Unser © 1983 by Quartierverein Seebach, -Seebach

Idee und Konzept: Quartierverien Seebach

Gesamtleitung: Roman G. Schönauer Redaktionskommission: Heinz Billeter, Rogé Eichenberger, Peter Günther, Alois Jud, Fritz Senn und Kurt Wirth.

Grafische Gestaltung und Satz: Grafik Werbung Rosen, Zürich

Druck: Huser Druck AG, Zürich

Fotolithos: Seba Clichés AG, Zürich

Ausrüstung: Buchbinderei Burkhardt AG, Zürich

Neuauflage: Huser & Partner, Zürich Pascal Zingg, 2. Lehrjahr Selina Decio, 4. Lehrjahr Beiträge zur Vergangenheit und Gegenwart eines Stadtquartiers

Herausgegeben vom Quartierverein Seebach 1983 aus Anlass der 50jährigen Zugehörigkeit zur Stadt Zürich Inhaltsverzeichnis Grusswort des Stadtpräsidenten Dr. Thomas Wagner 6 Vorwort des Quartiervereinspräsidenten Kurt Wirth jun. 7 Kleine Wappenkunde Peter Ziegler 9

Besiedlung und bauliche Entwicklung Urgeschichliche und römische Zeit Anne Kustermann 11 Das alte Dorf Ernst Benninger 15 Häuser und ihre Geschichte Ernst Benninger 19

Landwirtschaft, Natur und Elemente Landwirtschaft Jakob Strehler sen. 65 Der Wald von Seebach Felix R. Thommen 75 Rebbau in Seebach Kurt Pfenninger 81 Wasser und Brunnen Maarten Schalekamp 83 Seebacher Feuerwehr Kompanie 21 Hans Fretz 89

Wirtschaft und Geld Streiflichter auf Industrie und Gewerbe im alten Seebach Hansruedi Roth 91 Sparkasse Seebach Werner Götti 98

Kirche und Schule Das alte Kirchlein Emil Rütti 101 Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Peter Buff 103 Die römisch-katholische Kirchgemeinde Maria Lourdes Otto Seitz 109 Die Schule im Wandel der Zeit Arthur Schyrr 113

4 Verkehr und Post Die Strassenbahn „Zürich-- Seebach“ Josef Balen 121 Um unseren Bahnhof Reinhard Ochsner † 129 Postgeschichte Alfred Müller 131

Vor und nach der Eingemeindung Gemeindepolitik und Parteien vor der Eingemeindung Otto Nauer 135 Die Eingemeindung 1934 Dr. Walter Akeret 145 Erinnerungen des letzten Kanzlisten Kurt Wirth, 07 153 Die Baugenossenschaften Selbstdarstellungen 157

Kultur, Freizeit und Fürsorge Vereine – einst und heute Selbstdarstellungen 167 Das Gemeinschaftszentrum Seebach Peter Keck 197 Altersfürsorge in Seebach Dr. Emilie Liebherr 199

… und das Fernsehen Das Fernsehzentrum Zürich-Seebach Alfred Fetscherin 203 Dank und Hinweise Liste unserer Donatoren 206 Bild- und Archivhinweise 207

Seebach 1912

5 Grusswort des Stadtpräsidenten

Liebe Seebacherinnen Seebacher mit ihrer Heimat zu verstärken Liebe Seebacher und den Neu-Zuzügern die Aufnahme in die Gemeinschaft zu erleichtern.

Mit herzlichen Grüssen und Wünschen aus dem Stadthaus. Blättert man im vorliegenden Werk, so drängt sich die gewählte Anrede gera- dezu auf. Wohl gehören die Seebacher seit einem halben Jahrhundert zur Stadt Zürich; in ganz besonderem Mass sind sie aber mit ihrem Quartier weiterhin verbun- den geblieben. Daran hat die Aufnahme der ehemals selbständigen Gemeinde zur Stadt Zürich im Jahre 1934 offensichtlich nichts geändert.

Als Stadtpräsident kann ich diese Identifika- Dr. Thomas Wagner tion und Verwurzelung der Bewohner mit Stadtpräsident von Zürich „ihrem“ Quartier nur begrüssen. Seebach hat es verstanden, sein Bewusstsein als traditionsreiche Gemeinschaft zu bewah- ren. Es ist zu hoffen, dass das „Seebacher Eigenleben“ auch in den kommenden Jahrzehnten Bestand haben wird! Die zahlreichen Vereine mit ihren vielfältigen Aktivitäten bilden dabei eine ausserordent- lich gute Grundlage für die Pflege der Zusammengehörigkeit und für die Über- nahme von Verantwortung.

Dem Quartierverein Seebach als Initiant und den zahlreichen Autoren gebührt Dank dafür, dass sie die fünfzigjährige Zugehörigkeit von Seebach zur Stadt Zü- rich zum Anlass genommen haben, um in zugänglicher Form eine geschichtliche Dokumentation mit Bezug zur Gegenwart zu schaffen. So wird „unser Seebach“ zu einer „kaleidoskopischen Entdeckungs- reise“. Ich bin überzeugt, dass der Quar- tierverein Seebach mit dem vorliegenden Werk dazu beiträgt, die Verbundenheit der

6 Vorwort des Quartiervereinspräsidenten

Das vorliegende Werk erhebt nicht den erst ermöglicht haben. Spezielle Verdiens- Anspruch, eine Gemeindechronik im wis- te um das Zustandekommen hat sich senschaftlichen Sinne zu sein. Vollstän- Roman G. Schönauer vom Stadtarchiv digkeit war weder möglich, noch wurde Zürich erworben. Ohne seine hilfreiche sie angestrebt. Ziel war vielmehr, mit einer Mitarbeit und seine Zuneigung zu unse- bunten Palette von Beiträgen auf Vergan- rem Quartier wäre die gestellte Aufgabe genheit und Gegenwart unseres ehema- für uns kaum lösbar gewesen. ligen Dorfes einzugehen. Dass es den- noch gelang, praktisch alle wesentlichen In Dankbarkeit erinnern wir uns an frü- Komponenten unserer Ortsgeschichte her erschienene Schriften zur Geschichte durch sachverständige Autoren darstel- Seebachs – von Dr. Jakob Winkler oder len zu lassen, darf als Glücksfall gewertet von unserem unvergessenen Reinhard werden. Die Unterschiedlichkeit im Stil Ochsner verfasst – die indirekt zu diesem der Beiträge und in der Behandlung der Buch beigetragen haben. Wir benützen Themen entspricht durchaus unserer Ab- die Gelegenheit, allen zu danken, die in sicht, wollten wir doch auch möglichst vie- vielfältiger Weise im Seebacher Alltag da- le, verschiedenartige Stimmen aus dem ran arbeiten, unserer Jugend und Neuzu- Quartier zu Worte kommen lassen. Mit zügern ein heimatliches Zugehörigkeits- der Herausgabe im jetzigen Zeitpunkt will gefühl zu unserem Quartier zu vermitteln. der Quartierverein Seebach an das Ende Der Quartierverein wird mithelfen, dass der Gemeindeautonomie im Jahre 1933 diese Verbundenheit auch nächsten Ge- und die heute 50jährige Zugehörigkeit zur nerationen weitergereicht und von ihnen Stadt Zürich erinnern. wieder neu zum Ausdruck gebracht wird. Wir hoffen, mit diesem Buch Verständnis Wir danken allen Autoren, Vereinen und und Liebe zu unserer engeren Heimat zu Organisationen, die mit vielfältigen Text- fördern. und Bildbeiträgen, aber auch mit ihren Ratschlägen unser Buch mitgestaltet haben. Wenn nun ein Verfasser nament- lich hervorgehoben wird, so geschieht dies aus besonderer Dankbarkeit und Anerkennung. Ernst Benninger, ein al- ter Seebacher, hat in jahrelanger, auf- wendiger Kleinarbeit in Archiven die 46 alten Häuser und Höfe Seebachs lokali- siert und ihre Entwicklung aufgezeichnet. Sein Kapitel über die einstige Bausubs- Kurt Wirth jun. tanz unseres Dorfes stellt eine einmalige Präsident des Quartiervereins Seebach Quellenarbeit dar und darf als besondere Bereicherung dieses Buches bezeich- net werden. Dank aber auch den vielen, grossherzigen Gönnern und all denen, die mit ihrer Vorausbestellung dieses Buch

7 Das Seebacher Gemeindewappen von 1928, beziehungsweise das heutige Quartierwappen beruht auf einem Schweizerischen Landes- museum befindlichen Scheibenriss (Vorlage für eine Wappenscheibe) aus dem Jahre 1693.

8 Kleine Wappenkunde Peter Ziegler

Im frühen 16. Jahrhundert liess die Zür- Bisweilen kommt die Pflug-schar auch Er schlug vor, einen in einen See fliessen- cher Obrigkeit die zum Teil von spätmittel- silbern auf gelbbraunem oder grauem den Bach darzustellen: „In Silber unter alterlichen Adels- und Bürgergeschlech- Grund vor, gelegentlich ist sie blau. In blauem Wellenschildhaupt ein blauer Wel- tern abgeleiteten Wappen ihrer Land- und seiner Sitzung vom 27. Mai 1925 hielt lenpfahl“. Aber die Gemeinde lehnte den Obervogteien in Gruppen oder in Ge- der Gemeinderat Seebach fest, er habe beachtenswerten Vorschlag, der in die samtkompositionen darstellen. Als Aus- von der Kaffee Hag AG herausgegebene drucksmittel bis ins 18. Jahrhundert hin- Sammlung „Die Wappen der Schweiz“ ein in Form zeitgenössischer Holzschnitte hätte aufgenommen werden sollen, mit die obrigkeitlichen Mandate; man findet Schreiben vom 24. Oktober 1922 ab. Die sie auch auf Münzen und Glasgemälden. Änderung des unbefriedigenden Gemein- dewappens von Seebach liess aber nicht Die Sitte, Gemeindewappen zu führen mehr lange auf sich warten. und damit amtliche Dokumete und Ge- genstände in Gemeindebesitz zu kenn- 1925 gründete die Antiquarische Gesell- zeichnen, setzte sich im Zürichbiet erst in schaft in Zürich eine Gemeindewappen- der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommission. Diese setzte sich das Ziel, allgemein durch. Bei der Neuschöpfung die Wappen aller zürcherischen Gemein- von Wappen griff man wenn möglich auf den zu erforschen, überladene Schildbil- alte Vorlagen, etwa auf Vogteiwappen, zu- der zu vereinfachen, falsche zu verbes- rück, anderseits verwendete man Hand- Briefkopf um 1920 sern und wenn nötig auf der Grundlage werkerzeichen oder besonders beliebte alter Vorbilder neue zu schaffen. Die berei- Motive wie Sterne und Pflugscharen. als Gemeindewappen „zwei gekreuzte nigten Entwürfe und Blasonierungen (wis- blaue Pflugscharen in Silber“ für richtig senschaftliche Kurzbeschreibung) sollten Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an befunden. von den Gemeindebehörden genehmigt führte die Gemeinde Seebach ein Wap- und dann als Postkarten herausgegeben pen mit zwei gekreuzten Pflugscharen. Nicht nur in den Farben, auch in der werden. Sie stehen auf Säcken mit der Jahreszahl Zeichnung herrschte grosse Vielfalt. Zwar 1861, in denen die Feuerwehr bei Brän- zeigen die Spitzen immer nach oben. Das Gemeindewappen von Seebach kam den Hausrat flöchnete. Wir finden sie um Aber bald liegt die schräglinke über der in der Kommission am 24. März 1928 die gleiche Zeit auf der „Krauertafel“, ei- schrägrechten Pflugschar, bald umge- erstmals zur Sprache. Man war sich ei- ner farbigen Darstellung der Wappen aller kehrt. Bald sind die Pflugscharen mit der nig, dass das bisher geführte Wappen zürcherischen Gemeinden, welche der in Tüllenöffnung gegen den Betrachter ge- heraldisch unhaltbar sei und durch etwas Zürich tätige Lithograph Johannes Krauer richtet, bald umgekehrt. Auch die Breite Besseres ersetzt werden sollte. Auf Vor- mit tiefem Verkaufspreis erfolgreich ver- schwankte erheblich und konnte von der schlag von Stadtarchivar Eugen Hermann breitete. Das Gemeindesymbol zierte die Pfeilspitze bis zur Wurfschaufel reichen. einigten sich die Mitglieder darauf, der Fahne des Männerchors Seebach aus Gemeinde die Übernahme eines Wap- dem Jahre 1875; man setzte es auf die Die Kreuzung der Pflugscharen war eine pens mit Schrägflüssen und Sternen zu drei neuen Kirchenglocken und in zwei schlechte heraldische Lösung, liess sich empfehlen, das man auf einem Schei- Kirchenfenster von 1878, auf amtlichen doch das Gemeindewappen nie klar und benriss von 1693 – der Vorlage zu einer Briefbögen, auf Vereinsfahnen und führte einfach stilisieren. Der Heraldiker Emil Wappenscheibe – gefunden hatte. Ur- es auf Stempeln und in Siegeln. In farbi- Baumann versuchte deshalb im Jahre sprünglich erwog man, die Sterne im In- gen Darstellungen ist das Feld meistens 1922, die Gemeinde Seebach zu bewe- teresse einer proportionierten Darstellung silbern, die Pflugscharen sind schwarz. gen, ein anderes Wappen anzunehmen. wegzulassen. Man dachte auch daran, die

9 Sterne durch eine oder zwei Pflugscharen Wappenfrage. Am 28. April beschloss aus dem Schildfuss mündenden Bach, aus dem bisherigen Gemeindewappen zu die Kommission der Antiquarischen Ge- begleitet von drei goldenen Sternen. Das ersetzen, verwarf aber diesen Gedanken sellschaft das heutige Wappen endgültig, teilweise redende Wappen erinnert mit wieder. Nachdem ein Gespräch mit den und das Staatsarchiv Zürich ersuchte Sternen, Gold und Rot an die Vogtei und Gemeinderäten von Seebach vorausge- anschliesend die Gemeinde Seebach um die Grundherrschft der Abtei Zürich und gangen war, referierte Eugen Hermann Zustimmung Mit dem Gemeinderatsbe- mit dem Bach an die schon im 14. Jahr- im April 1928 in Seebach vor einem schluss vom 3. Mai 1928 erhielt Seebach hundert bekannte Familie Seebach. grösseren Kreis – vor allem vor Ver- ein heraldisch gutes neues Wappen: In einsvorständen und Lehrern – über die Rot ein silberner Schrägfluss mit einem

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an bis 1693 belegtes und 1928 wieder eingeführtes 1928 verwendet Gemeindewappen Gemeindewappen (seit 1934 Quartierwappen)

10 Urgeschichtliche und römische Zeit Anne Kustermann

Bodenbeschaffenheit es sich um Brandbestattung (Kremation) handelt und nur der Leichenbrand, d.h. Der grösste Teil der Bodenoberfläche in verbrannte Knochenstückchen, beige- Seebach besteht aus Eiszeitablagerun- setzt wurden, konnte dies bei einer Aus- gen, aufeinanderfolgenden Schotter- und grabung leicht übersehen werden. Moränenschichten. Die Landschaft wurde durch die Gewässerkorrektion (Glattab- Im Anzeiger der Antiquarischen Gesell- senkung) in unserem Jahrhundert stark schaft ist vermerkt, dass 1868 „rechts der verändert: Die Glatt mäanderte früher im Strasse zur Burg“ und 1888 „im Seeba- flachen Tal, was Sumpfgebiete zur Folge cherhölzli“ je 1 Grabhügel festgestellt, hatte. aber nicht archäologisch erforscht wurde.

Grabhügel mit mehrfachen Bestattun- Urgeschichtliche Zeit gen mit Grabbeigaben fanden sich auch auf dem Hönggerberg, in und in Die Moore sind in prähistorischer Zeit nicht Wallisellen. Zu keinem dieser Gräber ist unbedingt siedlungsfeindlich, aber bisher die zugehörige Siedlung bekannt. Eine wurden in Seebach im Gebiet der ehema- gezielte Suche nach diesen eisenzeitli- ligen Moore keine urgeschichtlichen Fun- chen Weilern oder Einzelhöfen ist kaum de gemacht. Die Moränen-Hügel haben möglich, da die Distanz Siedlung – Fried- wir uns meist bewaldet vorzustellen. Das hof (Grabhügel) nicht abschätzbar ist; zu- Roden von Urwald war in urgeschichtli- Übersicht der Sumpfgebiete dem sind heute die in Frage kommenden cher Zeit mit den damaligen Werkzeugen in der Gegend von Seebach urgeschichtlichen Siedlungsgebiete meist eine mühsame Sache. So wird Seebach, überbaut. als ein teils bewaldetes, teils versumpftes Gebiet wohl nicht sehr attraktiv für den stark verrostete Eisenringe. Nördlich vom Die Grabhügel der frühen Eisenzeit sind urgeschichtlichen Ackerbauern gewesen vierten, obersten Steinlager und damit gut wegen ihrer Form auffällig und wurden sein. in dreiviertel der Hügelhöhe standen zwei deshalb früh als archäologisches Bo- Gefässe; beide kennen wir nur noch aus dendenkmal erkannt. Leider grenzte das In der Eisenzeit allerdings, genauer im 6. einer Zeichnung von F. Keller. Noch etwas damalige Vorgehen bei einer Ausgrabung Jh.v.Chr., muss in der Nähe des Jung- höher als die zwei Töpfe fanden sich zwei holzes ein Bauernhof oder Weiler existiert gleiche, grün patinierte Bronzearmringe. haben, denn dort, wo heute Jungholz- und Gujerstrasse sich kreuzen, wurde Die Verstorbenen wurden bekleidet bei- 1845 ein Grabhügel entdeckt. Von der gesetzt. Aus der Lage von erhaltenen Antiquarischen Gesellschaft wurde eine Trachtbestandteilen wie Nadeln als Kleid- Grabung durchgeführt. Man beschränk- verschlüsse ist heute die Tragweise von te sich darauf, in der Mitte des Hügels Kleidern der Beigesetzten rekonstruier- ein Loch auszuheben. Dabei stellte man, bar. Häufig ist in Grabhügeln mehr als wie eine Zeichnung von Ferdinand Keller eine Person bestattet; meist liegt die erste zeigt, vier Steinlager fest, die sich in ver- Bestattung unten in der Mitte des Hügels, schiedener Höhe befanden. In der Höhe spätere darüber, wie Nachbestattungen Gefäss aus dem Grabhügel im Jungholz des dritten Steinlagers fanden sich einige liegen kreisförmig darum herum. Wenn (Ausschnitt aus einer Zeichnung von F. Keller)

11 an Schatzgräberei. Die heute so wich- tigen Befunde, d.h. die Spuren, welche die einzelnen Grablegungen hinterlassen, wurden kaum beachtet, nur die Funde (möglichst Gold!) zählten. Die modernen Grabungsmethoden ermöglichen es uns heute z.B. anhand von Blütenpollen- Bestimmungen festzustellen, welche Blumen dem Verstorbenen mit ins Grab gegeben wurden. Damit lässt sich sagen, in welcher Jahreszeit das Begräbnis statt- gefunden hat; beispielsweise Pollen von Weidenkätzchen deuten auf Frühjahr hin.

Die heutige minutiöse archäologische Beobachtung ermöglicht uns auch, die schwachen Verfärbungsspuren des ver- gangenen Bauholzes eines prähistori- schen Hauses zu erkennen. So müssen wir vermuten, dass in Seebach viele prä- historische Strukturen (Häuser, Dorfzäu- ne, Wege etc.) wegen Nichtbeachtung bei der Überbauung zugrunde gegangen und für immer verloren sind.

Eisenringe und Bronzearmringe aus dem Grab- hügel im Jungholz (Sammlung des Schweizer- ischen Landesmuseums)

12 Schnitt durch den Grabhügel im Jungholz nach einer Zeichnung von Ferdinand Keller. Das Grab wurde 1845 entdeckt und Ende Februar 1846 freigelegt.

Römische Zeit nach Christus relativ dicht besiedelt. Ent- lang der römischen Verkehrsachse finden Erst aus der Zeit, als Zürich den Römern sich Mauerreste von Gutshöfen auf dem als Zollstation an der Strasse Walensee – Stickhofareal und auf dem Allenmooshö- Zürichsee – Winterthur diente, haben wir gerli. wieder Funde aus Seebach. Es handelt sich nicht um Gräber oder Siedlungen, Die Fundverbreitungskarte zeigt uns, dass sondern um Einzelfunde, sogenannte in Seebach selbst zwar bis jetzt keine „Streufunde“: Ein „As“ aus der Zeit des Mauerreste einer römischen „Villa“ ge- Kaisers Augustus und ein „Dupondius“ funden wurden, dass das Quartier aber des Kaisers Vespasian, beides Kupfer- umgeben von römischen Besiedlungen münzen aus dem 1.Jh.n.Chr., zwei abge- war und so sicher „mancher Römer durch brochene Amphorenhenkel, das typische unser Seebach spaziert ist“. römische Transportgefäss für Wein und Oel sowie einen römischen Ziegel.

Diese Funde sind im Zusammenhang mit der römischen Strasse zu sehen, die von der heutigen Zürichs aus über den Milchbuck, Oerlikon, Seebach und Kloten nach Norden zur Hauptstrasse Vindonissa (Brugg) – Vitudurum (Winterthur) – Brigan- tium (Bregenz am Bodensee) führte. Das Gebiet der Kreise 11 und 12 und deren Umfeld waren im 1. bis 3. Jahrhundert Mutmasslicher Verlauf der Römerstrasse (Abschnitt Zürich – Glattbrugg)

13 Älteste Ansicht von Seebach: Sepia-Zeichnung um 1770 / 80 von Ofenmaler Hans Jakob Kuhn (1740 –1816)

14 Das alte Dorf Ernst Benninger

Die Anfänge der Gemeinde lang und den Glattalgemeinden Schwa- der Abtei waren. Da die Grafschaft Kyburg mendingen und Oerlikon zur Reichsvog- nur bis zur Glatt reichte, dürfte das Au- Umgeben von einem Kranz von Ortschaf- tei Zürich, welcher die Besitzungen der sserdorf ebenfalls der Reichsvogtei Zürich ten, die schon im Zeitpunkt der Landnah- beiden Zürcher Stifte Gross- und Frau- angehört haben. Auffallend ist, dass die me durch die Alemannen (5./6. Jahrhun- münster unterstellt worden waren. Grund beiden Seebacher Dorfteile selbständige dert) oder wenig später besiedelt wurden und Boden des gesamten südlichen Ge- Zelgensysteme hatten. In Bezug auf die – wie Kloten, , Oerlikon, meindeteils dürfte dem Fraumünsterstift Bewirtschaftung ihrer drei Zelgen waren Affoltern und Rümlang – liegt das Gebiet gehört haben, das hier alle Höfe besass. somit Ober- und Ausserdorf unabhän- der ehemaligen Gemeinde Seebach. Im gig von einander. Diese Teilung wäre bei Gegensatz zu den genannten Orten, die Über die ältere Geschichte des nördlich einer gleichzeitigen Besiedlung unwahr- zum Teil schon in römischer Zeit besiedelt des Katzenbachs liegenden Ausserdorfs, scheinlich gewesen. Wir müssen daher gewesen waren, wurden bisher in See- das kirchlich bis 1664 zu der Urpfarrei Klo- annnehmen, dass vermutlich der äussere bach keinerlei Spuren einer Besiedlung ten gehörte, sind wir wenig unterrichtet. Im Teil zeitlich später besiedelt wurde. in der Römerzeit oder im Frühmittelalter westlichen Teil lagen die wohl erst später entdeckt. Urkundlich wird Seebach erst- gerodeten „Rütinen“ (Köschenrütihof). Als Wie erwähnt, unterstanden die beiden mals 1212 erwähnt; doch ist die Siedlung „einbeschlossener Hof“ hatte er keinen Zürcher Stifte dem Reich, das aber seine selbstverständlich älter. Grabungen, die Anteil an den Gemeindenutzungen. Das Rechte an die Herzöge von Schwaben im November 1961 in der 1664 erstell- eigentliche Ausserdorf stiess östlich an und dann an die Reichsvögte übertrug. ten Kirche durchgeführt wurden, deckten das auch zur Kirchgemeinde Kloten gehö- Seit dem späten 10. Jahrhundert vererbte Bauelemente zweier früheren Bauten – rende Dörfchen Oberhausen, das eben- sich die Reichsvogtei Zürich bei den Gra- der 1353 erwähnten Nikolauskapelle – falls westlich der Glatt lag. In seinem Plan fen von Lenzburg, dann bei den Herzögen auf, von welcher die ältere vom Ausgräber über die Herrschaftsverhältnisse um 1250 von Zähringen. Nach deren Aussterben Dr. Paul Kläui spätestens ins frühe 12., bezeichnete Paul Kläui auch das Gemein- 1218 fiel jener Teil der Vogtei, zu wel- eher ins 11. Jahrhundert datiert wurde. degebiet Seebachs nördlich des Katzen- chem Rümlang und Seebach gehörte, an bachs als Fraumünsterbesitz, was zutref- die Grafen von Kyburg und 1264 an die Wann die Besiedlung des Tälchens des fen dürfte, war doch auch das Ausserdorf Grafen von Habsburg, die ihn schliess- Katzenbachs erfolgte, lässt sich somit we- mit Ausnahme des Chorherrenhofs, der lich 1424 an die Stadt Zürich verkauften. der auf Grund der Urkunden noch von ar- dem Grossmünsterstift gehörte, ebenfalls Aber noch im 14 Jahrhundert vermerkte chäologischen Funden genau bestimmen. mit Fraumünsterhöfen besetzt, die wohl die Abtei, dass die Hohe- oder Blutge- Ortsnamen mit -bach entstanden nicht wie im südlichen Dorfteil altes Eigentum richtsbarkeit, welche die Habsburger in im Zeitpunkt der Landnahme, sondern frühestens im 8. Jahrhundert. Seebach gehört somit zu den Ausbausiedlungen, die auf Grund einer „Innenkolonisation“ Für die vielen Hinweise zum Quellenmaterial danke ich den Mitarbeitern des Staats- und entstanden sind, die vermutlich im 8. bis Stadtarchivs und des Baugeschichtlichen Archivs der Stadt Zürich. 10. Jahrhundert erfolgte. Im Grunde muss von zwei Siedlungen gesprochen werden: Herrn Hans Schulthess, Familienforscher, Wallisellen, verdanke ich zahlreiche Angaben über vom Oberdorf südlich und vom Ausser- die Herkunft und Verbreitung der Seebacher Geschlechter; ebenso danke ich meinem dorf nördlich des Katzenbachs, beide an Schwager, Herrn Karl Fintschin-Benninger, Maur, für seine wertvollen Ratschläge. Ganz be- der äussersten Peripherie der an diesem sonderen Dank schulde ich Herrn Dr. Paul Guyer, Zürich/Bremgarten, für seinen fachlichen Bach zusammenstossenden Kirchge- Rat und die Bereitschaft zur Durchsicht des Manuskriptes. meinden Rümlang und Kloten gelegen. Ernst Benninger Das Oberdorf gehörte zweifellos mit Rüm-

15 Rümlang und Seebach ausübten, auf der keitsverhältnis zur Abtei. Doch mochte Das Gut der Bauern Reichsvogtei beruhte. die Bürde der Hörigkeit von allem Anfang an nicht allzu schwer gewesen sein, denn Ursprünglich gehörte Grund und Boden Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Bauern übernahmen wohl nur wenig dem Grundherrn, der es zunächst durch die Besiedlung von Seebach auf Initia- Kulturland, das meiste landwirtschaftlich Knechte bebauen lassen konnte. Auch tive der Abtei oder eines Inhabers der genutzte Land musste dem Wald und dem war es möglich, die Bauerngüter auf Zeit Reichsvogtei erfolgte. Im Einzelnen wis- Riedland abgewonnen werden, wie heute auszugeben als sogenannte „Handlehen“. sen wir nicht, durch wen und auf welche noch einige Flurnamen zeigen: Doch diese beiden Entwicklungsstufen Weise die Siedlung erfolgte. Auf alle Fälle lassen sich in den vorhandenen Urkunden standen die Siedler in einem Abhängig- in Seebach mit Ausnahme des Kelnhofes nicht feststellen, denn im Spätmittelalter setzte sich das „Erblehen“ immer mehr Rodungsnamen: durch. Die Bauern als Bewirtschafter die- ser Güter hatten dafür den Lehenzins zu Rüti, Rütinen und Tuggenman- entrichten, der in seiner Höhe bis ins 19. (heute Docken-)Rüti durch Reuten (Entwurzeln) gerodetes Land Jahrhundert unverändert blieb. In See- Höw (heute Heu) Hau, Häu = ausgehauenes Waldstück bach bestanden diese Zinsen in der Regel Schwandenholz durch Schwinden (Abschälen der Rinde) gerodeter Wald, aus jährlich abzuliefernde „Kernen“ (ge- als Weide genutzt, heute wieder bewaldet droschenes, enthülstes Getreide), Hafer und Hühnern, sogennanten „fiden und An Sumpf- und Riedland erinnern: vassnacht hüner“ (abzuliefern an St. Fiden Binz, Binzmühle Vorkommen von Binsen, Riedgras und an der Fasnacht). Die Rechnungen Kolbenacker Hinweis auf Kolben („Kanonenputzer“) des Fraumünsters von 1400 bis kurz vor Moos, Müsli, Schärenmoos nasser Boden mit Sumpfbildung 1800 geben Jahr für Jahr genauestens Gwattwiesen wo durch sumpfiges Gebiet gewartet wurde Bericht über die zu bezahlenden Zinsen. Steinenfurt Furt durch sumpfiges Gelände Im Verlaufe des 14. Jahrhunderts werden die meisten Höfe direkt an die Seeba- cher Bauern verliehen; somit werden die Bauern Besitzer von Erblehenhöfen. Zwar bleibt das Lehen, streng rechtlich gese- hen, Eigentum der Äbtissin und deren Rechtsnachfolgerin, der Stadt Zürich. Es vererbt sich in der Familie, der Bebauer konnte Geld darauf aufnehmen, er konnte es mit Einwilligung des Grundherrn gar verkaufen. Mit der Zeit geriet das mit- telalterliche Lehensverhältnis mit seinen Rechten und Pflichten in Vergessenheit und man verzichtete auf das Erstellen von Erblehenbriefen; damit wurden aus den ehemaligen Lehenzinsen gewöhnliche Grundzinsen. Der Bauer wird faktisch Ei- gentümer seiner Güter. Die Seebacher nehmen im 17. und 18. Jahrhundert sehr viel Geld auf ihre Höfe auf, verschuldeten sich zusehends, sodass, einem Bericht

Ausschnitt aus Jos Murers Kantonskarte von 1566 (Seebach siehe Markierung)

16 vom Jahre 1801 zufolge, „auf Häusern Die kirchlichen Verhältnisse Hoffnung auf eine entschädigungslose und Gütern anderthalb mal soviel Schul- und der Zehnten Aufhebung der Zehnten und Grundzinsen den, als sie an Wert betragen, lasten“ konnte selbst die Helvetische Regierung (Njbl. 1801, Hülfsgesellschaft). nicht erfüllen. Erst 1803 wurde unter der Bis 1664 besass Seebach keine eigene Mediationsverfassung ein Loskaufgesetz Im Habsburger Urbar (Güter- und Ein- Kirche. Wie erwähnt, gehörte der südliche erlassen, das dann 1832 von der liberalen künfteverzeichnis), das um 1300 verfasst Teil zur Kirche Rümlang und der nördli- Regierung wesentlich erleichtert wurde. wurde, werden in Seebach als Abteibe- che zu Kloten. Doch stand im Oberdorf sitz der Kelnhof und 8 grosse Höfe (so- vermutlich seit dem 11. Jahrhundert als Wie oben erwähnt, erlangte die Frau- genannte Huben), ein Hof der Propstei Filiale von Rümlang eine Nikolauskapelle, münsterabtei 1212 den vollen Besitz der (Chorherren- oder Meyerhof) aufgeführt, die für den baulichen Unterhalt ein Kapel- Zehnten in Seebach, Binz und Recken- somit insgesamt 10 Höfe und 8 „Güetli“. lengut besass. holz, wobei jedoch unter Seebach nur der südliche Teil verstanden wurde. Der Der Kelnhof wurde von der Abtei jeweilen Mit einer Urkunde von 952 bestätigte nördliche Teil gehörte ja zur Kirche Klo- nur als Handlehen ausgegeben, denn der König Otto I. der Fraumünsterabtei ihre ten, deren Patronatsrecht die Habsburger Beamtencharakter des Seebacher Kellers Besitzungen, u.a. in Rümlang 8 Höfe und vor 1273 von den Freiherren von Ten- sollte damit gewährt bleiben. Im Auftrag die Hälfte der Kirche. Die andere Hälf- gen erworben hatten. Sie müssen später der Abtei bezog er die Zinsen der Abtei- te gelangte auf uns unbekanntem Wege auch die Zehntrechte erworben haben, höfe. Zugleich war er Vorsitzender des später an die Grafen von Kyburg, die um denn beides schenkten die Habsburger Hofgerichtes, dem 3 – 4 Hofleute ange- 1210 die Ansprüche der Abtei bestritten, um 1406/07 an das Kloster Wettingen, hörten. Es war daher gegeben, dass er die dann tatsächlich 1212 auf ihre Rechte welches diese Rechte bis 1838 ausübte. die seit dem 15. Jahrhundert erwähnten an der Kirche verzichtete, wogegen Graf Diese Zweiteilung des Seebacher Zehn- Versammlungen der „Puursami“ leitete, Ulrich von Kyburg mit seinem Lehensträ- ten bestätigt auch die Offnung von 1442: welche vor allem über die gemeinsame ger Rudolf von Rapperswil der Abtei die „Ouch soll man wissen, dass miner Fro- Bewirtschaftung des Landes entschied, Zehnten in Seebach, Binz und Recken- wen der Eptissin und der Kilchen ze Klo- denn die Bepflanzung der drei Zelgen, holz abtraten. Das Rümlanger Patronats- ten (die dem Kloster Wettingen gehörte) in welche das Ackerland eingeteilt war, recht gelangte 1302 an die Konstanzer Zenden teilt der Seebach“. machte ein gemeinsames Vorgehen not- Bischofskirche, von der es die Abtei samt wendig. Da die Abtei auch den „Twing dem Zehnten 1514 kaufte. Mit der Auf- Vom Zehnten, den das Kloster Wettin- und Bann“ (d.h. das Aufsichtsrecht über hebung der Abtei im Jahre 1524 gingen gen im nördlichen Teil des Dorfes See- die Bewirtschaftung des Landes) besass, diese Rechte an die Stadt Zürich über, die bach bezog, fiel ein Viertel an die Kirche konnte ihr Vertreter, der Keller, in dieser seither die Geistlichen einsetzte. Konstanz. Im Wettinger Zehnturbar von Hinsicht einen massgebenden Einfluss 1558 wurde dieser Zehnten, „daruss den ausüben. Mit der Reformation wurde Der Zehnte – die Abgabe des zehnten Thumb Herren (Domherren) zu Costantz 1526 das lokale Hofgericht aufgehoben Teils des landwirtschaftlichen Ertrages an die Quart gehört“ im Beisein des Konstan- und die Seebacher an das Stadtgericht die Kirche – wurde unter Hinweis auf bi- zer Amtmannes von Zürich und von vier verwiesen. Nach Verlust dieser gerichtli- blische Vorbilder von Karl dem Grossen Dorfgenossen eingehend beschrieben. chen Funktion wurde der Keller in Weibel eingeführt. Je ein Viertel dieser Abga- umbennant. be sollte der Besoldung des Geistlichen, Für die Einlagerungen des Zehntens be- dem Unterhalt der Kirche, den Armen und sass die Fraumünsterabtei eine Zehn- Die „Puursami“ bestand lediglich aus den dem Bischof zufallen. Später gelangte der tenscheune. Dagegen dürften die dem gutsbesitzenden Bauern, denn sie muss- Zehnten oder Teile davon als „Kapitalanla- Kloster Wettingen und dem Domstift te darauf achten, dass die gemeinsamen ge“ in den Besitz von Laien. Abgaben wa- Konstanz zufallenden Abgaben auswärts Güter – Wald und Allmend – nicht über- ren noch nie eine erfreuliche Angelegen- – in der Wettinger Zehntenscheune zu nutzt wurden. heit. So ist es begreiflich, dass die Bauern Affoltern oder in den Amtssitzen der in am Zehnten Anstoss nahmen und beim Zürich residierenden Amtmänner dieser Sturz des Ancien Régime die Aufhebung beiden geistlichen Institutionen – eingela- der Grundlasten forderten und 1798 die gert worden sein. Entrichtung des Zehnten unterliessen. Die

17 Die spätere Siedlungsentwicklung Bevölkerungsentwicklung (1300 bis 1980) Jahr Höfe / Haus- Ein- Den Kern der Siedlung bilden die im Wohnhäuser* haltungen wohner Habsburger Urbar genannten zehn Höfe im Ausser-, Ober- und Hinterdorf, die an um 1300 10 um 50 leicht erhöhter, von Hochwasser gesicher- 1425 10 um 50 tet Stelle lagen, sowie die Binzmühle. Zu 1467 10 12 um 60 diesen frühen Siedlungen kamen wenig 1549 16 80 – 100 später die Siedlungen „in Rütinen“ (spä- 1634 36 238** ter „Köschenrüti“ genannt) und das Win- 1689 43 83 436 kelgut im Schärenmoos hinzu. Seebach 1701 43 90 511** als Strassensiedlung ohne eigentlichen 1762 46 645 inkl. 76 Abwesende Dorfkern – topographische und rechtliche 1800 45 115*** 642 inkl. 115 Abwesende Verhältnisse verunmöglichten geradezu 1850 806 die Bildung eines Dorfkerns – blieb in 1880 140 – 150 1 084 seiner wesentlichen Gestalt unverändert 1900 2 850 bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Nur auf 1910 4 198 der Buhn wurden um 1670 nach einer 1933 ca. 500 6 243 Rodung einige Häuser erstellt. 1945 8 706 1950 12 489 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird die 1960 17 289 „Waid“ (hinter dem Schwandenholz) ge- 1970 20 308 rodet und 1806 das Stammhaus errichtet. 1980 18 436 Ab 1834 werden im Binz (entlang der heutigen Rümlangstrasse) und längs der * ab 1549 Wohnhäuser (vorher Höfe im Sinne des mittelalterlichen Lehenrechts) Schaffhauserstrasse mehrere Häuser und ** in seiner Dissertation „Veränderungen der Kulturlandschaft im zürcherischen Glattal“, Ziegelhütten erstellt. Zwischen 1860 und Zürich 1936, gibt E. Winkler für Seebach folgende Zahlen an: 1634: 166 Einwohner, 1880 wird das „Tannenholz“ – von der 1700: 277 Einwohner. Diese Zahlen sind falsch: sie berücksichtigen nur einen Teil der Buhn bis an die Gemeindegrenze von Gemeinde. Oerlikon – gerodet. Mit den 1880er Jahren *** diese Zahl betrifft die Anzahl „Stuben“ (nicht identisch mit dem Begriff „Haushaltungen“) setzte südlich des Buhnhügels der erste grosse Bauboom ein, der das Bild des alten Seebachs „als noch wenige trau- te Bauernhöfe sich um das Gotteshaus Abkürzungen scharten, und das Dorf inmitten des länd- Abtei Fraumünsterabtei in Zürich lichen Friedens lag“ (NZZ, 28.10.1934, Id. Idiotikon No. 1936), völlig veränderte. HBLS Historisch-Biographisches Lexikon HU Habsburger Urbar Njbl. Neujahrsblatt Probstei Propstei zum Grossmünster Zürich SN Seebacher Nachrichten STAAG Staatsarchiv Aargau StAZ Staatsarchiv Zürich TA Tagesanzeiger UBZ Urkundenbuch URZ Urbare und Rödel Winkler Beiträge zur Rechtsgeschichte von Seebach ZCh Zürcher Chronik ZTB Zürcher Taschenbuch

18 Häuser und ihre Geschichten Ernst Benninger

Plan des Dorfes mit den bis 1798 erbauten Häusern

Nummern = alte Assekuranznummern von 1812

Das Haus Ass. No. 104 (Köschenrüti), errichtet 1838, ist im Plan ebenfalls angegeben, da es den Abteihof Ass. No. 70 zu ersetzen hatte.

Haus steht noch (1983)

abgetragen, abgebrannt (1799 –1983)

Gezeichnt von Emil Rütti aufgrund des Frau- münster-Zehntenplans von 1820 und der „Wild- karte“ von 1850

19 „Tannenhof“, 1678 erbaut.

Die Binzmühle, 1212 erwähnt, 1961 abgebro- chen. Links im Bild: Das ebenfalls 1961 abgetragene Wohnhaus Allmannstrasse 3.

20 früheste Erwähnung / abgetragen / Binzmühle Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Allmannstrasse 2 1 Binzmühle erw. 1212 1961 abgetragen Allmannstrasse 3 2 Wohnhaus / Speicher erb. 1744 1869 abgebrannt 164 Wohnhaus 1875 Neubau 1961 abgetragen Bauernwohnhaus erw. 1379 1678 Neubau steht noch Allmannstrasse 4 3 „Oberhaus“, seit 1803 „Tannenhof“ genannt

Abteihof. Die Binzmühle (Ass. No.1) – eine dert, 1961 zusammen mit der Mühle ab- land dazu – 1549 waren dies 13 Jucharten hochmittelalterliche Ausbausiedlung – be- getragen. Ackerland, 7 Mannmad Heuwiesen und stand von alters her aus Mühle un dazuge- Weide, dazu 1 ½ Jucharten Wald –, so- hörigem Hof. Während die Mühle erstmals Die Mühle, in einer mit Binsen bewachse- dass der Lehenzins an die Abtei nur aus 1212 im Zusammenhang mit der Erster- nen Senke zwischen Oerlikon und See- etwas Korn (5 Mütt Kernen) und bis ins 15 wähnung Seebachs gennant wird (UBZ I, bach gelegen – daher der Name Binzmüh- Jahrhundert noch aus je zwei Fasnachts- No. 375), besagt eine Urkunde von 1379 le – diente den Bauern beider Gemeinden. und Herbsthühnern bestand. (StAZ, W I, No. 31), dass sie mit einem Hof Die Äbtissin als Grundherrin über Seebach verbunden war („uf dem hof ze Binz und (sie besass auch in Oerlikon einen Hof), Die Mühlräder wurden von einem grössen- uf der müli ze Binz, das alles Cunratz von war interessiert daran, dass ihre hörigen mässig eher unbedeutenden Gewässer – Jestetten ist“). Bauern das Korn in nächster Nähe mah- dem Mülibach – getrieben. Dieser Bach len konnten. Die Mühle lag, trotz einiger hatte seine Quellen ursprünglich in der Dieser „hof ze Binz“ dürfte mit dem „Ober- Entfernung von Seebach, innerhalb des Nähe des „Althoos“ in Affoltern; er floss haus“ (seit 1803 „Tannenhof“ genannt) Dorfetters (Zaun um das Dorf), sodass vom Hürst her kommend durch das Riet identisch sein, d.h. mit seinem Vorgänger, der Müller Mitglied der „Puursami“ war. Als südlich der Bahnlinie Affoltern-Seebach von dem es im Fraumünster Urbar von Kleinsiedlung gehörte nur wenig Kultur- (entlang der heutigen Neunbrunnenstra- 1549 heisst: „Item ein hus hofstatt hinder sse) und bildete etwa 100 m südwestlich Binz Egerten, stosst an Sant Niclaus gü- des Restaurants „Felsenberg“ den oberen ter, hat Bannwart inn, anderthalb an die Mühleweiher, der noch 1850 vollständig Allment und zum dritten an das tunkel vom „Tannholz“ umgeben war. Ein beim Gessle, ghört zum Binz hoff, hat Wiss „Fallenden Brunnenhof“ entspringender Hans (inn) und verzinst davon 5 viertel ker- Nebenbach – der Schürbach –, in wel- nen dem Binzmüller“. Das etwas erhöht chem sich noch bis zu Beginn dieses gelegene Haus ist seit 1803 teilweise, seit Jahrhunderts zahlreiche Krebse tummel- 1895 ganz im Besitz der es heute noch ten, vereinigte sich wenige Schritte ober- bewohnenden Familie Tanner. Vom Typus halb des Weihers mit dem Mülibach. Vom her ist der „Tannenhof“ – mit der Jahres- Weiher floss der Bach beim ehmaligen zahl 1678 über der Eingangstür – der erste Quartierbüro unter der Schaffhauserstra- reine Wohnbau in Seebach mit separat sse hindurch, folgte ungefähr dem Verlauf angelegtem Wirtschaftsteil. Das Haus, der Bühlwiesenstrasse und ergoss sich das einen herrschaftlichen Innenausbau zwischen Bahndamm und Allmannstrass- aufweist, wurde – ohne in Brand zu gera- se in den unteren Mühleweiher, bevor er ten – 1799 von einer französischen Artil- auf die Wasserräder geleitet wurde. Zur leriekugel getroffen; der Durchschuss im Mühle gehörten noch 1893 zwei ober- Dachgebälk ist noch heute auszumachen. schlächtige Wasserräder, zwei Wellbäume und Kammräder (Getriebe) und zur Säge- Ein weiteres Haus (Ass. No. 2, Allmann- rei ein drittes oberschlächtiges Wasserad strasse 3) wurde als Wohnhaus und Spei- mit Wellbaum, „alles aus Holz“. Diese Säge cher benützt und ist neueren Datums (er- gehörte schon von alters her zur Mühle, baut 1744). Es wurde, nach einem Brand 1212: Erstmalige urkundliche Erwähnung heisst es doch 1549 im Urbar: „Hus und und Neubau im vergangenen Jahrhun- von Seebach und der Binzmühle. müly, samt der sagen, zwo schüren, spy-

21 cher, krutgarten“. Es gehörten aber noch trieb in frühesten Zeiten Stadtzürchern zu weitere Vorrichtungen und Beiwerke zur „rechtem Erbe“. Erstmals 1333 erfahren Mühle, was angesichts der geringen Was- wir aus einer Urkunde, dass die Herren serkraft des Mülibachs erstaunen mag, so von Jestetten dieses Lehen im „Erbei- eine „Relle“ mit der der Spelz (die Hülse) genbesitz“ hatten (UBZ XI, No. 4523). von den Körnern entfernt werden konnte Die von Jestetten waren Ministeriale der (beim Dreschen blieben zwei Körner von Freiherren von Tengen und besassen zum einem Spelz umschlossen). Zur Hanf- und Teil das Zürcher Bürgerrecht. An wen die- Flachsbereitung diente im weitern eine se Herren die Mühle zum Betrieb wei- „Reibe“, mit welcher die letzten Holzteil- terverliehen, wissen wir nicht. Hingegen chen aus den Stengeln herausgedrückt ist urkundlich nachgewiesen, dass die werden konnten. Sodann wird auch eine Söhne von Conrad von Jestetten ihr Erb- „Stampfe“ erwähnt, mit der wohl Knochen eigenrecht an der Mühle im Jahre 1394 zerstampft wurden. Diese technischen an das Kapital der Abtei (Konvent der Einrichtungen sind beschrieben in einem Stiftsdamen und Chorherren) veräusser- Kaufbrief von 1678, als die Mühle von ten. Die Müller zahlten in der Folge einen Hans Jakob Brunner an Hans Jakob Böls- Lehenzins an die Äbtissin sowie einen terli von Wiesendangen um 3725 Gulden weiteren an das Kapitel der Abtei. Noch verkauft wurde: „Eine Behausung und 1549 heisst es im Fraumünster Urbar: Hofstatt, zween Mühlhüffe (Mahlgänge), „Und git Felix Binzmüller dem Capitel 3 ein Rellen, ein Sage, Rybe und Stampfe.“ müt Kernen“.

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Ab etwa 1400 sind uns die ersten Namen mit ihren wirtschaftlichen Veränderungen der Müller „ze Binz“ überliefert: Heini im und technischen Umwälzungen brachte Sand und ein gewisser Kügeli. Die nun das Ende der bäuerlichen Kundenmühle, folgenden 200 Jahre zeichnen sich durch in welche der Bauer das Korn brachte, eine grosse Sesshaftigkeit der Müllerfami- um es nach dem Mahlvorgang als Mehl lien aus. Von 1418 bis etwa 1625 bleibt nach Hause zu führen. 1893 drehten sich die Mühle im Besitz ein und derselben die zwei Mühlräder zum letzten Mal (das Sippe: Ihr ursprünglicher Familienname Wasserrad für die Säge leistete noch ei- ist nicht bekannt, sie werden einfach „der nige Zeit seinen Dienst). 1898 wurden Müller“ oder „Müller“, später „Binzmüller“ die Wasserräder abmontiert, 1908 das genannt. zur Mühle gehörige Trottwerk abgetra- gen und der mächtige Trottbaum mit der Mit der Zeit festigt sich diese Berufsbe- Jahrzahl 1672 entfernt. Um 1920 wird der zeichnung zum Familiennamen Binzmül- Mühlebach (im Bereich der Neunbrunnen- ler. So hat sich denn auch in Seebach strasse) korrigiert und der obere Mühle- eine eigentliche Müllerdynastie entwickelt. weiher zugedeckt, 1923 im mittleren und untern Teil eingedolt sowie der untere Nach dieser langen Periode der Sess- Mühleweiher eingeebnet. Nach dem Krie- haftigkeit folgt ein Jahrhundert des häu- ge verschwindet auch der letzte Rest des figen Wechsels der Inhaber. Nach Jacob 1923 zum stinkigen Kanal gewordenen, Binzmüller, dem letzten Vertreter dieses ehemaligen Mülibachs! Geschlechts auf der Mühle, folgt um 1625 Maltersack aus der Binzmühle Rudolf Martaler, abgelöst um 1649 von Welches waren die Geschlechter, die über Felix Kuhn mit seinen 14 Kindern und Jahrhunderte hinweg auf der Binzmüh- Enkeln. 1665 zahlt der angesehene Un- le das zum täglichen Leben notwendige tervogt Heinrich Rümmeli seine „5 müt Mehl bereiteten oder die zum Bauen nöti- Kernen“ dem Fraumünster. Für Rümmeli gen Balken und Bretter sägten? Die Binz- war der Besitz der Mühle wohl als Kapital- mühle, die der Äbtissin zum Fraumünster anlage gedacht. Die Mühle liess er durch zu eigen war, verlieh auch diesen Be- einen Meister und durch Mahlknechte

22 betreiben. Nach seinem Tod 1668 wird Nach diesem Kommen und Gehen von der Ausnützung nicht mehr rentiert und man an das Lied „Das Wandern ist des auswärtigen Geschlechtern hält mit Hans zudem der Bach immer weniger Was- Müllers Lust“ erinnert: Sein Nachfolger Jacob Leemann ein Geschlecht auf der ser liefert, entschliesst man sich 1893, Hans Jakob Brunner verkauft den „Mülli Binzmühle Einzug, das ab 1727 vier Ge- nach jahrhundertelanger, bewegter Ge- Gwerb“ 1678 an Hans Jakob Bölsterli, nerationen lang, abwechselnd als Müller schichte, ihn eingehen zu lassen. Nach dieser 1683 an einen neuen Müller na- und Bauer, dem früheren Lehen – Mühle dem Verkauf der Mühle lässt der neue mens Rosenstock aus Zürich, und bereits und Hof – treu bleibt. Als weitere Müller Eigentümer – Konrad Fitze, Baumeister ein Jahr später wird Meister Ludwig Wild werden noch genannt: 1758 Johannes – das Gebäude 1894 umbauen; es wer- als Müller genannt, in dessen Familie die Bänninger, 1780 Rudolf Egli, a. Säckel- den Wohnungen und später auch eine Mühle dann allerdings über 30 Jahre im meister, 1794 Heinrich Klöti, Kirchenpfle- Wirtschaft eingerichtet. Nach zahlreichen Besitz bleibt. Das inzwischen neu erbaute ger, 1801 Diethelm Fries, Gemeinderat, Besitzerwechseln wird die Liegenschaft „Oberhaus“ mit der Jahrzahl 1678 (Ass. 1832 Jacob Fries, 1845 Jacob Frei, 1856 1919 von Hans Mattenberger erworben, No. 3) gehört zunächst einem „Doctor Rudolf und später Johannes Bretscher. in dessen Familie sie bis zum Abbruch Ziegler“ aus Zürich. Es scheint, dass von 1961 verbleibt. nun an Mühle und „Oberhaus“ betrieb- Nach dem Hinschied von Johannes Bret- lich in engem Zusammenhang stehen. scher im Jahre 1883 kommt die Mühle Die Mühle stand im Bett der heutigen Ab 1719 sitzt ein Leutnant Hans Jacob auf die Gant und wird „mit allem Drum Binzmühlestrasse etwa auf der Höhe der Koller von Wiedikon auf der Mühle, der und Dran“ für 37500 Franken der Holz- Mehrfamilienhäuser No. 20, 22 und 24. aber bald nach Wiedikon zurückkehrt. korporation Seebach und der politischen Er wird dort weiterhin als „Binzmüller“ Gemeinde Seebach zugeschlagen. Die bezeichnet, was, wie Pfr. Etter, Chronist neuen Besitzer stellen einen Pächter an, von Wiedikon, schreibt „leider noch nicht der für sie den Mühle- und Sägereibetrieb gedeutet werden konnte“ (Alt-Wiedikon besorgt. Da der Betrieb wegen steigen- von Au bis Ziegelhütten, Zch. 1977, S.76). der Unterhaltskosten und ungenügen-

Der „obere Mühleweiher“ unterhalb der Bahnstation Seebach und des Restaurants „zum Felsenberg“ (Aufnahme von 1899)

23 Das alte „Winkelgut“ an der Schärenmossstrasse 5, 1952 abgetragen.

24 früheste Erwähnung / abgetragen / Schärenmoos Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Schärenfeld 8 4 Binzmühle erwähnt 1938 abgetragen „Neues Haus“ seit 1695 Schärenmoosstr. 5 5 Winkelgut erwähnt 1952 abgetragen „Altes Haus“ seit 1420

Die berühmte Gygerkarte von 1667 zeigt Häusern und liegenden Gütern – zeigt Im folgenden Jahrhundert wechselt der unter dem Namen „Scherenmoss“ (Schä- im Winkelgut gar vier Familien wohnhaft. Hof nicht weniger als achtmal die Hand. renmoos 1585 erstmals erwähnt) am Weg 1860 geht der Hof in den Besitz von An- Zu den Besitzern gehören u.a. die beiden von Oerlikon über die Binzmühle nach gehörigen der Familien Sieber und Beutler ehmaligen Gemeindepräsidenten Jakob der Strasse Richtung Kloten ein einzelnes über. Jean Sieber, Bahnwärter und Land- Klöti (seit 1848) und Heinrich Steffen (seit Haus, nahe dem Katzenbach. Die Ge- wirt, zählt zu den letzten Bewirtschaftern 1868). 1892 erwirbt Johann Jacob Ro- nauigkeit der Angabe lässt keine Zweifel des Winkelgutes, bevor es 1952 abge- senberger den „Gwerb“ im Schärenfeld; offen: Es ist das alte, 1952 abgetragene tragen wird. das Haus wird 1938 abgerissen. und längst vergessene „Winkelgut“. Das Bevölkerungsverzeichnis von 1695 Der Vollständigkeit halber sei hier noch Das Winkelgut – seit 1420 in den Frau- führt im Schärenmoos erstmals zwei Häu- erwähnt, dass im Jahre 1800 ein drittes münsterrechnungen unter diesem Na- ser auf. Neben dem alten Winkelgut lässt Haus im Schärenmoos erbaut wurde (Ass. men aufgeführt – ist eines der kleinen ein Postmeister Widerkehr aus Zürich ein No. 6). Es befand sich an der Ecke Schä- Fraumünster-Güetli, die im Habsburger zweites Haus erstellen. Es wird in den renmoosstrasse / Schaffhauserstrasse Urbar (nach 1300) erwähnt werden. Der Rödeln immer als „Neues Haus“ (Ass. und war seit 1861 im Besitz von Johann Name Winkelgut gerät im 17. Jahrhundert No. 4) bezeichnet; den Namen „Bühlhof“ Krebser; es fiel am 22. Mai 1878 einem in Vergessenheit, aber noch 1820 findet erhält es erst in der zweiten Hälfte des Brand zum Opfer. An seiner Stelle bau- sich im Zehntenplan des Fraumünsters vergangenen Jahrhunderts. Das Gut wird te Krebser 1879 das ältern Seebachern an jener Stelle der Flurname „Winkelä- im 18. Jahrhundert von den vorüberge- noch bekannte Wohnhaus Ass. No. 194 cher“. Auf Grund der Güterbeschreibung hend in der Gemeinde wohnhaften Fa- (Schaffhauserstrasse 500), welches 1958 im Grossen Fraumünster Urbar von 1549 milien Mathys und Rüegg bewirtschaftet. einem Neubau Platz machen musste. dürfte das uralte Winkelgut mit dem 1952 abgetragenen Bauernhaus an der Schärenmoosstrasse 5 identisch sein. Es war damals im Besitz von Rüedy Sieber, Stammvater der Seebacher Sieber; be- baut wurde es von Uely Christiner. Dann folgte noch vor 1600 Felix Meyer, dessen Geschlecht bis 1860 hier lebte.

Das Winkelgüetli mit seinen „15 Juchart acher, 5 mannmad höwachs (Wiesen zur Heugewinnung) und 1 Juchart gstüd“ konnte mit der Zeit die drei Familien Hein- rich, Caspar und Conrad Meyer mit ihren Kindern, die 1672 alle im selben Hause wohnten, nicht mehr ernähren: Als Tag- löhner und „Wullenkämbler“ suchten sich die drei Bruderfamilien etwas Bargeld zu verdienen. Der Helvetische Kataster von 1801 – eine von der Helvetischen Zent- ralregierung parzellengenau angeordne- te, landesweite Bestandesaufnahme an Der „Bühlhof“ im Schärenfeld (Aufnahme von 1890)

25 Das Ausserdorf im Jahre 1899

26 früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 5 7 Bauernwohnhaus erb. um 1650 1887 abgetragen

Dieses Haus beherbergte im vergan- genen Jahrhundert u.a. David Meyer, genannt „Bauheiri“. Es dürfte das letzte vollständig aus Holz gebaute Haus ge- wesen sein. Vielleicht besass es noch ein Strohdach, berichtet doch Gerold Meyer von Knonau 1846 in seinem Werk über den Kanton Zürich, dass man in Seebach „neben Ziegeldächern (auch) solche von Stroh sieht“. Das Haus befand sich nahe der Stelle, wo auf der „Wildkarte“ die ei- genartige Flurbezeichnung „Mürggeli“ angegeben ist.

Blick in das Brandassekuranzbuch von Seebach

früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 6, 8, 10 8, 9 Bauernwohnhäuser erb. um 1650 stehen noch

Der Kern des Ausserdorfs atmet glück- licherweise noch immer ländliche Poe- sie: Auf der nördlichen Seite der Strasse stehen bis auf den heutigen Tag einige Zeugen des älteren Seebachs. Die bei- den einstmaligen Bauernwohnhäuser mit ihren ehemals reizvollen Vorgärten und dem laufenden Brunnen davor, lassen noch heute das alte, liebenswerte Dorf- bild erahnen. Die einzelnen Teile dieser Wohnhäuser wurden zu verschiedenen Zeiten erstellt. Im Kern gehen sie auf die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück; sicher hatten sie alle ihre frühen Vorgänger.

Im Hause Ass. No. 8, 9 fanden häufige Besitzerwechsel statt. Angehörige der Familie Leemann und Vollenweider fin- den sich dort bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ausserdorfstrasse 10, 8 und 6 (v.l.n.r.) mit Brunnen und Bauerngarten

27 früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 11 Bauernwohnhäuser erb. um 1640 stehen noch 12, 14, 16 (später „Rest. Frohsinn“) Anbauten: 1879, 1882

Der westliche Anbau von Ass. No. 11, das heutige Restaurant „zum Frohsinn“, datiert vom Jahre 1882. Die älteren Parti- en dieses Hauses bildeten wohl ehedem Teile des grossen, unmittelbar jenseits der Strasse gelegenen Chorherren- oder Meyerhofes („Chloster“).

Glieder der Familien Rümmeli und Maag bewohnten das Haus Ass. No. 11 vom 17. Jahrhundert bis in die ersten Jahr- zehnte des 19. Jahrhunderts. Die Häusergruppe Ausserdorfstrasse 16, 14 und 12 (v.l.n.r.) im Jahre 1899. Im Hausteil links befindet sich heute das Restaurant „Frohsinn“.

Ausserdorfstr. „Chorherren- oder erwähnt 22. / 23.11.1878 12, 13 9, 11, 13 Meyerhof“ („Chloster“) seit 1261 abgebrannt

Chorherren- oder Meyerhof der Propstei Im Jahre 1425 bewirtschaftete Hans Stu- anhand einiger Beispiele belegt werden zum Grossmünster (in der mündlichen der den Hof: „Item zu Sebach hand min (in Klammern die Bezeichnung von 1801): Überlieferung noch heute „Chloster“ ge- heren ein hof, den buwet Hans Studer Lindenbüel (beim Linden Bühl), ze Lachen nannt). „Ze Sebach lit ein hof, der der umb 5 malter vesen, 5 müt kernen, 4 in den bünten (in der Lachen Pünt), Met- chorherren von Zurich eigen ist; der gil- malter haber und umb 16 schilling und tenfeld (im Ettefeld?), die Widem von Cos- tet ze vogtrechte 5 viertel kernen Zurich hat der hof im Dorf hub, hofstat und 2 tens (Widum), ob der Zil am Letten (der mes (Mass)“. Mit diesen Worten beginnt schüren“ (Kammeramtsurbar der Propstei Zihl acher), Leimgrippel (im Lej Grüpel, im Habsburger Urbar die Aufzählung der um 1425). heute Leimgrübel), Gebreiti (usser Breitj), Seebacher Güter und Leute „in dem ampt Voloch (im Fuoloch, heute Frohbühl), uf ze Kloten“. Dieser grosse und einzige Hof Zum Hof gehörten 76 Jucharten Acker dem Sperbüel (im Sperlet), in Bennen der Propstei in Seebach wird 1261 erst- und 16 ½ Mannmad Wiesen, die durch- Riet (im Bännenriedt), Kolbenakker (Kol- mals erwähnt. Die Grundherren über See- wegs in den drei Zelgen (so wurden die penacker, heute Kolbenacker). bach, die Abtei un die Propstei, liessen ih- Feldfluren der Dreizelgenwirtschaft ge- ren verwickelten Besitz bis 1263/64 durch nannt) nördlich des Bachs lagen. Ein Wie in den Nachbarhäusern bebauen einen gemeinsamen Beamten verwalten, Vergleich mit dem im Jahre 1801 auf- im 18. und 19. Jahrhundert die Familien dem bedeutende polizeiliche und richter- genommenen Liegenschaftenverzeichnis Maag, Rümmeli und Leemann gemein- liche Funktionen zustanden. In Seebach (Helvetischer Kataster) zeigt eine weitge- sam den grossen Hof. war dies der mit dem Kelnhof belehnte hende Übereinstimmung der Namen der Keller. Der Seebacher Meyerhof erlangte Feldfluren wie sie 400 Jahre früher aufge- in der Folge nie eine besondere Bedeu- zeichnet wurden. Das jahrhundertelange Eintrag im Gemeinderatsprotokoll von 1878 tung wie in andern Zürcher Gemeinden. Beharrungsvermögen der Flurnamen soll ▼ Die Propsteigüter unterstanden – wie alle andern Güter in Seebach – der Hofge- richtsbarkeit der Äbtissin. Die Meyerhof- Leute waren somit pflichtig, „er sig man oder frow“, am ersten Tag des Maien- oder Herbstgerichtes im Kelnhof persön- lich zu erscheinen.

28 früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 18, 20 14 Wohnhaus erb. um 1650 steht noch

Das kleine Häuschen, zusammen mit den Verbindung nicht zum Bischof, sondern die Kapläne von Konstanz alle ihre Rech- Häusern Ass. No. 8, 9 und 11, den altver- zur Kirche von Konstanz, bzw. zu deren te und Nutzen aus „grossen und kleinen trauten Dorfkern bildend, war über Gene- Propst. Dieser Propst hatte das Recht – zechenden und wydem“ an die Äbtissin rationen hinweg Wohn- und Arbeitsstätte man nennt es das Patronatsrecht oder in Zürich, die von da an auch das Pfarr- der drei Ausserdörfler-FamilienNägeli (seit die Kollatur – den Priester von Rümlang wahlrecht innehat, allerdings nur für kurze 1689 in Seebach ansässig), Hollenwe- zu ernennen und die überschüssigen Ein- Zeit: Mit der Reformation ging die Kollatur ger (seit 1695) und Leemann (seit 1727). künfte der Pfründe zu beziehen. Zu dieser von Rümlang an den Rat von Zürich über. Noch 1876 betrieb Johann Jakob Lee- Pfründe gehörten ausser einigen Grund- Die grundherrlichen Rechte der Abtei, u.a. mann, genannt „Chrusli“, neben seinem stücken im nördlichen Gemeindebann die Aufsicht über die Nutzung der Güter, Amt als Dorfweibel, eine kleine Landwirt- von Seebach auch die 1425 erwähnte übte von 1524 an das neugeschaffene schaft, gehörten doch zum Hause damals „Widem von Costens“. 1514 verkauften (weltliche) Fraumünsteramt aus. noch Scheune und Stall.

Die Eintragungen und Lagebezeichnun- gen in den Fraumünster Urbarien und Rechnungen lassen den Schluss zu, dass es sich bei diesem Haus (und dessen Vorgänger) um die uralte Widumhofstätte handelt.

Das Fraumünster Urbar von 1549 er- wähnt eine „widem hofstatt“ mit beschei- denen 17 Jucharten Ackerland. Die Wi- dum war altes Kirchengut, d.h. ein zur Dotierung einer Pfarrkirche bestimmtes Grundstück. Noch 1746 zahlen Rudolf Nägeli und Hans Hollenwäger, Bebauer dieser Widum, dem Fraumünsteramt jähr- lich folgende Grundzinsen: „1 müt und 2 viertel Kernen, 1 müt und 2 viertel Haber“. Der Name „Widum“ für ein dem Hause nahegelegenes Grundstück war altein- gesessenen Seebachern noch vor nicht langer Zeit durchaus geläufig. Das Wort ist aber längstens zum Namen erstarrt und niemand ahnt mehr, dass damit mit- telalterliche Rechtsverhältnisse zwischen Seebach und der Kirche von Konstanz angesprochen werden. Tatsächlich heisst es im Propsteiurbar (um 1425): „Item 4 juchert akkers … stossent einhalb an Her- mann Meyer, anderhalb an die Widem von Costens“ (Konstanz). Welches sind nun die Zusammenhänge zwischen See- bach und Konstanz? Einmal lag Seebach im Bereich des ehmaligen, ausgedehn- ten Bistums Konstanz. Doch führte die Ausserdorfstrasse 20 und 18 (v.l.n.r.) in einer Aufnahme von 1947

29 früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 41 15, 17 „Augustinerhof“ erwähnt um 1300 10.4.1847 abgebrannt

Augustinerhof. 1359 wird dieser Hof dem schaften. Von 1665 bis zum Brand 1847 gehört, einem ersten Brand zum Opfer. „Prior und dem Convent gemeinlich des finden wir nochmals Meyer auf dem Hof, Der Augustinerhof wird aber bald wieder Klosters ze den Augustinern“ verliehen. zuletzt Johann, alt Säckelmeister. Das aufgebaut, doch muss die Schmiede we- Eigentümerin dieses Gutes ist die Grund- Verbleiben der Meyer auf dem Augusti- gen Brandgefahr an einen anderen Platz herrin über Seebach, die Äbtissin, deren nerhof über Jahrhunderte hinweg ist ein verlegt werden. Erst 1684 wird sie definitiv Seebacher Höfe bis etwa Mitte des 14. Beispiel für die Sesshaftigkeit alter Bau- diesseits des Bachs errichtet. Am 10. Jahrhunderts Stadtzürchern zu „rechtem erngeschlechter. April 1847, nachmittags 2 Uhr, wird der Erbe“ (Erbeigenbesitz) verliehen werden. Augustinerhof zum zweiten Mal einge- Mit dem alten Augustinerhof war die äschert; Den Brandgeschädigten werden Erbeigenbesitzer konnte eine Institution, Schmiedegerechtigkeit verbunden. Ab 4468 Gulden vergütet. Vom ehemaligen wie in diesem Falle das Augustinerkloster, 1625 ist Heinrich Rümmeli, (1602 – 1668), Augustinerhof ist im Gegensatz zum un- oder ein Privater sein (in Seebach z.B. die der spätere Hauptmann und Untervogt, mittelbar daneben liegenden und 1887 Herren von und von Jestetten). einflussreicher und hochangesehener abgebrannten „Chloster“ (Chorherren- Dieser Erbeigenbesitz galt im 12. und Bürger von Seebach, Mitinhaber dieses oder Meyerhof) keine mündliche Kunde 13. Jahrhundert als verbreitete Kapital- Lehens. Im Februar 1666 fällt der Augus- überliefert. anlage, die auf der Zinsdifferenz zwischen tinerhof, der nun hälftig einem Hans Meyer dem Grundzins des Bauern und dem Le- henszins, den der Erbeigenbesitzer der Abtissin entrichten musste, beruhte. In Seebach verschwand im Lauf der Zeit diese Einrichtung, indem die Abtei diese Güter zurückkaufte.

Eine Urkunde von 1359 (StAZ C II, 2 No. 175) zeigt die Umstände, unter welchen die Augustiner in den Erbeigenbesitz die- ses Hofes gelangten. Dies geschah, in- dem die bisherige Besitzerin, die ehrbare „frowe Anna Johanns Stagels seligen bur- gers Zürich eliche wirtin“, die Äbtissin bat, den Hof von ihr zurückzunehmen und ihn gleichzeitig den Augustinern zu verleihen!

Wer waren nun die Bauern, die im Schweisse ihres Angesichts das an sie weiterverliehene Land bewirtschafteten? Darüber geben uns die Fraumünsterakten und die Steuerbücher des 14. und 15. Jahrhunderts Auskunft. 1359 bebauen die Gebrüder Heinrich, Ulrich und Cun- rad im Holz das Erbe, 1400 „die knabe im Holz“, 1420 Hans und Heini im Holz. Dann erscheint eine Generation lang eine Hans Leemann, 1442 gefolgt von der Sip- pe der Meyer (Heinz 1442, Wernli 1471, Götz 1512, Rudolf 1528, Felix 1544), die das Gut weit über 100 Jahre lang bewirt- Erwähnung des Augustinerhofes in einer Rechnung de Fraumünsterabtei (letzter Absatz)

30 früheste Erwähnung / abgetragen / Ausserdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Ausserdorfstr. 49 20 Wohnhaus erb. um 1680 2.11.1834 abgebrannt Neubau 1836 steht noch

Das erste Häuschen am Eingang des Au- sserdorfes, vom Bach herkommend, wur- de 1836 von Jacob Syfrig, anstelle eines älteren am 2.11.1834 abgebrannten Bau- ernhauses mit Scheune erstellt. Sein Vor- fahre Heinrich Syfrig (Syfrig = mundartlich für Siegfried), liess sich 1779 von Oerlikon kommend im Ausserdorf nieder. Während das alte Haus lange Zeit im Besitz der Familie Rümmeli war, findet ab 1837 ein ständiger Besitzerwechsel im neuerbau- ten Häuschen statt; Jacob Siegfried, wie sein Name jetzt geschrieben wird, wohnt ab 1836 im Nachbarhaus (Pol. No. 45), wo seine Nachfahren heute noch leben.

Das Haus Ausserdorfstrasse 49, festlich geschmückt (1925).

Hertensteinstr. 47, 49 21 Bauernwohnhaus erb. um 1680 1950 abgetragen

Etwas abseits vom eigentlichen Ausser- die Maag, trugen den Zunamen „Nägeli“, mit der alteingesessenen Familie Nägeli dorf, am früheren einzigen Verbindungs- welcher Name wohl auf eine Verbindung im Ausserdorf zurückzuführen ist. weg von Zürich nach Rümlang (die Glat- talstrasse wurde erst 1849/50 gebaut), lag dieses 1950 abgetragene stattliche Bauernhaus. Nach einem Bericht eines alten Seebachers (SN 1967, No. 12) soll dort im vergangenen Jahrhundert, ne- ben dem Landwirtschaftsbetrieb, gewirtet worden sein: „Die meisten Fuhrwerke hiel- ten, bevor sie nach der Stadt fuhren, bei der Herberge „Nägeli“ an. Die Herberge befand sich an der Aspstrasse, heute Her- tensteinstrasse, auf dem gleichen Platz, wo nun der Häuserblock 47 und 49 steht, gegenüber der Honigstrasse“.

Das Haus war von 1700 bis 1800 von der Familie Maag bewohnt; 1812 gehörte es Salomon Ehrensberger und 1848 gelang- te alt Gemeindepräsident Johann Meyer, genannt „Nägeli“, in den Besitz des Hau- Das 1950 abgebrochene Bauernhaus. An dieser Stelle stehen heute die Häuser Hertenstein- ses. Schon seine Vorgänger auf dem Hof, strasse 47 und 49.

31 Ehemaliger „Kelnhof“ an der Hertensteinstrasse mit „Gmeindsmetzg“ im Vordergrund

32 früheste Erwähnung / abgetragen / Am Bach Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Hertensteinstrasse 9, 11 23, 24 „Kelnhof“ erwähnt seit 1261 1956 abgetragen

Kelnhof der Abtei zum Fraumünster. Als sodass der Kelnhofer in dieser Hinsicht och da einen hof …“. 1333 wird Chuonrad 1956 der Kelnhof, ein äusserlich eher be- keine Funktion zu erfüllen hatte. Keller als Verwalter des Kelnhofs genannt. scheidenes Ackerbauernhaus aus dem Die Amtsbezeichnung Keller (aus latei- 16./17. Jahrhundert, abgetragen wurde, Die Lokalisierung des Kelnhofs bot nun nisch cellerarius) wurde inzwischen zum ahnte niemand, dass damit das Zent- insofern keine allzu grosse Schwierigkei- Familiennamen, doch hören wir später rum der grundherrlichen Verwaltung des ten, als die Lagebeschreibungen in den nichts mehr von diesem Geschlecht in „Gotzhuses zum Frauenmünster“ und Urbarien der Abtei, in Verbindung mit den Seebach. damit auch die „Begegnungsstätte“ der Angaben in den Bevölkerungsverzeich- alten Seebacher zum Verschwinden ge- nissen und Gemeinderödeln, einwandfrei 1400 erscheint erstmals ein Gilmann als bracht wurde. auf das Haus Ass. No. 23, 24, Herten- Träger eines alten Seebacher Namens auf steinstrasse 9, 11, hinweisen. dem Kelnhof, 1420 zinst Ruedi Burgdor- Der mit diesem Hof belehnte Keller (auch fer für den Hof, der wohl mit dem 1425 Kellner oder Kelnhofer genannt) vereinigte Wenn wir uns fragen, wieso die Erinne- im Steuerrodel erwähnten Ruedi Keller in seiner Person alle wichtigen Funktionen rung an den Seebacher Kelnhof aus dem (als Amtsnahme) identisch ist. Von 1427 in Vertretung der Äbtissin, insbesondere Bewusstsein selbst der alteingesessenen bis gegen 1500 vertreten drei Generati- den Vorsitz des alle acht Tage stattfin- Seebacher gänzlich verschwunden ist, onen des alten Seebacher Geschlechts denden Gerichts, die Pflicht zur Verkündi- während der Schwamendinger Kelnhof der Brogli die Grundherrin auf dem Keln- gung des „Maien- und Herbstgerichtes“, noch heute ein Begriff ist, so hängt dies hof, abgelöst von Claus Binzmüller. Von das Amt eines Pfändungsbeamten, den wohl damit zusammen, dass der Kelnhof 1512 bis 1527 ist Hans Kösch, der frühere Vorsitz in der Genossenschaft der „Pu- in Seebach schon 1633, also relativ früh, Besitzer des Köschenrütihofes, Keller zu ursami“ zur Besprechung aller Gemein- durch den Verkauf „zu reinem Erblehen“ Seebach. deangelegenheiten und landwirtschaftli- seine frühere, beherrschende Bedeutung chen Probleme. Ausserdem bebaute er einbüsste (in Schwamendingen erfolgte In den folgenden 84 Jahren amten Heinrich die zum Kelnhof gehörenden Güter im der Verkauf erst 1837). und Hans Christiner, der letztere gleich- Umfang von 45 ½ Jucharten Ackerland zeitig auch als Untervogt, auf dem Hof. und 13 Mannmad Wiesen. Für die Geschichte von Seebach spielte Nach dessen Tod sass Gabriel Bader auf der Kelnhof jedoch lange Zeit eine derart dem „Handlehen“ (= auf Lebenszeit des Noch 1964 wurde in einem Zeitungsar- bedeutende Rolle, dass es sich recht- Inhabers befristetes Pachtgut), das 1633, tikel (SN 1964, No. 13) die Frage nach fertigt, den Namen seiner Beamten und wie bereits erwähnt, „zu Erblehen“ an der Lage des Kelnhofs aufgeworfen. „Wo Bebauer bis ins Spätmittelalter nachzu- Junghans Koch verkauft wird, was gleich- war nun der Kelnhof von Seebach? Ist spüren: zeitig die Aufhebung des Kellermeyeram- sein Wohnhaus wohl in einem der jet- tes bedeutete. Die 1622 neu in Seebach zigen alten Bauernhäuser zu suchen?“ 1261 wird mit Chuonradus cellerarius als zugewanderten Koch bewirtschaften den hiess es im Artikel. Abgesehen davon, Zeuge in einem Zehntenstreit zwischen Hof fünf Generationen lang von 1633 bis dass der Kelnhof bereits 1956 abgeris- der Äbtissin und dem Leutpriester von in die 1750er Jahre, d.h. bis zu deren sen wurde (heute Autoparkplatz), dachte Rümlang erstmals der Keller als grund- Aussterben in Seebach. Um 1695 findet der Schreiber wohl an einen mächtigen herrlicher Beamter auf dem Kelnhof er- eine Hofteilung mit den Sieber statt, deren Hof mit besonders grossen Scheunen wähnt. Wegen der Kleinheit der Verhält- Sippe während 100 Jahren eine Hälfte zur Aufbewahrung des von den Bauern nisse bebaute der Keller anfänglich neben des Hofes bewirtschaftete. Nach den an die Grundherrin abzuliefernden Ge- dem Kelnhof auch noch den dem Gross- 1780er Jahren erscheinen auch die Mey- treides. Diese Annahme war unrichtig. Die münster gehörenden Chorherren- oder er, Attinger (1790 bis 1857), Gossweiler Hörigen von Seebach brachten nämlich Meyerhof. Die nächste Erwähnung des (1800 bis 1853) als Bebauer je eines Hof- ihre Lehenzinsen in Form von Naturalien Kelnhofes findet sich im Habsburger Ur- teiles. Wie sich im Helvetischen Kataster (Korn, Hafer, Hühner) selber nach Zürich, bar mit den Worten: „Si (die Äbtissin) hat von 1801 nachweisen lässt, verminderte

33 sich der Umfang der „Gotzhusgüter“ seit 1600 ganz wesentlich. Die Besitzesdauer des unwirtschaftlich gewordenen Hofes wurde immer kürzer, bis der ehemalige Kelnhof 1956, von niemandem bemerkt, abgetragen wurde. Vom abgebrochenen Gebäude neben der „Gmeindsmetzg“ ist das genaue Baujahr nicht bekannt, sicher stand es noch auf den Fundamenten des mittelalterlichen Kelnhofes. Jener Vorgän- ger dürfte so alt sein wie die Siedlung Seebach überhaupt.

