikationswissenschaftliche For­ schung, deren theoretische Ansätze, Problemstellun­ gen und Verfahren für die Rundfunkhistoriographie von hohem Nutzen sind. Arnulf Kutsch, Leipzig