Bachelor-Thesis

Leihtransfers im deutschen Profi-Fußball – eine Analyse am Beispiel der Fußball- in den Saisons 2014/15 bis 2017/18

Autor: Felix Pöhlmann

Matrikelnummer: 533130

Fachbereich: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Studiengang: B.A. Sportmanagement

Erstgutachter: Prof. Dr. Lutz Thieme

Zweitgutachter: Dirk Buchholtz

Spätester Abgabetermin: 08.10.2020

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...... I Abbildungsverzeichnis ...... III Tabellenverzeichnis...... IV Abkürzungsverzeichnis ...... V

1 Einleitung ...... 1 1.1 Thematische Einführung ...... 1 1.2 Problemstellung ...... 1 1.3 Zielsetzung und Fragestellungen ...... 3 1.4 Relevanz ...... 4 1.5 Aufbau der Arbeit ...... 6

2 Terminologische und systematisierende Grundlagen ...... 7 2.1 Grundlegende Definitionen der Leiharbeit...... 7 2.2 Rechtliche Grundlagen der Leiharbeit ...... 8 2.3 Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ...... 9 2.4 Entwicklung der Leiharbeit am Arbeitsmarkt ...... 11 2.5 Grundlagen des Spielerarbeitsmarktes und des Transfersystems im deutschen Profi-Fußball ...... 12

3 Empirischer Forschungsstand ...... 16 3.1 Empirische Datenbasis im Zusammenhang mit der Verleihung von Profi- Sportlern ...... 16 3.2 Die Anwendbarkeit ökonomischer Theorien auf Leihgeschäfte ...... 17 3.3 Hypothesen zum Nutzen von Leihtransfers in der Bundesliga und zum Verleihverhalten von Vereinen ...... 21

4 Leihtransfers im europäischen Fußball ...... 22 4.1 Der Begriff des Sportrechts ...... 22 4.2 Rechtliche Grundlagen einer Spielerleihe ...... 24 4.3 Motive für das Ver- und Entleihen von Fußballspielern ...... 28 4.3.1 Betriebswirtschaftliche Hintergründe ...... 28

I 4.3.2 Motive des Vereins, einen Spieler zu entleihen ...... 29 4.3.3 Motive des Vereins, einen Spieler zu verleihen ...... 30 4.3.4 Motive des Spielers, einem Leihgeschäft zuzustimmen ...... 31 4.4 Historische Entwicklung von Leihtransfers in Deutschland und Europa ...... 32

5 Datenerhebung & Untersuchung ...... 36 5.1 Vorüberlegungen zur Untersuchung ...... 36 5.2 Operationalisierung der Ligastärke europäischer Ligen sowie der Spielstärke von Vereinen ...... 37 5.3 Eingesetzte Verfahren der Datenanalyse...... 39

6 Empirische Ergebnisse ...... 40 6.1 Allgemeine Erkenntnisse aus der Datenbasis ...... 40 6.2 Deskriptive Beschreibung der Situation in der Fußball-Bundesliga ...... 42 6.3 Leihtransfers und ihr sportlicher Nutzen für die beteiligten Akteure ...... 44 6.4 Leihtransfers und ihr wirtschaftlicher Nutzen für die beteiligten Akteure ...... 53 6.5 Etablierung des Geschäftsmodells „Leihspieler“ ...... 58

7 Schlussbetrachtung ...... 62 7.1 Zusammenfassung der Untersuchung ...... 62 7.2 Kritische Reflektion ...... 65 7.3 Ausblick ...... 67

Literaturverzeichnis...... 69 Anlagenverzeichnis ...... 74

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Dreiecksverhältnis der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ...... 10

Abbildung 2: Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in Deutschland ...... 12

Abbildung 3: Produktion im Leistungssport als Kombinationsprozess ...... 17

Abbildung 4: Verbandsstruktur im internationalen Fußball aus deutscher Perspektive ...... 23

Abbildung 5: Das Dreiecksverhältnis der an einer Spielerleihe Beteiligten ...... 27

Abbildung 6: Entwicklung der Leihgeschäfte in der 1. Fußball-Bundesliga ...... 33

Abbildung 7: Entwicklung der Leihgeschäfte in den „BIG 5“-Fußballligen Europas .. 34

III Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassung potenzieller Hypothesen in Bezug auf Leihgeschäfte ...... 21

Tabelle 2: Motive einer Spielerleihe aus Sicht der beteiligten Akteure ...... 28

Tabelle 3: Zentrale Kriterien der Untersuchung ...... 36

Tabelle 4: Allgemeine Erkenntnisse aus dem vorliegenden Datensample ...... 40

Tabelle 5: Zusammenhang zwischen Verhältnis aus ver- und ausgeliehenen Spielern und der Dauer der Ligazugehörigkeit je Bundesliga-Club ..... 43

Tabelle 6: Mittelwert des Deltas der sportlichen Distanz zwischen abgebendem und aufnehmendem Verein ...... 44

Tabelle 7: Mittelwert des Notendeltas zwischen Team- und Leihspielernoten ...... 45

Tabelle 8: Verteilung verliehener Spieler nach der Leihe ...... 47

Tabelle 9: Binär logistische Regression: Rückkehr verliehener Spieler zu Stammvereinen der 1. Bundesliga...... 48

Tabelle 10: Verteilung ausgeliehener Leihspieler nach der Leihe ...... 49

Tabelle 11: Binär logistische Regression: Verbleib ausgeliehener Spieler in Leihvereinen der 1. Bundesliga ...... 50

Tabelle 12: Entwicklung der relativen Leistungsdaten vor, während und nach der Leihe ...... 52

Tabelle 13: Zusammenhang zwischen durchschnittlichem Spielerjahresgehalt je Verein und Anzahl Leihspieler ...... 53

Tabelle 14: Anzahl ausgeliehener Spieler nach in Terzile unterteilter Finanzkraft von 2016/17 bis 2019/20 ...... 53

Tabelle 15: Absolute Marktwertveränderung ausgeliehener und verliehener Spieler während der Leihe ...... 55

Tabelle 16: Lineare Regression: Absolute Marktwertveränderung ausgeliehener Spieler ...... 56

Tabelle 17: Lineare Regression: Absolute Marktwertveränderung verliehener Spieler ...... 57

Tabelle 18: Scorerpunkte und Marktwertveränderung während der Leihe, gruppiert nach Position ...... 58

Tabelle 19: Transfer-Szenario im Anschluss an die Spielerleihe ...... 58

IV Abkürzungsverzeichnis

AK Athletiksport-Klub AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Az. Aktenzeichen BGB Bürgerliches Gesetzbuch BFV Bayrischer Fußball-Verband BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BvR Registerzeichen für Verfahren über Verfassungsbeschwerden CAS Court of Arbitration for Sport DFB Deutscher Fußball Bund DFL Deutsche Fußball Liga EU Europäische Union e.V. eingetragener Verein FC Fußball-Club FFP Financial Fairplay FIFA Fédération Internationale de Football Association FIFPro Fédération Internationale des Associations de Footballeurs Professionnels FVM Fußball-Verband Mittelrhein FVN Fußballverband Niederrhein FVR Fußballverband Rheinland GG Grundgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung IVW Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern NFV Norddeutscher Fußball-Verband SpuRt Zeitschrift für Sport und Recht SV Sportverein TAS Tribunal Arbitral du Sport UEFA Union of European Football Associations WDFV Westdeutscher Fußballverband WM Weltmeisterschaft

V 1 Einleitung

1.1 Thematische Einführung

Er fühle „sich im Fußballgeschäft manchmal wie in einem modernen Menschenhandel“ (DER SPIEGEL 2014). So wurde Nationalspieler Christoph Kramer im August 2014 vom Nachrichtenmagazin Spiegel zitiert, als er auf Mediendarstellungen reagierte, nach denen er im Juli 2015 nach Ablauf seiner Zwei-Jahres-Leihe bei Borussia Mönchengladbach wie vereinbart zu seinem Stammverein Bayer 04 Leverkusen zurückkehren werde.

Kramer entschuldigte sich zwar bereits wenige Tage später für diesen Vergleich, dennoch war diese Aussage nicht zuletzt deshalb etwas unglücklich gewählt, als dass Kramer erst während seiner Leihsaison erstmals Stammspieler in der Fußball-Bundesliga wurde. Dadurch wiederum konnte er wenige Monate vor der Weltmeisterschaft 2014 nicht nur sein Nationalmannschaftsdebüt feiern, sondern zudem seine Saison 2013/14 bei seinem ersten Startelfeinsatz für Deutschland im WM-Finale gegen Argentinien mit dem Weltmeistertitel krönen.

Verliehene Fußballspieler kamen noch in den 90er-Jahren eher selten vor und schienen sowohl für aufnehmende als auch für abgebende Vereine eine eher geringe Bedeutung zu besitzen. Dies galt allerdings nicht nur für den deutschen Fußball, auch in der freien Wirtschaft war die Zahl der Zeitarbeitnehmer – aufgrund eines sehr engen regulativen Rahmens – bis dato sehr gering. Dies änderte sich erst 1994 mit der Aufhebung des staatlichen Vermittlungsmonopols, da private Arbeitsvermittlungen seitdem für eine stark steigende Zahl der Zeitarbeitnehmer sorgen (vgl. Gutmann & Kilian 2015, S. 113 f.). Parallel dazu ist seither auch bei professionellen Fußball-Clubs ein zunehmender Trend in der Nutzung der Beschäftigungsform „Leiharbeit“ zu erkennen.

1.2 Problemstellung

Kramer selbst wollte vermutlich nur seine Unzufriedenheit über seine persönliche Vertragssituation zum Ausdruck bringen. Warum seine Metapher in manchen

1

Fällen möglicherweise aber nicht einmal unpassend ist und diese die Debatte um Leihtransfers seitdem bis heute begleitet, zeigt u.a. ein Blick auf die italienische Serie A. Zur Saison 2019/20 unterhielten italienische Vereine neben ihrem eigenen Profikader teilweise ganze Leih-Armeen in und außerhalb Italiens. Im Schnitt verlieh jeder italienische Erstligist knapp 24 Spieler an andere Vereine. Sie könnten damit fast problemlos eine weitere eigene Mannschaft stellen, die Spitzenreiter aus Bergamo (55 verliehene Spieler) oder Parma (40) vielleicht sogar eine dritte oder vierte.1 Dass es sich nicht um ein rein italienisches Phänomen handelt, wird im Kapitel 4.4 ausführlich betrachtet, es lässt sich aber bereit vermuten, dass bei einigen Vereinen System dahinterzustecken scheint.

Das System geparkter, verschobener und warmgehaltener Spieler ist umstritten, weshalb das Football Stakeholder Komitee2 die Veranlassung sah, vor dem Fifa Council3 einen Antrag auf Einschränkung der Anzahl von Leihtransfers zu stellen (vgl. Körner & Boßmann 2020). Neben einer Begrenzung auf maximal acht Spieler über 22 Jahre, die an ausländische Klubs ver- bzw. von ausländischen Klubs ausgeliehen werden dürfen, sollen auch enge Beziehungen zwischen zwei Vereinen aufgebrochen werden. Leihgeschäfte zwischen denselben Klubs sollen auf je maximal drei Zu- und Abgänge beschränkt werden. Der im Februar 2020 den Medien bekannt gewordene Antrag wurde bisher zumindest in der Öffentlichkeit nicht weiter forciert, doch eine Entscheidung in dieser Thematik könnte den internationalen Transfermarkt revolutionieren. Auch in Deutschland nahm die Zahl der Leihspieler in den vergangenen Jahren stark zu. Im Vergleich zur Saison 2009/10 hat sich die Zahl der verliehenen Spieler je Erstligist innerhalb von zehn Jahren von 3,8 auf 7,0 fast verdoppelt.

Der Begriff Menschenhandel begleitet die Debatte um Leihtransfers insbesondere dann, wenn nicht mehr nur die Förderung des sportlichen Talents im Vordergrund steht, sondern vor allem das Geschäft mit dem

1 Diese und alle nachfolgenden Zahlen beruhen auf einer Analyse der Datenbank der Transfermarkt GmbH & Co. KG (https://www.transfermarkt.de/). Die Daten zu Anzahl, Zeitpunkt und Dauer der Ausleihgeschäfte können als sicher angesehen werden. Da die an einer Ausleihe beteiligten Vereine jedoch oftmals Stillschweigen über das Ob und die Höhe einer gegebenenfalls zu entrichtenden Ausleihgebühr vereinbaren, sind Zahlen in dieser Hinsicht zumeist Schätzungen. 2 Das Football Stakeholder Committee berät und unterstützt den FIFA Rat in allen Fragen des Fußballs, insbesondere bezüglich der Struktur des Spiels, sowie in allen technischen Fragen. Es setzt sich zusammen aus Vertretern von Klubs, Verbänden, Spielern sowie der FIFA. 3 ehemals FIFA-Exekutivkomitee, Institution des Fußball-Weltverbandes FIFA: Höchstes Entscheidungsorgan des internationalen Fußballs. 2

Spekulationsobjekt „Leihspieler“. Angesichts steigender Umsätze vergleicht Jonas Baer-Hoffmann, Generaldirektor der Spielergewerkschaft FIFPro, das Leihgeschäft inzwischen mit einem „kommerziellen zweiten Transfermarkt“, obwohl es seiner Meinung nach gerade bei jungen Spielern „doch vor allem um die Weiterentwicklung und Spielpraxis gehe“ (Kreuzer 2019). Grundsätzlich stellt sich dabei die Frage: Wie und aus welchen Gründen hat sich das System aus Leihgeschäften im europäischen Fußball etabliert und welche sportlichen bzw. wirtschaftlichen Faktoren spielen darüber hinaus eine Rolle?

1.3 Zielsetzung und Fragestellungen

Genau dieser Thematik, angewandt auf den deutschen Profi-Fußball der ersten Bundesliga, nimmt sich die vorliegende Arbeit an. Es wird gezeigt, wie sich das System der Leihtransfers in den einzelnen Vereinen der Fußball-Bundesliga darstellt und inwiefern dies möglicherweise auf die Existenz eines systematischen Konzepts mit Leihspielern in Deutschland schließen lässt. Neben den Beweggründen für eine Spielerleihe gilt es außerdem vor allem die Frage nach dem sportlichen und wirtschaftlichen Nutzen dieser zu beantworten. Dies wiederum ermöglicht abschließend den Versuch einer Analyse, wie und warum sich das Geschäftsmodell „Leihspieler“ gebildet und in den vergangenen Jahren auch zunehmend etabliert hat. Konkret beschäftigt sich die Arbeit also mit folgenden Fragestellungen, die – basierend auf bisheriger Forschung bzw. aus der Anwendung allgemeiner ökonomischer Theorien abgeleiteten Hypothesen – untersucht werden:

1. Gibt es in Deutschland Profivereine der ersten Fußball-Bundesliga, die systematisch auf ein Konzept aus Leihspielern setzen?

2. Warum hat sich das „Geschäftsmodell Leihspieler" herausgebildet und warum hat sich dieses in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert?

3. Welchen sportlichen und welchen wirtschaftlichen Nutzen können die beteiligten Akteure – differenziert in abgebenden Verein, aufnehmenden Verein und Leihspieler – aus getätigten Leihtransfers ziehen?

3

1.4 Relevanz

Der professionelle Fußball entwickelte sich seit den 1970er Jahren4 zunehmend in Richtung eines eigenständigen Mediensports (vgl. Wüterich & Breucker 2006, S. 67) bzw. eines kommerziellen Unterhaltungssektors mit wachsender ökonomischer Bedeutung (vgl. Swieter 2002, S. 48). Allein im Zeitraum von 2002/03 bis 2018/19 entwickelte sich der Umsatz der ersten deutschen Lizenzfußballliga von ca. 1.148 Mio. € auf fast 4.020 Mio. € (+8,14 % p.a.). Analog dazu stiegen im selben Zeitraum auch die Aufwände der 18 Bundesligisten von ca. 1.189 Mio. € auf knapp 3.892 Mio. € (+7,69 % p.a.).5

Die seit 2006 jährlich veröffentlichen Wirtschaftsreports der DFL GmbH zeigen dabei nicht nur einen wachsenden Gesamtumsatz, sondern auch die dafür verantwortlichen einzelnen Absatzmärkte6, die sich seit Gründung der Fußball- Bundesliga ebenfalls nahezu durchweg positiv entwickeln (vgl. Daumann 2019, S. 242 ff.). Dass die Vereine der 1. Bundesliga dabei seriös wirtschaften, verdeutlicht der seit 2002/03 durchschnittliche kumulierte Jahresüberschuss in Höhe von 51,7 Mio. €. Im europäischen Vergleich jedoch zeigt sich ein komplett anderes Bild. Zwar ist seit Ankündigung der Financial-Fairplay-Regelung 20117 grundsätzlich eine positive Tendenz zu erkennen, dennoch erwirtschafteten die etwas mehr als 700 unter dem Dach der UEFA agierenden Erstligisten zwischen 2009 und 2018 einen – um die Gewinne der profitablen Clubs bereinigten – aggregierten Verlust von insgesamt 7,189 Mrd. € (vgl. Anlage 1).

Wesentliche Kostentreiber der Fußballunternehmen stellen dabei einerseits die Personalkosten des Spielbetriebs8 sowie andererseits die Transferausgaben dar. In der 1. Fußball-Bundesliga trugen diese 2018/19 mit 36,8 % und 21,7 % zu den Gesamtausgaben bei. Angesichts der ähnlich rasant wachsenden

4 Bis 1963 war der Berufsfußball durch den DFB verboten bzw. später stark reglementiert. Erst 1972 fiel zunächst die Obergrenze bei Gehaltszahlungen, ehe 1974 auch Begrenzungen bei Ablösesummen außer Kraft gesetzt wurden. 5 Vgl. DFL (2006); (2008); (2010); (2014); (2017); (2020), zusammenfassende Übersicht siehe Anlage 2 6 Die DFL unterteilt den Umsatz der Fußball-Bundesligisten in ihren Wirtschaftsreporten in die Erlösfelder Spielertrag, Werbung, mediale Verwertung, Transfer, Merchandising und Sonstiges. 7 Das Financial Fairplay ist ein Reglement der UEFA zur Klublizenzierung für die Teilnahme an den europäischen Klubwettbewerben der UEFA, welches u.a. finanzielle Kriterien beinhaltet. Demnach müssen die Einnahmen die Ausgaben der jeweils vergangenen drei Jahre mindestens ausgleichen. Sollte dies nicht der Fall sein, muss im Hinblick auf vorangegangen Jahre zumindest eine positive Tendenz zu erkennen sein. Bei Nichteinhaltung der Regeln durch einen Verein kann dieser durch die UEFA sanktioniert werden. 8 Darunter fallen neben den Gehältern der Profispieler auch die Personalkosten des Trainerstabs und der Teambetreuung. 4

Transferausgaben europäischer Fußballclubs9 (+10,34 % p.a. seit 2009) werden die Vereinsverantwortlichen zur Erreichung bestimmter sportlicher Ziele daher mit starken Anreizen für risikoreiches Geschäftsgebaren konfrontiert (vgl. Müller 2017, S. 87). Zur Vermeidung dieses wirtschaftlichen Risikos könnten Vereine verstärkt auf Leihtransfers setzen, bei denen bis auf eine möglicherweise anfallende Leihgebühr der kostenintensive Einzelposten der Transferausgaben signifikant verringert wird.

Einen weiteren Einflussfaktor für das Transferverhalten von Fußballclubs stellen verbandsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Kadernominierung dar. In der Saison 2019/20 bestand ein durchschnittlicher Bundesligakader aus 31,3 Spielern, von denen gemäß Teil III § 4 Nr.3 der DFL-Spielordnung (2020) allerdings maximal 20 pro Spieltag gemeldet werden dürfen. Die Differenz erklärt sich einerseits durch ein erhöhtes Verletzungsrisiko im Profifußball sowie andererseits durch gewisse Mindestanforderungen an lokal ausgebildeten Spielern, die einen Bundesligakader teilweise lediglich nominell vergrößern. In den europäischen Klubwettbewerben der UEFA (Reglement der UEFA, Artikel 42) können überhaupt nur 25 Spieler gemeldet werden, von denen ebenfalls mindestens acht Spieler unter die sogenannte „Local-Player-Regelung“ fallen müssen. Wie in der gesamten Wachstumsindustrie des Profi-Fußballs stiegen auch die durchschnittlichen Spielergehälter in der Vergangenheit stark an, wie beispielsweise Frick (2012, S. 90) in einer Untersuchung des Zeitraums zwischen 1995 und 2007 feststellte.10 Die unabhängige Medienkoalition Sporting Intelligence veröffentlicht jährlich den „Global Sports Salaries Survey“ (2019, S. 26 ff.), dem für 2018/19 ein durchschnittliches Gehalt je Bundesligaprofi in Höhe von rund 1,8 Mio. € sowie ein Median-Salary in Höhe von knapp 1 Mio. € zu entnehmen ist.11 Lohnkosten zeichnen sich demnach für einen Großteil des Gesamtetats eines Profivereins verantwortlich. Somit bedarf es im Falle von Spielern, für die sich im Stammverein keine ausreichende sportliche Perspektive bietet, einer gewissenhaften sportlichen bzw. ökonomischen Analyse hinsichtlich

9 Die Transferausgaben europäischer Clubs sind in den letzten zehn Jahren von 2,996 Mrd. € (2009) auf 8,017 Mrd. € (2018) gestiegen (vgl. UEFA 2019, S. 97). 10 1995/96 lag das durchschnittliche Einkommen eines Bundesligaprofis bei etwa 555.000 €, 2007/08 bei rund 1,3 Mio. €. 11 Während die absoluten Aufwendungen im Bereich der „Personalkosten Spielbetrieb“ zwischen den Saisons 2002/03 und 2017/18 um rund 2,7 Mrd. € stiegen, blieb der relative Anteil an den Gesamtausgaben vergleichsweise auf einem ähnlichen Niveau zwischen 34,9 % und 42,4 % (siehe Anlage 2). 5 eines möglichen Verbleibs im Verein bzw. eines Verkaufs oder einer Leihe an einen anderen Verein.

