Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb

Stand: 07/2010

Blick über den Bearbeitung:

Gerhard Schneider, Daniel Zippert Karl Kuhbandner Forstbetrieb Waldsassen Naturschutzbeauftragter Nordost Egerer Str. 30a Bayerische Staatsforsten (Zentrale) 95652 Waldsassen Tillystr. 2 93053 Regensburg Hinweis

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Zusammenfassung ...... 4

2 Allgemeines zum Forstbetrieb Waldsassen ...... 8 2.1 Naturraum...... 8 2.2 Geschichte ...... 10 2.3 Waldzusammensetzung und natürliche Vegetation ...... 12 2.4 Ziele der Waldbewirtschaftung ...... 14

3 Naturschutzfachlicher Teil ...... 16 3.1 Schutz alter Waldbestände ...... 16 3.1.1 Alte naturnahe und seltene Waldbestände (Klasse-1-Bestände) ...... 18 3.1.2 Ältere naturnahe Waldbestände (Klasse-2-Bestände) ...... 20 3.1.3 Jüngere Waldbestände (Klasse-3-Bestände) ...... 21 3.1.4 Übrige Waldbestände (Klasse-4-Bestände) ...... 22 3.2 Management von Biotopbäumen und Totholz ...... 24 3.2.1 Biotopbäume ...... 24 3.2.2 Totholz ...... 25 3.2.3 Betriebliche Umsetzung des Biotopbaum- und Totholzkonzeptes ...... 29 3.2.4 Aufklärung der Bevölkerung ...... 29 3.3 Naturschutz bei der Waldnutzung ...... 30 3.4 Schutz der Gewässer, Moore und Quellen sowie von Wäldern auf Feuchtstandorten ...... 34 3.4.1 Fließgewässer ...... 34 3.4.2 Moorwälder und Sumpfwälder ...... 36 3.4.3 Moore ...... 38 3.4.4 Seen, Teiche und Waldtümpel ...... 40 3.4.5 Waldquellen ...... 41 3.4.6 Bundesnaturschutzgroßprojekt „Waldnaabaue“ ...... 44

4 Gebietsschutz ...... 48 4.1 Natura 2000 ...... 48 4.2 Naturschutzgebiete ...... 54 4.3 Naturwaldreservate ...... 55 4.4 Landschaftsschutzgebiete ...... 58 4.5 Naturparke ...... 59

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5 Artenschutz ...... 60 5.1 Säugetiere ...... 60 5.2 Vögel ...... 62 5.3 Insekten ...... 66 5.4 Amphibien / Reptilien ...... 69 5.5 Sonstige Arten ...... 71

6 Biotopschutz ...... 73 6.1 Waldbiotope ...... 73 6.2 Offenlandbiotope ...... 75 6.2.1 Extensiv genutzte Flächen ...... 76 6.2.2 Feuchtgrünland ...... 77 6.2.3 Gewässer ...... 78 6.2.4 Moore ...... 79 6.2.5 Potentielle Sukzessionsflächen ...... 80 6.2.6 Trockenflächen ...... 82 6.2.7 Geotope...... 82

7 Kooperationen und Öffentlichkeitsarbeit ...... 84 7.1 Zusammenarbeit ...... 84 7.2 Öffentlichkeitsarbeit ...... 85

8 Interne Umsetzung ...... 86 IMPRESSUM ...... 92

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1 Zusammenfassung

Im Zuge ihres Nachhaltigkeitskonzepts haben die Bayerischen Staatsforsten bereits Ziele für den Naturschutz im Wald festgelegt. Die Naturschutzkonzeption enthält detaillierte Aussagen zum Natur- und Artenschutz in den Staatswäldern des Freistaats Bayern und wurde als 10- Punkte-Programm veröffentlicht. Im regionalen Naturschutzkonzept werden diese Vorgaben auf Forstbetriebsebene in konkrete Handlungsanweisungen gefasst und regionale Besonderheiten des Naturschutzes herausgearbeitet und berücksichtigt.

Das vorliegende regionale Naturschutzkonzept wurde in enger Absprache mit der Forsteinrichtung im Jahr 2009 erstellt. Die im Konzept hinterlegten Daten und Fakten sind mit der Forsteinrichtung und dem regionalen Naturschutzbeauftragten, Herrn Kuhbandner, intensiv besprochen worden.

Der Forstbetrieb Waldsassen liegt mit einer Fläche von knapp 23.000 ha in den Wuchs- bezirken 10.1 Mitterteicher Basaltgebiet, 10.2/1 Waldsassener Schiefergebiet, 10.2/2 Wie- sauer Senke, 10.3 Vorderer Oberpfälzer Wald, 10.4 Innerer Oberpfälzer Wald sowie den Wuchsbezirken 8.4 Brand Neusorger Becken und 8.5 Steinwald.

Die Waldgeschichte hat im Laufe der Jahrhunderte zu einem großflächigen Bestockungs- wandel hin zu Nadelholz dominierten Waldbeständen geführt. Diese Entwicklung konnte in den letzten 30 Jahren nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt werden.

Die Basis für nahezu alle forstbetrieblichen Arbeiten sind die Grundsätze der naturnahen Waldbewirtschaftung. Sie ermöglicht in sehr vielen Fällen ein Miteinander von Forstwirtschaft und Naturschutz.

Im Herzen des Forstbetriebs Waldsassen liegt die Tirschenreuther Teichpfanne, ein ca. 3.000 Teiche umfassendes Seengebiet. Diese Teich- und Flusslandschaft ist aus gesamtdeutscher Sicht einzigartig und daher besonders erhaltenswert. Dies ist auch mit aktiven Pflegemaßnahmen verbunden. Daher hat die Bundesrepublik Deutschland dieses Areal mit einer Größe von ca. 3.200 ha (davon ca. 1.600 ha Kerngebiet) als Bundesnatur- schutzgroßprojekt „Waldnaabaue“ ausgewiesen. Davon liegen 1.500 ha Staatswald- flächen im Verantwortungsbereich des Forstbetriebes Waldsassen.

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Abb. 1: Lage und Revieraufteilung des Forstbetriebs Waldsassen

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Abb. 2: Topografische Übersichtskarte mit Wuchsbezirken und den natürlichen Waldgesellschaften am Forstbetrieb Waldsassen

Neben diesen standörtlichen Besonderheiten werden durch einen integrierten Schutzansatz mit dem Erhalt von alten Waldbeständen sowie mit einem Biotopbaum- und Totholzkonzept die Ansprüche des Artenschutzes sowie die Sicherung der Artenvielfalt zielführend abgedeckt. Darüber hinaus sind besonders wertvolle Flächen komplett oder weitestgehend aus der forstlichen Nutzung genommen.

Waldbestände auf Sonderstandorten (Feucht-, Trockengebiete) wurden erfasst und erfahren eine besonders angepasste Waldbehandlung.

Offenlandflächen werden weiterhin ihrem Schutzzweck entsprechend gepflegt und entgegen der natürlichen Sukzession von Wald frei gehalten.

Auf nennenswerten Flächen haben somit naturschutzfachliche Ziele eine besondere Bedeutung.

Dieses für den Forstbetrieb Waldsassen sehr anspruchsvolle Naturschutzprogramm wird hinsichtlich seiner Schutzziele konsequent verfolgt: Es erfolgt in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden, mit denen vertrauensvoll und konstruktiv zusammengearbeitet wird.

Zu den regionalen Gruppen der Naturschutzverbände, dem amtlichen Naturschutz, der Forstverwaltung und der Wissenschaft bestehen sehr gute Verbindungen. Die projektbezogene Zusammenarbeit soll hier auch in Zukunft fortgesetzt werden.

Auf Revierebene wurden Naturschutzmaßnahmen für die nächsten Jahre erarbeitet, die in Zusammenarbeit und enger Abstimmung mit Partnern und beteiligten Behörden umgesetzt werden sollen.

Abb. 3: Außentermin mit Politik, Behörden und Verbänden (ZIPPERT )

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2 Allgemeines zum Forstbetrieb Waldsassen

2.1 Naturraum

Der Forstbetrieb Waldsassen erstreckt sich über zwei Wuchsgebiete mit sechs Wuchs- bezirken. Daher sind in den Wäldern eine Vielzahl von naturschutzfachlichen und regionalen Besonderheiten enthalten. Trotz der Vielzahl von Wuchsbezirken ist der Forstbetrieb relativ kompakt aufgestellt. Die Ausdehnung reicht von der tschechischen Landesgrenze im Osten bis an den Fuß des Fichtelgebirges im Westen und von Schirnding im Norden bis nach Windischeschenbach im Süden.

Die Höhenlage dieser Waldungen reicht von 470 m ü. NN bis 946 m ü. NN auf der Platte im Steinwald (Oberpfalzturm).

Abb. 4: Blick vom Oberpfalzturm (SCHNEIDER )

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Abb. 5: Winter am Bärnauer Grenzlandturm (GRÜNER )

Der kühl-subkontinentale Charakter beschert der Region meist lange strenge Winter mit kalten und trockenen Ostwinden. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei ca. 6° C. Die Jahresniederschläge liegen zwischen 600 und 1.200 mm.

Geologisch ist der Großteil der Forstbetriebsfläche geprägt durch das ostbayerische Grundgebirge zwischen Saxothuringikum und Moldanubikum. Eine Vielzahl von Ausgangsgesteinen ist für die verschiedenen Bodenbildungen verantwortlich: Granite, Gneise, Glimmerschiefer, Phyllit, Tonschiefer und sowie tertiäre Sande mit Kaolinbändern. Alles in allem handelt es sich um ein meist saures Ausgangsgestein mit relativ geringem Nährstoffangebot (außer im Basaltgebiet).

Die forstbetrieblichen Unterlagen zur Standorterkundung ergeben für den Staatswald folgende Ergebnisse:

• Knapp 2/3 der Standorte sind für die Waldbewirtschaftung als unproblematisch zu bezeichnen.

• Ca. 9 % der Standorte sind als feucht oder nass kartiert. Eine geregelte Forst- wirtschaft ist auf diesen Flächen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

• Knapp 1/3 der Betriebsfläche nehmen Standorte ein, die schwerpunktmäßig auf führende Laubholzbestände umgebaut werden sollen.

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Abb. 6: Nassstandort im Steinwald mit einer durch einen Biber gefällter Birke (SCHÖDEL )

2.2 Geschichte

Die Besiedlungsgeschichte der nördlichen Oberpfalz sowie des angrenzenden Oberfrankens wird derzeit neu geschrieben. So haben Funde aus der Mittel- und Jungsteinzeit (vor ca. 6.000 Jahren) belegt, dass dieses Gebiet schon damals als Durchzugs- und Siedlungsgebiet genutzt wurde. Eine erste urkundliche Erwähnung liegt für den Kemnather Raum aus dem Jahr 1008 vor. Die Region um Waldsassen kam im Jahr 1133 durch die Klostergründung mit urkundlichen Aufzeichnungen dazu.

Die Siedlungs- und Rodungstätigkeit ging in der Folgezeit fast ausschließlich vom Kloster Waldsassen aus. Die Grenzlage zwischen Bayern und Böhmen bescherte dieser Region im 14. und 15. Jahrhundert häufige Wechsel in der Zugehörigkeit zu Böhmen oder Bayern. Um das Jahr 1560 kam es schließlich zur gänzlichen Schließung des Klosters Waldsassen und zur Vertreibung der verbliebenen Mönche, die an ihrem Glauben festhielten. Hussitenkriege und Bauernaufstände haben das Stiftland nachhaltig geschädigt. Erst Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte der Klosterbesitz wieder in bayerische Oberhoheit und führte zur Rückgabe des Klosterbesitzes an den Zisterzienserorden.

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Abb. 7: Kloster Waldsassen (Basilika) (ARCHIV FB WALDSASSEN )

Die Menschen im Stiftland waren fast vollständig davon abhängig, was ihnen das Kloster zum Lebensunterhalt sowie zum Betreiben von Haus- und Feldwirtschaft zugestand (z. B. Rechtholz).

Im 13. und 14. Jahrhundert erreichten die Eisenerzverhüttung sowie die Begründung von Hammerwerken in der Oberpfalz ihre Blütezeit. Die Folgen für den Wald waren gravierend. Zur Weiterverarbeitung der Erze wurden erhebliche Mengen Holz, Holzkohle, Pottasche und selbstverständlich auch Bauholz benötigt. Zur damaligen Zeit erfolgte die Nutzung in den Wäldern ohne gesetzliche Reglementierung bzw. hoheitliche Vorgaben, was zu einer starken Übernutzung der Ressource Holz führte. Dabei wurde wohl doppelt so viel Holz (i. d. R. im Kahlschlagverfahren im Alter 50 bis 60 Jahre) genutzt wie nachwuchs. Der Zustand der Wälder verschlechterte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Damit ging auch eine deutliche Verarmung der Arten im Wald einher, insbesondere bei den Baumarten. Wo vorher gemischte Wälder aus Kiefer, Fichte, Tanne, Buche, Eiche und Linde vorhanden waren, befanden sich nun weitestgehend reine Kiefern- bzw. Fichtenwälder, die sich zunächst

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überwiegend natürlich verjüngten und bis zur heutigen Zeit auch ihre Nadelholzdominanz nicht mehr verloren haben.

Mit der Stallviehhaltung ab dem 18. Jahrhundert wurde eine intensive Streunutzung in den Wäldern des Stiftlandes praktiziert. Dies führte zu weitreichenden Degradierungen der Waldböden und der Waldverjüngung. Nachdem diese Streunutzungen bis nach dem 2. Weltkrieg anhielten, ist es nicht verwunderlich, dass bis zum heutigen Tag eine Reihe von Standorten im Stiftland immer noch unter den Folgen der damaligen Streunutzung leiden.

Abb. 8: Bauern beim Streurechen um 1950 (QUELLE UNBEKANNT )

2.3 Waldzusammensetzung und natürliche Vegetation

Die Waldflächen des Forstbetriebs Waldsassen sind charakterisiert durch einen im „Buchenland Bayern“ relativ hohen natürlichen Nadelholzanteil.

Im Brand-Neusorger-Becken und im Steinwald würde der Buchenwald in seiner montanen bis hochmontanen Höhenform dominieren. Ein erhöhter Nadelholzanteil ist auch hier festzustellen. In den tieferen Lagen gilt auch die schlankkronige Höhenkiefer als natürliche Komponente.

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Im Oberpfälzer Wald würde der bodensaure Buchenwald in montaner Höhenform vorherrschen. In der kontinental geprägten Wiesauer Senke und den höheren Lagen des Inneren Oberpfälzer Waldes ist ebenfalls wieder eine höhere Nadelholzkomponente festzustellen.

Abb. 9: Bergmischwald in der Nähe von Altmugl (GRÜNER )

Auf vernässten Lehmen stockt Preiselbeer-Fichten-Tannen-Kiefernwald mit Höhenkiefer, in höheren Lagen auf Nassböden ist der Fichten-Schwarzerlen-Sumpfwald vorzufinden.

Eine Besonderheit stellen die nährstoffreichen Standorte des Mitterteicher Basaltgebietes dar. Hier ist ein edellaubholzreicher Waldgersten-Buchenwald mit Tanne die natürliche Bestockung.

Die heutige Waldzusammensetzung ist im Osten und Westen (höhere Lagen) vom Bergmischwald aus Fichte, Buche mit Tanne und Lärche dominiert. Im Zentrum des Forstbetriebes liegen ausgedehnte Nadelwälder, in denen die Kiefer mit teilweise hervorragenden Qualitäten eine wichtige Rolle spielt und auch in Zukunft spielen wird .

Auf den Standorten des Mitterteicher Basaltgebietes sind in der Vergangenheit bereits gewaltige Anstrengungen zur Begründung von Laub-Mischbeständen unternommen worden, die auch in Zukunft fortgesetzt werden.

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2.4 Ziele der Waldbewirtschaftung

Die uns vertrauten Nadelwälder aus Fichte und Kiefer prägen das Landschaftsbild. Um den Weg zur Schaffung von Mischbeständen erfolgreich zu beschreiten, hat es sich der Forstbetrieb Waldsassen für die kommenden 50 Jahren zum Ziel gesetzt, die Laubholz- anteile (mit Tanne) von derzeit 15 % auf ca. 30 % anzuheben. Die Fichte wird dann statt derzeit mit 51 % nur mehr mit ca. 45 % beteiligt sein. Im Zuge des Klimawandels wird die Baumart Kiefer ebenso eine bedeutsame Rolle spielen wie die Baumarten Tanne, Lärche und Douglasie.

