Franz Willnauer

Festspiele und Musikfestivals LEBEN

In: Deutscher Musikrat / Deutsches Musikinformationszentrum (Hrsg.): MUSIK in Deutschland Musikleben in Deutschland, Bonn 2019, S. 300–327

Mit seinem reichen kulturellen Erbe und einer lebendigen Musikszene ist Deutschland ein Land der Musik. Millionen Menschen singen in Chören oder spielen ein Instrument; Musiktheater, Orchester, Ensembles und Bands sorgen für ein abwechslungsreiches musikalisches Angebot. Täglich erle- ben wir so die verschiedensten Genres, Stile und Musikkulturen. In 22 Fachbeiträgen bündelt das MUSIKLEBEN Deutsche Musikinformationszentrum ausgewählte Fakten zum Musikleben und beschreibt zentrale Bereiche in ihren Entwicklungen: von der musikalischen Bildung über das Amateurmusizieren und in Deutschland 2018 die professionelle Musikausübung bis hin zur Musikwirtschaft. 2019 Im Druck veröffentlicht: März 2019

Diese Publikation wurde gefördert durch: © Deutsches Musikinformationszentrum

ISBN 978-3-9820705-0-6 http://www.miz.org/musikleben-in-deutschland.html Final_RZ_Cover.indd 1 27.02.19 08:40 Festspiele und MusikfestivalsKapitel |

Festspiele und Musikfestivals

Kunstanspruch oder Event: Die Ambitionen für Musikfesti- 11 vals können so unterschiedlich wie ihre Ausführung sein. In Deutschland ist die Festivallandschaft besonders vielfältig und dicht – Franz Willnauer beleuchtet historische und gesell- schaftliche Entwicklungen.

Picknick auf Burg Hasselburg beim Schleswig-Holstein Musik Festival 300 301 Festspiele und Musikfestivals |

| Franz Willnauer

Festspiele und Musikfestivals

„Festspiele“ ist nicht nur ein deutsches Wort, Festspiele sind eine deutsche Erfindung. Ihr Inbegriff sind die Bayreuther Festspiele, die Richard Wagner 1876 „erfunden“ hat, um seine Musikdramen in künstlerisch exemplarischer Form zur Aufführung zu bringen, nachdem er sich mit dem Bayreuther Festspielhaus das geeignete Instrument dafür geschaffen hatte. Das Deutschland des 19. Jahrhun- derts war, ebenso fortschrittsgläubig wie restaurativ gesonnen, ein idealer Boden Inbegriff von Festspielen: für die Entstehung von Festspielen. Etwa zeitgleich mit Wagners Festspielidee ent- das Festspielhaus von Bayreuth (links) wickelte Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen als sein eigener Theaterdirektor und sein Saal mit Orchestergraben (rechts) das Prinzip von „Modell-Aufführungen“ klassischer Schauspiele, vornehmlich der Dramen Shakespeares, die er durch Gastspiele in ganz Europa bekannt machte. wie das Wort selbst, aus dem Angelsächsischen, und in England sind denn auch nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Festivals entstanden: schon 1945 das Chel- Schon 1845 hatte Franz Liszt anlässlich der Enthüllung des Beethoven-Denkmals tenham Music Festival, 1947 das Edinburgh und das London Music Festival, 1948 auf dem Bonner Münsterplatz die Bonner Beethovenfeste ins Leben gerufen, die das von Benjamin Britten und Peter Pears gegründete Aldeburgh Festival (vgl. Ab- allerdings erst Jahrzehnte später ihre feste Struktur und ihren Jahresrhythmus bildung 1). Vom Holland Festival 1947 bis zum Montreux Jazz Festival 1967 zieht bekamen, als sie mit den 1931 von Elly Ney gegründeten „Volkstümlichen Beetho- sich eine Welle von Neugründungen, die sich vom Eliten-Festspiel alten Schlags venfesten“ fusionierten. Zwei Jahre nach Liszt in Bonn richtete der Däne Niels durch ihre Konzepte, ihre Zielgruppen, ihre Marketingstrategien und nicht zuletzt Wilhelm Gade in Zwickau das erste Musikfest für Robert Schumann aus, das dann ihre Programme abheben wollten. Dass die Popularmusik in all ihren Facetten – ab 1860, dem 50. Geburtstag des Komponisten, zu einer festen Einrichtung wur- vom Jazz über Rock, Pop, Beat bis hin zu Heavy Metal und Electronic Folk – in der de. Als älteste Festspiele auf dem Gebiet der sinfonischen Musik wiederum gelten Veranstaltungsform des Festivals ihre ideale Präsentationsform gefunden hat, ist die Niederrheinischen Musikfeste, die ab 1817 alljährlich zu Pfingsten in mehreren mittlerweile erwiesen. rheinischen Städten abgehalten wurden. Dabei ist in Vergessenheit geraten, dass der Begriff „Festival“ ursprünglich nur Diesem historisch gewachsenen Typus der mit hohem Kunstanspruch auftreten- zur Unterscheidung des neuen, offenen, „demokratischen“ Veranstaltungstypus den und darum heute eher als elitär empfundenen Festspiele steht seit etwa der von dem Festspiel-Typus alten Zuschnitts gebraucht wurde. Auch die bewähr- Mitte des 20. Jahrhunderts ein neuer, junger, von Traditionen unbelasteter Veran- ten Festspiele älteren Datums sind längst dazu übergegangen, sich „Festivals“ zu staltungstypus gegenüber. Er wendet sich mehr an ein breites Publikum, richtet nennen – angesichts der Globalisierung auch des Kunstbetriebs ist das nahezu seine Inhalte nicht zuletzt auch an Marketingstrategien aus und sieht den „Event“ selbstverständlich. Im Zeitalter der Event-Kultur heißt inzwischen alles „Festival“, als einen wesentlichen Erfolgsgaranten an: das „Festival“. Der Begriff ist erst nach was öffentlich veranstaltet, zeitlich begrenzt und im konkurrierenden Markt- und 1945, im Zuge der Amerikanisierung des „alten Europa“, aufgekommen; er stammt, ­Mediengeschehen präsent ist. Darum tut eine Klärung der Begriffe not.

302 303 Festspiele und Musikfestivals |

Begriffsbestimmung Seit 1876 werden im Bayreuther

Festspielhaus die zehn Hauptwerke­ Eine verbindliche Definition der Begriffe Festspiel und Festival gibt es nicht. Richard Wagners aufgeführt. „Feiern und Feste sind kein Gegenstand der neutralen Wissenssoziologie“, 1 son- Das Theater mit dem abgedeckten dern unterliegen ganz subjektiven Einschätzungen, je nach historischem Stand- Orchestergraben wurde nach punkt, persönlichem Interesse und ideologischer Ausrichtung des Betrachters. den künstlerischen Wünschen Demgemäß können die konstitutiven Merkmale dieser beiden Phänomene unse- des Komponisten errichtet. res Kulturlebens nur empirisch durch Beschreibung (ihrer Eigenschaften) und Ver- gleich (mit konkurrierenden Erscheinungsformen) gewonnen werden.

