Ausg. Nr. 139 • 29. Jänner 2015 Unparteiisches, unabhängiges Monats- magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf-Formaten http://www.oesterreichjournal.at 20 Jahre EU-Beitritt

Am ersten Jänner 2015 jährte sich der EU-Beitritt Österreichs zum zwanzigsten Mal. Spezial-Eurobarometer zeigt: ÖsterreicherInnen bewerten EU-Mitgliedschaft positiv und wollen mehr Zusammenarbeit. Foto: Aus der ORF-Dokumentation »Menschen & Mächte. Der lange Weg nach Europa.« / metafilm

EU-Gipfel Korfu am 24. und 25. Juni 1994: Bundeskanzler Franz Vranitzky (Mitte) und Außenminister (r.) unterschreiben den EU-Beitrittsvertrag; links im Bild: Botschafter Manfred Scheich, Leiter der Verhandlungsdelegation.

n den 1980er Jahren ist in Österreich die ÖsterreicherInnen votierte im Juni 1994 in zweiten Mal nach 1972 ab und traten der EU IDiskussion über einen EG-Beitritt zum einer Volksabstimmung für die EU-Mit- nicht bei. zentralen politischen Thema geworden. gliedschaft. Von der österreichischen Öffentlichkeit Davor herrschte jahrzehntelang unter Politi- Die Verhandlungen über den EU-Beitritt und den PolitikerInnen der amtierenden kerInnen und RechtsexpertInnen ein Kon- wurden ab 1993 geführt, 1994 abgeschlos- SPÖ/ÖVP-Koalition wurde – trotz unter- sens, daß eine EG-Mitgliedschaft aus außen- sen und mit Beginn des Jahres 1995 rechts- schiedlicher Auffassungen im Zuge der politischen und neutralitätsrechtlichen Grün- gültig. Der Kreis der bis dato 12 EU-Staaten Beitrittsverhandlungen – der EU-Beitritt als den unmöglich sei. wurde auf 15 Mitgliedsländer erweitert. Wei- wichtigstes politisches Ereignis seit dem Mit dem Beitritt zur Europäischen Union tere Beitrittskandidaten waren Schweden, österreichischen Staatsvertrag bewertet. am 1. Jänner 1995 wurde das für unmöglich Finnland und Norwegen. Die NorwegerIn- Aber nicht alle stimmten in den Chor der Gehaltene möglich. Eine klare Mehrheit der nen lehnten jedoch einen EU-Beitritt zum EU-BefürworterInnen mit ein… Seite 3 ¾

Sie sehen hier die Variante US-Letter mit 72 dpi und geringer Qualität von Bildern und Grafiken ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, mit großer Freude sehen wir auf unsere Internet-Statistik 2015, die bestätigt: Wir sind angetreten, Sie, also AuslandsösterreicherInnen und an Österreich Interessierte im Ausland, über das Geschehen in Österreich zu informieren. Und die Zahlen zeigen: Rund 40 Prozent von Ihnen besuchen uns regelmäßig aus den USA, gefolgt Deutsch- land, Frankreich, Österreich (~15 Prozent) und der Schweiz. Der »Rest« kommt aus rund weiteren 95 Ländern… Danke dafür! Michael Mössmer Internationalen Holocaust-Gedenktag S 17

Der Inhalt der Ausgabe 139

Wie die Jungen Europa sehen 8 Frauenbeschäftigung und Steiermark feiert 20 Jahre Gleichstellung 2015 im Fokus 52 EU-Beitritt mit Festakt 9 Altbischof Iby: Ein Fest zum 80er 53 20 Jahre Wien … in der EU 10 7 Mio € für Burg Forchtenstein 54 Chronik der europäischen Einigung ------und des österr. EU-Beitritts 12 Aus Südtirol 56 Malmström wirbt für TTIP 14 EU-Investitionsoffensive 57 NÖ führt Vorsitz in LH-Konferenz… S 42 Zukunft kann nur entstehen, wo Mittelfristige Prognose der man aus Vergangenheit lernt 17 Weltwirtschaft bis 2019 58 SOS-Kinderdorf: Soforthilfe Österreichs Wirtschaft startet für 4500 Familien 19 verhalten ins neue Jahr 59 »Haus der Musik« Mexiko eröffnet 22 OeNB-Konjunkturindikator 01/2015 60 Päpstlicher Gregoriusorden für Immobilienverkäufe in Österreich Landtagspräsident Penz 25 2014 auf Rekordniveau 61 Mailath ehrt Ari Rath Urlaub ist und bleibt für Herrn mit Goldenem Ehrenzeichen 26 und Frau Österreicher wichtig 63 Österreich ist beste Flughafen Wien 2014: Urlaubsdestination in Europa 26 Passagierrekord von 22,5 Millionen 63 Himmelsobjekte in Nachbargalaxie S 72 Zum Jahresbeginn 2015 Mit Kinderbetreuung zufrieden 64 Neujahrsansprache von 20. Wiener Eistraum 67 Bundespräsident Heinz Fischer 28 Transatlantische Weinverbindung 68 Silvesteransprache von Kammerschauspielerin R. Fritsch 70 Kardinal Christoph Schönborn 29 Extreme Himmelsobjekte in Neujahrsansprache von Nachbargalaxie entdeckt 72 Bischof Bünker 30 Laserpuls wird ganz von ----- selbst kürzer und intensiver 73 Direkte Demokratie braucht Aufschluß zur Entstehung BürgerInnen und PolitikerInnen 31 chemischer Elemente 74 Pensionsantrittsalter 2014 38 Verbesserte Schnittstelle Degas, Cézanne, Seurat S 80 Interview mit Bundeskanzler für Quanten-Internet 76 Werner Faymann 40 Supermikroskop ermöglicht Einblick Justiz: Erfolgreiche Sachpolitik 41 in Energiehaushalt der Zelle 77 Niederösterreich führt Vorsitz Das Gehirn denkt, das in LH-Konferenz und Bundesrat 42 Rückenmark lenkt 78 OÖ startet BürgerInnenbegutachtung 43 Gründungsakt des Kepler »Burgenland Journal« Universitätsklinikums in Linz 79 Grundsatzerklärung 2015 44 Degas, Cézanne, Seurat bis 3. Mai 2015 in der Albertina 80 Telekommunikationsunternehmen investieren bis zu 31 Mio. € 45 MAK zeigt EOOS-Werkschau 84 Interesse an politischen und gesell- Das Fenster zur Welt Urlaub am Bauernhof in Tirol S 99 schaftlichen Prozessen steigern 46 Fernsehen in der Karikatur 87 Burgenländische Wohnbauförderung 150 Jahre Universität Wien 91 weiter optimiert 47 Die Zauberflöte. Eine Oper Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- mit zwei Gesichtern 93 Führend bei »Innovativer Energie« 48 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Beste Wohnbauförderung - Int. Akkordeonfestival 2015 94 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- niedrigste Mieten 49 Österreichischer Filmpreis 96 torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- LH Niessl kündigt Lehrlingsstiftung »Österreicher in Hollywood« – chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos: Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/M. Wache; im Bereich Tourismus 50 Serie von Rudolf Ulrich. Diesmal: NLK/E. Reinberger; H.E.S.S. Collaboration; Musée Lebenswelten der älteren Ilse Lahn-Weitzenkorn 98 d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Martine Generation 51 Urlaub am Bauernhof in Tirol 99 Beek-Coppola; Tirol Werbung/ Laurin Moser

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 3 Österreich, Europa und die Welt

¾ … die FPÖ versuchte die Gegenstim- die EU. Dies sind die zentralen Erkenntnisse men der Volksabstimmung auf ihr Konto zu eines Spezial-Eurobarometers zu 20 Jahren verbuchen. Die anti-europäische Stimmungs- EU-Mitgliedschaft Österreichs, Finnlands mache, die gegen den Bürokratismus der und Schwedens (Flash Eurobarometer 407), „Brüsseler Spitzen“, gegen Butterberge und das am 15. Jänner im Haus der EU in Wien gegen den vermeintlichen Identitätsverlust vorgestellt wurde. Österreichs zu Felde zog, versuchte den ös- „Die Ergebnisse zeigen deutlich, daß die terreichischen Provinzialismus für sich zu Österreicherinnen und Österreicher die EU nutzen. Ohne kurzfristigen Erfolg zwar, aber deutlich positiver wahrnehmen, als dies oft- die tief sitzenden Reflexe bei Teilen der Be- mals dargestellt wird. Wir nehmen die Er- völkerung gegen alles, was aus dem „Aus- kenntnisse aus dieser Umfrage zum An- land“, auch aus der EU, kommt, wurden sporn, um die Österreicherinnen und Öster- erneut aktiviert. reicher noch intensiver zur Diskussion über Auch die Grünen, die unmittelbar nach die Errungenschaften der letzten 20 Jahre, der erfolgreichen Volksabstimmung ihre aber auch die Herausforderungen und Chan- Meinung zur EU-Mitgliedschaft Österreichs cen der nächsten 20 Jahre aufzufordern. Ins- änderten, und andere Gruppen links der poli- gesamt zeigt die positive Grundstimmung, tischen Mitte sprachen sich gegen eine Teil- Foto: Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich/APA-Fotoservice daß die EU für Österreich nach 20 Jahren nahme an der Europäischen Union aus. Als Johann Sollgruber, Vertreter der EU- einen Mehrwert gebracht hat, der auch mit Kommission in Österreich Gründe dafür nannten sie, daß die Union ganz konkreten Errungenschaften im Ge- lediglich auf die Schaffung eines Wirt- Nach 20 Jahren EU: Österreicher dächtnis der Menschen verankert ist“, sagte schaftsmarktes ausgerichtet und ihre demo- bewerten EU-Mitgliedschaft positiv Johann Sollgruber, Vertreter der EU-Kommis- kratiepolitische Weiterentwicklung nicht Die ÖsterreicherInnen stehen der EU 20 sion in Österreich, bei der Präsentation der deutlich sei bzw. daß sie sich durch eine ge- Jahre nach dem Beitritt mehrheitlich positiv Ergebnisse, bei der auch Vertreter der finni- meinsame, restriktive Asyl- und Migra- gegenüber. Mehr als die Hälfte geben an, schen und schwedischen Botschaft sowie tionspolitik gegenüber den armen Teilen der positive Gefühle gegenüber der EU zu ha- des Bundesministeriums für Europa, Integra- Welt abschotte. ben, wobei das insbesondere bei jungen und tion und Äußeres (BMEIA) für Fragen zur Nach dem EU-Beitritt 1995 hat sich für älteren Menschen besonders ausgeprägt ist Verfügung standen. Österreich viel geändert. Das Land nimmt an (15-24jährige: 71 %, über 55jährige 61 %). der Wirtschafts- und Währungsunion teil, 87 % fühlen sich als Europäer. Zentrale Er- Spürbare Errungenschaften: Mobilität, der Schilling wurde vom Euro abgelöst. Öster- rungenschaften der EU wie Mobilität, die Warenangebot und Infrastruktur reich übernimmt Funktionen in der Euro- Stärkung der Rolle des Landes oder der Aus- Im Detail wird deutlich, daß die Österrei- päischen Union und beteiligt sich an der Dis- bau der Infrastruktur werden als konkrete cherinnen und Österreicher vor allem kon- kussion über eine Reform der EU und ihrer positive Auswirkungen der EU-Mitglied- kret spürbare Errungenschaften der EU wie Institutionen. Durch die EU-Erweiterung schaft gesehen. 49 % aller Befragten spre- die Mobilität von StudentInnen und Arbeit- 2004 sind u.a. seine Nachbarn Ungarn, die chen sich für eine stärkere Zusammenarbeit, nehmerInnen (insgesamt positiv 69 %), die Tschechische Republik, Slowenien und die wohingegen 18 % für weniger Zusammen- Auswahl von Konsumgütern (72 %), die Slowakei zu Mitgliedern der Europäischen arbeit plädieren. Insgesamt sehen 54 % der Infrastruktur (67%), aber auch die Stärkung Union geworden. ÖsterreicherInnen eine positive Zukunft für der Rolle Österreichs in der Welt (65 %) als

Bitte geben Sie für jeden der folgenden Bereiche an, ob sich die Mitgliedschaft in der EU positiv oder negativ auf Öster- reich ausgewirkt hat:

Die Mobilität von Studenten und Arbeitnehmern 19% 53% 21% 6%

Die Auswahl an Konsumgütern 24% 45% 23% 7%

Die Rolle Österreichs in der Welt 10% 57% 27% 6%

Die Infrastruktur Österreichs (Straßen, 12% 53% 28% 7% Brücken, Kommunikatinsnetze.…)

Die Umwelt 9% 37% 37% 17%

Die Sicherheit und der Schutz von Bürgern 5% 41% 42% 12%

Die wirtschaftliche Situation 9% 34% 33% 23%

Sie Sozialfürsorge 7% 34% 45% 14%

Sehr positiv Ziemlich positiv Etwas negativ Sehr negativ Quelle: Flash Eurobarometer 407

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 4 Österreich, Europa und die Welt positive Errungenschaften der EU-Mitglied- schaft nennen. Gefragt nach zwei Assoziationen zu „Eu- ropa“ nennen die Befragten vor allem „EU“ und den „Euro“, gefolgt von „offene Gren- zen“ und „Frieden“. Deutlich seltener wird „Europa“ mit negativen Assoziationen wie „Korruption“, „Regulierung“, „Bürokratie“ oder „teuer“ verbunden. Die Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 sind nur 29 % der Befragten in Erinnerung, wohingegen sich 91 % sich im Zusammenhang mit 20 Jahren EU-Mitgliedschaft an die „Euro-Ein- führung“ erinnern.

Österreicher im Vergleich mit Finnland und Schweden integrationsfreundlicher Im Vergleich zu den Befragten in Finn- land und Schweden befürworten mehr © European Union, 2015 ÖsterreicherInnen eine engere Zusammen- Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und arbeit zwischen den Mitgliedsstaaten der EU Erweiterungsverhandlungen (49 %; Finnland: 36 %, Schweden 27 %). der vierte Arbeitsplatz in Österreich vom Ex- Zunahme radikaler, fundamentalistischer Dabei soll die neue EU-Kommission vor port abhängig. Ich möchte im Zusammen- Bewegungen. Als EU-Kommissar für Euro- allem einen Schwerpunkt auf die Themen hang mit den wirtschaftlichen Vorteilen nur päische Nachbarschaftspolitik und Erweite- Beschäftigung (51 % wichtig), Stabilität des eine einzige beeindruckende Zahl nennen: ge- rungsverhandlungen arbeite ich jeden Tag Euro (39 %), Umwelt (33 %) und Sicherheit mäß einer aktuellen Studie der Wirtschafts- daran, Stabilität und Frieden in unserer un- und Schutz der BürgerInnen (33 %) legen. kammer Österreich haben sämtliche EU-In- mittelbaren Nachbarschaft – und damit auch tegrationsschritte zu einer Erhöhung der in Europa – zu sichern und die Interessen Hintergrund Wertschöpfung in Österreich in den letzten Europas zu wahren: von der Ukraine bis in Für das Flash-Eurobarometer wurden 20 Jahren um 63 Mrd Euro geführt. Auch die den Nahen Osten; am westlichen Balkan vom 24. November bis 3. Dezember 2014 je- Tatsache, daß unser Land die Wirtschafts- ebenso wie in Nordafrika. Österreich leistet weils 1000 Teilnehmer in Österreich, Finn- krise relativ gut überstanden hat, ist auf die mit seiner Diplomatie einen wesentlichen Bei- land und Schweden online befragt. Die Be- erfolgreiche gemeinsame Krisenbewälti- trag dazu, von seinem Engagement im Rah- fragung wurde auf Initiative der Vertretung gung der EU zurückzuführen.“ men der Donaustrategie und in den Balkan- der EU-Kommission in Österreich in Zu- Aber die EU sei, so Hahn, bei weitem ländern bis zu seiner Rolle bei den Verhand- sammenarbeit mit den Vertretungen in Finn- mehr als eine reine Wirtschaftsunion: ein lungen über das Atomprogramm des Iran.“ land und Schweden exklusiv im Auftrag der zutiefst politisches Zukunftsprojekt. Die un- „Der heutige Tag“, so Hahn am 1. Jänner EU-Kommission durchgeführt. Neben den eingeschränkte Reisefreiheit etwa, sowie die 2015, „sollte jedoch nicht nur ein Tag der zwei Mal jährlich erscheinenden Standard- Möglichkeit, in jedem EU-Land zu arbeiten Rückschau auf bereits Erreichtes sein, son- Eurobarometer Umfragen zur EU-Stimmung und zu studieren, werde vor allem von der dern auch Anlaß zur Reflexion über die haben die Flash-Eurobarometer einen spezi- jungen Generation geschätzt. Bisher hätten zukünftige Rolle Österreichs in der EU. Die fischen thematischen Fokus. 75.000 österreichische StudentInnen am Zustimmung zur EU hat sich in vielen Be- Austauschprogramm ERASMUS teilgenom- reichen gebessert und man kann mit Recht Hahn: Eine Erfolgsgeschichte men. sagen, Österreich ist in der EU ,angekom- „Am ersten Jänner 2015 jährt sich der „Darüber hinaus steht die EU global für men‘. EU-Politik wird zunehmend als Innen- EU-Beitritt Österreichs zum zwanzigsten die Sicherung von Frieden, Rechtsstaatlich- politik wahrgenommen und so schwindet Mal. Ohne Zweifel ein Anlaß zum Feiern, keit und demokratische Standards. Das Jahr auch die Distanz zwischen Nationalstaat und denn die EU-Mitgliedschaft Österreichs ist 2014 hat mit der Ukraine-Krise sowie weite- einem angeblich ,fernen‘ Brüssel. Das Be- eine einzige Erfolgsgeschichte: alle seriösen ren Umbrüchen und Konflikten in unserer wußtsein, daß die Mitgliedsstaaten ein ganz Studien bestätigen die wirtschaftlichen Vor- unmittelbaren Nachbarschaft gezeigt, wie zentraler Baustein des europäischen Hauses teile der Mitgliedschaft, wie zum Beispiel kostbar aber auch verletzlich der Friede am sind und die Richtung des ,Projekts Europa‘ den Zugang zum EU-Binnenmarkt, der zu Europäischen Kontinent ist. In einer globali- maßgeblich mitbestimmen, wird immer stär- einer Verdreifachung der Exporte geführt sierten Welt kann kein Land für sich alleine ker und positiv anerkannt.“ hat“, so Johannes Hahn, gebürtiger Wiener den Frieden sichern, dies gilt auch für die „Damit bin ich schon bei einem Thema, und EU-Kommissar für Europäische Nach- Länder mit neutralem Status wie Öster- das mir sehr am Herzen liegt und bei dem es barschaftspolitik und Erweiterungsverhand- reich,“, so Hahn weiter. „Dasselbe gilt für sicherlich einiges an Aufholbedarf gibt“, so lungen „Damit verbunden: Wachstum und grenzüberschreitende Probleme wie Migra- der EU-Kommissar weiter: „Eines der we- Internationalisierung der Wirtschaft sowie tion, Epidemien wie Ebola, Umweltkatastro- sentlichen Vorteile der EU-Mitgliedschaft neue Arbeitsplätze! Denn mittlerweile ist je- phen sowie organisierte Kriminalität und die Österreichs ist es, in allen Politikfeldern mit-

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bestimmen zu können. Dieses Mitbestim- mungsrecht ist eine enorme Chance, die be- sonderen Stärken, aber auch Anliegen eines Landes und seiner BürgerInnen in die EU einzubringen. Mit anderen Worten: das Pro- jekt EU aktiv mitzugestalten! Hier würde ich mir mehr Engagement wünschen, von allen politischen Verantwortungsträgern, auf na- tionaler und Landesebene. Die Juncker-Kom- mission hat die Kommunikation und den Dialog mit den BürgerInnen zu einem wich- tigen Schwerpunkt gemacht. Das Arbeits- programm der Kommission ist mit Initiati- ven wie dem Investitionsprogramm, Deregu- lierung und Verpflichtung zur Transparenz in entscheidenden Punkten den Anliegen der BürgerInnen entgegengekommen. Aber die

Kommunikation über diese Zukunftspro- Foto: Aus der ORF-Dokumentation »Menschen & Mächte. Der lange Weg nach Europa.« / metafilm jekte muß gemeinsame Sache sein: von den In der Nacht auf den 2. März 1994 gingen die Verhandlungen über den Beitritt politischen Verantwortungsträgern auf allen Österreichs zur Europäischen Union zu Ende. Im Bild – sichtlich erleichtert (v.l.): Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, Außenminister Alois Mock und Europa- Ebenen, bis zu den Interessenvertretern und Staatssekretärin Brigitte Ederer allen BürgerInnen, die von EU-Projekten profitieren oder denen die EU ein echtes aktiven und respektierten Partner im Ver- sem Sinne hoffe ich, daß auch die kommen- Anliegen ist. Ich hoffe daher sehr, daß diese bund der Europäischen Staaten geworden. den Jahre eine Erfolgsgeschichte für Öster- Amtszeit auch geprägt sein wird von einem „Österreichs Stimme zählt in Europa!“, so reich – und die EU – bleiben werden. Und daß intensiven Dialog über die weitere Entwick- Hahn. „Gerade die Juncker-Kommission legt die Europäische Union als ein Projekt ver- lung und Gestaltung des gemeinsamen Pro- Wert auf ein Gleichgewicht zwischen klei- standen wird, das für die BürgerInnen Eu- jektes Europa.“ nen und großen Staaten. Nicht die Größe ist ropas gegründet wurde und dessen positive Österreich sei durch die EU ohne Zweifel entscheidend, sondern das aktive Engage- und demokratie-politische Weiterentwick- weltoffener, internationaler geworden. Die ment: Länder wie Luxemburg, die baltischen lung zu einem wesentlichen Teil von deren einstige „Insel der Seligen“sei zu einem oder Visegrad-Staaten zeigen es vor! In die- aktivem Engagement abhängt“, schloß Hahn.

Volksabstimmung über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 12. Juni 1994 © Furfur / Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

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Faymann: Österreich hat kommen mit anderen Rechtssystemen wie stark von EU profitiert den USA nicht überzustrapazieren und den Anläßlich des 20-Jahr-Jubiläums hat Bun- Freihandel an hohe soziale, arbeitnehmer- deskanzler Werner Faymann (SPÖ) betont, rechtliche, Umwelt- und Konsumenten- daß „Österreich stark vom gemeinsamen Eu- schutz-Standards zu koppeln.“ ropa profitiert hat, aber noch viele Heraus- „Es ist auch in wirtschaftlichen Krisen- forderungen zu bewältigen sind“. Insbeson- zeiten und bei allen offenen Baustellen in dere wirtschaftlich profitiert Österreich von der EU wichtig, nie zu vergessen, was der der EU, denn rund 70 Prozent des Außen- Hauptgrund für den Start des gemeinsamen handels finden mit anderen EU-Mitglieds- europäischen Projekts war: Es war der Frie- ländern statt. Die ökonomischen Vorteile sind den, und dieser Gedanke ist auch heute noch evident und durch zahlreiche Studien belegt. Kern der Europäischen Union. Noch nie hat „Gleichwohl bleibt die Herausforderung, es eine so lange Zeit des Friedens in Europa sich für ein faireres und gerechteres Europa gegeben“, betonte Faymann und erinnerte an einzusetzen“, betont Faymann, für den es den Friedensnobelpreis, der der EU im Jahr wichtig ist, über die wirtschaftliche Dimen- 2012 verliehen wurde. „Die Bedeutung der sion der Europäischen Union hinauszukom- EU als Friedenswerk wird uns durch die men und jetzt auch die soziale Dimension zu jüngsten Ereignisse, etwa in der Ukraine, stärken, „gerade in einer Zeit, in der es um Foto: BKA / Regina Aigner deutlich vor Augen geführt“, betonte Fay- Werner Faymann die Überwindung der Finanz- und Wirt- Bundeskanzler mann. Umso wichtiger sei es, sich in den schaftskrise geht und in der alles für mehr Krisengebieten in der Nachbarschaft der Wachstum und Beschäftigung in Europa ge- bank, die im November diesen Jahres ihre Ar- Union für politische Lösungen einzusetzen. tan werden muß“. beit aufgenommen hat und als Teil der „Konflikte mit Waffengewalt auszutragen „Ein sozial gerechtes Europa, in dem jun- Bankenunion systemrelevante Banken der kann keine Lösung sein“, so der Kanzler. ge Menschen eine Perspektive haben, Armut Eurozone kontrolliert, ist ein wichtiges In- und Arbeitslosigkeit verhindert werden, in strument, um Bankenkrisen schon frühzeitig Mitterlehner: Österreich dem es ,Schutzschirme‘ für die Menschen zu erkennen und abzuwenden. Darüber hin- hat Chancen gut genützt gibt, die mindestens so stark sind wie die aus sollen Banken in Zukunft für Pleiten „Unsere EU-Mitgliedschaft zahlt sich für Bankenrettungsschirme, kann nur mit einer selbst bezahlen; ein entsprechender Fonds den Standort Österreich nachhaltig aus, sie gemeinsamen Politik umgesetzt werden“, so wird in den kommenden Jahren eingerichtet. ist ein starker Wettbewerbs-und Innovations- Faymann. Der Kampf gegen die hohe Ar- Auch die Begrenzung für Bankerboni als motor für das Land“, zieht Wissenschafts-, beitslosigkeit in Europa, die weitere Finanz- Konsequenz aus der Finanzkrise war eine Forschungs- und Wirtschaftsminister Rein- marktregulierung, der Kampf gegen Steuer- europäische Errungenschaft. Die vier Grund- hold Mitterlehner (ÖVP) eine positive Bi- betrug und Spekulation sowie die Stärkung freiheiten von der Personenfreizügigkeit bis lanz. „Als kleine, offene Volkswirtschaft im der sozialen Dimension der EU seien derzeit zum freien Warenverkehr seien ebenfalls Mei- Herzen Europas hat Österreich vom EU-Bei- prioritär. „Es ist in Zeiten einer Wirtschafts- lensteine der europäischen Erfolgsgeschich- tritt und der folgenden Ostöffnung der Eu- krise wichtig, neben notwendigen Sparmaß- te, betonte Faymann, der aber mahnt: „Jetzt ropäischen Union besonders profitiert. So nahmen klug zu investieren, die Kaufkraft ist es daran, diese Freiheiten in Handelsab- sind wir durch die steigende Internationali- zu stärken und die Wirtschaft anzukurbeln. sierung zum Land der Exporteure geworden. Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen, Das schafft und sichert gut bezahlte Ar- müssen vom Sparen ausgenommen sein“, beitsplätze in Österreich“, so Mitterlehner. unterstrich Faymann, der diese Position auch Die heimischen Gesamtausfuhren haben in den europäischen Gremien vertritt. sich seit dem EU-Beitritt auf knapp 126 Mil- Im Kampf gegen die Gesamt- und Ju- liarden Euro verdreifacht. Die Exportquote gendarbeitslosigkeit stehe Österreich im ist von früher 34 auf zuletzt 57,4 Prozent ge- Wechsel mit Deutschland stets an der Spitze, stiegen. Das strukturelle Außenhandelsdefi- so der Kanzler. Die EU-Mitgliedschaft er- zit hat sich halbiert. Zudem erhöhte sich der möglichte in Österreich die Schaffung von Bestand an Direktinvestitionen in Österreich 14.000 neuen Arbeitsplätzen pro Jahr. Die von rund 16 Milliarden Euro 1995 auf knapp Einführung der Jugendgarantie nach öster- 125 Milliarden Euro im Vorjahr. Im selben reichischem Vorbild wurde bereits von der Zeitraum sind die heimischen Direktinvesti- EU-Kommission empfohlen und für Regio- tionen im Ausland von 8,7 auf rund 167 Mil- nen mit besonders hoher Jugendarbeitslo- liarden Euro gestiegen. „Österreich profitiert sigkeit finanzielle Mittel dafür zur Ver- dabei nicht nur vom offenen Binnenmarkt, fügung gestellt. sondern auch vom Euro. Damit sind wir in Auch in Sachen Finanzmarktregulierung eine starke Weltwährung eingebettet und bes-

konnte in jüngerer Vergangenheit schon eini- Foto: BMWFW / Andreas Wenzel ser gegen Währungsrisiken geschützt, wie ges erreicht werden: Die gemeinsame Ban- sich gerade in der Finanz- und Wirtschafts- kenaufsicht bei der Europäischen Zentral- Vizekanzler und Wirtschaftsminister krise gezeigt hat“, so Mitterlehner.