Ein weiteres wichtiges forstliches Ziel ist natürlich auch die Versorgung unserer heimischen Sägeindustrie mit dem nachwachsenden und klimaneutralen Rohstoff Holz. Die Ansprüche unserer Gesellschaft an die verschiedenen Aufgaben des Waldes sind natürlich auch bei uns spürbar. Dieser scheinbare Interessenskonflikt zwischen Holzproduktion einerseits und Bewahrung und Verbesserung des Naturschutzes andererseits lässt sich mit unserer konsequent naturnahen Waldbewirtschaftung aber sehr gut lösen.

Abb. 10: Ausgezeichneter Buchenmischwald (G RÜNER )

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Die nachfolgenden Maßnahmen verfolgt der Forstbetrieb Waldsassen, um seine Naturschutzziele bestmöglich zu erreichen:

• Ruhezonen für geschützte Vogelarten (Schwarzstorch, Kranich, Fischadler) mit Einstellung jeglicher Einschlagstätigkeiten (ggf. auch der Jagd, je nach Empfindlichkeit der Art) zur Brut- und Aufzuchtzeit in den Horstbereichen

• Renaturierung bedeutender Moorvorkommen (z. B. Waldnaabaue: kulturhistorische Teiche)

• Wiederherstellung auwaldähnlicher Strukturen an Bachläufen

• Offenhalten von Trocken- und Feuchtstandorten

• Schaffung qualitativ ausreichender Mengen an stehendem und liegendem Totholz (genereller Schutz von Laubhölzern über 80 Jahren in Nadelholzbeständen)

• Entbuschung ehemaliger Steinbrüche und Sandgruben zur Verbesserung des Lebensraumes

• Erhaltung bzw. Aufbau von strukturierten Waldmänteln (mit Innen- und Außensäumen) mit möglichst zahlreichen, verschiedenen Laubhölzern

• Größtmögliche Schonung aller Ressourcen (v. a. Böden und Wasser) bei allen Waldbewirtschaftungsmaßnahmen

• Intensivierung des Waldumbaus (Pflanzung von Buche, Eiche, Edellaubholz, Tanne) und Schaffung von strukturreichen Waldbeständen

• Erhalt und Förderung von Habitaten für viele Waldarten

Abb. 10: Waldnaabtal (SCHNEIDER )

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3 Naturschutzfachlicher Teil

Die Summe aller naturschutzrelevanten Flächen, die bei der Forsteinrichtung im Jahr 2008 am Forstbetrieb Waldsassen erfasst worden sind, beträgt insgesamt 868 ha. Davon entfällt der Löwenanteil, nämlich 648 ha, auf Waldflächen. Bei den übrigen Flächen handelt es sich um Offenlandflächen (220 ha).

Die Kategorien der naturschutzrelevanten Waldflächen bestehen aus 268 ha § 30- Waldbestände und 380 ha naturnahe, meist über 100-jährige Waldbestände. Die einzelnen Klassen wurden wie folgt definiert (Zahlen in Klammern stellen den Flächenumfang der jeweiligen Klasse am Forstbetrieb Waldsassen dar):

• Die Klasse 1 umfasst alte naturnahe und seltene Waldbestände (230 ha), wozu auch unsere Naturwaldreservate gehören.

• Die Klasse 2 umfasst ältere naturnahe Waldbestände (118 ha).

• Bei der Klasse 3 handelt es sich um die jüngeren naturnahen Waldbestände (29 ha) über 100 Jahre.

Die Liste der wichtigsten § 30-Waldbestände wird bestimmt von Block-Hangschuttwäldern und Spirkenfilz/Moorwäldern. Weitere § 30-Waldgesellschaften sind Schluchtwälder, bodensaure Kiefernwälder und gewässerbegleitende Schwarzerlen-Eschen-Wälder.

3.1 Schutz alter Waldbestände

Reste alter Waldbestände und einzelne Altbäume sind die entscheidenden Bindeglieder zwischen dem einstigen Urwald und dem heutigen von Menschen stark beeinflussten Wirtschaftswald.

Als alt gelten am Forstbetrieb Waldassen über 180-jährige Laubwaldbestände, autochthone Fichtenhochlagen- und Bergmischwälder. Diese sind bayernweit selten und gelten als wichtige Spenderflächen für seltene und bedrohte Arten. Ihr Erhalt ist deshalb entscheidend für den Schutz der Waldarten und insbesondere der sogenannten Urwaldreliktarten. Der Schutz dieser alten Bestände ist daher Voraussetzung für die Sicherung der Biodiversität und Garant für die Leistungen, die die Bayerischen Staatsforsten gemäß internationaler Verpflichtung zu erfüllen haben.

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Eine besondere Verantwortung tragen die Bayerischen Staatsforsten für die Bewahrung der Buchenwälder. Bayern liegt im Zentrum dieser in Europa weit verbreiteten Waldgesellschaft und den daran gebundenen Lebensgemeinschaften.

Der Forstbetrieb Waldsassen verfügt mit nur 18 ha alte und naturnahe Bestände und 97,6 ha seltene Waldbestände (Klasse 1) über extrem wenig Flächen in dieser Kategorie. Auch Klasse 2- (118,1 ha) und Klasse-3-Bestände (28,5 ha) sind für einen Forstbetrieb dieser Größe eher bescheiden. Dieser Umstand ist den naturräumlichen Gegebenheiten und den waldbaulichen Möglichkeiten der vergangenen Epochen geschuldet. Der Forstbetrieb wird zukünftig den Anteil dieser naturnahen Flächen durch entsprechendes waldbauliches Vorgehen soweit möglich steigern.

Abb. 11: Einer der wenigen alten, naturnahen Waldbestände (Klasse 1) am Forstbetrieb (ZIPPERT )

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3.1.1 Alte naturnahe und seltene Waldbestände (Klasse-1-Bestände)

Im Forstbetrieb Waldsassen gibt es wenige alte und zahlreiche seltene Waldbestände. Diese besonderen „Schatzkästchen“ werden von den Beschäftigten des Forstbetriebs in besonderer Weise gehütet und gepflegt. Die genannten Bestände sind meist über 180 Jahre alt und stellen nicht nur sehr ansprechende Waldbilder dar, sondern dienen auch als Genreservoir für eine zukünftige Waldgeneration.

Alte Einzelbäume, vor allem Buchen und andere Laubbäume, werden durch Freistellung, das heißt durch Entnahme bedrängender jüngerer Bäume, geschützt und grundsätzlich erhalten (siehe auch Biotopbaumkonzept).

Abb. 12: Durch Freistellung erhaltener Biotopbaum (SCHÖDEL )

Die alten naturnahen Waldbestände erreichen am Forstbetrieb Waldsassen rund 18 ha.

„Seltene Waldbestände“ umfassen knapp 98 ha. Darunter sind in erster Linie unsere sehr alten Kiefernbestände zusammengefasst.

Diese Waldbestände sollen langfristig ihre naturschutzfachliche Substanz erhalten bzw. ausbauen.

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Am Forstbetrieb gibt es zwei Naturwaldreservate mit insgesamt 115 ha Fläche, die ebenfalls zu den Klasse-1-Beständen gehören. Das Naturwaldreservat „ Gitschger “ ist eine absolute Kostbarkeit auf Basaltstandorten mit allen Facetten der Baumartenamplitude sowie einer äußerst differenzierten Altersstruktur. Das Naturwaldreservat „ Gänsnest “ ist ein von Kiefern und Lärchen dominiertes Reservat, welches sich auf armen Standorten (Phyllit) befindet und eine dementsprechende Flora und Fauna repräsentiert. In diesen Naturwaldreservaten findet keine forstliche Nutzung statt, abgesehen von zwingend notwendigen Waldschutz- und Verkehrssicherungsmaßnahmen. Aber selbst bei solchen Maßnahmen bleibt die Holzsubstanz als wichtiges Totholz im Naturwaldreservat erhalten. Die Pflege und Entwicklung dieser Naturwaldreservate geschieht in enger Abstimmung mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.

Als Maßnahmen sind in den Klasse-1-Waldbeständen vorgesehen:

• Grundsätzlich Hiebsruhe • Auf keinen Fall darf durch eine Maßnahme eine Verschlechterung des naturschutzfachlichen Zustands erfolgen

Abb. 13: Naturwaldreservat Gitschger (LIEGL )

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3.1.2 Ältere naturnahe Waldbestände (Klasse-2-Bestände)

Diese Bestandstypen sind am Forstbetrieb Waldsassen mit ca. 118 ha vertreten. Es handelt sich dabei um führende Buchenbestände mit mindestens 140 Jahren Durchschnittsalter. Als forstliches Ziel wird eine markante Erhöhung des Totholzanteils und der konsequente Erhalt von Biotopbäumen angestrebt. Darüber hinaus werden dort die natürlicherweise entstehenden Strukturen von Alters- und Zerfallsphasen zugelassen.

Als Maßnahmen sind hierbei vorgesehen:

• Anreichern von Totholz im Zuge der Holzernte (Ziel ca. 40 m 3/ha) • Erhalt der Altbuchen bis hin zur Totholzphase • Anreichern mit Biotopbäumen (Ø 10 Stück/ha) • Pflegeeingriffe speziell entlang von Forstwegen und Rückewegen zur Förderung der Bestandesstruktur

Abb. 14: Beispiel eines älteren Waldbestandes am Forstbetrieb (ZIPPERT )

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3.1.3 Jüngere Waldbestände (Klasse-3-Bestände)

Diese Kategorie umfasst am Forstbetrieb Waldsassen ca. 29 ha. Es handelt sich dabei um Laubwaldbestände, die jünger als 140 Jahre sind, aber hinsichtlich naturschutzfachlicher Kriterien sehr gute Entwicklungschancen besitzen. Die Ziele und Maßnahmen ähneln denen der Klasse-2-Bestände, nur mit geringeren Totholzzielen.

Als Maßnahmen kommen in Betracht:

• Vorhandene Initialen an den Bäumen erkennen und Biotopbäume markieren • Gezieltes Schaffen von Totholz im Zuge der Holzernte (Ziel: 20 m 3/ha Totholz)

Abb. 15: Jüngerer naturnaher Wald mit markierten Biotopbäumen (ZIPPERT )

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3.1.4 Übrige Waldbestände (Klasse-4-Bestände)

Das Gros der Wälder (98,5 %) am Forstbetrieb Waldsassen befindet sich in dieser Klasse. Aufgrund der kulturhistorischen Ausgangslage und den naturräumlichen Gegebenheiten (kontinentalstes Klima Bayerns) ist das nicht verwunderlich. Wo die Höhenlagen im Steinwald und entlang des Grenzkamms zu Tschechien (Mittelgebirgslagen) traditionell, wie fast überall in Deutschland, stark durch Fichtenwälder geprägt sind, kommen in den Senken sehr häufig auch führende Kiefernbestände mit Fichte als Beimischung oder im Unter- und Zwischenstand vor.

Auch in diesen Wäldern verfolgt der Forstbetrieb Waldsassen die Ziele des Naturschutzes der Bayerischen Staatsforsten konsequent weiter. Hier werden ebenso Biotopbäume sowie Totholz, allerdings in einem geringeren Umfang als in den Klasse-1- bis 3-Beständen, erhalten. Gerade einzeln- oder trupp- bis gruppenweise beigemischte Laubhölzer werden hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Naturschutz besonders bewertet und auch als zukünftiges Naturverjüngungspotential erhalten bzw. gefördert.

Das Sonstige Laubholz (v. a. Moorbirke, Karpatenbirke, Vogelbeere) stellt willkommene Mischelemente dar und wird grundsätzlich erhalten. Ferner werden auch weniger verbreitete Nadelbaumarten wie die Tanne nicht genutzt, es sei denn, sie wird zugunsten einer anderen Tanne entnommen oder stellt ein Problem für die Verkehrssicherung dar. Alt-Tannen werden immer als Überhälter belassen. Auch das Totholz der Tanne wird aufgrund seiner unschädlichen Wirkung für den Waldschutz der natürlichen Zersetzung überlassen.

Erfreulich ist, dass in den jungen Waldbeständen (unter 100 Jahren) deutlich mehr Laubholz heranwächst als in den Altbeständen vorhanden ist. Gerade die Reviere in den Basaltbereichen haben in den Jungbeständen sehr hohe Laubholzanteile (v. a. Edellaubholz, Sonstiges Laubholz, Buche und Eiche). Mit dem großen Kulturvolumen der aktuellen Forsteinrichtung und einer konsequenten Pflege dieser jungen Wälder zugunsten des Laubholzes ist der Forstbetrieb Waldsassen zuversichtlich, zukünftig größere Flächen in naturnahe Bestände (Klasse 1 bis 3) zu entwickeln. Als Beispiel sei hier das Allgemeine Bestockungsziel für die nächsten 50 Jahre erwähnt, das als mittelfristige Planungsgröße einen anzustrebenden Laubholzanteil für den Forstbetrieb Waldsassen von 26 % Laubholz vorgibt. Derzeit sind nur 13,7 % der Waldflächen mit Laubbäumen bestockt.

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Abb. 16: Typischer Waldbestand im Grenzkamm zu Tschechien (GRÜNER )

Abb. 17: Typischer, mittelalter Kiefern-Fichten-Mischbestand mit Lärche (ZIPPERT )

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3.2 Management von Biotopbäumen und Totholz

Totholz und Biotopbäume sind eine wichtige Grundlage für die Artenvielfalt in unseren Wäldern. Sie bieten Nahrungs- und Nistmöglichkeiten für Waldvogelarten, Fledermäuse, Insekten und Wirbeltiere.

Pilze, Flechten und andere Pflanzenarten besiedeln oder zersetzen Totholz und werden gleichzeitig wiederum Nahrungsquelle für andere Arten. Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Biodiversitätssicherung in unseren Wäldern. Schlagabraum, Reisig und im Wald belassenes Restholz aus dem Holzeinschlag sind ebenfalls Totholz im o. g. Sinne. Neben Deckung und Brutraum für zahlreiche Waldvogelarten bilden sie nach ihrer vollständigen Zersetzung die Nährstoffe für die nächste Waldgeneration.

Abb. 18: Buchentotholz (SCHÖDEL ) 3.2.1 Biotopbäume

Entscheidend für das Vorhandensein eines Biotopbaumes ist das Auftreten bestimmter Strukturmerkmale, die eine besondere Bedeutung für die biologische Vielfalt haben. Dazu gehören vor allem:

• Lebende Baumstümpfe, Bäume mit größeren Stammverletzungen, Blitzbäume • Bäume mit abgebrochenen Kronen oder Zwieseln • Hohle Bäume • Bäume mit Pilzbefall • Bäume mit Spechthöhlen oder Faulhöhlen • Horstbäume • Teilweise abgestorbene Bäume

In möglichst allen naturnahen Beständen sollten durchschnittlich zehn Biotopbäume pro Hektar erhalten bleiben. Ihr ökologischer Wert ist bedeutender als der geringe Ertrag als

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Brenn- oder Industrieholz. Sie liefern bereits zu Lebzeiten Totholzstrukturen und verbleiben bis zum natürlichen Zerfall im Bestand.

Biotopbäume werden im Forstbetrieb einheitlich gekennzeichnet (mit grüner Wellenlinie).

Die Arbeitssicherheit und die Verkehrssicherungspflicht haben jedoch in allen Belangen Vorrang. Hierbei werden mögliche naturschutzrechtliche Prüf- und Erlaubnispflichten beachtet und umgesetzt.

Abb. 19: Markierter Biotopbaum und markiertes (stehendes) Totholz in einem Klasse 2 Bestand (ZIPPERT )

3.2.2 Totholz

Totholz, der letzte Entwicklungsabschnitt im langen Leben eines Baumes, ist für unzählige Arten Lebensvoraussetzung und Lebensraum. Daher ist Totholz eines der ökologisch wichtigsten Strukturelemente unserer Wälder. Dabei ist stehendes Totholz noch wertvoller als liegendes.

Auch Nadeltotholz, von dem aus Waldschutzgründen keine Gefahr mehr ausgeht, ist für das Ökosystem sehr wichtig und wird grundsätzlich belassen.

