Un seul monde NR. 4 DEZEMBER 1999 DAS DEZA-MAGAZIN FÜR ENTWICKLUNG Un solo mondo UND ZUSAMMENARBEIT Eine Welt

Sahel – eine Region im Umbruch Eine Reportage, Perspektiven, die internationale Entwicklungszusammenarbeit und eine engagierte Schweiz

Burkina Faso Das afrikanische Binnenland und sein Kampf gegen grosse soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ein Porträt

Labels Ein Streitgespräch um Vorteile und Grenzen von Produkte-Labels DOSSIER Einblick DEZA 23

FORUM

SAHEL Unterwegs im Sahel Neue Ansätze in der Entwicklungspolitik, strukturelle Reformen und eine relative politische Stabilität haben den Aufschwung in der Sahel-Region begünstigt. Eine Reportage Labels – Barrieren oder Türöffner? 4 Sava Buncic von der Max Havelaar-Stiftung, Maria «Die Natur – ein Objekt der Ausbeutung» Nazareth Farani Azevêdo von der brasilianischen UNO- Mission und Nadine Speich von der DEZA über Vorteile Ananda Tiega, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der und Grenzen von Labels Konvention zum Schutz der Feuchtzonen, im Interview 8 24 Carte blanche Tödlicher Sand Der sizilianische Liedermacher Pippo Pollina Über den Kampf gegen die Desertifikation über Musik und seine persönliche Entwicklung 10 27 Die eigene Verantwortung stärken Die Arbeit des «Club du Sahel» unter Schweizer Vorsitz 12

InhaltLÄNDER UND LEUTE KULTUR

Die Kindersoldaten von Liberia BURKINA FASO Über einen bewegenden Dokumentarfilm der Zürcherin Burkinas gebremste Tänzer und Musiker Alice Schmid Das westafrikanische Binnenland gehört trotz grosser internationaler Hilfe zu den zehn ärmsten Ländern der Erde 28 Musik für Mädchen 14 Dank einer CD gehen in Niger Mädchen vermehrt Der Staat, dieses fremde Wesen zur Schule Ein kritischer Blick von Alain Edouard Traoré auf sein Land 30 18 Editorial 1 Periskop 2 ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT SCHWEIZ DEZA-Standpunkt 19 Unfreiwilliges Campen im Kosovo Was eigentlich ist... Urbanisierung? 23 Das kurzfristige Ziel der Schweizer Hilfe im Kosovo: Service 31 Für jede Familie ein geheiztes Zimmer im Winter Agenda 33 20 Impressum und Bestellcoupon 33 Wo Mitch zerstörte, wird aufgebaut Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Agentur Die Situation ein Jahr nach dem Hurrikan Mitch der internationalen Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ist Herausgeberin von «Eine Welt». in Mittelamerika Die Zeitschrift ist aber keine offizielle Publikation im engeren Sinn; in ihr sollen auch andere Meinungen zu Wort kommen; deshalb geben nicht alle Beiträge 22 unbedingt den Standpunkt der DEZA und der Bundesbehörden wieder. Edi

toIn Amerika rauchenrial sogar die Hunde. Das erzähl- als Geschenk, sondern als «food for work». Die te uns ein Fulbe-Hirte inmitten seiner Kuhherde, unterstützten Dörfer waren keineswegs blosse irgendwo im Norden , im Sahel. Er habe es Almosenempfänger. Als Gegenleistung verrich- in der Stadt mit eigenen Augen gesehen: teten sie Arbeiten im gemeinsamen Interesse. So am Fernsehen. wurden etwa Ziehbrunnen gegraben und kilo- Der Hirte hat wohl eine Reportage über tabak- meterlange Kanäle geschaffen, um das Wasser süchtige Laborhunde gesehen oder einen Trick- des Nigers herzuleiten. film. Und ist prompt einem Klischee aufgeses- Die Mehrheit der Menschen im Sahel und wohl sen – dem Klischee vom reichen Norden, wo 99 Prozent der 750 Millionen Afrikanerinnen und sogar die Hunde alles haben, was man sich bloss Afrikaner waren selbst im Dürrejahr 1984/85 satt. wünschen kann. Was die Medien nicht hinderte, vom «Hunger- So ähnlich geht’s wohl uns, wenn die Rede auf kontinent Afrika» zu reden. den Sahel kommt, jenen semiariden Streifen Mit der vorliegenden Nummer zum Thema Sahel südlich der Sahara, quer durch Afrika, von Senegal möchten wir dazu beitragen, mit dem einen oder über , Burkina Faso bis in den Sudan. anderen «rauchenden Hund» aufzuräumen. Wir Da sind wir auch sehr schnell mit Klischees zur möchten zeigen, wie initiativ und erfindungs- Hand. Sie sind freilich meist negativ: Hunger reich die Menschen im Sahel sind, welche ent- und Dürre; Krieg und Korruption; Regierungen scheidenden Probleme sie noch lösen müssen – als Almosenempfänger am Tropf der ausländi- und wie wir im Norden ihnen dabei helfen können. schen Hilfe. Die Klischees sind hartnäckig und gehen oft weit an der Wirklichkeit vorbei. Toni Linder Beispiel Hunger. Die letzte grosse Dürre im Sahel Chef a. i. Medien und Kommunikation liegt schon lange zurück. 1984/85 wurden in diesem Streifen (aber auch in Teilen des südli- chen Afrika) grosse Teile der Ernten zerstört. Ei- nige Millionen Menschen hungerten, viele verlo- ren ihr Vieh, unzählige ihr ganzes Hab und Gut. In der Region waren jedoch durchaus noch Überschüsse an Reis und Hirse zu finden. Die DEZA zum Beispiel stellte etwa den verarmten Nomaden und Bauern im Norden Malis für an- derthalb Millionen Franken lokal eingekaufte Nahrungsmittel und Saatgut zur Verfügung. Nicht Keystone Keystone

Limite: 9,8 Milliarden Essstäbchen und Kampf gegen Chagas Menschen Bodenerosion (bf) Mit einem riesigen (bf) Zur Zeit beläuft sich die (bf) China hat zu wenig Bäume Gesundheitsprogramm versucht Weltbevölkerung auf sechs und verbraucht zu viele Essstäb- Bolivien, in den nächsten fünf Milliarden Menschen. An einer chen. Gemäss Professor Shen Jahren die tödliche Chagas- UN-Sonderversammlung zur Guofang von der Beijing Forst- Krankheit unter Kontrolle zu Bevölkerungsentwicklung in New Universität ist der Chopstick- kriegen. Die Krankheit ist eine der York einigte sich die internationale Verbrauch der Chinesen nicht nur ganz grossen Herausforderungen Staatengemeinschaft nun über Ursache übermässiger Waldro- für die öffentliche Gesundheit des einen Plan, der die Begrenzung dungen, sondern auch von Boden- Landes. Ganze 13 Prozent aller beziehungsweise Reduzierung des erosionen sowie der verheerenden Todesfälle der 15- bis 75-Jährigen globalen Bevölkerungswachstums Überschwemmungen der vergan- sind in Bolivien auf Chagas auf 9,8 Milliarden Menschen bis genen Jahre. Allein in Chengdu, zurückzuführen. Die Krankheit zum Jahr 2050 vorsieht. Die jetzt Hauptstadt der weltbekannten wird durch den Parasiten entwickelte Strategie zielt einer- Sichuan-Küche, besuchen täglich Trypanosoma cruzi verursacht und seits auf die Stärkung der Position Hunderttausende die 60000 kann zu fatalen Gehirn- und der Frauen ab, andererseits sollten Restaurants der Stadt und benut- Herzgewebeentzündungen führen. die «Rechte, Pflichten und Verant- zen dabei nichtwiederverwertbare Der Parasit wird vorwiegend wortung der Eltern» sowie die Essstäbchen, die aus rund 4000 durch blutsaugende Insekten kulturellen Werte und religiösen Kubikmeter Holz gefertigt verbreitet, die in den luft-

eriskop Traditionen respektiert werden. werden. China ist der grösste getrockneten Dachziegeln und Bis zum Jahr 2005 müssen die Produzent, Konsument und strohbedeckten Häusern im Regierungen zudem dafür sorgen, Exporteur von Essstäbchen: 25 bolivianischen Hochland ein dass mindestens 90 Prozent der Millionen Bäume werden dafür ideales Zuhause finden. Daneben Jugendlichen Zugang zu Informa- jährlich gefällt, welche zu 45 Mil- führen aber auch bereits tionen, Bildung und Leistungen liarden Paar Essstäbchen verwertet verseuchte Blutkonserven zu haben, die zur Reduzierung werden. Professor Shen Guofang Ansteckungen. In einem ersten P ansteckender Krankheiten nötig schlägt vor, wie in früheren Zeiten Schritt sollen nun rund 700000 sind. Zudem wird den Jugend- die Holzstäbchen nach Gebrauch Wohnungen in der von Chagas lichen erstmals das Recht auf zu sterilisieren und wiederzu- heimgesuchten Region, vorab im sexuelle Aufklärung und Vermei- verwenden. Er ist überzeugt, dass Süden des Landes, desinfiziert dung von ungewollten Schwanger- damit nicht nur der chinesische werden. schaften eingeräumt. Gemäss der Wald wieder wachsen, sondern Konferenz werden die bis zum auch die Umwelt ins Gleich- Reis-Connection Jahr 2050 vorgesehenen Mass- gewicht zurückkehren würde. Vietnam-Senegal nahmen zur Bevölkerungskontrolle (jls) Vietnamesische Agronomen in nächster Zeit jährlich rund 17 haben in Bagadadhji, einem Milliarden Dollar kosten; davon kleinen Dorf in Südsenegal, den sollen die Entwicklungsländer zwei Reis wieder eingeführt. Bei ihrer Drittel und die Industrienationen Ankunft im Juni 1997 entrissen die den Rest aufbringen. lokalen Frauen einem mückenverseuchten Schwemm- Keystone Zeichnung von Martial Leiter Kosovo

Methode so zusammen: «Wir bringen den Dorfbewohnern bei, nach einem Stundenplan zu arbeiten, früh aufzustehen und zuerst zum Reis zu schauen. Wird dieser Zeitplan nicht genau eingehalten, wuchert das Unkraut und weg ist der Reis.» CIRIC leitete, produziert er jetzt in einer Trunken nach Zitronelle kleinen Fabrik in Porto Novo (jls) Mansour Moudachirou, jeden Monat rund zehn Liter Oel, Chemieprofessor in Cotonou, hat während er gleichzeitig den Anbau in Benin den Anbau einer neuen von Zitronelle fördert. Dazu Pflanze lanciert: die Zitronelle. bildete er ein Dutzend junger Still Pictures Man entzieht ihr ein ätherisches Pflanzer aus. Die Beniner begriffen gebiet je nach Jahr einige – mal überzeugten dennoch einige Oel, das bei den westafrikanischen das Verfahren der Oelpressung mehr, mal weniger – Doppel- Dorfbewohner, mit den Frauen Seifenfabrikanten sehr begehrt ist sehr schnell, gleicht es doch der zentner Reis. Die Männer zusammen die Reisfelder anders und bislang aus Deutschland und Fabrikation des Sodabi, einem begegneten dieser Kleinkultur, anzulegen. Gemeinsam bauten sie Frankreich bezogen wurde. Nun lokalen Alkohol, der in grossen welche ohne Dünger und einen kleinen Staudamm, Deiche, aber ist die lokale Produktion in Destillierapparaten aus Palmwein Unterhaltsmaterial betrieben Drainage und Entwässerungs- vollem Schwung. Nachdem gewonnen wird. wurde und fast nichts einbrachte, gräben. Der Bewässerungsspezialist Moudachirou ein von Kanada mit Verachtung. Die Vietnamesen Fam Quoc Lam fasst seine finanziertes Forschungsprogramm DOSSIER Unter wegs im Sahel Königliche Geschichte Die Sahel-Region hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Mehrere Königreiche lösten sich ab: das Königreich Ghana (6. bis 11. Jahrhundert), die Grossreiche Mali (13. bis 16. Jahrhundert) und Songhai (14. bis 16. Jahrhundert). Noch heute erzählen die Bewohner von Djenné und Ségou die Epen ihrer Vorfahren, und in , der Stadt am Rande der Wüste, lehrten im Mittelalter die besten arabischen Gelehrten. Abbas / Magnum

Die Menschen im Sahel hungern nicht mehr, und seit einem Jahrzehnt sind die Länder der Region unterwegs in Richtung Demokratie. Neue Ansätze in der Entwicklungspolitik, strukturelle Reformen und eine relative politische Stabilität haben den wirtschaftlichen Aufschwung begünstigt. Ein Reisebericht von Christoph Keller*. Kuno Schläfli (5)

Ernährung Die Strasse verliert sich am Horizont, ein flim- nach blutigen Auseinandersetzungen, im Niger Bis in die sechziger Jahre merndes Asphaltband. Manchmal ein Dorf mit qua- friedlich, und nur unvollkommen in Burkina Faso. konnten sich die dratischen Lehmhäusern, die runden Speicher, am Stets bleibt der Prozess prekär, Rückschläge sind un- Sahelländer weitgehend selber mit Nahrungs- Strassenrand Bündel mit Brennholz, die Buden der vermeidlich, aber es gibt Errungenschaften: die Pres- mitteln versorgen, trotz Metzger, die Auslagen mit Mangos, Orangen, sefreiheit, freie Wahlen, die Versammlungsfreiheit. exponentiell steigender Zitronen, und in den Pfannen der Kleinküchen Die Aussenquartiere von , der malischen Bevölkerungszahl. Schon brutzeln die köstlichen Beignets. Hauptstadt, fransen aus in die karge Landschaft, links in den frühen achtziger Jahren aber mussten Dann wieder lange kein Dorf, kein Haus. Nur und rechts der Strasse ein Meer von flachen Häusern. 1,3 Millionen Tonnen Affenbrotbäume, Baobabs, Buschwerk und Sand. In einem Hinterhof, nicht weit von der Hauptstrasse, Getreide pro Jahr Aber überall sind Menschen unterwegs. Eine Grup- befindet sich das Atelier von Madame Sy. Sie sitzt importiert werden, 1988 pe von Hirten treibt eine Rinderherde über die auf einem Stuhl, inmitten emsiger Frauen, die Stoffe waren es 1,9 Millionen Tonnen. Heute erwirt- Strasse, dreissig, vierzig, hundert Tiere. Dann eine färben und bemalen – die berühmten und begehr- schaften viele Länder der Ziegenherde, und mit einem Mal säumen Frauen ten Bogolan-Stoffe. Die Frauen sind alleinstehend, Region Nahrungsmittel- mit Töpfen und Kalebassen auf dem Kopf die manche verwitwet, viele aber wurden von ihren überschüsse; dennoch Strasse, Eselskarren versperren die Strasse, irgendwo Männern verstossen. Mit der Produktion der be- werden Importe not- wendig bleiben. Denn die muss ein Markt sein. Ein paar Kilometer weiter bie- malten Stoffe hat Madame Sy diesen Frauen eine Verstädterung hat zu einer gen riesige Lastwagen, mit Baumwolle beladen, in neue Existenz gesichert, sie ist ein Beispiel für den Veränderung der Ess- die Strasse ein, dann überholen wir Fahrräder mit neuen afrikanischen Unternehmertypus: eine inter- gewohnheiten geführt, hoch aufgetürmten Brennholzbündeln. national anerkannte Expertin für Bogolan, eine er- Weissbrot und vor allem Reis gehören für viele zum Der Sahel, dieses mehrere hundert Kilometer folgreiche Geschäftsfrau mit sozialer Einstellung. täglichen Menu. breite semiaride Band, reicht von Senegal über Die wirtschaftliche Entwicklung in manchen Län- Seit 1980 hat sich die Mauretanien, Mali und den Niger hinüber nach dem dern des Sahel erreicht in den letzten Jahren traum- Kalorienversorgung pro Tschad und dem Sudan. Ein Lebensraum, der stets hafte Wachstumsraten von bis zu sechs Prozent. Kopf und Tag von rund 1700 auf rund 2100 in Bewegung war. Seit Jahrhunderten begegnen Überall schiessen im Senegal, in Burkina Faso, in Kilokalorien erhöht, und sich hier hellhäutige Tuareg und die sesshaften Mali und zum Teil auch in Tschad kleine Unter- das, obwohl sich die Songhai, sie treiben Handel mit den Bambaras, den nehmen aus dem Boden, vom Handwerksbetrieb Sahel-Bevölkerung in den Haussas, mit den Bozo-Fischern am mächtigen zum Werbebüro, das sich auf die Konzeption von letzten 30 Jahren beinahe verdoppelt hat. Etwa 70 Nigerstrom, die wiederum mit den Fulbe im Homepages spezialisiert. Die schrittweise Privatisie- Prozent der urbanen und Kontakt sind. rung staatlicher Unternehmen hat eine neue etwa 40 Prozent der Dynamik ausgelöst; eine dünne Mittelschicht ist im ländlichen Bevölkerung Neue Freiheiten, neue Dynamik Entstehen begriffen, bestehend aus Verlegern, selbst- haben Zugang zu sauberem Wasser. Nach Bougouni biegen wir rechts ab, eine Sand- ständigen Ingenieuren, Modeschöpfern oder Journa- strasse führt mitten durchs Wassoulou, der Geburts- listen. stätte von Amady Coulibaly und anderer berühm- ter malischer Sänger. Ambulante Coiffeure, geflüchtete Tuareg Der Weg führt nach Doussoudiana, einem kleinen Doch noch immer sind die meisten Menschen in der Dorf inmitten von Baumwollfeldern, Reisplanta- Landwirtschaft beschäftigt, und am produktivsten gen, Mangobäumen. Unter dem mächtigen Arbre à sind nach wie vor die Betreiberinnen von Mittags- palabres sitzen die Dorfältesten und erzählen von küchen, die ambulanten Coiffeure, die Sonnen- einer neuen Erfahrung: dass ihr Dorf im Zuge der brillenverkäufer, die Marktfrauen, die fliegenden Décentralisation mit anderen, benachbarten Dörfern Fotografen, kurzerhand der sogenannte informelle zu einer Gemeinde zusammengeschlossen wird, dass Sektor. Rund 70 Prozent des Bruttoinlandproduktes sie ihre Gemeindeorgane nun bald selbstständig wird durchwegs im Kleingewerbe erwirtschaftet, wählen können, dass sie mit Entwicklungsagenturen meistens steuerfrei, ohne jeden Versicherungsschutz, westlicher Länder direkt über Projekte in ihrer ohne jede staatliche Kontrolle überhaupt. Gemeinde verhandeln können. Nach Kaya, auf der Strasse von Ouagadougou Die Dezentralisierung ist eines der Kernstücke der ostwärts in Richtung Niger, begegnen wir einer Demokratisierung, die in den meisten Ländern der Gruppe von Tuareg. Die ehemals stolzen Herren der Region nach 1990 begonnen hat. Die alten Einpar- Sahara sind nach Burkina Faso geflüchtet, vertrie- teienregimes wurden zu Fall gebracht, in Mali erst ben von einem Bürgerkrieg, der von 1990 bis 1996 Sahel

