NS-Kunstraub und Restitution am Beispiel von Gustav Klimts Damenporträts Bildnis einer Dame, Die Freundinnen und Bildnis Serena Lederer

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Hanna WEBER

am Institut für Geschichte

Begutachter: Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerald Lamprecht

Graz, Juni 2018

„Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit“

Gustav Klimt

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Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbe- hörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz, Juni 2018 Hanna Weber

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Grazie Mille…

… an meinen Betreuer Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerald Lamprecht, der mit meinem Themenvorschlag sofort einverstanden war und mich beim Verfassen der Arbeit unterstützt hat.

… an meine liebevollen Eltern Heidi und Johannes Weber, die mir nicht nur mein Studium, sondern auch eine unbeschwerte und wunderschöne Kindheit ermöglicht haben.

… an meinen Bruder Bernd, auf den ich immer zählen kann. Unsere gemeinsa- me WG-Zeit war mir eine Ehre!

… geht vor allem an meinen Freund Dario, der meine Launen während der Stu- dienzeit immer mit Humor genommen hat, mich immer wieder aufgefangen und in jeder Hinsicht unterstützt hat. Grazie, tesoro mio!

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 6 1. Hitlers Eigeninteresse an Kunst, Kultur und Architektur...... 10 2. Kunstpolitik in Österreich nach dem „“ ...... 15 2.1. Kunstpolitik im „Altreich“ ...... 16 2.2. „Arisierung“ ...... 18 2.3. Gesetzliche Bestimmungen für die „Arisierung“ von Kunst- und Kulturgegenständen in der „Ostmark“ ...... 20 2.4. „Sonderauftrag Linz“ ...... 23 2.5. „Führervorbehalt“ ...... 28 3. Institutionen und Nutznießer im NS-Kunstraub ...... 31 3.1. Institutionen und ihre Vorgehensweisen ...... 32 3.2. Nutznießer und ihre Vorgehensweisen ...... 39 4. Restitutionsgesetzgebung in Österreich ...... 45 4.1. Die Anfänge der Restitutionsgesetzgebung in der Nachkriegszeit ...... 49 4.2. Restitutionsgesetzgebung ab dem Jahr 1955...... 55 4.3. Die Probleme und Schwierigkeiten der österreichischen Restitutionsgesetzgebung . 64 5. Gustav Klimts künstlerische Frauenbildnisse ...... 68 5.1. und das Gemälde Bildnis einer Dame ...... 69 5.2. August und Serena Lederer und die Gemälde Bildnis Serena Lederer und Die Freundinnen ...... 78 6. Resümee ...... 96 7. Bibliographie ...... 98 Primärquellen ...... 98 Rechtsquellen ...... 99 Sekundärliteratur ...... 103 Ausstellungskataloge ...... 112 Internetquellen ...... 113 8. Stichwortverzeichnis ...... 115

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Einleitung

Das Jahr 2018 ist aus zweierlei Gründen ein wichtiges Gedenkjahr für die Republik Öster- reich. Zum einen jährt sich der 100. Todestag von einem der bekanntesten österreichischen Maler, Gustav Klimt, und zum anderen ist es der 80. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich. Des Weiteren ist der Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus in der Republik Österreich nach wie vor ein brisantes Thema. Die vorliegende Diplomarbeit mit dem Titel „NS-Kunstraub und Restitution am Beispiel von Gustav Klimts Damenporträts Bildnis einer Dame, Die Freundinnen und Bildnis Serena Le- derer“ soll beide Themen des Gedenkjahres 2018 miteinander verknüpfen. In der Diplomar- beit sollen die soeben genannten Gemälde einerseits den Verlauf des NS-Kunstraubes nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich exemplarisch darstellen und andererseits das Restitu- tionsverfahren in Österreich skizzieren. Das Ende des Zweiten Weltkrieges ist über 70 Jahren her, dennoch hat Österreich nach wie vor nicht alle Kunstgegenstände den rechtmäßigen Erben rückgestellt und nicht alle NS-Opfer wurden für ihre Verluste entschädigt. Im Laufe der Jahre wurden zwar immer wieder Rück- stellungs- und Entschädigungsgesetzte erlassen, jedoch war der damit verbundene Prozess für die Antragsstellerinnen und Antragssteller sehr mühsam und voller Fallen.1

Die folgende Arbeit gliedert sich grundsätzlich in drei große Themenbereiche. Der erste The- menbereich behandelt den NS-Kunstraub in Österreich nach dem „Anschluss“ an das Deut- sche Reich, der zweite Themenbereich skizziert die Restitutionsgesetzgebung in Österreich und im dritten Themenbereich wird auf die Eigentümer der bereits genannten Damenporträts, Bernhard Altmann sowie August und Serena Lederer näher eingegangen. Hierbei soll der ge- samte Weg der Gemälde ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahmung chronologisch dargestellt werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass der Weg eines Restitutionsverfah- rens sehr steinig und lang sein konnte und es in unzähligen Fällen aus verschiedenen Ursa- chen zu keiner Restitution kommen konnte. Einige Gründe dafür konnten sein, dass die ein- zelnen Kunstwerke bereits während des Nationalsozialismus beschädigt wurden, die rechtmä- ßigen Besitzerinnen und Besitzer den Zweiten Weltkrieg nicht überlebten oder dass die öster- reichische Regierung sich aus verschiedenen Beweggründen weigerte, die Kunstwerke zu re- stituieren.

1 Vgl. JABLONER Clemens, Die Österreichische Historikerkommission. In: Verena PAWLOWSKY / Harald WENDELIN (Hgg.), Die Republik und das NS-Erbe. Raub und Rückgabe, Österreich von 1938 bis heute, Bd. 1. Wien 2005, S. 17. 6

Fragestellungen Durch die vorliegende Diplomarbeit sollen im ersten Themenbereich folgende Fragestellun- gen beantwortet werden: Welche Rolle spielte Hitlers Eigeninteresse an Kunst, Kultur und Architektur in der nationalsozialistischen Kunstpolitik? Wie verlief die Kunstpolitik in Öster- reich nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938? Was versteht man unter dem Begriff „Arisierung“ und wie verliefen die drei Phasen der „Arisierung“ in Österreich? Welche gesetzlichen Ver- ordnungen für Vermögensentzug gab es im Nationalsozialismus? Welche Rolle spielten der „Sonderauftrag Linz“ und der „Führervorbehalt“ im NS-Kunstraub? Und welche Institution und Personen bereicherten sich maßgeblich am NS-Kunstraub? In diesem Themenbereich soll die gesamte Konstruktion um den NS-Kunstraub mit ihren zahlreichen Vernetzungen aufge- zeigt und dargestellt werden. Der zweite Themenbereich dieser Arbeit soll folgende Fragenstellungen näher behandeln: Wie verlief die Restitutionsgesetzgebung mit dem Einfluss der „Opferthese“ in der Nach- kriegszeit? Welche Rückstellungsgesetze wurden in den 1940er Jahren erlassen und was be- wirkten sie? Wie verlief die Restitutionsgesetzgebung nach der Unterzeichnung des Staatsver- trages im Jahr 1955? Und wie verhielt sich die Republik Österreich gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zu dieser Zeit? Im dritten und letzten Themenbereich sollen Fragen rund um die Familien Altmann und Lede- rer und deren geraubten Kunstwerke beantwortet werden, diese lauten: Was passierte Bern- hard Altmann, Serena Lederer und deren Familien nach dem „Anschluss“? Was geschah mit deren Kunstsammlung, vor allem mit den Damenporträts Bildnis einer Dame, Die Freundin- nen und Bildnis Serena Lederer? Von welchen Institutionen wurden die Gemälde beschlag- nahmt und wo befanden sie sich während der NS-Zeit? Wurden die Bilder während des Zwei- ten Weltkrieges zerstört? Wenn nicht, wurden sie an die rechtmäßigen Erben nach dem Krieg restituiert? Wenn ja, wie verlief die Restitution der Gemälde?

Stand der Forschung Grundsätzlich kann man sagen, dass zum Thema NS-Kunstraub und Restitution in den letzten Jahren viele Sammelwerke, Monographien und Aufsätze veröffentlicht wurden. Wenn man Literatur zu diesen Themenbereichen sucht, so tauchen immer wieder die gleichen Namen auf. Über den NS-Kunstraub in Österreich veröffentlichte vor allem die Historikerin Gabriele Anderl einige Monographien wie beispielsweise „„Arisierung‟ von Mobilien“,2 aber auch

2 ANDERL Gabriele, „Arisierung“ von Mobilien (=Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommis- sion. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Öster- reich 15). Wien / München 2004. 7

Aufsätze in Sammelbänden. Ebenso forschten zu diesem Thema auch die Historikerinnen So- phie Lillie, Alexandra Caruso und Sabine Loitfellner um nur einige wenige zu nennen. Die Historikerin Sophie Lillie hebt sich von anderen Forscherinnen und Forschern ab, da sie nicht allgemein über dieses Thema schreibt, sondern speziell auf einzelne jüdische Familien und deren Schicksale in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit eingeht und die einzelnen Ereignisse in ihren Aufsätzen und Werken beschreibt. Das wohl bekannteste ih- rer Werke trägt den Titel „Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens“.3 Wenn es um die Restitutionsgesetzgebung in Österreich geht, so müssen vor allem die Histo- rikerinnen Brigitte Bailer-Galanda und Eva Blimlinger genannt werden, da sie zu diesem Be- reich in den letzten Jahren viele Aufsätze publizierten. Wenn man auf der Suche nach Litera- tur zum Thema NS-Kunstraub und Restitution in der Nachkriegszeit bezüglich Deutschland ist, so stößt man auf einige publizierte Aufsätze und Sammelwerke des Historikers Constantin Goschler, die aber für diese Arbeit nur zum Teil verwendet werden konnten. In den 1980er und 1990er Jahren veröffentlichten jedoch wenige Historikerinnen und Histori- ker zu dieser Thematik Aufsätze, sondern es waren Journalisten wie Hubertus Czernin und Thomas Trenkler, die in Tageszeitungen wie Der Standard Artikel zum Thema NS-Kunstraub veröffentlichten und somit das Thema in das Bewusstsein der Österreicherinnen und Österrei- chern brachten. Doch erst durch die Beschlagnahmung der Schiele-Bilder in New York im Jahr 1998, auf dieses Ereignis wird später noch genauer eingegangen, wurde dieses Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte von den Historikerinnen und Historikern neu aufgenom- men und erforscht.4

Quellen und Methoden Um die oben genannten Fragestellungen zu beantworten, wurden neben der zahlreichen Se- kundärliteratur auch einige Primärquellen herangezogen. Für den ersten Themenbereich der Diplomarbeit wurde das Werk „“ von , die Tagebücher von Joseph Goebbels und auch das Werk „Adolf Hitler, mein Jugendfreund“ von August Kubizek ver- wendet.

3 LILLIE Sophie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens (= Bibliothek des Rau- bes 8), Wien 2003. 4 Vgl. ANDERL Gabriele / CARUSO Alexandra, Einleitung. In: Gabriele ANDERL / Alexandra CARUSO (Hgg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen. Innsbruck 2005, S. 11-12. 8

Im zweiten Themenbereich dieser Arbeit wurden vor allem die Restitutionsgesetze der Re- publik Österreich und Wortprotokolle der Bundesregierung als Primärquellen herangezogen, um den „Opfermythos“ der in der damaligen Regierung vorherrschend war, aufzuzeigen. Für den letzten Themenbereich, der die Ereignisse der einzelnen Familien während der Zeit des Nationalsozialismus schildert, wurden neben den Veröffentlichungen der Historikerin So- phie Lillie auch Restitutionsmaterialien, welche sich im Archiv des Bundesdenkmalamts in Wien befinden, verwendet. Des Weiteren wurde das Werk von Bernhard Altmann „Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien“ und die Beschlüsse der Kommission für Provenienzforschung im Jahr 2003 herangezogen und analysiert.

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1. Hitlers Eigeninteresse an Kunst, Kultur und Architektur

Kunst- und Kulturgüter haben eine symbolische Ausdruckskraft5 und sind von großer Bedeu- tung für die Kultur und Identität einer Nation. In Zeiten von Krieg ist nicht nur die Existenz des jeweiligen Landes bedroht, sondern auch das Fortbestehen von dessen Kunstwerken und dessen Kultur. Schon für das Alte Ägypten war es selbstverständlich, die Kunst- und Kultur- güter des besiegten Volkes ins Land zu holen und sie der eigenen Bevölkerungen zu zeigen.6 Kunstraub gab es jedoch nicht nur bei den Ägyptern, sondern auch bei den Griechen und Rö- mern; letztere hatten nicht nur Kunstgegenstände, sondern auch Künstler als „Kriegsbeute“ mitgenommen.7 Aus den letzten Jahrhunderten sind jedoch weitaus mehr Fälle bekannt, wie zum Beispiel Napoleon, der die Ansicht vertrat, dass die Kunstgüter des eroberten Landes in das zukünftige Kulturzentrum in Paris gebracht werden müssen, oder auch die Kunstraube der Kolonialmächte in Übersee.8 Die Aneignung feindlicher Kulturgüter zählt zum Vorleben der modernen Institution des Museums9 und somit rühmen sich Einrichtungen wie der Louvre o- der das British Museum mit Kunst- und Kulturschätzen aus der ganzen Welt.10 Wenn man laut Aalders diese Kunstraube mit dem Kunstraub der Nationalsozialisten vergleicht: „so verhal- ten sie sich zueinander wie ein gewöhnlicher Hauseinbruch zu einem spektakulären Bank- raub“.11 Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass sich der NS-Kunstraub nicht nur in der Raubmenge von anderen Kunstrauben der Geschichte unterscheidet. Im NS-Kunstraub ging es darüber hinaus auch um die Beraubung und Vernichtung einer ganzen Bevölkerungsgrup- pe. Im Zweiten Weltkrieg wurden insgesamt sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet. Historikerinnen und Historiker nehmen an, dass der geraubte Besitz der in Europa lebenden jüdischen Bevölkerung auf 230 bis 320 Million Dollar geschätzt werden kann.12

5 Vgl. RATHKOLB Oliver, NS-Kunstraub und Diversion in den Erinnerungen über den Holocaust in Europa. In: Ingrid BAUER / Helga EMBACHER / Ernst HANISCH (Hgg.), Kunst – Kommunikation – Macht. Sechster österrei- chischer Zeitgeschichtetag 2003. Innsbruck 2004, S. 443. 6 Vgl. HAASE Günther, Die Kunstsammlung Adolf Hitler. Eine Dokumentation. Berlin 2002, S. 155-156. 7 Vgl. RATHKOLB, NS-Kunstraub und Diversion, 2004, S. 443. 8 Vgl. HAASE Günther, Kunstraub und Kunstschutz. Eine Dokumentation. Hildesheim 1991, S. 22-26. 9 Vgl. ASSMANN Aleida, Das Gedächtnis der Dinge. In: Alexandra REININGHAUS (Hg.), Recollecting – Raub und Restitution. Wien 2009, S. 143. 10 Vgl. AALDERS Gerard, Geraubt! Die Enteignung jüdischen Besitzes im Zweiten Weltkrieg. Köln 2000, S.19. 11 Ebda., S.19. 12 Vgl. BAZYLER Michael, Ein unabgeschlossenes Kapitel der Holocaust-Justiz. Die Holocaust- Restitutionsbewegung und die Nazi-Raubkunst. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitu- tion. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Ber- lin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 299. 10

Zusätzlich muss noch erwähnt werden, dass beim NS-Kunstraub, oder auch Kulturraub13 ge- nannt, nicht nur Privatpersonen ihrer Kunstwerke beraubt wurden, sondern auch wissenschaft- liche Einrichtungen, beispielsweise Bibliotheken und Archive verloren ihr Eigentum.14 Wenn man sich mit dem Thema NS-Kunstraub auseinandersetzt, darf man das Eigeninteresse Hitlers an Kunst, Kultur und Architektur nicht außer Acht lassen. Bei keinem anderen Macht- haber des 20. Jahrhunderts stand die Kunstpolitik des Landes so groß im Vordergrund wie bei Hitler.15 Nicht nur der Diktator selbst verfolgte sein Kunstinteresse während der Kriegsjahre, sondern auch viele Personen der NS-Elite, wie Joseph Goebbels, Hermann Göring, Alfred Rosenberg und Arthur Seyss-Inquart, um nur einige wenige zu nennen, waren maßgeblich am Kunstraub beteiligt und sicherten sich somit etliche Kunstschätze für ihre private Samm- lung.16 Doch nicht nur die NS-Elite bemächtigte sich der Kunst- und Kulturschätze, sondern auch viele Museen bereicherten sich an sichergestellten Objekten. Museen wie die Österrei- chische Galerie, das Kunsthistorische Museum in Wien und viele Landesmuseen wie das Fer- dinandeum in Innsbruck, das Museum Klagenfurt und viele mehr waren maßgeblich an der Beraubung der jüdischen Bevölkerung beteiligt und sicherten sich somit unzählige Kunstwer- ke für ihre Ausstellungen. Diesen Vorgang kann man auch anhand der Restitutionsmaterialien von August und Serena Lederer erkennen und nachverfolgen.17

Hitlers Interesse an Kunst und Kultur begann schon in seiner Jugend.18 Nachdem er die Volksschule Leonding bestand, ließen seine Leistungen jedoch in der sechs Kilometer ent- fernten Staatsrealschule Linz stark nach und er musste durch ein „Ungenügend“ in Naturge- schichte und Mathematik die Klasse wiederholen.19 Für den Vater, Alois Hitler, war es jedoch sehr wichtig, dass sein Sohn die Realschule abschloss, um in eine Beamtenlaufbahn eintreten zu können.20 Hitler wollte dem Wunsch des Vaters nicht folgen und so schrieb er in „Mein Kampf“, dass für ihn schon mit zwölf Jahren feststand, Kunstmaler zu werden.21 Aus dieser

13 Vgl. BOLLMUS Reinhard, Kunstraub. In: Wolfgang BENZ / Hermann GRAML / Hermann WEISS (Hgg.), En- zyklopädie des Nationalsozialismus. Stuttgart 1997, S. 561. 14 Vgl. HOLZBAUER Robert, NS-Kunstraub in Österreich. Von 1938 bis heute. Ein Überblick. In: Dietmar PAUGER (Hg.), Art goes law. Dialoge zum Wechselspiel zwischen Kunst und Recht (=Studien zu Politik und Verwaltung 83). Wien / Köln / Weimar 2005, S. 233. 15 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 234. 16 Vgl. PETROPOULOS Jonathan, Kunstraub und Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich. Berlin 1999, S. 16. 17 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1, Gz. 5514/1939 fol. 79. 18 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 9. 19 Vgl. KELLER Gustav, Der Schüler Adolf Hitler. Die Geschichte eines lebenslangen Amoklaufes. Berlin 2010, S. 21-31. 20 Vgl. ULLRICH Volker, Adolf Hitler – Biographie. Die Jahre des Aufstiegs 1889-1939. Frankfurt am Main 2013, S. 33. 21 HITLER Adolf, Mein Kampf. Bd. 1: Eine Abrechnung, München 1943, S. 7. 11

Zeit ist noch eine Zeichnung von ihm vorhanden, wo er seinen Schulkameraden namens Sturmlechner porträtierte.22 Nachdem er mit sechzehn Jahren die Schule abgebrochen hatte, verbrachte er, mittlerweile in Linz bei seiner Mutter lebend, den ganzen Tag mit Zeichnen, Malen und Lesen. Mit seinem Jugendfreund, August Kubizek, ging Hitler öfters in die Oper und eines Tages sahen sie sich die Aufführung der Oper „Rienzi“ von Richard Wagner an, welche ihn völlig aus der Fassung brachte.23 August Kubizek beschrieb dieses Erlebnis nach der Oper in seinen Memoiren „Adolf Hitler, mein Jugendfreund“ wie folgt:

„In großartigen mitreißenden Bildern entwickelte er mir seine Zukunft und die seines Volkes. Bisher war ich davon überzeugt gewesen, daß [sic!] mein Freund Künstler werden wollte, und zwar Maler, allenfalls auch Baumeister oder Architekt. Davon war in dieser Stunde keine Re- de mehr. Es ging ihm um ein Höheres, das ich aber noch nicht völlig begreifen konnte. […] Nun aber sprach er von einem Auftrage, den er einst vom Volk empfangen würde, um es aus der Knechtschaft emporzuführen zu den Höhen der Freiheit“24

Die Oper „Rienzi“ gab Hitler die Möglichkeit, in eine Traumwelt zu flüchten, um die gegen- wärtige Lebenssituation etwas aufzubessern. Des Weiteren skizzierte er zu dieser Zeit Pläne für eine Neugestaltung der Stadt Linz mit einer großen Donaubrücke.25 Die Zeit in Linz be- schreibt Hitler in „Mein Kampf“ folgendermaßen: „Es waren die glücklichsten Tage, die mir nahezu als ein schöner Traum erschienen; und ein Traum sollte es ja auch nur sein.“26

Als Hitler mit sechzehn Jahren zum ersten Mal in Wien war, war er begeistert von der Stadt und ihrer Architektur. In „Mein Kampf“ schrieb er über dieses Erlebnis:

„[…] mein malerisches Talent schien übertroffen zu werden von meinem zeichnerischen, be- sonders auf fast allen Gebieten der Architektur. Ebenso aber wuchs auch mein Interesse für die Baukunst an und für sich immer mehr. Beschleunigt wurde dies noch, seit ich, noch nicht 16 Jahre alt, zum ersten Male zu einem Besuche auf zwei Wochen nach Wien fahren durfte. Ich fuhr hin, um die Gemäldegalerie des Hofmuseums zu studieren, hatte aber fast nur Augen für das Museum selber.“27

22 Vgl. KELLER, Der Schüler Adolf Hitler, 2010, S. 47. 23 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S.35-37. 24 KUBIZEK August, Adolf Hitler, mein Jugendfreund. Graz 1995, S. 117. 25 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 38. 26 HITLER, Mein Kampf, 1943, S.16. 27 HITLER, Mein Kampf, 1943, S. 18. 12

Im Jahr 1907 zog es Hitler nach Wien, um sich der Aufnahmeprüfung an der Akademie für Bildende Künste zu stellen. Von den insgesamt 112 Personen schafften es mit ihm 79 Perso- nen in die zweite Runde.28 Das Probezeichnen, welches am 1. und 2. Oktober 1907 stattfand, bestand Hitler mit der Begründung „wenig Köpfe“ nicht, was ihn selbst sehr überraschte.29 Über dieses Ereignis schreibt er in „Mein Kampf“ wie folgt: „Ich war vom Erfolge so über- zeugt, daß [sic!] die mir verkündete Ablehnung mich wie ein jäher Schlag aus heiterem Him- mel traf.“30 Hitler fragte beim Direktor der Akademie nach den Gründen, wieso er nicht aufgenommen wurde und dieser erklärte ihm, dass seine Fähigkeit auf dem Gebiet der Architektur liege. Das Architekturstudium kam für ihn aber nicht in Frage, da er keinen höheren Schulabschluss vor- zuweisen hatte.31 Ein Jahr später versuchte er wieder, einen Platz an der Akademie für Bildende Künste in Wien zu bekommen, doch dieses Mal schaffte er es sogar nicht einmal in die erste Runde. Diese Absage kränkte ihn so sehr, dass er sowohl den Kontakt zu seinem Jugendfreund Kubizek als auch zu seiner Familie abbrach. Historikerinnen und Historiker haben des Öfteren spekuliert, wie die Geschichte bzw. die Weltgeschichte gelaufen wäre, wenn Hitler damals die Aufnah- meprüfung für die Akademie für Bildende Künste bestanden hätte. 32 Gezeichnet von dieser Absage verdiente er zeitweilig seinen Lebensunterhalt in Wien mit dem Verkauf von selbstgemalten Postkarten mit verschiedenen Wienmotiven wie dem Ste- phansdom, dem Parlament oder auch der Karlskirche. Ein zuverlässiger Abnehmer für seine gemalten Postkarten war der jüdische Geschäftsmann Samuel Morgenstern, den Hitler im Jahr 1911 oder 1912 erstmals aufsuchte.33 Bei seinem Umzug nach München, im Jahr 1913, gab Hitler als Beruf „Kunstmaler“ an und malte weiterhin Postkarten, dieses Mal von berühmten Münchner Sehenswürdigkeiten.34 Des Weiteren konnte er in der Großstadt erstmals erfolgreich Ölgemälde verkaufen und musste sich dadurch nicht mehr am Rande des Existenzlimits durchschlagen.35

Wie man anhand des kurz dargestellten Lebenslaufs von Hitler erkennen kann, waren die Kunst und Architektur in all seinen Lebensabschnitten wichtige Bestandsteile und aus diesem

28 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 39. 29 Vgl. HAMANN Brigitte, Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators. München 2008, S.52. 30 HITLER, Mein Kampf, 1943, S. 19. 31 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 40. 32 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 40 und 51. 33 Vgl. HAMANN, Hitlers Wien, 2008, S. 227-236 und 508. 34 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 60-61. 35 Vgl. LÖHR, Hanns Christian. Das Braune Haus der Kunst. Hitler und der „Sonderauftrag Linz“. Kunstbe- schaffung im Nationalsozialismus. Berlin 2016, S. 14. 13

Grund verfolgte er, wie schon oben erwähnt, sein Interesse an Kunst, Kultur und Architektur auch während der Kriegsjahre. Albert Speer, sein Chefarchitekt, hatte rund um die Uhr Zu- gang, um mit ihm die Bauvorhaben in den Städten Berlin, Nürnberg und Hamburg zu bespre- chen. Hitler beabsichtigte, der beeindruckendste Architekt Europas zu werden und eines sei- ner größten Projekte war seine Heimatstadt Linz und das dort geplante Museum, in dem un- zählige geraubte Kunstobjekte der jüdischen Bevölkerung hätten ausgestellt werden sollen.36 Sogar in den letzten Kriegstagen waren ihm seine Bauvorhaben in Linz, vor allem das „Füh- rermuseum“ sehr wichtig, wie ein Foto, welches in Hamanns Werk „Hitlers Wien“ abgebildet ist, zeigt. Auf dem Bild sieht man Hitler, der kurz vor seinem Selbstmord vor einem Baumo- dell der Stadt Linz sitzt und dieses betrachtet. Dies zeigt, dass Kunst, Kultur und Architektur für ihn bis zum Schluss einen sehr hohen Stellenwert einnahmen.37

36 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 30. 37 Vgl. HAMANN, Hitlers Wien, 2008, S. 11-12. 14

2. Kunstpolitik in Österreich nach dem „Anschluss“

Die Deutsche Wehrmacht marschierte am 12. März 1938 in Österreich („Ostmark“) ein38 und ab diesem Tag wurde mit einer Verschärfung der „Judenpolitik“ begonnen.39 Von den Natio- nalsozialisten wurden unter anderem Personen, die nach den Nürnberger Rassegesetzen als „Juden“, „Halbjuden“ oder „Vierteljuden“ galten, verfolgt, beraubt und ermordet.40 Im Jahr 1938 lebten mit der Einsetzung der „Nürnberger Gesetze“ circa 180.000 Jüdinnen und Juden in der Großstadt Wien.41 Zu diesem Zeitpunkt belief sich ihr Gesamtvermögen auf un- gefähr zwei Milliarden .42 Untersucht man die soziale Herkunft der Personen, so stand die großbürgerliche und mittelständische Schicht einer großen Anzahl verhältnismäßig armer Jüdinnen und Juden gegenüber. Durch den „Anschluss“ an das Deutsche Reich begann die Leidensgeschichte der jüdischen Bevölkerung zunächst mit der wirtschaftlichen Schädi- gung, danach mit der Entziehung des Eigentums (Mobilien sowie Immobilien) und endete mit der Deportation der Jüdinnen und Juden nach Osteuropa, wo ihnen der allerletzte Besitz in den Ghettos und Vernichtungslagern genommen wurde, bevor die Nationalsozialisten sie er- mordeten.43 Die Herangehensweise des NS-Kunstraubes in Österreich unterscheidet sich erheblich von den Herangehensweisen in anderen eroberten Ländern wie zum Beispiel, Frankreich, den Niederlanden oder Belgien. Aber auch zum Deutschen Reich („Altreich“) gibt es signifikante Unterschiede. Im „Altreich“ wurden ab dem Jahr 1933 beständig Verschärfungen eingeführt, wohingegen in Österreich nach dem „Anschluss“ ab März 1938 die „Arisierung“ mit einer schlagartigen Härte einsetzte.44

Bevor die Aspekte „Arisierung“ und die dazu gesetzlichen Bestimmungen, „Sonderauftrag Linz“ und „Führervorbehalt“ näher behandelt werden, wird nun kurz die Kunstpolitik im Deutschen Reich ab Jänner 1933 dargestellt und erläutert.