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Totholzsituation am Forstbetrieb Waldsassen

Bei der letzten Forstinventur im Jahr 2007 wurde das Totholz getrennt nach Laubholz und Nadelholz ab einem Durchmesser von 20 cm am stärkeren Ende und einer Mindestlänge von 1,3 m erfasst. Der über diese Inventur berechnete Totholzvorrat beläuft sich auf rd. 3,2 Kubikmeter (m 3) pro Hektar. Die tatsächliche Totholzmenge liegt allerdings höher, da Stöcke, schwaches Totholz und Totholz an lebenden Bäumen (i. d. R. Kronentotholz) nicht mit aufgenommen wurden. Multipliziert man die gemessenen Werte mit 1,4 (Erfahrungswert nach CHRISTENSEN ET AL .1) und zählt noch 5 m3/ha für Stockholz hinzu (Erfahrungswert aus der BWI II), so lässt sich die tatsächliche Totholzmenge mit rd. 9,5 m3/ha anschätzen. Somit sind im Forstbetrieb Waldsassen weit über 200.000 m3 Totholz ökologisch wirksam vorhanden. Das Totholz wird nach folgenden Typen kategorisiert:

Tab. 1: Totholz nach Zustandstypen am Forstbetrieb Waldsassen (* Stockholz wurde geschätzt auf 5 m3/ha und gutachtlich auf Lbh und Ndh verteilt)

Laubholz (Lbh) Nadelholz (Ndh) Summe Totholztyp m3/ha m3/ha m3/ha Stehend 0,1 2,0 2,1 Liegend 0,3 2,0 2,3 Stöcke * 0,5 4,5 5,0 Summe 0,9 8,4 9,4

Das Totholz besteht hauptsächlich aus Nadelholz. Dies ist bei dem hohen Anteil an Nadelbäumen im Ausgangsbestand am Forstbetrieb Waldsassen aber auch nicht anders zu erwarten. Die Menge an Laubtotholz ist entsprechend gering und daher umso wertvoller. Des Weiteren ist festzuhalten, dass schwaches Totholz mit rd. 65 % Anteil am Gesamttot- holzvorrat deutlich überwiegt.

1 CHRISTENSEN ET AL. (2005): Dead wood in European beech (Fagus sylvatica) forest reserves. For Ecol Manage 210: 267–282.

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4,5 Nadelholz 4,0 Laubholz 3,5 /ha)

3 3,0

2,5 3,9 2,0

1,5 2,4

Totholz-Vorrat(m 1,7 1,0

0,5 0,4 0,3 0,3 0,2 0,0 0,2 5-19 cm* 20-35 cm 36-47 cm ≥ 48 cm Durchmesserklasse (cm)

Abb. 20: Totholz nach Durchmesserklassen am Forstbetrieb Waldsassen (*Klasse 5-19 cm hochgerechnet)

Abb. 21: Totholz im Fichten-Blockhaldenwald im Steinwald (SCHÖDEL )

Ziele und Maßnahmen

Die natürliche Bestockung würde überwiegend aus Buchen-Tannen-Waldgesellschaften bzw. Buchen-Eichenwaldgesellschaften bestehen. Daher sollte versucht werden,

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insbesondere das Totholz von Laubbäumen zu erhöhen, soweit Belange der Verkehrssicherung und der Arbeitssicherheit nicht entgegenstehen.

Fichten sollten aufgrund der Borkenkäfergefahr nicht bewusst zur Totholzanreicherung genutzt werden. Ausnahmen sind dann möglich, wenn der Käfer bereits ausgeflogen ist, oder es sich um sichtbare Höhlen- oder Horstbäume handelt.

Beim sehr gering beteiligten Laubholz ist eine Erhöhung aufgrund der Seltenheit in den Ausgangsbeständen nur begrenzt möglich.

Außerordentlich wichtig ist jedoch, dass grundsätzlich alte, abgestorbene Buchen (auch Kiefern, Tannen oder sonstige Laubhölzer) als Totholz verbleiben, um die Artenvielfalt im Wald zu erhöhen.

Der Forstbetrieb Waldsassen hat daher in Absprache mit der Forsteinrichtung beschlossen, dass über 80 Jahre alte Laubbäume in Nadelholzbeständen nach Möglichkeit nicht genutzt werden sollen. Somit wird sich in einigen Jahren der Biotop- und Totholzanteil deutlich erhöhen.

Mit dieser Vorgehensweise ist der Forstbetrieb Waldsassen auch mit den Vorgaben aus dem Waldgesetz für Bayern auf einer Linie. Dort wird die biologische Vielfalt des Waldes in besonderer Weise betont und ihre Erhaltung und Förderung vorgegeben.

Wertvolles Totholz, welches aus naturschutzfachlicher Sicht eine große Bedeutung hat und zu belassen ist, wird ebenfalls wie Biotopbäume markiert, z. B. abgestorbene Alt-Kiefern mit Roßameisennestern.

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3.2.3 Betriebliche Umsetzung des Biotopbaum- und Totholzkonzeptes

Mit der Umsetzung dieses Konzeptes wird der Anteil an anbrüchigem Holz in den Waldbeständen steigen. Damit einher geht auch eine größere Gefährdung der Menschen, die den Wald als Arbeitsplatz bzw. Erholungsraum nutzten. Um auf diese Situation angemessen zu reagieren, gelten folgende Regeln:

1. Der Arbeitssicherheit für die Waldarbeiter gebührt Vorrang. 2. Die Verkehrssicherheit besitzt Priorität. D. h. im Bereich von öffentlichen Straßen, Wanderwegen, Erholungseinrichtungen etc. werden Biotopbäume und Tothölzer, von denen eine Gefahr ausgeht, ggf. nach Absprache mit den Behörden, gefällt, und bleiben vor Ort liegen. 3. Einzelstammweises Vorgehen in den naturnahen Beständen, d. h. bei der Hiebsvorbereitung ist bei jedem Stamm zwischen Holzwert, ökologischem Wert und waldbaulicher Wirkung auf Nachbarbäume und Verjüngung abzuwägen. 4. Biotopbäume und stehendes sowie liegendes Totholz bleiben grundsätzlich bis zum natürlichen Zerfall erhalten. 5. Biotopbäume (u. a. Höhlen- und Horstbäume) werden beim Auszeichnen markiert. 6. Sollten trotz aller Bemühungen Biotopbäume, die besonders wertvolle Strukturmerkmale aufweisen, als solche nicht erkannt und versehentlich gefällt werden (z. B. weil vom Boden aus die entsprechenden Strukturmerkmale nicht ersichtlich sind), werden die vom Strukturmerkmal betroffenen Stammteile als liegendes Totholz im Bestand belassen. 7. Horstbäume werden besonders geschützt durch folgende Maßnahmen: a) Kennzeichnung mit Farbe. b) Keine Eingriffe in unmittelbarer Umgebung. c) Bei seltenen und empfindlichen Arten (v. a. Schwarzstorch / Fischadler) während der Brut- und Aufzuchtzeiten im Umkreis von 300 m keine forstlichen Maßnahmen und keine Jagd (gemäß Arbeitsanweisung zur Erfassung und Bewertung von Waldvogelarten in Natura 2000-Vogelschutzgebieten (SPA)).

3.2.4 Aufklärung der Bevölkerung

Information und Aufklärung der Bevölkerung nimmt einen Schwerpunkt der Naturschutz- arbeit am Forstbetrieb Waldsassen ein. Ein Großteil der Bevölkerung hat noch die sauber ausgeräumten Wälder der Nachkriegszeit im Hinterkopf und akzeptiert das Liegenlassen von Totholz nur sehr schwer. Dürre Bäume in größerer Zahl (meist sind es Fichten, aus denen der Käfer längst ausgeflogen ist) geben regelmäßig Anlass zu großen Diskussionen. Die

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Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses Thema liegt im Wesentlichen auch in den Händen der Revierleiter und Waldarbeiter.

Weitere Ausführungen zu diesem Thema sind in Kapitel 8.3 dargestellt.

3.3 Naturschutz bei der Waldnutzung

Die Holznutzung, aber auch andere Eingriffe und Maßnahmen im Zuge der Waldbewirtschaftung beeinflussen Naturschutz, Artenvielfalt und Erholungswert im Wald in unterschiedlicher Weise. Bei überlegtem Vorgehen und guter Planung lassen sich ohne besonderen Aufwand Nutzung und Schutz verbinden. Die Rücksichtnahme auf die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Wasserschutzes ist gesetzlicher Auftrag bei der Waldbewirtschaftung. Mit Wäldern verbindet der Besucher Erlebnisse in ursprünglicher und uriger Landschaft. Offensichtliche und auf lange Zeit sichtbare Hinweise auf die Nutzungstätigkeit des Menschen stören dieses Bild. Die Ansprüche der Bevölkerung an den Wald sind besonders vielfältig. Dabei wird oftmals sogar die grundsätzliche Berechtigung einer Waldbewirtschaftung in Frage gestellt. Forstliche Maßnahmen sind dagegen vermittelbar, wenn diese zeitlich und örtlich begrenzt erfolgen, störende Hinterlassenschaften zeitnah beseitigt und eine gravierende Beeinträchtigung des Waldbildes vermieden wird. Dabei darf man nicht vergessen, dass die meisten Naturschutzmaßnahmen über Erträge aus der Waldnutzung finanziert werden.

Abb. 22: Erholungssuchende an der (ZIPPERT )

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Ziele sind unter anderem:

• Die Erhöhung der Artenvielfalt im Rahmen der forstlichen Nutzung. • Die Nutzung von Synergieeffekten (z. B. Weginstandhaltung und Anlage von Tümpeln, Freistellung von Feuchtbiotopen, Quellaustritten, Bachläufen im Rahmen von Durchforstungsarbeiten). • Starre, geometrische Linien im Wald sowie abrupte Eingriffe in das Waldbild sollen vermieden werden. • Weder Müll der Zivilisationsgesellschaft noch Abfall der im Wald arbeitenden Menschen dürfen das Auge des Waldbesuchers stören. • Pestizideinsatz soll auf den unbedingt notwendigen Umfang begrenzt werden. • Waldränder sind attraktiv zu gestalten.

Abb. 23: Familienausflug in reizvoller Natur (ZIPPERT )

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Abb. 24: Waldrandgestaltung am Schupfenteich (GRÜNER )

Praktische Umsetzung dieser Ziele bei der Waldnutzung

1. Die Planung berücksichtigt die Vernetzung von hochwertigen Waldbeständen. 2. Beim Auszeichnen der Hiebe werden vertikale und horizontale Strukturen geschaffen. Dabei ist insbesondere auf den Unter- und Zwischenstand zu achten. 3. Die Eingriffsstärke muss sich auch an den standörtlichen Gegebenheiten orientieren. 4. Grundsätzlich werden deutliche Kahlschläge oder Räumungshiebe (außer z. B. instabile Altholzreste aus Fichte) vermieden. 5. Pionierbaumarten (wie z. B. Weide, Aspe, Vogelbeere, Erle, Birke etc.) und Sträucher werden bei der Jungwuchspflege in der Regel belassen, seltene Arten begünstigt. 6. Landschaftlich reizvolle Einzelbäume und Baumgruppen werden belassen. 7. Auf Brut- und Aufzuchtzeiten besonders sensibler Arten wird Rücksicht genommen. 8. Biotop- und Höhlenbäume werden gekennzeichnet und erhalten. Forstliche Eingriffe in deren Umgriff orientieren sich an den Erfordernissen der jeweiligen dort lebenden Arten (z. B. Schwarzstorch). 9. Die Grabenfräse wird im Forstbetrieb nicht mehr eingesetzt. Das Ausbaggern von notwendigen Gräben erfolgt in einer für die Fauna verträglichen Zeit. Im Zuge der Weginstandhaltung werden Kleinbiotope (Tümpel oder trockene Rohbodenstandorte) angelegt.

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10. Fremdländische Baumarten wie z. B. Douglasie dürfen die heimischen Baumarten nicht verdrängen, sind aber im angemessenen Umfang als mögliche Mitstreiter bei der Umstellung auf eine den klimatischen Änderungen angepasste Waldbestockung willkommen. 11. Gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut wird nicht verwendet. 12. Waldmäntel, Waldaußen- und Waldinnensäume: Die Grundsätze der Waldrandgestaltung werden umgesetzt. An Waldsäumen werden blühende Waldbäume und Sträucher sowie Wildobst begründet und sofern vorhanden, gefördert. 13. Müll wird in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen beseitigt. 14. Farbmarkierungen werden soweit wie möglich reduziert oder unauffällig angebracht. Plastikbänder müssen unmittelbar nach ihrem Einsatz wieder beseitigt werden (z. B. bei Straßensperrungen im Zusammenhang mit Holzeinschlag, Jagden etc.). 15. Polterspritzung gegen den Borkenkäfer kann in Ausnahmefällen notwendig sein. In Katastrophenfällen sollen Naßlager einen Teil des Holzes aufnehmen. Besondere Rücksichtnahme erfordern die Wasserschutzgebiete sowie Erholungsschwerpunkte und Feuchtstandorte. 16. Rückung soll grundsätzlich bodenschonend erfolgen. Auf Feuchtstandorten und schwierigen Steillagen ist die Möglichkeit der Seilbringung zu nutzen.

Abb. 25: Vertikale und horizontale Struktur in einem Fichtenbestand (ZIPPERT )

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3.4 Schutz der Gewässer, Moore und Quellen sowie von Wäldern auf Feuchtstandorten

3.4.1 Fließgewässer

Derzeit ist eine Reihe von Ufern unserer Fließgewässer mehr oder weniger von dunklen Nadelholzbeständen begleitet. Die Bachläufe erfahren hier zu wenig Auflockerung oder Belichtung.

Ziel ist es daher, wieder mehr freie Uferzonen zu schaffen, damit sich eine standorttypische Bach begleitende Vegetation entwickeln kann.

Vorgesehene Maßnahmen:

• Entnahme der Nadelhölzer auf beiden Seiten des Fließgewässers, jedoch nicht schematisch linear, sondern buchtig und abwechslungsreich auf eine Tiefe von ca. ein bis zwei Baumlängen vom Bachufer. Die Breite des Gewässers bestimmt dabei die Tiefe der beidseitigen Auflichtung. • Um ein Aufkommen von Nadelholz, speziell Fichtennaturverjüngung, zu unterbinden, werden entlang der Bachläufe gezielt Laubbaumarten gepflanzt. Dabei kommt der Schwarzerle und der Esche eine große Bedeutung zu. • Ein besonderes Augenmerk wird dabei den Ansprüchen der jeweils in den Fließgewässern lebenden besonderen Arten gewidmet. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wird auch mit Artenschutzexperten zusammengearbeitet (z. B. bei der Flussperlmuschel). Besondere Maßnahmen werden auch mit den zuständigen Naturschutzbehörden abgestimmt.

Konkrete Maßnahmenvorschläge für unsere wichtigsten Fließgewässer sind im Folgenden dargestellt:

• Naturnahe Gestaltung der Gewässerläufe durch: -Zurücknahme der Fichten entlang von Bachläufen -Einbringung von Bach begleitenden Laubhölzern (v. a. Schwarzerle, Edellaubholz; Weidenarten) -Schaffung von temporären Überflutungszonen -Zulassen einer Mäandrierung • Berücksichtigung der Fließgewässer und deren Zuläufe bei der Feinerschließung • Wenn überhaupt, dann eine extensive fischereiwirtschaftliche Nutzung • Kein Einsatz von Pestiziden in der Nähe der Fließgewässer und deren Zuläufe • Ggf. Renaturierung einzelner Gewässer(abschnitte) in Zusammenarbeit mit anderen Trägern (z. B. Wasserwirtschaftsämter)

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• Rücksichtnahme auf besondere Ansprüche von seltenen Arten, wie z. B. der Flussperlmuschel oder Libellenarten • Brückenbauten (auch für Naherholungsverkehr) werden an den Charakter der Fließgewässer soweit wie möglich angepasst • Kooperation mit Grundstücksanliegern bei sämtlichen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen

Abb. 26: Die Waldnaab am Tischstein, Naturschutz- und Erholungsschwerpunkt (ZIPPERT )

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Abb. 27: Der Schwallohbach, einer der zahlreichen kleineren Bäche (ZIPPERT )

3.4.2 Moorwälder und Sumpfwälder

Diese beiden Biotoptypen machen zusammen 100 ha am Forstbetrieb Waldsassen aus.

Für den Bereich der Moor- und Sumpfwälder sei beispielhaft die Abteilung „Sulzschlag“ im Distrikt Körnerwald erwähnt. Dort ist bachbegleitend eine sehr strukturreiche, buchtig mit Altholzinseln strukturierte Sumpflandschaft vorhanden, wo sich im Besonderen der Schwarzstorch wohl fühlt.

Eingriffe in derart sensible Landschaftsteile erfolgen grundsätzlich in enger Absprache mit den Naturschutzverbänden sowie der Unteren Naturschutzbehörde. Ziel der Eingriffe ist es, den Strukturreichtum an den Übergängen zu Offenlandgesellschaften zu fördern. Dabei werden fast ausschließlich Nadelhölzer und hier vor allem die Fichte entnommen.

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Abb. 28: Sumpfwälder der Wondrebaue (GRÜNER )

Neben den oben genannten Übergängen sind auch die ökologisch sehr hochwertigen Waldübergangsbereiche von wiedervernässten Offenlandgesellschaften hin zum normalen Wirtschaftswald von besonderem Interesse.

Diese Sumpfwaldgesellschaften mit ihren vertikalen, aber auch tief greifenden horizontalen Strukturen sind ein wesentlicher Bestandteil, um Übergänge aus Sumpf und Moor hin zu unseren Wirtschaftswäldern ökologisch verträglich zu gestalten.

