Politischer Fraktionsbericht der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion gem. 51 Abs. 3 Z 2 VO-UA zum Berichtsentwurf des Verfahrens- richters im Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss). IBIZA Gekaufte Politik Foto: Parlamentsdirektion/Zinner Foto: Parlamentsdirektion/Zinner Quellen Empfehlungen für Maßnahmen Aktenlieferungen Kurz undBlümel Das große Schreddern Die Obstruktion derErmittlungen der WKStA Der Kampf derÖVP gegen Aufklärung –von Anfang an platzt –DiegroßeDie Bombe Der verschwiegene Deal derOMV Austrian Real Estate –warum derStaat Premiumwohnungen baut Projekt Edelstein Kontrolle dieKontrolleure über derFinanzmarktaufsicht Postenschacher derOeNB bei 70 Milliarden Euro inStiftungen –aber kein Geld für Steuern Geschenkt besteuert statt „Novomatic zahltalle“ Welches soll Gesetz ich für dich ändern? Oder: DiePrikraf-Affäre Die Erfüllung derSpenderwünsche Soko Haarbüschel Sobomatic „Rot, dann blass, dann zittrig“ – Kurz, Schmid unddieKirche Von derStaatsholding zur„Schmid AG“ Die türkise Familie Die große Spendenkampagne Das Projekt Ballhausplatz Vorwort Ibiza -Gekaufte Politik

etshnsapge 38 Vertuschungskampagne 51 48 23 11 36 46 44 41 39 35 34 32 31 29 27 25 23 20 18 16 12 6 4 8 Du. Unzählige SMS, Treffen, Gesetzesvorbereitun- gen und Absprachen sind belegt. Der Nationalrats- präsident und Vorsitzende (!) des #IbizaUA wirkte in seinen öffentlichen Auftritten überhaupt wie ein wandelndes Testimonial der Novomatic. Und egal ob Sobotka im Alois-Mock-Institut „präsidiert“, beim Waidhofner Kammerorchster dirigiert oder einfach im NÖAAB Parteisitzungen abhält - um die Ecke steht jemand von der Novomatic und bezahlt die Spesen.

Foto: Denk Studio Foto: Erst nachdem sich die ÖVP und die Novomatic of- fenbar einig sind, kommt die FPÖ ins Spiel: Die von der ÖVP vorbereitete Gesetzesnovelle (inklusive neu- en Online-Lizenzen und der Wiedereinführung des „kleinen“ Glückspiels) wird der FPÖ präsentiert und Liebe Leserinnen! mit Peter Sidlo wird ein FPÖ-Mann in den Casinos installiert. Ende 2018 begann sich auch ein FPÖ-No- Liebe Leser! vomatic-Deal abzuzeichnen. Deshalb drehte sich die Aufmerksamkeit im Untersuchungsausschuss von der FPÖ zur ÖVP.

Das „System Kurz“ lässt sich folgenderma- ßen charakterisieren: Im Dezember 2019 haben wir, die Sozialdemokrati- sche Parlamentsfraktion, gemeinsam mit den NEOS ein Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsaus- 1. Kontrolle: Kurz und sein engstes Umfeld kontrol- schusses über die „mutmaßliche Käuflichkeit der tür- lieren alle Entscheidungen. Wer in einem Minis- kis-blauen Bundesregierung (Ibiza-UA)“ eingebracht. terbüro arbeitet, wer in einem Ministerium Ge- neralssekretär wird, was in einem Gesetz steht, In den sechs Minuten Ibiza-Video, die im Mai 2019 wer in einem Aufsichtsrat sitzt: Das letzte Wort, durch „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ veröf- die letzte Entscheidung liegt bei Kurz und seinem fentlicht wurden, wurde ein Sittenbild gezeichnet, engsten Umfeld. Deswegen liegt die Loyalität der dass jedenfalls Teile der Politik bereit sind, für Geld KabinettsmitarbeiterInnen immer bei Kurz, nie und Einfluss „alles“ zu verkaufen; egal ob Gesetze, beim Minister bzw. der Ministerin. (Chat-Nach- Aufträge oder unser Wasser. Wir wollten nachschau- richt von Schmid über Löger: „… Sonst glaubt er, en, ob das alles nur Theorie war oder ob in der Praxis er kann Sachen selbst entscheiden“.) Selbst in der das politische Handeln der Kurz-Strache-Regierung Übergangsregierung wurde laut einem Chat zwi- käuflich war. schen dem mächtigen Justiz-Sektionschef Chris- tian Pilnacek und der damaligen Kabinettschefin Was folgte, waren zwanzig Monate, in denen die ÖVP Andrea Martini vereinbart, nicht ihren Vorge- versuchte den Untersuchungsausschuss zu behin- setzten, Justizminister Dr. Clemens Jabloner, zu dern. Beginnend mit dem – von den Grünen unter- informieren. Sehr wohl informiert werden sollte stützten – Versuch, den Untersuchungsgegenstand zu Kurz. Kurz war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal zensurieren, über die verweigerten Aktenlieferun- Regierungsmitglied, sondern „nur“ wahlkämp- gen, dem indiskutablen Vorsitzverhalten von Wolf- fender ÖVP-Chef! gang Sobotka bis zu den mutmaßlichen Falschaussa- gen und Erinnerungslücken von ÖVP-Vertretern im 2. Familie: Nicht jeder gehört zur Familie. Aber #IbizaUA. jene die dazu gehören, genießen die Förderung („Kriegst eh alles was du willst“) und den Schutz Am Anfang konzentrierten wir uns in unseren Unter- durch die „Familie“. suchungen vor allem auf die FPÖ. Immerhin waren die beiden unfreiwilligen Hauptdarsteller des be- 3. Macht und Machtmissbrauch: Kurz und sein rüchtigten Ibiza-Videos, Heinz-Christian Strache und Team nützen ihre Macht aus. Weit mehr, als man Johann Gudenus, führende FPÖ-Politiker. Doch mit in einem demokratischen Rechtsstaat erwarten den Aktenlieferungen drehte sich das Bild. Zum Bei- würde. Die Art und Weise, wie Kurz den damali- spiel beim Thema „Novomatic zahlt alle“: Während gen ÖVP-Generalsekretär im Finanzministerium lange Zeit keinerlei Kontakt zwischen FPÖ und dem Thomas Schmid der Kirche – nach deren Kritik Glückspielkonzern Novomatic ersichtlich war, waren an der Asylpolitik der Kurz-Regierung – „an den die wesentlichen Vertreter der ÖVP (Gernot Blümel Hals hetzt“ und dabei noch anfeuert („Ja super. und Thomas Schmid) mit der Novomatic auf Du und Bitte Vollgas geben“) ist widerlich. Seine Antwort

4 („Super danke vielmals!!!!“) auf die „Erfolgsmel- Und die FPÖ? dung“ von Schmid („Schipka war fertig … er war zunächst rot, dann blass, dann zittrig…“) steht Das Bild, das Strache und Gudenus auf Ibiza abgelie- dem in Widerwärtigkeit um nichts nach. fert haben, hat sich in den Akten auch gefunden. Das Fokussieren auf Postenschacher, Gesetze auf Bestel- 4. Abgehobenheit: Die moralische Verfasstheit der lung und das Spendensammeln „am Rechnungshof „Familie“ quillt aus jedem Chat hervor. Wir sind vorbei“ ist nur noch zum Fremdschämen. Für Öster- da oben; alle anderen da unten („Reisen wie der reich ist es auf jeden Fall ein Gewinn, dass Strache Pöbel“, „mit den Tieren am Amt anstellen“, etc.). die politische Bühne verlassen hat. Es sollten andere Wenn KabinettsmitarbeiterInnen gemeinsam seinem Beispiel folgen. auf Kosten von uns allen (Steuergeld) „feiern“ und dabei mit Gläsern auf Passanten werfen, Durch das erstmalige Abdrehen eines Untersu- gibt es für die handelnden „Familienmitglieder“ chungsausschusses nach der neuen Verfahrensord- keine Konsequenzen. Die Kosten werden auf die nung konnte die Arbeit nicht fertiggestellt werden. „EU-Präsidentschaft“ gebucht. Erst wenige Tage vor Ende des Ausschusses wur- den von Finanzminister Blümel und Bundeskanzler 5. Spenden und Dankbarkeit: Im amerikanischen Kurz tausende Akten auf Basis von Entscheidungen Stil wurden Spendengelder eingesammelt. Es des Verfassungsgerichtshofes bzw. ihrer Exekution wird gestückelt und verschoben, um diese Spen- durch das Landesgericht für Strafsachen im Auftrag den möglichst lange zu verschleiern. Aus den des Bundespräsidenten an den #IbizaUA geliefert. Spendern entstand „das Biotop der Qualifizier- Zehntausende Chats konnten von der Staatsanwalt- ten“ (), und wenn Auf- schaft nicht mehr ausgewertet und vorgelegt werden. sichtsrätInnen oder KabinettsmitarbeiterInnen gesucht wurden,fand man sie in diesem Biotop. Trotzdem können sich die Ergebnisse des Untersu- Die Interessen der Großspender wurden auch bei chungsausschusses sehen lassen. Auch aufgrund der Gesetzesbeschlüssen (Privatklinik-Fonds, etc.) Arbeit des Untersuchungsausschusses ist es zu einer nicht vergessen. Reihe von Rücktritten und Suspendierungen gekom- men und eine Reihe von Gesetzesinitiativen wurde 6. Unantastbar: Kurz und sein Umfeld fühlen sich bereits angekündigt oder in die Wege geleitet, um unantastbar und versuchen sich jeder demo- aufgedeckte Missstände abzustellen. Nicht zuletzt kratischen Kontrolle zu entziehen. Nicht nur wurde auch aufgrund des Untersuchungsausschus- durch Schreddern und verweigerte Aktenvor- ses ein Volksbegehren ins Leben gerufen, dessen lage. Der Umgang mit den demokratischen und Ziele grosso modo unterstützt werden können. Die rechtsstaatlichen Institutionen (Parlament, wesentlichen Fakten und Erkenntnisse finden Sie in Untersuchungsausschuss, Staatsanwaltschaft, diesem Heft. Verfassungsgerichtshof, Medien, etc.) zeigt ein fehlendes Verständnis für Transparenz und Ko- Ich darf mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeiter- operationsbereitschaft mit den anderen -staat Innen der Parlamentsdirektion und aller Fraktionen, lichen Organen und zivilgesellschaftlichen Ein- bei den MedienvertreterInnen, den externen Dienst- richtungen unseres Landes. leiterInnen und den Verfahrensrichtern und -anwäl- tInnen bedanken! 7. Trump: In der Kommunikation bedient sich Kurz zunehmend der Mittel des mittlerweile ab- Besonders bedanken möchte ich mich für die Unter- gewählten US-Präsidenten Trump. „Flood the stützung und das positive Feedback, dass ich erfah- zone with shit“, „alternative facts“ und „personal ren habe – egal, ob ich gerade mit der U-Bahn gefah- insults and nicknaming” hat die Kurz-ÖVP in Ös- ren bin, im Supermarkt einkaufen oder wandern war. terreich etabliert.

8. Staat im Staat: Die „türkise Familie” versucht, Institution für Institution unter ihre Kontrolle Jan Krainer zu bringen. Sie bildet ein informelles Netzwerk für das #IbizaUA-Team und arbeitet an den rechtsstaatlichen Instanzen- der SPÖ-Parlamentsfraktion wegen vorbei. Es ist der „türkisen Familie“ schon gelungen, einige dieser Institutionen zu durch- setzen: vor allem das Innenministerium, das Jus- tizministerium, das Finanzministerium und das Bundeskanzleramt. Wir sehen auch den Versuch bei OeNB und Finanzmarktaufsicht.

#IbizaUA – 5 Das Projekt Ballhausplatz

6 Das Projekt Ballhausplatz findet sich erstmals im Herbst Thomas Schmid: 2017 in den Medien, als interne Strategiepapiere öffentlich werden, die die Vorbereitung der Machtübernahme von „Ich habe Sebastians Budget um Sebastian Kurz in der ÖVP darstellen. Die Wochenzeitung 35 Prozent erhöht.“ „Falter“ veröffentlicht die Papiere am 19. September 2017, wenige Wochen vor der Nationalratswahl. Die Dokumente „Scheiße mich jetzt an“ stammen, so der „Falter“, aus 2016 und zeigen detaillierte Pläne der Kampagne von Sebastian Kurz. So finden sich darunter auch KandidatInnenlisten der ÖVP und Listen mit „Mitterlehner wird flippen“ potentiellen SpenderInnen. Auch sollen die „Bedingungen einer Übernahme“ – gemeint die Übernahme des Bundes- „Kurz kann jetzt Geld scheißen“ parteiobmanns durch Sebastian Kurz – definiert werden. Gernot Blümel, der Empfänger Im Untersuchungsausschuss Frage der Käuflichkeit interes- dieser Nachrichten antwortet wurde dazu der ehemalige Vize- sant. Glauben Sie wirklich, dass nur lapidar: kanzler und Bundesparteiob- jemand sagt, ich kaufe etwas? – mann der ÖVP, Reinhold Mit- Sondern: Was Sie damit kriegen, „Mitterlehner spiel [sic] keine terlehner, befragt. Mitterlehner wenn Sie von jemandem Geld be- Rolle mehr…“ 4 bestätigt, dass es das Projekt Ball- kommen, ist das Ohr desjenigen. hausplatz sowohl in der theoreti- Sie haben das Ohr eines einfluss- Unklar ist auch, aus welchen schen wie auch praktischen Um- reichen – oder möglicherweise Mitteln eine für Kurz erstellte setzung gegeben hat1, beschreibt einflussreichen – Mannes, und Umfrage bezahlt wurde, die de- detailliert wie bereits im Jahr sitzen dann am 1. Juli, oder wann zidiert die Erfolgsaussichten als 2016 von Sebastian Kurz und sei- immer der Parteitag 2017 war, auf Spitzenkandidat abfragen sollte. nem Team die Regierungsarbeit der Tribüne unmittelbar hinter Mitterlehner dazu im Ausschuss: desavouiert wurde, „weil man dem kommenden Parteiobmann. „Meines Wissens hat die nicht den Eindruck erwecken wollte, Schauen Sie sich die Tribüne an! die ÖVP bezahlt. Als ich gebeten die Arbeit ist nicht mehr erfolg- Dort sitzen die Großspender.“ 3 habe, nachzuforschen, ob das reich, und zweitens wird nur irgendwo vielleicht sogar wir be- gestritten. Und in dem Zusam- Bereits im April 2016 wurde im zahlt haben, haben wir nichts menhang: Einige, die also dann Finanzministerium von Kabi- gefunden. Meines Wissens also diese Worte geführt haben und nettschef Thomas Schmid dar- nicht. Das muss jemand anderer so weiter, sitzen ja auch hier im an gearbeitet, „Sebastians Bud- finanziert haben. Wo genau, das Saal und sind dem einen oder an- get“ zu erhöhen. Kurz, damals weiß ich nicht, aber Tatsache ist, deren ja noch bekannt.“2 Außenminister, bekommt eine dass es die Umfrage gegeben hat saftige Budgeterhöhung für sein […].“ Der Verdacht liegt nahe, Im selben Jahr sei dann auch Ressort, um seine Kampagnenfä- dass diese Umfrage aus Kurzʼ die Frage der Finanzierung rele- higkeit zu sichern. Infolgedessen Außenministeriums-Budget und vant geworden, so Mitterlehner: verdoppelte er sein Inseraten- somit aus Steuergeldern bezahlt „Und jetzt kommt der springende budget und seine Spesen. wurde. Punkt, dass es eben in dieser Zeit eine Roadshow gegeben hat, eine Foto: Daniel Djordjevic Roadshow informeller Art, wo eben diverse Vertrauensperso- nen in ganz Österreich Veranstal- tungen abgewickelt haben und Spender aufgetrieben haben. Der Unterschied zu anderen ist vielleicht der, dass das der Partei- obmann – der kommende, muss man in dem Fall sagen – selber in die eigene Hand genommen hat, und da ist jetzt natürlich auch die

Die Adresse zum Projekt, das Bundeskanzleramt in Wien, Ballhausplatz 2

#IbizaUA – 7 Die große Spendenkampagne

Die große Spendenkampagne ist meines Erachtens eben auch In diesem Zusammenhang sei startet im August 2016, bei ei- nicht transparent gelaufen.“7 auch erwähnt, dass die ÖVP ih- ner Feier auf Schloss Reifnitz in ren Spendern wohl nahegelegt Kärnten, zu der der Unternehmer „Und ja, als ich den jetzigen Bun- hat, bei größeren Spenden diese Siegfried Wolf eingeladen hatte deskanzler damit konfrontiert auf jeweils unter 50.000 Euro zu und bei der Persönlichkeiten des habe, hat er das auch im Wesent- stückeln. So mussten diese nicht Wirtschaftslebens angesprochen lichen nicht abgestritten. Er hat unverzüglich dem Rechnungshof wurden, finanzielle Unterstüt- allerdings so getan, wie wenn die gemeldet werden – „am Rech- zung für den Tag X zu leisten.5 Leute auf ihn zukommen. Ganz nungshof vorbei“, wie es Strache Anwesend war auch der damalige so war es natürlich nicht.“8 schon im Ibiza-Video ausgeführt Außenminister Kurz. Mitterleh- hatte. Zusätzlich ist es auffällig, ner selbst wurde danach von ei- Wer Geld spendet, bekommt Ge- dass ein Großteil dieser Spenden nem Teilnehmer angerufen, der hör beim Kanzler, sitzt „direkt auf einen Zeitpunkt nach der Na- ihm berichtete, dass er von Kurz hinter ihm auf der Tribüne“, wird tionalratswahl 2017 fallen und persönlich angesprochen wurde, in das, wie Mitterlehner sagt, nicht davor überwiesen wurden. ob er für dessen Kampagne spen- „Biotop der Qualifizierten“9 auf- Und das obwohl die damalige den will. Der Modus sei auch bei genommen, aus dem dann für ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth den darauffolgenden Veranstal- Aufsichtsratsposten und Vorstän- Köstinger im Wahlkampf doppelt tungen im Großen und Ganzen de rekrutiert wird. Außerdem soviel Geld ausgegeben hatte, wie immer der Gleiche gewesen, so hätten alle Großspender einen gesetzlich erlaubt. Mitterlehner: „Der Modus war gemeinsamen Nenner, wenn es so, dass jemand eingeladen hat, um ihre Anliegen geht und der Großspender wie den Tiroler der die lokale Szene gekannt hat, heißt „keine Vermögenssteuer“10, Bauunternehmer Klaus Ortner dann hat der Kandidat sein Pro- so der frühere Vizekanzler im konnte Kurz dabei mehr als zwei gramm vorgestellt.“ Und: „Dann Ausschuss. Jahre lang verheimlichen – und ist die Frage gekommen: Was die Offenlegung durch die Stü- haben Sie für die Wirtschaft an- Wenn unter seiner Obmann- ckelung der Spenden umgehen. zubieten? Da war dann die Frage: schaft Spendengeld für Kurz ge- Die Spendentätigkeit sollte sich Na, ich bin da kein Insider, aber flossen sei, so Mitterlehner, gebe für die Spender auszahlen – ich bin da um zu hören. Und: Ihr es nur zwei Möglichkeiten: Es Großspender Stefan Pierer etwa müsst mir helfen!“6 habe vorerst nur die Zahlungs- wünschte sich schon lange ein zusage für später gegeben oder Gesetz, das den 12-Stunden- Ar- „Die Veranstaltungen waren eben Spender haben an eine andere beitstag erlaubt. Unter Türkis- nicht öffentlich. Das war nieman- Zahlungsadresse gezahlt, die ihm Blau wurde dieses schließlich dem bekannt. Und das Zweite: nicht bekannt ist.11 Realität. Was mit den Mitteln passiert ist,

8 Foto: BKA #IbizaUA –9 Du bist Familie!

10 Die türkise Familie

Eine kleine, auserwählte Grup- Parlaments, der staatlichen pe – fast ausschließlich Män- Unternehmen. Kurz verdankt ner – rund um Sebastian Kurz ihrer bedingungslosen Loyali- bildet den innersten Kreis der tät seinen Aufstieg zum Kanz- türkisen ÖVP. Wie eng ihr Ver- ler. Aber dass auch die engsten hältnis ist, ist in den Chats do- Familienbande irgendwann Wolfgang Sobotka kumentiert. Anfang Februar brüchig werden, mussten der Nationalratspräsident 2019 schreibt Gernot Blümel an infolge der Erkenntnisse des und UA-Vorsitzender