38 Vgl. SCHWARZ Birgit, Geniewahn: Hitler und die Kunst. Wien / Köln / Weimar 2011, S. 221. 39 Vgl. ULLRICH, Adolf Hitler – eine Biographie, 2013, S. 728. 40 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 239. 41 Vgl. BAILER-GALANDA Brigitte / BLIMLINGER Eva, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung. Österreich 1938/1945-2005. Innsbruck 2005, S. 22. 42 Vgl. IBER Walter M. / KARNER Stefan, Die Restitutions- und Entschädigungsbemühungen der Regierung Schüssel und ihre Rezeption im In- und Ausland. In: Stefan KARNER / Walter M. IBER (Hgg.), Schweres Erbe und „Wiedergutmachung“. Restitution und Entschädigung in Österreich; die Bilanz der Regierung Schüssel (= Veröffentlichungen des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung 24). Innsbruck / Wien 2015, S. 91. 43 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 22- 23. 44 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 239. 15

2.1. Kunstpolitik im „Altreich“

Als Hitler im Jänner 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, fing er allmählich an, sowohl Kunst, Kultur als auch Architektur in sein Politikprogramm miteinfließen zu lassen. 45 Im September 1933 wurde die Reichskulturkammer (RKK), unter der Leitung von Joseph Goeb- bels, mit ihren sieben Kammern; Presse, Film, Rundfunk, Theater, Musik und bildende Kunst (Reichskammer der bildenden Künste) gegründet.46 Durch das Reichskulturkammergesetz,47 welches am 22. September 1933 in Kraft trat,48 wurde die künstlerische Freiheit eingeengt, denn von nun an gab es gewisse Vorgaben, welche die Kunstschaffenden im „Altreich“ be- folgen mussten.49 Im Bereich Kunst und Kultur entwickelte sich Goebbels zu einem angese- henen NS-Führer.50 Zunächst war sich Hitler nicht im Klaren, wie das Programm seiner Kulturpolitik auszusehen hat, insbesondere, wie man mit der modernen Kunst umgehen sollte. Im Jahr 1935 äußerte er sich erstmals am Parteitag zur modernen Kunst. In seiner Rede sprach er, dass er eine Kunst, die zum einen der Heimat verbunden ist und zum anderen das Ideal des germanischen Volkes präsentiert, anstrebt.51 Nachdem die Richtlinien für die moderne Kunst festgelegt worden waren, wurde am 31. Mai 1938 das Gesetz über Einziehung von Erzeugnis- sen entarteter Kunst52 beschlossen. In diesem Gesetz wurde festgelegt, dass Werke der entar- teten Kunst zugunsten des Reiches eingezogen werden können, und dass von nun an Hitler über diese Erzeugnisse verfügen konnte.53 Die Nationalsozialisten verstanden unter „Entartete Kunst“ Werke der Moderne wie zum Beispiel aus den Strömungen Expressionismus, Impres- sionismus und Dadaismus, um nur einige zu nennen.54 Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde eine Kommission zur „Säuberung“ der Museen ge- gründet, die ungefähr 5.000 Gemälde und 12.000 Grafiken konfiszierte, welche anschließend in verschiedenen Depots gelagert wurden. Die Ausstellung „Entartete Kunst“ fand im Juli 1937 in München statt und Goebbels schrieb in seinem Tagebuch am 29. Juli 1938 über die

45 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 10. 46 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 37-38. 47 Reichskulturkammergesetz. Vom 22. September 1933, RGBl I, S. 661-662. 48 Vgl. Ebda. 49 Vgl. KUBOWITSCH Nina, Die Reichskammer der bildenden Künste. Grenzsetzungen in der künstlerischen Freiheit. In: Wolfgang RUPPERT (Hg.), Künstler im Nationalsozialismus. Die „Deutsche Kunst“, die Kunstpolitik und die Berliner Kunsthochschule. Köln / Weimar / Wien 2015, S. 75. 50 Vgl. Ebda., S. 29. 51 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 11. 52 Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst. Vom 31.Mai 1938, RGBl I, S.612. 53 Vgl. Ebda., S. 612. 54 Vgl. ENDLICH Stefanie, Entartete Kunst. In: Wolfgang BENZ / Hermann GRAML / Hermann WEISS (Hgg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Stuttgart 1997, S. 446-447. 16

konfiszierten Kunstwerke folgenden Satz:55 „Bilder aus der entarteten Kunst werden nun auf dem internationalen Kunstmarkt angeboten. Wir hoffen, dabei noch Geld mit dem Mist zu verdienen.“56 Im Juni 1939 wurden insgesamt 150 Gemälde der „Entarteten Kunst“, darunter Werke von Kokoschka, Klee, Picasso und van Gogh, im Grand Hotel National in Luzern57 von Theodor Fischer58 versteigert. Interessentinnen und Interessenten sind für die Versteigerung dieser Kunstwerke von der ganzen Welt angereist. Das Gemälde mit dem höchsterzielten Preis war „Selbstportrait“ von van Gogh, welches man heute im Fogg Art Museum (Harvard University) besichtigen kann. Was mit den zurückgebliebenen Kunstwerken in den Depots geschehen ist, darüber ist man sich in der Geschichtsforschung nicht ganz einig, aber höchstwahrscheinlich wurden unzählige Gemälde und Zeichnungen in Berlin im März 1939 verbrannt.59 Die Radikalisierung der Kunstpolitik erreichte zunächst durch die „Arisierung“ und im An- schluss durch die Plünderungen der besetzten Gebiete in ganz Europa den endgültigen Höhe- punkt.60

Das erste Staatsgebäude, welches Hitler beauftragte, war das Haus der Deutschen Kunst in München, womit er seine zwei großen Interessen, die Kunst und die Architektur, miteinander verknüpfte. Das Haus der Deutschen Kunst sollte den Glaspalast in München, welcher im Jahr 1931 niederbrannte, ersetzen. Bei diesem Brand wurden rund 3.000 für die Deutsche Kunst als wichtig erachtete Ausstellungsstücke völlig zerstört, darunter befanden sich auch Kunstwerke von dem bedeutenden deutschen Maler Caspar David Friedrich. Die Zerstörung des Glaspalastes wurde als „nationale Katastrophe“ angesehen. Die Grundsteinlegung des neuen Ausstellungsgebäudes im Oktober 1933 wurde von Hitler pompös präsentiert und in seiner Rede sprach er wie folgt:61

„Möge diese Stadt sich wieder zurückbesinnen auf ihre eigenste Mission, Stätte des Erhabenen und des Schönen zu sein, auf daß sich wieder als Wahrheit erweise, daß man diese Stadt gese- hen haben muß, um Deutschland zu kennen.“62

55 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 13. 56 REUTH Ralf Georg (Hg.), Joseph Goebbels Tagebücher. Band 3: 1935-1939. München 1992, S. 1243. 57 Vgl. NICHOLAS Lynn H.,Der Raub der Europa. Das Schicksal europäischer Kunstwerke im Dritten Reich. München 1995, S. 9. 58 Theodor Fischer war ein Kunsthändler aus der Schweiz und handelte mit unzähligen Kunstobjekten, die in der NS-Zeit der jüdischen Bevölkerung entzogen wurden. 59 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 15. 60 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 234. 61 Vgl. SCHWARZ, Hitler und die Kunst, 2011, S. 203-204. 62 GROYS Boris, Adolf Hitler. Reden zur Kunst- und Kulturpolitik. Frankfurt am Main 2004, S. 59. 17

Nach zweijähriger Bauzeit wurde das Haus der Deutschen Kunst feierlich eröffnet und im Jahr 1937 fand die erste „Große Deutsche Kunstausstellung“ mit rund 500 Ausstellungsstü- cken statt. Bereits zu diesem Zeitpunkt befand sich unter ihnen Ausstellungsstücken kein Ob- jekt, welches nach dem Erlass des Gesetzes über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst 1938, als entartete Kunst gegolten hätte. 63

2.2. „Arisierung“

Unter dem Begriff „Arisierung“ versteht man zunächst den Prozess der Ausschließung der jü- dischen Bevölkerung aus dem beruflichen und sozialen Leben und die in weiterer Folge ein- setzende Beraubung ihres Besitzes durch die Nationalsozialisten.64 Dieser geraubte Besitz konnte entweder mobil wie Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke, oder immobil wie Häuser und Wohnungen sein. Ebenso konnte er materiell oder immateriell wie zum Beispiel Versicherungspolicen sein. Das geraubte Eigentum der jüdischen Besitzerinnen und Besitzer wurde zum Teil zerstört, entwertet, oder nichtjüdische Personen bereicherten sich an dem fremden Eigentum.65 Insgesamt gab es in Österreich drei Phasen der „Arisierung“. Die erste Phase betrifft den Zeit- raum vom „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich bis zum Mai 1938.66 Direkt nach dem „Anschluss“ kam es zur „wilden Arisierung“, bei der sich nichtjüdische Bürgerinnen und Bürger und Parteigenossen bereicherten.67 Durch zuvor gefertigte Listen wussten - Beamte sowie SS- und SA-Männer in welchen jüdischen Wohnungen es sich lohne, Raubzüge durchzuführen.68 Egal ob bei Tag oder bei Nacht, jüdische Geschäfte wurden geplündert und teilweise auch zerstört und bei den Hausdurchsuchungen wurden Schmuck, Kunstgegenstän- de, Sparbücher und vieles mehr beschlagnahmt.69 Die „wilde Arisierung“ in Wien nahm nach

63 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 209. 64 Vgl. POLLMEIER Heiko, Arisierung. In: Wolfgang BENZ / Hermann GRAML / Hermann WEISS (Hgg.), En- zyklopädie des Nationalsozialismus. Stuttgart 1997, S. 374. 65 Vgl. GOSCHLER Constantin, Die Zirkulation des jüdischen Eigentums: „Arisierung“ und Restitution in Eu- ropa. In: Alexandra REININGHAUS (Hg.), Recollecting – Raub und Restitution. Wien 2009, S. 29. 66 Vgl. JABLONER Clemens u. a. (Hgg.), Schlussbericht der Historikerkommission der Republik Österreich. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. (=Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit so- wie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich 1). Wien / München 2003, S. 106. 67 Vgl. GOSCHLER, Die Zirkulation des jüdischen Eigentums, 2009, S. 30. 68 Vgl. LOITFELLNER Sabine, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich. Institutionen – Akteure und Nutz- nießer. In: Verena PAWLOWSKY / Harald WENDELIN (Hgg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe, Österreich von 1938 bis heute, Bd. 3. Wien 2006, S. 13. 69 Vgl. SAFRIAN Hans, Beschleunigung der Beraubung und Vertreibung. Zur Bedeutung des „Wiener Modells“ für antijüdische Politik des „Dritten Reiches“ im Jahr 1938. In: Constantin GOSCHLER / Jürgen LILLTEICHER 18

den ersten Tagen des „Anschlusses“ so stark zu, dass die Staatsführung in Berlin am 14. März 1938 die Parteigenossen warnte:70

„Eine Weisung des Gauleiters und des Gruppenführers. Amtlich wird gemeldet: Beschlag- nahmungen, Enteignungen oder Verhaftungen durch Parteigenossen oder SA-Männer sind, so- fern sie nicht unter ausdrücklicher Zustimmung des Gauleiters oder SA-Gruppenführers von Wien erfolgen, auf das strengste untersagt. Eigenmächtige Zuwiderhandlungen werden be- straft.“71

Bevölkerungsgruppen, die vom NS-Regime verfolgt wurden, konnten sich keine Hilfe von der Polizei erhoffen, ganz im Gegenteil, wenn sie eine Anzeige erstatteten, mussten sie damit rechnen, inhaftiert zu werden.72 Durch die Ausschließung aus dem wirtschaftlichen und sozia- len Leben waren viele Jüdinnen und Juden gezwungen, ihr Hab und Gut, darunter ihre Kunstwerke, zu verkaufen, um die Auswanderung aus Österreich vorzubereiten. Welche und wie viele Kunstgegenstände bei der „Wilden Arisierung“ geraubt bzw. zwangsverkauft wur- den, wird höchstwahrscheinlich nie genau eruiert werden können.73

Die zweite Phase der „Arisierung“ begann mit der Gründung der „Vermögensverkehrsstelle“ und dauerte bis zum Novemberpogrom.74 Im Mai 1938 wurde die „Vermögensverkehrsstel- le“, kurz VVSt gegründet, durch die die Beraubung der jüdischen Bevölkerung „legal“ ge- macht werden sollte. Nach den Raubzügen wurden die konfiszierten Wertobjekte teils von den SA-Männern behalten, teils den „arischen Nachmietern“ überlassen oder in die zuständi- gen Stellen, wie zum Beispiel der SA-Gruppe Donau im 4. Bezirk, übergeben. Alltagsgegen- stände wie Kleidung oder Geschirr wurden Wohlfahrtsorganisationen der NSDAP übermittelt. Um eine Übersicht zu bekommen, beauftragte der Reichsstatthalter Seyss-Inquart das Wiener Magistrat und die Landeshauptleute am 2. August 1938, das „volks- und staatsfeindliche Vermögen“ zu schätzen.75

(Hgg.), „Arisierung“ und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in Deutschland und Österreich nach 1945 und 1989. Göttingen 2002, S. 66. 70 Vgl. ANDERL Gabriele, „Arisierung“ von Mobilien (=Veröffentlichungen der Österreichischen Historiker- kommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich 15). Wien / München 2004, S. 33. 71 Neue Freie Presse am 14. März 1938, S. 5. In: ANNO-Historische Zeitungen und Zeitschriften. Österreichi- sche Nationalbibliothek (Hg.), http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=nfp&datum=19380314&seite=5&zoom=33 [Abruf am 20.4.2018]. 72 ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 35. 73 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 239-240. 74 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 106. 75 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 37-39 19

Die dritte und zugleich letzte Phase der „Arisierung“ fängt mit dem Novemberpogrom, der im gesamten Deutschen Reich stattfand,76 und der Verordnung über eine Sühneleistung der Ju- den deutscher Staatsangehörigkeit77 an, in welcher der jüdischen Bevölkerung eine Abgabe von 1 Milliarde Reichsmark (RM) auferlegt wurde.78 Im Novemberpogrom kam es zu Aus- schreitungen gegen die jüdische Bevölkerung und deren Einrichtungen.79 Des Weiteren konn- ten ab diesem Zeitpunkt kleinere Unternehmen von der VVSt liquidiert werden.80

Die Methoden und Institutionen in der „Ostmark“ wurden später für die Radikalisierung im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten in ganz Europa verwendet. Im Westen Euro- pas wurden Beraubung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung unterteilt, im Osten je- doch, ging beides des Öfteren einher.81

2.3. Gesetzliche Bestimmungen für die „Arisierung“ von Kunst- und Kul- turgegenständen in der „Ostmark“

Beim systematischen Zugriff auf jüdisches Vermögen wurden Rechtskonstruktionen entwi- ckelt, durch die das NS-Regime das jüdische Vermögen sicherstellen und einziehen konnte. Rückblickend gesehen könnte man diese rechtlichen Konstruktionen, die gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen errichtet wurden, als scheinlegal bezeichnen.82 Die Enteignung des Ei- gentums der jüdischen Bevölkerung erfolgte auf zwei Arten, entweder dem Gesetz gemäß, oder durch einen Verwaltungsakt, der der Betroffenen bzw. dem Betroffenen angepasst wur- de.83 Die folgende Darstellung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt chronologisch: Wie schon erwähnt, erfolgte die Entziehung des jüdischen Eigentums unmittelbar nach dem „Anschluss“ ohne rechtliche Grundlage, jedoch unter Vorgriff84 auf die Zweite Verordnung zum Gesetz über die Wiedervereinigung Österreich mit dem Deutschen Reich,85 in welcher

76 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 106. 77 Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit in: ns-quellen.at (Hg.); RGBl I S. 1579 http://ns-quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=22710&action=B_Read [Abgerufen am: 20.4.2018]. 78 Vgl. Ebda. 79 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 25. 80 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 106. 81 Vgl. GOSCHLER, Die Zirkulation des jüdischen Eigentums, 2009, S.30-31. 82 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 241. 83 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 59. 84 Vgl. Ebda., S. 59. 85 Zweite Verordnung zum Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich in: ns- quellen.at (Hg.); RGBl I S. 262 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=32110&action=B_Read [Abruf am 20.4.2018]. 20

der Reichsführer SS für die Sicherheit und Ordnung auch Maßnahmen außerhalb der gesetzli- chen Grenzen treffen konnte.86 Am 26. April 1938 trat die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden87 in Kraft, in der alle Jüdinnen und Juden als auch deren Ehegattin- nen und Ehegatten angewiesen waren, ihren in- und ausländischen Besitz anzumelden,88 so- fern dieser den Wert von 5.000 RM überschritt.89 Anhand des § 7 dieser Verordnung konnte man sofort erkennen, dass dieses Gesetz nur der Anfang von vielen Vorschriften war:90

„Der Beauftragte für den Vierjahresplan kann die Maßnahmen treffen, die notwendig sind, um den Einsatz des anmeldepflichtigen Vermögens im Einklang mit den Belangen der deutschen Wirtschaft sicherzustellen.“91

Zu dieser Zeit betrug das angemeldete Vermögen der jüdischen Bevölkerung in der „Ost- mark“ um die 2, 042 Milliarden RM.92 Durch dieses Gesetz wurden demnach auch Kunstwer- ke, welche sich im jüdischen Besitz befanden, offengelegt. Dies bot dem NS-Regime erst die Möglichkeit, diese den Eigentümern in weiterer Folge zu entziehen.

Im Novemberpogrom 1938 gab es im ganzen Reich Gewaltmaßnahmen, die sich gegen die jüdische Bevölkerung und auch jüdische Institutionen richtete. Am 9. und 10. November wur- den unzählige Synagogen, Geschäfte und Wohnungen beraubt, zerstört und in Brand gesetzt und die Bevölkerung diskriminiert, verhaftet und ermordet. In diesen zwei Tagen wurden im gesamten Reich auch unzählige Kunst- und Kulturgüter aus jüdischem Besitz beschlag- nahmt.93 Weitere Verordnungen im Jahr 1938, welche der jüdischen Bevölkerung das Leben in Öster- reich unzumutbar machten, waren die Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeind- lichen Vermögens im Lande Österreich,94 vom 18. November 1938, in der der Reichsstatthal- ter das Vermögen von Personen oder Personenvereinigungen, die staatsfeindliche Bestrebun-

86 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 61. 87 Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden in: ns-quellen.at (Hg.); RGBl I S.414 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=29310&action=B_Read [Abruf am 20.4.2018]. 88 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 23. 89 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 62. 90 Vgl. Ebda., S. 62. 91 Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden in: ns-quellen.at (Hg.); RGBl I 414 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=29310&action=B_Read [Abruf am 20.4.2018]. 92 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 23- 24. 93 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 25. 94 Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich in: ns- quellen.at (Hg.); RGBl I 1620f. http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=22510&action=B_Read [Abruf am 20.4.2018]. 21

gen gefördert hätten, zugunsten des NS-Regimes einziehen ließ95 und die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens,96 vom 3. Dezember 1938, die die Zwangsveräußerung von jüdischen Gewerbebetrieben regelte.97 Diese Verordnung hatte auch zusätzliche Bestim- mungen, die das mobile Vermögen der jüdischen Bevölkerung betraf und somit konnten zum Beispiel Objekte mit Gold, Silber oder Edelsteinen nur von öffentlichen Ankaufsstellen, die zuvor vom Staat errichtet wurden, erworben werden.98 Mit dem Ausfuhrverbotsgesetz,99 welches schon vor dem NS-Regime, am 5. Dezember 1918 erlassen wurde, war es der Bevölkerung verboten, Gegenstände von geschichtlicher, künstle- rischer oder kultureller Bedeutung auszuführen.100 Kunstgegenstände von lebenden Künstlern waren in dieser Verordnung jedoch ausgeschlossen. Das Ausfuhrverbotsgesetz ermöglichte der Wiener Zentralstelle für Denkmalschutz alle Werke, die jüdische Sammlerinnen und Sammler aus Österreich schaffen wollten, zu begutachten. Nach dem „Anschluss“ wollten viele Jüdinnen und Juden so schnell wie möglich aus Österreich emigrieren und aus diesem Grund gab es im Jahr 1938 10.500 Ausfuhranträge bei der Wiener Zentralstelle für Denkmal- schutz. Wenn das Ausfuhrverbotsgesetz nicht befolgt wurde, konnten die Kunstgegenstände vom Staat sichergestellt werden und somit war dieses Gesetz ein wichtiges „Werkzeug“ für den NS-Kunstraub. Des Weiteren muss hierzu erwähnt werden, dass auch, wenn eine Ausfuhr genehmigt wurde, dies nicht gleich bedeutete, dass die Werke auch im Emigrationsland an- kamen, denn viele Kunstgegenstände wurden noch vom Zoll oder von der Devisenfahndungs- stelle beschlagnahmt und in öffentliche Museen, wo sie für die allgemeine Bevölkerung zu- gängig waren, ausgestellt.101

Insgesamt wurden im Zweiten Weltkrieg über vierhundert Gesetze gegen die jüdische Bevöl- kerung erlassen. Die Verordnungen galten prinzipiell für das ganze Land, aber die National- sozialisten beschäftigten sich hauptsächlich mit der jüdischen Bevölkerung in Wien unter de- nen einige Familien Kunstmäzenen waren.102 Wie schon erwähnt, bereicherte sich die NS- Elite um Hitler sowie er selbst an unzähligen Kunstgegenständen für den privaten Gebrauch. Viele von den geraubten Kunst- und Kulturgütern waren für das Museum Linz vorgesehen

95 Vgl. Ebda. 96 Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens in: ns-quellen.at (Hg.); RGBl I 1709ff. http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=20910&action=B_Read [Abgerufen am 20.4.2018]. 97 Vgl. Ebda. 98 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 63. 99 Ausfuhrverbotsgesetz, 1918 und 1923 in: FRODL-KRAFT Eva, Gefährdetes Erbe. Österreichs Denkmal- schutz und Denkmalpflege 1918-1945 im Prisma der Zeitgeschichte (=Studien zu Denkmalschutz und Denkmal- pflege XVI). Wien / Köln / Weimar 1997, S. 445-449. 100 Vgl. Ebda., S. 445. 101 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 243. 102 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 112. 22

und auch andere Museen wie die Österreichische Galerie, das Kunsthistorische Museum in Wien und viele mehr bereicherten sich maßgeblich am Kunstraub.

2.4. „Sonderauftrag Linz“

Nach dem „Anschluss“ Österreichs im Jahr 1938 war ein großes Ziel von Hitler, in seiner Heimatstadt Linz ein Kunstmuseum zu errichten. Dieses Projekt lief unter dem Arbeitstitel „Sonderauftrag Linz“. In der heutigen Literatur auch unter dem Begriff „Führermuseum“ be- kannt ist.103 Der „Sonderauftrag Linz“ spielt eine wichtige Rolle im NS-Kunstraub, da er zum Großteil als Beutekunstmuseum konstruiert war. Das Führermuseum sollte nämlich alle ande- ren bedeutenden Museen wie den Louvre oder das Metropolitan Museum mit seiner Größe, Schönheit und seiner bemerkenswerten Sammlung übertreffen.104 Welch große Bedeutung das Kunstmuseum in Linz für Hitler hatte, sieht man in seinem verfassten Testament:105

„Ich habe meine Gemälde in den von mir im Laufe der Jahre angekauften Sammlungen nie- mals für private Zwecke, sondern stets nur für den Ausbau einer Galerie in meiner Heimatstadt Linz a. d. Donau gesammelt. Dass dieses Vermächtnis vollzogen wird, wäre mein herzlichster Wunsch.“106

Wie bereits im 1. Kapitel erwähnt, skizzierte Hitler schon in seiner Jugend Pläne für die Neu- gestaltung der Stadt Linz, die nun unter seiner Herrschaft zu einem kulturellen Zentrum des Reiches ausgebaut werden sollte.107 Wann genau Hitler als Kunstsammler erste Objekte er- warb, ist nicht bekannt, aber in den 1930er Jahre hatte er bereits einige Gemälde in seiner Wohnung in München hängen. Als er 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, konnte er seine Kunstsammlung sehr leicht erweitern, was vor allem Kunsthändler wie Karl Haberstock er- freute, denn er verkaufte an Hitler über 70 Gemälde. Auf die Person Karl Haberstock wird im Kapitel 3.2. noch genauer eingegangen. Für seine Sammelleidenschaft beauftragte Hitler ent- weder Personen, die für ihn Kunstobjekte ersteigerten, oder er traf seine Kaufentscheidungen mittels Katalog.108

103 Vgl. SCHWARZ Birgit, Hitlers Museum. Die Fotoalben Gemäldegalerie Linz: Dokumente zum „Führermu- seum“. Wien / Köln / Weimar 2004, S. 11. 104 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 237. 105 Vgl. HAMANN, Hitlers Wien, 2008, S.13. 106 HITLER Adolf, Privates Testament 1945. In: http://www.kurt-bauer- geschichte.at/PDF_Lehrveranstaltung%202008_2009/31_Hitler-Testament.pdf [Abruf am 20.4.2018]. 107 Vgl. SCHWARZ, Hitlers Museum, 2004, S. 11. 108 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 14-15. 23

Durch seine Italienreise im Mai 1938 wurde er zusätzlich für den Bau eines beeindruckenden Museums inspiriert. Ein entscheidendes Erlebnis dafür war der Aufenthalt in Florenz, wo er unter anderem die Uffizien besichtigte, die großen Eindruck bei ihm hinterließen. Nach seiner Rückkehr besuchte er daraufhin die Gemäldegalerie Dresden, die von 1910 bis 1938 unter der Leitung von Hans Posse stand. Da Posse sich stark für Künstler der „entarteten Kunst“ ein- setzte, wurde er im März 1938 vorzeitig gezwungen, seine Pensionierung anzutreten. Im Juni desselben Jahres wurde er jedoch überraschend zurückgerufen, da Hitler ausdrücklich nach ihm fragte. Durch die Gemäldegalerie Dresden sah Hitler, dass man auch abseits der Haupt- stadt ein bedeutendes Museum erschaffen kann und noch am selben Tag ließ er seinem Bera- tungsstab verkünden, dass er für die beschlagnahmten Kunstobjekte in Wien fortan die per- sönliche Entscheidungsmacht hat.109 Diese Entscheidungsmacht läuft unter dem Begriff „Füh- rervorbehalt“.

Nach dem Treffen in der Gemäldegalerie Dresden wurde Hans Posse ein Jahr später, im Juni 1939, mit einem eigens verfassten Schreiben von Hitler mit dem „Sonderauftrag Linz“ beauf- tragt. In diesem Dokument wurde auch festgelegt, dass alle Staatsdienststellen verpflichtet sind, Posse bei der Ausführung des Kunstmuseums zu unterstützen. Posse bekam die Voll- macht für alle beschlagnahmten Kunstgegenstände, welche für das „Führermuseum“ in Be- tracht kämen.110 In seinem Tagebuch schrieb Posse am 21. 6. 1939, dass das Linzer Museum das Beste aus al- len Zeiten vorzeigen soll und dass der Bestand aus Neuerwerbungen, aus eigenem Besitz (Privatsammlung Hitler) und aus beschlagnahmtem Besitz zusammengesetzt werden soll. Somit war sich der Direktor der Gemäldegalerie Dresden von Anfang an bewusst, dass ein Großteil des Bestandes vorwiegend aus geraubtem Kulturgut bestehen würde.111 Er handelte in solchen Fällen dienstwillig und erhob keinen Einspruch, auch wenn es um ehemalige Freunde, wie Victor Israel von Klemperer und seine Porzellansammlung ging. Hitler war so von seiner Arbeit begeistert, dass er ihn im April 1940 zum Professor ernannte.112 Posses Aufgabe war es nun, eine thematische Struktur für das „Führermuseum“ zu entwerfen, wobei diese folgende vier Themenbereiche beinhaltete:

109 Vgl. Ebda., S. 22-24. 110 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 33. 111 Vgl. KIRCHMAYR Birgit, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“ und seine Bedeutung für den NS-Kunstraub in Österreich. In: Gabriele ANDERL / Alexandra CARUSO (Hgg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen. Innsbruck 2005, S. 28. 112 HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 42. 24

„1. Deutsche Meister des 15., 16. und 18. Jahrhunderts. 2. Französische Künstler wie Poussin, Claude Lorrain, jedoch kein Interesse für Monet und Renoir. 3. Italienische Meister von der Schule von Siena bis zu den Venezianern des 18. Jahrhunderts. 4. Niederländische Meister, vor allem Rubens.“113

Des Weiteren sollte neben der Gemäldesammlung noch eine Waffen- sowie Münzsammlung und eine Bibliothek geplant worden sein.114 Erstaunlich ist hier, dass im ersten Themenbe- reich der deutschen Meister das 17. Jahrhundert ausgelassen wurde, warum dies der Fall war, ist aus der Sekundärliteratur leider nicht herauszulesen.

Für seine Tätigkeit erhielt Posse 1.000 RM im Monat und bis zu seinem Tod im Dezember 1942 war er maßgeblich am Aufbau des Kunstmuseums Linz beteiligt. Posse war ein berühm- ter Experte auf seinem Gebiet, der sehr viel reiste, um sich einzigartige Gemälde für die Sammlung in Linz zu sichern.115 Posse und seine Fachleute agierten im Großdeutschen Reich, in Italien und in den besetzten Ländern und arbeiteten eng mit verschiedenen Institutionen zu- sammen.116 Die Beziehung zwischen Hitler und Posse war zu dieser Zeit immer sehr gut und Hitler lud ihn sehr oft zu Besprechungen bezüglich der Kunstsammlung, aber auch zu persön- lichen Gesprächen ein.117 Als Posse im Dezember 1942 an Zungenkrebs verstarb, bekam er ein Staatsbegräbnis und sei- ne Frau, Elise Posse, wurde danach jährlich ein gewisser Betrag aus dem Konto „Mittel zur Verfügung des Führers zu allgemeinen Zwecken“ ausbezahlt. Nach seinem Tod wurde Posse sogar die Ehrenbürgerschaft der Stadt Linz zugesprochen, welche heutzutage jedoch nicht mehr als rechtskräftig angesehen wird.118

Es dauerte einige Wochen bis ein Nachfolger gefunden wurde, von dem Hitler ebenso über- zeugt war wie vom verstorbenen Galerieleiter Hans Posse. Sein Nachfolger für die Gemälde- galerie Dresden, als auch für den „Sonderauftrag Linz“ wurde Hermann Voss, der seinen

113 Ebda., S. 32. 114 Vgl. KIRCHMAYR, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, 2005, S. 29. 115 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 33-37. 116 Vgl. SCHWARZ Birgit, Sonderauftrag Linz und „Führermuseum“. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdi- schen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 128. 117 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 34. 118 Vgl. KIRCHMAYR, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, 2005, S. 28. 25

Dienst im März 1943 antrat. Voss studierte in Heidelberg und Berlin Kunstgeschichte und war ein Schüler vom bedeutenden Kunsthistoriker Wilhelm von Bode.119 Des Weiteren reiste er auch in die USA, wo er Kunstmuseen und viele private Sammlungen besuchte und er war Direktor des Kaiser-Friedrichs-Museums in Berlin. Voss, der ein sehr aufgeschlossener Mensch war, hatte zunächst, als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, Schwierig- keiten. Er verlor seinen Posten als Direktor in Berlin und wurde ab 1935 in einem kleinen Museum in Wiesbaden, wo er eine qualitative Sammlung deutscher Maler des 19. Jahrhun- derts aufbaute, Direktor. Dass er zum Nachfolger Posse auserkoren wurde, überrasche auch ihn, da seine Auffassung zum Nationalsozialismus allseits bekannt war.120 Als Voss sein Amt antrat, war bereits eine klare Wendung im Krieg zu spüren und dadurch war seine persönliche Haltung zum „Sonderauftrag Linz“ eine ganz andere, als die von Posse. Für ihn war das Ende des Deutschen Reiches und somit auch das Ende des „Führermuseums“ vorhersehbar. Man könnte annehmen, dass der Vorstoß der Alliierten Grund genug war, dass die Sammeltätigkeit zahlenmäßig abnahm, aber dadurch an Qualität zunahm, doch genau das Gegenteil traf ein. Voss kaufte nur noch mehr Kunst- und Kulturgegenstände und alle Versu- che von Lammers, Chef der Reichskanzlei, diese Ausgaben zu limitieren, waren erfolglos. Durch diese Arbeitshaltung von Voss waren die finanziellen Mittel für den „Sonderauftrag Linz“ schon lange aufgebraucht und wurden daher durch andere Fonds immer wieder aufge- füllt. Im Herbst 1944 wurde aus diesem Grund eine Obergrenze von 10.000 RM festgesetzt und für alles darüber musste eine Sondergenehmigung eingeholt werden. Zu erwähnen ist, dass die Aneignungsmethoden von Kunst zwischen Posse und Voss sehr unterschiedlich wa- ren. Voss setzte Kunsthändler ein, die auf der Basis von Erfolgsbeteiligung arbeiteten, wie zum Beispiel den Dresdner Kunsthändler Hildebrandt Gurlitt oder auch das Auktionshaus Dorotheum in Wien, in dem sogar ein eigener Depotraum für „Führereinkäufe“ eingerichtet war.121 Gegen Ende 1944 standen rund 80.000 Ausstellungsstücke für das Linzer „Führermu- seum“ bereit.122 Ein Grund warum die Einkäufe trotz der prekären Lage im Krieg immer wieder weitergeführt wurden und anstiegen, war die Überlebensgarantie der beteiligten Kunsthändler am „Sonder- auftrag Linz“. Nur eine steigende Ankaufstätigkeit war die Sicherheit und vor allem Voraus- setzung um für den Militärdienst freigestellt zu werden und somit sein eigenes Leben zu ret- ten.123

119 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 47-48. 120 Vgl. HAASE, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, 2002, S. 43. 121 Vgl. SCHWARZ, Hitlers Museum 2004, S. 62-64. 122 Vgl. FELICIANO Hector, Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis. Berlin 1998, S. 26. 123 Vgl. SCHWARZ, Hitlers Museum 2004, S. 62-64. 26

Aufgrund der Luftangriffe auf das Deutsche Reich mussten unzählige Kunst- und Kulturge- genstände in Sicherheit gebracht werden. Da der „Führerbau“ in München nicht sicher genug für eine dauerhafte Unterbringung der Gemälde war, wurden Teile der Sammlung „Sonder- auftrag Linz“ in abgeschiedenen Klöstern, Kirchen und Schlössern untergebracht. Des Weite- ren wurde im Sommer 1943 das Salzbergwerk von Altaussee als Auslagerungsort verwendet, da die trockenen Luftverhältnisse perfekt für die Einlagerung der Kunstwerke geeignet waren und ab Dezember 1943 wurde das Bergwerk als Depot von den Nationalsozialisten verwen- det. Doch die Einlagerung in Altaussee brachte ein paar logistische Probleme mit sich, welche hier kurz angeschnitten werden. Zunächst mussten Regale zur Lagerung angebracht werden und beim Eingang des Bergwerkes durfte beim Transportieren der Kunstgüter eine bestimmte Größe dieser nicht überschritten werden. Um die Gemälde von München nach Altaussee zu transportieren, musste im Winter eine enge und schwerbefahrbare Passstraße überquert wer- den.124 In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges wurden nicht nur Kunstgegenstände, die in den eroberten Ländern beschlagnahmt und geraubt wurden, sichergestellt, sondern auch Kunst- und Kulturgüter, die dem Deutschen Reich gehörten. Nach dem Kriegsende waren al- lein in der amerikanischen Besatzungszone über 800 Schlösser, Landhäuser und Klöster zu finden, in denen unzählige Kunstwerke gelagert wurden und in Altaussee waren rund 22.000 Kunstgegenstände in Sicherheit gebracht worden,125 wovon über 5.000 Gemälde zum „Son- derauftrag Linz“ gehörten.126

Der quantitative Anteil der Raubkunst in der Sammlung des „Führermuseums“ ist unmöglich zu ermitteln und wird auch nie erforscht werden können. Historikerinnen und Historiker stell- ten sich öfters die Frage, welches Ausmaß der „Sonderauftrag Linz“ für den NS-Kunstraub hatte. Vor allem in der Nachkriegszeit wurde dieses Projekt als Hauptgrund für die Enteig- nung der Kunst- und Kulturgegenstände in Österreich angesehen, damit sollte die Schuld von Österreich weggeschoben werden. Doch in den letzten Jahren zeigte sich durch intensives Forschen, inwiefern österreichische Institutionen wie (Verwaltungsstelle für jüdi- sches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei), oder das Dorotheum in Wien am Kunstraub beteiligt waren und wie sie vor allem selbst maßgeblich davon profitiert haben.127

124 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 53-54. 125 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz 1991, S. 212-213. 126 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 238. 127 Vgl. KIRCHMAYR, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, 2005, S. 26-29. 27

2.5. „Führervorbehalt“

Durch ein Spezifikum unterscheidet sich zunächst der NS-Kunstraub in Österreich vom NS- Kunstraub im „Altreich“ oder in den besetzten Gebieten in Europa, nämlich durch die Be- stimmung des „Führervorbehalts“,128 der bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges einen großen Einfluss auf den Umgang mit eingezogenen Kunst- und Kulturgütern hatte.129 Dieser wurde erst im Jahr 1944 auf das gesamte Deutsche Reich ausgeweitet und galt bis dahin nur für das Gebiet der „Ostmark“.130