Ferner gibt es in den Moor- und Sumpfwäldern Teilflächen, die aufgrund ihrer Sensibilität und ihres Strukturreichtums nicht bewirtschaftet werden.

Maßnahmen in diesen Moor- und Sumpfwäldern sind:

• Schaffung von naturnahen, lichten Strukturen und der Charakteristik dieser Wälder angepassten Bestandesbildern (z. B. Rottenstrukturen in der Fichte) • Einsatz angepasster Holzerntetechnik (z. B. Sumpfbiber, 8- bis 10-Rad-Maschinen mit besonders breiten Reifen mit Bogiebändern, Seilkran), ggf. Beladungs- beschränkung • Ausreichender Einbau von nutzbarem Holz als Armierung für die Rückegassen, um Bodenschäden zu unterbinden • Erhalt möglichst hoher Anteile an stabilisierenden, standortgerechten Baumarten (z. B. Moorbirke, Spirke)

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• Pflanzung bzw. Saat der seltenen Mischbaumarten (Moorbirke, Spirke, ggf. Kiefer) auf geeigneten Standorten • Durch Hiebsmaßnahmen Lichteinfälle so steuern, dass die seltene Bodenvegetation erhalten bleibt • Bachbegleitende Schwarzerlen-Sumpfwälder in ihrer Struktur erhalten, aufkommende Fichte zurücknehmen und ggf. Schwarzerle (Esche) künstlich einbringen • Erhalt von Strukturen für bestimmte Vogelarten (z. B. Sperlingskauz)

3.4.3 Moore

Der Lebensraum Moore nimmt am Forstbetrieb Waldsassen mit insgesamt knapp 80 ha eine bedeutende und ökologisch sehr wichtige Fläche ein.

Überwiegend handelt es sich um Niedermoore (ca. 45 ha). Die übrigen Moorflächen gehören zu den Hoch- und Zwischenmooren. Moorrenaturierungsmaßnahmen laufen im Bereich des Forstbetriebs Waldsassen schon seit mehr als 10 Jahren mit ihren Schwerpunkten im Steinwald sowie in der Wiesauer Senke. Die Planungen zu diesen Renaturierungen sind dabei in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth sowie der Unteren Naturschutzbehörde in und der Projektleitung des Bundesnatur- schutzgroßprojektes Waldnaabaue erarbeitet worden.

Unsere größten Moorrenaturierungsflächen liegen im Revier 1 und sind in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesprojekt Waldnaabaue (siehe Kapitel 3.4.7) entstanden. In den nächsten Jahren sind hier weitere Flächen (ca. 20-30 ha) für Renaturierungs- und Wiedervernässungsmaßnahmen geplant.

Neben zahlreichen kleineren Niedermooren ist das Hauptvorkommen im Distrikt Eicher in den Abteilungen Heusterzwinkel, Weiz und Friedauer vorhanden. Die Hoch- und Zwischenmoore findet man hauptsächlich im Steinwald und hier wiederum in den Abtei- lungen Hahnenfalzlohe, Palmlohe, Fuchslohe und Wolfslohe sowie im Revier Mitterteich 1 in der Abteilung Schafbrücke. Maßnahmen in diesen Moorkomplexen zielen weitestgehend auf Renaturierung ab. In der Vergangenheit wurden diese Flächen häufig durch Entwässerungs- gräben trocken gelegt und mit Waldbäumen (i. d. R. Fichten) aufgeforstet. In der damaligen Zeit war dies ein probates und anerkanntes Mittel, um diese „unattraktiven“ Standorte mit einem positiven und produktiven Nutzen für die Bewirtschafter zu versehen.

Heute ist man sich der Bedeutung dieser sensiblen Bereiche für den Naturschutz viel bewusster, und es werden zahlreiche Anstrengungen unternommen, diese Flächen wieder in Offenland-Moore zu renaturieren.

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Abb. 29: Moorrenaturierung in der Waldnaabaue (SCHNEIDER )

Die konkreten Maßnahmen sind detailliert bei der Umsetzung des Bundesnaturschutz- großprojektes verwirklicht worden.

Im Folgenden sind einige wichtige Maßnahmen genannt, die auch außerhalb des Bundesnaturschutzgroßprojektes bei Renaturierungsmaßnahmen geplant, bzw. bereits durchgeführt worden sind:

• Verschließung der Entwässerungsgräben; Wiederanstau von Mooren • Entnahme des aufstockenden Bestandes • Ggf. Rückbau vorhandener befestigter Feinerschließungen (LKW-Wege oder befestigte Rückewege) • Belassen seltener Mischbaumarten (z. B. Moorbirke, Spirke) • Absterbeprozesse bei verbleibenden Bestockungen zulassen, Totholz belassen • Aufklärung der Bevölkerung über die Bedeutung dieser Flächen für den Naturschutz • Ggf. Zurücknahme aufkommender Fichtennaturverjüngung • Einbringung von Moorbirken und Spirken auf geeigneten Kleinstandorten • Einbringung von Wacholderarten in den Moorrandbereichen (z. B. auf alten Teichdämmen) • Auf höher gelegen Teilflächen Erhalt einer typischen Moorwaldbestockung (Fichten- Kiefern-Moorwaldgesellschaften). Dadurch Wechsel von Offenland- und Waldbiotopen

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3.4.4 Seen, Teiche und Waldtümpel

Im Forstbetrieb Waldsassen gibt es zahlreiche kleine Teiche, Waldtümpel und Feuchtbiotope. Insgesamt wurden durch die Forsteinrichtung gut 36 ha derartiger Flächen eigenständig beplant. Knapp 20 ha sind als naturschutzfachlich wertvoll kartiert worden. Sie dienen in erster Linie als Laichgewässer, Lebensraum und Nahrungsressource für Amphibien, Libellenarten, Eisvogel, Graureiher, Kranich und Schwarzstorch. Daneben gibt es noch viele kleinere Feuchtbiotope, die nicht karten- und flächenmäßig erfasst worden sind.

Abb. 30: Typischer Waldteich am Forstbetrieb Waldsassen (SCHNEIDER )

Durch geeignete Pflegemaßnahmen soll diese Biotopvielfalt erhalten und verbessert werden. So werden bestimmte Teiche und Tümpel regelmäßig gepflegt und von Bewuchs mit Nadelbäumen frei gehalten, damit Licht und Wärme auf die Flachwasser- und Uferbereiche treffen und die Artenvielfalt erhalten und gefördert werden kann. Bei geeigneten Objekten werden verschiedene Sukzessionsstadien geschaffen, mit wechselnden Übergangsbereichen von Tief- und Flachwasserzonen.

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Im Naturraum der Tirschenreuther Teichpfanne sind neben bedeutenden bewirtschafteten Teichflächen auch eine große Zahl kleinerer Teiche und Seen in Waldgebieten vorhanden.

Als Beispiel seien hier die kleinen Waldseen im Rotmarterschlag, im Revier Mitterteich 1 sowie die Waldseen in der Nähe der Pfudermühle im Revier Hatzenreuth genannt. Die Randbereiche dieser Teiche sind meist niedermoorartig ausgebildet.

Abb. 31: Tirschenreuther Teichgebiet (LIEGL )

3.4.5 Waldquellen

Quellen, die innerhalb von Wäldern liegen, sind ganz besondere Lebensräume. Sie befinden sich an der Nahtstelle vom Grundwasser zu den oberirdischen Gewässern. Schon in früher Zeit waren die Quellen Orte mit kultischer Bedeutung, neben ihrem praktischen Nutzen für Mensch und Vieh. Die hier herrschenden Umweltbedingungen sind wichtig für eine ganze Reihe von Pflanzen- und Tierarten. Als Beispiel sei hier der Feuersalamander erwähnt, dessen Larven sich ausschließlich in klaren Quellbächen entwickeln.

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Abb. 32: Muglfall bei Altmugl (GRÜNER )

Das Belassen von natürlichen Quellen ist für den Forstbetrieb besonders wichtig.

Im Bereich des Forstbetriebs Waldsassen ist insbesondere im Steinwald eine Reihe von Wasseraustritten zu sehen, die sich aus einer Vielzahl von kleinen, meist aus moorigen Standorten stammenden Kleinquellen rekrutieren. Bemerkenswert sind auch die Quellhorizonte in bestimmten Basaltformationen (z. B. am Teichelberg, Revier Groschlattengrün).

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Abb. 33: Typischer Quelltopf in Steinwald (SCHÖDEL )

Nachdem es im Forstbetrieb Waldsassen relativ wenig klassisch entspringende Quellen gibt, hat sich der Forstbetrieb zum Ziel gesetzt, diese wenigen Quellregionen mit großflächigen Maßnahmen zu fördern und zu entwickeln. Auf folgende Ziele und Maßnahmen wird im Bereich der Waldquellen hingewirkt:

• kein Bau neuer Quellfassungen, Drainagen oder Fischteichen • in der Nähe keine Befahrung mit Forstmaschinen (Planung von Rückegassen) • keine Schuttablagerungen oder Kronenmaterial in Quellbereichen • Begründung standortgerechter Mischbestände in Quellbereichen • Schaffen von Pufferflächen mit Besucherlenkung und Besucherinformation (z. B. Waldnaabaue) • bei durchgängiger Gewässersohle Rückbau von Durchlässen / Brücken und Ersetzen mit Furten

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3.4.6 Bundesnaturschutzgroßprojekt „Waldnaabaue“

Die Waldnaabaue präsentiert sich als ein Mosaik aus Feuchtwiesen, feuchten Wäldern und Moorflächen, in deren Zentrum mit der "Tirschenreuther Teichpfanne" eine der größten und ältesten Teichregionen Deutschlands liegt. Das Gebiet wird auf mehr als 3.000 ha von keinen öffentlichen Verkehrswegen durchschnitten und ist deshalb für die Öffentlichkeit, aber auch für Land- und Forstwirtschaft, nur wenig erschlossen. Anfang der 1980er Jahre wurde die Bedeutung der Waldnaabaue für den Arten- und Biotopschutz und insbesondere für die Vogelwelt deutlich. Im Jahr 1998 wurde dann ein Antrag auf Aufnahme in das Förderprogramm "Naturschutzgroßprojekte von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung", vom Landkreis Tirschenreuth als Träger gestellt. Im Jahr 1999 wurde dieser Antrag vom Bundesamt für Naturschutz unter dem Titel "Waldnaabaue“ bewilligt.

Das Gesamtprojektgebiet umfasst (einschließlich Kerngebiet von 1.600 ha) insgesamt 3.200 ha und wurde auf die Dauer von 10 Jahren (nachträglich verlängert bis 2011) angelegt und mit 4,5 Mio. Euro Finanzvolumen (75 % Bund, 15 % Freistaat Bayern, 10 % Landkreis Tirschenreuth) ausgestattet. Die Bayerischen Staatsforsten sind mit 1.500 ha an dem Projekt beteiligt, wobei ca. 420 ha davon im Kerngebiet liegen. Das wesentliche Ziel des Projektes ist die Entwicklung ehemaliger Teichstandorte zu Feuchtbiotopkomplexen um den Erhalt des engen Mosaiks aus Kulturlandschaft und Naturlandschaft zu sichern.

Im Einzelnen sind das:

• artenreiche offene Auenstandorte mit einem hohen Anteil an extensiv bewirtschaftetem Grünland (mit speziell abgestimmtem Mahdregime), das durch die natürliche Dynamik der Waldnaab und ihrer Seitengewässer geprägt ist • naturnah bewirtschaftete Teiche mit typischen Verlandungszonen • naturnahe, totholzreiche und lichte Wälder • großflächige offene Moorbereiche, vor allem durch Wiedervernässung der in großer Anzahl vorhandenen ehemaligen Teichstandorte: Programm „Kulturhistorische Teiche“ • offene südexponierte Trockenstandorte (Mangelbiotope im Kerngebiet)

Diese Ziele sollen u. a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

• Grunderwerb durch den Maßnahmenträger (Landkreis) für die dauerhafte Sicherung der Flächen. • Instandsetzung vorhandener, alter Dammstrukturen.

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• Einbau von Anstauvorrichtungen. • Schaffung von lichten Flächen durch Auflockerung des Baumbestandes (großflächige Rücknahme der z. T. naturfernen Fichtenbestockung) und Verbesserung des Wasserhaushaltes durch die Schließung von Entwässerungsgräben. Vor allem die Wiedervernässung von ehemaligen Teichstandorten und die Reaktivierung alter aufgelassener Teiche im Wald. • Erhöhung der Fließgewässerdynamik durch die Renaturierung der verbauten Abschnitte von Tirschnitz und Kainzbach und Verzicht auf Gewässerunterhaltungsmaßnahmen an der Waldnaab. Dazu gehört auch die Wiederherstellung von Altwässern entlang der Waldnaab. • Entfernung von standortfremden Gehölzen aus der Aue und das Offenstellen von Moorrandbereichen (z. B. Entfernen von Gebüsch-Sukzession). • Schaffung von Flachwasserzonen an bereits strukturreichen Teichen und die Förderung des Strukturreichtums an strukturarmen Teichen. • Rückführung von brachgefallenen ehemaligen Streuwiesen in extensiv bewirtschaftetes Grünland.

In der Waldnaabaue kommen zahlreiche geschützte und vom Aussterben bedrohte Arten vor. Eine herausragende Bedeutung für die Bewertung des Gebietes haben vor allem Wirbeltiere und Libellen.

Beispielhaft können folgende Arten genannt werden:

• Fauna:

° Biber, Kranich, Waldwasserläufer, Schwarzstorch, Zwergtaucher, Schwarzhals- taucher, Schilfrohrsänger, Rohrdommel, Kreuzotter, Kammmolch, Moorfrosch, Rutte (Quappe), Große Moosjungfer, Nordische Moosjungfer, Sumpf-Heidelibelle, Moor-Windelschnecke, usw.

• Flora:

° Berg-Wohlverleih, Schlangenwurz, Zypergras-Segge, Breitblättriges Knabenkraut, Breitblättriges Wollgras, Sumpf-Herzblatt, Sumpf-Dreizack, usw.

Der Forstbetrieb Waldsassen und der Landkreis Tirschenreuth als Träger des Projektes arbeiten bei der Umsetzung auf den Flächen der Bayerischen Staatsforsten sehr eng zusammen und stimmen die einzelnen Maßnahmen detailliert miteinander ab. Erhebliche Flächen wurden in diesem Zusammenhang bereits ausgestockt, um sie zukünftig als extensive Naturschutzflächen ohne Nutzung sich selbst überlassen zu können.

Die ersten Erfolge der Maßnahmen sind bereits sehr gut zu beobachten.

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Abb. 34: Im Rahmen des Projektes neu profilierte alte Weiherdämme (SCHNEIDER )

Abb. 35: Bereits wiedervernässte Fläche nach Renaturierung (SCHNEIDER )

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Abb. 36: Ältere Renaturierung einer Teichfläche mit Umgriff, Verlandungszonen (SCHNEIDER )

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4 Gebietsschutz

Zahlreiche Flächen des Forstbetriebs Waldsassen sind mit Waldfunktionen belegt. Tabelle 2 gibt einen Überblick zu den naturschutzfachlich wichtigen Gebieten. In den folgenden Kapiteln werden die wesentlichen Schutzgebiete dann im Einzelnen dargestellt und erläutert. Die hier genannten Flächen können selbstverständlich gleichzeitig mit mehreren Schutzkategorien belegt sein.