1.5 Aufbau der Arbeit

Da die geplante neue FIFA-Regelung bezüglich Leihgeschäften bereits deutliche Kritik erfahren musste – vor allem hinsichtlich rechtlicher Fragen im Einklang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union12 – nähert sich die vorliegende Arbeit der Thematik langsam an, indem sie zunächst theoretische Grundlagen und zentrale Begriffe der Forschungsthematik erläutert und voneinander abgrenzt. Dies beinhaltet auch die rechtliche Einordnung von Leihtransfers im Sinne des Arbeitsrechts sowie eine Einordnung des Sportrechts in den Kontext der staatlichen Rechtsordnung. Anschließend wird mithilfe ökonomischer Theorien ein theoretisches Modell des Leihgeschäfts kreiert, aus dem schließlich die Hypothesen abgeleitet werden. Bereits gewonnene Erkenntnisse in Verbindung mit Spielerleihen im professionellen Sport werden im zweiten Teil der Darstellung des empirischen Forschungsstands betrachtet.

Nach kurzer Darlegung der Datenerhebung und Vorgehensweise der Untersuchung erfolgt die Präsentation und deskriptive Beschreibung der Ergebnisse. Vor der abschließenden Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse werden diese sowie die verwendete Methodik und Quellenlage außerdem kritisch reflektiert.

12 So reagierte Dr. Georg Reiter, Geschäftsführer der Deutschen Spielervermittler-Vereinigung DFVV, im Februar 2020 in der Sport-Fachzeitschrift „Sport Bild“ auf das Bekanntwerden der geplanten Reform (vgl. Körner & Boßmann, 2020). 6

2 Terminologische und systematisierende Grundlagen

2.1 Grundlegende Definitionen der Leiharbeit

Obwohl der Begriff „Leiharbeit“ im allgemeinen Sprachgebrauch weit verbreitet ist, unterliegt er im Grunde genommen einem semantischen Fehler. § 598 BGB charakterisiert die Leihe als unentgeltliche Gebrauchsüberlassung einer Sache, weshalb der Begriff Leiharbeit in Verbindung mit Menschen aus Diskriminierungsgründen im Personalwesen möglichst vermieden wird (vgl. Gutmann & Kilian 2015, S. 19). Da die mit der Leiharbeit verknüpften Begriffe „Leihe“, „Entleiher“, „Verleiher“ und „Leiharbeitnehmer“ jedoch in der Praxis auch von offiziellen Stellen wie der Bundesagentur für Arbeit und in verschiedenen allgemeinen Definitionen nach wir vor verwendet werden, ist diese sprachliche Bedeutung auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu vernachlässigen.13

Die rechtliche Definition des Begriffs Leiharbeitnehmer findet sich in Art. 3 der 2008 verabschiedeten EU-Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit. Als solcher wird ein Arbeitnehmer bezeichnet, „der mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen hat oder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist, um einem entleihenden Unternehmen überlassen zu werden und dort unter dessen Aufsicht und Leitung vorübergehend zu arbeiten“ (Europäische Union 2008).

Vom Grundverständnis eines Normalarbeitsverhältnisses abgegrenzt, gilt die Leiharbeit neben der Teilzeitarbeit sowie der befristeten und geringfügigen Beschäftigung im Arbeitsrecht als atypisches Beschäftigungsverhältnis (vgl. Seifert 2011, S. 51 ff.). In Deutschland wird die Arbeitnehmerüberlassung – die gesetzliche Bezeichnung der im Volksmund als Zeit- bzw. Leiharbeit bekannten Arbeitsform – im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt. Leiharbeit definiert sich nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG dadurch, dass ein „Arbeitgeber als Verleiher einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlässt“. Damit wird nach Dütz &

13 Die Begriffe Leiharbeit, Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung sind außerdem im Folgenden synonym zu verstehen. 7

Thüsing (2018, S. 188) aus einer Zweierbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „eine Dreierbeziehung, in der die Arbeitgeberstellung teilweise auf einen Dritten übertragen wird.“ Das AÜG selbst wurde vor allem zum Schutz der Zeitarbeitnehmer in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht sowie zur Unterbindung illegaler Praktiken geschaffen (vgl. Gutmann & Kilian 2015, S. 53). Es regelt daher Ausnahmen und Besonderheiten der Zeitarbeit, für die sonst wie in allen anderen Arbeitsverhältnissen auch das Arbeits- und Zivilrecht gilt.

Im Sinne des Schutzgedankens von Leiharbeitnehmern und um eine missbräuchliche Nutzung der Arbeitsform Zeitarbeit zu verhindern, sieht das AÜG außerdem die Bundesagentur für Arbeit in einer zentralen Rolle und hat die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung daher unter deren Aufsicht gestellt. Sie ist als ausführende Behörde u.a. befugt, die benötigte Verleiherlaubnis zu erteilen bzw. verweigern und auch für die Überwachung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig.

2.2 Rechtliche Grundlagen der Leiharbeit

Die Leiharbeit als Arbeitsform wird im AÜG nicht klar definiert, nach § 1 Abs. 1 AÜG ist diese sogar grundsätzlich verboten und bedarf zur Gestattung eine Erlaubnis, die durch die Bundesagentur für Arbeit erteilt wird. Bevor in §§ 2-6 AÜG das genaue Erlaubnisverfahren erläutert wird, werden in § 1 Abs. 3 AÜG Ausnahmen des Erlaubnisvorbehalts geregelt. Dazu zählt beispielsweise die Überlassung von Arbeitnehmern zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen.

Mit der letzten Änderung des AÜG im April 2017 gingen wesentliche Reformen der Beschäftigungsform Leiharbeit einher, die neben einer betriebswirtschaftlichen Funktion zunehmend auch eine sozialpolitische Funktion besitzen. Neu eingeführt wurde eine Höchstüberlassungsdauer in Höhe von 18 Monaten, die zu einer verstärkten Einstellung eigener Arbeitnehmer führen soll. Längere Einsatzzeiten im entleihenden Unternehmen können nur durch entsprechende tarifvertragliche Regelungen der Einsatzbranche vereinbart werden.

8

Die zweite maßgebliche Änderung ist vor allem vor dem Hintergrund der systematischen Benachteiligung von Leiharbeitnehmern im Hinblick auf die im entleihenden Unternehmen herrschenden Arbeitsbedingungen zu betrachten. So zeigten bereits verschiedene empirische Untersuchungen, dass das durchschnittliche Einkommen von Leiharbeitnehmern signifikant geringer ist als das der Stammbelegschaft eines Unternehmens14. Der Equal-Treatment- Grundsatz nach § 8 AÜG legt fest, dass Leiharbeitnehmer zu den gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen beschäftigten werden müssen wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers. Unter diesen Grundsatz der Gleichstellung fallen neben dem Arbeitsentgelt auch die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub und arbeitsfreie Tage (vgl. Europäische Union 2008).

Einzelne Besonderheiten, wie z.B. die im AÜG geregelte sogenannte Drehtürklausel, bzw. Rechtsfolgen von Verstößen gegen das AÜG können aufgrund der Nicht-Notwendigkeit für diese Arbeit an dieser Stelle vernachlässigt werden.

2.3 Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG

Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden Arbeitnehmer eines Arbeitgebers einem Dritten vorübergehend gegen Entgelt überlassen, woraus sich eine Dreierbeziehung zwischen Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher ergibt (vgl. Dütz & Thüsing 2018, S. 191 ff.).

14 Dies zeigten unter anderem Schlese et al. (2005, S. 571), Alewell & Benkhoff (2009, S. 217), Seifert (2011, S. 60). 9

Abbildung 1: Das Dreiecksverhältnis der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG Quelle: eigene Darstellung, aus Utschig (2008, S. 3)

Zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer existiert ein Arbeitsverhältnis, welches auch mit der Überlassung an einen Dritten bestehen bleibt. Obwohl die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bei einem Dritten erbracht wird, bleibt die Arbeitgeberstellung des Verleihers unberührt. Das bedeutet, dass die Entgeltzahlung an den Leiharbeitnehmer durch den Verleiher erfolgt und diese auch im Krankheitsfall, während des Urlaubs sowie in Übergangsphasen weiter bestehen bleibt.

Das Rechtsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ergibt sich automatisch aus dem Arbeits- und Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, ohne dass ein gesonderter Arbeitsvertrag zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer erforderlich ist. Innerhalb dieses Verpflichtungsverhältnisses schuldet der Leiharbeitnehmer unter der Direktion des Entleihers diesem seine Arbeitsleistung. Im Sinne des Gleichstellungs-Grundsatzes hat der Entleiher für gleiche Arbeitsbedingungen wie für seine Stammbelegschaft zu sorgen, muss dem Leiharbeitnehmer die gleichen Rechte zugestehen sowie während seines Arbeitseinsatzes auch für dessen Arbeitsschutz garantieren.

Da der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung einem Dritten und nicht seinem Vertragsarbeitgeber (Verleiher) schuldet, ist diese auch nicht Gegenstand des Vertrags zwischen Verleiher und Entleiher. Mit dem Dienstschaffungsvertrag

10

„schuldet der Verleiher dem Entleiher nur die Überlassung eines beliebigen, den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht werdenden Arbeitnehmer“ (Dütz & Thüsing 2018, S. 193). Damit hat der Entleiher einerseits die Möglichkeit, jederzeit einen anderen Arbeitnehmer zum Entleiher zu entsenden, verpflichtet sich aber andererseits, im Falle von Krankheit, Urlaub oder anderen Verhinderungsgründen des Leiharbeitnehmers für Ersatz zu sorgen.

2.4 Entwicklung der Leiharbeit am Arbeitsmarkt

Obwohl erste Formen der Leiharbeit in Deutschland bereits 1922 durch das Arbeitsnachweisgesetz geregelt wurden, handelt es sich bei dieser um eine recht junge Arbeitsform, deren Ursprung sich nach einer zwischenzeitlich langen Unterbrechung in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg in den USA findet. Dort entwickelten zwei amerikanische Rechtsanwälte das Prinzip der Arbeitnehmerüberlassung, nachdem sie selbst vor dem Problem standen, kompetente Mitarbeiter nur für einen befristeten Zeitraum zu finden.

In Deutschland stand die Arbeitnehmerüberlassung lange Zeit unter einem staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopol, welches sich erst 1967 durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in eine legal konzessionierte Dienstleistungs- branche umwandelte.15 Dieses Urteil sowie 1972 der Erlass des AÜG, welches bis heute die gesetzliche Grundlage der Zeitarbeit bildet, waren der Beginn einer wachsenden Leiharbeits-Branche in Deutschland. Angesichts eines engen regulativen Rahmens für die Leiharbeit blieb die Zahl der Leiharbeitnehmer in Deutschland aber auch zwanzig Jahre nach Verabschiedung des AÜG auf einem überschaubaren Niveau. Erst eine grundlegende Reform16 und die Zulassung privater gewerbsmäßiger Arbeitsvermittlung ließ die Zahl der beschäftigten Zeitarbeitnehmer stark steigen, wie folgende Statistik der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum von Januar 1980 bis Juni 2019 zeigt.

15 Das BVerfG urteilte am 04. April 1967 (Az. 1 BvR 84/65, BVerfGE 21, 261), dass das staatliche Arbeitsvermittlungsmonopol auf gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit dem Grundrecht der freien Berufswahl (Artikel 12 GG) nicht vereinbar sei und ermöglichte damit die legale Arbeitnehmerüberlassung für Private. 16 Im Rahmen dieser Reform wurden vor allem beschäftigungshemmende Bestimmungen gelockert. So wurde u.a. die maximal erlaubte Überlassungsdauer von 9 auf 12 Monate verlängert, das Befristungsverbot gelockert und die Wiedereinstellung desselben Arbeitnehmers nach Ablauf einer Drei-Monats-Frist erlaubt. 11

Abbildung 2: Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in Deutschland Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2020, S. 6)

Abbildung 2 zeigt, wie sehr die Zeitarbeitsbranche von Konjunkturschwankungen bzw. gesetzlichen Änderungen geprägt ist. Konjunkturelle Einflüsse zeigen sich insbesondere während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09, als vor allem Großbetriebe die Möglichkeit des schnellen Personalabbaus nutzten und so einen signifikanten Beschäftigungseinbruch in den Zeitarbeitsunternehmen herbeiführten (vgl. Holst 2010, S. 165). Deutliche Anstiege wiederum waren meist vor allem mit rechtlichen Änderungen verbunden. Die Deregulierung der Zeitarbeitsbranche ab 1994 sorgte für eine Verdopplung der damals knapp 100.000 Leiharbeitnehmer auf über 200.000 im Jahr 1998. Weitere umfangreiche und deregulierende Maßnahmen im Rahmen der Hartz-Gesetze 2003, wie beispielsweise der Wegfall der Höchstüberlassungsdauer sowie die Aufhebung des Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbots, sorgten schließlich für einen regelrechten Boom der Zeitarbeit, der im November 2017 mit rund 1,08 Millionen Leiharbeitnehmern seinen bisherigen Höchststand fand.

2.5 Grundlagen des Spielerarbeitsmarktes und des Transfersystems im deutschen Profi-Fußball

Neben dem wirtschaftlichen Erfolg streben professionelle Sportunternehmen stets nach größtmöglichem sportlichem Erfolg, wodurch der Faktor Humankapital als entscheidender Produktionsfaktor an enormer Bedeutung gewinnt. Der 12

Spielerarbeitsmarkt ist nach Daumann (2019, S. 68 ff.) ein Markt, auf dem sich die Nachfrage nach Spielern aus der Nachfrage auf den Absatzmärkten der Bundesliga ableitet. Zur Bereitstellung quantitativ und qualitativ ausreichender sportlicher Arbeitskraft kann sich ein Sportverein im Profi-Fußball dabei grundsätzlich zweier Strategien bedienen (vgl. Swieter 2002, S. 47):

• Ausbildung von Spielern im Jugend- und Amateurbereich, um diese später im eigenen Profibereich entsprechend einzusetzen • Einkauf des Produktionsfaktors Arbeit auf dem Spielermarkt von anderen Fußballunternehmen

Da der Ligaverband der 1. und 2. Bundesliga der Herren – der DFL Deutsche Fußball Liga e.V. – die Ausbildung im Jugendbereich in ihren Lizenzstatuten ausdrücklich vorsieht, werden von Seiten der Bundesliga-Clubs beide Strategien in der Regel parallel verfolgt. In der Praxis lässt sich allerdings ein erheblicher Unterschied zwischen einer kostenminimalen Erfüllung der Nachwuchsauflagen und einer „intensiven Nutzung des Nachwuchsbereiches zur Ausbildung von bundesligatauglichen Spielern“ erkennen (vgl. ebenda).

Der Beschaffungsmarkt für Fußball-Spieler unterliegt im Vergleich zum Arbeitsmarkt anderer Branchen besonderen Regelungen und freiwilligen verbandsrechtlichen Beschränkungen. Arbeitsverträge professioneller Sportler werden in der Regel über einen bestimmten Zeitraum befristet abgeschlossen und sehen währenddessen ein ordentliches Kündigungsrecht nicht vor (vgl. Schubert 2003, S. 20 ff.). Bei einem vorzeitigen Vereinswechsel steht es dem abgebenden Verein frei, eine frei verhandelbare Ablösezahlung vom neuen Club zu fordern. Bis 1995 war es sogar üblich, dass abgebende Vereine diese Forderung auch unabhängig eines gültigen oder auslaufenden Spielerarbeitsvertrags durchsetzen konnten. Dies änderte sich erst 1995 mit dem Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshof, welches im Anschluss das meistzitierte Urteil des EuGHs darstellte (vgl. Derlén & Lindholm 2013, S. 673) und weitreichende Folgen für den institutionellen Rahmen des Arbeitsmarktes für Profi-Fußballer hatte (vgl. Meier 2004, S. 325 ff.):

Das Bosman-Urteil ist nach dem belgischen Fußballer Jean-Marc Bosman benannt und verschaffte Spielern in der Folge eine deutlich stärkere Verhandlungsposition gegenüber ihren Arbeitgebern. Bosmans Arbeitgeber RFC Lüttich verlangte trotz

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eines auslaufenden Vertrages eine überhöhte Ablösesumme von Bosmans neuem Verein und verweigerte so indirekt seine Freigabe. Der EuGH sah darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU. Seitdem ist es abgebenden Vereinen nicht mehr gestattet, Ablösesummen für Spieler, deren Verträge auslaufen, zu fordern. Außerdem betraf das Urteil einen zweiten Problembereich des Profifußballs. Etwaige Regelungen, nach denen in einigen EU-Ländern nur eine begrenzte Anzahl an ausländischen Spielern eingesetzt werden durften, wurden im Rahmen des Verfahrens ebenfalls für nichtig erklärt.

Nach der Bosman-Entscheidung waren in den darauffolgenden Spielzeiten drei bedeutsame Entwicklungen auf dem Spielertransfermarkt zu erkennen. Um ihre Transferinvestitionen abzusichern, sahen sich Vereine zunehmend gezwungen, einen Spieler durch längere Vertragslaufzeiten an sich zu binden. Vereine bewahren sich so vor den für sie wirtschaftlich nachteiligen Folgen eines ablösefreien Spielerwechsels nach Beendigung des Arbeitsvertrags. Obwohl sich der Marktwert eines Spielers nach Baetge et al. (2013, S. 310) neben einer Vielzahl von Einflussfaktoren u.a. aus den individuellen Vertragsbedingungen gründet, ist der ebenfalls bemerkbare Anstieg der durchschnittlichen Ablösesummen nach 1995 eher auf die sich ebenfalls positiv entwickelnden Umsätze der Vereine zurückzuführen (vgl. Hübl & Swieter 2002, S. 59 ff.). Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen Verein und Spielern zugunsten der Arbeitnehmer ließ außerdem die Gehaltsstruktur in der Bundesliga signifikant ansteigen (vgl. ebenda, S. 56). Doch auch an dieser Stelle zeigt u.a. Dilger (2004, S. 157 f.), dass die Summe der Gehälter in erster Linie nicht durch die Gestaltung des Transfersystems bestimmt wird, sondern abhängig ist von der Einnahmesituation der Clubs. Eine dritte wichtige Entwicklung in der Zeit nach dem Bosman-Urteil ist diesem jedoch vollständig zuzurechnen. Wie der Anlage 3 zu entnehmen ist, stieg der Anteil ausländischer Spieler in der Bundesliga ab 1995 (24,7%) in den folgenden Jahren kontinuierlich an, bis er sich seit der Saison 2001/2002 rund um ein Niveau von 50% einpendelte.17

Nachdem die Europäische Union erkannt hatte, dass die Vereine zur Umgehung der Bosman-Entscheidung zunehmend auf den Abschluss langfristiger Verträge

17 Dass dieser Effekt nicht nur in der Fußball-Bundesliga griff, zeigen Riedl & Cachay (2002, S. 94 f.): Während im Basketball und Handball der Anteil ausländischer Sportler in ähnlichem Maße stiegen, war im Eishockey ein deutlich stärkerer Effekt spürbar. Waren es 1995/96 noch etwas über 10 %, stieg der Ausländeranteil der Eishockey-Spieler innerhalb weniger Jahre auf beinahe 70 % in der Saison 1998/99. 14 setzten, kam es im März 2001 zusammen mit der FIFA und UEFA zu einem weiteren Kompromiss, der bis heute die Basis des rechtlichen Rahmens des Transfersystems darstellt (vgl. Europäische Kommission 2002). Dieser fußt u.a. auf dem Grundsatz, dass die maximale Vertragslaufzeit zukünftig nur noch fünf Jahre beträgt sowie auf der Einrichtung eines Ausbildungsentschädigungs- systems für Spieler unter 23 Jahren, welches alle an der Ausbildung beteiligten Vereine berücksichtigen soll. Außerdem wurde sowohl Vereins- als auch Spielerseite ein eingeschränktes Recht zur ordentlichen Kündigung – je nach Alter des Spielers nach zwei bzw. drei Vertragsjahren – eingeräumt. Die einseitige Kündigung ohne triftigen Grund sieht in diesem Fall eine finanzielle Entschädigung des Vereins oder des Spielers vor. In der Praxis kommt es allerdings nur in Ausnahmefällen zur Anwendung dieser Regelung, da vertragsbrüchig werdende Spieler in der Außendarstellung negativ wahrgenommen werden, was sich wiederum nachteilig auf deren weitere Karriere auswirken kann (vgl. Müller 2015, S. 179).

Ein Beispiel für die Anwendung der Richtlinie zur einseitigen Kündigung eines Arbeitsvertrages ist der Transfer des Brasilianers Matuzalem von Schachtjor Donezk zu Real Saragossa im Jahr 2007. Donezk forderte für den Mittelfeldspieler die in seinem Vertrag festgelegte Ablösesumme in Höhe von 25 Mio. €. Nachdem Donezk ein 12 Mio.-Angebot Saragossas ablehnte, kündigte Matuzalem seinen Vertrag und verließ Donezk ablösefrei in Richtung Spanien. Die FIFA belegte Saragossa daraufhin nach Artikel 17 des Fifa-Reglements mit einer Kompensationszahlung in Höhe von 6,8 Mio. €. Nachdem Saragossa auch diese Summe nicht zahlen wollte, verurteilte der CAS den Spieler Matuzalem zu einer Strafzahlung in Höhe von 11,86 Mio. €, machte aber im gleichen Atemzug klar, dass der spanische Verein gesamtschuldnerisch für die Zahlung dieser Summe haftet (vgl. de Weger 2016, S. 304 f.).

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3 Empirischer Forschungsstand

3.1 Empirische Datenbasis im Zusammenhang mit der Verleihung von Profi-Sportlern

Mit der zunehmenden Verrechtlichung des Profi-Sports ist in der Vergangenheit eine steigende Anzahl sportrechtlicher Diskussionsbeiträge bzw. Dissertationen zu vernehmen. Seit 1994 veröffentlicht der Verlag C.H. Beck außerdem eine Fachzeitschrift unter dem Namen SpuRt, die sich in einem zweimonatlichen Erscheinungsrhythmus überwiegend den rechtlichen und wirtschaftlichen Dimensionen des Sports widmet. Angesichts dessen ist es verwunderlich, dass das Wechselmodell der Spielerleihe nur vereinzelt betrachtet wurde. Die Literatur konzentriert sich bisher vor allem auf die rechtliche Zulässigkeit von wiederholt befristeten Arbeitsverträgen von Trainern und Berufssportlern18, die Zulässigkeit von Transferentschädigungen19 oder den Transfer als solchen (vgl. Bohnau 2003). Bohnau geht zumindest im späteren Verlauf seiner Dissertation auch auf die Spielerleihe ein. Ähnlich verhält es sich dazu in verschiedenen Werken zum Sportrecht bzw. der Rechtsprechung im Sport20.