„Festspiele, Musikfeste“, heißt es in der jüngsten Ausgabe des „Riemann Musik­ lexikons“, sind „Veranstaltungen, die Aufführungen besonderer Qualität oder sol- che mit im Repertoirebetrieb nicht erreichbaren Besetzungen ermöglichen. Auch durch den Ort (Tradition, Bauten, ferienhafte Atmosphäre) und die Erteilung von Auftragskompositionen werden F[estspiele] aus dem Rahmen des Alltäglichen herausgehoben.“2 Ausführlich beschreibt der einschlägige Artikel im „Metzler-­ Musiklexikon“ die Materie; einleitend heißt es: „Festspiele, Musikfeste (engl. u. frz.: festivals), über mehrere Tage oder Wochen sich erstreckende Musikveranstaltun- gen, die meist in regelmäßigem Turnus und in der Regel am gleichen Ort statt- finden. Durch spezifische Programmgestaltung und durch die Verpflichtung nam- hafter Künstler sollen konzertante Musik und/oder Werke des Musiktheaters in besonders vorbildlichen Interpretationen zur Aufführung kommen. Für die Wahl des Ortes sind oft dessen Musiktradition, aber auch seine durch Architektur und Landschaft besonders ausgezeichnete Atmosphäre bestimmend.“3

Festspiele haben sich zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert aus höfischen Fes- ten und historisierenden Jubiläumsfeiern (100. Geburtstage von Händel 1785 und Mozart 1856) entwickelt und wurden von der gleichzeitig entstehenden bürger- lichen Gesellschaft als Instrumente der Emanzipation genutzt. Zu einem bestim- menden Faktor unseres Musiklebens sind Festspiele als Veranstaltungstypus erst nach dem Zweiten Weltkrieg geworden. Mit dem Eindringen und immer stärkeren Vordringen des neuen Typus Festival wurde zugleich die Entwicklung von einer

Gegenüberliegende Seite: „Die Walküre“ in der Inszenierung von Frank Castorf von 2013 (oben) „Lohengrin“ von Yuval Sharon mit Bühnenbildern von Neo Rauch und Rosa Loy von 2018 (Mitte) „Die Meistersinger von Nürnberg“ unter Regie von Barrie Kosky von 2017 (unten)

304 305 Festspiele und Musikfestivals |

Die KunstFestSpiele Herrenhausen bieten mit Musiktheater, Performances,­ Konzerten und Installationen ein weit gefächertes künstle­ traditionell als kulturelle Höchstleistung verstandenen Kunstform zu einer vom risches Programm in den Herrenhäuser Gärten Perfek­tionsideal unserer Industriegesellschaft bestimmten Organisationsform und an weiteren Spielorten in Hannover. vollzogen. Festivals sind damit auch Ausdruck des jeweiligen Zeitgeists: Ihr Eventcharakter, ihre Vermarktungsstrategien „sensationeller“ Künstler*innen oder Kunstleistungen, nicht zuletzt ihr medialer Stellenwert machten sie zu ei- „werden zu einem Standbein des musikkulturellen Angebots, das die traditionelle ner zukunftsträchtigen Kunstbetriebsform. Opern- und Konzertsaison ergänzt“ – und, wie man die 1998 vorgelegte Studie 4 inzwischen ergänzen muss, immer öfter ersetzt. Auffällig ist, wie rasch die nach 1945 entstandenen neuen Festivals (Venedig, Ber- lin, Wien, Athen) gelernt haben, die Errungenschaften des zusammenwachsenden Kriterien Europa zu nutzen: Hoher Informationsvernetzung, unbeschränktem Austausch von Künstlern und Produktionen, rasanter medialer Verwertung und „political cor- Vier Kriterien sind es, aus denen sich die Wertbeständigkeit und inzwischen rectness“ auf der einen Seite entsprachen jedoch, quasi zwangsläufig, modische wohl auch die Existenzberechtigung von Festspielen wie Festivals ableiten lässt: Aktualität, gelegentlich allzu sorglose Anbiederung an den Zeitgeist und oft vor- eilige Unterwerfung unter den Kassenerfolg auf der anderen. Selbstverständlich ›› die Herausgehobenheit des Angebots, gibt es Ausnahmen: Festivals, die sich den Widerspruch zu den vorherrschenden ›› die Musterhaftigkeit des Gebotenen, Meinungen und Strömungen auf die Fahne geschrieben haben, auch einige, die ›› die spezifische Eigenart der Darbietung, abseits gängiger Wege ihre Nischen für Unbeachtetes oder Unbequemes, z. B. für ›› die eigenständige Prägung durch Idee und/oder Aura. die ganz alte oder für ganz neue Musik, gefunden haben, oder solche, die sich we- nigstens partiell und zeitweise dem globalen kulturellen Vermarktungskarussell Die Musterhaftigkeit des Gebotenen und die spezifische Eigenart der Darbietung verweigern. Insgesamt aber verdrängt der neue Typus Festival zunehmend die be- sind in einem Kulturbetrieb, der immer stärker von globaler Vermarktung von Top- stehenden Einrichtungen der bürgerlichen Kulturtradition aus dem öffentlichen Stars, ubiquitärer Verbreitung von Künstler*innen und Programmen als „Marken- Bewusstsein. „Festivals“, schreibt Karin Peschel im Abschlussbericht ihres Gut- artikel“ und totaler Verfügbarkeit von Informationen geprägt ist, fraglos zu unver- achtens über die ökonomischen Effekte des Schleswig-Holstein Musik Festivals, zichtbaren Elementen jeglicher ernsthaften Festivalstrategie geworden. 306 307 Festspiele und Musikfestivals |

Abschlusskonzert der Händel-Festspiele 2018 in der Galgenbergschlucht in Halle/Saale Richard Strauss 1920 ins Leben gerufen, die wichtigste, bis heute als Modell gel- tende Festspielgründung am Beginn des letzten Jahrhunderts. Bemerkenswert sind die politischen Implikationen, die bei den Festspielgründungen der Frühzeit häufig eine wesentliche Rolle gespielt haben. So war das Straßburger Musikfest Er- gebnis einer klaren Bekundung des Willens der kaiserlichen Verwaltung im fernen , die Hauptstadt des 1871 errichteten „Reichslands Elsaß-­Lothringen“ auch auf musikalischem Gebiet zu einem Schaufenster deutscher Kultur in Richtung Frankreich zu machen. Die Salzburger Festspiele wiederum wurden ganz bewusst in kulturpolitisch-„kompensatorischer“ Absicht ins Leben gerufen: um Österreich wenigstens zum kulturellen Bedeutungsträger mit europaweiter Ausstrahlung zu machen und so einen „Ersatz“ für die im Ersten Weltkrieg verlorengegangene politische Großmacht der k. u. k. Monarchie zu schaffen. Der „Denkmalpflege“ da- gegen sind die 1920 und 1922 in Göttingen und Halle/Saale entstandenen Händel- Die Herausgehobenheit des Angebots meint nicht nur die Präsentation des Pro- Festspiele gewidmet. gramms im umfassenden Sinn, sondern zielt vor allem auf die künstlerischen Inhal- te und deren Umsetzung in konkrete Veranstaltungen. Gegenüber den ganzjährig Ab 1933 sind die politischen Zielsetzungen bei der Gründung und „Umwidmung“ betriebenen Opernhäusern und Konzertbetrieben ist ein Festival in dreifacher Hin- von Festspielen noch offensichtlicher. So wurden die 1926 mit Shakespeare eröff- sicht herausgehoben: künstlerisch, organisatorisch und gesellschaftlich. So zählen neten Heidelberger Schlossfestspiele 1934 zu „Reichsfestspielen“ umfunktioniert ein bestimmter und regelmäßig wiederkehrender Zeitraum, ein besonderer Ort und und fortan ideologisch ausgeschlachtet. Auch die Kasseler Musiktage wurden für der Verzicht auf feste Strukturen zugunsten projekt- oder produktionsbezogener die nationalsozialistische Ideologie dienstbar gemacht, nachdem der veranstalten- Teams zu den organisatorischen Besonderheiten eines Festivals. Gesellschaftlich de Finkensteiner Bund 1933 „gleichgeschaltet“ und als „Arbeitskreis für Hausmu- wiederum kommt hier ein „Ereignis-Charakter“ zum Tragen, denn Festspiele sind sik“ weitergeführt wurde. Die Reaktion einer demokratischen Künstlerschaft ließ für einen bestimmten Personenkreis – z. B. Vertreter*innen aus Medien und Politik, nicht auf sich warten. Die Entstehung der Festspiele von Glyndebourne (1934) und Sponsoren, die „Schickeria“ – attraktiver als die Veranstaltungen eines ganzjährig Luzern (1938) ist eindeutig als Reaktion auf Hitlers Machtübernahme in Deutsch- angebotenen Musiklebens. Gerade diese gesellschaftliche Exponiertheit kann An- land 1933 und auf die Vertreibung jüdischer Künstler*innen aus dem 1938 annek- lass für Sponsoren sein, sich bei einem bestimmten Festival zu engagieren. tierten Österreich zu verstehen.