den Norden Malis und des Niger heimsuchte. Über tinnen und Leiterinnen sogenannter Cliniques juri- Demokratie und 200000 Menschen flüchteten in dieser Zeit nach diques, inoffizieller Rechtsberatungsstellen, die nach Menschenrechte Mauretanien, nach Burkina Faso; noch heute sind und nach in allen wichtigen Zentren der Republik Mit Ausnahme des Sudan werden sämtliche Länder die Wunden dieses Krieges spürbar. Niger entstehen sollen. des Sahel durch Die ganze Gegend nördlich des Nigerstroms hätte Die Cliniques juridiques sind nur ein Beispiel für die demokratisch legitimierte zu einem Kriegsschauplatz wie im Sudan werden Anstrengungen, um in den Staaten des Sahel ein Regierungen regiert, mit können, wenn nicht ein paar kluge Entwicklungs- Minimum an Rechtssicherheit zu garantieren; keine unterschiedlichen Ausprägungen allerdings. organisationen, Hand in Hand mit der malischen leichte Aufgabe in einer Kultur, die nach wie vor Im Senegal ist seit der Regierung, einen behutsamen, auf die traditionel- traditionell geprägt ist, in der sich die Menschen Unabhängigkeit der Parti len Werte des friedlichen Zusammenlebens ab- auch in weltlichen Angelegenheiten an den Koran Socialiste an der Macht, gestützten Friedensprozess eingeleitet hätten. halten und nicht ans Zivilgesetzbuch. Und was sich in Mali hält sich Staatspräsident Alpha Doch der Frieden ist prekär. Die Diskriminierung mit dem Recht nicht lösen lässt, regelt meistens ein Oumar Konaré dank einzelner Ethnien, oder auch nur die ungleiche Schmiergeld. seines Charisma an der wirtschaftliche Entwicklung, kann zu gefährlichen Wenn die Regierungen der Region dem Aufbau Macht, in Burkina Faso Spannungen führen. demokratisch legitimierter, den Prinzipien von boykottierte die Opposition die Wahl Recht und Gerechtigkeit verpflichteter Institutio- von Präsident Blaise Verhinderung von Korruption nen hohe Priorität einräumen, so verfolgen sie zwei Compaoré, im Niger und Selbstjustiz Ziele: Die Verhinderung von Korruption und putschte eine Gruppe von Die Strasse von Niamey aus führt nordwärts, dem Selbstjustiz einerseits, andererseits aber sollen funk- Militärs in diesem Frühjahr gegen das korrupte Niger entlang. Eine karge Landschaft, die Bäume tionierende Institutionen das Land auch für auslän- Regime und leitet nun die stehen schutzlos im Sonnenlicht, ein paar Kamele dische Investoren attraktiv machen. geordnete Rückkehr zur am Horizont, schwer beladen. Denn die lassen nach wie vor auf sich warten. Keine Demokratie ein, der Im Nebenraum einer heruntergekommenen Hotel- Fabrik für Sonnenkollektoren ist zu sehen auf den demokratisch gewählte Idriss Déby im Tschad anlage am Niger, unter einem scheppernden De- unendlich langen Autofahrten durch den Sahel, bleibt wegen seiner ckenventilator sitzen zwei Dutzend Männer und keine Fabrik für die Verarbeitung der kostbaren Vergangenheit als einige Frauen. Der Referent spricht von den Karité-Butter und keine Fahrradfabrik. Bis auf wei- Putschist umstritten. Grundzügen des Nachbarschaftsrechts, insbesonde- teres. Der Schutz der Menschenrechte und re über die gegenseitigen Rechte von Viehzüchtern die Gewährung politischer und sesshaften Bauern. Eine lebhafte Diskussion * Christoph Keller ist freier Journalist in Basel Freiheiten gewinnen in folgt, bei der sich drei Frauen mit besonderen allen Ländern an Bedeu- Kenntnissen hervortun. Sie sind ausgebildete Juris- tung, nicht nur, aber auch aufgrund des steten Drucks von Seiten der Geldgeber. Keystone Sahel «Die Natur – ein Objekt der Ausbeutung» Der Umgang mit der Erde und dem Wasser bestimmt das Leben und Überleben der Menschen im Sahel. Doch das Gleichgewicht von Natur und Mensch ist vielerorts bedroht. Ein Gespräch mit Ananda Tiega, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Konvention zum Schutz der Feuchtzonen Alain Rouêche Ramsar im waadtländischen Gland. Interview: Christoph Keller.

Sprechen wir über Wasser, Ananda Tiega, ein Westafrika gebracht, aus Unachtsamkeit. Die lebenswichtiges Gut im Sahel. Wasserhyazinthe hat im Fluss Niger dermassen güns- Die grossen Ananda Tiega: Ich würde sogar sagen, Wasser ist tige ökologische Voraussetzungen vorgefunden, dass Wasserläufe das lebenswichtige Element in dieser Region, und sie sich rasend schnell verbreitet hat. Heute ist sie Der Niger ist der mächtigste Fluss im Sahel das Wasser stellt uns vor grosse Probleme. Es geht bereits zu einem Hindernis für die Schifffahrt ge- und der Drittgrösste in im Sahel, auf einen Nenner gebracht, darum, einen worden, von den Schäden an den Fischbeständen Afrika. Er entspringt nahe sinnvollen, nachhaltigen Umgang mit Wasser zu fin- und an den Wasserkulturen wie Reis nicht zu spre- der Grenze zu Sierra den – wenn dieses Problem gelöst ist, sind alle an- chen. Leone und bildet zwischen Ségou und deren auch gelöst: die Ernährungsfrage, der Hunger. Timbuktu ein riesiges Das zeigt, wie labil das Ökosystem in dieser und sehr fruchtbares Was heisst das: einen nachhaltigen Umgang Region ist. Binnendelta. Nach mit Wasser finden? Der Mensch trägt eine grosse Verantwortung für die Timbuktu wendet sich der Niger südwärts und Es geht um einfache Dinge. Zum Beispiel darum zu Zerstörungen der letzten Jahrzehnte. Natürlich gab mündet in den Golf von verhindern, dass der Regen Schaden anrichtet, dass und gibt es in der Region starke, zum Teil auch dra- Guinea. er nicht die karge, trockene Humusschicht auf der matische klimatische Schwankungen. Aber das Der Nil durchquert den Erde wegschwemmt. Auch sollte Regenwasser nicht Problem ist, dass die Menschen nicht in der Lage Sahel, und der Senegal bildet die Grenze einfach abfliessen, sondern die Menschen sollten es sind, mit den Launen der Natur umzugehen. Wenn zwischen den Ländern sammeln und ihre Kulturen damit bewässern kön- man nur die Fähigkeit besässe, in den wasserreichen Senegal und Mauretanien. nen. Perioden das Wasser auf irgendeine Weise zurück- In Burkina Faso fliesst der zubehalten, wäre schon vieles gewonnen. Aber das beträchtlich kleinere Volta. Der Tschadsee liegt im Das ist offenbar keine Selbstverständlichkeit. geschieht nicht. Nicht, weil die Kenntnisse nicht Grenzgebiet zwischen Nein. Die Böden im Sahel sind heute in Besorgnis vorhanden wären, sondern weil es an politischen dem Tschad, dem Niger, erregendem Ausmass übernutzt und erodiert. Wenn Visionen in diesem Bereich fehlt – die Regierungen Nigeria und Kamerun, ist wir beispielsweise die Gegenden näher betrachten, im Sahel haben, was den Umgang mit dem Wasser zwischen drei und sieben Meter tief und besitzt aus denen in der Regenzeit das Wasser in einen so betrifft, schlicht keine Strategien, keine Pläne und keinen Abfluss. Seine mächtigen Fluss wie den Niger strömt, so ist die auch keine Ideen. Ausdehnung ist variabel, Situation alarmierend. Meistens trägt der Regen die ein Drittel sind Sumpf- ohnehin schon dünne Humusschicht ab, weil Wie müsste eine sinnvolle Politik denn ausse- gebiet, zwei Drittel offene Wasserflächen. Büsche und Bäume längst abgeholzt sind. Aber hen? Der See war noch vor schlimmer noch, das Regenwasser bringt das Leben Es sollte darum gehen, meine ich, in dieser Region Jahrhunderten um ein in den Flussläufen und Seen in Gefahr. Denn es ist rund um das Thema Wasser ein eigentliches Gesell- Mehrfaches grösser voller Sand und Sedimente, es ist rotes, sandiges schaftsprojekt zu entwickeln. Man sollte klare Vor- gewesen. Wasser, das den Lebensraum von Fischen und gaben ausarbeiten, wie die Gesellschaften im Sahel Wasserpflanzen bedroht. auf zehn, zwanzig Jahre hinaus mit dem kostbaren Gut Wasser umgehen wollen, mit den grossen Hinzu kommen weitere ökologische Bedro- Flüssen und Seen allem voran. Es braucht einen po- hungen. litischen Rahmen, der festlegt, wie der einzelne Ja, zum Beispiel die Wasserhyazinthe. Man hat dieses Bauer, das Dorf und ein ganzes Land das Wasser be- Gewächs vor ein paar Jahren aus Amerika nach wirtschaften möchten. Bernard Descamps / Vu Still Pictures Keystone Still Pictures

Wie wirkt sich die heutige Konzeptlosigkeit Niemand fühlt sich für die Natur verantwortlich. Die Ramsar-Konvention denn aus? Kein Hirte würde seine Herde vernachlässigen, weil Die Konvention zum Schutz der Feuchtzonen Nehmen wir ein Naturschutzgebiet wie den «Parc die Rinder sein Eigentum sind, und kein Bauer lässt wurde im iranischen W», ein grosses Gebiet zwischen Burkina Faso, dem sein Land versteppen, weil es der Dorfgemeinschaft Ramsar beschlossen und Niger und Benin. Der «Parc W» (benannt nach dem gehört. Aber der Hirte lässt seine Herden überall trat 1975 in Kraft. Sie soll Fluss Niger, der in der Region in Form eines W grasen und trägt so zur Zerstörung der Flora bei, und einen weltweiten Rahmen setzen für den Schutz verläuft) ist eine wasserreiche Gegend mit einer un- die Bauern holzen die Bäume rund um das Dorf von Regionen, in denen glaublichen Vielfalt an Tieren und Pflanzen, er wird herum achtlos ab. Die Natur gehört eben nieman- «das Wasser der haupt- auch als touristische Attraktion angepriesen. Nun, dem – und so braucht sich auch niemand um sie zu sächliche Faktor für die das Planungsministerium meines Landes, dem Niger, kümmern. Regulierung der Umwelt» darstellt. hat mehrmals Plänen zur Ausbeutung von Phosphat Für das Jahr 1999 haben in dieser Region zugestimmt – mit dem Argument, Bis es dann zu spät ist. die 113 Vertragsunter- dass diese geschützte Zone viel intensiver genutzt Ja, und am ehesten bekommen das die Frauen zu zeichner 957 Feucht- werden müsse. Anhand solcher Ideen wird klar, wie spüren – sie bewässern ja die Gemüsegärten, sie ko- zonen – das sind 704000 Quadratkilometer wenig entwickelt unser Bewusstsein für den Wert chen, waschen und schauen, dass die Kinder gesund – unter den Schutz der der Naturschätze noch ist. Die Natur ist in den bleiben. Wenn die Ressource Wasser immer knap- Konvention gestellt. Augen vieler afrikanischer Regierungen noch im- per wird, müssen die Frauen noch grössere Distan- mer nicht mehr als ein Objekt der Ausbeutung. zen bis zur nächsten Wasserstelle zurücklegen, sie werden noch weniger als heute in die Lage kom- Und die gewöhnlichen Bürgerinnen und Bür- men, ein eigenständiges Betätigungsfeld aufzubauen. ger tun es ihnen nach? Es gibt ein fundamentales Problem beim Umgang mit der Natur und mit den natürlichen Ressourcen: Sahel Tödlicher Sand

Der Sahel ist ein mehrere hundert Kilometer breites Band, das von der afrikanischen Westküste bis in den Sudan hinein reicht. Der Übergang zur Sahara ist fliessend, und von dort, von der unermesslichen Wüste, droht auch die allergrösste Gefahr für den Sahel: der Sand.