Die Leihe eines Berufssportlers wird lediglich in zwei Monografien ausführlich thematisiert. Allerdings befassen sich sowohl Brömmekamp (1988) als auch Berkemeyer (2011) überwiegend mit den rechtlichen Aspekten einer Spielerleihe. Ein Beitrag der Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik beschäftigt sich hingegen mit dem Leistungsverhalten verliehener Arbeitnehmer am Beispiel ausgeliehener Bundesligaspieler. Müller (2015, S. 173) zeigt in seiner empirischen Untersuchung u.a., „dass Leihspieler in Leihspielzeiten ein höheres Anstrengungsniveau aufweisen und dieses anschließend in langfristigeren Beschäftigungsverhältnissen nicht halten können.“

18 Vgl. u.a. Karsch (2005, S. 166 ff.), Zindel (2006) 19 Vgl. u.a. Schellhaaß & May (2002, S. 128 ff.), Grodde (2007, S. 321 ff.) 20 Vgl. u.a. Wüterich & Breucker (2006, S. 118) 16

3.2 Die Anwendbarkeit ökonomischer Theorien auf Leihgeschäfte

Um Management-Entscheidungen im Zusammenhang mit Leihgeschäften im Profifußball zu untersuchen, bedarf es theoretischer Vorüberlegungen. In diesem Kapitel werden daher ausgewählte ökonomische Theorien dargestellt und deren Anwendbarkeit auf die Leihgabe von Profisportlern in der Fußball-Bundesliga diskutiert. Ziel dabei ist es – aus der Kombination wirtschaftswissenschaftlicher Ansätze – Hypothesen bezüglich Leihtransfers zu erarbeiten, die die Grundlage der weiterführenden Untersuchungen bilden.

Die Produktions- und Kostentheorie beschäftigt sich mit dem quantitativen Einsatz von Produktionsfaktoren und deren Kosten, die zur Herstellung von Gütern oder Dienstleistungen benötigt werden. Sie versucht darüber hinaus, funktionale Zusammenhänge der Produktion und des Werteverzehrs aufzudecken, um so ein theoretisches Grundgerüst zur Entscheidungsfindung zu modellieren (vgl. Bloech et al. 2001, S. 14). Im professionellen Sport können u.a. die Genetik der Sportlers, die sportliche Infrastruktur, Trainer- und Betreuer- personal, die medizinische Versorgung oder die regelmäßige Teilnahme am Mannschaftstraining bzw. der Einsatz in Wettkämpfen als Produktionsfaktoren identifiziert werden, die in ihrer Kombination eine Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit jedes Spielers bewirken sollen.

Abbildung 3: Produktion im Leistungssport als Kombinationsprozess Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Kistner (1993, S. 1)

Erweist sich der Produktionsprozess als ineffizient – beispielsweise weil ein Spieler aufgrund seines derzeitigen Leistungsvermögens keine Spielpraxis erhält oder sich der Trainerstab vorrangig um Spieler mit höherer Qualifikation sorgt, der Spieler aber weiterhin den Personalaufwand voll belastet – steht das Management eines Vereins vor der Entscheidung, diesen zu verkaufen, zu

17 verleihen oder zu behalten. Um einem Spieler jedoch die gewünschte Spielpraxis zu ermöglichen, sollte dieser im Falle einer Verleihentscheidung zu einem Verein bzw. in eine Liga mit geringerer Spielstärke verliehen werden, wo sein Leistungsvermögen in Relation zu seinen Mitspielern besser ist.

Aus Sicht der Neuen Institutionenökonomik erscheint vor allem die Anwendung der Transaktionskostentheorie, die sich mit den durch die Nutzung des Marktes entstehenden Kosten beschäftigt, interessant. Die Institutionenökonomik unterstellt den beteiligten Akteuren dabei u.a. Informationsdefizite und Risikoaversion (vgl. Daumann 2019, S. 81). Entleihende Vereine können vor der Verpflichtung eines Spielers nicht vollumfänglich bewerten, inwiefern der Spieler seine Fähigkeiten erfolgreich in die eigene Mannschaft einbringen kann. Diesem auch als Adverse Selection bekannten Problem (vgl. ebenda, S. 84 ff.) kann durch eine Leihe vorgebeugt werden, indem die ex ante bestehenden Informationsdefizite durch die Spielerleistungen sukzessive verringert werden und der Leihverein Entscheidungen über eine mögliche feste Verpflichtung somit unter erhöhter Rationalität treffen kann. Neben dem Abbau von Informationsasymmetrien könnte auch die Risikoaversion der Akteure Einfluss auf Leihentscheidungen des aufnehmenden Vereins haben. So stellten Johnson & Waldman (2003, S. 257) im Zusammenhang mit dem Kauf eines neuen Autos fest, dass Käufer mit geringerem Einkommen eher auf Leasinggeschäfte21 zurückgreifen, während „die absolute Risikoaversion mit steigendem Einkommen sinkt“. In der Bundesliga könnten demnach Vereine mit geringem Lizenzspieleretat hinsichtlich ihrer Kaderplanung häufiger Gebrauch von Leihgeschäften machen, da Leihgeschäfte angesichts der beschriebenen Informationsasymmetrien zu einer effizienteren Verpflichtung von Spielern und deren Fähigkeiten führen können.

Im Sinne der Insider-Outsider-Theorie (vgl. Lindbeck & Snower 2001, S. 165 ff.) sollte insbesondere dann auf Leiharbeitnehmer zurückgegriffen werden, wenn wenig spezifisches Humankapital benötigt wird. Die Theorie beschreibt das grundsätzliche Marktungleichgewicht zwischen beschäftigten Arbeitnehmern

21 Diese sind aufgrund einer ähnlichen Dreiecksbeziehung wie bei der Leihgabe eines Berufssportlers mit dieser vergleichbar. 18

(Insider) und Arbeitsuchenden (Outsider). Insider besitzen aufgrund ihres höheren Anteils an spezifischem Humankapital eine bessere Verhandlungsposition als Outsider, die zum gleichen Zeitpunkt nur wenig spezifisches Humankapital vorweisen können. Obwohl Outsider ihre Arbeitskraft zu einem geringeren Entgelt anbieten als die Insider, ist es für den Arbeitgeber oftmals sinnvoller, höheren Lohnforderungen der bereits beschäftigten Arbeitnehmer nachzukommen. Die Differenz der Gehälter von Insidern und Outsidern ergibt sich aus den Kosten für Einstellung, Einarbeitung und Kündigung, die anfallen, wenn ein Insider durch einen Outsider ersetzt werden würde. Die Eigentümlichkeiten des Sportmarktes lassen die Anwendung dieses arbeitsmarktökonomischen Ansatzes allerdings eher nicht zu. Die Anforderungen an einen professionellen Sportler sind schon zu Beginn seiner Tätigkeit derart hoch, dass im Vorfeld einer Spielerverpflichtung das allgemeine Humankapital priorisiert bewertet wird. Außerdem erweisen sich die thematisierten Einstellungs- und Einarbeitungskosten in Relation zum durchschnittlichen Spielergehalt im Profifußball von vergleichsweise geringer Bedeutung.

Atypische Arbeitsverhältnisse bieten sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer Risiken und Chancen. So zeigten Friedrich & Martin (2004, S. 210 ff.) – ebenfalls auf Basis der Insider-Outsider-Theorie – empirisch, dass in Betrieben mit Leiharbeitnehmern das Kooperationsverhalten zwischen diesen und der Stammbelegschaft deutlich schlechter ist als das von Normalarbeitnehmern in Betrieben ohne Leiharbeitnehmer. Angewendet auf die spezifische Situation in Bundesligavereinen impliziert diese Erkenntnis eine geringere Kooperationsbereitschaft der festen Vertragsspieler gegenüber den Leihspielern. Im professionellen Mannschaftssport befinden sich die Spieler einer Mannschaft – unabhängig ob Vertrags- oder Leihspieler – allerdings in einer gegenseitigen Abhängigkeitssituation, die asoziales Verhalten innerhalb der Mannschaften eigentlich nicht zulassen sollte.22

22 Dieses ergibt sich, da es sich beim Fußball um einen komplexen Mannschaftssport handelt, in dem – anders als beim Individualsport – auch Zusammenspiel und Taktik ausschlaggebend für den Erfolg sind. Außerdem wird der persönliche Nutzen durch Teamerfolge erhöht, z.B. im Falle eines Titelgewinns in Form einer Prämienzahlung. Somit sollte Leihspielern die Kooperation nicht verwehrt werden, sofern sie mit ihrer individuellen Qualität zu einer verbesserten Mannschafts-Spielstärke beitragen. 19

Neben einer verminderten Kooperationsbereitschaft zeigte sich außerdem eine geringere Leistungsbereitschaft von Leiharbeitnehmern, sofern diese ein geringeres Entgelt als Normalarbeitnehmer beziehen (vgl. ebenda, S. 215 ff.). Da bei Leihgeschäften im Profifußball der mittlerweile eingeführte Equal-Pay- Grundsatz nicht greift, ließe sich an dieser Stelle eine Leistungszurückhaltung bei Leihspielern vermuten. Allerdings ergeben sich auch an dieser Stelle Zweifel zur Übertragung dieser auf Basis der Effizienzlohntheorie gewonnenen Erkenntnis auf den Spielermarkt der Fußball-Bundesliga. Wie Gandelman (2008, S. 353) im Rahmen einer Studie zu beruflicher Mobilität feststellte, eignen sich Sportmärkte vor allem deshalb für Untersuchungen, da sie aufgrund der Vielzahl an Performance-Indikatoren gut beobachtbar sind. So stehen den Vereinen zahlreiche Statistiken zur Verfügung, die sie zur Aus- und Bewertung der Leistungen ihrer Spieler heranziehen können. Eine bewusste Leistungszurückhaltung führt somit zu für den Spieler negativen Konsequenzen, die sich kurzfristig beispielsweise in weniger Einsatzzeit oder langfristig in geringerer Nachfrage nach seinem fußballerischen Talent auf dem Arbeitsmarkt widerspiegeln könnte.

Talentierte und entwicklungsfähige Spieler, die ihre Mannschaft aufgrund ihres noch nicht ausreichenden Leistungsvermögens sportlich nicht verstärken können, sehen sich oftmals opportunistischem Verhalten ausgesetzt, welches sie nur schwer beeinflussen können. Für das Erreichen sportlicher Ziele wird ein Trainer im Zweifel auf Spieler setzen, deren Potenzial möglicherweise bereits ausgeschöpft ist, der aber aufgrund seiner individuellen Leistungsfähigkeit am ehesten sportlichen Erfolg garantieren kann. Im Sinne klassischer Außenhandelstheorien kann opportunistischem Verhalten entgegengewirkt werden, wenn sich die Akteure auf die Theorie der absoluten bzw. komparativen Kostenvorteile verständigen (vgl. Michaelis 2007, S. 6 ff.). Kann ein Verein seinem Spieler zum aktuellen Zeitpunkt keine sportliche Perspektive bieten, sucht er einen Vertragspartner, der dem Spieler in dieser Hinsicht weiterhelfen kann. Der Nutzen für den aufnehmenden Verein muss wiederum klar ersichtlich sein, da dieser sonst bei keiner qualitativen Verstärkung – ebenfalls mit opportunistischem Hintergedanken – eher auf eigene Vertragsspieler setzen würde als auf einen fremden Leihspieler. Bei einem Leihgeschäft können

20 demnach neben dem Spieler sowohl der entleihende als auch der verleihende Verein profitieren, wenn der Spieler während der Leihdauer infolge ausreichender Spielzeit sein Humankapital steigern kann.

3.3 Hypothesen zum Nutzen von Leihtransfers in der Bundesliga und zum Verleihverhalten von Vereinen

Auf Basis obiger Ausführungen lassen sich aus der theoretischen Betrachtung wirtschaftswissenschaftlicher Zusammenhänge des Profifußballs im Hinblick auf die Leihgabe von Fußballern verschiedene Hypothesen zum Nutzen von Leihgeschäften und dem Ausleihverhalten von Bundesliga-Vereinen ableiten. Diese sind in nachfolgender Tabelle übersichtlich dargestellt:

Nr. Hypothese

Spieler werden eher an Vereine mit geringerer Spielstärke oder in Ligen mit H1: geringerer Ligastärke verliehen.

Eine Spielerleihe verhilft dem aufnehmenden Verein zu einer Verbesserung H2: der Spielstärke.

Ein Leihspieler kehrt eher dann zu seinem Bundesliga-Stammverein zurück, H3: je höher der Anteil der erhaltenen Einsatzzeit während der Leihe.

Ein Leihspieler verbleibt eher beim Leihverein, wenn er während der H4: Leihdauer die Spielstärke einer Mannschaft verbessern konnte.

Eine Spielerleihe verhilft dem Spieler zu einer Steigerung seiner H5: Einsatzminuten.

Ein Leihtransfer ist insbesondere für Vereine mit geringen finanziellen H6: Ressourcen eine häufig gewählte Option für die Kaderzusammenstellung.

H7: Eine Spielerleihe verhilft dem Spieler zu einer Steigerung seines Marktwertes.

Tabelle 1: Zusammenfassung potenzieller Hypothesen in Bezug auf Leihgeschäfte Quelle: eigene Darstellung

21

4 Leihtransfers im europäischen Fußball

4.1 Der Begriff des Sportrechts

Leihgeschäfte im Profisport grenzen sich von der klassischen Arbeitnehmerüberlassung insbesondere dadurch ab, als dass für diese nicht nur die sportrelevanten Normen des staatlichen Rechts, sondern zusätzlich auch Richtlinien aus den selbstgesetzten Regelwerken der Sportorganisationen – die sogenannte „lex sportiva“ – gelten. Nach Berkemeyer (2011, S. 1) ist unter dem Begriff des Sportrechts „die Anwendung des staatlichen Rechts auf Sportsachverhalte zu verstehen“. Daraus folgt, dass das Sportrecht kein abgeschlossenes und dauerhaft abgrenzbares Rechtsgebiet ist, sondern nach Hilpert (2016, S. 31 f.) vielmehr auf einem Zwei-Säulen-Modell basiert. Die getrennten Normenkreise aus Verbands- und staatlichem Recht stehen dabei zwar grundsätzlich unabhängig, aber nicht beziehungslos nebeneinander (vgl. Wüterich & Breucker 2006, S. 68 ff.). Dies bedeutet, dass die verbandseigenen Satzungen und Statuten stets im Einklang mit staatlichem Recht zu erlassen sind, da dieses im Zweifel Vorrang vor dem Verbandsrecht genießt. Ob sich ein Sportler dabei innerhalb oder außerhalb des Regelwerks von Sportorganisationen bewegt, hängt stets entscheidend von Auslegung und Anwendung des Rechtsfalles ab (vgl. Hilpert 2016, S. 32).

Garantiert wird die eigene Rechtssetzung und -durchsetzung in Sportorganisationen durch die Verbandsautonomie, nach der privaten Vereinen zugestanden wird, eigene Angelegenheiten durch privatrechtliche Satzungen und Nebenordnungen eigenständig zu regeln. Die Organisation internationaler Sportverbände wird dabei vor allem durch zwei Aspekte geprägt (vgl. Fritzweiler et al. 2014, S. 126 f.):

• Sportverbände genießen gemäß des „Ein-Verbands-“ bzw. „Ein-Platz- Prinzips“ eine Monopolstellung in ihrer Sportart. • Innerhalb dieses pyramidal-hierarchischen Systems wird Verbandsrecht stets von unten nach oben festgelegt und anerkannt.

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•Fußball-Weltverband FIFA

u.a. UEFA •Kontinentalverbände (6)

u.a. DFB •Nationalverbände (211)

•Ligaverband + DFL e.V. + u.a. NFV, WDFV Regionalverbände DFB (5) u.a. BFV, FVM, FVN, FVR •Landesverbände DFB (21)

> 24.000 Vereine •Mitgliedsvereine DFB

Abbildung 4: Verbandsstruktur im internationalen Fußball aus deutscher Perspektive Quelle: eigene Darstellung

Die Abbildung veranschaulicht das gegenwärtige Verbandssystem im deutschen bzw. internationalen Fußball, welches aufgrund der klaren hierarchischen Struktur für die Einheitlichkeit der Spielregeln im Fußball sorgt. Die FIFA mit Sitz in Zürich ist das höchste Organ im Fußball und besteht aus sechs Kontinentalverbänden23, die wiederum insgesamt 211 Mitgliedsverbände auf nationaler Ebene besitzen. Als Fußballweltverband vergibt bzw. organisiert die FIFA internationale Wettbewerbe, wie z.B. Weltmeisterschaften. Die UEFA ist als Kontinentalverband analog zur FIFA für den europäischen Fußball zuständig, der DFB für den deutschen Fußball sowie Regional- und Landesverbände jeweils für das ihnen zugewiesene Territorium.

Eine weitere Besonderheit des Sportrechts stellt die Schiedsgerichtbarkeit im Sport dar, wodurch die Beteiligten in erster Linie Freiheit vor dem staatlichen Rechtsschutz erlangen. Die Vorteile der sogenannten „Sport-“ bzw. „Verbandsgerichte“ liegen vor allem in schnelleren Entscheidungen, einer größeren sachlichen Nähe, der freieren Verfahrensgestaltung sowie meist geringeren Kosten begründet (vgl. Fritzweiler et al. 2014, S. 252). Sportgerichte sind meist auf Verbandsebene angesiedelt und für deren innere Angelegenheiten zuständig. Die oberste Sportgerichtsbarkeit in nationalen Rechtsfragen besitzt in Deutschland das DFB-Sportgericht. Der Internationale Sportgerichtshof CAS (Court of Arbitration for Sport) stellt die oberste Instanz für Sportverbände in Streitfragen zum internationalen Sportrecht dar. Erst kürzlich tat sich der CAS mit

23 Auf kontinentaler Ebene zählen dazu die Verbände AFC (Asien), CAF (Afrika), CONCACAF (Nord-, Mittelamerika und Karibik), CONMEBOL (Südamerika), UEFA (Europa) und OFC (Ozeanien). 23 einem Urteil zugunsten des englischen Scheich-Klubs Manchester City FC hervor und hob damit eine von der UEFA ausgesprochene Sperre wieder auf.24

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass im Sport – wie auch in allen anderen Lebensbereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens – grundsätzlich die staatliche Rechtsordnung greift. Mit dem Privileg der Autonomie besitzen Verbände aber die Möglichkeit, innere Angelegenheiten in privatrechtlichen Statuten zu regeln bzw. durch Schiedsvereinbarungen dieses Recht auch durchzusetzen, während sie zunächst auf staatlichen Rechtsschutz verzichten. In Folge der zunehmenden Kommerzialisierung des Sports sowie seiner steigenden Bedeutung für die Gesellschaft wird allerdings auch der Bedarf an verbindlichen Regelungen größer. Somit ist das Sportrecht allgemein als ein sich stetig entwickelnder Querschnitt unterschiedlicher Rechtsgebiete zu verstehen (vgl. Wüterich & Breucker 2006, S. 58 ff.).

4.2 Rechtliche Grundlagen einer Spielerleihe

Zur rechtlichen Qualifizierung von Ausleihgeschäften gilt es vor allem folgende Fragen zu beantworten: Wie ist ein Berufssportler arbeitsrechtlich einzuordnen? Welche verbandsrechtlichen Grundlagen liegen einem Leihtransfer zugrunde? Welche Unterschiede bestehen hinsichtlich der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG? Welche Rechtsbeziehungen bestehen zwischen den an der Spielerleihe beteiligten Parteien?

Der DFB unterscheidet in § 8 seiner Spielordnung grundsätzlich drei Status von Fußballspielern: Amateur, Vertragsspieler und Lizenzspieler. Da sich die vorliegende Arbeit ausschließlich im Bereich der Berufsspieler bewegt, wird sich auf die Definition des Lizenzspielers beschränkt. Dieser übt seine sportliche Tätigkeit nicht nur auf Freizeitbasis oder zur körperlichen Ertüchtigung bzw. Erholung aus, sondern auf Grundlage eines mit einem Lizenzligavereins

24 Die UEFA hatte am 14.02.2020 bekanntgegeben, den englischen Verein Manchester City – zusätzlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Mio. € – aufgrund jahrelanger Verstöße gegen das Financial-Fairplay-Reglement für zwei Spielzeiten von der Teilnahme an europäischen Klubwettbewerben auszuschließen. Der Internationale Sportgerichtshof CAS jedoch gab am 13.07.2020 dem Einspruch des Vereins gegen die Sperre statt und begründete dies damit, dass die meisten der mutmaßlichen Verstöße nicht eindeutig festgestellt werden konnten oder bereits verjährt waren. Zudem wurde die verhängte Geldstrafe von 30 auf 10 Mio. € reduziert (vgl. CAS / TAS, 2020). 24 geschlossenen Arbeitsvertrages. Die Rechtsprechung und Literatur weisen dem Lizenzspieler25 daher die Arbeitnehmereigenschaft zu. Da mit dieser vor allem Bestimmungen des Arbeitsrechts zum Schutz des Arbeitnehmers einhergehen, sieht sich die Qualifizierung der Berufsspieler als Arbeitnehmer aufgrund der hohen Spielergehälter dennoch vereinzelter Kritik ausgesetzt. Rechtspolitisch spielt das Gehalt bei der Identifizierung der Arbeitnehmereigenschaft jedoch keine Rolle (vgl. Wüterich & Breucker 2006, S. 109).