Das Bauernhaus „am Bach“, wo sich heute die Freizeitanlage Seebach befindet.

früheste Erwähnung / abgetragen / Am Bach Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Hertensteinstrasse 20 25 Bauernwohnhaus bezeugt 1967 abgetragen „am Bach“, „Kappelerhof“ seit 1300

Kappelerhof (zuletzt Haus „am Bach“ ge- fast keine Bedeutung hatten: Die Bauern Im 17. Jahrhundert wird das Gut durch nannt). Nahe der Stelle, wo sich heute konzentrierten sich ausschliesslich auf Generationen von der seit 1526 in See- die Freizeitanlage befindet, erhob sich bis den Getreidebau. bach bezeugten Sippe der Sieber bewirt- 1967 ein mächtiger Riegelbau mit der schaftet; der Hof wird in der Folge „Siebe- typischen Raumeinteilung für Vielzweck- Das Erblehen mit Namen „Kappelerhof“ renhof“ genannt. Von 1733 bis 1881 – das bauten des einstigen Ackerbaugebietes gehörte 1549 dem vermöglichen Bauer Haus trägt jetzt den Namen „am Bach“ mit Wohnteil, Tenn, Stall und Schopfan- Felix Meyer. Er besass gleichzeitig zwei – bebauen die von Oberhausen zugezo- bauten, dem früher „Dreisässenhaus“ weitere Lehen, deren Hofstätten alle nahe genen Benninger den Hof; 1917 erwirbt genannten Bauernhaustyp. Zum Hof ge- beieinander lagen, nämlich den Augusti- ihn Peter Huber-Zimmermann. Nachdem hörten 1549 44 Jucharten Ackerland in nerhof und die Widumshofstatt. Im Frau- 1847 in der „Alten Post“ an der noch häu- den drei Zelgen „Lachenbünten“, „Zelg münster Urbar von 1549 heisst es: „Git serleeren Schaffhauserstrasse die erste gegen Asp am Grabacher“ und „Zelg uf von sinen höfflinen 2 müt, 2 viertel und 2 ½ Poststelle in Seebach eingerichtet worden dem Sperwelt“ (heute Sperlet), ebenso imi Kernen; 6 malter, 2 müt und 2 viertel war, erfolgte 1854 deren Verlegung ins 3 Jucharten Holz (Wald) „in der Stechlen Haber. Wyter git der ganz Hof 11 Pfund Haus „am Bach“ und damit ins damalige matt“ (heute Stähelimatt) und 1½ Juchart und 6 Heller Geld. Der Caplerhof hat: Item Dorfzentrum. Holz „Im Grubenholz“, dazu 6 Mannmad hus und hofstatt, krutgarten, boumgar- Wiesen. Das Beispiel zeigt deutlich, dass ten, stosst an die landstrass, anderthalb Grasbau und Viehwirtschaft in Seebach an der Augustiner güter“.

34 früheste Erwähnung / abgetragen / Am Bach Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Hertensteinstrasse 27 26 Wohnhaus mit Scheune „beim Bach“, erwähnt seit 1261 1956 abgetragen (später Rest. „Falken“)

Das erse Haus „diesseits des Bachs“ (heute Neuapostolische Kirche) war ein Bauernhaus mit Scheune, das von 1689 bis 1816 von einem Zweig der Sieber be- wohnt wurde. Es beherbergte zeitweise in drängender vier Familien mit 20 Per- sonen. Es wurde später aufgestockt und war seit etwa 1898 als Restaurant „Son- ne“ ein beliebter Treffpunkt der Seebacher Vereine. Seit 1924 gehörte das Haus der Familie Maag, die für das Wirtshaus den neuen Namen „Falken“ wählte. Es wurde 1965 abgetragen.

Das Restaurant „Zur Sonne“ (später „Falken“) im Jahre 1898

Bauernwohnhaus erb. um 1680, 2.9.1846 abgebrannt Hertensteinstrasse 25 27A mit Schmiede 1847 Neubau steht noch

Das um 1680 gebaute Wohnhaus brann- gleich gegenüber dem Wohnhaus Ass. Schildweggen, Weggli und „Tünkli“ von te am 2.9.1846 vollständig ab. Im Jahre No. 27A jenseits der Strasse, leicht ober- den Leuten gerühmt (SN 1968, No. 11). 1847/48 wird an der gleichen Stelle das halb, und diente ihrem Zwecke bis 1877, heute noch existierende Bauernhaus er- in welchem Jahre sie abgetragen wurde, stellt, das von der Familie Jakob Heider worauf die den alten Seebachern noch bis in die 1970er Jahre hinein bewirtschaf- bekannte Familie Suter 1875, gegenüber tet wurde. der Sennhütte, die neue (dritte) Schmiede mit Wohnhaus (Ass. No. 28F, 1952 abge- Das abgebrannte Haus diente von 1686 brochen) erstellte. bis 1833 der Seebacher Schmiedendy- nastie Kleinpeter als Wohnstätte. 1684 Im 1847/48 von Heinrich Beutler neu wird auf einem von den Obervögten zuge- errichteten, heute noch stehenden wiesenen Platz die neue Schmiede errich- Bauernhaus wurde von Anfang an eine tet. In alten Zeiten gehörte die Schmie- Backstube eingerichtet. Noch bis ins 2. degerechtigkeit zum Augustinerhof im Jahrzent dieses Jahrhunderts wurden die Ausserdorf. Durch den Brand jenes Hofes vom damaligen Bäcker Jean Kuhn (spä- war die Obrigkeit verpflichtet, einen neuen ter Bäckermeister Raduner) im grossen Platz für diesen lebenswichtigen Betrieb Holzofen gebackenen, schmackhaften bereitzustellen. Die neue Schmiede stand Vier-, Drei- und Zweipfünder Brotleibe, Hertensteinstrasse 25

35 Ehemaliges Dorfwirtshaus unterhalb der alten Kirche.

36 früheste Erwähnung / abgetragen / Oberdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 57 28B Wohnhaus (ehem. Wirtshaus) erb. um 1670 1959 abgetragen

Ehmaliges Wirtshaus. Für die Ausübung als fester Einrichtung. Die Lokalisierung gebrochenen Häuschen eine liebe Kin- von dörflichen Gewerbebetrieben – Müh- des Wirtshauses in Seebach bereitete derheitserinnerung: Neben seinem Amt len, Schmieden, Tavernen – war bis 1798 dem Schreibenden beträchtliches Kopf- als Kirchensigrist führte Ernst Rubeli noch die obrigkeitliche Bewilligung nötig. Eine zerbrechen. In den Gemeinderödeln wird in den 1930er Jahren in diesem Häuschen Taverne mit dem Recht, Gäste zu beher- es als „Drittes Haus diesseits des Bachs“ ein winziges Krämerlädeli. Zur Fasnachts- bergen und gekochte Speisen zu reichen, bezeichnet. Wirtshäuser sind meistens zeit deckten wir Kinder uns dort mit den besass Seebach nicht. Nur die Binzmühle grössere, manchmal sogar repräsentative obligaten Schwärmern, Frauenfürzli und und die Schmiede gehörten in Seebach Gebäude. Ein Haus dieser Art zwischen „für 5 Rappen Chäbsli“ ein. zu den Gewerben, deren Betrieb an be- dem Bach und der Kirche ist aber nicht stimmte Häuser gebunden war. Solcher- auszumachen. Es galt also, die schriftli- massen eingeschränkte Gewerbe – sie chen Quellen genau zu erforschen. Erst waren für die Lebensgemeinschaft not- der Beizug des „Helvetischen Katasters“ wendig – nannte man „Ehehaften“ (ehe- von 1801 mit seinen detaillierten Angaben haft mit der Bedeutung „rechtlich, gesetz- über die Anstösser und die präzise, kar- lich“). Sie verschafften dem Inhaber einer tographische Darstellung im Zehntenplan Ehehafte eine monopolähnliche Stellung des Fraumünsters von 1820, in Verbin- und damit in mancher Hinsicht Einfluss dung mit den seit 1732 geführten Ge- und Bedeutung. meinderödeln, liessen die zunächst vage Vermutung, das kleine Haus direkt unter- Im Jahre 1530 wurden im zürcherischen halb der Kirche, gegenüber der Sennhüt- Gebiet 134 Wirtshäuser verzeichnet. Im te, könnte das Seebacher Dorfwirtshaus noch vorhandenen Verzeichnis ist für See- gewesen sein, zur Gewissheit werden. bach kein Wirt aufgeführt, sodass sich damals die Seebacher nach Schwamen- 1732 wirtete Untervogt Jacob Sieber, dingen, Wallisellen oder Kloten begeben dem bis zum Eingehen des Wirtshaus- mussten, um ein Wirtshaus aufzusuchen. betriebes noch sechs Wirte folgten, zu- Am 11. September 1529 stellte die zür- letzt Heinrich Attinger, Zimmermann, Ge- cherische Kirchensynode eine Reihe von meinderatspräsident Meyer und dessen Betrachtungen über Mängel des Volks- Sohn Heinrich, Schulpfleger. Fehlte es lebens an und beriet, wie solchen abzu- am mangelnden Zuspruch der Gäste oder helfen sei. Dabei kamen besonders die waren unsere Seebacher Wirte einfach Wirtshäuser zur Sprache. Da die Welt ungeeignet für dieses Gewerbe? „zehrhaft, vertüig und unnütz“ geworden sei und überflüssige Schlaftrünke an der Nach der Einführung der Gewerbefreiheit Tagesordnung seien, zudem neben den 1837 im Kanton Zürich schossen auch in „rechten Taferen“ täglich viele Winkel- Seebach die Wirtshäuser wie Pilze aus wirtshäuser entstünden und der gemei- dem Boden hervor; so zählte man denn ne Mann durch übermässigen Aufwand 1869 bereits 10, 1899 gar 18 Wirtshäuser, verarme und in Laster verfalle, Weib und darunter die „Sonne“, „Krone“, „Turnhalle“ Kind zu Hause desto übler halte, schlug (die spätere „Sennhütte“) und den „Fel- die Synode dem grossen Rat vor, die von senberg“. alters her bestehenden Tavernen fortle- ben, die übrigen „Humpel- und Winkel- 1841 wird im Haus vorübergehend eine Die Pfarrherren von Seebach, die von wirtshäuser“ aber eingehen zu lassen (aus Bäckerei und 1854 im angebauten Ge- 1664 bis 1863 in Zürich wohnten, be- ZTB 1906). bäude eine kleine Schmiede eingerichtet. zeichneten die Häuser im Ausserdorf als Damit verliert sich die Erinnerung an das „jenseits des Bachs“, diejenigen im Ober- In Seebach hören wir erstmals in den einstmalige Dorfwirtshaus. Dem Schrei- und Hinterdorf als „diesseits des Bachs“. 1730er Jahren von einem Dorfwirtshaus benden verbindet sich mit dem 1959 ab-

37 früheste Erwähnung / abgetragen / Oberdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 66, 68 29, 30 Bauernwohnhäuser erb. um 1650 1966 bzw. 1978 (ehem. Rest. Krone) abgetragen

Das ehmalige Doppelbauernhaus, später mit Gasthaus zur „Krone“ und Ladenlokal, war nachweisbar von 1689 bis 1874 im Besitz eines Zweiges des während Jahr- hunderten stark verbreiteten und ange- sehenen Bauerngeschlechtes der Sieber, genannt „Schinzen“, dessen Begründer Beat Sieber-Christiner war.

Einer seiner Nachfahren, Diethelm, geb. 1786, verheiratet sich 1812 mit Regula Christiner, die ihm zehn Kinder schenkt. Als sechstes Kind wird 1821 im westli- chen Wohnteil der Sohn Hans Caspar geboren. Er besucht wie alle seine Ge- schwister die Dorfschule im 1818 einge- weihten, ersten Schulhaus von Seebach (Buhnrain 1, abgetragen 1959). Caspar ist intelligent und strebsam, seine Eltern lassen ihn zum Sekundarlehrer ausbilden. Der spätere Führer der Zürcher Lehrer- schaft wird, als Krönung seiner Laufbahn, zum Erziehungsdirektor und Regierungs- rat des Kantons Zürich gewählt. Seebacherstrasse 66 und 68 im Jahre 1946 Im anderen Wohnteil des Hauses wohnte seit 1742 die aus Oberrieden stammende und in Seebach eingebürgerte Familie Masse und Münzen (nach Paul Kläui) Schäppi, mit Caspar, geb. 1699, als ers- tem Vertreter dieses ehemaligen Seebu- Getreidemasse: 1 Malter = 4 Mütt bengeschlechts. Viele ältere Seebacher 1 Mütt = 4 Viertel erinnern sich aber heute noch an Karl 1 Viertel = 4 Vierling Truninger, der seit den 1920er Jahren 1 Vierling = 4 Mässli die 1876 eingerichtete Gastwirtschaft zur 1 Immi = 1/8 Viertel „Krone“ führte. Im ersten Stock der tradi- 1 Mütt Kernen Zürcher Mass = 82,8 Liter tionsreichen Dorfgaststätte kehrten früher 1 Malter Hafer Zürcher Mass = 333 Liter Hochzeits- und Trauergesellschaften ein, Flächenmasse: 1 Hube = 30 – 50 Juchart auch wurden dort gerne Vereinsanlässe 1 Juchart Acker = 36 Ar und Klassenabende durchgeführt. Der 1 Juchart Reben = 32 Ar Abbruch des Gebäudes, in welchem sich 1 Juchart Wald = 40 Ar später der Laden des Konsumvereins Zü- 1 Mannmad (Mannwerk) Wiesen = 32 Ar rich befand, erfolgte in den Jahren 1966, 1 Juchart = 4 Vierling bzw. 1978. Münzen: 1 Pfund = 20 Schilling 1 Schilling = 12 Pfenninge oder 12 Haller (Heller) 1 Gulden = 2 Pfund

38 früheste Erwähnung / abgetragen / Oberdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 72, 74 31, 32 Bauernwohnhäuser bezeugt seit 1300 12.5.1890 Neubau um 1549 abgebrannt

Abteihof. Unmittelbar anschliessend an andertalb an die Apty güter, hat Heinrich Felix Wettstein, Felix Hollenweger und die „Krone“, ebenfalls parallel zur Strasse Christiner“. Das bedeutet, dass durch Rudolf Wüst; alle drei betreiben nebenbei verlaufend, befand sich bis zum grossen Käufe oder Erbteilungen die ursprüng- ein Handwerk. Der inzwischen kleiner ge- Brand am 12.5 1890 das wohl mäch- lich abgerundeten Güter schon früh auf- wordene Hof kann nicht gleichzeitig drei tigste Bauerngehöft von Seebach. Leider gesplittert und die Höfe geteilt wurden. Familien ernähren. Das Jahr 1890 bringt ist kein Bild vom Gebäude bekannt, in- Die eigentliche Güterzersplitterung durch das traurige Ende vieler Bauernhöfe: Am dessen weist der Grundriss des Hauses Hofteilungen infolge Erbteilungen, Kon- 12. Mai läuten die Sturmglocken der na- auf dem Zehntenplan von 1820 auf ein kursen und zunehmender Bevölkerung hen Kirche, der alte Lehenhof mit seiner sehr grosses Anwesen hin. Noch sind als setzte auch in Seebach im 17. und 18. vielleicht 800jährigen Geschichte brennt steinerne Zeugen des alten Lehenhofes Jahrhundert im grossen Stil ein. Im Jahre bis auf die Grundmauern ab, seine letzten die Grundmauern im Erdreich vorhanden, 1801 konnten Höfe mit bis zu 51 Parzellen Bewohner, Johannes Wüst und Rudolf stösst doch Gottfried Wettstein, der Inha- festgestellt werden, was sich für die Be- Weber, Kaminfeger, sind gezwungen, ber des Grundstückes Seebacherstr. 74, bauer verhängnisvoll auswirken musste, sich neue Wohnstätten zu suchen. Der bei Gartenarbeiten immer wieder auf alte umsomehr als die Parzellen sich nun auf Hof wird nicht wieder gebaut. Auf seinem Hausfundamente. beide Dorfhälften verteilten, d.h., dass vie- Platz (Seebacherstr. 72, 74) stehen heute le Bauern zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwei Häuser, doch jenseits der Strasse, Die Grösse der neun alten Fraumünster- ihre Felder beidseits des Bachs, also in neben dem „Bürgli“, stand noch bis 1947 höfe beträgt im 16. Jahrhundert zwischen allen sechs Zelgen der beiden Dreizelgen- der letzte Zeuge der alten Siedlungsanla- 45 und 100 Jucharten Ackerland. Nach systeme beschicken mussten. ge, das Trotthaus mit Brunnen. dem Urbar von 1549 umfasst der Hof (Ass. No. 31, 32) 116 Jucharten Acker- Der alte Stiftshof bleibt dem schon früh land, 8 Mannmad Wiesen, 4 Juchart Holz stark versippten Geschlecht der Sieber in und 1 Juchart Hanfpünt, also ein sehr beständiger Generationenfolge von 1536 umfangreicher Erblehenhof. Die noch bis Anfang des 18. Jahrhunderts erhalten wenig entwickelten Bearbeitungsmetho- Rüdy Sieber, Stammvater der Seebacher den mit damaliger extensiver Anbauweise Sieber, 1526 im Almosenamtsurbar erst- machten Hofgrössen von wenigstens 50 mals als Zinsbauer erwähnt, Besitzer die- Jucharten (18 ha) notwendig, um ein Aus- ses und noch weiterer Höfe in Seebach, kommen zu ermöglichen. Das Ackerland zahlt 1549 dem Fraumünsteramt den dieses Hofes befand sich durchwegs in beträchtlichen Jahreszins von 15 Mütt, 3 den südlich des Bachs gelegenen Zel- Viertel und 3 Imi an Kernen, 3½ Mütt Ha- gen, nämlich in der Schwandenzelg, der ber, 13 Schilling Geld und je 4 Fiden- und Hürstenzelg und der Zelg genannt Lengg. Fasnachtshühner. Insgesamt gehören zur Ackerflur 19 ver- schiedene Parzellen, sodass die einzelne Das um 1549 neu gebaute Haus (anstelle Parzelle im Durchschnitt etwas über 6 eines ältern) stösst „ze zwey siten an sine Jucharten (gegen 22 000 m²) ausmacht. güter“. Anfang 18. Jahrhundert kommt es Im ganzen genommen kann hier von einer zur Hofteilung. Das Haus erhält bei dieser zusammenhängenden Flur gesprochen Gelegenheit einen zweiten Wohnteil. 1716 werden, für eine rationelle Bewirtschaf- zahlen bereits Hans Maag und Heinrich tung von grosser Bedeutung. Immerhin Altdorfer den Grundzins. 1744 wird zum gehörten zur Schwandenzelg auch weit letzten Mal ein Sieber als Mitbewohner abgelegene Ackerfluren im entfernten des Hauses erwähnt. Der Niedergang des Schärenmoos, heisst es doch im erwähn- einst stattlichen Lehen zeigt sich deutlich ten Urbar: „Item gegen Grubenholz 1½ im ständigen Besitzerwechsel. 1812 be- Juchart, stosst an die Grubenholz gass, wirtschaften nun drei Familien den Hof:

39 Das Hinterdorf Ende der 1950er Jahre, d.h. vor dem Abbruch der Häuser Seebacherstrasse 77, 86 und weitere Bauten.

40 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 77 34 Bauernwohnhaus bezeugt seit 1300 1969 abgetragen Neubau 17. Jh.

Abteihof. Das erste Haus im Hinterdorf, des 13. – 15. Jahrhunderts. Ihm gelang später zieht Studer auf den Chorherrenhof einstmals einer der neun grossen Stifts- es, dem durch Misswirtschaft seines Vor- im Ausserdorf. Wir können es uns versa- höfe, seit 1420 als „Felix Manessen Erb- fahren Rüdigers aus der Linie Manegg gen, die in der Folgezeit ständig wechseln- güter genannt Stülingers gut“ bezeichnet, – des Nachfolgers Rudolf Bruns – schwer den Bauern aufzuführen. Uns interessiert brachte den ständig wechselnden Be- angeschlagenen Geschlecht kurz vor aber noch die Bezeichnung „Manessen bauern viel Arbeit und Mühe, aber kaum seinem Erlöschen nochmals zu Ansehen Güter genannt Stülingers gut“. Wir können einen genügenden Ertrag, um neben dem und höchster Würde zu verhelfen. In einer mit guten Gründen annehmen, dass Stü- Lehenzins, den Zehntabgaben und Kapi- grossartigen Karriere durchlief er beinahe linger der unmittelbare Vorgänger auf dem talzinsen auch noch eine Familie zu ernäh- alle wichtigen Ämter seiner Vaterstadt, Lehen von Felix Manesse war. Tatsäch- ren. Die Fraumünsterrechnungen zeigen diente auch als Offizier bei der Belagerung lich finden wir einen in Zürich wohnenden deshalb jeweils nach wenigen Jahren des und Einnahme Feldkirchs 1417, vermittel- Mann dieses Namens (Rudolf Stülinger), Besitzes wieder neue Namen von Bebau- te 1418 und 1420 zwischen dem Bischof der um 1350 herum Grundbesitzer in Flun- ern. Die Ackerfluren sind über das gan- von Chur und dem Grafen von Toggen- tern war. ze Dorf verstreut und sie verhindern zum burg und wurde, als Krönung seiner Lauf- vornherein einträgliches Arbeiten. bahn, 1427 bis 1435 Bürgermeister von 600 Jahre später muss auch dieser Hof Zürich. Felix, in denkbar besten Verhältnis- mit dem historischen Namen dem un- Schon 1549 teilen sich Ueli Christiner und sen lebend, soll reiche Vermächtnisse an gestümen Wachstum im alten Hinterdorf Kleinhans Gilmann in den Hof, zu dem Verwandte und Freunde gemacht haben weichen. noch eine weitere Haushofstatt und ein (HBLS V, S. 14). „gütli genannt Michelsgütli“ gehören, ins- gesamt nur 32½ Jucharten Ackerland. In Hans Studer begegnen wir 1420 erst- Seit 1744 bebaut Rudolf Leemann, geb. mals einem Seebacher Zinsbauern auf 1709, Ehegaumer, mit acht Kindern den dem Fraumünsterlehen. Nur fünf Jahre Hof; seine Nachfahren verkaufen ihn 1839 an Caspar Attinger, in dessen Besitz er bis Anfang unseres Jahrhunderts bleibt. Der letzte Inhaber des aus dem 17. Jahrhun- dert stammenden und später umgebau- ten Hauses, Schreiner Bertschinger, lässt es 1969 abtragen. Eine damals noch im Hause steckende Kanonenkugel erinnerte an den Beschuss durch französische Ar- tillerie im Juni 1799.

Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, verlieh die Äbtissin ihre grossen Huben urspünglich reichen Stadtbürgern zu Erb- eigenbesitz, die ihrerseits den Bauern die Güter gegen jährliche Entrichtung eines Zinses weiterverliehen. Felix Manesse † 1436, ehemaliger Besitzer dieses Ho- fes, dessen Name das Haus während Jahrhunderten trägt, stammte aus der ritterlichen Linie dieses 1219 erstmals ge- nannten, hochangesehenen stadtzürche- rischen Ritter- und Kaufmanngeschlechts Der Bauernhof um die Jahrhundertwende

41 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 86 35 Wohnhaus mit erb. um 1680 1960 abgetragen gewölbtem Keller

Die 1960er Jahre veränderten das Hinter- mit wenig Land und ohne Grossvieh, als Rauch stieg in den Dachraum hinauf und dorf durch den Abbruch der drei Häuser Wohnstätte. So wechseln denn auch die entwich durch das Dach – wurde 1877 Ass. No. 34, 35 und 36, die dem Dorfbild Besitzer häufig. 1960 muss das Haus, abgetragen und im gleichen Jahr wieder besonderen Charakter und Reiz verliehen, das Strassenmeister Kunz gehörte, einem aufgebaut. 1959 wird das einfache Gie- völlig. Es fällt heute schwer, sich von der Neubau und der Verbreiterung der Stra- belhaus bereits wieder abgetragen. sich einst hier zur Gasse verengenden sse weichen. Strasse mit den alten Häusern ein Bild Gassmann „Schang“, dem das Haus seit zu machen. Zur Gebäudegruppe am Eingang zum 1933 als Wohnstätte diente, bleibt den Hinterhof gehörte das gegenüberliegen- Hinterdörfler Kindern aus jener Zeit in Das Haus Ass. No. 35 wird 1812 als de Haus, Ass. 36, Ecke Buhnstrasse/ liebenswerter Erinnerung, reichte er uns Wohnhaus mit gewölbtem Keller erwähnt. Seebacherstrasse, welches 1798, dem doch bei jeder Begegnung eines seiner Der Zehntenplan von 1820 zeigt einen Stichjahr der in dieser Arbeit vorgestell- Himbeerzeltli, die er stets, im klebrigen sehr kleinen Gebäudegrundriss; es muss ten Häuser, noch nicht existiert. Es soll Papiersack eingewickelt, im Hosensack daher in der Folgezeit vergrössert worden hier trotzdem erwähnt werden, weil es mit sich trug und umständlich hervor- sein. Die früher kleine Behausung – es an eine alte Weinrotte (Ass. 37B), aus der klaubte. wird schon 1695 nur eine einzige Stube Zeit vor 1798, angebaut war. Das Haus, erwähnt – dient Taunern, also Bauern um 1800 noch ohne Kamin erstellt – der

Seebacherstrasse 92 37A Bauernwohnhaus erb. um 1690 1968 abgetragen

Ehemaliges Bauernhaus mit Scheune, erbaut um 1690; es war lange Zeit im Besitz der seit 1689 in Seebach bezeug- ten Familie Altorfer. Seit 1758 lebten zwei Bruderfamilien aus dem Geschlecht der Gossweiler mit Kind und Kindeskindern in einer einzigen Stube. 1848 erwirbt die um 1815 aus Oberhausen eingebürger- te Familie Beutler das Haus, welches in den 1920er Jahren durch Arthur Schwarz grosse Um- und Anbauten erfährt. 1931 geht der Gebäudekomplex an Heinrich Steinfels, Seifenfabrikant in Zürich, über. 30 Jahre später verschwindet der vorn an der Strasse stehende, alte Tränkebrunnen aus dem Jahre 1787, letzter Zeuge der bäuerlichen Vergangenheit des Hauses, das dann 1968 abgetragen wurde.

„Gruppenbild mit Automobil“ um 1930

42 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Köschenrütistrasse 2 38 Bauernwohnhaus bezeugt um 1300 25.9.1879 abgebrannt (ehem. Wirtshaus) Neubau 16. / 17. Jh.

Abteihof. Von Zürich aus, vorbei an den Höfen zum Fallanden Brunnen und Al- lenmoos, weiter durch die Jungholzwie- sen ins Himmeri, führte von alters her ein Verbindungsweg ins Hinterdorf Seebach, kreuzte die Seebacherstrasse, und bog, die allgemeine Richtung einhaltend, nach Norden über den Katzenbach durchs eh- malige Buechholz (mit dem Riedenholz zusammenhängend) zur Köschenrüti und nach Rümlang.

Bei der Abzweigung Seebacherstrasse/ Köschenrütistrasse, wenige Schritte nach der Biegung, stand bis zum Brand am 25.9.1879 ein Hof, der kurze Zeit auch als Wirtshaus diente. 1549 werden als Besitzer die Brüder Christiner, mit Taufna- men Ueli, Hanslibueb, Ueliman und Lenz, genannt. Drei Jahre später heissen die neuen Besitzer Rüdy Sieber und Hans Grob. Erstmals erfahren wir bei dieser Gelegenheit, dass auf der Heu (d Höw), anstelle von Getreide, Reben gepflanzt werden. Der auf das Jahr 1552 zu datie- rende Eintrag im Urbar lautet: „Die erst Zelg. Genannt Schwandenzelg. Item Zwygeracher an der Halden, 5 Juchar- ten (Acker), stosst an Ghei des gotshus güter, hat Lutz, anderthalb an d Höw an die efad (Umzäunung). Davon ist jetzt by 1½ Jucharten zu Reben gemacht“. Diese Reben sind auf den Karten von 1820 und 1850 noch angegeben (bei der Egg), 1876 sind sie verschwunden, dafür Die Bewohner des „hinteren Wirtshauses“ im 18. Jahrhundert gemäss Bürgerrodel steht zu jener Zeit ein grösserer Weinberg im Felsenberg (zwischen dem Höhenring und der Felsenbergstrasse). genannt: Rudolf Hug (1744), Felix Hol- solcher führte er auch den Vorsitz in den lenweger, a. Säckelmeister (1758) und Gemeindeversammlungen. Während einigen Jahrzehnten gelingt es Jakob Ehrensberger, a. Säckelmeister den Seebachern, neben dem Dorfwirts- (1780). Neben dem Untervogt besass Das Haus bleibt bis zum Brandunglück haus unter der Kirche, vorübergehend der Säckelmeister die stärkste Stellung im Jahre 1879 im Besitz der Nachfah- eine zweite Wirtschaft im Hinterdorf dorf innerhalb der Gemeinde. Sofern der Un- ren der von Oerlikon kommenden, aus zu betreiben. Zwischen 1744 und 1780 tervogt nicht aus der Gemeinde stammte, Oberwinterthur stammenden und 1767 wird das Haus No. 38 als das „Hintere war der Säckelmeister gewissermassen in Seebach eingebürgerten Familie Eh- Wirtshaus“ bezeichnet. Als Wirte werden Präsident der Gemeindebehörden, als rensberger.

43 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Köschenrütistrasse 11 39 Bauernwohnhaus erbaut 17. Jh. 1960 abgetragen

1960 verschwand ein weiterer bäuerlicher der Gemeinde treu. Sie leben in nächster der 1930er Jahre landwirtschaftlich ge- Zeuge aus „Seebachs Zeiten“: Das präch- Nähe des alten Hofes, der noch bis Ende nutzt wurde. tige, aus dem 17. Jahrhundert stammen- de Ackerbauernhaus von Jakob Vollen- weider, Landwirt und Kirchenpfleger (ehe- mals Köschenrütistr. 11). Der Hof wurde durch Generationen von den Nachfahren der Anfang des 18. Jahrhunderts zuge- wanderten Familien Weber und Schäppi (Heinrich Weber, geb. 1667) und (Heinrich Schäppi, geb. 1697, von Thalwil) bewirt- schaftet, gelangte 1820 teilweise in den Besitz der aus Oberhausen zugezogenen, in Seebach eingebürgerten Familien Tan- ner und Beutler, und 1880 in den Besitz des obgenannten Jakob Vollenweider. Von den vier genannten Geschlechtern blieben nur die Nachfahren der Tanner Die alte Köschenrütistrasse

Seebacherstrasse 107 41 Bauernwohnhaus erb. 17. Jh. 1825 abgebrannt Wohnhaus / Neubau neu 1825 steht noch

Dieses Haus wurde 1825 anstelle eines grossen bäuerlichen Anwesens aus dem 17. Jahrhundert, das einem Brand zum Opfer fiel, neu erbaut. Der alte, abge- brannte Hof war eng mit dem Schicksal von zwei im 17. Jahrhundert erstmals in Seebach erwähnten Geschlechtern ver- knüpft: den Wettstein (Rudolf, geb. um 1694) und den Gossweiler (Conrad, geb. 1706) und deren Nachfahren. In den bei- den Haushaltungen lebten zeitweise 25 und mehr Menschen in patriarchalischer Weise in einer Arbeits- und Hausgemein- schaft. 1812 lebten gar sechs Familien unter einem Dach, davon drei aus dem Geschlecht der Wettstein.

1892 erwirbt Gottfried Wettstein, Schuh- macher – der Bergründer des heute noch in Seebach bestehenden Schuhhauses – die Liegenschaft, die 1906 in den Be- sitz von Ernst und Johann Scheuermeier übergeht. Verzweigung Seebacherstrasse (links) und Köschenrütistrasse (rechts)

44 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstrasse 111 42 Bauernwohnhaus bezeugt seit 1300 mit Trotthaus Neubau 17. Jh. steht noch

Bäuerliche Idylle um 1910 Das Trotthaus

Dieser Abteihof ist seit 1300 bezeugt. Er bebaut Johannes Klöti, geb. 1700, Ehe- 110) gehört, bleibt häftig bis 1854 im Be- ist im 17. Jahrhundert durch einen Neu- gaumer, mit seiner Ehefrau Anna Rath- sitz der Familie Klöti. 1813 erwirbt Heinrich bau ersetzt worden, der heute noch steht. geb, mit verheiratetem Sohn Felix, drei Benninger, a. Säckelmeister, den halben Die Spuren des letzten Zeugen im äussern Enkelkindern, zwei Knechten und einer Hof, 1841 tritt Caspar Gossweiler an seine Hinterdorf über die bäuerliche Vergan- Magd den grossen Hof. Klöti stammt aus Stelle und von 1854 an bleibt der ganze genheit verlieren sich um 1750. Da sich der Köschenrüti, wo das Geschlecht seit Hof Eigentum der seit 1690 in Seebach leider die häufig wechselnden Pfarrherren 1695 bezeugt ist. Johannes, seit 1733 bezeugten Familie Gossweiler, die ihn bis nicht immer an die in den Gemeinderödeln Amtsuntervogt, wird 1759 von der Obrig- Anfang der 1960er Jahre bewirtschaftet. vom jeweiligen Vorgänger eingeführte Rei- keit abgesetzt. henfolge beim Aufzeichnen der einzelnen Gebäude hielten, gelingt es nicht, die ge- Der im 17. Jahrhundert neu erbaute Hof, schichtliche Verbindung zu den früheren zu welchem das gegenüberliegende, heu- Besitzern dieses Hofes herzustellen. 1758 te noch existierender Trotthaus (Ass. No.

45 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Seebacherstr. (bei 111) 43 Bauernwohnhaus nachweisbar 1880 abgetragen seit 1689

Südwestlich des ehemaligen Abteihofes, 1549 im Besitz von Uely Mey- landstrass, hinden an Heini Broglis bom- Gossweiler’schen Hofes (Ass. No. 42) er, 1551 im Besitz von Rüdy Sieber, dem garten“. Wir kennen seit etwa 1780 die stand ein kleines Bauernhaus, wahr- Stammvater der Seebacher Sieber, der zu Namen der beiden Bebauer des Güetlis, scheinlich ein zu einem grossen Abteihof diesem Zeitpunkt schon zu den „Gross- Heinrich Sieber, geb. 1760, Zimmermann, gehörendes Güetli. grundbesitzern“ in Seebach gehört. Das und Heinrich Attinger, Zimmermann, der Urbar von 1549 sagt zu diesem Güetli spätere Wirt. 1866 geht das Anwesen bis Ohne den sicheren Nachweis erbringen folgendes: „Item Spitaler gütli, namlich zum Abbruch 1880 an den Neubürger zu können, vermuten wir in diesem Haus hus und hofstatt, bomgarten zusam- Jacob Gerteis über. das „Spitalergüetli“, als Teil des obigen pt der schür zu Seebach, stosst an die

Abzweigung Seebacher- 44 Zehntenscheune 1833 abgetragen, str. / Schwandenholzstr. nachher Bauernwohnhaus Neubau 1834 1965 abgetragen

Zehntenscheune. An der Verzweigung scheune um 600 Gulden. Er liess sie ab- zwölfhundert Jahre lang von sich reden Seebacherstrasse / Schwandenholzstra- brechen und baute an ihrer Stelle 1834 machte“. sse stand bis 1833, an der gleichen Stelle ein Bauernhaus mit Scheune (giebelseitig wie das 1965 abgetragene Bauernhaus zur Seebacherstrasse), das bis zum Ab- (Seebacherstr. 114, alt 76), die ehemalige bruch 1965 über Generationen im Besitz grosse Zehntenscheune, in welcher der der Nachfahren Rudolf Meyers blieb. Mit dem Fraumünster gehörende Zehnten dem Abtragen der alten Zehntenscheune eingelagert wurde (das Kloster Wettin- verschwand gleichsam symbolhaft eine gen unterhielt in Seebach keine Zehn- der Säulen mittelalterlichen Rechts. Hans tenscheune). Dieses Gebäude spielte im Kläui formuliert es so: „Nur wenige Einrich- Leben der Seebacher Bauern während tungen haben wohl die abendländische Jahrhunderten eine bedeutende Rolle. Geschichte so hartnäckig und unwandel- bar begleitet, wie der Zehnten, der von 1833 erwarb Rudolf Meyer vom „Löb- seinen Anfängen unter den Karolingern bis lichen Fraumünsteramt“ die Zehnten- zu den letzten Loskäufen im Zürchergebiet Die sogenannte „Zehntenscheune“

Buhnstrasse 21, 23 45 Bauernwohnhaus erb. um 1630 steht teilweise noch

Wer die Buhnstrasse hinabwandert, findet Dübendorf für die Dörfer Seebach, Oerli- 1695, der Stammvater der Seebacher zuunterst links bei der Einmündung in die kon, Schwamendingen und Oberhausen Rohmann im gleichen Haus. Nach 1800 Seebacherstrasse die Reste eines heute gewählt. Als Nachfolger für diese höchste wechseln die Besitzer häufig, 1891, nach zum Wohnhaus umgebauten ehemaligen staatliche Amtsstelle, zu der Landbürger dem Brand von Ass. 31/32, zieht Rudolf Bauernhauses. Im alten Haus lebten seit Zutritt hatten, wurde 1710 dessen Sohn Weber, Kaminfegermeister, ins Haus, in 1634 bis gegen 1800, in ununterbroche- Heinrich, geb. 1633, der das angesehene dessen Familie das Gewerbe bis Ende der ner Generationenfolge, die Nachfahren Amt bis 1719 versieht, aus einem Dreier- 1930er Jahre ausgeübt wird. Im zweiten von Jakob Spillmann, der das Licht der vorschlag der Gemeindebürger von der Wohnteil lebte seit 1923 bis zum Kriege Welt um 1605 erblickte und mit Eva Maag Obrigkeit erkoren. der Familie von Heinrich Fehr. verheiratet war. Deren Sohn Hans, geb. um 1634, wird 1668 zum Amts-Unter- Seit 1744 wohnt mit Hans Jacob Romann vogt der Obervogtei Schwamendingen- (auch Rohmann geschrieben), geb. um

46 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Buhnstrasse 13, 17, 19 46, 47 Reihenwohnhäuser erb. um 1630 stehen noch

Im untern Teil der Buhnstrasse, traufseitig die 1616 zusammen in einer einzigen Be- Das Begehren wird abgewiesen, aber zu dieser, steht ein langes Wohnhaus, mit hausung wohnen, setzen sich dafür ein, „uss gnaden“ ein Fuder Holz „und meer einem im obern Teil nach Westen abge- dass jeder jährlich ein Fuder Brennholz nit“ zugestanden (Winkler, S. 156, 157). winkelten Wohnteil. Es diente während bekomme: „Dan ob sy glych all dryg (drei), Das Geschlecht der Wüst hält sich bis vier Generationen dem alteingesesse- in einer behussung, habe doch Jeder syn Anfang des 19. Jahrhunderts auf dem nen Seebacher Geschlecht der Wüst als sonderbare husshaltung und stuben. Ir Hof. Durch Anbau neuer Wohnteile finden Wohn- und Arbeitsstätte. Noch 1812 ge- Jeder ouch syn ynzug gelt (Einzugsgeld) weitere Familien eine Wohnstätte im sich hört eine Landwirtschaft zum Anwesen. sonderbar bezahlt und darnebent biss- vergrössernden Haus, dazu gehören die har, ouch alles das verricht, so inen in Rümmeli, Sieber, Meyer, Bickel und Wöl- Gladj (= Claudius) Wüst, geb. um 1588, der Gmeind gepürt und zugestanden. Mit ber. 1780 wohnen mehr als 25 Personen verheiratet mit Elisabet Hinnen, und ihr underthenigen Piten, sy als arme gesellen, im Haus. 15jähriger Sohn Caspar sind 1634 die so nit vermögens holz zekouffen, bi ober- erstbezeugten Bewohner des Hauses. meltem irem Brieff zeschirmen, und sy ein 1869 erwerben Jakob Lang, 1879 Regula Gladj, von Beruf Tauner (= Taglöhner), pro- Gmeindt dahin zewyssen und zehalten. Götti je einen Wohnteil, ihre Nachfahren zessiert 1616, zusammen mit zwei weite- Dass sy Jedem Tagner, wyter als vor der- leben zum Teil bis in die 1950er Jahre im ren Taunern, beim Bürgermeister gegen zyth jerlichen ein fuder holz zutheilint und Haus. die Seebacher Bauern. Die drei Tauner, zeigint. Ir der Tagnern sigint dan glych vil, also Bauern mit geringem Grundbesitz, ald (oder) wenig, inn einer behussung“.

Die noch bestehende alte Häusergruppe an der unteren Buhnstrasse

47 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Sonnenrain 14, 16, 18 45 Bauernwohnhaus erb. um 1630 1944 abgetragen (ehem. Dunkelgasse)

dieses Tannholz führte seit Jahrhunderten die alte Strasse Zürich-Kloten, die heutige Schaffhauserstrasse. Diese letzte Waldro- dung in Seebach muss um 1860 herum erfolgt sein. Noch steht ein kleiner Rest dieses alten Waldes: Das „Schuelerwäldli“ und einige Tannen am Abhang östlich des Schulhauses Buhn.

Die Sesshaftigkeit früherer Geschlechter und die Selbstverständlichkeit, dass der Sohn den vom Vater ererbten Betrieb übernimmt und weiterführt, zeigt sich am Beispiel der Geschichte dieses Hauses am Sonnenrain. 1634 erstmals nach- weisbar, wird es in nie unterbrochener Geschlechterfolge bis ins 19. Jahrhundert hinein von einem Zweig des Geschlechts der Dübendorfer bewohnt. Jakob, geb. um 1598, mit Ehefrau Elisabeth Bräm und vier Kindern bebauen 1634 ein beschei- denes Gütlein; ihr Sohn Felix wird 1672 als Taglöhner bezeichnet. Die letzten Düben- dorfer auf dem Hof, Heinrich, geb. 1758 und Rudolf geb. 1773, Stillständer (Still- stand: kirchl. Aufsichtsbehörde), nennen 1801 je ein halbes Haus mit Scheune, beim Tunkelgässli gelegen, ihr eigen. Wei- Die ehemalige Dunkelgasse wurde 1944 in Sonnenrain umbenannt! ter gehören dazu: je 2 – 3 Wiesen und 3 oder 4 Ackerfluren und etwas Reben „in Sieberen“. 1868 geht der Hof in fremde An der Ecke Höhenring / Sonnenrain be- mit östlicher Begrenzung beim Weisshau. Hände über, 1920 wird er noch für eine fand sich bis in die Kriegsjahre hinein ein 20 Jahre früher standen dort anstelle von Generation lang von der Familie des aus Bauernhaus, dessen Güter noch in den Rebstöcken hohe Tannenbäume, sodass dem Schaffhausischen zugezogenen Ja- 1930er Jahren landwirtschaftlich bebaut Seebach, noch um 1850 herum, sozu- kob Werner bewirtschaftet. wurden. 1944 fiel es der Spitzhacke zum sagen buchstäblich ein Dorf „hinter dem Opfer. Wald“ war. Dieser Wald – Tannholz oder Gmeindholz genannt – bedeckte fast die Der Sonnenrain hiess damals noch Dun- ganze ebene Fläche des Buhnhügels mit kelgasse, und der Höhenring, bis etwa Ausnahme der „Buenhäuser“, sowie den 1930 ein schmaler felsiger Fussweg, trug ganzen nach Süden gerichteten Hang, den Namen Rebenweg. Von diesem Re- westlich begrenzt durch die Felsenberg-, benweg, etwa von da an wo heute die östlich durch die Seebacherstrasse, Eigenwasenstrasse in den Höhenring ein- dehnte sich in der Gegend des Junghol- mündet, erstreckte sich hangwärts bis zes bis unmittelbar an die Gemeindegren- zur Felsenbergstrasse hinunter ein in den ze von Oerlikon aus und schloss auch das 1870er Jahren neu angelegter Rebberg, heutige Quartier Bühl ein. Mitten durch

48 früheste Erwähnung / abgetragen / Hinterdorf Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Buhnstrasse 11 49 Bauernwohnhaus nachweisbar seit 1549, Neubau 18. Jh. steht noch

Zum „Felix Manessen Gut“ (Ass. 34) ge- Frau, Regula Gassmann, von Rümlang kürzte Haus, Buhnstrasse 11, in andere hört 1549 ein kleines Gut genannt „Mi- gebürtig, müht sich mit Tochter Anna um Hände über. Ein Güterinventar von 1860 chelsgütli“ mit bescheidenen 10 Juchar- die kleine Landwirtschaft im „Eigenwa- zeigt, mit Ausnahme der Reben in der ten Ackerland, 2 Mannmad Wiesen und sen“. Mit dem Tod von Heinrich und Re- Käshalde, volle Übereinstimmung mit den 1 Juchart Hanfpünt. Am 29. Januar 1552 gula Binder geht der Kleinbauernbetrieb im Helvetischen Kataster von 1801 aufge- kauft Heinrich Brogli das Gütli von Hein- 1930/31 ein. Noch ein volles Jahrzehnt führten einzelnen Positionen. rich Christiner „umb 500 Pfund“. Leider wird im Oktober das Obst der zahlreichen können die späteren Besitzer erst 1711 Bäume im nahen „Bungert“ zusammen- mit Sicherheit bestimmt werden. gelesen und zu feinstem Most verarbeitet.

Marx und Ludwig Brunner, geb. 1681 1943 geht das noch heute stehende, um und 1692, und Jakob Sieber, geb. 1697, die landwirtschaftlichen Anbauten ver- bewohnen im 18. Jahrhundert die bei- den Stuben mit Kind und Kindeskindern. Gegen Ende des Jahrhunderts geht der „Gwerb“ ab Heinrich Romann, geb. 1754, und Jakob Meyer, geb. 1759, über. Sohn Jakob Meyer baut 1844, jenseits der Stra- sse, Scheune und Stall, welche 1873 von Caspar Kübler-Benninger, zum Wohn- haus (Ass. No. 117) umgebaut werden. Die Nachfahren von Heinrich Kübler las- sen das Haus No. 117 1971 abtragen.

1860 kommt das Haus Ass. No. 49 teil- weise, 1880 ganz in die Hand der von Aussersihl zugewanderten Familie Binder. Heinrich Binder, geb. 1857, geht täglich zu Fuss in die „Farb“ nach Zürich. Seine Anmerkung des Quartiervereins Seebach: Das Geburtshaus des Autors Ernst Benninger.

Buhnstrasse 10, 12 50 Bauernwohnhaus 12: erb. 1700 1954 abgetragen 10: erb. 1830 1954 abgetragen

Das ehemalige Bauernhaus Buhnstrasse nennen die Akten Ulrich Weber, Schreiner, 10/12 war seit seiner Erbauung in den als Besitzer. Landwirtschaftlich wurde das ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts Haus bis in die 1920er Jahre genutzt. im Besitz der altbezeugten Seebacher Ge- 1954 erfolgte der Abbruch. schlechter Christiner und Sieber. 1780 erwirbt es Heinrich Meyer, Ehegaumer. Seine Frau schenkt ihm sieben Kinder, in deren Hand das Haus bis Mitte des 19. Jahrhunderts bleibt. Das Haus besass nur eine einzige Stube, erst 1830 wird der obere Hausteil angebaut. Seit 1880 1954: Baugespanne künden den Abbruch an …

49 Romantik rund um die Buhn (Aufnahme vor 1920): Links das 1933 abgetragene Wohnhaus mit der Assekuranz-Nr. 54; rechts die noch bestehende Häusergruppe Buhnrain 29, 31, 33, 35 und 37.

Die Häuser Ass. No. 51 bis 58 werden in Heimindustrie; manche wurden später Dreizelgenwirtschaft mit streng eingehal- den Gemeinderödeln des 18. Jahrhun- Fabrikarbeiter in der näheren städtischen tenem Flurzwang stand einem weiteren derts als „die Buen“ bezeichnet. Dieser Umgebung. Durch Anfügen von weiteren Siedlungsausbau im Wege. Die auf der Name – wir begegnen ihm an mehreren Hausteilen entstanden nach und nach Buhn um 1670 auf gerodetem Waldland Stellen im Kanton Zürich – mit der Bedeu- die für die Buhn typischen, langgezo- neu erbauten Häuser (die Gygerkarte von tung „Bodenerhebungen mit Heimwesen genen und niedrigen Reihenwohnhäuser 1667 zeigt noch Wald) sind die letzten in dabei“ (Id. IV, 1320), dürfte sich Ende des mit aneinandergekoppelten Fenstern, den Seebach bis 1800 erstellten Gebäude 17. Jahrhunderts eingebürgert haben, als „Flarzhäusern“ des Zürcher Oberlandes (mit Ausnahme von 2 – 3 Häusern an der dort, gewissermassen als „letzter Sied- nicht unähnlich. Buhnstrasse und am Buhnrain). Rund lungsausbau“ des alten Seebachs, zwei 130 Jahre herrschte praktisch ein Haus- bis drei Einzelhäuser mit vorerst nur je Das 17. Jahrhundert brachte Seebach bauverbot, sodass das Siedlungsbild des einer Haushaltung für Leute, die in der eine starke Bevölkerungszunahme. Die ausgehenden 17. Jahrhunderts demjeni- Landwirtschaft kein Auskommen mehr „Puursami“ sah sich, wie in andern Ge- gen des beginnenden 19. Jahrhunderts fanden, gebaut wurden. meinden, ihrer mit den Hofstätten dinglich entspricht. verbundenen Nutzungsrechten (Holznut- Die Bewohner dieser Heimstätten blieben zen, Weidgangrechte in Wald und auf praktisch ohne Grundbesitz. Ihre Existenz der Allmend) bedroht. Das auch in See- gründete auf der damals aufblühenden bach schon früh bezeugte System der

50 früheste Erwähnung / abgetragen / Buhn Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Eigenwasenstrasse 51, 52, 53 Reihenwohnhäuser erbaut 17. Jh. 1932 / 33 abgetragen (hinter Schulhaus Buhnrain) Buhnrain 27 54 Wohnhaus erbaut 17. / 18. Jh. 1933 abgetragen (ehemals Sonnenbergstr.)

Zusammengebaute Reihenwohnhäuser mit Schopfanbauten, unmittelbar hinter dem Schulhaus Buhnrain, abgetragen 1932/33. Conrad Rümmeli, geb. 1632, gilt als Erbauer und erster Bewohner des Hauses Ass. No. 51, gefolgt von mehre- ren Generationen der Schulmeister-Fami- lie Wüst (von 1711 bis 1873). Nach Bedarf wurden weitere Wohnteile angefügt. Ab 1874 bzw. 1881 bis zum Abbruch sind die Familien Kaspar Schellenberg und Kon- rad Wirth und deren Nachfahren Besitzer der Häuser. 1932, kurz vor dem Abbruch, erfolgt der Kauf der Liegenschaft durch die politische Gemeinde Seebach.

Anstelle dieser in den Jahren 1932/33 abgetragenen ländlichen Bauten wurde das Schulhaus Buhnrain erstellt.

Die frühen Besitzesverhältnisse dieses Ass. No. 55 nur durch eine enge, ge- lebte in der Folge bis zum Abbruch 1933 dreistöckigen, die gewohnten Propor- pflasterte Gasse getrennt, wird 1863 von im Haus, nachdem es 1932 von der Ge- tionen sprengenden Wohnhauses sind Melchior Spörri, Schuhmacher erworben. meinde Seebach übernommnn wurde. unklar. Das Gebäude, vom Nachbarhaus Eugen Fritz-Spörri, sein Schwiegersohn,

Buhnrain 29, 31, 33, 35, 37 55, 56, 57, 58 Reihenwohnhäuser erbaut 17. / 18. Jh. stehen noch

Während 200 Jahren dienen diese zusam- der Reihenhäuser, bevor diese 1946 und zerschneidet die Buhn in zwei Hälften, mengebauten Reihenwohnhäuser – sie 1951 an die Stadt Zürich übergehen. verschwunden ist der ländliche Frieden sind 1844 noch kaminlos – den Kleinhand- mit den verträumten Häusern, den kleinen werkersfamilien Brogli, Meyer, Rümmeli Noch um 1850 ist die Gebäudegruppe Scheunen, Krautgärten und Gartenhäus- und Attinger als Wohn- und Arbeitsstät- fast ganz von Wald umgeben. Erst etwa chen, zerstört die alte Lebensgemein- ten. Ausser etwas Garten besitzt keiner 1860 wird das die Häuser umgeben- schaft mit den in den winzigen Stuben und Ackerland. In den 1880er Jahren wechseln de „Tannholz“ weitgehend gerodet, der Kammern lebenden einfachen Menschen! die Besitzer: Albert Gsell, Färber, später Blick weitet sich nach Süden und Westen Was an Häusern noch übrig geblieben ist, Gottfried Bachofen-Gsell, Wickler, dann und die Buhn erhält eine unvergleichli- wirkt verloren und lieblos. Johannes Benninger-Tanner, Förster mit che Wohnlage. Siebzig Jahre später wird Tochter Anna und im hintersten Teil Alfred dieses kleine ländliche Paradies zerstört: Peyer, Gärtner, sind die letzten Teilbesitzer Eine riesige Schulhausanlage aus Beton

51 früheste Erwähnung / abgetragen / Ob der Kirche Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Buhnrain 20 – 26 59, 60 Reihenwohnhäuser erb. um 1670 stehen noch

Am höchsten Punkt des Buhnrains, bei Haushaltungen. Die Nachfahren Lienhard der Einmündung der Buhnstrasse, steht Meyers lassen sich noch bis Mitte des 18. im Winkel der beiden Strassen eine abge- Jahrhunderts als Hausbewohner verfol- treppte Reihe kleiner Häuser, mindestens gen. Die nächsten hundert Jahre zeigen teilweise den „Flarzbau in Seebach“ reprä- einen ständigen Besitzerwechsel. Erst mit sentierend (TA, 25.3. 1972, S. 18). dem 1882 erfolgten Einzug Jacob Goss- weilers und demjenigen von Otto Rebsa- Seit 1640 lassen sich die ersten Hausbe- men im Jahre 1929 zieht gleichzeitig auch wohner, es sind Taglöhner, nachweisen. etwas Ruhe und Beständigkeit ins Haus. Lienhard Meyer-Wüst, geb.um 1620, und Die Gattin von Otto Rebsamen († 1983) ist Conradt Müller-Sieber, geb. um 1601, dem Häuschen bis heute treu geblieben. beide in den Bevölkerungsverzeichnis- sen als „Holzschiter“ bezeichnet, leben mit ihren zahlreichen Kindern in den zwei Einmündung Buhnstrasse / Buhnrain

Buhnrain 18 ohne Nr. Bauernwohnhaus bezeugt seit 1672 3.6.1799 abgebrannt (Artilleriebeschuss)

Sämtliche fünf Gemeinderödel führen zwi- 3. Juni 1799 von französischen Haubitzen „des Baderboten ehel. geliebte Hausfrau“ schen den Häusern Ass. No. 59/60 und beschossen. Eine Granate traf u.a. auch begraben, eine Woche „nach dem Schre- 63 ein Haus auf, das, nach einem Eintrag dieses Haus, „fährt durch unter dem Dach cken, so er sie überfiel, als das Haus, das des Pfarrers, am 3. Juni 1799 „bey der liegendes Stroh“ und „stürzt durch eine sie bewohnte, den 3. Juni in dem Treffen französischen bataille“ abbrannte. anstossende Kammer ins Tenn hinunter. gegen die Franken von ihnen entzündet Schlag und Flamme ist Eins“. Das von verbrannte“ (Njbl. der Hülfsgesellschaft Der Zehntenplan des Fraumünsters von vieljährigem Küchenrauch ausgedörrte 1801). 1820 weist tatsächlich zwischen den ge- Haus fängt unten und oben an zu brennen nannten Häusern eine Siedlungslücke und wird vollständig eingeäschert. Die auf. Die Lokalisierung des Hauses an 71jährige Witwe des „Baderboten“ Hein- dieser Stelle (vgl. Plan Seite 19) darf als rich Meyer, seit 11 Jahren blind, umsorgt Vor dem Haus Buhnrain 23 führte zu einigermassen gesichert gelten, umso- von ihrer seit kurzem ebenfalls verwitwe- „Seebachs Zeiten“ eine ideale Schlittel- mehr als bis in die jüngste Zeit ein Ver- ten Schwiegertochter, sind die einzigen bahn vorbei an Kirche und Sennhütte bis bindungsweg hinter dem abgebrannten Hausgenossen zum Zeitpunkt des Un- hinunter zum Bach beim Rest. Falken. Haus vorbeigeführte. glücks. „Zitternd“, heisst es im bereits er- „Lumpenfuder“ beim Bob-Fahren mit Da- wähnten Bericht, „wickelt die Schwieger- voserschlitten gab es am ehesten beim Rank bei der Einmündung in die Seeba- Der ungewöhnlich häufige Besitzerwech- tochter die alte Mutter in ein Bettlacken, cherstrasse. Während tagsüber ganze sel seit der ersten Nennung eines Bewoh- nimmt dieselbe auf ihre Schultern und eilt Schulklassen den Rain hinunterfuhren, ners im Jahre 1672 (Heinrich Siber ge- zur Kammer hinaus die Treppe hinunter. huldigten nachts die Erwachsenen die- nannt „Gyger“, Taglöhner), lässt auf eine Sie waren auf der letzten Stufe, als unter sen winterlichen Vergnügungen. Der un- äusserst dürftige Behausung schliessen. ihnen die brennende Treppe bricht. Sie tere Teil der Buhnstrasse bot ebenfalls fällt mit ihrer Bürde und verrenkt den einen gute Schlittelbedingungen. Das „Salzen“ Nach einem zeitgenössischen Bericht Fuss. Aber mit der Stärke, die Schrecken der überall ungeteerten Strassen war völ- muss es sich um eine „morsche Hütte“ und Liebe zugleich ihr geben, rafft sie lig unbekannt. gehandelt haben mit einer Stube, „welche dieselbe neuerdings auf, ob sie gleich zu eng war, um auch nur das Bett mit der selbst kaum stehen kann, und trägt sie in

alten Frau zu fassen“.Der Buhnrain als einen Baumgarten hinaus, wo sie dieselbe 1799: Die Kriegsereignisse bringen Leid und ▼ einziger Fahrweg wurde am Morgen des in Gras senkt“. Am 11. Juni 1799 wird grosse Armut nach Seebach.

52 53 früheste Erwähnung / abgetragen / Ob der Kirche Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Buhnrain 9, 11 61, 62 Bauernwohnhaus bezeugt seit 1672 1971 abgetragen

Zur bescheidenen, fast vollständig aus Holz gebauten Taunerbehausung gehört wenig bebaubares Land. Die immer neu- en Bewohner der beiden Stuben sind ge- zwungen, irgend einem Nebenverdienst nachzugehen. Johann Spillmann, geb. um 1652, ist „Wullenkämbler“. Neben seinen Kindern leben 1672 noch das Ge- schwisterpaar Dübendorfer und die 23 jährige ledige Elisabetha Brogli im Haus. Wenn der Pfarrer Jahre später ein neues Verzeichnis der Haushaltungen anlegt, findet er jedesmal andere Leute im Haus.

1794 lebt der aus Oberhausen zugezo- gene Heinrich Tanner-Huber, geb. 1757, mit seinen Söhnen mit Haus. 1888 erwirbt Bezirksrichter Joh. Hotz einen Hausteil, 1922 zieht die den älteren Seebachern noch bekannte Familie Heinrich Laubi ins Haus. Die landwirtschaftliche Nutzung des kleinen Anwesens wurde schon im vergangenen Jahrhundert eingestellt. Das Haus wird 1971 abgetragen.

Bescheidene Behausung eines „Tauners“ (Tagelöhner)

Buhnrain 4, 8, 10 63 Bauernwohnhaus bezeugt seit 1300 Neubau 16. / 17. Jh. 1954 abgetragen

Abteihof. Wie kein anderes prägte dieses tigt sich schon 1672 nur noch als „Wul- mächtige Haus mit dem breit ausladen- lenkämbler“ in Heimarbeit. den Dach und südseitigem Krüppelwalm das Bild der kleinen Häusergruppe um Von 1727 bis 1850 lebt ein Zweig des in die Kirche. Seebach stark verbreiteten Geschlechts der Meyer mit Zunamen „Seilers“ im Die Hofteilung und damit der wirtschaft- Haus, von 1780 bis 1850 ausserdem zwei liche Niedergang des alten Abteihofes Generationen der alten Seebacher Familie muss schon früh eingesetzt haben, be- Wettstein (Conrad Wettstein, geb. 1735, wohnen doch 1689 bereits vier Familien mit vier Kindern). 1914 zieht Ferdinand (Christiner, Maag, Gilmann, Sieber) mit Schilling und 1929 Berta Vollenweider insgesamt 22 Personen das altertümlich ins bereits nicht mehr landwirtschaftlich anmutende Ackerbauernhaus. Jakob genutzte Haus. 1954 erfolgt der Abbruch Bauernhaus mit Krüppelwalmdach Christiner-Koch, geb. um 1656, beschäf- des alten Gebäudes.

54 früheste Erwähnung / abgetragen / Buhn Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Buhnrain 3, 5 64, 65, 66 ehemals Bauernwohnhaus, erstmals erw. 1549 1971 abgetragen Schul- und Gemeindestube

Noch 1895 gehören zum Haus 64 (vorn de der im Haus eingemietete Jakob Ben- Das Haus steht in nächster Nähe der an der Strasse) Scheune und Stall. 1898 teli, Chirurgus, geb. 1751, von dem es Kirche, d.h. der ehemaligen Kapelle und später finden Um- und Neubauten 1794 im Gemeinderodel heisst: „Dermahl St.Nikolaus. Auf Seite 86 des Fraumüns- statt, welche das äussere Bild des eh- sitzt er im Oetenbach oder vielmehr im terurbars von 1549 wird ein Güetli im maligen Bauernhauses völlig verändern. Zuchthaus“. Besitz von Andreas Bannwart, das „Sant Das Haus hatte in seiner langen Zeit vie- Niclaus gütli“ genannt. Weiter heisst es: len Funktionen und Zwecken zu dienen: Seit 1866 ist im hinteren Teil Salomon „Item der Kilchhoff (gemeint ist das Nic- Bauernhaus, Schulhaus (1689 – 1818), Wölber, Vater von alt Gemeinderat Hein- laus gütli) stosst an die stras, anderthalb Pfarrstübchen (1729 – 1862), Gemeinde- rich Wölber, bezeugt. Dessen Nachfahren an Lentz Bregentzer“. Die Kapelle selbst stube (1758 – 1830), Armenhäuschen ab bleiben dem Haus bis zum Abbruch 1971 wurde von 1534 bis zum Abbruch 1663 1820. treu. Zwischen den beiden Weltkriegen für Wohnzwecke benüzt. Wir nehmen an, betreibt Bäcker- und Konditormeister dass es sich beim im Urbar aufgeführten Seit 1672 wechseln die Familien recht Hunsperger im mittleren Hausteil einen „Kilchhoff“ um den Kern der Häuser 64, häufig (Sieber, Wettstein, Christiner, At- gut geführten Betrieb, dessen hervorra- 65, 66 handelt und zwar um ein Güetli tinger). 1689 wohnen insgesamt 20 Per- gende Produkte – eine grosse Auswahl und nicht um einen eigentlichen Abteihof. sonen in den verschiedenen Hausteilen, an „Zähner- und Zwänzgerstückli“, „An- wovon der erste Teil als Schulhaus, mit kenweggen“ und vorallem die einmalig Conrad Siber, Schulmeister, bezeichnet duftenden „Weggli“ – weitherum bekannt wird. Viel zu schaffen macht der Gemein- waren.

Im Vordergrund das bis zur Unkenntlichkeit umgebaute ehemalige Bauernhaus Buhnrain 3 im Jahre 1970, kurz vor dem Abbruch.

55 Köschenrütistrasse 185: Das „Unter Haus“.

56 früheste Erwähnung / abgetragen / Köschenrüti Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Köschenrütistrasse 185 69 Bauernwohnhaus bezeugt seit 1300 steht noch „Unter Haus“ Köschenrütiweg 70 Bauernwohnhaus „Ober Haus“ um 1660 erbaut 30.5.1844 abgebrannt Käshaldenstrasse 30 104 Bauernwohnhaus 1838 Neubau steht noch

Abteihof. Die Köschenrüti gilt als ein XI, S. 80) nennt „ein Behussung und ein Die auszugsweise Wiedergabe des Hof, der dem Fraumünster als Ganzes Nüwe Behussung, zwo Schüren, Trot- Schuldbriefes macht deutlich, dass die lehenspflichtig war. Seit etwa Mitte des ten, Krut- und Baumgarten. 28 Juchar- damaligen Besitzer, die Gebrüder Brun- 17. Jahrhunderts lassen sich zwei Häu- ten acher zu allen dreyen Zelgen, 15 ner, für diesen nicht besonders ausge- ser unterscheiden, das „Unter Haus“ und Mannwerch Wissen, 5 Jucharten Räben: dehnten Hof eine grosse Summe an das „Ober Haus“ (jedes für sich wird als Alles an- und beyeinander. In einem Yn- Grundzinsen (in Naturalien) und Kapital- „halber Hof und Gwerb“ bezeichnet). Die fang gelägen. Mehr: 6 Jucharten acher zinsen (5% auf den Schuldbriefen) auf- Gygerkarte von 1660 zeigt ebenfalls zwei an der Rüthj gelägen. 10 Jucharten Holz zubringen hatten. Dazu kamen noch der Häuser westlich des Weges zur Käshal- und Boden ungefährlich. Darab gaht an Zehnten auf Korn, Hafer und Wein (10% den. Ein Schuldbrief von 1671 (StAZ B Jährlichem Grundtzins: der jeweiligen Ernte) an die Gotteshäuser Wettingen und Fraumünster, sowie der kleine Zehnten an die Kirche in Rümlang, nebst Vogtsteuer an das Säckelamt. 6 Müt Kernen 2 Malter Haber dem Amt Fraumünster Ass. No. 69, das „Unter Haus“, darf ohne 4 Hühner Uebertreibung als das prächtigste Ge- bäude der bäuerlichen Vergangenheit 3 Vrtl. Kernen Seebachs bezeichnet werden, mit der dem Einsiedlerhof Zürich 1 Vrtl. Haber traditionellen Dreiteilung in Wohnteil, Tenn und Stallscheune, der Wohnteil versehen 1 Vrtl. Kernen der Kirchen Rümlang mit ornamental gestaltetem Fachwerk 1 Vrtl. 3 Vrlg. Kernen zur Kornzelg (Njbl. Zürich 11, 1968). 1 Vrtl. 3 Vrlg. Haber zur Haberzelg der Kirchen Seebach zur Brach nüt Ass. No. 70, das „Ober Haus“, brannte am 30.5.1844 vollständig ab, Es stand 12 Schilling Vogtstühr In das Seckel Ambt unmittelbar oberhalb des „Unter Haus“, und zwar ebenfalls in der Hangrichtung wie das gegenüberstehnde, 1838 erstell- Daruff staht ferner an Haubtgut (Schuldbriefe): te und heute noch existierende ehemali- gen Weinbauernhaus, Ass. No. 104, Käs- Hrn. Rächenschryber Waser 225 Gulden haldenstr. 30, auf das später der Name Junker Obrist Reinharten 150 Gulden „Ober Haus“ übertragen wurde. Hrn. Stiftschryber Müller 50 Gulden Hrn. Rathshr. Hess 700 Gulden 1420 werden die Güter „in Rütinen“ ge- Hrn. Landtschryber Heinr. Kienasten 1300 Gulden nannt; 1512 „guot in der Rüty“; 1515 von Zollikon „schnyders Rüti“, genannt nach dem da- maligen Bebauer, Hans Kösch, Schnei- der; 1521 „des Köschen Lätten“, 1532 Sonsten ledig und eigen bis an den gewöhnlichen Zehenden. „des Kellers gut und des Lemans gut in der Rütti“; 1564 erstmals „des Kö- Siglet Herr Hauptmann und Marthyni 1761 schen Rüti“; im 17. und 18. Jahrhundert Zunftmeister Johann Conr. Schmidt „Rüti“, „Keschenrüti“ und „Köschenrüti“. Rüti, ein Rodungsname des Hoch- und

57 Spätmittelalters, bedeutet „ein Stück um- bauen Vater und Sohn Kösch den Hof, der in den ersten Jahrhunderten meist nach gebrochenes Land“ (durch Reuten urbar dann in den Besitz von Meister Johannes ein bis zwei Generationen den Besitzer gemachtes Land). Berger, Ratsherr der Zunft zum Weggen, wechselte. Die grossen Anstrengungen seit 1512 Statthalter und Tagsatzungs- im 18. Jahrhundert zur Verbesserung der Die Güter „in Rütinen“ – seit 1420 als abgeordneter, übergeht. Der Name des landwirtschaftlichen Verhältnisse – nicht des „Kellers guot vo Vellanden“ und „Le- Bebauers während des Berger’schen Be- zuletzt die Bestrebungen des auf dem mans erbgüter“ bezeichnet, gehören zu sitzes ist nicht bekannt, da Berger selber benachbarten Katzenrütihof wirken- den neun alten Erblehenhöfen der Abtei als Zinser in den Rechnungen erscheint. den Jacob Gujers, genannt „Chlijogg“ Fraumünster. Die Gründung der Siedlung Nach dessen Tod 1529 übernimmt Hans (1716 – 1785) – schufen auch für die Kö- geht aber mit Sicherheit vor das Jahr 1300 Schnorf das Lehen, gefolgt 1555 bis 1595 schenrüti Bedingungen, die das Bauern zurück. von Junghans und Felix Meyer. Anschlie- lohnend machten. So blieben denn die ssend wird Uely Wüst als „Pur und Wirt beiden Höfe im 18. und 19. Jahrhundert Die Köschenrüti befand sich als einziger in der Köschtlichen Rüty“ genannt. Mit lange Zeit im Besitz der gleichen Familien. Abteihof in Seebach „ussrent Etters“, d.h. ihm hören wir erstmals von einem Wirt ausserhalb der durch einen Zaun einge- in Seebach. Sein Geschlecht lässt sich friedeten Dorfmark. Sie ist somit „ynbe- bis zur Eingemeindung 1934 in Seebach schlossen guet“, das sich selbst Frieden verfolgen. Von etwa 1625 bis 1689 bebau- geben muss und ist daher wirtschaftlich en Leutnant Hans Heinrich Brunner und verhältnismässig selbständig. Noch 1623 dessen Söhne das Gut. sind die Hofbesitzer „zu denen von See- bach nit gemeindtsgnössig“, was bedeu- Unter den Brunnern wird um 1660 die tet, dass sie nicht Mitglied der „Puursami“ „Nüwe Behussung“, das „Ober Haus“, sind und nicht zum Kreis der Nutzungsbe- errichtet, welches um 1689 an Rudolf Ma- rechtigten gehören. Sie haben somit kein thys übergeht. Dieser verkauft das neue Recht, ihr Vieh auf die Gemeindeweide zu Haus 1715 „umb 5300 Gulden“ an Ru- treiben, sie besitzen auch keinen Nutzen dolf Bänninger; er und seine Nachfahren am Gemeindewald (der sogenannte Holz- bewirtschaften diesen Hof – ab 1838 das nutzen, der noch heute den Mitgliedern neu erstellte Haus Ass. No. 104 – fünf Ge- der Holzkorporation Seebach zusteht). nerationen lang bis 1891, in welchem Jahr Hof und dazugehörige Güter in fremde Eine weitere Eigentümlichkeit bestand da- Hände übergehen. Das schön gelegene rin, dass der Hof Köschenrüti, obwohl zu Anwesen zählt zu den letzten, noch heute Seebach-Nord gehörend, nach Rümlang bewirtschafteten Bauerngütern von See- kirchgenössig war und dorthin auch dere bach (Pächter Heinrich Schnellmann). kleine Zehnten ging. Ueberdies gaben die etwas verworrenen Güterverhältnisse im Um 1690 übermachen die Brunner das Gebiet der Köschenrüti, der Käshalden „Unter Haus“ den mit ihnen verwandten und des Asps Anlass zu etlichen Zehn- Kienast von Zollikon. Noch vor 1725 er- tenspänen (Streitigkeiten) zwischen dem wirbt die neu in die Gemeinde gezogene Fraumünster und dem Gotteshaus Wet- Familie Klöti den stattlichen Hof, in deren tingen. Besitz er vier Generationen lang bleibt. 1818 werden Heinrich Gujer und seine Blättern wir noch kurz in der Geschich- Nachfolger Besitzer des Hofes und seit te der Hofbebauer wie sie ab 1400 in 1903 bebauen Jacob Kläusli und dessen den Fraumünsterrechnungen und den Nachfolger den einstmaligen Abteihof. Mit Büchern der Brandassekuranz ab 1812 dem Tode von Albert Kläusli (1921 – 1971) verzeichnet sind: Um 1420 zahlen Hans endet die Geschichte eines uralten Seeba- Leemann, Hans Gsell, Hans Appenzeller cher Bauerngutes. 1972 wird die Wei- von Höngg, drei Brüder Wyss von Wipkin- zenernte zum letzten Mal eingebracht. gen und Cueni von Wil den Lehenszins, Albert Kläusli, allzu früh dahingegangen von 1450 bis 1472 sind Ulrich und Hans besorgte im Vorjahr noch die Saat! Die

Stolz zinspflichtig. Von 1473 bis 1512 be- Hausgeschichte zeigt klar, dass der Hof Käshaldenstrasse 30: Das „Ober Haus“. ▼

58 59 Bauernwohnhaus an der Köschenrütistrasse 12 (1960 abgebrochen), Blick Richtung Riedenholz.

60 Bauliche Entwicklung Gebäude erstellt. Nach Berücksichtigung In der gleichen Zeitspanne werden erst- zwischen 1800 und 1880 einiger Abgänge durch Feuer und Baufäl- mals reine Wohnbauten erstellt: Wir ligkeit zählt unser Dorf im Jahre 1880 etwa zählen insgesamt 23 kleine Heimwesen 140 – 150 Gebäude. und Arbeiterhäuser. Das Ende des rein Zwischen 1689 und 1798 bleibt die Zahl bäuerlichen Seebachs beginnt sich ab- der Häuser praktisch konstant (43 – 46 Bemerkenswert ist, dass mehr als die zuzeichnen. Häuser). Das Siedlungsbild von 1798 mit Hälfte aller Neubauten landwirtschaftliche den beiden Siedlungskernen beidseits Bauten sind (55 Bauernhäuser). Damit Das nachstehende chronologische Ver- des Bachs und den Höfen Binzmühle, bleibt der bäuerliche Charakter des Dorfes zeichnis zeigt die Schwerpunkte der Bau- Schärenmoos und Köschenrüti entspricht einstweilen erhalten. Einige Bauernsöhne tätigkeit zwischen 1800 und 1880 (es sind genau dem Bild, wie es uns der Karto- aus dem Geschlecht der Benninger und nur die wichtigsten Gebäude aufgeführt). graph H.C. Gyger auf seiner meisterlichen Tanner werden nach Einführung der Ge- Zwei Drittel dieser Bauten sind inzwischen Karte von 1667 überliefert (Ausnahme: die werbefreiheit in den 1830er Jahren von bereits wieder verschwunden. Von den Buhn). Bausubstanz und Landschaftsbild einem wahren Fieber gepackt: Im noch 46 Häusern der alten Bausubstanz von bleiben intakt. Die Rechtsordnung der häuserlereen Binz (Rümlangstrasse) und 1798 existieren im Jahre 1983 noch 11 bäuerlichen Erbleihe und das dörfliche an der Seebacherstrasse werden innert Gebäude. Hausbauverbot lassen der Bodenspeku- kurzer Zeit sechs Ziegelhütten und drei lation keine Chance. Kalkbrennereien erstellt. Doch der Traum Zu den erwähnten 46 Bauernhäusern ist nur von kurzer Dauer. Die Handziege- im Jahre 1798 kommen noch folgende Der Zusammenbruch der alten Ordnung leien sind unrentabel, die Familienbetriebe Gebäude hinzu: die Kirche, die Zehnten- im Jahre 1798 führte in Seebach vorerst geraten bald in Schwierigkeiten, ihre Hüt- scheune, sieben Weintrotten und etwa nicht zu einer eigentlichen Bauwelle. Im- ten sind brandanfällig und das Gewerbe fünf freistehende Scheunen, total 60 Ge- merhin sind die Jahre bis 1880 von einer verschwindet schon nach kurzer Blüte. bäude. relativ starken Bautätigkeit geprägt. Bis Die neue Konkurrenz der mechanischen zum Beginn des grossen Baubooms in Backsteinfabriken in Zürich-Wiedikon ist Seebach (1880) werden rund 100 neue erdrückend. früheste Erwähnung / abgetragen / Strasse / Lage Assekuranz-Nr. Bezeichnung Erstellungsjahr abgebrannt Hertensteinstrasse 15, 17 22 Bauernwohnhaus 1802 – 1811 1978 abgetragen Ausserdorfstrasse 45 18, 19 Bauernwohnhaus 1802 – 1811 steht noch (J.G. Siegfried) Köschenrütistrasse 15 40 Bauernwohnhaus 1802 – 1811 1946 abgebrannt Rest 1961 abgetragen Schwandenholzstrasse 68 Bauernwohnhaus 1808 steht noch (Waid) Ecke Seebacherstrasse/ 28 Wohnhaus, ab 1873 1814 steht noch Hertensteinstrasse „Sennhütte“ Ecke Honigstrasse/ 33 Bauernwohnhaus 1815 1950 abgetragen Hertensteinstrasse Buhnstrasse 1 71 Wohnhaus 1816 steht noch Ausserdorfstrasse 28 72 Wohnhaus 1816 1960 abgetragen Buhnrain 1 66B Schul- und Spritzenhaus 1818 1959 abgetragen (später Wohnhaus) Binzmühlestrasse 28, 30 1D Bauernwohnhaus, seit 1924 1820 1958 abgetragen Wohnhaus „Rest. Amaducci“ Ausserdorfstrasse 4 73 Wohnhaus 1821 steht noch Felsenrainstrasse 149 74 Bauernwohnhaus 1821 steht noch (Jak. Strehler) Köschenrütistrasse 12 75 Bauernwohnhaus 1823 1960 abgetragen

61 An der Schaffhauserstrasse, vor 1950: Im Zentrum das Restaurant „Rebstock“ (links) und das Restaurant „Ziegelhütte“ (mitte).

62 Köschenrütistrasse 1 78 Wohnhaus 1829 1969 abgetragen Seebacherstrasse 78 81 Bauernwohnhaus 1829 1956 abgetragen (Jak. Gossweiler) Hertensteinstrasse 13 82 Bauernwohnhaus 1829 1978 abgetragen Frohbühlstrasse 84 Bauernwohnhaus 1830 steht noch Ausserdorfstrasse 1 90 Bauernwohnhaus 1833 1960 abgetragen Frohbühlstrasse 91 Bauernwohnhaus „Eichbühl“ 1834 1959 abgetragen Hürststrasse 102 92 Bauernwohnhaus „Hürst“ 1834 1980 abgetragen Rümlangstrasse 55a 94 Wohnhaus 1834 1885 abgetragen (Binz) samt Ziegelhütte Hertensteinstrasse 96 Schlachthaus 1835 1956 abgetragen (jenseits des Bachs) „Gmeindsmetzg“ Hertensteinstrasse 28A Ziegelhütte 1835 27./28.9.1837 (gegenüber Sennhütte) abgebrannt Schwandenholzstrasse 97 Bauernwohnhaus 1836 steht noch (Waid) Seebacherstrasse 4 102 Wohnhaus mit Ziegelhütte 1838 1869 abgebrannt (anstelle Quartierbüro) Neubau Ziegelhütte 1878 1920 abgetragen Schaffhauserstrasse 491 105 Bauernwohnhaus 1839 um 1970 abgetragen (sogen. Meiershof) Schaffhauserstrasse 471 106 Wohnhaus „Rest. Rebstock“ 1841 1965 abgetragen Seebacherstrasse 53 168 Wohnhaus „Rest. Turnhalle“ 1840/41 1955 abgetragen Schaffhauserstrasse 510 114 Wohnhaus „Alte Post“ 1844 steht noch 1847 – 1854 Rümlangstrasse 27 115 Wohnhaus (A. Wettstein) 1844 steht noch Rümlangstrasse 60 116 Bauernwohnhaus 1844 1949 abgetragen Käshaldenstrasse 20 118 Wohnhaus 1845 steht noch Käshaldenstrasse 45 119 Wohnhaus „Streulihaus“ 1846 steht noch Rümlangstrasse 70 123 Bauernwohnhaus 1847 steht noch Glattalstrasse 1 125 Bauernwohnhaus 1849 1980 abgetragen Rümlangstrasse 55b 129 Kalkbrennerei 1853 1876 abgebrannt Neubau 1877 1920 abgetragen Buhnrain/Seebacherstr. 138 Schulhaus 1857 steht noch Rümlangstrasse 142 Ziegelhütte 1860 1866 abgebrannt (bei No. 70) Neubau 1867 1881 abgebrannt Schaffhauserstrasse 473 144 Wohnbau „Rest. Ziegelhütte“ 1861 1950 abgetragen Seebacherstrasse 60 147 Pfarrhaus 1863 steht noch Rümlangstrasse 151 Kalkbrennerei 1864 1891 baufällig (bei No. 70) Schaffhauserstrasse 450 158 Wohnhaus 1872 1951 abgetragen Schaffhauserstrasse 444 2 Wohnhaus, 1872 1950 abgetragen später Gemeindehaus Schaffhauserstrasse 413 161 Wohnhaus „Rest. Waag“ 1874 steht noch Hertensteinstrasse 2 28F Bauernwohnhaus 1875 1952 abgetragen mit Schmiede (seit 1819 Scheune) Seebacherstrasse 45 166 Turnhalle, Spritzenhaus, 1876 steht noch Arrestlokal Schaffhauserstrasse 425 172 Wohnhaus „Rest. Rosenau“ 1877 1956 abgetragen Bahnhaldenstrasse 176 Station Seebach 1878 1959 abgetragen Schaffhauserstrasse 463 185 Wohnhaus „Rest. Nationalhof“ 1878 steht noch Felsenrainweg 19 200 Wohnhaus „Rest. Felsenberg“ 1880 steht noch 63 64 Landwirtschaft Jakob Strehler sen.