Tab. 2: Übersicht über die naturschutzrelevanten Schutzgebietsflächen 1. Naturschutzgebiet (davon Naturwaldreservat mit 113 ha) 371 ha 2. FFH-Gebiet 1.318 ha 3. Vogelschutzgebiet (SPA) 816 ha 4. 13d-Flächen 452 ha 5. Geschützte Landschaftsbestandteile 3 ha 6. Naturparke 7.462 ha 7. Biotopschutzwald lt. Waldfunktionsplanung 1.200 ha 8. Landschaftsschutzgebiet 6.709 ha

4.1 Natura 2000

FFH-Gebiete

Am Forstbetrieb Waldsassen sind acht FFH-Gebiete mit insgesamt rund 1.318 ha ausgewiesen. Im Folgenden sind die FFH-Gebiete aufgelistet und kurz beschrieben:

Tab. 3: Flächenübersicht über die FFH-Gebiete nach Revieren

Revier Summe FFH- Name des FFH-Gebietes Griesbach Falkenberg Groschlatten. Mitterteich 1 Mitterteich 2 Gebiet Basaltkuppen in der Nördlichen 178 ha 8 ha 186 ha Oberpfalz Grenzbach und Heinbach im 6 ha 6 ha Steinwald Seibertsbachtal 3 ha 1 ha 4 ha Serpentinstandorte in der 33 ha 33 ha nördlichen Oberpfalz Spirkenmoor bei Griesbach 51 ha 51 ha Waldnaabtal zwischen Tirschenreuth und Windisch- 11 ha 322 ha 602 ha 935 ha Eschenbach Wondreb zwischen Leonberg 0 ha 1 ha 1 ha und Waldsassen Wondrebaue und angrenzende 3 ha 99 ha 102 ha Teichgebiete Summe Forstbetrieb 65 ha 322 ha 181 ha 47 ha 603 ha 100 ha 1.318 ha

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Abb. 37: Lage und Name der FFH-Gebiete

Basaltkuppen in der nördlichen Oberpfalz (Gesamtgröße: 224 ha; Forstbetriebsanteil 83 %)

Dieses Gebiet ist geprägt durch naturnahe Waldgesellschaften, Berg-Magerwiesen und Quellaustritte. Der Forstbetrieb trägt durch Erhalt und Förderung der natürlichen Waldgesellschaften (Hainsimsen-Buchenwald, Waldmeister-Buchenwald, Schlucht- und Hangmischwälder) zu Verbesserung des FFH-Gebietes bei. Forstliche Maßnahmen erfolgten in enger Abstimmung mit dem AELF und dienten der Stabilisierung und Verbesserung (Rücknahme der Fichte) der geschützten Waldgesellschaften. Ein im Distrikt Glaswald gelegenes, steiniges Offenlandbiotop wurde zum Schutz seltener Flechten von Gehölzauf- wuchs und beschattenden Bäumen freigestellt. Es liegt ein Managementplan vor.

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Seibertsbachtal (Gesamtgröße: 39,6 ha; Forstbetriebsanteil 10 %)

Dieses FFH-Gebiet dient dem Erhalt naturnaher Gewässerabschnitte und Teiche mit Feuchtwiesen, Hochstaudenfluren, Röhrichten und Segenrieden. Der Erhalt bachbegleitender naturnaher Auwälder dient dem Schutz bedrohter, für diesen Lebensraum spezifischer Tiere und Pflanzen (z. B. Kammmolch). Dieses FFH-Gebiet beherbergt ferner eines der seltenen nord(ost)bayerischen Vorkommen des Abiss-/Skabiosen-Scheckenfalters.

Spirkenmoor bei Griesbach (Gesamtgröße: 67,0 ha; Forstbetriebsanteil 76 %)

Bei dem FFH-Gebiet handelt es sich um eines der letzten Spirkenmoore Nordostbayerns mit Trittsteinfunktion zu den Mooren in Tschechien. Ziel ist die Erhaltung der Moorwälder und der artenreichen Borstgrasrasen. Um dies zu erreichen, sollen typische Habitatelemente erhalten bzw. wiederhergestellt werden.

Serpentinstandorte in der nördlichen Oberpfalz (Föhrenbühl) (Gesamtgröße: 119,2 ha; Forstbetriebsanteil 28 %)

Herausragende Serpentinkuppen (Silikatfelsen) mit spezialisierter Vegetation (Streifenfarnbestände), die zu den bedeutendsten Vorkommen in Deutschland zählen, machten diese Flächen zu einem FFH-Gebiet. Bei diesem Serpentinit handelt es sich um eines der wenigen außeralpinen Vorkommen in Deutschland auf dem sich eine eigene Serpentinitfarngesellschaft (mit mehreren Farnarten) entwickelt hat. Neben der Erhaltung der Farngesellschaft werden gezielt die Habitatstrukturen verbessert zur Wiederherstellung der trockenen Heiden mit ihren typischen Pflanzen- und Tierarten. Auch die Silikatfelsen und die Felsspaltenvegetation werden dabei besonders berücksichtigt. Im Rahmen einer Landschaftspflege findet jährlich eine Beweidung mit Schafen statt.

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Abb. 38: Der Föhrenbühl ist gleichzeitig FFH-Gebiet, Naturschutzgebiet und Geotop (ZIPPERT )

Grenzbach und Heinbach im Steinwald (Gesamtgröße: 165,8 ha; Forstbetriebsanteil 4 %)

Geschützt wird ein verzweigtes Bachsystem mit Teichen sowie Niedermoor- und Feuchtwiesenabschnitten. Die Erhaltung und Wiederherstellung der naturnahen Fließgewässer mit der bachbegleitenden Vegetation (u. a. Auwälder mit Schwarzerle und Esche) dient dem Schutz der seltenen und stark geschützten Flussperlmuschel sowie der Groppe (Mühlkoppe). Unsere bisherigen Maßnahmen in diesem Zusammenhang waren die Zurücknahme der Nadelhölzer an den Bachläufen und die Anlage eines Sedimentationsbeckens für die Flussperlmuschel.

Waldnaabtal zwischen Tirschenreuth und Windischeschenbach

(Gesamtgröße: 2.618 ha; Forstbetriebsanteil 36 %)

Das FFH- und SPA-Gebiet der Waldnaabaue ist eine weitläufige Auensenke mit naturnahen Fließgewässern, Teichen, Feuchtgrünland, Niedermoor- und Zwischenmoorkomplexen und Feuchtwäldern in der landesweit bedeutsame Vorkommen von Anhang 1-Vogelarten und

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Zugvogelarten vorkommen. Neben kleineren Maßnahmen (Waldrandgestaltung, Erhalt von Flugschneisen für den Schwarzstorch, Entwicklung von Auwäldern, usw.) ist das Bundesnaturschutzgroßprojekt Waldnaabaue (vgl. Kapitel 3.4.7) eine wesentliche Maßnahme zur Verbesserung des Lebensraumes. Der Erhalt und die Wiederherstellung des großflächigen, weitgehend unzerschnittenen, naturnahen Feuchtgebietskomplexes und seiner Moorgesellschaften sowie die Verbesserung der vorkommenden Hainsimsen- Buchenwälder, Moorwälder und Auenwälder mit Schwarzerle und Esche sind die prioritären Ziele dieses FFH-Gebietes. Daneben werden zahlreiche Arten des Anhang II FFH-Richtlinie genannt, für die ebenfalls spezielle Erhaltungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden, z. B. für Biber, Fischotter, Flussperlmuschel, Bachmuschel, Libellenarten (speziell: Jungfern), Mühlkoppe und Kammmolch.

Wondrebaue und angrenzende Teichgebiete

(Gesamtgröße: 236 ha; Forstbetriebsanteil 43 %)

Auch hier handelt es sich, wie schon bei der Waldnaabaue, um ein FFH-Gebiet, mit großflächig naturnahen Feuchtgebietskomplexen. Dabei sind es Flächen in der Naab- Wondreb-Senke mit naturnahen Bachauen einschließlich deren Überschwemmungs- bereichen, Hochstaudenfluren, Streuwiesen, Flachmooren und extensiv bewirtschafteten Weihern. Aufgrund seiner naturräumlichen Unberührtheit stellt es ein überregional bedeutsames Gebiet für bedrohte Vogelarten (z. B. Schwarzstorch) sowie gefährdete Fischarten (Mühlkoppe bzw. Bachneunauge) dar. Die Erhaltungsziele sind ähnlich der Waldnaabaue. Spezielle forstliche Maßnahmen dienen dem Schutz und der Verbesserung der Moor- und Auwälder.

Wondreb zwischen Leonberg und Waldsassen

(Gesamtgröße: 95 ha; Forstbetriebsanteil 1 %)

Dieses FFH-Gebiet ist ein naturnaher Gewässerabschnitt mit Teichen und Feuchtwiesen sowie Hochstaudenfluren, Röhrichten und Niedermoorresten, die als Vogelrastgebiet dienen, aber auch zum Erhalt geschützter Insektenarten beitragen (Bsp.: Dunkler Wiesenknopf- Ameisenbläuling, Grüne Keiljungfer). Der Forstbetrieb Waldsassen ist an diesem FFH-Gebiet mit lediglich einem Hektar nur am Rande beteiligt.

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Stand der Managementpläne

In den drei erstgenannten FFH-Gebieten wurde der Managementplan zwischen der Naturschutzbehörde, dem AELF, dem Forstbetrieb Waldsassen und betroffenen Waldbesitzern am Runden Tisch besprochen. Die Festsetzung der Erhaltungsziele sowie die daraus im Einzelfall abgeleiteten Maßnahmen erfolgten im Konsens.

Die gebietsbezogenen konkretisierten Erhaltungsziele für FFH- und SPA-Gebiete können beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) eingesehen werden unter: http://www.lfu.bayern.de/natur/natura_2000_erhaltungsziele/index.htm .

Vogelschutzgebiete (SPA)

Der Forstbetrieb Waldsassen hat mit 816 ha einen wesentlichen Anteil am 2.258 ha großen Vogelschutzgebiet „Waldnaabaue westlich Tirschenreuth“, das vollständig im FFH-Gebiet „Waldnaabtal zwischen Tirschenreuth und Windischeschenbach“ liegt. Die wesentlichen Schutzgüter und die Maßnahmen des Forstbetriebes sind dort beschrieben.

Abb. 39: Lage und Name des Vogelschutzgebiets

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4.2 Naturschutzgebiete

Im Forstbetrieb Waldsassen liegen fünf Naturschutzgebiete mit insgesamt 371,4 ha. Diese sind über Schutzgebietsverordnungen geschützt und werden mit dem Ziel bewirtschaftet, die Gebiete in ihrem schützenswerten Zustand zu erhalten bzw. in ihrer Funktion zu verbessern. Mehrfach kommt es am Forstbetrieb zur Überlappung von Naturschutz- und FFH- Gebietsflächen.

Tab. 4: Flächenübersicht über die Naturschutzgebiete nach Revieren

Revier Name des Summe Natur- Griesbach Mitterteich 2 Falkenberg Groschlatten. Friedenfels Arzberg Naturschutzgebiets schutzgebiet Föhrenbühl 33 ha 33 ha Großer Teichelberg 118 ha 118 ha Ruhberg südlich Arzberg 7 ha 7 ha Waldnaabtal 108 ha 108 ha Wondreb-Aue 3 ha 103 ha 106 ha Summe Forstbetrieb 3 ha 103 ha 108 ha 118 ha 33 ha 7 ha 371 ha

Abb. 40: Lage und Name der Naturschutzgebiete

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Abb. 41: Naturschutzgebiete sind attraktive Flächen für Erholungssuchende (ZIPPERT )

4.3 Naturwaldreservate

Ziel der Naturwaldreservate (NWR) ist es, möglichst alle in Bayern vorkommenden natürlichen Waldgesellschaften und ihre Standorte zu repräsentieren, um deren natürliche Entwicklung zu erforschen und Erkenntnisse und Strategien für die naturnahe Forstwirtschaft zu gewinnen, auch unter dem Vorzeichen des Klimawandels. Das Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) sieht in Art. 12a die Einrichtung der Naturwaldreservate in natürlichen oder weitgehend naturnahen Waldflächen vor. Derzeit gibt es in Bayern 156 Naturwaldreservate mit einer Fläche von rund 6.800 ha, in denen keine forstliche Nutzung mehr stattfindet. Die durchschnittliche Größe der Naturwaldreservate beträgt 44 ha.

Im Forstbetrieb Waldsassen sind zwei Reservate mit insgesamt 113,1 ha ausgewiesen:

• NWR „Gitschger“ mit rd. 67 ha im Revier Groschlattengrün und

• NWR „Gänsnest“ mit rd. 46 ha im Revier Hatzenreuth.

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Wie bereits im Kapitel 3.1.1 erwähnt, unterliegen diese dem Prozessschutz. Mit Ausnahme der Verkehrssicherung, Wissenschaft bzw. Forschung (Auftrag durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft; LWF) und der Borkenkäferbekämpfung finden keine Eingriffe statt.

Beim NWR Gitschger handelt es sich um einen Buchenwald mit Bergahorn, Esche, Fichte, Lärche und Birke im Mitterteicher Basaltgebiet (Teichelberg). Das Naturwaldreservat wurde 1978 ausgewiesen und 1998 auf seine heutige Größe erweitert. Es beinhaltet einen der ältesten Buchenbestände in der nördlichen Oberpfalz und hat damit eine besondere naturschutzfachliche und wissenschaftliche Bedeutung. Die Höhenlage beträgt 617 bis 685 m. Die Flächen des NWR sind mittlerweile auch noch als Naturschutz- und FFH-Gebiet geschützt.

Das NWR Gänsnest hingegen repräsentiert fast das Gegenteil zu den nährstoffreichen Basaltflächen, da es sich hierbei um einen nährstoff- und artenarmen Kiefernwald im Waldsassener Schiefergebiet handelt. Das NWR wurde 1992 ausgewiesen und hat eine Höhenlage von 495 bis 555 m. Seltene Flechten in der Bodenvegetation, die leider aufgrund der Nährstoffimmissionen zunehmend weniger werden, prägen das Bild dieses Reservats.

Beide Reservate liegen im Zuständigkeitsbereich des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Tirschenreuth. Die langfristige Betreuung der Naturwaldreservate ist der Forstverwaltung (AELF und LWF) übertragen. Diese arbeitet hier Hand in Hand mit dem Forstbetrieb Waldsassen. Die LWF koordiniert die wissenschaftlichen Arbeiten und führt eigene Forschungen durch, veröffentlicht Forschungsergebnisse und unterstützt das AELF wie auch die BaySF bei der Öffentlichkeitsarbeit. Untersuchungen (Forschungsprojekte der LWF) wurden speziell in den 1990er Jahren durchgeführt.

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Abb. 42: Lage und Name der Naturwaldreservate

Abb. 43: Waldbild im NWR Gitschger (LIEGL )

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4.4 Landschaftsschutzgebiete

Fünf Landschaftsschutzgebiete wurden am Forstbetrieb ausgewiesen und nehmen rd. 29 % Fläche ein. Dabei sind die gesamten oberfränkischen Flächen des Forstbetriebes mit dieser Schutzkategorie belegt. In der Oberpfalz sind nennenswerte Flächen nur im Steinwald, am Teichelberg und um Muckenthal zu finden.

Tab. 5: Flächenübersicht über die Landschaftsschutzgebiete nach Revieren

Revier Summe Name des Landschaftsschutzgebiets Groschlatte Falkenberg Friedenfels Arzberg Landschafts- (LSG) ngr. schutzgebiet Fichtelgebirge 8 ha 1 ha 1.798 ha 1.808 ha Seidlersreuther Weiher 9 ha 9 ha LSG innerhalb des Naturparks 833 ha 833 ha Fichtelgebirge LSG innerhalb des Naturparkes Steinwald 310 ha 740 ha 2.141 ha 857 ha 4.049 ha (ehemals Schutzzone) Oberpfälzer Hügelland im westlichen 11 ha 11 ha Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab Summe Forstbetrieb 330 ha 749 ha 2.141 ha 1.691 ha 1.798 ha 6.709 ha

Seidlersreuther Weiher

Abb. 44: Lage und Name der Landschaftsschutzgebiete

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4.5 Naturparke

Auf den Flächen des Forstbetriebes sind drei Naturparke mit insgesamt 7.461 ha vertreten. Dabei ist der Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald nur mit einer kleinen Splitterfläche von 18 ha im südlichen Bereich des Forstbetriebes beteiligt und hat damit eine geringe Bedeutung für den Forstbetrieb. Den größten Flächenanteil hat der Naturpark Steinwald, in dem fünf Reviere liegen. Das Revier Friedenfels ist das einzige Revier, das komplett in einem Naturpark (Steinwald) liegt.

Tab. 6: Flächenübersicht über die Naturparke nach Revieren Revier Summe Name des Naturparks Mitterteich 1 Falkenberg Groschlatten. Friedenfels Pullenreuth Arzberg Naturpark Steinwald 20 ha 313 ha 919 ha 2.183 ha 1.267 ha 4.703 ha Fichtelgebirge 7 ha 924 ha 1.808 ha 2.740 ha Nördlicher Oberpfälzer Wald 18 ha 18 ha Summe Revier 20 ha 332 ha 926 ha 2.183 ha 2.191 ha 1.808 ha 7.461 ha

Abb. 45: Lage und Name der Naturparke

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5 Artenschutz

5.1 Säugetiere

Luchs

Europas größte Katzenart war bis ins 19. Jahrhundert flächendeckend in Mitteleuropa verbreitet. Aufgrund des zunehmenden menschlichen Einflu- sses (Besiedlung, Industrialisierung) wurden die Rückzugsräume immer kleiner. 1846 wurde z. B. der letzte Luchs im bayerischen Wald erlegt.

Foto: GRÜNER Trotzdem überlebten wenige Exemplare dieser Großkatze in östlichen, waldreichen und menschenarmen Rückzugsgebieten (z. B. Karpaten). Seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts treten vereinzelt wieder Luchsbeobachtungen auf, was vermutlich aus einer Zuwanderung aus den Rückzugsgebieten herrührt.