Festspielgeschichte im Zeitraffer Aufbruch nach 1945

Die Frühzeit 1900 bis 1938 Noch waren die Wunden, die der Zweite Weltkrieg in den Metropolen und Groß- städten Europas geschlagen hatte, nicht verheilt, als sich – zunächst zaghaft – die Insgesamt kennt die europäische Festspielgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahr- Stimme der Kultur wieder regte. In Kinosälen wurden wieder Theater und Oper ge- hunderts bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs nur relativ wenige Festspielgrün- spielt, in Kirchenräumen Konzerte veranstaltet, und mit dem Mut zur Improvisa- dungen. Auch wenn München (1901), Straßburg (1905), das finnische Savonlinna tion wurden auch die ersten Festspiele wieder abgehalten. Schon am 12. August (1912) und die Arena von Verona (1913) einen zeitlichen Vorsprung haben, so sind 1945 wurden die Salzburger Festspiele „wiedereröffnet“, am 5. August 1946 fand doch die Salzburger Festspiele, von Max Reinhardt, Hugo von Hofmannsthal und auf zwei am Ufer festgebundenen Kieskähnen das erste „Spiel auf dem See“ der 308 309 Festspiele und Musikfestivals |

AAbb.bb. 11 | |Festivalgründungen Festivalgründungen in inEuropa Europa 1945 1945 bis 1969*bis 1969* Das Bedürfnis der Menschen in ganz Europa nach Kunst und Kultur war groß, wie Pilze schossen die Neugründungen von Festwochen, Festspielen und Festivals aus 1945 Sagra Musicale Umbra, Perugia Festival Internacional de Música y Danza 1951 de Granada dem Boden: schon 1945 Perugia (Sagra Musicale Umbra) und Cheltenham, ein Jahr 1945 Cheltenham Music Festival 1952 Festspillene i Bergen später Montreux und Prager Frühling, 1947 Holland Festival, Edinburgh Festival 1946 Bregenzer Festspiele 1952 Europäische Wochen Passau und Ansbach (Bach-Woche), 1948 Aix-en-Provence und Aldeburgh, 1949 und 1950 1946 Septembre Musical Montreux-Vevey 1952 Schwetzinger Festspiele 1946 Internationales Bachfest Schaffhausen schließlich Dubrovnik, Venedig (La Biennale di Venezia), Berliner Festwochen und, 1952 Händel-Festspiele Halle1 1946 Prager Frühling als Wiederbelebung der 1921 unter dem Patronat des Fürsten Max Egon von Fürs- Internationale Orgelwoche Nürnberg – 1946 Ruhrfestspiele 1952 MUSICA SACRA tenberg ins Leben gerufenen „Kammermusikaufführungen zur Förderung zeitge- 1946 Sommerliche Musiktage Hitzacker 1952 Festival Internacional de Santander nössischer Tonkunst“, die Donaueschinger Musiktage. Auch die nächsten Jahre 1947 Holland Festival 1952 Festival Ljubljana sind noch reich an neuen Festivals (vgl. Abbildung 1). Wenn auch aus höchst unter- 1947 Edinburgh Festival 1953 Festival de Wiltz, Luxemburg schiedlichen Interessen entstanden, so waren es doch vorwiegend der Humanität 1947 London Music Festival 1953 Münchner Opernfestspiele1 verpflichtete Antriebskräfte, die für die rasch um sich greifenden Neugründungen 1947 Bachwoche Ansbach 1955 Athens - Epidaurus Festival von Festspielen in ganz Europa sorgten. Erst etwa 1970 fand dieser Aufbruch sein 1948 Festival d’Aix-en-Provence 1956 Gstaad Menuhin Festival 1948 Aldeburgh Festival 1957 Warschauer Herbst Ende. 1948 Festival International de Musique de Besançon 1957 Gulbenkian Festival, Lissabon Bath International Music Festival 1948 1957 Festival dei due Mondi Spoleto Stagnation und Protest in den 1970er Jahren (seit 2017 The Bath Festival) 1957 Flandern Festival 1949 Dubrovnik Summer Festival Festival de la canción Mediterránea, 1959 1949 La Biennale di Venezia Barcelona (bis 1967) Für die nächsten 20 Jahre ist eine auffällige Zurückhaltung bei Neugründungen 1950 Berliner Festwochen (seit 2005 Musikfest Berlin) 1960 Semana de Música Religiosa, Cuenca in der damaligen Bundesrepublik zu konstatieren; sie ist zweifellos eine Folge der 1950 Wiesbadener Maifestspiele1 1961 Musicki Biennale Zagreb 68er-Bewegung, die mehr als nur die Fundamente unseres Kulturverständnisses 1950 Bad Hersfelder Festspiele 1962 Settimane Musicali, Stresa und unseres Kunstkonsums nachhaltig verändert hat. Erwähnenswert sind für 1950 Festival Pablo Casals de Prades 1962 Magdeburger Telemann-Festtage diese Phase lediglich das 1976 zum 400. Todestag von Hans Sachs ins Leben geru- 1950 Donaueschinger Musiktage1 1967 Montreux Jazz Festival fene dreitägige Open-Air-Festival Bardentreffen in Nürnberg und das die Kunst- 1951 Bayreuther Festspiele1 („Neubayreuth“) 1967 Musikbiennale Berlin (Ost) gattungen schon keck vermischende Zelt-Musik-Festival in Freiburg, das 1983 aus 1951 Mozartfest Würzburg1 1968 Helsinki Festival 1951 Eutiner Festspiele 1968 Steirischer Herbst, Graz der in den 1970er Jahren begründeten Reihe „Klassik & Jazz“ an der Universität Frei- 1951 Wiener Festwochen 1969 Wittener Tage für neue Kammermusik burg entstand.