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Die rege Teilnahme an EU-Förderpro- einer Union aus, die ausschließlich Politik grammen hat sich nicht nur für die Unter- für Banken und Konzerne macht“, reagierte nehmen, sondern auch für den Hochschul- der Delegationsleiter der FPÖ im EU-Par- und Forschungsraum positiv ausgewirkt. lament und FPÖ-Generalsekretär Harald Vi- „Im Wettbewerb um Exzellenzförderung limsky auf die Aussagen des Außenmini- schneidet Österreich überproportional gut sters. „In Wahrheit finden wir uns 20 Jahre ab. Unsere Forscher sind erfolgreich in Eu- nach dem Beitritt in einer Union, die uns Re- ropa engagiert, und davon profitiert die In- korde in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Ar- novationskraft des gesamten Landes“, sagt mut und Überschuldung beschert hat.“ Mitterlehner. Im Rahmen der Einwerbung „Der Erhalt des Schillings wurde uns da- von rund einer Milliarde Euro durch Unter- mals versprochen, heute haben wir eine Kri- nehmen und Institutionen haben zudem bis- senwährung Euro, die permanent an Wert her 119 Spitzenforscher ein begehrtes ERC- verliert und mit unseren Steuermilliarden Stipendium erhalten. Zahlreiche neue Chan- nur notdürftig stabilisiert werden kann“, cen eröffnen auch jene EU-Innovationsför- ergänzt er. Hinzu komme eine permanente derungen, die über das Programm Horizon Verdrängung heimischer Arbeitnehmer 2020 verfügbar sind. „Jeder Euro, der hier durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Öster- investiert wird, schafft ein Vielfaches an reichs Rolle als Feinkostladen Europas sei Wachstum und Arbeitsplätzen in Öster- Foto: ÖVP / Jakob Glaser massiv gefährdet durch die drohenden Frei- reich“, betont Mitterlehner. Sebastian Kurz, Bundesminister für handelsabkommen TTIP und CETA, die er- Europa, Integration und Äußeres Neben der Spitzenforschung profitieren neut nur den Konzernen zugutekämen. Welt- auch immer mehr junge Menschen von den weit fernab von dem agiert habe, was die Be- politisch sei die EU nicht mehr als ein An- EU-Mobilitätsinitiativen. Seit dem Start des völkerung wollte. Eine Verbesserung der Si- hängsel der USA, denen sie vorbehaltslos Erasmusprogramms sind über 79.000 heimi- tuation sieht er in der neuen Kommission. sämtliche Daten der mittlerweile lückenlos sche Studierende für Studienzwecke ins Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker überwachten Bürger ausliefere. Ausland gegangen. „Unser Ziel ist es, bis habe von Beginn an klargestellt, daß seine „Angesichts dieser dramatischen Ent- 2018 die 100.000er-Marke zu überschreiten. Kommission sehr politisch agieren will. wicklungen in den letzten 20 Jahren war der Denn gerade ERASMUS-Teilnehmer erwer- „Es wird ganz bewußt versucht, Proble- österreichische EU-Beitritt ganz klar ein ben wichtige Zusatzqualifikationen und ge- me, die da sind, auch politisch anzugehen. Fehler. Eine positive Zukunft kann diese EU winnen viel an Lebenserfahrung. Das trifft Das habe ich versucht, das ganze Jahr zu for- nur dann haben, wenn sie sich zu einer Ge- sowohl für Studierende als auch für Lehr- cieren. Wenn es Probleme gibt, sie nicht meinschaft souveräner Staaten zurückent- linge zu, die ein Auslandspraktikum bei unter den Tisch zu kehren und drüberzufah- wickelt“, so Vilimsky, der Kurz empfiehlt, einem Unternehmen absolvieren können“, ren, sondern sie anzusprechen“, so Kurz. sein Augenmerk auf Griechenland zu rich- verweist Mitterlehner auf die vielfältigen ten: „Hier zeigt sich, daß nicht nur in den Chancen Europas, die es in Zukunft noch Vilimsky: Rekorde bei Arbeitslosigkeit, Nettozahler-Staaten wie Österreich die Un- stärker zu nützen gilt. Armut und Überschuldung zufriedenheit mit der EU massiv ansteigt, „Die EU-Verklärung durch Außenmini- sondern auch in jenen Ländern, die vorge- Kurz: Österreich hat massiv profitiert ster Kurz weist ihn als Hardcore-Apologeten blich durch die EU gerettet werden. Denn Außenminister Sebastian Kurz erklärte in auch dort ist mittlerweile den meisten Bür- einem APA-Interview, daß Österreich mas- gern klar, daß die Milliarden nur den Banken siv von der EU profitiert hat. Die EU ist nutzen, während die Menschen leiden müs- mittlerweile mehr als nur ein Friedenspro- sen.“ jekt, sondern es bietet vor allem den jungen Menschen große Chancen. Diese gilt es zu Nachbaur: EU darf nicht zu einem nutzen, ist für Kurz klar. Andererseits ist das Zwangseinheitsbrei werden Projekt noch nicht fertig, sondern es gibt die „Die Idee ist gut – doch an der Umsetzung Notwendigkeit Fehler und Probleme aufzu- muß noch kräftig gearbeitet werden“, so zeigen und daran zu arbeiten. kommentierte Team Stronach-Klubobfrau „Wir müssen alles daran setzen, daß Kathrin Nachbaur den 20. Jahrestag des ös- Europa nicht nur ein Kontinent mit viel Ver- terreichischen EU-Beitritts. Der gemeinsa- gangenheit, sondern auch mit viel Zukunft me Friedensgedanke sei heute notwendiger ist, wo es nach wie vor Chancen für junge denn je, so Nachbaur, dennoch dürfe man Menschen, Wirtschaftswachstum, Wohlstand keinen „europäischen Zwangseinheitsbrei“ und Lebensqualität gibt. Das wird eine Rie- schaffen. Eine Zwangswährung für Volks- senherausforderung für die nächsten Jahr- wirtschaften, die nicht zusammen passen, zehnte“, so Kurz, für den das Entscheidende und die ständig wachsende Überbürokrati-

ist, daß die EU nicht fernab von der Be- Foto: Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS sierung seien „eine Beleidigung der europäi- völkerung agieren darf. In der Vergangenheit Harald Vilimsky schen Idee“. Jüngstes Beispiel dafür sei der sei es oft so gewesen, daß Brüssel ein Stück FPÖ-Generalsekretär skurrile Kochlöffel-Streit in der Steiermark.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 8 Österreich, Europa und die Welt Wie die Jungen Europa sehen unge gebildete und politisch interessier- nationale Mobilität. Das Wissen über die Jte StädterInnen sind in Österreich am EU kommt zunächst aus der Familie und meisten von der Idee der europäischen In- der Schule. In der Folge stoßen aber junge tegration überzeugt. Zu diesem Ergebnis Menschen vielfach in Medienberichten auf gelangt Christina Ortner, die sich in ihrer europäische Politik. Als wichtigste Quel- Dissertation mit dem Verhältnis von jun- len werden dabei der ORF und die gen Erwachsenen zur europäischen Union „Kronen-Zeitung“ genannt und etwas sel- sowie der Rolle der Medien auseinander- tener die Qualitätspresse. setzte. Für ihre Arbeit wurde sie mit dem „Insgesamt haben die Medien bei den Senator-Otto-Wittschier-Wissenschafts- Befragten einen hohen Stellenwert, was preis 2014 ausgezeichnet. Ortners Arbeit Wissen und Meinungsbildung zur EU ist am Salzburg Centre of European Union betrifft“, sagt Ortner. „Sie nutzen sie vor Studies (SCEUS) der Universität Salzburg allem, um sich über aktuelle Ereignisse zu im Rahmen des von der Humer Stiftung informieren und gezielt nach Informatio- für akademische Talente geförderten Dok- nen zu suchen.“ Die Befragten sehen die Foto: Team Stronach" torandenprogramms entstanden. Dank fi- Medien jedoch kritisch und haben den Kathrin Nachbaur nanzieller Unterstützung der Stiftungs- Eindruck, daß die Berichterstattung je nach Klubobfrau des Team Stronach und Förderungsgesellschaft der Universi- Ausrichtung einseitig positiv oder negativ Geht es nach der Team Stronach Klub- tät Salzburg erscheint sie demnächst im über die EU sei. obfrau, müssen das Subsidiaritätsprinzip und Nomos Verlag als Buch. Damit die Jungen Medieninformatio- „no bail out“ Prinzip wieder eingehalten In ihrer Studie zeichnet Christina Ort- nen besser einordnen können seien Leh- werden – beide sind fest verankert im EU- ner ein vielschichtiges Bild über das rende in Schulen aufgerufen, die komple- Vertrag. „Alles, was bei uns in Österreich Verhältnis der Jungen in Österreich zur EU. xen Zusammenhänge verständlich aufzu- Für die Entwicklung ihrer Sichtweisen geregelt werden kann, soll hier verbleiben bereiten und so das nötige Hintergrund- spielen Informationen aus den Medien und nicht zentralistisch von Brüssel vorge- wissen zu vermitteln, so Ortner. Will die eine zentrale Rolle. Auf Basis von Inter- schrieben werden.“ EU die Jungen intensiver in die europäi- views in Form persönlicher Gespräche Das zweite wichtige Thema sei der ESM, sche Politik einbinden, rät sie die politi- sowie einer Online-Umfrage kommt Or- so Nachbaur. Dieser dürfe künftig nicht zu sche Bildung über die EU in allen Aus- tner zu dem Ergebnis, daß nur eine kleine einem Selbstbedienungsladen für marode bildungsstufen zu forcieren und direkten Gruppe voll und ganz hinter der EU steht. Banken verkommen. „240 Mrd. Euro sind Kontakt zu suchen. „Diese Leute interessieren sich insgesamt bereits nach Griechenland geflossen -doch Christina Ortner wurde gemeinsam mit für Politik und verfolgen die Geschehnisse das Geld ist nicht bei den armen Griechen Clemens Sedmak und Eva Rohn mit dem regelmäßig“, sagt Ortner. Der überwiegen- sondern bei korrupten Spekulanten ange- de Teil der Befragten äußert jedoch grund- Senator-Otto-Wittschier-Wissenschafts- kommen. Das Ergebnis: ein unkontrollierba- sätzliche Bedenken der EU gegenüber. preis 2014 ausgezeichnet. Die gleichnami- res Polit-Chaos, wachsender Radikalismus „Ängste gibt es viele, etwa vor dem Ver- gen Stipendien gingen an Lukas Haiger- und steigender Völkerhaß – sieht so etwa ein lust nationaler Souveränität“, so Ortner. moser und Dagmara Stryjak. Die Preise erfolgreiches Rettungspaket aus?“, so die Durch mangelnde Information und einge- und Stipendien werden von der EFS Euro Klubobfrau. „Unsere Politiker hatten doch schränkte Mitbestimmungsmöglichkeiten Finanz Service Vermittlungs AG in noch vor kurzem glatt behauptet, daß Grie- würden sich die jungen Menschen von Gedenken an den Gründer Otto Wittschier chenland und die Bankenrettung ein großes europäischer Politik oft ausgeschlossen gestiftet. Chance auf das Preisgeld haben Geschäft für Österreich werden könnte – fühlen. Kritikpunkte seien insbesondere die Arbeiten aus den Bereichen Rechts-, Wirt- aber wenn die Erweiterung des ESM erst hohen Kosten der EU sowie eine zu gerin- schafts-, Finanz- und Kultur- und Gesell- einmal beschlossen ist, zahlen erst recht die ge Vertretung ihrer Interessen durch die schaftswissenschaften sowie Wirtschafts- österreichischen Steuerzahler drauf!“ politischen Eliten. Die überwiegende Mehr- ethik- und -psychologie. Die Bewerber sol- Anläßlich des Jahrestages sei es jetzt not- heit ist jedoch wenig an europäischer Po- len außerdem an der Universität Salzburg wendig, sich auf die Grundidee der europäi- litik interessiert und dementsprechend wissenschaftlich tätig sein. schen Union zu besinnen und die Vielfalt schlecht informiert. Der interdisziplinäre Schwerpunkt des und Buntheit Europas zu feiern, zu der Ös- Den Auswirkungen der EU auf Be- Salzburg Centre of European Union Stu- terreich einen wesentlichen Beitrag leiste, schäftigung und Arbeitsbedingungen ste- dies setzt sich mit aktuellen Fragen der schloß Nachbaur. „ hen die Befragten ambivalent gegenüber. Europäischen Integration auseinander, die http://www.zukunfteuropa.at Ihr Fazit: Europäische Politik und Inte- sich gerade hinsichtlich der Konsequenzen Quellen: EU-Kommission, SPÖ, ÖVP, Team Stro- gration berge sowohl Chancen als auch der Finanz- und Schuldenkrise und nach nach, demokratiezentrum.org. Gefahren für Arbeitnehmer in Österreich. Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon Von den Grünen und den NEOS standen uns keine Positiv gesehen werden die Auswirkungen stellen. „ diesbezüglichen Stellungnahmen zur Verfügung. der EU auf die Wirtschaft sowie die inter- http://www.uni-salzburg.at Die Redaktion.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 9 Österreich, Europa und die Welt Steiermark feiert 20 Jahre EU-Beitritt mit Festakt Anläßlich des 20jährigen Jubiläums des österreichischen Beitritts zur Europäischen Union lud Europalandesrat Christian Buchmann am 13. Jänner zu einem Festakt. © europa.steiermark.at / Foto Fischer (CC BY-SA) v.l.: LH-Stv. Hermann Schützenhöfer, EU-Kommissar a.D. Franz Fischler, LH Franz Voves, Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky und LR Christian Buchmann bei dem Festakt in Graz und 200 Gäste waren in die „Needle“ im Bundesland geflossen. Damit konnten wich- viele Fragen müssen mehr zum Thema wer- RKunsthaus Graz gekommen, unter ihnen tige Projekte in der Wirtschaft, der Wissen- den, wie zum Beispiel die Arbeitslosigkeit. Es Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky, Öster- schaft, der Kultur, im Sport und im Sozial- muß in vielen Bereichen einfach mehr Zusam- reichs erster EU-Kommissar Franz Fischler, bereich umgesetzt werden. Durch diese Pro- menhalt unter den stärkeren Ländern geben.“ Landeshauptmann Franz Voves und Landes- jekte konnte der Wohlstand der Steirerinnen Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky: „Wir hauptmann-Stellvertreter Hermann Schützen- und Steirer gesteigert werden“, so Buch- stehen heute vor einer völlig anderen Aus- höfer. Landesrat Christian Buchmann: „Die mann. Laut einer Studie von Joanneum Re- gangslage als vor 20 Jahren. Denken Sie an Schüsse von Paris haben uns wieder bewußt search sind seit 1995 fast 80.000 zusätzliche die digitale Revolution, an die Energiesitua- gemacht, wofür dieses gemeinsame Europa Arbeitsplätze in der Steiermark geschaffen tion, die Flüchtlings- und Asylantenproble- steht: Eine offene Gesellschaft, die Freiheit worden. „50.000 dieser Arbeitsplätze sind matik – das sind völlig andere Aufgaben. und Frieden bringt!“ unmittelbar durch die Mitgliedschaft Öster- Besonders unsere nachfolgende Generation „In diesen Tagen, in denen wir die un- reichs in der EU entstanden“, so Buchmann, hat das Recht und den Anspruch, daß die faßbaren Bilder der Terroranschläge von Paris der aber auch kritische Worte Richtung Brüs- abtretende sie darauf aufmerksam macht, wie vor Augen haben, müssen wir uns stärker denn sel fand: „Die EU muß laufend daran arbei- groß die Herausforderungen sind, neue We- je bewußt machen, wofür es das gemeinsa- ten, überbordende bürokratische Hürden ge einzuschlagen, neue Verständigungen, me Europa und die EU gibt. Sie ist ein bei- abzubauen und die individuellen Freiheits- neue Allianzen und Bündnisse zu schließen. spielloses, einzigartiges Friedensprojekt und grade weiter zu erhöhen!“ Ich traue ihr zu, daß sie es schafft!“ diese Funktion ist nicht hoch genug einzu- Landeshauptmann Franz Voves: „Ich bin EU-Kommissar a.D. Franz Fischler: schätzen“, so der Landesrat. Gleichzeitig glühender Steirer, glühender Österreicher und „Österreich hat die Chancen im vereinten müßten die aktuellen Ereignisse auch Anlaß glühender Europäer. Auch bin ich davon über- Europa sehr gut genutzt. Das hat dazu ge- sein, mehr Verantwortung von der muslimi- zeugt, daß wir weiterhin in einer globalen Welt führt, daß wir den Deutschen zeitweise sogar schen Gemeinschaft und ihren religiösen leben werden. Wir haben nur eine Chance, voraus waren, was es zuvor nie gegeben hat. Führern einzufordern: „Es reicht nicht, zu dies in Frieden und Wohlstand zu tun, wenn Das ist eine Leistung der österreichischen sagen, diese ‚Verrückten‘ seien keine echten wir das geeinte Europa in einer politischen Wirtschaft, vor der wir Respekt haben soll- Muslime. Dieser Wahnsinn muß von der ge- Union weiterleben. Dafür müssen wir die ten. Für die Zukunft müssen wir uns in Ös- samten muslimischen Community entschie- jungen Menschen für Europa begeistern und terreich stärker als bisher – neben der Frage, dener bekämpft werden“, so Buchmann. sie vom vereinten Europa überzeugen.“ was bringt die EU – auch die Frage stellen, Zu den Auswirkungen des österreichi- Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann wie können wir tatsächlich besser zusammen schen EU-Beitritts meinte der Landesrat: Schützenhöfer: „In Summe ist die europäi- wachsen, als dies bisher der Fall war.“ „Ohne den EU-Beitritt vor 20 Jahren würde sche Gemeinschaft für Österreich und für die Nach den Statements diskutierten Vranit- die Steiermark bei weitem nicht so erfolg- Steiermark eine Erfolgsgeschichte gewor- zky und Fischler mit VertreterInnen von So- reich dastehen. Seit damals sind mehr als 2,5 den. Wir müssen aber auch in Zukunft darauf zialpartner-Jugendorganisationen über künf- Milliarden Euro an EU-Geldern in unser schauen, daß wir das Miteinander stärken und tige Herausforderungen für Europa. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 10 Österreich, Europa und die Welt »Wir sind 20« 20 Jahre Wien und Österreich in der EU – Festveranstaltung in Brüssel mit Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner Foto: Wien-Haus in Brüssel / Daniel Osorio Vizebügermeisterin Renate Brauner (Bildmitte) und Wien-Haus-Chefin Michaela Kauer (zweite von rechts) im Kreis der jungen Mitwirkenden an »Wir sind 20«

m 1. Jänner 2015 jährte sich der Beitritt optimistisch zu sein“. Daß Europa von einer Programm in der Ständigen Vertretung Ös- AÖsterreichs zur EU zum 20. Mal. Aus ganzen neuen Generation so selbstverständ- terreichs bei der EU und einer Stadtführung. diesem Anlaß lud das Verbindungsbüro der lich gelebt werde, sei wichtig, gerade auch Möglich wurde die Reise durch die Unter- Stadt Wien am 22. Jänner zu einer Veranstal- für die Zukunft der Stadt: „Wir profitieren stützung des Flughafen Wien und der Ma- tung im Wien-Haus in Brüssel. Im Beisein menschlich, wirtschaftlich, in der Wissen- gistratsdirektion der Stadt Wien – Ge- von Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brau- schaft, kulturell und auf vielen anderen Ge- schäftsbereich Europa und Internationales. ner und dem Ständigen Vertreter Österreichs bieten von unserer europäischen und interna- Julian Jäger, Vorstand der Flughafen bei der EU, Walter Grahammer, wurde die tionalen Orientierung“, so Brauner. Wien AG, unterstrich die Bedeutung dieser Festschrift der Stadt Wien zu diesem bedeu- Botschafter Grahammer lobte die Wiener Veranstaltung: „Seit 20 Jahren ist Österreich tenden Jubiläum „Wir sind 20 – Turning Initiative: „Das Projekt ,Wir sind 20‘ bringt Teil einer internationalen Gemeinschaft und Twenty“ präsentiert. In dieser Publikation einen wichtigen Aspekt unserer EU-Mit- die Vorteile sind in jedem gesellschaftlichen diskutieren zehn junge Erwachsene, die um gliedschaft auf den Punkt: Die EU sind nicht Bereich spürbar. Gerade für Jugendliche bie- 1995 geboren wurden, mit zehn Persönlich- ,die in Brüssel‘, sondern wir alle. Österreich tet diese Internationalität neue Perspektiven keiten aus Politik, Sozialpartnern, Verwal- ist nun schon seit einer Generation ein akti- und dafür Bewußtsein zu schaffen, ist sehr tung, Medien und Zivilgesellschaft, die in- ves und erfolgreiches Mitglied der Union. wichtig“. tensiv mit den Beitrittsverhandlungen befaßt Diese Festschrift zeigt, daß dieses Engage- Oskar Wawra, Bereichsdirektor für inter- waren. Diese Gespräche drehen sich um im- ment von der nächsten Generation fortge- nationale Beziehungen der Stadt Wien, hob mer noch aktuelle Themen wie Umwelt- setzt wird. Dazu wird die Arbeit der Verbin- die Bedeutung der EU für die Jugend hervor: schutz, Mobilität, Bildung, Arbeit, Wirt- dungsbüros der österreichischen Bundes- „20 Jahre in der Europäischen Union erge- schaft, Frieden und vieles Mehr. länder in Brüssel, wie in den letzten 20 Jah- ben für Wien und Österreich eine positive ren, einen wertvollen Beitrag leisten.“ Bilanz. Gerade für junge Menschen bieten Brauner: Europa ist selbstverständ- die vielfältigen Programme der EU viele licher Teil unseres Alltags Junge Mitwirkende an »Wir sind 20« Chancen und Möglichkeiten, die aktiv ge- Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brau- zu Gast in Brüssel nützt werden sollten.“ ner sagte in ihrer Ansprache vor den rund Der Aufenthalt der jungen Interviewpart- 100 Festgästen: „Diese engagierten und nerInnen in Brüssel wurde mit einem zweitä- »Wir sind 20« – »Turning Twenty« international aufgeschlossenen jungen Leute gigen Rahmenprogramm abgerundet: einem Wien ist sich der Bedeutung des EU- geben wirklich Grund dazu, für die Zukunft Besuch des Europäischen Parlaments, einem Beitritts Österreichs vor 20 Jahren für die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 11 Österreich, Europa und die Welt

Stadt, für ihre Menschen, für die Wirtschaft und viele andere Bereiche sehr bewußt. Die Rahmenbedingungen sind anders geworden, die Themen, die die Menschen bewegen, sind aber oft die gleichen geblieben. Europa ist in Wien angekommen, und Wien in Euro- pa. Die neue Broschüre „Wir sind 20“, mit der die Stimmung von damals und heute ein- gefangen wird, wurde in Brüssel präsentiert. Bürgermeister Michael Häupl betonte aus diesem Anlaß: „Es reicht nicht, wegen eines Jahrestages nur Rückschau zu halten – wich- tig ist, die jetzige und die nächste Generation bei der Begeisterung und dem Engagement für ein weltoffenes, friedliches Wien, das sei- ne Chancen in der Welt wahrnimmt, zu för- dern. Die Festschrift ,Wir sind 20‘ zeigt dies in einer gelungenen Weise.“

»Wir sind 20« – Die Idee Vizebügermeisterin Renate Brauner (r.) und EU-Botschafter Walter Grahammer 20 Jahre nach dem Beitritt am 1. Jänner schneiden mit Klara Iby und Max Gnesda die Geburtstagstorte an. 1995 gibt es bereits eine Generation von jun- gen, erwachsenen Menschen, welche die Zeit ohne EU nicht mehr erlebt hat, für die Österreich „immer schon“ in der EU war. Gleichzeitig können sich die damals maß- geblich Verantwortlichen als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen noch sehr gut an diese Phase erinnern. Aus diesem Gedanken wurde von der Leiterin des Wien-Hauses in Brüssel, Michaela Kauer, eine reizvolle Idee geboren: Zehn junge Erwachsene, die um 1995 gebo- ren wurden, diskutieren mit Persönlichkeiten aus Politik, Sozialpartnern, Verwaltung, Me- dien und Zivilgesellschaft, die damals inten- siv mit den Beitrittsverhandlungen befaßt waren. Diese Gespräche, die sich um immer noch aktuelle Themen wie Umweltschutz, Mobilität, Arbeit, Wirtschaft, Frieden und vieles mehr drehen, wurden in dieser kleinen Fotos: Wien-Haus in Brüssel / Daniel Osorio Festschrift zusammengefaßt. Ein Stakkato Harold Naaijer und Gerda Füricht-Fiegl präsentieren ihre Arbeit an »Wir sind 20« an kurzen Fragen und die dazugehörigen kurzen Antworten am Ende jedes Interviews noch mehr mit der Zukunft zu verbinden, läßt die EU die Menschen kalt. Ganz im zu Fragen wie „Der Euro“, „Datensicherheit“ und das ist in diesen Gesprächen sehr schön Gegenteil!“ oder „Gemeinsame Sprache“ geben sehr gelungen. Daß Wien als europäische, weltof- Harold Naaijer, Fotograf der Publikation, schön die EU-Stimmung der Menschen wie- fene und international orientierte Stadt in der die Gespräche an Orten in Wien, die Eu- der. Vorwörter des Wiener Bürgermeisters Europa, in der EU anerkannt und respektiert ropa, Weltoffenheit und Internationalität Michael Häupl und des damaligen Bundes- ist, erlebe ich täglich bei der Arbeit in symbolisieren, eingefangen hat, war ebenfalls kanzlers Franz Vranitzky leiten das Thema Brüssel, auch das sollte in dieser Festschrift angetan von „Wir sind 20“: „Die offene und ein, und ein Überblick über wichtige europa- der ein wenig anderen Art spürbar werden.“ spaßvolle Zusammenarbeit mit meinen ös- politische Entwicklungen für Wien rundet Gerda Füricht-Fiegl, langjährige EU- terreichischen Kolleginnen und Kollegen ge- die Broschüre ab. Expertin und Projektleiterin, berichtete über nauso wie mit den Interviewten hat mich als die Entstehung der Broschüre: „Die häufig- Niederländer mit Berufserfahrung in Spanien Das Projektteam: »Wir ste Reaktion der Interviewten war ,Was, und Portugal sehr begeistert und gezeigt: sind alle EuropäerInnen« schon vorbei? Schade, es hat Spaß ge- Wir sind alle Europäerinnen und Europäer.“ Michaela Kauer, Leiterin des Verbin- macht!‘ Durch die Gespräche mit interessan- Die kurzweilige Broschüre ist auf Deutsch dungsbüros der Stadt Wien zur EU, betonte: ten Menschen ergab sich ein buntes Bild zur und Englisch erschienen und auch unter im „Für mich war es wichtig, in diesem Projekt EU, das wir in der Publikation einfangen Netz verfügbar. „ die Vergangenheit mit der Gegenwart und konnten. Und eine Erkenntnis: Keinesfalls http://www.wirsind20.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 12 Österreich, Europa und die Welt Chronik der europäischen Einigung und des österreichischen EU-Beitritts