Thomas Schmid, bei dem es da- Ibiza-Untersuchungsausschus- Foto:Parlamentsdirektion/Zinner mals bei seinen ÖBAG-Ambitio- ses suspendierte Justizsektions- nen nicht ganz rund lief: „Keine chef Pilnacek und der zurückge- Sorge! Du bist Familie. Und wir tretene ÖBAG-Vorstand Schmid alle brauchen dich!!!“ Die meis- schließlich auch erfahren. ten Familienmitglieder verdan- ken Kurz ihre Position an den Christian Pilnacek Schalthebeln der Republik, an Sektionschef im der Spitze von Ministerien, des Sebastian Kurz Justizministerium Bundeskanzler (derzeit suspendiert) Foto: SPÖ Foto:BKA/Arno Melicharek

Bernhard Bonelli Kabinettschef von Kurz

Foto: BKA Alexander Melchior ÖVP-Generalsekretär

Foto:Parlamentsdirektion/Simonis

Bernhard Perner COFAG-Direktor davor im BMF-Kabinett Elisabeth Köstinger Landwirtschaftsministerin Foto: ÖBAG Foto:BKA/Andy Wenzel Thomas Schmid Ex-Generalsekretär im BMF Ex-ÖBAG-Alleinvorstand Gernot Blümel Foto: ÖBAG Finanzminister

Foto: BKA

Stefan Steiner Melanie Laure Chefberater von Kurz ÖBAG-Kommunikationschefin Foto: ÖVP davor im BMF-Kabinett

Foto: XING Klaus Kumpfmüller Thomas Steiner FMA-Vorstand bis 2020 OeNB-Direktor

Foto: Hypo Oberösterreich Foto: OeNB #IbizaUA – 11 der ÖBIB in die ÖBAG und gleich- zeitig seine Bestellung zu deren Von der Staatsholding Vorstand zu planen. zur „Schmid AG“ „Das bist du mir echt schuldig“ Bereits im Dezember 2017, we- nige Tage vor der Angelobung der türkis-blauen Bundesregie- rung, schreibt Schmid an seinen Bei den Regierungsverhandlungen 2017 zwischen ÖVP und Freund Gernot Blümel: FPÖ verhandelte Thomas Schmid auf ÖVP-Seite die Fi- nanz-Agenden. Für die ÖVP dealte er dabei Vorstands- und „Du musst mir echt helfen das Aufsichtsratsposten aus: Bei den Casinos, der OMV, der neue Beteiligungsgesetz rasch Bundesimmobiliengesellschaft und auch bei der künftigen umzusetzen! Das bist du mir echt 12 Staatsholding ÖBAG. Dort sollte die ÖVP den Alleinvor- schuldig!“ stand bekommen – das war von besonderem Interesse für Bereits ab Februar 2018 tauchen Schmid. Denn diesen Posten wollte er selbst haben. Bis erste Medienberichte über die Schmid zu seinem Traumjob kam, sollte es zwar eine Weile ÖBIB-Reform auf, und Thomas dauern, aber im März 2019 war es dann schließlich so weit. Schmid wurde immer wieder Auch, weil er den Ausschreibungsprozess zu seinen Guns- als möglicher Kandidat für Vor- ten mitgestaltet hatte. standsposten gehandelt. Schmid, der diese Berichte als schädlich Der heutige Ex-ÖBAG Chef 2013 war er als Kabinettschef un- für sich empfindet, wird nervös Schmid gehört zu den engen Ver- ter den Finanzministern Michael und wendet sich an Sebastian trauten von Sebastian Kurz. Sei- Spindelegger, Hans Jörg Schel- Kurz. Der Bundeskanzler bot ihm ne Karriere startete im Jahr 2004 ling und Hartwig Löger tätig. Als seine Hilfe an, den Ball flach zu als Pressesprecher vom damali- unter Türkis-Blau in den Ministe- halten. Schmid war dankbar: gen Finanzminister Karl Heinz rien Generalsekretäre eingeführt Grasser. Später wurde er Bürolei- wurden, übernahm Schmid diese „Dich zu haben ist so ein Segen! ter des damaligen ÖVP-Klubob- Position im Finanzministerium. Es ist so verdammt cool jetzt im manns und ehemaligen Bundes- In dieser Zeit begann Schmid BMF!!! Danke Dir total dafür!!“.13 kanzlers Wolfgang Schüssel. Ab auch, die Umstrukturierung von

i Was ist die ÖBAG?

Die ÖBAG verwaltet die Beteili- gungen der Republik Österreich von 26 Milliarden Euro. Darunter die Staatsanteile von OMV, Ver- bund, A1 Telekom , Post, Bundesimmobiliengesellschaft, Casinos Austria und die APK Pen- sionskasse.

Foto: Österreichische Post

12 Im August 2018 schreibt Blümel räten und Aufsichtsrätinnen, schen Schmid und Kabinettsmit- an Schmid: die ihn später zum Alleinvor- arbeiterin Melanie Laure wird stand bestellen sollten, mit. Die überlegt, wie die Ausschreibung „Hab dir heute deine öbib ge- Letztentscheidung lag jedoch auf Thomas Schmid zugeschnit- rettet “ bei Sebastian Kurz. Handver- ten werden kann:18 lesen, „steuerbar“, sollten sie Schmid antwortet mit: sein. So schreibt Schmid etwa Schmid: an Sebastian Kurz, dass Su- „Mein Riesen Held!!!“14 sanne Höllinger „wirklich eine „Perner Tipps sind sehr gut“ gute!“ sei: Als im Dezember 2018 das Laure: ÖBAG-Gesetz im Nationalrat „Compliant, Finanzexpertin, beschlossen wird, freuen sich Steuerbar, Raiffeisen und Sehr „Haben länger über das interna- Schmid und Blümel:15 gutes Niederösterreich Netz- tional diskutiert – Empfehlung werk. Sie hat für NÖ auch deli- wäre es drin zu lassen“ Thomas Schmid: kate Sachen sauber erledigt.“16 Schmid: „ÖBAG vom NR beschlossen. Über Iris Ortner, Tochter des Auch mit den Stimmen der ÖVP-Großspenders Klaus Ort- „Ich bin aber nicht international SPÖ“ ner, lässt er, nach deren Be- erfahren“ stellung zur Aufsichtsrätin, ein Gernot Blümel: Argumentationsdossier für Se- bastian Kurz anfertigen. „Brau- „Ich habe immer in Österreich „SchmidAG fertig!“ che – Warum ist Iris Ortner super gearbeitet“ für die ÖBAG? Brauche ich bis Thomas Schmid: morgen. Argumente. Ausbildung. Laure: Erfahrung. Ist für SK. Dringend!“, „ “ schreibt Schmid im Juni 2019 an „Wir brauchen dann ein sehr seine Mitarbeiterin.17 gutes motivationsschreiben von Dir“ „Habe noch keinen Aufsichts- „International eher rat!“ streichen“ Schmid: Nun fehlte nur noch eine kleine „Wer schreibt das?“19 „Steuerbare Formalität. Schmid musste sich AufsichtsrätInnen“ für den Vorstandsposten bei der Der offizielle Ausschreibungs- ÖBAG auch offiziell bewerben. text enthielt schließlich alle Än- Jetzt war es Zeit, die weiteren Bei der Ausschreibung für diese derungen von Schmid und sei- Schritte zu setzen. Schmid wirk- Position wirkte Schmid tatkräf- nen zwei MitarbeiterInnen. Als te bei der Suche nach Aufsichts- tig mit. In Chatnachrichten zwi- Dankeschön holte Schmid spä-

#IbizaUA – 13 ter die beiden MitarbeiterInnen „Lieber Thomas! […] Am ÖBIB- Darauf Schmid: in die ÖBAG und verschaffte ih- Gesetz sind wir dran, da melden nen Geschäftsführerpositionen. wir uns sobald wir Entscheidun- „ “ gen haben.“24 „Du bist Familie“ Am Abend vor Schmids Hearing Am 11. Dezember 2018 schreibt speisen Sebastian Kurz und Tho- Im Februar 2019 wendet sich Schmid an Kurz. mas Schmid noch mit Klaus Ort- Schmid nochmals an Blümel, da ner. Schmid bedankte sich bei die Bestellung der Aufsichtsräte „Pierer für den ÖBAG Aufsichts- Ortner: in der ÖBAG stocke – „Frauenthe- rat wäre echt cool!“ ma“–, und bittet um ein baldiges „Lieber Klaus, Danke für diese Okay zu seinen Vorschlägen. Blü- Kurz: wunderbare Einladung gestern. mel beruhigt: Es war familiär und gemütlich! „unmöglich“25 Das ist selten und etwas beson- „Keine Sorge, du bist Familie!“20 deres! Den Kanzler erlebt man Am 4. Februar 2019 teilt der nun- auch nicht oft so entspannt! Ein paar Tage vor seiner Wahl mehrige Kabinettschef von Se- […] Vielen Dank. Liebe Grüße zum Alleinvorstand hakt Schmid bastian Kurz, Bernhard Bonelli, Thomas“.29 nochmals bei Kurz nach, ob alles Finanzminister Löger mit, dass klappen würde wie gewünscht. der spätere ÖBAG-Aufsichtsrats- Der Kanzler beruhigt: „Kriegst eh vorsitzende Helmut Kern sich Ende gut alles gut? alles was du willst [Kussmundemo- über dessen Anruf freuen würde. ji].“ Schmid freut sich: „ich bin Schlussendlich sollten sich für so glücklich :-))) Ich liebe meinen „Helmut Kern ist informiert und Thomas Schmid alle Mühen loh- Kanzler (…).“21 freut sich auf Deinen Anruf[…].“ nen: Am 27. März 2019 wurde er vom Aufsichtsrat zum Allein- Kurz trifft alle Löger: vorstand der ÖBAG gewählt. Der Entscheidungen Ibiza-Untersuchungsausschuss „[…] Danke für deine Unterstüt- konnte schließlich anhand der Der Kanzler selbst stellte seine zung.“26 Vorstandsbestellung von Schmid Rolle im Bewerbungsprozess von aufdecken, wie das System Kurz Schmid sehr passiv dar. Im Aus- Zwei Tage später, am 6. Februar, funktioniert. Thomas Schmid schuss sagte er aus, es sei „all- wendet sich Bonelli wiederum an veränderte die Ausschreibung gemein bekannt“ gewesen, dass Löger. für den Job, den er selbst haben „ihn [Anm.: Schmid] das grund- wollte, half bei der Suche nach sätzlich interessiert“.22 Es sei „Lieber Hartwig, mit der ÖBAG den AufsichtsrätInnen mit und auch „in den Medien ein Thema“ ist alles auf Schiene und mit wurde schließlich zum Allein- gewesen und er könne sich daran Sebastian und unserem Team ab- vorstand gewählt. Dass Schmid erinnern, „irgendwann davon“ gestimmt […].“27 heute nicht mehr ÖBAG-Vorstand von Schmid „informiert“ worden ist, liegt auch an den veröffent- zu sein, dass „er sich bewerben Nachdem Kurz alles entschieden lichten Chats, in denen er unter wird“.23 Diese Aussagen vor dem hat, weiß Thomas Schmid auch anderem Menschen als „Pöbel“ Untersuchungsausschuss brin- genau, bei wem er sich bedanken und „Tiere“ bezeichnet.30 gen den Kanzler in Bedrängnis. muss. Er schreibt am 13. Februar Denn die, von der WKStA rekons- an Sebastian Kurz: truierten, Chatnachrichten von Thomas Schmid zeigen: Kurz war „Wollte mich nur noch mal für al- nicht nur beiläufig informiert, les bedanken! Helmut Kern finde sondern involviert, er wusste ich sehr smart […].“28 genau um Schmids Bemühun- gen und dessen Treffen mit den Kurz hat aber nicht nur entschie- Aufsichtsratsmitgliedern in den den, wer in der ÖBAG Aufsichts- Wochen vor der Vorstandswahl rat wird, er hat auch entschieden, Bescheid. wo Schmid überall Aufsichtsrat wird, z.B. in der OMV. Am 13. So schreibt etwa der damalige Ka- März 2019 beispielsweise schrei- binettschef des Kanzlers, Bernd ben die beiden einander. Brünner, am 5. Oktober 2018 in eine gemeinsame Chatgruppe Kurz: mit Blümel, Bonelli und Schmid. „[…] Du Aufsichtsratssammler :)“

14 Foto: Georges Schneider / picturedesk.com musste erzurücktreten. Ziemlich genau einJahr später noch Alleinvorstand derÖBAG. Befragung am 16.Juli 2020,damals Thomas Schmid am Weg zuseiner

#IbizaUA –15 Wenig später schreibt Schmid „Rot, dann blass, dann zittrig“ noch an Kurz:

„[…] Ich muss übrigens Didi Kurz, Schmid und die Kirche [Anm.: vermutlich Dietmar Schuster, Schmids Nachfolger als Generalsekretär] gerade auf- päppeln weil ihm Schipka so leid Die Chat-Protokolle von Thomas Schmid geben auch einen getan hat :-))“33 Einblick, wie im System Kurz mit KritikerInnen umgegan- gen wird. Als die katholische Kirche die türkis-blaue Asyl- politik kritisiert, schickt Sebastian Kurz den damaligen „Ich war überrascht und Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, verwundert“ aus, um bei einem Termin mit Kirchenvertretern „Voll- Schipka sagte dazu in einem gas“ zu geben. Bei diesem Termin sprach Schmid mögliche Interview mit dem Nachrichten- steuerliche Verschlechterungen für die Kirche an. Später magazin „profil“: „Man hat uns berichtete er dem Kanzler, dass der Kirchenvertreter zu- bei dem Termin mitgeteilt, dass nächst „rot, dann blass, dann zittrig“ geworden sei. Kurz man im Zuge der Steuerreform antwortete: „Super, danke vielmals!!!!“ verschiedene Verbindungen zwi- schen Staat und anerkannten Am 1. März 2019 kritisierte Kardi- Kirchen prüfe. Ich kann mich nal Christoph Schönborn in seiner „Bitte Vollgas geben“ zwar nicht mehr an jedes Detail Kolumne in der Zeitung „Heute“ Am 13. März 2019 schreibt erinnern, aber es ging um ver- die Pläne der türkis-blauen Bun- Schmid an Kurz: schiedene Steuertatbestände, desregierung für eine Präventiv- unter anderem um die Absetz- haft für Asylwerbende: „Wenn wir „Heute ist die Kirche bei uns. barkeit von Kirchenbeiträgen uns einmal daran gewöhnen, dass Schipka kommt um 16.00“ und die Beiträge zum Denkmal- Menschen im Vorhinein ‚vorsorg- schutz. Es ist zwar legitim, dass lich‘ eingesperrt werden können, ein Staat sich darüber Gedanken wohin führt das?“ 31 „Wir werden ihnen ein ordent- macht, aber ich war schon über- liches Package mitgeben.“ rascht und verwundert.“34 Auch Am 4. März 2019 herrscht im Fi- gegenüber „Kathpress“ äußerte nanzministerium hektische Be- Den Kanzler freuts und er gibt sich der Kirchenvertreter. Der triebsamkeit, wie ein E-Mail ei- Schmid noch eine Anweisung mit unmittelbare Anlass für diesen ner Mitarbeiterin der Abteilung auf den Weg: Termin sei „vermutlich die Kri- Steuerpolitik und Abgabenle- tik der Katholischen Kirche an gistik an ihre KollegInnen zeigt. „Ja super. Bitte Vollgas geben.“ einigen politischen Vorhaben Sie schreibt: „Das Bundeskanz- der damaligen ÖVP-FPÖ-Regie- leramt bittet um eine Auflistung Als der Termin vorbei ist, berich- rung“ gewesen.35 Alles deutet da- samt Kurzbeschreibung aller tet Schmid an Kurz: rauf hin, dass es sich bei diesem steuerlichen Begünstigungen im Termin um einen Einschüchte- Zusammenhang mit Religions- „Also Schipka war fertig. Steuer- rungsversuch handelte, um die gemeinschaften.“ Spätestens am privilegien müssen gestrichen Katholische Kirche von künftiger 5. März muss das Finanzminis- werden Förderungen gekürzt. Kritik am Kanzler abzuhalten. Im terium diese Informationen ans Und bei Kultus und Denkmalpfle- türkis-blauen Koalitionsvertrag Bundeskanzleramt liefern.32 Eine ge wesentliche Beiträge findet sich kein Wort über eine Woche später findet ein Termin Heimopfergesetz werden wir mögliche Streichung der Steuer- zwischen dem damaligen Gene- deckeln. Er war zunächst rot privilegien und es gab auch kei- ralsekretär im Finanzministe- dann blass dann zittrig. Er bot nen Folgetermin, um diese Pläne rium, Thomas Schmid, und dem mir Schnaps an den ich in der weiter zu diskutieren. Generalsekretär der Bischofs- Fastenzeit ablehnte weil Fasten- konferenz, Peter Schipka, statt. zeit. Waren aber freundlich und Aus diesen Chatprotokollen geht Schmid startete bei diesem Ter- sachlich.“ eines ganz klar hervor: Kurz und min eine Diskussion über die seine türkise Familie sind ohne Privilegien der Kirche, die man Kurz antwortet seinem Vertrau- Anstand, ohne Moral und ohne prüfen müsse. ten: Respekt. Wer das System Kurz kritisiert, wird eingeschüchtert „Super danke vielmals!!!! Du Auf- und bedroht. Es ist einzigartig, sichtsratssammler “ wie der Machtapparat des Staates hier missbraucht wird.

16 Heute ist die Kirche bei uns Schipka kommt um 16.00

Wir werden Ihnen ordentliches Package mitgeben

Im Rahmen eines steuerprivilegien Checks aller Gruppen in der Republik wird für das BMF auch die Kirche massiv hinterfragt Alles sind gleich Dann gehen wir unsere Liste durch. LG Thomas

Ja super. Bitte Vollgas geben.

Yea!

Das taugt mir voll

Also Schipka war fertig! Steuerprivilegien müssen gestrichen werden Förderungen gekürzt Und bei Kultus und Denkmalpflege wesentliche Beiträge Heimopfergesetz werden wir deckeln Er war zunächst rot dann blass dann zittrig Er bot mir Schnaps an den ich in der Fastenzeit ablehnte weil Fastenzeit Waren aber freundlich und sachlich

Super danke vielmals!!!! Du Aufsichtsratssammler :)

#IbizaUA – 17 Wie viel Geld zahlte die Sobomatic Novomatic tatsächlich? Sobotka selbst versuchte die Ko- operation zwischen Novomatic und seinem Institut kleinzure- den. Anfangs gab er lediglich Eine besonders unrühmliche Rolle im Ibiza Untersu- zu, dass es Inserate von Seiten chungsausschuss nahm der Vorsitzende persönlich ein. der Novomatic gegeben hat: „Es waren Inserate im ‚Report‘, Wolfgang Sobotka leitete nämlich nicht nur die Aus- 2017, 2018 und 2019, in jedem schusssitzungen, sondern war auch gleich zwei Mal als Jahr gab es dementsprechend Auskunftsperson geladen. Untersucht wurden die Verstri- zwei Inserate, jeweils zu 2.000 ckungen seines Alois-Mock-Instituts, dessen Präsident er Euro im Jahr 2017 – ein Inserat, ist, mit dem Glücksspielkonzern Novomatic. also dann zwei, somit waren es 4.000 – und in den Jahren 2018 und 2019 2500.“38 Später musste Novomatic zahlt alle? ausschuss bestätigte erstmals, er schließlich zugeben, dass es dass Geld vom Glücksspielkon- auch Sachleistungen von einigen Es handle sich um einen „bür- zern Novomatic an das Alois- 10.000 Euro gab. Am Ende stell- gerlichen Thinktank“36, der mit Mock-Institut geflossen war: „Es te sich heraus, es waren über dem Untersuchungsgegenstand gibt oder gab mit dem Dr.-Alois- 100.000 Euro an Geld-, Sach- nichts zu tun habe – das versi- Mock-Institut Sponsoringaktivi- und Inseratenleistungen. Allein chert zumindest Wolfgang So- täten, ja.“37 Das Alois-Mock-In- 60.000 Euro davon beliefen sich botka, wenn es um sein Alois stitut ist ein ÖVP-naher Verein auf Geldleistungen. Mock-Institut geht. Durch Bezie- mit Sitz in St. Pölten. Initiator hungen und Kooperation wür- und Präsident dieses Instituts Im Lauf der Befragung im Unter- de man sich finanzieren. Einer ist ausgerechnet der Vorsitzen- suchungsausschuss konnte auch dieser Geldgeber ist aber ausge- de des Untersuchungsausschus- herausgearbeitet werden, dass rechnet der Glücksspielkonzern ses, Wolfgang Sobotka. Auch das es auch Geldflüsse zum NÖAAB Novomatic. Stichwort „Novoma- Waidhofner Kammerorchester (Niederösterreichischer Arbeit- tic zahlt alle“ - parteinahe Ver- wurde von der Novomatic mit nehmerinnen- und Arbeitneh- eine, über die Spendengelder an mehreren tausend Euro gespon- merbund) gab. Vorsitzender des Parteien an der Meldepflicht vor- sert. Dirigent des Orchesters? NÖABB ist wiederum Wolfgang bei fließen können. Wiederum ein gewisser Wolf- Sobotka. Es konnte nachgewie- gang Sobotka. sen werden, dass es einen Geld- Die Aussage des ehemaligen No- fluss in Form von Inseraten von vomatic-Vorstands Harald Neu- der Novomatic an das Alois- mann vor dem Untersuchungs- Mock-Institut gegeben hat und