Desertifikation (chk) Die Dürre des Jahres 1983 trieb die Menschen gebend waren (und sind) in solchen Krisen- Mit Desertifikation wird ein zur Verzweiflung. Tag für Tag konnten die situationen die politischen, wirtschaftlichen und komplexer ökologischer Zerstörungsprozess Bewohner der malischen Stadt Djenné zuschauen, kulturellen Rahmenbedingungen des jeweiligen beschrieben, bei dem wie sich am Horizont riesenhafte Wolken auf- Landes. Von ihnen hängt ab, ob die Menschen menschliche Faktoren bauten, mächtig standen sie am Himmel und überhaupt noch handlungsfähig sind, ob sie in der neben den klimatischen verkündeten den Regen. Es dauerte nicht lange, schwierigen Lage noch eigene Initiativen ent- ausschlaggebend sind. Überweidung, unange- und der Wind kam, trieb Sand und Staub vor sich wickeln können. passte Landnutzung und her. Doch es fiel kein Regen. Der Wind legte nur In Mali beispielsweise war das in den achtziger Abholzung sind dabei eine weitere Sandschicht auf die ausgetrockneten Jahren nicht der Fall, aus mehreren Gründen: mitentscheidend. Bisher Felder, auf die restlos verdorrten Pflänzchen. Man • das politische Leben war von einer Einheitspartei haben rein techno- kratische Ansätze wie konnte zusehen, wie sich das Drama der grossen etwa eine flächen- Dürre von 1973 wiederholte: der Zerfall einer deckende Begrünung Gesellschaft. Den sesshaften Bauern krepierte das («Sahel vert») oder der Vieh, die nomadisierenden Fulbe trieben ihre Bau von Schutzmauern gegen Wanderdünen Herden südwärts in fruchtbarere Gebiete und keinen Erfolg gebracht. gerieten mit ihren ausgehungerten Tieren in Die Welternährungs- Konflikt mit den ansässigen Bauern. Auch die organisation FAO hat zur Tuareg zogen südwärts, liessen sich am Rande der Prävention von Hungers- nöten im Sahel ein Städte nieder und vergrösserten die Schar derer, Satellitenüberwachungs- die Schlange standen vor den Reissäcken der system eingerichtet. humanitären Hilfe. Auf der Internetseite www.fao.org kann die Eigeninitiative überlebenswichtig Entstehung von Regen- wolken online mitverfolgt Der Reis aber wurde nicht wie vorgesehen ver- Keystone werden. schenkt, sondern schlaue Händler verkauften ganze bestimmt, die alle Lebensbereiche kontrollierte; Die detaillierten Wetter- Schiffsladungen auf den lokalen Märkten. Die • die Wirtschaft war zentral gesteuert, die Preise voraussagen können die Bäuerinnen und Bauern Folge: Der Reis wurde weiter südwärts als «Billig- für landwirtschaftliche Produkte wurden von der auch bei der Bestimmung angebot» feilgeboten, die dortigen Reisbauern mit Regierung festgelegt, einen freien Markt für des Zeitpunkts, an dem ihren mageren Ernten verlumpten, die Fischer Nahrungsmittel gab es nicht. Das verhinderte die die Aussaat günstig ist, hatten nichts mehr zu fischen, die Händler konn- Einfuhr von Lebensmitteln aus benachbarten unterstützen. ten nicht mehr reisen, weil der Wasserstand des Ländern, die zum Teil erhebliche Überschüsse Niger zu niedrig war, die Kinder konnten vor erwirtschaftet hatten; Hunger nicht mehr zur Schule gehen. Gut ging es • die über die Jahrhunderte erworbenen Fähig- einzig den Marabouts und den Féticheurs, die gefragt keiten der Sahel-Bewohner, den Dürreperioden waren als Ermittler der Ursache dieser Dürre; und mit Fantasie und ausgeklügelten Überlebens- gut ging es der kleinen Schicht korrupter Staats- strategien entgegenzutreten, konnten sich unter beamten, die an jeder Ladung Hilfsgüter kräftig diesen Bedingungen nicht entfalten. mitverdienten. Sie liessen sich in diesen Dürre- jahren luxuriöse Villen bauen, die Villas de la Dynamik dank politischer Öffnung sécheresse, wie sie in Bamako genannt werden. Nachdem in Mali – wie in den benachbarten Die Dürre des Jahres 1983 offenbarte, dass die Ländern – zu Beginn der neunziger Jahre die Ein- Bewältigung der Katastrophe nicht davon abhing, heitspartei zu Fall gebracht worden war, wurde der wie viele Tonnen Hilfsgüter auf den Flugplätzen Handel mit Landwirtschaftsprodukten liberali- des Landes abgesetzt werden konnten; ausschlag- siert, was den Anbau von saisonalen Produkten Still Pictures Keystone • die Forschungsanstrengungen im Rahmen des Comité permanent Inter-Etats de Lutte contre la Sécheresse au Sahel (CILSS) und des Club du Sahel, die bei den Regierungen der betroffenen Länder und bei den Geberländern des Nordens die Ein- sicht förderten, dass die Nahrungsmittelpro- duktion auf Dauer nicht mit gross angelegten, staatlich gesteuerten Projekten gesichert werden kann, sondern einzig mit der Unterstützung vieler kleiner, lokaler Initiativen; • die Dezentralisierungsbemühungen in den Ländern des Sahel, die den Bürgern auf lokaler Ebene mehr Entscheidungskompetenzen ein- Nahrungsmittel interessant machte: In den wasserreichen Talsen- räumen; Hauptnahrungsmittel im ken bauten die Frauen Reis an, im niederschlags- • die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Sahel ist die Hirse, die in verschiedenen und auf reichen Süden des Landes gediehen Mangos und Demokratie. die lokalen Bedürfnisse Zitrusfrüchte, auch der Anbau von Zwiebeln und abgestimmten Varietäten Bohnen lohnte sich wieder. Im Sahel leben heute doppelt so viele Menschen angebaut wird. Hirse war wie vor 20 Jahren, und doch hat es keine Hungers- bis heute für die kommerzielle, auch Dynamische Landwirtschaft nöte mehr gegeben, im Gegenteil: manche Länder gentechnische Und viele Bauern verdienten gut mit Baumwolle, verzeichnen Nahrungsmittelüberschüsse. Die Weiterzüchtung durch die nach dem Wegfall der staatlichen Preis- relativ guten Niederschläge der letzten Jahre Nahrungsmittelkonzerne kontrollen, in einer Periode hoher Weltmarkt- haben diese Entwicklungen gefördert. Doch es des Nordens nicht interessant; die Menschen preise, endlich gewinnbringend kommerzialisiert mag auch sein, dass die Marabouts und die Féti- im Sahel sind zu arm, um werden konnte. Die politische Öffnung hat zu cheurs recht haben, wenn sie sagen: Viel Regen ist als Markt interessant zu einer Dynamisierung der landwirtschaftlichen eine Belohnung für gute Regierungen. sein. Interessant waren Produktion auf allen Ebenen geführt, auch über sie hingegen bis vor kurzem als Abnehmer von die Grenzen hinweg. Dazu beigetragen haben überschüssigem Fleisch, insbesondere: das die europäischen • die verstärkten wirtschaftlichen Integrations- Länder in grossen bemühungen im Rahmen der 1994 gegründeten Mengen nach Westafrika exportierten – eine westafrikanischen Wirtschafts- und Währungs- Bedrohung für die lokale union; Fleischproduktion. Sahel Die eigene Verantwortung stärken

Seit den Dürren der Jahre 1972 und 1973 haben die staat- lichen und privaten Entwicklungsagenturen des Nordens viel gelernt. Vor allem, dass sich der Lebensraum Sahel nicht mit ehrgeizigen, hochfliegenden Projekten retten lässt. Was zählt, ist die Förderung der lokalen Kenntnisse, und derjenigen, die eine Vision für die eigene Zukunft haben.

Die Schweiz und der Club du Sahel Nach den verheerenden Dürreperioden von 1973 und 1974 hat in den internationalen Organisa- tionen ein Denkprozess eingesetzt: Der Kampf gegen die Dürre im Sahel wurde als absolut prioritär betrachtet. Fast zeitgleich wurden das «Komitee für den Kampf gegen die Dürre» und der Club du Sahel gegründet, letzterer 1976 auf die Initiative der Organisation für Ent- wicklung und Zusammen- arbeit OECD hin. Der Club, dem alle Mitglieder der OECD angehören, wird vor allem von Deutschland, Österreich, Belgien, Kanada, Dänemark, den USA, Frankreich, Italien, Japan, den Niederlanden, Grossbritannien und der

Schweiz unterstützt. Still Pictures Seit 1997 präsidiert die Schweiz den Club du Sahel – das Mandat (chk) Die hochrangigen Vertreter afrikanischer und Region dauerhaft von der Nahrungsmittelhilfe des endete diesen Herbst. europäischer Regierungen, die Ende September in Nordens unabhängig zu machen. Der «Club» versteht sich als informelles, aber Yverdon-les-Bains zusammentrafen, setzten sich ein effizientes Forum zur hohes Ziel. Es ging darum zu diskutieren, auf wel- Austausch von Wissen Reflexion darüber, wie chem Weg die Verantwortung für die eigenständi- Auf dem Weg zur Erreichung dieses Ziels, so heisst den Ländern des Sahel ge Entwicklung künftig «dauerhaft auf die Handeln- es durchaus selbstkritisch in den Dokumenten des in der Nahrungsmittel- produktion, der den in den betroffenen Ländern übertragen werden Club du Sahel, haben sich die Strategien «diversifi- Subsistenzwirtschaft und kann». ziert». Nicht technokratische Ansätze wie die Vision beim Schutz der Umwelt Diese Frage beschäftigt den Club du Sahel, der zum eines – mit einer Anbauschlacht herbei gezauberten geholfen werden kann; in Treffen nach Yverdon eingeladen hatte, seit seiner – «Grünen Sahel» stehen heute im Vordergrund, dieser Hinsicht hat der «Club» einen bedeutenden Gründung im Jahre 1976. Der «Club» ist ein Kind sondern «der Austausch von Wissen und Kennt- Wandel hinter sich: statt der Organisation für Entwicklung und Zusammen- nissen zwischen den Partnern im Norden und jenen paternalistischer Hilfe arbeit OECD, die nach der grossen Dürre von 1972 im Süden sowie die Schaffung von Synergien». Der stehen heute kooperative neue Strategien zur Hungerbekämpfung in dieser hauptsächliche Partner des «Club» ist das Comité per- Ansätze im Vordergrund Ein bedeutsamer Schritt Region entwickeln wollte; es ging darum, nach manent Inter-Etats de Lutte contre la Sécheresse au Sahel auf diesem Weg war die Lösungen zu suchen, um, wie 1977 an der Konfe- CILSS, der regionale Zusammenschluss aller Sahel- Ausarbeitung der renz von Ottawa festgehalten wurde, bis zum Jahr Länder. Mit dem CILSS, mit staatlichen und priva- Konvention über die 2000 «die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln» ten Entwicklungsagenturen, mit der Weltbank und Nahrungsmittelhilfe (1990 angenommen). und die «Wiederherstellung des ökologischen Gleich- anderen supranationalen Organisationen hat der gewichts» im Sahel wieder herzustellen. Ziel war, die «Club» eine einzigartige, weitgehend informelle und /Keystone /Keystone n n

Aufwendungen der Len Sirma Len Sirma DEZA offene Kultur des «Dialogs und der Partnerschaft» speziellen Projekte zur Bekämpfung der Desertifi- Niger, Burkina Faso, Mali und Tschad sind aufgebaut. kation unterstützt. Vielmehr geht man davon aus, Schwerpunktländer der Das Ergebnis dieses Dialogs kann sich sehen lassen, dass jedes Projekt in der Region auch einen Beitrag Entwicklungszusammen- und zwar: im Kampf gegen die Verwüstung leistet – ein brei- arbeit der Schweiz. • hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass statt über- ter Ansatz, der Aufforstungsprogramme, Massnahmen Jährlich leistet die Schweiz rund 55 Millionen für die dimensionierte Grossprojekte vor allem die lokalen zum Schutz der Böden, die Bekämpfung der Erosion Entwicklung in diesen Initiativen von Bauern, Genossenschaften und ebenso umfasst wie die Förderung des Dialogs zwi- Ländern (inklusive der Dorfgemeinschaften unterstützt werden sollten; schen Viehzüchtern und Bauern, die Förderung sta- Kapverdischen Inseln, die • sind die Partner zum Schluss gekommen, dass die biler politischer Strukturen. Rund die Hälfte aller mit den anderen Ländern zu einer Entwicklungs- politischen Rahmenbedingungen, allen voran die eingesetzten Mittel dienen so direkt oder indirekt region zusammengefasst Dezentralisierung der politischen Macht, Rechts- der Bekämpfung der Desertifikation. sind); hinzu kommen sicherheit und Frieden entscheidende Faktoren für Doch die Verpflichtungen der Schweiz gehen noch Beiträge an internationale die Entwicklung der Humanressourcen darstellen; weiter, allem voran: Organisationen, die in diesen Ländern tätig sind. • sollen alle staatlichen und privaten Institutionen • hat der Bundesrat 1996 mit der Ratifizierung der Darunter fallen auch daraufhin sensibilisiert werden, dass die natürlichen UNO-Konvention zur Bekämpfung der Desertifi- Beiträge an den Club Ressourcen der Region nachhaltig bewirtschaftet kation die an der Umweltkonferenz von Rio ein- du Sahel und an die werden müssen. gegangenen Verpflichtungen konkret umgesetzt; Ausarbeitung der Konvention gegen die • kann die Schweiz nach dem Beitritt zu den Desertifikation. Weitgehende Verpflichtungen Bretton-Woods-Institutionen Einfluss nehmen da- der Schweiz rauf, dass notwendige Strukturanpassungen in den Die DEZA arbeitet an den Visionen und Strategien Ländern des Sahel nicht auf Kosten einer nachhal- Wirtschaftszahlen des Club du Sahel engagiert mit, und die Ziele der tigen, selbstbestimmten Entwicklung gehen; Die Wirtschaftsindikatoren für die Region sehen beiden Organisationen sind weitgehend deckungs- • leistet die Schweiz unter anderem mit ihren durchaus positiv aus. gleich. Bei der DEZA hat sich die Einsicht durch- Beiträgen an die Konferenz über Handel und Bei den letzten, von der gesetzt, dass «das klassische Schema einer von oben Entwicklung der UNO (UNCTAD) einen wichti- UNCTAD veröffentlichten verordneten Entwicklung die lokalen Initiativen er- gen Beitrag dazu, dass die Länder des Sahel sich auch Zahlen verzeichnet Mali zum Beispiel für 1995 drückt». Dieser Lernprozess, der in eine Perspektive in den internationalen Gremien mit Nachdruck ein Wachstum von «von unten nach oben» einmündet und nunmehr auf Gehör verschaffen können. Denn nach wie vor 6,3 Prozent gegenüber die Bedürfnisse der Betroffenen abstellt, wurde nicht gehören sie zu den Ärmsten der Erde. 4,5 Prozent in Burkina zuletzt begünstigt durch die Demokratisierungs- Faso, auch im Niger war eine Zunahme von 3,2 bestrebungen in vielen Ländern des Sahel. Man habe Prozent zu verzeichnen; es heute in vielen westafrikanischen Ländern «mit der Bevölkerungszuwachs selbstbewussteren, kritischeren Menschen zu tun, als in den Sahelländern war noch vor zehn Jahren», sagt François Roduit, bei der durchwegs geringer als diese Wachstumsraten. DEZA stellvertretender Sektionsschef der Sektion Im Durchschnitt verdient Westafrika, «also sind wir gezwungen, die Ziele un- ein Mensch in der serer Projekte mit unseren Partnern auch konkret Sahelzone rund 300 US- auszuhandeln». Dollar pro Jahr, wobei die Unterschiede zwischen Es entspricht dieser Strategie, dass die DEZA keine Reich und Arm zum Teil astronomisch sind. Noch wenig untersucht ist in dieser Gegend der Welt der sogenannte «trickle down»-Effekt, die von neoliberalen Ökonomen oft gehörte Annahme, dass die wirtschaftliche Prosperität einer dünnen Elite letztlich auch den Armen zugute kommt. Kuno Schläfli (3) LÄNDER UND LEUTE Tänzer und Burkinas gebr