1949 – 10. Mai: Gründung des Europarats 1965 – 8. April: Der Vertrag über die Fu- 1985 – 14. Juni: Das Schengener Abkom- mit dem Ziel, einen engeren Zusammen- sion der Exekutivorgane der drei Gemein- men über die Abschaffung der Grenzkon- schluß unter seinen Mitgliedern zu ver- schaften (EGKS, EWG, Euratom) wird in trollen wird von Belgien, Deutschland, wirklichen. Der Europarat spielt eine wich- Brüssel unterzeichnet. Frankreich, Luxemburg und den Nieder- tige Rolle bei der Förderung von Men- landen in Schengen (Luxemburg) unter- schenrechten, Demokratie und Rechts- 1967 – 1. Juli: Der Fusionsvertrag zur zeichnet. staatlichkeit, hat mit der späteren EU insti- Einsetzung gemeinsamer Exekutivorgane tutionell aber nichts gemeinsam. der Europäischen Gemeinschaften (EGKS, 1986 – 1. Jänner: Spanien und Portugal tre- EWG, Euratom) tritt in Kraft. Fortan verfü- ten der EG bei, die nunmehr zwölf 1950 – 9. Mai: In seiner Rede stellt der gen die Europäischen Gemeinschaften über Mitgliedsstaaten umfaßt. französische Außenminister Robert Schu- eine Kommission und einen Rat. Allerdings 17. und 28. Februar: In Luxemburg und man den von Jean Monnet entwickelten Plan sind beide weiterhin nach den Regelungen Den Haag wird die Einheitliche Europäi- vor, die Kohle- und Stahlproduktion Frank- der jeweiligen Gemeinschaft tätig. sche Akte unterzeichnet. reichs und der Bundesrepublik Deutschland zusammenzulegen und eine Organisation 1968 – 1. Juli: Die Zollunion tritt in Kraft. 1987 – 1. Juli: Die Einheitliche Europäi- zu gründen, die den anderen europäischen Die verbleibenden Zölle im innergemein- sche Akte tritt in Kraft. Sie ist die erste Ländern zum Beitritt offen stehen soll. schaftlichen Handel werden abgeschafft umfangreiche inhaltliche Weiterentwick- und die nationalen Zölle im Handel mit lung der Gründungsverträge. In ihrem Mit- 1951 – 18. April: Sechs Länder (BRD, Drittländern durch den Gemeinsamen Zoll- telpunkt steht die Verwirklichung des euro- Frankreich, Luxemburg, Niederland, Bel- tarif ersetzt. päischen Binnenmarktes, der auf den vier gien, Italien) unterzeichnen in Paris den Freiheiten (freier Personen-, Waren-, Dienst- Vertrag zur Gründung der Europäischen 1972 – 24. April: Die „Währungsschlange“ leistungs- und Kapitalverkehr) basiert. Zu- Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). wird eingeführt: Die sechs Mitgliedsstaaten dem umfaßt sie ein Bekenntnis zur Errich- der Gemeinschaft vereinbaren, die Band- tung einer Wirtschafts- und Währungs- 1956 – 16. April: Österreich tritt nach der breite der Wechselkursschwankungen ihrer union. Wiederherstellung seiner vollen Souveräni- Währungen auf 2,25 Prozent zu begrenzen. tät durch den Staatsvertrag (1955) dem 1989 – 17. Juli: Österreich beantragt den Bei- Europarat bei. 1973 – 1. Januar: Dänemark, Irland und das tritt zu den Europäischen Gemeinschaften. Vereinigte Königreich treten den Europäi- 1957 – 25. März: In Rom werden die Ver- schen Gemeinschaften bei. Die Freihan- 1990 – 20. Juni: Die EWG und die EFTA träge zur Gründung der Europäischen delsabkommen der Gemeinschaft mit Ös- nehmen offizielle Verhandlungen über die Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der terreich, der Schweiz, Portugal und Schwe- Schaffung des Europäischen Wirtschafts- Europäischen Atomgemeinschaft (EURA- den treten in Kraft. raums auf (EWR). TOM) unterzeichnet. 1974 – 9. und 10. Dezember: Auf dem 1991 – 31. Juli: Die EG-Kommission ver- 1958 – 1. Januar: Die Römischen Verträge Gipfeltreffen von Paris beschließen die abschiedet eine grundsätzlich positive Stel- treten in Kraft; EWG und die EURATOM neun Staats- bzw. Regierungschefs, dreimal lungnahme zu Österreichs EG-Beitritts- nehmen ihre Arbeit in Brüssel auf. jährlich im Europäischen Rat zusammen- antrag. zukommen; sie schlagen die Direktwahl 1960 – 4. Januar: Auf Initiative des Ver- der Europäischen Versammlung vor. 1992 – 7. Februar: Der Vertrag über die einigten Königreichs wird das Stockholmer Europäische Union wird in Maastricht un- Abkommen zur Gründung der Europäi- 1975 – 10./11. März 1975: Die Staats- bzw. terzeichnet. schen Freihandelsassoziation (EFTA) unter- Regierungschefs kommen erstmals als Eu- 2. Mai: In Porto wird das Abkommen über zeichnet. Es erfolgt in Reaktion auf die Bil- ropäischer Rat in Dublin zusammen. den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) dung der EWG, um eine wirtschaftliche unterzeichnet. Benachteiligung der Nicht EWG-Staaten 1978 – 4./5. Dezember: Der Europäische zu verhindern. Neben Dänemark, Großbri- Rat errichtet auf seiner Tagung in Brüssel 1993 – 1. Jänner: Der Binnenmarkt mit tannien, Norwegen, Portugal, Schweden und das Europäische Währungssystem auf der freiem Waren-, Dienstleistungs-, Personen- der Schweiz ist auch das seit 1955 neutrale Grundlage einer europäischen Währungs- und Kapitalverkehr ist Wirklichkeit. Österreich ein Gründungsmitglied. einheit (ECU). 1. Februar: Beginn der Beitrittsverhandlun- Am 3. Mai tritt das Stockholmer Überein- gen mit Österreich. kommen zur Errichtung der Freihandels- 1979 – 13. März: Das Europäische Wäh- 1. November: Inkrafttreten des Maastrich- zone in Kraft. rungssystem tritt in Kraft. ter Vertrags. Er ist ein wichtiger Meilen- 7. bis 10. Juni: Die erste allgemeine Wahl stein in der Geschichte der EU. Er legt die 1962 – 30. Juli: Die Verordnungen zur Ein- des Europäischen Parlaments findet statt. Vorschriften für die künftige gemeinsame führung einer Gemeinsamen Agrarpolitik 1981 – 1. Januar: Griechenland wird als Währung sowie für die Außen- und Sicher- (GAP) treten in Kraft. zehnter Mitgliedsstaat aufgenommen. heitspolitik und einer engeren Zusammen-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 13 Österreich, Europa und die Welt

arbeit in den Bereichen Justiz und Inneres ments, des Europäischen Rates und der sung. Die Verfassung muß aber noch von fest. Die „Europäische Gemeinschaft“ heißt Kommission feierlich die Charta der den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. nun offiziell „Europäische Union“. Grundrechte der Europäischen Union. 13. Dezember: Abschluß des Abkommens 2005 – 29. Mai: In Frankreich sprechen über die Schaffung des Europäischen Wirt- 2001 – 26. Februar: Der Vertrag von Nizza sich 54,87 Prozent der WählerInnen beim schaftsraums. wird unterzeichnet. Er ändert den Vertrag Referendum gegen die EU-Verfassung aus. über die Europäische Union und den Ver- 1. Juni: Auch in den Niederlanden wird die 1994 – 1. Jänner: Das Abkommen über die trag zur Gründung der Europäischen EU-Verfassung (mit 61,6 Prozent der Schaffung des Europäischen Wirtschafts- Gemeinschaft ab. WählerInnenstimmen) abgelehnt. raums (EWR) tritt in Kraft. 15./16. Dezember: Gipfel in Laeken. Die 16./17. Juni: Nach den negativen Referen- 30. März: Abschluß der Beitrittsverhand- EU-Staats- und Regierungschefs verab- den in Frankreich und den Niederlanden lungen mit Österreich in Brüssel. schieden eine „Erklärung über die Zukunft beschließt der Rat in Brüssel, vorerst keine 5. Mai 1994: Der österreichische National- der Europäischen Union“ (EU). Sie soll die weitere Ratifizierung durchzuführen. rat nimmt das Bundesverfassungsgesetz Grundlage für die nächsten EU-internen 3. Oktober: Öffnung der Beitrittsverhand- über den Beitritt Österreichs zur Europäi- Reformen vor der Erweiterung bilden. lungen der EU mit der Türkei und Kroatien. schen Union an, am 7. Mai folgt die Ab- Erstmals sollen die Reformen nicht mehr stimmung im Bundesrat. ausschließlich von den Regierungen, son- 2006 – 1. Jänner: Österreich übernimmt zum 12. Juni: In einer Volksabstimmung spre- dern von einem „Konvent“ vorbereitet wer- zweiten Mal die EU-Ratspräsidentschaft. chen sich 66,6 Prozent der Österrrei- den. cherInnen für den Beitritt zur Europäischen Ziel der Reformdiskussion ist auch eine 2007 – 1. Jänner: Mit Bulgarien und Union aus. Verfassung für die Europäische Union. Rumänien erhält die EU zwei neue Mit- 24. und 25. Juni: Tagung des Europäischen gliedsstaaten. Rates in Korfu. Unterzeichnung der Bei- 2002 – 1. Januar: Die Euromünzen und - 18./19. Oktober: Auf dem Gipfel in Lissa- trittsakte Österreichs. scheine werden in den zwölf Mitglieds- bon einigen sich die europäischen Staats- staaten (Belgien, Deutschland, Finnland, und Regierungschefs auf den Wortlaut des 1995 – 1. Januar: Beitritt Österreichs, Finn- Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, neuen „Vertrags von Lissabon“ lands und Schwedens zur Europäischen Luxemburg, Niederlande, Österreich, Por- 13. Dezember: Der Vertrag von Lissabon Union. tugal und Spanien) in Umlauf gebracht. wird unterzeichnet. Er ist darauf angelegt, 26. März: Das Schengener Übereinkommen 28. Februar: Die nationalen Münzen und die EU demokratischer, effizienter und zwischen Belgien, Frankreich, Deutsch- Banknoten verlieren ihre Gültigkeit. transparenterer zu machen und außerdem land, Luxemburg, den Niederlanden, Por- 28. Februar: Der EU-Konvent tritt in den zu befähigen, globale Herausforderungen tugal und Spanien tritt in Kraft. Räumen des Europäischen Parlaments in anzugehen. Bevor der Vertrag in Kraft tre- Brüssel zum ersten Mal zusammen. ten kann, muß er von jedem einzelnen der 1997 – 2. Oktober: Die Außenminister der 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union 2003 – 17. Februar: Der Vertrag von Nizza unterzeichnen den Vertrag von Amsterdam. tritt in Kraft. 2009 – 1. Dezember: Der Vertag von 13. Juni: Der EU-Konvent einigt sich über Lissabon tritt in Kraft. 1998 – 1. Juli: Beginn der ersten österrei- einen Textentwurf für eine europäische chischen EU-Ratspräsidentschaft. Verfassung. 2010 – Im Zuge der Finanzkrise ist die 20. Juni: Beim EU-Gipfel in Porto Karras Zustimmung der BürgerInnen zum Projekt 1999 – 1. Januar: Elf Mitgliedsstaaten der zeichnet sich ab, daß der Entwurf zur EU- Europa auf einem Tiefpunkt angelangt: Nur Europäischen Union führen den Euro als Verfassung von den Regierungschefs grund- 49 Prozent der EuropäerInnen halten die Buchwährung ein. sätzlich angenommen wird. Mitgliedschaft ihres Landes in der EU für 1. Mai: Der Vertrag von Amsterdam tritt in 12./13. Dezember: Scheitern des Verfas- eine gute Sache, in Österreich sogar nur Kraft. Er stützt sich auf den Vertrag von sungsgipfels in Brüssel nach der Blockade 36 Prozent. Maastricht und umfaßt Vorhaben zur Re- Polens und Spaniens gegen ein neues form der EU-Organe, zur Stärkung der Abstimmungssystem im EU-Ministerrat. 2011 – Der von Frankreich und Deutsch- Stellung Europas in der Welt und zur För- land forcierte Plan einer stärker europäisch derung der Beschäftigung und der Bürger- 2004 – 1. Mai: Die EU bekommt 10 neue koordinierten Wirtschaftspolitik wird von rechte. Mitgliedsstaaten: Zypern, die Tschechische der EU aufgenommen. Nach einem Son- Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Li- dergipfel erklärt EU-Ratspräsident Rom- 2000 – 7. Dezember: Europäischer Rat in tauen, Malta, Polen, die Slowakische puy, daß man eine gemeinsame Wirtschafts- Nizza: Der Rat berät u.a. über die Erweite- Republik und Slowenien. regierung auf den Weg bringen wolle. rung der EU, die Europäische Sicherheits- 17./18. Juni 2004: Im Rahmen der Tagung Österreichs Regierung lehnt die Idee ab und Verteidigungspolitik, die Koordinie- des Europäischen Rates von Brüssel eini- und kritisiert, daß dies eine Änderung der rung der Wirtschaftspolitik und die Euro- gen sich die 25 Staats- und Regierungs- EU-Verträge erfordern würde. päische Sozialagenda, die gebilligt wird. chefs auf einen endgültigen Text der Die Regierungskonferenz endet mit der po- Europäischen Verfassung 2013 – Am 1. Juli tritt Kroatien als 28. Mit- litischen Einigung über den Vertrag von 29. Oktober: Die Staats- und Regierungs- gliedsstaat der Europäischen Union bei. Nizza. Am Rande des Gipfels proklamieren chefs der Europäischen Union unterzeich- Letztes Update: 10/2014 die Präsidenten des Europäischen Parla- nen in Rom die erste europäische Verfas- Quelle: http://www.demokratiezentrum.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 14 Österreich, Europa und die Welt Malmström wirbt für TTIP EU-Handelskommissarin erwartet positive Auswirkungen für Österreichs Wirtschaft und Beschäftigung – Abgeordnete skeptisch

as Freihandelsabkommen zwischen der DEuropäischen Union und den USA (TTIP) bleibt weiter umstritten. Dies wurde einmal mehr am 20. Jänner beim Gespräch zwischen der EU-Handelskommissarin Ce- cilia Malmström mit österreichischen Abge- ordneten im Parlament deutlich. Malmström zufolge ist TTIP eine gute Sache für Öster- reich. Sie erwartet sich vor allem positive Effekte für Wachstum und Beschäftigung und bekannte sich im Übrigen zu größtmög- licher Transparenz über die Verhandlungen. Die VertreterInnen der Fraktionen konnten sich der optimistischen Einschätzung Malm- ströms nicht ungeteilt anschließen und zeig- ten vor allem auf, daß in den Bereichen In- vestorenschutz und Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel noch Klärungsbedarf besteht.

Kopf: TTIP muß vom Parlament ratifiziert werden Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf, der in seiner Funktion als Obmann des Ständigen Unterausschusses des Hauptaus- schusses in EU-Angelegenheiten das Treffen leitete, bedauerte, TTIP habe sich zu einem Kommunikationsdesaster entwickelt, begrüß- te aber die nunmehr zu Tage tretende neue Offenheit der Europäischen Kommission und ortete zudem ein stärkeres Problembewußt- sein Brüssels. Klar war für Kopf, daß es sich bei TTIP um ein sogenanntes gemischtes Ab- kommen handelt, das demnach auch der Ratifikation durch die nationalen Parlamente bedarf.

Sorge um Lebensmittelstandards und Foto: Parlamentsdirektion / BKA Georg Stefanik regionale Herkunftsbezeichnungen Besuch von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Aussprache mit Mitglie- dern des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in EU-Angelegen- Die Abgeordneten konfrontierten Malm- heiten und Mitgliedern des EU-Ausschusses des Bundesrates. ström mit jenen Bedenken und Vorbehalten, von denen die österreichische Debatte über Lasten der kleinen landwirtschaftlichen Be- Wort noch nicht gesprochen. Für die SPÖ TTIP gekennzeichnet ist. So sorgte sich triebe warnte. Skepsis überwog auch beim äußerten Kai Jan Krainer und Christoph Matz- ÖVP-Mandatar Hermann Schultes um die außenpolitischen Sprecher der FPÖ, Johan- netter die Befürchtung, die vorgesehenen In- Zukunft der hochwertigen heimischen land- nes Hübner, der im Gefolge der Konkurrenz vestitionsschutzklauseln könnten zu einem wirtschaftlichen Produktion und rief ebenso mit der US-Agroindustrie Probleme auf die Absenken der hohen europäischen Rechts- wie Rainer Hable von den NEOS zum Schutz kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft schutzstandards führen. er- der regionalen Herkunftsbezeichnungen auf. zukommen sah. innerte Malmström seitens der Grünen an ÖVP-Bundesrat Martin Preineder wollte die die einstimmige Entschließung des National- hohen österreichischen Lebensmittelstandards Schwere Bedenken gegen rats, in der eben diese Bedenken formuliert gesichert wissen, während Grünen-Landwirt- Investitionsschutzklauseln werden. Rouven Ertlschweiger vom Team schaftssprecher Wolfgang Pirklhuber vor Auch in Sachen Investorenschutz ist für Stronach brachte seine Kritik am Investo- Dumping amerikanischer Großkonzerne zu die österreichischen Abgeordneten das letzte renschutz mit den Worten auf den Punkt, die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 15 Österreich, Europa und die Welt Foto: Parlamentsdirektion / BKA Georg Stefanik v.l.: Nationalratsabgeordneter Wolfgang Pirklhuber (Grüne), EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, Zweiter Nationalrats- präsident Karlheinz Kopf (ÖVP), Bundesrat Martin Preineder (ÖVP) und Nationalratsabgeordnete Angelika Winzig (ÖVP)

EU habe sich in diesem Bereich von den fentlichen Dienstleistungen seien sogar ex- Europastunde zum Thema TTIP im Natio- USA über den Tisch ziehen lassen. plizit vom Abkommen ausgenommen. Ge- nalrat betont, daß unsere hohen Standards in Wichtig für die Volkspartei war zudem, plant ist zudem die Erstellung einer Liste von Sachen Soziales, Umweltpolitik, Lebensmit- daß das Abkommen, wie Angelika Winzig geschützten regionalen Herkunftskennzeich- telsicherheit und ArbeitnehmerInnenrechte und Wolfgang Gerstl betonten, positive Wir- nungen für landwirtschaftliche Produkte. Da- nicht ausgehöhlt werden dürfen. „Man muß kungen auf die KMU entfalte. Namens der durch soll sichergestellt werden, daß Tiroler nicht darauf warten, daß Konzerne mit milli- Sozialdemokraten stellte Christine Muttonen Speck nur aus Tirol und Feta-Cheese nur aus onenschweren Schadenersatzklagen Druck schließlich klar, TTIP dürfe nicht zu einer Griechenland kommt. Beim Investorenschutz ausüben. Sondern man muß jetzt sagen, daß Gefährdung der öffentlichen Dienstleistun- gebe es noch keine endgültige Entscheidung. man ein Freihandelsabkommen will, das so- gen im Bereich der Daseinsvorsorge führen. Unter bestimmten Bedingungen sollte dieser zial, umweltfreundlich und fair ist. Und daß aber Teil des Vertrags werden, meinte Malm- man ein Abkommen nicht unterschreiben Malmström: TTIP bringt ström und wies in diesem Zusammenhang wird, das diesen Kriterien nicht genügt – Österreich Wachstum und Jobs auf entsprechende Wünsche der USA hin. auch die Frage der Sondergerichte ist hier Gerade ein kleines, exportorientiertes entscheidend“, sagte Faymann. Er sehe es Land wie Österreich werde von TTIP profi- TTIP bedarf der Zustimmung als „persönlichen Auftrag, daß die Freihan- tieren, zeigte sich Cecilia Malmström über- durch die nationalen Parlamente delsabkommen CETA und TTIP von den na- zeugt. Das Abkommen werde Jobs und Inve- Die Kommissarin kündigte mit Nach- tionalen Parlamenten zu ratifizieren sind“, stitionen bringen, unterstrich sie und rechne- druck an, die EU werde bei sämtlichen Ver- so Faymann, der sich wünscht, daß das „alle, te dabei mit 23.500 zusätzlichen Arbeitsplät- handlungsschritten maximale Transparenz die Österreich vertreten, auch so sehen“. Den zen. Von den neuen Reglementierungen und walten lassen. In diesem Sinn sei auch das Entschließungsantrag des Parlaments zu der Beseitigung der bestehenden Handels- aktuelle Treffen zu sehen gewesen. Wichtig TTIP, der sich klar gegen Sonderklagsrechte schranken werden ihrer Einschätzung nach erachtete Malmström zudem eine Einbin- richtete, teilte der Kanzler „zu hundert in besonderem Maß auch die Klein- und dung der Zivilgesellschaft in den Diskus- Prozent“. Mittelbetriebe profitieren, dies vor allem im sionsprozeß. Abgeschlossen soll das Vertrags- Der Bundeskanzler betonte, daß Handels- ökologischen Bereich sowie in den Sektoren werk noch in der Zeit der Obama-Admini- abkommen per se nicht falsch seien, die Fahrzeugindustrie und pharmazeutische Pro- stration werden. Im Übrigen ging Malm- Rahmenbedingungen aber stimmen müssen. duktion. ström davon aus, daß TTIP als gemischtes In Sachen CETA (Freihandelsabkommen Abkommen der Ratifikation durch die natio- zwischen Kanada und EU) und TTIP müs- EU-Kommissarin kündigt Liste nalen Parlamente bedarf, meinte aber, eine sten die Ergebnisse der Verhandlungen da- regionaler Herkunftsbezeichnungen an vorläufige Anwendung wäre möglich und hingehend streng geprüft werden, ob die so- Was nun die Sorge um die Erhaltung der entspräche der auch bei anderen Abkommen zialen, umwelt- und konsumentenpolitischen hohen heimischen Standards betrifft, gab geübten Praxis. Das letzte Wort hätten aber Rechte gestärkt und nicht geschwächt wer- Malmström Entwarnung. Bei Gentechnik auch in diesem Fall die Parlamente. den. Auch die Frage der Sondergerichte sei oder Hormonen im Fleisch werde TTIP nicht von entscheidender Bedeutung: „Es geht in die nationalen Gesetze eingreifen, wie sie Faymann: Gegen Aushöhlung darum, daß sich Europa positiv weiterent- versicherte. Die hohen österreichischen Le- unserer hohen Standards und wickelt, anstatt Konzernen Mittel zur Ver- bensmittelstandards würden ebenso wenig gegen Sonderklagsrechte fügung zu stellen, um mit Millionenklagen bedroht wie die Leistungen der Daseinsvor- Tags darauf, am 21. Jänner, hat Bundes- Gesetzgeber, sowie Klein- und Mittelbe- sorge, etwa die Wasserversorgung. Die öf- kanzler Werner Faymann in der Aktuellen triebe unter Druck zu setzen.“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 16 Österreich, Europa und die Welt

Für den Bundeskanzler ist auch klar, daß es jetzt gelte, die politische Diskussion zu führen und nicht erst am Schluß. „Ob es Klauseln und Sonderklagsrechte gibt, ent- scheidet sich jetzt. Jetzt entscheidet sich in der Debatte, ob die nationalen Parlamente das letzte Wort haben. Und es entscheidet sich jetzt auch die Frage, ob die hohen euro- päischen Qualitätsstandards auch in Zukunft gelten.“ Der Kanzler appellierte daher: „Em- pören wir uns jetzt und sagen wir klar und deutlich, was wir wollen. Ich werde das tun – und wenn wir das gemeinsam tun, sind wir stärker!“, so der Appell des Bundeskanzlers. Im Entschließungsantrag des Parlaments zu TTIP sei alles deutlich formuliert – die Fragen von Standards, Transparenz und Ra- tifizierung genauso wie die Nicht-Erkenn-

barkeit der Sinnhaftigkeit von Sonderklags- Foto: BMWFW / Georges Schneider rechten. „Das gilt auch für mich aus heutiger EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und BM Reinhold Mitterlehner Sicht“, betonte Faymann, der den Antrag an die Präsidenten von EU-Kommission, EU- neut über die Bedenken des Nationalrats und terlehner für eine qualitative Weiterentwick- Rat und EU-Parlament weitergeleitet hat. Der sprach sich für eine vertiefte Diskussion die- lung und einen offenen Verhandlungsprozeß Kanzler betonte auch, daß er sich im letzten ser Frage sowie neuer Ansätze aus. „Wir aus. Darüber hinaus gehe Österreich nach EU-Rat klar gegen Investorenschutzklauseln werden nur dann Vertrauen für das Abkom- wie vor davon aus, daß TTIP ein „gemisch- ausgesprochen hat – auch weil die Rechtssy- men gewinnen, wenn die Ergebnisse der öf- tes Abkommen sein wird, das sowohl vom steme in den USA und in der EU stark genug fentlichen Konsultation berücksichtigt wer- EU-Parlament, als auch von den nationalen sind. den und ein neuer qualitativer Anlauf unter- Parlamenten ratifiziert werden muß“, so nommen wird, der transparent und rechts- Mitterlehner. „ Mitterlehner: Gut gemachte Handelsab- staatlich ausgerichtet ist“, sprach sich Mit- Quellen: Parlamentskorrespondenz, SPÖ, BMWFW kommen stärken Exportland Österreich Vizekanzler und Wirtschaftsminister Rein- hold Mitterlehner hat EU-Handelskommis- Ministerratsbeschluß über Besetzung sarin Cecilia Malmström anläßlich deren von Leitungsfunktionen im Ausland Wien-Aufenthalts zu einem Arbeitsgespräch getroffen. „Wir begrüßen, daß der Kontakt uf Antrag von Außenminister Sebastian  Mag. Gernot Pfandler, Österreichische mit den Mitgliedsstaaten intensiviert wird, AKurz wurde in der Sitzung des Mini- Botschaft Pristina, weil bestimmte Probleme wie Transparenz, sterrates vom 13. Jänner die Neubesetzung  Dr. Johann Brieger MBA, Österreichi- Standards und Investitionsschutz erkannt von mehreren österreichischen Vertretungs- sche Botschaft Rabat und Mitakkreditie- wurden. Ein starkes Exportland wie Öster- behörden beschlossen. rung als ao. u. bev. Botschafter in der reich profitiert von gut gemachten Handels- Dabei wurde vorgeschlagen, folgende Islamischen Republik Mauretanien, abkommen, aber die Qualität muß stimmen“, Personen mit Leitungsfunktionen im Aus-  Mag. Renate Kobler, Österreichische betonte Mitterlehner. land zu betrauen: Botschaft Skopje, Die Transparenz müsse trotz einiger Fort-  Mag. Dr. Andreas Wiedenhoff, Österrei-  Direktorin Mag. Doris Danler, Österrei- schritte weiter gestärkt werden. „Wir brau- chische Botschaft Agram, chische Botschaft Tallinn, chen auch bei künftigen Verhandlungen mehr  Mag. Dr. Michael Desser, Österreichi-  Mag. Martin Weiss, Österreichische Bot- Offenheit, um das Vertrauen der Bürgerin- sche Botschaft Amman und Mitakkre- schaft Tel Aviv, nen und Bürger zu erhalten“, so Mitterleh- ditierung als ao. u. bev. Botschafter in der  Dr. Michael Schwarzinger, Österreichi- ner. Auch die Frage der Standards sei in die- Republik Irak, sche Botschaft Valletta, sem Sinne zu erörtern, obwohl eine Absiche-  Mag. Andrea Ikic-Böhm, Österreichische  Mag. Dr. Wolfgang Waldner, Österreichi- rung durch das „right to regulate“ gegeben Botschaft Athen, sche Botschaft Washington und Mitak- ist. „Demnach kann jeder Vertragspartner  Mag. Martin Falb, Österreichische Bot- kreditierung als ao. u. bev. Botschafter im das Schutzniveau selbst festlegen, um zum schaft Bern, Commonwealth der Bahamas. Beispiel die hohen nationalen Standards bei  Mag. Jürgen Meindl, Österreichische Lebensmitteln, Umwelt, Konsumentenschutz Botschaft Brüssel, Die Betrauung mit den genannten Leitungs- oder Arbeitsrecht zu sichern“, bekräftigt  MMag. Gregor Schusterschitz, Österrei- funktionen erfolgt nach Einholung des erfor- Mitterlehner die Position Österreichs. chische Botschaft Luxemburg, derlichen Agréments des Empfangsstaates Beim Thema Investitionsschutz infor-  Mag. Wolfgang Spadinger, Österreichi- und nach Ausstellung des Beglaubigungs- mierte Mitterlehner die EU-Kommissarin er- sches Generalkonsulat Mailand, schreibens durch den Bundespräsidenten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 17 Österreich, Europa und die Welt Zukunft kann nur entstehen, wo man aus Vergangenheit lernt Gespräch zum Internationalen Holocaust-Gedenktag im Parlament Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Markus Wache Veranstaltung aus Anlaß des Internationalen Holocaust-Gedenktages: ein Blick in den Nationalratssitzungssaal ie hätte ich gedacht, im österreichischen lange gedauert, bis Österreich bereit war, mit der nächsten Generation auseinanderset- NParlament einmal ein solches Gespräch sich seiner Vergangenheit zu stellen. Dazu zen müsse, denn hier stehe weniger das Ver- führen zu können“, sagte ein tief bewegter bedurfte es erst der so genannten „Wald- zeihen im Mittelpunkt als der Versuch, neue Ari Rath am 27. Jänner im Gespräch mit heim-Affäre“, stellte Rath fest. Er erinnerte Verbindungen zwischen Menschen aufzu- Moderator Michael Kerbler. Bei der Ge- in diesem Zusammenhang auch an einen bauen, sagte Rath. denkveranstaltung im Sitzungssaal des öster- Satz, den Bundeskanzler Franz Vranitzky reichischen Nationalrat anläßlich des Inter- anlässlich seines Besuchs in der Gedenk- Aufbruch ins Ungewisse im Jahr 1938 nationalen Holocaust-Gedenktages erörter- stätte Yad Vashem formuliert hatte: „Die Im Rahmen der Gedenkveranstaltung ten Rath und Kerbler die schwierigen Fragen Gefahr ist noch nicht gebannt, wir müssen hatten auch Jugendliche die Gelegenheit, des Erinnerns, des Verzeihens und der Ver- wachsam sein.“ Auch heute gebe es politi- ihre Fragen an Ari Rath zu richten. Berna- drängung und welche Lehren aus der Ver- sche Entwicklungen, die ihn mit Sorge erfül- dette Höbart-Schiessl, Christina Kroiß und gangenheit für das Heute gezogen werden len, stellte Rath fest. Saraya Schwarzenecker, Schülerinnen der können. Es sei seine feste Überzeugung, dass man BAKIP 7 Marta Salvatoris, interessierten Er habe lange gezögert, die österreichi- die Geschichte nicht verdrängen dürfe. „Die sich dafür, wie Rath die Zeit des Anschlusses sche Staatsbürgerschaft wieder anzunehmen, Wurzeln der Zukunft liegen in der Vergan- und seine Auswanderung erlebt hat und wie als ihm dieses Angebot gemacht wurde, be- genheit“, zitierte Rath einen Freund, den ame- ihm im Vergleich dazu Wien heute erscheint. richtete Rath. Grund dafür waren Erfahrun- rikanischen Reformrabbiner Herbert A. Fried- 1925 in Wien als Arnold Rath geboren, gen, die sich tief eingeprägt hatten. Dazu man. Zukunft könne erst entstehen, wo die wuchs Ari Rath im Wiener Alsergrund auf. gehört etwa die große Begeisterung, mit der Bereitschaft vorhanden ist, aus der Vergan- Als Schüler war er schon vor 1938 dem Wie- sich nach dem „Anschluß“ viele Österrei- genheit zu lernen. Verzeihen sei eine schwie- ner Alltags-Antisemitismus ausgesetzt. Schon cherInnen daran machten, ihre jüdischen rige Sache, wenn es um eigentlich Unver- 1934 ordnete der damalige Unterrichtsmi- NachbarInnen auszuplündern und zu demü- zeihliches geht, darüber waren sich Rath und nister Kurt Schuschnigg an, jüdische Schü- tigen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe es Kerbler einig. Sein Zugang sei, daß man sich lerInnen nach Möglichkeit in eigenen „Ju-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 18 Österreich, Europa und die Welt Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Markus Wache Veranstaltung aus Anlaß des Internationalen Holocaust-Gedenktages: Ari Rath im Gespräch mit Michael Kerbler und Schü- lerInnen – Gruppenfoto mit der teilnehmenden Schulklasse, Nationalratspräsidentin Doris Bures (links neben) und Ari Rath denklassen" zusammenzufassen, erinnerte ihm auch heute noch nicht leicht, über diese Zu seiner Geburtsstadt Wien hat Ari Rath sich Rath. Nach dem sogenannten „An- Vergangenheit zu reden. Aber er sehe es als ein gespaltenes Verhältnis, das sich - wie er schluß“ war es für ihn die zentrale Erfah- eine wichtige Aufgabe, als Zeitzeuge für das auch in seiner Autobiographie mit dem Titel rung, „über Nacht vom Menschen zur Un- Gespräch mit Jugendlichen zur Verfügung „Ari heißt Löwe“ schildert – erst in den letz- person geworden zu sein“ und als solche der zu stehen. So lange es ihm noch möglich sei, ten Jahren etwas entspannter gestaltet. Erst- Willkür und Verfolgung ausgesetzt. Dies än- werde er diese übernehmen. mals besuchte er seine ehemalige Wohnung derte die Haltung gegenüber dem Zionismus in der Porzellangasse 50 zwar bereits 1948 und Palästina völlig. Bis 1938 habe unter Ari Rath wieder, aber erst seit den kritischen Gedenk- den Wiener JüdInnen und damit auch in sei- wurde am 6. Januar 1925 als Sohn einer jüdi- feiern des Jahres 1988 und seiner Pensionie- ner Familie die Haltung vorgeherrscht, daß schen Familie in Wien geboren, wo er auch rung besuchte er Wien wieder regelmäßiger, „einem hier nichts passieren könne“. seine Bar Mitzwah feierte. Die Mutter starb um in den letzten Jahren auch längere Zeit Er und sein Bruder gelangten über einen bereits 1929. Der Einmarsch Hitlers 1938 hier zu verbringen. 2005 nahm er die öster- Kindertransport nach Palästina. „Es war kei- zwang die Familie dann zur Flucht; der reichische Staatsbürgerschaft an. Auch Vor- ne geplante Reise, sondern ein Aufbruch ins Vater, den er erst nach dem Zweiten Welt- träge hielt er bereits öfter in Wien, wie etwa Ungewisse“, erzählte Rath. Damals war er krieg wiedersehen sollte, schaffte es nach 1992 im Rahmen der Wiener Vorlesungen, erst 13 Jahre alt. Er schreibe es seinem star- New York, Ari selbst kam zusammen mit als er zu dem Thema „Vertreibung und Neu- ken Willen zu, daß er sich in den schwierigen seinem Bruder Maximilian mit einem Kin- beginn. Israelische Bürger österreichischer Verhältnisse im damaligen britischen Man- dertransport nach Israel, wo er der zionisti- Herkunft“ als Diskutant eingeladen worden datsgebiet Palästina zurechtfinden konnte. schen Jugendbewegung „Makkabi Hazair“ war, oder 2007 in einem Zeitzeugengespräch Auch dort waren die Verhältnisse alles ande- beitrat und sich in der Kibbuzbewegung en- mit Schülern des Wiener Theresianums. In re als friedlich. Italienische Bomberflugzeu- gagierte. der Spielzeit 2013/14 wirkte er am Wiener ge aus Rhodos konnten Haifa und Tel Aviv Parallel studierte Rath Zeitgeschichte und Burgtheater an der Zeitzeugenproduktion erreichen, und die französischen Truppen in Volkswirtschaft und wandte sich vermehrt „Die letzten Zeugen“ von Doron Rabinovici Libanon und Syrien wurden anfänglich von dem Journalismus zu. Er wurde zu einem der mit, die sich thematisch mit den November- Vichy-treuen Offizieren befehligt und bilde- renommiertesten Journalisten Israels und pogromen des Jahres 1938 beschäftigte. ten ebenfalls eine Gefahr. Augenzeuge vieler historischer Momente Is- Für seine Verdienste um die israelisch- Wenn er heute durch Wien, vor allem die raels, wie der Zusammenkunft Adenauers deutsch/österreichische Verständigung er- ehemalige „Mazzesinsel“, den zweiten und und Ben Gurions im New Yorker Hotel Asto- hielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. das zwanzigsten Bezirk, gehe, so sei das immer ria im Jahre 1960. Seit 1975 als Redakteur, Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft mit einem gewissen Gefühl der Beklem- später als Chefredakteur und Herausgeber und Kunst I. Klasse, 2005 das Deutsche mung verbunden, sagte Rath. Er fühle sich der „Jerusalem Post“, der wichtigsten und Bundesverdienstkreuz, das Goldene Ver- immer „ein wenig wie auf einem Friedhof“, angesehensten englischsprachigen Zeitung dienstzeichen des Landes Wien und das denn die „Stadt ohne Juden“ sei Wirklichkeit Israels, vertrat er in seiner Zeitung immer die Große Ehrenzeichen für Verdienste um die geworden, wenn auch anders, als Hugo Linie eines Nahostfriedensprozesses und Republik Österreich. „ Bettauer sich das vorgestellt habe. Das jüdi- eines friedlichen Nebeneinanders der beiden Lesen Sie auch den Beitrag: „Mailath ehrt sche Leben Wiens, das es heute wieder gebe, Völker. Nach dem Ausscheiden im Jahr Ari Rath mit Goldenem Ehrenzeichen“ auf sei jedenfalls nicht vergleichbar mit dem, 1989 war er freier Publizist und unterrichte- der Seite 26. was es vor 1938 war. Rath betonte, es falle te an der Universität Potsdam. Quellen: Parlaments- und Rathauskorrespondent