Die in unserem Quartier gelegenen Klein- Landwirtschaft in einem treide zu dreschen. Das Einsetzen eigener bis Mittelbetriebe (bis zu ca. 6 ha Kultur- städtisch werdenden Quartier Elektromotoren zum Antrieb der verschie- land) boten keine volle Existenz. Während densten landwirtschaftlichen Maschinen die Frauen zu Hause die landwirtschaft- förderte nach Ende des 1. Weltkrieges lichen Arbeiten besorgten, suchten die Durch Gesetze, Auflagen der Behörden, den Abbruch des letzten tiergezogenen Männer in aufstrebenden Industriebetrie- aber auch mit privaten Initiativen versuch- „Göpels“. Er stand auf dem Hofe der heu- ben in Oerlikon und Zürich Arbeit oder te man von jeher der Landwirtschaft ihre te städtischen Liegenschaft „Waidhof“. übten einen handwerklichen Beruf aus, Existenz zu sichern. Diese Genossenschaft wurde während um ihr Einkommen zu verbessern. des 2. Weltkrieges wegen Überalterung Einer der ältesten Zusammenschlüsse, ihrer Maschinen aufgelöst. Die Korrektionen von Katzenbach (1913) um eine bessere Bewirtschaftung z.B. und Binzmühlebach (1918) ermöglich- der Waldungen zu gewährleisten, ist die Mit einer Eingabe des Landwirtschaft- ten die Meliorationen des Bennenriedes „Holzkorporation Seebach“, die 1971 ihr lichen Vereins Seebach an den tit. Ge- (1918) und des Stierenriedes (1919). Da- 200jähriges Bestehen feiern konnte. meinderat Seebach, zwecks Anstellung durch konnte aus landwirtschaftlich min- eines Mausers für das ganze Gemein- derwertigem Streu- und Sumpfland wert- Ebenso wurde im vorigen Jahrhundert degebiet, um der Mäuseplage Herr zu volles Kulturland gewonnen werden. Auch die Sennerei AG, heute „Sennerei-Lie- werden, wurde vom löbl. Gemeinderat die späteren Drainagen von Buchwiesen genschaft AG“, gegründet, um mit dem zu einer Grundbesitzerversammlung auf und Riedenholzwiesen, sowie kleinere, Bau einer Sennhütte die Milchverwertung den 2. April 1888 einberufen. In dieser private Bodenverbesserungen gestatte- zu Käse und weiteren Milchprodukten zu Versammlung wurde beschlossen, ge- ten, trotz der schlechten 30er Jahre, ge- gewährleisten. Interessant ist dabei, dass meinsam, d.h. durch die Gemeinde ei- wissen Betrieben eine fast volle Existenz. bei beiden vorgenannten Organisationen nen Mauser anzustellen und überdies die Die nahen Absatzgebiete förderten den je ca. 80 Anteile sind. Das bezeugt, dass ganze Angelegenheit einer fünfgliedrigen Anbau von Gemüsen (Oerlikonermarkt), dem ehemaligen Bürgernutzen ca. 80 An- Kommission zuzuweisen. So entstand die von Schweinezucht und Schweinemast teilberechtigte zugehörten. Erbaut wurde „Mauserkorporation“. Ihre Pflicht: Einen sowie die Fuhrwerkerei. Das Verpachten die Sennhütte im Jahre 1728. Feldmauser anzustellen, die Aren eines von Land der Kleinstbetriebe an Landwir- jeden Landbesitzers in Seebach in einem te erlaubte eine bessere Bewirtschaftung. Die technische Entwicklung nach der Register festzuhalten und einen Verleger Jahrhundertwende, welche der Land- zu erstellen. Der Feldmauser wurde nach Das Quartier Seebach zählte zur Zeit der wirtschaft Erleichterungen durch Elektri- der Zahl der gefangenen Mäuse entlöhnt. Eingemeindung 1934 40 landwirtschaftli- zität und tiergezogenen Landmaschinen Der letzte Feldmauser von Seebach war che Betriebe mit Grossviehhaltung. brachte, führten zur Gründung der „Elek- Theodor Egli an der Ausserdorfstrasse. trischen Genossenschaft Seebach“. Sie betrieb in ihrem Magazin an der Seeba- Die Mauserkorporation Seebach wurde cherstrasse/Buhnstrasse eine Futtermüh- von einer Grundbesitzerversammlung am le. Mit der fahrbaren Fräse oder Band- 10. März 1949 aufgelöst und an die Flur- säge wurde bei den Bauern Brennholz kommission überwiesen. zersägt. Der ebenfalls fahrbare Elektro- Motor bezog den Strom mittels Kabel „Zuchtstierkorporation“ Seebach: Fleck- ab den Stangenleitungen des Elektrizi- vieh- und Braunvieh-Zuchtgenossen- tätswerke Seebach. Die im Jahre 1918 schaften wurden schon vor der Jahr- angeschaffte Dreschmaschine zog von hundertwende gegründet. In Seebach Grasmähmaschine, 1941. Hof zu Hof, um den Landwirten das Ge- bestand bis Ende des Ersten Weltkrieges

65 eine Braunvieh-Zuchtgenossenschaft, der Versicherung übernommen und sofort Im Sinne des Gesetzes zur Förderung der die mangels Aktivität in die Braunvieh- geschlachtet werden musste, wurde in Landwirtschaft vom Jahre 1911 wurde Zuchtgenossenschaft Zürich überging. diesem Verkaufslokal ausgewogen, so- am 17. Januar 1914 in Seebach eine „Ge- Der grösste Teil der Viehbesitzer kaufte fern es geniessbar war. nossenschaft zur Entwässerung des Kat- damals noch Vieh ohne Abstammungs- zenbachgebietes“ gegründet. Die Korrek- ausweise, nutzte es zur Milchproduktion Alle Viehbesitzer, die ihre Tiere versichert tion und Tieferlegung des Katzenbaches und verkaufte es nachher dem Metzger. hatten, waren gezwungen, von diesem ermöglichte im angrenzenden Gebiet Betriebseigene Stierhaltung und künstli- Fleisch zu kaufen. Zu einem reduzier- Meliorationen und die Nutzbarmachung che Besamung führten zur Auflösung der ten Preis wurde von diesem Fleisch auch zu Kulturland. Zuchtstierkorporation. an Private verkauft. Übrig gebliebenes Fleisch wurde den nicht Erschienenen So wurde 1918 die „Meliorationsgenos- Um die Landwirte bei Tierseuchen, Krank- zugeteilt und zu einem höheren Preis ins senschaft Bennenried“ gegründet, das heiten oder Unfällen der Haustiere etc. vor Haus gebracht. Der Weibel der Versiche- Streuland und Sumpfgebiet entwässert Ertragseinbussen zu schützen, wurden rung machte Private und Versicherte, und urbarisiert. In den dreissiger Jahren auf Grund von Gesetzen Viehversiche- meist vormittags, auf den Verkauf dieses folgten Buchwiesen und die Stähelimatt. rungen gegründet. Versichert wurden Rin- Fleisches mit Alarmhorn und Ausruf auf Alle diese Meliorations- und Drainage- der, Schweine, Ziegen und Schafe. Pferde der Strasse aufmerksam: „Hüt am Abig genossenschaften wurden 1980 aufge- wurden einer speziellen Pferdeversiche- chamer vu dä sächsi a i der Gmeinds- löst, von der Stadt übernommen und zur rung zugeteilt. Die „Viehversicherung See- metzg Küehfleisch ha uufs tuusig drü Aufsicht der Flurkommission unterstellt. bach“ besass an der Hertensteinstrasse Pfund“. Das „tuusig drü Pfund“ bedeu- Auch von Privaten wurden Bodenverbes- am Katzenbach ein eigenes Schlachthaus tete auf 1000.− Franken Versicherungs- serungen und Entwässerungen ausge- und, wo heute die Telefonzentrale steht, summe 3 Pfund Fleisch zu kaufen. Bei führt. Das östlich von Seebach gelegene ein Verkaufslokal. Das Fallfleisch, so ge- schweren Tieren mussten bis zu 4 Pfund Streu- und Sumpfland im Oerliker- und nannt, weil das kranke Tier mit einem abgeholt werden. Für Viehbesitzer war Oberhauserried wurde zur Sicherung der tierärztlichen Abschlachtungszeugnis von der Versicherungs-Beitritt obligatorisch. Landesversorgung ebenfalls kultiviert.

Bevor thermische und elektrische Motoren in der Landwirtschaft Eingang fanden, wurde neben Menschenkraft auch die Tierkraft als Antrieb von landwirtschaftlichen Maschinen genutzt. Der von Kühen oder Pferden im Kreis gezogene Göpel (Rosswerk) lieferte die Kraft über ein Winkelgetriebe und Gelenkwellen unterirdisch in die Scheune und auf eine Transmission oder direkt an Dreschmaschine, Futterschneider, Heuaufzüge, Schöpfwerke, Elevatoren etc.

66 Weiterbildung der Genossenschafter: Korbflechterkurs vor dem Restaurant Waidhof im Jahre 1920.

Das so gewonnene Kulturland gestattete überwachten in den Quartieren, dass die pelmeter kontrollierte die Flurkommission den Landwirten ihre Betriebe aufzusto- gesetzlichen Bestimmungen und deren die Grösse der befohlenen Anbauflächen. cken. Mit Ausnahme des zwischen Sch- Verordnung eingehalten wurden. Sie Um den Zwangsabgaben gerecht zu wandenholz und Riedenholz gelegenen kontrollierten die Anbaufläche der ver- werden, wurden Wiesen zu Äckern um- Bennenriedes wurde das mit eigenen schiedensten Kulturen und sorgten auch gepflügt und der Anbau von Ölpflanzen oder subventionierten Mitteln erschlos- dafür, dass die Wassergräben ausge- (Raps), Kartoffeln und anderen Feldfrüch- sene Kulturland der Industrie- oder Bau- putzt, die Flurwege in fahrbarem Zustand ten gefördert. Durch die Verkleinerung der zone zugeteilt und ist heute fast restlos blieben und die Bäume und Sträucher Grasflächen musste dafür manche Kuh überbaut. zurückgeschnitten wurden. „ins Gras beissen“.

Um dem Landwirtschaftsamt der Stadt Während des Krieges 1939/1945 wurde Eine Bewährungsprobe der „Flurkommis- den Kontakt mit den Landwirten zu er- der Ackerbau zwangsmässig ausgewei- sion“ war die Bewässerung im Trockenjahr möglichen, wurden mit der Eingemein- tet, um die Ernährung der Bevölkerung 1976. Nach einem schneearmen Winter dung „Flurkommissionen“ ernannt. Diese sicherzustellen. Mit Messband und Dop- folgte ein Frühling mit wenig Regen. Juni

67 und Anfang Juli gab es praktisch keine Niederschläge. Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais und frisch bestellte Kleeäcker litten sehr unter der Trockenheit. Die Stadt Zü- rich bewilligte dem Landwirtschaftsamt den Einsatz der Berufs- und Pflichtfeuer- wehr und des Zivilschutzes zur Bekämp- fung der Trockenheit.

Das Wasser zur Bewässerung wurde teil- weise aus dem Hydrantennetz der Was- serversorgung, hauptsächlich aber aus dem Katzenbach und der Glatt bezogen. Dabei bewährte sich der vom Zivilschutz erstellte Überlauf im Katzensee; so floss genügend Wasser des Katzenbaches den Motorpumpen zu. Der Einsatz der Feuerwehrkompanie 21 war vorbildlich. Sie stand zeitweise fast rund um die Uhr im Einsatz. So konnten 9 ha Mais, 3 ha Kartoffeln und ca. 2 ha Zuckerrüben und Kleegrasäcker vor dem Absterben geret- tet werden.

Die Landwirtschaftliche Genossenschaft Zürich-Seebach

In einem Protokoll der Mauserkorporation von anfangs April 1888 wird der „Land- wirtschaftliche Verein Seebach“ erwähnt. Wann die Gründung erfolgte, entzieht sich dem Wissen des Berichterstatters.

Um die Jahrhundertwende wurde die Fortbildung der Landwirte stark gefördert. Mit der Gründung von landwirtschaftli- chen Vereinen und Genossenschaften konnte sich die Landwirte weiterbilden Tages-Anzeiger vom 24.07.1896 und durch den gemeinsamen Einkauf die Hilfsgüter (wie Samen, Dünger und Ge- rätschaften) verbilligen und dadurch ihre Einkommen verbessern.

In Seebach wurde ein Depot des Land- Verein wurde zu einem Reiseverein und zur Bildung von Sammelstellen (Ortsge- wirtschaftlichen Vereins Neumünster, als die Reserven aufgebraucht waren, treidestelle). Um dem Bund Brotgetreide und Umgebung angelegt. Die wurde er in den 40er Jahren aufgelöst. abliefern zu können, mussten sich die durch Überbauungen dezimierten Betrie- Landwirte mit selbstgepflanztem Ge- be in der Stadt wiesen einen immer ge- Der im Ersten Weltkrieg geförderte An- treide versorgen. Die Kontrolle über die ringeren Bedarf an Hilfsgütern auf. Dieser bau von Brot- und Futtergetreide führte Selbstversorgung und die Vorbereitung

68 der Getreideabgaben an den Bund wur- mittlung von Saatgut, Dünger und landw. tet und erfüllt ein Bedürfnis der Quartier- den dem Ortsgetreidestellenleiter, meist Gerätschaften. Die erste Verwalterstelle bevölkerung. Verwalter der Genossenschaft, übertra- wurde von Rudolf Meier, Felsenrainstra- gen. Im Jahre 1930 wurde der „Landwirt- sse, übernommen. Es folgten dann die In Vorträgen, Kursen, Carreisen und schaftliche Verein“ in „Landwirtschaftliche Verwalter Karl Truninger, Seebacherstra- Abendunterhaltungen wurde jeweils für Genossenschaft Seebach“ umbenannt sse, Hans Sostizzo, Seebacherstrasse, Weiterbildung der Genossenschafter ge- und dem Verband ostschweizerischer Werner Tanner, Allmannstrasse, Werner sorgt. landwirtschaftlicher Genossenschaften Wettstein, Schwandenholzstrasse und angeschlossen. Anfang der 30iger Jah- seit 1970 Jakob Strehler, Felsenrainstra- re beschränkte sich der Betrieb auf Ver- sse. Der Betrieb hat sich stark ausgewei-

Ortsgetreidestelle – bus) und besseren Anbaumethoden Der 1944 einsetzende Wohnungsbau (Kir- Futtergetreidestelle und eines während der Kriegsjahre sehr chenfeld, Sonnenrain, Buchwiesen etc.) in günstigen Wetters konnte der Arenertrag allen Teilen unseres Quartiers verringerte sämtlicher Getreidearten erheblich gestei- die Anbaufläche und somit auch die An- Durch kriegswirtschaftliche Vorschriften gert werden. zahl der Getreidepflanzer. verwirrt, gab ein Seebacher Ortsgetrei- destellen-Leiter die Leitung der Stelle ab. Die Zentralstelle in Bern verfügte, dass die Seebacher Landwirte an die Schwamen- dinger Ortsgetreidestelle anzuschliessen Entwicklung der Landwirtschaft seien. Daher fehlen Dokumente über An- bauflächen, Grösse der Ablieferungen al- Jahr Anzahl im eigenen Haushalt Ablieferung ler Getreidearten und Anzahl der Landwir- Produzenten an den Bund te mit Getreideanbau bis 1943. In diesem 1945 35 274 39 000 kg Jahr konnte die Ortsgetreidestelle wieder 1950 25 152 62 600 kg zurück erobert werden. Der Bedarf für 1960 13 81 121 800 kg die Selbstversorgung der in der Landwirt- 1970 11 49 160 600 kg schaft Seebachs tätigen Personen betrug 1980 6 33 192 000 kg im Eingemeindungsjahr schätzungsweise etwa 30 Tonnen Brotgetreide. Wer Brot- getreide an den Bund abliefern wollte, musste pro Person 200 kg Nacktgetrei- de vermahlen lassen. Der in der Mahl- karte eingetragene Mahllohn wurde dem Selbstversorger vom Bund rückvergütet.

Die von 38 Getreideproduzenten an den Bund abgelieferte Menge Brotgetreide betrug im Jahre 1934 schätzungswei- se 20 – 30 Tonnen. 1943 wurden von 34 Brotgetreide-Produzenten 50600 kg Weizen, 4100 kg Roggen und 1700 kg Dinkel (Korn) an den Bund abgeliefert. Für die Selbstversorgung der in bäuerlichen Haushalten verpflegten 223 Personen wurden 35878 kg Brotgetreide vermah- len. Dank Neuzüchtungen von Weizen (Pro- Traktor mit Kartoffelsetzgerät, 1960.

69 Ährenleseaktionen Genossenschaft vereinigter ziellen ziellen Verpflichtungen nicht mehr Milchproduzenten nachkommen, so dass bald unhaltbare In die Kriegsjahre 1939 – 45 fallen auch Zustände entstanden. Der Verband in die Ährenlese- und Dreschaktionen, die der Sennerei Seebach Winterthur wurde zu Rate gezogen. Da im Jahresbericht 1982 des Quartierver- dieser H. Morgenthaler in Schutz nahm, eins bereits beschrieben sind. Die „Genossenschaft vereinigter Milch- kam keine Einigung zu Stande. Darauf produzenten der Sennerei Seebach“ wur- gründeten die Milchlieferanten die Ge- Die Ähren wurden von der Ortsgetreide- de unter dramatischen Umständen am nossenschaft mit dem heutigen Namen. stelle bei J. Strehler, Felsenrainstrasse, 27. Oktober 1914 gegründet. Es bestand gedroschen und das Dreschgut in die vor diesem Datum keine Genossenschaft; Es wurde ein Vorstand von sieben Mitglie- Mühle Kloten zum Vermahlen gebracht. die Landwirte von Seebach lieferten ihre dern gewählt: Ungefähr 260 Ährenleser von Seebach Milch an Milchhändler H. Morgenthaler, haben in den Getreideäckern im Jahre der die Sennhütte von der Sennerei See- Präsident: J. Bättig 1943 20000 kg Brotgetreide aufgelesen bach gepachtet hatte. Der Milchpreis Vizepräsident: G. Gugolz und konnten dafür in der Mühle Kloten betrug dazumal 14 Rappen je Liter; die Kassier: A. Tanner Mehl zur Verbesserung der Ernährung Milchzahlungen erfolgten vierteljährlich. Aktuar: K. Gassmann abholen. Im Sommer 1944 brachten Beisitzer: Hch. Meier, Tempelhof 320 Ährenleser 12218 kg Brotgetreide Infolge schlechter Geschäftsführung Jak. Ganz zum Dreschen. Der Bund zahlte dafür konnte H. Morgenthaler seinen finan- Joh. Kläusli Fr. 914.15 als Mahlprämie. Die Ährenle- ser droschen 1945 rund 8000 kg, 1946 noch 3000 kg Brotgetreide. 1947 fiel das Ährenlesen ausser Betracht, die Rationie- rung wurde aufgehoben und man konnte wieder genügend Brot im Laden kaufen.

Die Pflicht, Futtergetreide anzupflanzen und dem Bund abzuliefern, wurde vom Kriegswirtschaftsamt strikte und mit aller Härte verlangt. Der Bedarf der Armee zur Fütterung ihres Pferdebestandes mit Heu, Stroh und Hafer war gross. Dafür mussten die Viehbestände in der Landwirtschaft weiter verringert werden. Dies führte oft zu Differenzen zwischen Produzenten einerseits und Gemeindeackerbaustelle oder Kriegswirtschaftsamt anderseits. Der Ackerbaustellen-Leiter kam sich oft vor wie ein „eingeklemmter Schinken- schnitz“ zwischen zwei dicken, harten Broten. Doch auch diese Zeit ging vorbei und es ist über alles Gras (oder Strassen und Hochbauten) gewachsen.

Ährenleseaktion der Ortsgetreidestelle im Kriegsjahr 1943

70 Der Präsident J. Bättig stellte dem Vor- Schmid, dass er während des Winters Pflichtbezug von 4% des Milchgeldes, stand einen Betriebsleiter vor: Emil Greu- 1932/33 24 Rappen je kg auszahlen wer- davon 1% in Blockkäse. tert, der zusamen mit dem Sohn des Prä- de. 1933 erfolgte die Kontingentierung. sidenten, S. Bättig, angestellt wurde. Je ha und Jahr durften nur 3000 kg Milch Die ganze Preisgestaltung während der abgeliefert werden. Der Betriebsleiter be- letzten 50 Jahre wurde von der Kaufkraft Da das meiste Inventar H. Morgenthaler zahlt 24.80 Franken 100 kg Milch. 1934 des Konsumenten und der Milcheinlie- gehörte, musste alles neu angeschafft kamen zur Kontingentierung noch die ferungen der Produzenten beeinflusst. werden. Das Betriebskapital dazu stellten Abzüge der über 3000 kg je ha und Jahr Dass dabei in den Krisenjahren vor dem H. Gugolz und Jak. Ganz der Genos- gelieferten Milch. Der Produkterückbezug Zweiten Weltkrieg die Behörden helfend senschaft zur Verfügung. Auch mussten wurde im Winter auf 3% und im Sommer einspringen mussten, war eine Selbst- neue Kunden gesucht werden, da die auf 5% festgesetzt. Auch wurde im Som- verständlichkeit, wurde doch damals an- bestehende Kundschaft H. Morgenthaler mer 1935 ½ Rappen weniger ausbezahlt. deren Berufszweigen ebenfalls geholfen. gehörte. Die damalige Milchkontingentierung, die Die Frischmalz-Verfütterung wurde ver- Produkterückbezüge und der niedrige boten. Der Weltmarktpreis der Milch sank Milchpreis drückten sehr stark auf die Der „Seebacher Milchkrieg“ auf 13 Rappen. Wer ab 1. August 1934 bäuerlichen Einkommen. Frischmalz verfütterte, erhielt für den be- Betriebsleiter Greutert war im Milchhandel treffenden Monat für die gesamte Milch Aber noch andere Massnahmen, die von von Zürich gut bekannt, so dass fast alle nur den Weltmarktpreis, also 13 Rap- Behörden getroffen wurden, brachten der Milch in Zürich Engros verkauft werden pen je kg. An der Versammlung vom 18. Genossenschaft schwere Sorgen. So die konnte. Der Detailpreis war 2 Rappen un- Mai 1934 wurde mit grossem Mehr be- Milchrationierung während des Krieges, ter dem üblichen Milchpreis. So entstand schlossen, im Sommerhalbjahr 1934 bis welche allerdings durch unsere Betriebs- der bekannte „Seebacher Milchkrieg“. zu 1500 kg 24 Rappen auszuzahlen, von leiter gelöst wurden. Der Milchhändlerverein Oerlikon-Seebach 1500 kg bis 1800 kg 3 Rappen weniger, und Umgebung wurde beim Milchverband also 21 Rappen, und über 1800 kg 4 Das Verbot, die im eigenen Betrieb produ- in Winterthur vorstellig. Dieser vergütete Rappen weniger. zierte Milch selbst auszumessen und der demselben in Oerlikon und Seebach die gegenüber anderen Genossenschaften 2 Rappen Differenz je Liter Milch. Im Sommer 1935 und 1936 wurden 23.50 höhere Milchpreis für unsere Genossen- Franken je 100 kg eingelieferte Milch aus- schafter, reizte manchen Milchproduzen- Nach kurzer Zeit hatte jedoch die Ge- bezahlt. Die Abzüge vom Jahre 1934 blie- ten, Milch in unsere Hütte einzuliefern. nossenschaft in Zürich eine grössere ben die gleichen. Dazu kam die Steuer für Das brachte der Genossenschaft plötzlich Privatkundschaft, womit sich die finan- Malzfütterung. Der Produkterückbezug neue Absatzprobleme. zielle Lage der Genossenschaft besser- wurde im Sommer auf 6% und im Winter te. Auch der Zürcher Milchhändlerverein auf 3% des Milcherlöses festgesetzt. Im Es entstand wiederum ein kleiner Milch- beschwerte sich beim Milchverband in Winter 35/36 bezahlte man ½ Rappen krieg. Der Vertreter der Stadt Zürich Winterthur. Die junge Genossenschaft mehr. 1937 war die Milchkrise teilweise drohte mit der Eröffnung einer eigenen wurde vom Verband in Winterthur zu ver- überwunden. Der Betriebsleiter zahlte Sammelstelle. Das mit grosser kriegswirt- schiedenen Sitzungen eingeladen unter 25.80 Franken aus. schaftlicher Macht ausgerüstete Milchver- Beizug des Milchhändlervereins Oerlikon- triebsbüro glaubte, mit etwas Nachhelfen Seebach und Umgebung, jedoch ohne 1939 wurde der Milchpreis mitten im unserer Genossenschaft den Garaus ma- Erfolg. Der Verband in Winterthur verfocht Sommer, am 1. August, um 1 Rappen je chen zu können. die Interessen der Milchhändler und nicht kg hinaufgesetzt. Anfangs des Zweiten der Landwirte. Weltkrieges konnte mit dem Betriebsleiter In unserer Hütte wurden täglich 2700 lt ein Übernahmepreis von 26.70 Franken Milch abgeliefert, die in unserem Kun- Im Demissionsschreiben des damaligen abgeschlossen werden. denkreis vollumfänglich verkauf werden Präsidenten vom 5. März 45 wurde der konnten. Nach vielen Sitzungen, Konfe- Milchpreis und seine Entwicklung wäh- Die Kriegsjahre 1939 – 1945 beeinflussten renzen und schlaflosen Nächten gelang rend des Ersten Weltkrieges und den Kri- den Milchpreis sehr stark. Für 1945/46 es mit Hilfe des Vorstehers der Sekti- senjahren erwähnt. Leider sind in den Pro- betrug er bereits 36.70 Franken. on Milch in Bern, dem späteren Regie- tokollen keine Milchpreise bis zum Jahre rungsrat und nachmaligen Bundesrat Dr. 1932 aufgezeichnet. Am 15. November Zehn Jahre später zahlte der Betriebslei- Gnägi, unser Kontingent von anfänglich 32 erklärte der damalige Kassier Alb. ter 45.70 Franken. Dazu kam wieder der 1300 Kundenliter auf 2150 lt zu erhöhen.

71 Strohpressen auf dem Feld, 1958.

72 Nach der neuen Kundenkreiseinteilung Nach der Kundenkreiseinteilung im Jah- wollten. Die Investitionen riefen nach ei- von 1951 mussten für ca. 600 Tagesli- re 1951 wurde die Erstellung eines im nem Mitspracherecht bei der „Sennerei ter Milch, die der Milchverband nur mit Zentrum gelegenen Ladens geprüft. Da Liegenschaft AG“. So konnte in zwei dem Grundpreis entschädigen wollte, ein das Hüttenlokal ausserhalb der Baulinie, Schritten, 1947 und 1951, von den Ge- Absatz gesucht werden, der sich besser an einer starken Steigung und scharfen schwistern Ganz 4 Aktien und Ende 1951 lohnte. Es gelang, an Herrn Alb. Gosswei- Strassenkurve liegt, wurde die Verlegung von Herrn Jäger 2 Aktien gekauft werden. ler, Milchgeschäft, Seebach, und an das der Hütte ebenfalls diskutiert. Kantonsspital Zürich die überschüssige Neben vielen Kursen, Vorträgen usw., die Milch abzusetzen. Der „Falken“, der uns zum Kaufe ange- zur Bildung der Genossenschafter beitru- boten wurde, wäre nach dem Ausbau auf gen, ist eine Reise über den Panixerpass Beim jährlichen Abschliessen der Anstel- nahezu eine Million Franken gekommen. im Jahre 1947 und eine Fahrt mit de lungsverträge prallten manchmal beide Roten Pfeil ins Walllis und an den Neuen- Parteien aufeinander und nach zähem Die Bäckerei „Raduner“ kostete 250 burgersee 1949 besonders zu erwähnen. Ringen kam eine Einigung oft erst nach 000.– Franken und es hätte noch an- und zwei Sitzungen, ja sogar erst kurz vor oder umgebaut werden sollen. Im Landijahr sollte das 25jährige Jubiläum während der Versammlung zustande. gefeiert werden. Den Genossenschaftern Mit Jakob Heider und Architekt Herter wurde zu diesem Anlass das Werk von Unsere Genossenschaft war stets be- konnte eine Einigung erzielt werden. Als Prof. Dr. E. Lang „Der Schweizer Bauer, strebt, den Konsumenten eine qualita- alle Fragen über dieses neue Projekt ab- seine Heimat und sein Werk“ überreicht. tiv einwandfreie Milch abzugeben. Die geklärt wurden, starb J. Heider und aus Wegen Ausbrusch des Krieges waren die Einführung der Qualitätsbestimmungen dem Landkauf wurden wieder nichts. meisten Genossenschafter aber im Ak- wurde 1951 beschlossen und mit Ernst tivdienst. Es gelang am 1. März 1940 die Minder und Hans Ammann die ersten Der Milchkonsum nahm speziell während Jubiläumsfeier nachzuholen. Hilfskontrolleure ernannt. An der ausser- der Ferienzeit ab und 1963 wurde der ordentlichen Versammlung vom 28. April Zustelldienst der Milch an Sonn- und Fei- 1953 wurde die Qualitätsbezahlung auf ertagen eingestellt. Die Genossenschaft den 1. Mai 1953 eingeführt und ein ent- bedurfte dringend eines Kühlraumes, sprechendes Reglement genehmigt. sonst hätte die Überschussmilch an Sonntagen in den Milchverband geliefert Hand in Hand mit der Qualitätsverbesse- werden müssen. rung erfolgte die Ausmerzung der TBC- Reagenten und des Abortus-Bang. Im Die Neubauprojekte wurden begraben Herbst 1954 konnte H. Ammann seine und aus dem Käsekeller wurde ein Kühl- versprochene Tafel, welche bezeugt, dass kelller zur Aufbewahrung der Milch und die in unserer Hütte eingelieferte Milch Milchprodukte gemacht. Das ganze Hüt- aus nur TBC-freien und bangkontrollierten tenlokal wurde umgestaltet, Herr Meyer Beständen stamme, im Hüttelokal auf- stellte einen Ladenkorpus auf. Wände hängen. und Boden wurden „geplättelt“, eine neue Milchpumpe ärgerte niemanden mehr Der alte, aus der Gründungszeit stam- und als die Kühlanlage noch mit einem mende Milchkühler wurde auf Frühjahr Wandschirm abgedeckt wurde, sah das 1932 weggekannt. Eine neuzeitliche Kühl- Hüttenlokal wieder ganz gut aus. Hervor- anlage mit Kühlschrank und Milchkühlung zuheben ist der erfolgreiche Frondienst, wurde von der Sennerei AG angeschafft der spontan von den Genossenschaftern zum Preise von 8900.– Franken. Die Ge- geleistet wurde. Der ganze Umbau kos- nossenschaft musste einen Teil abzahlen tete ca. 20 000.– Franken. und den Rest verzinsen. Die aus der Gründungszeit stammen- Am 27. November 1942 wurde die auto- den Statuten wurden 1942 verbessert matische Waage angeschafft; der Milch- und 1946 total revidiert, obwohl gewisse verband leistete 10% an die Kosten. Herren die Anpassung nicht annehmen

73 Alter Mittelwald im Riedenholz

74 Der Wald von Seebach Felix R. Thommen

Auch die schönsten heutigen Wälder ern (Hofbesitzer) hatten anfänglich noch sind nicht natürlich entstanden, sondern unbeschränktes Nutzungsrecht, später Die Kärtchen im Massstab 1:25 000 zei- durch jahrhundertelange Bewirtschaftung wenigstens noch eine ganze Gerechtig- gen Wald, Reben und überbautes Gebiet geprägt. Wir können deshalb die Wald- keit pro Hof. Die Tauner (Kleinbauern, Tag- in den Grenzen der Gemeinde Seebach geschichte nicht von der menschlichen löhner, Handwerker) besassen nur einen von 1850. Geschichte – und besonders von der So- Bruchteil einer Gerechtigkeit. Auch wurde zialgeschichte – trennen. der Zuzug ins Dorf durch Gebühren und Vorschriften erschwert.

Die Holzkorporation Mit dem 1556 von den Gnädigen Herren von Zürich erlassenen „Holzbann“ wurden Als Seebach zu Beginn des 13. Jahrhun- die Holzschläge bewilligungspflichtig, das derts erstmals in einer Urkunde erwähnt nachwachsende Holz musste vor dem wurde, waren die ansässigen Bauern fast Vieh geschützt werden und Bauholz wur- durchwegs Hörige. Das heisst, sie ge- de nur von Fall zu Fall zum Eigengebrauch hörten mit Land, Wald, Höfen und Dorf angewiesen. Als sich langsam eine mo- einem Grundherrn, hatten weder Persön- dernere Landwirtschaft durchsetzte, ver- Zustand 1667: Nach der Kantonskarte lichkeits- noch Freiheitsrechte und waren schwanden mit der Dreifelderwirtschaft von Hans Konrad Gyger (umgezeichnet) zinspflichtig. Ihre rechtlichen „Eigentü- auch die offene Allmend und die Wei- mer“ waren damals die Fraumünsterabtei, degerechtigkeit. Die Holzgerechtigkeiten das Chorherrenstift von Zürich und von blieben, waren jetzt aber fest in der Hand 1526 bis 1798 die Stadt Zürich. Praktisch der Hofbesitzer. Aus Nutzungsrecht war hatte aber das Dorf weitgehende Frei- Eigentum geworden, aus Allgemeingut heiten in der Bewirtschaftung der Äcker Privatgut! (Dreifelderwirtschaft) und in der Nutzung der Allmend (gemeinsame Weide). Zur Im Jahre 1765 erscheinen die Holzge- letztern gehörte auch der meiste Wald. rechtigkeiten von Seebach erstmals als Die Gewohnheit machte aus der freien kauf- und tauschbare Rechtstitel: die Nutzung von Weide und Wald mit der Holzkorporation war entstanden. Zeit ein Recht. Dieses Nutzungsrecht, das Zustand 1850: Wild-Karte ursprünglich allen zustand, wurde „Ge- Noch 1802 wollten die Holzgenossen von rechtigkeit“ genannt. Seebach den Wald unter sich aufteilen, doch wurde das von den neu geschaffe- Im Wald holten die Dorfbewohner Brenn- nen kantonalen Forstbehörden verboten. holz und Zaunstecken, dort weideten sie 1823 begann die Vermessung und Be- aber zeitweise auch das Vieh, vor allem schreibung aller öffentlichen Wälder im die Schweine. Diese ungeregelte Nutzung Kanton Zürich. Aus diesem Jahr stam- des Waldes führte jedoch mit der Zeit men die ersten näheren Angaben über praktisch zu dessen Ruin und es wurden Seebach. einschränkende Vorschriften nötig. Zwi- schen 1540 und1622 wurde die bisherige Die Holzkorporation besass damals 53 ha Zustand 1983: Landeskarte Dorfgemeinschaft von Gleichberechtigten Wald, wovon 22 ha Nadelwald und 31 ha (Baugebiet ergänzt) in zwei Klassen geschieden: Die Vollbau- Mittelwald. Ein geschlossener Komplex

75 von etwa 40 ha bedeckte den Buhnhügel und die Gebiete südlich und südöstlich Die Entwicklung des Waldzustandes (1930 bis 1976)* davon bis zum heutigen Jungholzweg und der Kleinbühlstrasse. Er musste bis 1930 1976 zum Ende des Jahrhunderts der Über- Waldfläche** 39.7 ha 40.2 ha bauung weichen. Das Waldvermögen Stammzahl*** 21937 St 13620 St verteilte sich auf 80 Gerechtigkeiten, die Holzvorrat gesamthaft 17733 m³ 19873 m³ zu 160 Franken käuflich waren. Holzvorrat pro ha 447 m³ 494 m³ jährlicher Hiebsatz (Planung) 270 m³ 570 m³ Heute ist die Holzkorporation praktisch tatsächliche jährliche Nutzung 200 m³ 530 m³ alleinige Waldbesitzerin in Seebach. Die Vorratsgliederung: 40 ha Wald gehören immer noch 80 Teil- Rot- und Weisstanne 82 % 65 % rechten. Davon sind 23 im Besitz der Föhre und Lärche 8 % 7 % Stadt Zürich, 4 hat die Korporation selbst Buche 1 % 5 % zurückgekauft, die übrigen verteilen sich Eiche 4 % 6 % auf 22 private Besitzer. Die Vorsteher- übriges Laubholz 5 % 100 % 17 % 100 % schaft von fünf Mitgliedern und weitere Bäume mit 16 bis 52 cm BHD 96 % 64 % arbeitswillige Teilhaber bewirtschaften ih- Bäume mit mehr bis 52 cm BHD 4 % 100 % 36 % 100 % ren Wald selbst, beraten vom zuständigen Mittlere Holzmasse pro Baum: Revierförster. Diese Aktiven verbinden auf Rot- und Weisstanne 0.77 m³ 1.88 m³ sympathische Weise die Sorge zum Wald Föhre und Lärche 1.11 m³ 2.29 m³ mit der Freude am Wald. Nach der harten Eiche 1.98 m³ 2.49 m³ Arbeit trifft sich der „Holzhacker-Club“ im Buche und übriges Laubholz 0.71 m³ 1.23 m³ gut ausgerüsteten Holzerwagen, der ne- ben dem Werkzeugteil auch einen „Wirt- * aus den jeweiligen Wirtschaftsplänen schaftsteil“ enthält. Und am folgenden gemütlichen Hock kann jeder Spaziergän- ** Korporationswald Seebach, mit ca. 2 ha im Quartier Affoltern, ohne ca. 1 ha Wald der ger teilnehmen, der zufällige des Weges Stadt Zürich, ohne ca. 0.5 ha Wald der Hürstkorporation auf ehemaligem Gemeinde- kommt. Auf diese Weise wird der wert- gebiet Seebach. volle Kontakt zwischen Bevölkerung und Wald gefördert. Dasselbe geschieht auch *** Aufgenommen werden alle Stämme mit mehr als 16 cm Durchmesser auf 1.30 m ab an den vom Quartierverein ausgerüsteten Boden ( = Brusthöhendurchmesser, BHD) Rastplätzen und Feuerstellen.

Es muss hervorgehoben werden, dass auf feuchten, ebenen Lagen Stieleiche, ter der Fall, als im Wald auch geweidet die Holzkorporation mit dem eigenen Ahorn, Esche, Ulme und Hagebuche. An wurde. Dabei konnten sich Baumarten Vermögen und auf eigenes Risiko den steilen, sandigen oder mergeligen Hän- mit guter Ausschlagfähigkeit (wie Aspe, Wald pflegt und bewirtschaftet, der das gen konnte die Föhre dominieren, zusam- Erle, Hasel, Weide, auch Eiche und Hage- wichtigste Naherholungsgebiet von See- men mit Buche, Eibe, Mehlbeere (Buhn, buche) besser behaupten, als die Buche. bach darstellt. Ihr Wald ist nach kanto- Chäshalde), an nassen, moorigen Stellen Nadelhölzer hatten kaum eine Chance. nalem Forstgesetz öffentlich, darf nach stand ein lückiger Wald von Birke, Erle, Der Wald degenerierte zu einem lichten Zivilgesetzbuch – wie jeder Wald – von Weide, Aspe (Bennenried, Binz). Für die Buschwald aus vorwiegend wertlosen jedermann frei betreten werden, doch ursprünglich wenigen Höfe schien Holz Weichhölzern. Dieser „Niederwald“ oder finanziell ist sie eine privatrechtliche Ge- im Überfluss vorhanden zu sein, und so Stockausschlagwald lieferte kaum noch nossenschaft. schlug jeder, was er brauchte. Die Natur Nutzholz. musste für Nachwuchs sorgten. Der Mittelwald Mit dem Anwachsen der Bevölkerung Die natürliche Verjüngung geschah bei wurden Bewirtschaftungsvorschriften nö- Die ersten Siedler fanden in Seebach ei- dieser wilden Nutzung nicht aus Sämlin- tig. Solche enthielt für Seebach beispiels- nen recht eintönigen, geschlossenen Bu- gen, sondern vorwiegend über die wie- weise der Holzbann von 1556. Für die chenwald vor. Beigemischt waren an tro- der ausschlagenden Stöcke der gefällten Kahlschläge oder „Häue“ wurde eine be- ckenen Hängen Traubeneiche und Föhre, Bäume. Dies war später noch ausgepräg- stimmte Ordnung und Abfolge eingeführt,

76 die Schläge mussten für eine gewisse Zeit gebietes von Seebach. Es ist Eigentum Laubholz. Beim Schulhaus stehen aber eingezäunt und vor dem Vieh geschützt der Stadt. Heute finden wir hauptsäch- noch einige Zeugen des ehemaligen Mit- werden, das Eintreiben von Grossvieh in lich jüngere Pflanzungen von Nadel- und telwaldes Pfeiffenholz. Als in der zweiten den Wald wurde verboten und vor allem wurde wieder Nutzholz nachgezogen. Dies geschah so, dass einzelne, aus Samen erwachsene oder gepflanzte Bäumchen (Kernwüchse, „Erdkymen“) geschützt und vom Kahlschlag ausgenommen wurden. Diese Bäume, die Oberständer, konnten so mit der Zeit zu stattlichen Stämmen auswachsen, während dazwischen die Stockausschläge der Hauschicht immer wieder zurückgeschnitten wurden. Für das Oberholz kam hauptsächlich die Ei- che in Frage, die wertvolles Nutzholz und dazu die für die Schweinemast wichtigen Eicheln lieferte. Auch Rottannen, Weiss- tannen und Föhren konnten so erhalten werden. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurde die „Mittelwald“ genannte Bewirt- schaftungsform zum System entwickelt, das auf eine für diese Zeit ideale Weise Brennholz, Nutzholz und Futter lieferte. Aus dem ursprünglichen Buchenwald Alte Kirche Seebach vor dem bewaldeten Buhnhügel. Tuschzeichnung eines unbekannten Künst- war ein gestufter und gemischter Eichen- lers, 1803 Hagebuchenwald entstanden.

Der Mittelwaldbetrieb, der erst in der Hälfte des letzten Jahrhunderts die gross- erst 1875 gekauft, durch Aufforstungen ersten Hälfte dieses Jahrhunderts ganz en Rodungen erfolgten, kaufte die Holz- vergrössert und mit dem Hürstwald zu- aufgegeben wurde, bescherte uns die korporation nach und nach allen noch sammengeschlossen. schönen Waldbilder, wie wir sie noch im nicht ihr gehörenden Wald von Seebach östlichen Riedenholz bewundern und ge- auf und vergrösserte diesen durch um- Am Rande, auf trocknerem Boden, steht niessen können. fangreiche Aufforstungen. Dem Verlust noch ein Teil dieser 110 bis 130 jähri- von etwa 40 ha Wald konnte allerdings nur gen Bäume, nun unterbrochen von Ver- Seit dem 18. Jahrhundert wurden im- ein Gewinn von 25 ha entgegengesetzt jüngungsflächen. Der mittlere Teil, eine mer mehr Flächen mit reinem Nadelholz, werden. feuchte Mulde, war bis 1887 eine Sumpf- hauptsächlich Rottannen und Föhren, wiese und wurde dann mit Laubholz aus- ausgepflanzt und als „Hochwald“ bewirt- Hürst: Im Gebiet des Hürstholzes stritten gepflanzt. Jetzt stehen dort wieder Laub- schaftet. sich einst die Gemeinden Affoltern und holz- und Rottannenverjüngungen. Seebach um Weiderechte. Im Jahre 1545 Besuchen wir nun die einzelnen Wald- wurde dann eine Grenze gezogen und Ein kurzer Gang über den Moränenrü- komplexe Seebachs, die im Western der durch einen Graben gesichert, der immer cken der Egg beschert uns einen Blick Wohnquartiere eine wertvolle Naherho- offen zu halten war. Dieser Graben ist in eine weite, offene Landschaft, wie sie lungslandschaft bieten, mit gepflegten noch sichtbar und grenzt den Seebacher auf Stadtgebiet nicht mehr oft anzutreffen Baumbeständen, sauberen Wegen und Wald gegen denjenigen der Hürstkorpo- ist. Er führt uns zum höchsten Punkt des einladenden Rastplätzen. ration ab. Ursprünglich war hier kein Wald, Seebacher Waldes, „Auf der Heu“. Am erscheint doch 1823 ein „Gemeindeholz Rand des Schwandenholzes empfängt Kleiner Waldrundgang Im Winkel, ehemals Ackerfeld, von der uns ein gut ausgerüsteter Rastplatz und Gemeinde aufgekauft und mit Föhren- leider auch der Zivilisationsschutt von Buhn: Das Wäldchen am Buhnhügel ist und Rottannensamen besät“. Dieses dessen Benützern. Der Wald hat seinen ein kleiner Rest des früheren Haupt-Wald- Wäldchen wurde von der Korporation Namen von früheren ausgedehnten Ro-

77 te stark angefressen, liefert aber immer gen den Katzenbach hin immer nässer noch wertvolles Nutzholz. Lücken und werdenden Boden wurde teilweise Laub- Kahlflächen werden laufend wieder mit holz gepflanzt, das auf diesem Standort Rottannen ausgepflanzt, damit auch spä- besser gedeiht. Auf die Rottanne hat man tere Generationen noch das begehrte Na- aber auch nicht ganz verzichtet. delholz ernten können. Im unteren Teil der Fläche zeigen immerhin verschiedene Riedenholz: Nördlich des Katzenbachs Baumstrünke, dass die Rottanne auf dem erstreckt sich das einst vernässte, moo- hier feuchteren Boden häufig rotfaul wird rige, nun drainierte Bennenried. Das Rie- (der Name des Baumes kommt aber nicht denholz hat seinen Namen von diesem von dieser Krankheit, sondern von der ehemaligen Nass-Standort. Der Gang hi- rötlichen Rinde). nüber schenkt uns wieder einen schönen Weitblick, westwärts leider immer mehr Vom Weg bei der Feuerstelle, wo oft ein an die Häusermauern von Unteraffoltern Holzerwagen steht, bis zum Katzenbach, stossend. Im Wald stehen westlich des haben wir es wieder mit Aufforstungen Riedenholzsträsschens noch einzelne aus der zweiten Hälfte des letzten Jahr- etwa 140jährige Föhren, Überreste eines hunderts zu tun. Abgesehen von einem kleinen, alleinstehenden Gehölzes, das Rest längs des Weges steht nun schon auf der Karte von 1850 als „Förrlenen“ die zweite Baumgeneration. Auf dem ge- bezeichnet ist. Darum herum wurde auch

Der Grenzgraben im Hürstholz dungen (roden = schwenden). Im letz- ten Jahrhundert wurde aber auch hier aufgeforstet, und was um 1850 längs dem Katzenbach als „Schwandenwiesen“ bezeichnet wurde, ist nun wieder Wald.

Am Südrand, auf der Kuppe, stehen noch die 120- bis 140jährigen Rottannen und Lärchen der damaligen Pflanzung. Der Hang darunter bis zur Schwandenholz- strasse besteht aus Schotter und trug wohl immer Wald. Der westliche Teil ist ein föhrenreicher Nadelwald, einstiger „Hochwald“. Der östliche Teil zeigt noch die Spuren der früheren Mittelwaldwirt- schaft. Verschiedene Pfade bieten sich dem Spaziergänger an; im Osten bildet der angrenzende Friedhof ein Erholungs- gelände besonderer Art. Einst ging das Schwandenholz westlich bis zur Grenze von Seebach. Das Gebiet des Waidhofes wurde erst um 1800 gerodet.

Unterhalb der Strasse steht das Spar- kapital des Seebacher Waldes. Der über 100jährige Rottannenwald ist allerdings von den Stürmen der letzten Jahrzehn- Vom Sturm noch verschonter Rest am Ostrand des unteren Schwandenholzes

78 wieder mit Nadelholz – Rottannen, aber Forstliche Planung auch Föhren und Lärchen – aufgeforstet. und Bewirtschaftung Auf dem frischen, kräftigen Lehmboden der Moräne gedeihen viele Laubhölzer so gut, dass sie in Zeiten wenig inten- Alle öffentlichen Wälder, zu denen im siver Waldpflege nicht unterdrückt - wer Kanton Zürich auch die Korporations- den konnten und heute eine wertvolle wälder gehören, müssen aufgrund einer Beimischung zum Nadelholz bilden. Am forstamtlichen Planung bewirtschaftet Ulmenweg stehen noch einige von den werden. Die dazu erstellten Wirtschafts- mächtigen alten Ulmen, die hier einst dem pläne ermöglichen es, die Entwicklung Weg entlang gepflanzt wurden, um das eines Waldes langfristig zu verfolgen. Nadelholz abzugrenzen. Leider fallen die- Von Seebach haben wir eine erste Be- se Bäume immer mehr einer Krankheit schreibung von 1823, der unter anderem zum Opfer. zu entnehmen ist, dass im Riedenholz etwa 50 Eichen im Alter von 80 bis 160 Östlich der Riedenholzstrasse steht der Jahren standen und dass das Unterholz eigentliche Laubwald von Seebach. Es des Mittelwaldes hauptsächlich aus Er- ist der Rest eines grösseren Mittelwaldes. len, Salweiden, Aspen und Hagebuchen Heute wartet dort ein grosszügiger Rast- bestand. Eine weitere Beschreibung mit platz auf Besucher. Schöne Waldbilder einem „Handriss“ der Waldflächen folgte mit alten Eichen und Eschen erfreuen das 1838, eine ebenfalls nur summarische Auge. Den Beweis, dass moderne Forst- Dokumentation 1854. In den Jahren 1887 wirtschaft auch wertvolles Eichennutzholz und 1909 folgten detailliertere Beschrei- Der Holzwagen der Holzkorperation Seebach erzeugen kann, liefert eine ehemalige Ver- bungen mit Vorrats- und Zuwachsschät- suchsfläche der Forstlichen Versuchsan- zungen und Vorschriften für die zukünftige stallt. Die Stieleiche ist, mit Ulme, Esche, Bewirtschaftung. Bei diesen sind Laubhölzer stärker zu Kirschbaum und Hagebuche, ideal für berücksichtigen. diese Böden und es ist zu hoffen, dass Ein genaues Inventar mit Messung aller hier auch weiterhin Laubholzwirtschaft Bäume von mehr als 16 cm Durchmesser Man sieht daraus, dass Forstwirschaft et- betrieben wird. auf Brusthöhe (= 1.30 m ab Boden) wurde was Dynamisches ist, dass zwar der Wald erstmals 1930 erstellt und 1940, 1956, erhalten bleibt, aber nicht der einzelne Die letzte Waldvermehrung von Seebach 1966 und 1976 revidiert. Da diese Zahlen Baum. Der Spaziergänger darf also nicht geschah im Jahre 1960, als etwa eine hal- nun direkt vergleichbar sind, lässt sich erschrecken, wenn sich ein lieb geworde- be Hektar Kulturland an der Südwestecke die Entwicklung des Waldes genau ver- nes Waldbild plötzlich ändert. Die Planung des Riedenholzes mit Pappeln aufgefors- folgen und steuern. Letzteres geschieht sorgt dafür, dass dies immer mit dem tet wurde. unter anderem durch die Festsetzung der Blick auf das wichtigste Ziel erfolgt: einen jährlich zugelassenen Schlagmenge. Für gesunden, vielseitigen, ertragreichen aber Ganz verschwinden (bis auf die Erinne- das Jahrzehnt 1976 – 1986 wurde die- auch Erholung bietenden Wald. rung im Namen Buchholzrain) ist das se auf 570 m³ jährlich festgesetzt, mehr Buchholz. Dieser Wald war der einzige als doppelt soviel wie 1930 – 1940. Mit von Seebach, der nicht in der gemeinen dieser Nutzung soll der Holzvorrat redu- Nutzung des Dorfes stand, sondern dem ziert werden, der heute zu hoch ist, und Chorherrenstift in Zürich gehörte und von zugleich müssen im überalterten Wald diesem auch beansprucht wurde. vermehrt Verjüngungen angelegt werden.

79 Rebbau in Seebach: Eine Postkarte aus der Jahrhundertwende zeigt die Reben an der Käshalde (linke Bildhälfte, oberhalb Ausschnitt mit Schulhaus Buhn).

Rebbau in Seebach Jahr Rebbesitzer Rebfläche Fläche je Besitzer ha Aren 1881 9.73 1886 52 9.63 19 1890 41 7.25 18 1894 37 6.40 17 1898 30 5.38 18 1902 29 5.03 17 1906 4.6 1910 3.0 1914 1.4 1916 0.7 1917 –

80 Rebbau in Seebach Kurt Pfenninger

Obwohl sich in Seebach vor allem im Ge- damaligen rund 5 Hektaren Reben mit 30 Zürcher Unterland. Er galt als Nebenbe- biet Chäshalden Hänge finden, die durch- bis 90 hl je ha in Seebach noch einigerma- triebszweig und diente der Selbstversor- aus mit Reben bestockt werden könnten, ssen befriedigende Erträge gelesen. Ab gung mit dem während Jahrhunderten hatte die Rebe in Seebach nie grosse Be- 1909 ergaben sich als Folge von Frösten, einzigen haltbaren Getränk, dem Wein. deutung. Daher finden sich auch nur we- schlechtem Blütewetter und ungünstiger Die schlechten Jahre vor dem Ersten nige Unterlagen über den Rebbau in See- Witterung sehr ungefreute Jahre, die denn Weltkrieg führten zum raschen Rück- bach. Nach den vereinzelt vorliegenden auch rasch zum starken Rückgang und gang und schliesslich 1916 zur Aufga- statistischen Angaben herrschte neben 1916 zur Rodung der letzten Reben von be des Rebbaues. Dazu trugen neben wenigen weissen Reben der gemischte Seebach führten. den schlechten Erträgen die damaligen, Satz von weissen und blauen Rebsorten nach heutigen Gesichtspunkten qualita- vor, deren Ertrag in der Statistik als ge- Die grösste Weinmenge wurde 1905 mit tiv unbefriedigenden weissen Rebsorten mischte Weine aufgeführt wird. 466,6 hl gemischtem Gewächs gekeltert. „Räuschling“ und „Elbling“ wesentlich bei. Mengenmässig befriedigend waren auch Die heute wichtigste Weissweinsorte der Die Reben wurden in Seebach wie über- die Jahre 1901, 1903, 1906, 1908 und Ostschweiz, der Riesling × Silvaner, wur- all im Züribiet in mühsamer Handarbeit 1909, alle anderen Jahre fielen für den de damals erst versuchsweise angebaut. kultiviert. Die Arbeit der Rebbauern und Rebbauern enttäuschend aus. Vom wohl Diese Sorte mit ihrem frischen, süffigen Rebbäuerinnen (je Hektare jährlich 2500 berühmtesten Jahrgang, 1911, wurden Wein würde sich ohne Zweifel für die frü- bis 3000 Stunden) verursachte vom Früh- in Seebach bei einem Durchschnittser- heren Seebacher Reblagen eignen. ling bis in den Herbst neben den anderen trag von 25,6 hl je 78 hl unter die Reifen bäuerlichen Aufgaben manch schwierige gebracht. Über die Qualität des Seeba- Wäre die Herausgabe des Buches „Unser Arbeitsspitze. Man denke nur an die müh- chers liegen keine Angaben vor. Sehr Seebach“ nicht Anlass, der früheren selb- same Bodenbearbeitung mit Karst und aufschlussreich dagegen sind die Durch- ständigen Gemeinde Seebach zu einem Haue, die exakten Laubarbeiten und vor schnittsweinpreise. Sie zeigten zu Beginn neuen Rebberg zu verhelfen, um sich je- allem an das notwendige und durch staat- unseres Jahrhunderts die Gesetze von den Herbst wieder an einem neuen Jahr- liche Vorschriften verordnete mühsame Angebot und Nachfrage in aller Deutlich- gang „Seebacher Riesling × Sylvaner“ zu Spritzen der Reben gegen den falschen keit: In Jahren kleiner Ernten stiegen die erfreuen? und echten Mehltau in den eng gepflanz- Preise des öftern sehr stark, während ten Reben (Stockabstand 60 bis 90 cm). sie nach reicheren Ernten ebenso stark Zudem wurden die Reben in Abständen sanken. Diese Feststellung gilt vor allem von 15 bis 25 Jahren in Handarbeit „ver- bis 1910. Die 1908 gekelterten 322 hl grubt“ (verjüngt). galten 12.20 Franken je hl, während die 128 hl des Vorjahres auf 40 Franken je Genaueren Aufschluss über den Seeba- hl kamen, und 1909 wurden bei einer cher Rebbau bieten die seit 1874 im Kan- Ernte von 13,6 hl gar 50 Franken für 100 ton Zürich durchgeführten Erhebungen Liter Wein bezahlt. Die folgenden kleinen über die Weinernte und der im Zusam- Ernten liessen den Preis nie mehr unter 42 menhang mit der Bekämpfung der Reb- Franken sinken, einzig nach dem Regen- laus seit 1881 geführte Rebkataster. sommer 1912 wurden, wohl wegen der geringen Qualität, trotz kleiner Ernte nur Neben den Rebflächen sind die jährli- 35.10 Franken je Hektoliter gelöst. chen Berichte des kantonalen Statisti- schen Amtes über die Weinträge sehr auf- Der Rebbau von Seebach folgte der all- schlussreich. Bis 1908 wurden von den gemeinen Entwicklung des Rebbaues im

81 Tränke- und Sudeltrog an der Käshaldenstrasse (vgl. Brunnenverzeichnis Nr. 15)

82 Wasser und Brunnen Maarten Schalekamp

Alte Wasserversorgung Gemeindewasserversorgung Seebach, das sich unter dem Seebacher- hügel gegen das Furttal erstreckt, nämlich Mit dem Wandel vom einstigen Bauern- Als sich im Jahre 1884 die Maschinen- die Neubrunnen- und Tannenquelle und dorf zur Vorortsgemeinde und später fabrik Oerlikon für die in Seebach ge- eine Quelle an der Seebacherstrasse. zum Stadtquartier Zürich-Seebach sind legene Neubrunnenquelle interessierte, Die Neubrunnenquelle stand im Eigen- die Überreste der ursprünglichen Wasser- beeilte sich die Gemeinde zusammen mit tum der Gemeinde Seebach und der Ma- versorgung bis auf ein paar alte Brunnen, der Holzkorporation Seebach, welche die schinenfabrik Oerlikon und lieferte bis zu die dem 19. Jahrhundert entstammen, finanziellen Mittel zum Kauf der Quelle al- 500 l / min., von welchem Ertrag der Ge- verschwunden. Auch die früheren Quell- lein nicht hätte aufbringen können, dieses meinde 1/4 und der Maschinenfabrik 3/4 gebiete sind grösstenteils überbaut und einzige für eine zukünftige Gemeindewas- zustanden. Die Tannenquelle sowie die die Quellen dadurch unbenutzbar gewor- serversorgung in Betracht zu ziehende Quelle an der Seebacherstrasse, von wel- den. Bis 1894 besass Seebach keine Wasservorkommen in ihren Besitz zu brin- chen die erstere etwa 55 l / min. und die öffentliche Wasserversorgung im heutigen gen. Anschliessend trat sie einen Teil des letztere bis zu 600 l / min. lieferte, gehörten Sinn. Die Quellen und Brunnen lagen zum Wassers an die Maschinenfabrik ab. Die der Gemeinde Seebach. Diese Wasser- Teil in Privatbesitz, überwiegend aber im gleichzeitig aufgekaufte Binzmühle sollte reserven erwiesen sich aber schon bald Besitz von Brunnengenossenschaften als Pumpstation Verwendung finden. als ungenügend; nebst Oerlikon mussten (Oberdorf / Hinterdorf und Unterdorf / Au- nun auch mit den Gemeinden sserdorf). Jede Brunnengenossenschaft Doch 1886 verschob die Gemeindever- (1918) und Affoltern (1921) Wasserliefe- ernannte einen Brunnenmeister, auf des- sammlung das Projekt auf eine ferne Zu- rungsvertäge abgeschlossen werden. Der sen Anordnung hin die Brunnengenossen kunft, unter Hinweis auf zu hohe Steuern Gemeinderat von Seebach und die Ma- zur Arbeit an den Brunnenwerken (Fron) und eine schlechte Finanzlage. Ausser- schinenfabrik Oerlikon beschlossen, die aufgeboten und unter dessen Leitung die dem wollte man die Ergebnisse einer in Vermehrung der Quellzuflüsse im Gebiet Quellen und Brunnen alljährlich gereinigt der Maschinenfabrik Oerlikon gemachten der Buhn zu prüfen und liessen zu diesem und ausgebessert wurden. Die Leitungen neuen Erfindung zur Kraftübertragung ab- Zwecke ein geologisches Gutachten in waren noch bis weit über die Mitte des warten. Auftrag geben. Die Abklärungen verspra- 19. Jahrhunderts hinaus aus Holz, näm- chen, dass mit einer Zuflussmenge von lich aus ausgebohrten Baumstämmen, 1891 machten die Gemeindevorsteher 1500 I / min. gerechnet werden konnte. Teuchel (Tüchel) genannt. Das Brunnen- zusammen mit der Holzkorporation ei- geld bestand aus einer jährlichen Grun- nen nochmaligen Vorstoss zum Bau ei- Ein entsprechender Vertrag sah vor, dass taxe pro Haushaltung, vermehrt um den ner Wasserversorgung. Ihr Antrag wurde der gesamte Zufluss, inbegriffen die vor- Kopfbeitrag für jedes Stück Gross- und zwar abgelehnt, jedoch eine Kommission handenen Quellen, so verteilt werden soll, Kleinvieh, und konnte mit der geleisteten eingesetzt, die sich mit dieser Frage aus- dass die Gemeinde 2/3 und die Maschi- Fronarbeit verrechnet werden. Obwohl einandersetzen sollte. Daraufhin verkaufte nenfabrik 1/3 der Zuflussmenge erhält. In die Gemeinde Seebach in den 1890er im Jahr 1892 die Holzkorporation ihren diesem Sinne wurden die Anlagen dann Jahren ein eigenes Wasserwerk erstellte, Anteil an Quelle und Mühle der Gemeinde. auch gebaut. Der Regierungsrat des Kan- blieben die Brunnengenossenschaften tons Zürich erteilte den beiden Partnern noch bis 1910 bestehen. Die Gemeinde Erst 1894, als die Gemeinde Oerlikon für im Jahre 1925 das Recht, dem Grund- übernahm schliesslich die Quellenrechte das von ihr zu liefernde Wasser einen hö- wasserbecken von Seebach, das heisst und Brunnen. heren Preis von Seebach verlangte, rang ab der Neubrunnen- und Tannenquelle, sich die Gemeindeversammlung samm- der Quelle an der Seebacherstrasse so- lung zum Bau eines gemeindeeigenen wie dem neu zu erstellenden Filterbrun- Werkes durch. Seebachs Wasserreser- nen in der Kiesgrube, 1000 l / min. bzw. ven waren das Grundwasserbecken von 500 l / min. Wasser zu entnehmen.

83 Vom neu erstellten Pumpwerk an der Fel- Die Wasserversorgung heute 70 000 m³ / Tag erhöht worden Der Aus- senstrasse wurde das Wasser nach dem bau des Grundwasserwerkes Hardhof in Reservoir „Althoos“ am Käferberg geför- Das Ziel der Wasserversorgung ist es, den Jahren 1972 – 1982 auf eine kon- dert. Mit der neuen Pumpleistung von jederzeit genügend und einwandfreies zessionierte Entnahme bis zu 150 000 1630 l / min. wurde auch gleichzeitig das Trinkwasser bereitzuhalten. Hierzu bedarf m³ / Tag an Spitzenverbrauchstagen ver- Reservoir von 450 auf 1000 m³ Inhalt ver- es der notwendigen Anlagen wie Produk- half nicht nur zum gewünschten besseren grössert. Das dannzumalige Leitungsnetz tionswerke, Leitungen, Reservoire und Gleichgewicht zwischen den verschiede- von Seebach hatte eine gesamte Länge Pumpwerke. Zur Vorausplanung, das nen Wasservorkommen, sondern auch von rund 20 km mit Grössen zwischen heisst für die Erstellung eines generellen zur Qualitätsverbesserung. 60 – 180 mm Durchmesser. Die Zahl der Konzepts, sind folgende Massnahmen Hydranten betrug 156. erforderlich: Im Sihl- und Lorzetal nutzt die Stadt Zü- – Abschätzen der künftigen Verbrauchs- rich 123 Quellen mit einem Gesamtertrag Bereits 5 Jahre später, im Jahre 1931, entwicklung von 20 000 – 30 000 m³ / Tag. Die beiden orientierte die Werkkommission des – Berücksichtigung der bisherigen Ent- Quellwasserleitungen vereinigen sich in Gemeinderates von Seebach die Was- wicklung und der tatsächlichen Verhält- der Zentrale Sihlbrugg, wo das Wasser serversorgung Zürich über die Absicht, nisse gemessen, aufbereitet und überwacht eine weitere Grundwasserfassung in der – Einbezug übergeordneter Randbedin- wird. Im natürlichen Gefälle fliesst das Egg zu bauen, zwecks Erweiterung der gungen (kantonaler Verbund) Quellwasser über eine 18 km lange Guss- Leistungsfähigkeit ihrer Anlagen. Die be- leitung von 550 mm Durchmesser nach vorstehende Vereinigung der damaligen Planung bei der Wasserversorgung Zürich, wo es mit dem Wasser weiterer Vororte mit der Stadt brachte jedoch an- heisst, die Kapazitäten der einzelnen 145 Quellen auf Stadtgebiet zur Verteilung dere Voraussetzungen. Insbesondere war Stufen zwar festlegen, den Zeitpunkt der gelangt. Etwa ein Zehntel dieses Wassers jede weitere Zersplitterung der Wasser- Verwirklichung der Ausbaustufen jedoch ist nötig, um 263 öffentliche Quellwas- beschaffungsanlagen zu vermeiden. Auf variabel handhaben. Planung will auch serbrunnen zu speisen; der Rest wird den Rat des Direktors der Städtischen bewusst nicht zur maximalen, aber sicher dem übrigen Verteilnetz zugeleitet. Dank Wasserversorgung nahm die Gemeinde in Stufen zur optimalen Ausbaugrösse dem natürlichen Schutz und der ener- Seebach Abstand vom Projekt und ver- führen. Rechtzeitiges Erkennen der Pro- gieunabhängigen Zuführung kommt dem ständigte sich mit der Gemeinde Oerlikon bleme und Aufgaben verhindert Fehlin- Quellwasser im Rahmen der Zürcher Not- dahingehend, dass ihr letztere bis zur Ein- vestitionen. wasserversorgung grosse Bedeutung zu. gemeindung das erforderliche Spritzwas- Bei Ausfall anderer Lieferwerke kann da- ser zur Verfügung stellt. Die Übernahme In Zürich und Umgebung stehen Grund- mit die Wasserversorgung eine minimale der Wasserversorgung Seebach durch und Quellwasser nur in begrenztem Um- Versorgung, nämlich 15 Liter je Einwohner die Stadt Zürich erfolgte anlässlich der fange zur Verfügung. Die Zürcher Trink- und Tag, sicherstellen. Eingemeindung im Jahr 1933. Für die Be- wasserversorgung ist daher weitgehend dienung des Pumpwerks Seebach wurde auf Oberflächenwasser, d.h. bis zu 70% Die Behörden und die Bevölkerung Zü- ein in der Nähe wohnender, arbeitsloser auf den Zürichsee, angewiesen. Das er- richs haben einer gesicherten und gut Schmied angestellt, der gleichzeitig auch weiterte Seewasserwerk Lengg verfügt funktionierenden Wasserversorgung stets für die Reinigung der Brunnen zuständig zum Beispiel über eine Leistung von ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt und war. 250 000 m³ / Tag, wovon 130 000 m³ / Tag entsprechend gehandelt. Was könnte den Vertragspartnern zustehen. Das See- das Wasser und die Wasserversorgung wasserwerk Moos wurde im Jahre 1914 eindrücklicher vorstellen, als das im Quell- erstellt und weist heute eine Leistung von wasserschloss Gontenbach zu hörende rund 120 000 m³ / Tag auf. Die Aufberei- Gedicht der Künstlerin Warja Lavater, in tung umfasst die Stufen: Vorchlorung – dem es unter anderem heisst: Flockung – Schnellfiltration – Ozonung – Aktivfiltration – Langsamfiltration – Neu- „Aus dem Regen, aus dem Schnee, aus tralisation – Entkeimung. dem Boden, aus dem See wird das Was- ser hingeleitet, aufgefangen, aufbereitet. Das Grundwasser im Hardhof wird seit Manche hundert Leute denken, prüfen, 1933 für die Trinkwasserversorgung ge- filtern, klären, lenken, sorgen, dass in je- nutzt. Die konzessionierte Menge von dem Haus Wasser fliesst jahrein, jahraus. 56 000 m³ / Tag ist im Jahr 1949 auf Wasser fliesst jahraus, jahrein, denk ans

84 Wasser, halt es rein! Und damit du nicht vergisst, dass auch du aus Wasser bist, schau das Leben um dich her, das du brauchst und das nicht wär, gäbe es kein Wasser mehr.“

Ehemaliger Sodbrunnen an der Hürststrasse 102

Brunnen an der Grünhaldenstrasse 19 (Vgl. Brunnenverzeichnis Nr. 21)

85 Brunnen im Quartier Seebach

Das nachstehende Brunnenverzeichnis enthält alle heutigen und – soweit bekannt – ehemaligen Brunnen des Quartiers Seebach. Es wurde aus den Brunnenakten der Wasserversorgung Zürich erstellt. Die Jahreszahlen vermitteln das Datum ihrer Entstehung (*) und, wo dieses fehlt, den frühesten Hinweis auf ihr Bestehen (Jahres- zahlen ohne *).

Brunnen-Nr. Standort Name / erstmals Bemerkungen nähere Bezeichnung erwähnt / erbaut*

1 Buhnrain – beim Schulhaus 1856 1977 neues Wappen erhalten Seebacherstrasse 63

Buhnrain – mittelgrosser, recht- 1859 abgebrochen 1959 Seebacherstrasse eckiger Brunnen

2 Ausserdorfstrasse 45 einfacher, rechteckiger 1884 – Trog mit Stock und Sudeltrog

3 Ausserdorfstrasse 10 einfacher, rechteckiger 1884 repariert und versetzt 1979 Trog mit Stock und (alter Standort Haus Nr. 8) Sudeltrog

4 Felsenrainstrasse – runder Brunnen mit 1938* Bildhauer: O. Münch Schaffhauserstrasse Froschkönig in der Mitte auf einer Kugel

5 Schaffhauserstrasse kleiner runder Trog 1939* seit 1941 an der Schaffhauser- Tramendstation strasse (von der Landesausstel- lung)

6 Höhenringstrasse 34 / 36 Schulhaus 1935 –

7 Buhnrain 40 Schulhaus 1933 – halbrunde Schale mit Tier kreiszeichen an der Aussenwand

8 Heumattstrasse Friedhof Seebach 1966 6 Brunnen (Schwandenholz)

9 Schönauweg 36 Schulpavillon Buchwiesen 1951 – kleiner runder Trog mit Schlangenhals als Trinkröhre

10 Sperletweg 70 / 72 Schulhaus Kolbenacker 1953 –

11 Schönauweg 15 / 21 Schulhaus Buchwiesen lll 1958 –

12 Himmelstrasse 61 Schulhaus Staudenbühl 1969 –

86 13 „Schwandenholz“ eicherner Brunnentrog 1965 – Seebach, oberhalb mit Stud Friedhof

14 Buchwiesenstrasse 42 achteckiger Trog mit 1947 Eigentum der Baugenossenschaft Trinksprudel Glattal

15 Köschenrütistrasse / rechteckiger Tränketrog 1902 ca. – Käshaldenstrasse und ein Sudeltrog Hertensteinstrasse 5

16 Eigenwasenstrasse / bei der Kirche, 1956 Eigentum der Kirchgemeinde Höhenringstrasse Zierbrunnen Seebach

17 Bahnhaldenstrasse Bahnhof Seebach 1960 –

18 Katzenbach Grünanlage 1965 –

19 Freibad Seebach – 1966 5 Brunnen

20 Hertensteinstrasse 20 Freizeitanlage 1880 / 1970 2 Brunnen, davon 1 alter Dorf- brunnen, ehemals an der Hertensteinstrasse 12 / 14

21 Grünhaldenstrasse 19 beim Altersheim 1977* Bildhauer: Ceschin Giuseppe Findling Eigentümer: Verein für Alters- und Pflegeheim

22 Riedenholz, im Wald – 1981* –

23 Rümlangstrasse 55 Asphofbrunnen 1982* – „Bewilligt Vermessungsamt der Stadt Zürich“ „Bewilligt Vermessungsamt

87 Die Seebacher Gemeindefeuerwehr im Jahre 1895 vor dem Depot Seebacherstrasse

Brand des Restaurant „Ziegelhütte“ im Sommer 1949

88 Seebacher Feuerwehr Kompanie 21 Hans Fretz

Zu einer Gemeinde, resp. einem Quar- verschiedenes Feuerwehrmaterial, z.B. stand bis heute auf 50 Mann reduziert tier gehört natürlich auch die Feuerwehr. die Motorspritze, vom Luftschutz in den werden. Jeder Kader-Angehörige wird an Der Brandschutz war schon vor der Ein- Besitz der Feuerwehr über. Die ältere speziellen Kursen geschult und gibt die- gemeindung durch je ein Spritzenkorps, Generation erinnert sich sicher noch an se Kenntnisse während der Übungen im Rettungskorps und Wachtkorps mit rund die sogenannten „Übungs-Schläuche“, Sommerhalbjahr der Mannschaft weiter. 120 Mann gesichert. mit welchen vor den Übungen jeweils die Heute sind alle Feuerwehrmänner in der Haspelwagen ausgerüstet werden muss- Lage, sowohl Rettungs- als auch Lösch- Bei der Eingemeindung existierte noch ten, da diese im Ernstfall nicht eingesetzt geräte einzusetzen zu bedienen. das Hydrantenhäuschen mit Schlauch- werden konnten. wagen und 2 Strebenleitern. Nach dem Dank der Modernisierung der Geräte- Anschluss an die Stadt Zürich wurde In den Aufgabenbereich der Feuerwehr schaft konnten die Schlauchwagen-De- das Feuerwehrwesen in Zusammenar- fällt jedoch nicht nur die Brandbekämp- pots und das zweite Depot an der Fries- beit mit dem ersten Kommandanten der fung. Die Männer strasse aufgehoben werden. Sämtliches Seebacher-Kompanie, Werner Siegfried, – pumpen auch Keller aus bei Hochwas- Material ist im Depot an der Seebacher- reorganisiert. Zwei Depots wurden in der ser strasse zentralisiert. Einzig in der Waid Folge eingerichtet: An der Seebacherstra- – bewässern Felder wie im Dürrejahr 1976 und an der Käshaldenstrasse befinden sse mit 1 hölzernen mechanischen 3-Rad – übernehmen den Ordnungsdienst bei sich 2 kleine Depots mit Schlauchma- Leiter, 1 Strebenleiter, 1 Schlauchwagen, Festanlässen terial. und an der Friesstrasse mit 1 Strebenlei- – sorgen für Sicherheit bei Ausstellungen ter, 1 Schlauchwagen. Zusätzlich wurden wie z.B. im Hallenstadion Die in diesem kurzen Abriss erwähnten 3 Schlauchwagen-Depots erstellt: An der – kontrollieren die Temperaturen der Fut- Daten und Ereignisse zeigen, dass die Bahnhaldenstrasse, bei der Tramendsta- terstöcke bei den Bauern Feuerwehr-Kompanie 21 ein aktiver Teil tion und an der Käshalden-/Rümlang- des Quartier war – ist – und sicher auch strasse. Der Kompanie-Bestand betrug im Jahre in Zukunft bleiben wird. 1934 rund 75 Mann. Dank des techni- Während des Krieges wurde die Brand- schen Fortschrittes, der Modernisierung verhütung durch den örtlichen Luftschutz und des hohen Ausbildungsstandes der sichergestellt. Nach Kriegsende ging ganzen Mannschaft konnte der Sollbe-

Neuere Brandchronik Als grössere Brandfälle, resp. Einsätze bei denen sich die Seebacher Feuerwehr in den ver- gangenen Jahren bestens bewährte sind erwähnenswert:

1947 Reparaturwerkstätte beim Bahnhof Seebach 1949 Restaurant Ziegelhütte 1949 Bauernhof Stucki 1956 2 Tage Überschwemmung Grünhaldenstrasse 1965 Lagerschopf „Abbé Pierre“ im Frohbühl 1973 Bauernhaus Eichrain 1976 Baugeschäfte Schwager 1979 Grossbrand der Wärme AG

89 Ein Seebacher Fabrikbetrieb mit Industriegeleise und somit direktem Anschluss an die Eisenbahn: Die Eisen- und Metall-Giesserei H. Bölsterli & Cie, heute Gauss und Schmidt, an der Schaffhauserstrasse 470. (Ausschnitt aus einem Briefkopf)

90 Streiflichter auf Industrie und Gewerbe im alten Seebach Hansruedi Roth

Wollte man eine umfassende Wirtschafts- AG und die Firma Diethelm & CO.AG ge- Verschwundene Betriebe: geschichte Seebachs schreiben, so wäre nannt Bauunternehmungen wie die Karl als ältestes Unternehmen wohl die schon Stellvertretend seien die Contraves AG 1212 urkundlich fassbare Binzmühle zu und die Firma Diethelm & CO.AG ge- erwähnen. Im Zusammenhang mit die- nannt. Bauunternehmungen wie die Karl sem traditionsreichen Müllereibetrieb Steiner AG oder A. Brunners Erben ver- wird Seebach erstmals genannt. Dieser standen es, zu überregionaler Bedeutung Überblick soll sich aber lediglich auf die zu gelangen. vergangenen 100 Jahre beschränken. Manometer AG Die Industrialisierung Seebachs im en- Gemäss den gewerblich-statistischen (ab 1898 in Seebach) geren Sinne nahm erst mit dem Ausbau Zahlen von 1908 gab es damals in See- des Eisenbahnnetzes ihren Anfang. 1878 bach fünf Bäckereien, drei Metzgereien, Bernhard Schäffer, ältester Sohn des Er- wurde die Linie Seebach – Wettingen er- drei Coiffeure, zwei Spezereihandlungen finders des Plattenfeder-Manometers und öffnet und 1881 erfolgte der Anschluss sowie 18 Wirtschaften. Ein Blick auf die Mitbegründer der weltbekannten Dampf- der Bahnstation Seebach an die Linie Zusammenstellung der Seebacher Ge- kessel-, Armaturen- und Messgeräte- Zürich – Winterthur. werbebetriebe um 1933 zeigt die Viel- werke Schäffer und Budenberg GmbH falt der Handwerksbetriebe, Gaststätten, in Magdeburg-Buckau/Preuss. Sachsen, Die nachfolgenden Streiflichter auf einzel- Krämer-, Bäcker-, Metzger- und Spezer- gründete am 30. Dezember 1892 in Zü- ne gewerbliche und industrielle Betriebe eiläden, welche im Zeitpunkt der Einge- rich eine Filiale. auf Seebacher Boden erheben denn auch meindung die Versorgung der Seebacher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ziel Bevölkerung sicherstellten. Heute – 50 1898 erfolgte der Bezug von Räumlich- ist vielmehr, einerseits eine Anzahl jener Jahre danach – sind die meisten dieser keiten in der Fabrikliegenschaft Andre- längst vergessenen Industriebetriebe in Gewerbebetriebe verschwunden. Der asstrasse 19 (damals Dammstrasse) in Erinnerung zu rufen, die sich um die Jahr- Rahmen dieses Kapitels zur Geschichte Seebach. Infolge von Schwierigkeiten hundertwende in Seebach niedergelas- von Industrie und Gewerbe würde ge- während des Ersten Weltkrieges musste sen hatten und neue wirtschaftliche Per- sprengt, wenn man alle Betriebe auffüh- der Betrieb an die Stampfenbachstrasse spektiven für die Gemeinde öffneten. Fab- ren wollte, die heute den Alltag Seebachs 61 in Zürich verlegt werden. Die Familien- riken wie beispielsweise die Aufzüge- und in wirtschaftlicher Hinsicht bestimmen. mitglieder und Teilhaber Ingenieur Bern- Räderfabrik Seebach oder die Eisen- und Es galt also, ein Auswahlkriterium zu fin- und Kaufmann Kurt F.R. Schäffer Metall-Giesserei Seebach liessen anfangs den. So sollen jene Firmen kurz porträtiert wohnten in Zürich. Beide besassen einen unseres Jahrhunderts zweifelsohne stille werden, die sich bereits vor der Einge- Firmenanteil von je 420 000.– Mark! Kurt Hoffnungen aufkommen, dass Seebach meindung in Seebach niedergelassen Schäffer schied 1920 aus der Firma aus. ähnliche wirtschaftliche Bedeutung erlan- hatten und die somit den Weg von der Am 7. Juli des gleichen Jahres wurde gen könnte, wie die Nachbargemeinde selbständigen Gemeinde zum Stadtquar- die heutige Manometer AG gegründet Oerlikon. Während die hier vorgestellten, tier zurückgelegt haben. Alle diese heute und am 1. September 1920 bezog man sozusagen „historischen“ Industriebetrie- „etablierten“ Firmen können stolz darauf mietweise die früheren Räume in Seebach be längst in Vergessenheit geraten sind, sein, sich auch in wirtschaftlich schwie- wieder. Der Geschäftssitz verblieb jedoch verbinden heute die Namen moderner rigen Zeiten durchgesetzt zu haben. Für noch lange an der Stampfenbachstrasse. Wirtschaftsgiganten Seebach mit der viele galt es, sich stark veränderten Ver- 1971 wurde die Fabrikation nach Hitz- Welt. Stellvertretend seien die Contraves hältnissen anzupassen. kirch/LU verlegt.