Wie in der im vorigen Kapitel dargestellten Verbandsstruktur gilt auch hinsichtlich der verbandsrechtlichen Regelungen eines Spielertransfer das sogenannte „Ein-Platz-Prinzip“. Die Transfer-Bestimmungen des Weltverbandes FIFA stehen dabei an oberster Stelle, bis auf nationaler Ebene zunächst die Regeln des DFB und anschließend die der DFL greifen.26 Festgehalten sind die international gültigen Bestimmungen bezüglich Transfers im zuletzt am 10.06.2020 verabschiedeten FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spieler. Da das FIFA-Reglement den Spielertransfer nicht abschließend behandelt, sind an einigen Stellen – wie beispielsweise beim verbandsinternen Wechsel – Nachbesserungen durch die entsprechenden Nationalverbände nötig (vgl. Seip 2017, S. 22 f.). In Deutschland sind diese in der DFB-Spielordnung verankert, die jedoch in § 8 Nr. 3 im Hinblick auf den Status des Lizenzspielers auf das Ligastatut der DFL verweist. Innerhalb der Ligastatuten regelt § 5 Nr. 2 LOS (Lizenzordnung Spieler) Leihtransfers in der Bundesliga. Neben den analog geltenden Bestimmungen eines endgültigen Spielertransfers muss sich die Leihdauer „mindestens auf die Zeit zwischen zwei Wechselperioden beziehen“, um Spielerwechsel außerhalb der vorgeschriebenen Wechselperioden zu vermeiden. Außerdem muss zwischen „Spieler und verleihenden Club nach dem Ende der Leihe eine vertragliche Bindung bestehen“, um Arbeitsverhältnisse nicht auf künstlichem Wege durch ein Leihgeschäft zu beenden. Bei Verstößen gegen eine der vorgegebenen Formalitäten kann der Ligaverband als

25 Vgl. Wüterich & Breucker (2006, S. 106 ff.); Fritzweiler et al. (2014, S. 298); Hilpert (2016, S. 113 f.): Die Arbeitnehmereigenschaft wird durch eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit geprägt. Angesichts der betrieblichen Eingliederung, der organisatorischen Abhängigkeit und der Weisungsgebundenheit gelten professionelle Sportler einer Mannschaftssportart allgemein als Arbeitnehmer des Vereins. 26 Gravierende Unterschiede hinsichtlich des FIFA-Reglements und des deutschen Transfersystems sind dabei nicht zu erkennen. Abweichungen ergeben sich lediglich durch Besonderheiten des nationalen Rechts (vgl. Hackenberger 2007, S. 30). 25

Lizenzgeber die Lizenz zur beruflichen Ausübung der sportlichen Tätigkeit entziehen oder die außerdem benötigte Spielerlaubnis versagen.

Das Verhältnis zwischen verleihendem bzw. entleihendem Verein wird durch einen Leihvertrag geregelt. Dieser benennt den betreffenden Leihspieler, Zeitpunkt und Dauer der Leihe sowie die Vereinbarung über eine anfallende Ausleihgebühr. Berkemeyer (2011, S. 74 ff.) beschreibt die Spielerleihe als individualisierte Schuld und stellt in diesem Zusammenhang zwei Unterschiede zur Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG fest. Die Auswahl des Spielers wird im Gegensatz zur Zeitarbeit nicht dem Verleiher überlassen, sondern basiert auf einer beidseitigen Einigung der Vertragsparteien. Dies beruht auf dem bei Leihgeschäften üblichen Interesse des Entleihers an einem spezifischen Spieler, sodass ein beliebig festgelegter Ersatz durch den Verleiher nicht zielführend wäre. Zum anderen besitzt der Verleiher erst gar nicht die Möglichkeit, aus einem Arbeitnehmer-Pool zu wählen, da der Lizenzspieler – im Gegensatz zum klassischen Zeitarbeitnehmer – nicht von Beginn an in die Überlassung an einen Dritten eingewilligt hat, und es somit stets der Zustimmung des Spielers bedarf.

Das Verhältnis zwischen dem Spieler und dem entleihenden Verein ist durch einen Arbeitsvertrag festgelegt. Dieser ist in seiner freien Gestaltung insofern beschränkt, als dass der Inhalt des Arbeitsvertrags dem Inhalt des Leihvertrags entsprechen muss, vor allem im Hinblick auf die zwischen den Vereinen vereinbarte Dauer. Anders als bei der klassischen Arbeitnehmerüberlassung übernimmt damit also der Entleiher die Arbeitgeberstellung des Verleihers und steht für die befristete Zeit der Ausleihe mit dem Spieler in einer Arbeitgeber- Arbeitnehmer-Beziehung.

Mit der Übernahme der Arbeitgeberstellung durch den Entleiher stellt sich die Frage nach der Rechtsbeziehung zwischen verleihenden Verein und Spieler. Da die DFL keine zwei parallellaufenden Arbeitsverhältnisse in ihren Statuten vorsieht, verständigt sich der Spieler mit seinem eigentlichen Arbeitgeber auf ein vorübergehendes Ruhen des Arbeitsvertrages mit anschließender Rückkehrpflicht. Damit stehen sich Verleiher und Spieler für die Dauer der Ausleihe in keinem vertraglich geregelten Rechtsverhältnis gegenüber. Da der Verleiher – im Gegensatz zum Entleiher bei der Arbeitnehmerüberlassung – auch

26 kein Weisungsrecht gegenüber dem Spieler besitzt, und auch sonst alle arbeitgebertypischen Pflichten beim entleihenden Verein zu verorten sind, fällt somit auch die bei der klassischen Arbeitnehmerüberlassung übliche Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion weg.

Abbildung 5: Das Dreiecksverhältnis der an einer Spielerleihe Beteiligten Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Berkemeyer (2011, S. 73 ff.)

Ein endgültiger Spielertransfer basiert im Wesentlichen auf drei Verträgen, die aufgrund des in der Praxis üblichen Zeitdrucks in der Regel parallel verhandelt und abgeschlossen werden27 (vgl. Seip 2017, S. 37): Transfervertrag zwischen altem und neuem Verein, Arbeitsvertrag zwischen Spieler und neuem Verein, Auflösungsvertrag zwischen Spieler und altem Verein. Bei einem Leihgeschäft wird der Transfervertrag durch einen Leihvertrag ersetzt sowie der bestehende Arbeitsvertrag zwischen Spieler und abgebendem Verein zwar ebenfalls aufgelöst, gleichzeitig aber auch ein Anschlussvertrag verhandelt, der mit dem Ablauf der Leihe beginnt. Grundsätzlich ähnelt ein Leihgeschäft im professionellen Fußball dabei der Situation von Leiharbeitnehmern der klassischen Arbeitnehmerüberlassung, auch wenn sich die Rechtsbeziehungen der beteiligten Parteien aufgrund bestehender Besonderheiten des Arbeitsmarkts im Profi-Sport dabei in einigen Punkten unterscheiden.

27 Üblich sind außerdem in der Regel auch zwei Provisionsverträge zwischen Spielervermittler und altem bzw. zwischen Spielervermittler und neuem Verein (vgl. Schickhardt 2012, S. 642 ff.). Diese bedürfen in der vorliegenden Arbeit allerdings keiner weiteren Berücksichtigung. 27

4.3 Motive für das Ver- und Entleihen von Fußballspielern

4.3.1 Betriebswirtschaftliche Hintergründe

Der Ursprung einer boomenden Zeitarbeitsbranche liegt vor allem im unternehmerischen Wunsch nach größeren Flexibilisierungsmöglichkeiten von Beschäftigungsverhältnissen begründet. Holst (2009, S. 144 ff.) typologisiert in diesem Zusammenhang drei grundsätzliche betriebliche Nutzungsstrategien: den Ad-hoc-Einsatz, den Einsatz als Flexibilitätspuffer sowie die strategische Nutzung von Leiharbeitern. Dabei ist festzuhalten, dass Leiharbeit vor allem in Großbetrieben des verarbeitenden Gewerbes anzutreffen ist (vgl. Promberger 2006, S. 264), da diese die Arbeitsform der Leiharbeit in der Vergangenheit zunehmend strategisch auch in den Kernbereichen ihrer Unternehmen einsetzten. Leiharbeit bietet den nutzenden Unternehmen dabei verschiedene Vorteile. Neben arbeitsrechtlichen Gründen garantieren Leiharbeitnehmer u.a. eine höhere „technisch-organisatorische Flexibilität in der Produktion bzw. im Angebot von Dienstleistungen“ (Werthebach et al. 2000, S. 280), da sowohl die Einstellung als auch die Entlassung von Leiharbeitern schnell und ohne großen eigenen Verwaltungsaufwand gelingt. Die Verwaltungskosten im Personalbereich werden durch die Nutzung von Leiharbeit reduziert, indem die Personalbeschaffung und das Personalmarketing gegen eine Gebühr an den Entleiher übertragen werden. Generell lässt sich dabei festhalten, dass sich die betriebswirtschaftlichen Motive deren eines Leihgeschäfts – trotz bestehender Eigentümlichkeiten des professionellen Mannschaftssports – ähneln:

• Kostenersparnis …aus Sicht des aufnehmenden • Erprobung des Spielers Vereins • Kompensation verletzungsbedingter Ausfälle • Kurzfristige Aufwertung des Kaders • Ausbildungszweck …aus Sicht des abgebenden • Reduzierung der Personalkosten Vereins • Spielerleihen als Geschäftsmodell • Spielpraxis …aus Sicht des Spielers • Steigerung des eigenen Marktwertes Tabelle 2: Motive einer Spielerleihe aus Sicht der beteiligten Akteure Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Berkemeyer (2011, S. 7 ff.)

28

4.3.2 Motive des Vereins, einen Spieler zu entleihen

Seit dem Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 1995 ist es Spielern nach Ablauf ihres Vertrags erlaubt, sich ablösefrei einem anderen Verein anzuschließen. Um der gestiegenen Macht der Spieler entgegenzuwirken, führte das Urteil in den darauffolgenden Jahren zu längeren Vertragslaufzeiten in der Bundesliga (vgl. Swieter 2002, S. 106). Damit schützen Vereins- verantwortliche ihre eigenen Transferinvestitionen und beugen so dem Szenario eines wirtschaftlich ineffizienten, ablösefreien Wechsels vor. Spieler mit einer hohen Spielstärke sind daher nur selten ablösefrei nach Ablauf ihres Vertrages zu haben. Eine Ausleihe ist somit für interessierte Vereine die kostengünstigere Variante eines Transfers, da in diesem Fall nur eine verhandelbare Ausleih- gebühr fällig wird. Die Transferrechte, die den Wert eines Spielers zu einem großen Teil bestimmen, hat während eines Leihgeschäfts weiter der verleihende Verein inne, sodass Ausleihgebühren in der Regel in deutlich geringerem Umfang anfallen. Ein Leihgeschäft belastet unter diesen Umständen somit das Transferbudget weniger und ermöglicht eine höhere Flexibilität bei der Kaderzusammenstellung.

Der thematisierte ablösefreie Weggang eines Top-Spielers kann einen hohen Verlust für den abgebenden Verein bedeuten. Im Gegenzug kann sich aber auch die mit erheblichen Kosten verbundene Investition28 in einen Spieler als Verlust herausstellen, falls dieser nach der Verpflichtung – entgegen der in dessen Leistungsvermögen gesetzten Erwartungen – die Mannschaft sportlich nicht verstärken kann. Eine Spielerleihe kann daher zur Erprobung eines Spielers genutzt werden, ohne sich langfristig an diesen und die damit einhergehenden Kosten binden zu müssen. Die Möglichkeit eines festen Transfers wird damit nicht ausgeschlossen und kann entweder im Anschluss an die Leihe in Verhandlungen mit dem verleihenden Verein beschlossen werden oder bereits zu Beginn der Leihe in Form einer vereinbarten risikoarmen Kaufoption für den entleihenden Verein erfolgen.

28 Mit Investition ist an dieser Stelle die Summe aus Entschädigungszahlung an den abgebenden Verein, Provisionszahlung an den Spielervermittler, Handgeld sowie Gehalt des Spielers gemeint. 29

Wie bereits in Kapitel 1.4 beschrieben, besteht ein durchschnittlicher Kader in der Bundesliga aus deutlich mehr als 20 Spielern, die ein Verein pro Spieltag melden darf. Dem allgemeinen Verständnis nach sollten Vereine daher in der Lage sein, Verletzungen von Stammspielern mit ihren Reservespielern aufzufangen. Da die Kader aufgrund von Verbandsvorgaben teilweise aber lediglich nominell an Breite gewinnen und die Spielstärke vieler Ersatzspieler nicht ausreicht, einen Stammspieler über einen längeren Zeitraum adäquat zu ersetzen, dient die Spielerleihe als Instrument, negative sportliche Folgen für den Verein infolge von Verletzungen wichtiger Spieler zu vermeiden. In diesem Zusammenhang kann ein Leihgeschäft auch ohne Verletzungen zur kurzfristigen Aufwertung des Kaders genutzt werden, falls ein Spieler bzw. eine Mannschaft ihr Leistungsvermögen nicht wie erwartet abrufen kann. Zur Erreichung kurzfristiger Ziele oder um weitreichende Folgen eines Abstiegs o.ä. zu vermeiden, können sich Vereine im Rahmen ihrer Möglichkeiten eines Leihspielers bedienen.

4.3.3 Motive des Vereins, einen Spieler zu verleihen

Junge Spieler binden sich meist früh vertraglich an ihren Ausbildungs-Club, der ihnen nach der Zeit in der U19 des Nachwuchsleistungszentrums allerdings häufig nicht die nötige Spielpraxis im Seniorenbereich garantieren kann. Zudem wurden vereinseigene U23-Teams zur Entwicklung junger Talente in der Vergangenheit vom Spielbetrieb abgemeldet oder diese spielen überwiegend nur noch in der viertklassigen Regionalliga und tiefer, sodass der Sprung aus der 2. in die 1. Mannschaft aufgrund des sportlichen Niveauunterschieds zunehmend schwer fällt.29 Um eigene ausgebildete Talente aber nicht an Ligakonkurrenten oder andere Clubs zu verlieren, nutzen Vereine ein Leihgeschäft zu Ausbildungszwecken, damit der junge Spieler an anderer Stelle Einsatzzeiten sammeln und sich dort weiterentwickeln kann.

29 2019/20 spielte mit FC Bayern München II lediglich eine U23-Mannschaft eines Bundesligisten in der 3. Fußball-Liga, 12 der 14 U23-Teams eines Bundesligisten spielten in einer der fünf Regionalligen, eine U23 gar nur in der fünftklassigen Oberliga. Seit zur Saison 2014/15 die Pflicht einer eigenen U23-Mannschaft aufgehoben wurde, meldeten die Bundesligisten Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt, RB Leipzig sowie Union Berlin außerdem nach und nach ihre U23 vom Spielbetrieb des DFB ab. 30

Da bei einer Spielerleihe der entleihende Verein in die Arbeitgeberstellung rückt, ist dieser in der Regel auch für die Lohnzahlung sowie die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen verantwortlich.30 Der entleihende Verein kann durch die vorübergehende Überlassung eines Spielers seine Personalkosten reduzieren, insbesondere wenn absehbar ist, dass ein Spieler in den sportlichen Planungen der laufenden Saison keine Rolle spielen wird. Aufgrund der im Profifußball üblichen hohen Gehälter31 lohnt es sich für einen Verein allein deshalb, einen Spieler mit nur geringem sportlichem Wert zu verleihen.

Ein drittes und mehr vom betriebswirtschaftlichen Profitgedanken geprägtes Motiv wandelt Leihtransfers in ein Geschäftsmodell um. Es basiert im Wesentlichen darauf, junge Talente frühzeitig zu entdecken und zu verpflichten sowie sie anschließend zu verleihen, um auf ihren Durchbruch und eine damit verbundene Marktwertsteigerung zu spekulieren. Ob der Spieler irgendwann für den Stammverein aufläuft, ist angesichts der Masse an verliehenen Spielern ein eher zweitrangiges Ziel, solange er im Falle eines Transfers für die gewünschte Rendite sorgt. Dies führt zwangsläufig zu skurrilen Situationen, in denen Spieler teilweise keinen einzigen Einsatz in der ersten Mannschaft ihres Vereins vorweisen können und im Laufe der Zeit dennoch mit beträchtlichen Transfergewinnen für den Stammverein weiterveräußert werden.32

4.3.4 Motive des Spielers, einem Leihgeschäft zuzustimmen

Da ein Leihtransfer im Fußball nie ohne die explizite Zustimmung des Spielers erfolgen kann, stellt sich zuletzt die Frage nach den Motiven eines beteiligten Spielers. Ein Fußballspieler kann in der Regel nur über einen begrenzten Zeitraum seiner Tätigkeit als Berufssportler nachgehen. Er hat demnach ein

30 Abweichende Vereinbarungen – beispielweise die (teilweise) Gehaltsübernahme durch den Verleiher – können zwischen den Vereinen jederzeit vereinbart werden. 31 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 1.4, das durchschnittliche Gehalt eines Bundesligaspielers lag 2018/19 bei rund 1,8 Mio. € 32 Die als sogenannte „Loan Army“ bekannte Flut an verliehenen Spielern des FC Chelsea bestand zu Hochzeiten 2014/15 aus bis zu 35 Spielern, die meisten davon maximal 23 Jahre alt und jünger. Wie das Geschäftsmodell „Spielerleihe“ funktionieren kann, zeigen folgende zwei Beispiele: Der in Deutschland u.a. vom VfL Wolfsburg bekannte Kevin de Bruyne absolvierte gerade einmal neun Einsätze für den Londoner Verein, ehe er nach anderthalbjähriger Leihe mit einem Gewinn von knapp 13 Mio. € weiterverkauft wurde. Sein belgischer Landsmann Thorgan Hazard absolvierte gar nur einen 25-minütigen Einsatz für Chelseas U23, ehe er nach dreijähriger Leihe in zwei Leihvereinen schließlich mit einem Gewinn von knapp 7,5 Mio. € veräußert wurde, zwischendurch anfallende Leihgebühren nicht miteinberechnet. 31

Interesse, seine Leistungsfähigkeit durch regelmäßige Einsätze in Wettkämpfen zu erhalten bzw. noch zu steigern, um so auch einkommenstechnisch von seiner Spielstärke zu profitieren. Sinkt der sportliche Wert des Spielers innerhalb seines Stammvereins trotz bestehenden Vertrags und findet sich kein Verein, der die Transferrechte an ihm erwerben möchte, bietet ein Leihgeschäft die Chance auf regelmäßige Spielpraxis auf Wettkampfniveau. Dadurch kann er sich beispielsweise für eine Weiterverpflichtung des Leihvereins, einen zukünftigen Vereinswechsel oder auch einen Kaderplatz im Stammverein nach der Rückkehr empfehlen. Auch die Nachfrage nach seinem fußballerischen Talent, die auf dem Arbeitsmarkt für Fußballspieler ähnlich wie auf konventionellen Märkten funktioniert, kann ein Spieler so eigenverantwortlich positiv wie negativ beeinflussen.

4.4 Historische Entwicklung von Leihtransfers in Deutschland und Europa

Leihtransfers sind kein exklusives Wechselmodell des Fußballs, sondern lassen sich auch in anderen Sportarten wie Handball, Basketball oder Eishockey feststellen (vgl. Berkemeyer 2011, S. 6). Da die gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs unter den genannten Sportarten in Deutschland allerdings am größten ist, und auch die Kommerzialisierung im Fußball am weitesten fortgeschritten scheint, bedarf die Leihgabe von Profifußballern sowohl in ökonomischer als auch in quantitativer Hinsicht einer besonderen Betrachtung. Aufgrund der breiten und zumeist frei zugänglichen Datenlage kann diese Betrachtung mit vorliegender Arbeit verwirklicht werden.

Bis in die 1990er Jahre waren Spielerleihen in der Bundesliga ein sehr selten vorkommendes Transfermodell. Der erste verliehene Spieler geht bis in das Jahr 1967 zurück, den ersten ausgeliehenen Spieler gab es gar erst zur Saison 1975/76.33 Wohl auch deshalb, da die Gesetzeslage zu diesem Zeitpunkt keine länger als drei Monate dauernde Arbeitnehmerüberlassung vorsah und Vereine

33 1967/68 verlieh der 1.FC Nürnberg seinen Stürmer Wulf-Ingo Usbeck für zwei Monate an den österreichischen Verein Grazer AK. Den ersten Leihtransfer in die Bundesliga vollzog , die den Stürmer Klaus Wunder zur Mitte der Saison 1975/76 zunächst vom FC Bayern München ausliehen, ehe sie ihn nach Ablauf der Leihe fest verpflichteten. 32 stets eine Sondergenehmigung der Bundesanstalt für Arbeit einholen mussten. Erst mit der zunehmenden Deregulierung der Arbeitnehmerüberlassung sowie der Abgrenzung der Spielerleihe von der klassischen Zeitarbeit, kam auch in Deutschland Bewegung in den Markt der Leihgeschäfte. Die heute längst liberalisierte Leihe von Fußballspielern erfreute sich seit den 1990er Jahren zunehmender Beliebtheit, ehe die Anzahl der Leihgeschäfte – mit dem Wegfall der Begrenzung ausländischer Spieler im Rahmen des Bosman-Urteils 1995 – seitdem einen deutlichen Zuwachs zu verzeichnen hat.

Anzahl der Leihgeschäfte in der 1. Fußball-Bundesliga 180 160 140 120 100 80 60 40 20

0

1992/93 2017/18 1990/91 1991/92 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2018/19 2019/20

Leihgeschäfte Verliehene Ausgeliehene Gesamt Spieler Spieler

Abbildung 6: Entwicklung der Leihgeschäfte in der 1. Fußball-Bundesliga Quelle: eigene Darstellung, transfermarkt.de

In der Saison 1990/91 waren Clubs der 1. Fußball-Bundesliga lediglich an insgesamt acht Leihgeschäften als Ver- (drei) bzw. Entleiher (fünf) beteiligt. Knapp zwei Jahrzehnte später, zur Saison 2010/11, waren es bereits insgesamt 103 Leihgeschäfte, während zur vergangenen Saison 2019/20 mit 175 Leihgeschäften (49 entliehen / 126 verliehen) der bisherige Höchststand erreicht wurde.

Die Bedeutung einer Spielerleihe wird außerdem ersichtlich, wenn man die Gesamtheit aller getätigten Transfers der Bundesligisten während des Untersuchungszeitraums betrachtet. Zwischen den Saisons 2014/15 und

33

2017/18 wurden insgesamt rund 1.700 Transfers in der Fußball-Bundesliga vollzogen, worunter sich knapp 500 Leihgeschäfte befanden. Damit war über diesen Zeitraum beinahe jeder dritte Bundesliga-Transfer (29,4 %) ein Leihgeschäft, wobei verliehene Spieler mit 23,5 % einen signifikant größeren Anteil daran besitzen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht spielen Leihtransfers eine immer bedeutsamere Rolle, wenn nach Berkemeyer (2011, S. 7) ca. 50 - 60 % aller Leihgeschäfte in der Bundesliga gegen Zahlung einer Gebühr erfolgen. Im Untersuchungszeitraum erzielten Vereine der 1. Bundesliga allein durch Leihgeschäfte immerhin knapp 61 Mio. € Einnahmen, denen knapp 73 Mio. € an Ausgaben für Leihtransfers gegenüberstehen.