Vu (4) Düngemitteln. Erdnüsse,Yams,Früchte,Gemüse armen lässt,sowiederMangel annatürlichen Techniken, mitBrandrodung, welchedieErdever- Dürre einProblem.Dazukommen diearchaischen tet: Hirse,Sorghum,Mais,Reis. Natürlichistdie trieben undistaufNahrungsmittelanbau ausgerich Die LandwirtschaftwirdvorallemvonFamilienbe Tradition leben,spieltViehzuchteinegrosseRolle. Im Norden,wodiePeulsnachnomadischer Burkina imWesentlicheneinLandwirtschaftsland. Trotz einerregionalbegrenztauftretendenDürreist Mythos Sankara allem wirtschaftlicherNatur. kommen, führtezugrossenSchwierigkeiten,vor Westmächte unddergrossenNachbarnzuent ausgedrückt. AberdieserVersuch,demGriffder mit denKompromissendernachkolonialenZeit volta abgelöstundsodenklarenWillenzumBruch loniale undreingeographischeBezeichnungOber- «Das LandderintegrenMenschen»hat1984dieko zwei dominierendenSprachenMooréundDioula. Name desLandesisteinKompromisszwischenden überhaupt voneinemVolksprechen?Selbstder man beisechzigEthnienundebensovielenSprachen fröhliche VolkaufseineBesucherausübt.Aberkann man dieAnziehungskraft,welchediesesmutigeund selbst gebasteltenWagenherumkurven,versteht die vollerEnergieundAusgelassenheitaufihren Schaut mandenInvalidenderStadtOuhigouyazu, W von diesem«Friedensmodell»macht,entsprichtaberder nisationen an.DasidyllischeBild,dasmansichinEur Anzahl staatlicherwier grössten Sympathiekapital.Esziehteinebeeindr Burkina FasoisteinesderEntwicklungsländermitdem irklichkeit beiweitemnicht.V

CIRIC egier Musiker - - - - ungsunabhängiger Hilfsor on IsabelleRüf fen. MitderAusarbeitung einerneuenVerfassung paoré istesgelungen,sichLegitimität zuverschaf Dem Frankreichnahestehenden PräsidentenCom- Angeschlagener Ruf ist wiederstarkvertreten. anti-imperialistischen Sloganszurückgezogenhatte, aus dem«LandderintegrenMenschen»mitseinen leerter Spruch.DieinternationaleHilfe,welchesich wir werdensiegen»istheutenurnocheinsinnent entspricht. AberderSlogan«VaterlandoderTod, Mythos, dergewissen,inAfrikawichtigenWerten geworden, dieanCheGuevaraerinnert,einem Die FigurvonThomasSankaraistzueinerIkone gewählt. dentenwahlen imNovember1998wirderwieder Land demokratischeInstitutionen.BeidenPräsi- bruder BlaiseCompaorélöstihnabundgibtdem seinen früherenGefährtenermordet.SeinWaffen- unter demVorwurfderAutokratiegestürztundvon strenges RegimeohnePrivilegienein.1987wirder jetzt alsPräsident,eineneueStaatsmoralundein revolution aus.HauptmannThomasSankaraführt, Macht ansichundruftdieDemokratischeVolks- Am 4.August1983reissteinOffiziersquartettdie tischen Spannungen,MachtkämpfenundKorruption. ten Jahrzehntesindgeprägtvonsozialenundpoli Das Landerlangt1960dieUnabhängigkeit.Dieers Banfora, imSüdwesten. und ZuckerrohrwachsenvoralleminderRegion emste * . uckende opa ga------

hat er sich den Ruf eines Demokraten erworben. Auf internationaler Ebene gelang ihm dies dank einer äusserst wirksamen Kommunikationspolitik, welche Anlässe wie den Franko-afrikanischen Gipfel von 1996 oder den Nationen-Cup von Afrika im Still Pictures Jahr 1998 geschickt nutzte. Er ist gewählter Präsident Das Ding im Alltag der Organisation Afrikanischer Einheit, ein Mandat, Die «Karre» Eine Frau schlängelt sich das 1999 ausläuft. Ausserdem gesteht seine Demo- gerade aufgerichtet auf kratie der Zivilgesellschaft und den traditionellen dem Moped durch die Clanchefs gewisse Ausdrucksmöglichkeiten zu. So Staus: Ein Bébé auf dem hält der König der dominierenden Ethnie Mossi jede Rücken, ein Kleinkind auf dem Schoss und eine Woche Hof in Ouagadougou, womit seine poli- riesige Alu-Schüssel voller tische Rolle noch sehr präsent ist. Erdbeeren oder Gemüse Aber dieses perfekte Bild hat einige grosse Risse be- auf dem Kopf. Dieses kommen. Im Dezember 1998 führte die Ermordung wunderliche Spektaktel ist in Ouagadougou des Journalisten Norbert Zongo zu Meutereien und Still Pictures Alltag. In der Stadt ist das Demonstrationen in bislang ungekanntem Ausmass. Moped, auch liebevoll Zongo führte für seine Wochenzeitung L’Indépendant Burkina hat die Probleme der Koexistenz einer «Char» (die Karre) Recherchen über die schwarzen Dossiers der Landwirtschaft mit Familienbetrieben einerseits genannt, das häufigste Transportmittel. Tausende Vierten Republik durch. Laut ihm waren Verant- und einer Rentenkultur andererseits nicht gelöst, von Vehikeln mit schlecht wortliche des Kongresses für Demokratie und ebenso wenig die konfliktreichen Beziehungen eingestellten Motoren Fortschritt, der Mehrheitspartei des Präsidenten, zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sess- lassen die Hauptstadt in darin verwickelt. Zongo war das Symbol einer freien haften Bauern. Aber das kleine Land ist heute mit ihrem berüchtigten Smog versinken. Auf dem Meinungsäusserung, welche mit ihrer Kritik ein der Weltwirtschaft konfrontiert, welche es zum Parkplatz des grossen gutes demokratisches Funktionieren garantierte. Wettbewerb zwingt. Marktes sind Hunderte von «Karren» nach Farbe «Zur Zusammenarbeit verdammt» Erfindungsreiches Volk aufgestellt. In einem Land, wo 70 Prozent der Der brutale Tod Zongos und die dadurch ausgelöste Diese Herausforderung scheint erdrückend, wenn Transporte über die Gewalt deuten darauf hin, dass das «Friedensmodell» man sie an westlichen Normen misst. Doch die Strasse gehen, ist das Burkina nicht dem idyllischen Bild entspricht, das Einwohner von Burkina finden im Alltag erstaun- Moped auch auf dem man sich in Europa davon macht: der gute Schüler liche Lösungen und Möglichkeiten zur Überwin- Land sehr geschätzt. Es ist ein Symbol des der internationalen Hilfe, das Land der Tänzer und dung von Schwierigkeiten. So werden die Strassen Erfolgs, eine Stufe höher Musiker, mit dem man gerne Freundschaft schliesst. von Ouahigouya dank einer ganzen Reihe von als das Velo, und ein Das wirkliche Burkina ist in grosse soziale und wirt- Verfügungen vom Abfall gereinigt, dessen Aufbe- wichtiges Hilfsmittel, wenn schaftliche Schwierigkeiten verstrickt. Es gehört zu reitung Behinderten Arbeit gibt, welche sonst zum Feld oder Markt sehr weit entfernt sind. den zehn ärmsten Ländern der Welt, auch wenn es Betteln gezwungen wären. In Dori kämpft ein Vete- seit 1995 eine mittlere wirtschaftliche Wachstums- rinär des Stammes der Peuls dafür, dass Heuschober rate von fünf Prozent aufweist, womit es leicht über gebaut werden, damit die Viehzüchter die Dürre- dem ostafrikanischen Durchschnitt liegt. Die Baum- perioden besser überstehen können. Er versucht fer- wolle, der Hauptreichtum, macht 65 Prozent der ner, eine internationale Vereinigung von Vieh- Exporte aus. Weitere grössere Ressourcen aus Vieh- züchtern des Sahel zu gründen, für die «der Ochse zucht und Goldminen reichen nicht aus, um die vor dem Pflug kommt», indem sie der Kuh wieder Autonomie eines Landes zu sichern, das «zur Zu- einen zentralen Platz einräumt. sammenarbeit verdammt» ist, wie es Thomas Sankara Solche Initiativen sind im ganzen Land anzutreffen. ausgedrückt hatte. Sie geben Anlass zur Hoffnung, dass ein mutiges und Die Volksgesundheit liegt weit unter den von der erfindungsreiches Volk die Hindernisse überwindet, Weltgesundheitsorganisation vorgegebenen Normen. welche ihm von der Natur und den Mechanismen Der Mangel an Ärzten, Hebammen, Pflegern und der Weltwirtschaft aufgezwungen werden. Apothekern ist erschütternd. Trotz grosser Alpha- betisierungsbemühungen in mehreren afrikanischen *Isabelle Rüf, Journalistin beim Westschweizer Radio, war Sprachen und in Französisch ist die Analphabeten- mehrmals in Burkina Faso und hat verschiedene Sen- rate nach wie vor äusserst hoch, besonders auf dem dungen über das Land realisiert. Land. Vor allem die Frauen sind davon betroffen, obwohl ein grosser Teil der täglichen Wirtschaft und (Aus dem Französischen) der Organisation der Gesellschaft auf ihren Schultern ruht. Schweiz und Burkina Faso: Mensch und Natur im Vordergrund

(bf) In den Jahren 1974/75, als Burkina Faso von der - Die lokale Entwicklung und die Dezentra- Zahlen und Fakten grossen Dürre heimgesucht wurde, begann auch die lisierung. Vor allem werden lokale – sowohl pri- Zusammenarbeit der Schweiz mit dem westafrika- vate wie öffentliche – Initiativen unterstützt, welche Staatsform Präsidialrepublik nischen Staat. Heute ist die Schweiz mit einer jähr- die örtliche Entwicklung und die Dezentralisierung lichen Unterstützung von rund 16 Millionen Fran- fördern. Hauptstadt ken nach Frankreich, Deutschland, Holland und Ouagadougou (500000 Einwohner) Dänemark fünftwichtigster bilateraler Zusammen- arbeitspartner Burkina Fasos. Fläche 2 Weil vier Fünftel der Landesfläche ländlich sind, lag 274200 km der Schwerpunkt der Zusammenarbeit von Anfang Nachbarländer an auf der Entwicklung der Landwirtschaft und der Mali, Niger, Elfenbeinküste, Ghana, Beziehung der Menschen zur Natur. Togo und Benin Auch in den kommenden Jahren werden deshalb vier interdependente Tätigkeitsgebiete verfolgt, und Klima Im Norden Sahelklima, zwar in den vier geografischen Gebieten Yatenga, im Süden tropisch Gulmu, Koudougou und Sahel: - Die Entwicklung ländlicher Gebiete. Priorität Bevölkerung 10,5 Millionen Einwohner hat dabei die Intensivierung der Produktionssysteme Bevölkerungsdichte: durch Landwirte und Züchter, um die Nahrungs- 33,7 Einw./km2 mittelversorgung sicher zu stellen. Bevölkerungswachstum: - Das Handwerk und die Berufsbildung. 2,7% Landbevölkerung: 90% Vorrangiges Ziel ist die Verbesserung der quantita- Bevölkerung unter tiven und qualitativen Produktion der Handwerker 15 Jahren: 49,7% und Kleinstunternehmen. Lebenserwartung: - Die Alphabetisierung und die Bildungs- 50 Jahre Analphabetismus unter systeme, sowohl für Erwachsene wie auch für Erwachsenen: 78%

Kinder. Still Pictures Grössere Kenntnisse der Landwirtschaft entscheiden Sprachen oft über eine gute (links) oder schlechte Ernte Offizielle Landessprache: Französisch Meistgesprochene Sprache: Mooré

Aus der Geschichte 1966 Sturz des Präsidenten Yameogo und Hauptethnien Die Geschichte der Völker, welche das heutige Burkina Machtübernahme durch ein Militärregime Mossi: 52% Faso vor der Kolonisierung bewohnten, ist wenig unter der Leitung von Oberstleutnant Peuls: 11% Bobo: 7% dokumentiert. Als sicher gilt, dass Mossi-Königreiche Lamizana. Beginn einer unruhigen Zeit, Bisa-Samo: 6,9% das Land dominierten. Die Beziehungen zwischen in der sich Präsidentenregimes mit Gourounsi: 5,3% rivalisierenden Clans und den benachbarten Peuls Militärputschs abwechseln. Soziale Unruhe Religionen scheinen kriegerisch gewesen zu sein. Diese und Streitereien unter Parteivertretern Animismus: allgegen- Spannungen erleichterten 1894 bis 1897 den Franzosen verschärfen sich. wärtig die Eroberung. Die Geldeintreibungen der 1983 Machtübernahme durch vier dissidente Islam: 40% französischen Militärs lösten Aufstände aus, welche Offiziere – Jean-Baptiste Lingani, Blaise Katholizismus: 15% ihrerseits zu Unterdrückung und Besetzung führten. Campaoré, Henri Zongo und Thomas Bis zur Unabhängigkeit war das Schicksal Obervoltas Sankara – und Ausrufung der Demokratischen wechselhaft, einmal an Senegal, einmal an die Volksrevolution. Bildung eines Nationalen Elfenbeinküste gebunden, je nach Interesse der Rats der Revolution. Kolonisatoren. 1984 Obervolta wird in Burkina Faso, das BURKINA FASO «Land der integren Menschen», umbenannt.

1947 Obervolta wird unter dem Druck der 1987 Unter der Autokratie-Anschuldigung wird MALI traditionellen Clanchefs wieder zu einem Thomas Sankara von seinen Waffenbrüdern NIGER Territorium erklärt. Es wird Mitglied der ermordet. Blaise Campaoré übernimmt die

«Union française» und entwickelt sich im Macht und setzt ein Regime der Volksfront ein. Ouagadougou Rahmen der französischen Verwaltung. 1991 Die Verfassung der 4. Republik wird in BURKINA FASO 1960 Proklamierung der Unabhängigkeit. einer Volksabstimmung gutgeheissen. GHANA Maurice Yameogo, Chef des Rassemblement 1998 Blaise Campaoré wird als Präsident wie- BENIN TOGO démocratique africain, wird Präsident. dergewählt. ELFENBEINKÜSTE Stimme aus… Burkina Faso Der Staat, dieses fremde Wesen