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. 1 Neugründung bzw. Neuausrichtung. Quelle: Zusammengestellt für das Deutsche Musikinformationszentrum von Franz Willnauer. Unabhängig davon verlief die Festivalgeschichte in der ehemaligen DDR; die In- dienstnahme der Musik für die Politik auf der einen Seite, die Schaffung von Frei- räumen durch die Hinwendung zur Popularmusik auf der anderen werden durch Bregenzer Festspiele statt, und bereits am 1. Mai 1946 hatten sich Hamburger die Festivalgründungen dieser zwei Jahrzehnte eindrucksvoll belegt: hier das „Fes- Künstler bei den Kumpeln der Zeche König Ludwig 4/5 mit Aufführungen von tival des politischen Liedes“, eine der größten Musikveranstaltungen in der DDR, Tschechows „Heiratsantrag“ und Mozarts „Figaro“ für die Kohlelieferung des vor- die zwischen 1970 und 1990 alljährlich in Ost-Berlin stattfand; dort die Freiberger herigen Winters bedankt und so die Ruhrfestspiele Recklinghausen ins Leben ge- Jazztage, das Internationale Dixieland Festival Dresden, die Leipziger Jazztage, das rufen. Am 29. Juli 1951 schließlich wurden die Bayreuther Richard-Wagner-Fest- Festival „Mandaujazz – das Dreiländereck jazzt“ und das Bluesfestival Dresden – spiele als „Neubayreuth“ glanzvoll wiedereröffnet. 310 311 Festspiele und Musikfestivals |

allesamt zwischen 1970 und 1985 gegründet. Den schmalen Grat zwischen politi- scher Indoktrination und künstlerischer Profilierung beschritten, mit mehr oder weniger Glück, zwei vom Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR organisierte Festivals: die 1967 gegründete Musik-Biennale Berlin (die heute in Gestalt der MaerzMusik weiterlebt) und die seit 1974 dazu abwechselnd stattfindenden DDR-Musiktage. Ein Sonderfall waren die 1978 gegründeten, vom Ministerrat der DDR „anbefohlenen“ Dresdner Musikfestspiele, die zu einer der wenigen Plattformen für Auftritte internationaler Künstler*innen wurden.

Parallel zur Verunsicherung und Selbstbeschränkung des „klassischen“ Segments entstand mit der Hippiebewegung ein neues kulturelles Phänomen, das sich in Festivals wie dem Woodstock-Festival (1969) oder dem seit 1968 bestehenden Burg Herzberg Festival beeindruckende Präsentations-Foren der Massenkultur geschaf- Giuseppe Verdis „Troubadour“ bei den DomStufen-Festspielen in Erfurt 2017 fen hat. Unter dem griffigen Motto „draußen und umsonst“ hat sich nach 1970 der Typus Jazz-, Rock- und Pop-Festival in Deutschland zum Massenartikel entwickelt. Wendezeit und Festival-Boom

Jazzfest Bonn 2018: Bundesjazzorchester im Opernhaus (links oben), Nach dem großen politischen Umbruch zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhun- Nils Landgren Quartet im Post Tower (links unten), derts war eine neue Gründungswelle von Festivals zu erleben, die inzwischen zu Julia Biel im Haus der Geschichte (rechts) einer internationalen Festival-Landschaft von zuvor nicht gekannter Dichte geführt hat. Den Anfang machte Justus Frantz schon 1986 mit dem Schleswig-­Holstein ­Musik Festival (SHMF). Unter dem Motto „Klassik auf dem Lande“ entdeckte er eine Marktlücke, machte Kirchen, Herrenhäuser und Scheunen zu Konzertstätten, gewann neue Besucherschichten für die klassische Musik und schuf so den neuen Typus eines flächendeckenden, bürgernahen, nicht themen-, sondern künstler- wie sponsorenorientierten Festivals. Gewiss knüpfte sein Festival an Modelle und Vor- bilder wie das seit 1957 bestehende Flandern-Festival oder das legendäre Festival Svjatoslav Richters in der Scheune von Meslay an, aber die Kombination all dieser Elemente zum richtigen Zeitpunkt ist Frantz’ ureigenstes Verdienst.

Spezifische Eigenart: Das Schon bald wurde das SHMF selbst ein „Modell“ für Festival-Neugründungen in Jazzfest Bonn präsentiert den alten wie (seit 1990) in den neuen Bundesländern, so für das Rheingau Musik in Doppelkonzerten Festival, Ludwig Güttlers Erfolgsmischung „Sandstein und Musik“ oder die Fest- Weltklasse-Stars mit spiele Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem der Gründungsboom in den kultur- Nachwuchstalenten und und geschichtsträchtigen Ländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen zeigte regionalen Jazz-Größen. eine Tendenz zur Vermarktung lokaler „Größen“ oder regionaler Besonderheiten; 312 313 Festspiele und Musikfestivals |

Abb.Abb. 2 | Festivalgründungen inin Deutschland seitseit 1985 1985** zugleich dokumentierte er das Bestreben, mit Hilfe der neu gewonnenen Errun- genschaften des Marketings auch auf dem Kultursektor marktwirtschaftliche Er- Europäisches Musikfest Stuttgart (seit 2009 1999 Beethovenfest Bonn1 1985 Musikfest Stuttgart) 1999 Bachfest Leipzig folge zu erzielen. 1985 Händel-Festspiele Karlsruhe1 Opening – Internationales Festival für aktuelle 2000 Klangkunst 1986 Kissinger Sommer Der massive Anstieg von Festivalgründungen – fast möchte man von einer „Festi- 1986 young.euro.classic – Europäischer Musik- Schleswig-Holstein Musik Festival 2000 1987 Raritäten der Klaviermusik Husum sommer Berlin valitis“ sprechen – im vereinigten Deutschland nach der Wende (vgl. Abbildung 2) „Wege durch das Land“ – Literatur- & Musikfest Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik 2000 war höchst ungewöhnlich, wenn man die angespannte Situation in den Kassen 1987 (seit 2009 Tonlagen – Dresdner Festival für in Ostwestfalen-Lippe zeitgenössische Musik) 2000 Darmstädter Residenzfestspiele der öffentlichen Hand bedenkt, die allseitigen Klagen über den Rückzug der Spon- 1988 Rheingau Musik Festival 2002 Ruhrtriennale soren aus der Kulturförderung hört und die immer wiederkehrenden Diskussionen 1988 Romanischer Sommer Köln 2002 KlangZeit Münster Braunschweiger Kammermusik-Podium (ab 2001 2003 Bebersee Festival b:fes um Orchesterfusionen und Theaterschließungen verfolgt – Entwicklungen, die 1988 Braunschweiger Classix Festival, bis 2011) orgel-mixturen – Internationales Festival 2005 sich bis in die Gegenwart fortsetzen. Was hat Kommunen, Gesellschaften, private Münchner Biennale – Internationales Festival für zeitgenössische Orgelmusik Köln 1988 Trägervereine und unbelehrbar optimistische „Einzeltäter“ dazu veranlasst, sich in für neues Musiktheater 2005 Bach-Festival Arnstadt 1989 Klavierfestival Ruhr 2005 RheinVokal – Festival am Mittelrhein den dicht gedrängten Festspielmarkt zu begeben? Die Antwort muss wohl lauten: 1989 Internationales Bodensee-Festival 2005 Rolandseck-Festival Anders als nach 1945 kann eine solche Entscheidung nicht mehr als Zeichen des 1989 Musikfest Bremen 2006 Winter in Schwetzingen 1990 Kunstfest Weimar 2006 Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen Überlebenswillens und der Neubesinnung auf geistige Kräfte verstanden werden, Sommerkonzerte zwischen Donau und Der Sommer in Stuttgart – Musik der sondern ist viel eher Ausdruck klarer wirtschaftlicher Interessen. Das Schlagwort 1990 2007 Altmühl (seit 2004 Audi Sommerkonzerte) Jahrhunderte von der Kultur als weichem Standortfaktor einer Region und das Kalkül vom Wirt- 1990 Festspiele Mecklenburg-Vorpommern Provinzlärm – Festival Neuer Musik, 2007 Festivalsommer (Kammeroper) Schloss Eckernförde schaftsnutzen, der sich über die sogenannte Umwegrentabilität einstellt, haben 1991 Rheinsberg Sinus-Ton – Magedeburger Tage der 2008 sich offensichtlich des Festspielgedankens als Musterbeispiel unserer modernen 1991 Brandenburgische Sommerkonzerte elektroakustischen Musik 1991 Musikfestspiele Potsdam Sanssouci 2008 Impuls. Festival für Neue Musik Sachsen-Anhalt Ereigniskultur zunehmend bemächtigt. 1991 Festival „Mitte Europa“ 2008 Bach Biennale Weimar 1992 MDR Musiksommer 2008 Festival „Musik 21“ Niedersachsen/Hannover Rossini-Festival Putbus 2009 Klangvokal Musikfestival Dortmund 1992 (seit 2001 Putbus Festspiele) 2010 Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch Ensemble Musikfabrik mit Harry-Partch-Instrumenten bei „Orff in Andechs“ (2011-2015 Carl Orff-Festspiele 2011 Acht Brücken – Musik für Köln der Ruhrtriennale 2017 in der Bochumer Jahrhunderthalle 1992 Andechs, seit 2018 Carl Orff Fest Andechs & „cresc...“ Biennale für Moderne Musik Frankfurt Ammersee) 2011 Rhein Main (davor ab 2007 Klangbiennale – 1993 Kurt Weill Fest Dessau Festival zeitgenössischer Musik, Frankfurt a.M.) 1993 Europäisches Musikfest „Europamusicale“ 2012 Festspielfrühling Rügen 1993 Köthener Bachfesttage 2012 now! Festival für Neue Musik Essen 1994 Musik-Triennale Köln (bis 2010) 2012 Gezeitenkonzerte in Ostfriesland 1994 Usedomer Musikfestival 2013 Osterfestspiele Baden-Baden 1994 Dresdner Musikfestspiele1 2013 Lux Aeterna, Hamburg 1994 DomStufen-Festspiele Erfurt 2013 Festwoche AlpenKlassik, Bad Reichenhall 1996 Heidelberger Frühling 2014 Internationales Musikfest Hamburg 1997 Eclat – Festival Neue Musik Stuttgart 2015 A Summer‘s Tale, Lüneburger Heide Spannungen – Musik im Kraftwerk Heimbach 2016 PULS Open-Air-Festival Schloss Kaltenberg 1998 (Eifel) 2016 Musikmesse Festival Frankfurt 1998 Internationale Festspiele Baden-Baden 2017 Stars & Rising Stars, München

