Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text
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05.09.2019 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 05.09.2019 Geschäftszahl W159 2158634-1 Spruch W159 2158634-1/8E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2017, Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2019 zu Recht erkannt: A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Absatz 1, 8 Absatz 1, 57 und 10 Absatz 1 Z 3 Asylgesetz 2005 iVm §§ 9 BFA-VG, 52 Absatz 2 und 9, 46 und 55 Absatz 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan, gelangte (spätestens) am 14.12.2015 nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der ebenfalls noch am gleichen Tag stattgefundenen Erstbefragung durch das XXXX gab der Antragsteller als Geburtsdatum den XXXX an. Zu den Fluchtgründen führte er aus, dass in Afghanistan Krieg herrsche und die Taliban ihn mitnehmen hätten wollen, damit er für sie kämpfe. Als sein Vater erfahren habe, dass die Grenzen offen seien, habe er ihn nach Europa geschickt. Das BFA holte ein rechtsmedizinisches Gutachten zur Altersbestimmung des Beschwerdeführers ein. Aus diesem ergibt sich ein (spätestmögliches) fiktives Geburtsdatum XXXX . Dieses wurde dann als Geburtsdatum für den Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung vom 16.03.2016 festgesetzt. Nach Zulassung zum Asylverfahren erfolgte am 18.01.2017 eine ausgiebige Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich. Der Beschwerdeführer gab an, dass er vollkommen gesund sei und dass der bei der Erstbefragung protokollierte Namen XXXX I nicht korrekt sei. Sein Familienname sei in Wirklichkeit XXXX sei der Name seines Großvaters. Er sei in Grundversorgung und habe hier keine Verwandten oder sonstigen sozialen Bindungen. Seit 2 Monaten besuche er einen Deutschkurs. Sein Geburtsdatum kenne er nicht. Er sei im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX , in der Provinz Kapisa geboren und habe keinerlei Dokumente. Er habe niemals Dokumente besessen. Er sei Paschtune und sunnitischer Moslem. Er sei nicht verheiratet und habe auch keine Kinder. Eine Schule habe er in seinem Herkunftsland nicht besucht. Von seiner Geburt bis zu seiner Ausreise habe er in seinem Heimatdorf XXXX gelebt und zwar mit seinen www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 123 Bundesverwaltungsgericht 05.09.2019 Eltern, seiner Schwester und seinem Bruder zusammen. Sie seien alle in der Landwirtschaft tätig gewesen, er hätte Tiere gehütet und auf den Feldern gearbeitet. Sie hätten eigene Grundstücke bearbeitet und auch für andere Land bewirtschaftet, wirtschaftliche Probleme hätten sie keine gehabt. Zu den Ausreisegründen befragt gab er an, dass es in seiner Heimatregion viele Taliban gebe und sie um 10 Uhr vormittags, zwei Tage vor seiner Ausreise, zu ihm gekommen wären. Seine Eltern hätten nicht gewollt, dass er sich den Taliban anschließe, er auch nicht. Die Taliban hätten gefragt, warum sie nicht mitgekommen wären. Um Mitternacht sei plötzlich an der Tür geklopft worden, er habe geschlafen und sei wegen der Stimmen wach geworden. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass er nicht hinausgehen dürfe, sie hätten seinen Bruder hinaus gezerrt, er habe dann einen Schuss gehört und sein Bruder sei schlimm verletzt worden. Dann sei sein Onkel, der auch zugleich sein Nachbar gewesen sei, herausgegangen und hätte die Taliban gefragt, warum sie einfache Leute erschießen würden. Dann hätten sie auch auf seinen Onkel geschossen. Dieser sei am Bein getroffen worden und sei ihm das Bein amputiert worden. Gegenüber des Hauses befinde sich ein Stützpunkt der Regierung. Durch den Lärm sei das Militär darauf aufmerksam geworden und hätte begonnen zu schießen. Daraufhin hätten sich die Taliban zurückgezogen. Sie hätten dann seinen Onkel mütterlicherseits angerufen. Dieser habe seinen Bruder nach XXXX gebracht, damit er dort behandelt werde. Er habe ihn begleitet. Sie hätten sich dann mit seinem Vater beraten und beschlossen, ihn raschest möglichst aus Afghanistan wegzuschicken. Der Onkel mütterlicherseits habe dann einen Schlepper organisiert. Er sei dann über den Iran ausgereist. Mit seiner Familie habe er nach wie vor telefonischen Kontakt. Er telefoniere alle 15-20 Tage. Seinem Bruder gehe es grundsätzlich gut, er habe jedoch von dem Vorfall psychische Probleme bekommen. Die Taliban hätten seiner Familie gesagt, dass, wenn er eines Tages zurückkehren würde, würde er keinen schönen Tag in seiner Region mehr haben. Er sei nirgends in Afghanistan sicher. Viele Dorfbewohner seien zu den Taliban gegangen. Sie hätten auch gewollt, dass sein Bruder, der nunmehr 26 Jahre alt sei, und er auch mit ihnen in den Jihad ziehe. Wegen der psychischen Probleme hätten die Taliban nunmehr kein Interesse mehr an seinem Bruder. Er habe keine Verwandten in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat. Alle würden in der Provinz Kapisa leben. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2017, Zahl: XXXX , wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf Internationalen Schutz vom 14.12.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, sowie unter Spruchpunkt IV. eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise eingeräumt. In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Vefahrensgang, einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu Afghanistan getroffen. Als beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass es äußerst fragwürdig erscheine, dass die Taliban gegenüber einem Militärstützpunkt mit Gewalt versuchen würden, die Dorfbewohner zu entführen und sei auch zu bezweifeln, dass in der Provinz Kapisa, in denen die afghanischen Sicherheitskräfte die Kontrolle ausüben würden, es überhaupt zu Zwangsrekrutierungen der Taliban komme. Rechtlich begründend wurde zu Spruchteil I. insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller keine glaubhaften Fluchtgründe vorgebracht habe und die allgemeinen Verhältnisse einschließlich der dort herrschenden Bürgerkriegssituation keine Asylgewährung indizieren würde sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Zu Spruchteil II. wurde zunächst festgehalten, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 FPG bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei und es dem Antragsteller nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass er auf Grund in seiner Person gelegenen Merkmale einem erhöhten Gefährdungsrisiko ausgesetzt wäre. Es sei jedoch nicht so, dass sich jedermann, der sich in Afghanistan aufhalte, schon auf Grund der allgemeinen Lage einer extremen Gefährdung ausgesetzt werde. Außerdem habe der Antragsteller weder eine lebensbedrohende Krankheit, noch einen sonstigen, auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis darstellen könnte. Weder aus den Feststellungen, noch aus dem Vorbringen ergebe sich somit ein qualifizierter Sachverhalt, welcher einem Refoulement entgegenstehe. Der Beschwerdeführer selbst sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann mit Kontakten ins Herkunftsland, sodass auch keine Umstände vorlägen, die für eine existenzbedrohende Notlage sprechen würden. Zu Spruchteil III. wurde insbesondere hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer kein Familienleben in Österreich führe und erst ca. seit einem Jahr in Österreich lebe und zwar von der Unterstützung des österreichischen Staates. Er habe niemanden in Österreich, insbesononders keine familienähnliche Beziehung. Die Behörde sei daher nach sorgfältiger Abwägung aller Interessen im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Ausweisung nicht unverhältnismäßig sei und ihm daher kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen zu erteilen sei und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Zumal www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 123 Bundesverwaltungsgericht 05.09.2019 auch keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege und einer Abschiebung auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe, sei eine solche als zulässig zu bezeichnen. Auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den XXXX , fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. In der Beschwerde wurde der bisherige Verfahrensgang, sowie die Fluchtgründe (gerafft) wiedergegeben. Hervorgehoben wurde, dass die Angaben des Beschwerdeführers durchaus Asylrelevanz aufweisen würden und der Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt worden sei. Außerdem sei der Antragsteller arbeitsfähig und arbeitswillig und habe auch schon Kontakte zu Österreichern geknüpft. Es wurde hierbei beantragt, der Status des Asylberechtigten in eventu eine subsidiär Schutzberechtigung zuzuerkennen, in eventu eine Rückkehrentscheidung