91 Inserat in einer Automobil-Revue aus dem Jahre 1907

Eisen- & Metall-Giesserei ihre Qualität spricht. Nach der Aufgabe Seebach der Aufzüge- und Räderfabrik im Jahre 1912 erwarb Mathias Klüglein aus Sig- (gegründet 1900) marszell/Bayern, wohnhaft in Zürich, die Liegenschaft. Er war zugleich Prokurist Testfahrer Karl Strub vor einem Standort der Eisen- und Metallgiesse- der Aktiengesellschaft und 1930 auch „Seebacher Auto“ rei Seebach, vormals Heinrich Bölsterli & ihr Liquidator! Mit dem neuen Besitzer Co., war die Fabrikliegenschaft Schaff- kam die Autoindustrie nach Seebach. „22-PS-Zürcher-Vierzylinder-motor“ und hauserstrasse 470, gegenüber der katho- Unter der Firmenbezeichnung Maschi- mit einem elektrischen Anlasser ausge- lischen Kirche Maria-Lourdes. Die Fab- nenbau AG wurden in Seebach Moto- rüstet und wurde in Zusammenarbeit mit rikliegenschaft wurde 1900/1901 erbaut. ren und später Automobile hergestellt. dem Schweizer Autopionier Rudolf Egg Von dieser Giesserei stammen die noch Dem Verwaltungsrat gehörte u.a. Freiherr hergestellt. Die nun immer stärker wer- heute vorhandenen Dolendeckel an der Ewald von Kleist aus Postdam/ Preussen, dende ausländische Konkurrenz führte Felsenrain- und an der Seebacherstra- sesshaft auf Schloss Buonas/ZG, an. In schliesslich zur Aufgabe der Autofabri- sse. Daneben wurden für Industriefirmen den Kriegsjahren 1914 –1918 wurde die kation. Gussteile angefertigt. Anfangs der 1930er Autofabrik zur Munitionsfabrik. Nach dem Jahre wurde die Liegenschaft an die Fir- Ersten Weltkrieg ging die Automobil- und Mehrere bekannte Firmen benutzten ma Gauss & Co., Eisenhandlung, Metalle Motorenfabrik weiter. Die genaue Marken- später gleichzeitig verschiedene Teile der und Maschinen, verkauft. Noch heute ist bezeichnung ist längst in Vergessenheit Fabrikliegenschaft. In der grossen Halle die Firma Gauss Eigentümerin dieser Lie- geraten. Die Bevölkerung von Seebach genschaft. nannte diese Wagen einfach „Seebacher Briefkopf um 1910 Autos“. Das Automobil war mit einem ▼ Aufzüge- & Räderfabrik Seebach

(gegründet 1910)

Die Fabrikliegenschaft Schaffhauser- strasse 468 (damals Zürichstrasse), mit direktem Geleiseanschluss, wurde für die Aufzüge- und Räderfabrik Seebach erbaut. Das Unternehmen fabrizierte hauptsächlich Personen- und Warenlif- te. Der Personenlift auf den Bürgenstock sowie ein Warenlift am Stadthausquai er- füllen heute noch ihren Dienst, was für

92 war beispielsweise von 1925 – 1965 die liegenschaft verkauft. Nächster Mieter war wurde vom Prokuristen Emil Huber-Gyger Maschinenfabrik und Kesselschmiede die Metallgiesserei Sieber. Später richtete geführt. Zu Beginn der 1950er Jahre wur- des Engländers Edward King aus Bir- sich hier ein Filmstudio ein. Heute befindet de die Produktion eingestellt und das Fa- mingham/GB und seines Sohnes Frederic sich die Firma Okey AG, Spezialmaschi- brikgebäude 1976 abgebrochen. Heute domiziliert. Sie fabrizierten u.a. Dampfma- nen, auf diesem Areal (Rümlangstrasse erhebt sich dort eine grössere Wohn- schinen, Strassenwalzen und zuletzt auch 91). Sie hatte das Fabrikgebäude 1945 siedlung. Tankwagen für Flugbenzin. Heute befin- erworben, 1948 einen Erweiterungsbau det sich diese Firma in /ZH erstellt und einige Jahre später die alte und widmet sich dem Rohrleitungsbau. Fabrikhalle in zwei Etappen vollständig Kühlschrankfabrik Auch die Maschinenfabrik L. Kissling & erneut. Albert Haggenmüller Co. AG wirkte bis 1957 an der Schaffhau- serstrasse 468. Man kann deshalb diese Liegenschaft, zusammen mit Schaffhau- Schweizerische Bettfedern- (in Seebach seit 1903) serstrasse 470, als Zentrum der alten und Steppdeckenfabrik Seebacher Industrie bezeichnen. 1892 schlossen sich Lina Lange-Buch- Gyger & Co. mann von Hinwil/ZH und Johann Hag- genmüller von Pfullendorf/Baden zur Steinfabrik C. Wüest (gegründet 1907) Gründung der Eiskastenfabrik L. Lange + Cie. zusammen. Der Sitz der Firma (gegründet 1910) Der Gründer der 1907 im Eggbühl er- war an der Marmorgasse 8/10 in Zürich- bauten Fabrik war Alfred Samuel Gyger, Aussershil. Anfangs waren sechs Mann Die Steinfabrik Caspar Wüest war die wohnhaft in Zürich. Die Produktion um- beschäftigt. Diese stellten Eiskästen, Bier- erste Zementsteinfabrik in der Schweiz. fasste die mechanische Stepp-, Daunen- buffets, Konservatoren, Glacémaschinen, Der Standort der Fabrik war insofern gut und Reisedecken-Fabrikation, ferner die Bier- und Speiseaufzüge her und richteten gewählt, als in unmittelbarer Nähe der zur Herstellung von Bettfedern, Watte und Eiskeller ein. 1902 trat Lina Lange aus der Fabrikation benötigte Quarzsand geför- Matratzenwolle. Aus dem fernen Osten Firma aus, welche fortan J. Haggenmüller, dert werden konnte (Quartier Binz, heute wurden Chinamatten eingeführt. Zu die- vormals L. Lange & Cie. hiess. Nachdem Asp.) Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sem Zweck unterhielt die Firma ein eige- die Firma schon 1897 an die Siewerdt- die Produktion eingestellt und die Fabrik- nes Einkaufsbüro in Schanghai. Dieses strasse 7 in Oerlikon umgezogen war, erbaute J. Haggenmüller 1903 das Fab- rikgebäude Friesstrasse 34 in Seebach. Hier wurden von 50 Mann hauptsächlich Bierbuffets hergestellt. Nach dem Umzug im Jahre 1918 nach Oerlikon zog die Zigarettenfabrik „Turmac“ 1922 in die Lie- genschaft Friesstrasse 34 ein. Die Firma Haggenmüller wurde erst vor wenigen Jahren aufgelöst.

Dank

Den Recherchen von Max Kägi ist es zu verdanken, dass die Firmenmonogra- phien bis in manche Einzelheiten hinein ergänzt werden konnten. Die Anlagen der Zementsteinfabrik Caspar Wüest

93 Seit mehr als 50 Jahren in Schaffhauserstrasse 555 umbenannt und Neueisen wurde angegliedert. Da- in Seebach : wurde. Im Jahre 1921 trennten sich die durch wurden die Räumlichkeiten in Au- beiden Firmengründer. Das Geschäft be- ssersihl bald zu eng und die Firma verlegte zeichnete sich nun als „Anton Butti, Bau- den Betrieb 1912/13 nach . In unternehmung“. Am 1. Juni 1926 trat der den 1930er Jahren konnte die ehemalige G. Büchi, Sohn des Firmengründers, Louis Butti, in Fabrikliegenschaft der Eisen- & Metall- Buch- und Offsetdruckerei den väterlichen Betrieb ein. 1932 folgte giesserei Seebach (Schaffhauserstrasse auch sein zweiter Sohn, Alfred Butti. Am 470) erworben werden. 1937 trennten (gegründet 1919) 21. Juni 1937 starb Vater Anton Butti. sich die beiden Brüder. Christian über- Sein Sohn Louis übernahm daraufhin das nahm den Neueisenhandel und Johann Am 30. März 1919 erwarben Hedwig Baugeschäft. 1949 erfolgte die Verlegung behielt die übrigen Geschäftssparten. und Gottfried Büchi-Nägeli die bestehen- des Geschäftsdomizils an die Mattacker- Sein Schwiegersohn, Dr. Marius Schmidt, de Druckerei und Papeterie an der ehe- strasse 33. 1975 wechselte der Werk- wurde als Partner in die Firma aufgenom- maligen Zürichstrasse 29 (Ecke Fries-/ platz von der Schaffhauserstrasse nach men, wodurch diese ihre heutige Firmen- Grünhaldenstrasse). 1932 wurde der Leutschenbach. Das jetzige Bauunter- bezeichnung erhielt. Anfangs der 1970er Neubau an der Schaffhauserstrasse 439 nehmen versteht sich als Dienstleistungs- Jahre bahnte sich eine Zusammenarbeit bezogen. 1955 wurde der Buchdrucke- Unternehmen mit einer grossen Ange- mit dem Konkurrenzunternehmen Jakob rei eine Kleinoffsetabteilung angegliedert. botspalette: Von der Kundenmaurerei bis Dietiker an. Als sich Dr. M. Schmidt 1974 Die Übergabe des Betriebs an den Sohn zur Erstellung von Häusern und ganzen aus dem aktiven Geschäftsleben zurück- Gottfried erfolgte 1969. Mit Richard und Wohnsiedlungen. zog, wurde Jakob Dietiker junior mit der Peter Büchi trat die dritte Generation ins Geschäftsleitung betraut, währenddem Geschäft ein. Seit 1980 liegt die Leitung der Enkel des Gründers, Jan M. Schmidt, des Betriebes und seiner drei Tochter- Gartenbau Gallizzi in der rasch expandierenden Dietiker- firmen in ihren Händen. Zurzeit wird der Gruppe Stabsfunktionen übernahm. bisherige Firmensitz zum „Gewerbe-Huus (gegründet 1933) Seebach“ ausgebaut. Mit seiner Eröff- nung Ende 1983 wird ein grafisches Zen- Nestor Gallizzi gründete 1933 die Firma Hans Götti, trum zur Verfügung stehen, welches in der an der Neunbrunnenstrasse 8 (damals Mechanische Werkstätte Lage sein wird, von der Visitenkarte über Weiherstrasse). Heute – wie schon vor Prospekte aller Art bis hin zum Werbefilm fünfzig Jahren – werden Gärten für Ein- (gegründet 1927) alles zentral zu planen und zu realisieren. familienhäuser und Wohnsiedlungen sowie öffentliche Grünanlagen gestaltet Den Grundstein zur Unternehmung legte und gepflegt. Dem heutigen Inhaber des Hans Götti 1927. Peter Götti übernahm Butti Bauunternehmung Unternehmens, Hermann Gallizzi, ist es den väterlichen Betrieb 1966. In der mo- ein Anliegen, seine Kunden von der Ver- dern eingerichteten Werkstätte an der (gegründet 1901) wendung einheimischer Pflanzen zu über- Grünhaldenstrasse 54 werden Kleinma- zeugen und den Bau von Naturgärten und schinen und Apparate hergestellt. Ferner 1901 gründeten Anton Butti und Josef Biotopen zu fördern. Heutige Adresse: werden Prototypen gebaut und Bestand- Pini mit bescheidenen Mitteln ein Mau- Neunbrunnenstrasse 18. teile aller Art – einzeln und in Serien – mit- rergeschäft im „Eggbühl“ in Seebach. tels Präzisions-, Dreh-, Fräs- und Bohr- Schon 1905 konnte mit dem Bau der arbeiten gefertigt. Das Spezialgebiet der Turnhalle auf der „Buhn“ die erste öffent- Gauss + Schmidt, Unternehmung ist das NC-Drehen (NC = liche Arbeit ausgeführt werden. Später Eisen und Metalle, Maschinen numeric control; elektronisch gesteuerte erstellte die Firma Butti im Auftrag der Drehmaschine). damals noch selbständigen Gemeinde (in Seebach seit 1925) Seebach verschiedene Strassen- und Kanalisationsbauten. Das Geschäft ent- Kurz vor der Jahrhundertwende nahm wickelte sich gut, so dass das Domizil Johann Gauss, ein gelernter Schmied, in in das neu entstandene Wohnhaus mit Zürich-Aussersihl den Handel mit Altme- Magazin und Lagerplatz an der damali- tallen auf. Zusammen mit seinem Bruder gen Zürcherstrasse 119 verlegt werden Christian baute er das Geschäft weiter konnte, welche nach der Eingemeindung aus. Ein Handel mit Occasionsmaterial

94 Grambach AG, Glashandel den. Nach dem Ausscheiden von Carl L. Kissling & Co. AG, und Isolierglasfabrik Müller aus der Firma wurden die beiden Maschinenfabrik Söhne Max und Karl Grambach als Mit- (in Seebach seit 1898/99) teilhaber aufgenommen. 1942 wurde in (gegründet 1925) St.Gallen eine Filiale eröffnet. Der Gründer 1885 übernahm Carl Grambach das und Senior der Firma, Carl Grambach, Die Firma wurde 1925 unter dem Fir- Fenstergeschäft Müller & Notz an der arbeitete bis zu seinem Tod im Jahre 1941 mennamen Albert Glutz & Co. gegrün- Brunngasse 8/10 in der Zürcher Altstadt. tatkräftig in der Firma mit. det. Nach der Übernahme durch Leander Die neue Firmenbezeichnung lautete Kissling im Jahre 1944 wurde die Firma Grambach & Hürlimann. Das erste grö- als L. Kissling & Co. weitergeführt. Ur- ssere Lager wurde in den Räumen der Herbag, Herstellung sprünglich befand sich das Unternehmen ehemaligen Escher-Wyss-Fabriken in von Baustoffen AG an der Schaffhauserstrasse 468. Im Jahre der Neumühle eingerichtet, wohin später 1957 wurde die neuerstellte Fabrik an der auch die Spiegelglasfabrikation verlegt (gegründet 1933) Schärenmoosstrasse 76 bezogen, wo sie wurde. Als ehrenvoller Auftrag aus dieser auch heute nach diversen Erweiterungen Zeit sei der Glaskuppelbau am Bundes- Die Herbag wurde 1933 als Betonwa- ihren Standort hat. Die Produktion spezi- haus hervorgehoben. 1898/99 erfolgte renfabrik in Seebach gegründet. Das alisiert sich auf Getriebe zur industriellen der Umzug nach Seebach, wo ein Wohn- Produkteangebot umfasst genormte Be- Verwendung; seit Ende der 1950er Jah- haus mit einer Glaswerkstatt und Lager- tonwaren wie Kabelkanäle für das Elek- re werden mit grossem Erfolg Getriebe räumen an der Bahnhaldenstrasse 14 er- trizitätswerk und die PTT, verschiedene für Seilbahnen gebaut. In diesem Sektor stellt wurde. Zur Zeit des Jugendstils war Artikel für den Strassen- und Gartenbau hat Kissling weltweit einen beträchtlichen die Verwendung farbiger Veranden- und sowie Spezialanfertigungen von Beton- Marktanteil. Treppenhausverglasungen sehr gefragt. waren für den Hoch- und Tiefbau. Die Man passte sich dieser Nachfrage an, Fabrikation wird 1984 in die St.Galler Wer- indem moderne Glasbearbeitungs- und ke verlegt. Lager und Verkauf verbleiben Osterwalder Zürich AG Glasschneidemaschinen verwendet wur- jedoch in Seebach. (in Seebach seit 1925)

1888 richtete Jean Osterwalder in Mör- schwil/SG das erste Petroleum-Tanklager der Ostschweiz ein und legte damit den Grundstein für den heutigen Heizöl- und Benzinhandel. Das Zweiggeschäft der Firma Jean Osterwalder & Cie in Zürich- Seebach wurde 1925 gegründet. Zwei Jahre später wurde der Verband trustfrei- er Benzinimporteure der Schweiz (heute AVIA) ins Leben gerufen und Alphons Os- terwalder – Sohn von Jean Osterwalder – mit dem Gründungspräsidium betraut. Die Familie Osterwalder blieb mit dieser Organisation verbunden: 1974 wurde Hanspeter Osterwalder Präsident der AVIA INTERNATIONAL. In den 1960er und 1970er Jahren expandierte das Un- ternehmen: In Häggenschwil/SG und Sennwald/SG wurden gewaltige Tankla- ger errichtet und die Osterwalder GmbH in Friedrichshafen gegründet. In Winter- thur und Chur entstanden weitere Filialen.

Die mechanische Werkstätte von Hans Götti.

95 Schmiede-Bauschlosserei Blumen-Schaffner statträume befinden sich seit der Grün- Roland Perret dung der Firma am Dohlenweg 6 (damals (gegründet 1933) Birkenstrasse), Büro und Wohnung an (gegründet 1907) der Katzenbachstrasse 239. Das heutige Mitte 1933 wurde an der damaligen al- Arbeitsgebiet der Firma Schmid umfasst An der Seebacherstrasse 19 (heute Nr. ten Rümlangstrasse der Grundstein zur sanitäre Installationen, Umbauten, Hei- 49) richtete R. Vogel im Jahre 1907 eine Gärtnerei gelegt. Die Baubewilligung für zungen und Reparaturen. Dorfschmiede ein. Wie in den meisten die zwei Treibhäuser mit Arbeitsraum und Dorfschmieden um die Jahrhundert- Heizung musste noch auf dem Gemein- wende bestand die eigentliche Arbeit im debüro Seebach angemeldet werden. SKAG Beschlagen von Pferdehufen. Nebenbei Da wenig Geld vorhanden war, wurden wurden auch Reparaturen an landwirt- alle Bau- und Erschliessungsarbeiten (gegründet 1906) schaftlichen Geräten vorgenommen. mit Hilfskräften und vom Inhaber selbst 1946 nahm der Sohn eine bedeutende ausgeführt. Während der Kriegszeit von Die SKAG wurde 1906 durch den deut- Erweiterung und Vergrösserung der Fir- 1939 – 1945 musste die Gärtnerei vielen schen Ingenieur Hermann Hüttis gegrün- ma vor, um fortan auch Bauschlosserar- Selbstversorgern aus nah und fern mit Rat det. Er bezog an der damaligen Diana- beit ausführen zu können. Roland Perret und Tat im Rahmen der Anbauschlacht Strasse (heute Siewerdtstrasse) die Werk- übernahm die Firma im Jahre 1967. Der („Plan Wahlen“!) beistehen. statträume der ehemaligen Firma Bally Familienbetrieb führt Schlosserarbeiten, & Oelhafen. Zu den ersten Abnehmern Schmiede- und Kunstschmiedearbeiten Nach dem Krieg wurde das Blumenge- seiner Fahrzeugkupplungen gehörten die sowie Neuanfertigungen aus. schäft an der Grünhaldenstrasse eröffnet, FBW-Motorwagenfabrik in Wetzikon und welches nach über 20 Jahren im Zuge der die Firma Arbenz in . Als die Rationalisierung an die Rümlangstrasse Liegenschaft der Schäffer & Budenberg Blumen-Ryser verlegt wurde. GmbH an der Andreasstrasse 17/19 frei wurde, erwarb Hermann Hüttis das Areal (gegründet 1923) Die Pflanzenzucht brachte zwei interna- und dehnte die Fabrikation auf Steuerun- tional anerkannte Erfolge. Es waren dies gen (Lenkungen) aus. Leider starb der 1923 übernahm Hans Ryser die beste- die „Pensée Zürichsee“, welche an einer Gründer allzufrüh im besten Mannesalter hende Gärtnerei Redler. Schon damals Welt-Penséesorten-Konkurrenz in Lon- von 41 Jahren. handelte es sich um einen Allround-Be- don mit dem ersten Preis in ihrer Klasse trieb, welchem neben dem Schnittblu- ausgezeichnet wurde, sowie die nelken- Ein Konsortium übernahm das Unterneh- men- und Topfpflanzenhandel eine Blu- blütige Cyclame „Winston Churchill“. Die men, was der Gemeinde Seebach den menbinderei angegliedert war. 1962 ging vom Sohn Hans Kaspar Schaffner über- für damals ungeheuren Steuerbetrag von der Betrieb an den Sohn Paul über. Im nommene Produktionsgärtnerei wurde in Fr. 60 000.– durch die Neubewertung der gleichen Jahr trat Frau E. Ryser in die der Folge mit Wohnhäusern überbaut. Es ganzen Liegenschaft einbrachte. Durch Firma ein und baute die Blumenbinde- entstand ein grosses, modern eingerich- den Zusammenbruch der Schweizer rei liebevoll aus. In der Gärtnerei werden tetes Blumengeschäft mit einer Freiland- Fahrzeugindustrie sowie durch schwere heute viele Gattungen von Schnittblumen Abteilung. Darin wird eine riesige Auswahl Verluste in Deutschland infolge Inflation, sowie Topfpflanzen angebaut. Sie sind an seltenen und schönen Grünpflanzen wurde die Lage der SKAG anfangs der einerseits für den Friedhof, andererseits sowie Solitärpflanzen angeboten. zwanziger Jahre katastrophal. Die Firma für den Ladenverkauf bestimmt. In Zu- Schuler-Pressen in Göppingen übernahm kunft möchte der Firmeninhaber die Blu- den Betrieb. Dazu stiess später die Fami- menbinderei weiter ausbauen, z.B. mit Ernst Schmid, lie May als Schweizer Inhaber. Es folgten der Anfertigung von Seidenblumen und Sanitäre Anlagen drei harte Jahrzehnte (Krise-Krieg), bis Trockenblumenarrangements. sich die SKAG in den 1950er Jahren wie- (gegründet 1923) der auffangen konnte. Heute arbeiten im wirtschaftlich gesunden Betrieb 50 Leute. Gründer der Firma war Heinrich Schmid- 1978 wurde eine Niederlassung in Genf Bretscher, Schwiegersohn von alt Ge- gegründet, die bereits über zehn Leute meinderat Bretscher. Die Gründung er- beschäftigt. folgte am 1. Oktober 1933. Die Werk-

96 Gottfried Wettstein, Schuhmacherei (gegründet 1884)

1884 übernahm Gottfried Wettstein die Werkstatt des kurz zuvor verstorbenen Schusters Salomon Wüest im heutigen Haus Seebacherstrasse 101. 1906 wur- de an der Seebacherstrasse 74 eine neue Schuhmacherwerkstatt eingerich- tet. Gottfried Wettsteins Sohn gleichen Vornamens absolvierte seine Lehre im väterlichen Betrieb und übernahm 1933 das Geschäft. In Handarbeit angefer- tigte Mass- und Militärschuhe gehörten damals zum Alltag des traditionsreichen Handwerksbetriebes.

Peter Zimmermann, Schreinerei – Innenausbau (gegründet 1922)

Die Gründung der Firma geht auf das Jahr 1922 zurück. Erster Inhaber war Hans Zimmermann. Am Anfang führte er in einem Einmann-Betrieb hauptsächlich Reparaturarbeiten aus. Sein Sohn Max Zimmermann übernahm die Schreinerei und 1955 un 1965 trat mit Peter Zimmer- mann die dritte Generation in den Betrieb ein. Heute widmet sich die Firma allgemei- nen Schreinerarbeiten, Innenausbauten, Reparaturen, aber auch Glaserarbeiten.

Die Schuhmacherwerkstatt von Gottfried Wettstein

97 Sparkasse Seebach Werner Götti

Obwohl diese kleine Lokalbank erst im Diese Generalversammlungen fanden wie wir uns das von den heutigen Ban- Jahre 1972 aufgelöst wurde, dürfte sie früher im „Kronensaal“ im Hinterdorf und ken her gewöhnt sind. Zu Beginn des nur noch einem kleinen Teil der heutigen in späteren Jahren im Restaurant „Neu- Jahrhunderts finden wir sie im Hause Seebacher Bevölkerung bekannt sein. bühl“ statt. Die Generalversammlung war von Schuhmacher Gottfried Wettstein oberstes Organ der Genossenschaft und sen. an der Seebacherstrasse. Wenn ein Die „Sparkasse Seebach“ wurde am 1. hatte jeweils die ihr von den Statuten Bankkunde kam, verliess er einfach die März 1866 in Seebach gegründet und zugewiesenen Geschäfte zu erledigen. Werkstatt und begab sich mit ihm an am 3. April 1892 in eine Genossenschaft Im Anschluss an den geschäftlichen den Stubentisch. Dort wurde dann das von unbeschränkter Dauer umgewandelt. Teil wurde den Genossenschaftern ein Bankgeschäft abgewickelt. Der Kassen- Schüblig mit Kartoffelsalat und ein Glas schrank stand damals auch nicht in einem Wenn man ihre Statuten studiert, so sieht Wein offeriert. Jetzt begann der gemütli- gut gesicherten Tresorraum, sondern im man, dass nicht das Profitdenken im che Teil, indem man beim Gespräch alte Schlafzimmer. Auch bei den beiden fol- Vordergrund stand, sondern, dass den Kameradschaften auffrischte. genden Verwaltern diente einfach ein Gründern daran gelegen war, etwas für Zimmer ihrer Wohnung, in dem ein Kas- die Einwohner der kleinen Vorstadtge- Die eigentliche Geschäftsführung der senschrank stand, als Bankraum. Offiziell meinde zu tun. So lesen wir in § 2: „Die Sparkasse lag in den Händen des aus war die Kasse an drei Tagen pro Woche Genossenschaft bezweckt, den Sparsinn 5 bis 7 Mitgliedern bestehenden Verwal- geöffnet. In der Praxis hielten sich aber die der Bevölkerung zu fördern und ihr Gele- tungsrates. Dieser wurde aus der Reihe wenigsten daran. Wenn der Verwalter zu genheit zu bieten, Ersparnisse und Kapi- der Genossenschafter für jeweils 3 Jahre Hause war, konnte man Bankgeschäfte talien zinstragend und sicher anzulegen. gewählt. Der Verwaltungsrat hatte unter erledigen, auch abends. Ein Bankkunde Sie gewährt Darlehen und Kredite gegen anderem die Generalversammlung vor- kam sogar regelmässig am Heiligabend, Errichtung von Hypotheken, gegen Faust- zubreiten, die Höhe der Aktiv- und Pas- also am 24. Dezember, zwischen fünf und pfand und Bürgschaft.“ sivzinssätze festzulegen und über die Ge- sechs Uhr, um den Zins in seinen Sparhef- währung von Darlehen und Hypotheken ten gutschreiben zu lassen. Einleger, das heisst, Besitzer eines Spar- zu entscheiden. Je nach Notwendigkeit heftes, konnte jedermann werden. Als trafen sich diese Männer ca. monatlich Während einiger Zeit bestand neben der Mitglieder der Genossenschaft waren zu einer Sitzung. Die wichtigsten Pos- Verwaltung, die sich im Hinterdorf oder jedoch nur handlungsfähige Personen ten im Verwaltungsrat wurden in diesem später auf dem Buhnhügel befand, noch zugelassen. Sie mussten eine schriftliche Jahrhundert von folgenden Männern aus- eine Einnehmerei bei Frau Gimpert an Beitrittserklärung abgeben und zudem geübt: der Grünhaldenstrasse. Dort konnte man über Sparhefteinlagen von mindestens Geld einlegen, aber keine Rückzüge tä- Fr. 1000.– verfügen. Über die Aufnah- Präsident: Hektor Bergmann tigen. me eines Gesuchstellers konnte dann Karl Zollinger der Verwaltungsrat frei entscheiden. Als Theodor Siegfried Im Verlaufe der wirtschaftlichen Hoch- Genossenschafter musste man keine konjunktur in den fünziger und sechziger weiteren Geldbeiträge leisten. Anderseits Verwalter: Gottfried Wettstein Jahren wurde die Daseinsberechtigung bestand kein Recht auf das Vermögen der Heinrich Strehler einer Kleinbank in einem Stadtquartier Genossenschaft. Auch eine persönliche Werner Götti immer mehr in Frage gestellt. Früher wa- Haftbarkeit war ausgeschlossen. Buchhalter: Hans Götti ren die Einleger schon mit wenigen Fran- Martin Thomer ken gekommen und die Hypotheken und Als Genossenschafter konnte man an der Darlehen hatten einige tausend Franken jährlichen Generalversammlung teilneh- Die Verwaltung der Sparkasse war nicht in betragen. Jetzt aber waren Hypotheken men und besass dort ein Stimmrecht. modernen Schalterhallen untergebracht, von mehreren hunderttausend Franken

98 an der Tagesordnung. Das überstieg die Möglichkeiten einer Sparkasse mit einer Bilanzsumme von ca. 3 Millionen Franken. Der Verwaltungsrat suchte in- tensiv nach einer Lösung und nahm mit verschiedenen Banken Verhandlungen auf. Schliesslich wurde mit der Zürcher Kantonalbank ein Vertrag ausgehandelt, in dem sich diese verpflichtete, Aktiven und Passiven der „Sparkasse Seebach“ zu übernehmen und der Genossenschaft als Entschädigung für die ansehnlichen Reserven einen Betrag von Fr. 400 000.– zu zahlen. Die ausserordentliche Ge- neralversammlung vom 16. Juni 1972 stimmte diesem Vertrag zu. Damit hatte die „Sparkasse Seebach“ aufgehört, als selbständiges Bankinstitut zu existieren und wieder war ein Stück Alt-Seebach verschwunden.

Nach Abzug der Steuern verblieben der Generalversammlung noch etwas mehr als Fr. 250 000.–. Auf Antrag des Ver- waltungsrates wurde beschlossen, mit diesem Geld eine Stiftung zu errichten, die Beiträge zur Förderung gemeinnüt- ziger und wohltätiger Bestrebungen im Quartier Seebach, sowie an Anstalten für körperlich und geistig Behinderte ausrich- ten kann. Von dieser Möglichkeit hat der Stiftungsrat bereits ausgiebig Gebrauch gemacht.

Auszüge aus den Statuten der Sparkasse Seebach vom 7. Februar 1875

99 Die alte Kirche Seebach im Jahre 1898

100 Das alte Kirchlein Emil Rütti

An der Kreuzung der alten Wege nach Kostenbeitrag an den Neuaufbau. Das grosse Hingabe in Seebach verdient ge- Rümlang und Affoltern steht auf dem Bauwerk entsprach bereits dem heutigen macht. Ihm folgte eine lange Reihe von nördlichen Moränenausläufer die St. Ni- Kirchengrundriss ohne den Eingangsvor- Pfarrherren, die sich um das Gedeihen kolaus geweihte Kapelle. Wie bei den bau. Hauptmann Rümmeli wurde spä- ihrer Gemeinde bemühten. anlässlich der Restauration durchgeführ- ter im Chor beigesetzt, wie die bei den ten Fundamentgrabungen festgestellt Grabarbeiten vorgefundene Grabplatte Zwanzig Jahre später, 1683, erhielt Af- werden konnte, standen schon früher beweist. foltern ebenfalls eine Kirche, blieb aber anstelle des heutigen Kirchleins zwei klei- noch bis zur Trennung im Jahre 1703 mit ne Gotteshäuser oder zum mindesten Am 17. des Heumonates im Jahre 1664 Seebach vereinigt. Heiligenstandbilder. Nach dem Bericht fand die Einweihung statt, verbunden mit von Professor P. Kläui sind die beiden der Einsetzung des ersten Pfarrers Hans 1663 erhielt der schmucke Dachreiter hufeisenförmigen Chöre ungefähr im 12., Kaspar Wolff durch den Ratsherrn und sein erstes Glöcklein und 1667 das zwei- beziehungsweise im 14./15. Jahrhundert Obervogt Junker Max Escher. Pfarrer te. Die Ironie des Schicksals wollte es, entstanden. Da im Kanton Zürich selten Wolff hat sich in der Folge durch seine dass ausgerechnet ein Seebacher die ein Apsis-Abschluss erstellt wurde, ist anzunehmen, dass das Kirchenschiff an- gebaut war.

Vom Kirchenschiff traten keine Funda- mentreste zutage, weshalb vermutet wird, dass es sich um eine Holzkonstruktion gehandelt hatte. Grundherren waren zu jener Zeit die Abtei zum Fraumünster und die Propstei Grossmünster in der Stadt Zürich. 1424, also hundert Jahre vor der Reformation, erwarb die Stadt Zürich durch Kauf die Staatsgewalt und stell- te zusammen mit den umliegenden Ge- meinden den Vogt. Kirchlich gehörte das Ausserdorf zu Kloten und das Kirchlein im Oberdorf (auch Hinterdorf genannt) zu Rümlang. Es hatte kein eigenes Kirchen- gut, und gelegentlich wurde die Messe durch den Priester von Rümlang gelesen. Nach der Reformation wurde das Kirch- lein für profane Zwecke verwendet.

1663 stellten die Seebacher unter der Archäologische Funde und Befunde im Jahre 1961: Führung ihres Untervogtes Hauptmann Heinrich Rümmeli an die Obrigkeit in Zü- A = Erste St. Nikolaus-Kapelle (Apsisfundament) rich das Gesuch, eine eigene Kirche an B = Zweite St. Nikolaus-Kapelle (Chor) diesem Ort erbauen zu dürfen. Diesem C = Kirche von 1664 (Chormauern) Gesuch wurde entsprochen samt einem D = Grabplatte des Untervogtes Heinrich Rümmeli

101 dritte Glocke im zweiten Villmergerkrieg sich die Möglichkeit, das Kirchlein für als Beute stahl und der Kirche schenkte. Anlässe ohne den Zwang eines gross- Weil der Dreiklang nicht mehr stimmte, en Raumangebotes in seinen ursprüng- wurde das Geläut 1839 in der Giesserei lichen architektonisch intimen Rahmen Keller in umgegossen. Heute zurückzuführen. Unter der Führung seines hängen im Dachreiter drei Glocken von Sekundarlehrers und Kirchgemeindeprä- 600, 300 und 200 Kilogramm Gewicht. sidenten Paul Wettstein führte Emil Rütti als Architekt diese Restaurierungs-und Da die Gemeinde im Laufe der Zeit um Umbauarbeiten aus. das Vierfache gewachsen war, konnte das Kirchlein seine Gläubigen nicht mehr Das Kirchlein erhielt einen puritanisch- fassen. 1811 wurde daher eine Empore zwinglianischen Innenausbau, um die mit rund 70 Sitzplätzen eingebaut. De- Gläubigen in seiner Schlichtheit auf das ren Zugangstreppe erheischte den heute Wort Gottes hinzuweisen. Die Empore noch sichtbaren Vorbau. Damit der Pre- wurde entfernt und die neue Orgel im Rü- diger auch von der Empore aus gesehen cken der Gemeinde aufgebaut. Die Kan- werden konnte, musste die Kanzel wie ein zel wurde durch einen Kanzeltisch ersetzt, Schwalbennest an der linken Chorwand der für die Predigt und die Austeilung der höhergesetzt werden. Sakramente unter den schönen gotischen Chorbogen ins Zentrum gerückt wurde. Während 60 Jahren stand nach zwing- Im ersten Stock wurde ein Pfarrzimmer lianischer Sitte ein Vorsänger unter der und unter dem Vorbau wurden die lange Kanzel, bis 1871 ein Harmonium ange- schon fehlenden WC-Anlagen eingebaut. schafft wurde. 1961 wurden die umfangreichen Bauar- beiten begonnen, und am 8. September 1928 wurde im Chor eine Orgel eingebaut, 1963 konnte die restaurierte Kirche fest- deren zweites Register auf dem Turmbo- lich eingeweiht werden. den stand und durch das Gitterwerk nur eine schlechte musikalische Wirkung hat- Die farbigen Chorfenster hat Sven Knebel te. Bis 1903 wurden die Seebacher inner- aus Regensberg gestaltet. Sie stellen drei halb der die Kirche umgebenden Maurer wesentliche Anliegen aus dem christli- beerdigt. Nach dem Bau des Friedhofes chen Leben dar: den Fischzug des Petrus Schwandenholz mussten sie Abschied und die Gleichnisse vom verlorenen Sohn nehmen von diesem schönen Brauch. und vom barmherzigen Samariter. In der 1959 wurden die Seebacherstrasse ver- Symmetrieachse unter dem gotischen breitert, die anliegenden Häuser abgebro- Chorbogen steht der Kanzeltisch mit der chen und die schöne Wiesenböschung Inschrift „Dein Reich komme“. zwangsläufig durch eine Mauer ersetzt. Diese Worte sind durch viele Jahrhunder- Als die 300-Jahrfeier der Kirche nahte, te hindurch von unzähligen Seebachern fasste die Kirchgemeinde den Entschluss, gebetet worden. Das Kirchlein will den das Kirchlein zu restaurieren. Die neue andächtigen Besucher mit dieser zent- Markuskirche diente der immer stär- ralen Bitte aus dem „Vaterunser“ auf die ker wachsenden Gemeinde. So ergab grosse Verheissung ausrichten.

Bei der Renovation entferntes Fenster von 1878

102 Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Peter Buff

Seebach war eine Filialkirche des Gross- Flüchtlingen das Asyl in unserem Land te ich ihr sagen. Und dann kam gerade münsterstifts. Die kirchliche Verselbstän- verweigert und diese über die Grenze zu- um jene Zeit der Kristallnacht die herzer- digung Seebachs erfolgte erst 1863, rück geschickt. Auch war der berüchtigte schütternde Frage: „Können Sie mir und nachdem erstmals 1833 aufgrund der „J“-Stempel in den Pässen deutscher und meinem Mann einen Weg nach Holland Kantonsverfassung ein von der evange- österreichischer Juden nicht zuletzt auf weisen, da wir nicht in der Schweiz blei- lisch-reformierten Kirchgemeinde See- Anregungen und Wünsche der eidgenös- ben dürfen“. Der Ausweg nach Holland bach selbst gewählter Pfarrer eigens für sischen Polizeibehörden zurückzuführen. konnte möglich gemacht werden. Seebach eingesetzt worden war. Auf Be- schluss der Kirchgemeindeversammlung In dieser schwierigen Zeit hat der Seeba- Eine andere Bitte lautete: „Können Sie mir wurde 1878 die vom Zerfall bedrohte Alte cher Pfarrer Paul Vogt das mosaische helfen? Ich bin dreimal aus der Stadt Zü- Kirche erstmals renoviert und 1928 die Bibelwort „Ihr sollt den Fremdling lieben; rich ausgewiesen worden und nach dem neue Orgel eingebaut. denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen Fürstentum Liechtenstein gezogen. Nach im Lande Ägypten!“ (5. Mose 10, 10) einiger Zeit wurde ich auch aus Liechten- Die folgenden Ausführungen betreffen die unbeirrt in Predigt und Tat ernst genom- stein ausgewiesen. Ich kehrte nach Zürich Zeit nach der am 1. Januar 1934 erfolgten men. Von der Seebacher Kanzel der Alten zurück. Zürich wies mich aber wieder aus. politischen Eingemeindung Seebachs in Kirche rief Pfarrer Vogt: „Eine Kirche ohne Ich solle in einem anderen Lande Aufent- die Stadt Zürich. Dabei wird bewusst auf Zufluchtsstätte für die Elenden ist niemals halt suchen.“ Kein anderes Land in Euro- den Anspruch verzichtet, eine historisch eine Kirche Jesu Christi“. Pfarrer Vogt pa und Amerika aber öffnete die Grenzen vollständige „Kirchgemeindegeschichte“ bekämpfte die restriktive schweizerische für „Heilhitlerflüchtlinge“. Je länger desto zu verfassen. Vielmehr überlassen wir uns Flüchtlingspolitik mit allen ihm zur Verfü- mehr musste ich erkennen, dass Kirchge- dem Grundsatz, dass Geschichte nicht gung stehenden Mitteln. Er war ein Anwalt meinde-Verpflichtungen und mitmensch- lediglich aus Fakten, sondern oft bes- der Vertriebenen, ein Fürsprecher der von liche Flüchtlingshilfe-Bemühungen meine ser aus Interpretationen, Reminiszenzen, den Nationalsozialisten verfolgten Juden, Kräfte überstiegen, und ich beschloss, Episoden, ja aus Geschichten verstanden Zigeuner, völkischen Minderheiten, linker, mich 1943 in das Schweizerische Evan- werden kann: bürgerlicher und kirchlicher Oppositionel- gelische Flüchtlingspfarramt berufen zu ler. Er schrieb, sprach und verhandelte mit lassen durch den Kirchenrat des Kantons Eine Kirchgemeinde lebt in erster Linie von unseren Behörden, Beamten, Lagerlei- Zürich und den Schweizerischen Evange- den freiwilligen Aktivitäten der einzelnen tern, damit die Flüchtlinge bleiben konn- lischen Kirchenbund. Gemeindeglieder, ferner von den Pfarrern, ten und nicht in den sicheren Tod zurück Sozialarbeitern, Sigristen und zum Teil abgeschoben wurden. Auf unsere Bitte Diese Berufung habe ich nie bereut. Sie auch von den zur Verfügung stehenden hin hat der heute 83jährige Pfarrer Paul hat durch vier Freiplatzheime jüdischen kirchlichen Gebäuden. Stellvertretend für Vogt eigens für diese Seebacher Chronik Füchtlingen als Gäste von evangelischen alle Seebacher Pfarrer sei der wohl be- am 17. Januar 1983 folgende Erinnerung Kirchgemeinden mit ihren Patronatszah- rühmteste Seebacher Pfarrer, Paul Vogt, verfasst: lungen in der Heimatlosigkeit Heim und der spätere Flüchtlingspfarrer, erwähnt. Geborgenheit gesichert. Dafür werde ich Paul Vogt war Ende der dreissiger und „Meine Seebacher Dienstzeit war ge- nie genug danken können. Mit vielen darf anfangs der vierziger Jahre, also wäh- kennzeichnet durch sehr viele schwere ich heute noch brieflich in Verbindung rend der Hitlerzeit, Pfarrer in Seebach. Die Gespräche und Erlebnisse mit politischen stehen. Schweiz hat während des Zweiten Welt- und rassischen Flüchtlingen der „Heil- kriegs an die 300 000 Flüchtlinge vor dem Hitler-Zeit“. Auf der Bahnhaldenstrasse Nazi-Terror abgeschirmt und beherbergt. stellte mich eines Abends eine Deutsch Die Schweiz hat aber auch aus „staats- sprechende Frau: „Können Sie mir sagen, politischen“ Gründen Tausenden von wo der Pfarrer Vogt wohnt?“ Das konn-

103 Die reichste Erfahrung meines Lebens Dabei hatte der alleinstehende Turm vor sich darin abspielt. Dies bestätigt ja auch drückt das Verslein aus: allem die Funktion, der Markuskirche ein der offizielle Berichterstatter in der Diens- bedeutendes architektonisches Eigenge- tag-Nummer. Ja, warum bauen dann die Auf Erden wird die Fremdlingsnot wicht zu vermitteln, und zwar gegenüber Seebacher nicht eine Kirche, die vom zu Gottes Liebes-Aufgebot. dem den Buhnhügel dominierenden, Volk allgemein anerkannt und begrüsst Christ, stell an Christi Statt dich ein: 1933 fertiggestellten Schulhaus Buhnrain. wird? Warum muss es wiederum etwas des Fremdlings Bruder sollst du sein! Als weitere kirchliche Bauten wurden das ganz Extremes sein, das einfach nicht Pfarrhaus, der Kirchgemeindesaal und die verstanden wird und nicht auf unseren Paul Vogt-Brenner Sigristenwohnung in den Markuskirchen- Hügel passt? Muss sich denn die gan- Alt Seebacher Pfarrer bau integriert. ze Kirchgemeinde der Stadt nach einem Alt Flüchtlingspfarrer.“ einzigen Manne richten, oder darf verlangt 1942 hatte die gesamte stadtzürcheri- werden, dass sich auch ein Pfarrer nach sche reformierte Aktivbürgerschaft über dem Volke richten soll? einen Kredit von 1 489 500 Franken für In den vierziger Jahren wurde dann mit den gesamten Gebäudekomplex abzu- Von der Bescheidenheit, wie sie so oft dem Bau der Markuskirche der Wunsch stimmen. Dass der kirchliche Bau höchst von der Kanzel herab gepredigt wird, ist nach einem – verglichen mit der Alten umstritten war, möge folgender im „Echo bei diesem Bau nicht viel zu spüren. Wir Kirche – grösseren Gotteshaus auf dem vom Zürichberg“ am 22. Januar 1942 Seebacher wollten eine einfache, grö- Buhnhügel, gewissermassen zwischen veröffentlichter Leserbrief bestätigen: ssere Kirche, die der heutigen Bevölke- Alt- und Neu-Seebach, erfüllt. Nach der rungszahl entspricht, und nun soll es ein politischen Eingemeindung Seebachs „Seebach. Zur Abstimmung. Man ist in Gebäudekomplex, aneinander geschach- war dies sicherlich das markanteste kir- Seebach nicht so ganz zuversichtlich über telt, mit einem freistehenden Turme ge- chenbauliche Ereignis im reformierten das Endresultat der kommenden Abstim- ben. Wem das gefällt, der stimme Ja. Ich Seebach. Die Planung begann 1938. mung über die neue Kirche. Es ist ja wahr, stimme: Nein. E. Z.“ Unter acht von Zürcher Architekten ein- eine neue, grössere Kirche wäre nötig gereichten Projekten wurde schliesslich und das Äussere der Kirche soll nicht die Derart engagierte Auseinandersetzun- – nachdem die vier Erstprämierten vor- Hauptsache sein, sondern dasjenige, was gen sind in der evangelisch-reformierten gängig nochmals neue, überzeugende- re Projekte einreichen mussten – dem Entwurf des Architekten und späteren Stadtbaumeisters, A.H. Steiner, der Vor- zug gegeben. Viel zu reden gab in dieser Planungsphase der Verzicht auf den tradi- tionellen Kirchengrundriss mit Längsschiff und Chor. Vielmehr entschied man sich für den Rundbau in Form eines Acht- eckes, weil Kirchenpflege und Mitarbeiter der Ansicht waren, die Gemeindeglieder, und damit die Sitzplätze, hätten sich um Taufstein, Kanzel und Abendmahltisch zu gruppieren. Zudem erkannte man, dass derartige runde kirchliche Zentralbauten in der frühchristlichen Baukunst Klein- asiens bereits vorkamen. Später wurden diese runden Zentralbauten von den Itali- enern (San Lorenzo in Mailand, San Vitale in Ravenna) und auch von den Hugenot- ten im Kirchenbau neu aufgenommen. So bekam die Seebacher Markuskirche ihren achteckigen Zentralbau (Durchmes- ser 24 Meter). Zu reden gab aber auch der freistehende (35 Meter hohe) Kirchturm. Grundsteinlegung für die Markus-Kirche

104 Markus-Kirche mit freistehendem Turm

105 Kirchgemeinde Seebach bis auf den heu- abschliessende Orgelkonzert rundeten tigen Tag lebendige Tradition geblieben. den historischen Tag ab.

Der Baukredit wurde vom stadtzürche- Es folgten die wachstumsstarken fünf- rischen reformierten Stimmvolk am 25. ziger, sechziger, siebziger und der Be- Januar 1942 bewilligt. Infolge des Krieges ginn der achtziger Jahre. Die Seebacher und der damit verbundenen Mangelwirt- Protestanten wuchsen von ca. 6000 auf schaft verzögerte sich jedoch der Baube- zeitweise über 9000 Kirchenglieder an. ginn bis anfangs 1946, weil erst dann Ze- Heute ist der Trend leicht rückläufig, d.h. ment und Eisen zur Freigabe gelangten. Seebach verfügt über ungefahr 8300 ein- Aufgrund der nach Kriegsende eingetre- geschriebene Protestanten. tenen Bauteuerung, (d.h. der um etwa 40 % gestiegenen Löhne und Materialpreise) Für diese Chronik hat uns Pfarrer S. glaubte man, mit einem Nachtragskredit Schoop, der von 1954 bis zu seiner Pen- von 600 000 Franken auszukommen, der sionierung 1976 Seebacher Pfarrer war, vom Souverän am 25. August 1946 denn das nachfolgende „Episödchen“ verfasst, auch angenommen wurde. Die bereits das uns zeigt, dass es unter Pfarrern und galoppierende Bauteuerung war aber Gemeindegliedern auch immer wieder im inflantionären baulichen Nachkriegs- Die Seebacher „Villa Egli“, die 1948 dem „mäntschelet“: Nachholbedarf wiederum unterschätzt Markus-Kirchturm weichen musste. worden, sodass 1948 über einen zwei- „Eifrig mit Hausbesuchen beschäftigt, ten Nachtragskredit von 482 000 Fran- wenn bedacht würde, dass während des hörte ich als Seebacher Pfarrer einst zu ken abgestimmt werden musste. Auch damals soeben beendeten Zweiten Welt- ungewohnter Zeit, vormittags 11 Uhr hier zeigte sich der Souverän aufgrund krieges ausländische Kirchenglocken viel- plötzlich von Ferne unsere Kirchenglo- offensichtlicher Sachzwänge einsichtig: fach den umgekehrten Weg, nämlich vom cken läuten. Da wurde mein Gedächtnis Wäre der zweite Nachtragskredit vom Turm in die Waffenschmiede, angetreten hellwach und ich realisierte: Du hast eine Volk verworfen worden, hätte der Turm hätten. Pfarrer E. Hurter, der bei der Kon- Abdankung vergessen! Aber jetzt war ich keine Glocken erhalten, die Gesamtanla- zeptionierung der neuen Seebacher Kir- weit weg vom Friedhof an der Friesstra- ge wäre unfertig geblieben und der Kirch- chenglocken federführend gewesen war, sse. Was sollte ich pflichtvergessener gemeindesaal hätte nicht ausgebaut wer- erklärte ihr Wesen und ihre Inschriften. Pfarrer jetzt tun in meiner Not? Ich stiess den können. Somit belief sich schliesslich ein Stossgebet zum Himmel. Da hielt ein die Baukostensumme für die kirchliche Das Geläute der Markuskirche Zürich- Klein-Auto am Trottoirrand, und ich rief Anlage (ohne das später erstellte Unter- Seebach besteht aus fünf Glocken und in meiner Verzweiflung: „Fräulein, ich bin richtsgebäude) auf dem Buhnhügel auf bildet in klanglicher Anlehnung an das ein Pfarrer und höre jetzt das Grabgeläute insgesamt 2 571 000 Franken. Geläute der katholischen Maria-Lourdes- und sollte auf dem Friedhof stehen und Kirche einen fünfstimmigen Akkord: As- dort die Abdankung halten … Wären Sie Am 9. Oktober 1948 fand der feierliche c-es-f-as. Die Glocken tragen die Namen nicht so gut …“ „Bitte, steigen Sie ein, ich Glockenaufzug im Markuskirchturm statt. der fünf nachösterlichen Sonntage. Es fahre Sie gleich hin.“ Und sie führte mich Schulkinder hissten mittels Flaschenzü- sind dies die Anfänge von Psalmworten tatsächlich in letzter Minute bis an das of- gen die fünf Glocken mit Begeisterung und eines Wortes aus dem Evangelium fene Grab auf den Friedhof … und nannte und unter grosser Anteilnahme einer fest- Johannes, die als Kranzsprüche auf den mir nicht einmal ihren Namen. Ich aber rief lich gestimmten Bevölkerung in den Mar- entsprechenden Glocken stehen. ihr nach: „Für mich sind Sie jetzt jedenfalls kusturm hinauf. Fachleute zogen darauf wie ein Engel Gottes gewesen.“ Wenn jede Glocke – die kleinste zuoberst, die Am 19. Dezember 1948, dem vierten Ad- wir Menschen einander nur mehr solcher grösste zuunterst – mit Hilfe eines Sche- ventssonntag, wurde die Markuskirche Engeldienste auf Erden tun könnten, so renjochs in die vorgesehene Glockenstu- im Rahmen eines von den drei damaligen würden sich darob gewiss auch die Engel be des Turms hinein. Pfarrern R. Rahn, E. Hurter und Frl. E im Himmel freuen!“ Weber, der ersten Pfarrerin im Kanton In einer gehaltvollen Ansprache wies Pfar- Zürich, bestrittenen Festgottesdienstes Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, rer R. Rahn darauf hin, dass Glokkenwei- feierlich eingeweiht. Schlüsselübergaben, dass es in einer konfliktfähigen Kirchge- hen nichts Selbstverständliches seien und anschliessendes Festessen und Anspra- meinde, wie es Seebach nun einmal ist, die Gemeinde mit Dankbarkeit erfüllten, chen im Restaurant „Landhus“ sowie das immer Auseinandersetzungen gegeben

106 hat. Diese finden nicht nur in Seebach, sondern auch weltweit im Schosse der Die Glocken der Markuskirche Kirche statt und dürfen nicht einfach als Spaltung interpretiert, sondern müssen Die kleine as-Glocke: zugleich als Ausdruck der Lebendigkeit Name: Misericordias Domini (Die Gnade des Herrn) der Kirche gesehen werden. Dabei müss- Kranzspruch: „Die Gnade des Herrn will ich ewig besingen, von Geschlecht zu Geschlecht te aber in einer pluralistischen Kirche, ei- deine Treue kundtun.“ Ps. 89,1. ner Volkskirche, wie dies die evangelisch- Blockinschrift: Die Gemeinde Seebach erhielt ihr erstes Kirchlein im Jahre 1664. – Die neue reformierte Landeskirche ist, sowohl im Kirche wurde in den Jahren 1946 bis 1948 erbaut. Innern als auch nach aussen hinsichtlich Zeichen: Das Seebacher Wappen. der christlichen Schwesterkirchen (in See- (Glockengewicht ca. 600 kg) bach u.a. die römisch-katholische Maria- Lourdes) vor allem das Gemeinsame und weniger das Trennende betont werden. Die f-Glocke: Gegenseitige Liebe, Gespräche, Achtung Name: Jubilate (Jauchzet) und Toleranz, wie das in Seebach be- Kranzspruch: „Jauchzet Gott, alle Lande! Singet vom Ruhm seines Namens, machet herr- reits praktiziert wird, sind unabdingbare lich sein Lob!“ Ps. 66, 1 – 2. Voraussetzungen für ein weiteres reich- Blockinschrift: Der Grundstein zur neuen Kirche wurde am 26. Oktober 1946 gelegt. – Der haltiges Gemeindeleben im Sinne einer wahre Grundstein unserer Kirche heisst: Jesus Christus. kirchlichen Einheit in der Vielfalt. Zeichen: Das Christusmonogramm. (Gewicht ca. 1000 kg)

Die es-Glocke: Name: Cantate (Signet) Kranzspruch: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er hat Wunder getan!“ Ps. 98,1. Blockinschrift: Zum zweitenmal blieb unser Land während eines grossen Weltkrieges ver- schont. – Gebe Gott, dass die Glocken unserer Kirche stets im Frieden läuten! Zeichen: Ein Ölzweig (Gewicht ca. 1450 kg)

Die c-Glocke: Name: Rogate (Bittet) Kranzspruch: „Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass euere Freude vollkommen sei!“ Joh. 16, 24. Blockinschrift: Unsere Kirche trägt den Names des Evangelisten Markus, des einen Zeugen Jesu Christi, der als Schwacher im Glauben angefangen und als Starker auf- gehört hat. Zeichen: Der Markus-Löwe. (Gewicht ca. 2450 kg)

Die grosse As-Glocke: Name: Exaudi (Erhöre) Kranzspruch: „Vernimm, o Herr, mein lautes Rufen; sei mir gnädig und erhöre mich!“ Ps. 27,7. Blockinschrift: Die Kirche aus Stein ist der Vergänglichkeit preisgegeben. – Die Gemeinde Jesu baut und traut auf die Ewigkeit. Zeichen: Ein Anker. (Gewicht ca. 5000 kg)

107 Einsegnung der Maria-Lourdes-Kirche am 30. Juni 1935

108 Die römisch-katholische Kirchgemeinde Maria Lourdes Otto Seitz

Zum Zeitpunkt der Eingemeindung von die neu erbaute Kirche ein und errichtete gionaler Bedeutung. Jeden Donnerstag Seebach in die Stadt Zürich war die neue durch Dekret die Pfarrei „Maria Lourdes“ und Sonntag wird um 16.00 Uhr ein Pil- Pfarrei erst im Entstehen begriffen. Im Zürich. Canonicus Fridolin Hauser, da- gergottesdienst mit Predigt gehalten. Quartier waren 1300 Katholiken ansäs- mals Pfarrer in „Herz Jesu“ Oerlikon, war sig, die von der Mutterpfarrei „Herz-Jesu- der eigentliche Erbauer des Gotteshau- Mit der Einweihung der Kirche war je- Oerlikon“ betreut wurden. Zum Gottes- ses. Als Pfarrer in der neu gegründeten doch der vollständige Ausbau noch längst dienstbesuch mussten die Seebacher Pfarrei „Maria Lourdes“ wurde Franz Xa- nicht vollendet, denn die notwendigen nach Oerlikon gehen. Schon früh wurde ver Föhn ernannt, der bisher als Vikar in Mittel mussten durch Sammlungen und deshalb erkannt, dass ein Kirchenbau in Oerlikon tätig war. Spenden erst noch zusammengetragen Seebach notwendig sei. Es war dann werden. insbesondere der Initiative von Pfarrer Einem Wunsch des früheren Bischofs Ge- Johann Büchel in Oerlikon zu verdanken, orgius Schmid entsprechend, wurde der Am 27. April 1941 fand die feierliche Ein- dass die Summe von 25 000.– Franken Kirche eine Lourdes-Grotte angebaut, als weihung der 6 Glocken statt: Christus Kö- für den Kauf eines möglichen Bauareales besonderer Gebetsraum zur Verehrung nig, Maria Immaculata, Heiliger Josef, St. im Jahre 1914 bereit stand. Durch eine der Gottesmutter Maria. Die Einsegnung Franziskus, St. Felix und Regula sowie St. gültige Fügung bot sich am 30. April 1930 der Grotte erfolgte am 7. Oktober 1935, Bernadette. Im Jahre 1942 vollendete der ganz unerwartet die Gelegenheit zum wiederum durch den Diözesanbischof. bekannte Kunstmaler Richard Seewald Kauf des heutigen Kirchenareals an der Kirche und Grotte wurden seither immer das bedeutende Wandbild beim Hoch- Seebacher-/Schaffhauserstrasse. Pfarrer mehr zu einem Wallfahrtsort von überre- altar mit Maria als überragendem Mittel- Fridolin Hauser von Oerlikon erwarb die- ses zum Preis von 76 000.– Franken.

Am 30. Oktober 1933 wurde der ers- te Spatenstich für die „Maria Lourdes“- Kirche in Seebach getan. Die feierliche Grundsteinlegung fand am 6. Mai 1934, also im Jahr der Eingemeindung, statt.

Das Kirchenprojekt ging aus einem Wett- bewerb hervor, der von dem in Oerlikon wohnhaften Architekten Fritz Metzger ge- wonnen wurde. Er war damals der Schöp- fer zahlreicher moderner Kirchenbauten, bei denen er Pionierleistungen in Sicht- Eisenbetontechnick vollbrachte. Gerade unsere Kirche stellt in dieser Hinsicht ein Beispiel solch genialer Konstruktion in Leichtbauweise dar. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, dass sie seit 10 Jahren unter Denkmalschutz steht.

Am 30. Juni 1935 segnete der Diözes- anbischof Dr. Laurentius Mathias Vinzenz Die Maria-Lourdes-Kapelle

109 punkt. 1951 erfolgte der Einbau der von der Firma Späth in Rapperswil angefer- Vereine und Gruppen der Pfarrei „Maria Lourdes“ tigten Orgel. Kunstmaler Ferdinand Gehr entwarf die runden Kunstglasfenster, wel- In der jungen Pfarrei begann sich sogleich eine vielseitige Tätigkeit zu entfalten, um das reli- che 1959 eingebaut werden konnten. giöse Leben zu aktivieren und die Gemeinschaft innerhalb der Pfarrei zu fördern

Der Pfarrsaal allein genügte bald den viel- Paramentengruppe (1934): Diese Gruppe, bestehend aus drei Frauen, stellt noch heute neue seitigen Vereinsaktivitäten nicht mehr. Mit Gewänder für den kirchlichen Dienst her und besorgt deren Unterhalt. Unterstützung der Kirchenstiftung „Ma- ria Lourdes“ wurde die Liegenschaft mit Cäcilienchor (2. Juli 1935): Der Chor leistet seit der Gründung mit Erfolg einen wesentlichen dem heutigen Restaurant „Nationalhof“ Beitrag zur Verschönerung der Gottesdienste. gekauft und als Vereinshaus eingerichtet. Nachdem die Bedürfnisse weiter gestie- Katholischer Frauenverein (10. November 1935): Der Verein trug bei der Gründung die Be- gen waren, erfolgte die Erstellung der zeichnung „Frauen- und Müttervereinigung Maria Lourdes“. Im Jahre 1982 gab sich der Verein Vereinsräume unter der Kirche, mit einer den heutigen Namen. Zur Zeit weist der Frauenverein 230 Mitglieder auf. Küche für den Pfarrsaal. Diese bauliche Erweiterung wurde im Jahre 1975 vor- Töchter-Kongregation (November 1935): Ihre Mitglieder betreuen seit der Pfarrei-Gründung genommen. mit viel Hingabe auch die Ausschmückung der Lourdes-Grotte mit Blumen.

Der Pfarrei „Maria Lourdes“ oblag bei Vinzenzgemeinschaft (11. Dezember 1935): Heute befindet ein 5-köpfiger Vorstand über die der Gründung auch die Betreuung der Beschaffung und Verteilung der finanziellen Mittel zur Unterstützung von Notlage geratenen gesamten katholischen Bevölkerung in Personen und Familien. Glattbrugg, Kloten, Rümlang und angren- zenden Gebieten. Männergemeinschaft (1936): Im Dienste der Pfarrei betätigen sich die Mitglieder eifrig als Kirchenordner und Lektoren in den Gottesdiensten. Mit viel Eifer und Opferbereitschaft gelang es, die Mittel für die Kirchenbauten in Katholischer Krankenpflegeverein (24. November 1936): Zweck und Bestreben des Vereins Kloten (1942), Rümlang (1945) und Glatt- sind die fachgemässe Pflege und Betreuung von Kranken und Behinderten jeden Alters und brugg (1956) zusammenzubringen. Hier, Standes. wie auch beim Bau der „Maria Lourdes“ -Kirche – die Eigentum der gleichnami- Blauring (Oktober 1936): Den Mädchen innerhalb der Pfarrei wollte man die Möglichkeit zu bil- gen Stiftung ist – war die Weitsicht und dender Freizeitgestaltung und gemeinsamem Glaubenserlebnis bieten. Die rund 60 Mädchen Tätigkeit von Canonicus Pfarrer Föhn und werden heute von 12 Leiterinnen betreut. der Mitglieder des Stiftungsrates von aus- schlaggebender Bedeutung. Turnerinnensektion (17. März 1941): Die rund 40 Aktiven vertreten die jüngeren Frauen der Pfarrei. Canonicus Franz Xaver Föhn trat im Jahre 1970 von der Leitung der Pfarrei zurück. Katholischer Turnverein KTV (18. Februar 1942): Der Mitgliederbestand des Turnvereins be- Von 1970 – 1974 lag diese in den Händen trägt seit Jahren etwa 20 Aktivturner. von Pfarrer Anton Ehrler. Seit 1974 hat Pfarrer Alois Matt dieses Amt inne. Un- Männerriege (9. Mai 1946): Die heute rund 33 Turnenden pflegen ganz besonders das Faust- schätzbare Verdienste hat sich aber auch ballspiel. Ein Höhepunkt war die Durchführung der Männerspieltage des SKTSV in Oerlikon. Viktor Alois Schuler erworben, der von 1938 – 1982, also während 44 Jahren, Frauenturngruppe (31. Mai 1951): Diese Gruppe trennte sich von der Turnerinnen-Sektion als hielt als vollamtlicher Priester wirkte und Alternative für die Frauen im Alter von über 40 Jahren. auch noch im Ruhestand seine Dienste der Pfarrei und vielen Hilfe-und Ratsu- Legio Mariae (28. Oktober 1956): Diese kleine aktive Gruppe besucht und betreut Pfarrei- chenden zur Verfügung stellt. angehörige.

Durch den seelsorgerlichen Wagemut von Pfarrer Föhn entstand in der Pfarrei „Maria Lourdes“ im Jahre 1939 an der Seeba-

110 Gremien sowie die zahlreichen Pfarreiver- eine entfalteten in jeder Beziehung eine erspriessliche und segensreiche Tätigkeit. Jungwacht (30. Oktober 1956): Heute beträgt der Scharbestand rund 50 Jungwächter, die Aufgrund der neuen kantonalen Gesetz- unter der Kirche ein eigenes Vereinslokal besitzen. gebung wählten die Stimmberechtigten im Jahre 1963 die erste Kirchenpflege und Katholische Arbeitnehmerbewegung KAB (19. November 1959): Ausgehend von der Regio- eine Rechnungsprüfungskommission. nalgruppe Oerlikon-Seebach wurde die Sektion Seebach der KAB gegründet. Als erster Kirchenpflegepräsident wurde Ernst Fischer gewählt, der in der Folge Pfadfinderabteilung Arbedo (1962): Im Jahre 1967 war der Weg frei zur Schaffung der selb- dieses Amt während vollen 19 Jahren mit ständigen Abteilung Trupp Arbedo mit heute rund 42 Aktiven. Bereits 1962 wurde die Wolfs- viel Umsicht verdienstvoll ausübte. meute gegründet. Im Jahre 1985 kann die Pfarrei „Maria Turnen für Mädchen und Knaben (1971): Dem Turnverein angegliedert sind Mädchen- und Lourdes“ das 50 jährige Bestehen feiern. Knabenriegen zur Nachwuchsförderung. Auf diesen Zeitpunkt hin soll die Kirche in neuem Glanz erstehen. Die Kirchge- Altersturngruppen (1970 und 1975): „Aktiv und fit auch im Alter“ gilt für die je 30 Männer und meindeversammlung vom 28. April 1983 Frauen der beiden Gruppen. hat beschlossen, Renovationsarbeiten an Kirche und Pfarrhaus im Umfange von Jugendgruppe „Brücke“ (1974): Den Mitgliedern wird die Möglichkeit zu Treffs, Unterhaltung rund zwei Millionen Franken auszuführen. und Weiterbildung gegeben. Hoffen wir, dass auch der Weiterbestand unseres Gemeinwesens unter einem gu- Besuchsdienst-Gruppe (1977): Zusammen mit dem im gleichen Jahr geschaffenen Sozial- ten Stern steht und das Marienheiligtum dienst besuchen die Mitglieder Pfarreiangehörige, die auf Betreuung angewiesen sind. weiterhin vielen Gläubigen ein Ort der Be- sinnung, der Gnade, Hilfe und des Trostes Der Rückblick wäre unvollständig, würde man nicht auch noch kurz auf jene Vereine und bleibe und werde. Gruppen hinweisen, die im Laufe der Zeit eingegangen sind: Einen ganz wesentlichen Anteil am Ge- – Der 1935 gegründete Tarcisiusbund, der die Ministranten in sich vereinigte. deihen und an der Entwicklung der Pfarrei – Der Bernadettenchor. Nach dem frühen Tod des Gründers fand sich kein Nachfolger für die hatten und haben die Pfarreivereine. Sie Leitung, weshalb der Jugendchor aufgelöst wurde. bilden ein stabiles Fundament zur Pfle- – Die am 21. Oktober 1935 gegründete Katholische Jungmannschaft war während vielen ge der Geselligkeit, des charitativen und Jahren sehr aktiv am Pfarreigeschehen beteiligt. sozialen Wirkens, der religiösen Weiter- bildung und Selbsterziehung, der Arbeit für Jugend, Familie und Alter sowie der körperlichen Ertüchtigung. cherstrasse 15 ein Kapuziner-Hospiz für aufgehoben werden, da im Quartier zu- Hausmissionare. Die dort wohnenden Ka- wenig Kinder zu betreuen waren. puziner unterstützen unsere Seelsorger regelmässig bei der Betreuung der heute Von der Gründung der Pfarrei bis zur rund 8000 Seelen der Pfarrei und der staatlichen Anerkennung der römisch- vielen auswärtigen Gläubigen am Wall- katholischen Körperschaft im Kanton Zü- fahrtsort. rich im Jahre 1963 wurden die Geschicke der Pfarrei in erster Linie von Pfarrer Franz Besondere Erwähnung verdienen die von Xaver Föhn, Vikar Alois Schuler und dem 1936 bis 1981 in der Pfarrei tätig gewe- Pfarreisekretär und Sakristan, Hans Paul senen Baldegger-Schwestern. Nebst der Meyer, in Verbindung mit der Stiftung „Ma- Krankenpflegestation betreuten sie von ria Lourdes“, geleitet. Daneben wirkte eine 1959 bis 1981 auch den katholischen Kirchensteuer-Komission, eine Kinder- Kindergarten am Höhenring 6. Er musste garten-und Vereinshauskommision. Diese

111 Schulhaus Buhn ( 1898 / 99 ) und Turnhalle ( 1905 ) auf einer Postkarte mit zeittypischem Aufdruck „Gruss aus Seebach“

112 Die Schule im Wandel der Zeit Arthur Schyrr

Im Kanton Zürich gab es vor der Refor- zenbaches waren nach Kloten kirchge- aus der Schulpflicht entlassen und zum mation nur in der Stadt Zürich, seinen nössig, die anderen nach Rümligen. Abendmahl der erwachsenen Christenge- Klöstern sowie in einigen Landstädtchen meinde zugelassen werden durfte, der am Schulen. Schlussexamen verständlich lesen und Die erste Schule einige Sprüche und Psalmen auswendig Die durch Ulrich Zwingli reformierte Kir- hersagen konnte. „Alle, die nit können che wollte, dass jeder Gläubige in der Nachgewiesen ist die ständige Einrich- schryben und lesen, sigen des Tüfels, Stadt und auf dem Land die Bibel selber tung der Schule in Seebach erst seit kommen in die Höll“. lesen könne. Die Landschulen standen 1671. 6- bis 12jährige besuchten im Win- deshalb ganz im Dienste der Kirche, und ter täglich sechs Stunden die Alltagsschu- die Kinder lernten nur Lesen, Singen und le, 12- bis 15jährige an zwei Halbtagen Nach dem Untergang Beten, gelegentlich auch etwas Schrei- pro Woche die Repetierschule und Ju- der Alten Eidgenossenschaft ben. Als Lehrmittel dienten Bibel, Psalter, gendliche vom 15. bis 20. Altersjahr des Katechismus und religiöse Liederbücher. abends die Nachtschule. Aus dem Be- Anfänglich leitete der Ortspfarrer den richt des Pfarrherrn von 1728 gehen die Eine Anregung, anstatt Kirchenmauer und Unterricht selber; das oft unerquickliche Pflichten des Schulmeisters hervor: Nebst Kirchturm zu renovieren, ein neues Schul- Abhören und Abfragen überliess er dann Winterschule zu halten, hat er Psalmen haus zu erstellen, wurde an der Gemein- aber mehr und mehr einem Schulmeister. und Gesänge der verschiedenen Jugend- deversammlung vom 21. April 1811 noch Diese Männer – Kleinhandwerker, aus- gruppen während des Gottesdienstes zu abgelehnt. Trotzdem bauten die Seeba- gediente Soldaten, fahrende Gesellen leiten Sigristendienst zu verrichten. Dies cher 1818 unter Gemeindepräsident – verfügten selten über eine besondere alles für einen kärglichen Taglöhnerlohn. Gossweiler unterhalb der Kirchenmauer Ausbildung und konnten sich oft nicht Am 7. April 1743 teilt der Examinatoren- (Buhnrain 1) ihr erstes, eigenes Schul- über einen einwandfreien Lebenswandel konvent dem „wohlehrwürdigen, wohl- häuschen. Unten waren Feuerwehrgeräte ausweisen. Nicht umsonst beschloss die gelehrten, hochgeehrten Herrn Pfarrer zu eingestellt, im 1. Stock befand sich die Pfarrsynode von 1580, „dass für die Schu- Seebach“ als Vorsteher des sogenannten Schulstube, daneben das Pfarrstübchen. le keine Vaganten oder frömde Strichlinge „Stillstands“ mit, dass die Einführung der Im 2. Stock wurde eine Lehrerwohnung ufgenommen werden sollen“. Nach der Ganzjahresschule ihm überlassen sei. eingerichtet. „ersten Ordnung für die Schulen uff der Dieser „Stillstand“ überwachte die Sit- Landschaft“ von 1637 und den späteren tenmandate und Erlasse der Obrigkeit, 1831 nahm das Zürcher Volk eine de- Satzungen von 1659 und 1778 wurde vertat bei dieser aber auch die Gemeinde mokratische Kantonsverfassung an. Jetzt die Wahl von Schulmeistern dem Exami- und ersuchte mit Bittschriften um Geld wehte bereits der liberale Geist durch das natorenkonvent übertragen. Ein solcher und Hilfe für Gemeindeangelegenheiten, Land. Die Schule wurde aus der Vor- „Frömder“, ein wandernder Schulmeister, so auch um einen Zustupf zum Kauf des mundschaft der Kirche befreit. hielt erstmals im Winter 1633/34 im Dörf- Hauses von Jakob Bentheli (Buhnrain 5), in chen Seebach Schule. Von den ca. 200 dem die erste Schul- und Gemeindestube Sie hatte staatspolitische Bedeutung und Einwohnern kamen immerhin zwei Dut- untergebracht war. Häufig wurden auch sollte verantwortungsbewusste und selb- zend Knaben und ein Mädchen, um bei Mitglieder des „Stillstands“ (Vorläufer der ständig urteilende Staatsbürger heran- ihm die Kunst des Lesens zu lernen. Der Kirchenpflege) beigezogen, um während bilden. Schulmeister verliess im nächsten Jahr des Schulunterrichts auf Zucht und Ord- die Seebacher schon wieder, und erneut nung zu achten. Fast alle Schulmeister in Die Alltagsschule wurde in sechs Jahres- mussten die Schulkinder den weiten Weg Seebach kamen damals aus den Familien klassen eingeteilt. Neben der Repetier- nach Rümlang und Kloten zurücklegen, Wüest und Siber. Die Landschulordnung schule wurde 1833 die dannzumal noch denn die Ausserdörfler nördlich des Kat- von 1778 schrieb vor, dass nur derjenige freiwillige Sekundarschule gegründet.

113 aber Hintermeister, der in der Folge von der Opposition einige Jahre dauernd we- gen Kleinigkeiten schikaniert wurde. Die Schulpflege rügte ihn, weil er die Ban- kordnung geändert hatte und „mit der Tochter des Hausherrn auf trautem Fu- sse stand“. Der Zwist spitzte sich zu, als die Schulpflege ohne Rücksprache mit dem Lehrer ein öffentliches Singexamen aller Schulabteilungen auf den Sonntag in der Kirche ansetzte. Der Lehrer wollte sich aber am Samstag verheiraten und an diesem Sonntag, dem ersten Ferien- tag, seine Hochzeitsreise antreten. Die Schulpflege hielt an ihrem Beschluss fest, der Lehrer auch – er erschien nicht zum Singen. Schliesslich verliess Hintermeister 1843 verärgert die Gemeinde.