Durch eine veränderte Werteeinstellung der Gesellschaft ab Mitte der sechziger Jahre änderte sich die Einstellung zu den großen Beutegreifern drastisch. Vorher fast bis zur Ausrottung verfolgt, kam nun der Gedanke auf, diese Tiere wieder aktiv anzusiedeln und unter Schutz zu stellen. Anfang der siebziger Jahre wurde im Gebiet des Nationalparks Bayerischer Wald eine bislang unbekannte Zahl an Luchsen freigelassen. Auf böhmischer Seite wurden ebenfalls in den Jahren 1982 bis 1989 zahlreiche Luchse ausgewildert. Mittlerweile hat sich der Luchs wieder im gesamten Grenzgebiet etabliert und pflanzt sich dort regelmäßig fort. Der Gesamtbestand im böhmisch-bayerischen Grenzgebiet wird auf ca. 70 erwachsene Tiere geschätzt, davon leben ca. 20 in Bayern.

Am Forstbetrieb Waldsassen wird der Luchs regelmäßig gespürt, bzw. akustisch vernommen. Sichtbeobachtungen sind selten (letztmalig im Mai 2009 im Revier Groschlattengrün). Im letzten Jahr wurde im Revier Hatzenreuth ein Luchsriss aufgefunden, der durch einen Spezialisten bestätigt worden ist.

Die naturnahe Waldbewirtschaftung am Forstbetrieb Waldsassen, die einen strukturreichen, gemischten und stabilen Wald als Ziel hat, bietet dem Luchs neben ausreichend Nahrung (vor allem Rehwild) und verhältnismäßig großen geschlossenen Waldkomplexen gute Grundvoraussetzungen für einen geeigneten Lebensraum.

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Wildkatze

Auch die Wildkatze war, ähnlich wie der Luchs, in ganz Europa mit Ausnahme von Irland und Teilen Skandinaviens, verbreitet. Die Mittelgebirge stellten nach den Rodungsperioden des Mittelalters vielfach die letzten Rückzugsräume für die Wildkatze dar. In Deutschland kommen Wildkatzen vor allem in der Mitte und im Südwesten vor. In Bayern gibt es aktuell Nachweise im Spessart, den Hassbergen, der Rhön, im Fichtelgebirge und am Teichelberg des Forstbetriebes Waldsassen.

Nachdem im Revier Groschlattengrün im letzten Jahr vermutlich Wildkatzen beobachtet worden sind, fand im Frühjahr 2010 ein Monitoring statt. Hier wurden an verschiedenen Markier- Stöcken Haarproben gesam- melt, die genetisch unter- sucht worden sind. Das Er- Foto: GRÜNER gebnis war, dass sich zur Zeit zumindest drei Wildkatzen (zwei männliche, eine weibliche) im Revier Groschlattengrün aufhalten. Weitere Vorkommen sind bisher im Forstbetriebsbereich noch nicht bekannt geworden.

Im Rahmen der naturnahen Waldbewirtschaftung am Forstbetrieb Waldsassen kann davon ausgegangen werden, dass die Habitatvoraussetzungen für die Wildkatze zukünftig besser werden.

Biber

Der Biber ist die Erfolgsart bei den Wiederansiedlungen bedrohter Arten in Deutschland. Keine Art hat es geschafft, sich so gut nach ihrer Ausrottung wieder zu etablieren. Dies verdankt der Biber seiner sehr guten Anpassungsfähigkeit. So reichen ihm bereits 50 cm Wassertiefe, um sich dauerhaft anzusiedeln. Dabei ist er nicht wählerisch und besiedelt sowohl fließende als auch stehende Gewässer. Die Gewässerqualität bereitet ihm dabei keine Probleme.

Die Biberpopulation in der Tirschenreuther Teichpfanne hat ihren Schwerpunkt entlang der Waldnaab. Im Landkreis Tirschenreuth, einem der biberreichsten Landkreise deutschlandweit, leben nach Schätzungen ca. 760 Biber. Damit ist die Lebensraumkapazitätsgrenze in dieser Region erreicht.

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Zunehmend bereitet der Biber auch Probleme. Vor allem in der Fischereiwirtschaft und der Forstwirtschaft, so dass jährlich durch Genehmigung des Landratsamtes ca. 40 bis 50 Exemplare der Wildbahn entnommen werden müssen. Um für diese Art ein effektives Management aufrecht zu erhalten, wurden u. a. Biberberater am Landkreis etabliert. Kartierungen zufolge sind allein im Landkreis Tirschenreuth 231 Biberreviere bekannt.

Der Forstbetrieb Waldassen toleriert die Schäden durch den Biber auf all seinen Flächen, soweit nicht die Belange Dritter oder Verkehrssicherungspflichten dagegen sprechen. Lediglich die üblichen Schutzmaßnahmen für vorhandene standortsangepasste Laubhölzer (Drahthosen) werden ergriffen. Ferner wird in Biberhabitaten auf eine künstliche Einbringung von Laubbäumen verzichtet.

Wenn Probleme auftauchen, werden diese in Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde besprochen und angepackt.

Ferner setzt der Forstbetrieb Waldsassen die Maßnahmen im Sinne des seit 1998 in Bayern geltenden Bibermanagements um. Durch die Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung steht dazu seit 15.07.2008 ein neues rechtliches Instrumentarium zur Verfügung.

5.2 Vögel

Der Vogelschutz und die speziellen Maßnahmen für verschiedene Arten (z. B. Fischadler, Kranich, Sperlingskauz, diverse Spechte usw.) nehmen bei den Bayerischen Staatsforsten einen hohen Stellenwert ein. Neben dem ständigen Kontakt mit Mitarbeitern des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) oder anderen Ornithologen werden Maßnahmen zur Habitat- und Nahrungsverbesserung am Forstbetrieb umgesetzt.

Fischadler/Seeadler

In der nördlichen Oberpfalz wurden wiederholt Fisch- wie auch Seeadler beobachtet. Gerade die Waldnaabaue und die Tirschenreuther Teichpfanne mit den umliegenden großen störungsarmen Wäldern bieten den großen Fischjägern einen idealen Lebensraum. Für den

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Fischadler wurden in der letzten Jahren mehrere Nisthilfen aufgebaut (in den Revieren Mitterteich 1 und Falkenberg), von denen eine im Jahr 2010 angenommen wurde. Bei diesen Brutversuchen handelte es sich vermutlich um Jungvögel, die ihre erste Brut leider häufig verlieren. Die Chancen, dass in den nächsten Jahren am Forstbetrieb Waldsassen eine Brut durch den Fischadler erfolgreich sein wird, stehen somit sehr gut.

Auch der Seeadler zieht über den Wäldern und Seen seine Kreise. Im Revier Mitterteich 1 konnte ein Seeadlerpärchen mehrfach beobachtet werden. Da die Vögel immer aus einem bestimmten Waldgebiet aufgestiegen sind, wird vermutet, dass sie einen Horst in der Nähe haben.

Alle Mitarbeiter sind angehalten, mögliche Brutversuche zu beobachten und der Naturschutzbehörde mitzuteilen. Wie bereits oben erwähnt, werden forstliche Maßnahmen im Umfeld von Brut- und Aufzuchtbäumen empfindlicher Arten generell den Anforderungen der Tierart angepasst oder ggf. ganz ausgesetzt. Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Bundesnaturschutzprojekt Waldnaabaue berücksichtigen u. a. auch die Ansprüche dieser beiden Arten.

Der Forstbetrieb Waldassen geht davon aus, dass der Wappenvogel der Bundesrepublik Deutschland in näherer Zukunft auch in den Wäldern des Forstbetriebs Waldsassen brüten wird.

Abb. 46: Fischadler mit Beute in den Fängen (GRÜNER )

Schwarzstorch

Der Schwarzstorch gilt als besondere Waldlebensraumart (Kulturflüchter, ganz im Gegensatz zum Weißstorch). Er benötigt als Nahrungsareal naturbelassene Feuchtgebiete mit integrierten Flachtümpeln (Hauptnahrung: Fische, Rundmäuler, Amphibien und Wirbellose) und für seine Brut große, geschlossene, reich strukturierte Waldgebiete mit kräftigen Altbäumen mit lichter Krone und starken Seitenästen, die das bis zu 300 kg schwere Nest

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tragen können. Diese Voraussetzungen sind am Forstbetrieb Waldsassen auf großen Flächen gegeben. Nach Beobachtungen durch die Reviere sind am Forstbetrieb ca. acht Paare im Frühjahr und Sommer vorhanden, deren Horste meist bekannt sind. Wie bei anderen sensiblen Arten grundsätzlich auch, wird gerade beim scheuen Schwarzstorch auf jede Maßnahme in Horstnähe während der Brut- und Aufzuchtphase, in der er streng territorial ist, verzichtet.

Abb. 47: Junger Schwarzstorch auf einem Wurzelteller (SCHÖDEL )

Auerhuhn

Im nördlichen Steinwald wird diese Art gelegentlich noch beobachtet. Dabei handelt es sich vermutlich um Teile der Fichtelgebirgspopulation. Im übrigen Forstbetriebsbereich waren die letzten Beobachtungen im Großensterzer Wald 1983 (letzter balzender Hahn) und am Teichelberg im Jahr 1998 (eine einzelne Henne im NWR).

Aufgrund der geänderten Umwelt- und Nutzungsbedingungen in den Wäldern der Oberpfalz hat sich der Lebensraum für den größten flugfähigen Hühnervogel in Bayern stark zu seinen Ungunsten verändert. Ferner haben auch die Beutegreifer, die dem Auerwild gefährlich werden können (Fuchs, Schwarzwild usw.) stark zugenommen. Nachdem auch entlang der Grenze auf tschechischer Seite praktisch kein Auerwild mehr vorkommt, sind am Forstbetrieb Waldsassen zurzeit keine weitergehenden, unterstützenden Maßnahmen zur Erhaltung des Auerwildes geplant.

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Kranich

Der einzige Vertreter dieser Zugvogelfamilie in Nord- und Mitteleuropa ist auch am Forstbetrieb Waldsassen heimisch geworden. Im Revier Mitterteich 1 fand im Jahr 2010 die erste erfolgreiche Brut dieses grundsätzlich monogam lebenden Vogels statt.

Zwei junge Kraniche wurden in dem Gebiet der Waldnaabaue großgezogen. Wie viele andere Spezies findet auch der Kranich im Gebiet der Waldnaabaue ideale Lebensraumvoraussetzungen. Die Maßnahmen im Rahmen des Bundesnaturschutzgroß- projektes Waldnaabaue verbessern die Situation für die großen Schreitvögel weiter. Die benötigten Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Ansiedlung, wie Ruhe, Sicherheit und ausreichend Nahrung in Form von Kleinsäugern, Reptilien, Fischen, Fröschen usw., findet er in diesem Habitat zur Genüge.

Die erfreuliche Zunahme dieser Art in ganz Westeuropa (auf nunmehr ca. 60.000 bis 70.000 Exemplare) und die Lebensraumbedingungen in den Waldsassener Wäldern werden den Kranich wohl auch zukünftig zu einem Stammgast werden lassen.

Abb. 48: Wurzelteller als potentielles Habitat (GRÜNER )

Sonstige Vogelarten

Im Rahmen des Biotop- und Totholzkonzepts des Forstbetriebs werden insbesondere Höhlenbäume belassen, die vielen Vogelarten, wie z. B. dem Sperlingskauz, der Hohltaube und diversen Spechtarten Brut- und Lebensraum bieten. Die Wurzelteller umgefallener Bäume in Feuchtgebieten dienen als Brutraum für mehrere wichtige Vogelarten und werden nach Möglichkeit erhalten. Weiterhin fördert eine Gestaltung der Flussläufe spezifische Vogelarten, wie z. B. den Eisvogel.

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Tab. 7: Übersicht der sonstigen, seltenen Vogelarten am Forstbetrieb Waldsassen

Status Art Bemerkungen Rote Liste Unregelmäßiger Gast. 2009 1 sing. Ex. Steinbruch Hirschentanz. 2010 an der Heidelerche 1 Tongrube Seedorf bestätigt Bruchwasserläufer 1 An der Tongrube Seedorf beobachtet Brutvogel in Althölzern mit Schwarzspechthöhlen, die an Weihergebiete Schellente 2 angrenzen (Tirschenreuth, südlich ) Waldwasserläufer 2 Brutvogel im NSG Waldnaabaue Brutverdacht 1985-1992 im Naturwaldreservat Gitschger, danach keine Zwergschnäpper 2 Aufzeichnungen. 1 sing. Ex. 24.05.2010 im Reservat Brutvogel in Steinbrüchen (Teichelberg, Hirschentanz) und Tongrube Wiesauer Flußregenpfeifer 3 Wald Unregelmäßiger Brutvogel (Naturwaldreservat Gitschger) mit abnehmender Gartenrotschwanz 3 Tendenz Grauspecht 3 Seltener Brutvogel. 1 Revier regelmäßig im Naturwaldreservat Gitschger Habicht 3 Seltener Brutvogel Reviere und Beobachtungen zur Brutzeit im nördl. Steinwald, Kösseine, Uhu 3 Naturwaldreservat Gitschger, Hirschentanz, Waldnaabaue Einzelne Brutpaare direkt angrenzend an Wasserläufen (Fichtelnaab, Waldnaab, Eisvogel V Tiefenbach, Seibertsbach oder Weihergebiete) Einzelne Vorkommen im Steinwald, Kösseine, Oberpfälzer Wald. Stärkstes Hohltaube V Vorkommen am Teichelberg mit mind. 8 ruf. Exemplaren Seltener Brutvogel entlang Waldnaab, Wondreb ( Im Staatswald ?). Einziges Kleinspecht V Vorkommen in geschlossenen Waldgebieten im Naturwaldreservat Gitschger Rauhfußkauz V Stabile Vorkommen in den Hochlagen, ansonsten abnehmend Sperlingskauz V Im ganzen Gebiet nur noch selten. Abnehmend Turteltaube V Selten in der Naab-Wondreb-Senke

Waldschnepfe V In den Hochlagen fehlend oder selten, sonst verbreitet in Bereichen mit Laubholz Tabelle: nach Liegl, verändert (Status RL: 1=vom Aussterben bedroht, 2=stark gefährdet, 3=gefährdet, V=Vorwarnliste)

In obiger Tabelle sind weitere seltene Vogelarten am Forstbetrieb Waldassen aufgelistet (mit Status in der Roten Liste) mit deren Verbreitung und ggf. Angabe der vermuteten weiteren Bestandesentwicklung. Auch auf diese Arten wird bei der Bewirtschaftung entsprechend ihrer Bedürfnisse besonders geachtet.

5.3 Insekten

Ameisen

In Mitteleuropa kommen ca. 100 verschiedene Ameisenarten vor. Einige Arten findet man ausschließlich in Waldregionen. Diese Waldameisen sind ganz besonders durch die Umweltverschmutzung betroffen, so dass es zu einem starken Bestandesrückgang in den letzten 50 Jahren gekommen ist. In der Bundesrepublik Deutschland kommen acht Waldameisenarten vor, die in Hügelnestern leben. Alle gehören nach der Bundesartenschutzverordnung zu den besonders geschützten Arten und stehen damit unter Naturschutz. Im Bereich des Forstbetriebs Waldsassen befindet sich das bedeutendste

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Vorkommen der bedrohten roten Waldameise in Deutschland. Diese Megakolonie zwischen Tirschenreuth und Mitterteich umfasst mehr als 2.000 Nester.

In ihrem Jagdgebiet reguliert die Ameise die gesamte Insektenwelt, insbesondere die pflanzenfressenden Arten (dabei handelt es sich i. d. R. um Baumschädlinge). Bis zu 100.000 Insekten aller Entwicklungsstadien kann ein starkes Volk an einem warmen Sommertag erbeuten. Ferner verschleppen die Ameisen die Samen verschiedener Pflanzen und bewirken so eine Ausbreitung der Artenvielfalt im Wald. Bei der Bewirtschaftung wird auf die Ansprüche und vor allem auf die Nester besonders Rücksicht genommen.

Abb. 49: Ameisenhügel im Schwerpunktgebiet des Vorkommens (SCHNEIDER )

Libellen

Aufgrund der zahlreichen Gewässer im Bereich des Forstbetriebs Waldsassen sind auch mehrere Libellenarten, darunter auch sehr seltene vorhanden (z. B. einzelne Jungfernarten, siehe auch Kap. 4.1.1, z. B. FFH-Gebiete Waldnaab- und Wondrebaue).