18 dann einen Geldfluss in Form bare Gegenleistung. Bis dahin matet. Davor war der offizielle von Inseraten an den NÖAAB.39 hatte das Institut nur die Zah- Sitz des Instituts die Ferstlergas- lungen für Inserate in der Insti- se 8, ein Nebenhaus der ÖVP-Nie- Als Anfang 2017 ein Politikbera- tutszeitung, dem „Mock-Report“, derösterreich-Parteizentrale.43 ter einen Vortrag beim NÖABB zugegeben. Bernhard Krumpel, hält, bezahlt die Novomatic das ehemaliger Pressesprecher von Auch personell bestehen eini- Honorar von 2.400 Euro Brut- Sobotka und Ex-Novomatic-Spre- ge Überschneidungen zwischen to: „Lieber Harald, der NÖAAB cher, gab an, es habe immer ÖVP und dem -Insti- macht einen Vortrag mit […] und Jahresvereinbarungen über die tut, wie Sobotka selbst im Unter- hat uns gebeten mittels Sponso- Leistungen zwischen Novomatic suchungsausschuss zugeben ring die Kosten zu übernehmen. und dem Alois Mock-Institut ge- musste: „Ja, es sind im Vorstand Ich habe das (s. unten) ggü Com- geben.42 auch Leute, die in der ÖVP be- pliance/Veverka argumentiert ziehungsweise im NÖAAB Funk- und der Compliance-Check ist Das Alois Mock-Institut – tionen haben beziehungsweise “44 positiv verlaufen. Die Rechnung Teil der „ÖVP Familie“: hatten. würden wir direkt übernehmen, dh damit erfolgt auch keine Zah- Dass zwischen dem Alois-Mock- Wolfgang Sobotka beharrte im- lung an den NÖAAB.“40 Diese Institut und der ÖVP eine enge mer darauf, es hätte für jede Leistung kann ganz klar als ver- Verbindung besteht, kann nicht Leistung der Novomatic auch deckte Parteispende gewertet geleugnet werden. In den in- eine Gegenleistung gegeben. werden. ternen Wahlkampfstrategie- Die Staatsanwaltschaft, die die- papieren der ÖVP „Projekt Ball- se Zahlungen untersuchte, stell- Dem Aufsichtsratschef der No- hausplatz“ wird das Institut als te allerdings fest: Mindestens vomatic, Bernd Oswald, wurden „nahestehende Organisation“ 50.000 Euro sind ohne Gegenleis- im Untersuchungsausschuss und Teil der „Parteienfamilie“ tung geblieben, stellte das Ver- schließlich Rechnungen vorge- geführt. Die Nähe zur ÖVP ist fahren gegen Sobotka aber ein. legt, die im Zeitraum von 2013 bis allerdings nicht nur eine ideel- Der Grund: u. a. Verjährung. 2019 insgesamt 108.000 Euro an le, sondern durchaus auch eine Zahlungen von der Novomatic an räumliche. Erst seit Kurzem ist das Alois-Mock-Institut zeigen41, das Alois-Mock-Institut in der ein Großteil davon ohne erkenn- Hypogasse 1 in St. Pölten behei- Parlamentsdirektion/Zinner

Mit einer türkisen Brille eröffnete der U-Ausschussvorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Befragungen am 4. Juni 2020. Die Befangenheit des Vorsitzenden bleibt bis zum Schluss ein Thema.

#IbizaUA – 19 Weiters, so Mirfakhrai, sei es dann Soko Haarbüschel zu einem Termin in seinen Kanz- leiräumlichkeiten gekommen. Mit dabei wiederum Suppan und Halper. „Dabei teilten mir die bei- den Herren mit, dass kurzfristig ein Betrag von EUR 40.000 bis EUR Im Laufe des Untersuchungsausschusses wurden Vorwür- 70.000 bewerkstelligt werden kön- fe gegen den Leiter der Soko Ibiza, Andreas Holzer, laut, ne“, so Mirfakhrai.48 dieser habe bereits 2015 im Auftrag der ÖVP belastendes Material gegen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Kaltenegger schlug schließlich die FPÖ gesammelt. Auch die WKStA, die Wirtschafts- und vor, einen ÖVP-Vertrauten im Innenministerium miteinzube- Korruptionsstaatsanwaltschaft, ermittelte. ziehen – Andreas Holzer.49 Bei der Kontaktaufnahme zeigte sich Im Zuge des Ibiza-Skandals wur- Seiten Daniel Kapp / Mag. Fritz dieser bereits bestens informiert, den Vorwürfe bekannt, die das Kaltenegger besonders für den so Mirfakhrai. In der Folge kam Ende von Heinz-Christian Stra- Drogenkonsum des Strache inte- es dann zu einem Termin mit che in der FPÖ bedeuteten. Die ressieren würde. Es erfolgte die Holzer im März 2015. Über sein Öffentlichkeit erfuhr von dreis- explizite Anfrage, ob es möglich Gespräch mit Holzer berichtete ten Spesenabrechnungen und wäre, Haarproben zum forensi- Mirfakhrai folgendes: „Mag. An- vom mutmaßlichen Verkauf ei- schen Nachweis des Drogenkon- dreas Holzer meinte, dass er aus nes Nationalrats-Mandats. Diese sums des Strache zu beschaffen. dem Ermittlungsbereich Drogen- Vorwürfe bewirkten den massi- Ich berichtete das Oliver Riba- kriminalität komme, man vom ven Absturz der FPÖ bei der Na- rich und so kam es dazu, dass Drogenkonsum Heinz Christian tionalratswahl 2019, Strache wur- mir dieser einige Zeit darauf das Straches ohnehin wisse und man de aus der FPÖ ausgeschlossen. Büschel Haare übergab. Nach in erster Linie an den Lieferan- Die Polizei, konkret Soko-Ibiza- den Angaben des Ribarich han- ten interessiert sei. Wir sprachen Chef Holzer, wusste anscheinend delte es sich dabei um Haare auch darüber, wo und mit wem schon 2015 von Vorwürfen gegen bzw. Haarschnipsel des Heinz- Strache Drogen konsumierte.“50 Strache im Zusammenhang mit Christian Strache, die er anläss- dem mutmaßlichen Konsum von lich eines Friseurbesuchs an sich Drogen. Diese Informationen be- genommen habe.“46 Als eine Art kam Holzer von Ramin Mirfakhr- Kostprobe verlangt wurde, über- ai, dem Anwalt des ehemaligen mittelte Mirfakhrai Fotos von Ta- Leibwächters Heinz-Christian schen mit Bargeld und Chatverläu- Straches. Der Ex-Leibwächter fe zwischen Strache und seinem soll sich zuerst an den ehemali- Leibwächter. 47 gen ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger gewendet haben, berichtet Mirfakhrai im Unter- Die ÖVP hatte es auf das Haar des suchungsausschuss. Und weiter: Heinz-Christian Strache (damals noch „Es kam sodann zu direktem Kon- FPÖ-Chef) abgesehen. takt zwischen mir und Mag. Fritz Kaltenegger, dann zu Dr. Diet- mar Halper [Anmerkung: damals Leiter der Politischen Akademie der ÖVP] und Mag. Werner Sup- pan [Anmerkung: Parteianwalt der ÖVP]. Mag. Fritz Kalteneg- ger brachte ca. zeitgleich Daniel

Kapp ins Spiel, der über hervor- Parlamentsdirektion/Zinner Foto: ragende Kontakte verfügen soll- te. Das Ganze spielte sich in der Zeit Spätsommer/Herbst 2014 bis Sommer 2015 ab.“45

Mirfakhrai sagte in seiner Be- schuldigtenäußerung weiters: „Von [...] – meinem Jugendfreund – erfuhr ich, dass man sich von

20 Im Laufe des Jahres 2015 seien dann die Gespräche mit der ÖVP im Sand verlaufen, so Mirfakhrai. Auch weil sein Mandant, Ribarich, das Interesse verlor, die Causa wei- terzuverfolgen.51 Und auch im Bun- deskriminalamt passierte nichts, obwohl Holzer Beweise, Zeugen und einen Tatverdacht gehabt ha- be.52

Zwei Jahre später platzt die Ibi- za-Bombe und ebenjener Holzer wird Leiter der Sonderkommis- sion, die mit der polizeilichen Er- mittlungsarbeit in der Causa rund um das Ibiza-Video betraut wird. In der WKStA hegte man von Be- ginn an Zweifel an der Unabhän- gigkeit der Soko Ibiza. So forderte man die Soko in einem E-Mail zur Stellungnahme auf: „Hinsichtlich jedes einzelnen Beamten möge mitgeteilt werden, ob er/sie Mit- glied einer politischen Partei oder einer parteinahen Organisation ist oder (wenn ja in welchem Zeit- raum) war; [...] ob sonst Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel“ zu zie- hen.“53 Die Soko wehrte sich aller- dings erfolgreich dagegen, die Fra- gen zu beantworten.

Holzer hat es sich in der Zwischen- zeit weiter verbessert. Innenmi- nister Nehammer (ÖVP) hat ihn im Februar 2021 zum Direktor des Bundeskriminalamts ernannt.

Holzer war von Anfang an Ver- trauensmann der ÖVP, wofür er schlussendlich auch belohnt wur- de. Die ÖVP wusste so bereits 2015 von Straches angeblichen Drogen- konsum, seinen Spesenabrech- nungen und geheimen Geldkof- fern. Foto: Parlamentsdirektion/Zinner Foto:

#IbizaUA – 21 22 Die Erfüllung der Spenderwünsche

ner Klinik an die Prikraf-Gelder Welches Gesetz soll ich zu kommen. Er holte sich dabei Hilfe vom ÖVP-nahen PR-Berater Herbert Vytiska. Der langjährige für dich ändern? Pressesprecher von Alois Mock lobbyierte unter anderem bei Oder: Die Prikraf-Affäre Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl für die Anliegen Grubmüllers. Die Bemühungen blieben erfolglos. Vytiska schlug Grubmüller dann vor, an ÖVP- nahe Vereine zu spenden, um die Sowohl die FPÖ als auch die ÖVP erhielten Spenden von ÖVP doch noch für Grubmüllers Privatklinikbetreibern. Als Dank wurde sogleich eine Än- Anliegen zu gewinnen. Sogar derung der Privatkrankenanstalten-Finanzierung beschlos- eine Liste mit möglichen Ver- sen, von der die Spender in Millionenhöhe profitierten. einen – darunter auch Wolfgang Sobotkas Alois-Mock-Institut - wurde ihm vorgelegt, so Grub- müller: „Er hat vor Zeugen ge- Finanzierung von „Hallo Walter! Welches Bundes- sagt, das ist nicht zum Derheben Privatkliniken Gesetz wäre für dich wichtig, – seine Worte –, du zahlst 100.000 Die gesetzliche Ausgangslage damit die Privatklinik endlich fair an verschiedene Vereine!, hat sieht so aus: Privatspitäler kön- behandelt wird? Prikraf! Lg“ mir eine Liste hingelegt. Ich habe nen über den Privatkrankenan- gesagt: Das mache ich nicht, ich staltenfinanzierungsfonds – kurz Und weiter: habe geglaubt, ich bekomme so- Prikraf –, der aus Sozialversiche- wieso alles! Ein Verein, an den rungsbeiträgen finanziert wird, „Brauche genaue Gesetzes- ich mich sicher erinnern kann, Leistungen verrechnen. Welche änderung, damit ihr zu euren war das Alois-Mock-Institut, weil Spitäler das dürfen, ist gesetz- Genehmigungen kommt! Lg“54 das ewig im Gespräch war.“55 lich geregelt. Walter Grubmül- ler, Strache-Freund, FPÖ-Spen- Grubmüller gab seine Bestellun- ÖVP-Spender profitierten der und Besitzer der Privatklinik gen ab, die Privatklinik spendete Währing, bemühte sich in den im selben Jahr 10.000 Euro an die Aber nicht nur der FPÖ-Spender vergangenen Jahren immer wie- FPÖ, und Strache lieferte die Ge- Grubmüller profitierte. Wie aus der um Aufnahme in ebendiesen setzesänderung und die Aufnah- den Akten des Untersuchungs- Prikraf. 2017 sah Grubmüller me der Privatklinik Währing in ausschusses hervorgeht, hat dann seine große Chance gekom- den Prikraf. auch die ÖVP nicht auf ihre Groß- men: Schon während der Koaliti- spender vergessen. In den Jahren onsverhandlungen fragte Strache Der lange Weg in den 2017 und 2018 spendete die Pre- bei seinem Freund per WhatsApp Prikraf miQaMed Group jeweils 25.000 nach: Euro an die ÖVP, insgesamt also Doch schon einige Jahre davor 50.000 Euro. Julian Hadschieff, versuchte Grubmüller mit sei- Vorstandsvorsitzender der Pre-

#IbizaUA – 23 miQaMed, gibt an, vom „Wie mit Blümel und Löger der UNIQA Österreich war bis Wirtschaftsbund über „die gro- abgestimmt“ - 14,7 Millio- 2017 Hartwig Löger. ße Spendenkampagne der ÖVP“ nen mehr öffentliche Mit- informiert worden zu sein. Er tel im Privatspitälerfonds Bei diesem bedankte sich Had- habe daraufhin mit Hartwig Lö- schieff auch per WhatsApp, ger und Axel Melchior über seine Parallel dazu wurde von Seiten nachdem die Gesetzesnovelle im mögliche Spende gesprochen. der türkis-blauen Bundesregie- Nationalrat beschlossen wurde. Melchior war damals Bundes- rung an einer Novellierung des Für den Prikraf bedeutete das geschäftsführer der ÖVP. Er hat Prikraf-Gesetzes gearbeitet. Ein eine Mittelaufstockung von 14,7 ihn, wie Hadschieff berichtete, E-Mail von Julian Hadschieff Millionen: „[…] Herzlichen Dank „zu diesem Gespräch (über die zeigt, dass der damalige Finanz- für deine so wichtige Unterstützung große ÖVP-Spendenkampagne, minister Hartwig Löger und bei der Aufstockung des Prikraf. Anm.) eingeladen“ – und wie Regierungskoordinator Gernot Die gestrige Entscheidung war ein später bekannt wurde, „gefragt, Blümel mit an Bord waren. „(…) wichtiger Schritt in Richtung mehr ob 50.000 Euro an Spende möglich Die beigeschlossenen Regelungen Fairness in der Finanzierung des wären“.56 Die Überweisung der wurden, so wie zwischen uns ver- Spitalswesens.[…]“.58 Für die Pre- ersten Tranche von 25.000 Euro einbart, mit Herrn Kanzleramtsmi- miQaMed Group zahlte sich die erfolgte schließlich im Dezem- nister G. Blümel und Herrn Finanz- Aufstockung aus: 2019 bekam ber 201757. Die zweite Tranche minister H. Löger abgestimmt.“ Die sie so zusätzlich mehr als vier wurde schließlich im Juni 2018 PremiQaMed ist die Holding der Millionen Euro aus öffentlichen überwiesen. Privatspitäler der UNIQA Versi- Geldern.59 cherung. Vorstandsvorsitzender

25. November 2020: Der Untersuchungsausschuss übersiedelt vom Lokal 7 in der Hofburg ins geräumigere Camineum der Nationalbibliothek.

24 Foto: Parlamentsdirektion/Jantzen Foto: gen, die dem Untersuchungsaus- „Novomatic zahlt alle“ schuss geliefert wurden, ergab sich ein etwas anderes Bild. De facto gab es keine Kommunikati- on zwischen FPÖ und Novomatic bis knapp vor Weihnachten 2018. Aber es gab vom ersten Tag der „Novomatic zahlt alle.“ – Wohl eines der berühmtesten türkis-blauen Regierung ganz en- Zitate Heinz-Christian Straches aus dem berüchtigten gen Kontakt zwischen ÖVP und Ibiza-Video. Was sich im Laufe des Ibiza-Untersuchungs- Novomatic. ausschusses auf jeden Fall deutlich gezeigt hat: Dass der Glücksspielkonzern jedenfalls versucht hat, bei allen Par- Zu Wolfgang Sobotka hatte der Glücksspielkonzern eine beson- teien einen Fuß in die Tür zu bekommen. Bereits der „Mas- ders enge Bindung: Sponsorings terplan Novomatic“, den die Agentur von Peter Hochegger für das Alois-Mock-Institut, das 2005 erstellte, legt die Pläne des Konzerns offen. Man müs- Kammerorchester Waidhofen an se ganz viel Geld in die Hand nehmen und „das politische der Ybbs (Sobotka ist dort Diri- System korrumpieren.“60 Bei einigen Akteuren der politi- gent) und den NÖAAB. Auch Ger- schen Landschaft dürfte es auch gut funktioniert haben. So not Blümel hatte enge Kontakte, vor allem zu Ex-Novomatic-Chef wirkt etwa Wolfgang Sobotka wie ein wandelndes Novoma- Harald Neumann. So schreibt tic-Testimonial. Sogar eine ehemalige Grüne-Spitzenpoliti- Neumann am 12. Juli 2017 an kerin verirrte sich zu Novomatic. Blümel: „Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kur- zen Termin bei Kurz (erstens we- Der Ausgangspunkt unserer Un- FPÖ und dem Glücksspielkon- gen Spende und zweitens bezüg- tersuchungen im Untersuchungs- zern gegeben, um Peter Sidlo in lich einen Problemes das wir in ausschuss war die Annahme, es den Casinos-Vorstand zu hieven. Italien haben! Glauben Sie geht hätte einen Deal zwischen der Durch die Akten und Unterla- sich das noch diese Woche aus??

#IbizaUA – 25 Foto: Parlamentsdirektion/Jantzen Foto: lg, Harald“.61 Infolgedessen kam direkt bei ihm anfragen und ich Auch bei Novomatic-Manager es zu einem Treffen von Kurz mit stoße dann nach!“ Alexander Merwald wurden im seinem italienischen Amtskol- Zuge einer Hausdurchsuchung legen Alfano. Zu diesem Termin Ein paar Tage später meldet sich ähnliche Notizen gefunden und wurde keine einzige Unterlage Neumann wieder bei Blümel: eine Art „Preisliste“, wie viel man vorgelegt. „Hello, haben den Termin mal bereit wäre zu zahlen, etwa für eingekippt! Hatte auch ein Ge- Casinolizenzen in Wien und im Blümel und Neumann trafen sich spräch mit Thomas Schmid be- Burgenland.69 auch regelmäßig, ob in einer ru- züglich einer Idee für Casag (ös- 62 higen Ecke im Park Hyatt Hotel , terreichische Lösung). Würde Dir Die FPÖ ins Boot holen im Hinterzimmer im Schloss das auch gerne mitteilen. Möch- Neuwaldegg oder beim Essen im te Feedback bevor Prof Graf bei Die Novomatic überließ nichts Novomatic Forum. Löger und Kurz seinen Termin dem Zufall: Auch die zweite Re- hat! Können uns ja am 13.3. kurz gierungspartei FPÖ wollte man Causa Casinos zurückziehen (das Schloss ist ja für die Novelle des Glücksspiel- groß genug;)) schönes Wochen- gesetzes ins Boot holen. In den Die Akten des Untersuchungs- ende Harald.“63 Bei dem Schloss, Akten finden sich Hinweise- da ausschusses zeigen: Die Haupt- das groß genug sei, handelt es rauf, dass der FPÖ-nahe oberös- versammlung der Casinos im sich um Schloss Neuwaldegg, terreichische Steuerberater Josef Juni 2018, bei der ein neuer Auf- das dem ÖVP-Spender Alexander Walch engagiert worden war, um sichtsrat bestellt wurde, wurde Schütz gehört. Die weiteren Chat- sich bei Staatssekretär Fuchs für akribisch vorbereitet, und zwar Verläufe zwischen Blümel und die Anliegen der Novomatic ein- zwischen ÖVP und Novomatic. Neumann zeigen eine ganz enge zusetzen. Im Sommer 2018 ver- Denn das ÖVP-geleitete Finanz- Abstimmung der beiden zum einbart der Novomatic-Manager ministerium hatte versucht, sich Thema Casinos.64 Auch mit dem Alexander Merwald über Walch die Kontrolle über die Casinos Kurz-Vertrauten und damaligem einen Termin mit Neumann. Austria zu sichern. Man brauch- Generalsekretär im Finanzminis- te eine Mehrheit im Aufsichts- terium, Thomas Schmid, hatte Merwald gibt seinem Chef rat, um in weiterer Folge die Neumann regelmäßigen Kontakt schließlich auch gute Tipps für stellvertretende ÖVP-Obfrau, bezüglich Casag.65 das Treffen mit Fuchs: „P.S. habe Bettina Glatz-Kremsner, zur Ge- gehört das Fuchs gerne zu Mit- neraldirektorin der Casinos zu Vorbereitung der Glücks- tag isst. Vielleicht atmosphärisch befördern. Die Novomatic war spielnovelle gut, wenn Sie mit den beiden da- das „Zünglein an der Waage“. nach irgendwo essen gehen“. Und Sie hätte sowohl mit der tsche- Im Herbst 2018 bereitet die ÖVP weiter: „P.S.S habe im strengsten chischen Sazka-Gruppe als auch hinter dem Rücken der FPÖ im Vertrauen mit Stefan Krenn [da- mit der staatlichen ÖBIB (jetzt Finanzministerium die Novel- mals Kommunikationschef von ÖBAG) eine Mehrheit in der Casi- le des Glücksspielgesetzes vor. Novomatic, Anm.] gebeten Argu- nos-Generalversammlung bilden Es gab eine Weisung, in diesem mente für eine zweite Onlineli- können. Obwohl Sazka mit No- Punkt nicht mit dem zuständigen zenz - auch aus Sicht CASAG auf- vomatic eine Stimmrechtsverein- Staatssekretär Hubert Fuchs zu zubereiten“.70 barung geschlossen hatte, war es kommunizieren.66 Die wesent- gelungen, die Novomatic dazu zu lichen Eckpunkte dieser Novelle Sidlo wird Casag-Vorstand bringen, in der Hauptversamm- lesen sich wie eine Wunschliste lung nicht gegen die ÖBIB zu der Novomatic: Mehrere Online- Dieses Abhängigkeitsverhältnis stimmen und so den Wunsch der Lizenzen und das kleine Glücks- zwischen Regierung und No- ÖVP nach wesentlichem Einfluss spiel wieder bundesweit einfüh- vomatic führte schlussendlich auf die Casag zu erfüllen. ren. Auf dem Mobiltelefon von auch zur Bestellung Peter Sidlos Harald Neumann wurden Noti- zum Finanzvorstand der Casinos. Chefverhandler von Seiten der zen betreffend berufliche Ziele Denn auch die ÖVP wusste von ÖVP war von Anfang an Gernot für die Jahre 2018 und 2019 ge- diesem Deal, so etwa zu lesen in Blümel. Dutzende Telefonate und funden. Unter dem Punkt „Ziele einer Notiz, die sich Casag-Auf- Treffen zwischen ihm und No- 2018 beruflich“ findet sich eine sichtsrats-Chef Walter Rothen- vomatic-CEO Harald Neumann Eintragung: „Österreich eine steiner nach einem Gespräch mit sind in den Akten protokolliert. Kasinolizenz plus Online…in Ar- Hartwig Löger macht: „[Löger] Bereits wenige Wochen nach An- beit“.67 Hat mit Graf konferiert, der hat gelobung der türkis-blauen Re- irgendeinen Hintergrund Deal gierung bittet Neumann Blümel, Für 2019 findet sich ebenfalls mit den Blauen. Daher ist Sidlo einen Termin bei Bundeskanzler eine solche Notiz auf dem Mobil- ein Muß. Alternativkandidat von Kurz zum Thema Casag einzu- telefon: „5) Online Lizenz“.68 Neumann gibt es nicht mehr, fädeln. Blümel antwortet: „Bitte Graf will es nicht.[…] Er wird mit