Vor lauter Problemen kann man in Burkina Faso sierungsprozess ausgerichtet, der vielversprechend kaum etwas anderes sehen. Der ehemalige Präsident scheint, wenn er von rückhaltlosem politischem Thomas Sankara sagte 1984 vor der UNO-Gene- Willen begleitet ist. Heute gibt es 33 eigenständige ralversammlung: «Mein Land ist ein Konzentrat aller Gemeinden, mit einem Bürgermeister und einem Übel der Völker, eine schmerzhafte Zusammen- Gemeinderat. In einem multi-ethnischen Land, fassung aller Leiden der Menschheit.» ohne jede Spur einer Nation, sind diese Strukturen Das Land mit einer Fläche von 274200 Quadrat– ein fundamentales Element politischer Stabilität, kilometern und einem rauen Sahelklima hat etwas Demokratisierung und Entwicklung. über zehn Millionen Einwohner und liegt genau in der Mitte Westafrikas. Die Revolutionäre von Wenig glaubwürdig August 1983 haben dem ehemaligen Obervolta den Der Staat wird anerkannt, aber weder respektiert Namen Burkina Faso, «Land der integren Menschen», noch ist er glaubwürdig. Unsere Gesellschaften gegeben. lehnen jede Macht ohne geheiligten Wert und Der Staat Burkina wurde willkürlich geschaffen. Er jede «moralische» Person ohne Gesicht ab. Es ist ist ein Stück kolonialer Verwaltung, das lediglich neu schwierig, eine vergängliche, nicht identifizierte eingekleidet wurde. Seit Erreichen der Unab- Macht zu respektieren. Deshalb werden, während hängigkeit 1960 hat er sich Menschen geschaffen, das Land von Krisen geschüttelt wird, Staat und die in das System passten, das er aufbaute. Die Behörden abgelehnt und nicht als Gesprächspartner Populationen mussten sich einer Institution anpas- anerkannt. sen, die schlecht zu ihrer Kultur, ihrer Geselligkeit Die Präsidentschaftswahlen vom 15. November und ihrem Weltbild passte. Vor allem deshalb haben 1998 wurden von einem grossen Teil der Classe po- sie Mühe, sich an die neuen Prozesse anzupassen: litique boykottiert, weil die Wahlkommission nicht Erziehung, Menschenrechte, Demokratie, Entwick- unabhängig genug war. Nach der Ermordung des lung, Staatsbürgerschaft ... sehr beliebten Journalisten Norbert Zongo am 13. Dezember 1998 gab es erst Ruhe, als ein unabhän- Lethargie und Erwartungshaltung giger Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. 18 Die veraltete Dynamik des Lebensstils, der Bezie- Nach den politischen Krisen von 1999 scheint der 19 hungen zwischen Produktion und Konsum, der so- Staat versteinert und disqualifiziert. zialen Organisation, funktioniert nicht mehr. Ganze Burkina Faso ist seit bald 39 Jahren unabhängig. Alain Édouard Traoré Bevölkerungsteile wurden zu grossen Kindern, Davon hatte es 19 Jahre lang eine republikanische erlangte 1994 den Doktortitel in Politischer überrollt von dem, was ihnen widerfährt, und nicht Regierung und 20 Jahre den Ausnahmezustand Philosophie der Universi- fähig, etwas anderes zu tun als zu gehorchen und sich unter einer Militärherrschaft. Die zentralisierte tät Jules Verne d'Amiens, helfen zu lassen. Sie haben keinen Einfluss mehr auf Macht wurde immer als Faktor der Einheit und der 1997 denjenigen in ihren Alltag und fliehen deshalb in eine paradoxe Entwicklung dargestellt. Aber es schlägt keine an- Internationalem Recht der Université de Lille II, Lethargie und Erwartungshaltung. Dieses Nicht- dere als die von den internationalen Institutionen Frankreich. anpassen an einen jakobinischen, starken, zentralis- initiierte und durchgeführte Entwicklungsstrategie 1996 erhielt er das tischen Staat hat schwerwiegendere Auswirkungen vor. Die Unterentwicklung ist trotz der Hilfe von Diplom der Académie als die verschiedenen klimatischen Schwierigkeiten aussen sehr präsent. Diese Hilfe hatte oft ihre eige- diplomatique internatio- nale de Paris und arbeitet oder der fehlende Regen. ne Denkweise und brachte genau den Menschen, seither als Berater im In Burkina Faso leben über sechzig Ethnien mit welchen sie helfen wollte, eine kulturelle Entwur- Aussenministerium in ebenso vielen Sprachen oder Dialekten. Der Staat zelung. Heute glauben wir nicht mehr an die Hilfe Burkina Faso. Seine zwingt ihnen seine Idee einer Einheitsnation auf, als Motor unserer Entwicklung. Die Zusammen- journalistische Tätigkeit äussert sich in zahlreichen welche ein Auslöschen und eine Vermassung der arbeit muss auf unsere eigene Zukunft, unsere eige- kritischen Politartikeln in bestehenden ethnischen Realitäten bedingt. Man nen Neigungen ausgerichtet sein. Sie wird keinen der Presse Burkina Fasos. sagt, die Kolonialisierung habe durch den Franzö- Erfolg haben, wenn sie die Bevölkerung zu reinen sischunterricht eine sprachliche Einheit geschaffen. Hilfsempfängern macht. Das stimmt nicht. Das Argument, wonach in allen Was kann einen Ausländer an Burkina Faso anzie- Ethnien Französischsprechende zu finden sind, kann hen? Wenig genug. Vielleicht die Gastfreundschaft nicht die Grundlage einer angeblichen, sprachli- der Bevölkerung, oder die Neugier auf ein im tra- chen Einheit sein, denn weniger als zehn Prozent ditionellen Elend steckenden Afrika, das die uralten der Bevölkerung spricht Französisch. Im Gegenteil, Spuren seiner Identität verliert. Aber wenn man die französische Sprache hat zur ethnischen nach Burkina kommt, ist man überrascht: Man sieht Trennung noch eine Trennung zwischen Franko- die Hoffnung, die Würde, den Mut und den Willen phonen und Nichtfrankophonen gebracht, wobei dieser Menschen – und ihre grosse Fähigkeit, sich Erstere im institutionellen Bereich alle Vorteile be- die Entwicklung zum Ziel zu stecken und dieses Ziel sitzen. anzupacken. Seit 1993 ist die Regierung auf einen Dezentrali- (Aus dem Französischen) DEZA-Standpunkt Iris Krebs Den Vereinten Nationen beitreten? Eine Frage der Solidarität

Was Entwicklungszusammenarbeit und humanitä- me Armut, die weltweite Zerstörung der Umwelt re Hilfe angeht, gehört die Schweiz schon in gros- werden uns genau so erreichen wie die anderen sem Mass und seit langem den Vereinten Nationen Länder. Die Schweiz muss in ihrem eigenen Inte- an. Sie ist Mitglied der meisten UNO-Unterorga- resse langfristig als gute Weltbürgerin handeln und nisationen, welche sich mit Entwicklung befassen, ihre Verantwortungen übernehmen. Und zwar sei es das UNO-Programm für Entwicklung, die mittels der zwar nicht perfekten, aber durchaus ver- UNICEF oder die Weltgesundheitsorganisation. besserungsfähigen Instrumente, welche die interna- Die Schweiz trägt zur Finanzierung dieser Institu- tionale Gemeinschaft zu diesem Zweck geschaffen tionen bei, aber auch zu ihrer Verwaltung, denn sie hat. Bereit sein, auf diese Art mit den anderen ist in ihrem Rat und ihrem Mitarbeiterstab vertreten. Ländern zusammen zu arbeiten, ist auch ein Zeichen des Respekts für unsere Partner. Die Schweiz beteiligte sich auch überaus aktiv an den Konferenzen der Vereinten Nationen zu den Jean-François Giovannini wichtigen Entwicklungsthemen, wie der Umwelt- Stellvertretender Direktor der DEZA und Entwicklungskonferenz von Rio de Janeiro (1992), der Menschenrechtskonferenz von Wien (Aus dem Französischen) (1993), der Bevölkerungs- und Entwicklungs- konferenz von Kairo (1994) und des Sozialgipfels von Kopenhagen (1995). Sie hat dort erfolgreich die Interessen und Werte vertreten, welche im Zentrum ihrer Politik stehen.

Weshalb sind wir also für eine vollständige Mitglied- schaft der Schweiz in den Vereinten Nationen? Das Hauptargument, was die Entwicklungszusammen- arbeit betrifft, scheint mir klar: Es wird immer deutlicher, dass sich Politik und Entwicklung nicht trennen lassen. Die Erfahrung zeigt, wie weit die po- litischen Bedingungen die Möglichkeiten bestim- men, um die tatsächliche Situation der ärmsten Bevölkerungsschichten zu verbessern. Die Haupt- feinde der Entwicklung sind Krieg, Nichtbeachtung der Menschenrechte und das Fehlen von Rechts- normen. Deshalb müssen die Probleme der inter- ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT SCHWEIZ nationalen Gemeinschaft zuerst als Ganzes ange- gangen und Lösungen dafür gefunden werden. Wir leben in einer Schicksalsgemeinschaft mit dem Rest der Welt. Die politische Instabilität, die extre- Nach der Rückkehr aus dem Exil fanden die Menschen aus dem Kosovo ihre Häuser verbrannt und geplündert vor. So schnell wie möglich verhalfen die humanitären Organisationen den Familien zu wenigstens einem trockenen Raum: sie verteilten Plastikplanen, Holzlatten, Nägel und das nötigste Werkzeug. Unfreiwilliges Campen im DEZA/SKH (6)

Keystone bereits vor Ort und konnte ihnen Baukits austeilen. Plastikplanen, Bretter, Nägel, Säge, Hammer – an alles wurde gedacht. Sogar ein Besen und ein Kessel (jls) Schätzungsweise mehr als 80000 Häuser wurden gehören dazu. im Krieg stark beschädigt oder ganz zerstört. Das ist Die Standard-Pakete waren gar zu vollständig, wie ungefähr die Hälfte aller Häuser in der Provinz. sich herausstellte. «Die Flüchtlinge waren unzufrie- Normalerweise nahmen die serbischen Soldaten alles den, weil einige lieber mehr Holz gehabt hätten da mit, was nicht niet- und nagelfest war, bevor sie die ihr ganzes Haus zerstört war, andere hätten lieber nur Häuser anzündeten. Als Hunderttausende von Plastikplanen gehabt, um die fehlenden Türen und Flüchtlingen im Sommer heimkehren konnten, Fenster zu ersetzen», erklärt Markus Baechler, mussten sie in verkohlten Mauerresten bei Null Koordinator der Balkan-Programme. Das SKH han- wieder von vorne anfangen. Das Dach ihres Hauses delte schnell. Seit Anfang Oktober haben die war zusammengestürzt, Türen und Fenster waren Flüchtlinge die Wahl zwischen verschiedenen Kit- zerstört. Modulen, je nach Bedarf für die auszuführende Bevor sie an den Wiederaufbau gehen konnten, Reparatur. Neben diesem Programm für die mussten sie die Löcher abdichten, um sich vor Wind Kosovo-Rückkehrer aus der Schweiz ist das SKH und Regen zu schützen. Deshalb verteilten die hu- auch für die Verteilung von 6000 Shelter kits des manitären Organisationen als Erstes in der ganzen UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (HCR) Provinz Shelter kits (Baukits), Pakete mit dem nöti- zuständig. Es lagert das vom HCR gelieferte Material gen Material, um in den verbliebenen Mauern der in Pristina, stellt Pakete zusammen und gibt sie an Häuser Unterstände einzurichten. Nichtregierungsorganisationen ab, welche die Ver- teilung in den Dörfern übernehmen. Schnell gehandelt Die Abteilung Humanitäre Hilfe und das Schwei- Ziel: Winter an der Wärme zerische Katastrophenhilfekorps (SKH) der DEZA Ein weiterer Teil des schweizerischen Hilfspro- konzentrierten ihre Bemühungen auf drei Gemein- gramms richtet sich an Rückkehrer beispielsweise den im Zentrum und im Westen der Provinz, wo aus Mazedonien oder Albanien, die praktisch alles die meisten der in die Schweiz geflohenen Kosovo- verloren haben. «Im Gegensatz zu ihren Landsleu- Albaner herkamen. So war sie bei deren Heimkehr ten, die aus der Schweiz zurück gekehrt sind, haben Salvatore Dinolfi Kosovo

Baukit: 50 m2 Plastik (für die Fenster) 120 m2 Gitterplastik (für das Dach) 10 Dachlatten (Länge: 5 m) 10 Bretter (Länge: 5 m) 20 m Latten 30/10 mm Verschiedene Nägel sie keine Rückkehrhilfe in der Höhe von 2000 1 Fuchsschwanzsäge 1 Hammer Franken gekriegt», sagt Markus Baechler. Rund 1 Zange 1500 Familien dürften so ein Standard-Baukit sowie Wiederaufbau von Schulen und Ambulatorien. 1 Rolle Eisendraht zwei weitere Hilfspakete erhalten, die ein Minimum Das SKH verteilt aber nicht nur Baukits, sondern 1 Schaufel an Komfort ermöglichen soll. Dank einem Wohnkit kümmert sich auch um die Landwirtschaft und die 1 Hacke 1 Kessel mit Matratzen und einem Kochset können die Wasserversorgung. Mit rund dreissig Experten vor 1 Rolle Klebeband Menschen wieder mehr oder weniger normal zu Ort und Ausgaben im Umfang von 50 Millionen 1 Besen leben beginnen. Und mit dem Winterkit kann ein Franken für 1999 ist das Kosovo-Engagement in der Wohnkit: Zimmer isoliert und geheizt werden. Geschichte der DEZA einmalig. Dies vor allem, 6 Matratzen Für die seit Juli im Kosovo tätigen humanitären weil in der Schweiz zur Zeit rund zehn Prozent der 1 Kochset Organisationen ging es vor allem darum, jeder Kosovo-Albanischen Bevölkerung leben, von 1 Wasserkanister Familie im Winter ein geheiztes Zimmer zu ermö- denen über 50000 einen Asylantrag gestellt haben, Schlafsäcke glichen. Das Ziel erwies sich als zu hoch gesteckt, wie Baechler in Erinnerung ruft: «Wir müssen ein Winterkit: wie Daniel Züst, SKH-Angehöriger und Chef der Maximum an Mitteln vor Ort einsetzen, in 45 m2 Bretter Schweizer Delegation im Kosovo festhält: «Trotz Projekte, welche die Rückkehr der Flüchtlinge er- 1 Fenster 1 Türe einem riesigen Effort wird es schwierig werden, vor leichtern.» Bodenisolation dem ersten Schneefall alle unterzubringen.» 1 Holzofen (Aus dem Französischen) Appell an die Solidarität Die DEZA half auch den Flüchtlingen, die nirgends hingehen konnten. Sie appellierte an die Solidarität der Besitzer grosser, nur leicht beschädigter Häuser, indem sie ihnen vorschlug, provisorisch eine oder zwei Familien bei sich aufzunehmen. Im Gegenzug bot sie ihnen Wiederaufbauhilfe in Form von Holz, Zement oder Kies an. Zudem engagierte sie sich bei der Bereitstellung von Kollektivunterkünften, bei- spielsweise in ungenutzten Amtsgebäuden. Und schliesslich gehört zum Bauprogramm auch der Olivia Heussler Wo Mitch zerstörte, wird aufgebaut Seit jenem schicksalhaften Oktober 1998 ist über ein Jahr vergangen: In etwas mehr als einer Woche fiel damals dieselbe Menge Regen wie normalerweise in drei Jahren. Und dann, Ende Monat, zerstörte der Hurrikan Mitch auch noch Engagierte Schweiz Von Oktober 1998 bis das Wenige, das unversehrt geblieben war. Ein Jahr nach der Ende 2000 investiert die DEZA in den betroffenen Katastrophe befindet sich das ganze Gebiet dank interna- Gebieten sieben Millionen Franken, die tionaler Hilfe mitten in der Wiederaufbauphase und im Wandel. bereits vorher zur Verfügung standen, und weitere 15 Millionen (mr) Während ein paar Wochen standen die vom DEZA. In dieser zweiten Phase ist unter anderem Franken, die nach der Hurrikan Mitch verwüsteten Gebiete im Zentrum der Wiederaufbau der sanitären und der schulischen Katastrophe bereit der Aufmerksamkeit der internationalen Medien. Strukturen, die Wasserversorgung und die Wieder- gestellt wurden. Darüber hinaus gewährt das Die Katastrophe hatte grosse Gebiete von Nicaragua, herstellung der Produktivität vorgesehen, und nicht Staatssekretariat für Honduras, El Salvador und Guatemala extrem hart zuletzt die Koordinierung der Schweizer und inter- Wirtschaft (seco) getroffen. 10000 Tote und 8000 Verschollene waren nationalen Hilfe. Nicaragua einen zu beklagen. Insgesamt waren 2,3 Millionen Men- «Besonders wichtig während dieser Phase ist die ak- Schuldenerlass von acht Millionen Franken und schen betroffen. Davon hatte ungefähr eine Million tive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung eine ausserordentliche alles verloren, einschliesslich des fruchtbaren Bodens, sowie das präventive Moment des gegenwärtigen Haushaltshilfe von fünf der von den Wassermassen einfach weggeschwemmt Wandels, das heisst die Verbesserung der wieder auf- Millionen. worden war. Der gesamte Schaden wurde auf fünf zubauenden Infrastrukturen. Bevor Brücken, Strassen Auch Honduras kommt in den Genuss eines Milliarden Dollar geschätzt. und Gebäude wieder aufgebaut werden, muss der Schuldenerlasses, und Bereits nach zwei Tagen kam Hilfe aus der Schweiz. neue Standort sorgfältig ausgesucht und geplant wer- zwar in der Höhe von Trinkwasser wurde bereitgestellt, die Verteilung den, um neue Katastrophen zu vermeiden», erklärt zehn Millionen Franken. von Mahlzeiten, Medikamenten und Decken orga- Ruth Huber, verantwortliche Mitarbeiterin für Und schliesslich fliessen über die humanitären nisiert. Das schnelle und effiziente Handeln war Entwicklung und Zusammenarbeit in Zentral- Hilfsorganisationen der nicht nur dank der Bereitstellung von beträchtlichen amerika bei der DEZA. «Die Planung ist grössten- Schweiz weitere 35 Mitteln möglich, sondern auch dank des vor Ort be- teils abgeschlossen, und im ganzen Gebiet hat der Millionen Franken in den reits bestehenden Koordinationsbüros für die Wiederaufbau bereits begonnen.» Wiederaufbau – dank dem Erlös durch die Schweizer Hilfe, welches sofort verstärkt wurde. schweizerische Glücks- «Jetzt, nach einer intensiven Zeit der Planung, be- (Aus dem Italienischen) kette. finden wir uns mitten in der Wiederaufbauphase», sagt Willy Lenherr, Vizechef der Sektion Europa, Asien und Amerika der Humanitären Hilfe der Einblick DEZA

