Marco Streller: «Wir Wissen Auch in Der Nati, Wo Das Tor Steht»
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6 | FUSSBALL SportWoche Marco Streller: «Wir wissen auch in der Nati, wo das Tor steht» «Heute bin ich deÿ nitiv erwachsener und reifer», sagt Marco Streller, Stürmer des FC Basel und der Nationalmannschaft. FOTOS: Melanie Duchene sw_06_09_Nati_Fussball_4010.indd 6 06.10.10 11:25 7. Oktober 2010 NATIONALMANNSCHAFT | 7 Beim FC Basel ist Marco Streller zum Führungsspieler gereift. Wegen Verletzungen kam der Stürmer in den letzten zwei Jahren aber nur zu vier Länderspielen. Die letzten Tore für die Nati erzielte er vor drei Jahren. Streller ist zuversichtlich, dass Schweizer Spieler gegen Montenegro und Wales treffen werden. INTERVIEW: Eva Tedesco Marco Streller, von Formel-1- «Das ist sein Geheimnis und das Piloten sagt man, dass jedes macht ihn wohl auch so erfolgreich. Kind sie zehn Prozent langsa- Aber vereinfacht ausgedrückt: Fuss- mer macht. Sie scheint ein Kind ball spielen verlernt man ja nicht ein- eher zu befl ügeln. fach von einer Saison auf die andere. Marco Streller: «Mein zweijähriger Er hat mir klar gemacht, dass Fussball Sohn befl ügelt mich tatsächlich. Er ist vor allem auch eine Kopfsache ist. Im das Beste, was mir das Leben schenken letzten halben Jahr unter Christian konnte. Es ist nicht einfach so daher- Gross ist es mir irgendwie nicht gelau- gesagt: Zu Hause kann ich abschalten, fen. Ich habe oft gehadert und gezwei- er bringt mich auf andere Gedanken felt. Ich habe einen Input gebraucht und ich fi nde bei meiner Familie Kraft – und zwischen Christian und mir hat und Ruhe. Letzten Sonntag war er zum die Chemie sofort gepasst.» ersten Mal nach dem Spiel mit mir in der Kabine und auf dem Platz. Da Als junger Spieler haben Sie im- hat er ein bisschen realisiert, was mer gesagt, dass Sie neben dem der Papa arbeitet. Das war ein unbe- Fussball auch leben wollen. schreiblich schönes Gefühl.» Partys und Feiern waren Sie nicht abgeneigt. Hat der Men- taltrainer Sie eines Besseren «Mein zweijähriger belehren müssen? «Sie haben recht, das habe ich ge- Sohn be† ügelt sagt. Christian, aber auch die Geburt Marco Streller gegen den Engländer Glen Johnson. FOTO: Andy Müller mich tatsächlich» meines Sohnes, haben mich diesbe- züglich sicher verändert. Als junger leider so. Mit solchen – ich sage jetzt heisst es, dass der ehemalige Spieler und Shootingstar, wie man einfach mal – Hetzkampagnen umzu- Bayern-Spieler den FCB mit Im Dezember erwarten Ihre mich immer wieder betitelte, spielt gehen, ist nicht einfach. Ich habe im- dem Bayern-Gen angesteckt hat. Frau Desirée und Sie den zwei- man einfach und macht sich keine mer versucht, korrekt zu bleiben und Man spürt auch bei Ihnen, dass ten Sprössling. Werden Sie Gedanken über solche Dinge. Manch- habe nie abfällige Gesten gegenüber Sie infi ziert worden sind. dann noch besser? mal ging es gut und dann gab es halt Gegnern oder Fans gemacht und nie- «Das ist sicher so. Auch Christian (lacht) «Das wäre super, oder? Aber wieder eine schwierige Phase. So ein manden mutwillig verletzt. Ich bin aber Gross hatte diese Winnermentali- es stimmt, im Dezember kommt tat- Rücktritt (nach Pfi ffen der Zuschau- keine Maschine, sondern ein Mensch.» tät, aber Thorsten Fink fasziniert sächlich unser zweites Kind. Wir er während eines Länderspiels in auf seine Art. Zum Beispiel