Die Libellenarten sind als Räuber auf den Fang der Beutetiere im Flug prädestiniert. Im Wesentlichen ernähren sich die Libellen von anderen Insekten, auch Kannibalismus kommt gelegentlich vor. Trotz ihrer Schnelligkeit wird die Libelle von zahlreichen Fressfeinden bedroht. Insbesondere Frösche, Fledermäuse und Vögel ernähren sich von Libellen. Die Lebensdauer der adulten Exemplare beträgt lediglich ein paar Wochen. Rund zwei Drittel der ca. 80 heimischen Arten sind gefährdet, etwa jede fünfte Art ist vom Aussterben bedroht.

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Im Forstbetriebsbereich wurde in der Vergangenheit bereits eine ehemalige Tongrube (im Revier Arzberg) renaturiert und zum Schutz seltener Insektenarten, insbesondere von Libellenarten, gänzlich aus der forstlichen Nutzung genommen (z. B. Südlicher Blaupfeil).

Abb. 50: Plattbauch-Libelle (GRÜNER )

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Abb. 51: Südlicher Blaupfeil (MÖLLER )

5.4 Amphibien / Reptilien

Kreuzotter

Die Kreuzotter ist sowohl in Deutschland als auch in Bayern eine stark bedrohte Art. Ihre Bestände nehmen seit Jahrzehnten kontinuierlich ab. Ihre bevorzugten Lebensräume mit Moorgebieten und Blockhalden als Primärhabitate wurden immer kleiner. Erst seitdem die Moorrenaturierung und der Naturschutz an Bedeutung gewonnen haben, sind erste positive Trends zu erkennen. Die Hauptbeute der Kreuzotter, der Grasfrosch, benötigt Gewässerflächen, die ebenfalls für einen idealen Kreuzotterlebensraum erforderlich sind. Auch hier hat der Forstbetrieb in letzter Zeit ein Augenmerk darauf gelegt, dass einzelne Feuchtbiotope im Wald erhalten bzw. neu angelegt werden. Zum Beispiel finden im Steinwald, entlang der Waldnaab, und im Revier Mitterteich 1 gezielte Lebensraum- verbesserungsmaßnahmen statt. Gerade der Steinwald mit seinen zahlreichen Felsen und Blockhalden und den ebenso zahlreichen (Moor-) Nassflächen bietet der Kreuzotter sehr gute Habitate. Von Seiten des Forstbetriebes sind diese Habitate durch einfache Mittel, mit geringen Aufwand (i. d. R. nur Holzentnahme und ggf. Verschließen der Entwässerungsgräben; Schaffung lichter, warmer Waldsäume bzw. Waldbestände usw.)

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wieder herzustellen und lassen sich hervorragend in die vorbildliche Waldbewirtschaftung integrieren.

Abb. 52: Kreuzotter (GRÜNER )

Im Revier Mitterteich 1 wurden bereits 2008 auf ehemaligen Windwurfflächen ca. fünf bis sechs Meter breite Schneisen speziell für die Kreuzotter angelegt (gehäckselt und gefräst), um Randeffekte für einen Kreuzotterlebensraum zu schaffen. Neben dem Fichtelgebirge ist hier der zweitwichtigste Lebensraum für Kreuzottern in Nordbayern entstanden (Dr. Völkl).

Molche

Molche sind verschiedene, nicht unbedingt näher verwandte Schwanzlurcharten. Als Laichgewässer werden meistens ganzjährig wasserführende Kleinweiher und Teiche in eher lehmigen, seltener sandigen Böden, die zumindest mehrere Stunden am Tag der Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, benötigt. Als Landlebensraum sind Niedermoore sehr gut geeignet.

Am Forstbetrieb Waldsassen ist der Kammmolch die bedeutendste Molchart. Auch sie ist, wie viele andere bereits genannte Arten, im Bereich der Waldnaabaue eine naturschutzfachlich wichtige Art. Das Vorkommen ist allerdings sehr klein. Im Rahmen der Biotopverbesserungsmaßnahmen für andere Arten kann der Kammmolch in diesen Bereichen sehr gut profitieren.

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5.5 Sonstige Arten

Flussperlmuschel

In ganz Bayern existieren noch vier intakte Flussperlmuschelpopulationen (im Regen, der südlichen Regnitz, dem Perlenbach und dem Grenzbach/Heinbach). Der Grenzbach befindet sich im Steinwald im Revier Friedenfels. Gründe für den starken Rückgang dieser Art sind neben der Umweltverschmutzung die Versandung der Bäche, die Verdrängung der Bachforelle durch die Regenbogenforelle, Perlenräuber, die ganze Bestände geplündert haben sowie die starke Zunahme von Neozoen wie Bisamratte und Waschbär. Diese Muschel, die nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen bis zu 280 Jahre alt werden kann, benötigt zur Fortpflanzung ganz bestimmte Rahmenbedingungen. So müssen z. B. in dem Gewässer Bachforellen vorkommen, die den winzigen Frühformen (sogenannten Glochidien) als Wirt dienen und die sie zehn Monate parasitisch im Kiemenbereich besiedeln. Andere Fischarten sind als Wirt ungeeignet. Ferner benötigen die Flussperlmuscheln im letzten Entwicklungsschritt Sedimentationsbecken, um sich im Kies und Sand eingraben zu können, bis sie ausgewachsen sind. Erst nach etwa sieben Jahren verlassen sie den Untergrund wieder, nun mit der inzwischen gebildeten harten Schale und sind so weitestgehend vor Räubern geschützt. Am Forstbetrieb Waldsassen wurde im letzten Jahr ein Sedimentationsbecken im Grenzbach fertig gestellt, um die Lebensbedingungen zu verbessern.

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Flechten

Im Bereich des Steinwaldes wurde die Flechtenflora durch einen Kollegen des AELF Pressath, Herrn

BRADTKA , in den Jahren 1995 bis 2000 erfasst und katalogisiert.

Dabei gelang es Herrn BRADTKA , zahlreiche stark gefährdete Rote- Liste-Arten im Steinwald zu entdecken. Beispielhaft seien hier genannt: Arthrorhapsis citrinella, Cetraria aculeata, Chaenotheca furfuracea, Cladonis ciliata, Cladonia phyllophora, Cladonia rei, Dibaeis baeomyces Rhizocarpon viridiatrum, Tephromela atra, Sphaerophorus fragilis, Usnea filipendula usw. .

Insgesamt konnte Herr BRADTKA im

Steinwald 137 Flechtenarten nach- weisen. Unter ihnen 43 Epiphyten Abb. 53: Eine Flechte der Roten Liste; Usnea filipendula (KLÖBLE ) und 97 auf Böden oder Gestein lebende Arten. Etliche Arten sind aufgrund der sich ändernden Umweltbedingungen, insbesondere des Stickstoffeintrags, im Rückgang begriffen.

Der Forstbetrieb Waldsassen hat und wird mit zahlreichen Maßnahmen, u. a. Offenlegung und Freihaltung der Felsbereiche sowie dem Biotopbaumkonzept, weiter versuchen, die Lebensraumbedingungen für die Flechten zu erhalten bzw. zu verbessern.

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6 Biotopschutz

6.1 Waldbiotope

Die in Tabelle 8 gelisteten Waldgesellschaften wurden durch die Forsteinrichtung als besonders naturschutzrelevant kartiert und entsprechen weitgehend den gesetzlich geschützten Biotopen nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz bzw. Art. 23 Bayerisches Naturschutzgesetz. Diese umfassen eine Fläche von rund 268 ha. Zudem bewirtschaftet der Forstbetrieb auf rund 380 ha Klasse-1- bis 3-Waldbestände (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ) nach den Grundsätzen des Naturschutzes in den Bayerischen Staatsforsten. Auf den übrigen Flächen ist der Forstbetrieb im Rahmen der vorbildlichen Waldbewirtschaftung angehalten, naturnahe Waldgesellschaften mit den Baumarten der potentiellen natürlichen Vegetation zu entwickeln und zu erhalten. Dies spiegelt sich im bereits angesprochenen intensiv betriebenen Waldumbauprogramm wider.

Tab. 8: Übersicht der als Biotop geschützten Wälder nach Revieren (Quelle: FE 2009)

Block- Schlucht- Buchenwald, Bruch- Kiefernwald Spirkenfilz/ Sumpf- Summe 13d- Hangschutt- wald wärmeliebend wald bodensauer Moorwald wald Wälder wald Revier ha ha ha ha ha ha ha ha 1 Hatzenreuth 0,0 3 Mähring 1,2 2,1 4,3 7,6 4 Griesbach 11,3 11,3 6 Mitterteich I 20,0 1,4 21,4 7 Mitterteich II 0,7 45,4 46,1 8 Falkenberg 12,5 12,5 11 Groschlattengrün 4,3 35,9 3,7 12,3 56,2 12 Friedenfels 55,8 17,0 9,4 82,2 14 Pullenreuth 10,4 1,4 2,8 14,6 15 Arzberg 4,6 3,6 7,0 1,3 16,5 Summe FB 107,6 39,5 7,0 2,1 17,0 68,0 27,2 268,4 Quelle: Gis-Datenbank

Beispiele für diese Waldgesellschaften sind in nahezu jedem Revier zu finden. Größere An- teile an diesen Wäldern gibt es in den Revieren Friedenfels und Groschlattengrün. Am häufigsten sind die Block-Hangschuttwälder und die Spirkenfilz-Moorwälder vertreten.

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Abb. 54: Blockschuttwald (Fichten-Silikat-Blockwald) im Steinwald (KLÖBLE )

Abb. 55: Alter naturnaher Wald (LIEGL )

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6.2 Offenlandbiotope

Die durch den Forstbetrieb Waldsassen bewirtschaftete Waldfläche beinhaltet insgesamt 220 ha Offenlandbiotope. Der überwiegende Teil sind Moorflächen, waldfreie Feuchtflächen und potentielle Sukzessionsflächen. Die kartierten Offenlandbiotope sind sehr unterschiedlich in den Revieren verteilt. So hat das Revier Mitterteich 1 mit 112,6 ha die mit Abstand größten Flächenanteile. Dies ist hauptsächlich durch das Bundesnaturschutzgroßprojekt Waldnaabaue verursacht, bei dem ehemalige Weiherflächen ausgestockt worden sind und nun wieder vernässen. Auch die Reviere Pullenreuth, Falkenberg und Friedenfels haben mit deutlich über 10 ha noch nennenswerte Offenlandflächen. Die geringsten Offenlandflächen hat mit 3,8 ha das Revier Mähring.

Tab. 9: Übersicht der §30-Offenlandflächen nach Revieren (Quelle FE 2009)

waldfreie waldfreie Pot. extensive Gewässer- Moor- Feldgehölze/ Summe Revier Feucht- Trocken- Sukzessions- Grünland- flächen flächen -gebüsche Revier flächen flächen flächen flächen ha ha ha ha ha ha 1 Hatzenreuth 3 2,1 0,9 6,0 3 Mähring 0,6 2,6 0,6 3,8 4 Griesbach 0,5 1,4 1,8 5,0 0,6 9,3 6 Mitterteich I 1,3 39,5 2,1 55,3 14,2 0,2 112,6 7 Mitterteich II 1,5 2,5 0,3 0,2 4,5 8 Falkenberg 3,2 2,3 2,5 16,5 24,5 11 Groschlattengrün 1,1 3,6 0,9 0,5 6,1 12 Friedenfels 4,4 7,6 2,9 1,8 0,3 17,0 14 Pullenreuth 3,8 2,1 8,5 14,1 2,8 31,3 15 Arzberg 0,4 3,4 0,2 0,8 4,8 Summe FB 19,8 54,8 18,2 79,7 44,0 2,0 1,4 219,9 Quelle: Gis-Datenbank

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Abb. 56: Knockfelsen (SCHÖDEL ) links und Saubadfelsen (KLÖBLE ) rechts

6.2.1 Extensiv genutzte Flächen

Im Forstbetrieb Waldsassen befinden sich insgesamt vier kartierte Streuobstwiesen mit insgesamt 2,9 ha. Diese kulturhistorisch und naturschutzfachlich wertvollen Streuobstwiesen werden durch den Forstbetrieb erhalten und entwickelt.

Zusätzlich sind wertvolle Wildwiesen und Grünlandflächen kartiert, die durch regelmäßige und späte Mahd in ihrer spezifischen Artenvielfalt erhalten bleiben.

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Abb. 57: Glockenblumen auf einer Wildwiese (GRÜNER )

6.2.2 Feuchtgrünland

Die Feuchtwiesen bieten Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Im Rahmen der FFH-Kartierung werden sie in die FFH-Managementpläne aufgenommen. In Absprache mit den zuständigen Natura 2000-Beauftragten des AELF werden Maßnahmen erarbeitet, die den Erhalt der Feuchtwiesen sicherstellen. Diese beinhalten die Mahd sowie die Entfernung auflaufender Sukzession zum Erhalt spezifischer Pflanzen- und Tierarten.

Auch außerhalb der FFH-Gebiete liegen schützenswerte Feuchtwiesen den Menschen am Forstbetrieb Waldsassen sehr am Herzen.

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Abb. 58: Feuchtwiese in der Wondrebaue bei Großensees (GRÜNER )

6.2.3 Gewässer

Von den 36 ha Wasserflächen in der Bewirtschaftung durch den Forstbetrieb Waldsassen sind 19,8 ha naturschutzrelevant. Gerade diese naturschutzrelevanten Gewässer werden am Forstbetrieb auch als Trittsteine bzw. Knotenpunkte für die Entwicklung und Vernetzung von seltenen Arten gesehen. Ihr Erhalt und ggf. eine weitere Anlage von Gewässerflächen stellt eines der vielen Naturschutzziele des Forstbetriebes dar.

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Abb. 59: Extensiv bewirtschafteter Teich im Wald (SCHNEIDER )

6.2.4 Moore

Die wesentlichen Beschreibungen und Maßnahmen, insbesondere auch die Renaturierung, sind in Kapitel 3.4.3 genannt. Bei sämtlichen Moorflächen werden die Belange der Bodendynamik bei der Bewirtschaftung berücksichtigt. Klassische Moorbaumarten, wie die Spirke und die Moorbirke, werden gezielt gefördert oder auch eingebracht. Die Regel ist aber, dass diese Flächen offen gehalten werden, da sie eine wesentliche Rolle beim Schutz von zahlreichen bedrohten Arten spielen. Zukünftig sind am Forstbetrieb Waldsassen weitere Maßnahmen vorgesehen, die vorhandenen Moorflächen qualitativ aufzuwerten bzw. ehemalige Moorflächen sowie die sog. „Kulturhistorischen Teiche“ zu renaturieren.

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Abb. 60: Moorrenaturierungsfläche im Revier Mitterteich 1 (GRÜNER )

6.2.5 Potentielle Sukzessionsflächen

Zu den potentiellen Sukzessionsflächen zählen aufgelassene bzw. extensiv genutzte Steinbrüche, Kies- und Sandgruben, Heide- und Brachflächen sowie Waldschneisen, Schutzstreifen, Versorgungsleitungen mit spezifischer Fauna und Flora. Mit insgesamt rd. 44 ha sind diese Flächen in geringem Umfang vorhanden. Auch hier gibt es revierweise deutliche Unterschiede, was aber mit einer von Nord nach Süd durch den Forstbetrieb verlaufenden Hochspannungsleitung zu tun hat. Diese Leitung ist hauptsächlich in den Revieren Falkenberg und Mitterteich 1 zu finden. Auf den Leitungstrassen werden sämtliche Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden, der natürlichen Sukzession überlassen. Einzelne Flächen werden im Rahmen der Landschaftspflege mit Schafen und Ziegen beweidet um diese offen zu halten. Rohboden-Sukzessionen verschiedenster Ausprägungen finden sich auch in ehemaligen Tongruben, Sandgruben und Steinbrüchen.

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Abb. 61: Sukzessionsflächen, Rohböden und Verlandungszonen in der Tongrube Seedorf (MÖLLER )

Abb. 62: Sumpfbärlapp und Sonnentau (im Vordergrund) auf einer Sukzessionsfläche (MÖLLER )

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6.2.6 Trockenflächen

Etwa 18 ha der Forstbetriebsfläche wurden als Blockschutt- und Geröllhalden, offene Felsbildungen oder sonstige Trockenflächen kartiert. Die blocküberlagerten Geröllschutt- hänge sind aufgrund der unwirtlichen Lebensbedingungen (trocken, nährstoffarm) eine Nische für seltene und schützenswerte Moose und Flechten sowie wärmeliebende Reptilien. Um diese Arten zu erhalten, werden aufkommende Baumverjüngung (Sukzession) sowie schattierende Randbäume zurückgenommen.