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 19 Österreich, Europa und die Welt Soforthilfe für 4500 Familien Bilanz des größten Nothilfeprogramms in der Geschichte von SOS-Kinderdorf Foto: SOS-Kinderdorf / Firoz Kinder beim Mittagessen im indischen SOS-Kinderdorf Nagapattinam

m 26. Dezember 2004 wurde die Kü- dorf Österreich in großartiger Weise: 13.000 auch die Finanzierung des laufenden Be- Astenregion des Indischen Ozeans von Tsunami-Paten, viele Spenderinnen und Spen- triebs aller Tsunami-Projekte auf Jahre gesi- einem verheerenden Tsunami getroffen. Die der, Unternehmen und öffentliche Stellen chert, da Spenden für Unterhaltskosten Flutwellen zerstörten ganze Uferstriche und (u.a. die Länder Tirol und Steiermark sowie zweckgebunden wurden.“ rissen komplette Dörfer mit sich. Es starben die Städte Innsbruck und Graz) spendeten In Sri Lanka hat SOS-Kinderdorf Öster- 230.000 Menschen in elf Ländern, ein Drit- 8,5 Mio. Euro für Projekte in Sri Lanka, In- reich den Wiederaufbau zweier völlig zer- tel der Toten, so UNICEF, waren Kinder. donesien, Indien und Thailand. störter Fischerdörfer in Kayankerni (264 Häu- Dank ihrer langjährigen Präsenz in den be- Neben rascher Soforthilfe wurde damit ser) und Komari (677 Häuser) unterstützt. troffenen Ländern konnte SOS-Kinderdorf der Wiederaufbau zerstörter Fischerdörfer, Die Arbeit dort war besonders schwierig: schnelle und umfassende Hilfe leisten und von Gemeinde- und Sozialzentren sowie Politische, teils blutige Auseinandersetzun- startete das größte Nothilfe- und Wiederauf- Kindergärten unterstützt und der Bau dreier gen, Grundstücks- und Interessenskonflikte, bauprogramm seiner Geschichte. 18 nationa- neuer SOS-Kinderdörfer (von insgesamt sich ständig ändernde gesetzliche Auflagen, le SOS-Kinderdorf-Vereine erhielten dafür sechs) mitfinanziert. Am 24. Jänner 2009 haben die Arbeit vor Ort extrem gefährdet 55,3 Mio. Euro an Tsunami-Spenden. Damit wurde das neue SOS-Kinderdorf in Phuket/ und verzögert. Trotzdem konnte SOS-Kin- konnte SOS-Kinderdorf den Kindern und Thailand eröffnet. „Es ist auch ein Symbol derdorf vielen Familien nachhaltig helfen Familien in den Tsunami-Gebieten nachhal- für die internationale Solidarität. Dort, wo und leistete neben dem Wiederaufbau der tig helfen – mit Soforthilfe und langfristigen neben so vielen Einheimischen auch hunder- Häuser einen wesentlichen Beitrag zur Wie- Projekten in Indien, Indonesien, Sri Lanka te Touristen in den Fluten umgekommen sind, derherstellung der Infrastruktur (Verkehrswe- und Thailand. konnte mit Spenden aus Österreich, Deutsch- ge, Kanalisation, Wasser, Strom). Betroffene land, Schweden, der Schweiz und Luxem- bekamen neue Boote, Netze oder finanzielle 8,5 Mio Euro Spenden für die burg ein neues Zuhause für mehrere Gene- Starthilfe für den Aufbau einer neuen Exi- Tsunami Hilfe aus Österreich rationen von Kindern geschaffen werden“, stenz. Neun Sozialzentren, sechs Kinderta- Die österreichische Bevölkerung, die berichtet Christian Moser, Geschäftsführer gesstätten und drei Familienstärkungspro- Privatwirtschaft und die öffentliche Hand von SOS-Kinderdorf Österreich und ergänzt: gramme mit Fokus auf Ernährung, Gesund- unterstützten die Aufrufe von SOS-Kinder- „Durch gute Planung und Koordination ist heit, Ausbildung und pädagogische Beglei-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 20 Österreich, Europa und die Welt tung wurden ins Leben gerufen. Das Wie- deraufbauprogramm in Kayankerni und Ko- mari wurde mit 31. Dezember 2013 beendet und erfolgreich an die lokalen Gemeinden übergeben. „Wir haben gehalten, was wir verspro- chen haben“, sagt Divakar Ratnadurai, stell- vertretender Direktor und Nothilfekoordina- tor von SOS-Kinderdorf in Sri Lanka. „Man kann den Verlust geliebter Menschen nie wettmachen, aber die materiellen Verluste so gut es geht ersetzen und nachhaltige soziale Projekte anstoßen!“ Und diese Arbeit trägt Früchte: Kinder erhalten nun wieder gute Schulbildung. Mädchen dürfen sich, anstatt im Alter von 14 Jahren verheiratet zu werden, auf die Reifeprüfung vorbereiten. Bildung schützt Mädchen auch vor Mißbrauch, dem sie bisher durch Touristen oft schutzlos aus- geliefert waren. Auch verbesserte Hygiene- Das blieb nach dem Tsunami vom 26. Dezember 2004: totale Verwüstung… standards tragen zur positiven Entwicklung bei.

Die Gesamtbilanz zehn Jahre nach dem Tsunami Sowohl die Soforthilfe als auch die neu ins Leben gerufenen Projekte haben die Regionen nachhaltig geprägt und tragen zur Verbesserung der Lebenssituation vor Ort bei. Kinder haben ein neues Zuhause gefun- den und wurden mit Umsicht dabei unter- stützt, ihre traumatischen Erlebnisse besser zu verarbeiten. Familien, die auseinanderge- rissen wurden, können wieder ein eigenstän- diges Leben führen und sind wieder in der Lage für ihre Familie zu sorgen und sie zu ernähren. Es war ein langer, steiniger Weg durch die letzten zehn Jahre. Auch wenn die Bilder der Verwüstung noch lange in den Köpfen sind, haben inzwischen Hoffnung und Zuversicht wieder ihren Platz gefunden. Fotos: SOS-Kinderdorf / Viktor Trager SOS-Kinderdorf Soforthilfe … heute können dort Kinder – zum Beispiel – unbeschwert lernen.  Nothilfe-Aktionen: SOS-MitarbeiterIn- nen verteilten Nothilfe-Pakete. Familien fügung gestellt, wobei sich durchschnitt- Schutz bei etwaigen Umweltkatastro- erhielten Nahrungsmittel, Kleidung, Schul- lich vier bis fünf Familien ein Boot teil- phen. materialien und Startgeld zum Wieder- ten.  Schulen: SOS-Kinderdorf errichtete eine aufbau ihrer Existenz. SOS-Kinderdorf  Notunterkünfte für 274 Familien und Grundschule in Thailand und unterstützte erreichte damit 4500 Familien, 23.000 rund 1370 Menschen wurden geschaffen. maßgeblich den Wiederaufbau einer Kinder und Erwachsene und betreute 850 staatlichen Sekundarschule in Sri Lanka. unbegleitete Kinder. SOS-Kinderdorf Wiederaufbau  Kindertagesstätten: SOS-Kinderdorf  Häuser: SOS-Kinderdorf hat an 15 Stand- Neue SOS-Kinderdörfer errichtete Trauma-, Schutz- und Aktivi- orten 2232 Wohnhäuser für 11.079 Men- und SOS-Einrichtungen tätszentren für Kinder im Katastrophen- schen errichtet.  Sechs neue SOS-Kinderdörfer: Insge- gebiet. In elf Tagesstätten wurden mehr  Gemeindezentren: In 18 Gemeinde- samt konnten mit den Spendengeldern als 1800 Kinder von SOS-Mitarbei- zentren werden Kinderbetreuung, medi- sechs neue Kinderdörfer errichtet wer- terInnen betreut. zinische Versorgung, Erwachsenenbil- den: zwei SOS-Kinderdörfer in Indien  Fischerboote: SOS-Kinderdorf hat 343 dung und Familienhilfe angeboten. Zu- (Pondicherry, Nagapattinam), drei SOS- Fischerboote für 1120 Familien zur Ver- dem bieten die Zentren auch in Zukunft Kinderdörfer in Indonesien (Medan,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 21 Österreich, Europa und die Welt

Meulaboh, Banda Aceh), ein SOS-Kin- cole: „Wir freuten uns so sehr darauf, in der geglückte Kindheit und Jugend mit Perspek- derdorf in Thailand (Phuket). 830 Kinder Dorfgemeinschaft mit all den anderen SOS- tiven für eine hoffnungsvolle Zukunft. Die haben in den sechs SOS-Kinderdörfern Familien zu leben“, erzählt sie. Kinder und Jugendlichen werden bis zur Selb- ein neues Zuhause. Kindergärten, Ju- Der neunjährige Charles gehört zu Nico- ständigkeit betreut. Zahlreiche neue pädago- gendeinrichtungen und Berufsbildungs- les Familie. Als er vor vier Jahren als Erdbe- gisch-therapeutische und präventive Ange- zentren gehören zum erweiterten Ange- benwaise ins SOS-Kinderdorf kam, brauchte bote und Programme bieten jungen Men- bot. Das ursprünglich geplante SOS- schen und Familien in Krisen auch kurz- und Kinderdorf an der Ostküste von Sri Lan- mittelfristig Betreuung und Beratung bzw. ka konnte wegen des Bürgerkrieges lei- Therapie an. der nicht realisiert werden.  SOS-Sozialzentren und SOS-Familien- Mutter, Geschwister, Haus, Dorf hilfe: In zwei Sozialzentren in Sri Lanka Die SOS-Kinderdorf-Idee beruht auf vier und einem in Indien erhalten Familien einfachen Prinzipien, die bis heute die SOS- nach wie vor Unterstützung in der Er- Kinderdörfer um die ganze Welt begleiten: ziehung sowie der medizinischen Betreu- „Mutter, Geschwister, Haus, Dorf“. Jedes ung ihrer Kinder. In weiteren Angeboten Kind soll unter einem Dach mit einer Mutter, der insgesamt acht Familienstärkungs- einem Vater, mit Eltern und Geschwistern in programme (drei davon in Indonesien, einer Dorfgemeinschaft aufwachsen. Eine drei in Indien und zwei in Sri Lanka) kön- Idee, die seit mehr als fünf Jahrzehnten welt- nen die betroffenen Familien ebenfalls weit funktioniert, unabhängig von Gesell- nachhaltige Hilfe erhalten. schaft, Kultur und Religion. Derzeit werden in Österreich in elf SOS- Neues SOS-Kinderdorf für Haiti Kinderdörfern, 22 Jugend-Wohngemeinschaf- Am 10. Jänner wurde in Le Cayes im ten, zwei Flüchtlingsprojekten und sechs Südwesten Haitis das dritte SOS-Kinderdorf Nachbetreuungsstellen 1340 junge Menschen des Landes feierlich seiner Bestimmung betreut. Mehr als 3500 werden kurz-/mittel- Foto: SOS Kinderdorf / Danielle Peirera übergeben – fast auf den Tag genau fünf Jah- fristig in neun Kinderwohngruppen (Krisen- In vielen neuen SOS-Gemeindezentren re nach dem Erdbeben vom 12. Jänner 2010. erhalten bis zu 3000 Kinder Nahrung, pflegeplätze), vier Arbeitsprojekten, fünf Be- Es war mit 220.000 Toten und 1,5 Millionen Bildung und medizinische Versorgung ratungsstellen/Ambulatorien, acht Kinder- Obdachlosen eine schreckliche Katastrophe als unterstützende, Familien stärkende gärten und einem medizinischen Zentrum Programme für sozial schwache und und immense Belastung für die Menschen in gefährdete Familien. („Bienenhaus“) betreut und unterstützt. einem der ärmsten Länder der Welt. Die Er- International gelten die SOS-Kinder- öffnung des neuen SOS-Kinderdorfes steht er lange, um sich an die neue Situation zu dörfer als humanitäre Botschafter für die An- für die Philosophie der Nothilfeprogramme gewöhnen. Aufgrund seines Traumas war er liegen der Kinder in der Welt. SOS-Kinder- von SOS-Kinderdorf, die nach rascher So- in der Schule unkonzentriert und hatte große dorf ist heute in 133 Ländern aktiv, es gibt forthilfe in mittelfristige und dauerhafte Probleme. Es war Nicole, die ihm geduldig knapp 500 SOS-Kinderdörfer, 1147 SOS- Projekte übergehen. zur Seite stand, mit ihm übte und sein Selbst- Familien- und Jugendprogramme sowie Unmittelbar nach dem Beben wurden 400 bewußtsein stärkte. „Immer und immer wie- 1172 begleitende Projekte (Kindergärten, alleinstehende Kinder ins – dank stabiler der sagte ich ihm: ,Dein Leben ist nicht zu Schulen, Ausbildungs- und Sozialzentren, Bauweise nur leicht beschädigte – SOS-Kin- Ende, auch wenn deine Eltern tot sind, du Medizinische Zentren, Nothilfeprogramme). derdorf Santo nahe der Hauptstadt Port-au- mußt weitermachen!“‘. Heute ist sie sehr In den SOS-Kinderdörfern und Jugend-ein- Prince gebracht, darunter auch die 33 von stolz auf das, was sie zusammen erreicht ha- richtungen haben über 82.000 Kinder und amerikanischen Missionaren „entführten“ ben: Charles ist ein guter Schüler, sein Lieb- Jugendliche ein dauerhaftes Zuhause. Von Kinder, deren Geschichte für internationales lingsfach ist Geografie. den begleitenden Einrichtungen profitieren Aufsehen sorgte. Diese und viele andere jährlich ca. eine Million Kinder und bedürf- Kinder konnten wieder mit ihren Familien Idee aus Österreich tige Familien. vereint werden. Von den 106 verbliebenen für die Kinder der Welt Kindern wurden 43 auf die zwei bestehen- Das SOS-Kinderdorf ist ein privates, Als privates Sozialwerk den SOS-Kinderdörfer Santo und Cap weltweites, konfessionell und politisch un- auf Spenden angewiesen Haitien aufgeteilt, während für die restlichen abhängiges Sozialwerk – es wurde 1949 von Die Einnahmen von SOS-Kinderdorf in ein neues SOS-Kinderdorf im Süden des Hermann Gmeiner für sozial benachteiligte Österreich stammen zu über 50 Prozent aus Landes gebaut wurde und verwaiste Kinder in Innsbruck gegrün- privaten Beiträgen. Nur dank dieser breiten Sieben SOS-Kinderdorf-Familien mit 63 det und mit dem Bau des ersten SOS-Kin- finanziellen Unterstützung vieler SOS-Kin- Kindern lebten vorerst in angemieteten derdorfes in Imst/Tirol in die Tat umgesetzt. derdorf-Freunde, Privatpersonen und Unter- Häusern in Santo, später in Les Cayes. Im Ziel von SOS-Kinderdorf ist es, Kindern, nehmen, können die SOS-Kinderdörfer Not Oktober letzten Jahres zogen dann die ersten die ohne Eltern aufwachsen müssen, ein leidenden jungen Menschen wirksam und SOS-Kinderdorf-Mütter mit ihren Kindern, neues langfristiges Zuhause, die Wärme und langfristig helfen. Egal in welcher Höhe und alle zwischen neun und 17 Jahren alt, in ihr Geborgenheit einer Familie sowie eine gute wie oft jemand spendet – jeder Euro hilft! „ neues Zuhause ein. Eine von ihnen war Ni- Ausbildung zu geben – als Basis für eine http://www.sos-kinderdorf.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 22 Österreich, Europa und die Welt Casa de la Música Viena »Haus der Musik« in Mexiko eröffnet

as Haus der Musik, ein Unternehmen der DWien Holding, hat im Jahr 2014 als erstes österreichisches Museum einen inter- nationalen Lizenzvertrag abgeschlossen, der die Realisierung eines interaktiven Musik- museums nach Wiener Vorbild ermöglicht hat. Das interaktive Musikmuseum „Casa de la Música Viena“ wurde nun feierlich eröff- net. Es befindet sich in der Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Puebla, zirka 130 km südöstlich von Mexico City.

Internationale musikalische Erfolgsgeschichte Am 13. Januar fand die offizielle Eröff- nung des ersten mexikanischen Klangmu- seums statt. Anwesend waren der Gou- verneur von Puebla, Rafael Moreno Valle, der mexikanische Kulturminister Rafael To- var, der Unternehmer Ricardo Salinas Plie- go, der mexikanische Außenminister José Antonio Meade und die mexikanische Tou- rismusministerin Claudia Ruiz Massieu so- wie Simon K. Posch, der Lizenzgeber und Direktor des Haus der Musik in Wien. Auch die Österreichische Botschafterin in Mexiko, Foto: Frau Eva Hager, der mexikanische Bot- Ehren- und Festgäste strömen zur Eröffnung des »Casa de la Musica«. schafter in Österreich Luis Alfonso de Alba, Jahren als Hauptsitz der Jugendorchester- Die Form und Präsentation ist dem Haus der Konsul Andrés Roemer, Esteban Moctezu- Initiative „Orquestas Sinfónicas Esperanza Musik Wien sehr ähnlich und erfuhr regio- ma, Präsident der Fundacion Azteca sowie Azteca“. naltypische Adaptionen. zahlreiche hochrangige Vertreter aus Kunst, In seiner Form einzigartige Installationen Kultur, Politik und Presse nahmen an der Das Ausstellungskonzept wie der Virtuelle Dirigent, das Mozartna- feierlichen Eröffnung teil. Das mexikanische Musikmuseum „Casa mensspiel „Namadeus“ oder das multimedi- „Wir sind stolz darauf, daß die Wien de la Música“ präsentiert, wie das Haus der ale Musiktheater „virto|stage“ wurden, wie Holding dazu beitragen konnte, das Konzept Musik Wien, in unterschiedlichen Bereichen das spezifische räumliche Gestaltungskon- und Know-how des Haus der Musik nach Themenschwerpunkte zu Musik und Klang. zept, transferiert und übernommen. Sämt- Mexiko zu transferieren. Die erfolgreiche Eröffnung des ,Casa de la Músical‘ zeigt, daß die Musik aus Wien und das Erleben von Tönen und Klängen etwas ist, das Menschen weltweit begeistert und fasziniert“, so Peter Hanke, Geschäftsführer der Wien Holding. Begleitet wurde die Eröffnung von einem Konzert der jungen Wiener Pianistin Anna Magdalena Kokits, die auch gemeinsam mit Orchester und Chor der „Orquestas Esperan- za Azteca“ spielte. Aus ehemaliger Fabrik wurde „Casa de la Música Viena“ Auf dem Areal von La Constancia Mexicana, der einst größten Textilfabrik südlich der USA mit einer Fläche von rund fünf Hektar, ent- stand das neue Musikmuseum nach Wiener

Vorbild. Die stillgelegte und denkmalge- Foto: Grupo Salinas schützte Fabrik diente bereits seit mehreren Ein Blick ins Innere des »Casa de la Musica«

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 23 Österreich, Europa und die Welt liche Exponate aus dem Haus der Musik wurden in Mexiko 1:1 nach den genauen Vorgaben anhand von Bauplänen, Detailkon- zepten, Fotos und Materialangaben gebaut. Eine wichtige Ergänzung in Mexiko sind Sonderausstellungsflächen, die temporär mit unterschiedlichen musikalischen Inhalten bespielt werden. Hierbei liegt ein immer wiederkehrender Schwerpunkt auf der mexi- kanischen Musik.

Die Projektpartner Initiator dieses Projektes war neben dem Haus der Musik Direktor Simon K. Posch der mexikanische Diplomat, Buchautor, Journalist und Intellektuelle Andrés Roemer, dessen Großvater einst im Jahr 1938 Öster- reich in Richtung Mexiko verlassen mußte und dort eine viel beachtete Karriere als v.l: Luis Alfonso de Alba (Mexikos Botschafter in Österreich), Simon K. Posch Orchester-Dirigent machte. (Direktor Haus der Musik Wien), Ricardo Salinas Pliego (Unternehmer), José Antonio Meade (Außenminister von Mexico), Rafael Moreno Valle (Gouverneur von Getragen und vor allem finanziert wurde Puebla), Eva Hager (Österreichs Botschafterin in Mexiko) das Projekt „Casa de la Música Viena“ in Mexiko durch ein PPP-Modell. Dies ist der Bundesstaat Puebla, der Bund mit seiner Kulturabteilung Conculta und der private Investor Fundación Azteca, die Stiftung des Unternehmers Ricardo Salinas.