Anzahl der Leihgeschäfte in den "BIG 5"-Fußballligen Europas 800

700

600

500

400

300

200

100

0

1992/93 2017/18 1990/91 1991/92 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2018/19 2019/20

DE ENG ESP IT FRA

Abbildung 7: Entwicklung der Leihgeschäfte in den „BIG 5“-Fußballligen Europas Quelle: eigene Darstellung, transfermarkt.de

Ein Blick auf die anderen europäischen Topligen aus England, Spanien, Italien und Frankreich zeigt, dass Leihtransfers in diesen Ländern teilweise weitaus gebräuchlicher sind als in Deutschland. Waren deutsche Bundesliga-Vereine während der Saisons des Untersuchungszeitraums 2014/15 bis 2017/18 an durchschnittlich 6,7 Leihgeschäften beteiligt, so liegt diese Zahl in Spanien (10,2), England (13,2) oder Italien (33,8) deutlich über dem deutschen Durchschnitt. Lediglich das Leihverhalten französischer Vereine (7,3) lag in der jüngeren Vergangenheit auf einem dem deutschen ähnlichen Niveau. Dies kann

34 einerseits daran liegen, dass die dortigen Vereine über denselben Zeitraum teilweise eine deutlich größere durchschnittliche Kaderstärke aufweisen34 und damit auch mehr Spieler für eine Spielerleihe zur Verfügung stehen. Auch gibt es Unterschiede in den jeweiligen verbandsrechtlichen Regelungen, die beispielsweise für englische Clubs weit weniger restriktiv sind als für deutsche Clubs und u.a. auch sogenannte „Short-Term-Loans“ – also Leihen mit einer maximalen Dauer von drei Monaten – ermöglichen (vgl. Berkemeyer 2011, S. 218 ff.). Andererseits dürfte ein wesentlicher Grund auch die jeweilige Transferpolitik der Vereine sein. Gerade in England und Italien scheint es üblich, auf den Durchbruch junger Spieler zu spekulieren und so entweder sportlich oder durch einen Verkauf zumindest wirtschaftlich davon zu profitieren.

34 Vgl. Anlage 4 35

5 Datenerhebung & Untersuchung

5.1 Vorüberlegungen zur Untersuchung

Die Datenbasis bilden sämtliche Leihgeschäfte von Vereinen der 1. Fußball- Bundesliga, die die Saisons 2014/15 bis 2017/18 betreffen. Die seit dem 01.07.2014 bis zum 30.06.2018 getätigten Leihgeschäfte und damit die Grundgesamtheit N der Untersuchung beläuft sich insgesamt auf 327 verliehene sowie 106 ausgeliehene Spieler.

Im Rahmen der Untersuchung werden außerdem bestimmte Daten aus der Zeit vor bzw. nach der Leihe erfasst, sodass hinsichtlich des beschriebenen Untersuchungszeitraums zusätzlich Daten der Saisons 2013/14 bzw. 2018/19 mit einfließen. Für den Fall, dass ein Leihgeschäft – beispielsweise im Rahmen einer Zwei-Jahres-Leihe – sowohl eine Saison des Untersuchungszeitraums als auch eine Saison davor bzw. danach betrifft, finden sich außerdem einzelne Daten der Saisons 2012/13 bzw. 2019/20 wieder. Das gewählte Zeitfenster ist somit einerseits groß genug, um eine repräsentative Anzahl an Daten zu garantieren und bietet andererseits eine größtmögliche Aktualität.

Grundsätzlich werden die Untersuchungsobjekte „Verliehene Spieler“ bzw. „Ausgeliehene Spieler“ gesondert betrachtet, da die beteiligten Akteure eines Leihgeschäfts meist unterschiedliche Interessen verfolgen. Bundesligainterne Leihtransfers werden dabei auf beiden Seiten aufgeführt. Neben der Leihart finden außerdem zwei weitere Merkmale in den Auswertungen zentrale Berücksichtigung: Leihdauer und Altersklasse.

Leihart Leihdauer [in Jahren] Altersklasse [in Jahren]

• Ausgeliehene • Kurzleihe > 0,0 – 0,8 • Talent > 17 – 22 Spieler • Ein-Jahres-Leihe > 0,8 – 1,2 • Jungprofi > 22 – 27 • Verliehene • Langfristige Leihe > 1,2 • Gestandener Profi > 27 – 32 Spieler • Altstar > 32

Tabelle 3: Zentrale Kriterien der Untersuchung

36

Die individuellen Spielerdaten wurden mit Hilfe des Internetportals transfermarkt.de gesammelt. Die von der Transfermarkt GmbH & Co. KG – ein Tochterunternehmen der Axel Springer SE – betriebene Internetseite ist eines der größten Internetportale mit dem Schwerpunkt Fußball und war im Januar 2020 laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (kurz: IVW) nach dem „kicker“ die am häufigsten besuchte Internetseite im Bereich Sport (vgl. IVW 2020). Die Leistungsdaten der Spieler wurden von transfermarkt.de und der Internetpräsenz des Fußballfachblattes Kicker erhoben. Die individuellen Leistungsdaten beschränken sich dabei auf nationale Meisterschaftswettbewerbe, um eine vergleichbare Datenbasis zu generieren. Nationale sowie internationale Pokalwettbewerbe wurden in diesem Zusammenhang daher nicht berücksichtigt.

Die individuellen Spielerdaten sowie Leistungsdaten können aufgrund der breiten und sehr detaillierten Datenerfassung im Profi-Fußball als sicher angesehen werden. Dazu zählen auch die Transfer- bzw. Verletzungshistorien. Aufgrund der häufigen Vereinbarung von Verschwiegenheitsklauseln über das Ob und die Höhe eventuell anfallender Ausleih- bzw. Transfergebühren sind Zahlen in dieser Hinsicht meist Schätzungen. Obwohl sich auch die veröffentlichten Marktwerte eines Spielers überwiegend aus Schätzwerten eines Entscheidungsprozesses ergeben, zeigen Gerhards et al. (2014, S. 240) in einer Studie zur Prognose des Fußball-Weltmeisters anhand des Marktwertes von Nationalspielern allerdings eine starke Korrelation (0,93) zwischen der Marktwerteinschätzung der transfermarkt.de-Experten sowie dem tatsächlich erzielten Marktwert von Fußballspielern.

5.2 Operationalisierung der Ligastärke europäischer Ligen sowie der Spielstärke von Vereinen

In der Bundesliga sind die Einsatzmöglichkeiten von Lizenzspielern je Spiel grundsätzlich auf elf bzw. maximal 14 Spieler begrenzt. Das Humankapital eines im Schnitt knapp über 30 Spieler fassenden Bundesligakaders kann daher gar nicht effizient genutzt werden und Ersatzspieler ohne Spielpraxis sehen sich gar mit einem sinkenden Humankapital konfrontiert. Zur Vermeidung dieser für 37

Vereins- und Spielerseite nachteiligen Entwicklung können Spieler verliehen werden. Erfolgsversprechend ist eine Leihe in der Theorie allerdings nur dann, wenn die Einsatzwahrscheinlichkeit des Spielers im Leihverein höher ist als im Vergleich zum Stammverein, sodass folglich die durchschnittliche Spielstärke des entleihenden Vereins bzw. die Qualität der nationalen Liga geringer sein sollte.

Im Gegensatz zur FIFA-Weltrangliste, die die Stärke der Fußball- Nationalmannschaften bestimmen und vergleichen soll, fällt es im Vereinsfußball deutlich schwerer, eine solch eindeutige Vergleichsmöglichkeit herzustellen. Die vorliegende Arbeit versucht sich zur Bestimmung der Spielstärke der Vereine an einem Kompromiss mit Hilfe des UEFA-Klubkoeffizienten.35 Ein Großteil der erfassten Leihtransfers wurde innerhalb des europäischen Fußballs abgeschlossen, womit diese grundsätzlich vom Koeffizienten abgebildet werden können. Da zur Bestimmung des Klubkoeffizienten allerdings die Teilnahme an einem internationalen UEFA-Klubwettbewerb nötig ist, verringert sich die Grundgesamtheit N bei dieser Betrachtung dennoch signifikant auf 54 verliehene bzw. 58 ausgeliehene Spieler.

Um eine größere Anzahl an Leihtransfers zu berücksichtigen, kann außerdem die Qualität der einzelnen europäischen Ligen relativ miteinander verglichen werden. Dafür bedient sich die vorliegende Arbeit eines Faktors, mit dem die jeweilige absolute Ligahöhe multipliziert wird. Als Basis dient die Länderwertung der UEFA-Fünfjahreswertung36 zum Stand des 02.04.2019, die bis in die Saison 2014/15 zurückgeht und folglich Erfolge der Vereine über den gesamten Untersuchungszeitraum einschließt (UEFA, 2019). Berthold & Neumann (2005, S. 241 f.) unterteilen in ihrer Untersuchung die Qualität einer Liga in vier Klassen, sodass in Anlehnung an diese eine ähnliche Einstufung erfolgen soll. Anhand der UEFA-Fünfjahreswertung kann eine Unterteilung in Top-, gute, mittelmäßige und schwächere Nationen vorgenommen werden. Die Anzahl der jeweils eingeordneten Nationen kann dabei variieren. Als Top-Nation gelten Verbände,

35 Die Klubkoeffizienten-Rangliste basiert auf den Ergebnissen der Klubs, die in den letzten fünf Jahren an der UEFA Champions League oder UEFA Europa League teilgenommen haben. 36 Die Fünfjahreswertung bestimmt u.a, welcher Fußball-Verband mit wie vielen Vereinen in den internationalen UEFA- Klubwettbewerben vertreten ist. Punkte erhält ein Landesverband für Erfolge seiner Vereinsmannschaften, wozu Siege, Unentschieden und das Erreichen bestimmter Spielrunden zählen. 38 deren Vereine in der Fünfjahreswertung einen Wert von mehr als 50 Punkten erreicht haben. Eine gute Nation wird zwischen den Werten 50 bis 30, eine mittelmäßige Nation zwischen den Werten 30 und 20 eingestuft. Alle Nationen mit Werten darunter gelten als Länder mit schwächeren Ligen.

Die Multiplikation der absoluten Ligahöhe erfolgt mit den vier Faktoren 1,0 (Top- Nation), 1,3 (Gute Nation), 1,7 (Mittelmäßige Nation) sowie 2,0 (Schwächere Nation) und ist in Anlage 5 nachzuvollziehen sowie in folgendem Beispiel:

Die niederländische Eredivisie als höchste nationale Fußballliga wird gemäß vorliegender Klassifizierung als Gute Liga eingestuft und erhält den Wert 1 * 1,3 = 1,3. Sie ist damit schwächer als eine der Top-Ligen aus z.B. Deutschland (1 * 1,0 = 1,0) anzusehen, gleichzeitig aber deutlich besser als beispielsweise eine zweite Liga aus einer der Top-Nationen wie Deutschland, die ebenfalls mit dem Faktor 1,0 multipliziert wird (2 * 1,0 = 2,0). Eine schwächere Fußball-Liga, wie z.B. die polnische Ekstraklasa (1 * 2,0 = 2,0) sieht sich gemäß der gewählten Einstufung damit auf gleichem Niveau wie eine zweite Liga einer europäischen Top-Nation.

5.3 Eingesetzte Verfahren der Datenanalyse

Neben der deskriptiven Analyse der Auswertungen wird zur statistischen Datenanalyse das Verfahren der linearen bzw. binär logistischen Regressionsanalyse eingesetzt, welches sich bei den in dieser Arbeit vorliegenden kategorialen Variablen besonders anbietet. Zuvor wird außerdem mit Hilfe des Korrelationskoeffizienten gemessen, ob zwischen zwei Variablen überhaupt ein statistischer Zusammenhang besteht. Zur Durchführung der Analysen wurden die Software-Programme „Excel“ und „SPSS“ verwendet.

39

6 Empirische Ergebnisse

6.1 Allgemeine Erkenntnisse aus der Datenbasis

Verliehen Ausgeliehen Absolut Relativ Absolut Relativ Grundgesamtheit der Datenerhebung 327 106 davon ausgeschlossene Datensätze 27 7 Grundgesamtheit der Untersuchung 300 1 99 1 Nationalität Europäer 239 0,797 80 0,808 davon Inländer 143 0,477 27 0,273 Afrika 15 0,050 6 0,061 Asien 12 0,040 1 0,010 Südamerika 23 0,077 8 0,081 Ozeanien / Mittel- & Nordamerika 11 0,037 4 0,040 Position Torwart 22 0,073 2 0,020 Verteidigung 62 0,207 35 0,354 Mittelfeld 92 0,307 21 0,212 Angriff 124 0,413 41 0,414 Nationalmannschaftserfahrung (Stand: 30.06.2020) Juniorennationalspieler 242 0,807 89 0,899 Nationalspieler zu Beginn der Leihe 86 0,287 54 0,545 Nationalspieler im Laufe der Karriere 108 0,360 63 0,636 Juniorenhintergrund U19-spielberechtigt vor der Leihe 30 0,100 12 0,121 davon U19-spielb. während der Leihe 5 0,017 2 0,020 Altersklasse 17 – 22: Talent 139 0,463 39 0,394 00 – 27: Jungprofi 120 0,400 50 0,505 00 – 32: Gestandener Profi 38 0,127 9 0,091 > 32: Altstar 3 0,010 1 0,010 Durchschnittliches Alter 23,04 Jahre 23,15 Jahre Durchschnittliche Leihdauer 00,87 Jahre 00,83 Jahre Durchschnittlicher Marktwert zu Leihbeginn 01,77 Mio. € 05,08 Mio. € Tabelle 4: Allgemeine Erkenntnisse aus dem vorliegenden Datensample

Sowohl bei den verliehenen Spielern als auch bei den ausgeliehenen Spielern existieren insgesamt 34 Datensätze, bei denen es aus verschiedenen Gründen nicht möglich bzw. nicht sinnvoll ist, diese mit in die Untersuchung einfließen zu lassen. In wenigen Fällen waren dies beispielsweise der Tod des Leihspielers, mehrere ineinander verschachtelte Leihen oder die reine Verpflichtung für die Zweitvertretung eines Bundesligisten. Beim Großteil der nicht beachteten Datensätze liegt der Grund allerdings in einer unvollständigen Datenerhebung. 40

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Leihspieler vor, während oder nach der Leihe eine Langzeitverletzung erlitt, dieser vor oder nach der Leihe vereinslos war oder wenn er beispielsweise in Regionen wie Afrika oder Südamerika spielte, die mit keiner verlässlichen Datenquelle in Verbindung gebracht werden konnten.

Mit knapp 80% stammt der Großteil der Leihspieler aus dem europäischen Raum, gefolgt von südamerikanischen Spielern, die allerdings sowohl bei ver- als auch ausgeliehenen Spielern auf einen Anteil von je rund 8% kommen. Der deutlich höhere Anteil an deutschen verliehenen Spielern ist der Tatsache geschuldet, dass in nationalen Ligen die Inländer-Quote traditionell groß ist und somit auch wesentlich mehr deutsche Spieler für eine Verleihung zur Verfügung stehen. Mit je knapp über 40% werden vor allem Angreifer ver- bzw. ausgeliehen. Danach sind vor allem Mittelfeldspieler und Verteidiger gefragt, wobei sich die Nachfrage nach diesen Positionen je nach Leihart konträr spiegelt. Torhüter spielen in beiden Fällen jeweils nur eine untergeordnete Rolle. Während sowohl bei ver- als auch ausgeliehenen Spielern teilweise deutlich über 80% der Spieler Erfahrungen in Juniorenauswahlmannschaften sammeln konnten, zeigt sich im Hinblick auf die spätere A-Nationalmannschaftskarriere ein erster deutlicher Unterschied. Ausgeliehene Spieler weisen eine signifikant höhere Quote an bereits aktiven Nationalspielern zu Beginn der Leihe bzw. auch an späteren Nationalspielern auf. Grund dafür könnten vor allem Qualitätsunterschiede hinsichtlich der Spielstärke eines Spielers sein, wofür beispielsweise auch die deutliche Differenz zwischen den durchschnittlichen Marktwerten zu Beginn der Leihe je nach Leihart spricht.

Das Durchschnittsalter liegt bei beiden Leiharten knapp über 23 Jahren, womit der Fokus bei einer Spielerleihe vor allem auf jungen Talenten zu liegen scheint. Altstars (älter als 32 Jahre) spielen bei Leihtransfers hingegen kaum, gestandene Profis (älter als 27 Jahre) eine eher untergeordnete Rolle. Spieler, die vor oder sogar während der Leihe noch für die U19 spielberechtigt gewesen wären, machen in beiden Fällen knapp rund 10% aus. Hat ein Leihspieler beispielsweise überwiegend in der Jugend oder zweiten Mannschaft eines Vereins gespielt, wurden im Zuge der Leistungsanalyse trotzdem nur Einsätze in der Bundesliga- Mannschaft berücksichtigt und unter diesen Umständen sportliche Gründe für die Nichtberücksichtigung für den Profikader unterstellt. 41

6.2 Deskriptive Beschreibung der Situation in der Fußball- Bundesliga

In Kapitel 4.4 wurde die Entwicklung der Anzahl von Leihtransfers in Deutschland sowie in den vier anderen großen Fußballligen der „BIG-5“ aus Europa gezeigt. Demnach beschäftigte jeder deutsche Bundesligist in den vergangenen zehn Jahren (2010/11 bis 2019/20) durchschnittlich 1,82 Leihspieler und hatte gleichzeitig 4,95 eigene Spieler an andere Vereine verliehen.

Spitzenreiter unter den verleihenden Vereinen seit der Saison 2010/11 sind insbesondere Vereine der ersten Fußball-Bundesliga, die aufgrund ihrer Gesellschafterstruktur häufig in der Kritik stehen: Die TSG Hoffenheim (11,6 verliehene Spieler je Saison) mit Mehrheitseigner Dietmar Hopp, die Werksclubs aus Wolfsburg (7,9) und Leverkusen (7,1) sowie der oft als Marketinginstrument von Red Bull betitelte Verein RB Leipzig (6,5).37 Auf Seite der führenden Vereine mit den meisten ausgeliehenen Spielern finden sich mit Fürth (6 ausgeliehene Spieler je Saison), Kaiserslautern (5), St. Pauli (5), Darmstadt (4,5) und Union Berlin (4) nur Vereine, die seit 2010/11 allesamt maximal zwei Jahre im deutschen Oberhaus aktiv waren und in der kurzen Zeit offensichtlich vermehrt auf Leihspieler setzten. Beinahe dieselben Vereine – mit Ausnahme von Fürth und Union Berlin – verliehen im Gegenzug außerdem auffällig wenig eigene Spieler an andere Vereine. Es stehen sich demnach einerseits finanzstarke Vereine mit besonderen Besitzverhältnissen38 sowie andererseits eher finanzschwache Vereine, die sich aufgrund individueller Gegebenheiten in der jüngeren Vergangenheit nicht langfristig in der 1. Bundesliga etablieren konnten, gegenüber. Während investorengetriebene Vereine ihr Augenmerk verstärkt auf die Renditeerzielung mit jungen Spielern legen könnten, lässt sich vermuten, dass neu in die Bundesliga aufgestiegene Vereine nicht nur ihre eigene Mannschaft im besten Fall halten, sondern diese auch mit extern ausgebildeten

37 Dietmar Hopp ist mit 96% an der TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH beteiligt, die Volkswagen AG bzw. Bayer AG sind Alleingesellschafter der zugehörigen Vereine aus Wolfsburg und Leverkusen, die Red Bull GmbH besitzt 99% der Kapitalanteile der RasenBallsport Leipzig GmbH. 38 Im deutschen Fußball besagt die sogenannte 50+1-Regel, dass es Kapitalanlegern bis auf wenige Ausnahmen nicht gestattet ist, die Stimmenmehrheit in Fußballunternehmen zu übernehmen. Durch die Entkopplung von Stimm- und Kapitalanteilen wie z.B. bei der RasenBallsport Leipzig GmbH wird diese Regel formal befolgt, damit einher geht allerdings auch meist ein automatisch entstehender beherrschender Einfluss des Hauptkapitalgebers. 42

Spielern verstärken wollen, ohne diese aufgrund des finanziellen Risikos sofort fest zu verpflichten.

Es fällt außerdem auf, dass die in den vergangenen zehn Jahren erfolgreichsten deutschen Vereine Bayern München und im Durchschnitt nur je 0,9 Leihspieler je Saison aufnehmen. Dies ist der geringste Wert unter allen Vereinen, die seit 2010/11 mindestens drei Saisons in der 1. Fußball-Bundesliga gespielt haben. Dafür spricht die bei diesen Vereinen vermutlich überwiegend langfristige Kaderplanung, die sich angesichts der vorhandenen Finanzmittel und eigenen Erfolge auch besser umsetzen lässt. Abgesehen vom beobachteten Leihverhalten der beiden Top-Clubs lässt sich daher insgesamt vermuten, dass langfristig in der Bundesliga etablierte Vereine Spieler aufgrund ihres Status und der sportlichen Perspektive der höchsten Fußballliga Deutschlands Spieler eher verleihen sowie aufsteigende Vereine ihre eigenen Spieler eher zu halten versuchen bzw. ihren Kader mit externen Leihspielern verstärken.

Merkmal Dauer Ligazugehörigkeit Verliehene Spieler pro Pearson-Korrelation 0,498 ausgeliehenem Spieler [N = 28] Sig. (2-seitig) 0,007 Verliehene Spieler pro Pearson-Korrelation 0,605 ausgeliehenem Spieler [N = 26] Sig. (2-seitig) 0,001 Tabelle 5: Zusammenhang zwischen Verhältnis aus ver- und ausgeliehenen Spielern und der Dauer der Ligazugehörigkeit je Bundesliga-Club

Im Zuge einer Korrelationsanalyse zwischen den zwei metrisch messbaren Merkmalen Anzahl der verliehenen Spieler pro ausgeliehenem Spieler während der Bundesligasaisons eines Vereins und der in Jahren erfassten Ligazugehörigkeit ergibt sich nach Pearson ein Korrelationskoeffizient von 0,498. Dies entspricht Cohen et al. (2007, S. 521) zufolge einem moderaten Zusammenhang. Ließe man die Vereine RB Leipzig – ein früherer Einstieg des Hauptgeldgebers hätte Leipzig wohl auch deutlich früher in die Bundesliga gebracht – und FC Ingolstadt – aufgrund der durch die 20%-Beteiligung Audis besonderen Verbindung zum bereits dargestellten VW-Werksclub VfL Wolfsburg – außen vor, ergibt sich sogar ein Korrelationskoeffizient von 0,605; nach Pearson nach wie vor ein eher moderater Zusammenhang, allerdings mit Tendenz zu einem starken Zusammenhang.