Abb. 63: Granitblockhalde im Steinwald (KLÖBLE )

6.2.7 Geotope

Bei einem Geotop handelt es sich um erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde und des Lebens vermitteln sollen. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden, Mineralien und Fossilien sowie einzelne

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Naturschöpfungen und natürliche Landschaftsteile. (Definition gemäß Ad-hoc-AG Geotopschutz 1996 2). In Bayern sind die 100 schönsten Geotope ausgewiesen worden. Bisher gibt es am Forstbetrieb Waldsassen zwei Geotope, die mit diesem Prädikat durch das Landesamt für Umwelt ausgezeichnet worden sind. Dabei handelt es sich zum einen um den „Serpentinit-Härtling am Föhrenbühl“ im Revier Friedenfels (gleichzeitig Naturschutz- und FFH-Gebiet) und zum anderen um die „Bodenbildung am Heusterzbühl“ im Revier Mitterteich 1.

Abb. 64: Geotop Heusterzbühl (ZIPPERT )

2 AD-HOC-AG GEOTOPSCHUTZ (1996): Arbeitsanleitung Geotopschutz in Deutschland - Leitfaden der Geologischen Dienste der Länder der Bundesrepublik Deutschland

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7 Kooperationen und Öffentlichkeitsarbeit

7.1 Zusammenarbeit

Der Forstbetrieb Waldsassen steht in Fragen des Naturschutzes und bei der Umsetzung von Projekten im engen Kontakt mit zahlreichen Vertretern der Behörden, Verbände sowie der Lehre und Forschung. Im Einzelnen sind dies:

• Höhere Naturschutzbehörden an den Regierungen der Oberpfalz und von Oberfranken in Verbindung mit den unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern Tirschenreuth, Wunsiedel und Neustadt an der Waldnaab • TU München • Hochschule Weihenstephan-Triesdorf • LWF Freising • AELF Münchberg, Bereich Forsten und FFH-Kartierteam am AELF Bamberg • AELF Tirschenreuth, Bereich Forsten und FFH-Kartierteam am AELF Amberg • Landesbund für Vogelschutz (LBV) • Fichtelgebirgsverein • Oberpfälzer Wald Verein • Naturpark Steinwald e.V. • Landschaftspflegeverband Tirschenreuth • Im Naturschutz aktive Gruppierungen (z.B. BN-Geschäftsstelle TIR-WUN) • Kooperation mit allen am Artenschutz Interessierten

Die Kontakte zu den genannten Vertretern dieser Institutionen sowie zu bestimmten Einzel- personen werden auch zukünftig gepflegt. Notwendige Forschungsflächen werden vom Forstbetrieb Waldsassen grundsätzlich bereitgestellt.

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Abb. 65: Ortstermin zur naturschutzfachlichen Planung in der Tongrube Seedorf mit BN-Geschäftsführer Herrn Paulus, Mitarbeiter AELF Herr Höhler, FBL Herr Schneider (SCHNEIDER )

7.2 Öffentlichkeitsarbeit

Der Forstbetrieb Waldsassen versucht, sämtliche Medien durch Information und Diskussion in naturschutzfachliche Themen einzubinden. Dieses Angebot wird auch sehr gerne wahrgenommen. Oberstes Ziel ist dabei, der Bevölkerung die Umsetzung des Naturschutz- konzepts der Bayerischen Staatsforsten (10-Punkte-Programm) zu vermitteln. Nicht zuletzt soll mit der Öffentlichkeitsarbeit auch Verständnis und Akzeptanz für unsere naturnahe Forstwirtschaft im Ökosystem Wald geschaffen werden.

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8 Interne Umsetzung

Ziele

Aufgrund der wuchsraumbedingten und waldgeschichtlich geringen Laubholzanteile ist ein rasches Umsetzen der Belange des Naturschutzes am Forstbetrieb, abgesehen von einzelnen Projekten (z. B. Bundesnaturschutzgroßprojekt Waldnaabaue), nicht immer auf ganzer Fläche machbar. Um sich hier zu verbessern und die Umsetzung dieses Naturschutzkonzeptes zu optimieren, werden folgende Ziele und Maßnahmen vorrangig angestrebt:

• Hohe Sensibilität aller Beschäftigten für die Belange des Natur- und Artenschutzes • Vorbildliche Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zum Natur- und Artenschutz und darüber hinaus Beachtung der Vorgaben des Naturschutzes der BaySF • Laufende Fortbildung aller Mitarbeiter in Naturschutzbelangen • BaySF als kompetenter Partner im Natur- und Artenschutz • Sensibilisierung der Bevölkerung (v. a. Kleinselbstwerber) durch gezielte Aufklärung für die Ansprüche des Natur- und Artenschutzes

Praktische Umsetzung und Personalkonzept

Für eine Verankerung und Umsetzung des Naturschutzkonzeptes auf den Flächen des Forstbetriebes Waldsassen sind alle Mitarbeiter verantwortlich. Hierbei sind die Mitarbeiter des Außendienstes ganz besonders gefordert. Die dafür notwendigen Kenntnisse, gerade über den Waldnaturschutz, werden über Fortbildungen vermittelt. Mithilfe der darin vermittelten Grundlagen und im Rahmen einer abgestimmten Waldbewirtschaftung werden spezielle Maßnahmen für naturschutzfachliche Flächen bzw. Arten laufend (z. B. Kennzeichnung von Biotopbäumen) durchgeführt. Die Forstbetriebsleitung wird die geplanten Naturschutzmaßnahmen mit allen Beteiligten besprechen und räumlich und zeitlich nach Prioritäten geordnet umsetzen.

Die örtlichen und funktionalen Zuständigkeiten sind in den Stellenbeschreibungen und Organisationsplänen festgelegt. Dabei legt die Forstbetriebsleitung die Ziele und Strategien fest und übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit. Fachliche und strategische Unterstützung kommt hierbei von der Zentrale mit dem Regionalen Naturschutzspezialisten. An den Forstrevieren wird die Naturschutzarbeit vor Ort umgesetzt.

In ca. 10 Jahren soll ein großer Teil unserer Maßnahmenplanung erfolgreich abgeschlossen sein. Selbstverständlich ist dieses Konzept auch offen für neue Entwicklungen oder Themen.

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Für die Forstbetriebsleitung ist es Daueraufgabe, die Mitarbeiter aller Ebenen für die Belange des Naturschutzes zu sensibilisieren und (bei Problemen) zu unterstützen.

• Verbesserung der Kenntnisse von Lebensräumen und Arten bei allen Beschäftigten durch „Training on the Job“ • Förderung von Mitarbeitern mit besonderem Natur- und Artenschutzkenntnissen • Entwicklung von Monitoringsystemen durch die forstliche Planung und Überprüfung einzelner Naturschutzziele im Zuge des Naturalen Controllings • Intensive Zusammenarbeit mit den regionalen Naturschutzspezialisten der Bayerischen Staatsforsten • Schulung aller Mitarbeiter und Sensibilisierung für Naturschutzthemen unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten und Schwerpunkte

Aufklärung und Sensibilisierung der Selbstwerber

Deutlich ist auch am Forstbetrieb Waldsassen der steigende Brennholzbedarf der Bevölkerung zu spüren. Im Hinblick auf die Entwicklung der Energiepreise und -potentiale steigen immer mehr Bürger auf den Energieträger Holz als Wärmequelle um. Selbst in einem waldreichen Gebiet wie der nördlichen Oberpfalz ist die aktuelle Nachfrage bereits deutlich über die Liefermöglichkeiten des Forstbetriebes gestiegen. Konkurrierende Verwertungen des „Restholzes“ (Papier, Spanplatten, Verpackungshölzer usw.) erhöhen den Druck auf dieses Sortiment stark. Auch zahlreiche neu entstandene Biomassewerke tragen zur Verknappung des Rohstoffs Holz bei.

Die Bayerischen Staatsforsten haben hier mit ihrem Naturschutzkonzept Signale gesetzt, um Totholz, aber auch Biotopbäume in einem gewissen Umfang im Wald zu belassen. Die Beschäftigten tragen diese Ziele mit und setzen sie auf der Fläche um. Diese Umsetzung führt zu zahlreichen Diskussionen mit den Betroffenen. Die Bevölkerung im ländlichen Raum ist bei diesem Thema sehr gespalten. Viele Beteiligte verstehen und akzeptieren dieses Vorgehen und empfinden es als gut und richtig. Klare Vorgaben, was z. B. zu belassen ist oder welcher Baum entfernt werden darf, ist die beste Möglichkeit um die Vorgaben umzusetzen.

Der Forstbetrieb Waldsassen setzt dabei in erster Linie auf Aufklärung und Verständnis.

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Finanzierung bzw. ökonomische Auswirkungen

In ökonomischer Hinsicht sind vor allem die Nutzungs- und Verwertungsverzichte (im Wesentlichen Hiebsruhe in Klasse-1-Beständen und Belassen von Totholz und Biotopbäumen in Klasse-2- und 3-Beständen) von Bedeutung. Daneben entsteht ein Mehraufwand für planerische bzw. organisatorische Maßnahmen, um die naturschutzfachlichen Belange im Zuge der integrativen Waldbewirtschaftung zu berücksichtigen. Die ökonomischen Auswirkungen vorstehender Aspekte tragen ausschließlich die Bayerischen Staatsforsten.

Für spezielle Naturschutzprojekte, die aktive Maßnahmen erfordern und die über die Anforderungen einer naturnahen vorbildlichen Waldbewirtschaftung hinausgehen, werden finanzielle Mittel aus dem Budget der Bayerischen Staatsforsten , Zuwendungen des Freistaats Bayern im Rahmen der „Besonderen Gemeinwohlleistungen (bGWL)“ sowie Mittel der Naturschutzbehörden eingesetzt.

Auswirkungen des regionalen Naturschutzkonzepts auf den Betriebsablauf

Um die Ziele des Naturschutzkonzepts zu erreichen, müssen sich alle Mitarbeiter damit identifizieren und sie bei der täglichen Arbeit im Forstbetrieb berücksichtigen.

Die Arbeiten in naturnahen Beständen mit stehendem Totholz und Biotopbäumen bergen erhöhte Gefahren. Die größte Gefahr geht dabei vom Kronentotholz aus. Der Forstbetrieb nutzt alle Möglichkeiten, um diese Gefahren zu vermindern, z. B. durch hohe Sicherheitsstandards und durch die Schulung des Risikobewusstseins aller Mitarbeiter. Die Bayerischen Staatsforsten haben deshalb in ihr Fortbildungsprogramm eine Schulung zum Thema „Arbeitssicherheit, Biotopbäume und Totholz“ aufgenommen.

Doch nicht nur für die Mitarbeiter der Bayerischen Staatsforsten geht vom Totholz eine Gefahr aus. Auch im Wald arbeitende Unternehmer (z. B. Holzrücker), Brennholzselbstwerber, Waldbesucher und Verkehrsteilnehmer, die Wege und öffentliche Straßen im oder entlang des Staatswaldes nutzen, sind dieser Gefahr ausgesetzt. Der Waldbesitzer ist daher im Rahmen seiner Möglichkeiten und in Abhängigkeit von der Verkehrsbedeutung für die Verkehrssicherung verantwortlich. Daher ist es notwendig, dass entlang viel frequentierter Wege und öffentlicher Straßen die Sicherheit der Menschen absoluten Vorrang vor allen anderen Interessen hat.

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Die große Herausforderung für den Forstbetrieb ist die Synthese von Ökonomie, Ökologie und den Ansprüchen der Gesellschaft bei der Waldbewirtschaftung. Dabei gilt es, die vielfältigen und teilweise auch in Konkurrenz zueinander stehenden Ansprüche an den Wald (Bsp. Trinkwasserspender, CO2-Senke, Biotopbäume, Erholungsraum für Menschen) bestmöglich zu berücksichtigen.

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Glossar Borkenkäfer

Auszeichnen Eine weltweit verbreitete Käferfamilie mit 4.600 Arten, wovon etwa 95 in Deutschland

Das Markieren von Bäumen, die bei einer vorkommen. Einige Arten neigen zur Durchforstung entnommen werden sollen. Massenvermehrung und können forstlich große Schäden anrichten. Von forstlicher Bedeutung sind in Bayern vor allem Autochthon Kupferstecher und Buchdrucker.

Als autochthon wird eine Art bezeichnet, die in ihrem derzeitigen Verbreitungsgebiet Brusthöhendurchmesser (BHD) entstanden ist bzw. selbstständig eingewandert ist. Der Brusthöhendurchmesser ist der Durchmesser eines Baumes in 1,30 Meter Höhe. Er wird zur Berechnung des Besondere Gemeinwohlleistungen (bGWL) Holzvolumens des jeweiligen Baumes

Die BaySF haben die gesetzliche benötigt. Verpflichtung, über ihre vorbildliche Bewirtschaftung hinaus besondere Durchforstung Gemeinwohlleistungen, kurz bGWL, im Bereich der Erholung wie auch des Die Durchforstung ist eine waldbauliche Naturschutzes zu erbringen. Die Kosten Pflegemaßnahme, bei der aus einem Bestand dieser Maßnahmen werden zu 90 % staatlich eine bestimmte Anzahl von Bäumen bezuschusst, den Rest trägt die BaySF . entnommen wird, um den besten Bäumen im Bestand mehr Standraum zu geben. Dadurch Bestand wird der Wertzuwachs auf die Besten gelenkt. Vor allem im Nadelholz ist die Durchforstung Ist die Bezeichnung für einen homogenen auch für die Stabilität des Bestandes äußerst Waldteil, der sich hinsichtlich Form, Alter und wichtig. Baumart von seiner Umgebung abhebt. Er stellt zugleich die kleinste Einheit des Forsteinrichtung waldbaulichen Handelns für einen längeren Zeitraum dar. Man unterscheidet Die mittelfristige, in der Regel 10-jährige Reinbestände (nur eine Baumart) und Beplanung des Waldes. Dazu werden Mischbestände (mehrere Baumarten). zunächst über eine Inventur im Wald Holzvorrat und Zuwachs nach Beständen und Biozide Baumarten ermittelt. Danach werden die Sind Mittel zur Schädlingsbekämpfung oder betrieblichen sowie waldbaulichen Ziele auch Holzschutzmittel. geplant und der Hiebssatz festgelegt. Der

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Hiebssatz gibt die flächenbezogene Natura 2000-Gebiete setzen sich aus den nachhaltige jährlich einschlagbare Holzmenge Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH) und den an. Vogelschutzgebieten (SPA) zusammen.

Festmeter (Fm) Naturwaldreservat

Eine Maßeinheit für Holz. Ein Festmeter ohne Naturwaldreservate sind Waldbestände, die Rinde entspricht einem Kubikmeter reiner der natürlichen Entwicklung überlassen Holzmasse. werden. In ihnen finden keine regulären forstlichen Nutzungen mehr statt. Jungbestandspflege Pestizide So wird die Behandlung junger Waldflächen bis zum Eintritt in das Stangenholzalter Ist die Bezeichnung für Pflanzenschutzmittel. bezeichnet. In dieser Phase geht es vor allem Sie sollten nur im äußersten Notfall eingesetzt darum, Mischbaumarten zu sichern und werden. Konkurrenzpflanzen zurückzuhalten.

Potentielle natürliche Vegetation (pnV) Kalamität Als pnV wird die Pflanzengesellschaft Als Kalamität werden massive Forstschäden, bezeichnet, die sich ohne menschlichen welche z. B. durch Witterungsextreme, Einfluss, nachdem der Mensch die Waldbrand oder Insekten hervorgerufen Bewirtschaftung einer Fläche aufgegeben hat, werden, bezeichnet. entwickeln würde. In großen Teilen Bayerns wären das Buchenwaldgesellschaften. Nachhaltigkeit Standort Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft bedeutet, dass nicht mehr Holz genutzt wird, als Die Gesamtheit der Umwelteinflüsse am nachwächst. Aber auch im Bereich Wuchsort einer Pflanze, wie Klima, Boden und Naturschutz setzt sich der Forstbetrieb Relief. Waldsassen für den nachhaltigen Erhalt unserer Tier- und Pflanzenwelt ein. Totholz

Unter Totholz versteht man Holz stehender Natura 2000 und liegender abgestorbener Bäume, Äste oder Baumkronen. Totholz hat erhebliche Natura 2000 ist ein europäisches Netz von Bedeutung als Lebensraum und Schutzgebieten zum länderübergreifenden Nährstoffquelle. Schutz wildlebender heimischer Pflanzen und Tierarten und deren Lebensräume. Die

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IMPRESSUM

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Bayerische Staatsforsten AöR Tillystrasse 2 D-93047 Regensburg Tel.: 0049 (0) 941 6909-0 Fax: 0049 (0) 941 6909-495 E-mail: [email protected] Internet: www.baysf.de

Rechtsform Anstalt des öffentlichen Rechts (Sitz in Regenburg)

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Vertretungsberechtigter Dr. Rudolf Freidhager, Vorsitzender des Vorstandes

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Bildnachweis

Betriebsangehörige BaySF (Schneider, Schödel, Klöble, Liegl, Möller, Zippert) Norbert Grüner

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