Die Philosophie hinter der Idee Das übergeordnete Ziel, Kindern und Jugendlichen über die musikalische Ausbil- dung bessere Möglichkeiten für ihren weite- ren Lebensweg zu eröffnen, ist ein wesentli- ches Anliegen, das die Fundación Azteca der Grupo Salinas und alle involvierten Partner, wie auch das Haus der Musik in Wien, gleichermaßen und aus tiefster Überzeugung verfolgen. In Mexiko wird diesem Projekt, das speziell Kindern und Jugendlichen, aber v.l: Rafael Moreno Valle (Gouverneur von Puebla), Ricardo Salinas Pliego (Unter- nehmer), Simon K. Posch (Direktor Haus der Musik Wien) und Rafael Tovar (Kul- auch dem Ausbau des kulturtouristischen turminister Mexico) Angebotes zugutekommen soll, ein großer Stellenwert beigemessen. Für die Zukunft ist auch ein reger bilateraler Austausch zwi- schen dem Wiener Haus der Musik und sei- nem mexikanischen Pendant geplant. „Ziel des Haus der Musik ist es, vor allem Kindern und Jugendlichen Begeisterung, Aufgeschlossenheit und Wissen im Umgang mit Musik zu vermitteln. Die Errichtung des Casa de la Musica in Mexiko ist eine unver- gleichliche Chance, diese Idee weiterzutra- gen. Das Haus der Musik vermittelt eine Botschaft der Kultur, der Lebensfreude und der Menschlichkeit, die weit über Wien hin- ausstrahlt, und ermöglicht einen Zugang zur Kultur über die Musik, über jede Grenz- und

Sprachbarriere hinweg“, so Simon K. Posch, Fotos: Casa de la Musica Direktor des Hauses der Musik. „ Das mexikanische Musikmuseum präsentiert, wie das »Haus der Musik Wien«, in http://www.hdm.at unterschiedlichen Bereichen Themenschwerpunkte zu Musik und Klang.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 24 Österreich, Europa und die Welt Landeshauptmann Pühringer: Arbeit des Konsularischen Korps ist wertvoller Beitrag zur Friedenssicherung im Kleinen Foto: Land OÖ / Stinglmayr uf den hohen Stellenwert der Arbeit des fenen Jahr und dessen Engagement Brücken ger, Landeshauptmann-Stellvertreter Rein- AKonsularischen Korps für menschliche zwischen den Menschen in vielen Bereichen hold Entholzer, der Erste und der Dritte Prä- Verbundenheit, wies Landeshauptmann Jo- von der Wirtschaft bis zur Kultur zu bauen. sident des Landestages Komm.Rat Viktor sef Pühringer am 20. Jänner beim traditio- Insgesamt sind 30 Honorarkonsulen der Sigl und Adalbert Cramer. nellen Neujahrsempfang von Land Oberös- Einladung von Land Oberösterreich und Stadt Seitens der Stadt Linz sind Vizebürger- terreich und Stadt Linz für das Konsu- Linz zu diesem Neujahrsempfang gefolgt. meister Bernhard Baier, Vizebürgermeisterin larische Korps hin. Unter den Ehrengästen befanden sich Karin Hörzig, Stadträtin Komm.Rätin Su- „Honorarkonsulen bauen Brücken zwi- Diözesanbischof Ludwig Schwarz und sanne Wegscheider und Stadtrat Stefan Gieg- schen den Ländern, die sie vertreten und Superintendentialkurator Johannes Eichin- ler gekommen. „ Oberösterreich und leisten damit einen wert- vollen Beitrag zur Friedenssicherung im Avusturya! Österreich! 50 Jahre Kleinen. Sie stehen damit für eine Welt, die immer enger miteinander verbunden ist. Für türkische Gastarbeit in Österreich eine Welt, in der tagtäglich neue Kontakte ach erfolgreichen Stationen in Wien, Tätigkeiten, Alltagskulturen und sozialen über Grenzen hinweg geknüpft werden. Sie NInnsbruck und Graz eröffnete der Verein Schichten der MigrantInnen zu vermitteln. stehen aber auch für eine Welt, die weiß, daß JUKUS am 21. Jänner in Linz zum vierten Das dabei erarbeitete Datenmaterial ist man internationale Zusammenarbeit gerade Mal seine Wanderausstellung „Avusturya! ein wichtiger Beitrag zur österreichischen in schwierigen Zeiten besonders braucht. Österreich! 50 Jahre türkische Gastarbeit in Zeitgeschichte in der Ausstellung, die bis 12. Oberösterreich setzt daher auf Weltoffenheit Österreich“ – die BesucherInnen bekommen Februar 2015 geöffnet ist. Ergänzt werden und auf Völkerverständigung. Daran können in der Tabakfabrik längst vergessene Aspek- die allgemeinen Themen mit sehr persön- auch terroristische Anschläge in Europa te zur Geschichte der Migration zu sehen. lichen Zitaten der portraitierten Arbeitsmi- nichts ändern. Die Ausstellung erzählt eine Geschichte von grantInnen, um die vielen Facetten ihrer Gerade in einem Jahr, in dem wir großer Erwartungen, Wünschen und Zielen jener gesellschaftlichen Wirklichkeit aufzuzeigen. historischer Ereignisse – 70 Jahre Ende des GastarbeiterInnen, die ab 1964 nach Öster- An der Eröffnung haben Chris Müller Zweiten Weltkriegs, Gründung der Zweiten reich kamen. (Direktor der Tabakfabrik), Renate Müller Republik und 60 Jahre Staatsvertrag – ge- Seit 2012 recherchierten und interviewten (Integrationsstelle des Landes OÖ) und Jo- denken, betonen wir unseren Willen, eine MitarbeiterInnen des Vereins JUKUS türki- hanna Priglinger (Landtagsabgeordnete) friedliche, weltoffene und tolerante Gesell- sche und kurdische MigrantInnen der ersten teilgenommen. schaft zu sein und zu bleiben, die sich für das Generation. Dabei wurden über 30 Inter- Ein umfangreicher zweisprachiger Sam- friedliche Miteinander entschieden hat und views in Wien, Niederösterreich, Oberöster- melband bietet zudem vertiefende wissen- sich gegen jede Form von Extremismus aus- reich, Tirol, der Steiermark und Vorarlberg schaftliche Beiträge und ausführliche In- spricht“, so Pühringer. geführt. Die Ausstellung wurde Projektleiter terviews mit migrantischen ZeitzeugInnen Der Landeshauptmann und der Linzer Bür- Ali Özbas gemeinsam mit dem Grazer der österreichischen Sozial- und Wirtschafts- germeister Klaus Luger dankten dem Kon- Sozialhistoriker Joachim Hainzl kuratiert geschichte. „ sularischen Korps für die Arbeit im abgelau- und soll einen Eindruck von der Vielfalt der http://www.jukus.at/avusturya

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 25 Österreich, Europa und die Welt Päpstlicher Gregoriusorden für Landtagspräsident Penz andtagspräsident Hans Penz wurde am L15. Jänner mit einem hohen päpstlichen Orden ausgezeichnet. Die Verleihung des „Komturkreuzes des Ordens des Heiligen Gregor des Großen mit Stern“ im Festsaal des Diözesankonservatoriums in St. Pölten nahm Diözesanbischof Klaus Küng vor. Der Diözesanbischof würdigte das Enga- gement des Landtagspräsidenten bei der Sa- nierung und Erhaltung der Wallfahrtskirche Gutenbrunn-Heiligenkreuz. Ohne sein Mit- tun wäre die „unbedingt notwendig gewor- dene Renovierung des Barockjuwels“ nicht möglich gewesen. „Besonders gefreut hat mich“, so Küng, „mit welcher Umsicht und mit welchem Weitblick der Vorsitzende des Fördervereins das Projekt vorangetrieben Foto: NÖ Landespressedienst / Filzwieser Diözesanbischof Klaus Küng bei der Überreichung an Landtagspräsident Hans Penz und mit welcher Beharrlichkeit er die jähr- lichen Bauetappen einschließlich der Anschaf- zell Jahr für Jahr gut organisiert und hochge- 1400 Jahren „Kirchengeschichte geschrie- fung eines neuen Altars durchgezogen hat.“ halten. ben hat“ und das Weltgeschehen der damali- Durch sein außergewöhnliches Engage- Landtagspräsident Penz dankte für die gen Zeit und den folgenden Jahrhunderten ment habe Pfarre und Förderverein „eine große Ehre, die ihm zuteil wurde. Diese „nachhaltig geprägt hat“. Gregor der Große wirklich respektable Summe“ von etwas mehr Ordensverleihung verstehe er nicht nur als habe es auch verstanden wie kein anderer, als 700.000 Euro aufgebracht. „Ich freue Zeichen der Anerkennung und Wertschät- die Zeichen seiner Zeit zu deuten. „Seine mich, daß sich ein Politiker unseres Landes zung, sondern auch als Ansporn und Ver- Spuren erkennen wir noch heute, auf seinen in einem solchen Anliegen so sehr engagiert pflichtung, „mich weiterhin mit aller Kraft, Fundamenten bauen wir noch heute.“ Für hat“, sagte der Diözesanbischof. Der Land- meinem Wissen und Können für die Kirche den Landtagspräsidenten steht auch außer tagspräsident habe bereits in seiner früheren und den christlichen Glauben einzusetzen“. Frage, daß die Kirche die Geschichte Euro- Funktion als Direktor des NÖ Bauernbundes Der Name des Ordens, so Penz, gehe auf pas und dieses Landes wesentlich mitgetra- die Wallfahrt des Bauernbundes nach Maria- eine Persönlichkeit zurück, die vor mehr als gen, beeinflußt und gestaltet habe. „ Bürgerpreis des Europäischen Parlaments verliehen m 23. Jänner fand im Haus der Euro- BürgerInnen zur Förderung des gesell- rike Lunacek, die „Women on the rise“ vor- Apäischen Union in Wien die Verleihung schaftspolitischen Engagements. Projekte geschlagen hatte. des Europäischen Bürgerpreises an die drei des Vereins sind die Crowdfunding-Platt- http://www.vhs.at/9-vhs-alsergrund.html österreichischen Preisträger statt. „Die Preis- form Respekt.net, die Transparenz-Platt- Der dritte Preisträger ist das Mauthausen trägerinnen und Preisträger erfüllen unser formen MeineAbgeordneten.at und Steuern- Komitee Österreich (MKÖ). Der überpartei- aller Auftrag“, sagte die Vizepräsidentin des Zahlen.at. Daneben werden Kampagnen liche, überkonfessionelle Verein pflegt, in Europäischen Parlaments, Ulrike Lunacek, organisiert, darunter OrtedesRespekts.at und enger Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenk- in ihrer Eröffnungsrede, „denn wo Werte wie der jährliche Tag des Respekts im Septem- stätte Mauthausen und den Vereinigungen Solidarität, Akzeptanz und Respekt ins Wan- ber. „Respekt.net hat es sich zur Aufgabe der ehemaligen Häftlinge, das Gedenken an ken geraten, müssen wir gegenlenken und gemacht aufzuzeigen, wo der Gesellschaft die Opfer der Verbrechen des NS-Regimes, als Bürgerinnen und Bürger etwas ändern“. Wunden zugefügt werden und unterstützt insbesondere jener, die im KZ Mauthausen Der Bürgerpreis zeichnet seit 2008 außer- Menschen, die sich engagieren“, so der Euro- und in den Außenlagern gefangen gehalten gewöhnliches Engagement für besseres ge- paabgeordnete Othmar Karas, der den Verein wurden. „Das Mauthausen Komitee leistet genseitiges Verständnis und Integration in der für den Bürgerpreis vorgeschlagen hatte. aber nicht nur Erinnerungsarbeit“, so der EU aus. Ausgezeichnet werden auch Initiati- http://www.respekt.net Abgeordnete zum Europaparlament Josef ven für bessere grenzüberschreitende Zusam- Ebenfalls ausgezeichnet wurde die Wie- Weidenholzer, der auf den Verein aufmerk- menarbeit innerhalb Europas und die prakti- ner Volkshochschule Alsergrund als Trägerin sam gemacht hatte, bei der Preisverleihung, sche Anwendung der Werte der EU-Grund- des Projekts „Women on the rise“. Es por- „es bringt die Menschen auch zusammen, rechtscharta (Gastfreundschaft, Toleranz, So- traitiert mehr als 100 mutige Frauen, die be- unter anderem bei den jährlichen Befrei- lidarität). Der Preis wird heuer europaweit an sondere Leistungen zur Emanzipation der ungsfeiern im Mai, an denen zehntausende 47 BürgerInnen, Gruppen, Vereine und Orga- Frauen in verschiedenen Bereichen erbracht Menschen teilnehmen“. nisationen vergeben, an drei aus Österreich: haben. „Von diesen Heldinnen des 19. und http://www.mkoe.at/ Respekt.net ist ein überparteilicher Zu- 20. Jahrhunderts profitieren Frauen und Die Ehrung aller PreisträgerInnen findet sammenschluß von politisch interessierten Männer bis heute“, sagte Vizepräsidentin Ul- am 25. und 26. Februar in Brüssel statt. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 26 Österreich, Europa und die Welt Mailath ehrt Ari Rath mit Goldenem Ehrenzeichen ri Rath feierte am 6. Jänner seinen 90. AGeburtstag. Aus diesem Anlaß lud das „Bruno-Kreisky-Forum für internationalen Dialog“ ihm zu Ehren zu einem Fest. 150 FreundInnen und WeggefährtInnen aus dem In- und Ausland. folgten dieser Einladung. Auch Bundespräsident Heinz Fischer, Bun- deskanzler a. D. Franz Vranitzky und Bun- desminister a. D. Rudolf Scholten gratulier- ten dem Jubilar persönlich. Die würdige Feier wurde von Bela Koreny, Andrea Ecker und Cornelius Obonya künstlerisch begleitet. Ari Rath ist seiner Geburtsstadt Wien ge- rade in den letzten Jahren wieder eng ver- bunden: Er wirkte als Zeitzeuge, hielt zahl- reiche Vorträge und war auch bei den Wiener Vorlesungen zu Gast. Vor einigen Jahren hat er Wien wieder zu seinem Lebensmittelpunkt Foto: PID / C. Jobst gemacht. Wiens Kulturstadtrat Andreas Mai- Ari Rath (l.) und Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny lath-Pokorny überreichte Ari Rath im Rah- men der Feierlichkeiten das Goldene Ehren- die Absichten seines Gegenübers verstehen Ari Rath wurde am 6. Januar 1925 als zeichen für Verdienste um das Land Wien. lernt. Damit hat Ari Rath einen wichtigen Sohn einer jüdischen Familie in Wien gebo- „Ari Rath ist ein leuchtendes Beispiel für Beitrag zur Verständigung geleistet.“ ren. Der Einmarsch Hitlers 1938 zwang die Dialog und Verständigung. Als Journalist „In meinen wildesten Träumen hätte ich Familie dann zur Flucht; Ari kam zusammen setzte er sich immer dafür ein, die Sicht- mir nicht gedacht, da0 die Stadt, die mich mit seinem Bruder Maximilian mit einem weise des anderen zu respektieren. Ari Rath vertrieben hat, mir so eine große Ehre er- Kindertransport nach Israel, wo er später viele hat damit erkannt, daß Friede und Zusam- weist“, bedankte sich Ari Rath für die Aus- Jahre als als Chefredakteur und Herausgeber menleben nur dann möglich sind, wenn man zeichnung. der „Jerusalem Post“ gewirkt hat. „ Österreich ist beste Urlaubsdestination in Europa ie Österreich Werbung Niederlande Dkonnte Mitte Jänner erstmals die Aus- zeichnung für das Urlaubsland Österreich als „Beste Urlaubsdestination in Europa“, den „Zoover Award“, entgegennehmen. Die Preis- verleihung fand im Rahmen der niederländi- schen Reise- und Tourismusmesse Vakantie- beurs in Utrecht statt. Alfred Cossmann, Marktverantwortlicher der Österreich Wer- bung in Amsterdam, zur Auszeichnung, die die führende Rolle Österreichs als Reise- destination in den Niederlanden bestätigt: „Wir freuen uns sehr, daß das Urlaubsland Österreich von den niederländischen Urlau- bern so gut bewertet wurde. Die Spitzen- werte sind das Resultat der ständigen Qua- Foto: Österreich Werbung litätsverbesserung österreichischer Betriebe, v.l.: Philipp Goos (CEO Zoover), Alfred Cossmann (ÖW Niederlande), Thiebout der vielfältigen Erlebnisangebote und natür- van den Bergh (ÖW Niederlande), Marthijn Tabak (PR-Manager Zoover) lich der begeisternden Gastgeber in Öster- auf http://www.zoover.nl – der populärsten rien vergeben. Neben der Auszeichnung als reich – vor allem ihnen haben wir diese Aus- niederländischen Reiseplattform, wo Reisen- „Beste Urlaubsdestination in Europa“ ging zeichnung zu verdanken. Unsere Aufgabe ist de ihre Urlaubseindrücke festhalten und auf das Urlaubsland Österreich auch in der Kate- es, diese Stärken auch weiterhin mit innova- einer zehnstufigen Skala bewerten. Zusam- gorie „Beste Campingdestination“ als Sieger tiven Marketingideen punktgenau an den mengefaßt werden dabei die Ratings aller hervor. Österreich ist mit einem Marktanteil niederländischen Gast zu kommunizieren.“ Destinationen und Unterkünfte eines Ur- von über 50 Prozent das Wintersportland Der „Zoover Award“ basiert auf der Ana- laubslandes. Der „Zoover Award“ wurde in Nummer 1 in den Niederlanden. „ lyse von über 300.000 Urlauberbewertungen insgesamt sieben unterschiedlichen Katego- http://www.austriatourism.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 27 Österreich, Europa und die Welt Fachfrauen aus Armenien besuchen Tiroler Einrichtungen rei Mitarbeiterinnen eines Dachver- Dbands armenischer Elternvereine waren in Tirol zu Besuch, um integrative Maßnah- men der Tiroler Behindertenhilfe näher ken- nenzulernen. „Ich freue mich sehr, daß durch diesen Studienaufenthalt eine internationale Zu- sammenarbeit ganz im Sinne der UN-Kon- vention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen möglich ist“, betonte LRin Christine Baur anläßlich eines persönlichen Gesprächs mit den armenischen Kollegin- nen. „Durch den internationalen Austausch von Best-Practice-Beispielen können wir ausgezeichnet voneinander lernen.“ Foto: Land Tirol / Reichkendler Tirol hat in bezug auf die Unterstützung LRin Christine Baur (Mitte) mit (v.l.) Luisa Sanoyan, Ruzana Hakobyan und Gayene Norikyan sowie Caritas-Projektreferentin Elisabeth Haun von Kindern und Erwachsenen mit Behinde- rungen viel zu bieten: Maßnahmen zur Früh- Die Fachfrauen aus Armenien berichteten langfristig die berufliche Integration von förderung und Familienunterstützung sind ihrerseits auch von ihrem Projekt und dessen Menschen mit Behinderungen zum Ziel hat. für Kinder mit verschiedenen Formen von Erfolgen, z.B. bei Schulungen, wo alle Eltern „Auslandshilfe bedeutet für uns nicht nur Behinderungen gut ausgebaut, in der Bildung von SchülerInnen mit und ohne Behinderun- Geld nach Armenien, Burkina Faso oder in spielt Inklusion eine immer größere Rolle gen über inklusive Bildung informiert wer- ein anderes unserer Schwerpunktländer zu und Maßnahmen für die berufliche Integration den. Besonders positiv sind die Erfahrungen schicken. Vielmehr geht es uns um ein Von- werden laufend weiter entwickelt. mit Unterrichtseinheiten zur Inklusion, wo ko- einander-Lernen und um ein partnerschaftli- Individuelle Unterstützungsmodelle er- operative Lernmethoden eingesetzt werden. ches, gemeinsames Arbeiten an besseren Le- möglichen vielen Frauen und Männern mit Der Studienbesuch ist im Rahmen eines bensbedingungen für alle Menschen“, so Eli- Behinderungen ein Leben in den eigenen Projekts zur Entwicklung inklusiver Schulen sabeth Haun, Caritas-Projektreferentin für vier Wänden. der Caritas Tirol Auslandshilfe möglich, das Armenien. „ Österreich und die Slowakei bauen an guter Nachbarschaft ie am nächsten zueinander gelegenen DHauptstädte in der Europäischen Union sind Wien und Bratislava. Geschichtlich, kulturell und wirtschaftlich haben Österreich und die Slowakei vieles gemeinsam. Seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ im Jahr 1989 erstarken die einstmals traditionell guten Beziehungen über die Grenze hinweg. Gemeinsam mit den beiden Nachbarländern fördert die Europäische Union ein umfang- reiches Programm zur grenzüberschreiten- den Zusammenarbeit. Die Ergebnisse sind ab sofort auch im Internet abrufbar. Der Osten Österreichs und der Westen der Slowakei wachsen aufgrund intensiver werdender Beziehungen immer mehr zusam- Foto: Sabine Klimpt men. Dazu liefert das Förderprogramm zur Kinder aus lernen gemeinsam die Sprache des jeweils anderen Nachbarlandes. grenzüberschreitenden Zusammenarbeit je- Dank Fördermitteln der Europäischen den zweiten Platz. Verständnis wächst durch de Menge Projektbeispiele aus den Berei- Union entstand etwa die neue Radfahrer- Bildung, Sprache und Forschung. Gleich chen Bildung, Forschung, Kultur, Umwelt- brücke zwischen Bratislavas Stadtteil De- mehrere geförderte Projekte eröffnen die schutz und Verkehrsinfrastruktur. Die ge- vínska Nová Ves und dem barocken Schloß- Möglichkeit, Kindergarten- und Schulpart- förderten Projekte werden in Österreich in hof auf der österreichischen Seite. Und die nerschaften über die Grenze hinweg aufzu- den Ländern Burgenland, Niederösterreich Menschen nehmen dieses Bauwerk dankbar bauen. Österreichische Kinder lernen Slo- und Wien umgesetzt, in der Slowakischen an und sind davon begeistert. Das Projekt er- wakisch, slowakische Deutsch. Gegenseitige Republik in den Kreisen Bratislava und reichte beim slowakischen Wettbewerb „Bau Besuche und gemeinsame Spiele vertiefen Trnava. des Jahres 2013 – Preis der Öffentlichkeit“ die Beziehung. http://www.reinventing.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 28 Zum Jahresbeginn 2015 Wir brauchen ein »Projekt Österreich«! Heinz Fischer appelliert in seiner Neujahrsansprache an die Kräfte des Positiven und der Gemeinsamkeit zur Sicherung der Zukunft. Dabei drängt er auch auf mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft durch eine entsprechende Steuerpolitik. m Abend des 31. Jänner hielt Bundes- auch in den nachfolgenden Jahren nicht zu Apräsident Heinz Fischer seiner routine- den früheren Wachstumsraten zurückkehren. mäßige Neujahrsansprache, die im Fernse- In einer solchen Situation müssen wir uns hen übertragen wurde (im Wortlaut): auf unsere Werte und auf unsere Stärken besinnen und offen für neue Wege sein. Guten Abend, meine sehr geehrten Zukunftstaugliche Investitionen, die Damen und Herren! Förderung von Bildung, Wissenschaft und Wenn man am Beginn eines neuen Jahres Forschung, sowie die Ankurbelung des einen kurzen Rückblick versucht und einen Konsums sind dringend erforderlich. Ausblick auf das neue Jahr hinzufügt, dann Auch die Rolle von Kunst und Kultur ist kann nicht übersehen werden, daß es derzeit für Österreich und für unser Selbstverständ- in Österreich – und auch in den meisten nis von sehr großer Bedeutung. anderen Ländern Europas – bei vielen Men- Das heißt wir brauchen ein gemeinsames, schen ein beträchtliches Maß an Sorge und umfassendes „Projekt Österreich“, an dessen Verdrossenheit gibt. Dazu kommt vielfach Verwirklichung mit vereinten Kräften gear- auch das Gefühl mangelnder Perspektiven beitet wird. Ein Projekt, das positive Ener- für die Zukunft, vor allem bei jungen Leu- gien freisetzt und unser Zusammengehö- ten. rigkeitsgefühl stärkt. Das steht in einem gewissen Widerspruch Es wäre in diesem Zusammenhang auch zur Tatsache, daß Österreich auf vielen überlegenswert, einen großzügig angelegten Gebieten im europäischen Vergleich sehr gut „Österreich Fonds“ zu gründen, der wertvol- abschneidet. le Beiträge zur Zukunftssicherung leisten Wie ist das zu erklären? könnte. Lassen Sie mich eine Antwort versuchen: Um dies finanzieren zu können, ohne die Das in Europa seit Ende des Zweiten europäischen Kriterien für die Staatsschul- Foto: HBF / Peter Lechner Weltkrieges vorherrschende Gesellschafts- Bundespräsident Heinz Fischer am denpolitik nachhaltig zu vernachlässigen, modell ist die sogenannte Soziale Markt- Abend des 26. Oktober 2014 muß unsere Budget- und Steuerpolitik auch wirtschaft. Instrument einer gerechten Lastenverteilung Es ist aber ein Faktum, daß jedes Gesell- Phase seit Beginn dieser Krise, wo die sozi- sein. Die Rücksichtnahme auf die konkrete schaftsmodell neuen Entwicklungen angepaßt ale Marktwirtschaft unter verstärkten Druck Lebenssituation unserer Mitmenschen ist nun werden muß und Veränderungsbedarf hat. geraten ist und auch ihren Charakter verän- einmal eine zentrale Aufgabe der Politik. Trägt man diesem Veränderungsbedarf dert hat: Verluste aus der Finanzkrise wur- nicht oder zu wenig Rechnung, dann entste- den vielfach der Allgemeinheit, also dem Meine sehr geehrten Damen und Herren! hen Spannungen und Probleme, die unsere Steuerzahler aufgebürdet, während Gewinne Ich teile die Auffassung, daß die Aner- Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigen. aus Finanztransaktionen in ungleich geringe- kennung und Förderung von Leistung und Auch die Stabilität der Demokratie kann rem Maße der Allgemeinheit zu Gute kamen auch von Spitzenleistungen für die Konkur- dadurch beeinträchtigt werden. Das dürfen und kommen. Das spüren die Menschen renzfähigkeit unseres Landes enorm wichtig wir nicht zulassen. auch in der Brieftasche. Wenn dann noch ein ist, und ich halte das Leistungsprinzip mit Ich persönlich unterscheide in der Ent- Debakel wie jenes der Hypo Alpe Adria dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit für wicklung unserer Zweiten Republik, die Bank dazukommt, sinkt die Stimmung in absolut vereinbar. Wir brauchen nämlich übrigens am 27. April 2015 ihren 70. Ge- den Keller. beides. burtstag feiern wird, drei Phasen: Daher sollten auch Einkommens- und Erstens die heroische Phase des Wie- Liebe Österreicherinnen und Österrei- Vermögenszuwächse, denen keine entspre- deraufbaues nach dem Zweiten Weltkrieg. cher! chenden Leistungen gegenüberstehen, in an- Zweitens die lange Phase positiver Ent- Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gemessener Weise zur Finanzierung zu- wicklungen und Reformen in Österreich und meines Erachtens ihren Tiefpunkt über- kunftssichernder Aufgaben unseres Landes Europa, einschließlich des Endes der kom- schritten, aber sie ist noch keineswegs zu herangezogen werden. munistischen Diktaturen bis zum Beginn der Ende. Wir werden im Jahr 2015 nur ein sehr Auch ein entschiedener Kampf gegen Finanz- und Wirtschaftskrise und drittens die flaches Wirtschaftswachstum haben und jede Art von Korruption ist erforderlich.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 29 Zum Jahresbeginn 2015