26 Pröll und Sazka reden, damit wir einstimmig bestellen können. Geschenkt statt besteuert Ich rede mit Steiner.“71

Im März 2019 besetzte der Auf- sichtsrat der Casinos Austria einen neuen, dreiköpfigen Vor- stand. Peter Sidlo, Martin Skopek (Vertreter der Sazka) und Kurz- Erbschafts- und Schen- Graf verschenkte jährlich Vize Glatz-Kremsner, die schließ- kungssteuer in Österreich Millionen lich zur Generaldirektorin der Casinos bestellt wurde. In seinem Erkenntnis vom 7. Im Untersuchungsausschuss ex- März 2007 hat der Verfassungs- plizit Thema war die Frage, ob gerichtshof entschieden, dass Novomatic-Gründer Johann Graf die zu diesem Zeitpunkt geltende sich dieser Umgehung bedient Gestaltung der Erbschaftssteuer hat. Graf verschenkte über viele in Österreich verfassungswidrig Jahre jedes Jahr 5 bis 7 Millionen ist. Die ÖVP weigerte sich, die- Euro an Angestellte, Verwand- ses Gesetz zu reparieren. Durch te, Bekannte, Geschäftspartner diese Weigerung lief das Gesetz und Organträger der Novomatic aus. Als Ersatz wurde das Schen- (Aufsichtsratsmitglieder, Vor- kungsmeldegesetz beschlossen. standsmitglieder). So sagte etwa Grob zusammengefasst: Schen- der Journalist Florian Klenk bei kungen sind an das Finanzamt seiner Befragung vor dem Unter- zu melden, damit dieses prüfen suchungsausschuss aus: „Es gibt kann, ob durch diese Schenkun- aber auch ein paar Verträge, die gen nicht andere Steuern – wie mich haben stutzen lassen. Das etwa Einkommenssteuern, Lohn- betrifft die Verträge mit Herrn steuern etc. – umgangen werden. Wohlfahrt, das betrifft die Verträ- ge mit Herrn Neumann – das sind die ehemaligen Vorstandsvorsit- Aktenwagen der SPÖ-U-Ausschussfraktion zenden –, das betrifft die Schen- kungen an Frau Barbara Feld- mann, die ÖVP-Abgeordnete im Wiener Landtag war und im Auf- sichtsrat der Novomatic saß, ich glaube, der Löwen-Gruppe, und die, wie wir ja wissen, zum Zeit- punkt der Schenkung, ich glaube gerade noch, mit dem heutigen EU-Kommissar Hahn liiert war. Das ist zumindest eine Auffällig- keit.“72 Und weiter: „Es gibt auch eine Schenkung an eine ehema- lige Kabinettsmitarbeiterin vom Herrn Innenminister, die eine Großnichte des Herrn Graf ist […], also die hat ein Haus darum gekauft und hat das halbe Haus dann ihrem Ehemann, der wie- derum Aufsichtsratsvorsitzender der Novomatic ist, geschenkt.“73 Bei der angesprochenen Groß- nichte handelt es sich um Tina Liebich-Oswald, die sowohl bei Wolfgang Sobotka im Büro als auch später im Kabinett von In- nenminister Karl Nehammer ge- arbeitet hat und Ehefrau von No- vomatic-Aufsichtsratschef Bernd Foto: SPÖ-Parlamentsklub Foto: Oswald ist.

#IbizaUA – 27 Auch an einen SPÖ-nahen Funk- Schenkungen jederzeit anschau- ne Wahrnehmungen gemacht. tionär bzw. an dessen Frau ver- en können.“75 Nein.“79 Und weiter: „Also ich teilte Graf Geldgeschenke. Der kenne kein Finanzstrafverfahren ehemalige Geschäftspartner von Untätiges Finanzamt im Zusammenhang mit Schen- Novomatic, Peter Barthold, sagte kungen des Herrn Graf, das vor aus: „Ja, von meiner Warte auf- Auffällig ist, dass das zuständige meinem gelaufen wäre.“80 Es fällig sind natürlich die mehrma- Finanzamt Österreich dennoch hätte auch keine Vorerhebungen ligen Schenkungen an Frau H. R. offenbar jahrelang keinerlei- Ak gegeben, so Leopold: „Meiner Das ist der erste Name, der ganz tivitäten gesetzt hat, um diese Wahrnehmung nach nicht, aber einfach auffällig ist. […] Ihr Gat- Schenkungen zu hinterfragen. ich muss wieder darauf hinwei- te ist bis heute in einer Funktion Ex-Novomatic-Chef Harald Neu- sen, dass diese Schenkungsmel- tätig und war im Jahr 2000 […] als mann sagt aus, dass er niemals dungen in den Bereich der all- Vorsitzender des Spielapparate- zum Thema Schenkungen vom gemeinen Finanzämter fallen, beirats eingesetzt. Dieser Spiel- Finanzamt kontaktiert wor- und das müsste sozusagen dort apparatebeirat hatte die Aufgabe, den sei.76 Erst auf Initiative der veraktet sein, wenn es dort etwas die Spielautomaten, die einge- WKStA wurden die Behörden ak- gäbe. […] Also im Vorakt habe ich reicht wurden, zu kontrollieren, tiv. 77 Die Soko Tape bemühte sich nichts gefunden.“81 mit Gutachten zu bewerten, und daraufhin, bei der Finanzpolizei da ist auffallend, dass eben Herr Akten heranzuschaffen, zum Bei- Aktenlieferungen E. R. Novomatic-Verbindung hat- spiel von Tina Liebich-Oswald. te […].“74 Nehammer selbst behauptete Auffällig ist auch die hohe Ener- im Untersuchungsausschuss, er gie, die verwendet wurde, um Graf selbst, so Klenk, habe die habe dazu keine Wahrnehmun- dem Untersuchungsausschuss Schenkungen ordnungsgemäß gen.78 Akten und Unterlagen zu die- dem zuständigen Finanzamt sem Thema vorzuenthalten. Das gemeldet: „Herr Graf hat die Auf die Frage, ob er Wahrneh- Finanzamt Österreich hat dem Schenkungen dem Finanzamt mungen dazu habe, dass das Untersuchungsausschuss keinen gemeldet, das muss man auch Finanzamt jemals eine dieser einzigen Akt geschickt. Leopold, festhalten. […] Es war nicht ein Schenkungsmeldungen hinter- zu diesem Umstand befragt: „Da- Kuvert unter dem Tisch, son- fragt hätte, antwortet Erich Leo- für war ich nicht zuständig. Das dern er hat die Schenkungen pold, der nun das Finanzstraf- hätten oder haben die Vorstände dem Finanzamt gemeldet. Also verfahren führt: „Ich persönlich der damaligen Finanzämter ge- das Finanzamt hätte sich diese habe dazu in meinem Akt kei- macht.“82 Auch das Bundesminis-

28 terium für Justiz weigerte sich, dem Untersuchungsausschuss 70 Milliarden Euro in Stiftungen jene Akten und Unterlagen vorzu- legen, die aufgrund des Bekannt- – aber kein Geld für Steuern werdens des Ibiza-Videos im Zusammenhang mit Schenkun- gen von Graf zusammengestellt wurden. Justizministerin Alma Zadić dazu: „[…] Insofern ist die- se Bewertung so ausgefallen, wie Die Liste der großen Privatstiftungen in Österreich ist so es hier in diesem Schreiben aus- gut wie identisch mit der Liste der reichsten Österreiche- geführt ist, dass es eben nicht rInnen: Pierer, Benko, Horten, Glock und Piech – in rund 83 abstrakt relevant ist“. Es dürfte 3.000 Privatstiftungen haben sie gemeinsam ein Vermögen der Ministerin wohl entgangen sein, dass die Untersuchung des von 70 Mrd. Euro liegen. Auffällig ist auch die Überschnei- Schenkungsmeldegesetzes expli- dung dieser Stiftungsmilliardäre mit den SpenderInnen zit im Untersuchungsgegenstand der ÖVP. Die Industriellenfamilie Turnauer, Heidi Horten, des Ausschusses festgehalten ist. Porr-Chef Klaus Ortner, KTM-Chef Stefan Pierer – die Liste Wieso diese Akten also nicht ge- ist lang. Waren Stiftungen vor 2007 noch ein sehr beliebtes liefert wurden, wird noch zu klä- Mittel, um Geld zu „parken“ und somit Erbschaftssteuern ren sein. zu umgehen, fällt dieser Vorteil seit der Abschaffung der Verantwortung Erbschaftssteuer weg. Nun wollen viele ihre Stiftungen wie- der auflösen, um über das Geld auch verfügen zu können. Politische Verantwortung dafür, Das Problem: Die „Exit Tax“ – also die Steuer, die man bei dass diese Schenkungen niemals Auflösung einer Stiftung zahlen muss – liegt in Österreich geprüft wurden, obwohl sie ge- im Moment bei 27,5 Prozent. Für Superreiche wohl zu hoch. prüft werden hätten müssen, tragen die jeweiligen Finanzmi- nister, die allesamt von der ÖVP Stiftungsfrühstücke gestellt wurden. Durch das Ab- bauer, Alexander Schütz, Ga- drehen des Untersuchungsaus- In kleinen und großen Run- briela Spiegelfeld, Stanislaus schusses konnte dieser Arbeits- den – auch als Stiftungsfrüh- Turnauer, Matthias Winkler etc. auftrag des Parlaments nicht stücke bezeichnet – trafen sich Ihnen gegenüber saßen Markus abschließend erledigt werden. VertreterInnen des Finanzminis- Gstöttner und Daniel Varro (bei- teriums und des Bundeskanzler- de Kabinettsmitarbeiter im Bun- amts mit Stiftungsmilliardären. deskanzleramt) und Hartwig Lö- Die Einladungsliste liest sich ger, damals Finanzminister, und wie das Who‘s Who der öster- sein Generalsekretär Thomas Die Milliardärin Heidi Goëss-Horten und reichischen Superreichen: Eva Schmid. Bei diesen Frühstücken der damalige Kulturminister Gernot Dichand, Cattina Leitner, Franz wurden offenbar Zugeständnis- Blümel (ÖVP). Horten spendete der ÖVP Mayr-Melnhoff, Peter Mitter- se gemacht: Die „Exit-Tax“ sollte eine Million Euro. von 27,5 Prozent auf 10 Prozent gesenkt werden – ein Steuerge- schenk von rund 10 Milliarden Euro. Zusätzlich sollte die Stif- tungseingangssteuer von 2,5 Pro- zent auf 1 Prozent gesenkt wer- den. Der Kabinettsmitarbeiter Varro dazu im Untersuchungs- ausschuss: „Da ging es beispiels- weise um die Frage […], ob es aus einer Privatstiftung überhaupt einen Exit geben soll oder nicht, jetzt rein steuerlich gesehen […].“ 84 Allgemein muss gesagt werden, dass der Untersuchungs- ausschuss all diese inhaltlichen Unterlagen, die Stiftungspläne der ÖVP betreffend, erst durch

Foto: Starpix/picturedesk.com Foto: die Exekution durch den Bundes-

#IbizaUA – 29 präsidenten im Finanzministe- Cattina Leitner sagte dazu bei ih- Stiftungsrecht geändert werden rium überhaupt zur Verfügung rer Befragung im Untersuchungs- müssen. Und daran wurde von gestellt bekommen hat. ausschuss: „Es hat Gespräche Seiten der ÖVP, wie bereits er- gegeben im Zusammenhang mit wähnt, auch fleißig gearbeitet, – ich muss jetzt selber zurückden- und auch der Bundeskanzler war Die B&C Privatstiftung ken – Herrn Tojner, der irgend- eingeweiht. So schrieb etwa Tho- Ein Konsortium rund um den wie vorhatte, Begünstigtenrechte mas Schmid an Sebastian Kurz: berüchtigten Investor Michael waren es […] an dieser Stiftung Tojner, Andritz-Chef Wolfgang zu bekommen. Da hat es wahr- „Hi Sebastian, B&C holding tut Leitner und den Kurz-Spender scheinlich Treffen gegeben, aber sich einiges. Wegen ÖIAG wollte Stefan Pierer plante in die B&C die sind dann ergebnislos geblie- ich dir einiges erzählen. Wäre Privatstiftung hineinzukommen, ben. Ein gemeinsames Projekt ist super wenn ich ca eine halbe die Anteile an Semperit, AMAG nicht weiterverfolgt worden.“86 Stunde außerhalb der normalen und Lenzing hält. Bisher schrieb Arbeitszeiten dazu bekommen die Stiftung vor: Statt Dividenden Auch Wolfgang Leitner selbst be- könnte. Wäre recht wichtig. auszuschütten, muss alles wieder stätigt die Pläne bezüglich der Dichands sind ja gut auf Schiene investiert werden. Das wollten B&C-Stiftung: „Es gab Überle- -keine Klage soweit eingebracht. die Investoren ändern. gungen zur B&C-Stiftung. […] Es LG Thomas“88 gab sicherlich auch Überlegun- Im Untersuchungsausschuss gen, wie das nach dem aktuel- Zusammenfassend kann festge- wurde auch Peter Sidlo zur B&C- len Stiftungsrecht zu beurteilen halten werden: Mit der Novelle Stiftung befragt: „[…] was wir ist. Wahrscheinlich waren dann des Stiftungsrechts wollte die dort jedenfalls auch besprochen auch Überlegungen, in welcher ÖVP einerseits den allgemeinen haben, war beispielsweise das Richtung sich das Stiftungsrecht Wunsch der Stiftungsmilliardäre Thema B&C Privatstiftung. Da allenfalls weiterentwickeln kön- nach weniger bis gar keinen Steu- gab es zum damaligen Zeitpunkt nen würde.“87 ern erfüllen, andererseits wollte die Problematik, dass sich die man Tojner und Co. zur Übernah- B&C Privatstiftung einem An- Für eine erfolgreiche Übernah- me der B&C-Stiftung verhelfen. griff eines Investors ausgesetzt me hätte allerdings noch das gesehen hat, der von einer Bank Letztbegünstigtenrechte erwer- ben wollte. Das wollte die B&C Privatstiftung verhindern. Es gab die Überlegung […]: Da ja im Re- gierungsprogramm meiner Er- innerung nach auch von einem Fonds die Rede war, der sozusa- gen Beteiligungen, österreichi- sche Beteiligungen erwerben soll, schützen soll und so weiter – da ist es dann auch um die Frage der Finanzierung gegangen; aber das war Regierungsprogramm, dass man so einen Fonds machen möchte –, war die Frage, ob man hier nicht sozusagen eine Koope- ration mit der B&C Privatstiftung anstrengen soll, die ja im Endef- fekt nichts anderes ist als so ein Fondskonstrukt, das nämlich ös- terreichische Beteiligungen hält. […]“. 85 Foto: OeNB Foto:

30 Ein Skandal sondergleichen: Je- deR der/die arbeiten geht zahlt Postenschacher zwischen 40 und 50 Prozent an Steuern und Abgaben. Im Gegen- satz dazu, zahlen Stiftungsmil- bei der OeNB liardäre jetzt schon nur ca. die Hälfte. Die ÖVP wollte diesen Prozentsatz noch weiter senken. Unter der türkis-blauen Bundesregierung wurden auch Wieder einmal zeigt sich, Kurz in der Österreichischen Nationalbank (OeNB) Posten neu und Co machen nur Politik für besetzt. Aufgabe der OeNB auf nationaler Ebene ist die Si- die wenigen Superreichen. cherstellung der Finanzmarktstabilität sowie der Geldver- sorgung, die Unterstützung der FMA im Bereich der Ban- kenaufsicht (Analyse und Prüfung sowie Statistik) sowie die Verwaltung der Währungsreserven. Auf europäischer Ebene wirkt sie im Rahmen des Eurosystems an der Geld- politik mit.