Die Eigendynamik, die sich im NS-Kunstraub in Österreich, insbesondere in Wien nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938 entwickelte, dürfte Hitler überrascht und auch dazu gebracht ha- ben, sich die Oberhand über die beschlagnahmten Sammlungen durch den „Führervorbehalt“ zu sichern.131 Des Weiteren musste eine Lösung gefunden werden, wie man die illegalen Be- schlagnahmungen in Österreich in die Systematik des Deutschen Rechts einbauen konnte, um Hitler einerseits ein legales Verfügungsrecht der Kunstgüter zu verschaffen und um anderer- seits im Deutschen Reich den Schein des Rechtes aufrechtzuhalten.132

Am 18. Juni 1938 sicherte sich Hitler mit dem „Führervorbehalt“ die Entscheidung über die eingezogenen Kunstgüter in der „Ostmark“:133

„Bei der Beschlagnahme staatsfeindlichen, im Besonderen auch jüdischen Vermögens in Öster- reich sind u.a. auch Bilder und sonstige Kunstwerke von hohem Wert beschlagnahmt worden. Der Führer wünscht, daß diese zum großen Teil aus jüdischen Händen stammenden Kunstwerke weder zur Ausstattung von Diensträumen der Behörden oder Dienstwohnungen leitender Beamten ver- wendet, noch von leitenden Persönlichkeiten des Staates und der Partei erworben werden. Der Führer beabsichtigt, nach Einziehung der beschlagnahmten Vermögensgegenstände die Entschei- dung über ihre Verwendung persönlich zu treffen. Er erwägt dabei, Kunstwerke in erster Linie den kleineren Städten in Österreich für ihre Sammlungen zur Verfügung zu stellen. […]“134

128 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 241. 129 Vgl. FRODL-KRAFT, Gefährdetes Erbe, 1997, S. 166. 130 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 242. 131 Vgl. KIRCHMAYR, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, 2005, S. 33. 132 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 24. 133 Vgl. SCHWARZ, Hitler und die Kunst, 2011, S. 238. 134 Gesetzestext in FRODL-KRAFT (Hg.), Gefährdetes Erbe, 1997, S. 476. 28

Hitler sicherte sich durch diesen diskreten Erlass, der nur den Obersten Reichsbehörden wei- tergegeben wurde, das Erstrecht.135 Zusätzlich wurde im Juni 1938 der Reichsführer SS, Hein- rich Himmler, beauftragt, ein Verzeichnis über alle in Österreich beschlagnahmten Vermö- genswerte zu erstellen, damit Hitler endgültig Entscheidungen treffen konnte. Im August 1938 wurde eine zentrale Sammelstelle für die beschlagnahmten Kunstgegenstände errichtet, wel- che sich in der Wiener Hofburg befand.136 Durch den Beschluss des „Führervorbehalts“ konnten staatliche Museen beschlagnahmte Kunstwerke preiswert oder sogar kostenlos erwerben, aber nur mit der Zustimmung des Füh- rers oder des Beauftragten für den „Sonderauftrag Linz“, Hans Posse.137 Aus diesem Grund beriefen sich die österreichischen Museen in ihren Forderungen nach Zuweisung der be- schlagnahmten Sammlungen immer wieder auf den „Führervorbehalt“. Der „Führervorbehalt“ hätte zu einer Regelung führen sollen, jedoch hörten die Verteilungskämpfe der einzelnen Museen nur begrenzt auf. In der Praxis wurde der „Führervorbehalt“ sehr oft umgangen und die Kämpfe um die Zuteilung der Kunstwerke wurden nie völlig beendet.138 Im August 1939 dehnte Hitler den „Führervorbehalt“ aus, indem er nicht nur über beschlag- nahmte Kunstwerke persönlich entscheiden konnte,139 sondern nun auch über „lediglich si- chergestellte Bilder und sonstige Kunstwerke“.140

Der „Führervorbehalt“ wurde immer wieder novelliert, so auch im Juli 1940, indem er auf Münzen- sowie Medaillensammlungen erweitert wurde und im April 1943 indem polnische Kunstsammlungen inkludiert wurden.141 Zwei Monate später wurde der „Führervorbehalt“ durch den Chef der Reichskanzlei auf „Sammlungen von Kunstgegenständen jeder anderen Art“ wie zum Beispiel Bücher, Teppiche, Möbeln usw., erweitert.142 Schließlich wurde der „Führervorbehalt“ im Juli 1944 auf das ganze Deutsche Reich vergrößert. Hierzu muss jedoch erwähnt werden, dass zu diesem Zeitpunkt kaum noch große Kunstsammlungen beschlag- nahmt wurden. Durch den „Führervorbehalt“ hatte der „Sonderauftrag Linz“ eine „Monopol-

135 Vgl. SCHWARZ, Hitler und die Kunst, 2011, S. 238. 136 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 24. 137 Vgl. LOITFELLNER Sabine / WULZ Monika, Dorotheum und Vugesta als Institutionen der NS- Kunstenteignung. In: Ingrid BAUER / Helga EMBACHER / Ernst HANISCH (Hgg.), Kunst – Kommunikation – Macht. Sechster österreichischer Zeitgeschichtetag 2003. Innsbruck 2004, S. 209-213. 138 Vgl. KIRCHMAYR, Adolf Hitlers „Sonderauftrag Linz“, 2005, S. 33. 139 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 242. 140 Gesetzestext in FRODL-KRAFT (Hg.), Gefährdetes Erbe, 1997, S. 477-478. 141 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 242. 142 Vgl. BRÜCKLER Theodor, Kunstwerke zwischen Kunstraub und Kunstbergung:1938-1945. In: Theodor BRÜCKLER (Hg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute. Mit Quellendokumen- tation, Bildteil, Gesetzestexten und Archivindex (= Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 19). Wien / Köln / Weimar 1999, S. 20. 29

stellung“ in Österreich bekommen, wodurch andere Organisationen schwer bzw. gar nicht an die Reihe kamen.143

143 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 242. 30

3. Institutionen und Nutznießer im NS-Kunstraub Im NS-Kunstraub gab es unzählige Profiteure sowohl auf politischer, als auch auf privatwirt- schaftlicher Ebene. Verschiedenste Branchen, Institutionen, politische Entscheidungsträger und auch Privatpersonen waren daran beteiligt und haben wesentlich von der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg profitiert. Branchen wie das Speditionsgewerbe, der Antiquitätenhandel und vor allem der Kunsthandel haben sich maßgeblich an den Kunstobjekten bereichert. Im Kunstgewerbe spielten das Dorotheum, sowie private Auktionshäuser und Galerien, nicht nur in Österreich, eine wichtige Rolle. Die soeben genannten Branchen haben sowohl bei der „Arisierung“ der jüdischen Kunstunternehmen, als auch bei der Beschlagnahmung aus jüdi- schem Privatbesitz profitiert. In Österreich wurden von den Nationalsozialisten einige Ein- richtungen für die „Arisierung“ der Mobilien errichtet, wie zum Beispiel die Verwaltungsstel- le für jüdisches Umzugsgut der Gestapo (Vugesta) oder die Vermögensverkehrsstelle (VVSt).144 Des Weiteren waren auch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) und das Institut für Denkmalpflege am Kunstraub beteiligt und wie auch schon im ersten Kapitel kurz erwähnt wurde, sicherte sich ein Großteil von Hitlers Beratungsstab wertvolle Kunst- und Kulturgüter für die private Sammlung. Folgende Nationalsozialisten profitierten maßgeblich vom Kunst- raub: Alfred Rosenberg plünderte mit seinem Einsatzstab (ERR) fast ganz Europa, Hermann Göring besaß eine riesige private Kunstsammlung, Karl Haberstock war Kunsthändler für das „Führermuseum“ in Linz, Kajetan Mühlmann war ein brutaler Kunsträuber und die Kunst- händlerin Maria Alma Dietrich verkaufte sehr viele Gemälde an Hitler selbst.

Auf die soeben genannten Institutionen und Profiteure im NS-Kunstraub wird nun in diesem Kapitel näher eingegangen. Es werden die Vorgehensweisen und die Handlungsspielräume der einzelnen Institutionen und Nutznießer, soweit diese bis zum jetzigen Zeitpunkt erforscht sind, dargestellt und erläutert.

144 Vgl. ANDERL Gabriele, Die Akteure und Profiteure des NS-Kunstraubs in Österreich. Beispiele und Ver- such eines Überblicks über Forschungsergebnisse und offene Fragen. In: Ingrid BAUER / Helga EMBACHER / Ernst HANISCH (Hgg.), Kunst – Kommunikation – Macht. Sechster österreichischer Zeitgeschichtetag 2003. In- nsbruck 2004, S. 126. 31

3.1. Institutionen und ihre Vorgehensweisen

Geheime Staatspolizei (Gestapo)

Der Chef der Sicherheitspolizei, Reinhard Heydrich, legte in einem Erlass im März 1938 das politische und auch polizeiliche Arbeitsgebiet der österreichischen Gestapo fest. Des Weiteren wurde die Abteilung II der Staatspolizeistelle Wien aufgebaut, zu deren Aufgaben unter ande- rem die Bekämpfung politischer Gegner und die Überwachung der Presse gehörte. Ende März war diese Abteilung auch für die so genannten „Judenangelegenheiten“ in Österreich verant- wortlich, deren Aufgabengebiet folgendes umfasste: die Überprüfung der vorgenommen Be- schlagnahmungen und „illegalen Arisierungen“ von Parteipersonen, als auch von der Gesell- schaft selbst, die Kontrolle der Vergehen bei Nichtanmeldung von Vermögen egal welcher Art und die Überwachung der Versuche der jüdischen Bevölkerung ihr Vermögen ins Aus- land zu verschleppen. 145 Durch den Erlass von Reinhard Heydrich hatte die Gestapo im Grunde eine Monopolvoll- macht für den uneingeschränkten Zugriff auf das Vermögen der jüdischen Bevölkerung. Ob- wohl zu Beginn nur eine Sicherstellung legitimiert war, wurden ab April 1938 jedoch auch Einziehungen durchgeführt und durch einen Erlass von Heinrich Himmler im Juli desselben Jahres konnte die Gestapo beschlagnahmtes Vermögen von Jüdinnen und Juden auch verstei- gern.146 Die Verwertung des beschlagnahmten Eigentums erfolgte in der Regel durch das Dorotheum, vor allem bei wertvollen Gegenständen wie Kunst- und Kulturobjekten, Möbeln und Schmuck. Der Hausrat hingegen wurde im freien Verkauf aufgelöst. Der Erlös der Ver- steigerungen kam auf ein Sonderkonto der Staatspolizei in der Österreichischen Creditanstalt- Bankverein. Das beschlagnahmte Bargeld, sowie Wertpapiere kamen auf ein anderes Konto der Staatspolizei. Durch mangelnde Kontrolle machte sich eine korrupte Haltung der Beamten bemerkbar, die sich für private Zwecke maßgeblich am beschlagnahmten Vermögen beteilig- ten. Im Sommer 1938 nahmen die Amtshandlungen der Abteilung II allmählich ab, da die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ von eine Reihe von Aufgaben übernahm. Als die Massendeportationen in Österreich begannen, nahm die Zahl der Vermö- genswerte der Gestapo stark zu und mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz im November 1941 konnten alle Vermögenswerte der jüdischen Bevölkerung ohne Einschrän- kung beschlagnahmt werden.147

145 Vgl. ANDERL, „Arisierung von Mobilien“, 2004, S. 94-95. 146 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 119. 147 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 95-102. 32

Vermögensverkehrsstelle (VVSt)

Die Vermögensverkehrsstelle wurde im Mai 1938 unter der Leitung des Staatskommissars Walter Rafelsberger errichtet.148 Ein Monat zuvor, am 26. April 1938, war die jüdische Be- völkerung durch die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden149 verpflich- tet worden, ihr gesamtes in- und ausländisches Vermögen zu melden und wenn es 5.000 RM überschritt, anzumelden. Die Verordnung wurde bereits im Kapitel 2.3. näher behandelt. Für die Weiterverarbeitung der Anmeldung war die Vermögensverkehrsstelle verantwortlich. Obwohl die Anmeldung bis 30. Juni 1938 abzugeben gewesen wäre, trafen auch noch nach diesem Fälligkeitsdatum Anträge ein. Ein halbes Jahr später legte Staatskommissar Rafelsber- ger das Ergebnis der Vermögensanmeldung vor, welches 2.041.828.000 RM betrug.150 Zwi- schen 1938 und 1939 führte die Vermögensverkehrsstelle stichprobenartige Kontrollen durch. Es stellte sich heraus, dass einige Personen falsche Anmeldungen machten, sodass es zu 500 Anzeigen kam. Des Weiteren gab es auch Jüdinnen und Juden, die sogar unter der Grenze von 5.000 RM ihr Vermögen anmeldeten. Die Akten der Vermögensverkehrsstelle für das Jahr 1938 sind bis heute noch existent und sind die bedeutendsten Quellen für die Erforschung des Vermögensentzugs zur Zeit des Nationalsozialismus.151

Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien

Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurde „zur Förderung der Auswanderung“ der jüdischen Bevölkerung am 20. August 1938 im Rothschild-Palais in Wien gegründet. Die In- stitution war ein Knotenpunkt in der gesamten antijüdischen Politik der Nationalsozialisten. Sie spielte bei der Diskriminierung und Beraubung, bis hin zur Vertreibung und Deportation eine wesentliche Rolle. Durch das erzielte Ergebnis aufgrund ihrer Methoden wurden in ganz Europa weitere Institutionen beispielsweise in Berlin und Prag errichtet. Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung wird überwiegend mit dem Namen Adolf Eichmann in Verbindung gebracht.152 Der Ablauf der Auswanderung war (in kurzer Darstellung) folgendermaßen kon- zipiert: Die jüdische Bevölkerung musste diverse Steuern und Rechnungen bezahlen, bevor ihr die Institution erlaubte, auszureisen. Hinterhältige Beamten ließen oft Wochen vergehen,

148 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 88. 149 Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden in: ns-quellen.at (Hg.); RGBl I S.414 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=29310&action=B_Read [Abruf am 20.4.2018]. 150 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 88. 151 Vgl. Ebda., S. 87-91. 152 Vgl. RUPNOW Dirk, „Zur Förderung und beschleunigten Regelung der Auswanderung …“. Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien. In: Verena PAWLOWSKY / Harald WENDELIN (Hgg.), Ausgeschlossen und entrechtet. Raub und Rückgabe, Österreich von 1938 bis heute, Bd. 4. Wien 2006, S. 13. 33

bis sie die Quittungen für die bezahlten Rechnungen ausschickten und somit war schon oft die Ausreisegenehmigung, welche befristet war, wieder abgelaufen und die antragsstellenden Per- sonen konnten wieder von vorne anfangen.153 Bereits während der Vertreibung wurde die jü- dische Bevölkerung um ihren Besitz gebracht, jene denen die Ausreise, aber nicht früh genug gelungen war, wurde spätestens bei der Deportation von der Zentralstelle für jüdische Aus- wanderung ihr letzter Besitz genommen. Das Perfideste an dem ganzen Konzept war, dass die Opfer bei ihrer Beraubung und bei der Vernichtung von Anfang an miteingebunden waren.154

Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei (Vugesta)

Im August 1940 wurde die Vugesta in Österreich errichtet, denn anders als im „Altreich“ soll die Verwertung der Umzugsgüter nicht durch die Finanzämter oder die Gestapo vollzogen werden. Die Vugesta ist ein österreichisches Spezifikum, das es weder im „Altreich“, noch in den besetzten Gebieten der Nationalsozialisten gab.155 Der Leiter der Vugesta, Dr. Karl Her- ber, erklärte sich bereit, mit Hilfe der Gestapo Umzugsgüter jüdischer Besitzerinnen und Be- sitzer zu beschlagnahmen und zu verwerten.156 Die Vugesta beschäftigte sich vorerst mit dem „Umzugsgut“ von jüdischen Personen, denen bereits eine Flucht ins Ausland gelungen war. Als die Deportationen anfingen, wurde auch das letzte Eigentum beschlagnahmt, primär aber nicht von der Vugesta, sondern von einer nahestehenden Organisation; der Möbelverwer- tungsstelle Krummbaumgasse.157 Ab dem Jahr 1940 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges „verwertete“ die Vugesta das Um- zugsgut von rund 10.000 Familien. Durch die Institution konnte auf das Eigentum von Jüdin- nen und Juden, die dem NS-Regime bereits entkommen waren und sich zu diesem Zeitpunkt schon im Ausland befanden, zugegriffen werden. Die geflüchteten Personen hatten bereits die bürokratischen Hindernisse des NS-Staates, die eine lange und schwere Tortur waren, hinter sich, jedoch konnten ihre Habseligkeiten durch den Krieg von der Speditionsfirma nicht be- wegt werden.158

153 Vgl. CESARANI David, Adolf Eichmann. Bürokrat und Massenmörder - Biographie. Berlin 2004, S. 89-97. 154 Vgl. RUPNOW, Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung, 2006, S. 15 und 30. 155 Vgl. LOITFELLNER Sabine, Die Rolle der „Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei“ (Vugesta) im NS-Kunstraub. In: Gabriele ANDERL / Alexandra CARUSO (Hgg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen. Innsbruck 2005, S. 111. 156 Vgl. LOITFELLNER, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich, 2006, S. 17. 157 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 108. 158 Vgl. HOLZBAUER Robert, Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich. Die "VUGESTA" - die Verwertungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo. In: Spurensuche 1-2 (2000), S. 39- 41. 34

Der Leiter der Vugesta sah die Institution als Rettung der Speditionsfirmen, weil sich bis zum Sommer 1940 Forderungen von rund 2,5 Millionen RM angesammelt hatten. Alle Speditions- firmen sollten aus diesem Grund bis zum 30. September 1940 ihre offenen Forderungen an die Vugesta weiterleiten und daraufhin wurden die Lagerkosten vom Deutschen Reich über- nommen.159 Bei allen Verkaufsaktionen, die zunächst die Vugesta und später auch die Möbel- verwertungsstelle Krummbaumgasse tätigte, galt der „Führervorbehalt“. Der Ablauf der Vugesta funktionierte dadurch wie folgt: Die Institution beschlagnahmte die Kunst- und Kul- turgegenstände in den Lagerhallen, anschließend informierte das Institut für Denkmalpflege den „Führerbeauftragten“ über bedeutende Kunstwerke, welche in den „Führervorbehalt“ fie- len.160 Primär war geplant, dass das eingelagerte Vermögen durch Versteigerungen im Dorotheum veräußert wird, aber bei der großen Anzahl der Güter hätte es viele Jahre gedauert, bis auch der letzte Rest versteigert wurde. Aus diesem Grund wurden am Wiener Messegelände zwei Hallen gemietet, in denen die ersten Verkäufe durch das Büropersonal abgewickelt wurden. Vermögensgegenstände, die den Schätzwert von 1.000 RM überschritten, wurden weiterhin dem Dorotheum vermittelt und versteigert. Für die Schätzung der Warenwerte waren rund 20 Schätzmeister von der Vugesta beauftragt worden. Im Messegelände wurden zunächst nur Möbel verkauft. Dinge für den alltäglichen Gebrauch wie Bettwäsche, Gewand und Geschirr wurden in Kisten verpackt und wie bisher wieder gelagert. Bei dieser Tätigkeit hatte das Bü- ropersonal nicht darauf geachtet, welche Alltagsgegenstände sich in welchem Möbelstück be- fanden und wer die Besitzerin bzw. der Besitzer war. Sobald eine Lagerhalle gefüllt war, fand wieder ein Freihandverkauf statt, bei dem vor allem sozial schwächere Personen wie Verwun- dete des Weltkrieges, jungvermählte und kinderreiche Paare einen Zugang hatten.161 Durch die erwirtschafteten Erlöse wurden die Lagerkosten der Wiener Spediteure bezahlt, darüber hinaus gab es eine Provision für die Institution selbst und mit dem Rest wurde die Kassa des Staates gefüllt. Bei der Vugesta herrschte darüber hinaus eine Vetternwirtschaft, bei der sich hohe Beamte, die Belegschaft der Vugesta und die angestellten Schatzmeister billigst Kunst- gegenstände für den privaten Gebrauch sicherten. Herber, der Leiter selbst, bekam von der Gestapo ein Vorkaufsrecht.162 Die Arbeitstätigkeit der Vugesta wurde vor dem Ende des Krieges abgeschlossen und der dar- aus resultierende Erlös soll rund 13-14 Millionen RM betragen haben. Von dem Erlös müssen

159 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 121. 160 Vgl. LOITFELLNER, Die Rolle der Vugesta, 2005, S. 114. 161 Vgl. ANDERL, „Arisierung“ von Mobilien, 2004, S. 123-124. 162 Vgl. LOITFELNNER / WULZ, Dorotheum und Vugesta, 2004, S. 212. 35

8 Millionen RM für das Begleichen der Lagerkosten der Speditionsfirmen abgezogen werden, um den tatsächlichen Gewinn zu erhalten.163 Wie hoch von diesem Gesamterlös der Anteil des „Kunstraubes“ ist, wird nie abzuschätzen sein.164 Von dem Verwertungsprozess profitierten nicht nur das Dorotheum und das „Führermuse- um“, sondern auch andere Auktionshäuser und Antiquitätenhändler. Des Weiteren profitierten von den wertvollen Kunstgegenständen auch öffentliche Museen, Universitäten und Biblio- theken und wie schon erwähnt unzählige NS-Funktionäre und ihre Freunde und Bekannten.165

Dorotheum

Das Auktionshaus Dorotheum ist ein Haus mit einer jahrhundertelangen Geschichte. In dieser Geschichte gab es jedoch eine Zeitspanne, die alles andere überschattete und diese schwarze Phase war zur Zeit des Nationalsozialismus.166 Das Wiener Dorotheum war ein zentraler Kno- tenpunkt im NS-Kunstraub, wo ein Großteil der Umverteilung und Verwertung des beschlag- nahmten Vermögens stattfand. Hausauktionen waren nicht erst eine Erfindung des National- sozialismus, sondern vor dem Zweiten Weltkrieg eine übliche Praxis. Unter Hausauktionen versteht man Versteigerungen, die in Privatwohnungen durchgeführt werden. Im Durschnitt gestaltete das Dorotheum in den 1930er Jahren vier bis acht solcher Auktionen im Jahr. Zuvor wurden Kataloge erstellt, in denen Beschreibungen der einzelnen Objekte, sowie fotografi- sche Einblicke des Salons oder Speisezimmers gedruckt wurden. Durch die Kataloge sollen potentielle Käufer angesprochen und ihr Interesse geweckt wurden. Bei den sogenannten Hausauktionen handelte es sich meistens um Nachlässe oder Haushaltsauflösungen durch Wohnungswechsel. Das änderte sich jedoch drastisch als die Nationalsozialisten im Jahr 1938 in Österreich einmarschierten. Von diesem Zeitpunkt bis Ende Oktober 1940 führte das Dorotheum um die 54 Haus- und Wohnungsauktionen durch. Das Auktionshaus kündigte in seinen Katalogen Versteigerungen von jüdischem Eigentum durch Sätze wie „Freiwillige Versteigerung einer vornehmen Wohnungseinrichtung“ an. Wenn man sich die Adressen der Hausauktionen ansieht, kann man erkennen, dass es sich um Teile der Stadt handelt, in denen

163 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 122. 164 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 245. 165 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 123. 166 Vgl. THURN-VALSASSINA, Provenienzforschung im Dorotheum. In: Gabriele ANDERL u. a. (Hgg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1). Wien / Köln / Weimar 2009, S. 253. 36

sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das jüdische Großbürgertum ansiedelte.167 In den Katalogen waren auch die Geschäftsbedingungen gedruckt und in denen stand zur Zeit des Nationalsozialismus ausdrücklich, dass den Jüdinnen und Juden das Betreten des Dorotheums und auch die Teilnahme an Auktionen untersagt seien.168 Im Auktionshaus in der Wiener Dorotheergasse fanden seit 1901 auch zweimal im Jahr Kunstauktionen, sogenannte „große Auktionen“, statt. Hier wurden auch vollkommene Woh- nungsausstattungen und Kunstgegenstände aller Art versteigert. Ob den ehemaligen Besitzerinnen und Besitzern bei der Versteigerung der Erlös zugekommen ist, lässt sich aus heutiger Sicht nicht ganz klären. Es könnte jedoch sein, dass ein paar Be- troffene in der Anfangsphase noch Glück hatten und einen Teil des Gesamterlöses erhalten haben. Des Weiteren kann man aus den vorhandenen Akten herauslesen, dass viele der Woh- nungsinnhaberinnen und Wohnungsinhaber in der Zeit, als die Hausauktionen stattfanden, sich schon im Ausland befanden. Eine Hausauktion durch das Dorotheum lief folgenderma- ßen ab: Zunächst wurde das Haus für ein bis zwei Tage für Besichtigungen freigegeben und die Versteigerung selbst konnte bis zu fünf Tage dauern.169 Der Ablauf dieses Verfahrens lässt sich auch bei der Versteigerung des Besitzes vom Großindustriellen Bernhard Altmann wiedererkennen, wie man anhand des Versteigerungskataloges sehen kann.170 Schon vor dem Jahr 1938 war es für das Auktionshaus üblich, dass etwa kleinere Nachlässe in einer Wohnung zusammengeführt wurden. Diese Zusammenführungen wurden auch als „Fu- sionierungen“ bezeichnet. Vor jeder Hausauktion musste das Dorotheum zunächst die Aufla- gen der Denkmalbehörde und ab dem Jahr 1939 den „Führervorbehalt“ berücksichtigen. Kunstobjekte, die für das „Führermuseum“ in Frage kamen, wurden von Experten des Hauses in das eigens eingerichtete Depot im Dorotheum gebracht.171

Welch große Bedeutung die Versteigerungen von Kunst- und Kulturobjekten aus jüdischem Besitz für das Auktionshaus hatten, lässt sich an der Aussage vom Verwaltungsrat aus einer Sitzung des Jahres 1941 sehr gut erkennen,172 in der Stigleitner173 sprach: „Heute spielt die

167 Vgl. CARUSO Alexandra, Raub in geordneten Verhältnissen. In: Gabriele ANDERL u. a. (Hgg.), … wesent- lich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommis- sion für Provenienzforschung 1). Wien / Köln / Weimar 2009, S. 90-91. 168 Vgl. CARUSO Alexandra, Tatort Interieur. Jüdische Wohnungen als Schauplatz von Versteigerungen des Dorotheums während der NS-Zeit. In: Ingrid BAUER / Helga EMBACHER / Ernst HANISCH (Hgg.), Kunst – Kommunikation – Macht. Sechster österreichischer Zeitgeschichtetag 2003. Innsbruck 2004, S. 138. 169 Vgl. CARUSO, Raub in geordneten Verhältnissen, 2009, S. 91-93. 170 Vgl. Dorotheum Wien (Hg.) Versteigerung der kompletten Villeneinrichtung, Wien XIII, Kopfgasse 1 / Hiet- zinger Hauptstraße 31, 17.-22. Juni 1938. 171 Vgl. CARUSO, Raub in geordneten Verhältnissen, 2009, S. 91-93. 172 Vgl. LOITFELLNER / WULZ, Dorotheum und Vugesta, 2004, S. 209. 173 Hans Stigleitner war Generalsekretär der Esten österreichischen Spar-Casse. 37

Versteigerung der Juden-Güter eine grosse Rolle. Bei deren Wegfall könnte das Dorotheum doch in ernste Schwierigkeiten kommen.“174 Als die Vugesta im Herbst 1940 gegründet wurde, wurden von ihr jene Kunstobjekte, die ei- nen Wert von 1.000 RM überschritten, an das Dorotheum zur Versteigerung weitergegeben. Ende Oktober 1940 fanden die letzten Hausversteigerungen durch das Auktionshaus statt und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weder durch das Dorotheum, noch von einem anderen Auktionshaus Hausversteigerungen durchgeführt.175 Des Weiteren gab es seitens des Hauses wenige Bemühungen nach dem Krieg zu ihren Aktivitäten Stellung zu nehmen. Das änderte sich jedoch, als das Auktionshaus im Jahr 2001 in Privateigentum überging. Die neuen Eigen- tümer legten 2006 den historischen Grundlagenbericht „Zwischen Staat und Wirtschaft. Das Dorotheum im Nationalsozialismus“ vor, der die erste derartige Publikation eines im Kunst- markt tätigen Unternehmens ist.176

Institut für Denkmalpflege

Das Institut für Denkmalpflege war am NS-Kunstraub in Österreich maßgeblich beteiligt. Im Zweiten Weltkrieg hatte das Institut für die Sicherstellung von Kunstobjekten, welche als ge- fährdet eingestuft worden sind, zu sorgen. Dasselbe galt auch für Kunst- und Kulturgegen- stände mit staatlicher Bedeutung. Das Institut für Denkmalpflege handelte entweder eigenini- tiativ oder des Öfteren auch auf Nachfrage des Kunsthistorischen Museums. Die erste Sicher- stellung durch das Institut ereignete sich schon ein paar Tage nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich. In diesem Fall wurde die berühmte Sammlung von Oskar Bondy sicherge- stellt und in das Kunsthistorische Museum gebracht.177 Eine weitere Aufgabe war es, die be- schlagnahmten Bestände den Museen in Österreich ihren Sammelgebieten zuzuordnen. Mit der Inkraftsetzung des „Führervorbehalts“ musste das Institut für Denkmalpflege Verzeichnis- se mit Fotos für alle Kunstobjekte anfertigen und diese dem Direktor der Dresdner Gemälde- galerie, Hans Posse, vorlegen. Posse traf darauf eine Vorauswahl für das geplante Kunstmu- seum in Linz. Bei den Kunst- und Kulturgütern, die Posse nicht genommen hatte, konnten

174 Zitiert nach LOITFELLNER / WULZ, Dorotheum und Vugesta, 2004, S. 209. 175 Vgl. CARUSO, Raub in geordneten Verhältnissen, 2009, S. 93-94. 176 Vgl. THURN-VALSASSINA, Provenienzforschung im Dorotheum, 2009, S. 253-254. 177 Vgl. HAUPT Herbert, Die Rolle des Kunsthistorischen Museums bei der Beschlagnahme, Bergung und Rückführung von Kunstgut in den Jahren 1938-1945. In: Theodor BRÜCKLER (Hg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute. Mit Quellendokumentation, Bildteil, Gesetzestexten und Archivin- dex (= Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 19). Wien / Köln / Weimar 1999, S. 53-54. 38

Museen eine Zuteilung beantragen. Mit dem Arbeitsaufwand war das Institut für Denkmal- pflege bis zum Ende des Krieges beschäftigt.178

3.2. Nutznießer und ihre Vorgehensweisen

Alfred Rosenberg (ERR)

Alfred Rosenberg wurde 1893 in Tallinn geboren und studierte in Moskau Architektur. We- gen der Oktoberrevolution floh er zunächst nach Paris und danach nach München, wo er ab 1919 Mitglied der zukünftigen NSDAP wurde. Im Jahr 1934 wurde Alfred Rosenberg zum „Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschauli- chen Schulung und Erziehung der NSDAP“ ernannt und 1939 gründete er das „Institut zur Er- forschung der Judenfrage“, das ab dem Jahr 1940 unter dem Namen „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ (ERR) lief.179 Dieses Institut unterstand der Hohen Schule der NSDAP. Die Hohe Schule der NSDAP war ein Projekt von Alfred Rosenberg, es war der Versuch, eine Elite- Universität aufzubauen, welche den Ideologien der Nationalsozialisten entsprach.180 Im Jahr 1942 wurde der „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ durch einen Zusatz im „Führer- erlass“ zum Wehrmachtsgefolge erhoben und konnte somit direkt nach der Eroberung eines Landes mit der Plünderung beginnen.181 Der ERR raubte in Massen jüdische Kunst- und Kulturgegenstände,182 nicht nur in Osteuropa, sondern auch im Westen, vor allem in Frankreich. Von Frankreich aus wurden Waggonladun- gen voll mit Gemälden, Büchern, Antiquitäten und vielem mehr in das Deutsche Reich ge- schickt. Die Nationalsozialisten rechtfertigten den Raub damit, dass die Beute ja eigentlich Deutscher Besitz sei, der von Napoleon Jahre zuvor geraubt worden war.183 Nicht nur das französische Volk musste sich vor dem ERR fürchten, sondern auch deutsche Emigranten, zumeist Schriftsteller, die gegen das nationalsozialistische Regime waren, denn auch ihnen

178 Vgl. FRODL-KRAFT, Gefährdetes Erbe, 1997, S. 262. 179 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 66. 180 Vgl. RYDELL Anders, Hitlers Bilder. Kunstraub der Nazis – Raubkunst in der Gegenwart. Frankfurt / New York 2014, S. 147. 181 Vgl. PIPER Ernst, Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdischen Mu- seums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 118. 182 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 66. 183 Vgl. AALDERS, Die Enteignung jüdischen Besitzes im Zweiten Weltkrieg, 2000, S. 92-93. 39

wurden Kunstwerke und Schriftstücke entzogen. Die größte Beschlagnahmung aus jüdischem Besitz war die Kunstsammlung der Familie Rothschild, die über 1.000 Objekte beinhaltete.184 Der „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ war in verschiedene Themengebiete gegliedert. Es gab einen „Sonderstab Musik“, einen „Sonderstab Bibliotheken“, einen „Sonderstab Kirchen“ und einen „Sonderstab Bildende Kunst“, die alle zusammen eine Aufgabe hatten und zwar so viele Kunst- und Kulturobjekte sowie Musikinstrumente und Schriftstücke wie möglich nach Deutschland zu bringen.185 Alfred Rosenberg wurde im Mai 1945 verhaftet und im Oktober 1946 in allen Anklagepunk- ten vor dem Militärgerichtshof in Nürnberg verurteilt und hingerichtet.186