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. 1 Neugründung bzw. Neuausrichtung. Quelle: Zusammengestellt für das Deutsche Musikinformationszentrum von Franz Willnauer.

314 315 Festspiele und Musikfestivals |

Kurt Weill Fest 2017 und 2018: Kurt Weills „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ im Opernhaus Halle (links), Ulrich Tukur und die Segel gestrichen. Und auch das 2002 geöffnete „zeitfenster – Biennale Alter Mu- die Rhythmus Boys im Anhaltinischen Theater Dessau (rechts) sik“ in Berlin hat nach zwölf Jahren wieder dicht gemacht. Selbst Klassik-gesättigte Festivals wie die Hamburger Ostertöne, die 2006 erstmals erklungen waren, oder das ab 2004 veranstaltete Sommerfestival AlpenKLASSIK in Bad Reichenhall gibt es nicht mehr; diesem ist eine bescheidenere Festwoche AlpenKlassik gefolgt. Die Krise geht um, nicht nur in Deutschland. Die hochachtbare Salzburger Biennale für moderne Musik ist 2012 gerade noch einmal dem finanziellen Absturz entronnen, das Tomorrow-Festival auf dem Gelände des nie in Betrieb genommenen öster- Unter jährlich wechselnden reichischen Atomkraftwerks Zwentendorf musste Insolvenz anmelden. Und die Schwerpunkten präsentiert schweizerische Presse vermeldet, dass auch das 1999 gegründete Uncool-Festival das Kurt Weill Fest Werke in Val Poschiavo, ebenfalls der zeitgenössischen Musik gewidmet, am Ende ist. von Weill und seiner Zeit sowie klassische und Neben den internen Erosionserscheinungen, denen sich die deutsche Festspiel- zeitgenössische Stücke landschaft (und nicht nur diese) ausgesetzt sieht, ist auch ihre verblassende mit Anbindung an den Außen­darstellung nicht mehr zu übersehen. Für viele Medien sind Festivals „the Komponisten. same procedure as every year“. Das Fernsehen überträgt höchstens die Eröffnungs- konzerte der großen „Flaggschiffe“, die überregionale Presse berichtet allenfalls über ausgewählte Premieren, das Interesse der Kritik wie des Publikums gilt jedoch Seit der Jahrtausendwende deuten sich jedoch, zumindest für den deutschspra- überwiegend dem einzelnen Ereignis, nicht dem kulturellen Phänomen. chigen Raum, erhebliche Verschiebungen im Festivalgefüge an. Von einigen Groß- veranstaltungen, vorwiegend in Nordrhein-Westfalen (Ruhrtriennale, Klangvokal Besorgniserregend ist auch der offensichtliche Bedeutungsverlust, den die deut- Musikfestival Dortmund, Land.Schafft.Kultur – Biennale für Ostwestfalen-Lippe) schen Festivals in der internationalen Vernetzung erfahren haben. Der European abgesehen, waren es jetzt vorwiegend auf Alte oder zeitgenössische und neueste Festivals Association (EFA), die 2017 auf ihr 65-jähriges Bestehen zurückblicken Musik spezialisierte, oft privater Initiative entspringende Kurzveranstaltungs-Seri- konnte, gehört gerade noch Berlin als einziges von 15 Gründungsmitgliedern an, en, die sich als Nischenfestivals etablierten. und insgesamt nur fünf deutsche Festivals sind unter den rund 100 derzeitigen Mitgliedern.5 Die europäische Aufgabe, Reichtum und Vielfalt des kulturellen Das Ende der fetten Jahre Erbes zur Schau zu stellen, scheint von den Festspielen und Festivals in wenigen Jahrzehnten auf die von der EU initiierten und geförderten Kulturhauptstädte In jüngster Zeit stehen die Zeichen wieder auf Veränderung, und der Daumen weist übergegangen zu sein. nach unten. Gleich fünf deutsche Musikfestivals, alle erst im neuen Jahrhundert ge- gründet, haben inzwischen wieder aufgegeben. Schon 2010 hat die Kölner Musik­ Trendwende in Sicht? Triennale nach drei Ausgaben ihr Leben ausgehaucht – sie wurde allerdings 2011 durch ein neues, nunmehr alljährliches Festival Acht Brücken – Musik für Köln er- Die Frage, wie es in dem sich rasant verändernden Markt von Freizeitangeboten setzt, das zwischenzeitlich auch selbst wieder durch eine angedrohte Streichung des weitergeht mit dem Kulturgut Festival, das zugleich ein ökonomisches Produkt städtischen Zuschusses in seinem Fortbestand gefährdet war. Ebenfalls 2010 hat ist – diese Frage ist heute noch schwieriger zu beantworten als je zuvor. Positive die erst 2008 gegründete Audiodigitale in Dortmund mangels Besucherzuspruch Fakten und negative Ereignisse halten sich die Waage, neben bedrohlichen und 316 317 Festspiele und Musikfestivals |