Allesamt wichtige Aufgaben im Banken- und Finanzwelt hat er Sinne eines funktionierenden keine. Sein Vorgänger als Wirt- Wirtschaftskreislaufes. Traditio- schaftsminister, Reinhold Mit- nell wurde bei der Besetzung der terlehner, kommentierte diese Positionen in der Nationalbank Entscheidung gegenüber der auf eine breite gesellschaftliche Tageszeitung „Die Presse“ so: Einbindung geachtet. Im Gene- „Eine eigenartige Entscheidungs- ralrat waren seit 1945 alle So- kultur, aber sie passt stimmig zialpartner vertreten, das Direk- zur Gesamtentwicklung“.89 Im torium wurde mit ausgewiesen Untersuchungsausschuss sagte erfahrenen Personen mit höchs- er aus, ihm selbst sei der Posten ter Reputation besetzt. auch angeboten worden: „[…] es hat Gespräche darüber gegeben Unter der türkis-blauen Bundes- und es hat so etwas wie eine Art regierung wurden alle Positionen politische Verwendungszusage im Direktorium und Generalrat in diese Richtung gegeben, die neu besetzt. Für die Kurz-Strache allerdings dann noch mit dem Regierung war dabei vor allem Koalitionspartner abzuklären eines vorrangig – die Aufteilung war – und das hat sich dann in der Spitzenjobs in der OeNB. Auf- der Umsetzung eben anders dar- fälligkeiten bei diesen Posten- gestellt, als ich mir das vielleicht besetzungen gibt es einige. So dazumal gewünscht hätte. Heu- wurde zum Beispiel von der Tra- te bin ich froh, dass das nicht dition abgegangen, Vertreter der realisiert worden ist.“90 Als Prä- Sozialpartner in den Generalrat sident des Generalrates nimmt zu berufen, mit Ausnahme der Mahrer auch an den Sitzungen Wirtschaftskammer (WKÖ). Mit des Direktoriums teil, in denen Harald Mahrer ist seit 1. Septem- die Berichte zu den Vorortprü- ber 2018 erstmals ein aktiver So- fungen der österreichischen zialpartner (Präsident der Wirt- Banken besprochen werden, die schaftskammer) und noch dazu in Folge an die Finanzmarktauf- Vorsitzender des Wirtschafts- sicht weitergeleitet werden. Dies bundes (eine mächtige ÖVP- schafft ein auch im europäischen Teilorganisation) Präsident der Vergleich herausstechendes Bei- Nationalbank. Sein beruflicher spiel an Einflussmöglichkeit der Werdegang lässt nicht unbedingt Industrie in den Bereich Banken- auf herausragende Qualifikation aufsicht, vertritt doch Mahrer in für diese Position schließen. Be- seinem Hauptberuf auch die In- vor er 2014 Staatssekretär wurde teressen der Finanzindustrie. Für und Kurz ihn später für sechs die Unabhängigkeit der österrei- Monate zum Wirtschaftsminister chischen Bankenaufsicht eine machte, war er in der PR-Bran- unhaltbare Konstellation. che tätig – Erfahrungen in der

#IbizaUA – 31 Vizepräsidentin des Generalrates der OeNB wird Barbara Kolm. Sie Kontrolle über die Kontrolleure leitet das Hayek Institut – eine neoliberale Denkfabrik, die sich der Finanzmarktaufsicht für den Abbau des Sozialstaates einsetzt. Dass man für die Neu- besetzung der Spitzenpositionen auch Reputationsschäden in Kauf nahm, zeigt sich auch bei den restlichen Mitgliedern des Gene- Auch die Reform der Bankenaufsicht (FMA) war im Unter- ralrats: Gegen Ende des Unter- suchungsausschuss Thema. suchungszeitraums kamen von acht Generalratsmitgliedern zwei unmittelbar aus der beaufsich- Sponsoring und Inserate Chef oder als WKO-Vertreter al- tigten Bankenindustrie (Walter an ÖVP durch Erste Bank ler Banken und Versicherungen Rothensteiner und Stephan Ko- und Raiffeisen bei diesen Terminen war – dürfte ren), zwei aus der Glücksspielin- ihm selber nicht immer ganz klar dustrie (Bettina Glatz-Kremsner Im Rechenschaftsbericht der gewesen sein: „[…] Ich war Herr und Peter Sidlo), vier der acht ÖVP finden sich über 100.000 Treichl und war wahrscheinlich Mitglieder wurden als Beschul- Euro an Sponsorings und Inse- meinen Gesprächspartnern mit digte oder Beteiligte in der Casi- raten von Raiffeisen und Erste beiden Positionen verbunden.“97 no Affäre geführt (Walter Rothen- Bank an die Partei. Das muss- steiner, Bettina Glatz-Kremsner, te auch Kanzler Kurz bei seiner Seit der letzten Finanzkrise Peter Sidlo und Barbara Kolm). Befragung zugeben: „Jede Zahl, 2008/2009 gilt der Banksektor Auch bei der Besetzung des Di- die Sie da zitieren, sollte richtig als stark reguliert, Banken ver- rektoriums der Nationalbank sein.“93 Auch Uniqa-Chef And- suchen seither, die Regulierung war Parteipolitik wichtiger als reas Brandstetter gab im Unter- wieder zu lockern. Das Papier Qualifikation. Der frühere Noten- suchungsausschuss Auskunft: von Erste-Vorstand Andreas bank-Präsident Claus Raidl etwa „Ich kann Ihnen noch einmal Treichl sieht genau das vor: So kritisierte in einem Interview mit diese großen Beträge sagen, die- sollten die Vertreter der Banken der „Kleinen Zeitung“ den FPÖ- se 4.000 für Spenden, diese rund und Versicherungen selbst in den Kandidaten Eduard Schock, der 100.000 für das Sponsoring und Aufsichtsrat der Finanzmarkt- auch Beschuldigter in der FPÖ die rund – was habe ich gesagt? – aufsicht kommen, die Beaufsich- Spendenaffäre ist, als „eklatant 35.000 für Inserate.“94 – Vor allem tigten sollten sich also selbst be- ungeeignet“ für diese Position.91 an die ÖVP. aufsichtigen. Auch die Aufsicht Der zweite FPÖ-Kandidat Robert selbst sollte geschwächt werden: Holzmann (die letzten Jahrzehnte Der Wunschzettel Ständig ist von „Kosteneinspa- im Wesentlichen mit Pensions- rungen“ und „Beraten statt Stra- systemen beschäftigt) lieferte be- In den Akten des Untersuchungs- fen“ die Rede. Das Treichl-Papier reits nach wenigen Wochen einen ausschusses findet sich auch ein wurde schließlich fast zur Gänze Skandal um die Abberufung von Wunschzettel der Erste Bank. in Gesetz gegossen. Nur zur Be- Führungskräften, die er wieder Es geht um die Reform der Ban- schlussfassung im Nationalrat zurücknehmen musste und der kenaufsicht und darum, wel- sollte es nicht mehr kommen, seine Untauglichkeit an der Spit- che Änderungen sich Erste-Ge- denn dazwischen kam Ibiza. ze des Instituts veranschaulich- neraldirektor Andreas Treichl te. Auch der ÖVP-Mann Thomas wünscht. Angehängt ist dieser Ein Zusammenhang zwischen Steiner wäre in einem auf Kom- Wunschzettel an ein E-Mail mit den Spenden- und Sponsoring- petenz basierenden Verfahren dem Wortlaut: „[...] anbei das leistungen der Banken und de- nicht in die engere Auswahl ge- Papier, das von Treichl an HBK ren Wunschzettel wurde stets kommen. Steiner aber ist „Fami- + HBM Blümel gerade heran- bestritten und ist auch nicht lie“ - das war sein Asset. Selbst getragen wird...“.95 „Gerade he- feststellbar. Die Spenden- und der internationalen Presse blie- rangetragen“ – das bezieht sich Sponsoringleistungen haben ben die Neubesetzungen in der auf einen Termin am 27. Juni wenig überrascht – haben doch OeNB nicht verborgen. Die „Neue 2018 zwischen Blümel, Kurz und Raiffeisen, Uniqa und Erste-Bank Zürcher Zeitung“ etwa bewertet Treichl. Ein zweiter Termin fand schon historisch eine Nähe zur das als „Postenschacher“.92 Im dann am 9. April 2019 statt – eine ÖVP und spenden, inserieren Fall der OeNB wird wieder einmal Woche bevor die FMA-Reform und sponsern wohl aus Tradi- klar – die Kurz-ÖVP hat ein massi- dann schließlich im Ministerrat tion. In der Befragung des Erste ves Problem mit Unabhängigkeit. beschlossen wurde. 96 Welchen Bank Chefs Andreas Treichl war Hut Treichl bei diesen Terminen allerdings auch eine gewisse Ent- auf hatte – ob er als Erste-Bank- fremdung von der ÖVP spürbar:

32 rolle von Karl-Heinz Grasser und der ÖVP und hatte einen hohen Anteil am Hypo-Desaster.

Geheimer Sideletter zur FMA-Reform Auch gab es offenbar eine gehei- me Vereinbarung, einen Side- letter, zur Reform der FMA. In einem E-Mail-Verkehr aus den Akten des Untersuchungsaus- schusses tauschen sich Bernhard Perner und Klaus Kumpfmüller über internationale Beispiele bei Aufsichtsbehörden aus, die einen Alleinvorstand haben. Kumpf- müller schreibt: „Ich denke man sollte sich nicht unter Druck setzen lassen und sich darauf zurückziehen, was im Sideletter Foto: FMA Foto: steht.“103 Offenbar hatte man den Regierungspartner FPÖ schließ- Die ÖVP wollte unbedingt den ihr nahestehenden Vorstand zum Alleinvorstand der Finanzmarktaufsicht machen. lich doch über die Pläne in der FMA informiert und eine gehei- „Ich kann Ihnen mit hundertpro- sen Finanzministerium, kom- me Übereinkunft getroffen. Über zentiger Sicherheit sagen, dass es muniziert fast ausschließlich mit den Inhalt dieses Sideletters be- mir noch nie gelungen ist, dass dem ÖVP-nahen FMA-Vorstand, wahrten die befragten Personen irgendeine Idee, die ich gehabt Klaus Kumpfmüller.100 Wichtig Stillschweigen. habe, von ihm [Sebastian Kurz, war ihnen vor allem eines: dass Anm.] auch tatsächlich umge- die FMA nur noch einen Allein- Familie geht vor setzt worden ist.“98 vorstand haben sollte. Mit einem türkisen Alleinvorstand hätte Dass die türkise Familie vorgeht, Gegenüber der Öffentlichkeit die türkise Familie den unkon- zeigt sich auch an der Art und wurde die Reform mit einer an- trollierten Informationszugang Weise wie mit geheimen Doku- geblichen Kosteneinsparung von zu allen Bankeninformationen menten umgegangen wurde. zehn Millionen Euro pro Jahr der österreichischen BürgerIn- Thomas Steiner, Direktor der begründet. Keine einzige Aus- nen und Unternehmen erhalten. OeNB und Bruder des Kanzlerbe- kunftsperson konnte die zehn Auch Herbert Kickl bestätigte raters Stefan Steiner, leitete von Millionen Euro auch nur ansatz- im Untersuchungsausschuss, der Europäischen Zentralbank weise plausibel darlegen. Also dass es der ÖVP vor allem darum (EZB) als geheim klassifizierte waren diese zehn Millionen Euro ging: „Ich weiß nur, dass das im- Unterlagen an den FMA-Vorstand entweder eine bewusste Falsch- mer wieder zu Diskussionen ge- Kumpfmüller weiter. Es handelt information oder die ÖVP plante führt hat, zum Beispiel in diesen sich um eine Stellungnahme des die FMA durch den Abbau von Sechserrunden, weil es der ÖVP EZB-Rats-teams zur FMA-Re- mehr als 100 MitarbeiterInnen sehr wichtig gewesen ist, dass form. Das Dokument war von der zu schwächen.99 dort einer sitzt und nicht zwei.“101 EZB selbst als „restricted“ einge- Die Bankenvertreter wollten das stuft worden und hätte niemals 104 Türkise Familie wollte Vier-Augen-Prinzip in der FMA weitergeleitet werden dürfen. Kontrolle über FMA beibehalten. Treichl, auf die Fra- Für die türkise Familie aber ge, ob das Vier-Augen-Prinzip wohl alles kein Problem, denn Vielmehr war die Reform der wichtig für die Sparte war: „Ja.“102 die Familie steht augenschein- Bankenaufsicht ein Versuch, die lich über allem – auch über der politische Kontrolle über die un- Dass ein Abweichen von diesem EZB und ihren Regelungen. Die abhängige Behörde zu erlangen. Prinzip teure Folgen haben kann, OeNB ist gefordert, gemeinsam Sebastian Kurz und seine türki- dafür muss man historisch gar mit der EZB diesen Vertraulich- se Familie beginnen bereits im nicht so weit zurückschauen. Von keitsbruch zu untersuchen und September 2018 intern am „Pro- ihrer Gründung bis zum Banken- die erforderlichen Maßnahmen jekt Alleinvorstand“ zu arbeiten. ausschuss und der nachfolgen- zu treffen. Bernhard Perner etwa, damals den Aufsichtsreform 2007 war Kabinettsmitarbeiter im türki- die FMA unter politischer Kont-

#IbizaUA – 33 sonders brisant: Die Post hatte Projekt Edelstein 2019 selbst mit einem enormen Datenschutzskandal zu kämpfen. Im Wahlkampf hatte man an- hand von Kundendaten die Par- teisympathien hochgerechnet und diese zum Kauf angeboten. Als „Projekt Edelstein“ wurde ÖVP-intern die geplante Dafür bekam die Post eine Ver- Privatisierung des Bundesrechenzentrums (BRZ) bezeich- waltungsstrafe von 18 Millionen net. Das türkise Finanzministerium bereitete 2018/2019 Euro. Dieser Datenschutzskandal heimlich den Verkauf des staatseigenen IT-Zentrums an beendete wohl auch die Arbeit 110 die teilstaatliche Post AG vor. Die Post gehört nur noch zu am Projekt Edelstein. Wäre das Projekt Edelstein zum Abschluss 52,8 Prozent der Republik, das heißt: Man wollte die sen- gekommen, wären die intimsten sibelsten Daten der Republik verkaufen. Darunter fallen Daten der Österreicherinnen und zum Beispiel Daten von ELGA (Elektronische Gesundheits- Österreicher wohl nicht mehr si- akte), Finanzonline, der biometrische Pass etc. Sozusagen cher gewesen. der Datenschatz der Republik. Ein Datenskandal, den es in dieser Dimension weltweit noch nicht gegeben hat. In den Akten des Untersuchungs- partner FPÖ nichts davon wuss- ausschusses finden sich E-Mails, te. Wer im Regierungsprogramm PowerPoint-Präsentationen und der türkis-blauen Bundesregie- Hinweise auf Besprechungen rung nach einem Hinweis auf das zwischen Vertretern des Finanz- „Projekt Edelstein“ sucht, wird ministeriums, des Bundeskanz- nicht fündig. So gab etwa der leramts und der Post. ehemalige Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) in einem Darauf angesprochen, wollte in Interview mit dem Nachrichten- der ÖVP niemand etwas damit zu magazin „Profil“ an: „Das Bun- tun haben. So sagte etwa Bundes- desrechenzentrum war in den kanzler Sebastian Kurz im ZiB2 Verhandlungen kein Thema.“109 Interview: „Ich war in das im Detail nicht eingebunden“, und: Die Privatisierung wurde akri- „Zu mir sind diese Überlegungen bisch vorbereitet: Rechtsgut- nie groß durchgedrungen.“105 Bei achten wurden eingeholt, Prä- der Befragung von Balázs Szabó, sentationen abgehalten und Mitarbeiter von Thomas Schmid, Gesetzestexte angefertigt. Be- Die ÖVP wollte mit dem Bundesrechen- wurde allerdings schnell klar – zentrum (BRZ) die privaten Daten der ÖsterreicherInnen privatisieren. das Bundeskanzleramt war sehr wohl in die Privatisierungsplä- ne involviert.106 Er berichtete im Ausschuss von Sitzungen zum Projekt Edelstein mit dem Chef der Post im Jahr 2018. Dort sei auch Bernhard Bonelli anwesend gewesen – Kabinettschef und enger Vertrauter von Kanzler Kurz.107 Es ging um die politische Zusage für das Geheimprojekt.108

Dieses Projekt war offensichtlich so geheim, dass der Regierungs- Foto: Georges Schneider / picturedesk.com Schneider Georges Foto:

34 sich aus einem „Living Paper zur Austrian Real Estate Eigentümerstrategie BMF-BIG“ Stand September 2018 ergibt: „ARE-Strategie (6. September – warum der Staat 2018). Das vorgelegte Papier wird grundsätzlich goutiert. Bis zur Premiumwohnungen baut nächsten Strategiesitzung sollen [...] Modelle und verbundene Zahlenwerke für die Varianten Private Placement/IPO/IPO & Kapitalerhöhung geschärft wer- den.“116 IPO steht für Initial Pub- lic Offering und bedeutet Börsen- Die Privatisierungsvorstellungen der ÖVP gehen weiter. gang, also Privatisierung. Auch die Austrian Real Estate (ARE) wollte man im Laufe der türkis-blauen Regierungszeit privatisieren. Die Austri- Zusammenfassend kann festge- stellt werden, dass es im türkisen an Real Estate ist eine Tochtergesellschaft der Bundesim- Finanzministerium sehr wohl mobiliengesellschaft (BIG), deren Alleineigentümer seit 1. Überlegungen und auch konkre- Jänner 2019 die ÖBAG ist, welche wiederum in 100-prozen- te Pläne zur Privatisierung der tigem Eigentum der Republik Österreich steht. Zum Jahres- ARE gegeben hat. Warum diese ende 2019 umfasste das Immobilienportfolio der ARE 558 schließlich nicht weiterverfolgt Liegenschaften, davon ein Großteil Büroimmobilien (91 wurden? Ibiza. Prozent), der Rest Wohnimmobilien (9 Prozent).111

Im Untersuchungsausschuss machen, um das Bundesvergabe- wurde kritisiert, dass Objekte der gesetz nicht einhalten zu müs- ARE ausschließlich zum Weiter- sen: „Die Erklärung ist ganz ein- verkauf an Investoren und An- fach: Wenn die ARE 51 Prozent leger gebaut würden und leist- hat […], sind die Abwicklungen bares Wohnen keine Rolle in der wirtschaftlich nicht machbar, Bautätigkeit der ARE spiele. Auch weil die Entscheidungen alle mit der Rechnungshof kritisiert in öffentlichen Ausschreibungen seinem Bericht, „dass die ARE […] gemacht werden müssen und auch den Wohnbau im Premium- dann so schwerfällig sind, dass segment forcierte, was den Ziel- man am internationalen Markt vorstellungen des Bundes, leist- nicht konkurrenzfähig ist.[…] baren Wohnraum zu schaffen, Darum macht sie das alles mit zuwiderlief.“112 Die ARE hat in Soravia, mit Benko, mit diesen, diesem Punkt aber ein anderes mit jenen eigentlich immer zu 49 Selbstverständnis. Im Jahr 2015 Prozent.“114 sagte der Geschäftsführer der ARE über deren Wohnbautätig- Konkrete Planungen für die wei- keit: „Wir versuchen, das mittlere tere Entwicklung der ARE lagen Preissegment zu besetzen.“ Die im Finanzministerium bereits im ARE-Eigentümerin BIG gibt hier Sommer 2018 vor.115 Es soll somit auch ein klares Statement ab: bereits vor der Umstrukturie- „Die ARE wurde nicht ins Leben rung der ÖBAG im Frühjahr 2019 gerufen, um leistbaren Wohn- konkrete Pläne gegeben haben, raum zu schaffen.“113 die ARE auszulagern. An diesen Plänen waren neben Thomas Ebenfalls kritisiert wurden die Schmid, damals Generalsekretär Kooperationen der ARE mit pri- im Finanzministerium, Elisa- vaten Investoren. Das Problem: beth Gruber (ebenfalls Finanz- Die ARE gab sich dabei häufig mit ministerium und für das Beteili- einer Beteiligung von nur 49 Pro- gungsmanagement des Bundes zent zufrieden. Porr-Chef Klaus zuständig) und Eduard Müller Ortner äußerte dazu im Untersu- (damals Sektionschef im Finanz- chungsausschuss den Verdacht, ministerium) auch Vertreter der die ARE würde dies absichtlich BIG und der ARE beteiligt, wie

#IbizaUA – 35 Der verschwiegene Deal der OMV

Im Fokus des Ibiza-Untersuchungsausschusses stand im vorstand der staatlichen Beteili- Zuge der Untersuchungen des Beteiligungsmanagements gungsgesellschaft ÖBAG, Thomas des Bundes auch die OMV. Der Bund ist mit 31,50 Prozent Schmid, wusste als Aufsichts- ratsmitglied der OMV Bescheid. an der OMV beteiligt. Im Zuge des größten Deals der öster- Rainer Seele dazu im Untersu- reichischen Wirtschaftsgeschichte – die Übernahme der chungsausschuss: „Das Borea- Borealis AG durch die OMV – wollten die Abgeordneten im lis-Projekt ist ausschließlich mit Untersuchungsausschuss wissen, wie gut das Beteiligungs- dem Aufsichtsrat besprochen management des Bundes funktioniert und inwieweit die worden. Sie wissen, Herr Schmid Republik als Aktionärin in diese Entscheidung eingebun- ist Mitglied des Aufsichtsrates, und dementsprechend haben wir den und darauf vorbereitet war. das mit ihm diskutiert.“118 Mit Mi- nisterien habe er nicht darüber Der Chef der OMV, Rainer See- hen, dass wir eine stärkere Aus- gesprochen, so Seele.119 Auf die le, verteidigte im Ibiza-Untersu- richtung hin zu Nachhaltigkeit Frage, wann das Projekt Thomas chungsausschuss die Borealis benötigen, und gerade diese Aus- Schmid gegenüber das erste Mal Übernahme. Der teilstaatliche Öl- richtung zu nachhaltigen, nicht angesprochen wurde, sagte See- konzern kaufte im März 2020 um fossilen Energiestoffen ist eigent- le: „Ich habe den Aufsichtsrats- 4,1 Mrd. Euro von Mitgesellschaf- lich die große Veränderung, die vorsitzenden Wolfgang Berndt ter Mubadala (Abu Dhabi) Antei- wir hier mit der Borealis gemacht und den Stellvertreter Thomas le am gemeinsamen Chemiekon- haben.“117 Schmid erstmalig Ende Novem- zern Borealis und stockte seinen ber, Anfang Dezember [Anm.: Anteil damit auf 75 Prozent auf. Bei den Befragungen im Unter- 2019] über eine mögliche Trans- Im Ausschuss betonte Seele, dass suchungsausschuss hat sich aktion informiert.“120 die Entscheidung „unabhängig aber vor allem eines gezeigt: und ausschließlich im Vorstand Vom größten Deal der österrei- Schmid dürfte diese Information getroffen“ worden sei: „Wir - ha chischen Wirtschaftsgeschichte allerdings für sich behalten ha- ben im Vorstand sehr deutlich wusste von Seiten der Republik ben. Sein Vorstandsassistent, Ba- die Veränderung am Markt gese- niemand etwas. Einzig der Allein- lázs Szabó, sagte dazu im Unter-