Vom Flughafen zur DEZA Transfer von Wissen und (bf) Seit 1. November ist Harry Erfahrung Was eigentlich ist... Sivec-Muniz neuer Leiter der (rvr) Die Lösung komplexer Sektion Medien und Aufgaben setzt Wissen und Urbanisierung? Kommunikation der DEZA. Er Erfahrung voraus. Dies trifft in übernimmt damit die Nachfolge grossem Ausmass für Tätigkeiten (bf) Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 1800 lebten gerade von Marco Cameroni, der zum im Rahmen der internationalen drei Prozent der Menschheit nicht auf dem Land. 200 Jahre Generalkonsul in Mailand Zusammenarbeit zu. Um trotz später – im Jahre 2000 – leben 50 Prozent der Menschen rund ernannt wurde. dem sich ständig wandelnden um den Globus in Städten. Es ist deshalb unbestritten, dass die Der 40-jährige Harry Sivec- Umfeld zu sachgerechten und Urbanisierung (Stadtentwicklung) eine der ganz grossen Muniz studierte an der beständigen Lösungen zu Herausforderungen des nächsten Jahrhunderts sein wird – Universität Zürich Germanistik, kommen, setzt die DEZA bei gerade in Entwicklungsländern. Nicht zuletzt belegen dies die Pädagogik und Volksliteratur. ihrem operationellen Personal beiden grossen Urbanisierungskonferenzen von 1976 in Er arbeitete zuerst als das System der Job-Rotation ein. Vancouver und 1996 in Istanbul. Sekundarlehrer, wechselte Dabei wechseln Mitarbeitende Unter Urbanisierung versteht man heute weit mehr als nur später in den Journalismus und alle drei bis fünf Jahre ihre Stelle, gerade das Wachsen und sich Ausbreiten einer Stadt. Vielmehr übernahm dann die Funktion sei es zwischen der Zentrale und beinhaltet sie die damit einhergehenden positiven und des Informationsbeauftragten dem Feld oder zwischen den negativen Aspekte bezüglich des delikaten Gleichgewichts von bei Caritas Schweiz in Luzern. verschiedenen Organisations- Umwelt, Abfallbewirtschaftung, Kulturentwicklung, Armut, Anschliessend war er als einheiten an der Zentrale. Wirtschaftsankurbelung, Gesundheitssituation, Wasserversorgung, Kommunikationsberater bei der Jährlich wechseln 20 bis 30 Verkehrserschliessung, dem Entstehen von Bidonvilles, sozialen FUNDES-Gruppe in Bogotá, Mitarbeiterinnen und Beziehungen und vielem mehr. Kolumbien, tätig und seit 1996 Mitarbeiter bzw. rund 20 Die DEZA unterstützt seit 1978 Urbanisierungsprojekte. 1987 als Leiter Presse und Information Prozent des operationell tätigen wurde ein eigener Fachdienst Urbanisierung geschaffen, bei der Flughafendirektion in Personals im Rahmen der welcher nicht nur konkrete Urbanisierungsprojekte begleitet – Zürich. Rotation ihre Funktion und die grössten davon in Vietnam, Indonesien, Pakistan und übernehmen neue Aufgaben. Burkina Faso –, sondern grundsätzlich die Stadtentwicklungs- Auf diese Weise findet ein politik und die Position der DEZA gegenüber der urbanen wirksamer und kontinuierlicher Dimension sowie das Bekenntnis zum Kampf gegen die Transfer von Wissen und «Armut in der Stadt» festlegte. Erfahrung innerhalb der DEZA und zwischen ihr und ihren Partnern statt. Still Pictures Labels - Barriere

Max Havelaar-Kaffee oder –Orangensaft, Step-Teppiche, FSC- Holz: Produkte mit sogenannten Labels erfreuen sich bei den Konsumentinnen und Konsumenten wachsender Beliebtheit. Nadine Speich Doch sie sind nicht unumstritten. Sava Buncic von der Max Havelaar-Stiftung und Nadine Speich von der DEZA streichen Vorteile und Grenzen der Labels heraus, während Maria Nazareth Farani Azevêdo, Mitglied der brasilianischen UNO- Mission in Genf, Labels als Marktinstrument ablehnt (siehe Kasten). Gesprächsführung: Gabriela Neuhaus. Keystone (5)

Was ist ein Label? Nadine Speich: Labels sind grundsätzlich positiv Sava Buncic: Dies ist bei den Biolabels der Fall, Ein Label ist ein zu bewerten, wenn sie in Zusammenhang mit öko- nicht aber bei Max Havelaar. Hier entstehen für die Gütesiegel für Produkte, logischen und sozialen Kriterien angewandt werden. Produzenten eigentlich keine Kosten – sie müssen welches aufgrund FORUM bestimmter Kriterien In diesem Sinn will auch der Bundesrat künftig einfach gewisse Voraussetzungen erfüllen, um in verliehen wird. Die Kon- Labels fördern. Mit diesem Instrument gibt man den unser Produzentenregister aufgenommen zu wer- trolle über die Einhaltung Konsumentinnen und Konsumenten die Möglich- den: Sie müssen demokratisch organisiert sein, alle der Richtlinien wird von keit, Verantwortung gegenüber Produktionsmetho- Mitglieder der Kooperative müssen gemeinsam ent- einer unabhängigen Stelle oder Organisation den zu übernehmen. Dies ist gerade für Entwick- scheiden, was mit dem Mehrpreis passiert. Zudem ausgeführt. Die lungsländer eine grosse Hilfe, um ökologische und müssen die Produkte auch eine gewisse Exportqua- entwicklungspolitisch soziale Aspekte in der Produktion zu fördern. lität aufweisen, damit sie im Norden überhaupt ge- relevanten Labels «Max kauft werden. Damit diese Minimalstandards er- Havelaar» und «Step» werden in der Schweiz Eine Welt: Gerade in Entwicklungsländern sieht reicht werden, arbeiten wir im Süden mit lokalen vom Staatssekretariat man aber die wachsende Popularität von belabelten Nichtregierungsorganisationen zusammen. Was das für Wirtschaft (seco) Produkten nicht unbedingt gerne. Haben Sie Biolabel anbelangt, ist es für die Produzenten viel unterstützt. Verständnis für diese Widerstände? schwieriger. Im Gegensatz zu Max Havelaar sind die Anforderungen für eine Biozertifizierung von Land «Nachhaltigkeit ist in Speich: Labels bringen Anreize für eine Verbesse- zu Land unterschiedlich. Die Knospe, das Schweizer Brasilien nicht unbedingt rung der Produktionsmethoden, allerdings bedingen Biolabel, hat dabei sehr strenge Auflagen. das gleiche wie in solche Verbesserungen auch einen komplexen Norwegen, der Schweiz oder in der EU.» Prozess: Häufig muss man zuerst die Produktions- Eine Welt: Was bedeutet dieser «Label-Salat» für Maria Nazareth Farani methode verändern, und dafür braucht es Investi- die Produzenten? Azevêdo tionen. Das grösste Problem aber ist die Zertifizie- rung: das Label kostet. Man hat auch in unseren Buncic: Für jedes Land eine Sonderzertifizierung – «Die Konditionen der Max Ländern erkannt, dass dieses Prozedere für Klein- das ist für die Produzenten zu kompliziert und zu Havelaar-Labels sind nicht produzenten teurer ist als für Grossbetriebe. teuer, deshalb verzichten sie oft, obwohl sie die nur im Norden entstan- Konditionen möglicherweise bereits erfüllen wür- den, sie basieren vielmehr Eine Welt: Mit anderen Worten: Das Label be- den. Doch die Anforderungen des Marktes sind auf Diskussionen mit Produzenten und lokalen nachteiligt die Benachteiligten zusätzlich, weil sie für klar: die Leute wollen biozertifizierte Produkte. Gewerkschaftsvertretern.» den Zugang zum Markt Mehrkosten auf sich neh- Sava Buncic men müssen? Speich: Die bisherigen Richtlinien sind sehr gene- rell. Deshalb wäre es gut, die Kriterien würden auf n oder Türöffner? Lisa Schäublin (6)

va Buncic

internationaler Ebene eingehender diskutiert. Dies auch angesichts der Kritik vieler Entwicklungs- länder, die sagen, dass die Kriterien aus dem Blickwinkel der «entwickelten Länder» ausgearbei- tet worden sind.

Eine Welt: Viele Produzentenländer fordern vom Norden aber eine umgekehrte Politik: Sie verlan- gen, dass Handelsbarrieren aufgehoben würden, tellten Pflückerinnen auf diesen Plantagen zugute dann – so die Argumentation zum Beispiel von kommt. Denn die Prämien von Max Havelaar Brasilien – könnte sich ihre Wirtschaft von selber fliessen auch in Projekte für diese Gruppe von entwickeln. Machen wir also im Namen der Menschen. Absoluter Freihandel bedeutet eben Entwicklungszusammenarbeit etwas, das die ange- nicht, dass alles offen ist und jeder mitmachen kann, blichen «Nutzniesser» gar nicht wollen? der will.

Buncic: Das sehe ich anders. Ein Beispiel: Im Eine Welt: Letztlich ist aber das Label ein Februar lancierten wir Orangensaft – in der Schweiz Instrument für die Märkte im Norden, das im Süden kommen 80 Prozent des Orangensaft-Konzentrats nur für die exportorientierten Produzenten von aus Brasilien. Die Produktion des Orangensafts in Bedeutung ist? Brasilien ist stark kartellisiert. Allein vier Industrien kontrollieren 85 Prozent der Produktion im Staat Speich: Auch in den Mittel- und Grossstädten im Sao Paulo. Kleinere Unternehmen können oft nur Süden gibt es eine wachsende Bevölkerungsschicht, unter schlechten Bedingungen exportieren. Dank die zum Beispiel an Bioprodukten interessiert ist. dem Fairtrade-Label haben nun aber auch mittel- Ich denke, die Versorgung der eigenen Städte und grosse Betriebe die Möglichkeit, am internationalen Regionen bietet den Produzenten im Süden ein Markt teilzunehmen, was den äusserst schlecht ges- wesentlich grösseres Potenzial als der Export. Olivia Heusser

Eine Welt: Werden demnach Labels in Zukunft freiwillig ist. Allerdings müsste man erreichen, dass noch an Bedeutung gewinnen, oder werden sie für alle Labels vergleichbare Mindeststandards gel- eines Tages überflüssig? ten, die sowohl ökologische wie soziale Kriterien beinhalten. Trotz allem hat dieses Instrument aber Buncic: Ich wünsche mir, dass Labels wie jenes von auch seine Grenzen: Wo belabelt wird, werden die Max Havelaar in Zukunft die Wirtschaft weiter Produktionsstandards zwar laufend hinauf gedrückt, beeinflussen können. Denn vielleicht ist es tat- das ist ein guter Mechanismus. Doch für gewisse sächlich unser Marktanteil von 13 bis 15 Prozent, gravierende Probleme wie zum Beispiel die der dazu geführt hat, dass nun auch auf den Ausbeutung von Kindern oder krasse Umwelt- Chiquita-Plantagen Sozialkriterien angewendet schäden müssen auch restriktivere Massnahmen in werden. Solche Entwicklungen sind positiv, und ich Betracht gezogen werden. erhoffe mir noch viele solcher Beispiele.

Speich: Das Label ist ein wichtiges Instrument für die Durchsetzung nachhaltig produzierter Güter. Es erfreut sich einer recht breiten Akzeptanz, weil es

Maria Nazareth Farani Azevêdo, Brasilianische UNO-Mission, Genf: «Labels sind eine Quelle von Diskriminierung Bedingungen im 15-Jahreszyklus nachhaltig be- und ungerechter Handelsbarrieren. Es heisst wirtschaften, während die Standards in Europa zwar, Labels seien freiwillig, in Tat und Wahrheit von 30 Jahren ausgehen. In solchen Fällen muss wird man aber zum Mitmachen gezwungen; man regionale Besonderheiten berücksichtigen wer nicht mitmacht, wird infolge der PR- und und gegenseitig unterschiedliche Bedürfnisse Informationspolitik im Norden aus dem Markt anerkennen. gedrängt. Das heisst, wer exportieren will, muss In den vergangenen Jahren haben wir bei der die Mehrkosten für das Labeling auf sich neh- Welthandelsorganisation WTO die sogenannten men. «Allgemeinen Richtlinien» lange diskutiert. Doch Labels wollen alles mit gleichen Ellen messen, alles, was in diesen Bereich gehört, ist äusserst sei dies im sozialen, im arbeitsrechtlichen oder subjektiv. Meiner Ansicht nach haben wir mit im ökologischen Bereich. Hinter diesem An- dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen spruch versteckt sich oft Protektionismus. Die GATT 94 eine ausreichende Regelung, die Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Nachhaltigkeit garantiert – man muss sie nur Produktionsstandorten ist nicht gegeben; die richtig anwenden.» brasilianische Papierindustrie z.B. kann einen Wald angesichts der günstigen klimatischen Carte blanche

Laurent Cocchi Kommt diese Musik an oder nicht?