Österreich muß ein sauberes Land sein. Liebe Österreicherinnen und Österrei- In diesem Sinn wünsche ich allen Öster- Rechtsstaat und Gerechtigkeit sind Säulen cher! reicherinnen und Österreichern, auch jenen, der Demokratie. Pauschale Vorverurteilun- Unser Land hat genügend Kraft und die sich derzeit im Ausland befinden sowie gen sind jedoch entschieden abzulehnen. genügend Talente, um die vor uns liegenden allen Menschen, die in unserem Land eine Und ein Letztes: Wenn jene, die in der Probleme mit vereinten Anstrengungen zu zweite Heimat gefunden haben, ein gutes Politik tätig sind über andere Politiker allzu lösen. und friedliches Jahr 2015. häufig herabsetzend und verletzend reden, Und das Beste, was jede und jeder Ein- sägen sie den Ast ab, auf dem sie selber sit- zelne dazu beitragen kann ist, ihre bzw. seine Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksam- zen und dürfen sich über Politikverdrossen- Aufgaben mit Entschlossenheit und Zuver- keit! „ heit nicht wundern. sicht in Angriff zu nehmen. http://www.bundespraesident.at Lassen wir uns die Hoffnung nicht rauben Wortlaut der »ORF2«-Silvesteransprache von Kardinal Christoph Schönborn

ardinal Christoph Schönborn hat in sei- uns Menschen. Und daher meine Einladung, Kner „ORF2“-Silvesteransprache Mut zur meine Bitte an uns alle: Sagen wir Ja zum Wahrheit gemacht: Es gelte Grenzen in der Leben, Ja zum Ungeborenen, Ja zum Neu- Wirtschaft und in der Umweltbelastung an- geborenen, Ja zum Leben der alten Men- zuerkennen, demgegenüber ein Mehr an schen, Ja zu Behinderten, zu denen, die Nächstenliebe und Solidarität anzustreben – durch Krankheit in ihrem Leben beeinträch- konkret nannte Schönborn dabei heimatsu- tigt sind alle sind ein Zeichen der Hoffnung. chende Fremde. Die Ansprache im Wortlaut: Und so wünsche ich uns allen, daß wir in diesem Sinne guter Hoffnung sind. Guten Abend! Und ein dritter Gedanke: Wir kommen Lassen wir uns die Hoffnung nicht rau- manchmal auch in hoffnungslose Situatio- ben! Dieses Wort von Papst Franziskus ist nen. Es gibt hoffnungslose Überschuldungen: für mich so etwas wie ein Leitwort für das im persönlichen Bereich, in Familien, in Be- kommende Jahr 2015. Lassen wir uns die trieben. Es gibt die Situation von Sucht, aus Hoffnung nicht rauben, denn die Hoffnung der jemand nicht herauskommt: Alkohol, ist das Lebenselixier. Ohne Hoffnung gibt es Drogen oder andere Süchte. Wie ist es in die- keine Zukunft, gibt es keine Lebensfreude. sen Situationen mit der Hoffnung? Gibt es Deshalb möchte ich ihnen zu diesem Jah- auch da Hoffnung? Menschlich gesehen sind reswechsel drei kurze Gedanken sagen, zu diese Situationen oft schier ausweglos. dem was uns Hoffnung gibt und was die Aber für Gott gibt es keinen hoffnungslo- Hoffnung stärkt. sen Fall. Für Gott hat jeder Mensch seinen Der erste Gedanke ist ein ernster: Es gibt Wert, seine Gültigkeit, seine Zukunft. Und keine Hoffnung ohne Wahrheit. Die Wahr- deshalb dürfen wir in diesem neuen Jahr Foto: kathibild heit kann wehtun, aber sie macht frei. Denn Kardinal Christoph Schönborn, auch darauf setzen, daß es in menschlich Hoffnung ist nicht dasselbe wie Augenaus- Erzbischof von Wien gesehen hoffnungslosen Situationen die Ver- wischerei. Wir brauchen keine Illusionen. Die gebung gibt und immer noch eine Chance Wahrheit ist den Menschen zumutbar, hat Güte, die Nächstenliebe, die Aufmerksam- bei Gott, der uns nicht abgeschrieben hat. Ingeborg Bachmann gesagt. Die Wahrheit keit füreinander, die Solidarität die darf Und letztlich ist es eine große Hoffnung über ist, daß wir an Grenzen stoßen: An Grenzen ruhig weiterwachsen im kommenden Jahr. die letzte Grenze hinaus, über die Grenze des des wirtschaftlichen Wachstums, es kann so Auch die Aufmerksamkeit für den Fremden, Todes: Ich glaube an ein ewiges Leben, ich nicht ständig weiter wachsen. An Grenzen den Menschen, der in unserem schönen, ge- glaube und ich habe diese Hoffnung –, daß des Schuldenberges, wir dürfen nicht weiter segneten Land eine neue Heimat sucht. alle Menschen bei Gott einmal ein endgülti- Schulden machen. An Grenzen der Um- Ein zweiter Gedanke: Wenn eine Frau ein ges Zuhause haben werden. Und in diesem weltbelastung, sie sind bereits zu groß. Wir Kind erwartet, dann sagen wir, sie sei guter Sinne bin ich überzeugt, daß die Hoffnung stoßen überall an Grenzen und das müssen Hoffnung. Schon jetzt möchte ich alle Kin- nicht als letzte stirbt, sondern überhaupt wir uns eingestehen, auch wenn es wehtut. der begrüßen, die in diesem kommenden nicht stirbt. Und in diesem Sinne wünsche Die Wahrheit macht frei. Jahr zur Welt kommen werden. Sie sind eine ich ihnen ein gutes, ein gesegnetes, ein hoff- Aber es gibt einen Bereich, in dem das Hoffnung nicht nur für ihre Familie, sondern nungsvolles Jahr 2015. „ Wachstum keine Grenzen hat: Das ist die auch für unser Land. Sie sind Hoffnung für http://www.erzdioezese-wien.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 30 Zum Jahresbeginn 2015 Schulsystem zementiert Ungleichheiten Bischof Bünker in seiner Neujahrsansprache: Bildung öffnet Türen zur Welt

n seiner Neujahrsansprache hat der evan- Evangelischen Kirchen in Österreich das Igelisch-lutherische Bischof Michael Bün- Jahr 2015 als Schwerpunktjahr der Bildung ker das aktuelle Schulsystem kritisiert. begehen. Internationale Vergleiche zeigten, daß Öster- Bünker betonte, daß Bildung nicht nur reich im Bildungsbereich besonders schlecht auf Fähigkeiten und Fertigkeiten reduziert abschneide. „Nur jeder vierte Heranwach- werden dürfe, die aus wirtschaftlicher Sicht sende schafft es, einen besseren Bildungsab- notwendig seien. „Bildung meint immer schluß zu erlangen als seine Eltern. Dadurch auch den inneren Menschen, sein Gewissen, werden gesellschaftliche Ungleichheiten sein Herz und seinen Glauben. Daran erin- zementiert, Armut wird vererbt und Inklu- nern die Kirchen!“ Mit dem nun beginnen- sion immer schwieriger“, so der Bischof am den Schwerpunktjahr, das unter dem bibli- 1. Jänner 2015 im ORF-Fernsehen. Hiervon schen Leitmotiv „Du stellst meine Füße auf seien besonders Kinder und Jugendliche aus weiten Raum" (Psalm 31,9) steht, soll der einkommensschwachen Familien, von Allein- enge Zusammenhang zwischen Bildung ein- erziehenden sowie aus Familien mit Migra- erseits und dem evangelischen Verständnis tionshintergrund betroffen, ebenso Kinder des Menschen und der Welt andererseits auf- und Jugendliche mit Behinderung, die in be- gezeigt werden. Dies zeige sich etwa auch sonderer Weise pädagogische Förderung darin, daß die Reformation immer auch eine brauchen. „Paradoxerweise steht hier gerade Bildungsbewegung gewesen sei. „Gleich ne- die Schule, wie wir sie heute haben, einer ben dem Bethaus in Rutzenmoos wurde auch Bildungsgerechtigkeit im Wege.“ Trotz jah- eine Schule gebaut, weil dies zu einer evan- relanger Diskussion sei hier bisher zu wenig gelischen Gemeinde einfach dazugehört hat. passiert, resümierte der Bischof. In diesem Foto: Evangelischen Presseverband / Uschmann Das Ziel war der mündige Mensch und der Zusammenhang wiederholte Bünker die For- Hon.-Prof. Michael Bünker, Bischof der mündige Christ, der sich sein eigenes Urteil Evangelischen Kirche A.B. in Österreich derungen der Diakonie nach menschlicherer bildet und über die eigene Religion Auskunft Gestaltung der Bildung, verbunden mit einer gedanken der Neujahrsansprache, die in geben kann“, erklärte Bünker. Im Zusam- Frühförderung aller Kinder sowie einer Un- einer nachgebauten Schulklasse im evangeli- menspiel von Religion und Bildung, im „ge- terstützung für jene Kinder und Jugendliche, schen Museum Oberösterreich in Rutzen- bildeten Glauben“, sieht der Bischof dem- die besondere Lernschwierigkeiten haben. moos aufgenommen wurde. „Bildung führt nach auch das wirksamste Mittel gegen jeg- „Es gibt kein edleres und wertvolleres aus der Enge der eigenen Erfahrung hinaus liche Radikalisierung und gegen jeden Fun- Werk als die Bildung“, dieses Zitat des Re- in die Weite und öffnet die Türe zur Welt“, damentalismus. „ formators Martin Luther bildete den Leit- sagte Bünker und erinnerte daran, daß die http://www.evang.at

Das »Österreich Journal«- Team wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, und Ihren Familien auf diesem Wege alles erdenklich Gute!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 31 Innenpolitik Direkte Demokratie braucht BürgerInnen und PolitikerInnen Im Hohen Haus am Ring fand am 22. Jänner die zweite Sitzung der Enquete- Kommission »Demokratiereform« statt. Fazit: Das Recht geht vom Volk aus. Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen

as Thema direkte Demokratie stand auch Auch in Kärnten werden die direktdemokra- dieses Jahres intensiv mit der Frage ausein- Dim Mittelpunkt der zweiten Sitzung der tischen Instrumente laut Fachhochschul- andersetzen, wie die direkte Demokratie in Enquete-Kommission des Nationalrats zur Professor Florian Oppitz wenig genutzt. Buß- Österreich weiterentwickelt, der Parlamenta- Stärkung der Demokratie in Österreich vom jäger hält es in diesem Sinn für wichtig, sich rismus gestärkt und die parlamentarische 20. Jänner. Dieses Mal ging es um Modelle auch Gedanken darüber zu machen, wie man Arbeit transparenter gemacht werden kann. und Instrumente der Bürgerbeteiligung, die die BürgerInnen dazu bringen könne, die „Die stärkere Einbindung der Bevölkerung es in den einzelnen Bundesländern und in den vorhandenen Instrumentarien zu nutzen. in demokratische Entscheidungsprozesse Gemeinden gibt. So stellte etwa Manfred In den Gemeinden erfolgt Mitbestim- soll das Verständnis für die Politik verbes- Hellrigl das Modell der Vorarlberger Bürger- mung nach Darstellung des Verfassungsex- sern“, hielt Kopf dazu fest. Nächster Sit- räte vor, das seiner Meinung nach gut funk- perten Karim Giese vielfach nicht nach for- zungstermin ist der 18. Februar. Der En- tioniert. Die partizipative Demokratie würde malen Regeln, so gibt es oft informelle quete-Kommission gehören auch acht Bür- sich gut mit der direkten und repräsentativen Volksbefragungen außerhalb der Rechts- gerInnen an, die per Los aus 1200 Bewer- Demokratie ergänzen. institute der direkten Demokratie. bungen gezogen wurden. Insgesamt steht den BürgerInnen, wie aus Geleitet wurde die Sitzung vom Zweiten den Expertenreferaten hervorging, ein bun- Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf, der Alle Bundesländer haben tes Potpourri an Möglichkeiten zur Mitspra- nochmals an die BürgerInnen appellierte, direktdemokratische Instrumente che auf Länder- und Gemeindeebene zur sich in die Diskussion einzubringen. Jeder Michael Mayrhofer vom Institut für Ver- Verfügung. Ob es auch genutzt wird, blieb habe die Möglichkeit, bis zum Sommer waltungsrecht und Verwaltungslehre der allerdings weitgehend offen. So wies etwa schriftliche Stellungnahmen abzugeben, Universität Linz gab zunächst einen Über- Föderalismusexperte Peter Bußjäger darauf erinnerte er. Die Erfahrungswerte aus den blick über die Bundesländer und wies darauf hin, daß die seiner Meinung nach erfreuliche Bundesländern will Kopf in die Reformüber- hin, daß es in jedem der neun Länder das Vielfalt der direktdemokratischen Instru- legungen auf Bundesebene einfließen lassen. Instrument des Volksbegehrens, der Volks- mente in Vorarlberg „nicht immer mit einer Die Enquete-Kommission zur Stärkung befragung und der Volksabstimmung gibt, praktischen Inanspruchnahme korreliert“. der Demokratie will sich bis zum Sommer auch wenn diese mit unterschiedlichen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 32 Innenpolitik Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Mike Ranz Enquete-Kommission betreffend Stärkung der Demokratie in Österreich – Blick in den Sitzungssaal des Nationalrats Bezeichnungen bedacht sind und im Inhalt führt aber nicht automatisch zu einem Ge- begehren nicht nach, ist eine Volksabstim- divergieren. Darüber hinaus existieren auch setz, vielmehr muß sich lediglich der jewei- mung abzuhalten. Der Landtag sei nicht ver- Regelungen über Bürgerpartizipation in den lige Landtag neuerlich damit auseinanderset- pflichtet, dem Ergebnis der Volksabstimmung Gemeinden. Manche Bundesländer sehen zen. Rechnung zu tragen – eine entsprechende auch das Instrument der Bürgerbegutachtung Volksbefragungen sind in der Regel nicht Bestimmung wurde vom Verfassungsge- von Gesetzentwürfen vor, zudem gebe es nur landesweit möglich, sondern könnten richtshof aufgehoben –, es entstehe aber überall traditionelle Petitions- und Be- auch auf bestimmte Regionen oder Gemein- erheblicher politischer Druck, machte Buß- schwerderechte. den beschränkt werden, schilderte Mayr- jäger geltend. Um ein Volksbegehren zu un- Die größte Hürde für Volksbegehren, also hofer. Sie seien rechtlich unverbindlich, der terstützen, müsse die Bevölkerung auch Initiativen zur Änderung von Landesgeset- Landtag müsse sich aber damit befassen und nicht aufs Gemeindeamt gehen, man kann zen, besteht laut Mayrhofer in Wien, wo seine Position begründen. auch auf der Straße Unterschriften sammeln. 5 Prozent der Wahlberechtigten ein entspre- Um eine Volksabstimmung über ein Lan- chendes Anliegen unterstützen müssen. Le- Bußjäger: Direktdemokratische Instru- desgesetz zu erzwingen, muß die Unterstüt- diglich Tirol liegt mit einem Prozentsatz von mente werden nicht immer genutzt zung von 10.000 Stimmberechtigten vorlie- 1,4 Prozent unter der Hürde des Bundes. In Vorarlberg gebe es eine erfreuliche gen, führte Bußjäger aus. Bisher hat es hier- Volksbegehren müssen sich Mayrhofer zu- Vielfalt direktdemokratischer Instrumente, für aber nur einen, schon länger zurücklie- folge aber nicht immer auf Gesetze bezie- betonte Peter Bußjäger, Direktor des In- genden Anwendungsfall gegeben. Auch die hen, sondern können in Form von „Verwal- stituts für Föderalismus und Universitätspro- Gemeinden haben ein derartiges Recht, hier- tungsinitiativen“ auch Verwaltungsakte zum fessor für Öffentliches Recht an der Univer- für braucht es 10 von 96 Gemeinden. Diese Inhalt haben. sität Innsbruck. Diese korreliere aber nicht Hürde sei, so Bußjäger, bisher mehrfach Volksabstimmungen können in manchen immer mit einer praktischen Inanspruchnah- knapp verfehlt worden, allerdings hätten die Ländern nicht nur vom Landtag beschlossen, me, bedauerte er. Seiner Ansicht nach ist es Gemeinden durch diese Bestimmung eine sondern auch von einer bestimmten Zahl von daher auch besonders wichtig, sich darüber starke Stellung im Gesetzwerdungsprozeß. BürgerInnen oder auch von einer bestimm- Gedanken zu machen, wie man die Bür- Auf Gemeindeebene haben in Vorarlberg ten Zahl von Gemeinden erzwungen werden. gerInnen dazu bringen könne, von den In- bisher rund 30 Volksabstimmungen und Eine Besonderheit gibt es außerdem in eini- strumenten auch Gebrauch zu machen. Volksbefragungen stattgefunden. So sei in gen Bundesländern wie Salzburg, wo ausrei- Die Zugangshürde für Volksbegehren einer Gemeinde etwa der Zusammenschluß chend unterstützte Volksbegehren einer liegt in Vorarlberg laut Bußjäger bei zweier Skigebiete abgelehnt worden, berich- Volksabstimmung unterzogen werden, wenn 1,9 Prozent der Stimmberechtigten. Wird ein tete Bußjäger. Zudem verwies er darauf, daß der Landtag dem Anliegen nicht Rechnung Anliegen von mindestens 10 Prozent unter- die VorarlbergerInnen zu jeder Regierungs- trägt. Ein positiver Entscheid des Volkes stützt und kommt der Landtag dem Volks- vorlage Stellungnahmen abgeben können,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 33 Innenpolitik die in zusammengefaßter Form gemeinsam mit dem Gesetzentwurf auch dem Landtag übermittelt werden. Weiters haben 5000 Stimmberechtigte die Möglichkeit zu verlan- gen, daß der Landesrechnungshof einen be- stimmten Verwaltungsakt prüft. Man dürfe den BürgerInnen einiges zutrauen, folgerte der Experte insgesamt aus den Ergebnissen der Beteiligungsinstru- mente.

Steiner: Keine undifferenzierte Übernahme von Instrumenten der Bürgerbeteiligung Oberösterreich habe seines Erachtens ein adäquates und offenes System der Mitbetei- ligung von BürgerInnen an politischen Pro- zessen auf Landesebene, hielt Landtagsdi- rektor Wolfgang Steiner fest. Man sei aller- dings dabei, das Bürgerrechtegesetz zu adap- Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Mike Ranz Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf eröffnet die Sitzung tieren und die Zahl der notwendigen Stimm- berechtigten für Bürgerinitiativen von 3 auf eher zurückhaltend genutzt würden. Es gebe Enquetekommission zur Demokratiereform 2 Prozent zu reduzieren. Auch die Hürde für mit der Möglichkeit von Volksbegehren, eingerichtet hat. Die im Herbst 2013 gebil- eine nachfolgende Befragung der Bevölke- Volksbefragungen und Volksabstimmungen dete Kommission befaßt sich unter anderen rung über Bürgerinitiativen, denen der zwar ähnliche Instrumente wie auf Bundes- mit einer Reform des Vorzugsstimmensy- Landtag nicht Rechnung getragen hat, soll ebene, diese seien bisher aber nicht sehr oft stems, der Einführung von Bürgerräten nach gesenkt werden. eingesetzt worden. So hat es seiner Darstel- Vorarlberger Vorbild und der Frage, wie der Inhalt einer Bürgerinitiative kann laut lung nach bisher drei Volksbegehren, etwa Frauenanteil in politischen Gremien erhöht Steiner sowohl die Erlassung oder Aufhe- zur Ausweitung der Bergbauernförderung, werden kann. bung eines Landesgesetzes sein, es können und drei Volksbefragungen, zum Naturschutz- Er stellte außerdem das neue dreistufige aber auch Verwaltungsmaßnahmen und an- gebiet Nockberge, zur Olympiabewerbung Bürgerbeteiligungs-Modell der Stadt Salz- dere Beschlüsse des Landtags verlangt wer- und – lokal begrenzt – zur Müllverbren- burg vor, das derzeit im Landtag verhandelt den. Personalfragen, Wahlrechtsfragen oder nungsanlage Arnoldstein, gegeben. wird und klar regelt, wie mit Bürgeranliegen individuelle Bescheide sind allerdings aus- Theoretisch könnten Volksbefragungen umzugehen ist. Unterstützen rund 1200 bis genommen. BürgerInnen würden auch ein- auch von 15.000 Wahlberechtigten erzwungen 1300 BürgerInnen, die Stimmenanzahl, die geladen, zu bestimmten Gesetzen Stellung werden, informierte Oppitz. Es habe dafür für ein Gemeinderatsmandat notwendig ist, zu nehmen, die dann im zuständigen Unter- auch zwei Anläufe des damaligen Kärntner eine Initiative, muß sie demnach von der ausschuß des Landtags erwogen würden. Landeshauptmanns Haider als Privatperson Stadt Salzburg in Verhandlung genommen Das Instrument der Volksbefragung wurde gegeben. So seien mehr als 15.000 Unter- werden. Wird dem Anliegen nicht Rechnung Steiner zufolge bisher erst einmal in An- schriften zur Frage der Ortstafeln und zum getragen, ist in Stufe zwei, im Falle doppelt spruch genommen, in Zusammenhang der EU-Vertrag von Lissabon gesammelt worden. so vieler Unterschriften, eine öffentliche Bür- Frage der Einrichtung eines Musiktheaters in In einem Fall habe die Landeswahlbehörde gerversammlung zur Erörterung des Be- Linz. eine Volksbefragung aber abgelehnt, da gehrens vorgesehen. Fruchten auch weitere Verstärken will Oberösterreich die Nut- Ortstafeln keine Angelegenheit des Landes Verhandlungen nicht, ist bei weiteren 1200 zung elektronischer Medien bei der Bürger- seien, und vom Verfassungsgerichtshof bis 1300 Unterschriften, also dem Stimmen- beteiligung. Es wäre sinnvoll, wenn es ein Recht bekommen, im anderen Fall kam die gegenwert von insgesamt drei Gemeinderats- einheitliches elektronisches System für den Ratifizierung des Nationalrats dem Antrag mandaten, eine Bürger-Abstimmung durch- Bund, die Länder und die Gemeinden gebe, auf Volksbefragung zuvor. Volksabstim- zuführen. Das Ergebnis ist für den Gemein- hob Steiner hervor. Allgemein warnte er aber mung gab es bislang in Kärnten noch keine derat grundsätzlich bindend, er kann nur davor, Instrumente der Bürgerbeteiligung in der Zweiten Republik, zweimal ist die dann mit einer qualifizierten Gemeinde- von einer Ebene in eine andere undifferen- Bevölkerung informell per Brief befragt ratsmehrheit davon abweichen, wenn die Be- ziert zu übernehmen. worden. teiligung bei der Abstimmung unter 25 Pro- zent lag oder wenn damit Kosten von mehr Oppitz: Kärnten nutzt direktdemokrati- Auch Salzburger Landtag hat Enquete- als 15 Mio. Euro verbunden sind. sche Instrumente eher zurückhaltend kommission zur Demokratiereform Für das Land Kärnten konstatierte Flo- Josef Hörmandinger, Leiter des Rechts- Mitbestimmung in Gemeinden hat rian Oppitz, Professor für Öffentliches Recht und Informationsdienstes der Salzburger oft weniger formalen Charakter und Europarecht an der Fachhochschule Kärn- Landtagsdirektion, berichtete den Abgeord- Die Gemeinde-Inputs aus dem Experten- ten, daß direktdemokratische Instrument neten, daß auch der Salzburger Landtag eine hearing kamen von Karim Giese von der

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Universität Salzburg, von Martin Floss vom kratie repräsentative Prozesse „nicht vom werden in einer gemeinsamen Erklärung öf- Städtebund sowie von Nicolaus Drimmel als Tisch wischen dürfen“. Es gehe um ein Zu- fentlich kundgemacht, in weiterer Folge Vertreter des Gemeindebunds. sammenwirken der Wählerschaft mit den kann politisch darüber entschieden werden. Geht es nach Giese, scheint der bundes- repräsentativen Organen. „Repräsentation ist "Dort findet Meinungsbildung statt“, so verfassungsrechtliche Rahmen für landespo- nicht passé“, sagte er, gerade in den Ge- Hellrigl. Seit 2006 ist das Bürgerräte-Modell litische Anliegen inzwischen zu eng gewor- meinden habe man die Erfahrung gemacht, österreichweit 55 Mal umgesetzt worden, den zu sein, obwohl die Rechtsentwick- daß Persönlichkeitswahlen die Legitimation generell stehe man aber am Anfang, sagte lungen in den Bundesländern ein permanen- eines Amtsträgers durchaus stärken könne. Hellrigl. Geht es nach ihm, gibt es noch viel tes Reformbemühen zur Stärkung der direk- Demokratie sei zudem keine Einbahnstraße, Entwicklungspotential, etwa in Richtung ten Demokratie erkennen lassen, wie der Ex- repräsentative Demokratie verlange das freie Jugendräte. Auf Bundesebene äußerte er perte erläuterte. Kann auf Reformwünsche Mandat, die Verantwortung des Einzelnen, leichte Bedenken, ob das Modell eins zu eins nicht rechtzeitig reagiert werden, würden aber auch eine demokratiepolitisch wün- umgesetzt werden kann. Auch Hellrigl be- sich direktdemokratisch gesinnte Gemein- schenswerte Kultur des Miteinanders und tonte zudem, daß direkte, repräsentative und den Lösungen im Schatten des Gemeinde- des Austauschs, eine Kultur der Kooperation partizipative Demokratie nicht gegeneinan- organisationsrechts suchen. Das würden be- und der Beteiligung, stand für Drimmel fest. der ausgespielt werden dürfen. „Sie ergän- reits erste Tendenzen in der Praxis zeigen, Diese Kultur gebe es in den österreichischen zen sich ganz hervorragend“, sagte er. sagte Giese. So würde es etwa eine wesentli- Gemeinden, gerade dort werde die Tradition Daß auf der Regierungsbank eine rein che Erleichterung der direktdemokratischen des Miteinanders gepflegt. männliche Expertenrunde Platz genommen Mitwirkung darstellen, wenn die Stimmab- Was den Vorwurf betrifft, wonach direkt- hat, wurde übrigens auf Twitter mit dem gabe nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt demokratische Instrumente in Gemeinden zu Hinweis kommentiert, daß es bereits seit zu einem bestimmten Ort erfolgen müsse. wenig gehandhabt würden, meinte Drimmel, 1918 ein Wahlrecht für Frauen gebe. Da die elektronische Stimmabgabe verfas- daß vieles an demokratischer Mitbestimmung sungsrechtlich unzulässig sei, würden viele einen weniger formalen Charakter habe. Grund Fazit: Das Recht geht vom Volk aus Gemeinden immer öfter die gesetzlichen dafür sei mitunter die Größe von Gemeinden Im zweiten Teil der Enquete-Kommis- Schranken umgehen und informelle Volks- oder, mit welcher Legitimation Gemeinde- sion kamen wieder die acht gelosten Bür- befragungen außerhalb der Rechtsinstitute mandatare in ein Amt gewählt wurden. De- gerInnen zu Wort, außerdem Experten sowie der direkten Demokratie durchführen, infor- mokratiepolitik dürfe sich auf jeden Fall VertreterInnen von Ländern und Gemeinden. mierte Giese. Außerdem bemängelte er, daß nicht nur damit begnügen, den Menschen das „Wenn Sie wirklich Mitbestimmung derzeit nur ÖsterreicherInnen und EU-Bür- Abgegeben einer Stimme zu erleichtern oder durch BürgerInnen wünschen, dann geben gerInnen direktdemokratische Rechte auf formale Voraussetzungen zu schaffen, sie Sie uns das Werkzeug dazu“, wendete sich Gemeindeebene zukommen. Das Fehlen müsse den Menschen auch bei der Gestal- Medizintechniker Harald Petz an die anwe- eines Stimmrechts für Drittstaatsangehörige tung ihrer Lebensverhältnisse begleiten. senden Politiker. So wollen BürgerInnen als werde in einzelnen Bundesländern als De- „Hauptsponsoren“ selbstverständlich bei The- mokratiedefizit wahrgenommen. Hellrigl: Mit Bürgerräten erreicht men wie Steuern und Banken mitbestimmen. Für die Verknüpfung direktdemokrati- man schweigende Mehrheit Aus seinem Umfeld höre er oft: „Wir wür- scher und repräsentativer Prozesse stand der Als ein sehr positiv bewertetes Instru- den uns ja gerne beteiligen, aber die machen Magistratsdirektor der Stadt Salzburg Martin ment der direkten Beteiligung und Mitge- ohnehin was sie wollen.“ Daher habe er das Floss ein. Diese Ergänzung leiste das Salz- staltung von BürgerInnen in den Bundes- Gefühl, direkte Demokratie funktioniere der- burger Modell, das sich zur Zeit in der End- ländern gilt das Modell der Vorarlberger zeit nicht wirklich. Auch, weil die Kluft zwi- phase der legistischen Umsetzung befinde. Bürgerräte. Eingeführt wurde es als Antwort schen Politikern und Bürgern immer größer Begegnet werden sollte damit der sinkenden auf die steigende Vielfalt von Meinungen werde. Wahlbeteiligung und der immer weniger innerhalb der Bevölkerung, was wiederum Petz’ Befürchtung, die Enquete-Kommis- werdenden Beteiligung direktdemokrati- eine sinkende Akzeptanz gegenüber politi- sion könnte unter Umständen nicht viel brin- scher Instrumente. Wesentlich beim Modell schen Entscheidungen bedeutete, wie Man- gen, versuchte ihm später Abgeordnete ist seiner Ansicht nach, daß bereits bei seiner fred Hellrigl vom Amt der Vorarlberger Lan- Daniela Musiol von den Grünen zu nehmen: Entwicklung BürgerInnen massiv miteinge- desregierung erklärte. So habe man bereits „Die Kommission soll nicht als Kosmetik bunden wurden. Verhandelt wurde zwei Jah- Ende der 1990iger Jahre damit begonnen, verwendet werden – und das wird auch nicht re, wobei es sich beim Ergebnis des dreistu- die Selbstorganisation in den Gemeinden zu so sein.“ figen Modells um einen Kompromiß handle, fördern und BürgerInnen motiviert, selbst wie Floss sagte. Ein weiterer wichtiger Fak- aktiv zu werden. Elektronische Möglich- tor des Modells sei, daß in jeder Stufe eine Beim Bürgerräte-Modell werden für keiten ausschöpfen Verhandlungsphase zwischen den Bürger- zirka eineinhalb Tage nach dem Zufallsprin- Pensionist Heinz Emhofer hofft auf große vertreterInnen und der Politik vorgesehen zip ausgewählte Personen einberufen, um Veränderungen für die Demokratie. Das ist. Mit dem Modell werde es den Bür- über Fragen zu beraten. Vorteil dieses Ver- Volk wähle nicht Abgeordnete, sondern gerInnen ermöglicht, von sich aus verbindli- fahrens sei, daß man auch an die schweigen- Parteien, letztlich dienten die Abgeordneten che Entscheidungen herbeizuführen. de Mehrheit herankommt, sagte Hellrigl. daher dem Parlamentsklub und nicht dem Drimmel stand aus Sicht der kleinen und Entscheidungsvorbereitend können Bürger- Volk. Auch im „Hick-Hack“ innerhalb der ländlichen Gemeinden dafür ein, daß die räte über vorgegebene oder selbst ausge- Parteien sehe er eine Mitschuld daran, daß Beteiligungsinstrumente der direkten Demo- wählte Themen reflektieren, die Ergebnisse das Volk nicht interessiert sei. Häufig fehlten

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Klarere Regeln für Abstimmungen Für den Grazer Universitätsprofessor Klaus Poier, der von der ÖVP nominiert wurde, sind die Länder Vorreiter in Sachen direkter Demokratie und Bürgerpartizipa- tion. Allerdings sei der direktdemokratische Spielraum in den Gemeinden zu klein. Be- sonders schwierig werde es, wenn Abstim- mungen quasi im „rechtsfreien Raum“ statt- finden. Das schaffe Mißtrauen. Auch der Wiener Stadtrat Manfred Ju- racka von der ÖVP sprach wie zuvor schon Poier von der Abstimmung über die Fußgän- gerzone Mariahilfer Straße als Abstimmung „ohne rechtliche Grundlage“. Ebenso sei schon die Art der Fragestellung bei Volksbe- fragungen kritisch, bekräftigte er seine Vor- rednerin Ruhsmann. „Man wird es nie allen rechtmachen können, aber wir brauchen Begrüßung durch Parlamentsdirektor Harald Dossi klare Regeln – und zwar auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene“, sagte er. auch Ehrlichkeit und Transparenz. Und es Verbesserungsbedarf. Denn das Gefühl der Zum parteipolitischen Mißbrauch von Fra- gebe zu viele Zugangshürden. Weshalb ist es Manipulation bei gewissen Fragestellungen gestellungen warf Dieter Brosz von den Grü- nicht möglich, etwa die E-Card beziehungs- habe mit direkter Demokratie wenig zu tun. nen ein, daß dies natürlich vorkommen weise Bürgerkarte auch bei Abstimmungen Darüber hinaus seien in Wien seit 1973 sie- könne, aber Manipulation auch bei anderen einzusetzen, fragte er – und war damit nicht ben Volksbefragungen durchgeführt worden, Initiativen passiere. Hier sei es schwierig, der einzige. von denen nur zwei durch Bürger initiiert „Gut und Böse“ zu unterscheiden. Die Frage Bei der elektronischen Abstimmung sei wurden. „Ich erwarte mir mehr Respekt und dürfe daher nicht einfach nur lauten: „Wol- man noch eher zurückhaltend, da man Da- Sensibilisierung, dafür weniger Parteikal- len Sie, daß die Mehrwertsteuer um fünf tenmißbrauch befürchte, erklärte Harald küle“, wandte sich Ruhsmann an das Ple- Prozent gesenkt wird?“ Gleichzeitig müsse Stefan von der FPÖ. In seinem Wortbeitrag num. man auch aufzeigen, welche Konsequenzen zeigte er allerdings ein anderes Problem auf: „Was ist notwendig, damit Frustration das hätte. „Es ist eine Katastrophe, wenn Ergebnisse wie die von Frau Ruhsmann nicht entstehen aus Abstimmungen oder Befragungen nicht kann?“ Das müsse man sich ernsthaft fragen, BürgerInnen entscheiden nicht klüger, ernst genommen werden. Das führt zu noch meinte ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl. aber auch nicht dümmer als ihre viel größerer Frustration.“ Volksabstimmun- Er sei dankbar, daß zu einer parlamentari- RepräsentantInnen gen müßten in der Regel verbindlich sein. schen Enquete erstmals auch Bürger eingela- „Wenn wir aufhören, die Demokratie zu Gerade auf Bundesebene müsse man sich den wurden. entwickeln, fängt die Demokratie an aufzu- jetzt trauen, weitere Schritte zu setzen. Für mehr Volksabstimmungen nach dem Schweizer Vorbild sprachen sich sowohl Michelle Missbauer (derzeit in Ausbildung) als auch Marlen Ondrejka ( kaufmännische Angestellte) aus. Ob Mietpreise, Arbeits- plätze oder Politikergehälter – als Bürgerin- nen würden sie gerne in viel mehr Entschei- dungen miteinbezogen werden, sagten beide. Missbauer: „Warum keine Volksabstimmung alle zwei oder drei Jahre?“ Ondrejka: „Man sollte uns mehr zutrauen!“ Harald Stefans Einwand, die elektronische Bürgerbeteili- gung könnte Datenmißbrauch Tür und Tor öffnen, sei für sie kein Argument, so On- drejka: Mißbrauch könne immer passieren.