36 suchungsausschuss aus er halte Seeles Aussage vor dem dass Seele zwar zugab, mit Tho- es zwar für „selbstverständlich“ U-Ausschuss steht in mas Schmid darüber geredet und „Aufgabe der ÖBAG“ über so Widerspruch zu den Akten zu haben, dies aber in Schmids ein großes Projekt Bescheid zu Funktion als Aufsichtsrat ge- wissen, dieses „kritisch“ zu hin- Von der Aussage von OMV-Chef schehen sei. Nur Schmid war im terfragen „und die unterschied- Rainer Seele vor dem Untersu- April 2019 noch nicht Aufsichts- lichen Optionen, Varianten“ zu chungsausschuss bleibt auch rat in der OMV, er wurde erst am prüfen: „In welchem Zeitraum noch ein zweiter beachtlicher As- 14. Mai 2019 bestellt.127 und wie es gelaufen ist, daran pekt. Neue Akten, die durch die kann ich mich nicht erinnern.“121 von Bundespräsident Alexander Ob hier eine Falschaussage vor- Szabó gab auch an, sich nicht er- Van der Bellen bei Finanzminis- liegt oder nicht, das müssen die innern zu können, etwas über ter Gernot Blümel durchgeführte unabhängigen Gerichte klären. den Borealis-Deal gehört zu ha- Exekution dem Untersuchungs- Bemerkenswert sind diese Aus- ben, bevor dieser am 11. März ausschuss endlich zur Verfügung sagen dennoch allemal. 2020 vom Aufsichtsrat der OMV gestellt wurden, lassen Zweifel genehmigt wurde. an seinen Aussagen bezüglich des Jushno-Russkoje Gasfelds in Auch die ÖBAG-Aufsichtsrätin Russland aufkommen. Konkret Susanne Höllinger verneinte geht es um Folgendes: Die OMV im Untersuchungsausschuss, wollte 2019 Steuererleichterun- Wahrnehmungen zu Prüfungs- gen – konkret bei der Mineral tätigkeiten der ÖBAG bezüglich Extraction Tax – in Russland er- des Borealis-Deals zu haben.122 reichen. Im Untersuchungsaus- Höllinger gab an, erst im Nach- schuss bestritt der OMV-Chef, hinein von der Borealis-Über- in diesem Punkt Gespräche mit nahme erfahren zu haben: „Der Vertretern der österreichischen Vorstand der ÖBAG hat nicht nur Bundesregierung, konkret mit die Pflicht, in jeder quartalswei- Kanzler Kurz, Finanzminister sen Sitzung nach einem gewissen Löger und seinem Generalsekre- Dashboard über alle Beteiligun- tär Schmid, geführt zu haben. Er gen zu berichten, er tut das auch habe lediglich mit Schmid, als […] und in diesem Dashboard Mitglied des Aufsichtsrates der befindet sich natürlich auch, der OMV, über dieses Thema gespro- Größe nach sehr wichtig, die Be- chen.125 teiligung der OMV, und wir ha- ben im Nachhang natürlich […] Eine E-Mail einer leitenden OMV- einen Bericht über die aktuellen Angestellten an Thomas Schmid Ereignisse in der OMV erhalten, vom 3. April 2019, das dem Unter- selbstverständlich.“123 Zu exter- suchungsausschuss nun durch nen Gutachten zum Borealis-De- die Exekution bei Finanzminister al im Auftrag der ÖBAG hatte die Blümel vorliegt, zeigt ein anderes Aufsichtsrätin ebenfalls keine Bild: „Lieber Thomas, wie zwi- Wahrnehmungen.124 schen HBK, HBM Löger, Dir und Rainer Seele besprochen haben Auffällig und durchaus besorg- wir einen Entwurf erstellt für niserregend ist also, dass die eine gemeinsame Erklärung zwi- Vertreterinnen und Vertreter schen Österreich und Russland. der Republik, mit Ausnahme von Zweck des Dokuments: Die Mine- Thomas Schmid, offenbar keine ral Extraction tax für uns in Russ- Ahnung von der Vorbereitung land zu deckeln. Bitte lass mich auf den größten Wirtschaftsdeal wissen, wie Du weiter vorgehen der österreichischen Geschichte möchtest bzw ob Du Fragen hast hatte. Es sind auch keinerlei Prüf- dazu. Ganz lieben Gruß für Deine prozesse ersichtlich. Fraglich ist, Unterstützung.“126 wer entschieden hat, ob dieser Deal gut ist oder nicht. Das staat- Seele hatte also sehr wohl Ge- liche Beteiligungsmanagement spräche mit ebenjenen Spitzen- hat in diesem Fall offensichtlich vertretern der österreichischen nicht funktioniert. Bundesregierung über die Mi- neral Extraction Tax in Russland geführt. Ebenso brisant ist auch,

#IbizaUA – 37 Die Bombe platzt – Die große Vertuschungs- kampagne

38 „Lieber Christian, ich sehe in Der Kampf der ÖVP gegen der Kurier-Mitteilung überhaupt nichts Dramatisches. Wie kann Aufklärung – von Anfang an ich Dich unterstützen? HG“ Pilnacek antwortet um 00.19 Uhr:

„Eben dadurch, dass ich verhin- dern wollte, dass WKStA von sich Am Nachmittag vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos aus aktiv wird; gute Nacht“ am Abend des 17. Mai 2019 informierte Bundeskanzler Kurz Justizminister Moser über die bevorstehende Ver- Am 18.5.2019 um 9:01 Uhr teilt Johann Fuchs seinem Vorgesetz- öffentlichung. Kurz wusste spätestens auf Grund der An- ten Pilnacek dann mit: frage der „Süddeutschen Zeitung“ und der darauffolgenden intensiven Kommunikation mit Strache bereits zwei Tage „Guten Morgen Christian, hier zuvor von der Existenz des Videos. Was folgte, war ein ein- mein aktueller Meinungsstand zigartiger Versuch der ÖVP, die Ermittlungen zu behindern zu einem möglichen Wording und möglichst im Keim zu ersticken. (wenn wir wieder ,dürfen‘): ,Die bisher medial veröffentlichten Moser führte bei seiner Befra- Aufträge Kurz in dem besagten Rechercheergebnisse bieten gung aus: „Ich habe am Tag, ich Telefonat genau an Moser erteil- keine ausreichende Grundlage glaube, es war der Nachmittag, te, wurde von beiden bei ihren für die Darstellung eines straf- vor der Veröffentlichung des Befragungen im Untersuchungs- rechtlichen Anfangsverdachts. Videos erfahren, nachdem ich ausschuss nicht beantwortet. Konkrete Anhaltspunkte für das angerufen worden bin und mir Fest steht, dass Christian Pilna- Vorliegen einer Straftat lassen mitgeteilt wurde, dass voraus- cek noch am selben Abend mit sich daraus nicht gewinnen. Eine sichtlich in den Abendstunden dem Leiter der Oberstaatsanwalt- (amtswegige) Einleitung eines des gleichen Tages ein Video schaft Wien Kontakt aufnahm Ermittlungsverfahrens ist daher veröffentlicht wird, das Aussa- und sich bemühte, die WKStA zumindest derzeit nicht zulässig. gen von Strache und Gudenus aus den Ermittlungen herauszu- Da das Videomaterial nach dem beinhaltet, beinhalten soll, und halten. Noch am selben Abend aktuellen Informationsstand dass gleichzeitig die Aussagen gibt Pilnacek dem „Kurier“ die überdies durch das Redaktions- voraussichtlich auch Elemente Auskunft, wonach sich die Justiz geheimnis geschützt ist, wäre beinhalten, die strafrechtlich zu bereits in der Ibiza-Causa einge- eine Verbreiterung der Entschei- würdigen sind. “128 schaltet habe und die Oberstaats- dungsgrundlage auch von einer anwaltschaft den Sachverhalt Kooperation der hier agierenden Auf die Nachfrage vom Verfah- prüfe. Das Nachrichtenmagazin Medienunternehmen abhängig.‘ rensrichter-Stellvertreter Ronald „profil“ hat die Nachrichten die- HG Hans“ Rohrer, wer ihm diese Mitteilung ses Abends zwischen Pilnacek gemacht habe, sagt Moser: „So- und Fuchs veröffentlicht.130 Pilnacek antwortete um 9.44 Uhr: weit mir erinnerlich ist, wurde ich diesbezüglich von Bundes- Um 23.33 Uhr eine weitere Nach- „Danke, das würde ich unterstüt- kanzler Kurz informiert und richt an Fuchs: zen; hG.“131 habe daraufhin, nachdem ich informiert worden bin, den Sek- „Unterstütze mich bitte; HBM Fuchs hatte die Botschaft seines tionschef, das war der Generalse- [Anm.: Herr Bundesminister] ist Chefs verstanden – die Ermitt- kretär meines Hauses, und auch schon wieder fuchsteufelswild, lungen sollten „daschlogn“ wer- den Kabinettschef informiert, dass ich das gesagt habe; wäre den, bevor sie überhaupt anfan- dass er sich am Abend, wenn das nicht der Fall gewesen, wäre gen. ein diesbezügliches Video veröf- die WKStS [sic!] … wieder eigen- fentlicht wird, sich das Video an- ständig vorgegangen; das kann Der weitere Tag des 18. Mai 2019 schauen, damit wir schauen kön- doch gerade jetzt nicht unser verlief in der Justiz kommunika- nen, ob daraus allfällige weitere Interesse sein; hG“ tionsarm. Vor dem Hintergrund Veranlassungen seitens der Justiz der sonstigen Ereignisse dieses zu treffen sind.“129 Unmittelbar darauf reicht Pilna- Tages, an dem stundenlang kein cek zwei Nachrichten nach, die Ton aus dem Kanzleramt zu ver- Zu diesem Zeitpunkt war die er jedoch wieder löscht. nehmen war, dürfte dies an der türkise ÖVP noch bemüht, die mangelnden Orientierung der Koalition mit Norbert Hofer als Es ist der 18. Mai 2019, exakt handelnden Personen gelegen Vizekanzler fortzusetzen. Welche 00.00 Uhr, als Fuchs antwortet: haben, wie nun weiter vorzuge-

#IbizaUA – 39 hen sei. Erst am Abend des 18. auf ein Ermittlungsverfahren für eine bereits Thema waren, erstat- Mai 2019 – einem Samstag – ent- ihn bedeuten könnte, und ließ tete die WKStA am Sonntag, den wickelt sich wieder aktives Trei- noch am Montag, den 20. Mai 19. Mai 2019 einen dringenden ben. 2019, über seine persönliche As- Informationsbericht an die Ober- sistenz eine E-Mail an die Leite- staatsanwaltschaft und das BMJ. Aus dem abendlichen E-Mail-Ver- rin der WKStA senden, wonach Ermittlungen der WKStA waren kehr der Justiz am 18. Mai 2019: er von der ordnungsgemäßen Er- somit mit den geplanten Mitteln füllung der gesetzlichen Pflich- nicht mehr zu verhindern. Eine Pilnacek an Fuchs, 20.33 Uhr: ten der WKStA ausgehe. Pilnacek neue Lösung musste her, damit und Mosers Kabinettschef erhiel- die Ibiza-Affäre für die ÖVP nicht „Lieber Hans! Ich habe eben ten diese E-Mail erst nachträglich. zur Gefahr wird. mit HBM telefoniert; wir bitten dich, der WKStA den Auftrag zu Der Grund für Mosers Nervosität erteilen, das gesamte Bildmate- war, dass die WKStA bereits an rial von den beteiligten Medien diesem Wochenende erkannte, anzufordern!“ dass ihre Ermittlungen verhin- dert werden sollten. Da jedoch Fuchs an Pilnacek, 20.46 Uhr: im Zusammenhang mit der Cau- sa „Wien Wert“ ein Verfahren bei „Lieber Christian, ich kümmere der WKStA anhängig war, in dem mich darum; sollen wir das von auch Spenden an FPÖ-nahe Ver- Amts wegen oder aufgrund der bereits avisierten Jarolim-Anzeige machen? [Anm.: Hannes Jarolim, Rechtsanwalt und damals SPÖ- Abgeordneter] Es wäre mE jeden- falls als Erkundigung zur Prüfung, ob ein Anfangsverdacht vorliegt … am besten begründbar.“

Pilnacek an Fuchs, 20.50 Uhr:

„Ich denke, dass du den Auf- trag aktiv stellen solltest; HBM möchte WKStA keine aktive Rolle zukommen zu lassen.“132

Moser selbst gab an, die Zu- ständigkeit der WKStA niemals bestritten zu haben. Aus den Erhebungen des Untersuchungs- ausschusses ergibt sich jedoch / picturedesk.com Schneider Georges Foto: das klare Bild, dass Moser in wei- ten Teilen nur Zuschauer in sei- nem eigenen Ministerium war. Offenbar hat Moser realisiert, was eine solche Einflussnahme

Christian Pilnacek vor seiner folgenreichen Befragung am 15. Juli. Damals leitete er zwei Sek- tionen im Justizministerium und hatte die Aufsicht über die Er- mittlungen in der Ibiza-Affäre. Heute ist Pilnacek suspendiert.

40 meint hat, dass es halt in einer Die Obstruktion der Gruppe, bei einem Staatsanwalt, der für die Bekämpfung der orga- nisierten Kriminalität zuständig Ermittlungen der WKStA ist und jetzt nicht einen regelmä- ßigen Anfall an Strafsachen hat, wie das ein anderer Staatsanwalt hat, besser aufgehoben ist, weil sich der dann voll und ganz auf Nach dem Scheitern des türkisen Plans, die Ermittlungen diese Strafsache konzentrieren im Keim zu ersticken, wurde vom türkisen „Staat im Staat“ kann.“133 alles unternommen, um den Ermittlungen der WKStA Stei- Der Verfahrensrichter Wolfgang ne in den Weg zu legen. Dazu setzte die türkise Truppe eine Pöschl fragt nach: „Wissen Sie, Reihe von Methoden ein: wie die Frau Leitende Staatsan- wältin Nittel dazu gekommen 1) Eine öffentliche Ruf- von Christian Pilnacek gab der ist, Ihnen den Auftrag zu geben, mord-Kampagne gegen die fallführende Staatsanwalt Bernd sprich: Wer hat ihr einen Auftrag WKStA, die von der frei Schneider bei der Staatsanwalt- gegeben? Oder woher hat sie ihre erfundenen Behauptung schaft Wien für das „Hintermän- Kenntnis?“ „roter Netzwerke“ bis hin ner-Verfahren“ folgendes an: zu persönlichen Angriffen Schneider antwortet: „Soweit ich auf einzelne Staatsanwälte „Er war zu Beginn dabei, bei mich erinnern kann, hat es, wie durch PolitikerInnen der dieser allerersten Besprechung, gesagt, dieses bezirksgerichtliche ÖVP reichte. die ich Ihnen genannt habe, die Verfahren schon gegeben, das kurz nach Veröffentlichung des heißt, es hat schon eine Anzeige, 2) Die indirekte Kontrolle der Ibizavideos bei der Oberstaats- eine Sachverhaltsdarstellung bei Ermittlungen durch Einset- anwaltschaft war. Da war eine der Staatsanwaltschaft gegeben zung einer Sonderkommis- Besprechung bei der Oberstaats- und es war klar, dass dieses Ver- sion mit einem parteitreuen anwaltschaft, bei der der - Ober fahren bei der Staatsanwaltschaft Leiter. staatsanwalt Fuchs war, Vertreter Wien geführt werden muss. Und vom Ministerium, Vertreter vom ich meine auch, dass es ein E- 3) Andauerndes Störfeuer Bundeskriminalamt – die damals Mail vom Leitenden Oberstaats- mittels Berichtsaufträgen, schon gesagt haben, dass eine anwalt Fuchs gegeben hat, wo er Erlässen und Dienstbespre- Soko eingerichtet werden wird –, die Staatsanwaltschaft Wien mit chungen durch die Ober- ich war dort, die Leitende Staats- den Ermittlungen zu den Hinter- staatsanwaltschaft gegen die anwältin Dr. Nittel war dort, und männern beauftragt hat, wenn WKStA später hinzugekommen ist auch man das so sagen kann.“134 der damalige Noch-Generalse- 4) Die Teilung des Ermittlungs- kretär Pilnacek.“ Die erwähnte Anzeige traf jedoch verfahrens. tatsächlich erst einige Tage spä- Andreas Holzer gab bei seiner ter ein. Sie stammte von Straches Befragung an, dass Franz Lang Anwalt. Somit wurde durch Pil- Die Koordination dieser Obstruk- und er selbst bei dieser Bespre- nacek und andere bereits vorab tionsmaßnahmen über mehrere chung anwesend waren. Schnei- sichergestellt, dass gewichtige staatliche Institutionen hinweg der führte weiter aus: Teile des Ibiza-Komplexes von offenbart einen rechtsstaatlich der Staatsanwaltschaft Wien ge- enorm bedenklichen Zustand, in „Ich bin in einer Abteilung gegen führt werden, dort ein Staatsan- dem nur parteipolitische Interes- Organisierte Kriminalität sowie walt übernimmt, der „geeignet“ sen der ÖVP maßgeblich sind. für Staatsschutz- und Terroris- erscheint und die Ressourcen der musstrafsachen und habe in der SOKO in weiterer Folge nicht der Sinnbildlich für diese Koordinati- Woche nach Erscheinen des Ibi- WKStA, sondern vor allem der on sind die Ereignisse in der Wo- zavideos einen Anruf von meiner Staatsanwaltschaft Wien zu Gute che, in der intensiver Austausch Leitenden Staatsanwältin Dr. Nit- kämen. Denn das Verfahren der zwischen Pilnacek, dem späte- tel erhalten, die mich gebeten Staatsanwaltschaft Wien gefähr- ren SOKO-Leiter Andreas Holzer, hat, diesen Fall zu übernehmen, dete die ÖVP im Gegensatz zu je- dem damaligen interimistischen weil schon zu erwarten war, dass nem der WKStA nicht. Generaldirektor für die öffentli- es ein relativ politisches Verfah- che Sicherheit Franz Lang und ren wird und ein Verfahren, das Gleichzeitig sorgte die Ober- OStA-Leiter Johann Fuchs be- einen größeren Umfang nach staatsanwaltschaft Wien durch stand. Befragt nach der Rolle sich ziehen wird, sodass sie ge- Berichtsaufträge und Weisun-

#IbizaUA – 41 gen sowie dienstaufsichtsrecht- 23. August 2019, 17:03, Pilnacek 18:03, Martini: liche Maßnahmen für eine an Martini: Zermürbung der WKStA. Her- „Nein, mach ich sowieso nicht! vorzuheben sind die Weisungen „Staatsanwaltschaft ermittelte (Hbm erzählt ihm immer nur der OStA, gewisse Akten dem bis vor kurzem gegen ein Mit- alles, aber das ist eh Sache der Untersuchungsausschuss vorzu- glied der Soko Ibiza. Es geht OStA. Das muss ich hbm jetzt enthalten, oder die „spontane“ munter weiter, das kann man nicht im Detail erzählen.)“ Weisung, das Ermittlungsverfah- sich nicht gefallen lassen!!!“ ren in der Schredder-Causa abzu- 18:05, Pilnacek: treten. Trauriger Höhepunkt ist 17:08, Martini: jedoch das gegen Staatsanwältin „Ok, man muss aber auch HBK Jilek betriebene Mobbing des Be- „Jetzt wäre echt mal das BMI von diesen seltsamen Verbin- hördenleiters Johann Fuchs, das dran. Das wird wohl auch Pe- dungen erzählen. “ [Anm.: “HBK” in einer disziplinarrechtlichen schorn aufregen.“ steht im Beamtensprech für Herr Maßnahme („Ausstellung“) und Bundeskanzler. Gemeint ist offen- dem Ausscheiden von Jilek aus 17:13, Pilnacek: bar Sebastian Kurz – der war der WKStA gipfelte. Jileks Ab- zu diesem Zeitpunkt zwar nicht gang versetzte den Ermittlungen „Ja, aber wir müssen auch ein- Bundeskanzler, das System Pilna- der WKStA einen enormen und mal aktiv werden; accounts der cek betrachtete ihn aber wohl als nachhaltigen Dämpfer. WKStA sichern.“ solchen.]