Prekäre Raumverhältnisse

Seit ihrem Bestehen hatte die Schulpfle- ge Seebach sich fast ständig mit Lokal- Das erste eigentliche Schulhaus am Buhnrain 1, 1818 erbaut, 1959 abgetragen. fragen zu befassen, und immer wieder klagte sie über finanzielle Schwierigkei- ten. 1852 verlangte die Oberbehörde die Schaffung neuer Schullokale innert vier Religion war nun nur noch ein Fach wie Politik und Schule Wochen. Auch sollte für die über hundert Rechnen, Muttersprache, Realfächer, Schüler eine zweite Lehrstelle eingerichtet Zeichnen und Singen. Jetzt entstanden Zu jener Zeit ging aber noch ein anderer werden. Als sich 1853 Planung und Be- die Schulpflegen aus Volksvertretern. Sie Schulbub, der später eine ganz hervor- rechnung nicht mehr aufschieben liessen, wachten über Lehrer, Schüler und Schul- ragende Persönlichkeit in unserem Staat fand die Baukommission schliesslich in haus. Die erste Seebacher Schulpflegesit- werden sollte, in Seebach zur Schule: alt Seckelmeister Siebers Baumgarten zung vom 20. November 1831 unter dem Johann Kaspar Sieber, einer von sieben einen Bauplatz, wobei ein Expropriati- Vorsitz von Pfarrer Bliggensdorfer sah sich Söhnen der Familie Sieber. Nach dem onsverfahren nötig wurde. Nach einer vor die vielfältigsten grossen und kleinen Besuch des Landknabeninstitutes (Se- Ordnungsbusse von zwanzig Franken Aufgaben gestellt. Sie beschloss, einem minar), wurde er Sekundarlehrer in Uster, wegen Verzögerung wurde das zweite jungen und strebsamen Gemeindebürger, später Führer der Volksschullehrerschaft Schulhaus (heute Tagesheim, Kindergar- Felix Lehmann, der sich zur Aufnahme und wirkte in der Partei der Demokraten ten und Stimmlokal) gebaut, im Mai 1859 ins Lehrerseminar Küsnacht gemeldet mit. Als neugewählter, demokratischer eingeweiht und von Lehrer Weidmann hatte, ein Stipendium zu gewähren. Er Regierungsrat wurde ihm das Erziehungs- mit seinen Zöglingen bezogen. Auf den gehörte zu den ersten 35 Seminaristen departement anvertraut, wo er als einer zweiten Lehrer musste allerdings noch des berühmten Seminardirektors Thomas der reformfreudigsten Direktoren wirkte. sieben Jahre gewartet werden. Scherr. Als Junglehrer wurde er gleich an die neugeschaffene Primarschule Oerli- Die Ersatzwahl für den 1840 verstorbenen kon ins neue Schulhäuslein am Salersteig Schulmeister Jakob Wettstein brachte Turnen und Handarbeit gewählt. die in der Gemeinde bestehenden Par- teien der Radikalen und Konservativen Das Unterrichtsgesetz von 1859 ver- hintereinander. Die radikale Mehrheit der langte Mädchen-Handarbeit und Turnen. Schulpflege portierte den Seebacher Felix Für eine Jahresbesoldung von hundert Lehmann aus Oerlikon, gewählt wurde Franken, woran jedes Mädchen zwei

114 Unterrichtsplan aus der Mitte des 19. Jahrhunderts

Franken beizusteuern hatte, wurde eine Schwamendingen und Oerlikon nach Un- Kaspar Weidmann wurde der 1866 ab- Arbeitslehrerin gewählt. Der älter gewor- terstrass in die Sekundarschule. Anläss- geordnete Verweser Jakob Hotz als 2. dene Lehrer Weidmann war nicht mehr lich des 25jährigen Jubiläums von Lehrer Lehrer gewählt und mit einem Jugendfest zu einem Turnkurs zu bewegen, mühte er sich doch mit 100 Alltags-, 47 Repe- tier- und 24 Singschülern ab. Die vielen Schulversäumnisse der Kinder, die einem Verdienst in den aufkommenden Fab- riken nachgingen, machten Weidmann zusätzlich schwer zu schaffen. Der Ziegler Tanner in der „Ziegelhütte“ musste gar einmal mit zweihundert Franken gebüsst werden, weil er immer wieder auswärtige und schulpflichtige Knaben zu sich als Ziegelbuben in Kost und Logis nahm. Im Jahresbericht des Pfarrers werden – „fünf blödsinnige, taube oder halbtaube Subjekte ausgenommen“ –, die übrigen Schüler als „verständig und gemütlicher Natur“ bezeichnet. Ganz gescheite Schü- ler gingen seit 1837 mit Schülern von Blick in die 1905 erstellte Turnhalle beim Schulhaus Buhn

115 im „Ettenfeld“ gefeiert. Die Kinder wurden Aufkommende reichlich mit verdünntem Wein beschenkt, Industrialisierung und die Elementarschüler durften eine Stunde lang unentgeltlich die auf der Fest- wiese aufgestellte „Reitschule“ benützen. Die Abnahme der Bauernbevölkerung Aus dieser Zeit sind auch Berichte von und der fortwährende Zustrom von Arbei- Schulreisen bekannt. Alle Schüler, Schul- tern wirkte sich weniger in der Zunahme pfleger, Vereine reisten mit, Fahnen und des Steuerkapitals als in der Zunahme Musik begleitete die Leute auf den Etzel, der Schülerzahlen aus, und stellte die den Bachtel, nach Glarus oder Stans. Gemeinde vor ganz neue soziale Auf- gaben. Mit der Entwicklung der Maschi- Bald entpuppte sich Jakob Hotz als wah- nenindustrie in Oerlikon setzte eine au- rer Turnpionier, setzte gegen den anfäng- sserordentlich rege Bautätigkeit ein, und lichen Widerstand der Pflege die Pacht innert kurzer Zeit verwandelte sich das einer Turnwiese in der Kiesgrube durch Bauerndorf in einen ausgesprochenen und veranlasste den Bau des Turnschopfs Industrievorort. an der Seebacherstrasse. Es soll die erste Turnhalle in einer zürcherischen Landge- Seebach musste mit kleinstem Steuer- meinde gewesen sein. Hotz wohnte seit einkommen grossen Bedarf an Wohn- 1877 im alten, umgebauten Schulhäus- und Schulraum decken und konnte we- chen. Seine Jahresbesoldung betrug 750 der Kanalisationen noch Strassenpfläs- Franken, einschliesslich der Entschädi- teurungen ausführen. 1870 wohnten in gung für Holz, Pflanzland und Wohnung. Seebach 840 Einwohner, 1888 waren es Allerdings kostete damals 1 kg Brot 5 fast doppelt so viele, und nur drei Jahre Rp., 1 kg Fleisch 15 – 25 Rp. und 1 lt später schon 2000. 1898 erreichte der Milch 3 Rp. Ort die 3000er Grenze. Deshalb muss- te das Schulhäuschen 1888 aufgestockt Nach 21 jährigem Schuldienst wechsel- und so ausgebaut werden, dass im ersten te Jakob Hotz 1887 ins Bezirksgericht Stockwerk und im Erdgeschoss je zwei Zürich, und nach 34 Jahren im Dienste Schulzimmer entstanden. der Schule Seebach trat auch Kaspar Weidmann in den Ruhestand. Von da an 1886 besuchten 21 Lehrlinge die in Oer- blieben die Lehrer oft nur noch 5 – 7 Jahre likon gegründete Fortbildungsschule für in der Gemeinde. Einige wurden in politi- Lehrlinge aus Industrie und Gewerbe. Die sche Ämter gewählt. Andere wiederum Stadt Zürich kannte schon Institutionen zogen in die reiche Stadt, weil dort weit wie Kinderspital, Ferienkolonien und Kin- geregeltere Verhältnisse herrschten. dergarten. Oerlikon gab in den 90er Jah- ren den Sekundarschülern die Lehrmittel Die Ferienordnung von 1875 spiegelte gratis ab, vergab Beiträge für auswärtige noch das bäuerliche Seebach wider: 1 ½ Verpflegung und Stipendien für tüchtige Wochen nach dem Examen, 1 Woche Schüler. Etliche Lehrer im Kanton Zürich Heuet, 2 Wochen Getreideferien, 2 Wo- hatten erkannt, dass die wissenschaftlich- chen Kartoffelernte, ½ Woche Weinlese technokratisch ausgerichetete Schule zu (Käshaldenreben), ½ Woche Neujahr, ins- einseitig war und forderten zur harmoni- gesamt ½ Woche für Markttage. scheren Bildung des Kindes die Einfüh- rung eines Handarbeitsunterrichtes für Knaben. Lehrer Wolgemuth stand diesen Pionieren nahe und führte 1892 Knaben- Handfertigkeitskurse auch in Seebach ein. Stimmungsbilder mit Seebacher Schülern ( um 1910 / 15 )

116 Das Schulhaus auf der Buhn

Das Volksschulgesetz von 1899 brachte die Einführung der achtjährigen Schul- pflicht und bedeutete zugleich eine Lehr- stelle mehr in Seebach. Die Baukommis- sion unter dem Vorsitz von Bezirksrichter Hotz, dem ehemaligen Lehrer, hatte vor- gesorgt. Das Schulhaus auf der Buhn war für neun Klassen und einen Abwart geplant, wurde 1897–99 gebaut und am 1. Mai 1899 mit Umzug, Feuerwerken und Spielen eingeweiht. 1905 wurde dann die Turnhalle erstellt, der Turnschopf hatte für die Schule ausgedient. Die Feuerwehr benützte ihn fortan als Gerätelokal.

1903 wurde endlich eine eigene Sekun- darschule mit zwei Klassen eingerichtet. Nach den ersten Sekundarlehrern J. Stutz und U. Ribe wurden mit deren Nachfol- gern, zusammen mit Paul Wettstein und Fritz Fischer alle vier Zimmer im Schul- häuslein an der Ecke Buhnrain/Seeba- cherstrasse besetzt. Bald war die Raum- not wieder so schlimm, dass die obere Grenze erträglicher Zustände überschrit- ten war. Die Sekundarschulpflege, der Gemeiderat und die oberste Schulbehör- de mussten bemüht werden. Einen Miet- zins von 3000 Franken für die Einmietung in ein Klassenzimmer in Oerlikon konnten die Seebacher unmöglich bezahlen.

Das rasche Wachstum der Gemein- de verlangte bis 1920 alle zwei bis drei Jahre eine neue Lehrstelle. In den neun Schulzimmern waren 14 Klassen unterge- bracht. Im Dachstock und in den Korrido- ren eingebaute Unterrichtsräume konnten nicht verhindern, dass eine Klasse jede Stunde in ein freigewordenes Zimmer wandern musste.

Im Jahre 1921 wurden dann in der mecha- nischen Schreinerei Frei an der heutigen Friesstrasse provisorische Klassenzim- mer für die 7. und 8. Klasse bereitgestellt. Die finanzschwache Industriegemeinde musste wieder einen Schulhausbau er- wägen! Sie war, wie viele andere Indust- riegemeinden, das Opfer eines nahen In-

117 Der beliebte Seebacher Lehrer und Chronist Reinhard Ochsner mit einer 6. Klasse vor dem Schulhaus Buhnrain (1936)

118 dustriezentrums geworden. Hier wohnten Duschräume eingerichtet. Später wurde Die Quartierbevölkerung ist von 7230 Ein- die Arbeiter der Oerlikoner Industrie, dort an deren Stelle die Schulzahnklinik einge- wohnern im Jahre 1941 auf 17500 im wurden die grossen Einkommen und das baut. Das Baukonzept musste anlässlich Jahre 1960 angewachsen. Der Bau des Fabrikkapital versteuert. Das „rot“ gewor- der Renovation nach fast 50 Jahren nur Mitteltraktes Buhn konnte 1946 den ers- dene Seebach versuchte, mit 245% den wenig geändert werden. Ein modernes ten Schülerandrang ausgleichen. Später Steuerfuss unter den ominösen 250% Sprachlabor, Übungszimmer für Biologie mussten in rascher Folge neue Primar- zu halten, bei denen eine Gemeinde ihre und eine Freihandbibliothek wurden zu- schulhäuser erstellt werden: 1954 Kolbe- Autonomie verlor; in Oerlikon betrug der sätzlich eingerichtet. Es ist heute noch nacker, 1957 Buchwiesen, 1968 Stau- Steuerfuss 162%. eines der grössten Schulhäuser der Stadt denbühl und 1973 Heumatt. Wegen den und ein reines Oberstufenschulhaus. steigenden Schülerzahlen musste 1963 der Schulkreis Glattal geteilt werden. Das Schulhaus Buhnrain Der Schulkreis Glattal In den vergangenen Jahren bereitete der Im Hinblick auf die Eingemeindung bot Lehrermangel die grössten Probleme. sich die Möglichkeit, den Schuldenberg Nach der Eingemeindung wurden Schwa- Heute ist es die Einschulung der vielen auf breitere Schultern zu verteilen. See- mendingen, Seebach, Affoltern und Oer- fremdsprachigen Schulkinder. Bis zu ei- bach durfte für den Neubau des Schul- likon zum städtischen Schulkreis Glattal nem Drittel der Kinder sind Ausländer aus hauses Buhnrain auf die Unterstützung zusammengefasst. Der hauptamtliche elf Nationen, von welchen einzelne eigene durch die Stadt Zürich rechnen. Der Bro- Kreisschulpflegepräsident, A. Acher- Klassen bilden. cken von 3,1 Millionen Franken wäre allein mann, stand 30 – 40 Schulpflegern vor, nicht zu verkraften gewesen. In schwerer betreute 269 Primar-, 56 Sekundarlehrer, Seit einiger Zeit macht sich der Pillenknick Krisenzeit wurde der Bau geplant, 1932 54 Arbeitsschul- und Hauswirtschaftsleh- auch in der Volksschule mit kleineren Klas- das Projekt bereinigt und 1933 gebaut. rerinnen, sowie 77 Kindergärtnerinnen. senbeständen und leeren Schulzimmern Hauptsächlich aus finanziellen Erwä- bemerkbar. Freiwerdende Schulzimmer gungen wählte R. Rohn – entgegen der Die Bemühungen der Schulärzte um die werden nun für Musikschulen, Ausländer- vorherrschenden Meinung – eine damals Zeit des zweiten Weltkrieges zeigten mehr klassen, Sonderschulen, Horte und auch neue Eisenbetonkonstruktion in Sicht- und mehr Erfolge: „Luustante“, „Kropf- für gesamtstädtische Schultypen wie Be- beton. Das Raumprogramm umfass- zältli“, Tuberkulose-Sanatorien, Freiluft- rufswahlschulen und das 10. Schuljahr te 14 Schulzimmer für die Primar- und schulen und anderes mehr konnten ab- beansprucht. Ausserdem befinden sich acht für die Sekundarschule, sowie fast geschaft werden. Demgegenüber nah- in Zürich-Nord Berufs- und Mittelschulen, noch einmal so viele Spezialräume wie men aber Lern- und Verhaltensstörungen sowie seit neuestem Hochschulen. Schulküche, Werkstätten, Hort, Turnhal- zu, und der schulpsychologische Dienst len, Arbeitsschulzimmer. Da zu Hause musste durch heilpädagogische Sonder- häufig Badewannen fehlten, waren auch schulen ausgebaut werden.

119 Tramunglück bei der Endstation Seebach am 17. Oktober 1943

120 Die Strassenbahn „Zürich-Oerlikon-Seebach“ Josef Balen

Gründung Bis zur Rötelstrasse wurde die Strecke selber dachte. So blieb der ZOS gar nichts zweigleisig erstellt, während das restliche anderes übrig, als die bestehenden Mas- Die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) be- Stück einspurig verlief. Ein bemerkens- ten wieder zu versetzen. fasste sich schon in den 1890er Jah- werter Punkt stellte der Bahnhof Oerlikon ren mit dem Bau von elektrischen Aus- dar. Da eine Strassenunterführung unter Die Stromversorgung stellte die ZOS sel- rüstungen für Strassenbahnen und der den Geleisen der Nordostbahn damals ber vermittels einer Kraftstation sicher, die Fahrleitungstechnik. So lag es nahe, dass noch nicht existerte – diese liess bis 1906 sich beim Depot in Oerlikon befand. Diese von ihr die Initiative ausging, eine sol- auf sich warten –, überquerte das Tram- bestand aus zwei Gasmotoren von je 110 che Tramverbindung realisieren zu wol- geleise die Bahnschienen „à niveau“. Da- PS Leistung. len. Unter der Leitung von Oberst P.F. mals war es bei solchen Bahnübergängen Huber-Werdmüller reichte die MFO ein nicht gestattet, dass Tramwagen mit den Die gesamten Anlagekosten (Vorarbeiten, Konzessionsbegehren für den Bau einer Passagieren die Bahn überqueren konn- Landerwerb, Depot- und Geleiseanlage, Strassenbahn Pfauen – Leonhardsplatz ten. Das bedeutete nun für die Fahrgäste Rollmaterial best. aus 15 Motorwagen, – Milchbuck – Oerlikon – Seebach ein. auszusteigen, zu Fuss auf die andere Seite Mobiliar usw.) ergaben insgesamt einen Diesem Begehren wurde denn auch tat- zu marschieren und den dort wartenden Betrag von Fr. 1 155085.20, eine Sum- sächlich entsprochen: Am 13. August anderen Tramwagen wieder zu besteigen. me, welche heute gerade noch knapp 1895 vom Regierungsrat, am 24. Okto- Trotz der durchgehenden Schienenverbin- ausreicht, einen Gelenkmotorwagen vom ber 1895 vom Stadtrat Zürich und am 25. dung war die ZOS somit in zwei betrieblich Typ „Tram 2000“ anzuschaffen. März 1896 von der Bundesversammlung. unabhängige Sektionen aufgeteilt. Die Si- Allerdings mit einer Einschränkung: Die tuation hatte noch ein spannendes zu- Die 15 Motorwagen, die im Jahre 1897 Stadt Zürich wollte die Verbindung Pfauen sätzliches Detail: Aus Sicherheitsgründen den Betrieb versahen, hatten ursprünglich – Central (Leonhardsplatz) selber bauen, musste die Fahrleitung verkabelt unter offene Plattformen, welche jedoch einige was 1899 so geschah. Hier zeigte sich den NOB-Schienen durchgeführt werden, Jahre später geschlossen wurden. Ihre schon vor der Eröffnung eine Animosität sodass jeweils am Morgen bei Betriebs- Leistung betrug ca. 20 PS. Die Schweize- der Stadt Zürich gegenüber der ZOS, die beginn und abends nach Betriebsschluss rische Industriegesellschaft in Neuhausen sich wie ein roter Faden durch all die Zeit die Wagen von Hand über den Bahn- erstellte die Wagen. Die elektrische Aus- bis zur Übernahme im Jahre 1931 ziehen übergang geschoben werden mussten. rüstung stammte von der MFO. sollte. Die Fahrleitung hatte überdies eine weite- re Besonderheit aufzuweisen. Zwischen Über den Fahrplan und die Taxen ist noch Central und Oerlikon waren zwei Drähte folgendes zu berichten: Ursprünglich war Eröffnung und Inbetriebnahme nebeneinander gespannt. Das ergab eine auf der Doppelspur zwischen Leonhards- bessere Stromversorgung und erlaubte, platz und der Rötelstrasse ein 6-Minu- Bei der Betriebseröffnung am 22. Oktober jeden Draht in nur einer Richtung zu be- ten-Betrieb vorgesehen. Auf der übrigen 1897 repräsentierte sich die Anlage fol- nützen. Ausserdem konnte beim damali- Strecke glaubte man mit dem 12-Minu- gendermassen: Ausgangspunkt war, ent- gen Trolleystangenbetrieb auf eine Fahr- tenintervall auszukommen. Es zeigte sich sprechend der erteilten Konzession, der drahtweiche verzichtet werden. Kaum war jedoch schon bald, dass ein grosser Teil Leonhardsplatz (heute Central). Durch die die Oberleitung erstellt, verlangte die Stadt der Fahrgäste die Strecke ausserhalb der Stampfenbach- und Schaffhauserstrasse Zürich, diese müsse für einen allfälligen Rötelstrasse befuhr, sodass auch hier das erreichte die Bahn den Milchbuck, dann, Bügelbetrieb konzipiert werden, obwohl 6-Minutenintervall zum Zuge kam. Das talwärts fahrend, Oerlikon und schliess- noch keine Verbindung mit der Städti- blieb nicht ohne Folgen für die Kraftsta- lich, nach einer Strecke von 5 500 Metern, schen Strassenbahn bestand und letztere tion, musste doch diese im Herbst 1898 Seebach. noch gar nicht an einen solchen für sich erweitert werden.

121 nachfolgende chronologische Überblick möge noch einige bedeutende Ereignisse aus dem Leben des Seebacher Trams festhalten:

1899

Die steigenden Frequenzen machten die Anschaffung von fünf neuen Motorwagen, Nr. 16 – 20, erforderlich.

1904

Die MFO überlässt der ZOS probewei- se den Wagen Nr. 21. Der eingebaute Schneckenantrieb bewährte sich aller- dings nicht.

ZOS-Motorwagen Nr. 20, Baujahr 1899: Originalzustand ohne Plattformverkleidung 1906

Am 7. Mai konnte die Linie nach Schwa- Von Interesse dürfte auch die Gestaltung reithalten des nötigen Rollmaterials am mendingen eröffnet werden. Sie hatte der Fahrpreise sein. Die Einzelbillette Central. Ein Abstellgeleise auf dem Areal eine Länge von 2.1 km und war einspurig kosteten nach den fünf eingeteilten Ab- der Neumühle neben der Stampfenbach- mit Ausweichen angelegt. Der Ausgangs- schnitten 10, 15, 20, 25 und 30 Rappen. strasse ermöglichte es, die nötigen Reser- punkt befand sich bei der „Flora“ in Oerli- Ausserdem war es möglich, Retourbillette vewagen hier aufzustellen. Verschiedene kon, der Endpunkt vor dem „Hirschen“ in mit einem Tag Gültigkeit für 45 Rappen bis erschwerende Auflagen der Stadt Zürich Schwamendingen. Direkte Kurse von und Oerlikon und für 55 Rappen bis Seebach erforderten schliesslich Fr. 6 000.– für die nach Zürich gab es nie; es musste bei der zu beziehen. Einrichtung dieser Anlage. Der jährliche „Flora“ immer umgestiegen werden. Mietzins, welcher der Baugenossenschaft Stampfenbach zu entrichten war, betrug Aus dem Betrieb Fr. 600.–. 1907 der weiteren Jahre 1908/1909 musste die Wagenremise Der Wagen Nr. 21 erhält einen normalen erweitert werden. 1910 erheischte die Antrieb und wird von der ZOS fest über- Nachdem die ZOS mit Erfolg die ersten Revision der Generatorenanlage einen nommen. Jahre hinter sich gebracht hatte, began- Aufwand von Fr. 1 000.–. Diese Summen nen auch schon Probleme, verursacht erscheinen aus heutiger Sicht nicht sehr Für den Mittagsverkehr nach Schwamen- durch Verbesserungen, Ausbauten und hoch. Sie müssen aber, bezogen auf den dingen wird ein Anhänger angeschafft. Erweiterungen. 1906 musste die Genera- damaligen Geldwert, als beträchtlich an- Wegen seiner Mehrbreite von 5 cm er- torgruppe verstärkt werden. Im gleichen gesehen werden. regte er das Missfallen der Städtischen Jahr konnte auch die Unterführung unter Strassenbahn Zürich, obwohl er gar nicht den Bahngeleisen, in Betrieb genommen In den Jahren von 1900 bis 1906 wurden nach Zürich hinunter kam. Nachdem die werden. Damit gehörte der umständliche die ursprünglich offenen Plattformen an ZOS nachweisen konnte, dass auch in Betrieb über die Geleise der Vergangen- sämtlichen Wagen verschalt. So waren Zürich Wagen mit einer Kastenbreite von heit an. Seebach war nun vollwertig an denn die Wagenführer nicht mehr Wind, 2.05 m zirkulierten, beruhigten sich die das Netz angeschlossen. Der inzwischen Regen, Schnee und Kälte ausgesetzt. städtischen Behörden wieder. in den Spitzenzeiten eingeführte Dreimi- Pro Fahrzeug kostete diese Aktion, wie nutenbetrieb ergab Probleme beim Be- genau berechnet wurde, Fr. 1 690.45. Der

122 1908 dings den aufwendigen Umbau der Fahr- 1923 leitung nötig macht. Mit der Verlängerung der Strecke über Die letzten Motorwagen der zweiten Liefe- Seebach hinaus bis zum „Löwen“ in Glatt- rung von 1899 werden zu Anhängern um- brugg fand der Netzausbau seinen Ab- 1919 gebaut. Damit ist die Anhängewagenserie schluss. Dies 1.7 km lange Linie wurde Nr. 36 – 40 komplett. am 27. August eröffnet. Eine Besonder- Die neue Walchebrücke wird eingeweiht heit stellte in Glattbrugg die Kreuzung mit und dem Betrieb übergeben. Damit wird der SBB-Strecke nach Kloten dar, wur- es endlich möglich, dass die ZOS über die 1929 den doch hier die Bahngeleise à niveau Bahnhofbrücke zum Hauptbahnhof fah- überquert. ren kann und über die Walchebrücke zu- In diesem Jahr erfuhr der Wagenpark eine rück zur Stampfenbachstrasse Richtung letzte Ergänzung. Es handelte sich um vier Die Schweizerische Wagons- und Auf- Oerlikon. Auch hier meldete die Stadt Motorwagen, Nr. 81 – 84, und vier Anhän- zügefabrik in Schlieren liefert vier neue wieder einmal Bedenken an, indem sie gewagen, Nr. 41 – 44 (erstmals im Quer- Motorwagen, Nr. 32 – 35, ab. sich fragt, ober es zu verantworten sei, sitzen ausgestattet). Die von der MFO dass die ZOS den dichten Tramverkehr eingebaute Vielfachsteuerung ermöglich- auf der Bahnhofbrücke noch zusätzlich te den Betrieb von Vierwagenzügen (Mo- 1909 belasten könne. Schliesslich musste die torwagen + 2 Anhänger + Motorwagen). Stadt Zürich nachgeben. Das Endziel Im Betrieb wollte sich diese Einrichtung Auf der Stammstrecke nach Zürich kann Hauptbahnhof war ja überdies seinerzeit allerdings nicht so recht bewähren, wie mit den neuen Wagen Nr. 32 – 35 der in der Konzession zugesichert worden. dies auch in Zürich bei einem ähnlichen Anhängerbetrieb aufgenommen werden. System der Fall war. Es wurde hier wie dort denn auch wieder aufgegeben. 1921 1911 Vier neue Motorwagen, Nr. 26 – 29, er- 1931 Im Sommer stellten die noch weitgehend gänzen den Fuhrpark. mit Naturbelag versehenen Strassen eine Am 1. Mai geht die ZOS in den Besitz arge Staubplage dar. Der neu angeschaff- der Stadt Zürich über. Die Strecken von te Sprengwagen Nr. 51 machte diesem Seebach nach Glattbrugg und von Oer- Übel ein Ende. likon nach Schwamendingen werden mit diesem Datum eingestellt und durch einen Autobusbetrieb ersetzt. 1912 Das Rollmaterial wird von der Stadt Zü- In diesem Jahr wird die Doppelspur von rich, bzw. von der Städtischen Strassen- der Stadtgrenze bis zur Kanzleistrasse in bahn Zürich (StStZ) übernommen Die Oerlikon erstellt. Motorwagen Nr. 2 – 15 aus dem Eröff- nungsjahr 1897 werden zu Anhängern umgebaut und die Anhänger Nr. 36 – 40 1915 abgebrochen. Die übrigen Motorwagen rollten noch während vielen Jahren in Die letzte Erweiterung auf Doppelspur blau-weissem Gewand durch die Stra- von der Rötelstrasse bis zur Stadtgrenze ssen Zürichs. wird gebaut. Der Wagen Nr. 1 aus dem Jahre 1897 fand seinen Weg zur Forchbahn, wo er, 1918 als Dienstfahrzeug hergerichtet, bis 1966 im Betrieb stand. Er hat als einziger die Nach dem Vorbild der Städtischen Stra- Zeiten überdauert und wird nun vom Ver- ssenbahn Zürich wird auch bei der ZOS ein „Tram-Museum“ Zürich in Kleinarbeit der Bügelbetrieb eingeführt, was aller- Fahrkarte der ZOS restauriert. Wenn er dann in neuem Glan-

123 ze mit seinem grünen Kleid die erste Fahrt Zürich über unter gleichzeitiger Umstel- ner Verlängerung der Strassenbahn nach machen wird, dann ist das auch für See- lung der Strecken Oerlikon – Schwamen- Seebach nicht unsympathisch gegen- bach sicher ein besonderer Tag. dingen und Seebach – Glattbrugg auf überstehe, es würde allerdings dem Pro- Autobusbetrieb. jekt nur schaden, wenn solche Schritte jetzt schon unternommen würden. Das Wie es zur Übernahme der Die Linie Seebach – Hauptbahnhof erhielt Projekt war also, wie dieser Passus zeigt, ZOS durch die Stadt Zürich die Nummer 14 zugeteilt, hatte anfäng- durchaus noch nicht gesichert. Auch in ei- lich rote Routentafeln und dann während nem zweiten Schreiben vom 18. Oktober kam Jahrzehnten weisse. Heute hat man sich desselben Jahres kommt diese Haltung an hellblaue gewöhnt. erneut zum Ausdruck, wie dies Bezirks- Im Jahre 1927 reichte der Stadtrat von richter J. Hotz in Seebach zur Kenntnis Zürich beim Bundesrat und der Kantons- Schon bald wurde die Linie über den nehmen musste. regierung ein Gesuch zur Konzessionie- Hauptbahnhof hinaus nach Albisrieden rung einer Streckenverlängerung für die verlängert und 1939 die bisherige End- In einem sauber von Hand geschriebenen Strassenbahn vom Schaffhauserplatz station mit dem Triemli getauscht. Die und mit wunderschönem Briefkopf verse- durch die Hofwiesenstrasse nach dem Linie 14 ist auch heute noch eine der henen Brief, verschickt am 26. März 1895 Bahnhof Oerlikon ein. Es sollte ihr Netz bestfrequentierten der Verkehrsbetriebe an den Gemeinderat Seebach, macht der mit einer neuen Linie erweitern. Gedacht Zürich, was auch der Einsatz der immer Stadtrat von Zürich auf die verschiedenen war eine Streckenverbindung Milchbuck – modernsten Züge eindrücklich dokumen- Bestimmungen in der vom Regierungsrat Wehntalerstrasse – Birchstrasse (Variante tiert. Die zusätzliche Führung der Linie 7 erlassenen Konzession aufmerksam, so Hofwiesenstrasse) – Bahnhof Oerlikon. in den Spitzenzeiten über Oerlikon hinaus u.a. auf die Rückkaufsrechte, Verwen- unterstreicht deutlich, dass Seebach ein dung des Reinertrages und was der Dinge Schliesslich wurde dem Gesuch der Stadt gewichtiges Wort bei der städtischen Ver- mehr sind. Wie man sieht, hat die Stadt Zürich entsprochen. Die ZOS musste ein- kehrsgestaltung mitzureden hat. Zürich schon rechtzeitig die Fäden ge- sehen, dass der Bau dieser Linie eine sponnen und nicht vergessen, den Droh- schwere Schädigung für sie darstellen Nach diesem Überblick über die Entwick- finger zu erheben, den sie immer wieder würde und reichte bei den zuständigen lung der Strassenbahn von Zürich nach bis zur Übernahme der ZOS auch reich- Behörden Beschwerde ein. Seebach, soll in den nachfolgenden Zei- lich gebrauchte. len das Verhältnis Seebachs zu „seinem“ Alle darauf folgenden Verhandlungen über Tram näher beleuchtet werden. Wir wollen Am 23. Mai 1896 schickt O. Beringer Entschädigungen, Gemeinschaftsbetrieb einige Schlaglichter auf die Vergangenheit von der ZOS-Direktion Gemeindepräsi- usw. führten zu keinem Ergebnis und so der Seebacher Verkehrsgeschichte wer- dent Wüst die verlangte Konzession der zeichnete sich immer mehr eine Lösung fen und miterleben, was die damaligen Stadt Zürich. In seinem handgeschrie- ab, welche zum Ankauf der Aktien durch Bürger auf Draht gehalten hat. Momen- benen Begleitbrief meint Beringer: „Ich die Stadt Zürich führten. Bis zum 30. tanaufnahmen, die mehr über das Wesen hoffe, es werde Seebach nicht so viele September 1929 sind 98% der 4000 der Verkehrsinstitutionen aussagen, als Bestimmungen aufstellen, bezw. nicht so Aktien zum Verkauf angemeldet worden es umfangreiche, mit Zahlen und Daten viele Schienen in den Weg legen, wie die und zwar zum Preis von 550.– Franken gespickte geschichtliche Darstellungen löbliche Stadt Zürich.“ pro Aktie, zuzüglich 6% Jahreszins, (No- vermöchten. minalwert 500.– Franken). Im gleichen Ein Satz, mehr als viele Worte zeigt, dass Jahre haben auch die Stimmberechtigten die Geburt des „Seebachertrames“ keine der Stadt Zürich den erforderlichen Kredit Aus der Vorgeschichte leichte war und offenbar der Hebammen bewilligt. bis zur Betriebsaufnahme ein wenig zu viele wirkten. Am 24. April 1931 fand die letzte or- Am 30. Oktober 1896 genehmigte der dentliche Generalversammlung der ZOS Die Gemeinde Seebach hat sich schon Bundesrat die Statuten der ZOS vom 23. statt, die als abschliessende Tätigkeit der früh für die Bedingung ihrer Gemarken Juli dieses Jahres, allerdings nicht ohne Liquidationskommission die Vollmacht zur durch das Tram interessiert. So antwortet die hochobrigkeitlichen Vorbehalte anzu- Löschung der Firma mit Übergabe an die die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) mit bringen, (d.h., dass Worte gestrichen und Stadt Zürich erteilte. So ging denn die Schreiben vom 19. Mai 1894 auf eine Abschnitte umgekrempelt wurden) und ZOS nach rund 33 Betriebsjahren am 1. Anfrage von Caspar Wüst, Präsident des vergass nicht, darauf aufmerksam zu ma- Mai 1931 an die Städtische Strassenbahn Gemeinderates von Seebach, dass sie ei- chen, dass das Geschäftsdomizil „Zürich“

124 durch Angabe des Stadtkreises genau zu bezeichnen sei. Nun, die Behörden hatten auch damals schon ihre Sorgen.

Pfister, seines Zeichens Sekretär der Di- rektion der öffentlichen Arbeiten, setzt sich am 2. März 1897 an sein Pult und schreibt von Hand dem Gemeinderat von Seebach, was beim Bau des Trams zu tun und zu lassen sei. So hat die Bestimmung der Lage der Fahrleitung und der einzel- nen Maste nur mit dem Einverständnis der zuständigen Organe des Staates und der Gemeinde zu erfolgen.

Behufs Geltendmachung von allfälligen Ansprüchen ist der Situationsplan, wel- cher Beringer von der ZOS-Direktion dem Gemeinderat Seebach zustellt, aufzule- gen. So steht es, diesmal mit Maschine geschrieben, im Brief vom 10. September 1896, garniert mit Hinweisen auf eine gan- ze Reihe von Bundesparagraphen.

Der Briefe sind noch lange nicht alle ge- Tramwagen der ZOS an der Schaffhauserstrasse vor dem Restaurant «Alte Post» (Aufnahme 1898) schrieben. Stüssi, Staatsschreiber des Kantons Zürich, hat am 4. Februar 1897 das Protokoll Nr. 226 unterzeichnet. Da- rin sind alle die Bestimmungen und Ein- zelheiten festgehalten, welche den ge- samten Bahnbau betreffen, wie Geleise, Fahrleitung, Stromversorgung, Fahrplan, Rollmaterial und was alles so dazuge- hört. Ein amüsantes Detail daraus: „Bei den Wagen wird vorausgesetzt, dass das Anschlagen der Alarmglocke durch den Führer mit dem Fusse sollte bewerkstelligt werden können, damit er die Hände für die Bremse und die Kurbel frei hat.“ Die ersten Wagen besassen zwei, durch eine Zwischenwand getrennte Abteile, je eines für Raucher und Nichtraucher bestimmt.

Drei Wochen später, am 26. Februar, konnte der Regierungsrat das Problem des Niveauüberganges über die Geleise der Nordostbahn beim Bahnhof Oerlikon in zustimmendem Sinne zu Protokoll ge- ben. Stand es doch eine zeitlang auf des Messers Schneide, ob die Strekke nach Seebach erst nach der noch ganz unge- wissen Erstellung der Unterführung unter Die Schaffhauserstrasse in den 1910er Jahren

125 den Bahngeleisen erstellt und betrieben Die Jahre nach der Im Jahre 1902 musste allerdings die werden könne. Betriebseröffnung Gemeinde Seebach zur Kasse gebeten werden, weigerte sie sich doch, den vor- Das Protokoll des Regierungsrates vom geschriebenen Umbau der die Bahn kreu- 10. Juni 1897 gibt Kunde davon, dass er Nach nur sechs Wochen Betriebszeit zenden Starkstrom-/Niederspannungslei- die Projektpläne bewilligt habe. ergaben sich schon die ersten Schwie- tungen auszuführen. Nach verschiedenen rigkeiten, erhielt doch der Gemeinderat Briefwechseln musste sich schliesslich Nicht nur der Bau musste naturgemäss von Seebach von der ZOS die Hiobs- die Direktion der Justiz und Polizei des die Gemüter bewegen, sondern auch die botschaft, dass sich an verschiedenen Kantons Zürich mit Schreiben vom 21. Abwicklung des zukünftigen Verkehres. Orten, infolge schlechter Beschaffenheit Juli 1902 der Sache energisch anneh- So hat der Regierungsrat denn am 10. der Strasse, die Geleise derart gesenkt men und Seebach unter Androhung der September 1897 den Fahrtenplan ge- hätten, dass mit einer Betriebseinstellung Betriebseinstellung auffordern, die vor- nehmigt und die Fahrgeschwindigkeiten gerechnet werden müsse, wenn nicht un- geschriebenen Änderungen unverzüglich wie folgt festgelegt: 12 km per Stunde verzüglich die Gemeinde für Abhilfe sorge. vorzunehmen. auf bebauten Strecken in Zürich, 14 km So ganz überraschend war die Angele- in Oerlikon und Seebach. Für weniger genheit für die Eingeweihten allerdings Der Betrieb dehnte sich aus und so war bebaute Strecken war eine solche von 18 nicht, hat doch die ausführende Baufirma es nötig, neues Rollmaterial zu bestel- km in der Stunde vorgesehen. am 11. September darauf hingewiesen, len. Im Einverständnis mit den beteiligten dass das Geleise auf frische Gräben und Gemeinden entschloss sich die ZOS im Es ist der 16. August 1897: Der Gemein- Strassenabschnitte, d.h. deren Auffüllung, Jahre 1904, vier neue Motorwagen an- derat von Seebach erhält ein Schreiben zu liegen komme. Baufirma wie ZOS-Di- zuschaffen. Die nicht besonders positiven der MFO, in welchem mitgeteilt wird, dass rektion haben damals vorsorglicherweise Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit in einigen Tagen mit dem Verlegen der schriftlich jede Verantwortung für allfällige der Stadt Zürich führten offenbar dazu, Schienen auf dem Gebiete der Gemein- Folgen abgelehnt. diese in der Angelegenheit gar nicht zu de Seebach begonnen werden könnte. begrüssen, was den Stadtrat von Zürich Gleichzeitig weist man auf die geplanten Und nun begann ein unschöner Streit mächtig auf die Palme brachte. Die Masse Trottoirbauten, Strassenverbreiterungen zwischen der Gemeinde Seebach und der Wagen entsprachen nicht den Nor- und den damit verbundenen Expropri- der Direktion der ZOS, in welchem letztere malien der Stadt. Jedenfalls erteilte der ationen und Landkäufen hin; man steht sogar mit gerichtlicher Klage drohte. Regierungsrat die Genehmigung nur mit schliesslich wenige Monate vor der Be- vom Stadtrat angebrachten Vorbehalten. triebseröffnung. Jedenfalls weigerte sich Seebach, die Aber die Wagen waren nun da, und aus Hebung der Geleise auf seine Kosten dem Verkehr nehmen konnte man sie In einer Mitteilung vom 22. Oktober 1897 ausführen zu lassen. Auch die dazu not- schliesslich auch nicht mehr. der Direktion der öffentlichen Arbeiten wendige Schotterlieferung wurde abge- an die Gemeinderäte Oerlikon, Seebach lehnt, es sei denn, die Direktion der ZOS Die Jahre gehen weiter und immer wider und den Kantonsingenieur ist zu erfahren, wäre als Gegenleistung bereit, am Ende sind Probleme der verschiedensten Art zu dass das Schweiz. Eisenbahndeparte- der Strecke die Weiche in die Mitte zu bewältigen, seien es Fahrplan, Tarifange- ment mit Telegramm gleichen Datums verlegen, um einen Doppelkurs einführen legenheiten oder die Betriebseinstellung Kunde davon gab, dass der Bundesrat zu können. Der Gemeinderat hat jeden- am 1. Mai in den verschiedenen Jahren. die Betriebseröffnung auf den 22. Oktober falls die Angelegenheit der Direktion für Dann gab wieder eine zeitlang die Ver- bis zum Bahnübergang Oerlikon gestattet öffentliche Arbeiten unterbreitet, welche tretung der Gemeinde im Verwaltungsrat hat. Die Bewilligung für den Seebacher sich ganz auf seine Seite und gegen die der ZOS zu reden. Die Heraufsetzung der Abschnitt wird erst später erteilt. Kurzfris- ZOS stellte. Seebach musste die Repa- Fahrgeschwindigkeit auf max. 30 km/h tiger ging es offenbar nicht mehr. raturen nicht selber ausführen lassen und im Jahre 1922 bewegte natürlich die Ge- bekam auch die Verlegung der Weiche müter ebenfalls. Somit wäre nun die mit viel Hindernissen zugesichert. Es eilte der ZOS sogar mit und Mühseligkeiten gepflasterte Vor- und dieser Weichenverlegung derart, indem Die Zunahme des Verkehrs, nicht zu- Baugeschichte zum Abschluss gebracht. sie die obrigkeitliche Genehmigung gar letzt auch durch die Automobile, in den nicht abwartete, was vom Kanton prompt Zwanzigerjahren schon, machte eine eine protokollarisch festgehaltene Rüge Neufassung der Bahn- und Strassenpoli- eintrug. zeiverordnung nötig, stammt die bisherige

126 doch vom 16. Hornung (Februar) 1878 Wagen nach Zürich. Wurde doch in dieser Zürich am 1. Mai 1931 immer etwas, das (!). Allerdings wollte die Regierung die Beziehung immer wieder versucht, See- die Beteiligten an diesem Unternehmen in Notwendigkeit einer solchen Änderung bach und Glattbrugg zu vernachlässigen, Trab hielt, viele gewichtige Probleme, aber vorerst nicht einsehen. Muss denn alles diese unbequemen, weit hinten im Glattal auch viel kleinlicher Krimskram musste Altbewährte umgestossen werden? liegenden Gemeinden, welche sich immer bewältigt werden. wieder getrauten, sich für ihre gerechte Über viele Jahre erstreckte sich der Sache einzusetzen. So war denn all die Kampf um die Einführung von direkten Jahre bis zur Übernahme durch die Stadt

ZOS-Motorwagen Nr. 1 (Baujahr 1897) in der Werkstatt des Vereins Tram-Museum Zürich im Depot Tiefenbrunnen. Restaurierungszustand August 1982.

127 Eisenbahnunglück bei der Spitzkehre im Schärenmoos am 8. Januar 1885.

128 Um unseren Bahnhof

Reinhard Ochsner †

Im Raum zwischen Seebach und Oerlikon oder minder erhebliche Verletzungen. pens für jene Zeit, die dem Bahnhof zu war Industrie im Entstehen, die entschei- Durch die eingeschlagenen Fenster des seiner heutigen Bedeutung als Umschlag- dend in die Entwicklung der beiden Dörfer umgestürzten Wagens mussten die Ver- und Verladeplatz einer industriellen Um- eingriff und die Geleiseanschluss suchte. wundeten hervorgezogen und aus ihrer gebung verhalf. schrecklichen Lage befreit werden. Im Personenverkehr blieb die Station Im Raum zwischen Bahnhof Oerlikon Seebach ohne grossen Einfluss auf die Beinahe grösser war die Verheerung auf und der Seebacher Gemarkung nahm Bildung von Neu-Seebach, des neuen Seiten des auffahrenden Zuges. Weil die die Industrie in den Jahren 1876–1910 Gemeindeteils vor dem Buhnhügel im sehr stark konstruierte Lokomotive nicht einen ungewohnten und beispiellosen Eggbühl und an der Zürichstrasse. Für entgleiste, kamen Lokomotivführer und Aufschwung: Maschinenfabrik Oerlikon den Gemeinderat war es wichtig, dass Heizer mit dem Schrecken davon. Da- 1876, die Accumulatoren-Fabrik Oerli- Bahnübergänge von Flurstrassen und gegen wurden einem Bremser Fuss und kon 1895, zunächst in Untermiete bei der die Verbindung zum neuen Quartier nicht Bein zermalmt und der Brustkasten ver- MFO, ab 1907 im fabrikeigenen Areal an geschmälert würden. Täglich pusteten letzt. Hochauf türmten sich zwei Wagen der Binzmühlestrasse Und zuletzt, her- 5 – 6 Zugspaare durchs Regensdorfertal. und verschachtelten sich ineinander, die vorgegangen aus der Werkzeug- und Ma- Auf unserem Bahnhof vollzogen sie dann nächsten Wagen entgleisten. Glücklicher- schinenfabrik Oerlikon 1906 die Schwei- das Manöver, die kleine Tendermaschine weise befanden sich die Personenwagen zerische Werkzeugmaschinenfabrik, heu- umzusetzen und dann in der Richtung des Winterthurerzuges am Schlusse, so- te Bührle & Co. des Klotener Geleises rückwärts über die dass keine weiteren Opfer mehr zu be- Abzweigungsstelle hinaus auf das nach klagen waren. So setzte um die Jahrhundertwende ein Oerlikon führende Geleise zu fahren. grosses Spekulationsfieber ein, und wenn Wir stehen hier im Vorfeld der Kämpfe um es sein musste, auch nur um ein Ver- Doch einmal war der Wettingerzug ver- die Verstaatlichung der grossen Privatei- bindungsgeleise von den Fabriken zum spätet und eben im Begriffe, jene Rück- senbahn-Gesellschaften in der Schweiz, Bahnhof Seebach. Im Jahre 1896 über- wärtsbewegung vorzunehmen und auf die mit der Annahme des Rückkaufgeset- nahm es Rodolphe Steiner vom Metropol das Zürchergeleise überzusetzen, als der zes am 20. Februar 1898 ihr Ende fanden. in Zürich, ein Industriegeleise nach See- fahrplanmässige Winerthurerzug mit vol- bach zu erstellen. Nach drei Jahren zähen ler Kraft heranbrauste und den Zug von Ringens mit der Gemeinde Seebach unter hinten anrannte. So geschehen am 8. Ja- Das Industriegeleise Gemeindepräsident Caspar Wüest wurde nuar 1885 um 7.30 Uhr beim Uebergang zu den Fabriken Oerlikons Steiner erlaubt, das Geleise zu bauen. vom Schärenmoos her. Das Trasse hat seither keine wesentliche Aenderung erfahren. Die Linie dient ei- Die Unglücksstätte bot ein furchtbares Es lag in der Daseinsberechtigung der nem Industriegebiet mit zahlreichen An- Bild der Verwüstung. Den hintersten Station Seebach SNB, wenn sie einer schlüssen. Triebfahrzeuge der AFO und Güterwagen des Wettingerzuges hatte „Abzweigung“ zu dienen hatte. Im gross- der SWMF Bührle & Co. besorgten den die mit aller Gewalt heranbrausende Lo- zügigen Plan der Station mit 6 – 7 Be- Zubringerdienst. Grosslasten und auszu- komotive vollständig zerstört und über triebsgeleisen, Wagen- und Lokomotiv- rüstendes Rollmaterial finden den Weg dessen Trümmer hinweg, den nächsten remise, war die Rede von der erfolgrei- über Seebach in die neuen Montage- und Wagen über den Haufen rennend und chen Stichbahn ins Herz der Stadt, nach Trafohallen der MFO. Die Triebfahrzeuge zerschmetternd, den Zug noch eine kurze Unterstrass und dem Hirschengraben. besorgten auch den Zubringerdienst für Strecke mit sich vorwärtsgestossen. Ein Vom Projekt verwirklicht wurde der grosse die mittleren und kleinen Betriebe der ent- Personenwagen wurde eingedrückt und Platz für Abstellgeleise, Rangiermöglich- standenen Industriezone. Wesentlich ra- umgeworfen. Die Insassen erlitten mehr keiten und Aufstellung des Lagerschup- scher und ohne Schwierigkeiten erfolgten

129 die Anschlüsse ins „Seebacher Industrie- über deren Geleise in den Fahrdrähten als widersinnig galt, wurde nun, bei dem gebiet“, zur „Fabrik für elektrische Indus- der berühmte Einphasen-Wechselstrom durch die einsetzende Konjunktur verur- trie“, später „Aufzüge- und Räderfabrik“ – das Stromnetz unserer Vollbahnen – sachten, sich rasch steigernden Güterver- geheissen, Inhaber Caspar Wüest, und pulsierte. Doch am 4. Juli 1909 wurde kehr und der zunehmenden Zugsdichte, der „Giesserei Bölsterli“. der elektrische Betrieb wieder eingestellt. als willkommene Parallellinie zum grossen Die ganze Anlage wurde abgebrochen, Hauptstrang Westschweiz – Ostschweiz Im Mai des Jahres 1898 wurde eine Brü- das Dampfross hatte seine Bahn zurück- erkannt. ckenwaage erstellt. 1930 diese erstere, erobert. Stand das technische Resultat 25 t tragende, durch eine von 40 t Trag- des Versuchs auch nicht in Frage, so war Während der Jahre 1942 – 1947 war im kraft ersetzt. der elektrische Betrieb dieser Nebenli- Lagerhaus bei der Station Seebach das nie mit geringer Verkehrsfrequenz teurer „Zentralmagazin der Flüchtlings- und In- als der Dampfbetrieb. Aber „Seebach- ternierungslager“ etabliert. Von da aus Die Station um die Wettingen“ war zum Begriff und zu einem wurden die hauptsächlichsten Lager – Jahrhundertwende Markstein innerhalb der Entwicklung der auch Arbeitslager – mit den notwendi- elektrischen Tradition geworden. Am 12. gen Haushaltungsgegenständen, Reini- Februar 1942 wurde die Strecke endgültig gungsmitteln, Geräten, Werkzeugen und Die Verstaatlichung unserer Hauptbahnen elektrifiziert. teilweise auch Lebensmitteln beliefert. ist fällig geworden. Die Streik der NOB- Während des ganzen Krieges pulsierte Angestellten am 12./13. März 1897 mit 1940 erfolgte eine Vergrösserung des Militärverkehr auf unserer Strecke. dem „Streikgeneral“ Surbeck und seinem Aufnahmegebäudes, die Aussenrenova- Widerpart, Direktor Guyer-Zeller, hat auf tion fiel ins Jahr 1944. Beim Güterschup- Ende der 50er Jahre musste das alte dem Seebacher Bahnhof keine gross- pen, der 1909 vergrössert worden war, Stationshaus einem neuen, auch im mo- en Wellen geworfen. Mit dem 1. Janu- wurde 1933 die Rampe verbreitert, und dernen Gewande gefälligen Aufnahme- ar 1902 wechselten die Hoheitszeichen im Jahre 1948 nahm man auch an diesem gebäude Platz machen. Im Rahmen des auch über unserer Station: NOB wurde Gebäude eine Aussenrenovation vor. Ein Geleiseausbaues im Raume Zürich erfuhr zur SBB gemäss dem Rückkaufsgesetz. Jahr vorher war das Geleise 2 um 130 m auch der Bahnhof Seebach eine weitge- Erster Stationsvorstand mit Flügelrad und verlängert worden. Alles im Zeichen des hende Modernisierung. Schweizerkreuz: Johann Schmid von zunehmenden Güterverkehrs und seines Schlattingen. Umschlages auf dem Platz Seebach. (Kurzfassung nach: Reinhard Ochsner, Um unseren Bahnhof von 1881 – 1960) Die Station Seebach an der grossen Einphasen-Wechselstrom- durchgehenden Güterzugslinie Basel/ Versuch Westschweiz – Ostschweiz und Gott- hard/Ostschweiz: Dies wurde Wirklich- keit mit der Wiederherstellung des alten Die Station Seebach durfte den Ruhm SNB-Zwischenstückes am 15. November in Anspruch nehmen, die erste schwei- 1939. Was damals bei der Linienführung zerische Bahnstation gewesen zu sein, der alten Nationalbahn verkehrspolitisch

Zug mit Einphasenwechselstrom-Lokomotive (genannt «Eva») in Seebach im Jahre 1904.

130 Postgeschichte Alfred Müller

Von Zürich aus führte von altersher eine Landroute über Seebach – Kloten – Bü- lach nach Schaffhausen. Die damaligen Postreiter, Boten, Wagenführer, aber auch die späteren Messageriekurse mussten diese einzige Landstrasse benützen, um überhaupt nach Schaffhausen und die weiter entfernten deutschen Städte zu gelangen. Zu jenen Zeiten, um die Mit- te des 19. Jahrhunderts, war Seebach noch eine kleine Siedlung von nur 240 Einwohnern. Mit dem Postwesen war es noch sehr schlecht bestellt, mit den da- maligen Strassenverhältnissen ebenso. Erst nach dem Ustertag 1830 wurden die Verhältnisse besser wurden doch zahlrei- che neue Strassenzüge angelegt. Am 1. April 1847 wurde in der Gaststube des Wirtshauses «zur Post» (heute «zur alten Post») Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts die erste eigene Poststelle von Seebach eröffnet. gab es nur einen einzigen Postkurs Zürich – Schaffhausen und zurück. Die damali- blauen Ueberhemden, die in grossen Seine eigene Poststelle erhielt das Dorf gen Postkutschen fuhren am frühen Mor- Fuhren Getreide nach Zürich brachten, auf den 1. April 1847, als die kantonale gen um 7.45 Uhr von Zürich ab, ca. eine waren gerngesehene Gäste. Ab 3. April Postverwaltung in Zürich an der Stra- Stunde später durch Seebach, um kurz 1838 kursierte die tägliche Mallepost für sse nach Glattbrugg, im Ettenfeld, ein vor 12 Uhr in Schaffhausen anzukommen. Briefe und 3 – 4 Reisende von Zürich Postbureau 3. Klasse in der Gaststube Nach einer Stunde Aufenthalt ging es nach Schaffhausen, mit Anschluss an den des Wirtshauses „zur Post“ im Ettenfeld schon wieder zurück und es war meistens Karlsruher Eilwagen. eröffnete. Der erste Posthalter war R. Bi- 18 Uhr abends, wenn die gleiche Post- ckel, der sein Amt vom 1. April 1847 bis kutsche wieder an der Münstergasse zu Auf der Route Zürich – Schaffhausen zum 14. November 1848 bekleidete und sehen war. Die erste Einspänner-Chaise machte sich das private Botenwesen einen Jahreslohn von vierzig bis sechzig fuhr am 1. April 1835 durch das Dorf bemerkbar, hatten doch der Kreuzwirt Franken bezog. Der zweite Posthalter na- Seebach. In der Postkutsche hatten 9 Müller in Bülach, der Rabenwirt in Schaff- mens Meyer, diente nur gut zwei Wochen, Personen Platz. hausen und der Lohnkutscher Kölliker in vom 15. November 1848 bis 3. Dezember Winterthur Konkurrenzkurse zur Post, mit 1848. Er wurde abgelöst durch Posthalter Die Briefschaften und Pakete waren auf Pferdewechsel, eingerichtet. Da die Post- Baumann, der die Stelle vom 4. Dezem- der Einspänner-Chaise untergebracht. wagenkurse nur wenig den lokalen Inter- ber 1848 bis 25. Oktober 1849 innehatte. In Bülach und Rafz wurden jeweils die essen dienten, wurde der Postverkehr in Sein Nachfolger war Posthalter Kaspar Pferde gewechselt. Bevor die Post in See- Seebach bis zur Errichtung einer eigenen Schmid, vom 26. Oktober 1849 bis 26. bach einfuhr, ertönten die Klänge des Poststelle zur Hauptsache von privaten Oktober 1866. Er schied durch Ableben Posthorns, die immer eine frohe Note Boten besorgt, die meisten zweimal in aus dem Postdienst aus und seine Witwe ins Dorf brachten. Auch die damaligen der Woche, an den Markttagen Dienstag führte die Ablage bis zum 30. November Fuhrleute aus dem Elsass in ihren cha- und Freitag, Briefe und kleineres Gepäck 1884. Vom 1. Dezember 1884 an bis rakteristischen Zipfelmützen und den zu Fuss nach Zürich brachten. zum 19. Juni 1896 wurde die Poststelle

131 wieder durch eine Frau, Rosalie Angst, In den fünfziger Jahren des verflossenen der von einem zweispännigen Postwagen geführt Nach ihrem Ableben übernahm Jahrhunderts machte das Postbureau befahren wurde. am 20. Juni 1896 Albrecht Nyffeler die Seebach eine Krise durch und wurde we- Post, dessen Wirken aber nur von kurzer gen ungenügender Frequenz auf 1. Janu- Der Ablagehalter in Seebach, der zugleich Dauer war, verstarb er doch schon nach ar 1854 in eine Ablage umgewandelt. Laut Briefträger war, hatte täglich einmal die sieben Monaten. Die Weiterführung der einer Kreisrechnung von 1850 verrechne- Post im folgenden Gebiet zu bestellen: im Post übernahm nun seine Witwe, Frau te das Bureau Seebach pro Januar einen Ort Seebach, Schärenmoos, Binz, Hoch- Hulda Nyffeler, die vom 1. Januar 1897 Ertrag aus dem Postdienst von Franken stiegel, Eichenrain, Köschenrüti, Weid, bis 14. Februar 1899 amtete. Sie wurde 15.20. Nachdem in den Jahren 1847 Hirsch und Binzmühle. Die Ablage war wieder durch eine Frau ersetzt, Frau Anna bis 1849 die Strasse von Seebach über nun ins Ausserdorf, in das Huber-Zimmer- Walder, die den Dienst vom 15. Februar Rümlang nach Niederglatt erstellt worden mannsche Bauernhaus „am Bach“ verlegt 1899 bis zum 30. März 1924 versah. Ihr war, konnte 1852 auch die Fortsetzung worden, wo sie bis 1866 verblieb. Nachfolger war Oskar Bumbacher, ehe- nach Kaiserstuhl befahren werden. Die maliger Posthalter in Kemptthal, der das Postverwaltung richtete deshalb auf den Nach der Eröffnung der Bahnlinie Zürich Amt bis nach der Eingemeindung versah. 1. Juni 1852 einen neuen Kurs Zürich – – Bülach wurden alle Postomnibusse auf Seebach – Niederglatt – Kaiserstuhl ein, dieser Strecke aufgehoben. Der im Jahre

Seebacher Poststempel Oeffnungszeiten Post und Telegraf um 1910

132 1862 errichtete Postkurs Rorbas-Kloten wurde bis Oerlikon ausgedehnt. Er fuhr nun die Strecke Rorbas – Kloten – Glatt- brugg – Seebach – Oerlikon. Vom 1. Ja- nuar 1866 an wurde im Dorf Seebach eine zweite Zustellung eingeführt. Das übrige Zustellungsgebiet wurde einmal täglich bedient. Der Ablagehalter hatte nun täglich zwei Botenkurse auf die Ab- lage in Oerlikon auzuführen. Durch die Eröffnung der Nationalbahnlinie Winter- thur – Seebach – Wettingen – Zofingen am 15. Oktober 1877 wurde Seebach dem direkten Bahnverkehr angeschlos- sen. 1866 wurde die Postablage in den „Seebacherhof“, in die Nähe der Bahnsta- tion verlegt. Auf 1. März wurde die erste Briefträgerstelle geschaffen und Heinrich Schellenberg, geb. 1862, von Winkel, war der erste Stelleninhaber. Kurze Zeit spä- ter, auf den 1. Dezember 1894, wurde als zweiter Briefträger Johannes Siegfried von Seebach wechselte nun direkte Kar- tenschlüsse mit den Bahnposten Zürich – Romanshorn und Romanshorn – Zürich auf dem Bahnhof in Oerlikon. Auf den 1. Dezember 1896 wurde eine vierte Zustel- lung eingeführt. Vom 23. Dezember 1886 an wurden die täglichen Kartenschlüsse ab Zürich – Transit für Seebach mit der Bahn nach Oerlikon spediert und dort vom Seebacher Briefboten in Empfang genommen. Ab Anfang Januar 1897 wur- den die Gänge zur Station Seebach gänz- lich aufgehoben. Auf den 1. April 1900 wurde die Ablage wieder zum Bureau 3. Klasse erhoben. Alfred Keller wurde auf den 1. Mai gleichen Jahres zum dritten Das Postlokal an der Schaffhauserstrasse 452 (Aufnahme 1940) Briefträger gewählt, und 1908 wurde eine vierte Briefträgerstelle geschaffen.

Das Postlokal, das von 1886 bis 1896 im bindungen Seebach – Oerlikon. 1914 tend. Die Bevölkerungszahl nahm ständig „Seebacherhof“ eingemietet war, wurde wurden, als Folge des Kriegsausbruchs, zu, und die Umsatzzahlen des Postver- 1896 ins Haus gegenüber, an die Zür- einschränkende Massnahmen im Post- kehrs zeigten ein riesiges Wachsen. Im cherstrasse verlegt un 1907 erfolgte seine verkehr notwendig. Die Botenverbindun- Jahre 1910 betrug der Briefverkehr, Auf- vierte Verlegung in das Erdgeschoss des gen mit Oerlikon wurden auf täglich drei gabe und Zustellung, total 10’655 Stück Neubaues an der Zürcherstrasse 554. herabgesetzt und die Zustellung reduziert. und 1930, kurz vor der Eingemeindung, 1907 bestanden an Werktagen täglich In den Nachkriegsjahren machte sich in waren es 750’164 Stück. acht und an Sonntagen zwei Botenver- Seebach eine lebhafte Bautätigkeit gel-

133 Der letzte Seebacher Gemeinderat vor der Eingemeindung: (v.l.n.r.) Hektor Bergmann, Polizeivorstand; Robert Bretscher, Gemeindewerke; Fritz Hug, Gemeindeschreiber; Emil Oberhänsli, Gemeindepräsident; August Gnehm, Finanzvorstand; Fritz Beglinger, Bauvorstand; Jakob Strehler, Vizepräsident. Nicht auf dem Bild ist Kaspar Erni, Gesundheitswesen.

134 Gemeindepolitik und Parteien vor der Eingemeindung Otto Nauer

Der Gemeinderat Streiflichter Caspar Wüst 1892 – 1911 aus Gemeinderatssitzungen Im 19. Jahrhundert und bis zu Beginn Rudolf Meier 1911 – 1919 der Amtsperiode im Jahre 1907 bestand Emil Oberhänsli 1919 – 1933 der Gemeinderat von Seebach aus dem 1907 Präsidenten und vier Mitgliedern. Die Wahl erfolgte nach dem Majorzsystem. Im gleichen Zeitraum bekleideten nachfol- Der Mangel an Wohnungen führte zu einer Dem Gemeinderat standen der Gemein- gende Gemeindeschreiber ihr Amt: Motion des Politischen Arbeitervereins. deschreiber, der Friedensrichter und der Sekundarlehrer Ulrich Ribi begründe- Gemeindeammann – in der Regel gleich- te den Vorstoss damit, dass die private zeitig auch Betreibungsbeamter – zur Sei- Rudolf Meier 1892 – 1911 Wohnbautätigkeit nicht Schritt halte mit te. Auffallend ist der enorme Zeitaufwand, Joh. Jak. Meier 1911 – 1931 der Nachfrage. Folgender Antrag des Ge- der mit der Tätigkeit eines Gemeinde- Fritz Hug 1931 – 1933 meinderates an die Gemeindeversamm- rates verbunden war. Waren es vor der lung wird einstimmig gutgeheissen: Jahrhundertwende 30 bis 35 Sitzungen, so stieg die Zahl nach 1900 sehr rasch Es werden versuchsweise auf dem Ge- auf 40 bis 50 Sitzungen pro Jahr an. Da Abgesehen von den ständig zu geringen meindeland in der Kiesgrube ein bis zwei die Gemeinderäte zugleich noch den zur Einnahmen waren es vor allem die Erstel- Wohnhäuser erstellt, sofern die Gemeinde Führung und Kontrolle der Gemeinde- lung von Gemeindestrassen, die Was- die finanziellen Mittel beschaffen kann. geschäfte gebildeten Kommissionen an- serversorgung, das Schulwesen und die gehörten (Finanzkontrolle, Steuerwesen, Gemeindewerke, welche im Gemeinderat Das Unternehmen soll sich selbst erhal- Schule, Gemeindewerke usw.) ergaben für dauernden Gesprächstoff sorgten. ten. Die Höhe des Mietzinses richtet sich sich zusätzliche zeitliche Belastungen. nach der Verzinsung des Anlagekapitals 1896, ein Jahr vor der Eröffnung der zuzüglich Amortisation und Unterhalt. Vor der Jahrhundertwende stellte aus- Tramlinie Zürich – Oerlikon – Seebach schliesslich das bürgerliche Lager, vorab wurde die elektrische Strassenbeleuch- Pläne und Kostenberechnungen über die Bauern, den Gemeinderat. Bis zum tung eingeführt. Die Abgabe der elektri- den Bau der Wohnhäuser unterliegen der ersten Weltkrieg dominierten die Freisin- schen Energie, auch an Private, erfolgte Genehmigung durch die Gemeindever- nigen und die Gewerbler. Mit der zuneh- ab diesem Jahr über ein eigenes Elektri- sammlung. menden Veränderung der Bevölkerung zitätswerk. Das Freibad Katzenbach, der als Folge der Arbeitsplätze der Industrie in Ausbau des Friedhofes, die Freihaltung Im Anschluss an die Gemeindeversamm- Oerlikon erreichten die Linken ein immer der Buhnhügel-Kuppe sind Themen, die lung wird eine Kommission gebildet, wel- stärkeres Gewicht in der Gemeindepolitik während über einem Jahrzehnt immer che die Erstellung von Arbeiterwohnhäu- und damit auch im Gemeinderat. So am- wieder in den Protokollen über die Ge- ser in Regensdorf, Schlieren und Thalwil tete der Sozialdemokrat Emil Oberhänsli meinderatssitzungen zu finden sind. zu besichtigen und über ein Architektur- ununterbrochen von 1919 bis 1933 als büro ein Projekt vorzubereiten hatte. Gemeindepräsident 1909 Von 1892 bis zur Auflösung der Gemeinde Seebach im Zuge der Eingemeindung Nach langen Verhandlungen mit Oerlikon mit der Stadt Zürich amtierten folgende und der Stadt Zürich wird die Einführung Gemeindepräsidenten: von Gas mit Anschluss an die Stadt Zü-

135 rich beschlossen. Nachdem Oerlikon die Für 162 eingerückte Wehrmänner sind für Der Regierungsrat erlässt eine Notstands- Konditionen für die Lieferung von Gas die Zeit vom Oktober bis Dezember Fr. verordnung über die Beschaffung und denjenigen der Stadt Zürich anpasst, 26 657.– an Unterstützungen auszuzah- Abgabe von Lebensmitteln und unent- wird in einer späteren Versammlung der len. Von der Kantonalen Militärdirektion behrlichen Bedarfsartikeln. Der Gemein- Schlussvertrag mit Oerlikon genehmigt. werden daran Fr. 23 000.– vergütet. derat hat sich in mehreren Sitzungen mit der Durchführung dieser Verordnung zu Einführung der Kehrichtabfuhr. Kosten Die schlechte Finanzlage veranlasst den beschäftigen. pro Wohnung und Jahr 2.50. Gemeinderat, vom Regierungsrat einen ausserordentlichen Staatsbeitrag zu ver- 1917 1911 langen. An der ersten Sitzung des Gemeinderates Unterstellung von Licht, Wasser, Gas und 1915 zeigt es sich, dass in der Gemeinde ange- Kiesgruben unter einen Gemeindeange- sichts der schlechten Finanzlage und der stellten. Die Zürcher Kantonalbank moniert er- durch den Krieg ausgelösten Krisenfolgen neut die ausstehenden Abzahlungen an keine Möglichkeiten vorhanden sind für Auftrag zur Überprüfung der Strompro- gewährte Darlehen in der Höhe von Fr. die Auslösung von grösseren Hilfsakti- duktion im EWS. Der Betrieb mit Umfor- 12 000.–. Der Gemeinderat stellt Gesuch onen. mung des Stromes und der Akkumulato- um Stundung. ren-Batterie ist nicht rentabel. Dringend nötig wäre die Korrektur der Einquartierung. Im November werden to- Seebacherstrasse. Die Gemeindeversammlung sitmmt ei- tal 3126 Liter Suppe an die Bevölkerung nem Kreditbegehren für den Umbau des verteilt, davon 214 Liter gratis, 2324 Liter Als grosses, kaum realisierbares Projekt EWS in der Höhe von Fr. 42 000.– zu. zu 10 Rappen, 584 Liter zu 15 Rappen. steht die Erstellung eines neuen Schul- hauses auf der Traktandenliste. Das Geld 1913 1916 in der Gemeindekasse ist aber so knapp, dass kaum genung Mittel für die monatli- Der Gemeinderat sucht einen Tierarzt für In der Schiessanlage darf mit den neuen chen Personalbesoldungen aufzubringen Seebach. Gewehren nicht mehr geschossen wer- sind. den. Die Anlage ist zu baufällig. Rationierung von Zucker und Reis. Kriegsjahre An der ersten Sitzung des neu gewählten Gemeinderates gibt die missliche Finanz- Genehmigung des Quartierplanes Jung- 1914 lage der Gemeinde Anlass zu langen Dis- holz. kussionen. Die Gemeindewerke erarbei- Seebach kann der Zürcher Kantonalbank ten als Folge des Krieges kleinere Erträ- Bewirtschaftung von Holz, Kohle, Elektri- die ausstehenden Darlehensabzahlungen ge. Aus der grossen Zahl von Wegzügen zität, Butter und Fetten. nicht rechtzeitig leisten. Die Gemeinde resultieren geringere Steuereinnahmen. wird ernstlich gemahnt. Losung: „Sparen“. Mehranbau von Getreide. Die Gemeinde Seebach erhält die Auflage 20 Ha mehr Gemeinderat mit den Folgen der Mobil- Die Not in der Gemeinde wird immer grö- unter den Pflug zu nehmen. machung konfrontiert. Sicherstellung der sser. Die Industrie verfügt nicht mehr über Gemeindeaufgaben und Schutz der öf- genügend Aufträge. Es kommt zu ersten Brot- und Mehlrationierung. Beschlag- fentlichen Werke. Es wird eine Flurwache Entlassungen. nahme von Heu und Emd. Einführung gebildet. des Kartoffelbrotes, Beschlagnahme des Der Gemeinderat beschliesst den Kauf Getreides und der Milch. Für die Unterstützung der Ehefrauen eines Waggons Kartoffeln und gibt diesel- von eingerückten Wehrmännern wird ein ben zum Selbstkostenpreis ab. 1918 Taggeld von Fr. 2.– und Fr. –.70 je Kind beschlossen. Ein Hilfskomitee ist für die Die Suppenaktion vom Spätherbst 1915 Ausblick des Gemeindepräsidenten an Abgabe von Gratissuppe besorgt. muss wieder aufgenommen werden. der ersten Sitzung äusserst pessimis-

136 1919

Der Gemeinderat diskutiert erstmals die Möglichkei einer Eingemeindung mit der Stadt Zürich.

Für die Neuerstellung des Schiessplatzes wird ein Projekt erstellt. Ausführungsoffer- ten werden eingeholt.

Die schlechten hygienischen Zustände in der Kleinkinderschule werden scharf kritisiert.

Für das Gemeindepersonal wird die 48-Stunden-Wochen eingeführt.

Mit Wirkung ab 1. Juli erfolgt die Auf- hebung der Rationierung für Teigwaren, Reis, Hafer, Gerste, Mais und Fette.

Die Gemeindeverwaltung benötigt eine 1918 werden an der Seebacherstrasse bei der Kiesgrube Baracken mit Notwohnungen erstellt. zweite Schreibmaschine (die erste ist 1912 erstanden worden). Nach Auffas- sung des Gemeinderates soll aus Kosten- gründen nur eine gebrauchte Schreibma- tisch: Es können keine neuen Aufgaben Angesichts der in der Maschinenindus- schine beschafft werden. an die Hand genommen werden, da kein trie angekündigten Entlassungen werden Geld hierfür vorhanden ist. Die Rationie- Notstandsarbeiten diskutiert. Eine Dele- Der Gemeinderat hat über die Einreise von rung der Lebensmittel und Brennstoffe gation des Gemeinderates bespricht sich russischen Bolschewiken mit tschechosl- bringt zusätzlich Arbeit für die ohnehin mit den Direktionen und Inhabern von Ma- ovakischen Pässen zu befinden. überlastete Gemeindeverwaltung. schinenfabriken und will Bescheid über die tatsächliche Auftragslage. Da sich angesichts der Wohnungsnot kei- Der Anschluss an die Quelle in Dietlikon ne Lehrer für Seebach finden lassen, wird wird zurückgestellt. Der Wasserverbrauch Im Dezember wird mit der Aufstellung von die Erstellung von Lehrerwohnungen in hat durch den Wegzug von Einwohnern Wohnbaracken durch die Firma Scotoni Aussicht genommen. stark abgenommen. begonnen. Ein Rekurs gegen dieses Vor- haben wird vom Bezirksrat abgelehnt. Die Die Bezirksanwaltschaft weist die Ge- Die unerträgliche Wohnungsnot wird dem Kosten für drei Baracken mit insgesamt meinde Seebach an, für ein geeignetes Regierungsrat eingehend dargelegt. Vom sechs Wohnungen belaufen sich auf Fr. Lokal zu sorgen, in dem Jugendliche in- Kanton werden Weisungen erwartet. Im 63 553.– oder je Wohnung auf Fr. 10 haftiert werden können. Das Zimmer im Oktober wird die Wohnungsnot so gross, 592.–. Die Mieten werden auf Fr. 500.– ersten Stock des Gemeindehauses wird dass die sofortige Aufstellung von Wohn- pro Jahr und Wohnungen festgelegt. provisorisch als Arrestlokal bestimmt. baracken auf dem Platz vor der Kiesgru- be an der Seebacherstrasse ins Auge Der Gemeinderat erlässt Aufrufe für Spen- Angesichts der Wohnungsnot verlangt gefasst wird. den und Abgabe von Bettwäsche für das der Regierungsrat, dass Niederlassungs- Notspital als Folge der raschen Ausbrei- bewilligungen an Schweizer und Auslän- Neue finanzielle Belastung durch das Auf- tung der Grippe-Epidemie. der nur noch erteilt werden dürfen, wenn treten der Grippe. Versammlungen und gleichzeitig die von der Gemeinde zu er- Schulbesuch werden eingestellt. teilende Wohnbewilligung vorliegt. Diese

137 Das Gemeindepersonal erhält im Dezem- ber Lohnzulagen.

Die Viehzählung ergibt folgendes Resul- tat: 371 Stück Rindvieh, 57 Pferde, 159 Schweine, 107 Ziegen, 4 Schafe, 2 Maul- esel, 1 Esel.

Das Mietamt hat in 16 Sitzungen Kündi- gungen und Metzinserhöhungen zu be- handeln.

Die Arbeiten für Fuhrleistungen werden wie folgt vergeben: Krankenwagen bis zum Kantonsspital Fr. 16.–, bis Kinderspital und Burghölzli Fr. 20.–; Leichenwagen Fr. 15.–; Sprit- zenwagen pro Stunde Fr. 2.50; gross- er Pfadschlitten pro Tag Fr. 90.–; kleiner Pfadschlitten pro Tag Fr. 25.–; Kiesführen pro Tag Fr. 45.–.

Wohnbewilligung darf nur erteilt werden, 1920 1921 wenn der Gesuchsteller die Notwendig- keit seiner Anwesenheit in der Gemeinde Die Wohnungsnot verschärft sich. Hei- Die Erstellung eines neuen Schulhauses hinreichend zu begründen vermag. ratslustige junge Leute haben die geplan- muss angesichts der Finanzlage der Ge- te Hochzeit zu verschieben, bis geplante meinde erneut zurückgestellt werden. Das starke Anwachsen der Schülerzahlen Hochzeit zu verschieben, bis Ihnen das bewirkt, dass die siebte und achte Schul- Wohnungsamt eine Wohnung zuteilen Zwei Lehrerwohnungen werden per 1. klasse zu trennen sind. In der Wohnung kann. April 1921 bezugsbereit. Die Kosten für im Hochparterre des alten Schulgebäu- ein Haus mit zwei Lehrerwohnungen wer- des müssen daher Provisorien geschaffen Die neue Grippeepidemie fordert mehr den auf Fr. 93.000.– beziffert. werden. Die Aufteilung der 655 Schüler Tote als in den Jahren 1918 – 1919. auf die 12 Lehrer wird neu überprüft. Die Wasserabgabe an Oerlikon gibt viel Mit Hilfe des Kantons und des Bundes zu reden. Mit dem Gemeindepersonal wird ein neu- wird die längst vorgesehene Eindolung es Besoldungsregulativ vereinbart. Die des Binzmühlebaches möglich. Es liegt eine Motion des Grütlivereins auf Lohnkämpfe haben dazu geführt, dass Einführung des Proportionalwahlverfah- sich bei den übrigen Arbeitnehmern die Seebach einigt sich mit Oerlikon auf den rens für die Gemeindewahlen vor. Löhne zwischen 1914 und 1919 um 80 gemeinsamen Ausbau der Schiessanla- Prozent erhöht haben. Die Gemeinde ge. Reorganisation der Gemeindeverwaltung Seebach hat grosse Mühe, eine derarti- im Zusammenhang mit der Kündigung ge Lohnanpassung beim Gemeindeper- Erstmals erscheint in den Berichten des des Gemeindekassiers. sonal zu verkraften. Die Lohnausgaben Gemeinderates ein Hinweis über eine können mit den Steureinnahmen kaum Rechnungsannahme für die von Seebach Die Arbeitslosigkeit nimmt stark zu. See- abgedeckt werden. Zwischen dem Ver- finanziell mitgetragenen Ferienkolonien. bach zählt über 50 Ganzarbeitslose. Ein band der Gemeindeangestellten und der erheblicher Teil dieser Arbeitslosen ist Gemeinde wird deshalb ein Kompromiss Der bauliche Zustand des Schlachthau- mehr als 240 Tage ohne Arbeit. Die Ge- ausgehandelt. ses wird beanstandet. meinde übernimmt die Bahnkosten in der

138 Höhe von Fr. 5.40 für Arbeitslose, die in Es liegt ein neuer Bebauungsplan und ein Bildung eines neuen Initiativkomitees für Notstandsarbeiten ausführen. Im Entwurf für eine neue Bauordnung vor. die Eingemeindung. Voranschlag für das Jahr 1922 sind Fr. Die Bautätigkeit nimmt erfreulich zu. Die 40.000.– für Arbeitslosenunterstützung jährlichen Mieten für Neubauwohnungen Einführung der strassenweisen Nummie- vorgesehen. Ferner werden Fr. 50.000.– belaufen sich auf Fr. 1 400 bis 1 600 Fran- rung der Wohnhäuser. für Notstandsarbeiten in der Gemeinde- ken. Sie werden allgemein als zu hoch bewilligt. bezeichnet. Erstellung der Verbindungsstrasse Zür- cherstrasse – Gartenstrasse. 1922 1925 Seebach benötigt dringend Räumlich- Ausblick des Gemeindepräsidenten: Das Ergebnis der Volkszählung liegt vor. keiten für die Kleinkinderschule und den Die Arbeitslosigkeit und deren finanzielle Seebach weist am 31. Dezember 1924 Hauswirtschaftlichen Unterricht. Folgen für Seebach verunmöglichen die 1196 Haushaltungen mit 4955 in der Ge- Ausführung von längst vorgesehenen Ge- meinde wohnhaften Personen auf. Der 1926 meindebauten. Anteil an Ausländern, vorwiegend Deut- sche und Italiener, ist auf 597 Personen Erlass einer neuen Gemeinde- und Poli- Die bei Notstandsarbeiten eingesetzten angewachsen. zei-Verordnung. Arbeitslosen beschweren sich über die zu niedrige Entschädigung von Fr. 1.20 Es wird ein Fonds für die Erstellung eines Das Wasserreservoir und die Feuerlösch- pro Stunde. Beanstandet wird auch, dass Sekundarschulhauses geäuffnet. Diesem Wasserreserve werden vergrössert. die Regentage nicht entschädigt werden. Fonds sollen jährlich 20 000 Franken zu- geführt werden. Im Schulhaus an der neuen Zürcherstra- 1923 sse wird anstelle der alten Ofenheizung Genehmigung des Bebauungsplanes und eine Zentralheizung eingebaut. Verbesserung der Köschenrütistrasse der Bauordnung. und Teerung eines Teils der Tramstrasse. Fortführung der als Folge der Finanzlage zurückgestellten Eindolung und Planie- rung des ehemaligen Binzmühlebaches.

Ungelöst bleibt einmal mehr die Schul- hausfrage.

Die Arbeitslosigkeit nimmt endlich etwas ab. 1924

Seebach verkauft einige kleine Grundstü- cke, um die Finanzierung zu verbessern.

Im Zusammenhang mit der Neufassung der Neubrunnenquelle muss Boden für ein Pumpenhaus und die Ausführung ei- nes Filterbrunnens erworben werden.

Die Wasserleitung nach der „Waid“ und nach dem Unterwerk der SBB im „Etten- feld“ kann in Betrieb genommen werden.

Belustigendes aus dem Alltag des Gemeinderates: Der private Tiergarten Seebach hinter dem Res- taurant „zur alten Post“ gab in den Jahren 1928 bis 1930 auch zu allerlei Reklamationen Anlass.