Manipulationen einen Riegel vorschieben Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen PR-Beraterin Barbara Ruhsmann sieht v.l.: Universität Wien Clemens Jabloner, Moderator Theo Öhlinger, Universität bei Instrumenten wie der Volksbefragung Salzburg Tamara Ehs (am Wort) und Universität Innsbruck Peter Bußjäger

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Recht geht vom Volk aus.“ Das war übrigens der meistzitierte Satz in dieser Debatte.

Mitbestimmung braucht Transparenz und Informationsfreiheit Werden direktdemokratische Mittel nicht umgesetzt, führe das zu Frustration, warnte Abgeordneter Nikolaus Scherak von den NEOS. Die Bevölkerung sollte nicht nur viel mehr Rechte haben, etwas zu initiieren, son- dern sie müsse auch darauf vertrauen können, daß Ergebnisse umgesetzt werden. „Und vor allem braucht Mitbestimmung auch Transpa- renz und Informationsfreiheit“, betonte Sche- rak. Darin, den WählerInnen zu sagen, ihre Meinung sei gefragt, es dann aber doch an- ders zu machen, sieht auch Bundesrat Werner Herbert von der FPÖ eine Gefahr. Das sei ignorant und frustrierend. Daher Präsident des Verwaltungsgerichtshofes a.D.; Inhaber der Hans Kelsen Professur müsse sich die Politik folgende Fragen stel- am Institut für Rechtsphilosophie, Kultur- und Religionsrecht, Universität Wien, Clemens Jabloner len: „Welche Erwartungshaltungen haben die WählerInnen und wie erfülle ich diese hören“, zitierte Claudine Nierth, Bundesvor- litativen Sprung zu machen: „BürgerInnen beziehungsweise wie gehe ich damit um?“ standssprecherin von „Mehr Demokratie muß eine Teilhabe zugestanden werden, Deutschland“ für die Grünen. Ihrer Ein- denn sie zahlen am Ende die Zeche.“ Salzburg geht mit BürgerInnenrat schätzung nach bringen verbindliche Ab- Man dürfe nicht einfach die Hürden für gegen Politikverdrossenheit vor stimmungen mehr Ernsthaftigkeit in Debat- Volksbefragungen und -abstimmungen hin- Der vielzitierten Politikverdrossenheit ten, weil das Parlament den Blick auf die aufsetzen, weil den Regierenden ein Ergeb- entgegenzuwirken, war einer der Gründe, BürgerInnen richte. Im Gegensatz zu den nis nicht gepaßt hat, betonte Rechtsanwältin weshalb in Salzburg nicht nur ebenfalls eine üblichen Personendebatten vor Wahlen sei Susanne Fürst stellvertretend für die FPÖ. Enquete-Kommission eingerichtet wurde, dies eine echte Chance. In Deutschland etwa Das sei zum Beispiel in Oberösterreich pas- sondern auch ein BürgerInnenrat. Die Land- habe direkte Demokratie die Staatlichkeit siert und werde nun im Herbst wieder korri- tagsabgeordnete und zweite Landtagspräsi- und das Parlament gestärkt, so Nierth. Angst giert. Politiker sollten vielmehr auf Wünsche dentin in Salzburg, Gudrun Mosler-Törn- vor Entscheidungen müsse man ohnehin der Bevölkerung eingehen und die Ergeb- ström (SPÖ), findet: „Interesse kann man am nicht haben: „BürgerInnen entscheiden nicht nisse sportlich nehmen. Immerhin: „Das besten unten erwecken, also auf Gemeinde- klüger, aber auch nicht dümmer als ihre RepräsentantInnen.“ Für eine Weiterentwicklung der bestehen- den Instrumentarien wie zum Beispiel der Volksbefragung sprach sich der Wiener Gemeinderat Kurt Stürzenbecher (SPÖ) aus. Das sei innvoller, als neue zu entwickeln. Unbedingt müsse direkte Demokratie von unten nach oben wachsen, davon brauche es viel mehr – allerdings stets mit Verantwor- tungsbewußtsein, Leidenschaft und Augen- maß. Außerdem warf der Gemeinderat ein: „Wir müssen vom Sieger-Verlierer-Denken wegkommen. Es ist immer ein Sieg für die Demokratie!“

Keine Angst vor BürgerInnenentscheidungen Eine gewisse Angst der Politik, Bür- gerInnen Entscheidungen einzuräumen,

sieht Christoph Starzer (Salzburger Gemein- Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen deratsklubobmann, NEOS) tatsächlich. Dar- Moderator und Autor, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, Universität Wien, um sei es an der Zeit, hier einen großen qua- Theo Öhlinger

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sehr problematisch. So wurden bei der Ge- meindeumstrukturierung in der Steiermark Abstimmungsergebnisse ignoriert, daher ha- be die Bevölkerung das Gefühl, „man sei über sie drübergefahren“. Ein Eindruck, den Otmar Hiebaum, Bür- germeister der Gemeinde Markt Hart- mannsdorf und Vertreter der Steirischen Gemeindeinitiative (Grüne) teilt. „Die steiri- sche Regierung war nicht bereit, direktde- mokratische Mittel zuzulassen“, bedauerte er. Die Meinung der Bevölkerung dürfe man aber nicht einfach ignorieren. Das Schlußwort dieser Debatte blieb Bürgervertreter Heinz Emhofer. Von der Po- litik wünsche er sich, daß diese Enquete- Kommission ernst genommen wird: „Macht keine Nägel mit Köpfen, sondern einen Na- gel mit einem Kopf!“ „ http://www.parlament.gv.at

Foto: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Leo Hagen Quelle: Parlamentskorrespondenz v.l.: Autor Theo Öhlinger, Parlaments- direktor Harald Dossi, Clemens Jablo- ner (Universität Wien), Tamara Ehs Parlamentarische Enquete-Kommission zum Thema (Universität Salzburg), Peter Bußjäger (Universität Innsbruck) und Autor »Würde am Ende des Lebens« Klaus Poier ebene.“ Wer Mitglied dieses BürgerInnenrats ist, sei gleich umso mehr interessiert und darüber hinaus seien diese Menschen wieder- um Multiplikatoren. „Wenn wir diesen Weg gehen, sind wir ein ganzes Stück weiter“, so Mosler-Törnström. Für sie sei die Politikverdrossenheit nur ein Nebenaspekt, sagte später die Wiener Gemeinderätin Jennifer Kickert (Grüne). Am wichtigsten sei es, zu besseren bezie- hungsweise besser begründeten Entschei- dungen zu kommen. Bei direktdemokrati- schen Methoden wünscht sie sich mehr Mut zum Experiment, man sollte dies und das einfach ausprobieren.

MandatarInnen sollen mehr Mut zeigen Gemeinsam statt gegeneinander müssen ParlamentarierInnen und BürgerInnen arbei- ten, man dürfe die beiden nicht gegeneinan- der ausspielen, sagte Rouven Ertlschweiger n der Ausgabe 137 unseres „Österreich aus Platzgründen nicht hier aufnehmen vom Team Stronach. Jedoch brauche es von Journal“ pdf-Magazins vom 1. Dezem- konnten, in unserem online-Angebot unter Seiten der MandatarInnen viel mehr Mut. Er- I ber 2014 haben wir über die erste öffentli- der Adresse gebnisse aus Befragungen usw. könne man che Sitzung der parlamentarischen Enque- http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2014/1214/W3/41712pkHospiz.htm als solides Fundament hernehmen und dar- te-Kommission zum Thema „Würde am auf aufbauen. Ende des Lebens“ berichtet, in der auf die Unter dem Titel „Patientenverfügung „Wir leisten einen Eid, indem wir uns der komplexe inhaltliche Dimension dieser auf dem Prüfstand der Enquete-Kommis- Bevölkerung verpflichten“, erinnerte der Fragestellung eingegangen wurde. sion“ finden Sie eine Zusammenfassung steirische Landtagsabgeordnete Peter Samt Unter dem Titel „Hospiz- und Palliativ- der letzten Runde der öffentlichen Anhö- von der FPÖ. Eine Aufgabe von Politik und versorgung: ExpertInnen für Rechtsan- rung im Parlament in unserem online-An- Gesetzgebung sei es, darauf zu achten, daß spruch“ finden Sie die Fortsetzung zu die- gebot unter der Adresse die Rahmenbedingungen eingehalten wer- sem überaus interessanten Thema, das wir http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2015/0115/W3/12601pkAnhoerung.htm

den. Auf Gemeindeebene etwa sei das aber Fotos: Parlamentsdirektion / Bildagentur Zolles KG Christian Hofer

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 38 Innenpolitik Pensionsantrittsalter Hundstorfer: Pensionsantrittsalter 2014 um 13 Monate gestiegen – Pensions- reformen wirken – Sowohl Zahl der Anträge wie auch Zuerkennungen deutlich gesunken – Rückgänge v.a. bei Langzeitversicherten-Regelung und I-Pensionen

as Pensionsantrittsalter ist 2014 mit 13 4,8 Monate gestiegen und liegt nun bei 61 „Wir sind auf einem guten Weg. Wir wer- DMonaten deutlich gestiegen. Wir haben Jahren und zweieinhalb Monaten, so der Mi- den auch in Zukunft nicht locker lassen, da- nun ein durchschnittliches Antrittsalter von nister. Einen signifikanten Anstieg der Zuer- mit die Menschen länger und gesund im Er- 59 Jahren und sieben Monaten. Damit sind kennungen gab es hingegen bei der Schwer- werbsprozeß bleiben können“, schloß Hunds- wir sehr gut unterwegs und werden den im arbeitspension, da haben sich die Zuerken- torfer. Regierungsprogramm vorgegebenen Pfad nungen mit 97,4 Prozent beinahe verdoppelt. ganz sicher erfüllen.“ Mit diesen Worten In Absolutzahlen sind 2014 2754 Menschen Neubauer: Hundstorfers Jubel präsentierte Sozialminister Rudolf Hundstor- in die Schwerarbeitspension gegangen an- über steigendes Pensionsantritts- fer am 19. Jänner die aktuellen Pensions- statt 1.395 im Jahr 2013. „Damit liegen wir alter unangebracht zahlen für das Jahr 2014. Dieser deutliche deutlich unter den Schätzungen, als die Als völlig unangebracht bezeichnet der Anstieg beim Antrittsalter sei eine direkte Schwerarbeitspension 2004 beschlossen wur- freiheitliche Seniorensprecher Werner Neu- Folge der Pensionsreformen der vergange- bauer die Jubelmeldung von Sozialminister nen Jahre, die nun voll zu wirken beginnen. Hundstorfer darüber, daß das faktische Pen- So sind die Anträge zur Langzeitversicher- sionsantrittsalter gegenüber dem Vorjahr um ten-Regelung von 2013 auf 2014 um 42,4 13 Monate gestiegen ist: „So freut sich Hunds- Prozent gesunken. Statt 27.583 Personen im torfer, daß seine Maßnahmen wirken, was aber Jahr 2013 haben 2014 nur noch 15.868 Men- ein reiner ,No-Na-Effekt‘ ist, denn der Groß- schen um diese Regelung angesucht. „Ähn- teil dieser 12.241 ,Leider-nein-Pensionisten‘ lich verhält es sich bei der Invaliditätspen- findet sich – no na – unter anderem Titel in sion, da sind die Anträge um 15,3 Prozent anderen Statistiken wieder.“ zurückgegangen“, so Hundstorfer. Daß weniger Anträge aufliegen, wenn die Die Summe der Pensionsanträge ist von Betroffenen wissen, daß sie unter den neuen 140.169 (2013) auf 118.503 im vergangenen Voraussetzungen keine Chance auf eine Zu- Jahr um 15,5 Prozent zurückgegangen. Die erkennung haben, sollte nicht weiter verwun- Zuerkennungen sind von 93.658 auf 81.417 dern. „Daß einen großen Teil des Minus, die gesunken. „Wir sind damit auf einem guten Hacklerpensionen (-8572) ausmachen, ist auch Weg unser Ziel, daß die Menschen länger im nicht weiter verwunderlich, fielen doch mit

Erwerbsprozess bleiben, zu erreichen“, sagte Foto: http://www.bilderbox.com 1. Jänner 2014 gleich zwei Jahrgänge aus, die der Minister. Zur Erinnerung: im Regie- Schwerarbeitspension können künftig diese Möglichkeit nun nicht mehr in An- rungsprogramm ist vereinbart, daß bis 2018 nur Menschen bekommen, die in den spruch nehmen können“, sagte Neubauer. das durchschnittliche Antrittsalter 60,1 Jahre letzten 20 Jahren zehn Jahre tatsäch- Mit der Neuregelung der Invaliditätspen- lich Schwerarbeit verrichtet haben. betragen soll. Besonders erfreulich ist, daß sion 2014 finden sich jene Betroffenen, die die Anträge zur Invaliditätspension (enthält de. Damals ging man davon aus, daß rund befristet arbeitsunfähig sind und ein soge- auch Anträge zum Rehabilitationsgeld) von 5000 Menschen pro Jahr diese Regelung in nanntes Reha-Geld erhalten, in der Arbeits- 61.787 auf 52.326 gesunken sind. „Unsere Anspruch nehmen. Davon sind wir weit ent- losenstatistik wieder. Selbstverständlich sind Maßnahmen – die Gesundheitsstraße oder fernt. Die Schwerarbeitspension wird daher alle Initiativen, diese Menschen durch ge- Fit2Work u.a. – haben hier diesen Rückgang keine ,neue Hacklerregelung‘ werden. In die- sundheitsfördernde Maßnahmen wieder in den bewirkt. Zudem findet ein Mentalitätswan- se Pensionsart können nur Menschen, die in Arbeitsprozeß einzugliedern, zu begrüßen, del statt, da klar ist, daß es auch bei schlech- den letzten 20 Jahren zehn Jahre tatsächlich doch sollte dies nicht zu einer Schönfärberei ter gesundheitlicher Verfassung aufgrund der Schwerarbeit verrichtet haben“, unterstrich der Statistik führen. intensivierten Reha-Maßnahmen ein Weg Hundstorfer. Als Hinweis, wo akuter Handlungsbedarf zurück zum Erwerbsleben gefunden werden Die Korridorpension verzeichnet eben- für Pensionsreformen besteht, sei aktuell an kann“, erläuterte Hundstorfer. falls einen leichten Zuwachs in der Höhe 51 Wiener Beamte erinnert, die durchschnitt- Die Zuerkennungen zur Invaliditätspen- von 7,6 Prozent. Diese Pensionsform nützten lich mit knapp 56 Jahren kürzlich in die Früh- sion sind ebenfalls deutlich gesunken – näm- 2014 6321 Menschen; 2013 waren es 5877. pension geschickt wurden. Hier sollten drin- lich von 24.116 auf 19.980 – das bedeutet Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen gendst die Ursachen aufgeklärt werden. „Um einen Rückgang von immerhin 17,2 Prozent. bei der Frühpension aufgrund von langer gerechte Pensionen für die Zukunft zu sichern, Bei allen Invaliditätspensionen stieg 2014 das Versicherungsdauer – 2013 waren es noch muß daher unbedingt das gesamte System Antrittsalter um 31,2 Monate und beträgt 5401 Menschen, die diese Möglichkeit in reformiert werden: ein System nach ASVG, nun 54 Jahre und acht Monate. Aber auch bei Anspruch nahmen, 2014 waren es um 23,1 welches ohne Privilegien für alle Gültigkeit den Alterspensionen ist das Antrittsalter um Prozent weniger, nämlich 4154. hat“, so Neubauer.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 39 Innenpolitik

Blecha: Pensions-Monitorings-Zahlen siert vorzulegen: besonders die starken re- aber auch die Schaffung der Gesundheits- beweisen richtigen Weg bei Pensionen gionalen Unterschiede bei I-Pensionen und straße bei der Pensionsversicherungsanstalt „Die heute präsentierten Zahlen des die stark steigenden Zahlen psychischer zeigen die gewünschte Wirkung. Das fakti- Pensions-Monitorings beweisen, daß die Gründe für I-Pensionen sind zu klären und sche Pensionsantrittsalter ist 2014 gegenüber letzten Maßnahmen im Pensionsrecht grei- gefundene Schlupflöcher zu schließen. Zu- 2013 um 13,2 Monate gestiegen. „Wir sind fen: das Pensionsantrittsalter steigt, und zwar dem darf die so genannte Schwerarbei- auch ohne Pensionsautomatik auf dem rich- nennenswert um 13,2 Monate. Innerhalb terpension kein neues Schlupfloch in die tigen Weg“, sagt Kundtner. Die Menschen kürzester Zeit ist das Pensionsantrittsalter Frühpension werden. Auch bei der Stadt können nicht mehr in Pension gehen, aber um über ein Jahr gestiegen! Die Zahl der Wien ist endlich der Reformstift anzusetzen: auf der anderen Seite steigt die Arbeitslosig- Pensionsanträge ist massiv zurück gegangen, deren weitere Verweigerung der Anpassung keit bei den Älteren. Kundtner: „Wir brau- ebenfalls ein Zeichen dafür, da0 die beglei- ihrer Landesbeamten an die Regelungen der chen daher dringend Maßnahmen zur För- tenden Pensionsmaßnahmen wie fit2work Bundesbeamten ist keinen Tag länger zu derung und Stabilisierung der Beschäftigung. und Gesundheitsstraße greifen“, erklärte akzeptieren!“ Ganz wichtig sind alternsgerechte Arbeits- Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha plätze, damit die Menschen auch länger ar- in einer Reaktion auf die veröffentlichen Achitz: Pensionsantrittsalter beiten können. Dafür ist ein wirksames Bo- Zahlen. „Damit werden alle jene zurückge- weiter gestiegen nus-Malus-System unabdingbar, denn zu wiesen, die ständig unser Pensionssystem Das faktische Pensionsantrittsalter ist von viele Betriebe – auch größere – beschäftigen krankjammern, ständig den Menschen unzu- 2013 auf 2014 um 13,2 Monate gestiegen. kaum oder zu wenig ältere Menschen.“ mutbare Verschlechterungen und Kürzungen „Das zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg verordnen wollen!“ zur Sicherung des solidarischen Pensionssy- Gleitsmann: Situation ist Blecha bekannte sich zu „sinnvollen stems sind“, sagt Bernhard Achitz, Leitender und bleibt armarmierend Anpassungen“ im Pensionssystem, sinnlose Sekretär des ÖGB: „Alle Alarmrufe, wonach Die von Bundesminister Rudolf Hunds- wie z.B. der Pensionsautomatik erteilte er die Pensionen bald nicht mehr finanzierbar torfer veröffentlichen Zahlen zum Pensions- neuerlich eine Absage. wären, entbehren jeder seriösen Grundlage. antrittsalter stellen nur auf den ersten Blick „Schwerpunkt muß jetzt sein, daß der Ar- Sie haben offensichtlich einen einzigen eine positive Entwicklung dar. Schaut man beitsmarkt altersgerechter wird, mit altersge- Zweck: Die ArbeitnehmerInnen sollen in die genauer hin, ist die vermeintliche Erhöhung rechten Jobs, der dringend notwendigen Ein- Arme der privaten Versicherungswirtschaft des faktischen Antrittsalters mit einem stati- führung des Bonus-Malus-Systems für Un- mit ihren unsicheren Vorsorgeprodukten stischen Trick erklärbar. „Rein formell sind ternehmen und ein Beschäftigungs-Pro- getrieben werden.“ Bezieher von Rehabilitations- und Umschu- gramm ‚50-plus‘, um gerade für diese Ziel- Es herrscht Konsens darüber, daß die lungsgeld nach der Reform der Invaliditäts- gruppe gezielt Jobmaßnahmen zu setzen!“ Menschen länger arbeiten und später in Pen- pension keine Pensionisten mehr. Dennoch erklärte Blecha abschließend. sion gehen sollen. Offensichtlich sind die gehören sie bei einer korrekten Betrachtung bisher vom Sozialministerium getroffenen miteinbezogen, denn sie belasten auch das Khol: Dringend vereinbarte Pensions- Einzelmaßnahmen, um dorthin zu gelangen, Pensionsbudget. Bezieht man diese große Neuregelungen umsetzen! erfolgreich: In den vergangenen Jahren sind Gruppe in die Berechnung des Antrittsalters Zu der von Sozialminister Hundstorfer be- bereits weitreichende Maßnahmen in Kraft also mit ein, stagniert das tatsächliche An- kanntgegebenen erfreulichen Entwicklung getreten, die dafür gesorgt haben, da0 das trittsalter auf dem seit Jahren niedrigen Ni- der Pensionsantritte 2014 hält Univ.-Prof. tatsächliche Antrittsalter gestiegen ist. veau“, so Martin Gleitsmann, Leiter der Ab- Andreas Khol, Bundesobmann des Österrei- Achitz: „Allerdings darf man keinesfalls nur teilung Sozialpolitik und Gesundheit der chischen Seniorenbundes und Präsident des beim Pensionssystem ansetzen, wenn man Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Österreichischen Seniorenrates, fest: „Die das faktische Pensionsalter weiter in die Hö- Das aktuelle Gutachten der Pensions- 2012 beschlossenen Reformen wirken er- he bringen will. Wesentlicher ist: Wir müs- kommission spiegle die alarmierende lang- freulich gut. Die seit 2014 geltenden versi- sen dafür sorgen, daß die Menschen länger fristige Entwicklung wider. Die Bundesmit- cherungsmathematischen Abschläge zeigen gesund und arbeitsfähig bleiben. Und damit tel in der gesetzlichen Pensionsversicherung insbesondere bei den Antritten zur so ge- sie auch länger einen Arbeitsplatz haben, muß werden sich von 9,2 Mrd. Euro (2,9 % des nannten ,Hackler‘-Regelung ihre Wirkung. das im Regierungsprogramm vorgesehene BIP) im Jahr 2014 auf 35 Mrd. Euro (5,7 % Jetzt gilt es, auch beim Bonus für freiwilli- Bonus-Malus-Programm endlich Wirklich- des BIP) im Jahr 2060 fast verdoppeln. Noch ges Arbeiten nach 60/65 endlich wie verein- keit werden." dramatischer ist die kurzfristige Entwick- bart die versicherungsmathematische Erhö- lung: Die Bundesmittel steigen von 9,7 Mrd. hung auf de facto 10 Prozent mehr Pension Kundtner: Maßnahmen zur Anhebung Euro (3,15 % des BIP) 2013 auf 13,5 Mrd. pro länger gearbeitetem Jahr umzusetzen. Mit des faktischen Pensionssystems greifen Euro (3,72 % des BIP) im Jahr 2019. der vereinbarten Einführung der Teilpension „Die Maßnahmen zur Anhebung des fak- Trotz der seit 2014 gesetzten Maßnahmen soll endlich gegen das ,Alles-oder-Nichts‘- tischen Pensionsantrittsalters greifen“, kom- steigen die budgetären Belastungen im Prinzip bei vorzeitigen Pensionsantritten mentiert Alice Kundtner, stellvertretende Pensionsbereich laut Strategiebericht der wirken. Bei beiden Punkten darf man die Be- Direktorin der AK Wien, die Jahresstatistik Bundesregierung bis 2018 um fast 4,2 Mil- troffenen älteren Arbeitnehmerinnen und des Hauptverbandes für das abgelaufene liarden Euro weiter dramatisch an. Zum Ver- Arbeitnehmer nicht länger warten lassen!“ Jahr. Die Zahl der Pensionsanträge ist mas- gleich: Im selben Zeitraum sollen die Bil- Khol weiter: „Zudem ist das Frühpen- siv zurückgegangen und auch die Verschär- dungsausgaben um 125 Millionen Euro sin- sionsmonitoring zu verbessern und aktuali- fungen bei Sperrfrist und Pensionsvorschuß, ken. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 40 Innenpolitik Weniger oft den kleinsten ge- meinsamen Nenner verkündigen Bundeskanzler Werner Faymann in einer großen Interviewrunde mit den Chefredakteuren mehrerer österreichischer Tageszeitungen.

Tageszeitungen: Österreich steht bei der Steuerreform vor der Entscheidung, in vielen Bereichen wird ein Reformstau beklagt. Was tun Sie?

Bundeskanzler Werner Faymann: Ich sehe eine historische Chance, unsere Schwächen auszubessern. Das sind neben der Frage der Gerechtigkeit vor allem Schule und Bildung. Arbeit ist zu hoch besteuert. Ich nehme Ana- lysen von internationalen Instituten und Wirtschaftsexperten sehr ernst. Wenn aber im Bildungssystem gravierende Schwächen beim Lesen, Schreiben und Rechnen bemän- gelt werden, dann liegt auf dem Tisch, was zu tun ist. Leicht gesagt und schwer getan.