Hermann Göring

Der im Jahr 1893 in Rosenheim geborene Hermann Göring begann, nachdem er im Jahr 1933 zum Preußischen Ministerpräsident ernannt wurde, seine private Kunstsammlung erheblich zu erweitern, so dass er kurz darauf187 der zweitgrößte Sammler im Deutschen Reich war.188 Ab dem Jahr 1933 versuchten deutsche, als auch Kunsthändler aus dem Ausland mit ihm Ge- schäfte zu machen.189 Göring sammelte vor allem Werke von alten deutschen Meistern wie Albrecht Dürer, Gemälde der italienischen Renaissance,190 aber auch Teppiche, Gobelins und Juwelen.191 Im Jahr 1934 erwarb er in Schorfheide, im heutigen Brandenburg, ein beträchtliches Grund- stück, auf dem er ein Anwesen baute, das 15 Millionen RM kostete. Das Anwesen wurde nach seiner verstorbenen Frau, Carin von Fock-Kantzow, Carinhall benannt. Göring füllte Ca- rinhall und auch seine anderen Wohnsitze, wie zum Beispiel das Landhaus in Berchtesgaden oder die Villa in Berlin von oben bis unten mit seinen Kunstwerken.192 Im Gegensatz zu Hitler, wollte Göring seine Kunstobjekte nicht zu Ehren des Volkes sam- meln, sondern nur für den eigenen Gebrauch. Er behauptete zwar immer, dass er irgendwann seine Kunstsammlung dem deutschen Volk übergeben wolle, doch dazu kam es nie. Vielmehr scheint es, dass er aus taktischen Gründen handelte, um so von verschiedenen Ämtern des

184 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 71. 185 Vgl. AALDERS, Die Enteignung jüdischen Besitzes im Zweiten Weltkrieg, 2000, S. 93. 186 Vgl. PIPER, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, 2008, S. 119. 187 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 86. 188 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 249. 189 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 86. 190 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 242. 191 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 88. 192 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 244. 40

Reiches finanziellen Mittel für die weitere Anschaffung von Kunstwerken zu erhalten. Seine Sammlung bestand aus gekauften, geschenkten und auch getauschten Kunstwerken, so über- gab er zum Beispiel dem Schweizer Kunsthändler Theodor Fischer einmal 45 Gemälde, die der entarteten Kunst entsprachen, und erwarb im Gegenzug Gemälde von Lucas Cranach.193 Des Weiteren ging er auch mit gewaltiger Menschenverachtung vor, um Kunstobjekte von großem Interesse, wie bei dem holländisch jüdischem Ehepaar Gutmann, zu bekommen. Als das Ehepaar Gutmann die eigene Sammlung an Göring nicht veräußern wollte, ließ er beide sofort ins Konzentrationslager Theresienstadt deportieren.194 Göring hatte durch seine vielen offiziellen Termine wenig Zeit für das Sammeln von Kunst- werken und aus diesem Grund beauftragte er den Kunsthändler Walter Andreas Hofer für die Kunsteinkäufe und Gisela Limberger war für die Erstellung von Inventarlisten zuständig.195 Göring beharrte darauf, dass sowohl seine Sekretärin Limberger, als auch sein Kunstbeschaf- fer Hofer ihn über alle Details und Einzelheiten informierten. Im Laufe der Zeit waren immer mehr Kunsthändler für Göring unabhängig tätig;196 Sepp Angerer,197 Walter Bornheim198 und Kajetan Mühlmann,199 um nur einige zu nennen. In den letzten Wochen und Tagen des Zweiten Weltkrieges war Göring damit beschäftigt, seine Kunstwerke in Tunneln des Obersalzbergs in Sicherheit zu bringen. Zu diesem Zeit- punkt umfasste seine Sammlung 1.375 Gemälde, 168 Wandteppiche und rund 250 plastische Bildwerke.200

Karl Haberstock

Der im Jahr 1878 in München geborene Karl Haberstock war ein deutscher Kunsthändler in Berlin und interessierte sich vor allem für die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts. In Berlin hatte er zwei Geschäfte, eines in der Kurfürstenstraße und eines in der Bellevuestraße und in den 1920er Jahren kam seine Kundschaft vorwiegend aus der jüdischen Gesellschaft. Haber-

193 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 86-88. 194 Vgl. MÜHLEN Ilse von zur, Hermann Göring als Kunstsammler. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdi- schen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 142-144. 195 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 245. 196 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 88. 197 Sepp Angerer war als Kunsthändler nicht nur in Europa tätig und war spezialisiert auf Teppiche und Gobe- lins. 198 Walter Bornheim war für Göring in Europa tätig und spezialisiert auf Skulpturen. 199 Der Österreicher Kajetan Mühlmann war für die Kunstbeschlagnahmung in Polen und Holland zuständig. 200 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 249 und 243. 41

stock war zwar selbst Mitglied der NSDAP, jedoch half er vielen seiner jüdischen Kollegen in Berlin vor dem Nationalsozialismus zu fliehen. Haberstock bekannte sich als Gegner der „Entarteten Kunst“, verkaufte aber zahlreiche Objekte am internationalen Markt.201 Wie schon im Kapitel 2.4. „Sonderauftrag Linz“ erwähnt, verkaufte Haberstock schon vor dem Krieg an Hitler über 70 Gemälde.202 Als Hitler von seiner Italienreise zurückkam und sich für das Deutsche Reich ein Kunstmuseum wie die Uffizien wünschte, schlug ihm Haberstock Hans Posse für die Leitung des Museums vor. Nachdem Posse zum Direktor des Linzer „Füh- rermuseums“ berufen wurde, wurde Haberstock zu seinem Chefberater und somit bestand ein guter geschäftlicher Kontakt zwischen ihnen. Für den „Sonderauftrag Linz“ verkaufte der Kunsthändler Haberstock über 100 Kunstobjekte an Direktor Posse, an. Posses Nachfolger, Hermann Voss, verkaufte er jedoch kein einziges Gemälde.203

Kajetan Mühlmann

Kajetan Mühlmann wurde 1889 in der Nähe von Zell am See geboren und studierte sowohl in Wien, als auch in Innsbruck Kunstgeschichte. Vor dem nationalsozialistischen Regime war er für die Werbung der Salzburger Festspiele zuständig und ab März 1938 war er Staatssekretär für Kunst und SS-Standartenführer.204 Mühlmanns Sammelschwerpunkt war die Österreichi- sche Moderne.205 Ab dem Jahr 1939 war er für die Plünderung in Polen und ab 1940 für die Plünderung in Holland sowie Belgien ermächtigt.206 In diesen Ländern plünderte Mühlmann Museen, Kirchen, Adelssitze und vieles mehr. Durch seine Taten wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg in Polen zum Tod verurteilt,207 aber es kam nicht dazu, da er von der amerikani- schen Besatzungsmacht gedeckt bis zum Jahr 1958 in München wohnte.208 Diese konnte er anscheinend von seiner Bedeutsamkeit überzeugen, von Österreich wurde er jedenfalls zum Vermögensverfall verurteilt. Kajetan Mühlmann starb 1958 an Magenkrebs.209 Der Historiker

201 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 47. 202 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 15. 203 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 47-48. 204 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 94. 205 Vgl. PLASSER Gerhard, Karrieren von Salzburger Museumsfachleuten während der NS-Zeit. In: Ingrid BAUER / Helga EMBACHER / Ernst HANISCH (Hgg.), Kunst – Kommunikation – Macht. Sechster österreichischer Zeitgeschichtetag 2003. Innsbruck 2004, S. 131. 206 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 94. 207 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 246. 208 Vgl. PLASSER, Karrieren von Salzburger Museumsfachleuten, 2004, S. 131. 209 Vgl. HOLZBAUER, NS-Kunstraub in Österreich, 2005, S. 246. 42

Petropoulos bezeichnet ihn folgendermaßen: „Kajetan Mühlmann was arguably the single most prodigious art plunderer in the history of human civilization“.210

Maria Almas Dietrich

Untersucht man die Kunsthändler, von denen Hitler Gemälde erwarb, so sticht eine Person besonders ins Auge, nämlich Maria Almas Dietrich.211 Die deutsche Kunsthändlerin, für die das Handeln mit Kunstobjekten ein Hobby war, verkaufte an Hitler mehr Kunstwerke als alle anderen.212 Maria Almas Dietrich wurde 1892 in München als „Halbjüdin“ geboren und gebar 1910 eine uneheliche Tochter von einem Juden.213 Im Jahr 1921 heiratete sie den aus der Tür- kei stammenden Juden Ali Almas-Diamant und nahm sowohl die türkische Staatsbürger- schaft, als auch den jüdischen Glauben an.214 Sie ließ sich von ihrem Ehemann nach über fünfzehn Jahren Ehe, im Jahr 1937 scheiden und nahm daraufhin die deutsche Staatsbürger- schaft und ihren Mädchennamen wieder an, aber für ihre Galerie in München behielt sie wei- terhin den Namen Almas. Die angesehene Galerie von Dietrich befand sich in der Ottostraße in München. Die Kunsthändlerin, die aber kein Parteimitglied der NSDAP war,215 verkaufte für das „Führermuseum“ in Linz 1938 Kunstobjekte wie Gemälde und Skulpturen. Almas Dietrich lernte Hitler durch den Fotografen Heinrich Hoffmann216 kennen und zunächst ver- kauften sie gemeinsam Kunstwerke an Hitler. Ab 1940 konnte sie selber und ohne Zustim- mung von Direktor Posse Gemälde an Hitler übermitteln. Zu ihren Lieferanten zählten Gale- rien in München, Wiesbaden und Berlin. Ihre Verkäufe zeichneten sich jedoch mehr durch Quantität als durch Qualität aus und unter ihren verkauften Gemälden waren beschlagnahmte Werke aus dem „Altreich“ als auch aus der „Ostmark“ zu finden.217 Wie schon in den vorhe- rigen Kapiteln geschildert wurde, reisten viele Kunsthändler für ihre Einkäufe durch ganz Eu- ropa und sogar auch außerhalb von Europa, aber Dietrich grenzte ihr Auftragsgebiet auf Frankreich, wo sie mehrere Beobachter hatte, die für sie arbeiteten.218

210 PETROPOULOS Jonathan, The Faustian Bargain. The Art World in . London 2000, S. 170. 211 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 105. 212 Vgl. PETROPOULOS, Kunstraub und Sammelwahn, 1999, S. 235. 213 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 51. 214 Vgl. SCHWARZ, Hitler und die Kunst, 2011, S. 149. 215 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 51. 216 Der aus Deutschland stammende Heinrich Hoffmann war zur Zeit des Nationalsozialismus Hitlers Fotograf. 217 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 105-106. 218 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 51. 43

Durch ihre geschäftliche Beziehung zu Hitler konnte sie nicht nur ein Vermögen verdienen, sondern gleichzeitig damit auch ihre als „Halbjüdin“ angesehene Tochter vor der Deportation in ein Konzentrationslager retten.219

Durch diese fünf Personen soll in der Arbeit aufgezeigt werden, dass nicht nur Institutionen und Museen am NS-Kunstraub beteiligt waren, sondern auch Privatpersonen als Nutznießer auftraten. Natürlich waren es mehr als diese fünf Personen, die sich durch den NS-Kunstraub bereicherten, diese fünf sollen nur einen exemplarischen Ausschnitt darstellen. Alfred Rosen- berg wurde in diesem Zusammenhang beispielsweise erwähnt, weil er durch sein Amt als ERR und durch den Zusatz im „Führererlass“ eine Sonderstellung im gesamten Prozess des NS-Kunstraubes einnahm. Maria Almas Dietrich stellte als „Halbjüdin“ generell eine Aus- nahme dar, anhand ihrer Geschichte wird aufgezeigt, dass Hitler wenig Interesse daran hatte, ob die Personen seiner Partei nahestanden oder nicht. Seine Priorität war einzig und allein seine Leidenschaft des Kunstsammelns.220 Hermann Göring ist für diese Arbeit von Bedeu- tung, weil er durch seinen Sammelwahn mit der Familie Altmann, welche in dieser Arbeit ei- ne besondere Stelle einnimmt, indirekt in Kontakt kam. Bei der Hochzeit von Fritz und bekam Maria von ihrem Onkel Ferdinand Bloch-Bauer eine Diamantkette und Ohr- ringe, die einst ihrer Tante Adele gehörten. Als die Nationalsozialisten ihr gesamtes Hab und Gut beschlagnahmten, wurde die Kette Hermann Göring übergeben, der diese seiner zweiten Ehefrau Emmy Sonnemann schenkte.221

219 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 106. 220 Vgl. HAASE, Kunstraub und Kunstschutz, 1991, S. 50. 221 Vgl. PETROPOULOS Jonathan, Report of Professor Jonathan Petropoulos Claremont McKenna College. Juli 2005. In: http://www.bslaw.com/altmann/Klimt/Petropoulos.pdf [Abruf am 25.5.2018]. 44

4. Restitutionsgesetzgebung in Österreich

Nach dem Untergang des NS-Regimes hatte Österreich in verschiedenen Bereichen des Lan- des mehrere Probleme und Herausforderungen zu bewältigen. Eine der größten Herausforde- rungen der Republik war der Umgang mit dem Nationalsozialismus und vor allem mit dem entzogenen Vermögen der jüdischen Bevölkerung.222 Wenn man sich mit dem Verlauf der österreichischen Restitutionsgesetzgebung näher be- schäftigt, so kann man zwar erkennen, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Öster- reich mehrmals bestrebt war, das entzogene Vermögen den Überlebenden bzw. den rechtmä- ßigen Erbinnen und Erben zurückzugeben, aber in der Umsetzung ist das Bemühen der Re- publik kläglich gescheitert, denn nur ein kleiner Bruchteil bekam durch die laufend erlassenen Restitutionsgesetze sein Eigentum wieder und das auch nur unter schwersten Bedingungen. Für die Antragsstellerinnen und Antragssteller war es eine Zumutung, sich bei diesen bürokra- tischen Hürden noch auszukennen. Viele Hindernisse der Restitutionsgesetzgebung hingen zunächst mit der sogenannten „Opferthese“ zusammen“.223 In der Moskauer Deklaration, die im Herbst 1943 von den Alliierten (UdSSR, Großbritannien und den USA) unterzeichnet wurde, entschied man, dass Österreich als erstes Opfer des NS-Regimes gesehen werden kann, aber es wurde auch darauf hingewiesen, dass das Land wesentlich am Krieg mitverant- wortlich war. Die Nachkriegspolitik setzte den Fokus im Hinblick auf den kommenden Staatsvertrag jedoch nur auf die „Opferthese“.224 Ein Beispiel für diese Haltung ist die Wort- meldung von Bundesminister Ernst Kolb225 im Nationalrat des Jahres 1948: „Von dem Reich- tum hat Österreich nichts und das Unrecht, das den Juden zugefügt wurde, hat Österreich nicht zugefügt. Österreich und das Großdeutsche Reich, das ist ein Unterschied.“226 Mit dem Reichtum, von dem Österreich angeblich nichts hat, ist das entzogene jüdische Vermögen gemeint.

222 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 241. 223 Vgl. BLIMLINGER Eva, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich 1945 bis 2008. Ein Überblick. In: Gabriele ANDERL u. a. (Hgg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Prove- nienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1). Wien / Köln / Weimar 2009, S. 17. 224 Vgl. BAILER-GALANDA Brigitte, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen für Opfer des Na- tionalsozialismus von 1945 bis zum Washingtoner Abkommen 2001. In: Stefan KARNER / Walter M. IBER (Hgg.), Schweres Erbe und „Wiedergutmachung“. Restitution und Entschädigung in Österreich; die Bilanz der Regierung Schüssel (= Veröffentlichungen des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung 24). In- nsbruck / Wien 2015, S. 26. 225 Kolb Ernst war Parteimitglied der ÖVP und Bundesminister sowohl für Unterricht als auch für Handel und Wiederaufbau. 226 KNIGHT Robert, „Ich bin dafür die Sache in die Länge zu ziehen“. Die Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung von 1945 bis 1952 über die Entschädigung der Juden. Wien / Köln / Weimar 2000, S. 146. 45

Die Verbindung der „Opferthese“ mit der Restitutionsgesetzgebung in der Nachkriegszeit bringt BAILER-GALANDA wie folgt auf den Punkt:

„Mehrfach wurde seitens der Politik betont, Österreich sei selbst das erste und größte Opfer des NS-Regimes. Die aus dieser Haltung resultierende Leugnung jeder (Mit-)Verantwortung für die auf österreichischem Gebiet begangenen NS-Verbrechen – die Schuld wurde aus- schließlich dem Deutschen Reich zugeschrieben –, gepaart mit nach wie vor vorhandenem An- tisemitismus, führten zu einer restriktiven Grundhaltung vor allem gegenüber den Ansprüchen der jüdischen NS-Opfer.“227

Österreich klammerte sich sehr lange an die „Opferthese“ durch Artikel wie „A Legacy of Shame“228 von Andrew Decker,229 der 1984 in der amerikanischen Kunstzeitschrift ARTnews veröffentlicht wurde,230 oder den Beitrag „Waldheim in Context: and Nazism“231 von Robert Knight im Jahr 1986 verfasst,232 wurde die österreichische Politik jedoch immer mehr unter Druck gesetzt, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzuset- zen.233 Erst zu Ende der 1980er Jahre bekannte sich die Republik langsam dazu, nicht nur Opfer im Zweiten Weltkrieg gewesen zu sein, sondern auch Täter, der maßgeblich an verschiedensten Geschehnissen beteiligt war.234 Die Mitverantwortung Österreichs am Zweiten Weltkrieg wurde allerdings erst 1991 durch den damaligen Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky235 zum ersten Mal öffentlich ausgesprochen. Am 8. Juli 1991 hielt Vranitzky im Nationalrat folgende Rede:236

227 BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 26. 228 DECKER Andrew, A Legacy of Shame. In: http://www.artnews.com/2007/11/01/top-ten-artnews-stories- making-a-difference/ [Abruf am 30.4.2018]. 229 Decker Andrew ist ein Kunstjournalist und Restitutionsexperte, der viele Artikel zu diesem Thema in der re- nommierten amerikanischen Kunstzeitschrift ARTnews veröffentlichte. 230 Vgl. ZECHNER Ingo, Kunst und Restitution in Österreich. Die Zweite Republik und ihr Vermächtnis der Schande. In: Dietmar PAUGER (Hg.), Art goes law. Dialoge zum Wechselspiel zwischen Kunst und Recht (=Studien zu Politik und Verwaltung 83). Wien / Köln / Weimar 2005, S. 225. 231 KNIGHT Robert, Der Waldheim-Kontext: Österreich und der Nationalsozialismus. In: Gerhard BOTZ / Ge- rald SPRENGNAGEL (Hgg.), Kontroversen um Österreichs Zeitgeschichte. Verdrängte Vergangenheit, Österreich- Identität, Waldheim und die Historiker (= Studien zur historischen Sozialwissenschaft 13), Frankfurt am Main 2008, S. 78-88. Englischer Artikel in der Originalverfassung: The Waldheim context: Austria and Nazism. In: Times Literary Supplement, 30. Oktober 1986. 232 Knight Robert ist ein Historiker und Restitutionsexperte aus Großbritannien und veröffentlichte schon viele Werke und Aufsätze zum Thema Restitutionspolitik in Österreich. 233 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 26 und JABLO- NER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 22. 234 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.17. 235 Vranitzky Franz war Bundesparteivorsitzender der SPÖ und Bundeskanzler in den Jahren 1986-1997. 236 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 22. 46

„[…] Wir bekennen uns zu allen Taten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unse- res Volkes, zu den guten wie zu den bösen: und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen - bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten. Dieses Bekenntnis haben österreichische Politiker immer wieder ab- gelegt. Ich möchte das heute ausdrücklich auch im Namen der österreichischen Bundesregie- rung tun: als Maßstab für das Verhältnis, das wir heute zu unserer Geschichte haben müssen, also als Maßstab für die Kultur in unserem Land, aber auch als unseren Beitrag zur neuen poli- tischen Kultur in Europa.“237

Durch das Bekenntnis von Bundeskanzler Vranitzky hatten viele Opfer des Nationalsozialis- mus die Hoffnung auf Entschädigung durch die Republik Österreich. Viele ehemalige Öster- reicherinnen und Österreicher warteten auf Antworten der unzähligen offenen Fragen. Fünfzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde aus diesem Grund der Nationalfonds der Republik Österreich geschaffen.238 Durch den Nationalfonds der Republik Österreich239 erhielten das erste Mal Verfolgte des Nationalsozialismus wie Homosexuelle und Opfer der Erbgesundheitspolitik eine pauschale Zahlung vom Staat, denn die soeben genannten Perso- nen, waren vom Opferfürsorgegesetz (OFG), das im Juli 1945 beschlossen wurde, nicht be- rücksichtigt worden.240 Durch das Gesetz vom 17. Juli 1945 über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich,241 wurden nämlich zunächst nur Per- sonen, die sich für ein demokratisches Österreich und gegen den Nationalsozialismus einsetz- ten und gekämpft hatten, berücksichtigt.242

In den 1990er Jahren wurden unabhängigen Historikerkommissionen in Österreich, aber auch in Deutschland und in der Schweiz von der Regierung und ebenso von vielen Museen und Bibliotheken eingerichtet. Die österreichische Historikerkommission hatte von 1998-2003 die Aufgabe, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen, um die

237 Rede vom ehemaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky vor dem Nationalrat am 8. Juli 1991. In: Hermann Maurer (Hg.) austria-forum.org; https://austria- forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Zeitgeschichte/Verantwortung_%C3%96sterreichs [Abruf am 30.4.2018]. 238 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 40. 239 Offizielle Seite des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus https://www.nationalfonds.org/ueber-uns.html [Abruf am 30.4.2018]. 240 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 40-41. 241 Gesetz vom 17. Juli 1945 über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Öster- reich in: ns-quellen.at (Hg.), StGBl Nr.90/1945 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10004610&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 242 Vgl. Ebda. 47

Themen des Vermögensentzuges, der Rückstellungsgesetze und der Entschädigungen neu aufzugreifen und zu analysieren.243 Die Österreichische Historikerkommission bestand aus neun Mitgliedern und über 160 For- scherinnen und Forschern. Der zeitliche Rahmen des Untersuchungsbereiches begann ab dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und dauert bis zur Einrichtung der Kommissi- on im Jahre 1998.244 Die Einrichtung war über vier Jahre mit ihrer Forschung tätig und war politisch völlig unabhängig. Am Anfang des Jahres 2003 legte sie ihren Endbericht vor und in 49 Bänden wurden ihre Forschungsprojekte dokumentiert. Drei Jahre zuvor kam es unter der Führung der USA zu Verhandlungen zwischen den Anwälten der Opfer und der österreichi- schen Vertreterinnen und Vertreter und zusätzlich waren auch Mitglieder der Österreichi- schen Historikerkommission miteingebunden.245 Diese Verhandlungen führten zum Washing- toner Abkommen, wodurch weitere Regelungen der Entschädigungen durch die Republik Ös- terreich festgelegt wurden.246 Doch auch mit dem Washingtoner Abkommen ist die Restituti- onsgesetzgebung in Österreich noch nicht abgeschlossen. Zeitgleich mit der Entstehung der österreichischen Historikerkommission im Jahr 1998 wurde das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bun- desmuseen und Sammlungen (Kunstrückgabegesetz)247 beschlossen. Laut diesem Gesetz wur- de die Rückgabe von Kunst- und Kulturgegenständen aus Bundesmuseen an ihre rechtmäßi- gen Besitzer durchgeführt, sofern bestimmten Vorgaben erfüllten wurden.248

Der soeben kurz dargestellte chronologische Verlauf der österreichischen Restitutionspolitik zeigt, dass auch im Jahr 2018 die Restitutionsverfahren in der Republik Österreich bei weitem noch nicht beendet sind und somit hatte Eve Tucker, ein Mitglied der Reparation, Deliveries and Restitution-Abteilung der US-Forces (RD&R) Recht, als sie im Jahr 1948 in München sich über den NS-Kunstraub folgendermaßen äußerte:249

243 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.18. 244 Vgl. JABLONER, Die Österreichische Historikerkommission, 2005, S. 13. 245 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 41-42. 246 Vgl. Ebda., S. 42. 247 Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl I Nr. 181/1998 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10075310&action=B_Read [Abruf am 12.5.2018]. 248 Vgl. Ebda. 249 Vgl. SAILER Gerhard, Rückbringung und Rückgabe: 1945-1966. In: Theodor BRÜCKLER (Hg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute. Mit Quellendokumentation, Bildteil, Gesetzestexten und Archivindex (= Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 19). Wien / Köln / Weimar 1999, S. 31. 48

„Die gigantische Suche nach ihrem verlorenen Erbe, das die europäischen Nationen während der letzten drei Jahre durchgeführt haben, wird wahrscheinlich noch während der nächsten fünfzig Jahre anhalten.“250

In den nächsten drei Abschnitten wird nun genauer auf die Restitutionspolitik in Österreich eingegangen. Der erste Abschnitt behandelt die Anfänge der Restitutionsgesetzgebung in der Nachkriegszeit. In diesem Punkt werden die ersten Rückstellungsgesetze in den 1940er Jahren dargestellt und analysiert. Im nächsten Abschnitt wird die Restitutionsgesetzgebung nach dem Staatsvertrag im Jahr 1955 dokumentiert und näher beleuchtet und im letzten Abschnitt wer- den die unzähligen Probleme der österreichischen Restitutionsgesetzgebung dargelegt und analysiert.

4.1. Die Anfänge der Restitutionsgesetzgebung in der Nachkriegszeit

Bevor auf die Anfänge der Restitutionsgesetzgebung in Österreich eingegangen werden kann, erfolgt ein kurzer Exkurs in die Jahre 1943 und 1945. Am 5. Jänner 1943 wurde die Londoner Deklaration251 unterzeichnet, in der die Alliierten erklärten, dass sie die Vermögensberaubun- gen des NS-Regimes in den besetzten Gebieten nach Kriegsende für nichtig erklären. Ebenso sollten mit dieser Erklärung neutrale Staaten zurückgehalten werden, während des Zweiten Weltkrieges mit dem Deutschen Reich Handel zu betreiben.252 Noch im selben Jahr fingen auch die USA an, sich mit dem Geschehen am Kunstmarkt in Europa zu beschäftigen. Im Au- gust wurde aus diesem Grund am obersten Gerichtshof durch Richter Owen J. Roberts die American commission for the protection and salvage of artistic and historic monuments in war areas, auch Roberts-Commisison genannt, gegründet. In der Roberts-Commission waren angesehen Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker involviert, die zunächst folgende Aufga- ben hatten: Zu einem mussten sie ein Verzeichnis über kostbare europäische Denkmäler und Bauwerke anfertigen, denn diese sollten durch amerikanische Truppen vor Zerstörungen wäh- rend des Krieges geschützt werden und zum anderen mussten sie verschiedenste Informatio- nen über feindliche Nutznießer, die am Kunst- und Kulturraub wesentlich beteiligt waren,

250 Zitiert nach SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 31. 251 Londoner Deklaration vom 5. Jänner 1943. In: Robert Knight (Hg.), „Ich bin dafür die Sache in die Länge zu ziehen“. Die Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung von 1945 bis 1952 über die Entschädigung der Juden. Wien / Köln / Weimar 2000, S. 185-186. 252 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 248 und 41. 49

sammeln. Für die praktische Durchführung in Europa wurde die Truppe Museum, fine arts and archives gegründet.253 Die Kunst- und Kulturgegenstände, die kurz vor Ende des Krieges in verschiedenen Depots in Altaussee, Bad Ischl und in einigen Schlössern und Klöstern in Oberbayern untergebracht worden waren, wurden im Juni 1945 von den Amerikanern zum Central Art Collecting Point in München (CACP) transportiert. Die ehemaligen Gebäude des NS-Regimes am Münchner Königsplatz wurden ab Mai 1945 als Central Art Collecting Point genutzt. Doch nicht nur Kunst- und Kulturgüter sind im CACP untergebracht worden, sondern auch Musikinstrumen- te, Münzsammlungen und viele andere wertvolle Gegenstände. Die einzelnen Objekte beka- men eine Eingangsnummer, die auch Munich Number genannt wurde, und zusätzlich wurden Daten wie Lagerort, Provenienz und der Gegenstand selbst charakterisiert. Ab dem Herbst 1945 fing man mit der Rückerstattung erster Kunstgegenstände, die im ehemaligen Deutschen Reich entzogen worden waren, an. Die Rückerstattung von entzogenen Kunstobjekten von ehemals besetzten Gebieten der Nationalsozialisten konnten nicht von der Besitzerin bzw. von dem Besitzer, sondern nur vom Land selbst erhoben werden.254 Das Bundesdenkmalamt in Wien und der CACP in München waren zu dieser Zeit sehr bemüht, so viele Rückführungen wie möglich durchzuführen. Wenn die Eigentümerinnen bzw. die Eigentümer der Kunstob- jekte nicht ermittelt werden konnten, das Land, in diesem Fall Österreich jedoch bekannt war, wurden die Kunst- und Kulturgegenstände, die von nun an vom Bundesdankmalamt verwaltet wurden, der Regierung überstellt.255 Otto Demus, Leiter des Bundesdenkmalamtes von 1946- 1964,256 hielt in einem Bericht über den CACP von 1948 folgendes fest:

„Österreich behalte nichts von der Restitutionsmasse für sich, es habe auch nicht die Absicht, etwa die unidentifiziert bleibenden Objekte in den Staatsbesitz als Bereicherung der öffentli- chen Sammlungen zu übernehmen.“257

253 Vgl. LÖHR, Das Braune Haus der Kunst, 2016, S. 60. 254 Vgl. LAUTERBACH Iris, Der Central Art Collecting Point in München 1945-1949. Kunstschutz, Restitution und Wirtschaft. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdi- schen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 197-199. 255 Vgl. SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 32. 256 Vgl. BRÜCKLER Theodor / NIMETH Ulrike, Personenlexikon zur österreichischen Denkmalpflege(1850- 1990), Wien 2001, S. 47. 257 Zitiert nach SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 33. 50

Im Jahr 1952 wurde der CACP in München eingestellt und die Regierung übernahm 960 Ge- mälde, deren österreichischen Besitzerinnen und Besitzer zuvor nicht eruiert werden konn- ten.258

Nun zu den Anfängen der Restitutionsgesetzgebung in Österreich in der Nachkriegszeit. Am 27. April 1945 wurde von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der Sozialistischen Partei (SPÖ) und der Kommunistischen Partei (KPÖ) die Zweite Republik in Österreich ausgeru- fen.259 Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, sah die Republik Österreich durch die Mos- kauer Deklaration die Verantwortung für die Vergehen im Nationalsozialismus nicht bei sich selbst, sondern beim Deutschen Reich.260 Des Weiteren war nach dem Zweiten Weltkrieg An- tisemitismus sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Regierung nach wie vor zu spüren. Immer noch wurde die jüdische Bevölkerung als „fremd und anders“ gesehen, wohingegen die ehemaligen Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten als „unsere“ Leute definiert wurden, für die man Verständnis zeigen sollte, anstatt sie zu bestrafen.261 Als Beispiel hierfür wird eine Aussage von Bundesminister Oskar Helmer262 vom Jahr 1948 zitiert:

„Was den Juden weggenommen wurde, kann man nicht auf die Plattform „Großdeutsches Reich‟ bringen. Ein Großteil fällt schon auf einen Teil unserer lieben Mitbürger zurück. Das ist eine Feststellung, die den Tatsachen entspricht. Aber auf der anderen Seite muß [sic!] ich sagen, daß [sic!] was im Antrag steht, richtig ist. Ich sehe überall nur jüdische Ausbreitung wie bei der Ärzteschaft, beim Handel vor allem in Wien. […] Auch den Nazis ist im Jahre 1945 alles weggenommen worden und wir sehen jetzt Verhältnisse, daß [sic!] sogar der nat.soz. Akademiker auf dem Oberbau arbeiten muß [sic!].“263

Zunächst war die Regierung sich nicht einig, wie man mit dem im Zweiten Weltkrieg entzo- genen jüdischen Vermögen vorgehen sollte.264 Im Mai 1945 wurde das Gesetz über die Erfas- sung arisierter und anderer im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtüber-

258 Vgl. Der Central Art Collecting Point in München Kunstrestitution in der Nachkriegszeit. In: Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (Hg.); https://www.kunstdatenbank.at/der-central-art- collecting-point-in-muenchen-kunstrestitution-in-der-nachkriegszeit.html [Abruf am 30.4.2018]. 259 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 25-26. 260 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.19. 261 Vgl. BAILER-GALANDA Brigitte, Die Rückstellungsproblematik in Österreich. In: Constantin GOSCHLER / Jürgen LILLTEICHER (Hgg.), „Arisierung“ und Restitution. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in Deutsch- land und Österreich nach 1945 und 1989. Göttingen 2002, S. 169. 262 Oskar Helmer war Parteimitglied der SPÖ und Bundesminister für Inneres. 263 KNIGHT, Wortprotokolle der österreichischen Bundesregierung, 2000, S. 146. 264 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 247. 51

nahme entzogener Vermögenschaften265 beschlossen, mit dem die gesamte Vermögenschaft erfasst werden sollte und gleichzeitig waren die Inhaberinnen und Inhaber der Vermögen- schaft verpflichtet, dies innerhalb eines Monats im zuständigen Amt anzumelden. Die Unter- lassung der Anmeldung wurde mit 1-5 Jahren Kerker bestraft und bei beträchtlichem Umfang der Vermögenschaft sogar mit 5 bis 10 Jahren.266 Das Gesetz konnte aber erst im Jahr 1946 für die ganze Republik rechtskräftig werden und wie schon erwähnt, lag die Anmeldepflicht beim Entzieher, jedoch blieb den betroffenen Personen eine rechtsunverbindliche Option der Meldung.267 Wegen der „Opferthese“ beschloss man im Frühjahr 1946, dass nur die Vermö- genswerte zurückgegeben werden können, die zu dem Zeitpunkt noch gegenwärtig waren. Durch diese Naturalrestitution lehnte Österreich fürs erste ab, Entschädigungssummen an die NS-Opfer zu zahlen. Diese Richtlinie wurde einige Jahre später durch den Staatsvertrag im Jahr 1955 gebrochen, doch darauf wird im nächsten Kapitel noch genauer eingegangen.268 Ebenso trat am 15. Mai 1946 das Bundesgesetz vom 15. Mai 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind,269 in Kraft. Durch dieses Gesetz konnten alle Rechtsgeschäfte, die nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich erfolgten, für nichtig erklärt werden und des Weiteren stellte es die Basis für die danach verordneten Rückstellungsgesetze in Österreich dar.270 Somit erkannte die Regierung die Richtlinien der Londoner Deklaration an, aber es gingen keine eindeutigen Rechtsfolgen hervor.271

Im Folgenden werden nun die sieben Rückstellungsgesetze, die von 1946 bis 1949 in Öster- reich erlassen wurden, skizziert und erläutert. Die ersten drei Rückstellungsgesetze sind für die Thematik des NS-Kunstraubes relevant, wobei vor allem das dritte Rückstellungsgesetz von großer Bedeutung war.