139 In 56 Sitzungen erledigt der Gemeinderat 250 Prozent noch schlechter gestellt) ist An eine Erstellung der dringend notwen- insgesamt 1298 Geschäfte. die künftige Entwicklung von Seebach dig gewordenen Schulhausbauten aus stark gefährdet. Vergleiche zeigen dies eigener Kraft ist nicht zu denken. 1927 sehr deutlich: Der Gesamtsteuerfuss für Oerlikon betrug im gleichen Jahr 114 Pro- In Erwartung der Eingemeindung wird eine Es liegen 27 Baugesuche für den Bau von zent, für Zollikon 125 Prozent, für Kilch- Baukommission für das neue Schulhaus 34 Wohnungen vor. berg 100 Prozent und für die Stadt Zürich bestellt. Als Standort für die Schulbau- 131 Prozent. Eine schwere Last bedeutet ten sind die Grundstücke auf der „Buhn“ Die Schulpflegen für die unteren und obe- vor allem der grosse Unterschied zwi- vorgesehen. Die Gemeindeversammlung ren Schulklassen werden zusammenge- schen den Staatssteuereinnahmen pro vom 17. Februar 1931 genehmigt denn legt. Einwohner. Während Seebach pro Ein- auch den Kauf dieser Grundstücke. wohner eine Einnahme von Fr. 22.30 ver- Die Gemeindeversammlung beschliesst zeichnet, sind dies in Zollikon Fr. 113.90, Mit grosser Erleichterung nimmt der Ge- den Anschluss der Gemeinde an die Ar- in Kilchberg Fr. 129.10 und in der Stadt meinderat Kenntnis vom Ergebnis der beitslosenversicherungskasse des Kan- Zürich Fr. 90.10. Volksabstimmung vom 7. Juli 1931 auf tons Zürich. Eingemeindung von Seebach und sieben 1930 weiteren Vororten. Das Gemeindehaus muss renoviert wer- den. Um eine Erhöhung des Steuerfusses Die Ausschreibung für den Wettbewerb zu vermeiden, werden einmal mehr alle für die Erstellung der Schulhausbauten Die Migros rekurriert gegen die ihr von längst fälligen grösseren Bauvorhaben auf der „Buhn“ zeitigt insgesamt 74 Ein- der Gemeinde auferlegten Gebühren je der Gemeinde zurückgestellt. gabeprojekte. Das Preisgericht, beste- Haltestelle. hend aus den Seebacher Gemeinderäten Die 1928 beschlossene neue Laden- Oberhänsli und Wölber, Stadtbaumeis- 1928 schluss-Verordnung wird per 1. Januar ter Herter von Zürich Kantonsbaumeis- 1929 in Kraft gesetzt. ter Wiesmann, den Herren von Gunten Obwohl sich für 1928 eine leichte Bes- aus Bern, Dorer aus Baden und Mähli serung bei den Gemeindefinanzen ab- Die Baunachfrage hält an. Es liegen 36 aus Basel, ist vor keine leichte Aufgabe zeichnet, besteht keine Aussicht für eine neue Baugesuche vor. gestellt. Schliesslich obsiegt das Projekt Reduktion des hohen und unattraktiven von Dr. R. Rohn vor denjenigen von Gebr. Steuerfusses. Immer mehr wird der Hoff- In den Lehrerwohnungen werden Eta- Bräm, W.H. Moser und F. Metzger. nung Ausdruck gegeben, dass es bald- genheizungen anstelle der Einzelofenfeu- möglichst zu einer Eingemeindung mit der erung installiert. Entlassungen in der MFO geben Anlass zu Stadt Zürich kommen werde. Vorsprachen der Gemeindepräsidenten Insgesamt müssen 418 Polizeibussen Oberhänsli, Seebach und Näf, Oerlikon. Gegen die Tierpark AG sind Beschwer- verhängt werden. Drei Verzeigungen sind den eingereicht worden. Der schlechte wegen Vorstössen gegen das Konkubi- Ungeachtet der sich abzeichnenden Ab- Zustand einzelner Tiere und die ungenü- natsgesetz eingegangen. schwächung in der Wirtschaftslage liegen genden Gehege sind Gegenstand einer nicht weniger als 66 Baugesuche vor. Untersuchung durch den Bezirkstierarzt. Gemeindeschreiber Jakob Meier tritt zu- rück. Als Nachfolger wird Fritz Hug ge- Die ausserordentlichen Kredite für Not- 1929 wählt. standsarbeiten und für die Winterhilfe verunmöglichen den definitiven Ausbau In der kantonalen Volksabstimmung vom 1931 der Schaffhauserstrasse bis zur Grenze 12. Mai 1929 wird die Initiative auf Einge- der Gemeinde Opfikon. Die Behörden meindung von zwölf Vororten, darunter Die Finanzlage erfordert nach wie vor ein behelfen sich mit einer provisorischen In- auch Seebach, mit 74 827 Nein gegen äusserst sparsames Haushalten. Der Ge- standstellung. 59 214 Ja verworfen. Der Gemeinderat meinderat hofft, dass die auf Frühjahr ist von der Verwerfung schwer enttäuscht. 1931 angesetzte neue Abstimmung auf 1932 Eingemeindung von acht Vororten positiv Mit dem zweithöchsten Gesamtsteuer- ausfällt. Der Gemeinderat hofft, dass mit der Er- fuss von 225 Prozent (nur Affoltern ist mit stellung der neuen Schulhausbauten auf

140 der „Buhn“ noch im zweiten Halbjahr be- gonnen werden kann. Für die Ausführung Zusammensetzung des Gemeinderates der Bauten wird der erste Preisträger, vor der Eingemeindung Architekt Dr. R. Rohn bestimmt. Die Ge- meindeversammlung vom 29. Dezember 1932 bewilligt den notwendigen Kredit Gemeindepräsident: Emil Oberhänsli, Elektriker von 2 920 000.– Franken. Angesichts Finanzvorstand: August Gnehm, Lehrer der sich abzeichnenden neuen Arbeits- Bauvorstand: Fritz Beglinger, Maler losigkeit sollen die Erdarbeiten für die Polizeivorstand: Paul Butz, Architekt Turn- und Spielplätze in eigener Regie Gesundheitsvorstand: Kaspar Erni, Schreinerrmeister ausgeführt werden. Gemeindewerke: Robert Bretscher, Wickler Strasse, Landwirtschaft und Kiesgruben: Jakob Strehler, Landwirt 1933 (gleichzeitig auch Vizepräsident des Gemeinderates) Nach der vom Zürcher Volk beschlos- senen Eingemeindung wird 1933 zum letzten Jahr der Eigenständigkeit der Ge- Gemeindeverwaltung von 1931 bis 1933 meinde Seebach. Ende Jahr wird daher auch die Tätigkeit der bisherigen Gemein- Gemeinderatsschreiber: Fritz Hug debehörden zu Ende gehen. Gemeinde-Rechnungsführer: Otto Moser Gemeinde-Kassier: Jakob Rümmeli Im Hinblick auf die Eingemeindung er- Zivilstandsbeamter: Gottlieb Meier halten verschiedene Strassen neue Be- Steuersekretär: Hans Eichenberger zeichnungen. Kanzlisten: Georg Roth Kurt Wirth Im April 1933 führen Lohnfragen zu Streiks Irma Hoeffleur bei der Ausführung von Kanalisations- Betreibungsbeamter und Gemeindeammann: Hans Götti und Strassenbau-Arbeiten an der Schaff- Gemeindeweibel / Polizisten: Ernst Müller hauserstrasse. Die Arbeiten werden erst Alfred Zwahlen wieder aufgenommen, nachdem in har- Strassenwärter: Alfred Bickel ten Auseinandersetzungen zwischen dem Feuerschauer: Heinrich Krebser Gemeinderat und dem Bauunternehmer Kaminfeger: Rudolf Weber sen. eine Anhebung der Stundenlöhne von Fr. Rudolf Weber jun. 1.30 auf Fr. 1.38 durchgesetzt werden kann. Der Bauunternehmer wird ermahnt, bei der Ausführung von Gemeindeaufträ- gen die ausgehandelte Zahl von Arbeits- Im Einvernehmen mit der Stadt Zürich Angesichts der schwierigen Wirtschafts- losen zu beschäftigen. wird den Arbeitslosen in Seebach eine lage, die weiten Teilen der Bevölkerung Winterhilfe zugesprochen. grosse Entbehrungen auferlegt, wird von Der Gemeinderat beschliesst die Abgabe einer Abschiedsfeier des Gemeinderates von verbilligten Schuhen an Arbeitslose. Die Tagesunterstützung für bezugsbe- mit dem Gemeindepersonal Umgang ge- rechtigte Arbeitlose beträgt: nommen. Der Gewerbeverein beanstandet, dass die ortsansässigen Unternehmungen bei für Alleinstehende 30. Dezember 1933: Letzte Sitzung des den Arbeitsvergebungen für die Erstellung ohne eigene Haushalt Fr. –.90 Gemeinderates vor der Verschmelzung der Schulhausneubauten auf der „Buhn“ für Alleinstehende mit der Stadt Zürich ab 1. Januar 1934. ungenügend berücksichtigt werden. mit eigenem Haushalt Fr. 1.20 für Ehepaare ohne Kinder Fr. 1.80 Am 28. Juni 1933 wird das Projekt für den zusätzliche Hilfe je Kind und Bau der Katholischen Kirche zwischen im gleichen Haushalt lebende der Seebacher-, Sonnegg- und Zürcher- unterstützungsberechtigte strasse bewilligt. Person Fr. –.40

141 Politische Parteien in Seebach In das Jahr 1899 fällt die Gründung des her auf die allernotwendigsten Aufgaben „Arbeitervereins Seebach“. Dieser Arbei- beschränken. 75 Prozent der Erwerbs- Genauere Unterlagen über die Entwick- terverein stellte sich die Aufgabe, die in tätigen fanden 1924 ihr Auskommen im lung und Stärke der politischen Parteien Seebach wohnhaften und bereits organi- Gewerbe und in der Industrie. Nur ein in Seebach finden sich erst mit der Ein- sierten Arbeiter zu einer Lokalorganisation Drittel arbeitete in Seebach, zwei Drittel führung des Kantonsratsproporzes. Am 8. zusammenzuschliessen, um auf die von aber in Oerlikon, in der Stadt Zürich und in Juli 1917 wurde der Zürcher Kantonsrat der bäuerlich-bürgerlichen Seite betrie- anderen Gemeinden. Dieses Missverhält- erstmals nach dem Verhältniswahlsystem bene Gemeindepolitik Einfluss nehmen nis ist umso auffallender, als Seebach seit gewählt. Die nachfolgenden Ergebnisse zu können. Diesem Arbeiterverein ist al- der Jahrhundertwende eine starke Bautä- der Wahlen auf kantonaler und eidge- lerdings kein langes Leben beschieden tigkeit und in Prozenten ausgedrückt eine nössischer Ebene geben Aufschluss über gewesen. Im Frühjahr 1903 bildete sich grössere Bevölkerungszunahme als die die Parteistärken im Zeitraum von 1917 daher ein neuer Verein, welcher sich „Po- Stadt Zürich verzeichnete. Die aus dieser bis zur Verschmelzung von Seebach mit litischer Arbeiterverein Seebach“ nannte Entwicklung resultierenden Probleme in der Stadt Zürich im Jahr 1934. Seebach und sehr bald die Grundsätze der Sozial- der Gemeinde führten zur Mehrheit der wies seit der Jahrhundertwende ständig demokratischen Partei anerkannte. Linksparteien, die sie bis zur Eingemein- steigende Prozentsätze an „roten Stim- dung nicht mehr verloren. men“ auf. Dementsprechend setzte sich Von den gleichen Rückwirkungen wie der Gemeinderat nach jahrzehntelanger Affoltern und Schwamendingen betoffen Während , Höngg und Oerlikon in bürgerlicher Mehrheit in den zwanziger – hoher Steuerfuss und hohe Werktaxen der Regel mehrheitlich bürgerlich wählten, Jahren aus vier Vertretern der Sozialde- – liessen sich im Gegensatz zu Oerlikon in traf dies für die anderen Vororte nur aus- mokraten und drei Vertretern der bürger- Seebach keine ertragsstarken Unterneh- nahmsweise zu. Seebach verzeichnete lichen Parteien zusammen. mungen nieder. Seebach musste sich da- von 1917 bis 1932 bei den Kantons- rats- und Nationalratswahlen stets eine Linksmerheit. Rechts- und Linksparteien bei den Nationalratswahlen 1925 und 1928 Mit der Bildung des neuen Stadtkreises 11 hält es schwer, noch einen Überblick Seebach im Vergleich zu Affoltern, Oerlikon und Schwamendingen über die politischen Strukturen und de- ren tatsächliche Stärke im Quartier See- Gemeinde Prozentuales Stärkeverhältnis bach zu vermitteln. Hinzu kommt, dass Rechtsparteien Linksparteien im Verlaufe der Jahre sich neue Parteien 1925 1928 1925 1928 und Gruppierungen bildeten und wieder Seebach 44,6 % 39,8 % 55,4 % 60,2 % auflösten, über deren Verwurzelung und Affoltern 45,3 % 46,2 % 54,7 % 53,8 % Bedeutung im Quartier Seebach keine ge- Oerlikon 54,8 % 50,1 % 45,2 % 49,9 % nügenden Anhaltspunkte vorliegen. Nach Schwamendingen 47,4 % 45,4 % 52,6 % 54,6 % der Eingemeindung entstanden zahlrei- che Vereine, die sich nicht auf Seebach beschränkten. Dies waren vor allem die politischen Parteien, deren Interessen Rechts- und Linksparteien bei den Kantonsratswahlen jetzt aus der Dorfpolitik in einen viel grö- 1926 und 1929 sseren Rahmen hineinwuchsen. Seebach im Vergleich zu Affoltern, Oerlikon und Schwamendingen Die Freisinnige und die Demokratische Partei schlossen sich mit den Schwester- Gemeinde Prozentuales Stärkeverhältnis parteien in den übrigen ehemaligen Vor- Rechtsparteien Linksparteien ortsgemeinden zusammen. Die gleiche 1926 1929 1926 1929 Entwicklung nahm auch die Katholisch- Seebach 40,8 % 35,6 % 59,2 % 64,4 % Konservative Partei, die sich seit 1912 Affoltern 47,1 % 35,0 % 52,9 % 65,0 % Christlichsoziale Partei nannte. Die aus Oerlikon 57,3 % 53,5 % 42,7 % 46,5 % dem 1899 gegründeten Arbeiterverein Schwamendingen 47,5 % 39,6 % 52,5 % 60,4 % Seebach hervorgegangene Sozialdemo- kratische Partei bildete mit den Organisa-

142 tionen in Oerlikon, Schwamendingen und Ähnliches gilt für die Freiwirtschaftliche gangs auf kantonaler und städtischer Affoltern die Sozialdemokratische Partei Partei und andere zeitgebundene Grup- Ebene seit seinem ersten Auftreten im Zürich 11. Auch alle andern politischen pierungen. Aus der Kommunistischen Jahre 1938 in Seebach stets eine beacht- Parteien und Gruppen haben sich sofort Partei ist die heutige Partei der Arbeit liche Stimmenzahl auf sich zu vereinen nach Annahme des Eingemeindungs- hervorgegangen. In der heutigen Schwei- wusste. In neuerer Zeit treten auch im gesetzes zu politischen Kreisparteien zerischen Volkspartei sind weitgehendst Quartier Seebach die POZ und die Na- zusammengefunden. Anderseits ist die die früheren Bauern- und Gewerbevertre- tionale Aktion vermehrt in Erscheinung. 1933 in Erscheinung getretene Nationale ter integriert, während der Landesring der Front nach 1938 wieder verschwunden. Unabhängigen ungeachtet seines Rück-

Eidgenössische Wahlen – Stimmenanteil der Parteien 1919 – 1931

Wahljahr / Demokraten CVP EVP Bäuerliche FdP Grütlianer SP KP Stimmbeteiligung Liste 1919 ( 87 % ) 4’021 ’622 ’857 1’957 1’064 1’694 11’722 – 1922 ( 78 % ) 3’898 ’995 1’404 2’390 1’715 1’115 11’219 1’137 1925 ( 76 % ) 4’429 1’491 2’173 1’499 2’635 – 14’430 1’148 zuzüglich freie Bauernliste = 305 Stimmen 1928 ( 73,5 % ) 3’885 1’689 ’830 2’379 2’348 – 17’070 1’065 zuzüglich freie Evangelische und Soziale Liste = 881 Stimmen 1931 ( 74,6 % ) 3’673 1’432 1’782 2’559 1’961 – 20’161 1’962 zuzüglich Eidg. Front = 175 Stimmen

Kantonsratswahlen – Stimmenanteil der Parteien 1917 – 1932

Wahljahr / Bürgerliche Christlich- EVP Grütlianer Sozial- Kommunistische Demokraten Stimmbeteiligung Liste soziale Partei demokratische Partei Partei 1917 ( 83 % ) 1’880 290 – 296 3’215 – – 1920 ( 88 % ) 1’802 223 – 899 3’309 – – 1923 ( 89 % ) 3’288 385 529 370 3’722 416 – (Die Sozialdemokratische Partei in Seebach erringt mit Emil Oberhänsli, Gemeindepräsident, und die bürgerliche Liste mit Paul Butz je ein Mandat im Kantonsrat.) 1926 ( 82,4 % ) 2’537 599 625 – 5’022 429 – (Die Sozialdemokratische Partei in Seebach holt mit E. Demuth, Bezirksanwalt und Emil Oberhänsli je ein Mandat im Kantonsrat.) 1929 ( 70,8 % ) 2’312 638 – – 5’013 333 – (Die Sozialdemokraten in Seebach können mit E. Demuth und Emil Oberhänsli ihre beiden Mandate im Kantonsrat halten.) 1932 ( 72 % ) 1’277 682 483 – 6’512 702 2’534 (Die Sozialdemokraten E. Demuth und Emil Oberhänsli werden als Kantonsräte bestätigt; neu gehen je ein Mandat an H. Bergmann, Demokrat und J. Strehler, Freisinnig-Bäuerliche Partei.)

143 Flugblatt aus dem Abstimmungskampf von 1929

144 Die Eingemeindung 1934 Walter Akeret

Seebach um die derts zum Arbeitervorort Zürichs und Oer- rie nahm ihrerseits auf Gemeindegebiet Jahrhundertwende likons verdeutlichen: Mit einer Bevölke- Ansiedlung.“ rungszunahme von 909 (1860) auf 5644 (1930) nahm Seebach unter den Vororten Bei fast gleichbleibender Gemeindefläche An der Gemeindeversammlung vom 18. Zürichs einen „Mittelfeldplatz“ ein. Der Au- (ca. 465 ha) bedeutete dies im Zeitraum Mai 1919 stellte der Gemeinderat folgen- tor der „Zürcher Quartierschronik“, Eugen von 1860 – 1930 eine Zunahme der Be- den Antrag: Hermann, meinte dazu: völkerungsdichte von 200 auf 1200 Per- sonen pro km², womit Seebach von den „Der Gemeinderat wird beauftragt, mit „Mit der Entwicklung der Industrie im be- acht engeren Vororten nur von Oerlikon den Organen der Stadt Zürich betr. die nachbarten Oerlikon setzte in den 1880er, und übertoffen wurde. Eingemeindung der Gemeinde Seebach vorallem aber in den 1890er Jahren eine in die Stadt Zürich in Unterhandlungen erste grössere bauliche Entwicklung ein Die überragende Bedeutung der Indus- zu treten und zu diesem Zwecke mit den und zwar naturgemäss im südlichen Dorf- trie zeigt sich auch in der Aufgliederung Nachbargemeinden Oerlikon, Schwa- gebiete, das Oerlikon am nächsten lag… der Erwerbstätigen nach Branchen (siehe mendingen und Affoltern in gemeinsa- Das ist einigermassen die Sturm- und Grafik). Im Jahre 1923 stand aber auf mer Eingabe an den Stadtrat Zürich das Drangperiode der Gemeinde gewesen, Seebacher Gemeindegebiet nur gera- bezügliche Gesuch zu begründen.“ und man kann nicht behaupten, dass de ein Betrieb mit knapp über hundert das Wachstum in jener Zeitperiode für die Mitarbeitern, die Zahl der gesamthaft in Die Tatsache, dass dieser Antrag oppo- Gemeinde besonders gedeihlich war. Je- Seebacher Fabrikbetrieben beschäftigten sitionslos von der Gemeinde zum Be- denfalls trug die mit der Einwohnerzunah- Personen war sogar rückläufig. Ein gross- schluss erhoben wurde, zeigt deutlich me verbundene bauliche Aktivität nicht er Teil der erwerbstätigen Bevölkerung das Ausmass der Resignation angesichts gerade zur Verschönerung des äusseren (schon 1910 rund die Hälfte) musste also unlösbar scheinender Probleme. Einige Ortsbildes bei… Nicht nur als Wohnquar- auswärts arbeiten. Das vorliegende Zah- Zahlen mögen die für Seebach verhäng- tier für die in den Oerlikoner Fabriken lenmaterial der Eidgenössischen Volks- nisvolle Entwicklung vom Bauerndorf in tätige Arbeiterschaft bekam Seebach sein zählung erlaubt leider eine Ausscheidung der Mitte des Neunzehntenten Jahrhun- Gepräge als Arbeiterquartier, die Indust- der verschiedenen Arbeitsorte nicht, doch

145 besteht kein Zweifel dass es sich dabei Ausgaben nur 204’000 Fr. Einnahmen tie konnten die Initiativen wenigstens für neben Oerlikon in zunehmendem Masse gegenüber. Bis ins Jahr 1929 waren die sich in Anspruch nehmen, einen weniger um die Stadt Zürich handelte. Diese Aus- Ausgaben zwar auf 414’000 Fr. gestie- weit gehenden Gegenvorschlag der Re- sage wird durch die Tatsache gestützt, gen, wurden jedoch von den Einnahmen gierung provoziert zu haben, der dann dass 1924 drei Viertel der im Bahnhof (474’000 Fr.) übertroffen. Dass diese Re- 1912 vom Volk angenommen wurde. Die Seebach eingestiegenen Abonnements- lativ günstige Situation durch eine äu- eigentliche Initiative wurde mit 69’000 passagiere nach Zürich fuhren. sserst zurückhaltende Ausgabenpolitik Nein gegen 4’000 Ja deutlich verworfen. bewirkt wurde, zeigt ein Vergleich der Ausgaben pro Einwohner, welche 1924 Finanzlage und für alle Vororte durchschnittlich 150, in Vereinigung mit Oerlikon „Seebacher Initiative“ Seebach jedoch nur 104 Fr. betrugen. oder Zürich? Tatsächlich nahmen die Einkünfte aus di- rekten Steuern in Seebach von 1921 (ca. Ausgangspunkt für die neuerlichen Ein- 350’000 Fr.) bis 1929 (230’000 Fr.) deut- Doch damit war das Uebel ebensowenig gemeindungsbestrebungen nach der lich ab! Das durchschnittliche Einkommen beseitigt, wie durch das neue, 1921 in ersten Stadtvereinigung von 1893 war der Steuerpflichtigen war im gleichen Zeit- Kraft gesetzte Steuergesetz, das ordent- wiederum die katastrophale Finanzlage raum ebenfalls rückläufig, ebenso wie das liche Finanzausgleichsbeiträge vorsah. vieler Vorortsgemeinden der Stadt. In der Vermögen. (1921 machten diese für Seebach 80’000 Folge eines Unterstützungsgesuches des Fr. aus.) So ist es nicht weiter verwunder- ebenso bedauernswerten Winterthurer Die Gemeinde wurde durch diese Ent- lich, dass weiterhin nach Lösungen ge- Vorortes Wülflingen an den Kantonsrat wicklung gezwungen, zur Deckung des sucht wurde: Ein Anschluss an Oerlikon, nahm der Regierungsrat in den betrof- nötigsten Bedarfs einen hohen Steuerfuss mit dem Seebach ja stark verwachsen fenen Gemeinden Abklärungen vor. Der festzusetzen. Hinter Affoltern, welches war, wurde diskutiert. Doch an einer Kon- Tenor der Antworten stimmte mit der Stel- fast die ganze Zeit sogar den maximalen ferenz der Behörden der vier Glattalge- lungnahme Altstettens überein: Steuersatz verlangen musste, lag See- meinden Affoltern, Oerlikon, Schwamen- bach meist an zweiter Stelle unter den dingen und Seebach führte der Oerlikoner „Die wesentlichen Faktoren für den Eintritt Vororten der Stadt Zürich. Die Steuerbe- Gemeindepräsident Näf aus: der misslichen finanziellen Verhältnisse lastung schreckte jedoch gute Steuerzah- der Gemeinden sind durch die Zuwande- ler von der Wohnsitznahme ab, wodurch „Es ist auch zum Teil zugegeben, dass rung vermögensloser, steuerschwacher die Belastung noch mehr wuchs. Die Oerlikon mit seinem bedeutenden Steu- Elemente und die durch die Bevölke- „Besserstellung von Oerlikon gegenüber erkapital ein „Gross-Oerlikon“ wesentlich rungsvermehrung bedingten vermehrten Seebach macht sich denn auch täglich unterstützen könnte, keinesfalls aber in Ausgaben bewirkt worden.“ Der Stadtrat dadurch bemerkbar, dass bessere Steu- dem Masse, dass dasselbe auf die Dauer von Zürich meinte: erzahler der Gemeinde Seebach den Rü- lebensfähig wäre. Es müsste von Anfang cken kehren und in Oerlikon Wohnungen an der höchst zulässige Steuerfuss in „Wird man vor die Frage gestellt, in wel- nehmen“ heisst es in einer Stellungnahme Anwendung gebracht werden, was ent- cher Weise notleidenden Vorortsgemein- des Seebacher Gemeinderates zur späte- schieden eine empfindliche Kapitalflucht den industrieller Zentren aufgeholfen ren Eingemeindungsinitiative. verursachen würde und zwar umsomehr, werden könne, so hat man in erster Linie als die reiche Stadt Zürich mit der einfa- zu untersuchen, ob die Hauptgemein- Ähnlich wie Aussersihl vor der ersten Ein- chen Gemeindesteuer auszukommen in de und die Vorortgemeinden nicht allein gemeindung belasteten auch später viele der Lage ist. Die Verarmung von „Gross- wirtschaftlich, sondern auch örtlich und Vororte Zürichs die Kosten für das Schul- Oerlikon“ würde jedenfalls nach kurzem baulich eng zusammenhangen und ge- wesen am meisten. Man versuchte da- Zeitraum in ähnlichem Masse eintreten wissermassen ein Ganzes bilden. Ist dies her, diese Kosten wenigstens partiell dem wie dies heute bei Affoltern der Fall ist. der Fall…, so sollte mit der Vereinigung… Staat zu überbinden Unter dem Präsidi- Auch diese Lösung kann weder für Affol- nicht gezögert werden.“ um des Seebacher Gemeindepräsidenten tern noch für die übrigen Gemeinden Ret- Wüst (dem.) verlangte im Jahr 1909 ein tung bringen. Der Gemeinderat Oerlikon Doch wie stand es denn nun mit der Initiativkomitee durch staatliche Beitrags- vertritt einstimmig die Ansicht, dass nur Finanzlage unseres Seebach? Betrach- leistungen an das Schulwesen die finan- ein Anschluss an Zürich in Frage kom- ten wird die Entwicklung der Gemein- zielle Ueberforderung der Gemeinden zu men kann.“ Der Seebacher Kantonsrat derechnungen, so ergibt sich folgendes lindern („Seebacher Initiative“). Wie so Demuth (SP) verwies in der Diskussion Bild: Im Jahre 1911 standen 256’000 Fr. häufig in der schweizerischen Demokra- auf schon eingereichte Eingemeindungs-

146 gesuche der Limmattalgemeinden Albis- meindung“ finden! Erst 1922 schloss die ten aber bleiben bloss die Lasten… Der rieden und Altstetten. Er forderte rasches städtische Rechnung wieder positiv ab unnatürliche Zustand, wonach die armen Handeln „um gleichzeitig aufgenommen und der Steuerfuss konnte sukzessive Vororte der reichen Stadt Zürich Lasten werden zu können, denn andernfalls wür- auf 118% reduziert werden. So passt es abnehmen müssen, darf nicht weiter be- de wohl die Vereinigung Jahrzehnte auf auch nicht schlecht, dass der Seeba- stehen.“ sich warten lassen“. So beschloss man, cher Gemeinderat Ende November 1922 sich von den Gemeindeversammlungen auf Anregung des neuen Gepräsidenten Die dreizehn von der Initiative direkt be- die Kompetenz zur Aufnahme von Einge- Oberhänsli (SP) beschloss: „Der Stadtrat troffenen Gemeinden wurden vom Re- meindungsverhandlungen mit der Stadt Zürich wird um Kenntnisgabe betr. den gierungsrat zur Stellungnahme aufgefor- erteilen zu lassen, wovon zu Beginn die- Stand der Eingemeindungsangelegenheit dert. Eine Eingemeindung lehnten Kilch- ses Aufsatzes schon die Rede war. unserer Gemeinde mit der Stadt ersucht.“ berg und Zollikon, sowie Schlieren ab, in Eine allfällige Antwort auf dieses Schrei- Höngg waren die Meinungen geteilt; die Die vier Gemeinden sandten dem Stadtrat ben ist uns nicht bekannt. übrigen acht Vororte sprachen sich für die von Zürich ein gemeinsam unterzeich- Vereinigung aus. In der Vernehmlassung netes Schreiben, das in die Folgerung Wiederum war es die Gemeinde Affol- des Seebacher Gemeinderates lesen wir: ausmündete: tern, welche den Stein ins Rollen brachte, als die Gemeindeversammlug 1924 ent- „So konnte z.B. unsere Gemeinde nicht „Die Stadt Zürich und die wiederholt er- schied, die Initiative zur Eingemeindung an den Ausbau sozialer Werke denken, wähnten Vororte bilden heute schon ein zu ergreifen. ja es fehlten ihr sogar die Mittel, grössere derart intensiv ausgeprägtes Wirtschafts- Reparaturen an den Schulhäusern vor- gebiet …, dass der Zusammenschluss nehmen zu können. Die Gemeinde war mit Zürich ernsthaft und allein noch in Fra- Die Eingemeindungsinitiative genötigt, diese sukzessive ausführen zu ge kommen kann. Nur durch rechtzeitige von 1925 lassen und ging dabei des Staatsbeitra- Vereinigung wird es möglich sein, einer ges verlustig… Dass das heute bestehen- gesunden Entwicklung nach einheitli- de Verhältnis, wo Zürich & Oerlikon über chem, grosszügigem Plane vorzubauen.“ Am 11. Januar 1925 beschloss eine 100% Steuern weniger erheben müssen Konferenz mit Vertretern verschiedener als Seebach, mit der Zeit für Seebach Schon wenige Tage später, im Juli 1919, Vorortsgemeinden die Lancierung einer vollständig ruinös wirken wird, ist ein- war die Antwort des Stadtrates da: „Der Volksinitiative zur Vereinigung von zwölf leuchtend… Seebach erhält deshalb viel- Stadtrat beehrt sich, Ihnen mitzuteilen, Gemeinden mit der Stadt Zürich. Diese fach nur Zuwachs aus Steuerpflichtigen, dass er gegenwärtig noch nicht in der Initiative wurde in Seebach mit grossem die überhaupt nicht beabsichtigen, Steu- Lage ist, zu der Vereinigungsfrage grund- Engagement unterstützt, was sich etwa ern zu zahlen. Das bedingt, dass unsere sätzlich Stellung zu nehmen.“ Aber auch auch an der Bereitschaft des Gemeinde- steuerschwache Gemeinde einen ste- das Glattal werde in die schon für die rates ermessen lässt, dem Initiativkomitee ten Lebenskampf zu führen genötigt ist, Gemeinden Albisrieden, Altstetten und trotz Finanzmisere mehrere Beiträge aus währenddem die begüterten Gemeinden Höngg beschlossenen Erhebungen der der (leeren) Gemeindekasse zukommen kaum wissen, wie sie ihre zur Verfügung städtischen Aemter einbezogen. zu lassen. Die Begeisterung der Seeba- stehenden Mittel verwenden müssen.“ cher Bevölkerung ging sogar so weit, Nach dieser Ballung von Eingemeindungs- dass einzelne Einwohner die Initiative Wenig Verständnis hatte man für das Ar- bestrebungen in den Jahren 1918/19, gleich mehrmals unterschrieben, weshalb gument, gleich zwölf selbständige Ge- die auch als Kettenreaktion verstanden sich der Gemeinderat bei der Direktion meinden dürfe man nicht auslöschen, werden muss, wurde es in den folgenden des Innern dafür einsetzen musste, diese oder wie dies der freisinnige Chefredaktor Jahren auffallend still. Der Grund dafür Uebereifrigen nicht zu bestrafen. der „Zürichsee-Zeitung“, Theodor Gut, lag bei der miserablen Finanzlage der am 10 Mai 29 formulierte: „In der Epo- Stadt, die 1920 sogar gezwungen war, Anfang März 1926 wurde die Initiative dem che, da die Schweiz berufen ist, von der den Steuerfuss von 120 auf 180% zu Kantonsrat mit rund 25’000 Stimmen ein- Zinne Europas das Banner der Demo- erhöhen. Dadurch verlor sie natürlich für gereicht (erforderlich waren 6000). In der kratie flattern zu lassen über mehr denn die Vororte stark an Attraktivität. Dies wird Begründung zur Initiative heisst es: einem halbem Dutzend Diktaturen, wollen auch durch die Tatsache illustriert, dass wir hingehend, um an einem Sonntag wir im Seebacher Gemeinderatsprotokoll „Heute greift die Stadt wirtschaftlich weit zwölf Rekrutenschulen dieser Demokratie in den Jahren 1920/21 keinen einzigen über ihre Grenzen hinaus… Zürich hat zu unterdrücken.“ Dagegen führte der Eintrag unter dem Stichwort „Einge- dadurch enorme Vorteile… Den Voror- Seebacher Demuth in den Verhandlun-

147 bürgerlichen Aktionskomitees anzuregen, das sich dann unter dem Präsidium des freisinnigen Stadtzürcher Architekten Otto Bickel-Schirmer auch konstituierte.

Regierungsrat und Kantonsrat beantrag- ten dem Volk die Ablehnung der Initiative, da eine solche nicht zwingend notwendig sei. Zudem könne sie auch die Probleme der armen Landgemeinden nicht lösen, weshalb der geschlossene Widerstand der Landschaft zu erwarten sei.

Den Abstimmungskampf führten beide Seiten mit einem für damalige Verhältnisse enormen Aufwand und grosser Erbitte- rung. Bei einer hohen Stimmbeteiligung von 82% wurde die Initiative schliesslich am 12. Mai 1929 mit rund 75’000 Nein gegen 59’000 Ja verworfen. Von den 180 Gemeinden des Kantons hatten 155 die Initiative abgelehnt, darunter auch Kilch- berg und Zollikon. Alle übrigen Vororte und die Stadt stimmten zu, Seebach mit 1332 Ja zu 86 Nein! gen der kantonsrätlichen Kommission In der Tat war aus bürgerlicher Sicht zu aus: „In einigen Gemeinden besteht die befürchten, dass die Vereinigung aller Finanzausgleichsgesetz Autonomie nicht mehr, sie können nicht dreizehn Gemeinden die Sozialdemo- mehr schalten und walten wie sie wollen. kraten stärken würde. Zwar hatten nur Schon im November 1927 hatte der Re- Wenn der Bürger weiss, dass der Ge- sieben der zwölf Vororte bei den Natio- gierungsrat ein „Gesetz über den Finanz- meinde die finanziellen Mittel fehlen, wird nalratswahlen von 1925 mehrheitlich links ausgleich“ vorgelegt, das einerseits den er gleichgültig.“ gewählt (dazu gehörte auch Seebach) finanzschwachen Landgemeinden Hilfe und in fast allen Gemeinderäten waren durch den Kanton, andererseits den ar- Interessant war die Haltung des Zürcher die Bürgerlichen in der Überzahl (Seebach men Zürcher Vorortsgemeinden Beiträge Stadtrates. Unter Führung des sozialde- hatte ab 1925 eine knappe SP-Mehrheit). durch die Stadt und die reichen Vororte mokratischen Bauvorstandes I (und spä- Zusammen mit der knappen Linksmehr- gewähren sollte. Die Linksparteien be- teren Stadtpräsidenten) Emil Klöti, einem heit in der Stadt ergäbe sich aber voraus- kämpften das Gesetz als einen de fac- der Hauptpromotoren der Eingemein- sichtlich auch für die erweiterte Stadt ein to-Gegenvorschlag zur Eingemeindung. dung, sprach sich eine knappe Mehrheit sozialistisches Uebergewicht, die bürger- Die Meinungen in den Vorortsgemeinden (3 SP und 2 Freisinnige) für die Initiative lichen Parteien würden also Gemeinden waren geteilt. So ging es dem Finanz- aus. Ihnen ging es – neben der Hilfe für die „verlieren“. Auch aus diesem Grund wur- ausgleichsgesetz nicht viel besser als der finanziell bedrängten Gemeinden –- dar de die Eingemeindungsinitiative nur von Eingemeindungsinitiative. Nach heftigem um, die Entwicklung des immer stärker der Linken einhellig unterstützt. Abstimmungskampf wurde die Vorlage zusammenwachsenden Wirtschaftsrau- mit 48’000 : 43’000 Stimmen bei schwa- mes besser in den Griff zu bekommen. Die Die bürgerlichen Befürworter mussten cher Stimmbeteiligung und auffallend Minderheit, allen voran der demokratische sich daher dauernd gegen den Vorwurf vielen Leerstimmen bachab geschickt. Stadtpräsident Nägeli – der sich früher wehren, „Steigbügelhalter“ der Sozialde- Die meisten Vororte hatten ebenfalls ab- auch für eine Eingemeindung ausgespro- mokraten zu sein. Dies veranlasste einen gelehnt, Seebach allerdings mit 456 : 453 chen hatte –, lehne die Initiative vor al- der aktivsten Befürworter einer Einge- Stimmen hauchdünn angenommen. Man lem aus finanziellen und parteipolitischen meindung, den alt Lehrer Jakob Meier aus wollte hier – wie auch in Affoltern – lieber Gründen ab. Seebach, die Bildung eines getrennten den Spatz in der Hand…

148 Pro und kontra Eingemeindung: Abstimmungsplakate von 1929 Flugblatt aus dem Abstimmungskampf von 1931

149 Der Kompromiss: Eingemein- Da die linke Mehrheit Forderungen der orte an die Stadt. Später mussten dann dung und Finanzausgleich bürgerlichen Parteien nur unvollständig auch noch die Rechnungsabschlüsse der zu erfüllen bereit war, wurde schliesslich Vorortsgemeinden geprüft werden. Da auch die Gemeindeordnung nur mit einer sich deren Behandlung im Gemeinderat Nach Abklingen der ersten Erregung über äusserst knappen Mehrheit von 136 Stim- bis Frühjahr 1935 verzögerte, lief dessen den Ausgang der Abstimmung mehrten men in der Volksabstimmung angenom- Kritik an verschiedenen Unkorrektheiten sich die Hinweise auf eine sich anbah- men. Dabei gaben die acht Vororte mit eher glimpflich ab. Immerhin bemerkte nende Verständigung. Bestimmend war einem deutlichen Ja-Stimmenüberschuss der Referent der Rechnungsprüfungs- die Einsicht, dass zwei wichtige Aufgaben den Ausschlag. kommission: „Was einzelne Gemeinde- (Hilfe für arme Vororte und Landgemein- räte sich zuschulden kommen liessen, den) ungelöst geblieben waren. Daher In einem vielbeachteten NZZ-Artikel hat- bedeutete eine glatte Missachtung zwin- fand der Vorschlag, beide Aufgaben ge- te der Zürcher Rechtsprofessor Dietrich gender kantonaler Vorschriften über den meinsam anzugehen, immer mehr An- Schindler die Auffassung vertreteten, ein Ausgleich zwischen den Einnahmen und klang. Umstritten war jedoch weiterhin erweitertes Zürich dürfe „nicht die starke Ausgaben.“ Und der Stadtrat hatte schon der Umfang einer Eingemeindung. Zentralisierung der heutigen Stadt aufwei- vorher konstatiert: „Die Frage, ob für die sen, sondern es müsste den Quartieren… stark ansteigenden Ausgaben Deckung Auch der Regierungsrat entschloss sich ein möglichst weitgehendes Recht der durch Mehreinnahmen vorhanden war, zur gleichzeitigen Lösung beider Proble- Selbstverwaltung im Rahmen der Stadt schien einzelne Gemeinderäte nicht mehr me. Seinem Antrag auf Eingemeindung gelassen werden“. Dieser Ansicht schloss stark zu beschäftigen.“ von vier Vororten (Limmattal und Witikon) sich zwar Klöti an, doch wie so oft steckte wurde im Kantonsrat jedoch ein Gegen- auch hier der Teufel im Detail. Zu Seebach führte der Stadtrat in seiner vorschlag der Direktion des Inneren (!) Weisung an den Gemeinderat unter an- zum Einbezug auch des Glattales vor- Viele von Seebach geäusserten Wünsche derem aus: gezogen. Das Volk stimmte dem Kom- konnten aus verschiedenen Erwägun- promisswerk am 5. Juli 1931 mit 70’000 gen nicht erfüllt werden. Vor allem die „Sowohl in den Einnahmen als auch in : 35’000 Stimmen deutlich zu. Die acht Schaffung eines eigenen Quartierbüros den Ausgaben sind auf vielen Titeln grö- direkt von der Eingemeindung betroffe- wurde wegen der zu geringen Distanz ssere Abweichungen vom Voranschlag nen Vororte befürworteten die Vorlage mit zum Kreisbüro in Oerlikon vom Stadt- festzustellen. Ein Vergleich der Voran- 8648 Ja gegen 937 Nein (Seebach 1317 rat abgelehnt. Dennoch beschloss der schlags- und Rechnungszahlen erweckt Ja: 39 Nein!), die Stadt mit 27’000 : 9500 Seebacher Gemeiderat, das Ergebnis zu den Eindruck, dass bei der Aufstellung Stimmen. akzeptieren, denn „wir haben aber auch des Voranschlages nicht mit der nötigen gar keinen Grund, sich mit dieser Lösung Sorgfalt vorgegangen worden sei… Der nicht einverstanden zu erklären, Oerlikon Einholung von Staatsbeiträgen wurde in Der Vollzug und Seebach werden das Hauptglied des der Gemeinde Seebach nicht die nötige zukünftigen Kreises 11 sein und bleiben Aufmerksamkeit geschenkt. Teilweise er- Als erstes sollte die Gemeindeordnung und werden auch die bis anhin bestan- folgten die Eingaben mangelhaft, teilweise einer Totalrevision unterzogen werden. In denen Gegensätze zwischen den bei- zu spät oder dann gar nicht… Für den dem um 22 Vorortsvertreter erweiterten den Gemeinden im Interesse der Allge- Unterhalt der Strassen pro 1932 wurde Grossen Stadtrat (Legislative) wie auch in meinheit verschwinden“ (Gemeinderat H. überhaupt kein Beitrag nachgesucht, was der Oeffentlichkeit wurde der Ende 1931 Bergmann in der Sitzung vom 18.7.33). einen Verlust von etwa Fr. 1’500 zur Folge vom Stadtrat vorgelegte Entwurf heftig hatte.“ diskutiert. In Seebach machte man sich Aber noch waren unzählige weitere Mass- zunächst Hoffnungen, zusammen mit Un- nahmen zum Vollzug der Eingemeindung Immerhin blieb den Seebacher Gemein- teraffoltern einen eigenen Stadtkreis bil- durchzuführen. Sie reichten, um nur ei- defunktionären die Peinlichkeit anderer den zu können, eine Hoffnung, die jedoch nige Beispiele zu nennen, von der Um- erspart, an sich genommenes Gemein- vom Stadtrat schon bald jäh geknickt benennung von Strassen (es existierten deeigentum (Bücher, Uhren, Fahrräder wurde. Zahl und Grösse der Schulkrei- bis fünf Mal die gleichen Bezeichnungen usw.) der Stadt zurückgeben zu müssen. se, sowie die damit verbundene Frage und das Polizeiamt hatte insgesamt 280 der Haupt- oder Nebenamtlichkeit deren Vorschläge zu prüfen), über die Frage So blieben denn nur noch die Wahlen Präsidenten waren zwar gesamthaft weit der amtlichen Publikationsorgane bis zur zum neuen Gemeindeparlament, dem umstrittenere Fragen, warfen jedoch im Übergabe von Amtsgeschäften, Archiva- Gemeinderat. Diese wurden überschattet Glattal keine hohen Wellen. lien, Vermögen und Grundbesitz der Vor- von der Bildung eines „vaterländisch-anti-

150 marxistischen Blockes“, dem alle bürger- dem man hierin hören muss, dass die Eingemeindung zu einem grossen Teil zu lichen Parteien (ausser den Demokraten) Stadt ihre Steuern erhöhen muss, so wird verdanken und so soll auch er das letzte und die faschistische Nationale Front an- es dennoch die Höhe von Seebach nicht Wort in diesem Aufsatz haben. In der gehörten. Bei einer Wahlbeteiligung von erreichen. Seebach wäre durch Krise mit Eröffnungsrede vor dem neugewählten 85% errangen die Frontisten vor allem auf ihren Begleiterscheinungen und durch Gemeinderat sagte Klöti angesichts der Kosten der Freisinnigen zehn Mandate. den Bau eines neuen Schulhauses zum schwierigen wirtschaftlichen Lage der Trotz dieser Listenverbindung konnten Maximum der Steuern gelangt eventl. Dreissiger Jahre: die Sozialdemokraten ihre hauchdünne wäre es auch noch so weit gekommen, absolute Mehrheit verteidigen. Auch im dass der Staat hätte nachhelfen müs- „Versuchen wir, einen Blick in die Zukunft gleichzeitig neu gewählten Stadtrat be- sen… Wir in Seebach können uns freuen, zu werfen, so müssen wir zunächst den hielten sie die Mehrheit und Klöti wurde dass die Eingemeindung zustande ge- Zeitpunkt der Eingemeindung als recht gegen einen bürgerlichen Kandidaten kommen ist und wollen dabei hoffen, dass ungünstig bezeichnen… Andererseits glanzvoll im Amt des Stadtpräsidenten wir in unserer Gegend fortschrittlich und aber ist gerade jetzt, wo der Fortbestand bestätigt. nicht stiefmütterlich behandelt werden.“ des bisherigen Zustandes für einzelne Vororte von ruinöser Wirkung gewesen An der letzten Gemeinderatssitzung zog Uebrigens fand – zum Teil übel vermerkt wäre, die durch die Eingemeindung er- Seebachs Gemeindepräsident E. Ober- – zur Jahreswende keinerlei Festlichkeit, reichte Solidarität der Einwohner des hänsli ein Fazit der jahrelangen Einge- etwa Schlüsselübergaben aus den Vor- erweiterten Stadtgebietes dringendstes meindungsbestrebungen: orten oder dergleichen, statt, was den Gebot.“ nüchternen (und äusserst sparsamen) „Mit einigem Unangenehmen, meine Her- Stil des Stadtpräsidenten aufs Trefflichs- ren, bekommen wie auch viel Angeneh- te charakterisiert. Seinem unermüdlichen mes. Die Steuern reduzieren sich trotz- Einsatz und seiner Beharrlichkeit war die

Politisches Plakat zur Abstimmng von 1931

151 Wohnhäuser und Trauerweide an der Schaffhauserstrasse (heute Wohn- und Geschäftshaus Schaffhauserstrasse 446 – 448 und Friesstrasse 60). Die Liegenschaft rechts im Bild diente den Behörden von Seebach von 1907 bis zur Eingemeindung als Gemeindehaus (Aufnahme von 1925).

152 Erinnerungen des letzten Kanzlisten Kurt Wirth, 07

Meine Wahl in die Gemeindeverwaltung nisse, die heute unter den Begriff Daten- Auf den Schalterdienst wurde niemand Seebach im Jahre 1930 erfolgte nicht schutz fallen und natürlich der Geheim- psychologisch vorbereitet. Das konnte ganz problemlos, jedenfalls nicht aus der haltung unterstanden, wie z.B. Vorstrafen, schon auch etwa zu roten Köpfen führen Sicht des mehrheitlich sozialdemokra- Todesursachen („gefallen in der Schlacht in Anbetracht der nun doch stark zuneh- tisch zusammengesetzten Gemeinde- zu Tannenberg 1914“ oder „am Isonzo menden Arbeitslosigkeit. Diese hatte für rates. Eigentlich wurde ich, nicht ganz 1917/18“). Je nach Neigung konnte man mich eine Zunahme des Arbeitspensums zu Unrecht, damals als von Haus aus sich auch erfreuen an Heiratsdaten und zur Folge, das nicht mehr allein bewältigt bürgerlich eingestuft, sodass man, trotz Ankunft des Erstgeborenen. – Gelegent- werden konnte. Sodann aber – und dies bester Aufnahmeprüfung, etwelche Mühe lich brachten Brautpaare zur Trauung war eindeutig unangenehm – schaffte ich hatte, meine Wahl vorzunehmen. Das An- keine rechtsgültigen, z.B. minderjährige, mir fühlbare persönliche Gegnerschaft, fangs-Jahresgehalt von Franken 3 825.–, Trauzeugen mit. Das verschaffte mir das weil ich nur ausnahmsweise in der Lage schon damals nicht fürstlich, mag mitbe- Vergnügen, einspringen zu dürfen, damit war, Arbeit zu vermitteln. Diese Situati- stimmend gewesen sein, die politische die Trauung gleichwohl vollzogen werden on wurde auch nicht viel besser, als Ar- Fehlbesetzung des Kanzlistenpöstlis ge- konnte. Ob sie glücklich geworden sind, beitskräfte beim Bau des Schulhauses genüber der Partei zu rechtfertigen. Mein diese Paare, die ich ja nicht kannte? Der Buhnrain benötigt wurden. Inzwischen Konfirmations-Pfarrer Hermann Maag hat zuständige Beamte hielt sich peinlich an war der Kampf darüber entbrannt, ob mir zur Wahl jedenfalls herzlich gratuliert. die Vorschrift, vor dem Jawort der Paare das Schulhaus ein Flach- oder ein Steil- An Personal war vorhanden: Gemeinde- keine Eintragungen im Eheregister vor- dach erhalten solle. Das Projekt Dr. Rohn schreiber Fritz Hug, Kassier Jakob Rüm- zunehmen. Die Folge davon war, dass sah ein Flachdach vor. Eine Neuprojektie- meli; Gutsverwalter; Steuersekretär Hans eine Trauung schon so bis zu einer Drei- rung hätte wieder längere Zeit erfordert, Eichenberger, Zivilstandsbeamter (Gottl. viertelstunde dauern konnte. Das reich- die Schaffung von Arbeitsplätzen wäre Meier/Georg Roth) zwei Kanzlisten und te gerade für einen durstigen Kutscher, verzögert worden. Diese Angelegenheit zwei Weibel (Müller/Zwahlen); Einwohner- sich im benachbarten Restaurant „Zum wurde politisch entschieden, die Gemein- zahl 1930: 5612. Seebacherhof“ gebührend zu verpflegen. deversammlung drängte auf Arbeitsplätze Um dabei zu bleiben, auch meine eigene und genehmigte das Flachdach. Die Ein- Meine erste Arbeit war die Vorbereitung Trauung wurde hier an meinem Arbeits- weihung selbst fand übrigens als erster der Volkszählung durch Ausfertigung der orte geschlossen, was doch wohl eine Anlass im neu erstellten „Landhus-Saal“ Hausbogen, nach denen die Zähler dann Seltenhei sein dürfte. 1934 statt. Der Stundenlohn der Arbeiter vorzugehen hatten. Schon bald wuss- betrug max. Franken 1.30. Für mich galt te ich als geborener Seebacher genau, Seebach ist stets Anziehungspunkt für es, alle zwei Wochen die Arbeitskräfte wer in welchem Hause wohnte, ohne die arme Leute gewesen. Wir fragten uns auszuwechseln, damit möglichst viele Leute persönlich zu kenne, sodass ich häufig, weshalb sie wohl unser Dorf als zum Zuge kommen konnten. Es ist leicht als lebendes Adressbuch gelten konnte. Wohnsitz erwählten, dies besonders auszumachen, dass solche Tätigkeit nie- dann, wenn kurz nach der Anmeldung mandem Freude bereitete und noch weni- Ganz sachte begann die Reduzierung bereits Fürsorgesekretär Moritz Schmid ger Dank einbrachte. Die berufliche Inan- des Ausländerbestandes und zwar auch aufkreuzte, um in die Personalien Einsicht spruchnahme hatte inzwischen das Maxi- derjenigen, die schon jahrelang als Sai- zu nehmen, Bevorzugtes Quartier dieser mum des Leistbaren erreicht, sodass ich sonniers bei uns tätig waren, so z.B. von Kategorie war u.a. die Johannastrasse ( um Einreihung in die höhere Gehaltklasse Feltre, Bergamo, Olgiate-Comnasco, etc. = Johanna Morgenthaler-Ehrensperger, ersuchte. Dem Begehren war vorerst ein Deren Pässe wurden mir anfangs Sai- frühere Eigentümerin des Landes), heute vollständig ausserhalb liegendes Ereig- son meist global von den beiden Wirten Starengasse, die dann aber wegen der nis nicht besonders förderlich, nämlich z.Talgarten und Amaducci überbracht. dort häufig auftretenden Streitigkeiten die Feuerwehrhauptprobe, mit nachfol- Die Einwohnerkontrolle vermittelte Kennt- „Theatergasse“ genannt wurde. gendem Schübligbankett und Freinacht.

153 Bei späterer Heimkehr behändigte ich Altersheim Grünhalde weichen musste. war. Wieder einmal mehr hat sich das im Restaurant „Ziegelhütte“ ein Rösslig- Manche Seebacher gaukelten sich vor, Shakespearewort voll bewahrheitet: schirr, mit dem ich in selbstzufriedenem wenn sie dann einmal bei der Stadt sei- Zustande die Einwohnerschaft angeblich en, werde alles besser. Alles ist natürlich Was wir verachtend „beunruhigte“. Der Polizeivorstand zeigte nicht besser geworden, aber anders. Der Oft hinweggeschleudert, für den Spass wenig Verständnis und persönliche Kontakt zur Verwaltung brach Das wünschen wir zurück. machte geltend, ein solch Subjekt gehöre anfangs Januar 1934 abrupt ab, man- Was jetzt uns freut, nicht nur nicht befördert, sondern müsste gelnde Arbeitsplätze konnten z.B. nicht Sinkt mit der zeiten wechsel eigentlich eher vom Dienst suspendiert mehr mir persönlich angelastet werden, Und verkehrt sich ins gegenteil: werden; o tempora o mores! die Krise dauerte denn auch noch 3 Jah- Gut ist sie nun, weil tot. re an. Beim Übergang zählten wir 357 Im krassen Gegensatz dazu stand ein Ganz-, sowie 178 Teilarbeitlose. Statt fast gleichzeitig erlassener Gemeinde- Mehrlohn zu erhalten, wurde dem Per- ratsbeschluss. Das Kommando der Mitr. sonal ein Krisenopfer von 7% auferlegt, Kp.IV/98 stellte das Gesuch um meine das noch bis anfangs der Vierzigerjahre Beurlaubung zwecks Erlangung des Fou- in Kraft war. Die Kehrichtabfuhr verlangte riergrades. Das Begehren wurde einstim- einheitlich die Ochsnerkübel. Die Sitte, mig abgewiesen, mit der Begründung, Tote vom Trauerhaus zum Friedhof zu dass „eine fremde Person für die Funktion geleiten, fiel bald einmal dem Verkehr zum des Kurt Wirth auf keinen Fall zugezogen Opfer. Gräber konnten nicht mehr selbst werden könnte.“ gepflegt werden. Die Landpreise zogen erst ca. 15 Jahre später an. Der Sitz der Es stimmt nicht, dass die 39 in Seebach Verwaltung war jetzt Oerlikon oder das gegen die Eingemeindung abgegebenen Stadthaus. Ganz sachte begann man Nein im Personalkreis der Kanzlei zu su- unangenehm zu fühlen, dass die Selb- chen gewesen wären, damals erhoffte ständigkeit vorwiegend aus finanziellen sich das Personal noch einen Mehrlohn Zwängen heraus aufgegeben worden bei der Stadt, was sich dann später als Trugschluss erweisen sollte. Jedenfalls kreuzte bald einmal der Chef des städt. Personalamtes auf, um unsere künftige Einteilung vorzunehmen. Gegen diese er- hoben nahezu alle Einsprachen, die dann unisono abgelehnt wurden, es dauerte teilweise sehr lange, bis jeder seinen dau- ernden Stall gefunden hatte; auch vom städtischen Personal wurden wir nicht be- sonders freundlich willkommen geheisen.

Ausser den üblichen Weibelaufgaben, lag den beiden Polizisten auch die Kon- trolle über sämtliche Verordnungen ob, inkl. Polizeistunde und Konkubinate. Diese wurden spät nachts mit Stichpro- ben kontrolliert und z.B. festgestellt, ob in einer Wohnung wirklich beide Betten getrennt benützt wurden, oder etwa nur eines warm war.

Das Personal der Gemeindewerke un- terstand der Werkkomission und befand sich in der Gerwe, die dann später dem Gebührenmarken der politischen Gemeinde Seebach

154 Umbenennung von Strassen auf Seebacher Boden im Hinblick auf die Vereinigung mit Zürich am 1. Januar 1934

155 Das neuere Ortsbild von Seebach wird stark von den Wohnsiedlungen verschiedener Baugenossenschaften geprägt.

156 Die Baugenossenschaften Selbstdarstellungen

Das Ziel jeder Genossenschaft ist, den die ASIG, sich auch in Seebach nach ter Einbezug eines von der Stadt Zürich Mitgliedern gesunde, billige Wohnungen geeigneten Grundstücken umzusehen. im Baurecht überlassenen Grundstückes zu beschaffen. Sie sucht diesen Zweck zu Mit Hilfe der Zürcher Kantonalbank und zwischen dem Schulhaus Kolbenacker erreichen durch den Ankauf von Land und der Genossenschaftlichen Zentralbank und der heutigen Mattackerstrasse nach Erstellung von Ein- und Mehrfamilienhäu- gelang es in kürzester Zeit von den Land- einem Projekt der Architekten C. Rathgeb sern die möglichst zu den Selbstkosten wirten Hans Strehler, Schaffhauserstrasse und M. Steiger in Oerlikon mit 9 Mehrfa- vermietet werden. Die Genossenschaften 569, und Albert Baumgartner, Schaff- milienhäusern und insgesamt 119 Woh- sind in der Regel politisch und konfessi- hauserstrasse 591, zwei kleine Höfe mit nungen ebenfalls überbaut werden. Die onell neutral. Wohnhäusern, Scheunen, Ställen und Baukosten je Wohnung beliefen sich be- Wagenschöpfen und einem Umland von reits auf Fr. 52’000.–. Die Bauabrechnung über 22.000 m² Land zu erwerben. Die- weist für 1968 einen Kubikmeterpreis von Baugenossenschaft ASIG sen beiden Käufen folgte eine wertvolle ziemlich genau Fr. 150.– aus. An An- Arrondierung durch den Erwerb von rund fangsmieten waren für die Dreizimmer- Otto Nauer 7.000 m² Wiesland von der Erbengemein- wohnungen Fr. 295.–, für die Vierzimmer- schaft Gassmann. Notariatskosten und wohnungen Fr. 355.– zu entrichten. Die Am 8. März 1943 gründeten im Volkshaus andere Umtriebe eingerechnet ergab sich als Alterswohnungen erstellten Ein- und am Helvetiaplatz achtzehn Wohnungs- für die drei Landkäufe ein durchschnitt- Zweizimmerwohnungen erforderten Miet- suchende, vorwiegend Bauarbeiter, die licher Landpreis von Fr. 14.45 per m². zinse in der Höhe von Fr. 155.–, resp. Fr. Arbeitersiedlungsgenossenschaft (ASIG). Auf Grund von Projekten der Architek- 205.–. 1977, nur knapp dreissig Jahre Triebfeder war der Mangel an preislich tengemeinschaft Leuenberger, Flückiger nach der Erstellung der beiden ersten tragbaren Wohnungen, aber auch das und Hochuli entstanden in der Zeit von Bauetappen an der Schaffhauserstrass- Suchen nach Arbeitsmöglichkeiten in 1947 bis 1949 in zwei Bauetappen 25 se und am Sperletweg, mussten diese dem durch den zweiten Weltkrieg stark in Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 150 Bauten einer eingehenden Erneuerung Mitleidenschaft gezogenen Baugewerbe. Wohnungen an der Schaffhauserstrasse und Modernisierung unterzogen werden. Es war dann die Gewerkschaft der Bau- 561 – 601, resp. Stiglenstrasse 3 – 7, Die Einzelofenheizungen in den Wohnun- arbeiter – der damalige Schweizerische sowie ein Mehrfamilienhaus mit 12 Woh- gen und in den Reiheneinfamilienhäusern Bau- und Holzarbeiter-Verband – welcher nungen und 24 Reiheneinfamilienhäuser hatten einer Zentralheizung mit zentraler gemeinsam mit der Genossenschaftli- am Sperletweg 1 – 51. Die Anlagekosten Warmwasseraufbereitung zu weichen. chen Zentralbank der jungen ASIG ein je Wohneinheit betrugen inklusive Land Gleichzeitig erfuhren die Küchen und Bä- Darlehen in der Höhe von Fr. 40’000.– für knapp Fr. 30’000.–. Die Bauabrechnung der eine zeitgemässe Modernisierung. den Erwerb von Grundstücken im „Drei- ergab einen Kubikmeterpreis von 85.60. Fünfzehn Mehrfamilienhäuser erhielten spitz“ in Schwamendingen zur Verfügung zudem grosse, moderne Balkonbauten. stellte. Unter Berücksichtigung der Verbilligungs- 1947/ 48 waren leider an den meisten leistungen von Stadt und Kanton Zürich, Wohnblöcken aus Kostengründen die Ungeachtet der mit dem zu Ende gehen- zum Teil unter dem Titel von Arbeitsbe- Balkone weggelassen worden. den Aktivdienst verbundenen Produkti- schaffungsmassnahmen, stellten sich die onsschwierigkeiten und dem Mangel an Anfangsmieten für die Dreizimmerwoh- Während 1947/48 die Anlagekosten Baumaterialien entstanden im „Dreispitz“ nungen auf Fr. 95.– bis Fr. 110.–, für die inkl. Land je Wohnheit sich auf rund Fr. innerhalb von vier Jahren 220 Reihen- Vierzimmerwohnungen auf Fr. 115.– bis 30’000.– beliefen, erforderte dreissig Jah- familienhäuser, sowie 34 Wohnungen in Fr. 128.–. re später der Einbau der Zentralheizung, fünf Wohnblöcken. Dieser Erfolg, aber der zentralen Warmwasserversorgung, auch die anhaltende Nachfrage nach 1967 konnte der aus den beiden ersten die Erneuerung der Küchen und Bäder so- preisgünstigen Wohnungen, ermutigte Bauetappen verbliebene Baulandrest un- wie des Sanitärsystems und die teilweise

157 bewohnt. Die 72 Kleinwohnungen dienen 38 betagten Ehepaaren und 34 Einzelper- sonen als willkommene, sehr preiswerte Alterswohnungen.

«GEWOBAG» Gewerkschaftliche Wohn- und Baugenossenschaft Jakob Suter

Die „Gewobag“ wurde 1943 von Funkti- onären des Schweiterischen Metall- und Uhrenarbeitnehmer-Verbandes gegrün- det. Während der 40 Jahre ihres Beste- hens wurden 1475 Wohnungen und Ein- familienhäuser gebaut. 89 davon befinden sich in Seebach.

Mit Baubeginn im März 1983 wird eine weitere Überbauung mit 160 Wohnungen in Zürich-Höngg erstellt.

Die Kolonie „Staudenbühl“ in Zürich-See- bach, bestehend aus 41 4½-Zimmer-Ein- familienhäusern, 18 3½-Zimmer- und 30 3-Zimmer Wohnungen, wurde im Frühjahr 1949 bezogen. 1950 erhielt die „Gewo- ASIG-Genossenschaftswohnungen bag“ für diese Überbauung vom Stadtrat die „Auszeichnung für gute Bauten.“

Anbringung von Balkonen im Durchschnitt merwohnungen. Architekt E. Rütti, Oerli- Das Land erwarb die „Gewobag“ von Fr. 23’000.– je Wohnung. Die vom Archi- kon, projektierte und begleitete die hohe Rudolf Meier, der seinen Landwirtschafts- tekturbüro C. Ratgeb in Oerlikon projek- Ansprüche erfüllende Gemeinschafts- betrieb, bestehend aus Wohnhaus mit tierten und begleiteten Erneuerungs- und überbauung Butti/ASIG. Die Anlagekos- Scheune und 23 Grundstükken, total Modernisierungsarbeiten bedingten Miet- ten für die fünf Wohnungen betrugen Fr. 91’000 m² Land, zum Kauf anbot. Das zinsaufschläge in der Höhe von Fr. 125.– 807’400.– oder Fr. 161’500.– je Wohn- alte Bauernhaus befand sich an der Birch- bis Fr. 150.– je Monat und entsprechend einheit. Der Kubikmeterpreis wird gemäss strasse, wo heute das 12-Familienhaus den Wohnungsgrössen. Baurechnung mit Fr. 270.– ausgewiesen. Birchstr. 259/261 steht. Alle von der „Ge- Die Entwicklung der Baupreise (1947/48 wobag“ nicht benötigten Grundstücke Die von der Familie Butti Mitte der sieb- = Fr. 85.60, 1967 = Fr. 150.–, 1978 = Fr. wurden gleichzeitig von der Stadt Zürich ziger Jahre ins Auge gefasste Ueberbau- 270.– je m3) widerspiegelt die Kostenin- gekauft. ung des ehemaligen Werkareales des flation aber auch dem entsprechenden Bauunternehmens L. Butti führte zu einer Anstieg der Lebenskosten in der Zeit von Seit 1949 sind in den Wohnungen und an Landbereinigung zwischen den beiden 1947 bis 1978. den Fassaden aufwendige Sanierungen Nachbarn ASIG und Butti. Das von der durchgeführt worden. ASIG eingebrachte Areal brachte ihr im Zur Zeit werden die Familienwohnungen Rahmen der Gemeinschaftsüberbauung der ASIG am Sperletweg, an der Mat- Mitte der 50er Jahre ist in den 41 Ein- einen Anteil in Form eines Mehrfamilien- tackerstrasse und an der Schaffhauser- familienhäusern die Ofenheizung durch hauses mit fünf Dreizimmer- und Vierzim- strasse von 168 Familien mit 251 Kindern Zentralheizung ersetzt worden. Die 48

158 Wohnungen wurden mit Zentralheizung erwähnten, nicht isolierten und einem Baugenossenschaft erstellt. genau gleichen, aber isolierten Gebäude Glattal Zürich (beide mit eigener Heizung und eigenem Alle 89 Küchen wurden 1976 vollständig Oeltank) eine Oeleinsparung von 24.3% erneuert. 1979 wurden mit Ausnahme Der Jahresbericht 1982 der BGZ beginnt eines bereits früher sanierten 12-Fami- Dass es den Mietern im „Staudenbühl“ mit einem kurzen Rückblick auf 40 Jah- lienhauses alle Gebäude mit einer 6 cm gefällt, beweist der Umstand, dass der ren genossenschaftlichen Wohnungsbau. dicken, thermischen Isolation verkleidet, Anteil der langjährigen Mieter gross ist; Gegen Ende des zweiten Weltkrieges sowie Kellerdecken und Ziegeldächer iso- 14 der 89 sind Erstmieter oder anders war die Wohnungsnot hierzulande sehr liert. Die Isolation bewirkte in der Heizperi- ausgedrückt, sie wohnen seit 1949 in der gross. Für eine Arbeiterfamilie war es fast ode 1980/81 im Vergleich zwischen dem Kolonie. unmöglich, eine ihrem Einkommen ent- sprechende Wohnung zu finden. Unter dem Eindruck dieser Situation versam- melten sich am 23. Dezember 1942 sie- ben weitblikkende und unternehmungs- lustige Männer im Sitzungszimmer des Restaurantes „Baumgarten“ in Oerlikon. Sie wollten zur Bekämpfung der damals bestehenden Wohnungsnot einen Beitrag leisten und gründeten an diesem Tag die Baugenossenschaft Glattal Zürich (BGZ).

Nach der Verwirklichung eines ersten Bauvorhabens im Raume -/Unter- feldstrasse in Schwamendingen, wurden in den Jahren 1944/45 im Gebiet der Kat- zenbachstrasse 20 Mehrfamilienhäuser und 105 Reiheneinfamilienhäuser erstellt. 1946/47 folgte dann der Bau von 130 Reiheneinfamilienhäuser an der Buchwie- sen und 3 Mehrfamilienhäuser am Ende der Katzenbachstrasse. 1950 entstan- den 4 Mehrfamilienhäuser an der Herten- steinstrasse, 1966 der Alterswohnblock Grünhaldenstrasse und 1975 ein zweck- gleicher Bau an der Rümlangstrasse mit 20 Betagtenwohnungen. Hiefür mussten allerdings vier Reiheneinfamilienwohnun- gen geopfert werden. Das vorläufig letzte Bauvorhaben in Seebach wurde 1979 an der Hertensteinstrasse verwirklicht. Der moderne Bau, in dem als Neuerung einige Behindertenwohnungen eingerichtet wur- den, fügt sich sehr gefällig in die zwischen den Jahren 1976 – 1980 mit einem Kos- tenaufwand von ca. 16 Millionen Franken sanierten Altbauten der Genossenschaft.

Im Verlaufe der vergangenen 40 Jahre entstand dank uneigennützigen und un- ermüdlichen Einsatzes, nebst Erfüllung GEWOBAG-Genossenschaftswohnungen der beruflichen Pflichten und Verzicht auf

159 viel Freizeit jedes Vorstandsmitgliedes, Werkstätten und einer grossen Anzahl voran, ausgenommen bei einem Unter- eine Baugenossenschaft mit heute rund von Garagenplätzen. 231 Reiheneinfamili- nehmer, der es für sinnvoll hielt, seinen 1700 Wohnungen und über 70 weiteren enhäuser, 212 Wohnungen und 1 Kinder- Arbeitern in der schönsten Jahreszeit Fe- Mietlokalitäten wie Kindergärten, Läden garten befinden sich in Seebach. rien zu geben.

In den sechziger Jahren war der Auto- boom keine Neuigkeit mehr. Genügend Garagen konnten allerdings nicht erstellt werden. Die verbleibende Grünfläche durch Parkplätze zu reduzieren kam nicht in Frage. So wurden zwei unterirdische Einstellhallen für total 80 Wagen und eini- ge Motorräder gebaut.

Im Anschluss an die eine Halle erstellte die Stadt eine Kaserne für die Kriegsfeuer- wehr. Zum Schutze der Löschfahrzeuge, die in unserer Halle eingestellt werden sol- len, wurde die Decke zusätzlich verstärkt.

Das Elektrizitätswerk bat um Platz für die Aufstellung einer Transformatorenstation, aus der die Siedlung versorgt werden sollte. Leider hatte das zur Folge, dass im Laufe der Jahre die in der Nähe liegenden Heizöltanks durch sogenannte „vagabun- dierende“ Ströme angefressen wurden. Wegen Gefährdung des Grundwassers mussten sie stillgelegt und am Süden- Baugenossenschaft Glattal: Wohnhäuser an der Katzenbachstrasse 47 bis 75, 1944 erstellt. de der Liegenschaft ein grosser Keller mit freistehendem Oeltank erstellt wer- den. Die Häuser haben Deckenheizung Baugenossenschaft dem wir den Bau der neuen Siedlung als und von unseren vier Siedlungen weitaus Hagenbrünneli Generalunternehmer nicht hatten anver- die kleinsten Heizkosten. Heute um so trauen wollen, die wundervolle Parzelle mehr, als die sich in einer der Garagehal- an sich! len befindende Heizanlage erneuert und Walther Huber mit elektronisch gesteuerten Heizkesseln Da aber unsere Bestrebungen bekannt ausgerüstet worden ist. Der Wohnblock Die Baugenossenschaft „Hagenbrünneli“ geworden waren, trug man uns in See- an der Birchstrasse, wurde mit einer Wär- ist eine Gründung von Oerliker Geschäfts- bach eine ganze Reihe von Parzellen zum meisolation versehen, die eine weitere leuten, die nach dem letzten Weltkrieg Kauf an. Wir entschieden uns für das Heizöleinsparung bewirkt. Arbeit aber auch Wohnraum beschaffen Staudenbühl, ein ebenes, erschlossenes, wollten. Da wurde zuerst in Affoltern an preiswertes Areal, welches die Werklei- Auch wenn eine Ueberbauung noch so der Erchenbühlstrasse die erste „subven- tungen bereits in der Nähe besass. gut durchdacht und mit Liebe entworfen tionierte Kolonie“ – wie man damals sagte wird, so zeigen sich nach dem Einzug der – erstellt und unmittelbar anschliessend So entstanden die vier Blöcke, unterteilt Mieter allerlei Dinge, die man besser ma- die Siedlung Hirschwiese, diesmal ohne in 17 Häuser, die 119 Wohnungen enthal- chen könnte. So mussten die Spielplätze, Subvention. Im Interesse einer finanziellen ten. Davon sind je 11 zu anderthalb und für deren Entwurf Fachleute beigezogen Stärkung suchte man nach einer breiteren fünfeinhalb Zimmern, sowie 36 Vierein- worden waren, auf Grund der Erfahrun- Basis und fand sie auch in Höngg. Allein, halbzimmerwohnungen. Von den restli- gen geändert werden. zwei Tage vor der notariellen Beurkun- chen 61 Dreizimmerwohnungen haben dung zog ein grosses Bauunternehmen, 25 Dreieinhalbzimmer. Der Bau ging flott

160 Für die Beleuchtung der Wege waren an wir so wenige Mieterwechsel haben, so Von den rund 50 Bewerbern, die schon Stelle von Lampen auf Kandelabern bo- dürfen wir doch annehmen, dass sich die mehrere Jahre durch Arbeitslosenversi- dennahe Leuchten mit Milchglas gewählt Bewohner des „Staudenbühls“, das mit cherungen unterstützt werden mussten, worden, die aber wegen Unvorsichtigkeit rund 12,5 Millionen Franken zu Buche sind die meisten bäuerlicher Abstam- und Böswilligkeit viel zu viele Reparaturen steht, wohl fühlen. mung und ohne weiteres befähigt, eine erfordern. Wenn wir daran denken, dass Kleinsiedlung mit Erfolg zu berwirtschaf- ten. Vom städtischen Arbeitsamt Zürich und der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich wurden aus der Siedler- liste zehn Familien mit je zwei bis drei Kin- dern ausgewählt. Die Gemeinde Wangen suchte alle Vorwände, um die Baubewil- ligung abzulehnen, weil sie befürchtete, die neuen Bewohner der projektierten Siedlung könnten Armengenössige ihrer Gemeinde werden. Am 25. November 1938 ist der Rekurs an den Regierungs- rat des Kantons Zürich abgesandt wor- den und es erschien uns notwendig, den subventionierenden Behörden von den ganz ausserordentlichen Schwierigkei- ten zu berichten, die diesem praktischen Versuch einer Innenkoloniation im Kan- ton Zürich entgegenstanden. Wangen ist nun bereits die zweite Gemeinde, welche unserem gemeinnützigen Bestreben hin- dernd entgegenwirkte.