lässt er freuen uns sehr darauf. Ob ich besser St. Gallen, die Redaktion) würde mir Jammern über die Doppelbelas- werde, weiss ich nicht.» heute nicht mehr passieren. Damals «Sensibilität kann tung Meisterschaft und Champions war ich wahnsinnig emotional und League nicht gelten. Er lässt uns Vor eineinhalb Jahren hatten habe das Herz auf der Zunge getra- aber auch verstehen, dass die Doppelbelastung Sie unter Christian Gross eine gen. Ich musste erst lernen, dass positiv sein» geil ist, denn jeder Fussballer spielt schwierige Rückrunde. Unge- es nicht um den Privatmenschen lieber jeden dritten Tag, als nur fähr zu dieser Zeit haben Sie Streller, sondern um den Fussballer zu trainieren. Er geht sehr respekt- sich an einen Mentaltrainer ge- Streller ging. Heute bin ich defi ni- Nach dem von Ihnen angespro- voll um mit den Spielern und ist wandt. Wie gross war sein Ein- tiv erwachsener und reifer und kann chenen Rücktritt wurde Ihnen auch sehr menschlich.» fl uss auf Ihren Reifeprozess? solche Dinge sehr wohl trennen.» vorgeworfen, Sie seinen ein «Ich kenne Christian Marcolli noch Weichei und ein Sensibelchen. Auch Ottmar Hitzfeld ist ein von meiner Zeit beim FC Aesch. Ich Sie haben im Laufe Ihrer Kar- «Ich war bestimmt nicht zu sensi- Trainer mit Bayern-Vergangen- habe mich bei verschiedenen Sport- riere immer wieder polarisiert. bel. Aber wie gesagt, der Rücktritt heit. Gibt es grosse Unterschie- lern umgehört und ihm dann eine SMS Haben Sie mit dem Neid, der vor laufender Kamera war sicher de zwischen ihm und Fink? geschickt, ich würde gerne mit ihm einfach zu Ihrem Beruf zu gehö- nicht optimal. Sensibilität kann aber «Beide Trainer haben ein offenes Kontakt aufnehmen. Ich schätze seine ren scheint, sehr zu kämpfen? auch positiv sein.» Ohr für die Spieler und einen sehr Arbeit sehr. Christian hat eine Gabe, menschlichen Umgang. Bei Ottmar Sportler dazu zu bringen, sich auf ihre Wie meinen Sie das? Hitzfeld kommt der immense Erfolg Aufgabe zu fokussieren, die einzigartig «Der Rücktritt vor «Ich realisiere zum Beispiel schlech- dazu, den er aus der Vergangenheit ist. Er hat mich gelehrt, dass es einen te Stimmung oder Spannungen vorzuweisen hat. Aber jeder Trainer privaten Marco Streller und einen laufender Kamera in der Kabine sehr schnell. Auch hat seinen eigenen Stil. Wichtig ist: Marco Streller gibt, der in der Öffent- war nicht optimal» wenn zwei Kollegen Probleme mit- Jeder Spieler braucht das Vertrau- lichkeit steht und wie ich damit um- einander haben, spüre ich das rasch en des Trainers, um seine Leistung gehen muss. Das klingt einfacher als und kann dann versuchen, zwischen zu bringen – und sowohl Fink als es war. Heute verbindet uns zudem «Die positiven Dinge sind überall den beiden zu vermitteln.» auch Hitzfeld lassen ihre Spieler eine wunderbare Freundschaft.» schnell vergessen. Die negativen blei- dieses Vertrauen spüren.» ben lange, wenn nicht für immer haf- Zu Ihren Förderern gehört auch Wie setzt er diese Gabe um? ten. Das ist in unserer Gesellschaft Thorsten Fink. Landauf, landab WEITER SEITE 8 sw_06_09_Nati_Fussball_4010.indd 7 06.10.10 11:25 8 | FUSSBALL SportWoche Marco Streller. FOTO: Duchene Wenn einer eine Reise tut ... Fussballer sind sorglos Fussballer, die bloss mit einem Kul- turbeutel unterm Arm ins Stadion schlendern – spätestens seit Oliver Kahn sind diese Bilder bei den Fans präsent. Wie auch