Die ersten drei Gesetze beziehen sich auf die Methode des Vermögensentzugs und besonders auf die jetzige Besitzerin bzw. den jetzigen Besitzer des Vermögens, während die andern sich

265 Gesetz über die Erfassung arisierter und anderer im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Macht- übernahme entzogener Vermögenschaften in: ns-quellen.at (Hg.); StGBl Nr. 10/1945 http://www.ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10000710&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 266 Vgl. Ebda. 267 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 169-171. 268 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.19. 269 Bundesgesetz vom 15. Mai 1946 über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshand- lungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind in: ns-quellen.at (Hg.); BGBl Nr. 106/1946 http://www.ns-quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10012410 [Abruf am 30.4.2018]. 270 Vgl. Ebda. 271 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 171. 52

auf verschiedene Arten des eingezogenen Vermögens beziehen.272 Der Ausdruck „Vermögen“ war in diesem Fall jede Art von Eigentum wie zum Beispiel Kunstwerke, Haushaltsgegen- stände, Betriebe usw..273 Des Weiteren lag der Vollzug der einzelnen Rückstellungsgesetze bei verschiedenen Institutionen und Behörden des Landes.274 Rückgestellt werden konnte nur das Vermögen, welches noch physisch vorhanden war und genauestens bestimmt werden konnte. Die sieben Rückstellungsgesetzte sahen eine Regelung von Vermögen, das nach dem Krieg nicht mehr vorhanden war, nicht vor.275 Das erste Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 26. Juli 1946 über die Rückstellung entzo- gener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befinden,276 brachte keine beachtlichen Probleme mit sich, da es nur entzogenes Eigentum betraf, welches durch die 11. und 13. Verordnung zum Reichsbürgergesetz entzogen wurde.277 Das zweite Rückstellungsgesetz Bundesgesetz vom 6. Februar 1947 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich im Eigentum der Republik Österreich befinden,278 bezog sich nur auf entzogenes Vermögen, dass sich zu diesem Zeitpunkt in der Republik selbst befand.279 Anders war es beim dritten Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen,280 das sich mit entzogenem Vermögen, das sich in der Nachkriegszeit in Privatbesitz befand, befasste.281 In diesem Gesetz wurde das Vermögen behandelt, das während der NS-Zeit durch verschiedene Anordnungen und Gesetze der rechtsmäßigen Besitzerin bzw. dem rechtsmäßigen Besitzer genommen wurde. Des Weiteren war das dritte Rückstellungsgesetz im Bezug auf den Begriff „Vermögensentziehung” im Ge- gensatz zu den vorherigen sehr ausführlich definiert. Laut Gesetz handelte es sich dann um eine Vermögensentziehung, wenn die bzw. der Betroffene politisch durch die Nationalsozia- listen verfolgt wurde. Laut der Rückstellungskommission wurde die jüdische Bevölkerung als Hauptopfer der politischen Verfolgung im Nationalsozialismus gesehen.282 Doch schon beim

272 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 29-30. 273 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 45. 274 Vgl. BAILER-GALANDA, Rückstellung, Entschädigung und andere Maßnahmen, 2015, S. 30. 275 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 45. 276 Bundesgesetz vom 26. Juli 1946 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befinden in: ns-quellen.at (Hg.); BGBl Nr. 156/1946 http://www.ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10013610 [Abruf am 30.4.2018]. 277 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 45. 278 Bundesgesetz vom 6. Februar 1947 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich im Eigentum der Republik Österreich befinden in ns-quellen.at (Hg.); BGBl Nr.53/1947 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10014810&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 279 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 172. 280 Bundesgesetz vom 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen in: ns-quellen.at (Hg.); BGBl Nr. 54/1947 http://ns-quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10014910&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 281 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 172. 282 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 257-259. 53

Gesetzesentwurf des dritten Rückstellungsgesetzes gab es heftige Diskussionen, denn man gab offensichtlich dem Vermögensentzieher gegenüber dem Opfer Vorrang. Außerdem wurde im Gesetz zusätzlich der Vermögensentzieher als „Erwerber“ genannt und die Opfer als „ge- schädigte Eigentümer“, die dazu verpflichtet waren, den Preis des gekauften Objektes für den „Erwerber“ wieder zu begleichen. In diesem Fall muss nicht zusätzlich erwähnt werden, dass kaum ein Opfer den Kaufpreis des Objektes während des Zweiten Weltkrieges tatsächlich er- halten hatte. Die Israelitische Kultusgemeinde zeigte schon beim Gesetzesentwurf zahlreiche Schwierigkeiten auf, die jedoch von der Regierung nicht behandelt wurden. In der Praxis stellten sich dadurch unzählige Probleme heraus, auf die im Kapitel 4.3. noch genauer einge- gangen werden wird.283 Auch nachdem das Gesetz schon beschlossen worden war, gab es noch immer zahlreiche Dis- kussionen und Kritik, aber diesmal vom Verband der Unabhängigen (VdU) und dem Wirt- schaftsflügel der ÖVP. Gegner der Rückstellungen schlossen sich zum sogenannten Schutz- verband der Rückstellungsbetroffenen zusammen und argumentierten mit antisemitischen Ste- reotypen und mit Aussagen wie zum Beispiel: die Objekte seien aus Entgegenkommen und Hilfsbereitschaft der jüdischen Bevölkerung gegenüber abgekauft worden, um ihnen die Auswanderung zu finanzieren. Besonders der VdU und der Wirtschaftsflügel der ÖVP forder- ten eine Novellierung des dritten Rückstellungsgesetzes, aber die Aktionen scheiterten vor al- lem an den USA, denn eine Lockerung des Rückstellungsgesetzes verstoße gegen die Londo- ner Deklaration.284 In den Jahren 1947 bis 1949 wurden vier weitere Rückstellungsgesetze beschlossen, die hier jedoch nur kurz erwähnt werden, weil sie spezielle Schwierigkeiten des Vermögensentzuges im Wirtschaftssektor behandelten.285 Das vierte Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 21. Mai 1947, betreffend die unter nationalsozialistischem Zwang geänderten oder gelöschten Firmennamen,286 war für die Wiederherstellung von Firmennamen verantwortlich.287 Das fünfte Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 22. Juni 1949 über die Rückstellung entzoge- nen Vermögens juristischer Personen des Wirtschaftslebens, die ihre Rechtspersönlichkeit un- ter nationalsozialistischem Zwang verloren haben,288 regelte das entzogene Vermögen von

283 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 172. 284 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 46-47. 285 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 177. 286 Bundesgesetz vom 21. Mai 1947, betreffend die unter nationalsozialistischem Zwang geänderten oder ge- löschten Firmennamen in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 143/1947 http://www.ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10016610 [Abruf am 30.4.2018]. 287 Vgl. Ebda. 288 Bundesgesetz vom 22. Juni 1949 über die Rückstellung entzogenen Vermögens juristischer Personen des Wirtschaftslebens, die ihre Rechtspersönlichkeit unter nationalsozialistischem Zwang verloren haben in: ns- 54

juristische Personen289 und das sechste Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 30. Juni 1949 über die Rückstellung gewerblicher Schutzrechte,290 regelte zum Beispiel entzogene Patent- rechte.291 Das letzte Rückstellungsgesetz, Bundesgesetz vom 14. Juli 1949 über die Geltend- machung entzogener oder nicht erfüllter Ansprüche aus Dienstverhältnissen in der Privat- wirtschaft,292 regelte zum Beispiel Lohn- und Gehaltsansprüche der NS-Opfer.293 Um ihren Anspruch geltend zu machen, mussten die Opfer des Nationalsozialismus gewisse Fristen einhalten. Für die ersten drei Rückstellungsgesetze betrug dieser Zeitraum ursprüng- lich ein Jahr, aber es gab verschiedene Verlängerungsfristen, die aber für die Antragsstellerin- nen und Antragssteller sehr unübersichtlich waren.294 Das Ende der Rückstellungsantragsfrist war am 31. Juli 1956.295 Jüdinnen und Juden, die den Zweiten Weltkrieg überlebten, hofften zu diesem Zeitpunkt, dass sie sehr schnell ihr Vermögen wieder zurückbekommen würden, doch dies war nicht der Fall, denn mehr als die Hälfte der Rückstellungsverfahren fielen nega- tiv aus.296

4.2. Restitutionsgesetzgebung ab dem Jahr 1955

Der österreichische Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich297 wurde am 15. Mai 1955 von der Bundesregierung und von Ver- tretern der Alliierten unterzeichnet.298 Im Artikel 26 verpflichtete sich die Republik, alle ent- zogenen Vermögenschaften von NS-Opfern zurückzugeben oder einen Schadenersatz zu leis- ten, wenn das Eigentum nicht mehr vorhanden war299 und das erblose Vermögen sollte als Hilfeleistung für Verfolgungsopfer eingesetzt werden.300 Durch diesen Artikel im Staatsver-

quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 164/1949 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10022610&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 289 Vgl. Ebda. 290 Bundesgesetz vom 30. Juni 1949 über die Rückstellung gewerblicher Schutzrechte in ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr.199/1949 http://www.ns-quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10023110 [Abruf am 30.4.2018]. 291 Vgl. Ebda. 292 Bundesgesetz vom 14. Juli 1949 über die Geltendmachung entzogener oder nicht erfüllter Ansprüche aus Dienstverhältnissen in der Privatwirtschaft in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 207/1949 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10023410&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 293 Vgl. Ebda. 294 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 277-278. 295 Vgl. SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 34. 296 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 291-294. 297 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich in: ns- quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 152/1955 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10037010&action=B_Read [Abruf am 30. April 2018]. 298 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 334. 299 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 181 300 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 334. 55

trag gingen erneut 16.000 Rückstellungsanträge im Bundesministerium für Finanzen in Wien ein. Des Weiteren hatte Österreich durch den Staatsvertrag die Aufgabe, eine Institution zur Registrierung des erblosen oder unbeansprucht gebliebenen Vermögens zu erstellen und zu verwalten und aus diesem Grund wurde im Jahr 1952 das Auffangorganisationsgesetz (Auf- fOG) beschlossen.301 Durch das Auffangorganisationsgesetz302 wurden zwei Sammelstellen; Sammelstelle A und Sammelstelle B gegründet. Ansprüche aus erblos gebliebenem Vermögen der Sammelstelle A standen allen Personen zu, die am 31. Dezember des Jahres 1937 der isra- elitischen Glaubensgemeinschaft angehört haben und die Ansprüche aus Vermögenschaften der Sammelstelle B, Personen, die zum selben Zeitpunkt nicht der israelitischen Glaubensge- meinschaft angehört haben, wie zum Beispiel den sogenannten „Geltungsjuden“. Die Sam- melstellen hatten zwei Aufgaben, zunächst das unbeanspruchte Vermögen nach dem Krieg zu sammeln und danach als „Wiedergutmachung“ an NS-Opfer auszuzahlen.303 Für die Sammel- stellen waren vor allem Grundstücke und Häuser durch Grundbuchaufzeichnungen sehr leicht zu eruieren. Des Weiteren verhandelten beide Sammelstellen mit Banken und Versicherungs- anstalten sowie mit der Bundesrepublik Deutschland, die durch das Abkommen von Bad Kreuznach im Jahr 1961 eine Ausgleichszahlung in Höhe von sechs Millionen DM an die Sammelstellen beglich. Dieser unbeanspruchte Betrag wurde bewiesenermaßen von den Nati- onalsozialisten nach Berlin gebracht.304 Die Sammelstellen erzielten schlussendlich zusammen einen Betrag von rund 326 Millionen Schilling, der viel höher war, als von der damaligen Politik geschätzt wurde.305 Durch das Bundesgesetz vom 5. April 1962 über die Aufteilung der Mittel der „Sammelstellen“,306 wurde beschlossen, dass 80% des Betrages jüdische Opfer bekamen sollten und die restlichen 20% erhielten Überlebende aus der Sammelstelle B.307 Durch dieses Bundesgesetz trafen darauf 7.458 Anträge bei der Sammelstelle A und 12.012 bei der Sammelstelle B in Wien ein. Die Sammelstelle A verwaltete die Anträge, und zusätzlich baute sie mit dem Betrag ein Alters- heim in Tel Aviv und die Israelitischen Kultusgemeinden in Salzburg, Linz, Graz und Inns- bruck bekamen von der Sammelstelle einen Gesamtbetrag von rund 4 Millionen Schilling. Hierbei sei noch erwähnt, dass die Republik Österreich durch zusätzliche Hilfsfonds- und Ab-

301 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 181. 302 Bundesgesetz vom 13. März 1957 über die Schaffung vom Auffangorganisationen gemäß Artikel 26 § 2 des Staatsvertrages in ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 73/1957 http://www.ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10040410 [Abruf am 30.4.2018]. 303 Vgl. SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 35. 304 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 181-182. 305 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 59. 306 Bundesgesetz vom 5. April 1962 über die Aufteilung der Mittel der „Sammelstellen" in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 108/1962 http://ns-quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10047010&action=B_Read [Ab- ruf am 30.4.2018]. 307 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 60. 56

geltungsfondsgesetze in den 1950er und 1960er Jahren über 1,5 Milliarden Schilling für die NS-Opfer zur Verfügung gestellt hat und im Jahr 1976 wurde der Betrag noch um 440 Millio- nen Schilling erhöht.308 In den 1960er Jahren war es den Sammelstellen A und B kaum mehr möglich, ihre Tätigkeiten fortzusetzen, da ab diesem Zeitraum bei vielen Fällen die Nachweisbarkeit fehlte und somit die Frage aufkam, was mit dem restlichen Kunst- und Kulturgut passieren sollte. Dipl. Ing. Simon Wiesenthal, Gründer und Leiter des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes, machte daher den Vorschlag, eine Liste der erblosen Kunst- und Kulturgegenstände zu erstellen und diese bei allen Botschaften im Ausland aufzulegen, damit ehemalige österreichische Jüdinnen und Juden Einblick nehmen konnten. Durch diesen Vor- schlag sind alle mitwirkenden Stellen wie zum Beispiel das Bundesministerium für Finanzen, das Bundesministerium für Unterricht und das Bundesdenkmalamt, um nur einige zu nennen, übereingekommen, ein neues Gesetz zu beschließen. Durch dieses Gesetz wurden Antrags- fristen verlängert und das Rückstellungsverfahren von Kunst- und Kulturgegenständen konnte beschleunigt werden.309 Nach insgesamt drei Jahren konnte das Bundesgesetz vom 27. Juni 1969 über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenk- malamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes,310 kurz Kunst- und Kulturgutbereinigungsge- setz311 genannt, schlussendlich in Kraft treten. Die herrenlosen Kunst- und Kulturgegenstände wurden ab dem Jahr 1966 in der Kartause Mauerbach, einem Kloster in der Nähe von Wien, untergebracht. Man entschloss sich für die- ses ehemalige Kloster, weil es sehr groß war und es sowohl im Sommer, als auch im Winter ein gleichbleibendes Raumklima vorweisen konnte und somit sehr gut für die Kunstlagerung geeignet war.312 Die Kartause Mauerbach beinhaltete Kunst- und Kulturgüter aus folgenden Beständen:

„1. Der Restbestand 1952 aus dem CACP München[…] es handelte sich dabei um Objek- te, die auf Grund der Erhebungen der US-Forces vermutlich mit Österreich in Verbin-

308 Vgl. SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 36. 309 Vgl. HASLINGER Kurt, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969-1996. In: Theodor BRÜCKLER (Hg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute. Mit Quellendokumentation, Bild- teil, Gesetzestexten und Archivindex (= Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 19). Wien / Köln / Wei- mar 1999, S. 40-41. 310 Bundesgesetz vom 27. Juni 1969 über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl Nr. 294/1969 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10055310&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 311 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 41. 312 Vgl. SAILER, Rückbringung und Rückgabe, 1999, S. 37-38. 57

dung zu bringen waren, deren Herkunft aber auch von den Amerikanern letztlich nicht eruiert werden konnte; 2. Bestände aus dem SS-Depot Schloss Fischhorn in Bruck an der Glocknerstraße (Salz- burg), jenem Schloss, in dem amerikanische Truppen am 8. Mai 1945 den dorthin ge- flüchteten ehemaligen Reichsmarschall Hermann Göring verhafteten 3. Restbestände aus dem Bergungsort Salzberg Altaussee sowie aus den Depots in Wien, Linz und Salzburg 4. Kunstgegenstände, die nach dem Abzug der Besatzungsmächte in alliierten Komman- danturen oder anderen Dienststellen vorgefunden wurden 5. Restbestände, die in den Bergungsorten des Reichsstatthalters von Wien zurückge- blieben und von niemanden übernommen worden sind 6. Herrenloses, in den Kriegs- und Nachkriegswirren gefundenes Kunstgut, das sich in einem Depot der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland befunden hatte.“313

Von den 8.422 untergebrachten Kunst- und Kulturgegenständen314 wurde, wie schon oben erwähnt, ein Verzeichnis angelegt, das nicht nur in der Wiener Zeitung veröffentlicht wurde, sondern auch in allen Gemeindeämtern Österreichs der Bevölkerung vorgelegt wurde. Zusätz- lich lag das angelegte Verzeichnis auch in österreichischen Botschaften im Ausland auf, wodurch viele Jüdinnen und Juden, denen die Auswanderung bzw. die Flucht aus Österreich gelungen war, Zugang zur erfassten Liste erhalten haben. Das Verzeichnis beinhaltete folgen- de Angaben der einzelnen Objekte wie zum Beispiel den Künstlernamen sowie einer kurze Beschreibung des Gemäldes. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass bei den Gemäldebeschrei- bungen jeweils ein wichtiges Detail ausgelassen wurde. Dieses Detail mussten die Antrags- stellerinnen bzw. die Antragssteller wissen, um sich somit als rechtmäßige Eigentümerin bzw. rechtmäßiger Eigentümer auszuweisen. Mit Hilfe dieses Verfahrens sollte vermieden werden, dass Kunstobjekte an falsche Personen ausgehändigt wurden. Viele Kunst- und Kulturgegen- stände aus der Kartause Mauerbach wurden von mehreren Personen beansprucht, wodurch die Prozessabwicklung sehr erschwert wurde. Zunächst war die Frist auf Antragsstellung mit Ende des Jahres 1970 festgelegt, aber sie wurde, weil zu wenige Anträge eingelangt waren, schlussendlich auf zwei Jahre verlängert. Nach der Frist konnten insgesamt 269 Objekte rückerstattet werden, wodurch die Erwartungen seitens der Politik jedoch nicht erfüllt wurden, denn man rechnete nur mit einem kleinen Restbestand. Da solch ein schlechtes Ergebnis nicht zu erwarten war, wurde zuvor im Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz beschlossen, dass

313 Ebda., S. 38. 314 Vgl. Ebda., S. 38. 58

der Restbestand in den Besitz der Republik Österreich überfließen wird. Ebenso wurden be- stimmte Kunstgegenstände nach der Antragsfrist an Museen oder Bundesinstitutionen leih- weise übergeben. Haslinger beschreibt diese Taten als einen großen Fehler, der heutzutage nicht gerechtfertigt werden kann.315 Das Verfahren der Republik mit dem Restbestand der Kartause Mauerbach wurde nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland stark bemängelt und kritisiert und aus diesem Grund kam es im Jahr 1985 zum zweiten Kunst- und Kulturbereinigungsgesetz.316 Durch das Bun- desgesetz vom 13. Dezember 1985 über die Herausgabe und Verwertung ehemals herrenlosen Kunst- und Kulturgutes, das sich im Eigentum des Bundes befindet,317 wurde erneut ein Ver- zeichnis des übrig gebliebenen Kunstgutes der Republik erstellt. Die Gesamtliste beinhaltete zu diesem Zeitpunkt 8.153 Objekte und wurde, wie bereits im 1. Kunst- und Kulturgutberei- nigungsgesetz, im Amtsblatt der Wiener Zeitung abgebildet, sowie den Österreichischen Bot- schaften und mehreren jüdischen Institutionen aufgelegt. Die Anmeldefrist von nicht einmal einem Jahr dauerte bis zum 30. September 1986 und in diesem Zeitraum gingen insgesamt 367 Anträge ein, von denen jedoch nur 151 Gegenstände an ehemalige Besitzerinnen und Be- sitzer rückerstattet werden konnten. Da sehr viele Kunst- und Kulturgüter von mehreren Per- sonen beansprucht wurden, beabsichtige das Gesetz, dass die Antragsstellerinnen und An- tragssteller vor Gericht gehen konnten, wodurch ein objektives Verfahren garantiert wurde. Durch diese Möglichkeit kamen 3.282 Anträge bei Gericht ein, für die nur ein Richter,318 in diesem Fall Dr. Reimar Gradischnik,319 zuständig war. Für die Antragsstellerinnen und An- tragssteller wurde es mit der Zeit immer schwieriger, nachzuweisen, dass es sich um ihren Besitz handelte, denn sehr viele der früheren Eigentümerinnen und Eigentümer des Kunstgu- tes waren bereits verstorben. Demnach hatten viele der Antragsstellerinnen und Antragssteller die „geerbten“ Objekte noch nie zuvor zu Gesicht bekommen. Durch die gerichtlichen Ver- fahren konnten insgesamt 1.969 Kunst- und Kulturwerke den rechtmäßigen Erben zurückge- geben werden. Das 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz sah vor, dass die restlichen Objekte durch die Republik Österreich versteigert werden. Schon Ende der Siebziger Jahre gab es bereits die Idee, die übriggebliebenen Kunstwerke zu versteigern oder an verschiedene Museen in Öster-

315 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 41-44. 316 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 71. 317 Bundesgesetz vom 13. Dezember 1985 über die Herausgabe und Verwertung ehemals herrenlosen Kunst- und Kulturgutes, das sich im Eigentum des Bundes befindet in ns-quellen.at (Hg.); BGBl Nr. 2/1986 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10067810&action=B_Read [Abruf am 30.4.2018]. 318 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 46-47. 319 Reimar Gradischnik war Parteimitglied der SPÖ, Abgeordneter zum Nationalrat und Richter 59

reich auszuhändigen.320 Der frühere Präsident des Bundesdenkmalamtes, Dr. Erwin Thal- hammer,321 äußerte starke Kritik an diesen Überlegungen und sah es als „ethisch bedenklich“, das Vorhaben umzusetzen. Beim damaligen Gesetzesentwurf wurden jüdische Opferorganisa- tionen und die Israelitische Kultusgemeinde miteinbezogen und als das Gesetz am 13. De- zember 1985, das eine Versteigerung der restlichen Kunst- und Kulturgüter vorsah, einstim- mig im Nationalrat beschlossen wurde, gab es positive Rückmeldungen von vielen jüdischen Institutionen aus den Vereinigten Staaten. Der Gesamterlös der Versteigerung sollte nämlich an Menschen gehen, die während des Zweiten Weltkrieges von den Nationalsozialisten aus rassischen oder auch politischen Motiven verfolgt wurden. Durch dieses Vorgehen wollte der Staat Österreich zeigen, dass er sich am jüdischen Vermögen nicht bereichern wollte.322 Im Jahr 1985 wurden die herrenlosen Kunst- und Kulturgegenstände der Israelitischen Kultus- gemeinde, die die Versteigerung durchführte, übergeben.323 Vor der Auktion wurde noch ein Gesetz beschlossen, das die neuen Eigentümerinnen und Eigentümer berechtigte, die einzel- nen Kunstgegenstände ohne großen bürokratischen Aufwand in jedes Land der Welt auszu- führen. Dieses Gesetz besagte weiterhin, dass die ersteigerten Objekte als rechtlich unbelastet galten.324 Die Auktion fand vom 22. – 30. Oktober 1996 im Museum für Angewandte Kunst statt und der Gesamterlös betrug zwischen 120 und 155 Millionen Schilling, einen genauen Bericht dazu gibt es leider nicht. Die Mehrheit des Erlöses erhielten jüdische Opfer und 12% kamen an Opferorganisationen325 wie „dem Bundesverband österreichischer Wiederstand- kämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband), dem Bund Sozialistischer Freiheitskämp- fer und Opfer des Faschismus, sowie der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten.“326

Durch die Mauerbachauktion glaubte die Regierung Österreichs endgültig, das Kapitel NS- Kunst- und Kulturraub beenden zu können, doch das änderte sich spätestens zu Beginn des Jahres 1998.327 Im Museum of Modern Art (MoMA) in New York fand vom 12. Oktober 1997 bis zum 4. Jänner 1998 die Ausstellung Egon Schiele: Collection Leopold, Vienna328 statt, in

320 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 45-47. 321 Erwin Thalhammer war Leiter der Bundesthaterverwaltung und von 1970 bis 1982 Präsident des Bundes- denkmalamtes 322 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 45-47. 323 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 71. 324 Vgl. HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 50-51. 325 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 83 und 71. 326 HASLINGER, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion, 1999, S. 51. 327 Vgl. SCHALLMEINER Anneliese, 1998 – die Kommission für Provenienzforschung und der Weg zum Kunstrückgabegesetz. In: Gabriele ANDERL u. a. (Hgg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1). Wien / Köln / Weimar 2009, S. 34. 328 Vgl. THE MUSEUM OF MODERN ART, Egon Schiele: the Leopold collection, , New York 1997. 60

der insgesamt 152 Werke aus der Leopold Museum-Privatstiftung ausgestellt wurden.329 Nur drei Tage nach der Sonderausstellung wurden vor Ort zwei Werke vom Künstler Egon Schiele beschlagnahmt, nämlich Wally aus Krumau und Tote Stadt III.330 Das Gemälde Wally aus Krumau, auch unter den Namen Wally bekannt, wurde durch die „Arisierung“ der Galerie Würthle, welche sich in der Weihburggasse 9 im 1. Wiener Bezirk befand, beschlagnahmt.331 Vor der „Arisierung“ durch Friedrich Welz332 gehörte die Kunstgalerie Würthle Lea Bondi- Jaray.333 Das Schiele-Gemälde Tote Stadt III gehörte ursprünglich dem österreichischen Ka- barettisten Franz Friedrich Grünbaum, der im Jänner 1941 im Konzentrationslager Dachau verstarb.334 Das Gemälde Tote Stadt III wurde bereits ein Jahr später an die Leopold Museum- Privatstiftung zurückgegeben, wohingegen das Verfahren des Werkes Wally aus Krumau noch über zwölf Jahre andauern sollte.335 Im Juli 2010 einigten sich schlussendlich die Erben der Galeristin Lea Bondi-Jaray und die Leopold Museum-Privatstiftung außergerichtlich und das Werk kehrte nach Österreich zurück.336 Zu dieser Zeit gab es nicht nur die soeben genann- te Klage gegen die Leopold Museum-Privatstiftung in Österreich, sondern auch gegen Museen in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien und in Irland. Viele Objekte der NS-Raubkunst sind auf den internationalen Kunstmärkten gelandet, wodurch der Restitutionsprozess nicht gerade erleichtert wurde.337

Durch dieses Ereignis im Museum of Modern Art, welches nicht nur die Republik Österreich beschäftigte, wurde die Kommission für Provenienzforschung im Februar 1998 gegründet.338 Leiter war zu Beginn der Kunsthistoriker Univ. Prof. Dr. Ernst Bacher339 und die Kommission für Provenienzforschung machte sich zur Aufgabe, den Ausgangspunkt der Kunst- und Kul- turgüter festzustellen, „die zwischen 1938 und etwa 1960 in den Besitz der Österreichischen Bundesmuseen gelangt sind“. Zu Beginn konzentrierte man sich auf Fälle wie zum Beispiel

329 BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.26. 330 Vgl. SCHALLMEINER, Die Kommission für Provenienzforschung, 2009, S. 34. 331 Vgl. WALZER Tina / TEMPL Stephan, Unser Wien. „Arisierung“ auf österreichisch. Berlin 2001, S. 175. 332 Friedrich Welz war ein Kunst- und Rahmenhändler aus Salzburg. 333 Vgl. WALZER / TEMPL, Unser Wien, 2001, S. 175. 334 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 429. 335 Vgl. SCHALLMEINER, Die Kommission für Provenienzforschung, 2009, S. 35. 336 APA/Red., "Wally"-Rückkehr: "Mona Lisa des 20. Jahrhunderts". In: diepresse.com (Hg.), https://diepresse.com/home/kultur/kunst/582576/WallyRueckkehr_Mona-Lisa-des-20-Jahrhunderts [Abruf am 12.5.2018]. 337 Vgl. BAZYLER, Ein unabgeschlossenes Kapitel der Holocaust-Justiz, 2008, S. 301. 338 Vgl.SCHALLMEINER, Die Kommission für Provenienzforschung, 2009, S. 36. 339 Vgl. CARUSO Alexandra u.a., Zur Arbeitspraxis der Kommission für Provenienzforschung. In: Gabriele ANDERL u. a. (Hgg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1). Wien / Köln / Weimar 2009, S. 55. 61

Ferdinand Bloch-Bauer, Serena und Erich Lederer und Louis Nathaniel und Alphonse Roth- schild.340 Im gleichen Jahr wurde im Nationalrat zusätzlich das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Kunstrück- gabegesetz)341 beschlossen. Laut diesem Gesetz wurde die Rückgabe von Kunst- und Kultur- gegenständen aus Bundesmuseen vorausgesetzt, wenn:

„1. diese Kunstgegenstände zwar Gegenstand von Rückstellungsverfahren gewesen sind, aber aufgrund des Ausfuhrverbotsgesetzes unentgeltlich in das Eigentum des Bundes übergegangen sind, 2. diese Kunstgegenstände zwar rechtmäßig im Eigentum des Bundes befinde, zuvor aber Gegenstand eines Rechtsgeschäftes im Sinne des Nichtigkeitsgesetzes gewesen sind und 3. diese Kunstgegenstände als herrenloses Gut unentgeltlich in das Eigentum des Bundes übergegangen sind.“342

Bei diesem Gesetz gab es jedoch ein großes Problem. Das Gesetz sah nämlich einen Rahmen des Anwendungsbereiches vor, doch es gab einige Kunst- und Kulturgegenstände, die sich in anderen Institutionen der Republik, wie zum Beispiel in Finanzämtern, befanden. Aus diesem Grund war im Jahr 2008 eine Erneuerung des Gesetzes vorgesehen, jedoch kam es durch die vorgezogenen Neuwahlen zu keinem Beschluss dieser Erneuerung.343

Des Weiteren gab es zu dieser Zeit auch Maßnahmen seitens der Bundesländer.344 Oberöster- reich, Wien, Steiermark und Kärnten beschlossen Gesetze um Kunst- und Kulturgegenständen den ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer zurückzugeben.345 In Wien beschloss der Gemeinderat Ende April 1999 wie folgt:346

„Kunst- und Kulturgegenstände, die während der NS-Zeit von Museen, Bibliotheken, Archi- ven und Sammlungen der Stadt Wien durch Ankauf oder Widmung erworben wurden und als

340 Vgl. SCHALLMEINER, Die Kommission für Provenienzforschung, 2009, S. 36-39. 341 Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl I Nr. 181/1998 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10075310&action=B_Read [Abruf am 12.5.2018]. 342 Ebda. 343 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.27-28. 344 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 437. 345 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.28. 346 Vgl. MUSEEN DER STADT WIEN (Hg.), Die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen aus dem Be- sitz der Stadt Wien 1998-2001. Wien 2002, S. 9. 62

bedenkliche Erwerbungen (Raub, Beschlagnahme, Enteignung etc.) einzustufen sind, an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zu restituieren.“347