Nach mühsamer Anlaufzeit und dem Baugenossenschaft Hagenbrünneli: Wohnhäuser Seebacherstrasse 145 –151, 1965 erstellt. ausdauernden, oft recht deprimierenden Kampf des Vorstandes und des Archi- tekten ist es dann gelungen, die Häuser Baugenossenschaft schaftlichen Kleinbetrieben mit Gemüse, Ende September 1941 den Mietern zu Linth-Escher Zürich Beeren und Baumkulturen. übergeben. Aus den einstigen Vorstellungen von Sieben Hilfsarbeiter aus Industrie und Ernst Nüesch Siedlungsbauten in der Linthebene, de- Baugewerbe, ein Plattenleger, ein Auto- ren Melioration im Jahre 1938 durch eine sattler und ein Automechaniker mit ihren Unter dem Motto „Produktive Arbeitsbe- Botschaft des Bundesrates vorbereitet Frauen und insgesamt 28 minderjährige schaffung“ gründeten 5 Idealisten am 5. und in der Folge tatsächlich auch realisiert Kinder waren fortan die Bewohner bei Juli 1937 die gemeinnützige „Bau- und wurde, ist allerdings für die Genossen- einem Jahresmietzins von Fr. 600.–. Siedlungsgenossenschaft Linth-Escher“, schaft Linth-Escher nichts geworden. wobei ihr Hans Konrad Escher von der Im Herbst 1943 konnten die Mieter die Linth, der Schöpfer und Erbauer des Am Rande des Rietes südlich von Brütti- Häuser käuflich erwerben. Mit einer An- Linthkanals, als Vorbild diente. In den sellen konnte Land für 10 Siedlungsbau- zahlung von Fr. 800.– bis 1’000.– und ei- Jahren der grossen Arbeitslosigkeit be- ten gesichert werden. Mit Zusicherungen ner Hypothek von Fr. 11’500.– – 12’100.– zweckte die Genossenschaft auf politisch von Subventionen der Stadt Zürich, des je nach Grösse des Baulandes (12 – 15a) neutraler und gemeinnütziger Grundlage Kantons Zürich und des Bundes sowie wurden sie Eigenheimbesitzer. den Zusammenschluss von Interessenten Beiträgen aus der Arba-Lotterie (Arbeits- für die gemeinsame Erwerbung von Land, beschaffungs-Lotterie) konnte dann mit Eine weitere projektierte Siedlung in Urdorf die Durchführung der notwendigen Melio- der Realisierung begonnen werden. scheiterte am Widerstand der Gemeinde, rationen und die Erstellung von landwirt- die der „Linth-Escher“ die erforderlichen

161 Subventionen von 1% nicht bewilligte, 3- und 4-Zimmerwohnungen und 19 4- Baugenossenschaft weil sie vom Zuzug kinderreicher Familien und 5-Zimmereinfamilienhäuser bezogen Milchbuck nichts wissen wollte, da ein grösseres wurden. Diese Siedlungen ist 1960 durch Schulhaus notwendig geworden wäre. weitere 24 1- bis 5½-Zimmerwohnungen Günstiger gestaltete sich 1944 der Lan- ergänzt worden. Franz Bachmann derwerb in mit einem m²-Preis von 6.80 bis 9.– Franken an der Bruder- In Oerlikon folgte 1953 die Überbauung Ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg wies- Regen- Leimbachstrasse sowie an Bülach – Winterthurerstrasse – Probus- gründete eine Anzahl unternehmungs- der Zwirnerstrasse. Hier konnten in den weg mit 104 2- bis 4-Zimmerwohnun- freudiger Handwerker eine Baugenossen- Jahren 1946 bis 1947 91 Einfamilienhäu- gen und einem Ladenlokal, das später schaft. Und weil diese Handwerker alle auf ser und 12 Wohnungen bezogen werden. in einen Kindergarten umgebaut wurde, oder rund um den Milchbuck beheimatet Die 103 Familien mit ihren 180 Kindern er- um schliesslich die Büros der Verwaltung waren, gaben sie der Neugründung den hielten so gesunde und preiswerte Woh- aufzunehmen. Namen ihres Quartiers. Ihre Bautätigkeit nungen, die heute noch der Genossen- begann die junge Genossenschaft jedoch schaft gehören. Die Überbauung wurde Die Genossenschaft besitzt heute 270 in der damals noch ländlich anmutenden 1966 durch 1- bis 4½-Zimmerwohnun- Wohnungen und 110 Einfamilienhäuser Gegend zwischen dem alten Dorfkern gen erweitert. Eine weitere Siedlung von und ist überzeugt, dass sich die Mieter in Schwamendingen und dem leider der Au- 14 4- und 5-Zimmereinfamilienhäusern ihren Siedlungen wohl fühlen und in ihrem tobahn zum Opfer gefallenen Aubrüggli, konnte 1947 oberhalb des Bahnhofes in Quartier eine Heimat gefunden haben. der Herzogenmühle. Im Sommer 1949 Bonstetten verwirklicht und als günstige konnten bereits die ersten 89 Wohnungen Eigenheime den kinderreichen Familien bezogen werden. Zwischen 1952 und übergeben werden. 1960 wurden im gleichen Gebiet weitere 55 Einheiten erstellt. Zudem durften in den An der Grubenackerstrasse in Seebach Jahren 1958 bis 1960 – in Zeiten höchster folgten 16 weitere Einfamilienhäuser, die Wohnungsnot – in anderen Teilen Schwa- mit einem monatlichen Mietzins von Fr. mendingens sowie in Affoltern Genossen- 155.– bis 190.– am 1. Oktober 1948 be- schafter in insgesamt 159 preisgünstige zogen werden konnten und in der Fol- Wohnungen einziehen. ge in den Besitz der damaligen Mieter übergingen. Die grösste Überbauung Nachdem sich die bisherige Tätigkeit der entstand 1949 in Seebach im Bereich BGM mit einer einzigen Ausnahme (15 der Birch- Glattal- Honigstrasse, wo 96 Wohnungen an der Riedenhaldenstrasse in Affoltern) auf Schwamendingen be- schränkte, blieb in der Folge auch das Quartier Seebach nicht von den Bauta- feln der BGM verschont! Anfangs 1961 konten die 60 Wohnungen der prächtig gelegenen Siedlung Höhenring/Felsberg bezogen werden. Diesem Bauvorhaben ging ein langer Kampf voraus, ein Kampf gegen verschiedene Gegner. Zuerst gab es heftige Opposition aus der Nachbar- schaft, die sich in Einsprachen und Zei- tungsartikeln gegen das Projekt äusserte und als diese Schwierigkeiten nach lan- gen Bemühungen aus der Welt geschafft waren und endlich mit dem Bau begonnen werden konnte, kam der Kampf gegen den felsigen Baugrund, der sich als här- ter erwies, als anfänglich angenommen Baugenossenschaft Linth-Escher: Wohnhäuser und Kindergartengebäude an der Glattal- und worden war. Nachdem in der Stadt kein Leimgrübelstrasse sowie Buchholzrain, 1958 erbaut. Land mehr zu vernünftigen Preisen zur

162 Gemeinnützige Baugenos- senschaft Röntgenhof Zürich

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Röntgenhof Zürich wurde am 18. Juni 1925 auf Initiative von Produktionsge- nossenschaften gegründet. Die damalige wirtschaftliche Weltlage veranlasste diese Körperschaften, vermehrt zur Selbsthilfe zu greifen, auf genossenschaftlicher Ba- sis preisgünstige Wohnungen zu erstellen und dadurch Arbeitsplätze zu sichern. In den Jahren 1925 – 1934 wurden in elf dezentralisierten Bauetappen in Zürich 550 Wohnungen gebaut. Der allgemein grosse Leerwohnungsbestand während der dreissiger Jahre und die behörd- lich vorgeschriebene Beteiligung mittels Baugenossenschaft Milchbuck: Wohnhäuser am Höhenring 41 bis 45, 1961 erstellt. Anteilscheinen beim Bezug einer Woh- nung, war für die genossenschaftlichen Verfügung stand und trotzdem gegen die in der Beschaffung von gesunden Woh- Bestrebungen kaum förderlich. Während immer noch grassierende Wohnungsnot nungen zufällt und in Anbetracht der Tat- über 20 Jahren folgte daher ein Zeitab- etwas unternommen werden sollte, ging sache, dass dem Wohnungsmarkt trotz schnitt des Konsolidierens. Trotzdem die BGM als eine der ersten stadtzürche- der enormen Bautätigkeit immer noch wurde auf Begehren der Mitgliedschaft rischen Genossenschaften in die Region. Hunderte von Wohnungen fehlen, erach- im Jahre 1949 mit dem Bau von 35 neuen Etappenweise wurden so zwischen 1964 tet es der Vorstand als seine Pflicht, nicht Wohnungen und einem Kindergarten in und 1975 in Birmensdorf und Niederhas- auszuruhen und danach zu trachten, Zürich-Altstetten begonnen, welche im li insgesamt 81, beziehungsweise 302 wenn möglich einen weiteren Beitrag zur Jahre 1950 bezogen wurden. Wohnungen erstellt. Linderung der Wohnungsknappheit zu leisten.“ – Dieser Devise hat die BGM bis Die nun folgende Zeitspanne wurde durch Zwischendurch war man aber auch wie- in die jüngste Vergangenheit getreulich das Handeln des neuen Vorstandes ge- der in Zürich aktiv: Im Jahre 1970 ho- nachgelebt: Seit ihrer Gründung im Jahre prägt. Aufgrund der relativ gesunden norierte der Stadtrat die rege Tätigkeit 1946 hat sie 843 Wohnungen gebaut, finanziellen Grundlage sind dringende der BGM, indem er ihr an der Köschen- 460 in der Stadt (davon 157 in Seebach) Renovationen, Modernisierungen und rütistrasse in Seebach ein rund 8000 und 383 in der Region. Im Zeitpunkt der Erneuerungen durchgeführt worden. Par- Quadratmeter umfassendes Grundstück Niederschrift dieser Zeilen liegt ein bau- allel zu diesen Vorhaben wurde stets auch im Baurecht abgab. Schon im August reifes Projekt für 66 Wohnungen an der versucht, den Zweck der Genossenschaft 1972, nach einer zügigen Planungs- und Schwandenholzstrasse in Affoltern vor, weiter zu verfolgen, nämlich der Erstellung Bauphase, standen 66 Wohnungen, da- gegen das zurzeit leider ein Rekursver- von weiteren Wohnbauten. In den 1960er von 30 Alterswohnungen, bezugsbereit, fahren läuft. Jahren wurden in Rümlang und Effretikon denen 1976 auf einem benachbarten insgesamt 257 Wohnungen erstellt oder Grundstück weitere 31 Einheiten folgten. gekauft.

Im Jahresbericht 1951 schrieb der Vor- Gegen Ende des Jahres 1968 spielte das stand: „Mit der Fertigstellung der zweiten Problem der sanierungsbedürftigen Ko- Etappe könnte die Genossenschaft die lonie 9 an der Neunbrunnenstrasse in Hände in den Schoss legen und mit dem Seebach eine bedeutende Rolle. ausgeführten Werk selbstzufrieden sein. Im Hinblick auf die wichtige und schöne Infolge der sehr einfachen Innenaus- Aufgabe, die den Baugenossenschaften stattung der 30 Wohnungen und den

163 dazugehörigen Gemeinschaftsbädern unter dem Namen „Neunbrunnstrasse“ Die GBRZ heute: 1005 Wohnungen im Kellergeschoss, waren die Mietzinse sondern „Weisshau“. Das lang gehegte 6 Ladenlokale entsprechend günstig. Der Umstand Ziel, Alterswohnungen zu bauen, ist hier 1 Werkstatt der überalterten sanitären Installationen in der Geschichte der GBRZ erstmals 2 Praxen (Arzt und wirkte sich später immer nachteiliger auf erreicht worden. Zahnarzt) die Vermietung aus. Es folgten deshalb 2 Kindergärten Beratungen bezüglich gründlicher Sanie- Zurzeit werden Verhandlungen mit der rung oder Abbruch und Neubau dieser Stadt Zürich geführt, betreffend Überlas- Kolonie. sung eines grösseren Areals im Baurecht Baugenossenschaft Schönau in Zürich-Seebach. Es sollen auf diesem Im Jahre 1970 fand wiederum ein Wech- Land rund 75 neue Wohnungen errichtet Robert Bohrer sel im Vorstand statt. Die neue Leitung werden. hatte sich sofort mit dem inzwischen Die Entstehung der Baugenossenschaft spruchreif gewordenen Projekt „Grünau“ In der Prioritätsfolge werden weitere Ko- Schönau geht auf die Initiative des Ver- in Zürich-Altstetten, einer Gemeinschafts- lonien der Renovation und Modernisie- bandes evangelischer Arbeiter und An- überbauung mit rund 600 Wohnungen rung unterzogen. Der Komfort entspricht gestellter zurück. Dieser erwarb anläss- verschiedener Kategorien, zu befassen. dadurch stets den Ansprüchen, wie sie lich von Landkäufen für seine Siedlung An diesem Bauvorhaben hat sich die an eine zeitgerechte Wohnung gestellt am Höhenring bereits am 12. April 1943 GBRZ mit der Erstellung von 110 Woh- werden. von Jakob Werner’s Erben eine Land- nungen und ebensovielen Abstellplätzen parzelle an der Köschenrütistrasse, die in der Sammelgarage beteiligt. Während Der soziale Gedanke ist bei der GBRZ seit den Grundstock für die nachmalige Sied- der Bauzeit dieser grossen Kolonie gingen jeher verankert. So bestehen schon viele lung am Schönauring bildete. Bis anfangs die Beratungen hinsichtlich Kolonie 9 in Jahre ein Unterstützungs- und ein Solida- 1947 wurden noch weitere 6 Grundstü- Seebach ununterbrochen weiter. Die Ge- ritätsfond. Letzterer wird von den Mietern cke zu Preisen von Fr. 7.– bis 17.– pro neralversammlung beschlosss dann 1972 mit monatlichen Beiträgen gespiesen. Da- Quadratmeter dazugekauft. Die zuerst den Abbruch der Liegenschaft und de- raus werden Mietern mit kleinen Einkom- geplante Einfamilienhaussiedlung stiess ren Wiederaufbau. Nach garantierter und men und entsprechend hohem Mietzins jedoch bei den Behörden auf Ablehnung. erdauerter Umsiedlungsfrist wurden die Zuschüsse ausgerichtet. Im weitern be- Das Projekt wurde dann überarbeitet und Abbrucharbeiten sofort in Angriff genom- sitzt die GBRZ eine Depositenkasse, als man beschloss, in einer 1. und 2. Etappe men und das projektierte Bauvorhaben finanziellen Zweig zur Selbsthilfe. 142 Wohnungen und 48 Einfamilienhäu- verwirklicht. Die neue Kolonie, bezogen ser zu erstellen. Mit Planung und Bau im Jahre 1979, findet man nicht mehr wurde Arch. F. Jenny betraut, dem sich später auf Wunsch der Stadt noch Ar- chitekt W. Stücheli zugesellte. Die Stadt Zürich sicherte finanzielle Hilfe zu, unter der Bedingung, dass das Bauvorhaben durch eine neu zu gründende Bauge- nossenschaft ausgeführt werde. Am 10. Oktober 1947 fand im Restaurant „Waag“ in Seebach eine erste Versammlung von Wohnungsinteressenten statt. Dabei ent- schied man, in Anlehnung an die projek- tierte Strasse „Schönauring“, die Bauge- nossenschaft Schönau zu gründen und einen Vorstand zu wählen. Erster Präsi- dent wurde Robert Nägeli, dem nunmehr mit seinen Vorstandskollegen die Aufgabe bevorstand, das Fünfmillionenprojekt in die Tat umzusetzen. Dazu brauchte es Mut und einen unbeugsamen Glauben Baugenossenschaft Röntgenhof: Im Vordergrund Wohnhäuser an der Neunbrunnenstrasse 20 bis an die Zukunft, denn damals war die Wirt- 28, 1931 erstellt, 1978 abgetragen. Im Hintergrund die Alterssiedlung «Felsenrain», 1958 erbaut. schaftslage in der Schweiz inmitten des

164 kriegsgeschädigten Europa noch alles phase ein mit dem Bau des Hochhauses 1978 fand die Ära Fritz Senn in der Schön- andere als klar überblickbar. Viele Leute und 3 Wohnblöcken an der Köschen- auverwaltung ihren Abschluss. Neuer waren über zeugt, dass nun wie beim rüti-/Schwellistrasse. Architekten waren Präsident wurde Alfred Antonelli. Unter Ende des Ersten Weltkrieges eine Krise, Emil Rütti und Oskar Bitterli. Auch bei der seiner Leitung wurde 1981 die ganze 1. verbunden mit Arbeitslosigkeit, eintreten Erstellung dieser 93 Wohnungen muss- und 2. Etappe renoviert und modernisiert, müsse. Die Vermietung der im Bau be- ten grosse Schwierigkeiten überwunden was insgesamt rund 7 Mill. Franken koste- findlichen Wohnungen ging anfänglich nur werden. Zuerst verzögerte eine private te. Heute, 36 Jahre nach ihrem Entstehen, schleppend vor sich. Trotz all den aufge- Einsprache den Baubeginn, dann kam stehen die Häuser am Schönauring im tretenen Hemmnissen konnten die Woh- 1962/63 der „Seegfrörniwinter“, während neuen Kleid da und bilden mit ihren neu- nungen im Herbst 1948 und Ende 1949 dem wegen der grossen Kälte die Bauar- zeitlichen Farbtönen einen Bestandteil, fristgemäss fertiggestellt und bezogen beiten eingestellt werden mussten. der aus Seebach nicht mehr wegzuden- werden. Es erstaunt heute, dass von den ken ist. 109 neu eingezogenen Genossenschaf- Als es wieder wärmer wurde, zwang ein tern mehr als ein Fünftel vier, fünf oder gar Gipserstreik zu einer neuerlichen Einstel- sechs Kinder hatte. Zusammen mit der lung der Bauarbeiten. 1966 wurden die Erstellung eines Genossenschaftssaales Einfamilienhäuser, die bisher Warmluf- und zweier Kindergärten hatte damit die töfen hatten, der Zentralheizung ange- erste grosse Bauphase der Schönau ihren schlossen und 1976, nach 28 Jahren, Abschluss gefunden. mussten die Küchen der 1. und 2. Etappe modernisiert und erneuert werden. 1953 wurde Präsident Robert Näge- li durch Bernhard Staubli, unter dessen Ein bedeutsames Ereignis war für die Leitung die Schönau in eine Konsolidie- Schönau die Eröffnung der Buslinie Nr. rungsphase trat, abgelöst. 75 zum Schönauring am 1. November 1961. Für die Erstellung der Busschleife Immer wieder hatte sich die Schönau- hatte die Genossenschaft der Stadt Land verwaltung mit Problemen des Strassen- zum Preise von Fr. 49.– pro Quadratmeter baues zu befassen. Vor allem die Tat- abgetreten. sache, dass 1955 die Köschenrüti- und Schwellistrasse immer noch nicht aus- gebaut waren und nur als grobbekieste Wege bestanden, führte immer wieder zu Interventionen bei den Behörden. Der Ausbau dieser Strassen erfolgte im Zu- sammenhang mit dem Bau der benach- barten Siedlung Schwandenwiesen. Fast idyllisch klingen heute die Ausführungen im Jahresbericht 1955, wonach nun je- der achte Mieter ein Auto besitze. Dies wurde damals offenbar als beträchtlich empfunden. Aufschlussreich ist die im Jahresbericht 1956 erwähnte Tatsache, dass die Einkommensgrenze im sozialen Wohnungsbau durch die Subventionsbe- hörden auf jährlich Fr. 9000.– heraufge- setzt worden sei, was einem Monatslohn von Fr. 750.– entspricht.

1958 wurde der bisherige Aktuar Fritz Senn an Stelle von Bernhard Staubli zum neuen Präsidenten der Schönau gewählt. Auftakt zur zweiten Bauphase der Baugenossenschaft Schönau an der Köschenrüti-/ Er leitete 1959 die zweite grosse Bau- Schwellistrasse …

165 Die Kranzturner des Turnvereins Seebach im Jahre 1901

166 Vereine – einst und heute Selbstdarstellungen

Arbeiter-Touring-Bund, auch auf schweizerischer Ebene errun- Auto- und Motorradclub Sektion Seebach gen werden konnten. Ein Markstein war Zürich-Seebach der 4./5. Juli unter Präsident Karl Haus- herr. Wir konnten das 50jährige Jubilä- Kurt Koller um verbunden mit der Einweihung einer Hans Weber neuen Fahne feiern. Zugleich wurde die Am 4. Juli 1920 gründeten sechs Genos- Schweizer Meisterschaft in Gelände- und Im Frühsommer 1928 gründeten 5 Mo- sen im Restaurant „Seebacherhof“ die Radballsport organisiert. torradfahrer den damaligen Motorclub heutige ATB-Sektion Seebach. Präsident Seebach. Es waren dies Werner Schö- war Gottfried Stucki. Der damalige Ver- nenberger, Hugo Sigg, Albert Höffleur, einsname lautete „Frischauf“ A.T.B. Es Präsidententafel: Willi Bridler und Hans Heller. Als letztes wurden nur gewerkschaftlich organisierte Gründungsmitglied verstarb Hans Heller Personen aufgenommen. Sportlich wurde 1920 – 1922 Gottfried Stucki im Jahre 1982. Die Gründungsversamm- das Reigenfahren geübt. Infolge Krise und 1923 – 1924 Willhelm Schlatter lung fand im damaligen Rest. „Sonne“ im Arbeitslosigkeit musste das vorgesehe- 1925 – 1926 Gottfried Baumgartner Seebacher Hinterdorf statt. Autos sah ne Gründungsfest abgesagt werden. Im 1927 Ernst Laubi man vor 55 Jahren noch wenige. Aller- Februar 1922 erteilte Bern die Einfuhrbe- 1928 – 1929 Hermann Pfyffer dings waren bekannte Marken wie „Ford“, willigung für das in Deutschland bestellte 1930 Viktor Allegri „Opel“, „Buick“, „Peugeot“, „Citroen“ usw. Banner. Die Kosten desselben beliefen 1931 Edwin Frei schon damals vertreten. Unser Verein ist sich auf 3’150 Mark, was ca. Fr. 110.– 1932 – 1935 Emil Keller dem Mutterverband „SRB“ angeschlos- entsprach. In den Anfangsjahren gab es 1936 – 1942 Emil Kuhn sen. Im Frühling 1930 hat der Zürcher mit der Sektion Oerlikon einige Reiberei- 1943 – 1944 Fritz Schönholzer sen. Kant. Motorfahrer Verband (ZKMV) mit en, da diese nicht auf den Doppelnamen 1945 – 1947 Fredy Schmid jun. 6 Sektionen seinen Namen erhalten. Der „Oerlikon-Seebach“ verzichten wollte. Im 1948 Engelbert Nussbaumer MC Seebach war als Mitbegründer dabei. Jahre 1928 wurde das Restaurant „Neu- 1949 Fritz Schönholzer jun. In früheren Jahren bestritten einige unse- bühl“ als Vereinslokal bestimmt. 1936 gab 1950 – 1953 Werner Steiner rer Mitglieder jeweils Rasenrennen, wobei es erstmals eine ernsthafte Vereinskrise. 1954 – 1959 Hans Bosshart oft beachtliche Resultate zu verzeichnen Der gesamte Vorstand trat zurück. Die 1960 – 1970 Karl Hausherr waren. Auch an Rundstrekken- und Ber- Bezirksleitung ernannte darauf einen pro- 1971 – 1975 Ernst Zaugg grennen wurde teilgenommen. Unsere visorischen Vorstand. 1937 konnte wieder ab 1976 Kurt Koller Mitglieder beteiligten sich auch immer an ein Vorstand gestellt werden. Unser heuti- den Veranstaltungen des SRB und ZKMV, ger Ehrenpräsident übernahm das Präsi- insbesondere an Zuverlässigkeitsfahrten, dialamt. Seit 1940 ist das Hotel „Landhus“ Heute ist unsere Sektion politisch und Sternfahrten, Kartenlesekursen usw. Ent- unser Vereinslokal. konfessionell neutral. Wir sehen uns als sprechende Auszeichnungen sind im Ver- Verkehrs- und Sportverband mit einem einskasten des derzeitigen Stammlokals, 1945 wurde die Reigenmannschaft auf- gut gemischten Programm. 184 Aktiv- Restaurant „Waidhof“, in Seebach zu seh- gelöst und die damals schwer erhältlichen und 74 Passivmitglieder gehören gegen- en. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Pneus wurden für Fr. 257.– verkauft. Die wärtig unserer Sektion an. hörten auch alle motorsportlichen Tätig- vier Reigenmaschinen wurden 1947 auf keiten des Motoclubs auf. Der MC See- Radball umgebaut. 1955 wurde endgültig bach schrumpfte von über 40 Mitgliedern mit Reigen und Radball aufgehört. Die auf deren 5 zusammen, was gerade den Sektion widmete sich dem Gelände- und Vorstand ergab, so dass der Verein nicht Orientierungssport, wo diverse Erfolge aufgelöst werden musste.

167 Nach Kriegsende nahm die Motorisierung auch die von uns intern im Verein durch- Berner Heimatschutz-Verein wieder zu. Ab dem Jahre 1947 wuchs geführten Fuchsjagden auf Motorrädern. Oerlikon und Umgebung unser Verein stetig an und bewegte sich Mit zunehmendem Strassenverkehr immer mehr in der Grössenordnung von mussten solche Anlässe leider gesetz- ca. 50 Mitgliedern. Anfangs der 50er lich untersagt werden. Inzwischen sind Traugott Walther Jahre traten im Verein die ersten Autos die Lebensverhältnisse, insbesondere die in Erscheinung, was uns 1957 bewog, Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, sehr In den dreissiger Jahren gründeten den Vereinsnamen zu ändern. Die neue vielseitig geworden. Ganz unterschiedli- „Heimweh-Berner“ den Bernerverein Oer- Bezeichnung lautete „Auto- und Motor- che Interessen sind zu verzeichnen. Die likon. In den Jahren des 2. Weltkrieges radclub Zürich-Seebach“. Menschen scheinen nicht mehr so auf- und auch danach, entstanden unter den einander angewiesen zu sein, wie dies Vereinsmitgliedern politische Gegensät- Wohl aus demselben Grunde wurde in den Krisenjahren noch der Fall war. ze, was im Jahre 1946 zur Spaltung und auch der Kantonalverband auf den Na- Auch der berufliche Stress war vor mehr zur Gründung des Berner Heimatschutz- men ZKAMV umbenannt. Auch die SRB- als 30 Jahren nicht so stark wie heute. Vereins führte. Wie der Name sagt, fühlten Zeitung hiess nicht mehr nur „Radsport“, Der Lebensstandard ist angehoben und sich die Gründer – und dies ist bis zum sondern „Rad- und Motorsport“. Viele stellt leider das Zugehörigkeitsgefühl zum heutigen Tag so geblieben – unserer Hei- schöne Ausfahrten wurden vereint unter- Verein oft in den Hintergrund. mat und insbesondere dem bernischen nommen. Beinahe alle Mitglieder trafen Volkstum verbunden. sich im Juni 1978 zum ganztägigen Fest anlässlich unseres 50jährigen Vereinsju- Der Berner Heimatschutz-Verein pflegt biläums. seit seiner Gründung mit dem Gemisch- ten Chor den Chor- und Jodelgesang Vieles gehört endgültig der Vergangenheit und die Theatergruppe widmet sich dem an, insbesondere Strassenrennen und „bärntütschen Theaterspiel“. In den ersten Jahren der Vereinsgeschichte erstreckte sich die Aktivität über das ganze Glattal. In den letzten Jahren konzentrierten sich die Veranstaltungen vorwiegend auf die Gemarkungen des Quartiers Seebach. Unser Verein wird in diesem Quartier im- mer heimischer, hat er doch neulich auch das Probelokal in das Gemeinschaftszen- trum Seebach verlegt. Ein Zeichen der Verbundenheit, wirken doch viele „Berner- Seebacherinnen und -Seebacher“ in un- serem Verein mit.

Eine grosse Zahl Bernerinnen und Ber- ner, aber auch viele Einwohner von Seebach treffen sich an unserem tradi- tionellen Berner- und Theaterabend im Hotel „Landhus“ in Seebach. Auch an der Seebacher-Chilbi ist der Zustrom zur „Berner-Kaffeestube“ recht gross. Die schönen Bernertrachten, aber auch die Volkstümlichkeit unserer Veranstaltungen, erfreuen nicht nur die „Heimweh-Berner“, sondern ebenso sehr die Zürcher. Nicht vergessen sei der „Zibele-Märit“, den wir jeden Herbst auf dem Marktplatz in Oerlikon durchführen und der bereits zur Mitglieder des Auto- und Motorradclub Zürich-Seebach, bereit zur „Fuchsjagd“ (1954). Tradition gehört.

168 Es ist zu hoffen, dass wir die Pflege der CVJM: Christlicher Verein junger Frau- den Siebzigerjahren auch der CVJF. Kurz bernischen Eigenart, die Förderung und en beziehungsweise Männer. Die Füh- darauf wurde der CVJM Regensdorf ge- Ausübung bernischer Volksbräuche, aber rer und Führerinnen dieser Jungscharen bildet, der aus unserem Verein hervorge- auch die Pflege der Kameradschaft und haben das Ziel, jungen Menschen das gangen ist. Geselligkeit nachfolgenden Generationen Evangelium in verständlicher Sprache von Bernerinnen und Bernern in den Ge- und Form weiterzugeben. Samstäglich markungen des Quartiers Seebach wei- vollziehen Buben oder Mädchen gleichen Damenriege Seebach tergeben können. Alters mit ihren Führern oder Führerinnen, hauptsächlich im Wald, das Leben einer Julie Burri biblischen Figur nach: Durch Verkleidung Caecilien-Verein und entsprechendes Rollenspiel lebt sich 1917: Gründungsjahr D.T.V. = Damen- Maria Lourdes das Kind in die entsprechende Gestalt turnvereinigung hinein. Diese Samstagnachmittagspro- Gründerinnen: Luise Gehrig, Martha Wei- gramme sprechen Körper, Seele und bel, Anna Nigg, Ida Eckerle, Luise Flury, Richard Staudenmaier Geist an und sollen den jungen Men- Elise Vonrüti, Frau Meyr-Schulthess schen ganzheitlich fördern. Besondere Die Gründungsversammlung fand am 21. Erlebnisse sind für die Jungen sicher die 1918: 1. Generalversammlung im Juli. An Juli 1935 im Pfarrhaus an der Seebacher- Wochenendveranstaltungen und Lager. dieser Versammlung wurde der Beitritt zur strasse 3 statt. Einundzwanzig Mitglie- Meist sind es unvergessliche Eindrücke, Schweizerischen Damenturnvereinigung der des Chors in Oerlikon entschlossen die da gewonnen werden, und häufig seh- beschlossen. sich damals, den Chor Maria-Lourdes en die jungen Menschen hier am Besten, zu bilden, um der neuen Pfarrei einen dass eine Herausforderung, die manchen 1924: An der GV des TVS wurde der guten Start zu ermöglichen. All die Jahre Tropfen Schweiss und viel Zusammenar- D.T.V. als Untersektion aufgenommen und hindurch wurde viel musiziert. Dies im Be- beit verlangt, im nachhinein die grössere nannte sich jetzt Damenriege des TVS. streben, der hohen Kunst der Kirchenmu- Befriedigung gibt, als wenn man nur auf Ungefähr gleichzeitig wurde auch der An- sik zu dienen. Die Mitgliederzahl beläuft Bequemlichkeit und Komfort achtet. schluss der Schweizerischen Damenturn- sich gegenwärtig auf sechzig Sängerin- vereinigung an den D.T.V. vollzogen. nen und Sänger. Zwischen der Männerabteilung und den Jungscharen steht die Sportgruppe. Hier 1934: Die alte Gemeinde Seebach ver- treffen sich Führer der Jungscharen und schwindet und geht an die Stadt Zürich Christlicher Verein Mitglieder der Männerabteilung, um am über. Auf dem Buhnhügel wird das Schul- junger Menschen Montagabend etwas für ihre Gesundheit haus Buhnrain mit Doppelturnhalle einge- zu tun. Betrieben wird kein Spitzensport, weiht. Diese Halle veranlasste den Leiter sondern Spiel wechselt ab mit lockerer Emil Frei eine Frauenabteilung ins Leben Reto Florin Gymnastik. zu rufen.

Der CVJM Zürich-Seebach besteht aus Wie ist es überhaupt zu diesem Verein, 1935: An der GV finden wir erstmals eine der Männerabteilung, der CVJM- und der heute gegen 300 Mitglieder zählt, ge- Töchter- und Frauenabtlg. vereint. Es sind der CVJF-Jungscharabteilung und der kommen? Nachdem 1844 in London der 55 Aktive von total 87 Mitgliedern. Sportgruppe. Die Männerabteilung, de- erste CVJM weltweit gegründet worden ren Mitglieder hauptsächlich Familienväter war, wurde anno 1900 der CVJM Zürich- 1942: 25jähriges Jubiläum der Damen- und im Beruf stehende Männer sind, trifft Seebach gebildet. Doch sehr dauerhaft riege. sich monatlich, um den eigenen Hori- war dieser Verein nicht: zont durch Bibelabende, Referate und 1949: Gründung der Mädchenriege See- Gespräche mit eingeladenen Gästen oder 1921 wurde er bereits wieder aufgelöst. bach. Besichtigungen von Betrieben und Orga- 1934 wagte man einen zweiten Anlauf: nisationen zu erweitern. Zusammen mit Das „Jungvolk“ wurde gebildet. 1944 den Ehefrauen versammelt man sich zum wurde der CVJF Zürich-Seebach nach Hauskreis, um sich biblisch zu besinnen. sechsjährigem Bestehen aufgelöst. 1946 schuf man die Jungmänner-Abteilung. Die Jungscharabteilung als zahlenmässig Nach und nach wuchs aus diesem Kreis grösste Gruppe, ist getrennt in CVJF und die Sportgruppe, die Jungschar und in

169 Gründerinnen: Klara Bader, Olgi Wirth, Der Bestand wuchs von Jahr zu Jahr stark Doppelquartett des Turnver- Martha von Müllenen, Erna Vogel, Irma an und die Altersunterschiede wurden im- ein Seebach. Burgener, Gertrud Hiestand. mer grösser. Im Jahre 1977 gründeten wir eine Gymnastikabteilung, die sich heute Damenriege 1 nennt. Walter Moor

Um die Jahrhundertwende existierte in den Reihen des Turnvereins eine begabte Gesangssektion. Aus dieser schlossen sich neun Kameraden zusammen und gründeten am 21. Februar 1902 das Dop- pelquartett. Als Untersektion des TVS, jedoch selbständig und unabhängig, be- gannen die strebsamen Sänger mit Fleiss und Eifer die wöchentlichen Proben. J. Würgler, Lehrer aus Wald, übernahm die erste musikalische Leitung.

Am 25. Februar 1912 trat das Doppel- quartett erstmals an die Öffentlichkeit. Die gesanglich-theatralische Aufführung im überfüllten „Sonnensaal“ in Seebach gefiel ausnehmend gut. Dieser Erfolg mo- tivierte für ähnliche Darbietungen. Am ers- ten eidgenössischen Jodlerfest in Basel, am 23./24. August 1924, errangen die Seebacher mit ihrem Beitrag „Obiglied“ Der Damenturnverein Seebach im Jahre 1919: (von links nach rechts) Trudy Renschler, den 3. Rang. Im ehemaligen „Casino- Anna Schulthess, Luise Frei, Rösli Schmid, Martha Guggenbühl, Anna Allias, Hedy Attinger, Saal“ in Oerlikon feierten die Quartettler Ida Guggenbühl und Ida Gehring. am 2. Januar 1927 des 25jährige Be- stehen. Leiter- und Leiterinnen seit 1916 Präsidentinnen seit 1916 Die am 5. Januar 1929 in Basel tagende – 1917 Otto Lang – 1918 Elise Vonrüti Delegiertenversammlung des Eidg. Jod- – 1923 Martha Guggenbühl – 1919 Luise Frei lerverbandes betraute Seebach mit der – 1926 Karl Handloser – 1920 Martha Guggenbühl Durchführung des 3. Eidgenössischen – 1946 Emil Frei – 1921 Anna Schulthess Jodlerfestes. Das Quartier konnte keine – 1948 Olga Wirth (Frauen) – 1923 Martha Guggenbühl geeigneten Lokale zur Verfügung stellen, – 1948 Arnold Süss (Töchter) – 1924 Anna Leuthold – 1952 Paul Coradi – 1927 Luise Meier so dass diese grosse Veranstaltung in – 1953 Hans Wölber – 1928 Luise Glattfelder die City verlegt werden musste. Für die – 1953 Martha von Müllenen (Töchter) – 1930 Klara Keller immensen Vorarbeiten und die Durch- – 1967 Hedy Wyss – 1935 Gertrud Ochsner führung des Festes fand sich im Jodler- ab 1968 Ingrid Fichtl (Damenriege 2) – 1936 Biny Meyer sextett des TV „Alte Sektion Zürich“ ein ab 1969 Edith Mürner (Frauen) – 1939 Berta Schmid geeigneter Partner. Das Fest wurde ein v. 1977 – 1981 Susi Fedeli (Damenriege 1) – 1940 Bethli Berchtold überwältigender Erfolg und schloss auch ab 1981 Elsbeth Richter (Damenriege 1) – 1947 Josy Büchi finanziell gut ab. – 1949 Marlies Krauer – 1953 Judith Holdener Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrie- – 1958 Martha von Müllenen – 1969 Hedy Urech ges erfolgte die Teilnahme am „Eidgenös- – 1981 Regina Hefti sischen“, in der unvergesslichen Landi ab 1981 Julie Burri 1939.

170 Die ersten 50 Jahre endeten mit einem Am 17. August 1974 organisierten der plaus wurde an der Generalversammlung Jubiläumskonzert am 2. Februar 1952. Quartierverein und das Quartett ver- 1981 der seit 1974 amtierende Präsident Besondere Erwähnung verdienen zwei Di- suchsweise ein Waldfest auf der Heu. Sepp Fässler zum Ehrenmitglied ernannt. rigenten, die in den vergangenen Jahren dem Club zu grossem Ansehen verhal- Das Wagnis hatte sich gelohnt. Das spon- 80 Jahre sind seit der Gründung vergan- fen: 1909 – 1922 Hermann Forster, Pro- tane Mitmachen der Quartierbevölkerung gen. Mit wechselnden Erfolgen steuerten fesssor an der Kantonsschule Zürich und ermutigte zu weiteren Veranstaltungen insgesamt 16 Dirigenten und 17 Präsi- 1922 – 1938 Paul Wettstein, Sekundar- dieser Art. 75 Jahre Vereinsexistenz im denten das Vereinsschiffchen. Das Dop- lehrer in Seebach. Jahre 1977 schienen eine Ehrung wert. pelquartett zählt zur Zeit 19 Mitglieder. Am 11. Juni 1977 – eine Woche nach Die Stabführung hat neu der junge und Die erste Ehrenmitgliedschaft für 35jähri- der Jubiläumsfeier – beteiligte sich das dynamische Arthur Zwicker, Primarlehrer ge Treue zum Doppelquartett konnte die Doppelquartett am NOSJV-Jodlerfest in in Kilchberg, übernommen. Generalversammlung 1957 dem einstigen Glarus. Ein lang ersehnter Wunsch ging Heldentenor Otto Ruggli verleihen. Die in Erfüllung: Das Kampfgericht bedachte Teilnahme an einem Verbands-Jodlerfest Chor und Solist mit der Höchstnote „sehr des NOSJV erwähnt die Chronik erstmals gut“. Mit Fleiss und Wille, sowie dem Kön- 1957. Der Jodler-Neuling Fredy Holdener, nen des neu gewählten Dirigenten Walter fähig in untolerierbarer Höhenlage durch- Hauser von Zürich gelang es somit, die zuhalten, rettete die Sänger vor einer völ- vergangenen 75 Jahre mit einem schönen ligen Niederlage. Erfolg abzuschliessen. Mit grossem Ap-

Das Doppelquartett des Turnvereins Seebach am Nordostschweizerischen Jodlerfest 1982 in Appenzell.

171 Frauen- und Töchterchor 3. + 4. April 1937: Der Chor feiert das Töchterchören Seebach und Zürich-Seebach. „Goldene Jubiläum“ im Landhus, wobei 3 Lieder eingeübt. Ganz besonders schön auch weitere 5 Ortsvereine die grosse klingt das „Ave Maria“ von Mendelssohn. Festgemeinde mit ihren Darbietungen er- Heidi Odermatt freuen. 1963-1975: Für die gestressten Sänge- rinnen folgt nun wieder eine ruhigere Zeit. 1. August 1887: An diesem hohen Feier- 17. Oktober 1937: Wieder festet man im Mehrere gute Dirigenten sind jedoch dafür tag gründen 20 sangesfreudige Jungfrau- Landhus unter dem Motto: „Chilbiläbe – besorgt, das einmal erreichte Niveau des en den „Töchterchor Seebach“. Johanna Tanz – Budestadt“. Chores zu erhalten. Siegrist übernimmt das Präsidium und Lehrer Nievergelt amtet als Dirigent. Wie 3. Februar 1940: Ernste Zeiten sind an- 8. Juni 1976: Grossen Erfolg kann der aus den Statuten hervorgeht, herrschen gebrochen. Der Chor beteiligt sich an Chor auch unter der Leitung von Henri noch strenge Sitten im Dorf: Junge Töch- einem Wohltätigkeitskonzert zu Gunsten van Voornveld verzeichnen. Mit dem mi- ter, die einen unbescholtenen Ruf genie- bedürftiger Wehrmänner in der Turnhalle nutiös eingeübten Lied „Der Geck“ von ssen, können nach einmaliger Kandidatur Buhnrain. Hans Lang gewinnen die Seebacherinnen durch geheimes, absolutes Mehr in den ihren ersten Goldkranz am Sängerfest in Verein aufgenommen werden. 1942–1960: Weiterhin sind die Seeba- Marthalen. cher Sängerinnen sehr aktiv. Jedes Jahr 2. Oktober 1887: An der 1. GV sind die wirken sie an Singtreffen, Konzerten und Januar 1979: Die scheidende Präsiden- Geschäfte im Nu erledigt. Sicher stimmt Sängerfesten mit. Sie beteiligen sich be- tin Käthi Wipf wird feierlich zur Ehrenprä- die Kasse genau, obwohl die Belege „vom sonders gern mit anderen Ortsvereinen sidentin ernannt. Winde verweht“ sind. Wie gemütlich es an festlichen Anlässen im Quartier. Oft aber noch auf dem Heimweg um Mitter- erfreuen sie auch betagte und kranke 1. Juni 1980: Hurra! Schon ziehen die nacht zugeht, zeigt der folgende Proto- Mitmenschen mit einem Ständchen. Sängerinnen mit ihrem zweiten Goldkranz kollvermerk: „Per Ermel und mit Sang und nach Hause. Das glanzvoll vorgetragene Klang sind mer zoge de Weg entlang.“ 29. September 1962: Zum 75jähri- Lied „Neun Freier“ von Hans Lang hat gen Jubiläum mit Fahnenweihe wird im ihnen am „Jubiläums-Sängerfest“ des September 1888: Am Sängertag in Oerli- Landhus ein besonders reichhaltiges Männerchors Turbenthal diesen grossen kon treten die Töchter zum ersten Mal auf Festprogramm geboten. Mit viel Humor Preis gebracht. mit dem Lied „Du prächt’ger, lichter Blü- verliest der OK-Präsident Hans Waibel tenbaum“, den sie leider wegen Lampen- die Vereinschronik und schliesst mit dem 17. Januar 1981: An der GV wird Ruth fieber nicht richtig zum Leuchten bringen. Bannerspruch: „Einigkeit bei Gesang und Tännler zur Präsidentin des Chores ge- Spiel sei auch im Leben unser Ziel“. Auch wählt. Sie steuert nun das Vereinsschiff- Mai 1890: Unbeschwerter singen die Viktor Roshard trägt mit seiner brillanten lein mit viel Liebe und Geschick wie auch unbescholtenen Töchter auf ihrer ers- Rede viel zur frohen Stimmung im Saal ihre beiden Vorgängerinnen Käthi Wipf ten Reise, die sie unter der Obhut des bei. Ein besonders feierlicher Akt ist die und Lorli Metzger, die noch heute aktiv im Männerchores auf den Bachtel und nach Enthüllung des neuen Banners auf der Chor mitsingen. „Rappersweil“ führt. durch Gärtnermeister Ernst Schaffner mit prächtigen Blumengebinden geschmück- Dezember 1982: Am Chlaushock geht 11. Juni 1911: Die Einweihung der Ver- ten Bühne. Zum Abschluss des offiziel- es wie jedes Jahr gemütlich zu. Leider einsfahne im Gemeindepark ist ein ganz len Teils singen die Seebacher Frauen verabschiedet sich Henri van Voornveld besonderes Ereignis, hat man doch seine und Töchter Naglers „Walzerstrauss aus von den Sängerinnen, um in den Ruhe- liebe Mühe gehabt, den stolzen Betrag Strausswalzern“. Das anspruchsvolle stand zu treten. von Fr. 800.– zusammenzukratzen. Stück wird meisterhaft begleitet vom jun- gen Pianisten Marcel Roshard, und löst Die Präsidentin Ruth Tännler dankt ihm 1930: Durch die Initiative der Präsidentin einen begeisterten Applaus aus. und seiner Gattin, die ihn oft vertreten hat, Anny Wölber wird der Chor in dieser Zeit herzlich für den Einsatz. Der abtretende umgetauft in „Frauen- und Töchterchor 25. November 1962: Das Jubeljahr fin- Dirigent begrüsst seine Nachfolgerin Frau Seebach“. Ein frischer Wind weht nun det einen würdigen Abschluss mit einem M. L. Vaihinger und wünscht viel Erfolg. unter dem neuen Dirigenten Hans Waibel. Konzert in der Markuskirche. Mit bewun- Jedes Jahr organisiert er schöne Feste dernswerter Geduld hat der Dirigent Wal- 22. Januar 1983: Marie-Louise Vaihin- und Reisen. ter Plüss mit den beiden Frauen- und ger wird an der GV zur neuen Dirigentin

172 Ehrenjungfrauen des Töchterchors Seebach um 1900: (von links nach rechts) Schneebeli, Wolfer, Attinger, Bodmer, Wettstein und Meier.

gewählt. Gross ist die Freude unter allen Mikato Usami, um den Chor in zwei inten- sein, im Jahre 1987 das 100. Jubiläum Anwesenden, als die Vize-Präsidentin die siven Lektionen in die modernste Atem- nach alter Seebacher Tradition zu feiern. Fahne enthüllt, die dank grosszügigen technik einzuführen. Spenden von Seebacher Geschäftsleuten neu beschriftet werden konnte. April 1983: Mi viel Eifer üben nun die 38 Sängerinnen auf das nächste Sängerfest. März 1983: Frau Vaihinger engagiert den Mit Hilfe der 150 Passivmitglieder wird es bekannten Singlehrer und Tenorsänger dem Frauen- und Töchterchor möglich

173 Gemeinnütziger Frauenverein Schwierigkeiten, in jenen schweren Zei- Entsprechend der nunmehr sehr geringen Seebach ten das begonnene Werk zu konsoldieren Nachfrage nach Heimarbeit, suchte man und auszubauen. Es erwies sich bald als neue Wege, um das für die Hilfeleistun- notwendig, Bedrängte direkt, in Form von gen des Vereins notwendige Kapital zu B. Bisang Naturalien zu unterstützen. Insbesondere beschaffen. So kamen bereits 1958 je- in Not geratenen Wöchnerinnen wurde weils einige Frauen an einem Nachmittag „Der Gemeinnützige Frauenverein Zürich entsprechende Hilfe zuteil. Im Winter wur- zusammen, um unentgeltlich gemeinsam Seebach kann Aufgaben übernehmen, de aus einem eigens dafür geschaffenen Handarbeiten zu produzieren. Auch die welche der Allgemeinheit dienen“. Holz- und Kohlenfond Brennmaterial be- Hilfeleistungen verlagerten sich entspre- schafft und an bedrängte Familien abge- chend der Nachfrage mehr und mehr auf Mit diesem ersten Satz aus den Ver- geben. Für 250 Kinder konnte eine jähr- Geldspenden an wohltätige Institutionen. einsstatuten ist in knappen Worten der liche Weihnachtsbescherung organisiert Dieses Konzept bewährte sich und wurde Hauptzweck dieses Vereins umschrieben, werden. bis auf den heutigen Tag beibehalten. nämlich der soziale Einsatz in irgendeiner Form. Es liegt in der Natur eines solchen Im Jahre 1929 wurde die Gemeinnützige Aus dem gegenwärtig 367 Mitglieder zäh- Vereins, dass sein Wirkungskreis wesent- Arbeitsstelle umbenannt in „Gemeinnützi- lenden Verein kommen am letzten Montag lich von der jeweiligen gesellschafts- und ger Frauenverein Seebach“. 1931 erfolgte des Monats 30 – 40 Frauen zusammen, sozialpolitischen Lage geprägt wird. Über der Anschluss als Sektion an den Schwei- um Handarbeiten herzustellen. Vom Er- die Jahre hinweg betrachtet, spiegelt sich zerischen Gemeinnützigen Frauenverein. lös des Bazars als Haupteinnahmequelle in den Vereinsaktivitäten in anschaulicher konnte in den letzten Jahren regelmässig Weise, mit welchen Problemen sich die Unter der Führung von Frau Pfarrer Hurter eine Summe von Fr. 15 000.– für ver- Gesellschaft und insbesondere der ein- und von Frau Wyss, welche ihre Ämter schiedene Werke bereitgestellt werden. zelne Mensch gerade konfrontiert sieht. während mehr als 30 Jahren innehatten, In den letzten Jahren durften innerhalb So waren denn auch die besonderen Ver- mauserte sich die Hauspflege als neuer der Gemeinde Seebach vor allem das Al- hältnisse in den frühen 20er Jahren aus- Zweig des Frauenvereins zu einer grossen terswohnheim Grünhalde, welches an die schlaggebend für die Gründung dieses Organisation, die dann ab 1969 ein selb- Fr. 50 000.– erhielt und die Kinderkrippe, Vereins. Die damaligen Arbeitslosenzah- ständiger Verein wurde. die mit Fr. 36 000.– unterstützt wurde, len, im Jahre 1922 67’000 in der Schweiz, profitieren. Letztere wurde übrigens im die niedrigen Löhne und das für heutige Ab 1935 übernahm Frau Gimpert für die Jahre 1946 auf wiederholte Anregung des Verhältnisse noch wenig leistungsfähige nächsten 25 Jahre das Präsidium. Die Frauenvereins gegründet und seit dieser Fürsorgewesen, waren für die grösseren hohe Arbeitslosigkeit in den Vorkriegsjah- Zeit massgeblich unterstützt. Im Jahre und kleineren Nöte in den Seebacher Fa- ren, 1935 in der Schweiz 82 468 Perso- 1976 schufen 32 aktive Vereinsmitglie- milien verantwortlich. Die Wandlung vom nen, und insbesondere der Krieg brachten der in beinahe 1000 Arbeitsstunden den Bauerndorf zum Arbeitervorort der Oerli- dem Frauenverein eine Unmenge Arbeit. Wandteppich, welcher seither das Foyer koner Industrie brachte während längerer Die Wäsche der nun vollständig auf dem des Alterswohnheims Grünhalde ziert. Zeit zusätzliche Schwierigkeiten und Fälle Felde arbeitenden Bäuerinnen musste Der einst als Folge vitaler Bedürfnisse der von effektiver Armut mit sich. Um den geflickt werden. Heimarbeit war jetzt, Seebacher Bevölkerung gegründete Ver- bedrängten Familien Hilfe im Sinne von bedingt durch Bundesbestellungen fürs ein muss sich heute glücklicherweise nicht Selbsthilfe anbieten zu können, wurde Militär, mehr als genug vorhanden. Über mehr mit Hilfeleistungen wie in den ersten auf Initiative des damaligen Pfarrers Maag 35 000 Gegenstände wie Socken, Schlaf- zwanzig Jahren befassen. Seine Funktion am 6. Februar 1924 die „Gemeinnützige säcke, Proviantsäckli usw. wurden von ist aber heute nicht weniger wichtig ge- Arbeitsstelle“ gegründet. Diese Stelle gab den Arbeiterinnen, welche oftmals erst in worden. In einer Zeit zunehmender An- Heimarbeit wie Sockenstricken und Näh- Kursen in Nähen und Stricken ausgebil- onymität wurde er zu einer jener Stellen, arbeiten an notleidende Frauen ab. det werden mussten, hergestellt. Nach welche die Begegnung zwischen jung und dem Krieg begann sich dann der Verein, alt ermöglicht und bei gemeinsamer Arbeit Am 2. Dezember 1924 wurde im Restau- entsprechend der politischen Situation, auch jene Bedürftigen nicht vergessen rant „Neubühl“ zum erstenmal ein Bazar zu wandeln. Die ab 1948 einsetzende lässt, welche heute in Heimen unterge- durchgeführt, der Erlös betrug Franken Hochkonjunktur machte sich auch inner- bracht, oft am Rande unserer Gesellschaft 1328.–. Während der ersten zehn Jahre halb des Vereins spürbar. Immer weniger leben müssen. lag das Präsidium in den Händen von Frauen suchten Heimarbeit. Die Industrie Frau Pfarrer Maag. Es war ihr und ihrer war wieder in der Lage, ihnen besser be- Helferinnen Verdienst, trotz finanzieller zahlte Arbeit anzubieten.

174 Gewerbeverein Seebach informieren wir in unserem Quartier z.B. Eine Hauptaufgabe blieb wie zur Grün- über Energiefragen, Möglichkeiten zur dungszeit die Hilfe dem Suchtabhängigen Luzius Brüesch Abfallreduktion, Schule und Familie oder gegenüber. Wobei heute versucht wird, über gesunde Ernährung. als letztes Glied in der Therapiekette, die Aus dem seit vierzig Jahren bestehenden Nachbetreuung von Alkoholkranken zu Gewerbeverein Zürich 11 erfolgte 1978 übernehmen, die aus einer Kur kommend die Gründung der Gewerbegruppe See- Guttempler Gruppe Zürich 11 Begleitung und einen Freundeskreis beim bach, heute Gewerbeverein Seebach, Wiedereintritt in die alkoholfreundliche dem zur Zeit 180 Mitglieder angeschlos- Hermann Meyer Gesellschaft benötigen. Zu einzelnen Heil- sen sind. Der Verein bezweckt, die Inter- stätten und Heimen werden deshalb gute essen des Gewerbes im Quartier zu wah- Als Leverett E. Coon am 11. Juni 1851 Kontakte gepflegt. ren. Durch zahlreiche Aktivitäten fördert in Utica im Staate Neu York die erste er das Zusammengehörigkeitsgefühl von Guttempler Gruppe gründete, ahnte er Daneben führten Mitglieder Kinder- und Gewerbe, Handwerk und Detailhandel. wohl nicht, dass 74 Jahre später, am 1. Jugendgruppen, die eine wertvolle ganz- Die Mitgliedschaft kann von natürlichen November 1925, in Oerlikon dreizehn Zür- heitliche Erziehung boten, ähnlich der- oder juristischen Personen erworben wer- cher aus den gleichen Gründen ebenfalls jenigen der Pfadfinderbewegung, die ja den. eine Gruppe aus der Taufe heben würden. ursprünglich in der Schweiz aus der Gut- Auch sie wollten Alkoholgefährdeten Hilfe templer Kinderarbeit herausgewachsen Mit Werbeaktionen, Vorträgen, dem bieten, sie in ihrem familiären Kreis von ih- ist. Zur Propagierung der alkoholfreien „Stamm“, Ausstellungen sowie durch In- rer Sucht befreien und zu einem erfüllten, Obstverwertung führt die Gruppe seit den teressenwahrnahme bei Behörden und glücklichen Leben führen. Sie verpflich- Fünfzigerjahren im Stadtzentrum alljähr- Ämtern wird das zentrale Mitgliederanlie- teten sich, ein Beispiel zu geben und auf lich im frühen Herbst eine Traubensaft-Ak- gen – die Stärkung des Gewerbestandes den Konsum alkoholischer Getränke und tion durch, seit einigen Jahren gemeinsam – vertreten. anderer Drogen zu verzichten. Der Grup- mit andern Zürcher Abstinentenvereinen. penname, den sich die Gründer gaben, Demselben Zweck dient die Beteiligung war gleichzeitig Aufgabe und Verpflich- an der traditionellen Autobahn-Aktion Gruppe Zeitzeichen tung: „Geduld“. der Schweizer Guttempler, während der im Sommer auf über 20 Autobahn-Rast- Kamal Girgis Aus der Jugendarbeit wuchs eine neue plätzen an Samstagen Apfelsaft gratis Generation heran, die 1937 die Gruppe abgegeben wird unter dem Motto „Pro- Die Gruppe Zeitzeichen besteht seit 1979. „Geduld“ ablöste und sich einen neu- millefreies Fahren“. Auch am Seebacher Wir sind Seebacher, die sich als Ziel ge- en Namen gab: „Bergwacht“. Der Name Herbstfest wollen wir mithelfen, dass Ap- setzt haben, bewusster zu leben. Im Um- ergab sich daraus, dass die Mitglieder felsaft günstig abgegeben werden kann. gang mit Technik, Energie und Umwelt jedes freie Wochenende als Bergkame- suchen wir neue Wege. Bei den monatli- raden in ihrer Hütte in Hintergoldingen im Neben den Fürsorge- und Vorsorgebe- chen Zusammenkünften übernimmt jedes Oberland verbrachten, hing aber auch strebungen verbindet die Mitglieder ein Mitglied freiwillig oder ehrenamtlich die damit zusammen, dass sie ihre Aufgabe familiäres, freundschaftliches Gruppen- seinem Können und seinen Möglichkei- als Wächter, als „Hüter im Dienste des leben mit einem abwechslungsreichen, ten entsprechenden Aufgaben. Wir ha- Bruders“ ernstnahmen. selbstgestalteten Programm. Das Grup- ben als praktisches Beispiel unserer Ideen penlokal, der „Freizeitraum“, wird auch an die Aluminiumsammelstellen in Seebach Als das langjährige Sitzungslokal im Volks- Aussenstehende vermietet. Die Mitglieder und Oerlikon eingerichtet und helfen mit, haus Baumacker 1975 verloren ging, zog beteiligen sich sehr aktiv auf regionaler, dass dieser Grundstoff wieder verwertet die Gruppe, welche sich nun „Gruppe nationaler und internationaler Ebene der werden kann. Dadurch wird viel Energie Zürich 11“ nannte, an die Mattackerstra- „Internationalen Organisation der Gut- gespart und die Entwicklung von schädli- sse 49 nach Seebach. Hier konnte ein templer“, die weltweit heute gegen eine chem Fluor vermieden. Sinn dieser Aktion helles Kellerlokal gemietet werden. Bereits Million Mitglieder aller Rassen und Religi- ist nicht das Aluminiumsammeln selbst, im Gründungsjahr 1925/26 stellten die onen auf allen Kontinenten zählt. sondern die Bewusstseinsförderung im Seebacher einen Drittel der Mitglieder, Umgang mit Material. unter ihnen Sekundarlehrer Hans Keller. Für 1986 haben es die Mitglieder der Aber auch später kamen viele der Mit- Gruppe Zürich 11 sogar übernommen, Durch öffentliche und unentgeltliche Vor- glieder aus Seebach, darunter mehrere während einer Woche den alle vier Jahre träge, Kurse, Aktionen und Merkblätter Präsidenten. stattfindenden Weltkongress in Zürich zu

175 organisieren, zu dem 1000 Teilnehmer brachte die Schulpflege Schwamendin- Blasorchester jeweils einen ansprechen- und 500 Jugendliche im speziellen Ju- gen mehr Sympathie auf und überliess ein den Rahmen zur Darbietung seiner kon- gendlager erwartet werden. Schulzimmer für Probenabende. Später zertanten Musik. wurde die „Krone“ in Oerlikon als Probe- lokal gewählt und bis 1912 beibehalten. Im Jahre 1984 kann die Harmonie Oer- Harmonie Oerlikon-Seebach likon-Seebach auf ihr 100jähriges Be- Der stetig wachsende Musikverein sah stehen zurückblicken. Aus der Handvoll Jürg Howald sich mangels geeigneter Übungsstätte Musikanten von damals wurde dank in Seebach veranlasst, ins nachbarliche dauernder Aufbauarbeit von Dirigenten Der kritische Leser mag sich wundern, „Exil“ zu gehen. Im aufstrebenden In- und verantwortungsbewussten Vereins- dass in der Chronik über Seebach einem dustrieort Oerlikon mit seinem blühen- mitgliedern ein neunzigköpfiges Blasor- scheinbar auswärtigen, einem halben den Vereinswesen fand die Harmonie ein chester, welches zur Spitze im Schweize- Oerliker-Verein, so viel Raum zugestan- günstiges Umfeld für ihre weitere Ent- rischen Blasmusikwesen gehört. den wird. Die folgenden Zeilen werden wicklung. Dass die Oerliker versuchten ihm zeigen, dass die Wurzeln dieses Mu- die „Harmonie Seebach-Oerlikon“ an Unter neuem Namen, als „STADTHAR- sikvereins tief in Seebacher Boden ste- sich zu binden, bewiesen sie im Jahre MONIE ZÜRICH, Oerlikon-Seebach“, cken. 1926. Überraschend fassten sie an einer wird dieses Musikkorps zuversichtlich Gemeindeversammlung den Beschluss, den Weg ins zweite Jahrhundert neh- Vor fast einhundert Jahren, am 15. Mai die als Gegenleistung für Promenaden- men. Seine Mitglieder betrachten es als 1884, wurde in Seebach die „Harmonie Konzerte und andere Dienste gedachte Selbstverständlichkeit, der Wiege ihres Seebach-Oerlikon“ gegründet. Die Initi- Subvention von 1200 Franken auf 3000 Vereins, dem Quartier Seebach und sei- anten waren Andreas Schmid von See- Franken zu erhöhen. Die Gemeinde See- nen Bewohnern weiterhin mit ihrer Musik bach und Fritz Graf von Oerlikon. Beide bach zog ihrerseits auf 500 Franken nach. eine Freude zu bereiten. bildeten schon im Jahre 1883 zusammen Die Folgen dieses Werbens blieben nicht mit vier weiteren Musikanten eine Tanz- aus: Im selben Jahr wurde der Vereins- musik. Bei ihrer allgemeinen Beliebtheit name geändert in „Harmonie Oerlikon- schlossen sich stets neue Musikfreun- Seebach“. Aus dem handgeschriebenen de an. Obwohl zuvor in Seebach schon Protokoll entnehmen wir dazu: „Die Grün- zwei Musikvereine bestanden haben, die de sind folgende: 1. ist der Sitz der Har- sich aber nicht als lebensfähig erwiesen, monie schon Jahrzehnte in Oerlikon. 2. ist wurde der grosse Schritt zur Gründung der Name Oerlikon gegenüber Seebach einer Musik mit höheren Zielen gewagt. weltbekannt. 3. zahlt uns Oerlikon eine Das Gründungsprotokoll wurde von elf hohe Subvention, was uns eigentlich der Mitgliedern unterzeichnet. Hauptgrund ist.“

Als es nun galt, die nötigen Instrumente Trotz dieser Änderung sind der Harmonie anzuschaffen, da fehlte nicht der gute glücklicherweise bis zum heutigen Tag Wille, aber das Geld. Als Retter in der viele Seebacher als Gönner und Freunde Not erschien Andreas Schmid, der sich treu geblieben. Dank dieser persönlichen von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) Kontakte wurde dafür gesorgt, dass die- einen Vorschuss von dreihundert Franken ses Musikkorps das Quartierleben in den geben liess. Diesen stellte er dem Verein vergangenen Jahrzehnten durch unzäh- zur Verfügung und erstattete der MFO lige Promenaden-Konzerte, Ständchen, monatlich zehn Franken von seinem Zahl- durch Mitwirkung an Quartierfesten, öf- tag zurück. fentlichen Feiern und Vereinsanlässen bereichern konnte. Aus der Sicht der Mit den Proben war es in den ersten Musikanten hat sich das jährlich statt- Jahren schlecht bestellt, denn es fehl- findende Konzert in der Markus-Kirche, te ein passendes Lokal. Nachdem die unter dem Patronat des Quartiervereins, Schulpflege Seebach keinen Raum im zur angenehmen Tradition entwickelt. In Schulhaus zur Verfügung stellen wollte, diesem feierlichen Rahmen findet das

176 Muttertagskonzert der Harmonie Oerlikon-Seebach in der Markuskirche (1982)

177 Hauspflege Seebach ein stärkeres Engagement zu ersuchen. den. Sie ist in den Stadtkreisen 11 und 12 Dies wurde 1947 erreicht. Durch einen tätig. Nach aussen treten am häufigsten Ruth Siegrist Stadtratsbeschluss wurde eine Zentral- das Blasorchester mit 100 Mitgliedern, stelle für Hauspflegen errichtet, die u.a. das Aspirantenspiel mit 90 Angehörigen Am 19. März 1934 wurde die Hauspflege den Übergang vom Tag- zum Monatslohn und die Tambourengruppe mit 15 Mit- Seebach als letztes Seebacher Werk von ermöglichte und auf städtischer Ebene gliedern in Erscheinung. Ausserdem gibt Pfarrer Maag gegründet und mit einem eine Hauspflege-Schule mit Diplom-Ab- es Kammermusikgruppen, eine Big Band Sparbuch von Fr. 820.– bedacht. Die zur schluss schuf. und weitere Adhoc-Formationen. Die mu- Präsidentin gewählte Frau Quadri-Egli sikalische Gesamtleitung liegt in den Hän- übernahm sowohl die Organisation als Angesichts der dadurch entstehenden den von Eduard Muri. Die administrative auch die Vermittlung von Pflegerinnen. massiven Ausgaben forderte die Stadt Leitung besorgt ein ehrenamtlich tätiger Doch wagte das Gründungskomitee an- nun ihrerseits die Quartiere auf, Vereine Vorstand mit 15 Mitgliedern, dem eine gesichts der Wirtschaftskrise nicht den zu gründen und die Verwaltungs- und ei- grosse Anzahl Helfer zur Seite steht. Schritt zur Konstitution eines eigentlichen nen Teil der Sozialkosten zu übernehmen. Vereins mit der Erhebung von Mitglieder- In diesem Sinne wurde die Hauspflege Die Jugendmusik Zürich 11 geniesst einen beiträgen. Man hoffte, mit einer Tagespfle- Seebach in der Gründungsversammlung ausserordentlich guten Ruf, sowohl was getaxe von 4.– Franken bei gleich hohem vom 4. November 1968 erneut als eigener die Präsentation wie den musikalischen Taglohn der Pflegerinnen auskommen zu Verein unter dem Präsidium der schon Leistungsstandard angeht. Sie hat in den können. Leider ging diese Rechnung nicht seit 1964 amtierenden Schwester Hedi vergangenen Jahren vor allem an ihren auf. Viele Familien konnten nicht einmal Kronauer konstituiert und nun um Mit- Jahreskonzerten im Frühjahr, bei auswär- die Mindesttagestaxe von 1.– Franken glieder geworben. Heute kann sich der tigen Auftritten und in Radio- und Fern- aufbringen. Am Jahresende waren 40 der Verein auf die Mitgliedschaft von rund 650 sehsendungen gezeigt, dass sie höchs- ausgeführten 52 Pflegen noch unbezahlt. Personen stützen und mit regelmässigen ten Ansprüchen zu genügen vermag. Die Zur Ausrichtung der Löhne musste ein Zuwendungen vom Frauenverein und den Kinder und Jugendlichen musizieren aus grosszügiger Kredit des Gemeinnützigen Kirchen sowie zahlreichen Spenden wei- reiner Freude und sind bereit, sich sehr Frauenvereins Seebach in Anspruch ge- ter Kreise rechnen. Dank dieser Hilfe und anstrengenden Proben zu unterziehen. nommen werden. Das Städtische Ge- der massiven Subvention durch Stadt, sundheitsamt hatte das schon im April Kanton und Bund ist der Verein in der Anspruchsvolle Werke sind in den vergan- 1934 eingereichte Subventionsgesuch Lage, gut ausgebildete Hauspflegerinnen genen Jahren aufgeführt worden. Zum zurückgestellt. Die Begründung lautete, für seine Aufgabe einzusetzen: die Haus- Beispiel „Rhapsody in Blue“ von George dass zuerst das Bedürfnis für eine Haus- haltführung und Grundpflege von Kran- Gershwin, „Les Préludes“ von Franz Liszt, pflege nachgewiesen werden müsse und ken und Pflegebedürftigen jeden Alters die Konzertsuite „West Side Story“ von man sich vorläufig an einen politisch und und die Betreuung der Kinder bei Krank- Leonard Bernstein, berühmte Ouvertü- konfessionell neutralen Verein anschlie- heit, Spital- oder Kuraufenthalt der Mutter. ren wie „Il Guarany“ von Antonio Carlos ssen solle. Es lag auf der Hand, sich in Gomes und „Oberto“ von Giuseppe Verdi dieser Situation an den Gemeinnützigen Für den Schlüsselposten der Vermittlung und eigens für die Jugendmusik Zürich 11 Frauenverein Seebach zu wenden, der konnten stets Frauen aus Seebach selbst komponierte Werke von Robert Blum und in seiner Generalversammlung vom 17. gewonnen werden: 1937 E. Hurter, 1964 Boris Mersson. In Sommerkonzerten er- März 1934 denn auch die Hauspflege M. Baumann und 1980 L. Nievergelt. Dies freuen alle Formationen die Bevölkerung als selbständige Kommission mit eige- führt zu Konstanz und trägt wesentlich der Stadt mit moderner Blasmusik. ner Rechnungsführung aufnahm. Doch bei zur Verbundenheit der Hauspflege mit trotz der nun eingehenden Zuschüsse von dem Quartier. Das grosse Blasorchester und die Tam- Stadt, Frauenverein und Kirchen herrsch- bourengruppe nahmen im Juni 1978 am te weiterhin oft Leere in der Kasse und Musikskolans Dag in Södertälje teil und die während 30 Jahren ehrenamtlich als Jugendmusik Zürich 11 konzertierten in Stockholm. Im Mai 1980 Quästorin tätige Frau Wyss musste haüfig traten die 100 Mädchen und Burschen aus eigener Tasche über finanzielle Eng- Hans Holenstein erstmals am Schweizerischen Tonkünst- pässe hinweghelfen. Diese prekäre Lage lerfest in Glarus auf, wo das speziell von und der Wunsch nach Schaffung korrek- Die Jugendmusik Zürich 11 ist 1960 ge- Boris Mersson komponierte Werk „Der ter Anstellungsverhältnisse veranlassten gründet worden und umfasst heute eine silberne Hammer“ uraufgeführt wurde. Im die Kommission, zusammen mit anderen Musikschule mit rund 360 Schülern, die Juli 1980 flog das Blasorchester auf Einla- Hauspflegeorganisationen die Stadt um von über 30 Fachlehrern unterrichtet wer- dung hin nach Amerika zur Teilnahme am

178 Die Jugendmusik Zürich 11 – mit Seebach eng verbunden …

„Second International Youth Band Fes- Im Herbst 1980 folgte das Festkonzert in Blasorchester und Tambouren Aufnahme tival“ in Bottineau (North Dakota). In der der Tonhalle Zürich, zusammen mit dem und Herausgabe einer Langspielplatte mit Höchstklasse (AAA) errang die Formati- Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester klassischen Werken, einer Konzertsuite on das beste Prädikat und den absolut und der Knabenmusik der Stadt Zürich. und brillanten Märschen. ersten Preis gegen namhafte Konkurrenz Galakonzerte in Solothurn, Chur und Et- aus Israel und China. Weitere erfolgreiche tiswil fanden im Frühjahr 1981 statt. Als Konzerte sind in New York, Washington, Krönung jenes Jahres folgte im Herbst Toms River, Niagara Falls und Minot ge- das Galakonzert anlässlich des Eidge- geben worden, an denen gegen 20 000 nössischen Musikfestes in Lausanne, Zuhörer gezählt wurden. das weitherum Begeisterung auslöste. Wichtiger Markstein bedeutete 1982 für

179 Katholischer Turnverein (z.B. Quartierfest, Seebacher Chilbi, Zü- Offenbar hatte 1904 das Harmonium Zürich-Seebach rihegel). Vom Zürcher Katholischen Turn- ausgedient, bezahlte man doch von da und Sportverband wurden im Laufe der an dem Männerchor Seebach jedes Jahr Jahre immer wieder Mitglieder des KTV Fr. 10.– für die Benützung des Klaviers. A. Wiederkehr Zürich-Seebach in den Kantonalvorstand Dieser Betrag stieg in späteren Jahren berufen. auf Fr. 30.–. Am 18. Februar 1942 wurde der katho- lische Turnverein Zürich-Seebach ge- Der Mitgliederbestand pendelt seit Jahren 1917 wurde Sekundarschullehrer Paul gründet. Erster Präses war Vikar Alois um ca. 20 Aktivturner, 15 Jugendriegler Wettstein Dirigent. Durch ihn kam der Schuler, Präsident Hans Paul Meyer und und ca. 50 Ehren-, Frei- und Passivmit- Chor so richtig in Schwung und es gab Oberturner Ernst Grossholz. Zweck und glieder. fast jedes Jahr ein grosses Konzert. Hin Ziel des Vereins war gemäss Statuten: „ … und wieder zusammen mit dem Kir- die planmässige und eifrige Förderung Vorstand: chenchor Oerlikon, dem Doppelquartett allseitiger Leibesübungen unter Wahrung Präses: Vikar Ph. Specken Seebach, später auch mit dem Orches- der katholischen Glaubensgrundsätze.“ Präsident Christian Distel terverein Oerlikon. Einige Jahre sangen Turnleiter: René Decorvet Chormitglieder die Solopartien. Meistens Bereits im Jahr 1943 nahmen 16 Turner Jugileiter: Arnold Distel wurde während eines Jahres acht Mal am Schweiz. Turnfest in Zürich teil und zu- in der Kirche gesungen. Aber auch das sammen mit der Jungmannschaft zeigte Volkslied kam nicht zu kurz. Kränzchen man sich mit einer Abendunterhaltung in Kirchenchor Seebach und Unterhaltungen standen fast jedes der Öffentlichkeit. Turnfest und Abend- Jahr auf dem Programm. An den Kater- unterhaltung sind bis heute ein fester Be- Der Kirchenchor Seebach besteht seit bummeln wurde tüchtig marschiert. Ein standteil des Vereinslebens geblieben und 1892. Erste Eintragungen in einem Kas- altes Mitglied des Chores weiss zu erzäh- aus dem Jahresprogramm nicht mehr sabuch stammen aus dem Jahr 1895. len, dass ein Katerbummel von Seebach wegzudenken. Da staunt man, wenn man liest, dass über Gerlisberg nach Embrach gemacht der Vereinsbeitrag jeden Monat 20 Rp. wurde, ebenso nach Dübendorf. Da kann Sieben Jahren später, am 29. Mai 1949, betrug. Bei Nicht-Erscheinen waren 10 man schon sagen: „Das waren noch Zei- hoben die Fahnenpaten Frau Paula Mül- Rp. Busse und bei Austritt 50 Rp. zu ten!“. ler-Hasler und Kantonsrat Robert Hafner bezahlen. Später wurde der Austrittsbei- das Vereinsbanner aus der Taufe. Paten- trag auf Fr. 1.– erhöht. Über Jahrzehnte 1952 trat Paul Wettstein als Dirigent zu- sektion war der Katholische Turnverein hinweg wurden bei Nicht-Besuch der rück. Als er sein Amt aufgab, traten mit Würenlos. Dieses Banner sollte die Turner Proben Bussen erteilt. 1898 wurde so- ihm etliche langjährige Sängerinnen und in den folgenden Jahren an viele Turnfeste gar ein Extra-Buch für Bussenkontrollen Sänger aus dem Chor. begleiten. angeschafft. Im gleichen Jahr kaufte der Chor für den Dirigenten, Pfarrer Bachof- Nachfolger wurde Rober Kübler. 16 Jahre Im gleichen Jahr, in dem die Vereinssta- ner, einen Taktstock für Fr. 3.–. war er unser Dirigent. Er verfasste und tuten den heutigen Bedürfnissen ange- komponierte sehr viele Lieder für den passt wurden, konnte am 17. Juni 1975 Die Zeitschrift „Der evangelische Kirchen- Gottesdienst und vertonte auch etliche in der Pfarrkirche Maria-Lourdes eine chor“ zirkulierte als Lesemappe. Obwohl Gedichte. neue Vereinsfahne geweiht werden. Von Pfarrer Bachofner Dirigent war, musste den Fahnenpaten Frau Claire Sulzmann auch er den Jahresbeitrag entrichten. 1970 wurde Hans Huber Chordirigent. und Ehrenmitglied Josef Grosswiler so- Da er ebenfalls Dirigent des Kirchenor- wie der Patensektion KTV Dietikon wurde chesters war und noch heute ist, lag es das neue Banner feierlich den Turnern nahe, dass wir zusammen sangen und übergeben. musizierten. Die Ära Huber brachte jedes Inventar 1898 Jahr ein grosses Karfreitags- und Ad- Bis zum heutigen Tag sind neben den ventskonzert. Es ist erfreulich, dass die wöchentlichen Turnstunden folgende An- Harmonium Fr. 166.40 Adventskonzerte so gut besucht werden lässe zur Tradition geworden: Turnfest, Vereinsarchiv Fr. 35.– und die grosse Markuskirche manchmal Abendunterhaltung, Bergwanderung, Taktstock Fr. 3.– fast zu klein ist. Auch wenn die Konzerte Ski-Weekend. Ausserdem nimmt der KTV Div. Gesangsstoff Fr. 110.– stets grossen Anklang finden, sind neue aktiv am Pfarrei- und Quartierleben teil Mitglieder jederzeit willkommen, bilden

180 sie doch die notwendige Erneuerung. Seit in einer Gemeinschaftswohnung an der den damaligen Mitgliedern ein echtes Be- 1892 bis heute hatten wir nur sechs Diri- Katzenbachstrasse wohnten, teilten sich dürfnis, in bewährter, alteidgenössischer genten, wahrlich kein schlechtes Zeichen nun in die Arbeit. Das Krankenmobilien- Manier bemühte man sich, die kulturellen für einen rund 90jährigen Chor. Magazin, das die Schwestern Widmer und gesellschaftlichen Aufgaben in der betreuten, wurde von der Kreiskranken- Gemeinde zu erfüllen. pflege übernommen. Krankenpflege- und Freude an der Gegenwart: Der Männer- Krippenverein Seebach Die Kinderkrippenkommission präsidier- chor Seebach mit einem Bestand von te Frau Ida Corrodi und später Frau Ida ca. 40 Sängern ist sich auch heute seiner Schoop. Die heutige Präsidentin ist Frau vielfältigen Aufgaben im Quartierleben be- Heinrich Rihs Trudi Rüttimann. Der Krankenpflegekom- wusst und bestrebt, nebst seinen Aktivitä- mission standen die Pfarrer Rahn, Peier ten wie Konzerte, Singen in Altersheimen Im Jahre 1945 wurde der Krippenverein und Spörri vor. Der heutige Präsident ist und Spitälern, Mitwirkung in Gottesdiens- durch Pfarrer Ernst Hurter gegründet. Am Pfarrer Mühlemann. ten und Quartierveranstaltungen nicht nur 4. Oktober 1946 stimmte eine ausser- Freude zu bereiten, sondern auch die ordentliche Vereinsversammlung dem Der erste Vereinspräsident war der Grün- zwischenmenschlichen Beziehungen zu Kaufpreis von Fr. 65 000.– für ein Dreifa- der, Pfarrer Hurter, der am 5. Oktober erweitern und zu fördern. milienhaus an der Seebacherstrasse 34 1953 verstarb. Zwei Jahre amtete dann (damals Nummer 18) des Malermeisters Fürsorgesekretär Albert Ulmer als In- Vertrauen in die Zukunft: Mit der Freu- Walter Roth zu. Die Maschinenfabrik Oer- terimspräsident. Auf ihn folgte Gustav de und Begeisterung am gemeinsamen likon (MFO) und Werkzeugmaschinenfab- Schneider, der das Amt bis 1977 inne hat- Gesang (der sich vom damals hehren rik Oerlikon (WMFO) gewährten Darlehen te. Heutiger Vereinspräsident ist Heinrich Vaterlandslied ins heutige moderne und von je Fr. 10 000.–. Rihs, der bereits seit 1960 dem Vorstand zeitgemässe Liedgut gewandelt hat), ver- angehört. bunden mit einer guten Kameradschaft In der Parterrewohnung konnte sofort und froher Geselligkeit, erhofft sich der eine Krippe eingerichtet werden, deren Am 15./16. Juni 1979 fand zugunsten der Männerchor Seebach eine erfolgreiche Einweihungsfeier am 15. Dezember 1946 Renovation der Kinderkrippe ein Dorffest Weiterentwicklung. Mit tatkräftigem Wer- stattfand. Verschiedene Renovationsar- statt. 1981 kam es zur glücklichen Durch- ben für eines der grossen Kulturgüter – beiten waren nötig gewesen. Zur freudi- führung dieser Renovation. den Gesang – versucht er, seine Reihen gen Überraschung des Krippenvereins immer wieder aufzufüllen und ebenso das machten eine ganze Reihe von Handwer- Im Oktober 1982 wurde das Ambulatori- Nachwuchsproblem zu lösen. kern namhafte Abstriche an ihren Rech- um der Krankenpflege an der Schaffhau- nungen. serstrasse 469 eröffnet. Die Verwirklichung dieser Ziele lässt uns vertrauensvoll und optimistisch in die Zu- Der Verein zählte zu Anfang 690 Mitglie- kunft blicken, weil wir fest daran glauben, der. Täglich wurden im Durchschnitt 15 Männerchor Seebach dass uns die Seebacher-Bevölkerung da- Kinder von der Neumünsterschwester, bei unterstützen wird. Diakonisse Emma Wälle, betreut. 1947 Hugo Weilenmann konnte der erste Stock in den Krippen- betrieb integriert werden und 1951 die Dank an die Vergangenheit: Ein Dank restlichen Räume des Hauses. So konn- unseren Vorfahren, die sich trotz einiger ten schliesslich 30 bis 35 Kinder am Tage missglückter Versuche (die bis ins Jahr betreut werden. 1867 zurückgehen) nicht entmutigen lie- ssen und mit viel Idealismus, Begeiste- Die Krankenpflege, die der Kreiskran- rung und Beharrlichkeit am 16. Januar kenpflege 11 angegliedert war, schloss 1875 den Männerchor Seebach grün- sich am 21. Oktober 1952 mit der Krippe deten. zum „Krankenpflege- und Krippenverein Seebach“ zusammen. Ab sofort konnte Die Pflege des Chorgesangs (wobei man eine zweite Krankenschwester angestellt kein Kunstgesangsverein sein wollte und werden. Diakonisse Berta Rengel und auch heute nicht sein will), der Kamerad- Diakonisse Hedy Brun, die zusammen schaft und der Geselligkeit, war schon bei

181 182 183 Musikverein Zürich-Seebach in eigener Regie oder mit dem Quartier- bei. Anfang Oktober 1921 wurde gemein- verein zusammen (z.B. Muttertagskonzer- sam mit anderen Sektionen eine grössere Am 13. April 1929 gründeten rund 20 te, Seifenkistenrennen usw.) fanden statt. Ausstellung durchgeführt. In den 20er Musikkollegen im damaligen Restaurant Jahren veranstaltete der Verein regelmä- „Heimat“ in Oerlikon die „Arbeitermusik 1976 wurde die AMOS in Musikverein ssig Gartenfeste. 1931 wurde im Kasino Oerlikon und Umgebung“. Bereits am 1. Zürich-Seebach umbenannt. Viele Mu- Oerlikon eine grosse Schau durchgeführt. Mai konzentrierte das Korps erstmals, siker der Jugendmusik 11 sicherten das 1940, 1942, 1948 und 1951 waren die allerdings noch mit gemieteten Instru- weitere Bestehen des MZS. Unter der Ausstellungen im „Landhus“ in Seebach; menten. Erst durch Ausgabe von Anteil- neuen Leitung von Willi Cavadini gewinnt sie brachten dem Verein ein gewisses scheinen an Passivmitglieder und mittels der Verein nach und nach an musikali- Ansehen und stets neue Mitglieder. Frühmusikkonzerten an Sonntagen konn- scher Qualität. So gelangten zunehmend ten eigene beschafft werden. weitere Kreise mit Engagements an den Besondere Verdienste erwarb sich Adolf Musikverein. Vor allem aber stehen unsere Hertin während der Kriegsjahre, als er mit Die Gründungsfeier fand an der 1. Abend- Musiker zum Quartier, dem sie alljährlich allen Mitteln dafür eintrat, dass die Mitglie- unterhaltung am 26. Oktober im damali- Sommerkonzerte (Staudenbühl, Chäshal- der an der Anbauschlacht mitmachten. gen „Kasino Oerlikon“ statt. Der Musik- de, Auf der Heu, Schwandenwiesen und Es war nicht immer leicht, die nötigen verein zählte 28 Aktive und 143 Passive. Grünhalde) widmen. Schliesslich gipfelt Arbeitskräfte zu mobilisieren, aber er ging Auf ein Gesuch um Subvention an die alle Jahre der Dank an die treuen Mitglie- mit dem guten Beispiel voran und so folg- Gemeinderäte von Oerlikon und Seebach der in der traditionellen Abendunterhal- te man ihm einfach. Dadurch war nicht erhielt der Verein von Oerlikon 800.– Fran- tung im Landhus Seebach. nur für die Familien der Vereinsmitglieder, ken und von Seebach 300.– Franken sondern auch für deren Tiere gesorgt. Es zugesprochen. Deshalb fügte man dem ist heute noch ein Rätsel, wie Hertin es Namen noch „Seebach“ hinzu. Somit Ornithologischer Verein zur damaligen Zeit fertigbrachte, Wagen- hiess der Verein „Arbeitermusik Oerlikon- Seebach und Umgebung ladungen von Gerste und Körnern zu er- Seebach und Umgebung“, wobei letzte- halten und unter die Züchter zu verteilen. res Wort ab 1950 weggelassen und die Abkürzung AMOS eingeführt wurde. Die Irma Leeb In den 40er und 50er Jahren wurden Ver- AMOS umfasste 1932 bereits 34 Aktive einsreisen in die Voralpengebiete durch- und 300 Passive. Im Juni 1907 haben sich im „Seebacher- geführt. Stets schenkte man dem Vogel- hof“ in Seebach fünf Männer zusammen- schutz grosse Aufmerksamkeit. Die Eingemeindung 1934 war ein folgen- gefunden, um unseren Verein zu gründen, schweres Ereignis für die AMOS: 570 nämlich: Gottfried Sauter, Gottfried Ba- Im Gebiet Oerlikon, Seebach und Rüm- Franken Verlust an Subventionen. Die chofen, Eduard Meier, Rudolf Fretz und lang waren schon damals 220 Nisthöhlen folgende Wirtschaftskrise kostete eine Hans Hafner. Diese Männer versuchten zu reinigen und zu ersetzen. Auch wurden beträchtliche Anzahl Passive. Die Mo- die Haltung und Züchtung von Kaninchen in der näheren Umgebung Exkursionen bilmachung brachte den Verein in starke und Geflügel in gesunde Bahnen zu len- durchgeführt. Eine kleine Beihilfe von der Personalnöte. Durch einige Aktive ent- ken. Auch dem Schutz der freilebenden Volkswirtschaftsdirektion Zürich war der stand die Bauernkapelle, die anstelle der Vögel wurde von Anfang an alle Aufmerk- Lohn für die Mühe. 1956 umfasste der AMOS bei kleineren Anlässen spielte und samkeit geschenkt. Verein bereits 113 Mitglieder. von 1952 bis 1973 bestand. Laut Protokoll hatte der Verein 1917 be Bis zum heutigen Zeitpunkt haben 14 Einige Neuerungen in Kurzform: 1961 reits 64 Mitglieder. Das Einzugsgebiet er- Männer und seit 1974 eine Frau den OV erstmals Tag der Kranken. Geburtstags- streckte sich nebst Seebach auf Oerlikon, Seebach präsidiert. Nicht zu vergessen ständchen für 85jährige. Am 8. Schwei- Kloten, Wallisellen, Rümlang, Watt, Adli- sind die vielen Funktionäre im Vorstand, zerischen Arbeitermusikfest sorgte die kon, Schlieren und Altstetten. die tatkräftig mitgeholfen haben, diesen AMOS für eine kleine Sensation, indem Verein 75 Jahre lang durch manches sie unter 32 teilnehmenden Vereinen die 1917, 1919 und 1924 wurden im Sääli Hoch und Tief zu bringen. höchste Punktzahl erreichte: 96 von 100 des „Seebacherhofs“ kleine Schauen or- möglichen! ganisiert. Schulklassen konnten bei einem Heute hat der OV Seebach 112 Mitglieder, Eintritt von 20 Rappen die Schau besich- davon 1 Ehrenpräsident und 9 Ehren- Immer mehr Vereine in Seebach verpflich- tigen. 1919 war erstmals eine Vereinskol- mitglieder. Die Mitglieder verteilen sich teten unsere Musiker, aber auch Auftritte lektion an der kantonalen Ausstellung da- auf alle drei Abteilungen: Kaninchen- und

184 Geflügelzucht sowie Vogelschutz. Das freuen und aus dem Quartierleben nicht gen an die Öffentlichkeit. Regelmässig Einzugsgebiet ist nicht mehr so weitläufig mehr wegzudenken sind. Kulturell treten vermitteln wir Konzerte im Freien oder in wie im Jahre 1907, der grösste Teil der wir dann und wann mit Kunstausstellun- unseren Kirchen. Grosse Beachtung fand Mitglieder lebt in Seebach oder der nä- heren Umgebung. Erfolgreiche Aktionen des Quartiervereins Die Aufgaben eine ornithologischen Ver- eins haben sich in den vergangenen Jah- Standortsuche für die heutige Poststelle ren stark verändert. Heute muss sich ein Einsatz für Zuteilung eines Quartierbüros solcher Verein auch mit Umweltschutz Kampf um Verbesserung der Tramverbindungen / Ausbau der Endstation befassen und mit den entsprechenden Aufschüttung und Begrünung der Kiesgruben Organisationen Hand in Hand zusam- Erstellen einer Schwemmkanalisation unter dem Katzenbach menarbeiten. Ausbau und Unterhalt von Spazierwegen und Ruhebänken Redimensionieren von bis zum Waldrand vorgesehenen Bauprojekten Schwandenholz / Asp Intervention gegen den Bau eines Hochhauses auf dem Asphügel Quartierverein Seebach Baufreie Erhaltung der Aussichtskuppe Kiesgrube Süd Mitgestaltung beim Friedhof Schwandenholz Fritz Senn Verbesserungsvorschläge bei der Freibad- und Sportanlage / Volière Protest gegen eine geplante Verbreiterung der Katzenbachstrasse Nur wenige Monate nach der letzten GV Jahrelanger Einsatz für Schaffung der Buslinie 75 des „Verschönerungsvereins“ wurde am Sanierung des Bahnüberganges beim Bahnhof 15. September 1934 im Landhus der Zahlreiche Schulwegsicherungen QVS gegründet. Er sollte die guten Tra- Bau eines Trottoirs an der Hertensteinstrasse ditionen des VVS weiterführen und sich Kampf gegen die geplante Hönggerbergtangente als politisch und konfessionell neutrale Diverse Einsprachen in der Projektierungsphase für die N 20 Organisation der Probleme des jungen Stadtquartiers annehmen. Leider war es bei der Eingemeindung nicht gelungen, die 1979 erstmals gezeigte ortsgeschicht- der Familie Schaffner, beziehungsweise einen eigenen Stadtkreis zu beanspru- liche Ausstellung „Vom Bauerndorf zum von Frau Margrith Butti und Seebacher chen, und im Laufe der Jahre zeigte es Stadtquartier“, von der Präsidialabteilung Gewerbetreibenden der Öffentlichkeit ge- sich immer wieder, dass die städtischen der Stadt Zürich grosszügig unterstützt. schenkten Brunnen. Hier konnten erst- Instanzen recht weit entfernt waren. Unsere Sammlung alter Aufnahmen des Dorfes leistete hier gute Dienste. Mit den schon bald nach dem Zweiten Jährliche Veranstaltungen Weltkrieg aufkommenden Siedlungs- und Einen kleinen Beitrag zur Orientierung in Stand 1983 Verkehrsproblemen hat sich unser Verein unserem in atemberaubendem Tempo immer wieder auseinandergesetzt; mit gewachsenen Quartier liefert seit rund Besuche am Tag der Kranken Blick auf das Gemeinwohl und die Zu- fünf Jahren der „Seebacher Pass“, ein Zürihegellauf kunft. Dabei mussten oft Kompromisse vom QVS geschaffenes, handliches Disco im Freibad geschlossen und Niederlagen eingesteckt Nachschlagewerk für alle Haushaltun- Bundesfeier werden. Die Erinnerung an einige Erfolge gen. Die Zahl der Mitglieder konnte von Waldfest auf der Heu bedeutet zugleich ein Stück Quartierge- ursprünglich 300 auf heute 1500 erhöht Dorfchilbi im Herbst schichte: werden. Zu allen Zeiten haben wir auf Räbeliechtliumzug treue Gönner und entgegenkommende Samichlaus und Waldweihnacht Seit jeher bildeten die Pflege von Quar- Gewerbler zählen dürfen, was die Durch- Div. Konzerte tiertraditionen und die Durchführung von führung unserer vielfältigen Aufgaben erst geselligen oder gemeinnützigen Anlässen ermöglichte. Mit besonderer Dankbarkeit einen zweiten Schwerpunkt der Verein- erinnern wir uns an Schenkungen wie mals Mittel aus dem „Wohnlichkeitsfonds“ stätigkeit. In Zusammenarbeit mit ande- jene von Hedy Wettstein (für ein Brücklein der Stadt Zürich beansprucht werden. ren Vereinen oder in eigener Regie werden über den Katzenbach verwendet), jene Seebach gehört zu den ersten Quartieren, Veranstaltungen organisiert, die sich zum von Gotthilf Siegfried in Form von Land- die heute schon auf realisierte Vorschläge grössten Teil einer langen Geschichte er- parzellen in Niederhasli oder an die von aus diesem Fonds blicken können. Er-

185 wähnenswert ist sicher das 1981 erstellte Brücklein über den Katzenbach, unmittel- bar unterhalb der längst verschwundenen „Schwelli“.