bestürzenden Entwicklungen gibt es immer wieder auch couragiertes Handeln Auch Festspiele und Festivals besitzen – neben ihren immateriellen künstlerischen mit erfreulichen Wirkungen. So ist eine ungewöhnlich große Zahl von Konzert- Werten, ihrer kulturellen Bedeutung, ihrer Tradition und ihrer Aura – konkretes, saalneubauten zu konstatieren, die nicht nur in Großstädten (Hamburg, Berlin, materielles Vermögen, sei es in Form von Veranstaltungsstätten, Ensembles oder Bochum, Dresden) dem Musikleben neuen Glanz verleihen, sondern auch in der medialen Verwertungsrechten. Damit ist von ihrer Leitung neben der künstleri- sogenannten Provinz (Erl 2012, Blaibach 2014, Künzelsau 2017) eine neue Qualität schen Kompetenz auch die kaufmännische Verantwortung gefragt. Denn jegliche der kulturellen Grundversorgung schaffen. Erfreulich auch der Mut einzelner Mu- künstlerische Entscheidung hat ohne Frage unweigerlich auch eine wirtschaftli- sikenthusiasten, neue Festivals ins Leben zu rufen, und die Risikobereitschaft an- che Konsequenz – und umgekehrt. derer, ihnen die nötigen Starthilfen zu gewähren. So imponiert das am 1. Mai 2017 in München gestartete Festival Stars & Rising Stars sowohl mit der risikoreichen Kunstereignis oder Wirtschaftsunternehmen? Idee, „junge Spitzenkünstler gemeinsam mit Stars auf der Bühne und viele junge Zuhörer im Publikum“ zu vereinen, als auch mit dem Namedropping in Kuratori- Die Frage ist nicht mit einem Entweder-oder zu beantworten, sondern nur mit um wie Organisationskomitee. einem Sowohl-als-auch. Denn Festivals sind, einmal abgesehen von der Rolle, die sie mit ihren künstlerischen Leistungen im lokalen, regionalen, nationalen oder Erstaunlich ist vor allem die Zahl der ausübenden Musiker*innen, die unter die internationalen Kulturleben spielen, wesentlich auch Wirtschaftsbetriebe. Sie ge- Festival­gründer und -manager gegangen sind: Rudolf Buchbinder mit seinem hören wie Theater, Konzerthäuser und Museen zu den sogenannten Non-Profit-­ Mega-­Festival im niederösterreichischen Grafenegg; Tabea Zimmermann, die das Unternehmen, bei denen der wirtschaftliche Erfolg – anders als bei einem Unter- festivalgesättigte Bonn seit 2015 mit einer Beethoven-Woche beglückt; Joshua nehmen der Erwerbswirtschaft – nicht an den Parametern Umsatz und Gewinn Rifkin, der mit dem thüringischen Arnstadt eine Wirkungsstätte Johann Sebasti- gemessen werden kann; hier liefert ausschließlich das Verhältnis von Betriebsauf- an Bachs zur Festspielstadt gemacht hat; das Fauré Quartett, das die Insel Rügen wendungen und Betriebserträgen den Maßstab für ihre Selbstfinanzierungskraft. mit einem „Festspielfrühling“ überzieht; Christoph Poppen, der sogar eine alte maurisch-­römische Festung im tiefsten portugiesischen Alentejo zum Festspielort verzaubert – sie alle stehen auch für eine neue Idee von Festspiel und Festival. Sie bringen ihre eigene Kreativität und musikalische Kompetenz ein, sie suchen be- wusst die Nische, die abseits des Mainstreams Erfolg verspricht, sie setzen auf intelligente Konzepte statt auf populäre Rezepte. Ist neuer Optimismus angesagt?

Der „Wirtschaftskörper“ Festival

In den Gemeindeordnungen steht der Begriff „selbstständiger Wirtschaftskör- per“ für die privat-rechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit, die einer Gemeinde neben ihren hoheitlichen Rechten und Verpflichtungen zukommt. Er umfasst das Recht, Vermögen zu erwerben, zu besitzen und darüber zu verfügen, ebenso wie wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben. Eine Gemeinde handelt in diesen Fällen wie ein privates Unternehmen; bedeutsam ist allerdings die Pflicht, einen Zum Auftakt der Thüringer Bachwochen ausgeglichenen Haushalt zu führen. laden Privatpersonen in der „Langen Nacht der Hausmusik“ in ihre Wohnungen ein.

318 319 Festspiele und Musikfestivals |

„Steinberger Tafelrunde“ und Kreuzgangkonzert im Kloster Eberbach beim Rheingau Musik Festival 2018

So wird die Gewinn- und Verlustrechnung, nicht die Bilanz, Jahr für Jahr zum ei- gagement allenthalben gängige Praxis. Die Kulturbetriebslehre verwendet dafür gentlichen Prüfstein jeder Festspielintendanz. Damit unterliegt ihre Geschäfts­ seit einiger Zeit den Begriff „Mehrdimensionale Kulturfinanzierung“. tätigkeit nicht nur der kaufmännischen Betrachtung, sondern auch, da in der Regel zuschussbedürftig, der Kontrolle durch die öffentliche Hand und, soweit von In seinem Buch „Der exzellente Kulturbetrieb“ hat Armin Klein die unterschied- privatwirtschaftlicher Seite unterstützt, auch den Regeln der Marktwirtschaft. lichen Elemente der „Mehrdimensionalen Kulturfinanzierung“ anschaulich be- Diese erstrecken sich – speziell im Fall des Sponsoring, das ein Geschäft auf Ge- schrieben. Er unterscheidet zwischen genseitigkeit ist – auch auf Kommunikationsleistungen und den erwarteten Imagegewinn; sie können sogar die Einflussnahme auf künstlerische Pläne und ›› öffentlicher Kulturfinanzierung, Konzepte nach sich ziehen. ›› Eigenfinanzierungsanteil 1 (Umsatzerlöse), ›› neuen Erlösfeldern (Merchandising und Licensing), Finanzierungsformen ›› Eigenfinanzierungsanteil 2 (Einnahmen aus betriebsnahen Strukturen), ›› Drittmittel 1 (öffentliche Drittmittel), Die Selbstverständlichkeit, mit der heute von Kultursponsoring gesprochen ›› Drittmittel 2 (private Drittmittel: Sponsoring, Stiftungen, Mäzenatentum, wird, ist in Wahrheit das Ergebnis einer Entwicklung, die vor rund 30 Jahren ein- Spenden).6 gesetzt hat. Die Festival-Gründungen nach 1945 beruhten allesamt auf der Träger- schaft ehrgeiziger Kommunen und Länder, die sich im Zeichen des beginnenden Sehr viel stärker als ganzjährig spielende Musiktheater oder Orchester in öffentli- Wirtschaftswunders ihr Festival als künstlerisches Aushängeschild „leisteten“. Erst cher Trägerschaft müssen gerade Festivals eine mehrdimensionale Finanzierung Mitte der 1980er Jahre übernahmen auch europäische Wirtschaftsunternehmen ihres künstlerischen Produkts gewährleisten. Die eigenen Umsatzerlöse aus Kar- die in den USA gängige Praxis, Kultureinrichtungen zu sponsern, und entdeckten tenverkauf und Nebeneinkünften (Anzeigenverkauf, Medienverwertung, Spon- rasch die Möglichkeit, ihr Sponsoring bevorzugt bei Festivals sowohl als Instru- soring, Merchandising und Licensing) übersteigen dabei meist die Zuschüsse der ment der Selbstdarstellung als auch als Mittel der Steuerreduzierung einzusetzen. öffentlichen Hand (fälschlicherweise oft Subventionen genannt) bei Weitem. Inzwischen ist der Mix von öffentlicher Förderung und privatwirtschaftlichem En- Auch spielen Einnahmen aus betriebsnahen Strukturen (Vermietung, Verpachtung­) 320 321 Festspiele und Musikfestivals |

von festgelegten Zuschüssen oder, wie bei den Salzburger Festspielen, garantier- ter Deckung der Mehrausgaben, die zweite in Form von Sponsoring oder, seltener, Spende. Dies wird auch von einer Festivalerhebung des Statistischen Landesamts Hessen bestätigt: Unter den „gemeinsamen Modellen“ war die Kombination aus privater und öffentlicher Trägerschaft an häufigsten zu finden.7 Zunehmend wird für Festivals auch die Trägerschaft einer Stiftung gewählt; in diesem Fall kommt der jährliche Zinsertrag aus dem Stiftungsvermögen als Finanzierungselement hinzu.