Bei der Untersuchung der einzelnen Museen in Wien sah man, dass 110 Personen während der NS-Zeit unter Druck ihr Eigentum teilweise verkauften, oder an das jeweilige Museum geschenkt haben könnten. Unter ihnen waren namenhafte Wienerinnen und Wiener wie zum Beispiel Ferdinand Bloch-Bauer, Bernhard Altmann, Oskar Bondy, Erich und Serena Lederer usw. zu finden.348

Durch das Washingtoner Abkommen im Jahr 2001 wurden weitere wichtige Maßnahmen zur Restitutionsgesetzgebung in Österreich vereinbart,349 um Lücken der vorherigen Regelungen im Restitutionsverlauf Österreichs zu füllen.350 Das Abkommen wurde nicht nur von der Re- publik Österreich und der Regierung der USA unterzeichnet, sondern auch von der israeliti- schen Kultusgemeinde Österreich und einigen Rechtsanwälten. Die wichtigste Maßnahme des Abkommens ist das Entschädigungsfondsgesetz.351 Durch das Bundesgesetz über die Einrich- tung eines Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und über Re- stitutionsmaßnahmen (Entschädigungsfondsgesetz) sowie zur Änderung des Allgemeinen So- zialversicherungsgesetzes und des Opferfürsorgegesetzes352 sollten noch viele ungeklärte Fra- gen bezüglich der Entschädigung von NS-Opfern beantwortet werden,353 um eine endgültige Abgeltung zu schaffen.354 Unzählige Verluste und Schäden, die vom NS-Regime verursacht worden waren, wurden den Opfern ungenügend oder sogar nie zurückerstattet und für diese Fälle war der Fonds mit 210 Millionen US-Dollar vorgesehen. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass von diesem Betrag auch die Verwaltungskosten zu begleichen waren.355 Anträge konnten für folgende Vermögensverluste eingereicht werden:356

347 JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 437-438. 348 MUSEEN DER STADT WIEN, Die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen, 2002, S. 13. 349 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 439-440. 350 Vgl. KRIEBAUM Ursula / SUCHARIPA Ernst, Das Washingtoner Abkommen. Die österreichische Restitu- tionsvereinbarung vom 17. Jänner 2001. In: Verena PAWLOWSKY / Harald WENDELIN (Hgg.), Die Republik und das NS-Erbe. Raub und Rückgabe, Österreich von 1938 bis heute, Bd. 1. Wien 2005, S. 164. 351 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 439-440. 352 Bundesgesetz über die Einrichtung eines Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialis- mus und über Restitutionsmaßnahmen (Entschädigungsfondsgesetz) sowie zur Änderung des Allgemeinen Sozi- alversicherungsgesetzes und des Opferfürsorgegesetzes in: ns-quellen.at (Hg.), BGBl I Nr. 12/2001 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10078610&action=B_Read [Abruf am 12.5.2018]. 353 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 75. 354 Vgl. BLIMLINGER Eva, Und wenn sie nicht gestorben sind… Die Republik Österreich, die Rückstellung und die Entschädigung. In: Verena PAWLOWSKY / Harald WENDELIN (Hgg.), Die Republik und das NS-Erbe. Raub und Rückgabe, Österreich von 1938 bis heute, Bd. 1. Wien 2005, S. 188. 355 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 75. 356 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 442. 63

„1. liquidierte Betriebe einschließlich Konzessionen und anderem Betriebsvermögen; 2. Immobilien (ausgenommen Naturalrestitution); 3. Bankkonten, Aktien, Schuldverschreibungen, Hypotheken; 4. Sonstige Mobilien (ausgenommen Fälle, in denen bereits die Nationalfondsgesetz-Novelle reift) und 5. Versicherungspolizzen.“357

Somit konnten erstmals NS-Opfer für Kunst- und Kulturgegenstände, die entweder nach dem Krieg nicht mehr gefunden wurden, oder in der NS-Zeit zerstört worden waren, entschädigt werden.358 Die Anträge konnten ab dem Gesetzeserlass, 28. Mai 2001, für 24 Monate gestellt werden.359 Insgesamt gingen in diesem Zeitraum 20.702 Anträge aus der ganzen Welt ein und für alle wurde bereits eine Entscheidung getroffen.360

In der österreichischen Restitutionsgesetzgebung wurde der nächste Schritt im Jahr 2009 durch eine Novellierung des Kunstrückgabegesetzes von 1998 gesetzt. Im Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen geändert wird,361 ging man unter anderem auf die Kommis- sion für Provenienzforschung und ihren Aufgaben ausdrücklich ein.362

4.3. Die Probleme und Schwierigkeiten der österreichischen Restituti- onsgesetzgebung

Wenn man den Prozess der österreichischen Restitutionspolitik näher betrachtet, so kann man erkennen, dass der Staat Österreich nur durch internationalen Druck Maßnahmen für Entschä- digungen der NS-Opfer getroffen hat. Diese Regelungen sind aber von der Politik durch den sogenannten „Opfermythos“ sehr widerstrebend und desinteressiert umgesetzt worden.363 Vie-

357 Ebda, S. 442. 358 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.29. 359 Vgl. JABLONER, Schlussbericht der Historikerkommission, 2003, S. 442. 360 Vgl. Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Medieninformation Oktober 2017. In: https://www.nationalfonds.org/files/content/documents/nf/Medieninformation_DE_09_11_2017- web.pdf [Abruf am 12.5.2018]. 361 Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichi- schen Bundesmuseen und Sammlungen geändert wird in: ns-quellen.at (Hg.); BGBl I Nr. 112/2009 http://ns- quellen.at/gesetz_anzeigen_detail.php?gesetz_id=10086710&action=B_Read [Abruf am 12.5.2018]. 362 Vgl. Ebda. 363 Vgl. BAILER-GALANDA Brigitte, Die Opfergruppen und deren Entschädigung. In: Heidrun SCHULZE (Hg.), Wieder gut machen? Enteignung, Zwangsarbeit, Entschädigung, Restitution; Österreich 1938-1945/1945- 1999. Innsbruck / Wien 1999, S. 90. 64

le Jahre hinweg nahm die „Opferthese“ einen zentralen Stellenwert in der österreichischen Politik ein. Um die eigenen Bürgerinnen und Bürgern zu entlasten, wurde nicht nur dem Deutschen Reich die Schuld gegeben, sondern auch der deutschen Bevölkerung. Es wurde immer wieder behauptet, dass „reichsdeutsche Geschäftsleute“ ins Land kamen und den öster- reichischen Jüdinnen und Juden alles weggenommen hätten.364 Ebenso ist zu erwähnen, dass die Vereinbarungen in der Nachkriegszeit von drei wesentlichen Aspekten abhängig waren:365

„1. Die Interessen der politischen Parteien, denen vor allem – wie in jeder repräsentativen Demokratie – an möglichst breiter Zustimmung in der Bevölkerung unter Einschluss der wahlentscheidend großen Zahl der ehemaligen Nationalsozialisten und Nationalsozialistinnen gelegen war; 2. Dem absolut vorrangigen Ziel jeder Bundesregierung zwischen 1945 und 1955, den Ab- schluss des Staatsvertrages zu möglichst günstigen Bedingungen für Österreich zu erreichen; 3. Und damit in Zusammenhang die Handlungen und Ansprüche der Alliierten.“366

Viele gesetzliche Bestimmungen sind in der Nachkriegszeit aufgesplittert worden, wodurch die Antragsstellungen sehr kompliziert und mühsam wurden. Ein weiteres Problem war, dass schon von Anfang an nicht alle NS-Opfer gleich behandelt worden sind, wodurch es immer wieder zu Diskriminierungen kam, denn wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, haben Op- fer der Erbgesundheitspolitik zum Beispiel erst durch den Nationalfonds, das heißt erst 50 Jahre später, eine „Entschädigung“ erhalten. In den meisten Fällen wurde den Opfern eine gewisse Pauschalentschädigung ausgezahlt, denn zu einer Naturalrestitution, also einer Rück- gabe der geraubten Gegenstände, kam es nur sehr selten.367

Schon die ersten Rückstellungsgesetze in den 1940er Jahren brachten eine riesige Problematik mit sich. Eine tatsächliche Entschädigung gab es nur, wenn das Eigentum noch existent war und das Opfer sich als tatsächliche Besitzerin bzw. als tatsächlicher Besitzer des Objektes ausweisen konnte. Aus diesem Grund konnten durch das erste Rückstellungsgesetz viele Grundstücke und Häuser durch die Eintragung im Grundbuch den ehemaligen Besitzerinnen und Besitzer zurückgegeben werden. Bei der Naturalrestitution von beweglichen Gütern hin- gegen stellte sich die Situation jedoch als problematischer heraus. Der Verlauf von großen

364 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 167. 365 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 40. 366 Ebda., S. 40. 367 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Opfergruppen und deren Entschädigung, 1999, S. 90. 65

privaten Kunst- und Kultursammlungen wie zum Beispiel die Sammlung der Familie Lederer oder Rotschild war zwar noch eruierbar, bei einzelnen Objekten wie zum Beispiel Einrich- tungsgegenstände, Schmuckstücke oder Kunstwerken traf dies meist nicht zu. Hier war die Si- tuation fast aussichtslos, denn für die Opfer war es unmöglich zu wissen, wann und welche Privatpersonen oder Institutionen ihr Eigentum nach der Deportation ersteigerten. Neben ei- nem fundierten Wissen über die Rückstellungsgesetze musste die Antragstellerin bzw. der Antragssteller auch ausführliche Informationen darüber haben, bei welcher Institution in ih- rem bzw. seinem Fall ein Rückstellungsantrag einzureichen war. Diese Information hatte die Person jedoch nur, wenn sie bzw. er wusste, wie der Besitz entzogen worden war. Diese Prob- lematik verstärkte sich, wenn nicht das NS-Opfer selbst, sondern dessen Erbinnen und Erben einen Antrag auf Rückstellung einreichen wollten, denn oft hatten diese das betreffende Ob- jekt noch nie zuvor gesehen oder konnten sich kaum daran erinnern. Zusätzlich ist hier noch zu erwähnen, dass wenn man einen Antrag bei einer falschen Stelle gestellt hatte, die Rück- stellung erheblich in die Länge gezogen wurde. Auch die Antragsfristen, die ursprünglich ein Jahr dauerten, wurden nach und nach verlängert, aber für die Antragstellerinnen und Antrag- steller war es sehr schwierig, die Verlängerungsfristen herauszufinden.368 Ein weiteres Problem der Rückstellungsgesetz war, dass das Eigentum, welches nach dem Krieg verschollen oder beschädigt worden war, nicht miteinbezogen wurde und daher seitens der Eigentümerinnen und Eigentümer kein Anspruch darauf gestellt werden konnte.369 Erst durch das Entschädigungsfondsgesetz im Jahr 2001, wie auch schon im letzten Absatz er- wähnt wurde, konnten NS-Opfer zum ersten Mal für Kunst- und Kulturgegenstände, die nach dem Krieg als vermisst galten oder im Nationalsozialismus zerstört worden waren, entschä- digt werden.370

Ein nächstes großes Problem in der Restitutionsgesetzgebung in Österreich ist die Leopold Museum-Privatstiftung, weil sie immer noch nicht, und das schon seit über 70 Jahren, in der Restitutionsgesetzgebung berücksichtigt ist. Aus diesem Grund fordert die Israelitische Kul- tusgemeinde Wien (IKG) noch immer, dass diese Sammlung von Rudolf Leopold im Gesetz miteinbezogen wird.371 Bereits im Jahr 2008 wurden die unabhängige Provenienzforscherin Niederacher und ihr Kollege Wladika damit beauftragt, Forschungen über 23 sich im Besitz

368 Vgl. BAILER-GALANDA / BLIMLINGER, Vermögensentzug – Rückstellung – Entschädigung, 2005, S. 50. 369 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Rückstellungsproblematik in Österreich, 2002, S. 188. 370 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S. 29. 371 Vgl. Israelitische Kultusgemeinde Wien (Hg.), Kunstrückgabegesetz 1998 und die Novelle 2009. In: http://www.restitution.or.at/schwerpunkte/s-kunst-kunstrueckgabegesetz.html [Abruf am 12.5.2018]. Rudolf Leopold war ein österreichischer Augenarzt und Kunstsammler, der 1994 die Leopold-Museum Privat- stiftung gründete. 66

der Sammlung Leopold befindlichen Bilder anzustellen. Nach Abschluss dieser Forschungen wurde der Forschungsbericht an ein unabhängiges Gremium weitergegeben, welches sich mit der rechtlichen Bewertung auseinandersetzen sollte. Dennoch kam es bis heute noch nicht da- zu, dass die Sammlung Leopold in der Restitutionsgesetzgebung berücksichtigt wird. Die IKG setzt sich jedoch weiterhin unermüdlich dafür ein, dass dies geändert wird und auch geraubte Bilder, welche sich heute in der Sammlung Leopold befinden, an ihre legitimen Besitzer zu- rückgegeben werden.372

Zusammenfassend kann man sagen, dass es durch die österreichischen Restitutionsversuche, welche bis heute noch andauern, nie eine vollständige Entschädigung für die NS-Opfer gege- ben hat.373 Die spezifische Rahmenbedingung der Kunstrestitution in Österreich wird unter anderem von der Kunsthistorikerin Lillie als „zweite Enteignung“ der rechtmäßigen Besitze- rinnen und Besitzer beschrieben.374 Damit ist gemeint, dass die Besitzerinnen und Besitzer ihr Hab und Gut nicht nur einmal, nämliche in der NS-Zeit, verloren haben, sondern, dass sie durch das widerstrebende Verhalten der Museen in Bezug auf die Restitution indirekt ein zweites Mal um ihre Habseligkeiten gebracht werden.

372 Vgl. Israelitische Kultusgemeinde Wien (Hg.), Leopold Museum Privatstiftung. In: http://www.restitution.or.at/schwerpunkte/s-kunst-leopold.html [Abruf am 30.5.2018]. 373 Vgl. BAILER-GALANDA, Die Opfergruppen und deren Entschädigung, 1999, S. 94. 374 Vgl. LILLIE Sophie, Restitution in Österreich als zweite Enteignung. In: Inka BERTZ / Michael DORRMANN (Hgg.), Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute. [eine Ausstellung des Jüdi- schen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main, 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main); Begleitbuch] Göttingen 2008, S. 245. 67

5. Gustav Klimts künstlerische Frauenbildnisse

Der Maler Gustav Klimt gehörte zu den bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten in Öster- reichs Kunstgeschichte.375 Nicht ohne Grund schrieb sein Künstlerkollege Egon Schiele in seinem Nachruf: „Gustav Klimt. Ein Künstler von unglaublicher Vollendung. Ein Mensch von seltener Tiefe. Sein Werk ein Heiligtum.“376 Klimts Werke gehören heutzutage zu den teuersten Gemälden der Welt.377 Sein wohl bekann- testes Werk ist Adele Bloch-Bauer I, auch unter dem Titel Goldene Adele bekannt, das nach jahrelangem Rechtsstreit zwischen der Erbin Maria Altmann und der Republik Österreich letztendlich an die rechtmäßige Besitzerin zurückging. Die Goldene Adele wurde im Juni 2006 für 135 Millionen US-Dollar bei Christie„s versteigert und galt zu diesem Zeitpunkt als teuerstes Gemälde aller Zeiten.378 Für Klimt war das weibliche Geschlecht eine Inspiration für unzählige Werke379 und dadurch hatte er das Image, „Maler der schönen Wiener Frauen zu sein“.380 All seine Frauengemälde sind umrahmt von verschiedenen Gerüchten und Behauptungen über Affären.381 Sein Leben lang porträtierte Klimt Frauen und auch Mädchen aus allen sozialen Schichten. Aus der vor- nehmen Wiener Gesellschaft porträtierte er Damen, meist Jüdinnen, wie Alma Mahler- Werfel, Amalie Zuckerkandl und wie schon zuvor erwähnt, Adele Bloch-Bauer, die Klimt gleich zwei Mal porträtierte. Er fertigte nicht nur Portraits von diesen Frauen an, sondern skizzierte sie auch vorher, wodurch es heute noch rund 2.000 Frauenzeichnungen von ihm gibt. Klimts erstes Frauenportrait als angesehener Maler der Ringstraße war das Bildnis Sonja Knips,382 die die Ehefrau von Anton Knips, einem vermögenden Industriellen aus Wien war. Durch dieses Gemälde, das sein erstes quadratisches Bild war, bekam er mehrere Aufträge von der vermögenden Bevölkerung.383 Gustav Klimt porträtierte Fritza Riedler, die Frau eines Maschinenbauingenieurs, im Jahr 1906 und dieses Gemälde ist das erste Werk aus seiner „Goldenen Periode“, die bis heute von all seinen künstlerischen Schaffungen am berühmtesten ist. In der „Goldenen Periode“ ist das Gemälde von Adele Bloch-Bauer das bekannteste aber auch das abschließende Werk. Einen

375 Vgl. HUSSLEIN-ARCO Agnes (Hg.), Gustav Klimt. Leben und Werk. (=Edition Belvedere Jovis Art 1). Berlin 2014, S. 17. 376 Zitiert nach Ebda., S. 17. 377 Vgl. HUSSLEIN-ARCO, Gustav Klimt, 2014, S. 21. 378 Vgl. MÜLLER Melanie / TATZKOW Monika, Verlorene Bilder – verlorene Leben. Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde. München 2009, S. 169. 379 Vgl. HUSSLEIN-ARCO, Gustav Klimt, 2014, S. 21-22. 380 Vgl. PARTSCH Susanna, Klimt. Leben und Werk. München 1993, S. 229. 381 Vgl. HUSSLEIN-ARCO, Gustav Klimt, 2014, S. 58. 382 Vgl. PARTSCH, Klimt, 1993, S. 229-230. 383 Vgl. HUSSLEIN-ARCO, Gustav Klimt, 2014, S. 80. 68

Umbruch in seinem Malstil gab es beim Gemälde Dame mit Hut und Federboa. Das Porträt ist in dunkelgrünen Farben gemalt und in der Weite ist der Umriss einer Stadt zu erkennen. Im Jahr 1912 fertigte Klimt ein weiteres Gemälde von Adele Bloch-Bauer an, bekannt unter Ade- le Bloch-Bauer II, aber diesmal nicht mit Gold, sondern mit sehr hellen Farben. Weitere be- rühmte Damenporträts von Gustav Klimt sind das Gemälde von Emilie Flöge, Bildnis Johan- na Staude und das Bildnis von Baronin Bachofen von Echt.384

5.1. Bernhard Altmann und das Gemälde Bildnis einer Dame

Der jüdische Großindustrielle Bernhard Altmann wurde am 23. Dezember 1888 in Galizien geboren. Seine Eltern waren Kommerzialrat Karl Altmann und Karoline Tischler, die aus der galizische Stadt Przemyśl stammten.385 Die Familie Altmann stellte seit vier Generationen Strickwaren her, wie Bernhard Altmann in seinem Werk „Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien“ im Jahr 1948 schrieb. Schon seit seiner Jugend wollte er hochwertige Strickwaren erzeugen und auch exportieren. Im April 1915 gründete er schlussendlich das Unternehmen Bernhard Altmann – Garnhandel in Wien. Vier Jahre später errichtete er eine Strickwarenfabrik, die sehr schnell wuchs und somit begann er, seine Produkte nicht nur im eigenen Land, sondern auch auf der ganzen Welt zu verkaufen. Durch die Inflation in den 1920er Jahren, begann Bernhard Altmann den Lohn seiner Angestellten in gemünztem Gold auszubezahlen. Das ge- münzte Gold holte er sich zuvor aus der Schweiz.386 1922 wurde die Strickwarenfabrik neu erbaut und drei Jahre später kam noch ein zusätzliches Gebäude hinzu.387 In seinem Werk schreibt Bernhard Altmann über die neuerrichtete Strickwarenfabrik und seine zusätzlichen Maßnahmen im Unternehmen wie folgt:

Soziale Einrichtungen für die Angestellten und Arbeiter wurden ins Leben gerufen. Ich baute Klubräume, Tennisplätze und ein Schwimmbad. Die Fabrik verfügte über große Gartenanlagen, einen Kindergarten und ein Restaurant für Angestellte und Arbeiter. Auch ein Ferienheim stand den Angestellten zur Verfügung.388

Man kann erkennen, dass dem Großindustriellen seine Arbeiter und Angestellten sowie deren Bedürfnisse sehr wichtig waren. In den darauffolgenden Jahren konnte Bernhard Altmann

384 Vgl. PARTSCH, Klimt, 1993, S. 241-246. 385 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 386 Vgl. ALTMANN Bernhard, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien. New York 1948, S. 1-2. 387 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 388 ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 69

sein Unternehmen vergrößern. Er gründete im Jahr 1926 einen Strickwarenbetrieb in der Nähe von Moskau und 1932 folgte eine Strumpffabrik in Paris. Zusätzlich hatte Bernhard Altmann Büros in den Städten Berlin, Mailand und London eröffnet, die für den Verkauf der einzelnen Produkte zuständig waren.389 Die Produkte, die in der Strickwarenfabrik in Wien produziert wurden, wurden zu dieser Zeit in rund 30 Länder exportiert.390 Bernhard Altmann heiratete die in Wien geborene Nelly Engel, mit der er gemeinsame Kinder hatte. Die Familie wohnte in einer Villa im 13. Wiener Bezirk, in der Kopfgasse 1, an der Ecke zur Hietzinger Hauptstraße. Neben seiner Frau hatte Bernhard Altmann eine langjährige Lebensgefährtin namens Wilhelmine North, die auch in Wien im 13. Bezirk in einer Villa leb- te.391

Die Kunstsammlung von Bernhard Altmann Bernhard Altmann war ein leidenschaftlicher Kunstsammler, der vor allem Werke vom öster- reichischen Maler Albin Egger-Lienz kaufte. In seiner Sammlung befanden sich darunter fol- gende Werke:392

- Gesamtentwurf zum „Ave“ - Betender Bauer - Der Antrag II - Totentanz, Wiederholung der Vierten Fassung - Mittagessen - Ölstudie zur Mittelfigur in „Bergmäher“, auch unter Schnitter bekannt - Huldigungsfestzug der Tiroler Schützen bei der Jahrhundertfeier am 29. August 1909 in Inns- bruck, Die Gruppe der Kreuzträger - Kopfstudie, auch unter Bauernkopf bekannt393

Doch Bernhard Altmann sammelte nicht nur Werke von Egger-Lienz, sondern auch von vie- len anderen bedeutenden Künstlern, wie dem venezianischen Maler Antonio Canale oder dem niederländischen Künstler Rembrandt. Von Antonio Canale, der auch Canaletto genannt wur- de, besaß Bernhard Altmann insgesamt drei Gemälde: Die Riva degli Schiavoni in Venedig, Die Piazetta und Blick- auf die Dogana und Sta. Maria della Salute. In seiner Kunstsamm- lung befanden sich auch mehrere Werke vom jüdischen Maler Jehudo Meier Epstein, mit dem

389 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 390 Vgl. ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 391 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 392 Vgl. Ebda., S. 34. 393 Ebda., S. 34. 70

er auch befreundet war, darunter Begräbnis an der Lagune, Flusslandschaft, Spanisches Paar und Selbstbildnis mit brennender Zigarette um nur einige zu nennen. Des Weiteren besaß Bernhard Altmann auch zwei Werke von Gustav Klimt und zwar eine Kreidezeichnung mit dem Namen Damenbildnis, welches aus dem Jahr 1895 stammt und das Ölgemälde Frauen- kopf, das heutzutage unter dem Namen Bildnis einer Dame bekannt ist.394 Das Bild zeigt ein Gesichtsporträt einer Frau mit schwarzen Haaren, ihr Oberkörper wird hier nur angedeutet dargestellt. Die Frau auf dem Gemälde wirkt sehr selbstbewusst, blickt auf einen herab und ihr Mund ist etwas geöffnet. Der Hintergrund des Bildes ist sehr dunkel und lässt somit kei- nen Raum erkennen. Der Ansatz der Kleidung der Frau ist in verschiedenen Rot- und Grautö- nen gemalt.

Neben der großen Kunstsammlung muss auch erwähnt werden, dass Bernhard Altmann eine wertvolle Inneneinrichtung besaß, darunter einige japanische Vasen und Figuren, Wandappli- ken aus Bronze, Fauteuils aus verschiedenen Stilepochen, persische Teppiche, Silberbesteck, geschnitzte Holzmöbel und vieles mehr.395

Die Ereignisse nach dem „Anschluss“ Bernhard Altmann schreibt in seinem Werk „Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien“, dass er sofort beschlossen hatte, nachdem er die Nachricht hörte, dass deutsche Soldaten die Landesgrenze überschritten hatten, Österreich zu verlassen. Er floh zunächst alleine nach Paris, doch die po- litische Situation in Frankreich war nicht sehr stabil und aus diesem Grund kam er auf Einla- dung eines englischen Kunden namens Lord Woolton nach Liverpool. Seine Fabrik war in der Zwischenzeit von einem Wurstfabrikanten und einem Filmagenten, beide stammten aus dem Deutschen Reich, übernommen worden und somit wurde sein gesamtes geschäftliches Ver- mögen beschlagnahmt.396 Die „Reichsfluchtsteuer“, in der das betriebliche Vermögen und die Villa im 8. Bezirk der Familie Altmann herangezogen wurde, wurde auf rund 600.000 RM be- rechnet. Die Villa seiner Lebensgefährtin Wilhelmine, die sich in der Pacassystraße 4 befand, wurde von einem SS-Hauptsturmbannführer namens Hans von Kalkstein beschlagnahmt und ihre Schmuckstücke und Kunstwerke, die sich darin befanden, wurden von der Gestapo ver- kauft. Der Erlös betrug 12.982 RM.397

394 Vgl. Dorotheum Wien (Hg.) Versteigerung der kompletten Villeneinrichtung, Wien XIII, Kopfgasse 1 / Hiet- zinger Hauptstraße 31, 17.-22. Juni 1938. 395 Vgl. Ebda. 396 Vgl. ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 397 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 71

Bernhard Altmann versuchte von Großbritannien aus, Geld von seinen Konten in Wien abzu- heben, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, doch daraufhin setzte die Gestapo seine Frau und seine beiden Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch in Wien lebten, unter Hausar- rest.398 Sein Bruder Fritz Altmann wurde bereits kurz nach dem „Anschluss“ 1938 verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Fritz Altmann musste dort mehrere Monate verbringen, bis ihn sein älterer Bruder durch Lösegeld freikaufte und er nach Wien zu seiner Frau zurückkehren konnte.399 Von England aus plante Bernhard Altmann außerdem die Flucht aus Wien für seine Frau Nelly, seine Kinder, seine Lebensgefährtin Wilhelmine und seinen Bruder Fritz sowie dessen Ehefrau Maria.400 Bernhard Altmann schrieb die Umstände der Flucht von seinem jüngeren Bruder Fritz und dessen Frau Maria nieder. Der Text „The Story of the Escape of Fritz and Maria Altmann From Germany on October 21-22, 1938” wurde von seinem Sohn Cecil Altmann für den 80. Geburtstag von Fritz im Jahr 1988 übersetzt.401 Bernhard Altmann erzählt in diesem Text, dass seiner Frau Nelly und seiner Tochter Trude die Flucht am 12. Oktober 1938 nach London gelang. Am 21. Oktober um 9:45 Uhr begann die Flucht von Fritz und Maria Altmann, die zunächst von Wien nach Köln flogen. Obwohl Maria Altmann einen gültigen Reisepass und ein Visum für England hatte, blieb sie bei ihrem Mann Fritz und die beiden flüchteten gemeinsam. Bernhard Altmann beschrieb diese Tat sei- ner Schwägerin Maria wie folgt:402

„The wife of my brother Fritz – Maria – said that she wanted go with Fritz although she had a valid passport and visas for entry into France and England. Like a biblical heroine she stayed faithfully by the side of her husband to whom she had sworn her troth ten months earlier.”403

Für die Flucht hatte Fritz einen gefälschten tschechischen Reisepass. Ihre Flucht ging von Köln weiter über Holland nach England und endete am 22. Oktober um 4 Uhr in Liverpool. Hans, der Sohn von Nelly und Bernhard Altmann, dürfte schon vor seiner Mutter und Schwester die Flucht aus Österreich gelungen sein, denn im Oktober 1938 war er bereits in Liverpool, wie man anhand des Textes entnehmen kann, jedoch ist nichts über seinen Flucht- verlauf bekannt. Ebenso ist nicht bekannt, wie Wilhelmine, der langjährigen Lebensgefährtin

398 Vgl. ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 399 Vgl. PETROPOULOS, Report, 2005. 400 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 33. 401 Vgl. E. Randol Schoenberg (Hg.) The Story of the Escape of Fritz and Maria Altmann From Germany on Oc- tober 21-22, 1938. 2015 In: http://schoenblog.com/?p=660 [Abruf am 25.5.2018]. 402 Vgl. Ebda. 403 Ebda. 72

von Bernhard Altmann, die Flucht aus Österreich gelungen ist.404 Während Bernhard Altmann mit seiner Familie in Liverpool blieb, emigrierte sein Bruder mit seiner Frau Maria im Jahr 1942 in die Vereinigten Staaten, wo sie sich in Los Angeles niederließen. Bei der Hochzeit von Fritz und Maria Altmann bekam Maria von ihrem Onkel Ferdinand Bloch-Bauer eine Di- amantkette und Ohrringe, die einst ihrer Tante Adele gehörten. Als die Nationalsozialisten ihr gesamtes Hab und Gut beschlagnahmten, wurde die Kette Hermann Göring übergeben, der diese, wie schon erwähnt wurde, seiner zweiten Ehefrau Emmy Sonnemann schenkte.405

Schon bevor Trude und Nelly Altmann die Flucht aus Österreich gelang, veranlasste das Dorotheum im Sommer 1938 die Versteigerung der kompletten Einrichtung der Familie in ih- rer Villa in der Kopfgasse 1. Interessentinnen und Interessenten konnten vom 13. – 15. Juni die Villa von 10 bis 18 Uhr besichtigen. Die Versteigerung fand danach von 17. – 22. Juni statt und dauerte somit fünf Tagen (ausgenommen war der Sonntag). Auf der ersten Seite des Versteigerungskatalogs war aufgelistet, welche Gebrauchs-, Einrichtungs,- und Kunstgegen- stände ersteigert werden konnten und die Liste lautete wie folgt:406

„Bilder, Stil- und Gebrauchsmobiliar, Tapisserien, Klaviere, Harmonium, Musikinstrumente, Schallplatten, große Auswahl von Perserteppichen und Silber, Schmuck, Ostasiatika, Kunst- gewerbe, Porzellan, Glas, Service, Luster, Tisch- und Bettwäsche, Kleider, Schuhe und Ge- brauchsgegenstände.“407

Des Weiteren stand auf der zweiten Seite des Versteigerungskatalogs, dass Gemälde des Ma- lers Jehudo Meier Epstein und der Künstlerin Tina Blau nur von Kunsthändlern ersteigert werden dürfen, die die Gemälde später außerhalb von Österreich wieder verkaufen.408 In der Villa Altmann gab es mehrere hochwertige und teure Objekte, die vorher von der Gestapo be- schlagnahmt worden waren, aber nicht bei der Auktion vom Dorotheum versteigert wurden. Unter diesen Gegenständen befanden sich die zuvor genannten Werke von Albin Egger- Lienz.409 Über die Versteigerung schrieb Bernhard Altmann in seinem Werk wie folgt: „Mein

404 Vgl. Ebda. 405 Vgl. PETROPOULOS, Report, 2005. 406 Vgl. Dorotheum Wien (Hg.) Versteigerung der kompletten Villeneinrichtung, Wien XIII, Kopfgasse 1 / Hiet- zinger Hauptstraße 31, 17.-22. Juni 1938. 407 Ebda. 408 Vgl. Ebda. 409 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 34. 73

gesamtes übriges Hab und Gut wurde durch die Gestapo im Auktionswege versteigert; von meinem Wiener Besitz blieb mir nichts.“410 Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, verlor Bernhard Altmann auch seine Strickwarenfabrik in Paris, und nach der Schlacht von Dünkirchen musste seine Familie binnen drei Tagen Eng- land verlassen, wodurch er seine Fabrik auflösen musste. In seinem Werk geht Bernhard Alt- mann jedoch nicht genauer auf diese Situation ein. Des Weiteren lief zu dieser Zeit auch die Fabrik in Massachusetts nicht sehr gut, wodurch Bernhard Altmann aufgrund von einigen Partnern, die nicht zufrieden mit der Leistung waren, den Produktionsbetrieb schließen muss- te. Bernhard Altmann hatte im Herbst 1941 all seine Fabriken und sein wirtschaftliches Ver- mögen verloren und gründete mit 1.250 Dollar wieder einen Garnhandel, dem im Jahr 1943 eine Fabrik folgte, die für mehrere Millionen US-Dollar Sweater produzierte. Seine Produkti- on lief so gut, dass er nach Kriegsende erweitern konnte. Zu seinem wirtschaftlichen Verlauf schrieb Altmann wie folgt:411

„So gelang es mir, nach dem vollständigen Verlust der europäischen und auch amerikanischen Firmen wieder ein Weltgeschäft aufzubauen, dessen Umfang größer ist als der des alten Wie- ner Geschäftes.“412

Die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg In den Vereinigten Staaten ließen sich Nelly und Bernhard Altmann scheiden und Bernhard heiratete daraufhin Wilhelmine North.413

Nach all dem, was Bernhard Altmann und seiner Familie nach dem „Anschluss“ passiert ist, entschloss er sich, nachdem der Krieg beendet war, seine Fabrik in Wien wieder aufzubauen. Im Jahr 1947 waren die rund 500 Arbeiter in der Wiener Fabrik das ganze Jahr voll beschäf- tigt und bekamen vom Unternehmen Lebensmittel geschenkt, die ihnen nicht verrechnet wur- den.414 Im Sommer 1948 schrieb er schlussendlich in seinem Werk wie folgt:

„Es gereicht mir zur Befriedigung, daß es gelungen ist, ein Unternehmen, welches in jahrzehn- telanger Arbeit geschaffen wurde, nach einem vollständigen Niedergang wieder hochzubrin-

410 ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 411 Vgl. Ebda., o. S. 412 Ebda, o. S. 413 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 34. 414 Vgl. ALTMANN, Drei Jahre Aufbauarbeit in Wien, 1948, o. S. 74

gen. Dabei tritt die Genugtuung dazu, der österreichischen und amerikanischen Wirtschaft zu dienen, unseren Leuten Arbeit zu geben und der Wiener Geschmacksindustrie auf vielen Märkten wieder zu Geltung zu verhelfen.“415

Doch in der Nachkriegszeit war Bernhard Altmann nicht nur mit dem Wiederaufbau seines Unternehmens beschäftigt, sondern auch mit dem Zurückkaufen seines privaten Besitzes, der im Sommer 1938 durch das Dorotheum versteigert wurde. Des Weiteren kämpfte er um die Restitution von Kunstwerken, die nicht versteigert, sondern nun in verschiedenen Museen in Österreich ausgestellt wurden und von der Öffentlichkeit besichtigt werden konnten. Darunter fallen die Werke von Albin Egger-Lienz, die sich Großteils in der Kärntner Landesgalerie und in der Stadt Lienz befinden und das Gemälde Bildnis einer Dame von Gustav Klimt.416 Unklar ist jedoch nach wie vor, wo sich die Gemälde von Jehudo Meier Epstein befinden, die Bernhard Altmann im Jahr 1936 in seiner Firma eingelagert hatte. Der angesehene Wiener Maler Jehudo Meier Epstein ging im Jahr 1934 für eine Studienreise nach Südafrika. Da er nicht vorhatte lang zu bleiben, ließ er seinen Besitz in der Villa von Oskar Neumann zurück, wo er schon seit einigen Jahren wohnhaft war. Durch weitere Aufträge verlängerte sich sein Aufenthalt in Südafrika und er bat, um seine Ausgaben zu verkleinern, seinen Freund Bern- hard Altmann, seinen ganzen Besitz aus der Wohnung von Oskar Neumann zu räumen und in der Fabrik zwischenzulagern. Neben Möbel und Alltagsgegenständen wurde auch die Kunst- sammlung von Jehudo Meier Epstein, die sowohl seine Werke, als auch Werke von anderen Künstlern umfasste, eingestellt. Im Jahr 1941 beschlagnahmte die Gestapo das Übersied- lungsgut von Jehudo Meier Eppstein und ob die Kunstgegenstände sich darunter befunden haben oder nicht, konnte bis heute nicht erforscht werden.417 Im nächsten Absatz soll nun der Verbleib des Gemäldes Bildnis einer Dame von Gustav Klimt nach der Versteigerung durch das Dorotheum im Jahr 1938 durch die zwei Beschlüsse der Kommission für Provenienzforschung im Jahr 2003418419 näher beschrieben und analysiert werden.