jene von Kickern, die mit Kopfhörern – so gross wie Pelzohrenschützer in der Arktis – aus einem Bus klettern. Fussballer reisen sorglos. Denn im Hintergrund arbeitet ein Heer von Helfern, das den Kickern alles abnimmt. Ebneter koordiniert Er plant, koordiniert, organisiert, telefoniert und ist immer dabei: Philipp Ebneter ist der Cheforganisa- tor der SFV-Delegation. Logistik ist seit Januar 2000 die Hauptaufgabe des Team-Managers. Ebneter kämpft sich für die A-Nati-Delegation durch Reiserouten, Flugpläne und Hotel- angebote. Sobald er das definiti- ve Aufgebot kennt, organisiert der Berner die Hin- und Rückreisen sämtlicher Spieler – logistische Bra- vourstücke mit teils 20 und mehr individuellen Reiserouten. «Basel-Block kann Vorteil sein» Autos werden disloziert Themenwechsel: In den «Wir sind ein eingespieltes Duo, er wieder fit ist, Valon Behrami, Eren Mit den Baslern Frei, Streller, Sha- letzten elf Spielen hat die aber in der Nationalmannschaft Derdiyok und andere. Was Xherdan qiri und Stocker hat Ebneter dieses Schweiz nur fünf Tore er- haben wir unter Trainer Ottmar Shaqiri und Valentin Stocker können, Mal nicht viel zu tun. Auch die Berner zielt. In der Liga treffen die Nati- Hitzfeld noch nie zusammen ge- wissen inzwischen auch alle.» Stürmer aber am Laufmeter. spielt. Ich weiss nicht, wie sich der Wieso nicht auch im Nati-Trikot? Trainer entscheiden wird.» Auch die defensiven Qualitä- «Ich halte nichts von Begriffen wie ten der Nati sind bekannt. Aber Sturmflaute und davon, dass man auf Hitzfeld hat in der SportWoche mit dem Umschalten in die einzelne Mannschaftsteile losgeht. gesagt, dass er sich einen Basel- Offensive und dem Spiel aus Stürmer müssen auch mit Bällen Block in Form wünscht. Neben dem Mittelfeld heraus haperts. gefüttert werden. Fakt ist aber, dass Ihnen und Frei sind auch Valen- Wie will man dieses Problem jeder Einzelne noch mehr machen kurzfristig beheben? muss. Schauen Sie, die Spieler treffen «Die Voraussetzungen stimmen in ihren Klubs alle. Derzeit ist keiner «Auch Messi kommt – und das ist schon mal gut. Wir ausser Form. Wir wissen also, wo das müssen gegen Montenegro keinen Tor steht, und ich bin sicher, dass eher von der Seite Schönheitspreis gewinnen, sondern schon gegen Montenegro am Freitag als durchs Zentrum» punkten. Egal, wenn man das mit ei- einer dieser Spieler trifft.» nem potthässlichen Treffer schafft, wenn man den Ball über die Linie Alex Frei wartet seit einem Jahr tin Stocker und Xherdan Shaqi- wurschtelt. Im modernen Fussball auf sein 41. Tor für die Schweiz. ri im Aufgebot. Sehen Sie den existiert die Position des Zehners, Sie haben zuletzt vor drei Jah- Vorteil eines Basel-Blocks? der die Stürmer füttert, nicht mehr. ren in einem Länderspiel getrof- «Es kann ein Vorteil sein. Wir kennen Heute sind es meist zwei kampf- fen. Beunruhigt Sie das? uns und arbeiten täglich miteinander. starke Sechser, die diese Aufgabe «Nein. Denn wie gesagt, beim FCB Die Automatismen sind eingespielt, übernehmen. Die meisten Spiele läuft es ja nicht schlecht. Und wir wis- und wir sind dank der internatio- entscheiden heute starke Flügelspie- sen auch in der Nati, wo das Tor steht.» nalen Spiele in einem guten Rhyth- ler wie Robben und Ribéry. Auch mus. Man kennt aus Deutschland Messi kommt eher von der Seite Werden Sie in Podgorica spielen? den Bayern-Block in der National- als durchs Zentrum.