Die grossen Leistungen der Vergangen- heit sind Verpflichtung für die Zukunft. Mit unpopulären Einsätzen haben wir uns oft auch Gegner geschaffen. Unsere Bevöl- kerung ist zur Zeit sehr darüber besorgt, welche Auswirkungen die Eröffnung der N 20 für die Wohnlichkeit unseres Quar- tiers haben wird. Die vom QVS mit Über- zeugung unterstützten Massnahmen zur Vermeidung des Durchgangsverkehrs und zum Schutze der Wohnqualität ha- ben Auseinandersetzungen ausgelöst, wie sie in ähnlich kontroverser Form auch in anderen Quartieren Zürichs stattfinden.

Doch die Zeit steht nicht still. Mit grossen Einweihung „Hedy Wettstein-Brüggli“ am 7. Juni 1952: (von links nach rechts) Hoffnungen ist unser armes Dorf vor 50 Wettstein sen. (Waid), Albert Gossweiler, Hans Wüst, Reinhard Ochsner, Emil Kunz, Jahren in die Stadt Zürich eingetreten. Sepp Westreicher, Jakob Strehler, Hermann Bernhard, Werner Siegfried, Emil Huber, Heute gilt die Hauptsorge des Einzelnen Kurt Wirth sen., Hans Dürst, Hans Siegfried, Emil Büchi und Hans Rathgeb. der Wahrung und dem Ausbau seines Wohlstandes. Wie werden wohl in 50 Jah- ren die brennenden Fragen lauten?

Präsidenten:

Hektor Bergmann 1934 – 1942 Hans Weinmann 1942 – 1948 Kurt Wirth 1948 – 1955 Viktor Roshard 1955 – 1964 Fritz Senn 1964 – 1981 Drei Quartiervereinspräsidenten am sogenannten „Siegfried-Fest“ am 19. August 1967: Kurt Wirth jun. seit 1981 (von links nach rechts) Viktor Roshard, Gotthilf Siegfried (Spender des Landes in Niederhasli), Fritz Senn (Ehrenpräsident seit 1981) und Kurt Wirth sen.

186 Samariterverein cher Hautfarbe, zu helfen, wenn er auf Schritten. Einmal wurde hier, einmal dort Zürich-Seebach Hilfe angewiesen ist. Dies im Geist und geschossen. Erst im Jahre 1876 wurde Sinn unserer Gründer und dem Vorbild aus dem „Freizeit-Schützenverein“ durch Henri Dunants folgend. Auch in der soge- die Einführung der allgemeinen Schiess- Ernst Schedler nannten „besseren Zeit“ brauchen kranke pflicht ein „Pflicht-Schützenverein“. Im und verletzte Menschen Hilfe. Jahre 1880 schaffte sich die SGS aus Am 11. November 1933, um 20.00 Uhr, Anlass ihres 20jährigen Bestehens einen wurde – mitten in der Krisenzeit – im in Silber gearbeiteten Becher an. Er ge- Restaurant „Heimat“ in Oerlikon unser hört noch heute zum Inventar. Etwa um Verein unter dem Namen „Freier Arbeiter- Als Präsident amteten: 1885 herum fühlten sich einige Schützen Samariterverein Oerlikon“ gegründet. Der Ernst Bucher 2 Jahre, Franz Hirt 11 Jah- unglücklich im „Muss-Verein SGS“. So Verein war Mitglied des SATUS. re, Karl Elsener 10 Jahre, Fritz Haupt 10 splitterten sie ab und gründeten einen Jahre, Albert Stöckli 3 Jahre, Charles Villa eigenen Verein, die Feldschützen-Gesell- Als erster Vorstand amtete (Auszug aus 3 Jahre. Seit 1972 ist Ernst A. Schedler schaft Oerlikon-Seebach. Fortan wurden dem Originalprotokoll): „Genosse Bucher Präsident. die Schiessübungen bis zum Jahr 1900 als Präsident, Genossin Berger als Ak- neben- und miteinander auf freiem Felde tuarin, und Genossin Margrit Bucher als durchgeführt, bis hinter dem Bahndamm Kassierin“. Das Tagespräsidium über- der nach Kloten führenden Eisenbahnli- nahm der Präsident der Freien Arbeiter- Vereinsärzte waren: nie „im Büel“ ein bleibender Schiessplatz Samariter Zürich. Dr. med. Gross, Dr. med. H. Spindler, mit künstlichem Kugelfang eingerichtet Dr. med. H. Morf (30 Jahre) und seit 1982 wurde. Ein in Holz geschnitzter Teller Zum Ziel setzte sich der neue Verein Dr. med. Ernst Zehnder. von 1950 mit der Inschrift „Schützen- „ … nicht nur Hilfeleistungen bei Un- verband Büel, Zürich-Oerlikon-Seebach glücksfällen, sondern auch Hilfe bei der 1920 – 1950“ zeugt davon. Er ziert un- Kinder- und Fabrikhygiene sowie auf dem seren Kranzkasten. 1948 beschloss die Gebiet der Tuberkulose“; Für die damalige Generalversammlung der SGS, dem Ver- Zeit eine mutige Tat. Die Schwierigkeiten, Schützengesellschaft band freier Schiessvereine (VFS) beizutre- mit denen sich die Funktionäre des jungen Seebach ten. Diese Mitgliedschaft dauert an. Doch Vereins auseinanderzusetzen hatten, kön- auch im Büel war keine ewige Bleibe. nen nur annähernd gewürdigt werden, Technische Neuerungen im Schiesswe- wenn man die damalige wirtschaftliche Urs Stauffer sen einerseits, sowie Überbauungen in Lage unseres Landes in Betracht zieht. der Nachbarschaft andererseits führten Arbeitslosigkeit, Armut und Elend waren Im Jahre 1860 gründeten die Seebacher zur Aufgabe der Seebacher-Anlage. an der Tagesordnung. Schützen ihren Schützenverein. Ältes- tes Dokument aus dieser Zeit sind die Mittlerweile war es zur Eingemeindung Am 25. Mai 1940 vollzog sich im Verein am 27. April 1862 erlassenen Statuten gekommen und die Stadt Zürich liess eine wichtige Änderung, es erfolgte die des Jägerschützenvereins Seebach. die Gross-Schiessanlage „Probstei“ in Namensänderung in „Samariter Verein Die Vereinsmitglieder waren anfänglich Schwamendingen erstellen. Das Ein- Glattal“ und gleichzeitig wurde der Verein nur Scharfschützen und Jäger. Letztere weihungsschiessen dieser Anlage fand Mitglied des Schweizerischen Samariter- gehörten zu den Jägerkompagnien des im Jahre 1950 statt. Es wurde auf 96 bundes. 1941 erfolgte der Beitritt zum Sa- Infanteriebataillons. Die dannzumalige Scheibenbilder aus einem Doppelstöcki- mariterverband des Kantons Zürich, zum Bewaffnung bestand aus zwei verschie- gen Stand geschossen. Im Jahre 1960, Hilfslehrerverband (heute Samariterlehrer- denen Waffentypen. Für die Scharfschüt- anlässlich des 100jährigen Bestehens der verband) Zürich und Umgebung sowie zur zen war es das „Scharfschützengewehr Schützengesellschaft Seebach, fand am Samaritervereinigung der Stadt Zürich. Mod. 1851“, für die Jäger das „Jäger- Samstag den 23. und am Sonntag den gewehr Mod. 1856/59“. Beide Waffen 24. April in der „Probstei“ ein Jubiläums- Am 9. Januar 1943 wurde der Verein auf hatten das gleiche Kaliber von 10.5 mm. schiessen statt. Am Sonntag um 18 Uhr den heutigen Namen „Samariterverein Die Scheibenziele glichen den heutigen A- folgte dann die eigentliche Jubiläumsfeier Zürich-Seebach“ umbenannt. Scheiben und wurden ohne grosse Um- im Saal des Hotels Landhus in Seebach stände im Felde, vor einem geeigneten mit der offiziellen Einweihung der Ver- Unser Ziel: Dem Menschen, gleich wel- Hintergrund aufgestellt. Die Schiessdis- einsfahne. Die neue Vereinsfahne ersetzte cher Nationalität, welchen Glaubens, wel- tanz variierte zwischen etwa 200 bis 600 diejenige aus dem Jahre 1935.

187 In den folgenden Jahren steigerte sich die Seit der Auflösung des Molkereischiess- deren 32. Der Schiessstand präsentiert Aktivität der SGS um ein Vielfaches. Un- vereins und der darauffolgenden Grün- sich als schmuckes Haus mit einer eige- ter anderem verbrüderte man sich 1962 dung des Molkereischiessverbandes ist nen Schützenstube. Der Verein gehört mit dem Kanton Uri gelegenen Bergdorf die Schützengesellschaft Seebach, nebst zum Probsteiverband und betreut seine Isenthal und führte alljährliche Freund- weiteren Vereinen aus Zürich-Nord, Ver- Obligatorisch-Schützen mit Akribie. Die- schaftsschiessen durch. Obwohl Isenthal bandsmitglied. Sie nimmt auch an Ver- se Dienstleistungen wollen wir in Zukunft heute lediglich 577 Einwohner zählt, die bandsschiessen teil. weiter ausbauen, und wir glauben, da- SGS dagegen allein rund 600 bis 700 mit die 125-Jahr-Jubiläumsfeier im Jahre Schützen, ist es den Berglern gelungen Als eigenen Schiessanlass führt die SGS 1985 garantieren zu können. Gleichzeitig fast sämtliche Schiessen siegreich zu ge- mit Stolz seit 1971 regelmässig das stadt- soll das 15. Stadtzürcher Sturmgewehr- stalten. zürcher Sturmgewehrschiessen durch. Schiessen abgehalten werden. Grund ge- Dieses wird jährlich von rund 70 bis 80 nug also, das Ganze mit einem attraktiven Dem Generalversammlungsbeschluss Gruppen besucht und gilt als sehr beliebt. Schützenfest zu feiern. von 1964 folgend, trat die SGS dem Schweizerischen Schützenverein (SSV) Im Jahre 1975 häuften sich verschiedent- Soweit ein kleiner Einblick in die Chro- bei. Aufgrund der jungen Mitgliedschaft lich Schiessunfälle im Stand Probstei. In nik des ältesten Vereins von Seebach, wurden in der Folge unsere Schützen am einem Einzelfall verirrte sich ein Projektil welcher nun dank der Unterstützung der Eidgenössischen Schützenfest von 1969 auf den Zürcher Bürkliplatz, wo es sich Obligatorisch-Schützen und tatkräftiger in Thun in die unterste Stärkeklasse ein- unglücklicherweise in die Ferse eines Mithilfe aus dem Quartier lebt und fort- geteilt. Die Teilnehmer jedoch verblüfften Passanten bohrte. Man schrieb diesen besteht. mit Spitzenresultaten und schafften es Umstand u.a. Baumängeln zu und be- im ersten Anlauf, in eine höhere Klasse schloss, die Angelegenheit durch bau- aufzusteigen. Die Seebacher Schützen- liche Massnahmen zu bereinigen. Die gesellschaft wurde mit dem goldenen Sanierung der Probstei fand im Jahre Lorbeer ausgezeichnet. Seit 1966 neh- 1977 statt. Während den Bauarbeiten men die Schützen der SGS an auswärti- genoss die SGS Gastrecht im Höngger gen Gruppenschiess-Anlässen teil. Diese Stand. Im darauffolgenden Jahr konnte Schiessen finden zum Beispiel in Hefen- man voller Stolz den Betrieb in der mo- hofen, Bernhardzell, Kornberg, Trüllikon, dernisierten Probstei wiederaufnehmen. Neftenbach usw. statt, um nur einzelne Seitdem schiessen wir auf vollautoma- zu erwähnen. tische Scheiben. Aus 96 Zielen wurden

188 Ski- und Bergklub des TVS Auf uns eingestellt, wird ein ganzjähriges Sportverein Seebach Ski- und Fitnessturnen durchgeführt. Im Max Spörri Winter gibt es eine Klub-Skischule und ein Peter Sattler Skirennen. Die Klubmeisterschaft wird je Am 30. November 1935 fanden sich für Damen und Herren in der Altersklasse Ein ganzes Menschenalter ist es nun im Restaurant „Neubühl“ 16 Personen und für Senioren durchgeführt. Man denkt schon her, seit sich 9 junge Seebacher ein und gründeten zur Förderung des auch an die Jungen und ladet sie zu einem im Restaurant „Rössli“ in Seebach zur schönen Wintersportes, wie dies hiess, speziellen Jugendrennen ein. Mit dem Gründungsversammlung zusammenfan- die Skiriege des TVS. Der Club wurde Skiklub Luthern verbinden uns seit mehr den. Mit Begeisterung wurde am 15. April sofort aktiv. Während der Wintermonate als 10 Jahren freundschaftliche Bande. 1916 die Gründung eines Fussballclubs wurde ein Trockenskikurs durchgeführt. Man führt ein Freundschaftsrennnen beschlossen und ihm nach reichlich ge- Am 22.12.1935 traf man sich zum ersten durch und kämpft um einen Wanderpreis. walteter Diskussion, laut welcher Fuss- Skikurs in Bäretswil. Und über das Wo- ball, Leichtathletik, Bergsport und Arm- chenende vom 15./16.2.1936 folgten 50 Für den Sommer wird ein spezielles Pro- brustschiessen ins Tätigkeitsprogramm Begeisterte dem Rufe zur Teilnahme an gramm aufgestellt. Neben Wanderungen aufgenommen wurden, der Name „Sport- der ersten Skichilbi im Restaurant „Schäf- und gesellligen Anlässen – Bummel für verein Seebach“ gegeben. Später gesellte li“ in Amden. Man wandte sich an Mitglie- Gross und Klein mit Spielen, Kegelaben- sich noch eine Gesangssektion dazu. der und Interessierte und betrieb damit den – macht man auch eine zweitägige Werbung. Der Erfolg blieb nicht aus. Nach Hochgebirgstour. An der Seebacher-Chil- Nach der Aufnahme des Sportvereins in einem Jahr hatte der Club bereits einen bi nimmt der Klub mit einer „Skihütte“ teil. den Schweizerischen Fussball- und Athle- Bestand von 36 Mitgliedern. Er beteiligt sich ferner mit einer speziellen tikverband bestritten die Seebacher Fuss- Nummer an der Abendunterhaltung des baller erstmals die Meisterschaft in der Für später geborene dürfen einige An- Stammvereins. Serie C, die bereits in der Saison 1919/20 gaben aus dem ersten Beitragsbuch in- gewonnen wurde, was zugleich den Auf- teressant sein. Aktivmitglieder des TVS Auch in Zukunft wird im Ski- und Bergclub stieg in die Serie B bedeutete. Nun reihte bezahlten lediglich Fr. 3.50 als Beitrag an des TVS der Wahlspruch seines ersten sich ein Erfolg an den anderen. Nach den SSV. Ehren-, Frei-, und Männerriege- Präsidenten hochgehalten: der Erringung der Gruppenmeisterschaft Mitglieder bezahlten zusätzlich Fr. 1.50 „Kameradschaft und gegenseitige Hilfs- im Jahre 1927/28 sowie ein Jahr später Klubbeitrag. Wer dem TSV nicht angehör- bereitschaft im Leben und in den Bergen.“ die Regionalmeisterschaft Ostschweiz in te, hatte total Fr. 8.– zu entrichten, Damen der Serie B, erfolgte der zweite Aufstieg, bezahlten als Passivbeitrag Fr. 1.50 statt diesmal in die Serie Promotion. Der Be- Fr. 3.–. zug des neuen Sportplatzes „Ettenfeld“ in Seebach brachte dem Verein neue Impul- Man kam überein, dass die Klubtätigkeit se. Die höchste Sprosse der Erfolgsleiter nicht auf den Winter zu beschränken sei. wurde im Jahre 1931/32 mit dem Aufstieg Die erste Sommertour führte die Mitglie- der auf den Rautispitz im Glarnerland. Folgerichtig änderte man den Namen Skiriege Ende der Dreissigerjahre ab in Ski- und Bergklub des TVS.

Seit jenen Gründertagen hat sich viel ereignet. Wer in den alten Protokollen blättert, wird an viele schöne Begeben- heiten, an mit Mühe und Fleiss erbrachte Leistungen, an gesellige Anlässe, aber auch an Namen von Kameradinnen und Kameraden erinnert, die das Klubgesche- hen mittrugen und prägten. Schweizer Heute hat der Ski- und Bergklub einen Damenfussball- Mitgliederbestand von 220 Personen. meister 1983

189 in die 1. Liga – damals die zweitstärkste den dasteht und bis auf 650 Mitglieder die Saison 83/84 der zeitgerechte Name Spielklasse unseres Landes – erklettert. angewachsen ist. Mit 18 Mannschaften „Theater Zürich Nord“ angenommen wur- Damit begannen aber für den SV Seebach (3 Aktiven-, 3 Senioren-, 10 Junioren- und de. neue Sorgen, denn bereits zu jener Zeit 2 Damenmannschaften) beteiligt sich der trieb der Spielerhandel seine Blüten und Sportverein heute an den nationalen und oftmals musste der Sportverein machtlos regionalen Meisterschaften. Turnverein Seebach zusehen, wie viele seiner besten Spieler von berühmten Schweizer Fussballklubs Kurt Bannwart umgarnt wurden und diesen Lockungen Theater Zürich Nord nicht widerstehen konnten (z.B. Fredy Bi- Als der junge Medizinstudent Eduard ckel das „Schweizer Fussball-Idol“, der im Rogé Eichenberger Steffen am 25. Oktober 1873 die Grün- November 1935 zu GC wechselte und im dungsversammlung des TVS einberief, Jahre 1953 vom Verband der Schweizer Ehe am 18. Dezember 1899 die erste zählte das Dorf noch keine 1000 einwoh- Sportjournalisten als erster und einziger Aufführung über die Bühne ging, hatten ner. Der Turnbetrieb konnte allerdings erst Fussballer zum verdienstvollsten Sportler die idealistischen Gründer des „Drama- im Frühjahr 1874 aufgenommen werden, des Landes ausgezeichnet wurde). Es tischen Vereins Oerlikon“ starke Wider- und wie es zur Zeit der 60-Stunden-Wo- muss deshalb nicht wundern, dass der stände zu erleben. Man war allgemein der che ohne freien Samstag üblich war, traf Sportverein im Jahre 1936 den Abstieg Ansicht, es bestünden in Oerlikon ohnehin man sich vorerst am Sonntagnachmittag. in die 2. Liga antreten musste, in der er zu viele Vereine! Doch schon bald erfolgte Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurde sich bis auf den heutigen Tag mit wech- der Aufschwung: Aufwendig kostümiert auf einen Wochentag gewechselt. Seither selndem Erfolg behaupten konnte. Zwar spielten in heimatlich gefärbten Stücken sind über 100 Jahre ins Land gegangen, wurden mehrere Gruppenmeisterschaf- („Die Rose von Bergün“) bis zu 50 Mitwir- einige für unseren Verein ausserordentlich ten (1938/39, 1971/72, 1972/73 und kende. Es erstaunt deshalb nicht, dass an erfolgreiche, andere, in denen ernsthaft 1981/82) errungen, aber der Aufstieg in die 70 Kostüme benutzt wurden. Die dra- ums Überleben gekämpft werden muss- die 1. Liga nie mehr geschafft. matischen und „schröcklichen“ Theater- te. Angefangen hatte der Turnbetrieb im spiele wurden jeweils in 50 Probenaben- Schopf an der Seebacherstrasse, dem Die Damen-Sektion des Sportvereins, den eingeübt. nachmaligen Feuerwehr-Geräteschup- die erst im Jahre 1970 gegründet wur- pen. Erst nach gut 30 Jahren stand auf de, kann schon jetzt auf grosse Taten Ein mit der Heimat verwurzelter Verein der Buhn die erste richtige Turnhalle zur zurückblicken. 1983 wurde das 1. Da- ist stets auch der Spiegel seiner Zeit. Die Verfügung. Während des ersten Weltkrie- menteam letztmals Schweizer Fussball- Chronik des DVO berichtet von anony- ges wies der TVS einen Nominalbestand meister, nachdem es schon 1980, 1981 men Geldspenden für bedürftige Oerli- von 80 Aktiven auf, wurde aber kurz da- und 1982 den Titel gewonnen hatte. ker Kinder, von den Geldschwierigkeiten rauf von der ersten echten Krise im Ver- 1981 gelang sogar das Double (Meister während der Weltkrise in den dreissiger einsleben geschüttelt, als männiglich die und Cup), dreimal wurde die Vizemeis- Jahren, im Krieg fielen gar die Vorstel- Gründung eines SATUS verhindern half. terschaft errungen. 12 Seebacherinnen lungen aus, da mehrere Akteure an der Das Jubiläum zum 50jährigen Bestehen haben bereits das rote Trikot mit dem Landesgrenze standen. Kaum war der wurde gemäss den Berichten in den An- Schweizerkreuz auf der Brust getragen Krieg zu Ende, als eine neue Krise auf- nalen allerdings gefestigt und bei gutem und in vielen Länderspielen Ehre für das zog: Unterhaltungsinflation. Bereits die Ansehen in der Gemeinde gefeiert. Vaterland eingelegt. Eingemeindung hatte sich abträglich auf die Zuschauerzahlen ausgewirkt, das Auf- Auf bevorstehende Turnfeste hin wurde 25 Männer waren es (O. Schoechli, E. We- kommen des Fernsehens bereitete ernst- hart gearbeitet. „Man stand im höchsten ber, H. Siegrist, E. Höppler, G. Kohler, M. hafte Existenzprobleme. Festfieber. Oft ist es vorgekommen, dass Imholz, E. Zbinden, J. Müllhaupt, H. Rath- über Schwätzer zu Gericht gesessen geb, F. Lanz, M. Bosshard, M. Zimmer- Mittlerweile hatte der DVO seine Aktivi- und ihr Ausschluss beschlossen wurde, mann, H. Otter, E. Lienhard, A. Blessing, täten zunehmend nach Seebach verlegt. noch kurz vor einem Fest.“ Kurz nach der K. Dörig, R. Bodmer, A. Kümin jun., A. Dem Abbruch des Oerliker „Casinos“ Eingemeindung konnten die Lokalitäten Kümin sen., P. Gentili, F. Klauser, H. Breit- folgte der endgültige Umzug an die neue erneut gewechselt werden, diesmal ins ler, J. Tognella, P. Sattler und seit 1974 B. Heimatbühne „Landhus“. Als Konse- nahegelegene Buhnrain. Die erste Freude Streit), die mit viel Geschick, Idealismus quenz wurde aus dem DVO ein DVOS. wurde allerdings etwas getrübt, als die und Treue den Sportverein Seebach leite- Der Theaterverein spielte in jüngster Zeit Turner merkten, dass von nun an städti- ten, so dass der Verein heute ohne Schul- ausschliesslich Schwänke, weshalb auf sche Vorschriften galten.

190 Mit dem Erscheinen von Vereinsabwar- ten musste manche Freiheit preisgegeben werden. Überstunden und persönliche Schlüsselabgabe waren unmöglich ge- worden.

Bei vielen Gelegenheiten bot dafür die Schulhausanlage Buhn oder Buhnrain den effektvollen Rahmen für Feste im kleineren und grösseren Ausmass. War zu Beginn des Jahrhunderts das Wäld- chen noch der Ort für solche Aktivitäten, musste später auf den Pausenplatz oder die beiden Wiesen ausgewichen werden. Immer aber schätzten die Besucher die prächtige Lage des Festgeländes.

Unvergessen bleiben so z.B. die Fahnen- weihen oder der Kantonale Kunstturner- tag im Jahre 1962.

Es würde den Rahmen dieses Kurzbe- richtes sprengen, einzelne Höhepunkte, Feste oder Namen zu nennen. Erwähnt sei lediglich noch das glanzvolle Verband- sturnfest, welches die Seebacher Tur- ner mit viel Wagemut wenige Wochen nach Kriegsende im Jahre 1945 auf der Wüest-Wiese organisierten, obwohl noch immer Rationierungsmarken im Gebrauch waren. Rechnung zuhanden des „Wirtschaftskomites“ des Turnvereins Seebach …

Der Turnverein Seebach steht im Mo- ment unter der engagierten Führung von zumeist jungen Mitgliedern, welche das Erbe dieses traditionellen Vereins ausge- zeichnet verwalten. Schliessen möchten wir mit der Aufzählung der Untersekti- onen, welche im Laufe der nun 110jäh- rigen Geschichte dazugestossen sind. Sie gehören nicht nur auf dem Papier zu uns, sondern beweisen immer wieder ihre enge Verbundenheit, wenn es gilt, sich gegenseitig zu helfen.Es sind dies:

Meitli- und Jugendriege Damenriege Männerriege Ski- und Bergklub Doppelquartett Übergabe der Verbandsfahne am 21. Glatt- und Limmattal-Verbandsturnfest in Seebach im Jahre 1945.

191 Velo Club Racing Seebach Der grosse Enthusiamus wurde bald ge- als Schweizermeister auf der Strasse fei- bremst und die Männer mussten ihre Kräf- ern lassen. In diesen Jahren fuhren sehr Bruno Sorlini te für andere Sorgen verwenden, stan- starke Fahrer in den RCS-Leibchen. Er- den doch die Krisenjahre an. Kurze Zeit folgsmeldungen erschienen beinahe täg- Im Dezember des Jahres 1928 sassen später wurde der sportliche Geist durch lich in der Sportpresse. So wurde 1955 im Restaurant „Alte Post“ in Seebach 24 den Krieg unterbrochen. Danach ging es R. Strehler Profi-Verfolgungs-Schweizer- Radfahrer an einem Tisch und gründeten um so schneller bergauf und in den 50er meister und im selben Jahr Zweiter bei den „Racing Club Seebach“. Die Idee Jahren reihte sich bei unseren Rennfah- den Weltmeisterschaften. Im selben Jahr wurde zwar ein Jahr zuvor geboren: Der rern Sieg an Sieg. Im Jahre 1952 erreicht stellte Erwin Schweizer sogar einen Welt- Club sollte „Racing Club Oerlikon“ hei- die Seebacher Mannschaft erstmals an rekord auf und zwar über 5 km auf der ssen. Mit diesem Namen war jedoch der einer Schweizermeisterschaft eine Me- Rennbahn. In dieser Zeit wurden einige Velo Club Oerlikon nicht einverstanden daille. Diese war vorerst noch aus Bronze, Seebacher Rennfahrer an die Weltmeis- und so wurde der erste Versuch wieder wurde aber sehr bald durch silberne und terschaften und die Olympischen Spiele fallengelassen. goldene Auszeichnungen ergänzt. Schon delegiert. ein Jahr später konnte sich René Strehler

Schweizermeisermannschaft Strasse 1954, 1. Rang: (von links nach rechts) Wirth, Schweizer, Rüegg, Strehler, Betreuer Siegrist, Walliser.

192 Damals wurde der Europa Cup für die Front im RCS auf. Er stand allen zur Seite 1963 je einen Goldlorbeerkranz für das Mannschaften von den RCS-Fahrern ge- und leitete den Verein auch als Präsident. Junioren- und das Senioren-Orchester wonnen. Dieser Höhepunkt wurde von An den Erfolgen in den 50 Jahren wirkte er am Eidgen. Handharmonika-Musikfest in den Fahrern Schäppi, Wegmann, Rezzo- persönlich als Betreuer mit. In den mage- St. Gallen. nico, Weckert, Krattenmacher und Säger ren Jahren manövrierte er geschickt den herausgefahren. Klub aus den Wellentälern wieder an die 1975 an den Akkordeon Weltfestspielen Spitze. Auch als wir 1983 erstmals nach in Luzern erreichen unsere zwei Solisten Anfangs der 60er Jahre bestritten einige etlichen Jahren wieder ein Radkriterium die Ränge 2 und 6. Profis aus Seebach das „Zürcher Sechs- organisierten, erklärte er sich sofort bereit, tagerennen“. Nach den erfolgreichen Jah- das Patent für die Festwirtschaft zur Ver- 1976 stellen wir am Coupe Suisse de ren stellte sich die magere Zeit ein. Das fügung zu stellen. Das Rennen wurde ein l‘Accordéon in Bern den Einzelsieger in Geschehen spielte sich nur noch auf ge- Erfolg und wird im nächsten Jahr wieder der Kat. Oberstufe. ringem Niveau ab. Erst als im Jahre 1974 durchgeführt. die Radsportschule gegründet wurde, Seit dem Gründungskonzert 1948 wird waren kleinere Erfolge sichtbar Aus dieser Dass es wieder aufwärts geht, zeigt auch alljährlich ohne Unterbruch ein Herbst- Schule gingen Andy Muff, Roland Vögeli die Tatsache, dass in den letzten beiden konzert mit Unterhaltung durchgeführt. und Daniel Wyder hervor. Drei Namen, Jahren die Mitgliederzahl um einen Drittel Nebst seiner Arbeit als Dirigent bewies die man später öfters hörte. Muff gewann gesteigert werden konnte. Heute zählt der Walter Aeberli sen. auch grosses schau- Rennen und wurde zur Juniorenweltmeis- Verein ca. 300 Mitglieder, wovon etwa 40 spielerisches Können. Er inszenierte zahl- terschaft aufgeboten. Vögeli setzte sich öffentliche Rennen fahren. reiche Theaterstücke der leichten Muse, später auf Stehervelo und konnte sich welche beim Publikum ausserordentlich 1978 als Amateur-Stehermeister ausrufen beliebt waren. lassen. Wyder gewann in allen Kategori- Vereinigte Handharmonika- en Rennen und steht heute als National- spieler Seebach Dank grosszügigen Spenden von Mtglie- mannschaftsmitglied bei den Amateuren dern und Gönnern konnte zum 20. Jah- vor der Türe zu den Berufsfahrern, welche restag unseres Vereins die erste Vereins- Vögeli bereits passiert hat. In der jüngsten William Bauer fahne eingeweiht werden. An dieser Stelle Zeit hört man von den Bahnjunioren wie- möchten wir allen unseren Freunden und der erfreuliche Meldungen. Diese Fahrer Auf Initiative von Musiklehrer Walter Gönnern für ihre finanzielle Unterstützung belegen, wie 1957 die Amateure, alle drei Aeberli sen. wurden 1948 die „Vereinig- danken. Madaillenränge der Schweizermeister- ten Handharmonikaspieler Seebach“ ins schaft. Für diesen Titel ist Kurt Thoma Leben gerufen. Die ersten Jahre waren Über all die Jahre hinweg entfaltete der verantwortlich. Ihm sagt man ein gewis- schwierig. Geld fehlte an allen Ecken und Verein eine rege musikalische Tätigkeit. ses Talent für die Bahn nach und es darf Enden. Doch durch den bedingungslosen Neben Platz- und Promenadenkonzerten wieder gehofft werden! Einsatz und die Begeisterung aller Aktiven spielen wir in Spitälern und Altersheimen. ging es stetig bergan. Unsere Aktiv- & Passivmitglieder treffen Im Jahre 1973 wurde in unserem Verein sich häufig zu geselligen Anlässen und die Gentlemenabteilung eingeführt, so Mit der Zunahme des Könnens wurde unternehmen gemeinsame Reisen. Un- dass auch die nicht mehr ganz Jungen jede Gelegenheit wahrgenommen, die vergessen bleiben Reisen, wie mit dem sich untereinander messen können. Diese Fingerfertigkeit unter Beweis zu stellen. Roten Pfeil ins Wallis oder auf den Pilatus. Gruppe wuchs förmlich in den Himmel Schöne Erfolge wurden an kantonalen, und stellt heute den Hauptharst im Klub eidgenössischen und internationalen dar: Ein Veloklub ohne Gentlemen wäre Wettkämpfen erzielt. Die nachstehenden kaum denkbar. Heute, wo wieder umwelt- Beispiele mögen dies illustrieren: freundlicher gedacht und gehandelt wird, rückt das Velo als Sport- und Freizeitgerät 1958 Goldlorbeerkranz an der Kantona- stark in den Vordergrund. len Marschmusikkonkurrenz in Zumikon

Mit der Gentlemenabteilung eng in Kon- 1960 Silberkranz am internationalen Mu- takt steht auch der Name Ernst Siegrist, siktreffen in Luzern der Wirt unseres Klublokals. Ernst Sieg- rist tauchte immer wieder an irgend einer

193 Verschönerungsverein platz, Binzmühle, Ettenfeld, Weiher und die Vereinsmitglieder aufgefordert, ihrer- Seebach Reservoir. seits eine gewisse Kontrolle auszuüben. Anlässlich der Generalversammlung vom 2. Sonnenberg bis zur Bahnlinie, Dorf, 10. Mai 1919 wurde die Erstellung einer Hermann Bernhard Hinterdorf, Heu und Schwandenholz. Gemeindechronik ins Auge gefasst. Diese sollte in zwölf Punkten Auskunft geben An einem schönen Maiensonntag des 3. Ausserdorf bis Zürcherstrasse, Käshal- über die Geschichte und Entwicklung der Jahres 1893 versammelte sich ein den, Köschenrüti, Riedenholz, Eichen- Gemeinde, gleichzeitig aber auch dazu Trüpplein Seebacher in der „Sonne“ („Fal- rain, Asp und Badanstalt. motivieren, der Gemeinde einen lebens- ken“) um den Verschönerungsverein See- werten Charakter zu geben. Leider wurde bach aus der Taufe zu heben. Begeistert Anspruchsvolle Traktanden bezüglich die geplante Chronik nicht verwirklicht. lauschte man den engagierten Worten Vereinspolitik beschäftigten den Vorstand Die Gründe für das Scheitern des Chro- des Gründungspräsidenten Lehrer Guyer gleich am Anfang. So wurde die Frage nik-Projektes sind in der leeren Vereins- und war willens, „Schönes zu schaffen der Verschmelzung mit dem Gemein- kasse und im – gemäss Protokolleintrag für die Gemeinde“. Der Verein war ein ty- deverein geprüft, der Entscheid jedoch – mangelnden Arbeitseinsatz für diese pisches Kind jenes Fortschrittsglaubens, aufgeschoben. Von einer Verbindung Aufgabe zu suchen. Grundsätzlich darf der um die Jahrhundertwende durch das mit einem sogenannten Verkehrsverein sich der Einsatz des Verschönerungs- Land ging. Die knapp gefassten Statuten wurde Abstand genommen. Die General- vereins jedoch sehen lassen, auch wenn sahen jährlich zwei Versammlungen und versammlung beschloss am 19. August nicht alle Ziele – beispielsweise die Errich- einen Jahresbeitrag von einem Franken 1900, in Zukunft auch Frauen im Verein tung einer Badanstalt – erreicht werden vor. Das Verfügungsrecht des Vorstandes aufzunehmen. konnten. Der Vorstand konnte bei der Er- lag bei Fr. 30.– im Jahr. füllung seiner Aufgaben immer wieder auf In den folgen Jahren wurden an geeig- die Mitwirkung der Lehrerschaft zählen. Im Jahr 1899 wurde das Gemeindegebiet neten Plätzen neue Ruhebänke aufge- für die Behandlung der Sachgeschäfte in stellt und Grünanlagen eingerichtet. Im- Liest man in alten Protokollen, so stellt drei Gruppen unterteilt: mer wieder machte der Verein auf die man fest, dass der Vandalismus an den Schönheiten der Gemeinde aufmerksam. Ruhebänken und Anlagen, sowie die „Pö- 1. Südlich der Bahnlinie und der Zürcher- Um den böswilligen Beschädigungen der belhaftigkeit“ der Jugend viel zu reden ga- strasse auf beiden Seiten, Schiess- Bänke und Anlagen zu begegnen, wurden ben. Aber auch die überhandnehmende Luftverschmutzung war schon vor mehr als fünfzig Jahren ein aktuelles Thema. Der Vorstand verstand es, immer wie- der Anregungen an den Gemeinderat von Seebach heranzutragen und so auf die Gemeindepolitik Einfluss zu nehmen. Mancher gute Gedanke blieb allerdings unverwirklicht, weil die Finanzen der ar- men Gemeinde sonst schon stark bean- sprucht waren.

Die letzte Generalversammlung des Ver- schönerungsvereins fand am 28. April 1934 statt. Bereits einige Monate vorher wurde der Quartierverein Seebach ge- gründet, der dann auch die traditionellen Aufgaben des Verschönerungsvereins in seinen Arbeitskreis aufnahm.

194 Attraktiv gestalteter Plan der Gemeinde Seebach, herausgegeben vom Verschönerungs-Verein (1900).

195 Werken, formen, gestalten …

196 Das Gemeinschaftszentrum Seebach Peter Keck

Die stürmische Entwicklung der zürcher aufgezeigten negativen Begleiterschei- gen, pavillonartigen Bauten mit den ver- Aussenquartiere brachte eine beeindru- nungen der Stadtentwicklung entgegen- schiedensten Innenräumen, abgeschlos- ckende Bautätigkeit mit sich. Fast gleich- zuwirken. Durch die sehr quartierbezogen sen. zeitig entstanden bis dahin in diesem Mas- geplanten Zentren, durch spezielle An- se kaum bekannte Nebenerscheinungen gebote zur individuellen Betätigung und Das „Herz“ des Gemeinschaftszent- und Probleme für das Gemeinwesen. Kulturpflege, soll die „Schwellenangst“ rums bildet der zentrale Treffpunkt mit besonders der Neuzuzüger abgebaut einem Selbstbedienungscafé, dem sich Viele neue Bewohner, teilweise aus werden. Man sieht sehr bald ein, dass das Sekretariat, die Jugendräume, ein den verschiedensten Landesteilen der Animation und die Erleichterung von Mehrzweckraum, Fotolabors und die Frei- Schweiz, nicht wenige darunter aber auch Nachbarschaftskontakten eine Arbeit für zeitwerkstätten angliedern. Ein geschlos- aus dem nahen und fernen Ausland, sa- ausgebildete Fachleute ist. sener Verbindungsbau zwischen dem hen sich vor grosse Integrations- und As- Treffpunkt und dem Saalgebäude schafft similierungsprobleme gestellt. einen für viele Zwecke verwendbaren Foy- Das Zentrum Seebach erraum. Alle Räume werden denn auch Sie fanden in den neuen Quartieren der ausserhalb der allgemeinen Betriebszei- Stadt zwar einigermassen ansprechende Im Geländedreieck Katzenbach-/ Ausser- ten sehr rege von den verschiedensten Wohnverhältnisse vor, fühlten sich aber dorf- und Hertensteinstrasse entstand Gruppen und Vereinen, aber auch Fami- von den Alteingesessenen nur bedingt in den Jahren 1968 – 1970 das heutige lien und Schulklassen für alle Arten von aufgenommen. Gemeinschaftszentrum Seebach, als Teil Anlässen und Parties genutzt. einer grossen Freizeit- und Sportüberbau- Die Möglichkeiten, sich im Quartier ein- ung für das stetig wachsende Quartier. zuleben, hier die Freizeit zu verbringen Erwartungen und und an kulturellen Angeboten teilzuneh- Die Gebäude des Gemeinschaftszent- Möglichkeiten men, wurden wohl von den vielfältigen rums ordnen sich an der Hertenstein- Gruppierungen der alteingesessenen strasse in die Gesamtanlage ein. Der Vereine angeboten, aber fast alle diese Zugang weitet sich zu einem Vorplatz Wenn vom Gemeinschaftszentrum See- Möglichkeiten verlangen von den Neulin- mit Brunnenanlage und Zierpflanzenbe- bach die Rede ist, stellen sich bei den gen einen recht aktiven Schritt auf diese cken und geht im Innern des Areals in Quartierbewohnern die unterschiedlichs- Institutionen zu, wenn sie Aufnahme und einen Rollschuhplatz, eine Bocciabahn ten Assoziationen ein. Was für die ei- Mitbeteiligung suchen. Wo auch noch sowie einen Kindertummelplatz mit Spiel- nen ein beliebter Treffpunkt ist, bedeutet grössere kulturelle, sprachliche oder so- geräten, Steingarten, Sandgrube über. für den passionierten Bastler oder die ziale Unterschiede zu den Altbewohnern Ein alter Brunnen, der früher an der Her- Freizeitschreinerin eine guteingerichtete hinzukommen, ist eine Isolation kaum zu tensteinstrasse seinen Standplatz hatte Holzwerkstatt, ist für andere, vorwiegend vermeiden. eine Löwenfigur des Bildhauers Urs Eg- jugndliche Quartierbewohner, Inbegriff für genschwyler, vom Dach des ehemaligen, Discomusik. Für andere ist das Zentrum Nach den fünziger Jahren entstanden an heute abgebrochenen „Palais Henne- ein Spielplatz, ein Fotolabor, Übungs- den verschiedensten Orten in Zürich Ro- berg“ am See, zieren den Spielbereich. oder Probelokal, oder ganz einfach ein binsonspielplätze, bald auch Freizeit- und Ort zum „rumhängen“. Gemeinschaftszentren. Die Planer von der Im Zentrum des elegant gegliederten Pro Juventute und der Stadt Zürich, Frei- Baukomplexes ist das zweigeschossige Für viele Seebacher Kinder bedeutet die zeitpioniere und bis heute Träger dieser Saalgebäude mit der Bibliothek und dem „Freiziiti“ der Werkraum mit einer ver- Institutionen, sahen und sehen in diesen Vortragsraum. Die Anlage wird gegen die ständnisvollen Werkleiterin. Kinder sind Einrichtungen eine gute Möglichkeit, den Hertensteinstrasse hin von eingeschossi- darum besonders häufig hier anzutref-

197 fen. Altersbeschränkungen wurden im se nacheinander brav abwickeln. Es gibt Beim Gemeinschaftszentrum handelt es Werk- und Bastelraum nur vereinzelt ge- jedoch viele ernsthafte Kurse, darunter sich also mehr um einen Ort, an dem das macht. Dadurch kommt es nicht selten nicht wenige richtige „Dauerbrenner“, die „Selber-Möglichmachen“ geübt werden vor, dass sogar drei- bis vierjährige Kin- seit Jahren ohne Unterbruch ihre Teilneh- darf. Weder eine Leistung, noch Erfolgs- der die Werkstatt besuchen. Sie zählen mer haben. Dazu gehören die vielfältigen zwang sind dringend. Es muss nichts ge- zu den eigenwilligsten Benützern dieser Bewegungs- und Kreativkurse für Kinder leistet werden, hier darf und kann geleistet Einrichtung. Mit viel Phantasie und unter und Erwachsene. Auch die Handwerkkur- werden! Die eigene Idee hat neben den Aufbietung der letzten Kräfte im Gebrauch se und künstlerischen Einführungskurse Anregungen Platz, die das Haus mit sei- der Mittel, versuchen sie, sich hier kleine, erfreuen sich einer lebhaften Nachfrage. nen Kursen und Veranstaltungen anbietet. oftmals sehr versponnene Produkte aus Restmaterial herzustellen. Die Mitarbeiter des Gemeinschaftszent- Kultur und Musse rums haben natürlich ihre eigenen Zielvor- Für Jugendliche ist das Gemein- stellungen und „Ideale“. Für Werklehrer, schaftszentrum ein Ort, an dem man Einen weiteren Schwerpunkt im Leben Sozialarbeiter und Animatoren bedeutet leicht Kollegen treffen kann. Hier besteht des GZ bildet das kulturelle Basispro- Freizeit nicht Förderung des Konsums Gelegenheit, sich über verschiedenste gramm, nicht unbedingt gleichbedeutend und Absatz origineller Freizeitideen, seich- Probleme, Ereignisse und Ärger aus- mit etablierter Kultur, sondern der Ver- ter Unterhaltung und schon gar nicht eine zusprechen. Ausser den strukturierten such kulturelle „Werkstattatmosphäre“ zu leere Zeit, die mittels Beaufsichtigung der Angeboten (Disco, Film- und Videoclub) vermitteln, Künstler in engen Kontakt zu Benützer durch Freizeitfachleute über- finden die Jugendlichen einen möglichst den Veranstaltungsbesuchern zu bringen. brückt werden muss. Sie verstehen sich grossen Freiraum, in welchem sie soziales Hier hat man eher den persönlichen Kon- nicht nur als Verwalter und Betreuer; sie Verhalten lernen und auch Verantwortung takt, sei es vor der Veranstaltung, in der sind vor allem Partner und Bezugsperso- übernehmen können. Pause oder nach der Vorstellung bei einer nen für ihre Besucher und die Benützer Tasse Kaffee. So entstehen Kontakte, die des Gemeinschaftszentrums. Auch Erwachsene schätzen die Gemein- auch die Künstler schätzen. schaft mit gleichaltrigen Leuten, jun- ge Mütter mit kleinen Kindern suchen Im Zentrum gibt es auch die Freiheit zum und finden Kontakte. Wiederum andere Nichtstun. Müssiggang braucht hier nicht schätzen den fachmännischen Rat in der immer „aller Laster Anfang“ zu sein. Inak- Werkstatt, freuen sich über das Kurspro- tivität kann auch vertieftes Wohlbefinden gramm, wundern und ärgern sich über ausdrücken und Nährboden für schöpfe- die heutige Jugend oder finden gerade an risches Tun sein. diesen Jugendlichen Gefallen.

Ort für Kontakte, Konflikte und Kreativität

Das Gemeinschaftszentrum ist jedoch keine Freizeitoase, keine heile Welt. Es geht hier nicht sehr ruhig zu, denn je besser ein solches Gemeinschafts- und Freizeitzentrum funktioniert, desto vielfäl- tiger sind die Besuchergruppen und desto mehr Meinungen, Wünsche und unter- schiedliche Bedürfnisse stossen aufein- ander. Notwendigerweise fast entstehen auch Konflikte.

Gemeinschaftszentren sind keine Frei- zeitschulen, in denen sich schöne Kur- Anlässe für jung und alt …

198 Altersfürsorge in Seebach Emilie Lieberherr

Von der Situation der älteren Menschen verringerten Arbeitszeit. Gehörten früher nungen und psychische Veränderungen zu sprechen scheint heute geradezu „in“ einer Familie drei Generationen an, so sind hat die medizinische Forschung noch zu sein. Es vergeht kaum ein Tag, ohne heute vier Generationen keine Seltenheit keine probaten Heilmittel zur Hand. Wohl dass eine Publikation erscheint, die sich mehr. Die Möglichkeit, zusammen mit An- wissen wir vieles über Prophylaxe in den mit dem Altwerden oder dem Altsein aus- gehörigen den Lebensabend zu verbrin- Bereichen Ernährung, Sport und Aktivie- einandersetzt. Ärzte, Psychologen, Psy- gen, schwindet jedoch zusehends. Jeder rung, aber das Leben mit Gebrechen wird chiater, Soziologen und auch die Litera- möchte sein Leben selbständig gestalten. wohl für lange, wenn nicht für immer, ten haben endlich das Alter entdeckt. Ich Dies trifft nicht nur für die Jungen zu, die Schicksal der Menschen sein. Ähnlich finde dies sehr gut. Allzulange ging man kaum erwachsen, in alle Welt ausfliegen, ist es mit der zweiten grossen Sorge, mit von der irrigen Annahme aus, Altsein sei sondern auch für den älteren Menschen, dem Alleinsein. Männer und Frauen ha- Abbau, wenn nicht sogar Krankheit. Man der den viel zitierten „Freiraum“ auch für ben nicht die gleiche Lebenserwartung. sprach von den „alten Menschen“, als ob sich in Anspruch nehmen möchte. Die Aus verschiedenden Gründen werden die es keine Unterschiede geben würde und finanzielle Altersvorsorge – ich denke hier Frauen im Durchschnitt fünf Jahre älter. man für alle die gleichen Patentlösungen vor allem an die AHV und die Zusatzleis- Beim Eintritt ins AHV-Alter sind von 100 zum Angehen ihrer Probleme anwenden tungen, aber auch an die berufliche Vor- Personen 63 Frauen und 37 Männer. Mit könnte. Die vielen Untersuchungen, die sorge – erlaubt es den Senioren, ihr Leben zunehmendem Alter wird die Gruppe der in letzter Zeit angestellt wurden, zeigen unabhängig zu gestalten. Dies bedeutet Frauen verhältnismässig grösser, dieje- – und dies scheint mir das Wichtigste nicht Loslösung von der Familie, sondern nige der Männer immer kleiner. Bei den daran zu sein – dass das Alter etwas Eigenständigkeit. über 80jährigen Frauen hat nur noch jede sehr Individuelles ist, das Ergebnis einer zehnte einen Lebenspartner. Lebensbiographie darstellt und deshalb In der Stadt Zürich leben 80’000 Ein- bei jedem anders verläuft. wohner im AHV-Alter. Der Anteil an der Für die städtische Sozialpolitik erfordert Gesamtbevölkerung ist in den einzel- diese Entwicklung Massnahmen in ver- Warum aber das heutige grosse Interesse nen Stadtkreisen und Quartieren jedoch schiedenen Richtungen. Mit Altersheimen an alten Menschen? Sicher einmal, weil es nicht gleich gross. Der Stadtkreis 11 ist allein, auch wenn sie noch so modern in der Geschichte der Menschheit noch gemäss der Volkszählung 1980 der be- konzipiert sind, lösen wir nur einen kleinen nie so viele alte Menschen gegeben hat völkerungsstärkste. 1/7 aller Einwohner Teil der Altersprobleme. Trotz allem dür- wie heute. Wenn noch vor 20 Jahren jeder unserer Stadt, nämlich 53’000, wohnen fen wir diese sogenannte „geschlossene zehnte Einwohner der Stadt Zürich über in den drei Quartieren Affoltern, Oerlikon Altersfürsorge“ nicht ausser acht lassen. 65 Jahre alt war (10%), heute aber be- und Seebach. Der Kreis 11 darf sich über- Wer dauernd pflegebedürftig oder durch reits jeder fünfte (20%), muss einem klar dies zugute halten, am zweitwenigsten die Hausarbeiten über Gebühr belastet werden, wie sehr dadurch unsere Gesell- Einwohner seit der Volkszählung 1970 wird, muss sicher sein können, dass fach- schaft verändert wurde. Dies hängt nicht verloren zu haben. liche und menschlich gut geführte Heime allein damit zusammen, dass die jüngeren im Quartier zur Verfügung stehen. und jungen Bewohner aus der Stadt weg- Von den 18’000 Einwohnern in Seebach gezogen und nur noch die älteren zurück- sind fast 18%, also etwas mehr als 3000 Ungefähr 90% der Betagten haben das geblieben sind. Der Grund liegt vielmehr in Personen im AHV-Altter, davon etwa 550 Glück in eigenen Wohnungen – es können der stark gestiegenen Lebenserwartung. über 80 Jahre alt. dies auch Alterswohnungen sein – leben Vor ca. 100 Jahren hatte ein Kleinkind zu dürfen. Es ist erfreulich, dass sich Ge- eine Lebenserwartung von etwa 44 Jah- Nun ist das Altwerden allerdings auch nossenschaften und private Bauherren ren. Heute sind es rund 30 Jahre mehr. mit Hypotheken belastet. Da ist einmal dieses Problems angenommen haben. Dies verdanken wir dem Fortschritt der die Gefahr, Altersgebrechen tragen zu Auch in Seebach stehen viele altersge- Medizin, der bewussteren Ernährung, der müssen. Für viele Abnützungserschei- rechte Kleinwohnungen zur Verfügung

199 (u.a. solche der Baugenossenschaften anzubieten. Die Vorstellung vom untätigen Zeit 3 Altersheime in Seebach. Weit mehr Glattal, ASIG, Milchbuck und der städ- alten Menschen, der irgendwo am Stadt- Heime werden von privaten Trägern ge- tischen Liegenschaftenverwaltung). rand seinem Ableben entgegendämmert, führt. Ich empfinde dies keineswegs als Schwerpunkt der Altersarbeit des Sozi- gehört der Vergangenheit an. Langeweile Konkurrenz, im Gegenteil. Die Mitsorge alamtes in Seebach ist die Alterssiedlung ist nicht nur einer der grössten Feinde des für unsere betagten Bürger soll nicht Felsenrain. Sie wurde in den Jahren 1956 Menschen schlechthin, sondern beson- allein der Öffentlichkeit überlassen wer- – 1958 erbaut, also zu einem Zeitpunkt, ders auch des betagten Menschen. Aber den. Dies ist auch der Grund, dass die wo eine derartige Einrichtung als Pioniertat auch Abkapselung ist schädlich. Unsere Stadt den Bau von Altersheimen durch gewertet wurde. Sie enthält 178 Wohnun- Aktivierungsprogramme, die allen Quar- gemeinnützige Träger massgeblich mit- gen, wovon 158 Einzimmer- und 20 Zwei- tiereinwohnern zur Verfügung stehen, finanziert. Seebach ist diesbezüglich ein zimmerwohnungen. Trägerin der Siedlung visieren diese beiden Punkte an und wol- sehr glückliches Beispiel. Der Verein „Al- ist die „Stiftung Wohnungsfürsorge für len nicht etwa die Betagten „in nutzloser ters- und Pflegeheim Seebach“ hat an betagte Einwohner der Stadt Zürich“, die Geschäftigkeit rotieren lassen“. der Grünhaldenstrasse ein vorbildliches dem Sozialamt angegliedert ist und von Altersheim erstellt. Ich erinnere mich sehr diesem geführt wird. Das Besondere an Mit dem Felsenrain ist es uns im letzten gut an den unermüdlichen ehrenamtli- der Einrichtung dieser Stiftung liegt darin, Vierteljahrhundert gelungen, viele ältere chen Einsatz der Vereinsverantwortlichen dass nicht nur die Wohnungen ganz spe- Mieter menschlich zu begleiten. Der Al- bei der Planung. Die Eigenmittel, die zu- zifisch auf die Bedürfnisse der älteren Ge- tersdurchschnitt ist auch hier gestiegen sammengetragen wurden, waren das neration ausgerichtet sind, sondern dass und beträgt zur Zeit über 79 Jahre. Um Ergebnis vieler Veranstaltungen der gan- sie mit ganz bestimmten Dienstleistungen Schritt mit den neuesten Anforderungen zen Quartierbevölkerung. Die freiwillige kombiniert werden. Die Mieter wohnen an den Komfort einer Alterssiedlung zu Arbeit aus dem Quartier spielt auch bei selbständig in ihren Wohnungen, haben halten, hat der Stiftungsrat beschlossen, der Aufrechterhaltung eines erfolgreichen aber die Möglichkeit die Hilfe der dem den Felsenrain komplett zu sanieren. Jede Altersheimbetriebs eine ganz erhebliche Haus zugeordneten Hauspflegerin und Wohnung soll eine moderne Küche er- Rolle. Damit wird den Pensionären aufs Fürsorgerin in Notsituationen in Anspruch halten. Für Einpersonenhaushalte sind schönste vordemonstriert, was Solidarität zu nehmen. Eine wesentliche Erleichte- Duschen, für Zweipersonenhaushalte ist mit den Betagten heissen sollte. rung bei der Haushaltführung ist auch die ein Bad vorgesehen. In den Häusern mit 4 Übernahme der grossen Wäsche. Der und 5 Geschossen wird ein Lift eingebaut. Finanziell gesehen sieht die Zukunft un- Siedlung angegliedert ist ein Speiselokal Ich freue mich, mit der geplanten Sanie- serer Stadt eher trübe aus. Man wird ver- der Stadtküche, das nicht nur Mittages- rung den Seebachern wieder vorbildliche mehrt Prioritäten setzen müssen. Bei den sen anbietet, sondern als Treffpunkt (mit Alterswohnungen offerieren zu können. Betagten darf aber nur soweit gespart oder ohne Konsumation) für die Mieter der werden, dass darunter die Qualität der Siedlung und die übrigen Quartierbewoh- Zur quartierbetonten Altersarbeit gehört Altersfürsorge nicht leidet. Denn: Das so- ner zur Verfügung steht. auch ein Altersheim, in dem Betagte, die ziale Netz hat sich die ältere Generation keinen eigenen Haushalt mehr führen durch ihren früheren Anteil am Erwerbs- Vor etwa 10 Jahren haben wir schon können, in grösstmöglicher Selbstän- leben redlich verdient. begonnen, diese Treffpunkte zu struk- digkeit, aber doch weitgehend betreut turieren, d.h. regelmässige Programme leben können. Das Sozialamt führt zur

200 Alterswohnheim Grünhalde

201 Die „Fernsehfabrik“ …

202 Das Fernsehzentrum Zürich-Seebach Alfred Fetscherin

Zu den markantesten und gesamtschwei- Schweiz wurden vom Institut für Hoch- in die Schweizerische Radioausstellung zerisch wohl bekanntesten Gebäulichkei- frequenztechnik an der Schweizerischen um Kongresshaus übertragen. Weitere ten Seebachs gehört das Fernsehzent- Landesausstellung 1939 gezeigt. An der Versuchssendungen wurden 1951 in Lau- rum Zürich-Seebach mit seinem schlan- ETH wurde der von Fritz Fischer erfun- sannne und 1952 in Basel ausgestrahlt. ken Hochhaus und dem rot-weiss-rot dene Fernseh-Grossprojektionsapparat gestrichenen Fernsehturm. Hier befindet für schwarzweissen und farbigen Bild- 1953 startete in einer ehemaligen Tennis- sich das Herz der Fernsehproduktion für empfang „Eidophor“ konstruieret. 1948 halle in einem Dachstock beim Hotel Bel- die deutschsprachige und rätoromani- wurden erstmals Fernsehsendungen lerive die eigentliche Fernsehproduktion in sche Schweiz. Nur die Berichte aus dem aus dem Studio auf dem Sonnenberg Zürich. Damit begann der Siegeszug des Bundeshaus werden in Bern zusammen- gestellt.

Die „Fernsehfabrik“, wie das TV-Zentrum Zürich-Seebach oft genannt wird, hat für die gesamte Region Zürich eine wichti- ge Funktion als Arbeitsplatz. Rund 1000 Mitarbeiter (Stand 1983), darunter 800 festangestellte und etwa 200 freie aus fast 70 verschiedenen Berufen, sind hier mit der Produktion und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen beschäftigt.

Politisches Gerangel um Standortfrage

Dass das DRS-Fernsehzentrum heute in Zürich-Seebach steht, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Das Tau- ziehen um den Sitz des Fernsehstudi- os für die deutsche und rätoromanische Schweiz hatte schon früh eingesetzt. Hauptbewerber waren neben Zürich die Städte Basel und Luzern. Um das Fern- sehzentrum in der Westschweiz wetteifer- ten Lausanne und Genf.

Zürich hatte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eine Rolle bei der Entwick- lung und Verbreitung des neuen elekt- ronischen Mediums gespielt. Die ersten öffentlichen Fernsehvorführungen in der Strassenbenennung mit Gegenwartsbezug

203 Fernsehens in unserem Land. 1954 zählte man 920 Fernsehkonzessionäre, 1955 waren es bereits 4’457 und 1960 18’700. Heute verzeichnet man in der Schweiz über 2 Millionen TV-Konzessionen.

Die geradezu explosionsartige Verbrei- tung des Fernsehens liess auch die Pro- duktionsstätten im Zürcher bald aus allen Nähten platzen. Die Abteilun- gen und Arbeitsplätze waren auf elf ver- schiedene Mietobjekte in und ausserhalb der Stadt verteilt. Allein für Dekorationen bestanden fünf verschidene Aufbewah- rungsorte. Die Zersplitterung führte zu ständigen Transporten und unverantwort- lichen Zeitverlusten. Ein neuer Standort musste dringend gesucht werden.

Für den Fall, dass Zürich als definitiver Standort des regionalen Fernsehzent- rums auserkoren würde, boten Kanton und Stadt weitreichende Unterstützung an. Mit Beschluss vom 3. April 1959 ver- sprach der Stadtrat „alle Förderung, die sich als notwendig erweist“, im einzelnen die Abtretung von 15’000 bis 20’000 m² unbebauten Landes zwischen Nordheim- und Hofwiesenstrasse im Baurecht sowie ein zinsloses Darlehen an die Baukosten.

Auch die anderen Städte, die sich um den Studiositz bewarben, stelllten für den Fall ihrer Wahl grosszügige Hillfe in Aussicht. Im Juli 1959 entschieden die Delegierten der SRG-Generalversammlung nach hef- tiger Diskussion, Lausanne und Basel als Studiositze zu empfehlen. Das zuständige Post- und Eisenbahndepartement folgte der SRG-Empfehlung jedoch nicht und bestimmte am 28. Dezember 1959 Zürich und Genf als regionale Fernsehprodukti- onszentren. Eine Beschwerde aus Basel gegen den Entscheid wies der Bundesrat ab, unter anderem mit der Begründung, dass Zürich unbestrittenermassen eine Mitarbeiterdichte aufweise, wie sie in kei- ner anderen Stadt der deutschen Schweiz anzutreffen sei.

In Zürich stand, neben dem erwähnten Das Schweizer Fernsehen DRS – Arbeitsplatz für 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus fast Areal in der Nähe des Radio Studios, ein 70 verschiedenen Berufen

204 zweites Projekt, ausgearbeitet von Ar- Anforderungen und betriebliche Gege- gesamt 130 Millionen Franken. Davon be- chitekt R. Schneider von der Firma Ernst benheiten – technisch hochkomplexe trugen die reinen Baukosten 55 Millionen Göhner AG, in Leutschenbach zur Dis- Anlagen, die den verschiedensten Anfor- Franken. In die technischen Investitionen kussion. Nach eingehender Aussprache derungen genügen müssen. teilten sich die SRG mit 35 Millionen Fran- entschied sich der SRG-Zentralvorstand ken und die PTT mit 40 Millionen Franken. für das Projekt in Leutschenbach Stadt Dennoch konnte der erste Trakt mit den und Kanton Zürich machten ihre Vor- Ausstattungswerkstätten, der auf den versprechen wahr: Die Stadt stellte im Vollausbau des Zentrums konzipierten Begehrter Blick hinter Leutschenbach 32’000 m² Land für 75 Energiezentrale sowie die Autoeinstell- die Fernsehkulissen Jahre im Baurecht zur Verfügung. Au- hallen mit Reparaturwerkstatt bereits sserdem gewährte sie der SRG an die zwei Jahre nach dem ersten Spatenstich Erstellungskosten einen Betrag von ei- fertiggestellt werden. Im Laufe der Jah- Nicht nur für die rund 1000 Mitarbeite- ner Million Franken à fonds perdu. Eine re konnten die weiteren Bauetappen er- rinnen und Mitarbeiter des Fernsehens gleiche Summe wurde vom Kanton zur folgreich realisiert werden. Im September bedeutet das Fernsehzentrum Zürich- Verfügung gestellt. 1973 wurde das Fernsehzentrum Zürich- Seebach ein tagtägliches Ziel. Die Mög- Seebach in Anwesenheit zahlreicher pro- lichkeit, einmal selbst einen Blick hinter die Bauherrin war die SRG, vertreten durch minenter Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kulissen jenes Mediums zu werfen, das die Generaldirektion. In der Baukom- Wissenschaft und Kultur offiziell seiner man normalerweise nur von seinem End- mission waren Kanton und Stadt Zürich Bestimmung übergeben. Im Sommer produkt auf dem Bildschirm her kennt, durch je einen Experten vertreten. Am 1. 1981 wurde mit dem Bezug des zwölf- verlockt alljährlich rund 10’000 Schwei- November 1965 führte Fernsehdirektor stöckigen Hochhauses die vierte und vor- zerinnen und Schweizer, den Weg nach Edouard Haas den ersten Spatenstich läufig letzte Bauetappe abgeschlossen. Seebach unter die Füsse zu nehmen. aus. Oft mit Erstaunen stellen sich auf dem Das grösste Studio Rundgang fest, dass hier nicht nur die Leutschenbacher Lehm der Schweiz bekannten Bildschirmgrössen zuhause und andere Probleme sind, sondern dass das Fernsehen auf eine Vielfalt von Berufen angewiesen ist Heute umfasst das Fernsehzentrum Zü- wie kaum ein anderes Unternehmen: Re- Der Baugrund im Leutschenbach stellte rich-Seebach vier Produktionsstudios, die gisseure, Kameraleute, Toningenieure, Architekt und Generalbauunternehmung – mit Ausnahme von Studio 3 – mit eige- Beleuchter, Elektriker, Unterhaltselektro- vor eine heikle Aufgabe. Eine mächtige nen Regie- und Technikräumen und den niker, Schlosser, Maler, Schreiner, Com- Schicht von wasserundurchlässigem notwendigen Betriebsanlagen ausgerüs- puterfachleute, Sekretärinnen …, um nur Seebodenlehm, durchsetzt mit Sand- und tet sind. Ab 1984 werden dem Fernsehen ein paar wenige herauszugreifen. Sie alle Kies-Einlagerungen, und demzufolge ein DRS zwei weitere Produktionsmöglich- sind damit beschäftigt, in Seebach jenes hoher Grundwasserspiegel, liessen keine keiten zur Verfügung stehen, nämlich die Produkt herzustellen, das in der ganzen andere Wahl, als sämtliche Gebäude auf Redaktionsstudios für Tagesschau und Schweiz, oft auch weit über unsere Lan- eine Pfahlfundation zu stellen und nicht DRS aktuell. Mit dem Studio 1, das 900 desgrenzen hinaus, Freude, Unterhaltung zu unterkellern. Nur die Bühnenvertie- m² umfasst und in dem unter anderem und Spannung vermittelt oder aber – auch fung und die Leitungskanäle mit ihren die grossen Unterhaltungssendungen das kommt vor – Verärgerung und Kritik Unterstationen wurden in den Bereich des produziert werden, besitzt das Fernse- auslöst. Grundwassers abgesenkt. hen DRS das grösste Produktionsstudio der Schweiz. Das Fernsehen hat dazu beigetragen, Auch sonst stellten sich allerhand Proble- dass Seebach heute auch im hintersten me. Fernsehstudios mit ihren Nebenanla- Die Kosten für das gesamte Fernsehzent- Winkel unseres Landes ein bekannter Be- gen sind – bedingt durch programmliche rum Zürich-Seebach beliefen sich auf ins- griff ist.

205 Liste unserer Donatoren

Nachstehende Persönlichkeiten, Firmen und Institutionen haben die Herausgabe dieses Buches mit einer grosszügigen Spende unterstützt. Wir danken an dieser Stelle allen Gönnern recht herzlich.

Agosti AG, Maler und Gipserbetriebe, Zürich-Affoltern Luchsinger Handelsgesellschaft AG, Arbeiter- Kultur und Sportkartell Zürich 11 + 12 Kühl- und Lagerhaus Seebach Schweiz. Bankgesellschaft, Filiale Oerlikon Glas Manera Schweiz. Bankverein, Filiale Oerlikon Anna Meier, Treuhandbüro Otto Baumann AG, BMW-Vertretung im Oerlikerhus Mercedes Benz Automobile AG, Schlieren Hans Bietenholz, Steinhausen René Merkle, dipl. Architekt HTL Heinz Billeter, Autofahrschule Migros Bank, Filiale Oerlikon Dr. A. Brunner, Landhusapotheke Paul Oberhänsli, Wallisellen Arnold Brunner’s Erben, Präsidialabteilung der Stadt Zürich Nachfolger Murbach-Brunner & Co Quartierverein Seebach Buchbinderei Burkhardt AG, 8008 Zürich Rosen Grafik Werbung Butti Bauunternehmung Marcel Roshard, Illnau Margrit Butti Anna & Ernst Schaffner Christiana Papeterie H. K. Schaffner, Blumengeschäft Elektro-Compagnoni Margrit Schellenberg, Restaurant Brasil Contraves AG Ernst Schmid, Sanitäre Anlagen Denner AG, 8045 Zürich SEBA-Cliché + Offset AG Egloff & Friedrich, Bildhauer Fritz Senn, Ehrenpräsident QVS Ernst Autotransporte AG, 8029 Zürich Ernst Siegrist, Restaurant Felsenberg FDP Zürich 11 A. Soratroi, Kunstglaserei, Inh. Fritz Scholz Ernst Frischknecht Sparkasse der Stadt Zürich Elsa & Fritz Fröhlich, Wallisellen Xaver Stadler AG, Sanitäre Installationen Fröhlich Sanitär AG Karl Steiner AG Genossenschaftliche Zentralbank, Filiale Oerlikon Hans Tännler, Schreinerei Gewerbeverein Seebach Arthur Wanner AG, Bauunternehmung Albert Gossweiler Monika Weber, Nationalrätin Christine Hersche, Falkenapotheke Oskar Wiesmann, Tiefkühlfächer Walter Hofstetter, Abwart Schulhaus Buhnrain Kurt Wirth 07, Expräsident QVS Huser Druck AG, Offset- und Buchdruck Paul Wyss, Grafiker L. Kissling & Co. AG, Maschinenfabrik Alfred Zaugg, Baugeschäft Konsumverein Zürich Hans Zimmermann, dipl. Zahnprothetiker Schweiz. Kreditanstalt, Filiale Oerlikon Zürcher Kantonalbank, Filiale Seebach Bank Leu AG, Filiale Oerlikon und weitere ungenannte Spender Baugenossenschaft „Linth-Escher“ Lokalzeitung Die Vorstadt Dank gebührt insbesondere auch der Präsidialabteilung der Stadt Zürich und dem Stadtarchiv Zürich.

206 Bild- und Archivhinweise

Die Fotos, Illustrationen und Grafiken wurden zur Verfügung Für weitere Auskünfte über die Geschichte von Seebach stehen gestellt von: Ihnen verschiedene Archive zur Verfügung:

Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich, Neumarkt 4, Fernsehen der deutschen und rätoromanischen Schweiz 8001 Zürich: Bildliche Darstellungen und Pläne. Bestellung von Gemeinschaftszentrum Seebach Reproduktionen alter Fotos möglich. Quartierverein Seebach Schweizerisches Landesmuseum Stadtarchiv Zürich Stadtarchiv Zürich, Neumarkt 4, 8001 Zürich: Gemeindearchiv Vermessungsamt der Stadt Zürich von Seebach (19. Jahrhundert bis 1993), Kirchenbücher, Biblio- Zentralbibliothek Zürich thek und Zeitungsausschnitte über Seebach, Unterlagen für die Archive der Seebacher Ortsvereine Ortsgeschichtliche Ausstellung Seebach von 1979.

Walter Akeret Staatsarchiv Zürich, Winterthurerstrasse 170, 8006 Zürich: Quel- Walter Bader len zur Geschichte Seebachs vor 1798 mit Ausnahme des Frau- Josef Balen münsterarchivs, welches sich im Stadtarchiv Zürich befindet. Ernst Benninger Willi Burkhardt Peter Götti ferner: Peter Günther Anne Kustermann Archive des Quartiervereins (Sammlung Reinhard Ochsner, Alfred Müller Bildersammlung usw.) sowie der Seebacher Ortsvereine. Otto Nauer Reinhard Ochsner † Kurt Pfenninger Emil Rütti Jakob Suter Arthur Schyrr Jakob Strehler sen. Karl Strub Felix R. Thommen Gottfried Wettstein

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