Die Kontrollbestrebungen des 17:26, Martini: 18:07, Martini: türkisen Staats im Staat überdau- erten sogar den Regierungswech- „Ja, die OStA kümmert sich „Ich glaub, ich hab das schon sel im Juni 2019. Selbst unter darum!“ [Anm.: gemeint ist die erwähnt. kann das ja wiederho- der Amtszeit von Justizminister für die WKStA zuständige Ober- len.“135 Jabloner blieb der Informations- behörde, die Oberstaatsanwalt- fluss aus der Justiz an die ÖVP schaft Wien unter Johann “Hans” Auf Grund dieser Nachrichten ist unverändert aufrecht. Das Nach- Fuchs] klar, dass Kanzler Kurz entgegen richtenportal „ZackZack“ veröf- seiner eigenen Darstellung auch fentlichte Chats zwischen Chris- 18:02, Pilnacek: in Fragen der Ibiza-Ermittlungen tian Pilnacek und der damaligen vollumfänglich informiert war Kabinettschefin von Jabloner, „Es ist alles so erbärmlich; bitte und die Fäden in der Hand hielt. Andrea Martini, deren Loyalität K. nichts erzählen (Freund von Der geplante Anschlag auf die wohl mehr anderen galt. A.)“ Arbeit der WKStA durch Sicher- stellung etwa von Mail-Accounts K. ist jener Staatsanwalt, der spä- fand glücklicherweise nie statt. ter auf Falschaussagen seiner Es zeigt jedoch, dass die türki- Vorgesetzten im Ibiza-U-Aus- se Truppe keine Grenzen kennt, schuss hinweisen sollte; er ge- wenn es darum geht, sich selbst noss das Vertrauen von Justiz- vor Ermittlungen der Justiz zu minister Clemens Jabloner. A. ist schützen. der fallführende Staatsanwalt in der Causa Casinos.

42 #IbizaUA – 43 Das große Schreddern

Am 23. Mai 2019 – wenige Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos – suchte der Mitarbeiter des Kabinetts von Bundeskanzler Kurz, Arno M., mit fünf Festplatten im Gepäck die Firma Reisswolf auf, um diese dort vernichten zu lassen. Er gab dabei einen falschen Namen an und vergaß schlussendlich, die Rechnung zu bezahlen. Bekannt wurde der Fall unter dem Namen „Schredder-Affäre“ durch eine Veröffentlichung der Wochenzeitung „Falter“. Screenshot/Youtube

Die ÖVP beim Schreddern

Im Zuge der Beweiserhebungen Firma Western Digital) und ver- die im Mai 2019 vernichteten durch den Ibiza-Untersuchungs- fügen über 250 bzw. 500 GB Spei- Festplatten nicht mit jenen über- ausschuss wurden dem Unter- cherkapazität. Auf Grund einer einstimmen, die anlässlich des suchungsausschuss eine Vielzahl Rückforschung mit Hilfe der Se- Regierungswechsels 2017 in die an Akten und Unterlagen zur so- riennummern ergibt sich, dass Multifunktionsgeräte des Kabi- genannten Schredder-Affäre vor- diese zwei Festplatten im Jahr netts des BKA eingesetzt wurden: gelegt. Darunter befand sich u.a. 2017 für den Einsatz in Laptops Schließlich wären diese Fest- eine von Herrn M. selbst in den produziert wurden. platten sodann erst sechs bzw. Räumlichkeiten der Firma Reiss- neun Monate nach ihrem Ver- wolf angefertigte Aufnahme der Die Festplatte mit der Serien- kauf in China bzw. Brasilien in schlussendlich geschredderten nummer M21JLXPJ wurde im Österreich in Endgeräte verbaut Festplatten sowie die notierten Mai 2017 in China verkauft. Dies worden. Somit kann jedoch auch Seriennummern der Festplatten. ergibt sich aus der Dauer der Ga- ausgeschlossen werden, dass es Es wurde nach mehreren weite- rantie von drei Jahren und den sich bei den von Arno M. ver- ren Aufforderungen an das Bun- Herstellerangaben. In China pro- nichteten Festplatten tatsächlich deskanzleramt schlussendlich duzieren fast alle Hersteller, so ausschließlich um Festplatten auch das Original der Rechnung auch Ricoh. Die Festplatte mit aus den Multifunktionsgeräten der Firma Ricoh über den Aus- der Seriennummer WXQ1A27P- des BKA handelte. bau von Festplatten übermittelt. F6U0 wurde im Juni 2017 in Bra- silien verkauft. Dies ergibt sich Unterstützt wird dieser Befund Auffallend ist, dass drei der von ebenfalls aus der Dauer der Ga- außerdem durch die irregulären M. fotografierten Festplatten der rantie sowie den Herstelleran- Abläufe rund um den Ausbau Marke Toshiba baugleich sind gaben. In Brasilien produzieren und die Vernichtung der Festplat- und jeweils über 320 GB Spei- u.a. HP, Lenovo und Dell, jedoch ten. Auf Grund der Aussagen des cherkapazität verfügen. Zwei nicht Ricoh. Arno M. im Ibiza-Untersuchungs- weitere Festplatten stammen ausschuss sowie auf Grund der jedoch vom Hersteller Hitachi Es kann daher mit ausreichender Aktenlage des Ausschusses ergibt (einem Tochterunternehmen der Sicherheit gesagt werden, dass sich folgender Zeitablauf:

44 → Am 20. Mai 2019 fand erst- in unmittelbarer zeitlicher Nähe gen: So wurde etwa der Ermitt- mals eine Besprechung im zur Annahme des Misstrauens- ler Niko R., der Heinz-Christian BKA zur Vorgangsweise bei antrags gegen die Regierung Kurz Strache per SMS einen Rücktritt einem Regierungswechsel auf die Amtsübergabe vorbereitet vom Rücktritt empfahl, durch die statt; sowohl Bundeskanzler wurde. Die Angaben von Arno SOKO in diesen Ermittlungen ein- Kurz als auch Bundesminis- M. und P. unterscheiden sich ins- gesetzt. Dazu kommt: Niko R. hat ter Blümel gaben in ihrer besondere im zeitlichen Ablauf, im Jahr 2015 für die ÖVP in Maria Befragung im Ibiza-Unter- wobei bei P. ungenaue Angaben Enzersdorf bei der Gemeinderats- suchungsausschuss an, von offenbar zur Vertuschung des wahl kandidiert.136 Von ihm wur- Überlegungen zur Vorgangs- genauen Hergangs gemacht wur- den Ermittlungsmaßnahmen in weise bei Regierungswechsel den. Fest steht jedenfalls, dass es der ÖVP-Zentrale abgebrochen, gewusst zu haben bzw. diese sich bei der Vernichtung der Fest- da er von Kanzlerberater Stefan sogar angeordnet zu haben; platten um keine Spontanaktion, Steiner erkannt worden sei. Somit → Am 22. Mai 2019 holte Arno sondern vielmehr über eine län- wurden keine technischen Geräte M. von der Firma Reisswolf ger geplante und mit mehreren von Arno M. sichergestellt. ein Angebot für die Vernich- Personen koordinierte Aktion tung von fünf Festplatten ein; handelte, die dem Zweck diente, Auch die parlamentarische Auf- → Am 23. Mai baute die Firma die Vernichtung der Festplatten klärung in der Schredder-Affäre Ricoh die Festplatten aus den außerhalb des „inner circle“ des wurde beeinflusst: So wurden die Multifunktionsgeräten aus; Kabinetts zu verhindern. Antworten auf parlamentarische anschließend verlangte ein Anfragen dazu mit dem Kabi- anderer Kabinettsmitarbei- Die hohe Nervosität, die beim Um- nettschef Bonelli abgesprochen, ter, P., von Bediensteten der feld von Kanzler Kurz in Hinblick obwohl dieser gar nicht mehr IT-Abteilung die Aushändi- auf die Schredder-Affäre herrsch- bei der Bundeskanzlerin Bierlein gung der fünf ausgebauten te, zeigt sich auch am Aufwand, tätig war. Auf Fragen zu Abspra- Festplatten; anschließend der von Seiten Christian Pilnaceks chen bei der Anfragebeantwor- übergab P. in seinem Büro und dem Leiter der Oberstaatsan- tung reagierte der Vorsitzende fünf Festplatten an Arno M; waltschaft Wien, Johann Fuchs, Sobotka derart gereizt, dass sogar anschließend begab sich in dieser Causa betrieben wurde. die parlamentarische Schiedsstel- Arno M. zur Firma Reisswolf Auffällig ist insbesondere, dass le schlussendlich entschied, dass und ließ die Vernichtung eine bereits ausgefertigte Ermitt- er die Frage dazu rechtswidrig vornehmen; währenddessen lungsanordnung der WKStA auf nicht zugelassen habe. ignorierte P. Anfragen der Weisung der Oberstaatsanwalt- IT-Abteilung des BKA und schaft zurückgezogen werden Zum Ende der Beweisaufnahme Warnungen vor der Abwei- musste. Die WKStA hatte das Ver- des Untersuchungsausschusses chung vom Regelverfahren; fahren an die StA Wien abzutre- waren die neuerlichen Ermittlun- schlussendlich retournierte ten. gen der Staatsanwaltschaft Wien Arno M. die geschredderten in der Schredder-Affäre noch Festplatten an P., welcher sie Es war dies nicht die einzige Auf- nicht abgeschlossen. in weiterer Folge an die IT- fälligkeit in diesen Ermittlun- Abteilung zurückgab. Fünf Festplatten unmittelbar vor ihrer Vernichtung. Neben der dokumentierten Ab- weichung vom Regelverfahren bei Ausscheiden aus dem Amt im Vergleich zu den Vorgänger- regierungen – nämlich der priva- ten Vernichtung der Festplatten anstelle der vorgeschriebenen Vernichtung im Wege der IT-Ab- teilung im Zentralen Ausweich- system des Bundes – bestehen außerdem eine Reihe weiterer Auffälligkeiten: So wurde für das Multifunktionsgerät der Ministe- rin Bogner-Strauß (ebenfalls im BKA) sehr wohl das Regelverfah- ren angewandt. Nur diese Fest- platten wurden unter enormem Zeitdruck vernichtet, während anderes technisches Gerät erst

#IbizaUA – 45 ©VfGH/Achim Bieniek ©VfGH/Achim

Kanzler und Finanzminister leg- Aktenlieferungen Kurz ten dem Ibiza-Untersuchungs- ausschuss zunächst eine Vielzahl und Blümel von Akten und Unterlagen vor, deren Vollständigkeit vom Unter- suchungsausschuss jedoch be- zweifelt wurde. So forderte der Die Behinderung der Aufklärungsarbeit durch die ÖVP Untersuchungsausschuss den nahm in diesem Untersuchungsausschuss bislang un- Bundesminister für Finanzen gekannte Ausmaße an und führte zur historisch ersten u.a. am 30. September 2020 so- wie am 11. November 2020 mit- Exekution eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichts- tels ergänzender Beweisanforde- hofes durch den Bundespräsidenten. Die türkise Truppe rung auf, ihm weitere Akten und rund um Kurz und Blümel nahm sogar in Kauf, neben dem Unterlagen vorzulegen. Bundes- Parlament auch den Verfassungsgerichtshof und den Bun- minister Blümel verweigerte in despräsidenten zu brüskieren und offen ihre verfassungs- beiden Fällen die Vorlage. rechtlichen Pflichten in Frage zu stellen. Am 13. Jänner 2021 setzte der Bereits am 22. Jänner 2020 hatte UA1/2020, fasste der Geschäfts- Untersuchungsausschuss Bun- der Nationalrat den Ibiza-Unter- ordnungsausschuss des Natio- desminister Blümel eine zwei- suchungsausschuss eingesetzt. nalrates am 9. März 2020 einen wöchige Frist, um seinen Mit grundsätzlichem Beweis- ergänzenden grundsätzlichen verfassungsgesetzlichen Ver- beschluss vom selben Tag wur- Beweisbeschluss, mit dem der pflichtungen gegenüber dem den Kanzler Kurz und Bundes- Kanzler und der Finanzminister Untersuchungsausschuss nach- minister Blümel aufgefordert, erneut zur Vorlage aller ihrer Ak- zukommen. Auch diese Nachfrist dem Untersuchungsausschuss ten und Unterlagen – nunmehr ließ er verstreichen, ohne weite- alle ihre Akten und Unterlagen im vollen Umfang des Untersu- re Akten und Unterlagen vorzu- im Umfang des Untersuchungs- chungsgegenstandes – verpflich- legen. gegenstandes vorzulegen. Frei- tet wurde. lich hatten davor ÖVP und Grüne Am 11. Februar 2021 stellten SPÖ, mit einem Mehrheitsbeschluss Art. 53 Abs. 3 B-VG lautet: FPÖ und NEOS gemeinsam beim den Untersuchungsgegenstand „Alle Organe des Bundes, der Län- Verfassungsgerichtshof den An- auf wenige Themen zusammen- der, der Gemeinden und der Ge- trag, dass dieser aussprechen gestutzt. Von acht Beweisthemen meindeverbände sowie der sons- möge, dass Bundesminister Blü- wollten sie fünf streichen. SPÖ tigen Selbstverwaltungskörper mel zur Vorlage der vom Untersu- und NEOS haben sich dagegen haben einem Untersuchungsaus- chungsausschuss begehrten Akten beim Verfassungsgerichtshof ge- schuss auf Verlangen im Umfang und Unterlagen verpflichtet ist. wehrt und auf der ganzen Linie des Gegenstandes der Untersu- Recht bekommen. Infolge dieses chung ihre Akten und Unterlagen Am 3. März 2021 entschied der Erkenntnisses des Verfassungs- vorzulegen (…)“ Verfassungsgerichtshof: gerichtshofes vom 3. März 2020,

46 „Der Bundesminister für Finan- Auf Grund der massiven Kritik an den Finanzminister. zen ist verpflichtet, dem Ibiza- seiner Vorgangsweise legte Bun- Untersuchungsausschuss die E- desminister Blümel dem Unter- Bei Kanzler Kurz ergab sich ein Mail-Postfächer sowie lokal oder suchungsausschuss die Akten ähnliches Bild: Auch er muss- serverseitig gespeicherten Dateien und Unterlagen wenige Tage spä- te erst in zwei Fällen vom Ver- der Bediensteten der Abteilung ter nochmals – nunmehr jedoch fassungsgerichtshof verurteilt I/5 E.G., A.M. und G.B. sowie von in niedrigerer Geheimhaltungs- werden, bevor er seinen verfas- Bediensteten des Bundesministe- stufe – vor. Nach Durchsicht der sungsrechtlichen Pflichten nach- riums für Finanzen empfangene gelieferten Akten und Unterla- kam und dem Untersuchungs- E-Mails von T.S., E.H.-S., M.K., gen wandten sich SPÖ, FPÖ und ausschuss die ihm zustehenden B.P. und M.L. aus dem Untersu- NEOS an den Bundespräsidenten Akten und Unterlagen übermit- chungszeitraum vorzulegen.“ und stellten fest, dass die Akten- telte. lieferung weiterhin nicht voll- Der Bundesminister für Finan- ständig war. Der Kanzler wurde zunächst zen kam diesem Erkenntnis des am 24. Juni, 30. September, 21. Verfassungsgerichtshofs nicht Am 23. Juni 2021 gab der Bundes- Oktober, 11. und 25. November nach. präsident bekannt, die Exekution 2020 aufgefordert, weitere Ak- des VfGH-Erkenntnisses nun- ten und Unterlagen vorzulegen. Auf Grund der fortgesetzten Wei- mehr tatsächlich anzuordnen, Nachdem der Kanzler all diesen gerung des Bundesministers für was am folgenden Tag auch ge- Aufforderungen nicht nachkam, Finanzen, dem Untersuchungs- schah. Der Bundespräsident be- wurde er am 17. Februar und 10. ausschuss die ihm zustehenden auftragte das Landesgericht für März 2021 sodann formal vom Akten und Unterlagen vorzule- Strafsachen mit der Sicherstel- Ausschuss (auf Grund von Min- gen, regten SPÖ, FPÖ und NEOS lung der geschuldeten Akten. Be- derheitsverlangen) „gerügt“. Er am 22. März 2021 beim Verfas- reits am 9. Juli 2021 übergab das solle seinen verfassungsrecht- sungsgerichtshof die Exekution Landesgericht für Strafsachen lichen Pflichten binnen zwei des genannten Erkenntnisses als Ergebnis der Sicherstellung Wochen nachkommen, ansons- durch den Bundespräsidenten umfangreiche Aktenbestände. ten würde der Verfassungsge- gemäß Art. 146 Abs. 2 B-VG an. Bereits bei erster Durchsicht ließ richtshof angerufen. Auch diese Am 5. Mai 2021 beantragte der sich feststellen, dass diese deut- Nachfristen ließ der Kanzler ver- Verfassungsgerichtshof beim lich über die bislang dem Unter- streichen, sodass schlussendlich Bundespräsidenten schlussend- suchungsausschuss vorliegen- drei Klagen beim Verfassungsge- lich gemäß Art. 146 Abs. 2 B-VG den Akten hinausgehen. Dieser richtshof eingebracht wurden. die Exekution seines Erkenntnis- Befund bestätigte sich in weite- ses. Dies stellt einen historisch rer Folge: So wurden zB bislang Mit Erkenntnissen vom 10. Mai bislang einzigartigen Fall dar. nicht bekannte Unterlagen zu 2021 verpflichtete der Verfas- Der Bundespräsident fasste es in mehreren Gesetzgebungsprojek- sungsgerichtshof den Bundes- folgende Worte: „Es ist etwas ein- ten, Privatisierungsplänen und kanzler zu weiteren Aktenliefe- getreten, was es in dieser Form Absprachen mit der Novomatic rungen. Eine Klage wurde aus in unserem Land noch nicht ge- im Finanzministerium sicherge- Formalgründen zurückgewiesen. geben hat.“ stellt, die dem Untersuchungs- Erst nach diesen Verurteilungen ausschuss bislang vorenthalten lieferte der Bundeskanzler die Als Reaktion auf diesen Antrag wurden. geforderten Akten. Darunter legte der Bundesminister für befanden sich eine Vielzahl an Finanzen dem Untersuchungs- Eine stichprobenartige Auswer- Unterlagen, die den intensiven ausschuss weitere Akten und tung von 125 Dokumenten aus Kontakt des Kanzlers mit seinen Unterlagen vor. Diese waren im der Lieferung des Landesgerichts Spendern belegen. Finanzministerium bereits in bestätigte diesen Eindruck: Von Kartons bereitgehalten worden den zufällig ausgewählten Unter- Im Ergebnis hatte die Strategie und pauschal als „geheim“ einge- lagen waren lediglich 49 Prozent von Kurz und Blümel zur Folge, stuft. Aus der Befragung der Aus- bereits im Aktenbestand des Un- dass wesentliche Aktenteile aus kunftsperson Heidrun Zanetta tersuchungsausschusses vorhan- zwei Schlüsselministerien der gab in der 49. Sitzung des Unter- den. Somit waren mehr als die Republik erst in der Schlusspha- suchungausschusses zur Frage Hälfte der Dokumente erst durch se des Untersuchungsausschus- der pauschalen Einstufung an: die Exekution an den Untersu- ses verfügbar waren und es nicht „Im Kabinett wurde die Entschei- chungsausschuss gelangt. Selbst mehr möglich war, diese den Be- dung getroffen.“ Das Kabinett unter Berücksichtigung der sta- fragungen von Auskunftsperso- kann freilich keine Weisung er- tistischen Schwankungsbreite nen zu Grunde zu legen. teilen. Die Weisung muss Blümel von rund 10 Prozent bedeutet zugerechnet werden. dies ein enormes Ausmaß an vor- enthaltenen Dokumenten durch

#IbizaUA – 47 Empfehlungen für Maßnahmen

Bereits im Juli 2019 und als unmittelbare Reaktion auf die Inhalte des Ibiza- Videos beschloss der Gesetzgeber eine Reihe von Verschärfungen. So wurde insbesondere im Parteiengesetz eine deutliche Senkung der zulässigen Spen- denbeträge vorgenommen, Obergrenzen für die Stückelung von Spenden eingeführt, bei den Berichts- und Veröffentlichungspflichten nachgeschärft sowie auch nahestehende Organisationen umfassend in den Anwendungsbe- reich des Parteiengesetzes eingebunden.