43

6.3 Leihtransfers und ihr sportlicher Nutzen für die beteiligten Akteure

H1: „Spieler werden eher an Vereine mit geringerer Spielstärke oder in Ligen mit geringerer Ligastärke verliehen“:

Merkmal Verliehen Ausgeliehen N 300 99 Liga-Höhe Mittelwert -0,6567 0,0404 absolut Standardabweichung 0,73978 0,19791 N 286 98 Liga-Höhe Mittelwert -0,8206 0,0816 sportlich Standardabweichung 0,68011 0,22307 N 53 58 UEFA- Mittelwert -35,85 -33,29 Klubkoeffizient Standardabweichung 47,924 38,175 Tabelle 6: Mittelwert des Deltas der sportlichen Distanz zwischen abgebendem und aufnehmendem Verein

Tabelle 6 zeigt die sportliche Distanz zwischen abgebendem und aufnehmendem Verein anhand ausgewählter Merkmale. Bei Betrachtung der absoluten Ligahöhe fällt auf, dass der Mittelwert des Deltas verliehener Spieler betragsmäßig deutlich größer ist als der der ausgeliehenen Spieler. Dieser Effekt verstärkt sich zudem bei Betrachtung der relativen Ligastärke, wenn – wie in Kapitel 5.2 beschrieben – sportliche Qualitätsunterschiede der Ligen berücksichtigt werden. Als eine der Top-Ligen Europas verstärken sich Bundesliga-Clubs nur mit Spielern mit einem bereits hohen Leistungsniveau. Diese Qualitätsanforderungen lassen sich eher bei Vereinen aus ähnlich starken Ligen finden, während eigene Spieler an eine Vielzahl von Interessenten auch aus vergleichsweise schwächeren Ligen abgegeben werden. Bei Verwendung des UEFA-Klubkoeffizienten für diese Untersuchung reduziert sich die Grundgesamtheit erheblich, da entweder der abgebende oder der aufnehmende Verein nicht in der anhand der Teilnahme an europäischen Klubwettbewerben geführten Rangliste geführt wird. Da dies allerdings zum Großteil dem aufnehmenden Verein geschuldet ist, stärkt auch dieser Mittelwert des Deltas die Hypothese, da jeder europäisch nicht vertretene Verein das Delta nur noch weiter vergrößern würde.

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H2: „Eine Spielerleihe verhilft dem aufnehmenden Verein zu einer Verbesserung der Spielstärke“:

Ausgeliehen N Mittelwert Standardabweichung Gesamt 93 -0,21106 0,459079 nach Leihdauer Kurzleihe 35 -0,25386 0,564472 Ein-Jahres-Leihe 44 -0,22146 0,415573 Langfristige Leihe 14 -0,07143 0,246207 nach Altersklasse Talent 35 -0,23549 0,409001 Jungprofi 48 -0,18273 0,495493 Gestandener Profi 10 -0,26157 0,480481 Altstar 0 - - nach Spielanteilen < 1/3 31 -0,49109 0,462380 ≥ 1/3 und < 2/3 39 -0,20793 0,369788 ≥ 2/3 23 0,16105 0,313578 Tabelle 7: Mittelwert des Notendeltas zwischen Team- und Leihspielernoten

Die Fußballfachzeitschrift „kicker“ bewertet an jedem Spieltag die Leistungen der Bundesliga-Spieler nach Schulnoten. Wie bereits bei Frick (2011, S. 102 f.) sollen diese Daten auch an dieser Stelle als Leistungsindikator von Profifußballern dienen. Zur Ermittlung des sportlichen Nutzens, inwiefern entleihende Vereine mit Leihspielern ihre Spielstärke erhöhen, wurde das Notendelta zwischen den durchschnittlichen Teamnoten und Leihspielernoten je Saison berechnet:

∆푺풑풊풆풍풆풓풏풐풕풆 = ∅ 푵풐풕풆 풅풆풔 푻풆풂풎풔 − 푵풐풕풆 푳풆풊풉풔풑풊풆풍풆풓

Sechs Datensätze fließen nicht in die Untersuchung mit ein, da diese Spieler während ihrer Leihe auf keinen benoteten Einsatz im Leihverein kamen. Tabelle 7 zeigt bei Gesamtbetrachtung einen Mittelwert des Notendeltas von deutlich unter 0. Über den in dieser Arbeit betrachteten Zeitraum konnten Leihspieler demnach die Spielstärke ihrer Leih-Clubs im Allgemeinen nicht verbessern, womit sich die aufgestellte Hypothese nicht belegen lässt.

Auffällig ist jedoch, dass dies eng mit der sportlichen Rolle eines Leihspielers zusammenzuhängen scheint. Spieler in einer tragenden sportlichen Rolle, welche sich in Spielanteilen von mehr als zwei Dritteln niederschlägt, erhöhen die Spielstärke ihres Leihvereins durchaus signifikant. Während Ergänzungsspieler mit Spielanteilen von mehr als einem Drittel und weniger als

45 zwei Dritteln ungefähr das Gesamtergebnis widerspiegeln, weisen Spieler mit sporadischen Einsatzzeiten hingegen einen nochmals deutlich schlechteren Mittelwert des Deltas auf.

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H3: „Ein Leihspieler kehrt eher dann zu seinem Bundesliga-Stammverein zurück, je höher der Anteil der erhaltenen Einsatzzeit während der Leihe“:

Unterstellt man für den Fall einer Spielerleihe vorrangig das Motiv des Ausbildungszwecks, sollte für das Management der Glaube an das Potenzial des Humankapitals eines Spielers eine wichtige Rolle spielen. Die Hoffnung, dass ein Spieler seine Spielstärke während der Leihe so verbessert, dass er anschließend eine Verstärkung für die eigene Mannschaft darstellt und damit die Investition in seine Fähigkeiten rechtfertigt, kann demnach treibende Kraft hinter einer Spielerleihe sein.

Sportliche Distanz Verliehen Gleiche Liga bis eine Liga > eine Liga Summe Transfer an Drittverein 27 88 25 140 Verbleib bei Leihverein 18 31 6 55 Rückkehr zu Stammverein 23 58 10 91 Summe 68 177 41 286 Tabelle 8: Verteilung verliehener Spieler nach der Leihe

Tabelle 8 zeigt, wie sich die sportliche Situation der verliehenen Spieler nach Ablauf ihrer Leihsaison entwickelte und berücksichtigt dabei auch die sportliche Distanz zwischen ver- und entleihendem Verein. Zwar ist der relative Anteil zurückkehrender Spieler bei einer größeren sportlichen Distanz geringer, ein erkennbarer Unterschied lässt sich allerdings erst ab einer sportlichen Distanz von über einer Liga erkennen. Ähnlich wie bei Müller (2015) und da die abhängige Variable “Rückkehr zum Stammverein“ anhand zweier Ausprägungen dichotom kodiert werden kann, wird daher ein binär logistisches Regressionsmodell geschätzt, um die Faktoren, die mit einer Rückkehr zum Stammverein zusammenhängen, zu untersuchen.

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Verliehen Variable B Sig. Sportliche Distanz 0,195 0,400 Alter -0,035 0,538 Leihdauer -0,047 0,891 Eigene Jugend 0,006 0,954 Juniorennationalspieler 0,006 0,551 Nationalspieler 0,147 0,665 Einsätze (relativ) 1,789 0,145 Einsatzminuten (relativ) -0,343 0,744 Scorerpunkte je 90 Min. -3,023*** 0,005 Gelbe Karten je 90 Min. -0,138 0,859 Rote Karten je 90 Min. -2,243 0,599 -2 Log-Likelihood 333,883 Cox & Snell R² 0,046 Nagelkerkes R² 0,064 */**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf 10/5/1-Prozent-Niveau Tabelle 9: Binär logistische Regression: Rückkehr verliehener Spieler zu Stammvereinen der 1. Bundesliga39

Tabelle 9 zeigt, dass von den gewählten unabhängigen Variablen lediglich eine höhere Anzahl an Torbeteiligungen pro 90 Minuten Spielzeit signifikanten Einfluss auf die Rückkehr zum Stammverein nimmt. Da sich dieser jedoch aufgrund des negativen Regressionskoeffizienten B zum Nachteil der verleihenden Vereine auswirkt und Leihspieler mit mehr Scorerpunkten je Spiel gerade eher nicht zum Stammverein zurückkehren, kann die Hypothese nicht angenommen werden.

39 Die ausführliche Koeffizienten-Matrix sowie die Modellzusammenfassung inkl. Gütemaße sind Anlage 6 zu entnehmen. 48

H4: „Ein Leihspieler verbleibt eher beim Leihverein, wenn er während der Leihdauer die Spielstärke einer Mannschaft verbessern konnte“:

Sportliche Distanz Ausgeliehen Gleiche Liga bis eine Liga > eine Liga Summe Transfer an Drittverein 30 11 0 41 Verbleib bei Leihverein 22 5 0 27 Rückkehr zu Stammverein 30 0 0 30 Summe 82 16 0 98 Tabelle 10: Verteilung ausgeliehener Leihspieler nach der Leihe

Tabelle 10 zeigt analog zur Tabelle 8 die sportliche Situation ausgeliehener Spieler nach der Leihe. Der Anteil ausgeliehener Spieler, die aus einer sportlich schwächer einzuschätzenden Liga in die Bundesliga wechseln, beträgt lediglich 16,3%, wobei die maximale Differenz bei einer Ligastärke liegt. Ansonsten lassen sich nur wenige Aussagen aus der vorliegenden Tabelle treffen, sodass auch hier mithilfe eines binär logistischem Regressionsmodell geschätzt werden soll, welche Faktoren mit einem möglichen Verbleib beim Leihverein bzw. mit einer Rückkehr zum Stammverein zusammenhängen.

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Ausgeliehen Variable B Sig. Sportliche Distanz 1,971 0,119 Spielerperformance 0,678 0,403 Alter -0,011 0,928 Leihdauer 1,230* 0,067 Eigene Jugend 0,453 0,564 Juniorennationalspieler 0,016 0,526 Nationalspieler -0,535 0,411 Einsätze (relativ) 1,742 0,586 Einsatzminuten (relativ) 1,067 0,691 Scorerpunkte je 90 Min. 1,619* 0,093 Gelbe Karten je 90 Min. 2,410* 0,096 Rote Karten je 90 Min. 3,038 0,714 -2 Log-Likelihood 241,923 Cox & Snell R² 0,119 Nagelkerkes R² 0,189 */**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf 10/5/1-Prozent-Niveau Tabelle 11: Binär logistische Regression: Verbleib ausgeliehener Spieler in Leihvereinen der 1. Bundesliga40

Tabelle 11 zeigt, dass lediglich drei der gewählten Variablen unter einem Signifikanz-Niveau von zehn Prozent liegen, davon allerdings keine unter dem in der Forschung üblichen Niveau von fünf Prozent. Die Spielerperformance in Relation zur durchschnittlichen Teamperformance41 hat aufgrund des hohen Signifikanz-Wertes keinen Einfluss auf den Verbleib des Leihspielers beim Leihverein, weshalb die These nicht angenommen werden kann. Einen positiven Einfluss auf den Verbleib beim Leihverein hat hingegen tendenziell vor allem die Leihdauer. Spieler, die einen Verein langfristig per Leihe verstärken, verbleiben auch im Anschluss eher beim Leihverein als kürzer ausgeliehene Spieler. Außerdem hat die Variable Scorerpunkte je 90 Minuten einen positiven Einfluss auf den Verbleib des Leihspielers. Dies deckt sich – wenn auch mit einer geringeren statistischen Signifikanz – mit dem Ergebnis des Regressionsmodells aus Tabelle 9, nach dem Spieler mit einer höheren Anzahl an Torbeteiligungen

40 Die ausführliche Koeffizienten-Matrix sowie die Modellzusammenfassung inkl. Gütemaße sind Anlage 7 zu entnehmen. 41 Siehe auch Hypothese 2, Berechnung des Notendeltas 50 eher nicht zum Stammverein zurückkehren. Der positive Einfluss der erhaltenen gelben Karten je 90 Minuten lässt sich kausal hingegen nur schwer erklären.

Die Regressionsmodelle aus Tabelle 9 bzw. 11 können zwar jeweils nicht zur Annahme der aufgestellten Hypothesen beitragen, sie verdeutlichen allerdings eines: Je mehr Torbeteiligungen pro 90 Minuten ein Leihspieler vorweisen kann, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr zum Stammverein aus Sicht der Bundesliga-Vereine. Auf der anderen Seite steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines Verbleibs ausgeliehener Spieler in der Bundesliga, je mehr Scorerpunkte pro 90 Minuten der Leihspieler erzielt. Dies widerspricht im Großen und Ganzen dem Motiv des Ausbildungszweckes. Unterstellt man mit einer steigenden Anzahl an Torbeteiligungen auch gleichzeitig eine spielerische Weiterentwicklung und damit eine Steigerung des Humankapitals, dürfte der abgebende Verein eigentlich ein großes Interesse daran haben, den Spieler wieder an den Stammverein zu binden und von dessen Entwicklung während der zu profitieren. In der Praxis hingegen passiert das genaue Gegenteil. Überzeugt ein Spieler während der Leihe, gelingt es dem entleihenden Verein signifikant häufiger, den Spieler fest zu verpflichten. Dies könnte einerseits an bereits im Vorfeld vereinbarten Kaufoptionen liegen, nach der die Entscheidung einer Verpflichtung allein in der Hand des entleihenden Vereines liegt. Auch könnte eine Spielerleihe nur eine zeitliche Verschiebung eines festen Transfers sein. Findet sich nicht sofort ein Abnehmer, der bereit ist, den Spieler fest zu verpflichten, können sich Vereinsverantwortliche dazu entschließen, den Spieler zu verleihen, um wenigstens dessen Gehaltskosten einzusparen. Überzeugt der Spieler während der Leihe, entspricht allerdings weiter nicht den sportlichen Anforderungen des Stammvereins, ergibt sich eine Win-Win-Situation für beide Parteien. Der Spieler kann sich während der Leihe dem Fußball-Arbeitsmarkt präsentieren und durch seine Leistungen möglicherweise den Leihverein oder Drittvereine von einer festen Verpflichtung überzeugen. Der Stammverein profitiert von diesem gestiegenen Kaufinteresse und kann so eine entsprechende Ablösesumme erzielen. Das Motiv des Ausbildungszwecks spielt in solchen Fällen damit eine eher untergeordnete Rolle.

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H5: „Eine Spielerleihe verhilft dem Spieler zu einer Steigerung seiner Einsatzminuten“:

Verliehen Ausgeliehen

[N=300] [N=99] Merkmal Kader- Einsatz- Scorer- Kader- Einsatz- Scorer- nominierung minuten punkte nominierung minuten punkte Zeitraum [relativ] [relativ] [je 90 min.] [relativ] [relativ] [je 90 min.] vor Leihe 0,5222 0,1915 0,264 0,7053 0,3085 0,315 während Leihe 0,8502 0,5239 0,292 0,8622 0,4720 0,292 nach Leihe 0,7315 0,4488 0,332 0,7875 0,4732 0,287 Tabelle 12: Entwicklung der relativen Leistungsdaten vor, während und nach der Leihe

Da sich die Zeiträume vor, während und nach der Leihe unterscheiden können, ist an dieser Stelle nur eine relative Betrachtung sinnvoll. Aus Tabelle 12 geht hervor, dass Leihspieler – unabhängig ob ver- oder ausgeliehen – während einer Spielerleihe sowohl ihre anteiligen Kadernominierungen als auch ihre anteiligen Einsatzminuten signifikant steigern können. Auffällig ist, dass dieser Effekt bei verliehenen Spielern deutlich stärker auftritt, was vermutlich mit der größeren sportlichen Distanz zwischen ver- und entleihendem Verein zusammenhängt. Allein ausgeliehene Spieler können ihre anteiligen Einsatzminuten auch im Anschluss an die Leihe auf einem ähnlichen Niveau halten. Zwar sinken anteilige Einsatzzeiten und Kadernominierungen in den restlichen Fällen im Anschluss an die Leihe wieder, sie liegen aber nach wie vor teilweise deutlich über dem Niveau des Zeitraums vor der Leihe. Dies ist auch der grafischen Veranschaulichung in Anlage 8 zu entnehmen. Die Hypothese kann anhand dieser Daten somit angenommen werden.

Hinsichtlich der durchschnittlichen Torbeteiligungen je 90 Minuten sind Unter- schiede zu erkennen, die u.a. erneut auf die unterschiedliche Ausgangsposition zurückzuführen sind. Von Bundesliga-Clubs verliehene Spieler können in spielschwächeren Mannschaften/Ligen ihre Torbeteiligungen steigern, wobei diese positive Entwicklung sogar für den Zeitraum nach der Leihe anhält. Von Bundesliga-Clubs ausgeliehene Spieler können ihre Torbeteiligungen im höheren kompetitiven Umfeld der Bundesliga nicht steigern, während sie für den Zeitraum nach der Leihe aber auf einem ähnlich hohen Niveau bleiben.

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6.4 Leihtransfers und ihr wirtschaftlicher Nutzen für die beteiligten Akteure

H6: „Ein Leihtransfer ist insbesondere für Vereine mit geringen finanziellen Ressourcen eine häufig gewählte Option für die Kaderzusammenstellung“:

Die DFL veröffentlich nach einem Beschluss der DFL-Mitgliederversammlung im Dezember 2018 erst seit 2019 offiziell Finanzkennzahlen der deutschen Proficlubs. In diesen ist der Gesamt-Personalaufwand jedes Bundesligisten ausgewiesen, von denen der Großteil wiederum durch die Lizenzspielerabteilung abgebildet werden dürfte. Aufgrund der geringen Anzahl an Daten gilt es, einen alternativen Indikator für die Finanzkraft der Bundesligisten zu wählen. Die Schlüsselkennzahl des jährlich veröffentlichten „Global Sports Salaries Survey“ wird als „average first-team pay“ – also die durchschnittliche Spieler-Vergütung der ersten Mannschaft – definiert. Da die Daten für die deutsche Bundesliga verlässlich erst ab der Saison 2016/17 vorliegen, unterscheidet sich der Untersuchungszeitraum hier um zwei Jahre. Er erstreckt sich zwar ebenfalls über vier Jahre, berücksichtigt allerdings die Saisons 2016/17 bis 2019/20.

Ausgeliehene Spieler Verliehene Spieler 16/17 17/18 18/19 19/20 16/17 17/18 18/19 19/20 Pearson- -0,166 -0,217 -0,276 -0,164 -0,062 -0,170 -0,256 -0,391 Korrelation Signifikanz 0,510 0,388 0,268 0,515 0,806 0,499 0,305 0,109 (2-seitig) Tabelle 13: Zusammenhang zwischen durchschnittlichem Spielerjahresgehalt je Verein und Anzahl Leihspieler

Bundesliga-Vereine sortiert Ausgeliehene nach ihrer Finanzkraft Anteil Spieler Rang … bis … 01 – 06 36 24,32 % 07 – 12 39 26,35 % 13 – 18 73 49,32 % Summe 148 100,00 % Tabelle 14: Anzahl ausgeliehener Spieler nach in Terzile unterteilter Finanzkraft von 2016/17 bis 2019/20

53

Tabelle 13 zeigt, dass sich kein genereller Zusammenhang zwischen der Finanzkraft eines Vereins und seinem Verleihverhalten feststellen lässt.

In Tabelle 14 sind die jeweils 18 Bundesligisten jeden Jahres in drei Klassen geteilt, sortiert nach dem durchschnittlichen Spielergehalt der ersten Mannschaft. Es zeigt sich demnach trotzdem eine Tendenz in Abhängigkeit von den verfügbaren finanziellen Ressourcen. Das jeweils untere Drittel an Vereinen der Bundesliga zeigte sich über die vier Saisons für beinahe die Hälfte aller ausgeliehenen Spieler verantwortlich, während die zwölf übrigen Vereine, die jeweils über einen größeren finanziellen Spielraum verfügen, beinahe gleichverteilt den Rest der Leihspieler verpflichteten.

Die Hypothese lässt sich empirisch nicht belegen, sodass das Ausleihverhalten somit grundsätzlich nicht von den finanziellen Ressourcen eines Bundesliga-Vereins abhängt. Die Bundesliga ist eine der qualitativ besten Ligen Europas. Eine Neuverpflichtung ist demnach meist dann sinnvoll, wenn das (potenzielle) Humankapital des neuen Spielers dem durchschnittlichen Humankapital der eigenen Mannschaften entspricht oder besser ist. Je höher aber das Humankapital eines Spielers, desto größer lässt sich auch der Wert an seinen Transferrechten beziffern, sodass abgebende Vereine eigene Top-Spieler womöglich eher halten bzw. verkaufen als verleihen wollen. Top-Vereine wie der FC Bayern München oder Borussia Dortmund wollen demnach auf der einen Seite nicht nur die Transferrechte an einem Spieler selbst besitzen, sie werden indirekt auch dazu gedrängt, wenn kein Spieler auf dem Leihtransfermarkt ihren eigenen hohen Anforderungen genügt. Im Gegenzug zeigt sich für Bundesliga- Vereine mit geringerem durchschnittlichen Humankapital ein anderes Szenario. Sinkende Anforderungen an das Humankapital ermöglichen nicht nur eine viel breitere Auswahl an Spielern; auch Spieler, die für Top-Vereine uninteressant waren, sind für weniger finanzstarke Vereine wiederum eine ernsthafte Option.