Quantitative und qualitative Wirtschaftseffekte

Festival am historischen Ort: Konzert mit dem Dresdner Die bei der Betrachtung eines Festivals als Wirtschaftskörper ins Auge sprin- Barockorchester in Grünhain, dem Geburtsort von Johann genden ökonomischen Effekte setzen sich aus quantitativ messbaren und qua- Hermann Schein beim Musikfest Erzgebirge 2014 litativen Effekten zusammen. Die 2015 erschienene Studie „Musikwirtschaft in Deutschland“ rechnet dem Musiktourismus in Deutschland „Umsätze von min- destens fünf Milliarden Euro im Jahr“ zu,8 beziffert jedoch die im Jahr 2014 für ebenso wie öffentliche Drittmittel (Bundes- oder Landeszuschüsse, Förderbeiträge „Musikrezeption“ angefallenen Konsumaktivitäten im Bereich der „klassischen der EU) in aller Regel bei Festivals nur eine untergeordnete Rolle. Überdies steht Musik“ (inklusive Oper und Musical) nur mit 1,2 Milliarden Euro; Tendenz fallend. fest, dass die meisten Festivals bei dem Versuch, nennenswerte Erlöse aus dem Dabei ist der Finanzierungsanteil durch Sponsoren erheblich gewachsen: allein in Merchandising zu erwirtschaften, kläglich gescheitert sind. den sechs Jahren von 2007 bis 2013 von 7,6 auf 16,5 Prozent. Im gleichen Zeitraum sanken die Zuschüsse von Bund, Ländern und Gemeinden von mehr als 51 Prozent Vereinfacht lässt sich die wirtschaftliche Geschäftstätigkeit von Festspielen und auf nur noch 37 Prozent.9 Fazit: Wo der öffentliche Partner schwächelt, ist die priva- Festivals daher auf drei Finanzierungsformen zurückführen: te Förderung umso mehr gefragt.

›› Eigenerlöse aus dem Kartenverkauf und der Medienverwertung, Zumindest erwähnt werden muss, dass man bei eingehenderer Betrachtung ›› Zuschüsse der öffentlichen Hand, die quantitativen Wirtschaftseffekte je nach ihren Wirkungsinhalten nach ›› Zuwendungen von Sponsoren, Mäzenen, Fördervereinen o. ä. Wertschöpfungs-, Einkommens-, Beschäftigungs- und fiskalischen Effekten un- terscheidet. Nicht weniger wichtig, wenn auch weniger streng messbar als die Ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanzierte Festivals sind ebenso sel- quantifizierbaren Effekte sind die qualitativen Wirkungen, die als Verbesserung ten anzutreffen wie rein privat unterhaltene oder gar ausschließlich aus den der Standortqualität, erhöhte positive Imagewirkung, verstärkter Identifizie- selbst erwirtschafteten Einnahmen finanzierte. Zum ersten Typus gehören die rungseffekt oder Steigerung der touristischen Attraktivität ermittelt und nach- Münchner Opernfestspiele und das von der Stadt Dortmund ausgerichtete Fes- gewiesen worden sind. Welche stimulierende Wirkung auf das urbane Leben und tival Klangvokal, zum zweiten das nahezu vollständig von Sponsoren getragene das Selbstverständnis einer Stadtgesellschaft von einem festlichen Ereignis aus- Rheingau Musik Festival. In der Praxis stellt die in unterschiedlichster Weise ge- gehen kann, lässt sich an der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie im Jahr handhabte Kombination von öffentlicher und privater oder privatwirtschaftli- 2017, die als „Investition in die Zukunft der Stadt“ gefeiert wurde, gut ablesen. cher Förderung die häufigste Finanzierungsform dar, die erstgenannte in Form 322 323 Festspiele und Musikfestivals |

Umwegrentabilität berger Frühling konstatiert, dessen „wirtschaftliche Effekte“ auf Basis des Jahresab- schlusses 2016 und einer Besucherumfrage untersucht und berechnet wurden. Im Der Wirtschaftskörper Festival erlaubt auch eine andere Betrachtungsweise als Ergebnis kommen die Autoren hier zu einem Rentabilitätsfaktor von 4,05.13 die nach dem Inhalt der ökonomischen Effekte, nämlich die nach dem Grad ihrer Einflussnahme auf den wirtschaftlichen Erfolg. Dazu gehört auch der Nutzen, den Ausblick touristische Einrichtungen und Fremdenverkehrsbetriebe aus dem bloßen Statt- finden solcher Veranstaltungen ziehen. Er wird mit dem Wort Umwegrentabilität Festspiele, die guten alten, und Festivals, die besten neuen, sind unverzichtbar bezeichnet. Übereinstimmend haben zahlreiche Untersuchungen nachgewie- für den Weiterbestand unseres Zusammenlebens. Sie haben ihre Existenzberechti- sen, dass Hotellerie, Gastronomie und Handel dank der Festspielgäste signifikant gung immer dann am eindringlichsten erwiesen, wenn die Zeitläufte Humanität höhere Umsätze und Gewinne erwirtschaften. und Kultur bedroht und die Kunst in den Hintergrund gerückt, sie gar ignoriert ha- ben. Es waren die Festspiele und Festivals in Frankreich und Deutschland, Italien Eine Erhebung zu diesem Thema, im Jahr 2009 vom Bonner Beethovenfest vor- und England, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Basis für ein fried- gelegt,10 kommt zu dem Ergebnis, dass sich die quantifizierbaren direkten Rück- liches Nebeneinander der Nationen geschaffen haben. So können es auch in der flüsse zusammen mit den indirekten Gegenwerten für die Stadt Bonn auf mehr heutigen Zeit wiederum die festlichen Spiele sein, die unsere bedrohte Existenz als 2,5 Millionen Euro summieren und damit den städtischen Zuschuss von rund wenigstens mit dem Schein des Glücks, den Kunst erzeugen kann, erhellen. Wir 1,2 Millionen Euro in doppelter Höhe „zurückerstatten“. Im Resümee der Studie brauchen Festspiele und Festivals nötiger denn je, und nur Kleingeisterei und Igno- heißt es weiter: „Gemessen am städtischen Zuschuss ergibt sich für die Zuflüsse ranz können sich anmaßen, über die Notwendigkeit ihrer Alimentierung Zweifel in der Region Bonn/Rhein-Sieg ein Multiplikator von 4,15; d. h. für 1 Euro an städti- zu äußern. schem Zufluss fließen 4,15 Euro an die Unternehmen der Region.“ Darüber hinaus hätten sich durch zahlreiche Kooperationen des Festivals mit privatwirtschaft- lichen Unternehmen und kulturellen Einrichtungen im Raum Bonn „wertvolle Netzwerkeffekte“ entwickelt, die „das Profil der Stadt Bonn als Kulturstandort nachhaltig schärfen und weitere Imageeffekte bewirken“.11