415 Ebda., o. S. 416 TRENKLER Thomas, „Besitzer des Originales: Bernhard Altmann, Wien“. In: derstandard.at (Hg.), https://derstandard.at/882212/Besitzer-des-Originales-Bernhard-Altmann-Wien [Abruf am 25.5.2018]. 417 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 34-36. Oskar Neumann war ein Wiener Architekt und Kunstsammler. 418 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 18. Juni 2003. In: provenienzforschung.gv.at (Hg.), http://www.provenienzforschung.gv.at/wp-content/uploads/2014/04/Altmann.pdf [Abruf am 25.5.2018]. 419 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 20. November 2003. In: provenienzforschung.gv.at (Hg.), http://www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Altmann_Bernhard_2003-11-20.pdf [Abruf am 25.5.2018]. 75

Bildnis einer Dame Der Großindustrielle Bernhard Altmann setzte sich, wie schon oben erwähnt wurde, sein gan- zes Leben für die Restitution seines Besitzes, der in seiner Wiener Villa im Jahr 1938 verstei- gert wurde, ein, doch für das Gemälde Bildnis einer Dame wurde von ihm in der Nachkriegs- zeit nie ein Rückstellungsantrag gestellt. Aus welchem Grund er keinen Rückstellungsantrag gestellt hatte, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht eruieren.420 Erst im Jahr 2003 wurde der Fall Bernhard Altmann durch die Kommission für Provenienz- forschung neu aufgerollt und untersucht. Insgesamt gab es zu dieser Angelegenheit zwei Sit- zungen. In der ersten Sitzung, die am 18. Juni 2003 stattfand, wurde beschlossen, dass das Gemälde nicht an die Erben von Bernhard Altmann auszufolgen ist.421 In der zweiten Sitzung, die am 20. November desselben Jahres stattfand, einigte man sich jedoch, dass das Gemälde den Erben von Bernhard Altmann zu übergeben sei.422 Im Folgenden sollen zunächst die Ergebnisse der ersten Sitzung geschildet werden und vor allem auf die Begründung, warum das Gemälde zunächst nicht an die rechtmäßigen Erben ausgehändigt wurde, näher eingegangen werden. Die Kommission für Provenienzforschung konnte über den Verbleib des Gemäldes Bildnis einer Dame, nachdem es durch das Dorothe- um versteigert worden war, folgendes herausfinden:423 Bei der Versteigerung durch das Dorotheum im Jahr 1938 war das Werk im Versteigerungs- katalog unter der Nummer 379 angegeben und der Rufpreis wurde mit 500 RM angesetzt. Des Weiteren lautete die damalige Bezeichnung laut Katalog wie folgt:424 „Gustav Klimt (1862- 1918), Frauenkopf, bezeichnet: Gustav Klimt, Öl, Karton, 44 : 34 cm“.425 Wer bei dieser Auktion das Gemälde erworben hat, ist aus den vorhandenen Dokumenten nicht erkennbar. Im Jahr 1943 fand, wie schon erwähnt wurde, in der Secession in Wien eine Klimt- Ausstellung statt. Ein Jahr zuvor schrieb der Direktor der Österreichischen Galerie Bruno Grimschitz eine Nachricht an Gustav Ucicky, dem Sohn von Gustav Klimt, bezüglich der Leihgaben für die bevorstehende Ausstellung. In diesem Schreiben sind insgesamt fünf Ge- mälde aufgelistet, darunter eines mit der Bezeichnung „Mädchenportrait“.426

420 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 18. Juni 2003, S. 2. 421 Vgl. Ebda., S. 1. 422 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 20. November 2003, S. 1. 423 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 18. Juni 2003, S. 1-2. 424 Vgl. Dorotheum Wien (Hg.) Versteigerung der kompletten Villeneinrichtung, Wien XIII, Kopfgasse 1 / Hiet- zinger Hauptstraße 31, 17.-22. Juni 1938. 425 Ebda. 426 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 18. Juni 2003, S. 2. 76

Gustav Ucicky beschloss, drei Klimt-Gemälde seiner Sammlung, darunter das Werk Damen- kopf, nach seinem Tod der Österreichischen Galerie zu vermachen. Als er im Jahr 1961 ver- starb, übergab seine Witwe Ursula Ucicky die Gemälde der Österreichischen Galerie.427 Die Kommission für Provenienzforschung beschloss im Juni 2003, da die Identität des Ge- mäldes Frauenkopf aus der Kunstsammlung des Großindustriellen Bernhard Altmann mit dem Gemälde Damenkopf aus der Sammlung von Gustav Ucicky nicht genügend erforscht ist, das Gemälde den Erben nicht auszufolgen. Weiters begründen sie ihre Entscheidung, dass durch die verschiedenen Bezeichnungen und die abweichenden Maße des Gemäldes Unklar- heiten aufkommen und hinzukommend wurde nie ein Rückstellungsantrag von Bernhard Altmann gestellt.428

Doch die Kommission für Provenienzforschung forschte weiter und am 20. November 2003 gab es den Beschluss, dass das Gemälde Bildnis einer Dame an die Erben von Bernhard Alt- mann zurückzugeben ist. Die weiteren Forschungen ergaben folgendes Ergebnis:429 Im November 1922 wurde in der Kunsthandlung Wawra in Wien eine Auktion durchgeführt, in der verschiedene Kunstobjekte aus einem Nachlass versteigert wurden. Aus dem Versteige- rungskatalog ist das Gemälde Bildnis einer Dame folgendermaßen bezeichnet:430 „Gustav Klimt Weiblicher Studienkopf, Brustbild einer Dame mit Bindehut, Öl. Karton, Signiert, H. 43,5, B. 33,5 cm.“431 Im Versteigerungskatalog lag eine Abbildung bei, wodurch festgestellt werden konnte, dass es sich um das gleiche Gemälde, welches nun im Besitz der Österreichi- schen Galerie befindet, handelt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Bernhard Altmann dieses Gemälde mit anderen Kunstwerken im Jahr 1922 im Auktionshaus Wawra ersteigert hat. Die verschiedenen Maßangaben im Versteigerungskatalog des Auktionshauses Wawra, sowie im Versteigerungskatalog des Dorotheums und die Maßangaben der Österreichischen Galerie sind nun tolerierbar. Die Kommission für Provenienzforschung konnte jedoch nicht heraus- finden, welche Person das Gemälde bei der Versteigerung durch das Dorotheum im Jahr 1938 erworben hatte.432

427 Vgl. Ebda., S. 2. 428 Vgl. Ebda., S. 2-3. 429 Vgl. Beschluss Bernhard Altmann, 20. November 2003, S. 1-2. 430 Vgl. Ebda., S. 2. 431 Ebda. S. 2. 432 Vgl. Ebda., S. 2. 77

Im November 2003 wurde nicht nur das Gemälde Bildnis einer Dame an die Erben Bernhard Altmann restituiert, sondern auch die Druckschrift Repond: Le costume de la garde Suisse pontificale et la renaissance italienne aus der Österreichischen Nationalbibliothek.433

Im Jahr 2006 wurde das Gemälde Bildnis einer Dame im Auktionhaus Christie„s in New York434 von einem US-Händler für 1,136 Mio. US-Dollar, umgerechnet 887.000 Euro, erstei- gert.435

5.2. August und Serena Lederer und die Gemälde Bildnis Serena Lede- rer und Die Freundinnen

Die Familie Lederer gehörte um die Jahrhundertwende zu den bedeutendsten jüdischen Fami- lien in Wien, deren private Kunstsammlung die umfangreichste in Wien war.436 August Lede- rer kam in Böhmisch Leipa, dem heutigen Česká Lípa im Norden von Tschechien, am 3. Mai 1857 zur Welt. Der Großindustrielle war Präsident einer Chemikalienfabrik in Wien und Lei- ter einer Spiritusfabrik in Györ. 437 Die Spiritusfabrik in Györ kaufte er aus dem staatlichen Monopol, die danach einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte.438 August Lederer hatte im Jahr 1910 ein Jahresgehalt von rund 114.000 Kronen und zählte somit zu dieser Zeit zu den wohlhabendsten Personen in Österreich-Ungarn.439 Im Jahr 1892 heiratete August Lederer Serena Pulitzer, die um 10 Jahre jünger war als er. Se- rena Pulitzer, ursprünglich Sidonie Pulitzer,440 stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie aus Budapest.441 Der Name Pulitzer war schon zu dieser Zeit, genauso wie heute, durch Joseph Pulitzer, ein sehr bekannter Nachname. Joseph Pulitzer, der ein Verwandter von Serena Pulitzer war, war in Ungarn geboren und kam in Amerika durch seine eindrucksvollen journalistischen Leistungen zu Anerkennung und Ruhm. Er gründete den Pulitzer-Preis, der

433 Vgl. Ebda., S. 1. 434 Vgl. https://www.christies.com/lotfinder/Lot/gustav-klimt-1862-1918-dame-en-face-5176278-details.aspx [Abruf am 25.5.18]. 435 APA, Klimts "Bildnis einer Dame" erzielt 887.000 Euro. In: https://derstandard.at/2655093/Klimts-Bildnis- einer-Dame-erzielt-887000-Euro [Abruf am 25.5.2018]. 436 Vgl. LILLIE Sophie, Feindliche Gewalten. Das Ringen um Gustav Klimts Beethovenfries (=Bibliothek des Raubes 16). Wien 2017, S. 32. 437 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 438 Vgl. NEBEHAY Christian M., Gustav Klimt, Egon Schiele und die Familie Lederer. Bern 1987, S. 11. 439 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 31. 440 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 441 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 31-32. 78

seit 1917 jedes Jahr an der Columbia University für bedeutende journalistische Werke verlie- hen wird.442 Serena Lederer war eine sehr attraktive Frau und gehörte in Wien zu den bestgekleideten Da- men.443 Sie hatte mit ihrem Ehemann drei Kinder. Zwei Söhne namens Erich und Friedrich, der auch Fritz gerufen wurde und eine Tochter namens Elisabeth, spätere Elisabeth Bachofen- Echt.444 Die Familie Lederer besaß mehrere Immobilien, darunter eine Wohnung in Wien, in der Bar- tensteingasse 8 im ersten Bezirk, das Schloss Weidlingau bei Purkersdorf als Sommerresidenz und auch in Györ,445 wo im großen Fabrikgelände ein großes Wohnhaus errichtet wurde.446 Bevor die Familie in die Bartensteingasse zog, die sich in der Nähe vom Wiener Rathaus und nicht weit vom Atelier von Gustav Klimt befindet,447 wohnte sie ebenfalls im ersten Bezirk, aber in der Reichsratsstraße 29. Die Wohnung in der Bartensteingasse wurde immer wieder erweitert, sodass die Familie Lederer im Jahr 1928 ein ganzes Stockwerk des Wohnhauses ihr Eigen nennen konnte.448 August und Serena Lederer hatten in ihrer Wohnung in Wien die größte private Sammlung von Gemälden des Künstlers Gustav Klimt.449 Serena Lederer hatte den Maler Gustav Klimt durch ihren Onkel, Adam Politzer, kennengelernt. Adam Politzer war Arzt für Ohrenheilkunde, und für seine Nachschlagewerke beschäftigte er als Zeichner den Bruder von Gustav Klimt, Ernst Klimt. Serena Lederer wurde gemeinsam mit ihren Schwes- tern, Irma Politzer und Aranka Munk, wie auch ihrem Onkel, Adam Politzer, bereits im Jahr 1888 von Gustav Klimt in seinem Werk Zuschauerraum im alten Burgtheater dargestellt. 450 Serena Lederer kaufte nicht nur Werke von Gustav Klimt, sondern unterstützte ihn auch in anderen Fällen, wie zum Beispiel Ende des 19. Jahrhunderts, als der Maler das Gemälde Schubert am Klavier fertigte und sie den Mädchen, welche man auf dem Bild sieht, ihre kost- baren Kleidungsstücke lieh.451

442 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 24. 443 Vgl. BRANDSTÄTTER Christian, Gustav Klimt und die Frauen. Wien 1994, S. 54. 444 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 31. 445 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 446 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 11. 447 Vgl. NATTER Tobias G., Gustav Klimt: Frauenbildnisse. In: Tobias G. NATTER / Gerbert FRODL (Hgg.), Klimt und die Frauen [Aus Anlass der Milleniumsausstellung „Klimt und Die Frauen“, 231, Wechselausstellung der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien, 20. September 2000 bis 7. Januar 2001], Wien / Köln 2000, S. 88. 448 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 31. 449 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 450 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 32-33. 451 Vgl. BRANDSTÄTTER, Gustav Klimt und die Frauen, 1994, S. 54. 79

Die Kunstsammlung der Familie Lederer Die große Sammlung der Familie Lederer umfasste nicht nur Kunstwerke von Gustav Klimt, dem in ihrer Wohnung ein ganzes Zimmer gewidmet war, sondern auch zahlreiche Renais- sance-Bronzen aus Italien und kostbare Gemälde von italienischen Künstlern des 18. Jahr- hunderts.452 In einer Akte des Bundesdenkmalamts im Jahr 1922 wird die Kunstsammlung der Familie wie folgt beschrieben:

„Die Sammlung August Lederer gehört zu den wichtigsten österreichischen Kunstsammlungen und besitzt europäischen Ruf. Sie enthält eine große Fülle von Werken der Malerei, der Plastik und des Kunstgewerbes, welche mit künstlerischem Feingefühl und sicherer wissenschaftli- cher Kenntnis zustande gebracht worden sind und unter denen sich zahlreiche Kunstgegen- stände ersten Ranges, welche einem bedeutenden öffentlichen Museum zur hervorragenden Zierde gereichen würden, befinden. Die Reihe der in ihr vertretenden Meister reicht von Tullio Lombardi bis Menzel und Trübner. Für Wien und die heimischen kulturellen Interessen ist ferner von großem Belange, dass die österreichische Kunst und namentlich die Entwicklung, welche die Wiener Malerei in den letzten Jahrzehnten genommen hat, in jener Sammlung glänzend zur Darstellung gelangt und diese für das Studium Gustav Klimt‟s eine geradezu ein- zigartige und unersetzliche Bedeutung besitzt.[…]“453

Diese Beschreibung zeigt sehr gut, wie bedeutend die Kunstsammlung der Familie Lederer nicht nur für die Stadt Wien, sondern für das gesamte Land war. Von Klimt besaß die Familie Lederer zunächst zwei Supraporten und zwar Schubert am Klavier und Die Musik II. Des Weiteren konnten August und Serena Lederer mehrere Gemälde von dem österreichischen Künstler ihr Eigen nennen: Wally, Bauerngarten mit Kruzifix, Goldener Apfelbaum, Gastein, um nur einige wenige zu nennen.454 August Lederer kaufte von Carl Reininghaus, einem Kunstsammler aus Graz,455 im Jahr 1915 den Beethovenfries, was als Treuebeweis gesehen werden kann, denn von diesem Kauf hatte August Lederer keinen persönlichen Nutzen, im Gegenteil, das Werk kostete ihm jedes Jahr einen gewissen Betrag an Depotkosten, weil es aufgrund seiner Größe nirgendwo hingestellt werden konnte.456

452 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 11-17. 453 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 1774/1922 fol. 196v-197. 454 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 33. 455 Vgl. GSCHIEL Christina, „Transport der Teile ohne zu schneiden“. Die Bergung des „Beethoven-Frieses“ aus der Sammlung Lederer in Schloss Thürnthal. In: Pia SCHÖLNBERGER / Sabine LOITFELLNER (Hgg.), Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus. Mythen – Hintergründe – Auswirkungen (=Schriftenreihe der Kommissi- on für Provenienzforschung 6). Wien / Köln / Weimar 2016, S. 360. 456 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 34. 80

Des Weiteren gehörten auch die skandalumwobenen Gemälde Philosophie und Jurisprudenz zum Besitz der Familie Lederer, welche ursprünglich mit dem Werk Medizin für die Aula der Universität Wien vorhergesehen waren.457 Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass das Gemälde Jurisprudenz und der Beethovenfries nicht in der Wohnung der Familie Lederer ausgestellt wurden, sondern in einem Depot untergebracht waren.458 Als im Jahr 1883 die Universität in Wien neu gegründet wurde, stand die Deckengestaltung in der Aula noch offen, man war sich jedoch einig, dass die vier Fakultäten; Jurisprudenz, Medizin, Theologie und Philosophie dort charakterisiert werden sollten. Ein Jahr später wurde der gemeinsamen Skiz- ze vom österreichischen Maler Franz Matsch und Gustav Klimt zugestimmt, aber sie mussten laut Vertrag dem Ministerium zusätzlich farbige Entwürfe vorbringen, damit diese gestattet wurden. Des Weiteren wurde festgelegt, dass Klimt für die Fakultäten Medizin, Jurisprudenz und Philosophie verantwortlich war und Matsch für Theologie. Bei der Vorlage der Entwürfe wurde das von Matsch sofort genehmigt, aber die Bilder von Klimt wurden stark kritisiert, weil zum Beispiel beim Entwurf für Medizin die nackte Darstellung einer Frau im Mittelpunkt des Bildes nicht erwünscht war. Klimts Darstellungen wurden auch in der Öffentlichkeit stark kritisiert, sodass einige Professoren der Universität Wien dem Ministerium eine Petition ge- gen ihn darlegten. Nach einigen Jahren und vielem Hin und Her wurde letztendlich in einer Sitzung im Jahr 1903 beschlossen, dass die drei Bilder von Klimt in der Modernen Galerie in Wien ausgestellt werden sollen und dass das Fakultätsbild von Matsch der theologischen Fakultät übergeben werden soll. Ebenso wurde beschlossen, dass die Decke der Aula schlussendlich mit Orna- menten geschmückt werden wird. Nach dem Sitzungsbeschluss sollte Klimt seine drei Fakul- tätsbilder daraufhin zurückgeben, da sie jetzt Eigentum des Staates seien. Klimt war aber nicht dazu bereit und verzichtete somit auf den Auftrag und wollte den Vorschuss von 30.000 Kronen, den er vom Ministerium erhalten hatte, zurückgeben. In dem geschlossenen Vertrag zwischen dem Ministerium und den beiden Künstlern stand nämlich folgendermaßen ge- schrieben:459 „Sollte aus irgend einem Grund es dem einen der Künstler nicht möglich sein, das Werk zu liefern, so muss der andere Teil den Auftrag übernehmen“.460 Laut Klimt waren seine drei Fakultätsbilder den Auftraggebern, einerseits dem Ministerium und andererseits der Universität Wien, nicht Recht und somit könne er sie auch nicht ausliefern. Die Summe von 30.000 Kronen konnte er jedoch nicht auftreiben und somit half ihm zu dieser Zeit sein Mä-

457 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 458 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 40. 459 Vgl. PARTSCH, Klimt, 1993, S. 108-127. 460 Zitiert nach PARTSCH, Klimt, 1993, S. 127. 81

zen, August Lederer, der für Klimt den Betrag aushändigte, wodurch er als Dankeschön das Gemälde Philosophie als Geschenk bekam. Im Jahr 1907 wurden alle drei Fakultätsbilder noch gemeinsam in der Galerie Miethke in Wien für die Bevölkerung zugänglich gemacht. Nach dieser Ausstellung kaufte der Wiener Maler Koloman Moser Klimt die anderen zwei Fakultätsbilder ab.461 Nach dem Tod von Moser im Jahr 1918 gelang es Erich Lederer, dem Sohn von August und Serena Lederer, das Fakultätsgemälde Medizin der Österreichischen Galerie zu einem sehr guten Preis zu verkaufen, wodurch er das Werk Jurisprudenz für die private Familiensammlung bekam.462

Die Familie Lederer besaß nicht nur viele Gemälde von Gustav Klimt, sondern auch über 300 Zeichnungen, wovon einige darunter aus Japanpapier bestanden.463 Nach dem Tod von Klimt im Jahr 1918 wurde sein Nachlass ein Jahr später bei Gustav Nebehay, einem Antiquar und Kunsthändler, ausgestellt. Bei dieser Ausstellung wurden 200 Zeichnungen von Gustav Klimt zur Ansicht freigegeben. Serena Lederer war an ihnen sehr interessiert, worauf sie folgende Sätze zu Nebehay gesagt haben soll: „Was kostet das Ganze Herr Nebehay? […] Addieren Sie! […] Gekauft! Schicken Sie mir alles in die Bartensteingsse!“.464 Im Salon der Familie Lederer trafen sich mit Gustav Klimt auch andere wichtige Kunstschöp- fer zu dieser Zeit.465 Klimt war auch des Öfteren bei der Familie zum Essen eingeladen466 und er gab sogar Serena Lederer467 und ihrer Tochter Elisabeth Zeichenunterricht.468 August und Serena Lederer kauften nicht nur Werke von Gustav Klimt, sondern der Maler porträtierte auch die Frauen der Familie. Im Jahr 1899 beauftragte August Lederer den Maler, ein Porträt von seiner Ehefrau anzufertigen. Das Gemälde von Serena Lederer war eines der Werke von Klimt, das ein hochrechteckiges Format hatte. Im Porträt ist Serena mit einem weißen Reformkleid abgebildet und es scheint, als würde sie eher schweben als stillstehen. Von Serena sieht man nur das Gesicht, die Arme und den Oberkörper und der helle Hinter- grund des Bildes lässt keinen Raum erkennen.469 Ebenso porträtierte Klimt im Jahr 1914 die Tochter des Hauses. Das Porträt von Elisabeth Bachofen-Echt, die am 20. Jänner 1894 gebo-

461 Vgl. PARTSCH, Klimt, 1993, S. 127. 462 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 13. 463 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1, Gz. 5514/1939 fol. 4. 464 Vgl. NEBEHAY Christian M., Die Goldenen Sessel meines Vaters. Gustav Nebehay (1881-1935). Antiquar und Kunsthändler in Leipzig, Wien und Berlin. Wien 1983, S. 115. 465 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 466 Vgl. SOMMER / STEINER-STRAUSS, Gustav Klimt und Wien, 2012, S. 141. 467 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 24. 468 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 658. 469 Vgl. PARTSCH, Klimt, 1993, S. 233. 82

ren wurde,470 ist eines seiner bekanntesten Gemälde. Im Hintergrund des Bildes sind ver- schiedene asiatische Figuren zu erkennen, die der Maler von Rollbildern aus Asien entnahm. Ein Jahr später fertigte Klimt auch ein Gemälde von Charlotte Pulitzer, der Mutter von Serena Lederer an. 471 Der Sohn Erich wurde, im Gegenteil zu seiner Schwester, vom Künstler Egon Schiele porträ- tiert. Im Jahr 1912 wurde aus diesem Grund der junge Egon Schiele von der Familie Lederer zu ihren Wohnsitz nach Györ eingeladen, um dort das Gemälde von Erich zu malen.472 Die Geschichte zu diesem Porträt erzählte Erich Lederer eines Tages seinem Neffen Ottokar von Jakobs, der die Erzählung aufgenommen und niedergeschrieben hatte und die wie folgt ge- kürzt lautet:473

„Ich hatte eine sehr liebe Großmutter, die ein Schatz war und uns Kinder immer wieder ver- wöhnt hat. […] und so kam es auch eines Tages, daß sie mich holen ließ und mir sagte: „Hier ist Geld für dich!‟ Und zwar waren es etwa 960 oder 970 Kronen. Sie hatte Lose gekauft und bestimmt, wenn diese Lose gewinnen würden, das Geld mir zukommen sollte. […] Also, ich war sehr glücklich und habe nachgedacht, was kauf‟ ich? Da war das allererste, ich möcht‟ mich vom Schiele porträtieren lassen. […] Am nächsten Tag kam, wie jeden Donnerstag, Gus- tav Klimt zum Speisen zu uns, und wie er hereinkam, wußte er schon davon und hat nicht „Guten Tag‟ gesagt, sondern einfach nur: „Also was kaufst du dir für das Geld? Bist du schon klar mit dir selbst?‟ Ich sagte sofort: „Ja, ich möchte gerne ein Porträt von mir, von Schiele gemalt. Dann möchte ich einen Fächer von Kokoschka […]‟. Klimt sagte: „Das alles kannst du für das Geld haben; ich werd‟s dir beschaffen. Das Porträt von Schiele, das ist jetzt schon in Ordnung, dem wirst du 600 Kronen geben. Ich schick‟ ihn dir nach Györ, denn ihr fahrt‟s doch Ende nächster Woche nach Ungarn. Dort wird er dich malen. […]“474

Anhand dieser erzählten Geschichte von Erich Lederer kann man erkennen, dass es Gustav Klimt war, der Egon Schiele der Familie Lederer vorstellte. August und Serena Lederer besa- ßen von Egon Schiele nur zwei Werke und zwar das Gemälde Stadt und ein Aquarell mit dem Titel Selbstporträt, aber dafür wurde ihr Sohn Erich einer der wichtigsten Kunstförderer und Sammler von Egon Schiele.475

470 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 145. 471 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 26. 472 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 28. 473 Vgl. NEBEHAY, Gustav Klimt, 1987, S. 7. 474 Ebda., S. 7-8. 475 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 658 und 669. 83

Wie schon oben erwähnt wurde, besaß die Familie Lederer eine der größten und bedeutends- ten Privatkunstsammlung in Wien, die aber ab dem Jahr 1921 auch für öffentliche Besichti- gungen freigegeben wurde. Die Freigabe der Sammlung für die Öffentlichkeit hatte zwei Gründe, nämlich das Wohnungsanforderungsgesetz vom Jahr 1919 und das Gesetz über die einmalige große Vermögensabgabe vom Jahr 1920. 476 Durch das Wohnungsanforderungsge- setz477 sollten ungenützte Wohnräume von den Gemeinden neu vergeben werden, um der Wohnungsnot, die zu dieser Zeit in Wien sehr stark herrschte, entgegenzutreten. Es gab je- doch eine Ausnahme dafür und zwar wenn man Wohnräume für Besichtigungen von Kunst- werken zur Verfügung stellte. Durch die beschlossene Vermögensabgabe478 sollten die hohen Kriegsschulden des Landes beglichen werden. Hier gab es aber auch wieder eine Ausnahme, denn privater Kunstbesitz sollte bei dieser Abgabe ausgeschlossen werden, wenn er für die Öffentlichkeit für die nächsten zehn Jahr zugänglich ist.479 Die Öffentlichkeit konnte die pri- vate Sammlung von August und Serena Lederer an 16 bestimmten Tagen des Jahres besichti- gen.480 Im Jahr 1928, zehn Jahre nach dem Tod von Gustav Klimt, gab es in der Secession in Wien die Klimt-Gedächtnis-Ausstellung, in der auch Werke von Klimt, die der Familie Lede- rer gehörten, ausgestellt wurden.481

August Lederers Tod Der Großindustrielle August Lederer starb am 30. April 1936 durch eine Harnvergiftung in Wien.482 In der Neuen Freien Presse vom 1. Mai 1936 wurde eine ganze Seite (Seite 23) für seine Todesanzeigen bedruckt.483 Laut dem Testament, das August Lederer bereits 1930 ver- fasste, bekam die Witwe nach seinem Tod Aktien sowohl von der Fabrik in Wien, als auch von der Fabrik in Göyr. Ihre Mitgift, die zum Zeitpunkt der Heirat 100.000 Gulden betragen und die ihr Ehemann in seine Firma investiert hatte, sollte ihr nun im Wert von 200.000 Goldkronen zurückgegeben werden. Warum August Lederer den Betrag der Mitgift in seinem 1930 verfassten Testament noch in Goldkronen valorisierte, obwohl diese zu jenem Zeitpunkt nicht mehr die aktuelle Währung war, bleibt unklar und lässt sich in der Sekundärliteratur

476 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 38. 477 Vollzugsanweisung des Staatsamtes für soziale Verwaltung vom 9. April 1919, womit die Vollzugsanwei- sung vom 13. November 1918, StGBl. 22, betreffend die Anforderung von Wohnungen durch die Gemeinden, abgeändert wird, StGBl. 223/1919. S. 533. 478 Gesetz vom 21. Juli 1920 über die einmalige große Vermögensabgabe, StGBl. 371/1920. S. 271. 479 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 38. 480 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 1774/1922 fol. 197a. 481 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 41. 482 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 45. 483 Neue Freie Presse am 1. Mai 1936, S. 23 In: ANNO – Historische Zeitungen und Zeitschriften. Österreichi- sche Nationalbibliothek (Hg.), http://anno.onb.ac.at/cgi- content/anno?aid=nfp&datum=19360501&seite=23&zoom=33 [Abruf am 30.5.2018]. 84

nicht herauslesen. In seinem Testament hielt er des Weiteren fest, dass die eine Hälfte seines Vermögens seine Frau und die andere Hälfte sein Sohn Erich bekommen soll. Seine Tochter Elisabeth bekam ihr Vorerbe bereits zu ihrer Hochzeit484 mit Wolfgang Bachofen-Echt im Jahr 1921.485 Der zweite Sohn der Familie Lederer, Friedrich, wurde von seinem Vater ent- erbt, weil er homosexuell war. Bezüglich der Kunstsammlung traf er die Entscheidung, dass nach seinem Tod seine Frau Serena die Eigentümerin ist, jedoch hielt er fest, dass die Werke von Klimt früher oder später seine Tochter bekommen soll und die restlichen Gemälde und Kunstwerke sein Sohn Erich. 486