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H7: „Eine Spielerleihe verhilft dem Spieler zu einer Steigerung seines Marktwertes“:

Minimum Maximum Mittelwert Std.-Abw. Ausgeliehen N [Mio. €] [Mio. €] [Mio. €] [Mio. €] Gesamt 99 -15,000 58,000 1,0727 7,04575 nach Leihdauer Kurzleihe 40 -8,000 15,000 -0,2086 3,15662 Ein-Jahres-Leihe 45 -15,000 9,000 0,1544 3,58898 Langfristige Leihe 14 -1,500 58,000 7,6857 15,67394 nach Altersklasse Talent 38 -8,000 58,000 3,0447 10,30718 Jungprofi 50 -15,000 15,000 0,0190 3,65746 Gestandener Profi 10 -5,000 1,000 -1,0200 1,82151 Altstar 1 -0,250 -0,250 -0,2500 - Verliehen N Minimum Maximum Mittelwert Std.-Abw. [Mio. €] [Mio. €] [Mio. €] [Mio. €] Gesamt 300 -9,000 25,000 0,0779 1,89977 nach Leihdauer Kurzleihe 106 -3,000 1,750 -0,2425 0,59606 Ein-Jahres-Leihe 145 -9,000 25,000 0,1750 2,49996 Langfristige Leihe 49 -1,500 9,650 0,4837 1,59123 nach Altersklasse Talent 139 -2,500 9,650 0,2284 1,21023 Jungprofi 120 -5,000 25,000 0,1394 2,46892 Gestandener Profi 38 -9,000 3,500 -0,6513 1,85747 Altstar 3 -0,300 0 -0,1167 0,16073 Tabelle 15: Absolute Marktwertveränderung ausgeliehener und verliehener Spieler während der Leihe

Ausgeliehene Spieler konnten ihren Marktwert während der Leihe um durchschnittlich 1,073 Mio. € erhöhen, was einer prozentualen Steigerung von im Schnitt +21,1 % entspricht. Kurzleihen erwiesen sich hinsichtlich der Marktwertentwicklung als eher leicht negativ, Ein-Jahres-Leihen als leicht positiv. Der Mittelwert wird in diesem Fall zum Großteil von langfristig ausgeliehenen Spielern bestimmt, die ihren Marktwert durchschnittlich um 7,686 Mio. € steigern konnten.42 Junge Talente bis 22 Jahre profitierten marktwerttechnisch besonders von einer Ausleihe, während gestandene Profis älter als 27 Jahre tendenziell eher Marktwerteinbußen während ihrer Spielerleihe verkraften mussten.

42 Aufgrund der geringen Anzahl von nur 14 langfristig ausgeliehenen Spielern ist der Mittelwert wegen seiner Ausreißer- Anfälligkeit allerdings mit Vorsicht zu genießen. 55

Verliehene Spieler besitzen nicht nur einen deutlich geringeren Durchschnitts- Marktwert zu Beginn der Leihe (1,77 gegenüber 5,08 Mio. €), sie können ihren Marktwert auch im Schnitt um nur 4,4 % bzw. knapp 78.000 € steigern. Hinsichtlich der Leihdauer bzw. der Altersklasse verhält es sich jedoch ähnlich zu den ausgeliehenen Spielern. Kurzleihen und ein höheres Alter erweisen sich als eher negativ, während junge Spieler während langfristigen Leihen die durchschnittlich größten Marktwertzuwächse erreichen. Sowohl bei ausgeliehenen als auch verliehenen Spielern – wenn auch deutlich geringer – lässt sich im vorliegenden Datensample insgesamt eine positive Marktwertentwicklung beobachten, womit die Hypothese angenommen werden kann. Zur Bestimmung der Faktoren, die mit der Marktwertentwicklung zusammenhängen, wird ein lineares Regressionsmodell gewählt.

Ausgeliehen Variable B Sig. Leihdauer -0,641 0,799 Alter -0,681*** 0,002 Einsätze -0,156 0,355 Einsatzminuten 0,003* 0,091 Scorerpunkte 0,830*** 0,000 Spielerperformance 1,558 0,556 Notendelta Spieler/Team -0,172 0,954 */**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf 10/5/1-Prozent-Niveau Tabelle 16: Lineare Regression: Absolute Marktwertveränderung ausgeliehener Spieler

Das Bestimmtheitsmaß R² des Regressionsmodells zu Tabelle 16 liegt bei 0,482, der Wert des korrigierten R² bei 0,440.43 Damit lassen sich die Werte der abhängigen Variablen zu 48,2% aus den Werten der erklärenden Variablen berechnen. Auch die ANOVA-Tabelle weist eine Signifikanz von 0,000 aus, sodass das Regressionsmodell zur Erklärung der Marktwertentwicklung herangezogen werden kann. Tabelle 16 zeigt, dass ein höheres Alter den Marktwert eines ausgeliehenen Spielers während einer Spielerleihe signifikant verringert. Erhaltene Einsatzminuten hingegen stehen in einem positiven

43 Die ausführliche Koeffizienten-Matrix sowie die dazugehörige ANOVA-Tabelle sind der Anlage 9 zu entnehmen. 56

Zusammenhang mit der Entwicklung des Marktwertes, sodass sich der Marktwert mit jeder erhaltenen Einsatzminute um 3.000 € erhöht. Die unabhängige Variable Leihdauer eignet sich – aufgrund ihrer hohen Signifikanz – hingegen nicht zur Vorhersage der Marktwertveränderung während der Leihe. Die obige Beobachtung, dass sich der Marktwert eines Spielers während einer langfristigen Leihe überdurchschnittlich erhöht, lässt sich somit nicht generell belegen.

Verliehen Variable B Sig. Leihdauer -0,325 0,462 Alter -0,058* 0,100 Einsätze 0,008 0,816 Einsatzminuten 0,000 0,633 Scorerpunkte 0,087*** 0,000 */**/*** bezeichnet statistische Signifikanz auf 10/5/1-Prozent-Niveau Tabelle 17: Lineare Regression: Absolute Marktwertveränderung verliehener Spieler

Das Bestimmtheitsmaß R² des Regressionsmodells zu Tabelle 17 liegt bei 0,096, der Wert des korrigierten R² bei 0,081.44 Damit lassen sich die Werte der abhängigen Variablen zu 9,6% aus den Werten der erklärenden Variablen berechnen. Auch die ANOVA-Tabelle weist eine Signifikanz von 0,000 aus, sodass das Regressionsmodell zur Erklärung der Marktwertentwicklung herangezogen werden kann. Auch bei verliehenen Spielern sinkt der Marktwert eher, je höher das Alter des Leihspielers zu Beginn der Leihe ist. Für die Variable Leihdauer lassen sich analog zu den ausgeliehenen Spielern keine generellen Aussagen treffen.

Die unabhängige Variable Torbeteiligungen wirkt sich in allen Fällen positiv auf die Marktwertentwicklung aus. Nun ist die Variable Scorerpunkte ein Parameter, der vor allem zur Beurteilung von Angreifern und Mittelfeldspielern herangezogen wird. Die Leistung von Verteidigern und Torhütern werden nur selten bis gar nicht anhand dieses Kriteriums gemessen. Warum das Regressionsmodell trotzdem

44 Die ausführliche Koeffizienten-Matrix sowie die dazugehörige ANOVA-Tabelle sind der Anlage 10 zu entnehmen. 57 einen signifikanten Einfluss auf die Marktwertentwicklung bilanziert, soll exemplarisch anhand der ausgeliehenen Spieler erklärt werden.

Torwart Verteidigung Mittelfeld Angriff Ausgeliehen N=2 N=35 N=21 N=41 ∅ Scorerpunkte - 0,714 4,810 5,390 ∅ Scorerpunkte je 90 min - 0,065 0,259 0,513 ∅ Marktwertveränderung [Mio. €] -0,625 +0,089 +0,521 +2,278 Tabelle 18: Scorerpunkte und Marktwertveränderung während der Leihe, gruppiert nach Position

Tabelle 18 zeigt, dass je offensiver die Position, an desto mehr Toren ist ein ausgeliehener Spieler je 90 Minuten beteiligt. Gleichzeitig können offensivere Spieler auch ihren Marktwert überdurchschnittlich erhöhen. Eine auf Basis dieser Daten gewählte Korrelationsanalyse zwischen Anzahl der Scorerpunkte und der Marktwertveränderung ergibt einen Korrelationskoeffizienten von 0,627 (siehe Anlage 11). Trotz spezifischer Eigenschaften der Position eines Fußball-Profis erscheint damit auch der berechnete positive Einfluss der Torbeteiligungen aus den Regressionsmodellen plausibel.

6.5 Etablierung des Geschäftsmodells „Leihspieler“

Marktwert ∅ Marktvert- ∅ Ablöse- Verliehen N Leihende veränderung summe [Mio. €] [Mio. €] [Mio. €] Rückkehr Stammverein 91 1,76 -0,10 - erneute Leihe 66 0,90 -0,06 - Verkauf 143 2,33 +0,25 - davon Daten zur Ablöse vorliegend 126 2,58 +0,29 2,10 Tabelle 19: Transfer-Szenario im Anschluss an die Spielerleihe Der Begriff Geschäftsmodell impliziert für eine Spielerleihe primär monetäre Motive und Rendite-Absichten. In 143 der 300 untersuchten Spielerleihen kam es im Anschluss zu einem Verkauf des Spielers, von denen wiederum in 126 Fällen Daten zu etwaigen Ablösemodalitäten vorliegen. Diese zeigen, dass die durchschnittlich erzielte Ablösesumme für einen Spieler im Anschluss an die Leihe ca. 18,6% unter dem eigentlichen Marktwert liegt.

58

Generell stellen sich zwei zentrale Fragen im Hinblick auf das System der Leihgeschäfte:

1. Dienen Leihtransfers primär dem Spieler, der die Möglichkeit zur Weiterentwicklung erhält?

2. Oder dienen Leihtransfers primär den finanziellen Interessen des verleihenden Vereins, der – vergleichbar mit der Investmentstrategie eines breit gestreuten Aktienportfolios – durch eine Vielzahl an Leihen das finanzielle Risiko einzelner (Fehl-) Investitionen senkt und gleichzeitig die Chance auf die Entdeckung eines vielversprechenden Talentes erhöht?

In der Bundesliga wird von Club-Verantwortlichen gerne vor allem das Motiv des Ausbildungszweckes in den Vordergrund gestellt. Das verdeutlicht auch die personelle Entwicklung im sportlichen Bereich, wonach Bundesliga-Vereine in der jüngeren Vergangenheit eigens neue Stellen schafften, in deren Verantwortungsbereich explizit die Betreuung der vorübergehend an andere Vereine verliehene Spieler vorgesehen ist.45

Grundlage einer Spielerleihe ist zunächst stets ein Spieler, der trotz bestehenden Vertrages keine oder eine nur geringe Rolle in den sportlichen Planungen der Verantwortlichen spielt. Neben langjährigen Profis sehen sich dieser Situation oft Jugendspieler eines Vereins ausgesetzt, die in ihrem Alter noch nicht das Potenzial besitzen, direkt den Sprung aus dem Juniorenbereich in die erste Profi- Mannschaft zu schaffen. Da die ursprünglich als Talente-Auffangbecken vorgesehenen U23-Mannschaften von einigen Bundesliga-Vereinen bereits vom Spielbetrieb abgemeldet wurden bzw. teilweise in unterklassigen (Amateur-) Ligen spielen, laufen Vereine Gefahr, den Spieler und damit auch die in ihn getätigten Investitionen während seiner Ausbildung ohne monetäre Entschädigung zu verlieren. Eine Spielerleihe bietet an dieser Stelle die Möglichkeit, dem Spieler sowohl eine langfristige Perspektive im eigenen Profikader zu offerieren als auch kurz- und mittelfristige Spielpraxis und Weiterentwicklung auf professionellem Niveau in einem anderen Verein.

45 Vgl. u.a. FC Schalke 04 (2019), SV Werder Bremen (2019) & FC Augsburg (2020) 59

Zur rasanten Entwicklung des Leihspielersystems ist auch ein in Italien lange Zeit geltendes Verbandsreglement verantwortlich. Das italienische Pendant zu den U23-Teams deutscher Profi-Vereine ist italienischen Erst- und Zweitligisten erst seit der Saison 2018/19 in Form einer U21-Mannschaft erlaubt (Glaser 2018). Bis zu diesem Zeitpunkt sind talentierte Jugendspieler frühzeitig mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet worden und daher nach ihrer letzten Saison im Junioren-Bereich automatisch in die Profimannschaft übergegangen. Der somit stetig wachsende Kader, aufgefüllt mit zahlreichen Jugendspielern, deren Humankapital zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht ausreichte, musste also mithilfe von Spielerleihen Jahr für Jahr ausgedünnt werden. Die Spieler erhielten im Gegenzug die Möglichkeit, sich spätestens bis zum Ende ihres Vertrags zu entwickeln und sich für ihren Stammverein zu empfehlen.

Ausgehend von diesem sportlichen Grundgedanken erkannten zunehmend auch ausländische Klubs und ihre Investoren das Potenzial einer Spielerleihe. Der FC Chelsea London und dessen russischer Eigentümer Roman Abramowitsch baute seit 2011 ein ganzes Leihspieler-Netzwerk inklusive Partnerverein aus den Niederlanden auf und kann heute auf einige erfolgreiche Leihspieler zurückblicken, die entweder den Sprung in die eigene Profimannschaft schafften oder für ein Vielfaches der ursprünglich gezahlten Ablösesumme weiterverkauft wurden. Allerdings zeigen Negativbeispiele wie die Karriere des einstigen kroatischen Torwarttalentes Matej Delač die Schattenseiten eines solchen Systems: 2010 für drei Millionen Euro aus Kroatien verpflichtet, zehn Leihstationen und acht verschiedene Leihvereine in nur sieben Jahren, 2018 nach acht Vertragsjahren bei Chelsea und ohne einzigen Pflichtspieleinsatz dann der ablösefreie Wechsel in die erste dänische Liga. Wie sehr finanzkräftige Top- Klubs Europas das Instrument der Spielerleihe mittlerweile einsetzen, zeigt u.a. auch das Beispiel Real Madrid in der Saison 2018/19. Die mit zehn an der Zahl vergleichsweise wenig verliehenen Spieler hatten mit einem kumulierten Marktwert von 213 Mio. € einen größeren Gesamt-Marktwert als 13 Vereine der Fußball-Bundesliga, deren Kader wohlgemerkt aus jeweils mindestens 29 Spielern bestand.

Angesichts dieser Zahlen und der in Kapitel 6.2 beschriebenen Entwicklung in der Fußball-Bundesliga bleibt festzuhalten, dass kein Verein der Bundesliga weit 60 oben im Geschäftsmodell Leihspieler mitmischt. Mit dem FC Bayern München wird allerdings ein deutscher Bundesligist in der jüngeren Vergangenheit deutlich präsenter im Hinblick auf die Verpflichtung und Ausbildung junger Talente. Die Errichtung des millionenschweren FC-Bayern-Campus, zunehmende Abwerbungen von Top-Talenten in immer jüngeren Jahren sowie die geplante langfristige Etablierung der U23 in der 3. Fußball-Liga, um den eigenen Talenten Spielpraxis auf möglichst hohem Niveau zu garantieren, dürfen als Zeichen dafür gewertet werden. Da die Reserve des FC Bayern München aufgrund DFB- Regularien nicht in die zweite Liga aufsteigen darf, kann das Ermöglichen von Spielpraxis auf noch höherem Niveau im nächsten Schritt nur noch über eine Leihe an andere Vereine erfolgen.

Frank Baumann, Geschäftsführer Sport beim Bundesliga-Verein SV Werder Bremen, spricht im Hinblick auf die Bremer Leihstrategie von einem Geschäftsmodell, sofern diese „sich sportlich und finanziell auszahlt“ (SV Werder Bremen 2019). Aus dieser Perspektive beteiligen sich beinahe alle Vereine der Bundesliga am Geschäftsmodell Leihspieler, welches sich unter idealen Bedingungen als dreifache Win-Win-Win-Situation in etwa so darstellen dürfte:

Der abgebende Verein stellt einen nicht benötigten Spieler, für den sich zum gewünschten Zeitpunkt kein Kaufinteressent findet, ins Schaufenster und steigert so bestenfalls dessen Marktwert. Der aufnehmende Verein erhält gegen eine angemessene Leihgebühr Qualität, die aufgrund des geringeren finanziellen Budgets ohne Leihe nicht finanzierbar wäre. Und der Spieler erhält Spielpraxis auf einem Niveau, welches seinen Fähigkeiten entspricht und das ihm in seiner persönlichen Entwicklung hilft.

61

7 Schlussbetrachtung

7.1 Zusammenfassung der Untersuchung

Die Arbeit beschäftigte sich mit ver- und ausgeliehenen Fußballspielern von Vereinen der 1. Fußball-Bundesliga. Neben der Leistungsentwicklung der Leihspieler wurden vor allem Einflussfaktoren auf im Anschluss an die Leihe getätigten Transferentscheidungen und auf das Verleihverhalten von Bundesliga- Clubs untersucht.

Zunächst ist festzuhalten, dass das Zitat Christoph Kramers, in dem der Vergleich zwischen Leihtransfers und dem modernen Menschenhandel fiel, faktisch widerlegt werden konnte. Neben den beteiligten Vereinen, die eine Einigung über die Transfermodalitäten erzielen, muss letztlich auch der Spieler einer Spielerleihe zustimmen. Ein Leihtransfer gegen den Willen des Spielers ist somit rechtlich nicht möglich, auch wenn Spieler in der Praxis einem gewissen Druck zur Zustimmung ausgesetzt werden können.

Grundsätzlich bedarf jede Transferentscheidung eines Fußball-Clubs einer gewissenhaften sportlichen sowie ökonomischen Analyse. Im Falle einer Spielerleihe stellt sich vor allem die Frage nach dem Vorteil einer vorübergehenden Leihe im Vergleich zu einem festen Kauf bzw. Verkauf. Festzuhalten bleibt, dass Leihtransfers für aufnehmende Vereine eine Absicherung gegenüber Verletzungsrisiken darstellen können. Außerdem bietet eine Leihe eine kostengünstige Alternative, einen Spieler zunächst über einen festgelegten Zeitraum in der eigenen Mannschaft zu erproben und gleichzeitig die Spielstärke der Mannschaft zu verbessern. Für abgebende Vereine kann eine Spielerleihe dem Ausbildungszweck oder auch der Reduzierung der Personalkosten dienen. Im europäischen Fußball werden Leihspieler auch oft als Anlageobjekt betrachtet, mit dem sich durch steigendes Humankapital auch eine entsprechende Rendite erzielen lässt. Je weniger es um den einzelnen Spieler einer Spielerleihe zu gehen scheint, desto eher lassen sich hinter der Transferpolitik eines Vereins also wirtschaftliche Motive vermuten. Zudem kann

62 auch der Spieler während einer Leihe von mehr Spielpraxis und der Steigerung seines Wertes auf dem Arbeitsmarkt für Profifußballer profitieren.

Es zeigte sich, dass Bundesliga-Vereine Spieler tendenziell eher aus ähnlich starken Ligen bzw. von qualitativ besseren Vereinen ausleihen. Eigene Spieler werden hingegen verstärkt in schwächere Ligen bzw. an schwächere Vereine verliehen. Auch wenn empirisch kein Einfluss der sportlichen Distanz auf die Rückkehrwahrscheinlichkeit eines Leihspielers nachgewiesen werden konnte, sollte bedacht werden, dass es für einen Spieler bei einer größeren sportlichen Distanz zwischen abgebenden und aufnehmenden Verein dennoch schwieriger sein dürfte, seine bestehende Qualitätslücke bei einem unterklassigen Verein zu schließen.

Das Transferverhalten deutscher Bundesligisten, insbesondere im Hinblick auf Leihtransfers, lässt sich im europäischen Vergleich als deutlich weniger aggressiv und als eher selektiv beschreiben. Ein systematisch betriebenes Geschäftsmodell mit Leihspielern bedarf neben einer ausgeprägten internationalen Scouting-Infrastruktur einer gewissen finanziellen Liquidität. Der deutsche Vorzeige-Klub FC Bayern München strebt seit einigen Jahren eine konsequente Neuausrichtung und Professionalisierung des eigenen Nachwuchsleistungsprogramms an und könnte sich als Folge dessen zukünftig mehr mit systematischen Spielerleihen zu Ausbildungszwecken beschäftigen als bisher. Bisher gibt es in der Bundesliga zwar einige Vereine, die verstärkt Spieler ver- bzw. ausleihen und die grundsätzlich mit den Leihgeschäften gewiss auch eine bestimmte Strategie verfolgen, allerdings ließ sich empirisch kein signifikanter Zusammenhang zwischen den finanziellen Ressourcen eines Vereins und der Anzahl ver- bzw. ausgeliehener Spieler feststellen. Dennoch zeigt die Datenerhebung, dass knapp die Hälfte aller ausgeliehenen Spieler auf Vereine des unteren der nach Finanzkraft unterteilten Terzile zurückgehen.

In der Historie von Leihgeschäften ist insgesamt eine zunehmende Verschiebung weg von ausschließlich sportlichen Interessen hin zu vermehrt wirtschaftlichen Motiven erkennbar. Dienten Leihgeschäfte früher eher der sportlichen Verstärkung und der Einsparung von Personalkosten, verkommen Leihspieler heute nicht selten zum renditeversprechenden Spekulationsobjekt reicher Profi-

63

Clubs und deren Investoren. Italienische Fußballvereine gelten als Ausgangspunkt für die rasante Entwicklung der Anzahl von Leihgeschäften. Diese hatten aufgrund des lange Zeit geltenden Verbots von Reservemannschaften oftmals gar keine andere Wahl, als vielversprechende Jugendspieler langfristig an die erste Mannschaft zu binden und diese mit Ablauf ihrer Juniorenzeit direkt an Vereine zu verleihen, die dem Spieler Spielpraxis auf seinem individuellen Leistungsniveau ermöglichten. Insbesondere englische Klubs erkannten schnell das Potenzial der Spielerleihe und etablierten das Geschäftsmodell Leihgeschäft, bei dem fortan nicht mehr nur eigene Jugendspieler verliehen wurden, sondern zunehmend internationale Talente günstig eingekauft, direkt verliehen und am Ende – wenn es keinen Bedarf in der eigenen Profimannschaft gab – möglichst teuer weiterverkauft wurden. Generell gilt es daher zwischen dem Leihmarkt junger Talente, bei dem es vorrangig um sportliche und persönliche Weiterentwicklung geht, sowie dem Leihmarkt älterer Profis, bei dem primär kommerzielle Interessen im Fokus stehen, zu unterscheiden.