Ein Junge, der Musik schreibt und nicht geht. Dass die eigene Musik Doch wo waren wir stehen macht, allein oder mit einer Schul- gar nicht existiert – im Sinne von geblieben? Ach ja, bei der Musik, band, hegt den Traum, eines Tages Verkaufschancen –, solange es kein jenen wunderbaren und ausser- davon leben zu können. Er möchte Publikum gibt, das zuhört. Und man gewöhnlichen Klängen, die in uns die wunderbare Vorstellung verwirk- entdeckt auch, dass es zwischen die subtilsten Empfindungen lichen, sich mit seiner Vorstellungs- Musiker und Publikum unendlich auslösen können. kraft das tägliche Brot und die Zu- viele Strukturen und Mittelspersonen Ich habe Achtung vor der Musik kunft zu verdienen. gibt. Vor allem Plattenfirmen und und vor der Leidenschaft, die ich Fabio Louino In meinem Fall war es nicht anders. Vertriebsgesellschaften. Dabei für sie hege. Doch obgleich ich Pippo Pollina Ich war sogar derart von meinen handelt es sich nicht um institutio- zum Glück einen unabhängigen ist Sizilianischer Liedermacher Absichten überzeugt, dass ich im nelle Strukturen, die nach Kriterien beruflichen Weg eingeschlagen habe in Zürich. Dieser Tage erscheint sein jüngstes Werk: Alter von 22 Jahren mein Elternhaus der objektiven Qualität auswählen, im Vergleich zum oben erwähnten Wenn jemand eine Platte verliess – das Studium hatte ich sondern um Firmen, die kaufen und Normalfall: Wenn ich noch einmal «Rossocuore» nennt und noch nicht abgeschlossen –, mich in verkaufen, um Unternehmen, die von vorn anfangen müsste, würde einen italienischen Namen trägt, kann dies zu irgendeinen Zug setzte und einen Umsatz erzielen, die eine ich etwas anderes tun. Missverständnissen führen. Richtung Norden fuhr, weit weg bestimmte Anzahl Mitarbeiter Denn es ist viel schöner, sich abends Wer jedoch Pippo Pollina und von «meinem» Palermo, um die beschäftigen und die nur ein Ziel nur zum Vergnügen ans Klavier zu seine Musik kennt, weiss, dass bei ihm der Titel «Rotes Welt zu erobern. haben, nämlich so viel wie möglich setzen oder die Gitarre umzuhängen, Herz» nicht an klebrigsüssen Ich war überzeugt, dass irgendwo zu verdienen. In diesem Fall aber ohne die Frage im Kopf zu haben: Schlagerkitsch à la italiana irgendwer auf mich und meine handelt es sich nicht um Wasch- Kommt diese Musik an oder nicht? verweist, sondern dem politischen und sozialen Musik wartete. In dem Alter dauert mittel, sondern um Musik. Das Es ist viel schöner, von den eigenen Engagement entspringt, das jeder Tag ein Jahr, und der Himmel Konzept aber ist dasselbe. Texten und Melodien zu träumen, sich wie die Musik als roter ist unendlich weit, so dass man Dann sind da noch die Manager, die als sich Erfolg und Ruhm Faden durch sein Leben verständlicherweise noch keine Organisatoren von Konzerten und herbeizusehnen und dabei das Kind zieht. Pippo Pollina ist 1963 in Ahnung vom Leben hat. Die Festivals, die Radio- und Fernseh- oder den Jungen zu verraten, der Palermo geboren. Während Verwirklichung des Traums, sender. Je grösser und mächtiger man einmal gewesen ist. er Rechtswissenschaften, Musiker zu werden, ist eines der letztere sind, umso mehr treffen und Ich habe nur einen Wunsch: Wenn klassische Gitarre und Musiktheorie studierte, klassischen Grossstadtmärchen manipulieren sie den Geschmack der mich eines Tages jemand sieht, wie schrieb er für die Zeitung unserer Zeit: Kann es ein junger Leute und umso arroganter und ich mich von einer Bühne zur «I siciliani» Anti-Mafia-Artikel Mensch unter Abermillionen anderer unangenehmer sind sie. Die soge- nächsten schleppe – wie das viele und gehörte der Bewegung an, dessen bekanntester Menschen überhaupt schaffen, dass nannten Massenmedien sind ein meiner berühmten Kollegen tun –, Exponent der ermordete man seine Stimme hört? Allheilmittel für die Ambitionen des ohne noch irgend etwas zu sagen Untersuchungsrichter Und hier wird man von der Realität Musikers, der jedoch im besten Fall oder zu geben zu haben, soll er es Giovanni Falcone war. Obwohl sein Leben bedroht eingeholt. irgendwann einmal in geschmacklo- mir ins Gesicht schreien. war, verliess Pollina seine Allmählich schwinden der ursprün- sen Programmen für unstillbare Ich werde mich an diese Gedanken Heimat 1986 weniger aus gliche Idealismus und die hehren Idioten auftritt. Und all das in einem des ausgehenden Millenniums be- Angst denn aus Desillusionie- Gefühle, Voraussetzungen für jede fürchterlichen Sammelsurium, in stimmt erinnern. rung. Er ist seit 1989 in Zürich «sesshaft». Kreativität, und machen – weil man dem alles Platz hat: von den Kosovo- um jeden Preis Erfolg haben will – Flüchtlingen und Tausenden von (Aus dem Italienischen) den ersten berechnenden Überle- Toten in der Tagesschau bis hin zu gungen Platz. Plötzlich entdeckt den Brüsten und Hintern unserer man, dass es ohne Kompromisse schönen und verwöhnten Töchter. Afrikas sprühender Lebenswille zeigt sich in einer ungeheuer reichhaltigen Kultur. Afrika hat aber auch seine düstere Seite – jene der nicht enden wollenden Bürgerkriege. Ein besonders trauriges Kapitel sind die Kinder- soldaten in Liberia oder Sierra Leone. Die Zürcherin Alice Schmid hat darüber den bewegenden Dokumentarfilm «Behind my closed eyes» gedreht. Von Stefan Hartmann*. Die Kindersoldaten von Liberia Filmausschnitte (12)

Monrovia ist zerstört – verbrannt werden zwei weisse Journalisten mit den traurigen Gesängen Sie sind am Puls des Volkes. Ihre und zerschossen im Bürgerkrieg im Nachbarland Sierra Leone einer Tanztruppe, die Alice täglichen Sketches werden in von 1989 bis1996. Die ermordet. Schmid in Monrovia dank der neun verschiedenen privaten Menschen hausen in Ruinen Der Film «Behind my closed Vermittlung des 42-jährigen Radiostationen des Landes

TUR und sind fürs tägliche Überleben eyes» bringt uns das Schicksal Radiojournalisten Manjou ausgestrahlt. «Wir wollen den ziellos unterwegs. Der blutige von fünf «Kriegs-Veteranen» im Borley kennen gelernt hat. Ihm Kreislauf des Tötens und der Machtkampf von Liberia ist als Alter von 21 bis 22 Jahren näher, verdankt sie weitgehend das Gewalt durchbrechen, aber wir «Krieg der Kinder» zu trauriger die als Kinder von den Entstehen des Films. Er hat ihr können in den Texten nicht KUL Berühmtheit gelangt. 6000 marodierenden Kriegsbanden die Kanäle zu den misstrauischen politisch werden», berichtete Kindersoldaten im Alter von 7 der «Warlords» zwangsrekrutiert «Veteranen» geöffnet. Borley bei der Filmvision in bis 17 Jahren verbreiteten als wurden. Unter schwierigen Zürich im Juli dieses Jahres. schwerbewaffnete «Herren der Umständen, irgendwo in den Ehemaliger Kulturminister «Das Radio ist unser einziges Strassen» Angst und Schrecken Ruinen dieser kaputten Stadt als Radiomacher Kommunikationsmittel im unter der Bevölkerung des Monrovia, erzählten sie der Keiner ist verschont worden in Land», erzählt Manjou weiter. westafrikanischen Staates. Filmerin von ihrem verpfuschten diesem grässlichen Krieg. In den Dörfern draussen bilden Die Kamerafahrten in Alice Leben und den schlaflosen Manjou Borley musste den Tod die Radios mit Kurbelbetrieb Schmids Dokumentarfilm durch Nächten mit den Albträumen. des eigenen Sohnes miterleben. die «Nabelschnur» zur Welt. Die Liberias Hauptstadt – oder was Tränen auf sprachlosen, In der Übergangsregierung von Verkehrswege sind unsicher und von Monrovia nach dem vernarbten Gesichtern. Stockend 1996 war er Kulturminister in teilweise zerstört. Zeitungen sinnlosen Kämpfen überhaupt berichten Maud, Josefine oder Liberia. Heute leitet er die von gelangen nie ins Hinterland. übrig blieb – haben etwas Roberta, wie auch sie als Holland unterstützte Gruppe «Wir sind ein Land, in dem kein Beklemmendes. Die Bilder Mädchen zum Töten «Talking Drum Studio». Die Gesetz gilt», klagt Manjous wurden verbotenerweise zu gezwungen, unter Drogen Mitglieder sind Medien- und Truppe in einem Sketch. früher Morgenstunde gedreht. gesetzt und vergewaltigt wurden. Theaterschaffende. Sie Morgens um sechs, wenn die Beim Filmen ertappt zu werden, Hinter ihren Schilderungen wird produzieren in einem neuste Produktion von Talking kann in Monrovia ein unmenschlicher Krieg Aufnahmestudio unter einfachen Drum Studio über den Äther lebensgefährliche Folgen haben. sichtbar, in dem jede Ordnung Bedingungen kurze Sketches geht, lauscht die halbe Nation In Liberia herrscht ein zusammenbricht. über das entwurzelte Volk und dem Radio – oft auch der gesetzloser Zustand. Dabei ist Mit dem Stilmittel «gefrorener» den Krieg, Frieden und Präsident. «Wir senden jeden seit 1997 eine demokratisch Bilder (Freeze) und dem Einsatz Versöhnung. Die Hingabe von Tag eine Message ans Volk», sagt gewählte Regierung unter dem von Schwarz-weiss- Manjous Truppe ist total; ein Manjou, «es ist die Botschaft der früheren Kriegsfeldherrn Charles Verfremdungen hält Alice halbes Dutzend Spieler und Versöhnung.» Taylor an der Macht. Während Schmid das Entsetzen und den Spielerinnen gestikuliert, der Recherchen von Alice Schmerz auf den Gesichtern fest. singt und schreit vor den *Stefan Hartmann ist freier Schmid vergangenen Januar Die Aufnahmen sind unterlegt Mikrophonen aus Leibeskräften. Journalist im Presseladen Zürich Ausbeutung der Kinder Die Zürcher Filmerin Alice Schmid, 48, verwirklicht als freie Produzentin bereits seit Jahren Filme, die sich um ein zentrales Thema drehen: Kinder und Gewalt. Es sind einerseits die verschiedenen Formen von Ausbeutung, die Alice Schmid beschäftigen: 1993 griff sie mit «Sag nein» (28 Min.) das Thema Inzest und Kindsmissbrauch auf. 1998 nahm sie sich mit «Einmal im Leben ins Kino» (26 Min.) der ausgebeuteten Kinder in der Teppichindustrie Indiens an. Andererseits sind es die Kinder als Opfer im Krieg. Dieses besonders tragische Kapitel hat die Dokumentarfilmerin wiederholt aufgegriffen. 1994 drehte sie in Kambodscha «Briefe an Erwachsene» (52 Min.), ein Drama um die schreckliche Hinterlassenschaft der Landminen. Mit «Behind my closed eyes» rollt sie jetzt eine der düstersten Seiten des Krieges auf – jene der Kindersoldaten in Afrika. Die filmische Aufarbeitung der verschiedenen Formen von Gewalt gegen Kinder hat der Zürcher Filmerin bereits über ein halbes Dutzend Preise eingebracht. «Behind my closed eyes» wurde von der DEZA- Filmförderung unterstützt. Musik für Mädchen Fast 38000-mal ging die CD «Women’s World Music» über die Ladentische. Für alle Beteiligten eine positive Überraschung. Vor allem für den Verband der Lehrerinnen des Niger, dessen Initiative zur vermehrten Einschulung von Mädchen finanziert werden konnte. Von Beni Güntert*. Kuno Schläfli

Einen solchen Erfolg für die wichtigste Ziel erreicht: Im Bericht von Catherine Timbo, auch motiviert, weiterzu- erste Sammlung einiger der Vorfeld der Weltkonferenz für Beauftragte für das Frauen- machen. Viel bleibt noch zu tun: schönsten Frauenstimmen aus Frauen und Entwicklung den programm in Niger, die Vor allem auf dem Gebiet der dem Süden hatte niemand Frauen aus dem Süden eine Ergebnisse fest: In sechs Dörfern Pädagogik und der Leitung von erwartet, als die DEZA diese Stimme geben und auf ihre engagieren sich Lehrerinnen und Kleinstprojekten. Dies wird nun zusammen mit der Produktions- Bedeutung für die Ent- Eltern für die Mädchen- möglich, da ab nächstem Jahr das firma cod-tuxedo an Afro- wicklungsprozesse hinweisen. ausbildung. Die Schule ist Projekt zur Einschulung der Pfingsten 1995 präsentierte, und Darüber hinaus brachte die CD aufgewertet, weil die Männer Mädchen Teil eines grösseren die legendäre Frauenband «Les stolze 30000 Franken an und Frauen der Dörfer direkt DEZA-Entwicklungsprogramms Go de Kotéba» aus Abidjan dazu Lizenzen ein, welche die DEZA darauf Einfluss nehmen können. für die Region Gaya wird und aufspielte. «Die Nachfrage stieg in ein Entwicklungsprojekt zu Besonders wichtig war die Chancen zur Ausweitung auf langsam und stetig, als ob Gunsten junger Frauen Mitwirkung im Lehrplan des weitere Dörfer erhält: ein «Women’s World Music» quasi investieren wollte. Gefunden Handwerkunterrichtes. Steinwurf ins Wasser erzeugt von Mund zu Ohr bekannter wurde das Projekt noch 1995 Die Mädchen können fortan Kreise. würde. Leider konnten wir ab durch das schweizerische lebenswichtige praktische Ende 1997 aus Copyright- Koordinationsbüro in Niger: Kenntnisse über Hygiene und *Beni Güntert ist Mitarbeiter der Gründen keine Neuauflagen Der Verband der Lehrerinnen Kindernahrung, über Sektion Medien und mehr pressen, so dass die CD des Niger wollte die Ein- Gemüseanbau und Viehzucht, Kommunikation der DEZA ausverkauft ist», hält Felix Lotze, schulungsrate der Mädchen Nähen und Sticken lernen. Die Produktmanager von anheben, konnte das Programm Folge: weniger Schülerinnen codtuxedo, fest. aber nicht finanzieren. geben die Grundbildung auf. Für die DEZA wurde das Nach zwei Projektjahren hält der Und sie werden von den Eltern Bücher Lehrmittel Schritt indieZusammenhänge Beispiel derBananenSchrittfür und ihreMitstreiterinnensicham ihrem neuenBuch,wiesieselbst Thurgauerin UrsulaBrunnerin Eindrücklich erzähltdie sie stecktanderedamitan. Bananen sobilligsind–und Gedanken darüber,warum (bf) EineFraumachtsich Zum BeispielBananen... BLMV, Güterstrasse13,3008Bern. www.blmv.ch oderdirektbeim Bezug: imBuchhandel,über im Balkan. Aktionsmöglichkeiten derSchweiz politischen Hintergründeundder an unserenSchulen,der Verständnis derFlüchtlingskinder richtshilfe füreinbesseres hegen. EinewichtigeUnter- und Hoffnungensiefürdiese mitverfolgen undwelcheGefühle Entwicklungen inihrerHeimat liche ausdiesenLänderndie uns lebendeKinderundJugend- «Zur Zeit»fragtaberauch,wiebei hilfekorps (SKH)kommtzuWort. Schweizerischen Katastrophen- der Medien,einAngehörigerdes Rolle derUNO,NATOund sind. Fachleuteberichtenüberdie Zerfall Jugoslawiensentstanden der BerlinerMauerundausdem neuen Staaten,dienachdemFall nach denEntwicklungenin Geschichte derRegionundfragt «Zur Zeit:Balkan»beleuchtetdie Schulstuben auswirken. dem GebietbisindieSchweizer Jugendlichen undKindernaus Krisen, diesichmitvielen Balkan undseineanhaltenden gehört mitBestimmtheitder kommen. ZudiesenAktualitäten aktuellen Themenentgegen fundierten Informationenzu nach Unterrichtshilfenund personen aufderSekundarstufe will erdemBedarfderLehr- Medienverlages BLMV.Mitdieser Bernischen Lehrmittel-und neue Lehrmittelreihedes (gnt) «ZurZeit»nenntsicheine Zur Zeit:Balkan fotografiert hatte, undeinezweite wieder aufgesucht,dieerdamals Michel BührerhatdieLeute unter palästinensischerKontrolle. zugenommen, dieStädtesind israelischer Siedlungen Zehn JahrespäterhatdieAnzahl in jenerGegendantraf. von PorträtsMenschen,dieer Fotograf MichelBührereineSerie Land ansehen.1988/89machteder niedergelassen, dasieesalsihr die anderenhabensichdort dort alsFlüchtlingeaufdieWelt, Gazastreifen. Dieeinenkamen im Westjordanlandund israelische Staatsangehörigeleben palästinensische und17 (vuc) Rund2,6Millionen Zehn Jahrespäter…. Verlag HuberFrauenfeld «Bananenfrauen» vonUrsulaBrunner, Zeitgeschichte. Stück entwicklungspolitischer hat. DasBuchisteinspannendes Menschen undInstitutionenerfasst Widerstandsbewegung hinaus schen weitüberdieursprüngliche denken inGanggesetzt,dasinzwi- des gerechtenHandelseinUm- Brunner habenalsPionierinnen ihre MitbegründerinUrsula Trotz. DieBananenfrauenund Sinn fürRealpolitikzutraute,zum weder fundierteKenntnissenoch beteiligten Frauen,denenman allen Vorurteilengegenüberden Domäne zubetreten,mitErfolg– nur vonMännernbeherrschte wie sieeswagten,einezuvorfast Welthandels einarbeiteten.Und der Weltwirtschaftunddes 0 000 porträtiert dasDorf, seine Fotograf BernardDescamps die Wüstetreffen.Derfranzösische in Mali,wosichderFlussund mitten imBinnendeltadesNigers (lit) SendéguéisteinkleinesDorf Poesie ausdemSahel Lutz Verlag. Luc Chessex:AroundtheWorld. sozial engagiertenFotografenist. einer derweltbestenunterden World» zeigt,dassChessexwohl beiden Amerikas.«Aroundthe Asien, Afrika,Australienundden Fotografien ausdemAlltagin humorvollen, nieaufdringlichen stets einfühlsamen,manchmal ein beeindruckendesWerkmit In achtjährigerArbeitentstandso spezialist neuenKontinentenzu. sich derfrühereLateinamerika- in «AroundtheWorld»wendet seinem neustenBildbandinspiriert: den LausannerFotografenzu um dieWelt»zureisen.Dashat immer gewünscht,«in80Tagen (lit) AlsKindhatsichLucChessex Engagierte Fotografie 1201 Genève Lipschutz, 5ruedeCornavin, Editions Territoires,Hrsg.Pierre (Französisch/Englisch), 1999, Palestine», zweisprachigeAusgabe Michel Bührer,«Portraitsen Menschen nachzeichnen. welche denWegvon38 ist. TextebegleitendieBilder, Publikation dieDEZAmitbeteiligt zusammengefasst, andessen wurden nunineinemBuch Porträtserie gemacht.AlleBilder