Eine Reihe von Maßnahmen wie Änderun- 1.2. Einführung eines Kontaktregisters für gen am Korruptionsstrafrecht oder die Ab- Regierungsmitglieder schaffung des Amtsgeheimnisses wurden Die Staatengruppe des Europarates gegen von der türkis-grünen Regierung zwar in Korruption (GRECO) hat Österreich u.a. Aussicht gestellt, bislang aber dem National- empfohlen, Kontakte von PolitikerInnen ge- rat nicht zur Beschlussfassung vorgelegt. nauer zu dokumentieren. Solche Kontaktre- gister sind in vielen Staaten und internatio- Auf Grund der Ergebnisse der Beweiserhe- nalen Organisationen bereits üblich, da sie bungen des Ibiza-Untersuchungsausschus- die Anzahl der Treffen von Regierungspoli- ses sollten folgende weitere Maßnahmen tikerInnen mit LobbyistInnen und Unter- gesetzt werden, um die Abhängigkeit der nehmensvertreterInnen öffentlich machen Politik von kapitalstarken SpenderInnen zu und somit zu einer größeren Verantwort- durchbrechen, die entsprechenden Kont- lichkeit führen. Gerade die Veröffentlichung rollmechanismen zu stärken und gleichzei- der intensiven Treffen von Minister Blümel tig die Unabhängigkeit des Parteiensystems mit Novomatic-CEO Neumann, die Treffen zu wahren: von Kanzler Kurz mit Miteigentümern der Casinos oder dessen Essen mit Großspen- 1. Transparenz derInnen hätten einen wichtigen Beitrag für die Öffentlichkeit leisten können, frühzeitig 1.1. Abschaffung des verfassungsrecht- zwischen Realität und PR-Fassade zu lichen Amtsgeheimnisses (Informations- unterscheiden. freiheit) Verstärkte Transparenz hat sowohl einen 1.3. Modernisierung des Archivgesetzes präventiven als auch einen kontrollieren- Die Vorschriften des Archivgesetzes ent- den Effekt bei möglicher Korruption. Diese sprechen nicht mehr den modernen techni- wird dadurch nicht nur unwahrscheinlicher schen Gegebenheiten. Wie die Verwendung gemacht, da das Risiko, entdeckt zu wer- eines auf die ÖVP angemeldeten Privathan- den, steigt. Auch das tatsächliche Feststel- dys durch Kanzler Kurz belegt, lassen sich len von Missständen wird dadurch deutlich ohne Nachschärfungen die Vorschriften des vereinfacht. Gerade bei der von der ÖVP Bundesarchivgesetzes allzu leicht umge- aufgebauten konzentrierten Machtstruk- hen. Abgesehen vom inakzeptablen Sicher- tur ist eine solche Transparenz notwendig, heitsrisiko, das die Nutzung eines privaten da die Missstände hier strukturelle Aus- Handys durch ein Regierungsmitglied ver- maße annehmen, die im Gegensatz zu den ursacht, entziehen Organe der Republik sich von Heinz-Christian Strache beschriebenen auf diese Art vor ihren Verpflichtungen und Handlungen nicht in direktem, sondern nur erschweren die nachprüfende Kontrolle. indirektem Zusammenhang stehen und da- her schwerer zu erkennen sind.

48 1.4. Korruptionsprävention bei Auftrags- 3. Verwaltungsorganisation vergaben stärken Im Untersuchungsausschuss wurden zahl- 3.1. Reform der Justizbehörden reiche Mechanismen vorgefunden, wie v.a. Die hierarchische Struktur der Justizbehör- ÖVP-geführte Ministerien die Auftragsverga- den hat sich im Untersuchungsausschuss be zu Gunsten von befreundeten Dienstleis- als behäbig, ineffizient und anfällig für tern beeinflusst haben. Dazu zählen neben Interventionen erwiesen. Gerade die „Dis- der Ausschreibung von Rahmenverträgen, ziplinierung“ der WKStA durch die Ober- der Durchleitung von Aufträgen über das staatsanwaltschaft Wien bedarf einer unmit- Bundesrechenzentrum und der gesteuerten telbaren Lösung, etwa durch Herauslösung Besetzung von Auswahlkommissionen ins- der WKStA aus der Aufsicht der Oberstaats- besondere auch die „verdeckte“ Vergabe mit anwaltschaft und direkte Beaufsichtigung Hilfe von Subauftragnehmern. Diese Lücken durch das BMJ. In weiterer Folge sollte der sollten durch entsprechende Änderungen Behördenaufbau der Staatsanwaltschaft ge- an den vergaberechtlichen Rahmenbedin- nerell evaluiert und reformiert werden. Da- gungen geschlossen werden. für werden auch Anpassungen in der Straf- prozessordnung notwendig sein. 2. Personalpolitik 3.1. Stärkung der Antikorruptions- 2.1. Compliance-Regelungen stärken und behörden Kumulierungsverbote erweitern Die WKStA sollte weiter in ihrer Unabhän- Die Vereinigung verschiedenster Funktio- gigkeit und Personalausstattung gestärkt nen in staatsnahen Unternehmen auf Ein- werden. Gleichzeitig sollte durch orga- zelpersonen sollte weiter begrenzt werden, nisatorische Vorkehrungen wie etwa die insbesondere wenn es zu Interessenskon- räumliche Anbindung des Bundesamts für flikten kommen könnte. Ähnliche Bestim- Korruptionsbekämpfung und Korruptions- mungen existieren bereits für andere öffent- prävention (BAK) die Zusammenarbeit die- liche Organträger, jedoch ungenügend für ser Ermittlungsorgane verbessert werden. leitende Bedienstete der Bundesministeri- Das gesetzliche Ermittlungsprivileg des BAK en. Ebenso sollten für Kabinettsmitarbeiter- sollte gestärkt werden, um die Ad-hoc-Grün- Innen und leitende Bedienstete der Ressorts dung von Sonderkommissionen und die da- sowie Organe ausgegliederter Gesellschaf- mit einhergehende Möglichkeit zur Beein- ten die Compliance-Vorschriften verschärft flussung von deren Zusammensetzung von werden. vornherein zu verhindern.

2.2. Abschaffung der Generalsekretäre 3.2. Nachschärfen der Befangenheits- Die Generalsekretäre haben sich unter Tür- regeln in Ermittlungsorganen kis-Blau zu Schattenministern entwickelt, Die Regeln der Anscheinsbefangenheit soll- die einen erheblichen Einfluss auf die Re- ten auf ermittelnde PolizeibeamtInnen aus- gierungspolitik haben, jedoch nicht demo- geweitet werden und einer unabhängigen kratisch verantwortlich sind. Kontrolle unterstehen.

2.3. Ausweitung der Cooling-off-Phasen 3.3. Ministeranklage als Drittelkompetenz Der direkte Übertritt von der Bundesverwal- Die Ministeranklage beim Verfassungsge- tung in privatwirtschaftliche Unternehmen richtshof sollte wie Gesetzesprüfungsanträ- und insbesondere solche mit Staatsbetei- ge einem Drittel der Abgeordneten des Na- ligung sollte durch entsprechende Über- tionalrats zustehen, um eine rechtliche statt gangsfristen erschwert werden. nur politische Kontrolle der Regierungsar- beit zu ermöglichen.

3.4. Stärkung parlamentarischer Kontroll- kompetenzen Die Kontrollrechte des Nationalrats gegen- über ausgegliederten Gesellschaften wie der ÖBAG sind unzureichend, da der informelle Einfluss des jeweiligen Bundesministers/der jeweiligen Bundesministerin den formellen

#IbizaUA – 49 Einfluss deutlich übersteigt. Effektive- par 5. Untersuchungsausschuss- lamentarische Kontrolle muss sich daher verfahren auch auf ausgegliederte Gesellschaften -er strecken. Ebenso müssen die verfassungs- 5.1. Aktenvorlage durch Private rechtlichen Ermächtigungen zu budgetären Nach deutschem Vorbild soll es Untersu- Umschichtungen einer stärkeren parlamen- chungsausschüssen ermöglicht werden, tarischen Kontrolle unterliegen. auch von privaten Rechtsträgern wie ins- besondere ausgegliederten Unternehmen 4. Strafrecht wie der ÖBAG Akten und Unterlagen anzu- fordern. 4.1. Unabhängiger Bundesstaatsanwalt/ Unabhängige Bundesstaatsanwältin 5.2. Klarstellung im InfOG betreffend Klas- Die Weisungsspitze für bedeutsame Straf- sifizierungsstufen taten sollte von dem/der BundesministerIn Die Klassifizierungsstufen des InfOG - wer auf eine neu zu schaffende unabhängige den in der Praxis weitgehend willkürlich Stelle übergehen. angewandt. Daher sollte klargestellt wer- den, dass eine Hochstufung von Akten und 4.2. Strafbarkeit der „Vorsorge“-Korrup- Unterlagen anlässlich der Vorlage an Unter- tion suchungsausschüsse verboten ist. Die Ibiza-Ermittlungen haben Lücken im Strafrecht aufgezeigt. So ist das Annehmen 5.3. Aufhebung der „einmaligen Unterstüt- von Bestechungsgeldern etwa solange nicht zung“ bei Einsetzung von Untersuchungs- strafbar, so lange die bestochene Person ausschüssen noch kein Amt innehat oder die Gegenleis- Nach deutschem Vorbild soll die Einsetzung tung erst vage ist. Diese Lücken sollen ge- von Untersuchungsausschüssen durch ein schlossen werden. Viertel der Abgeordneten nicht beschränkt sein. 4.3. Strafbarkeit der Beweismittelunter- drückung gegenüber Untersuchungsaus- 5.1. Liveübertragung von Befragungen schüssen Bestimmte Befragungen im Untersuchungs- Neben der möglichen Strafbarkeit als Amts- ausschuss, jedenfalls die von aktiven Regie- missbrauch soll die vorsätzliche Unterdrü- rungsmitgliedern, sollen live übertragen ckung von Akten und Unterlagen gegenüber werden. Untersuchungsausschüssen als eigenständi- ges Delikt strafbar sein.

50 Quellen

1 195/KOMM XXVII. GP, Befra- vom 29.3.2021 https://kon- text/antworten/article/72481. gung Reinhold Mitterlehner, trast.at/thomas-schmid-se- html 5. bastian-kurz-oebag/ 32 „Österreich“, 30. Mai 2021 2 Ebenda, 6. 18 „Die Presse“-Artikel vom 19.7.2020 „Thomas Schmids 33 Dringliche Anfrage 6611/J, 3 Ebenda, 6. Selbstempfehlung“; XXVII. GP 77/KOMM XXVII. GP, Befra- 4 „Profil“- Artikel vom 9.6.2021, gung Hartwig Löger, 27f, 197/ 34 „Profil“-Artikel vom 29.3.2021 https://www.profil.at/wirt- KOMM XXVII. GP, Befragung „Kanzler Kurz gegen die Kir- schaft/bisher-unveroeffent- Bernhard Perner, 32f., che: ‚Bitte Vollgas geben‘“ lichte-chats-kurz-kann-jetzt- 201/KOMM XXVII. GP, Befra- geld-scheissen/401407647; gung Melanie Laure 21., 237/ 35 Erläutert in „orf.at“-Artikel erläutert in: 268/KOMM KOMM XXVII: GP, Befragung (30. März 2021), https://reli- XXVII. GP, Befragung Gernot Helmut Kern, 17f. gion.orf.at/stories/3205649/ Blümel, 23. 19 Dringliche Anfrage 6179/J 36 75/KOMM XXVII. GP, Befra- 5 195/KOMM XXVII. GP, Befra- XXVII. GP, 11. gung Wolfgang Sobotka, 8. gung Reinhold Mitterlehner, 7. 20 Ebenda, 6f. 37 46/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Harald Neumann, 28. 6 Ebenda, 7. 21 Erläutert in „kontrast.at“ vom 29.3.2021 https://kon- 38 75/KOMM XXVII. GP, Befra- 7 Ebenda, 16 trast.at/thomas-schmid-se- gung Wolfgang Sobotka, 5. bastian-kurz-oebag/ 8 Ebenda, 16 39 Ebenda, 64. 22 50/KOMM XXVII. GP, Befra- 9 Ebenda, 6. gung Sebastian Kurz, 16. 40 87/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Bernd Oswald, 60. 10 Ebenda, 6. 23 50/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Sebastian Kurz, 15. 41 87/KOMM XXVII. GP, Befra- 11 Ebenda, 17. gung Bernd Oswald, 24. 24 AZ 17 St 5/19d, ON 1420, 25. 12 „Profil“-Artikel vom 2.4.2021 42 76/KOMM XXVII. GP, Befra- „Kurznachrichten“ (Printaus- 25 AZ 17 St 5/19d, ON 1420, 26. gung Bernhard Krumpel, 41. gabe 14/2021) 26 AZ 17 St 5/19d, ON 1420, 34. 43 75/KOMM XXVII. GP, Befra- 13 „kontrast.at“-Artikel vom gung Wolfgang Sobotka, 8f. 29.3.2021 https://kontrast.at/ 27 AZ 17 St 5/19d, ON 1420, 35. thomas-schmid-sebastian- 44 Ebenda, 8. kurz-oebag/ 28 AZ 17 St 5/19d, ON 1420, 35. 45 162/KOMM XXVII. GP, Befra- 14 Dringliche Anfrage 6179/J 29 Erläutert in „Profil“-Artikel gung Ramin Mirfakhrai, 18. vom 9.4.2021 (XXVII. GP) vom 2.4.2021 „Kurznachrich- ten“ (Printausgabe 14/2021) 46 Ebenda, 18. 15 „profil“-Artikel vom 2.4.2021 „Kurznachrichten“ (Printaus- 30 „kontrast.at“ vom 1.6.2021, 47 Ebenda, 19. gabe 14/2021) https://kontrast.at/thomas- schmid-poebel-chats/ 48 Ebenda, 18. 16 247/KOMM XXVII. GP, 20. 31 https://www.erzdioezese- 49 Ebenda, 19. 17 Erläutert in „kontrast.at“ wien.at/pages/inst/14428675/

#IbizaUA – 51 50 Ebenda, 19. 66 54/KOMM XXVII. GP, Befra- 84 174/KOMM XXVII. GP, Be- gung Hubert Fuchs, 5. fragung Daniel Varro, 13. 51 Ebenda, 34. 67 46/KOMM XXVII. GP, Befra- 85 70/KOMM XXVII. GP, Befra- 52 Ebenda, 36. gung Harald Neumann, 19. gung Peter Sidlo, 58.

53 73/KOMM XXVII. GP, Maria 68 Ebenda, 22. 86 Ebenda, 27. Luise Nittel, 24. 69 122/KOMM XXVII. GP, Be- 87 121/KOMM XXVII. GP, Befra- 54 Erörtert in: 105/KOMM fragung Alexander Merwald, gung Wolfgang Leitner, 12. XXVII. GP, Befragung Walter 49. Grubmüller, 57. 88 200/KOMM XXVII. GP, Befra- 70 Ebenda, 24. gung Gernot Blümel, 51. 55 Ebenda, 9. 71 53/KOMM XXVII. GP, Befra- 89 https://www.kleinezeitung. 56 https://www.derstandard.at/ gung Walter Rothensteiner, at/wirtschaft/5484478/Natio- story/2000128094060/oevp- 11. nalbankBesetzung_Mitter- generalsekretaer-erbat-laut- lehner-spricht-von-eigenarti- manager-konkrete-spenden- 72 41/KOMM XXVII. GP, Befra- ger summe gung Florian Klenk, 25. 90 195/KOMM XXVII. GP, Befra- 57 110/KOMM XXVII. GP, Befra- 73 Ebenda, 25. gung Reinhold Mitterlehner, gung Julian Hadschieff, 65. 36. 74 86/KOMM XXVII. GP, Befra- 58 „Der Standard“-Artikel vom gung Peter Barthold, 22. 91 https://www.kleinezeitung.at/ 2.2.2021 „‘Zu Spendenleis- politik/innenpolitik/5565172/ 75 41/KOMM XXVII. GP, Befra- tung an ÖVP ermutigt‘: Neue Ueber-FPOeKandidaten_Ek- gung Florian Klenk, 25. Ermittlungen gegen Ex-Fi- latant-ungeeignet_Raidl- nanzminister Löger“ 76 w 46/KOMM XXVII. GP, Befra- warnt-vor gung Harald Neumann, 27. 59 110/KOMM XXVII. GP, Befra- 92 https://www.nzz.ch/wirt- gung Julian Hadschieff, 62. 77 163/KOMM XXVII. GP, Be- schaft/neue-spitze-fuer- fragung Christina Jilek, 54. die-notenbank-oesterreich- 60 50/KOMM XXVII. GP, Befra- wird-alte-unsitten-nicht-los- gung Sebastian Kurz, 57 78 44/KOMM XXVII. GP., Befra- ld.1455821?reduced=true gung Karl Nehammer, 24. 61 175/KOMM XXVII. GP, Be- 93 50/KOMM XXVII. GP, Befra- fragung Lisa Wieser, 37. 79 245/KOMM XXVII. GP, Be- gung Sebastian Kurz, 31. fragung Erich Leopold, 40. 62 87/KOMM XXVII. GP, Befra- 94 113/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Bernd Oswald, 55. 80 Ebenda, 40. gung Andreas Brandstetter, 63 86/KOMM XXVII. GP, Befra- 34. 81 Ebenda, 40. gung Peter Barthold, 55. 95 50/KOMM XXVII. GP, Befra- 82 245/KOMM XXVII. GP, Be- 64 Ebenda, 55. gung Sebastian Kurz, 81. fragung Erich Leopold, 18.

65 87/KOMM XXVII. GP, Befra- 96 Ebenda, 81. 83 270/KOMM XXVII. GP, Be- gung Bernd Oswald, 55f. fragung Alma Zadić, 36. 97 248/KOMM XXVII. GP, Be- fragung Andreas Treichl, 32. gung Klaus Ortner, 19. 134 Ebenda, 4f.

98 248/KOMM XXVII. GP, Befra- 115 80/KOMM XXVII. GP, Befra- 135 https://zackzack. gung Andreas Treichl, 35. gung Elisabeth Gruber, 28ff. at/2021/06/08/intrige-im-jus- tizministerium-so-wollte-pil- 99 203/KOMM XXVII. GP, Befra- 116 77/KOMM XXVII. GP, Befra- nacek-an-die-mails-der-wksta- gung Thomas Steiner, 17f. gung Hartwig Löger, 52f. kommen/

100 197/KOMM XXVII. GP, Befra- 117 79/KOMM XXVII. GP, Befra- 136 169/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Bernhard Perner, 18. gung Rainer Seele, 6. gung Niko R., 7

101 199/KOMM XXVII. GP, Befra- 118 Ebenda, 38. gung Herbert Kickl, 19. 119 Ebenda, 52. 102 248/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Andreas Treichl, 6. 120 Ebenda, 38.

103 197/KOMM XXVII. GP, Befra- 121 81/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Bernhard Perner, 25. gung Balázs Szabó, 68.

104 203/KOMM XXVII. GP, Befra- 122 120/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Thomas Steiner, 33f. gung Susanne Höllinger, 46.

105 „ZiB2“-Interview Sebastian 123 Ebenda, 47. Kurz, 17.7.2020 124 Ebenda, 47. 106 81/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Balázs Szabó, 21. 125 79/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Rainer Seele, 53f. 107 Ebenda, 21. 126 Dok Nr. 180903, 58. 108 Ebenda, 27. 127 Geschäftsbericht OMV, 109 „Profil“-Artikel vom 19.6.2020 https://reports.omv.com/de/ „Das türkise Finanzministe- geschaeftsbericht/2019/gover- rium und sein ‚Projekt Edel- nance/aufsichtsrat.html stein‘“ 128 110 Ebenda, 37. 129 Ebenda266/KOMM XXVII. GP, 111 ARE Geschäftsbericht 2019 Befragung Josef Moser, 4 https://www.are.at/fileadmin/ user_upload/03_Unterneh- , 4. men/Facts-Figures/ARE_ GB_2019_web.pdf 130 https://www.profil.at/wirt- schaft/neue-pilnacek-chats- 112 Bericht des Rechnungsho- vorpreschen-der-wksta-ver- fes: ARE, Rechnungshof GZ hindern/401431324 004.562/008-PR3/19, https:// www.rechnungshof.gv.at/rh/ 131 https://www.profil.at/wirt- home/home/ARE_Austrian_ schaft/neue-pilnacek-chats- Real_Estate_GmbH.pdf vorpreschen-der-wksta-ver- hindern/401431324 113 „Der Standard“-Artikel vom 13.Juli 2020, https:// 132 https://www.profil.at/oester- www.derstandard.at/sto- reich/die-ibiza-vertuschung- ry/2000118686184/tuerkise-ge- justizministerium-unter-ver- heimplaene-zu-immobilien- dacht/401155287 privatisierung-erzuernt-fpoe 133 204/KOMM XXVII. GP, Befra- 114 114/KOMM XXVII. GP, Befra- gung Bernd Schneider, 47

#IbizaUA – 53 Foto: Parlamentsdirektion/Jantzen

Das Team der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion im #IbizaUA: Soma Ahmad, Alina Bachmayr-Heyda, Julian Bartsch, Christopher Berka, Josef Broukal, Sara Costa, Daniel Djordjevic, Katharina Embacher, Walter Fleissner, Heidrun Gassner, Helmut Glaser, Eva Maria Holzleitner, Žarko Janković, Jasmin Jöchle, Luca Kaiser, Anne-Marie Kalin, Andreas Kollross, Kai Jan Krainer, Katharina Krischke, Katharina Kucharowits, Christoph Matznetter, Katrin Nesensohn, Peter Pertl, Sandra Pühringer, Angelina Sax, Ute Schellner, Florian Steininger, Werner Wagenhofer, Nurten Yilmaz, Jakob Zerbes und Daniel Zindanci.