Die Ereignisse nach dem „Anschluss“ Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938487 verließ Erich Le- derer mit seiner Frau Elisabeth Jacobs unverzüglich Österreich über die Gemeinde Kittsee. Vor seiner Eheschließung, im Sommer 1936, ließ sich Erich zwar noch taufen, doch als Be- fürworter der Regierung von Schuschnigg und zusätzlich in einer bekannten jüdischen Fami- lie aufgewachsenen, war seine Gefährdung in Österreich sehr groß. Serena Lederer flüchtete ein paar Tage nach dem „Anschluss“ nach Györ, kam aber nach einiger Zeit wieder nach Wien zurück. 488 Da sie die ungarische Staatsbürgerschaft hatte, meldete sie zunächst ihr Vermögen nicht an, obwohl sie laut Gesetz ihren österreichischen Besitz anmelden hätte müs- sen.489 Ihr Sohn Erich tat es ihr gleich, denn dieses Handeln war ihnen vom Juristen Erich Führer geraten worden.490 Für die Vermögensverkehrsstelle standen zunächst die Lederer- Konzerne im Mittelpunkt,491 die im Jahr 1938 aus folgenden Firmen bestanden:

„Ig. Lederer, die Jungbunzlauer Spiritus- und chemische Fabrik, die Raaber Spiritusfabrik, die Stärke- und Dextrinfabriken, die Kaliwerke, die Appony Kovarcer Aktiengesellschaft, die Boroviczka Likörfabrik in Trencin, die Erste Kleinpol Spiritusraffinerie und die Vaterländi- sche Likör-, Rum- und Spirituosenfabrik in Budapest.“492

484 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 45-46. 485 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 145. 486 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 46-47. 487 Vgl. SCHWARZ, Hitler und die Kunst, 2011, S. 203-204. 488 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 51. 489 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 659. 490 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 52. Dr. Erich Führer war Mitglied der NSDAP und 1938-1943 Vizepräsident der Wiener Rechtsanwaltskammer. 491 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 659. 492 Zitiert nach: LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 52. 85

August Lederer arbeitete schon immer eng mit seinen drei Brüdern, Julius, Richard und Emil zusammen und alle waren bei den einzelnen Konzernen Gesellschafter. Nach dem „An- schluss“ hoffte die Familie Lederer, dass der Konzern noch gerettet werden könnte,493 aber mit einem Schreiben vom Staatskommissar in der Privatwirtschaft und Leiter der Vermö- gensverkehrsstelle, Walter Rafelsberger, an Hermann Berchthold am 16. Februar 1939 gab es endgültig keine Hoffnung mehr, denn dadurch wurde unwiderruflich beschlossen, dass Her- mann Berchthold die Vollmacht über die Jungbunzlauer Spiritusfabrik bekam. Durch dieses Schreiben verfügte Berchthold nun auch über die Vermögenschaften von Julius Lederer und seinen Söhnen Hans und Willy Lederer, sowie über jene von Fritz Lederer und Erich Lederer, den Söhnen von August Lederer. In diesem Dokument steht ebenso wie folgt:494

„Sie [Hermann Berchthold] sind zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die die Verwaltung und Veräußerungen des soeben bezeichne- ten Vermögens erforderlich macht. Ihre Ermächtigung ersetzt in diesem Rahmen jede gesetz- lich erforderliche Vollmacht. Mit der Zustellung dieser Verfügung verliert der Eigentümer des von ihnen verwalteten Vermögens das Recht, darüber zu verfügen.“495

Wie schon oben erwähnt wurde, meldete Serena Lederer zunächst ihr Vermögen nicht an, aber anhand eines Aktes von der Vermögensverkehrsstelle kann man sehen, dass ihr Eigen- tum im Jahr 1939 nachgetragen wurde.496 Bereits am 26. November 1938 ordnete der Wiener Magistrat gemäß dem Ausfuhrverbotsgesetz die Sicherstellung der Kunstgegenstände, die sich in der Wohnung von Serena Lederer in der Bartensteingasse 8, im 1. Stock, befinden, an. Des Weiteren stand in diesem Bescheid geschrieben:497

„Die Gegenstände haben an Ort und Stelle zu verbleiben und es bedarf jede faktische oder rechtliche Verfügung der Zustimmung der Zentralstelle für Denkmalschutz, die gleiche Stelle wird die Verzeichnung der Gegenstände vornehmen. […]“498

Durch die Sicherstellung war Serena Lederer zwar noch die Eigentümerin ihres Besitzes, aber sie konnte nicht rechtlich darüber verfügen und es war ihr verboten, ihre Einrichtungsgegen-

493 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 52-55. 494 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 3980/1939 fol. 123. 495 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 3980/1939 fol. 123. Hermann Berchthold war SA-Brigadeführer und ab 1942 SA-Gruppenführer. 496 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 659. 497 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M 1a, Gz.130/1938 fol. 179. 498 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M 1a, Gz.130/1938 fol. 179. 86

stände, Kunstwerke usw. ins Ausland zu bringen. 499 Serena Lederer versuchte alles um ihr Eigentum zu schützen und somit kehrte sie wieder nach Österreich zurück, um alles in Wien zu regeln.500 Ein paar ihrer Kunstwerke brachte sie im Collegium Hungaricum, dem ungari- schen Kulturinstitut in Wien, unter und zusätzlich lagerte sie viele Objekte im Haus ihrer Tochter vorübergehend ein.501 Elisabeth Bachofen-Echt wohnte in der Jacquingasse 43 im dritten Wiener Bezirk,502 aber im Dezember 1938 wurde auch ihr Vermögen sichergestellt503 und kurz darauf, am 4. Jänner 1939 die Kunstgegenstände, die im Collegium Hungaricum un- tergebracht wurden. Letztere wurden vom Kunsthistorischen Museum in Verwahrung ge- nommen.504 Zwei Monate später reichte die Witwe von August Lederer das Ansuchen um Genehmigung zur Ausfuhr ihrer gesamten Kunstsammlung ein, woraufhin die Zentralstelle für Denkmalschutz die Sicherstellung ihres gesamten Eigentums befahl.505 Fast die komplette Kunstsammlung wurde in vier Teilen sichergestellt; der erste Teil befand sich in der Woh- nung von Serena Lederer, in der Bartensteingasse Nr. 8, der nächste Teil in der Wohnung von ihrer Tochter Elisabeth Bachofen-Echt, in der Jacquingasse Nr. 43, der dritte Teil im Depot des Kunsthistorischen Museums und ein Objekt befand sich beim Bildhauer Florian van der Fecht im 8. Wiener Bezirk. Direktor Hermann Berchthold, der über das Vermögen der Fami- lie Lederer verfügte, forderte, dass die Sammlung liquidiert wird, um Fälligkeiten der Firma Lederer bezahlen zu können. Des Weiteren mussten auch private Forderungen, welche 36.000 und 77.000 RM betrugen, beglichen werden.506 Die restliche Kunstsammlung, sowie Haus- haltsgegenstände und Möbel wurden zu einem auf Schloss Weidlingau und zum anderen bei der Speditionsfirma Kirchner & Co. sichergestellt507 und zusätzlich wurde auch ihr Safe, der sich in der Bank befand, von der Vermögensverkehrsstelle sichergestellt.508 Die meisten Bil- der von Gustav Klimt befanden sich bei der Sicherstellung in der Wohnung von Serena Lede- rer, aber es gab eine Ausnahme, denn das Werk Gastein wurde bei der soeben genannten Spe- ditionsfirma beschieden.509 Serena Lederer kehrte von April bis Dezember 1939 aus Ungarn zurück, um in Wien Klarheit zu schaffen und um das eigene Hab und Gut noch zu retten. In diesem Zeitraum wohnte sie

499 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 65. 500 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 659. 501 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 65. 502 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 659. 503 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 65. 504 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 555/1939 fol. 156. 505 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 65. 506 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 4223/1939 fol. 189. 507 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 65. 508 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 658. 509 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 66. 87

im Hotel Sacher und wurde ständig von der Polizei beaufsichtigt.510 Serena Lederer konnte trotz ihrer Bemühungen die Lage nicht retten und im Juni wurden die zuvor sichergestellten Gegenstände aufgezeichnet, fotografiert und des Weiteren in die Reichsliste eingeschrie- ben.511 In der Reichsliste, welche im Jahr 1938 auf Österreich erweitert wurde, wurden wert- volle Kunst- und Kulturgüter des Landes erfasst. Österreich hatte, wie schon erwähnt, das Ausfuhrverbotsgesetz und für das „Altreich“ wurde die Reichsliste als Ersatz gegründet.512 Nachdem Serena Lederer im Dezember 1939 der Reisepass weggenommen wurde, flüchtete sie wieder nach Ungarn. Damit sie von ihrem Geburtsland aus nicht auf ihre Liegenschaften in Österreich zugreifen konnte, befahl die Vermögensverkehrsstelle die verantwortlichen Grundbuchämter, dass sie keine Überarbeitungen ohne Sicherheitsbescheid vornehmen dür- fen.513 Als die bedeutende Kunstsammlung der Familie Lederer sichergestellt wurde, trafen zwei In- teressengruppen aufeinander und zwar auf der einen Seite der wirtschaftliche Bereich und auf der anderen Seite der kulturelle Bereich des Landes. Wie schon oben geschildert wurde, for- derte Hermann Berchtold, dass die Kunstsammlung der Familie Lederer liquidiert werden soll, um vorhandene Forderungen schnellstmöglich zu begleichen. Diese Ansicht hatte die Zentralstelle für Denkmalschutz aber nicht, denn sie wollte eine Versteigerung der Kunst- und Kulturgegenstände der Familie nicht zulassen, um den Museen der Stadt Wien die Chance zu geben, dass sie einzelne Objekte erwerben können.514 Diese einmalige Möglichkeit der Wie- ner Museen wurde folgendermaßen begründet: „[um] Versäumnisse einer jahrzehntelangen Fehlentwicklung im Wesentlichen nachzuholen“,515 denn es gab jahrelang einen starken Kon- kurrenzkampf zwischen den Museen der Stadt Wien und den jüdischen Kunstsammlerinnen und Kunstsammlern, in dem aber die Museen immer den Kürzeren gezogen hätten.516 Die Sammlung der Familie Lederer wurde bereits im August 1927 vom Kunsthistoriker Leo Pla- niscig auf über 10.000.000 Schilling beziffert517 und somit lag der Wert über den Forderun- gen, die gegen die Witwe von August Lederer bestanden.518 Im Jahr 1927 war das Gemälde Bildnis Serena Lederer 102.000 Schilling, das Bildnis Baronin Elisabeth Bachofen-Echt eben- falls 102.000 Schilling und das Werk Die Freundinnen 34.000 Schilling wert. Die Bilder Ju-

510 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 658. 511 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 66. 512 Vgl. FRODL-KRAFT, Gefährdetes Erbe, 1997, S. 166. 513 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 658. 514 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 66. 515 Zitiert nach Lillie, Feindliche Gewalten, 2017, S. 66-67. 516 Vgl. Ebda., S. 66-67. 517 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 660. 518 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 67. 88

risprudenz und Philosophie waren die Werke von Gustav Klimt, die in der Sammlung Lede- rer, zu diesem Zeitpunkt den höchsten Wert hatten und zwar jeweils 340.000 Schilling.519 Da, wie bereits öfters erwähnt wurde, die private Kunstsammlung der Familie Lederer sehr wertvolle Gemälde und Renaissance-Bronzen aufweist, 520 hatten die Museen der Stadt Wien großes Interesse, einige Werke zu ergattern. Um Zuteilung von zuvor sichergestellten Objek- ten aus der Sammlung der Familie Lederer meldeten sich folgende Museen:521

- das Kunsthistorische Museum - die Österreichische Galerie (heute: Belvedere) - das Staatliche Kunstgewerbemuseum (MAK) - die Städtische Sammlungen (Wien Museum) - das Volkskundemuseum - das Heeresmuseum - die Albertina - das „Führermuseum - die Zentralstelle für Denkmalschutz - Reichsmarschall Hermann Göring522 - Uhrenmuseum Wien - sämtliche Landesmuseen o Landesmuseum Linz o Museum Ferdinandeum Innsbruck o Landesmuseum Bregenz o Joaneum Graz o Museum Klagenfurt o Museum Salzburg523

Reichsmarschall Hermann Göring interessierte sich für drei Objekte vom Künstler Lucas Cranach aus der Sammlung Lederer,524 und zwar Porträt eines bartlosen Mannes im schwar- zen Barett und Porträt einer rothaarigen Frau und das Werk Venus und honigbrotessender Amor.525 Die Werke von Klimt wollten vor allem die Städtischen Sammlungen (Wien Muse-

519 Vgl. BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1a, Gz. 554/1939 fol. 164. 520 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 657. 521 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 67. 522 Ebda., S. 67. 523 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M1, Gz. 5514/1939 fol. 79. 524 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 660. 525 Ebda., S. 668. 89

um) erwerben.526 Die Witwe von August Lederer versuchte mehrmals die Auflösung der pri- vaten Familiensammlung aufzuhalten. Schon im Frühling 1939 bat sie bei der Zentralstelle für Denkmalschutz um ein Gespräch, zu dem es jedoch nie gekommen ist. Des Weiteren ver- suchte sie durch mehrmaliges Schreiben in den Jahren 1940-1942 von Budapest aus vor allem ihre private Kunstsammlung zu retten. 527 Doch auch diese Versuche scheiterten, wie man wie folgt sehen kann:

„Das Auswärtige Amt steht diesbezüglich auf dem Standpunkt, das Deutsche Reich könne es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht dulden, daß dieses deutsche Kulturgut in den Händen von Juden bleibt, oder sogar das Reichsgebiet verlässt. Wir bitten Sie, bei der Bedeutung die- ser Kunstwerke für die Stadt Wien, auch Ihrerseits jede Möglichkeit einer Verbringung des Lederer-Besitzes ins Ausland zu unterbinden.“528

Serena Lederer war sogar dazu bereit, einen Teil ihrer Sammlung dem Staat zu schenken um die restlichen Objekte ausführen zu können, wie man anhand einer Erklärung von Dezem- ber1940 erkennen kann:

„Seit dem Angebot meiner Schenkung am 28. Oktober 1940 ist mir zur Kenntnis gekommen, daß das Deutsche Reich großes Interesse für die beiden Portraits des Lukas Cranaste hatte und obwohl die beiden genannten Bilder zu den allerbesten und kostbarsten stücken meiner Samm- lung zählen – biete ich auch diese Gemälde – da ich viel in der Ostmark gelebt habe und mei- ne loyale Gesinnung beweisen will – dem Reiche als Schenkung an.“.529

Vom 7. Februar bis 7. März 1943 fand eine Gustav-Klimt-Ausstellung in Wien, im Ausstel- lungshaus Friedrichstraße (ehemalige Secession), statt. In der Ausstellung befanden sich vie- le Werke von sichergestellten Kunstsammlungen aus Privatbesitz und vor allem aus der Sammlung der Familie Lederer. Zuvor musste aber für die Ausstellung ein Leihansuchen an Serena Lederer und ihre Tochter Elisabeth Bachofen-Echt gestellt werden, da die Objekte grundsätzlich sichergestellt, jedoch nicht beschlagnahmt worden sind. Da Serena Lederer un- garische Staatsbürgerin war, konnte sie nicht enteignet werden. Ob sie für oder gegen das Leihansuchen gestimmt hätte, war bedeutungslos, denn die meisten Kunstwerke waren bereits

526 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 67. 527 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 660-662. 528 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M2a, Gz.2893/1940 fol. 179. 529 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M2a, Gz. (zitiert Lillie Sophie) fol. 179-180. 90

unter der Aufsicht der Zentralstelle für Denkmalschutz.530 Die Zentralstelle für Denkmal- schutz stellte folgende Gemälde der Sammlung Lederer für die Ausstellung zu Verfügung: „die Fakultätsbilder Philosophie und Jurisprudenz, Bauerngarten mit Kruzifix, Goldener Ap- felbaum, Wally, Die Freundinnen, Gartenweg mit Hühnern, Musik und Schubert am Kla- vier.“531 Des Weiteren wurden die Werke Gastein und Bildnis Charlotte Pulitzer, die in der Spedition Kirchner aufbewahrt waren, auch in der Klimt-Ausstellung gezeigt. Durch die Aus- stellung gab es erneut großes Interesse seitens der österreichischen Museen an der Kunst- sammlung der Familie Lederer.532 Kurz nach der Ausstellung verstarb Serena Lederer in Bu- dapest533 wodurch sich die Verhandlungen um die Kunstsammlung der Familie Lederer än- derten.534 Bis zum Tod von Serena Lederer war ihre Tochter Elisabeth Vermittlerin zwischen den behördlichen Institutionen und ihrer Mutter, denn sie galt ab 1940 als jüdischer Misch- ling. Kurz vor ihrer Hochzeit mit Wolfgang Bachofen-Echt im Sommer 1921 ließ sich Elisa- beth protestantisch taufen, aber durch ihre Großeltern, die alle jüdisch waren, galt sie im Nati- onalsozialismus als „Volljüdin“. Nachdem sich ihr Mann im Jahr 1938 scheiden ließ, war sie völlig rechtslos und der Verfolgung des NS-Regimes ausgesetzt.535 Um der Enteignung zu entkommen und um ihr Leben zu retten, führte sie im Reichsippenamt eine Überprüfung ihrer Abstammung durch, wodurch sie als nicht eheliche Tochter von Gustav Klimt galt.536 Höchstwahrscheinlich stimmte der Abstammungsbescheid nicht, aber durch ihn galt sie als „jüdischer Mischling“, was jedoch im Nachhinein nur als Verzögerung der Verfolgung und nicht als Rettung gesehen werden kann.537 Elisabeth Bachofen-Echt verstarb im Herbst 1944, nur ein Jahr nach ihrer Mutter,538 an Krebs. Bereits nach dem Tod von Serena Lederer wurde Richard Heiserer als Nachlassverwalter eingesetzt, der unmittelbar die beiden Fakultätsbilder an die Österreichische Galerie für insgesamt 100.000 RM veräußerte.539

Bergung der Gemälde im Schloss Immendorf Im Jahr 1944 wurden viele Objekte der Sammlung Lederer in das Schloss Immendorf ge- bracht. Das Schloss Immendorf war ein Schloss in Niederösterreich540 und wurde im 13. Jahr- hundert erbaut und im 16. Jahrhundert umfassend erneuert. Bereits im Jahr 1808 war ein Feu-

530 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 83-84. 531 Ebda., S. 85. 532 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 85. 533 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 662. 534 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 85. 535 Vgl. Ebda., S. 70-73. 536 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 145. 537 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 71-73. 538 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 146. 539 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 85. 540 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 662. 91

er im Schloss ausgebrochen, wodurch es die Jahre danach wieder umgestaltet wurde.541 Fol- gende Klimt-Kunstwerke der Familie Lederer wurden im Schloss Immendorf als Schutzmaß- nahme vor Bombentreffern untergebracht:542

- Kruzifix im Walde - Die Freundinnen - Bildnis eines jungen Mädchens mit entblößter Brust (Wally) - Garten mit Malven und Hühnern - Apfelbaum mit goldenen Äpfeln - Leda mit dem Schwan - Supraporte Die Musik - Supraporte Schubert am Klavier - Die philosophische Fakultät - Die Jurisprudenz543

Bei dieser Bergung wurden des Weiteren noch das Werk Stadt und das Aquarell Selbstporträt von Egon Schiele und viele weitere Kunstobjekte der Sammlung Lederer untergebracht.544 Der Beethovenfries wurde nicht im Schloss Immendorf, sondern im Schloss Thürnthal, wel- ches sich westlich von Wien befindet, ausgelagert. Im Schloss Thürntal wurden ab 1943 zum Großteil die geraubten Kunst- und Kulturgegenstände vom ERR Rosenberg untergebracht.545 Von der Kunstsammlung Lederer wurden auch einige Objekte am 8. Jänner 1944 im Salzberg Aussee ausgelagert, wie zum Beispiel die drei Werke von Lucas Cranach.546 Im Schloss Immendorf war jedoch nicht nur der Großteil der privaten Kunstsammlung der Familie Lederer untergebracht, sondern auch viele Kunstwerke, die für das „Führermuseum“ in Linz bestimmt waren und einige Werke von Rembrandt und dem Maler Rudolf von Alt.547

Die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg Erich Lederer überlebte mit seiner Frau Elisabeth den Krieg im Exil in der Schweiz. Er kehrte Ende des Jahres 1945 nach Wien zurück, um vor Ort alle Maßnahmen für das elterliche Ver- mögen treffen zu können. In der Nachkriegszeit belief sich die Masseforderung des Lederer-

541 Vgl. FASSBINDER Brigitte / BRÜCKLER Theodor, Kunst im Bezirk Hollabrunn. Ausstellungskatalog unter besonderer Berücksichtigung der Bestände des Stadtmuseums Alte Hofmühle Hollabrunn. Hollabrun 1997, S. 144-145. 542 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 87. 543 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M2a, fol. 218-219. 544 Ebda. Fol. 219. 545 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 87. 546 BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K9, M2 fol. 46. 547 Vgl. FASSBINDER / BRÜCKLER, Kunst im Bezirk Hollabrunn, 1997, S. 145. 92

konzerns auf circa 6,7 Millionen Schilling, wodurch wieder großes Interesse seitens der Äm- ter an der Kunstsammlung von August und Serena Lederer entstand. Zu dieser Zeit befanden sich die Kunstwerke der Familie Lederer, die nicht im Schloss Immendorf verbrannt worden waren, unter öffentlicher Aufsicht. Im Frühling 1946 wurde das Konkursverfahren über den Nachlass von August Lederer eingeleitet, danach von Serena Lederer und zum Schluss von Erich Lederer. Als Masseverwalter wurde der Rechtsanwalt Martin Höberle eingesetzt. Im Konkursverfahren setzte sich der Rechtsanwalt Höberle dafür ein, dass die sichergestellte Kunstsammlung, das Schloss Weidlingau und die Einrichtung der Wohnung in der Barten- steingasse in das Firmenvermögen und nicht in das Privatvermögen von August Lederer flie- ßen solle, um die einzelnen Gläubiger zu beruhigen. Man wollte die sichergestellte Kunst- sammlung auf gar keinen Fall Erich Lederer übergeben, denn somit entstand548 „ein überaus großer Schaden nicht nur für die Gläubiger, sondern hauptsächlich auch für den österreichi- schen Staat und das österreichische Volk“549 Nach mehreren Verhandlungen wurde im Jahr 1949 beschlossen, dass die Gläubiger folgende Vermögenschaften wie die Anteile von Erich Lederer an der Firma, die Modenagründe in Wien und das Schloss Weidlingau bekamen, und somit bekam Erich Lederer die Kunstsammlung seiner Familie zurück, jedoch nur jene Objek- te, die im Denkmalamt untergebracht waren. Gegenstände, die bei der Spedition noch einge- lagert waren und nicht durch Luftangriffe zerstört worden waren, wurden auch den Gläubi- gern überlassen. Durch das Konkursverfahren lässt sich begründen, dass ein Jahr zuvor, im Frühling 1948, die drei Porträts von Serena Lederer, ihrer Tochter Elisabeth Bachofen-Echt und ihrem Sohn Erich Lederer im Wiener Dorotheum untergebracht wurden, aber diese sind noch vor der Auktion an Erich Lederer zurückgegeben worden.550 Wie schon mehrmals erwähnt wurde, gab es in Österreich eine Ausfuhrsperre für Kunst- und Kulturgegenstände und somit musste Erich Lederer in den 1950er Jahren einige Objekte der Familiensammlung dem Staat Österreich als „Schenkung“ überlassen. Somit bereicherten sich die Albertina und das Historische Museum an Aquarellen und Zeichnungen von Egon Schiele und einigen andern Künstlern.551 Dieses Vorgehen von Österreich gleicht einer Erpressung, denn man händigte den Opfern des NS-Regimes ihr Eigentum nur aus, wenn sie sich dazu be- reit erklärten, einen Teil dem Staat als „Schenkung“ zu überlassen. Durch diesen Vorgang verdoppelte die Österreichische Galerie ihre Klimt-Sammlung. Der bekannteste Fall ist, wie

548 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 90-95. 549 Zitiert nach LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 95. 550 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 96. 551 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 664. 93

schon erwähnt, das Werk Adele Bloch-Bauer I, das im Jahr 1948 in den Besitz der Österrei- chischen Galerie kam.552

Bildnis Serena Lederer Das Gemälde Bildnis Serena Lederer wurde, wie bereits erwähnt, nach dem Konkursverfah- ren im Jahr 1948 dem Sohn Erich Lederer ausgefolgt.553 Das Gemälde tauchte anschließend wieder am europäischen Kunstmarkt auf554 und war von 1949-1980 im Besitz der Öffentli- chen Kunstsammlung, Kunstmuseum Basel. Von dort wurde es im Jahr 1980 an das Metropo- litan Museum of Art verkauft.555

Gemälde Die Freundinnen Nachdem Deutschland 1945 kapituliert hatte, wurde das Schloss Immendorf von SS-Männern in Brand gesetzt.556 Durch mehrere Explosionen in den Schlosstürmen und anderen Räumen brannte das Schloss bis auf die Außenmauern komplett aus. Angehörige der SS begründeten den Brand folgendermaßen:557 „es sei eine Sünde, wenn diese [eingelagerten] Kunstgegen- stände den Russen in die Hände fielen.“558 Durch diese Aussage steht fest, dass das Schloss Immendorf von den SS-Männern nach Kriegsende sinnlos in Brand gesteckt wurde.559 Die vorhin aufgezählten Werke von Gustav Klimt aus der Kunstsammlung Lederer wurden alle im Brand zerstört. Des Weiteren muss erwähnt werden, dass das Fakultätsbild Medizin von Gustav Klimt auch vor Kriegsende von der Österreichischen Galerie im Schloss Immendorf aus Schutz untergebracht wurde und somit auch noch in den Flammen niederbrannte. Die Werke Gastein und Bildnis Charlotte Pulitzer wurden nach der Klimt-Ausstellung in der ehemaligen Secession wieder in der Speditionsfirma Kirchner untergebracht, wo sie vermut- lich durch Luftangriffe ruiniert wurden. Die Kunstwerke der Familie Lederer, die in der Klimt-Ausstellung 1943 in Wien zu sehen waren, sind alle, mit Ausnahme vom Beethoven- fries, am Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört worden.560 Wie schon bereits erwähnt wurde, trat im Jahr 2001 das Entschädigungsfondsgesetz in Öster- reich in Kraft, wodurch die NS-Opfer zum ersten Mal für Kunst- und Kulturgegenstände, die

552 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 99-100. 553 Vgl. Ebda., S. 96. 554 Vgl. LILLIE, Was einmal war, 2003, S. 664. 555 Vgl. Metropolitan Museum of Art (Hg.) In: https://www.metmuseum.org/art/collection/search/436820 [Abruf am 30. 5.2018]. 556 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 89. 557 Vgl. FASSBINDER / BRÜCKLER, Kunst im Bezirk Hollabrunn, 1997, S. 145. 558 Zitiert nach FASSBINDER / BRÜCKLER, Kunst im Bezirk Hollabrunn, 1997, S. 145. 559 Vgl. FASSBINDER / BRÜCKLER, Kunst im Bezirk Hollabrunn, 1997, S. 145. 560 Vgl. LILLIE, Feindliche Gewalten, 2017, S. 89. 94

im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden oder in der Nachkriegszeit als vermisst galten, ent- schädigt wurden.561 Ob Erich Lederer im Jahr 2001 einen Antrag auf Entschädigung für das verbrannte Gemälde Die Freundinnen oder für die anderen Werke, die im Schloss Immendorf verbrannt wurden, stellte, konnte im Rahmen dieser Diplomarbeit aufgrund der vorhandenen Quellen nicht erforscht werden.

561 Vgl. BLIMLINGER, Rückstellungen und Entschädigungen in Österreich, 2009, S.29. 95

6. Resümee

Der NS-Kunstraub unterscheidet sich maßgeblich von anderen Kunstrauben der Geschichte, da durch das NS-Regime eine ganze Bevölkerungsgruppe beraubt und vernichtet wurde. Di- rekt nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich begann die Leidensgeschichte für die jüdi- sche Bevölkerung in der „Ostmark“. Sie wurde sukzessive aus dem öffentlichen Leben ver- drängt, um ihr Eigentum beraubt und in Vernichtungslagern ermordet.

Wie man anhand der Diplomarbeit sehen kann, darf man beim NS-Kunstraub das Eigeninte- resse Hitlers an Kunst, Kultur und Architektur nicht außer Acht lassen, denn bei keinem ande- ren Machthaber zu dieser Zeit spielte die Kunst in der Politik eine so große und wichtige Rol- le wie bei ihm. Während der NS-Zeit war nicht nur der Diktator selbst am Kunstraub beteiligt, sondern auch einige Personen der NS-Elite. Durch den Kunstraub bereicherten sich auch viele Museen und andere Institutionen in Österreich. Doch auch der „Sonderauftrag Linz“ nimmt im NS-Kunstraub eine zentrale Stellung ein. Das „Führermuseum“ sollte einerseits durch sei- ne Größe und andererseits durch seine Sammlung andere bedeutende Museen in Europa über- treffen. Um dies erreichen zu können, hätte die Sammlung zum größten Teil aus Raubkunst bestehen sollen. Die Vorgehensweise des NS-Kunstraubes in Österreich unterscheidet sich erheblich von den Herangehensweisen in anderen eroberten Ländern. Wie man anhand dieser Diplomarbeit se- hen konnte, wurde das jüdische Vermögen durch unzählige Rechtskonstruktionen vom NS- Regime sichergestellt und eingezogen. Die Verordnungen galten prinzipiell für die ganze „Ostmark“, aber die Nationalsozialisten beschäftigten sich hauptsächlich mit der jüdischen Bevölkerung in Wien, unter denen einige Familien Kunstmäzene, wie Bernhard Altmann und August und Serena Lederer waren. Wegen der Eigendynamik, die sich im NS-Kunstraub in Österreich nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938 entwickelte, sicherte sich Hitler durch den „Führervorbehalt“ beschlagnahmte Sammlungen für das „Führermuseum“ in Linz. Des Weiteren gab es im NS-Kunstraub unzäh- lige Profiteure sowohl auf politischer, als auch auf privatwirtschaftlicher Ebene. Ver- schiedenste Branchen und Institutionen haben wesentlich von der Judenverfolgung im Natio- nalsozialismus profitiert. Im Kunstgewerbe spielte vor allem das Dorotheum in Österreich ei- ne wichtige Rolle.

Wie man anhand der Darstellung der Restitutionsgesetzgebung in Österreich sehen kann, gab es seitens der Republik nach dem Zweiten Weltkrieg unterschiedliche Bemühungen, durch die

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man versuchte den Restitutionsprozess zu regeln. Diese Bemühungen sind jedoch weitgehend ungenügend. Viele Hindernisse der Restitutionsgesetzgebung hingen zunächst mit der soge- nannten „Opferthese“ zusammen, durch welche die Republik jegliche Schuld von sich schob. Nur durch internationalen Druck gab es seitens der Republik Maßnahmen für Entschädigun- gen der NS-Opfer. Schon die ersten Rückstellungsgesetze in den 1940er Jahren brachten eine riesige Problematik mit sich. Diese Diplomarbeit zeigt, dass zwar der Verkauf von großen privaten Kunst- und Kultursammlungen wie zum Beispiel die Sammlung der Familie Lederer oder Bernhard Altmann zwar noch eruierbar war, aber einzelne Objekte wie Einrichtungsge- genstände, Schmuckstücke oder Kunstwerke konnten in der Nachkriegszeit nur schwer ermit- telt werden. Hier war die Situation fast aussichtslos, denn für die NS-Opfer war es unmöglich zu wissen, wer ihr Eigentum nach der Deportation ersteigert hatte. Nur in wenigen Fällen wurden Kunstwerke nach dem Zweiten Weltkrieg sofort ihren recht- mäßigen Besitzerinnen und Besitzern zurückgegeben. Erich Lederer bekam das Gemälde Bildnis Serena Lederer im Jahr 1948 zwar zurück, aber auch nur, weil er einen Teil seines Besitzes wie zum Beispiel die Modenagründe in Wien dem Staat zuschrieb. Im Fall Altmann mussten fast 60 Jahre vergehen, um das Gemälde Bildnis einer Dame den rechtmäßigen Erben zurückzugeben. Des Weiteren wurden viele Kunst- und Kulturobjekte in der Zeit des Natio- nalsozialismus völlig zerstört, wie zum Beispiel das Gemälde Die Freundinnen von Gustav Klimt, dass auf Schloss Immendorf im Jahr 1945 verbrannt wurde und somit nie restituiert werden konnte.

Die vorliegende Diplomarbeit hat gezeigt, dass die Restitutionsgesetzgebung in Österreich auch im Jahr 2018 bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. Seitens der Republik Österreich gibt es noch großen Handlungsbedarf. Denn so müsste zum Beispiel die Leopold Museum- Privatstiftung in der Restitutionsgesetzgebung berücksichtigt werden, denn Unrecht darf nicht Unrecht bleiben!

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8. Stichwortverzeichnis

ERR Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg

GESTAPO Geheime Staatspolizei

IKG Israelitische Kultusgemeinde Wien

NS Nationalsozialismus

NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

OFG Opferfürsorgegesetz

RM Reichsmark

VUGESTA Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen

Staatspolizei

VVSt Vermögensverkehrsstelle

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