Service Einwohner und die einzigartige Entwicklungszusammenarbeit Schweizerische Entwicklungs- Landschaft des Deltas in poeti- – Weiterbildung zusammenarbeit diese Aufgabe schen Schwarzweiss-Bildern. Das NADEL (Nachdiplom- angeht und stellt die Haltung von Die stillen Fotografien stehen studium für Entwicklungsländer) Nichtregierungsorganisationen neben einer von Christiane an der ETH Zürich bietet in den zum Aktionsplan vor. Die

Seydou besorgten Auswahl Kurse nächsten Monaten folgende Broschüre kann bestellt werden bei: von Gedichten der Fulbe. Die Kurse an: DEZA,WTO/UNCTAD/Ernähru klassischen Viehhirten des Sahels 29.11. - 2.12. Korruption und ngssicherheit, 3003 Bern, Tel. 031 pflegen eine reiche, aber noch Korruptionskontrolle in 324 01 64, Fax 031 324 16 92. wenig dokumentierte Literatur. Entwicklungsländern Sie ist in deutscher, französischer und weitgehend unbekannter Grössen Besungen werden die zentralen 10. 1. - 12. 1. Förderung von italienischer Sprache erhältlich. wie Esma Redzepova, La Macanita, Elemente der Fulbe: der Fluss, «Good Governance» in EL aus Gabi Lunca oder Mitsou. die Erde, das Dorf, die Kuh, kultureller, politischer und Preziosen für Ohr und Seele World Network: Peru; Azerbaijan; der Wind. geschichtlicher Perspektive (gnt) Wahre Perlenketten sind die Armenia; Gipsy Queens; Road of the Bernard Descamps (photographies): 24. 1. - 26. 1. Lokales Wissen in Editionen des deutschen Platten- Gypsies; Sufi Soul; Nusrat Fateh Ali Le don du fleuve. Poèmes Peuls der Entwicklungszusammenarbeit verlags World Network. Die Khan u.a.m. (Vertrieb Schweiz: cod-

recueillis et présentés par Christiane 27. 1. - 28. 1. Knowledge Musik Firma veröffentlicht seit sieben tuxedo). Seydou. Filigranes Éditions 1998. Management in Entwicklungs- Jahren das Beste an zeitgenös- organisationen sischer Volksmusik (aber nicht Durch Mali fliesst der Blues Keïta! Das Erbe des Griot 7. 2. - 10. 2. Multikriterien- Popmusik!) aus all den wunder- (gnt) Mali macht immer lauter (bf) Ein alter Griot möchte verfahren in der Ex-Ante- vollen Winkeln des Planeten, die von sich hören – durch seine nochmals seine Kunst ausüben, Evaluation hier keine Schlagzeilen machen. quicklebendige Musikszene. bevor er stirbt. Als Erzähler seines 27.3. – 31.3. Einführung in die Liebevoll aufgenommen und Die neueren Veröffentlichungen Stamms war es seine Aufgabe, die Planung von Projekten und kommentiert können wir dem brillieren im Gegensatz zu ihren Geschichte seines Volkes und jeder Programmen geheimnisvollen Duduk-Flöten- Vorläufern von Weltruhm wie Familie im Gedächtnis zu Auskunft und Anmeldeunterlagen: spiel eines Djivan Gasparian aus oder Oumou Sangaré bewahren und an die Nachfahren NADEL-Sekretariat, ETH Zentrum, Armenien zuhören. Oder uns statt mit elektrisierendem Pop, weiterzugeben. Darum reist er in 8092 Zürich, Tel. 01 632 42 40 in die Samstagabendstimmung in mit hypnotisch schleppenden, die Stadt und erzählt seinem Enkel Anmeldeschluss: 1 Monat vor Beginn einem Dorf in Peru, Aserbaidschan zirkulären Rhythmen. Zu Songs, Mambo Keïta von der Herkunft des betreffenden Kurses. oder Sansibar entführen lassen. die am Ufer des trägen, Leben und Geschichte seines Namens. Besondere Preziosen für Sammler spendenden Flusses Niger Er erzählt das Epos von Sundjata Für eine Welt ohne Hunger globaler Dorfmusiken sind die entstanden, über den die Schiffer Keïta, dem sagenumwobenen (vuc) Obschon genügend Doppelalben des Network. Etwa ihre Fähren rudern (Afel Bocoum), Begründer des Mandingue- Nahrungsmittel produziert die Sammlung von Hommagen in der Hitze eines Dorfes, wo Reiches und Sohn der buckligen werden, sind über 800 Millionen an den 1998 verstorbenen Nusrat wöchentlich vier Autos für

Film Büffelfrau. Mambo Keïta ist derart Menschen, fast 15 Prozent der Fateh Ali Khan, Meister der Unruhe sorgen (Ali Farka Touré). fasziniert, dass er anfängt, die Weltbevölkerung, unterernährt: mystischerotischen Qawwali- Der Blues eines einsamen Städters Schule zu schwänzen, nur um Hunger ist eine direkte Folge von Musik aus Pakistan. zwischen Wahn und Genie, Issa seinem Grossvater zuhören zu Armut. Das jüngste Bijou der Reihe setzt Bagayogo, wo Samples und Loops können – sehr zum Missfallen Die internationale Gemeinschaft augenzwinkernd den Gipsy Kings im Studio das Lauteninstrument seiner Eltern. Tradition und hat am Welternährungsgipfel von die «Gipsy Queens» entgegen: «Kamelen Goni» durchdringen. kulturelles Erbe stehen in Konflikt Rom 1996 einen Aktionsplan zur Atemberaubende, knisternde, Oder die Zeugnisse des ehrbaren zur modernen Lebensweise. Bekämpfung des Hungers und schweisstreibende Zigeunerlieder Ex-Fussballstars und «Chuck Berry Verleih/Verkauf: ZOOM, seiner Ursachen verabschiedet. aus dem Balkan und Andalusien. von Bamako», Boubacar Traoré Tel. 01 432 46 60, Die Publikation «Für eine Welt Mit den so erhabenen wie und der Begegnung zweier [email protected] ohne Hunger» stellt die sieben leidenschaftlichen Stimmen bei uns charismatischer Meister: Taj Bildung und Entwicklung, konkreten Verpflichtungen des Mahal, Bluescruiser aus Missouri Tel. 031 389 20 21, Aktionsplans von Rom vor, der und Toumani Diabaté, vollendeter [email protected] zum Ziel hat, die Zahl der Koraspieler aus Mali. Information und Beratung: unterernährten Menschen bis ins Ali Farka Touré: Niafunké; Afel Fachstelle «Filme für eine Welt», Jahr 2015 mindestens zu halbieren. Bocoum: Alkibar (World Circuit / Tel. 031 398 20 88, Die Broschüre wurde von der Rec Rec) Issa Bagayogo: Sya (Cobalt [email protected] DEZA zusammen mit dem / RecRec); Taj Mahal & Toumani Bundesamt für Landwirtschaft Diabaté: Kulanjan (Hannibal / cod- (BLW) herausgegeben. Anhand tuxedo). Boubacar Traoré: Maciré von Beispielen zeigt sie, wie die (Indigo / RecRec). Kulturentwicklung ums Burkina Faso, welche Folgen Mystischer Gesang Mittelmeer Kulturgüterraub für ein Volk haben Ustad Gulam Hassan Shagan ist 67 Pyramiden kennen wir alle. kann. Ausserdem findet ein Forum Jahre alt, wohnt in Lahore, Pakistan, Was aber war bei uns in Europa los, mit aus- und inländischen Beteiligten und ist das grosse Aushängeschild der Agendaals in Ägypten diese gewaltigen statt. prestigeträchtigen Gesangsschule von Bauten entstanden? Wir sassen auch Bis 5. März 2000 im Museum Schwab, Gwalior in Nordindien. Die Schule nicht mehr auf den Bäumen. Die Seevorstadt 50, 2502 Biel besteht bereits seit dem 16. neue Dauerausstellung «Pyramiden Veranstaltungskalender des Forums über Jahrhundert und ist seit jeher der und Pfahlbauten: 3000 Jahre Tel. 032 322 76 03 oder mystischen und meditativen Musik Kulturentwicklung rund ums www.bielstar.ch/culture/musee. verpflichtet ist. Obwohl Ustad Mittelmeer» wagt Ungewohntes: Gulam Hassan Shagan in seiner Sie setzt die Schriftkultur des Alten Musik aus Afghanistan Heimat als grosser Meister verehrt Ägypten und schriftlose Kulturen Das «Ensemble Kaboul» widmet sich wird, die Schönheit seiner Stimme von der Ukraine bis zu den ganz der traditionellen Musik aus nach wie vor ungebrochen ist, ist er schweizerischen Seen, von Apulien Afghanistan. In seinem Repertoire noch kaum ausserhalb seiner Heimat bis Basel zueinander in Beziehung. finden sich Liebeslieder genauso wie aufgetreten. In Genf tritt er mit Zahlreiche Objekte werden erstmals Hochzeitslieder und virtuose seinem Sohn, der ebenfalls singt, der Öffentlichkeit gezeigt: Der 1998 instrumentale Stücke. Stars des sowie zwei Perkussionisten auf. gefundene, um 100 000 Jahre alte Konzerts sind zwei hervorragende, 18. Februar 2000 in der Cité Bleue in Faustkeil von Bettingen, ein international anerkannte Genf

Bronzeschwert aus Hüningen, ein Simon Haller Perkussionisten: Der in London 5000jähriges Tonwägelchen aus Schweiz massgeblich beteiligt. Mit lebende Tabla-Spieler Yossof Syrien und vieles mehr. der Ratifizierung der UNESCO- Mahmood sowie Ustad Malang Museum der Kulturen in Basel. Konvention verpflichtet sich die Nadjrabi. Der unbestrittene König Schweiz, ihre eigene Kultur zu der Zerbaghali-Trommel und Kulturraub schützen und den illegalen Import Lichtgestalt der afghanischen Musik Raubgrabungen, Plünderungen und und Export von Kulturgütern reist speziell für das Konzert aus illegaler Handel mit Kulturgut haben einzudämmen. Das Museum Schwab seiner pakistanischen Heimatstadt in den letzten Jahrzehnten weltweit in Biel hat aus aktuellem Anlass mit Peshawar an. ein dramatisches Ausmass verschiedenen Partnern eine 3. Dezember in der Cité Bleue in Genf angenommen. Der Raub von Sakral- spannende Ausstellung zusammen- und Kultobjekten hat oft fatale gestellt. Die Ausstellung «Ohne Folgen. Am illegalen Handel mit Masken sind wir wie ein Baum ohne diesen begehrten Objekten ist die Wurzeln» zeigt am Beispiel von

«Schweiz Global», das Magazin des mit dem Thema «Nach dem Krieg in Departements für auswärtige Kosovo» befassen. Angelegenheiten (EDA), stellt aktuelle Themen der schweizerischen Gratisabonnemente können bestellt Aussenpolitik vor. Es erscheint vier- bis werden bei: fünfmal jährlich in Deutsch, Französisch «Schweiz global» und Italienisch. c/o Schaer Thun AG Industriestrasse 12 Dossierthema der Doppelnummer 4/5 3661 Uetendorf von Ende Oktober ist «Die Schweiz in Brüssel», Heft 1/2000 (erscheint Mitte oder über e-mail Januar) wird sich schwerpunktmässig ([email protected])

Impressum «Eine Welt» erscheint viermal jährlich in deutscher, französischer und italienischer Sprache. «Eine Welt» Herausgeberin Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) Bestellcoupon und Adressänderung des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA). • Ich möchte «Eine Welt» abonnieren. Das Magazin der DEZA ist gratis und erscheint viermal jährlich in Deutsch, Französisch und Italienisch. Ich möchte folgende Anzahl Exemplare: ...... in Deutsch, ...... in Französisch, ...... in Italienisch.

Redaktionskomitee Toni Linder (verantwortlich) Catherine Vuffray (vuc) • Ich wünsche weitere Gratisexemplare der Nummer vier von «Eine Welt» und zwar: Andreas Stuber (sbs) Sarah Grosjean (gjs) Reinhard Voegele (vor) Stefan Kaspar (kst) ...... Ex. in Deutsch, ...... Ex. in Französisch, ..... Ex. in Italienisch. Gabriella Spirli (sgb) Beat Felber (bf) Redaktionelle Mitarbeit Beat Felber (bf – Produktion) • Meine neue Adresse lautet Gabriela Neuhaus (gn) Maria Roselli (mr) Jane-Lise Schneeberger (jls) Gestaltung (Bitte in Blockschrift) Laurent Cocchi, Lausanne Name und Vorname: Lithografie City Comp SA, Morges Druck Vogt-Schild / Habegger AG, Solothurn Wiedergabe Ev. Organisation/Institution: Die Wiedergabe von Artikeln, auch auszugsweise, ist unter Angabe der Quelle erlaubt. Ein Belegsexemplar an die Herausgeberin ist erwünscht. Adresse: Abonnemente «Eine Welt» ist gratis erhältlich bei: DEZA, Sektion Medien und Kommunikation, 3003 Bern, Postleitzahl, Ort: Tel. 031 322 34 40 Fax 031 324 13 48 E-mail: [email protected] Bei Adressänderungen legen Sie bitte die alte Adressetikette bei! 39785 Umschlag Magnum/Steven Mc Curry Senden Sie den Coupon an: DEZA, Sektion Medien und Kommunikation, 3003 Bern

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