Auch die 2008 erstellte Studie zu den ökonomischen Effekten des Schleswig-­Holstein Musik Festivals, Nachfolgerin der oben erwähnten Untersuchung von 1998 (vgl. An- merkung 4), kommt zu dem gleichen Ergebnis: „Die direkten wirtschaftlichen Effek- te des Schleswig-Holstein Musik Festivals betrugen 2008 demnach 6,67 Millionen Euro. Nicht berücksichtigt sind indirekte wirtschaftliche Effekte, insbesondere die Auswirkungen in den vorgelagerten Wirtschaftsbereichen wie z. B. der Gastrono- mie und dem Hotelwesen. Bei einem Zuschuss des Landes Schleswig-Holstein in Höhe von 1,7 Millionen Euro ergibt sich daraus eine wirtschaftliche Strahlkraft des SHMF für das Land Schleswig-Holstein mit dem Faktor 3,9. Mit anderen Worten: Jeder Euro staatlicher Förderung fließt fast vier Mal zurück in die Wirtschaft des 12 Der Gegenwart verpflichtet: Seit 1969 präsentieren die Wittener Tage für neue Landes Schleswig-Holstein.“ Ähnliches wurde im Jahr 2018 für das Festival Heidel- Kammer­musik aktuelle Tendenzen: Ensemble Contrechamps 2008 (links), WDR Sinfonieorchester 2018 (rechts). 324 325 Festspiele und Musikfestivals |

Auch darum ist vorsichtiger Optimismus angesagt: Das kommende Jahrzehnt hält 1 Harald Kaufmann: Kanon des Festlichen, in: ders.: Fingerübungen. Musik­ mehrere wichtige Musikergedenktage und Festspieljubiläen bereit, sodass die öf- gesellschaft und Wertungsforschung, Wien 1970, S. 107. fentliche Hand wie auch der private Fördersektor, ob Sponsoring, Stiftungen oder 2 Wolfgang Ruf (Hrsg.): Riemann Musiklexikon, 13. Aufl., Mainz 2012, Bd. 2, Spender, sich großzügiger Anstrengungen zu finanzieller Unterstützung nicht S. 118 ff. werden entziehen können. Sicherlich werden wirtschaftliche und touristische In- 3 Harald Hassler (Hrsg.): Musik Lexikon, Stuttgart 2005, Bd. 2, S. 47. teressen, das Mantra vom „weichen Standortfaktor“ und die Aussicht auf prompt 4 Vgl. Karin Peschel [u. a.]: Ökonomische Effekte des ­Schleswig-Holstein Musik sich einstellende Umwegrenta- Festivals. Beiträge aus dem Institut für Regional­forschung der Universität Kiel, Der Festivalguide des MIZ informiert deutsch- bilität den kulturellen Impuls Nr. 25, Kiel 1998, S. 13. landweit und genreübergreifend über aktuelle und die künstlerische Ambition 5 Vgl. https://www.efa-aef.eu/en/members/ (Zugriff: 8. Juni 2018). Durchführungstermine von Musikfestivals. dieses Veranstaltungsmarathons 6 Vgl. Armin Klein: Der exzellente Kulturbetrieb, Wiesbaden 2008, S. 207 –247. Suchfilter erleichtern die Recherche. überlagern – allein: Es kommt der 7 Vgl. Hessisches Statistisches Landesamt: Musikfestivals und Musikfestspiele in Kunst und ihrer festlichen Feier Deutschland, Wiesbaden 2017, S. 11. zugute. Anfang und zugleich Höhepunkt werden die Feierlichkeiten zu Beetho- 8 Bundesverband Musikindustrie [u. a.] (Hrsg.): Musikwirtschaft in Deutschland. vens 250. Geburtstag sein, die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2013 Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Musikunternehmen unter zur „nationalen Aufgabe“ erklärt worden sind. Die Stadt Bonn feiert ihren größten Berücksichtigung aller Teilsektoren und Ausstrahlungseffekte, Berlin 2015, S. 72. Sohn 2020 im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen des Beethoven-Hauses und 9 Angaben nach: Dorit Marschall [u. a.]: Wirtschaftsfaktor Kultur, in: Handels­ des Beethovenfests. Darüber hinaus wurde eigens für die Planung der Feierlichkei- blatt (Wochenendbeilage), Ausgabe 26., 27. u. 28. Juni 2015. ten als Tochtergesellschaft der Stiftung Beethoven-Haus­ die Beethoven Jubiläums 10 Lutz Engelsing, Marko Müller: Studie über die wirtschaftlichen Effekte des Gesellschaft gegründet. Diese koordiniert und fördert neben eigenen Veranstal- Beethovenfestes Bonn im Jahr 2009, hrsg. von DHPG, Bonn o. J. [2010]. tungen die Aktivitäten rund um das Jubiläum und begleitet Projekte und Initiati- 11 Ebd., S. 36. ven aus Bonn und der Region mit einem beachtlichen Budget aus Bundesmitteln. 12 Stiftung Schleswig-Holstein Musik Festival (Hrsg.): Das Schleswig-Holstein Musik Festival – Zahlen und Fakten zur wirtschaftlichen Bedeutung, Wenn Deutschland 2020 seinen Bonner Beethoven ehrt, feiert Österreich seine Lübeck 2009, S. 16. Salzburger Festspiele. Vor 100 Jahren, im Nachkriegselend 1920 gegründet, ha- 13 Gesellschaft für Innovative Marktforschung (GIM): Der wirtschaftliche Effekt ben sie sich zu einer weltweit bekannten und gefragten „Marke“ entwickelt, auf des Heidelberger Frühlings. Resultate einer Umwegrentabilitätsstudie aus dem deren Jubiläumspräsentation die kulturelle Welt mit Recht voll Spannung blickt. Jahr 2016, Heidelberg 2018. Online unter: https://www.g-i-m.com/_Resources/ Auch die zeitgenössische Musik kommt zu ihrem großen Fest: Die Donaueschinger Persistent/d2a3ce391d61cdadef9f3070efaa9e76a3c2958a/Umwegrentabilita% ­Musiktage, 1921 gegründet, werden 100 Jahre alt. Und 2026 feiert dann mit den CC%88t_HDF_FINAL.pdf (Zugriff: 8. Juni 2018). Bayreuther Festspielen die Mutter aller Musikfestspiele ihren 150. Geburtstag. Man darf gespannt sein.

Franz Willnauer war von 1999 bis 2003 Intendant des Beethovenfests Bonn und davor in vergleichbaren Positionen bei den Salzburger Festspielen (1985–1991) und beim Schleswig-Holstein Musik Festival (1995–1998) tätig.

326 327 Bildnachweis

Wir danken allen Personen und Institutionen sehr herzlich für die Bereitstellung umfangreichen Bildmaterials. Ohne diese Unterstützung wäre der vielseitige Einblick in das „Musikleben in Deutschland“ nicht möglich gewesen.

Der Bildnachweis erfolgt auf Seiten mit mehreren Bildern zeilenweise von links nach rechts, sofern nicht anders angegeben.

Festspiele und Musikfestivals

Seite Copyright

300/301 © Axel Nickolaus 303 © Bayreuther Festspiele GmbH / Foto: Jörg Schulze 304 © Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath 306/307 © KunstFestspiele Herrenhausen, Fotos: Helge Krückeberg, 2018 308 © Thomas Ziegler 312 © WPR Schnabel (links oben) | © Lutz Voigtländer (links unten und rechts) 313 © Lutz Edelhoff 315 © Janet Sinica 316 © Kurt Weill Fest Dessau GmbH/ Fotos: Sebastian Gündel 319 © Thüringer Bachwochen 320 © Ansgar Klostermann 321 © Marco Borggreve 322 © Musikfest Erzgebirge 325 © Claus Langer/WDR