Im Durchschnitt können vor allem Leihspieler mit einem hohen Anteil an Einsatzzeit die Spielstärke ihrer Leihmannschaft verstärken, wohingegen das Alter des Spielers und die Dauer der Leihe keinen signifikanten Einfluss auf die Spielstärke einer Mannschaft haben. Da Vereine der Bundesliga Spieler vor allem aus ähnlich starken Ligen ausleihen, spielt die sportliche Distanz auch im Hinblick auf den Verbleib des Leihspielers in der Bundesliga nur eine untergeordnete Rolle. Eine feste Verpflichtung des Leihspielers durch deutsche Bundesligisten wird vielmehr durch die Dauer der Leihe positiv beeinflusst. Dies zeigt, dass länger andauernde Leihgeschäfte nicht nur eine höhere Planungssicherheit schaffen, sondern es oftmals auch gelingt, den Spieler anschließend langfristig an den Verein zu binden. Die vorübergehende Verstärkung entwickelt sich in solchen Fällen also zu einer Dauerlösung. Außerdem ist zu beobachten, dass je häufiger ein Leihspieler während der Leihe an einem Tor direkt beteiligt ist, dieser im Anschluss umso eher nicht zu seinem deutschen Stammverein zurückkehrt bzw. nach Ablauf der Leihe von seinem deutschen Leihverein fest verpflichtet wird.

64

Durch die Leihe kann ein Spieler seine Einsatzzeiten nicht nur signifikant steigern. Auch nach der Leihe bleiben die anteiligen Einsatzzeiten im Durchschnitt deutlich über dem Niveau des Zeitraums vor der Leihe. Von der positiven Entwicklung bei den Einsatzzeiten profitieren Leihspieler außerdem auch in Form eines steigenden Marktwertes während der Leihe, wenn auch je nach Leihart in unterschiedlichem Maße. Von Bundesliga-Vereinen entliehene Spieler haben nicht nur einen deutlich höheren Anfangsmarktwert zu Beginn der Leihe, sondern können diesen bis zum Leihende auch um im Schnitt 21,1% steigern. Positiven Einfluss haben dabei insbesondere Einsatzminuten und Torbeteiligungen, negativen Einfluss hat insbesondere das Alter des Leihspielers. Von Bundesliga-Vereinen verliehene Spieler können ihren geringeren Anfangsmarktwert im Schnitt um 4,4% steigern, wobei vor allem Angreifer von einer positiven Marktwertveränderung profitieren. Auch hier zeigen sich ein negativer Einfluss des Alters des Spielers sowie ein positiver Einfluss der erzielten Scorerpunkte.

7.2 Kritische Reflektion

Rückblickend ist festzuhalten, dass die Fokussierung auf die Leihe aus Sicht des aufnehmenden Vereins oder aus Sicht des abgebenden Vereins aus mehreren Gründen sinnvoll gewesen wäre. Beiden Leiharten liegen zunächst grundsätzlich verschiedene Motive zu Grunde. Die dadurch notwendige Differenzierung in ausgeliehene und verliehene Spieler deutscher Bundesligisten erfordert auch das im Ergebnisteil ständige Wechseln der Perspektive. Die Fokussierung auf eine Leihart hätte es daher auch dem Leser erleichtert, ein eindeutiges Bild zur Spielerleihe im deutschen Profi-Fußball zu erlangen.

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der Saison 2014/15 bis einschließlich der Saison 2017/18, wodurch eine ausreichend große Datenbasis generiert wird. Allerdings geht angesichts der saisonübergreifenden Untersuchung – bedingt durch Auf- und Abstiege – auch ein Wechsel der Untersuchungsobjekte mit einher, der dazu führt, dass manche Datensätze beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Ligahöhen während einer langfristigen Leihe von der Untersuchung ausgeschlossen wurden. 65

Mit Vorsicht zu betrachten sind außerdem deskriptive Statistiken, die insbesondere anhand einzelner Lageparameter wie dem Mittelwert interpretiert wurden. Zwar beugt die solide Grundgesamtheit der Ausreißer-Empfindlichkeit solcher Parameter vor, dennoch finden sich beispielsweise im Falle der Marktwertentwicklung einige Beispiele, in der einzelne Datensätze teilweise einen relativ großen Einfluss auf bestimmte Teilstatistiken besitzen.

In Bezug auf die Einteilung der Kriterien Leihdauer und Altersklasse ist außerdem anzumerken, dass diese vor allem zur Veranschaulichung für den Leser dienten. Die Leihdauer wurde – ausgehend von einer als typisch betrachteten Ein-Jahres- Leihe in beide Richtungen um eine Klasse ergänzt. Auch das in vier Klassen unterteilte Alter basiert auf keiner wissenschaftlichen Definition des Fußballeralters, sondern lediglich auf einer Untersuchung, bei der das Alter der maximalen Leistungsfähigkeit professioneller Fußballer untersucht wurde (vgl. Dendir 2016, S. 92). Die Altersspanne von Fußballspielern anhand der vier ersten Ligen aus Deutschland, England, Italien und Spanien reichte über den Zeitraum von vier Saisons von knapp über 17 bis knapp über 38 Jahre und diente somit als Vorbild für die in dieser Arbeit gewählte Klassenbildung.

Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Untersuchung des sportlichen und wirtschaft- lichen Nutzens einer Spielerleihe für die beteiligten Akteure. Eine eigentlich im Vorfeld der Leihe zu beantwortende Frage wurde in dieser Arbeit hingegen nicht thematisiert und könnte in einem nächsten Schritt untersucht werden: Welche Faktoren führen überhaupt dazu, dass ein Spieler verliehen wird? Müller (2015, S. 185 f.) beantwortet diese Frage nach der Ausleihwahrscheinlichkeit in seinem Beitrag mithilfe eines Cox-Regressionsmodells und identifiziert u.a. das Alter und die Ausbildung in der eigenen Jugend als Haupterklärungsvariablen für die Wahrscheinlichkeit einer Verleihung. Da sich die Zahl der Leihtransfers rasant entwickelte und sich auch die Haupt-Motive einer Spielerleihe gerade in der jüngeren Vergangenheit teilweise veränderten, bleibt diese Frage für den in dieser Arbeit untersuchten Zeitraum dennoch unbeantwortet.

66

7.3 Ausblick

Die stetige Entwicklung des Geschäftsmodells mit Leihgeschäften in den vergangenen Jahrzehnten trifft insbesondere im zunehmend kommerziellen Umfeld des Profifußballs auf nährreichen Boden. Das System sorgte in der Vergangenheit für intensive Verbindungen zwischen europäischen Top-Vereinen und kleineren Vereine, die sich in Form zahlreicher Leihen zu diesen niederschlug. Der FC Chelsea London hatte beispielsweise eine enge Beziehung zum niederländischen Klub Vitesse Arnheim, dessen Besitzer ein langjähriger Geschäftspartner von Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch ist. Manchester City verlieh hingegen viele Spieler an den spanischen Verein aus Girona, dessen Besitzerfirma vom Bruder von Pep Guardiola´s – seines Zeichens Trainer von Manchester City – geleitet wird. Die Gefahr einer solchen Wettbewerbsverzerrung erkennt man mittlerweile auch beim Fußball- Weltverband FIFA, der offensichtlich eine Beschränkung der Anzahl an Leihtransfers plant.

Das Problem? Verbandsrechtliche Beschränkungen konnten bereits in der Vergangenheit manche Entwicklungen nur bedingt stoppen. Das 2015 eingeführte Financial Fairplay, welches die Tendenz der Fremdfinanzierung in den Vereinen durch Kredite und private Investoren regulieren soll, wird immer wieder stark kritisiert: Die Formulierung des Regelwerks sei nicht eindeutig und strukturell bevorzuge dieses große Vereine durch lasche Bestrafungen oder gar Nicht-Sanktionierung offensichtlicher Regelverstöße. Und auch Vereine fanden schnell Möglichkeiten, Regeln zu umgehen: Das Abschließen nicht- marktgemäßer Sponsoring-Verträge oder die Verpflichtung eines Spielers per Leihe mit anschließender Kaufpflicht – die die Bilanz erst zu einem späteren Zeitpunkt beeinflusst – sind nur zwei Beispiele für das Erfindungsreichtum der Vereinsverantwortlichen.

Kann das Geschäftsmodell mit Leihspielern also überhaupt gestoppt werden? Es bleibt fraglich angesichts ganzer entstehender Fußballkonzerne, die über Fußballvereine an verschiedenen Standorten weltweit verfügen. Die Holding- Gesellschaft City Football Group vereint, angeführt vom englischen Top-Klub Manchester City, mittlerweile zehn Fußballvereine auf fünf Kontinenten unter sich

67 und besitzt darüber hinaus zahlreiche weitere Partnervereine und Fußballakademien in ihrem Netzwerk. Ähnlich baut sich auch der österreichische Getränkehersteller Red Bull ein immer größer werdendes Fußball-Imperium auf. Der deutsche Verein RB Leipzig gilt dabei als Aushängeschild und profitiert gleichzeitig von sechs weiteren Vereinen auf vier Kontinenten, bei denen Red Bull eine führende Rolle einnimmt. Die Idee dahinter scheint klar: Die Ausbildung internationaler Talente, die im Seniorenbereich in unterschiedlichen Vereinen und auf unterschiedlichem Spielniveau ihre Entwicklung vorantreiben können. Und das Ganze in einem autarken, unternehmensinternen Transfersystem, welches unabhängig von etwaigen FIFA-Regularien aufgrund eines übergeordneten Entscheidungsträgers funktionieren kann.

Eine Beschränkung der Anzahl an Leihspielern, von der eigene Jugendspieler allerdings ausgenommen sind, bietet also erneut Platz für kreative Umgehungsmöglichkeiten finanzkräftiger Top-Vereine. Vereine innerhalb eines Fußball-Imperiums könnten zukünftig noch intensiver von ihrem Netzwerk Gebrauch machen. Andere Vereine könnten Spieler eher verkaufen statt verleihen und sich gleichzeitig vertraglich eine Rückkaufoption zusichern lassen. Oder sie verpflichten Talente möglicherweise sogar noch etwas früher und lassen diese kurz das eigene Nachwuchsprogramm durchlaufen, damit diese unter die geplante Ausnahmeregelung fallen.

Eine Regelung, die dem Geschäftsmodell Leihspieler Einhalt gebieten soll und gleichzeitig dafür sorgen könnte, dass Jugendliche und Kinder – in der Hoffnung auf eine spätere Weltkarriere – als Handelsware enden und noch früher aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen werden? Angesichts dieser Aussichten wird die Spielerleihe auch in Zukunft sehr im Fokus der Entscheidungsträger aus Vereinen und Verbänden stehen. Das Geschäftsmodell mit Leihspielern dürfte sich unter den aktuellen Gegebenheiten und angesichts der immer größer werdenden Schere zwischen finanzkräftigen und -schwachen Teams auf jeden Fall weiter rasant entwickeln und ohne tiefgreifende, regulierende Maßnahmen kaum aufzuhalten sein.

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Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Aggregierte Jahresergebnisse der europäischen Fußball- Erstligisten [in Mio. €] (Quelle: UEFA 2019, S. 111)

1.000

500

0

-500

-1.000

-1.500

-2.000 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

74

Anlage 2: Zusammenfassende Übersicht der DFL Wirtschaftsreports von 2002/03 bis 2018/19 [in Tausend €]

➔ Vollständige Übersicht: Excel-Datei Übersicht_DFL_Wirtschaftsreporte ➔ Auszug:

Quelle DFL Report 2006 2008 … 2020 Saison 2002/03 2003/04 2004/05 … 2018/19

Gesamtaufwand 1.189.476 1.162.090 1.228.024 … 3.891.759 Gesamterlös 1.148.688 1.090.296 1.284.334 … 4.019.610 GuV-Saldo -40.788 -71.794 56.310 … 127.851

Aufwand 1. Bundesliga 1.189.476 1.162.090 1.228.024 … 3.891.759 Personal Spielbetrieb 504.792 492.300 495.879 1.431.633 … Anteil am Gesamtaufwand 42,44% 42,36% 40,38% 36,79% Personal Handel/Verwaltung 51.678 54.739 53.483 269.147 … Anteil am Gesamtaufwand 4,34% 4,71% 4,36% 6,92% Transfer 192.816 159.354 140.336 842.447 … Anteil am Gesamtaufwand 16,21% 13,71% 11,43% 21,65% Spielbetrieb 159.570 165.762 195.889 428.571 … Anteil am Gesamtaufwand 13,42% 14,26% 15,95% 11,01% Jugend / Amateure / NLZ 33.948 43.992 40.573 144.147 … Anteil am Gesamtaufwand 2,85% 3,79% 3,30% 3,70% Sonstiges 246.672 245.943 301.864 775.814 … Anteil am Gesamtaufwand 20,74% 21,16% 24,58% 19,93%

Erlös 1. Bundesliga 1.148.688 1.090.296 1.284.334 … 4.019.610 Spielertrag 185.300 207.049 232.227 520.090 … Anteil am Gesamterlös 16,13% 18,99% 18,08% 12,94% Werbung 339.872 332.994 357.795 845.443 … Anteil am Gesamterlös 29,59% 30,54% 27,86% 21,03% Mediale Verwertung 364.922 291.410 321.700 1.483.048 … Anteil am Gesamterlös 31,77% 26,73% 25,05% 36,90% Transfer 29.888 31.947 47.839 675.104 … Anteil am Gesamterlös 2,60% 2,93% 3,72% 16,80% Merchandising 43.244 43.404 48.902 175.993 … Anteil am Gesamterlös 3,76% 3,98% 3,81% 4,38% Sonstiges 185.462 183.492 275.871 319.932 … Anteil am Gesamterlös 16,15% 16,83% 21,48% 7,96%

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Anlage 3: Anteil ausländischer Spieler in der Fußball-Bundesliga seit 1994

Anteil ausländischer Spieler in der Fußball-Bundesliga von 1994 bis 2019 60% 400 50%

300 40%

30% 200 20% 100 10%

0 0%

2004 2017 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019

Deutsche Fußballprofis Legionäre Anteil Legionäre

Anlage 4: Durchschnittliche Kadergröße aller Vereine der BIG-5- Fußballligen Europas während des Untersuchungszeitraums

Land 14/15 15/16 16/17 17/18 Gesamt Spanien 31,70 32,00 36,15 33,75 33,40 Deutschland 31,89 33,44 35,78 33,33 33,61 Frankreich 33,25 34,65 37,45 34,15 34,88 England 37,40 39,70 39,55 36,85 38,38 Italien 42,05 40,35 43,15 41,30 41,71

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Anlage 5: Übersicht der verwendeten Methodik zur Bestimmung der nationalen Ligastärke unter Berücksichtigung der sportlichen Qualität

Gesamtpunktzahl in der UEFA Rang Land Fünf-Jahreswertung der Faktor Einstufung Saisons 2014/15 – 2018/19 1 Spanien 103,569 2 England 85,462 3 Italien 74,725 1,0 Top-Nation 4 Deutschland 71,927 5 Frankreich 58,498 6 Russland 50,549 7 Portugal 48,232 8 Belgien 39,900 9 Ukraine 38,900 1,3 Gute Nation 10 Türkei 34,600 11 Niederlande 32,433 12 Österreich 31,250 13 Tschechien 28,675 14 Griechenland 27,600 15 Kroatien 27,375 16 Dänemark 27,025 17 Schweiz 26,900 Mittelmäßige 18 Zypern 24,925 1,7 Nation 19 Serbien 22,250 20 Schottland 22,125 21 Belarus 21,875 22 Schweden 20,900 23 Norwegen 20,200 24 Polen 19,250 25 Kasachstan 19,250 26 Aserbaidschan 19,000 27 Israel 18,625 28 Bulgarien 17,500 29 Rumänien 15,950 30 Slowakei 15,625 31 Slowenien 15,000 Schwächere 2,0 32 Liechtenstein 13,500 Nation 33 Ungarn 10,500 34 Nordmazedonien 8,000 35 Moldawien 7,750 36 Albanien 7,500 37 Republik Irland 7,450 … … … 55 San Marino 0,666

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Anlage 6: Binäre Regressionsanalyse: Rückkehr verliehener Spieler zu Stammverein

➔ Koeffizienten-Matrix:

Regressions- Std.- Wald df Sig. Exp(B) koeffizient B Fehler Delta Ligahöhe sportlich 0,195 0,231 0,710 1 0,400 1,215 Alter -0,035 0,056 0,379 1 0,538 0,966 Leihdauer -0,047 0,343 0,019 1 0,891 0,954 Eigene Jugend (1) -0,019 0,329 0,003 1 0,954 0,981 Juniorennationalspieler 0,006 0,011 0,355 1 0,551 1,006 Nationalspieler Leihende (1) 0,147 0,339 0,188 1 0,665 1,158 Während der Leihe Einsätze relativ 1,789 1,228 2,123 1 0,145 5,983 Einsatzminuten relativ -0,343 1,050 0,107 1 0,744 0,710 Scorerpunkte je 90 Min. -3,023 1,083 7,795 1 0,005 0,049 Gelbe Karten je 90 Min. -0,138 0,778 0,031 1 0,859 0,871 Rote Karten je 90 Min. -2,243 4,266 0,277 1 0,599 0,106 Konstante -0,606 1,521 0,159 1 0,690 0,546

➔ Modellzusammenfassung:

-2 Log-Likelihood Cox & Snell R-Quadrat Nagelkerkes R-Quadrat 333,883 0,046 0,064

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Anlage 7: Binäre Regressionsanalyse: Verbleib ausgeliehener Spieler bei Leihverein

➔ Koeffizienten-Matrix:

Regressions- Std.- Wald df Sig. Exp(B) koeffizient B Fehler Delta Ligahöhe sportlich 0,335 0,306 1,197 1 0,274 1,398 Alter 0,054 0,062 0,758 1 0,384 1,056 Leihdauer 0,642 0,428 2,246 1 0,134 1,900 Eigene Jugend (1) 0,565 0,440 1,651 1 0,199 1,759 Juniorennationalspieler -0,001 0,014 0,011 1 0,915 0,999 Nationalspieler Leihende (1) -0,003 0,385 0,000 1 0,994 0,997 Während der Leihe Einsätze relativ -0,294 1,602 0,034 1 0,855 0,745 Einsatzminuten relativ 1,517 1,299 1,365 1 0,243 4,560 Scorerpunkte je 90 Min. 2,198 0,962 5,218 1 0,022 9,011 Gelbe Karten je 90 Min. 2,120 0,945 5,028 1 0,025 8,329 Rote Karten je 90 Min. -17,269 11,436 2,280 1 0,131 0,000 Konstante -4,722 1,876 6,336 1 0,012 0,009

➔ Modellzusammenfassung:

-2 Log-Likelihood Cox & Snell R-Quadrat Nagelkerkes R-Quadrat 241,923 0,119 0,189

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Anlage 8: Verliehene und Ausgeliehene Spieler. Prozentuale Entwicklung der Einsatzdaten im Vergleich zu vor der Leihe

➔ Verliehen:

Verliehene Spieler. Prozentuale Entwicklungen im Vergleich zu vor der Leihe +200%

+150%

+100%

+50%

+0% Gesamt Torwart Verteidigung Mittelfeld Angriff

Kadernominierungen während Leihe Kadernominierungen nach Leihe Einsatzminuten während Leihe Einsatzminuten nach Leihe

➔ Ausgeliehen:

Ausgeliehene Spieler. Prozentuale Entwicklungen im Vergleich zu vor der Leihe +100%

+50%

+0% Gesamt Torwart Verteidigung Mittelfeld Angriff

Kadernominierungen während Leihe Kadernominierungen nach Leihe Einsatzminuten während Leihe Einsatzminuten nach Leihe

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Anlage 9: Lineare Regressionsanalyse: Marktwertveränderung ausgeliehener Spieler

➔ ANOVA:

Quadrat- Mittel der Modell df F Sig. summe Quadrate Regression 2.336,189 7 333,741 11,308 0,000 Nicht standardisierte 2.508,574 85 29,513 Residuen Gesamt 4.844,764 92

➔ Koeffizienten-Matrix:

Nicht standardisierte Standardisierte

Koeffizienten Koeffizienten Regressions- Std.- Beta T Sig. koeffizient B Fehler Konstante 7,676 10,818 0,710 0,480 Leihdauer -0,641 2,514 -0,038 -0,255 0,799 Alter -0,681 0,217 -0,271 -3,142 0,002 Während der Leihe Einsätze -0,156 0,168 -0,278 -0,929 0,355 Einsatzminuten 0,003 0,002 0,423 1,711 0,091 Scorerpunkte 0,830 0,136 0,643 6,117 0,000 Note Spieler 1,558 2,638 0,114 0,591 0,556 Notendelta Team/Spieler -0,172 2,947 -0,011 -0,058 0,954

➔ Modellzusammenfassung:

Korrigiertes Standardfehler R R-Quadrat R-Quadrat des Schätzers 0,694 0,482 0,440 5,432554

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Anlage 10: Lineare Regressionsanalyse: Marktwertveränderung verliehener Spieler

➔ ANOVA:

Quadrat- Mittel der Modell df F Sig. summe Quadrate Regression 103,950 5 20,790 6,268 0,000 Nicht standardisierte 975,174 294 3,317 Residuen Gesamt 1.079,124 299

➔ Koeffizienten-Matrix:

Nicht standardisierte Standardisierte

Koeffizienten Koeffizienten Regressions- Std.- Beta T Sig. koeffizient B Fehler Konstante 1,036 0,924 1,121 0,263 Leihdauer -0,325 0,441 -0,071 -0,737 0,462 Alter -0,058 0,035 -0,098 -1,652 0,100 Während der Leihe Einsätze 0,008 0,032 0,054 0,233 0,816 Einsatzminuten 0,000 0,000 0,092 0,478 0,633 Scorerpunkte 0,087 0,025 0,237 3,522 0,000

➔ Modellzusammenfassung:

Korrigiertes Standardfehler R R-Quadrat R-Quadrat des Schätzers 0,310 0,096 0,081 1,821241

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Anlage 11: Korrelationsanalyse zwischen Anzahl der Scorerpunkte und absoluter Marktwertveränderung während der Leihe

Merkmal Marktwertveränderung Pearson-Korrelation 0,627 Anzahl Scorerpunkte Sig. (2-seitig) 0,000 N 99

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Erklärung zur Abschlussarbeit

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorgelegte Abschlussarbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Schwarzenbach/Saale, 23.09.2020 ______

Unterschrift

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