Tageszeitungen: Wo ist die größte Schwierig- keit bei der Steuerreform? Foto: BKA / Andy Wenzel Am 24. Jänner 2015 besuchte Bundeskanzler Werner Faymann die Weltcup-Ab- fahrt der Herren in Kitzbühel. Bei dieser Gelegenheit gab er dieses Interview. Faymann: Wir wollen fünf bis sechs Mil- liarden Euro investieren. Entscheidend ist ger kleinste gemeinsame Nenner verkündi- Faymann: Manches ist leichter geworden, aber: Wo soll das Geld dafür herkommen? In gen. etwa bei den Diskussionen in der Bildung. unserem Konzept stehen zwei Mrd. Euro aus Da merke ich den Unterschied, die Schnitt- dem vermögensbezogenen Bereich, da muß Tageszeitungen: Klingt nach härterem Kurs. menge ist größer geworden, nicht aber bei auch woanders Geld gesucht werden. Von den anderen Fragen wie jüngst etwa bei Verset- Steuereinnahmen gehen 40 Prozent automa- Faymann: Das Problem in einer Koalition zungen beim Bundesheer. Wir müssen jetzt tisch an Länder und Gemeinden. Das heißt, ist: Ein Nein ist stark, ein Ja hingegen meist vieles weiterbringen, sonst wäre es absurd, wir brauchen eine Effizienzverbesserung im schwer zu erreichen. Ein anderes Wahlrecht bei der nächsten Wahl wieder die Große Rahmen von Steuerreform und Finanzaus- wäre eine Alternative. Wenn ein Läufer auf Koalition für die Erledigung großer Themen gleich. Es stellt sich die Frage: Wo sparen der Streif auch nur eine Hundertstelsekunde anzupreisen. Länder und Gemeinden? Die öffentliche vorn ist, dann hat er gewonnen. Im Sport ist Verwaltung muß insgesamt billiger werden. das eindeutig, und ich könnte einer Verän- Tageszeitungen: Neben den Steuern ist die derung auch in der Politik persönlich etwas Bildung eine zentrale Frage, bei der sich Tageszeitungen: Zuletzt hieß es, daß Stiftun- abgewinnen. Die Opposition will bisher aber herausstellen wird, ob Worten auch Taten gen höher besteuert werden und Erbschafts- nicht. Wenn eine Wahlrechtsreform in Rich- folgen. und Schenkungssteuer kommen könnten. tung Mehrheitswahlrecht weiter undurchsetz- Dafür verzichtet die SPÖ auf klassische Ver- bar bleibt, wovon ich ausgehe, so muß eben Faymann: Die Verkrampfung der Positio- mögensteuern. Druck erzeugt werden, indem Konflikte aus- nen ist gelöst, etwa in der Frage Gymnasium getragen werden. Das ist ja auch im Privaten und Neue Mittelschule sowie bei der Ganz- Faymann: Am Schluß brauchen wir einen oft besser. Es bringt nichts, die Existenz der tagsschule. Ich bin auch nicht dafür, daß Kompromiss, die Menschen haben uns für Unterschiede zu leugnen, und es ist keine Kinder da hingehen müssen, ich will den Ergebnisse gewählt. Aber der Kompromiß Schande, wenn es wie beim Handelsabkom- Eltern aber sagen können, wo die nächste muß Sinn ergeben. Es ist noch unklar, wo men TTIP Unterschiede gibt. Konflikte sol- Schule ist. Verallgemeinerung ist zuweilen das Geld herkommt, die Kleinigkeit von fünf len offen ausgetragen werden, Wadlbeiße- ein Problem. Ich brauche nicht überall mehr bis sechs Milliarden Euro muß auf den reien braucht kein Mensch. Lehrer oder Sprachtrainer, deshalb muß ich Tisch. Ich frage aber auch: Was ist mit der das ja nicht überall tun, sondern nur, wo es Transparenzdatenbank? Was wir in der Re- Tageszeitungen: Wie sehen Sie den Zustand notwendig ist. In der Neuen Mittelschule gierung auch brauchen, ist Mut zur Wahr- der Koalition mit der personell neu aufge- brauche ich vielleicht nicht überall zwei heit. Man muß mehr durchsetzen und weni- stellten ÖVP? Lehrer, sondern oft nur einen und bei Bedarf

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 41 Innenpolitik auch drei. Und Schulautonomie kann ja nicht heißen, daß sich der Direktor nur die Erfolgreiche Sachpolitik besten Schülerinnen und Schüler aussucht, sondern er müßte sich die Lehrer aussuchen Jahreswechsel brachte Verbesserungen für können. Dafür bräuchte es einen Pool und BürgerInnen im Zivil- und Strafrechtsbereich eine bessere Versetzbarkeit. Lehrer sind laut Rechnungshof 100 Stunden zu wenig in der it 1. Jänner traten sieben Reformvor- Durch Inkrafttreten der Reform des Klasse. Das kann ich lösen, wenn ich das Mhaben von Justizminister Wolfgang Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht will, kann ich auch noch 50 Stunden Brandstetter im Straf- und Zivilrecht in gibt es auch für Unternehmer Verbesserun- weglassen. Es kostet halt viel. Die Zeit ist Kraft. Unter anderem bringt etwa die Um- gen. Zusätzliche Neuerungen gibt es im Be- gut für Reformen, weil es aus der Bevöl- setzung des StPO-Pakets zukünftig schnelle- reich der Gerichtsorganisation und der Streit- kerung einen gewissen Rückenwind gibt. re Strafverfahren; die Wohnrechtsnovelle wertgrenzen im Zivilverfahren. Weitere Re- schafft noch mehr Rechtssicherheit für Woh- formen, die 2015 umgesetzt werden, sind Tageszeitungen: Sie haben jüngst beim SPÖ- nungseigentümer. „Neuerungen wie diese unter anderem die Modernisierung des Fort- Parteitag nur knapp 84 Prozent der Stimmen zeigen, daß sich konstruktive Sachpolitik pflanzungsmedizingesetzes, eine Entlastung erhalten, worauf eine Diskussion über einen lohnt. Es freut mich, daß die Bürgerinnen für Familien durch die Senkung der Ge- Nachfolger ÖBB-Chef Christian Kern ein- und Bürger direkt von diesen Verbesserun- richtsgebühren in familienrechtlichen Verfah- setzte. Waren in der Zwischenzeit Partei- gen im Straf- und Zivilbereich profitieren“, ren, weitere Entlastungen für Unternehmen granden bei Ihnen, die Ihnen zusagten, da0 so der Justizminister. durch die Umsetzung des Rechnungslegungs- es einen Führungswechsel nicht geben wird? änderungsgesetzes, sowie die Reorganisation Strafrecht: Schnellere Verfahren und des Straf- und Maßnahmenvollzugs. Faymann: Reiche werden immer reicher weitere Stärkung des Opferschutzes und Arme ärmer, die Mittelschicht zerreißt Im Strafrechtsbereich bringen vor allem Weiterer Ausbau der Servicecenter es, für uns in der SPÖ ist das ein Albtraum. die Reform der Strafprozeßordnung und die Am 29. Jänner wurde mit dem Service- Den Parteitag habe ich nicht negativ emp- Stärkung des Opferschutzes wichtige Ver- center des Landesgerichts St. Pölten das 26. funden. Es gab kein Ergebnis wie einst bei besserungen. So schafft das StPO-Paket Servicecenter eröffnet. Damit verfügen schon Bruno Kreisky oder Franz Vranitzky, aber es schnellere Strafverfahren und einen noch 44 Gerichte und Staatsanwaltschaften über ist ein gutes Zeichen, wenn weit über drei besseren Rechtsschutz. Unter anderem sind diese bürgerfreundliche Einrichtung. „Bürger- Viertel auch in schwierigen Zeiten sagen, mit 1. Jänner folgende Neuerungen wirk- freundlichkeit hat für die Justiz Priorität. Die man solle weiter Verantwortung tragen statt sam: ein dreijähriges Zeitlimit für staatsan- Servicecenter bieten eine wichtige Anlauf- von der reinen Lehre in der Opposition zu waltliche Ermittlungen (mit gerichtlicher stelle für die rechtsuchende Bevölkerung, träumen. Die SPÖ kenne ich genau, auch Verlängerungsmöglichkeit; die Möglichkeit deshalb ist mir der Ausbau dieser Einrichtun- alle möglichen internen Diskussionen. Von eines kurzen Mandatsverfahrens bei kleine- gen ein wichtiges Anliegen“, so Brandstetter. Christian Kern habe ich in der Partei nichts ren Delikten, der Einsatz eines zweiten Be- gehört, obwohl ich sehr gute Ohren habe. rufsrichters bei komplexen Schöffenverfah- Leistungen der Servicecenter Das sehe ich als reine Mediendiskussion. ren, sowie eine klare Abgrenzung zwischen Die Servicecenter stehen als zentrale An- dem Verdächtigen- und Beschuldigten- laufstelle für die Anliegen der rechtssuchen- Tageszeitungen: Die SPÖ-Landeshauptleute begriff. den Bevölkerung zur Verfügung. Sie bieten Voves und Niessl (Franz Voves, Steiermark, Mit der Novelle des EU-JZG wird mit 1. Hilfe bei der Orientierung im Justizbetrieb Hans Niessl, Burgenland Anm.) haben gefor- Jänner 2015 die justizielle Zusammenarbeit und sind so konzipiert, daß die am häufig- dert, daß die Nichtbereitschaft zur Integra- der EU-Mitgliedsstaaten in Strafsachen er- sten nachgefragten Leistungen zentral und tion strafbar sein soll. Auch Ihre Ansicht? weitert – damit wird insbesondere der Op- sofort erledigt werden können. So können ferschutz noch weiter gestärkt. Darüber hin- beim Servicecenter z.B. einfache Anträge zu Faymann: Daß es heißt, man solle sich in aus werden mit der Novelle im Bereich des Protokoll gegeben werden, es werden Aus- Österreich an Gesetze halten, finde ich noch Völkerstrafrechts weitere Straftatbestände künfte zum Verfahrenstand und Ablauf eines nicht spektakulär. Die Frage ist, muß ich gegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen Verfahrens erteilt, Grund- und Firmenbuch- Gesetze weiter ändern? Wir haben ja auch die Menschlichkeit und das Verschwinden- auszüge erstellt, Beglaubigungen vorgenom- eine ganze Liste an Anti-Terror Regelungen lassen von Personen im österreichischen men, Formulare ausgegeben und fachliche beschlossen. Die Frage ist nicht so kontro- Strafrecht eingeführt. Hilfestellung beim Ausfüllen angeboten. versiell, wie es scheint. Auf den Terror muß Der bürgerorientiere „Front-office“-Be- ich reagieren, indem ich der Polizei bessere Zivilrecht: Mehr Rechtssicherheit reich wurde damit aus den übrigen Organi- Ausrüstung gebe, ich brauche aber gleich- für Wohnungseigentümer sationseinheiten herausgelöst. Dadurch kön- zeitig soziale Maßnahmen bei Jugendlichen. Im Zivilrechtsbereich beseitigt die Wohn- nen einfache Auskünfte, Ansuchen und Ein- Es geht nur mit einer Kombination aus Stra- rechtsnovelle einen Graubereich und schafft gaben der BürgerInnen im Servicecenter fe und Hilfe. „ so mehr Rechtssicherheit für Wohnungsei- durch dafür speziell geschulte MitarbeiterIn- gentümer. Die wirksame Eigentumsbegrün- nen rasch erledigt werden, während gleich- Dieses Interview mit dem Bundeskanzler wurde in dung an Zusatzräumen wird mit 1. Jänner zeitig der „Back-office“-Bereich von Anfra- Kitzbühel von den Chefredakteuren der Bun- 2015 (auch rückwirkend) ohne eine zusätzli- gen entlastet wird. „ desländer-Zeitungen und „Die Presse“ geführt. che Eintragung ins Grundbuch möglich. http://www.bmj.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 42 Innenpolitik Niederösterreich führt Vorsitz in LH-Konferenz und Bundesrat LH Kaiser: Asyl und Bildung waren große Schwerpunkte – Kärnten präsentierte sich als offenes, zukunftsorientiertes Land – LH Pröll: Steuerreform, Asyl und Bildung als zentrale Themen Foto: NLK / Ernst Reinberger Übergabe im Palais Niederösterreich (v.l.): Landeshauptmann Peter Kaiser, die ehemalige Präsidentin des Bundesrates Ana Blatnik (beide Kärnten), die neue Präsidentin des Bundesrates Sonja Zwazl und der neue Vorsitzende der Landeshauptleute- Konferenz Landeshauptmann Erwin Pröll (beide Niederösterreich)

it dem 1. Jänner dieses Jahres über- österreichische Geschichte dar.“ Hier an die- lung des Finanzausgleichs zwischen Bund, Mnahm das Bundesland Niederösterreich sem Ort sei auch spürbar, „daß wir eine Ländern und Gemeinden sei er überzeugt, den Vorsitz in der Landeshauptleute-Konfe- gemeinsame Aufgabe, Verantwortung und „daß der gute Geist des Miteinanders die renz und im Bundesrat. Aus diesem Anlaß Verpflichtung für unsere Republik haben“, Oberhand behalten kann“. fand am 9. Jänner im Palais Niederösterreich so Pröll. Als Vorsitzland wolle man sich Eine der aktuellsten Fragen in der Repu- in der Wiener Herrengasse ein großer Fest- „voll und ganz zum Geist des Miteinanders blik sei das Asylwesen, sprach der nieder- akt statt. Niederösterreichs Landeshauptmann bekennen“, denn „das Miteinander der Kör- österreichische Landeshauptmann ein weite- Erwin Pröll übernahm dabei offiziell den perschaften ist eine demokratische Tradition res Thema an. Eine menschenwürdige Un- Vorsitz der Landeshauptleute-Konferenz vom in unserem Land und ein Auftrag am Weg in terkunft sei „eine wesentliche humanitäre Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, die die Zukunft.“ Aufgabe“. Auf Dauer dürfe es aber nicht niederösterreichische Bundesrätin KommR Als ein zentrales Anliegen nannte Pröll sein, daß Österreich und einige wenige euro- Sonja Zwazl übernahm die Bundesratspräsi- zunächst die Finanz- und Steuerpolitik, wo päische Staaten die Hauptlast tragen: „Es dentschaft von ihrer Kärntner Kollegin Ana man sich im Spannungsfeld zwischen einer muß eine europäische Lösung geben.“ Blatnik. hohen Steuerbelastung auf der einen Seite Im Zusammenhang mit der Bildungsre- Die Wahl des Palais Niederösterreich als und einem hohen Schuldenstand auf der an- form seien die Frauenkirchner Beschlüsse Veranstaltungsort sei „kein Zufall" gewesen, deren Seite bewege. Aufgabe sei es aber eine gute Grundlage für Gespräche mit dem betonte Landeshauptmann Pröll in seiner Fest- auch, „nicht durch leichtfertige Diskussio- Bund, ging Pröll auf ein weiteres Thema ein: rede: „Dieses Haus stellt ein Stück nieder- nen den Standort Österreich zu irritieren“. „Der Bund soll die Bildungsinhalte und österreichische Geschichte und ein Stück Im Zusammenhang mit der Weiterentwick- Bildungsziele vorgeben, die Länder sollen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 43 Innenpolitik sich mehr in die Bildungsverwaltung ein- stisch, daß derzeit noch Trennendes über- Die scheidende Bundesratspräsidentin bringen. Das bringt mehr Bürgernähe und wunden werden könne. Ana Blatnik betonte, sie habe wertvolle Er- mehr Effizienz.“ In Kärnten habe es während seines Vor- fahrungen gesammelt. Für sie sei stets im Vor- Abschließend warnte Pröll davor, „den sitzes im letzten Halbjahr viele Tagungen dergrund gestanden, „Brücken zu bauen“, Föderalismus zu diffamieren oder zu attackie- gegeben, das Land habe sich geöffnet und sagte sie: „Brücken zwischen den Parteien, ren“, denn dieser sei „wichtig und notwen- sich als Land mit offenen Menschen präsen- aber auch Brücken zwischen der älteren Ge- dig“ sowie „eine wesentliche Grundlage für tiert. Es sei auch ein Land, das aus der neration und der Jugend.“ Eine internationa- das Werden und Wachsen der Republik“. Eine Vergangenheit gelernt habe und zukunfts- le Konferenz unter ihrer Führung widmete verantwortungsvolle Politik für den Bürger orientiert sei, so Kaiser. sich dem Thema „Balkan als Chance“. sei „nicht ausschließlich mit dem ökonomi- Die neue Präsidentin des Bundesrates, Als Ehrengäste wohnten u. a. auch Vize- schen Summenstrich“ zu machen, sondern Sonja Zwazl, sagte, der Bundesrat sei eine kanzler Reinhold Mitterlehner, Bundesmini- bedeute „gute Versorgung der Menschen mit Klammer zwischen Landtag und National- ster , Wiens Bürgermei- den Dienstleistungen des Alltags“. Föderalis- rat. Sie wolle in ihrer Tätigkeit einen ster Michael Häupl sowie zahlreiche Ver- mus sei „der Mittelweg zwischen finanziellen Schwerpunkt auf die duale Ausbildung treter des diplomatischen Corps und der ge- Zwängen und bürgerlichen Bedürfnissen“, legen, meinte Zwazl, die auch Präsidentin setzgebenden Körperschaften der Festveran- betonte er. der niederösterreichischen Wirtschaftskam- staltung im Palais Niederösterreich bei. „ Der Kärntner Landeshauptmann Peter mer ist. Wichtig sei ihr auch die Funktion http://www.ktn.gv.at Kaiser überreichte einen Taktstock an seinen des Bundesrates als „Stimme der Regionen“. http://www.noel.gv.at Nachfolger als Vorsitzenden der Landes- hauptleute-Konferenz: Mit Erwin Pröll über- nehme „ein Erfahrener, der diese Funktion OÖ startet BürgerInnenbegutachtung mit Routine ausfüllt und der es versteht, die Anliegen der Länder zu vertreten“. achdem im Verfassungs-Ausschuß des geplanten Inkrafttreten des Gesetzes reicht Und Kaiser unterstrich nochmals das NOö. Landtages ein Bürgerrechtepaket jedenfalls aus, um allfällige Änderungs- zukunftsweisende Motto der bisherigen Lan- mit Zugangserleichterungen zu den Instru- bzw. Ergänzungsvorschläge der Bürgerinnen deshauptleutekonferenz, das „Starke Länder menten der direkten Demokratie beschlossen und Bürger beraten und in die Novelle ent- für ein soziales Österreich in einem gemein- wurde, werden nun alle BürgerInnen einge- sprechend einfließen lassen zu können“, be- samen Europa“ lautete. In seinem Fazit wies laden, ihre Meinung zur vorliegenden No- tont FPÖ-Klubobmann Günther Steinkell- er auf die Schwerpunkte Asylpolitik und Bil- vellierung der Bürgerrechte auf Landes- und ner. dungspolitik hin. Es habe drei Tagungen der Kommunalebene einzubringen. Darauf ha- „Wir haben gerade mit den anderen Flüchtlingsreferenten gegeben und es sei ge- ben sich die Klubobleute aller vier Landtags- Parteien nach intensiven Verhandlungen ein lungen, die Flüchtlingsproblematik politisch parteien (ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne) am gutes BürgerInnenrechtepaket geschnürt, außer Streit zu stellen. Kärnten selbst bemü- 15. Jänner verständigt. das Hürden jeder Art und auf allen Ebenen he sich intensiv, die vereinbarte Quote zu „Das Mitmachen und Mitentscheiden der senkt. Bei einer Novelle des Oö. BürgerIn- erfüllen. Dies sei angesichts der steigenden Bürgerinnen und Bürger bei politischen Ent- nenrechtegesetzes ist es sicher konsequent, Flüchtlingszahlen auch immer schwieriger. scheidungen in den Städten, Gemeinden und eine BürgerInnen-Begutachtungsverfahren Immer sei aber darauf zu achten, daß es sich im Land wird zukünftig leichter zugänglich durchzuführen“, so Klubobmann der Grü- um Menschen handle, die auf der Flucht und sein. Zusätzlich wollen wir beginnend bei nen, Gottfried Hirz. in Not seien, und da0 es eine Frage der diesem Gesetzespaket das Instrument der Am Tag der nächsten Landtagssitzung, Humanität sei, ihnen zu helfen. Bürgerbegutachtung verstärkt anbieten“, dem 29. Jänner 2015, soll im Ausschuß ein Die Bildungspolitik skizzierte Kaiser als sagt OÖVP-Klubobmann Thomas Stelzer. Beschluß gefaßt werden, daß alle Oberös- große Chance für Österreich. Es müssten die „Natürlich braucht ein Bürgerrechte- terreicherInnen eingeladen werden, ihre An- Weichenstellungen erfolgen, um geistige, Gesetz eine Bürgerbegutachtung. Das darf merkungen zum Entwurf des neuen Bürger- soziale, manuelle Intelligenz in den Mittel- jedoch keine Alibi-Aktion werden, sondern Innenrechtegesetzes zu übermitteln. Nach punkt zu stellen. Er wünsche sich mehr Kon- die Stellungnahmen der Bürger/innen müs- einer Frist von sechs Wochen wollen die zentration auf die Elementarpädagogik und sen dann auch ins Gesetz bestmöglich einge- Landtagsfraktionen die erhaltenen Rückmel- ihre enorme Bedeutung. Klar sei auch, daß arbeitet werden“, stellt SPÖ-Klubvorsitzen- dungen aus der Bevölkerung diskutieren und jeder investierte Euro in die Bildung einen der Christian Makor klar. Eine ernsthafte beraten. In dieser Legislaturperiode wurde die achtfachen Nutzen erzeuge. Zur Bildung er- Bürgerbegutachtung erfordere also die Be- BürgerInnenbegutachtung bisher bei der Oö. warte er sich auch von der Reformkommis- reitschaft aller Landtagsfraktionen den bis- Bauordnungs-Novelle 2012, der Oö. Bau- sion, der er auch selbst angehöre, wesentli- herigen Gesetzesentwurf im Sinne der Stel- technikgesetz-Novelle 2012 und der Oö. Ju- che Fortschritte. Es müßten Ziele außer Streit lungnahmen aus der Bevölkerung abzuän- gendschutzgesetz-Novelle 2012 angewandt. gestellt werden, ingesamt müsse ein Ruck dern. Das gesamte Demokratiepaket inkl. Stär- durch die Bildungspolitik gehen. „Man muß das Ohr immer bei den Bür- kung der Bürgerrechte solle dann nach der Zudem sprach Kaiser auch noch das gerinnen und Bürgern haben. Die FPÖ ist Begutachtungsfrist rasch und endgültig be- wichtige Thema Steuerreform an. Hier seien daher gerne bereit, diesen Vorschlag aufzu- schlossen werden, um zum Start der neuen sich alle Landeshauptleute einig, daß es zu greifen und das Bürgerrechtepaket den Ober- Landtagsperiode im Herbst 2015 in Kraft einer steuerlichen Entlastung und Kauf- österreicherinnen und Oberösterreichern zur treten zu können, versichern die vier Klub- kraftstärkung kommen müsse. Er sei optimi- Begutachtung vorzulegen. Die Zeit bis zum leute. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 44 »Burgenland Journal« Grundsatzerklärung 2015 Landeshauptmann Hans Niessl erklärte 2015 zum »Jahr der Beschäftigung« Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l.: Der Präsident des Wirtschaftsverbandes KommR Oswald Hackl mit LR Helmut Bieler, Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, Landeshauptmann Hans Niessl, LRin Verena Dunst, LR Peter Rezar und AK-Präsident Alfred Schreiner nter dem Motto „Vollbeschäftigung im dung und Ausbildung, Europa-Meister bei Mein Ziel ist klar: Jedes Jahr 1000 Men- UBurgenland bis 2020“ ließ Landes- der Nutzung erneuerbarer Energien, hat die schen mehr in Beschäftigung und bis 2020 hauptmann Hans Niessl im Rahmen seiner stärksten Zuwächse bei den Exporten, bei Vollbeschäftigung im Burgenland! Daher Grundsatzrede im Kultur- und Kongreßzen- Kaufkraft und Einkommen und ist Öster- erkläre ich das Jahr 2015 zum ‚Jahr der trum in Eisenstadt das Jahr 2014 vor zahlrei- reich-Meister bei Wachstum und Beschäfti- Beschäftigung‘!“, so der Landeshauptmann. chen Fest- und Ehrengästen, mit Drin Sabine gung. Mit einem umfassenden Maßnahmenpa- Oberhauser, Bundesministerin für Gesund- Das Burgenland erzielte zwei Mal in ket will Niessl die Trendumkehr am Arbeits- heit, an der Spitze, Revue passieren und gab Folge das höchste Wirtschaftswachstum markt und gleichzeitig Rahmenbedingungen gleichzeitig einen Ausblick auf die Aktivi- aller Bundesländer. Auch beim Zuwachs der schaffen, damit die Menschen im Burgen- täten im Jahr 2015, das er zum „Jahr der Beschäftigten ist das Burgenland in Öster- land einen sicheren Arbeitsplatz haben. „Der Beschäftigung“ erklärte. reich top. Das ist das pannonische Wirt- Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist im Jahr „Als Landeshauptmann des Burgenlan- schaftswunder. 100.000 Beschäftigte – das 2015 schwieriger denn je. Das ist uns auch des setze ich jedes Jahr besondere Schwer- sind doppelt so viele wie im Jahr 1973 und bewußt. Daher müssen wir diesen Kampf punkte, um der aktuellen gesellschaftlichen um fast 20.000 mehr als vor 15 Jahren. Die mit beispielloser Konsequenz führen! Die Situation Rechnung zu tragen. Nach dem Burgenländerinnen und Burgenländer haben Basis für die Bewältigung dieser Herausfor- „Jahr der Sicherheit“ (2012), dem „Jahr der viel erreicht. Dieser Aufstieg soll auch 2015 derungen bildet der Burgenland-Bonus, das Energiewende“ (2013) und dem „Jahr der und in den kommenden Jahren fortgesetzt sind unsere Burgenländerinnen und Burgen- Jugend“ (2014) stehe nunmehr das Jahr 2015 werden. Mit bester Bildung und Ausbildung länder. Zusammen mit den 750 Millionen ganz im Zeichen des Themas Beschäftigung. für die Jugend, Fairness am Arbeitsmarkt und Euro an Förderungen, die dem Burgenland Für Niessl heißt das: „Volle Anstrengung, mehr Beschäftigung für Burgenländerinnen bis zum Jahr 2020 zur Verfügung stehen, ist um mehr Menschen im Burgenland in Be- und Burgenländer!“ das die beste Kombination, die kein anderes schäftigung zu bringen! Mein Ziel ist klar: Ziele und Schwerpunkte würden nicht Bundesland hat“, so Niessl, der sich auch Jedes Jahr 1000 Menschen mehr in Beschäf- gesetzt, weil es gut klinge, sondern um die nachdrücklich für einen Schutzschirm für tigung und bis 2020 Vollbeschäftigung im vorherrschenden Probleme für die Menschen ältere ArbeitnehmerInnen aussprach. Immer Burgenland!“ gezielt anzugehen. „Wir lassen uns gerne an stärkere Bedeutung komme der Ausbildung Das Burgenland habe 2014 – trotz einer Daten und Fakten messen. Ich bin mir sicher, der Jugendlichen durch die öffentliche Hand nach wie vor europaweit krisenhaften Situa- da0 wir auch die derzeitigen Probleme im zu; das Land investiere dafür jährlich hohe tion – den erfolgreichen Weg prolongieren Bereich der Beschäftigung für die Menschen Summen – mit Erfolg: Die Jugendarbeits- können. Niessl dazu: „Das Burgenland, einst im Land gut lösen werden. Das heißt: Volle losigkeit im Jahresschnitt 2014 sei um vier Schlußlicht, heute in vielen Bereichen Mo- Anstrengung, um wieder mehr Menschen im Prozent, in den letzten vier Monaten sogar dellregion, ist Österreich-Meister bei Bil- Burgenland in Beschäftigung zu bringen! monatlich um sieben Prozent gesunken.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 45 »Burgenland Journal«

„Das zeigt, wenn man Geld investiert, erzielt man auch Erfolge“. Der Landeshauptmann nahm auch Bezug auf die Anschläge in Frankreich und die europaweite Terrorbedrohung und betonte erneut seine Forderung im Bereich der Sicherheit: „Gerade jetzt müssen wir noch stärker auf die Sicherheit achten.“ Niessl sprach sich auch entschieden für eine Reform des Bildungssystems aus. Er kündigte für das Frühjahr die größte Eltern- befragung an, die jemals im Burgenland statt- gefunden habe: 30.000 Eltern sollen befragt werden, die Ergebnisse sollen die Grundlage für die burgenländische Bildungspolitik bil- den. Eine Bestandsgarantie gab Niessl für die fünf Krankenhäuser im Burgenland ab; das Burgenland als Land der kleinen Einheiten brauche wohnortnahe medizinische Versor- gung. Im Sinne der Erhaltung der kleinen Foto: Bgld. Landesmedienservice Landeshauptmann Hans Niessl mit Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser Einheiten gelte dies ebenso für den Bil- dungs- und Verwaltungsbereich. BurgenländerInnen dieser Weg fortgesetzt das Burgenland Heimat bleibt, daß die Men- Er sei stolz, wie sich das Burgenland ent- werde. „Entscheidend ist, daß sich unser schen, daß die Jugend in unserem Land eine wickelt habe und sei zuversichtlich, daß Heimatland Burgenland weiterhin erfolg- gute Zukunft haben“, so der Landeshaupt- durch den Fleiß und das Engagement der reich entwickeln kann. Entscheidend ist, daß mann abschließend. „ Telekommunikationsunternehmen investieren bis zu 31 Mio. € uf Initiative der „Internetoffensive Ös- Aterreich“ unterzeichneten Landeshaupt- mann Hans Niessl und Landeshauptmann- Stellvertreter Franz Steindl mit den Vertre- tern der drei führenden Telekommunikations- anbietern Österreichs, A1, T-Mobile und Drei, am 22. Dezember den Burgenland- Breitband-Pakt. Durch diesen hat das Bur- genland bis 2019 eine flächendeckende Ver- sorgung mit mindestens 100 MBit/s im ge- samten Landesgebiet sichergestellt. Von den Betreibern werden bis zu 31 Millionen Euro in den Breitbandausbau investiert. „Eine funktionierende Breitbandinfrastruktur bil- det das Fundament einer modernen Wissens- gesellschaft und ist unverzichtbar für die Nutzung von wirtschaftlichen Chancen und

Perspektiven im digitalen Zeitalter. Eine so- Foto: Bgld. Landesmedienservice ziale Herausforderung der Gesellschaft ist v.l.: Hannes Ametsreiter, CEO A1 Telekom und IOÖ-Vizepräsident, Landes- es, die Chancengleichheit hinsichtlich der hauptmann Hans Niessl, Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl, Andreas Bierwirth, CEO T-Mobile Austria und IOÖ-Vizepräsident, und DI Jan Trionow, CEO Verfügbarkeit von Breitbandinternet für alle Hutchison Drei Austria und IOÖ-Vorstand, unterzeichneten den Breitband-Pakt. Bürgerinnen und Bürger in einer digitalen Welt zu sichern. Eine zukunftsorientierte Stakeholder im Bereich der Informations- fangreiche Ausbauprogramme zurück. Für Breitbandinfrastruktur ist hierfür die Vor- und Kommunikationstechnologien (IKT). die kommenden Jahre planen wir eine mas- aussetzung, denn Breitbandinternet steht für Durch ihren Status als beratendes Organ im sive Steigerung der Bauvorhaben sowie die mehr Chancengerechtigkeit! Zudem ist eine Kompetenzzentrum Internetgesellschaft deutliche Erhöhung der derzeit angebotenen rasche operative Umsetzung Zielvorgabe, (KIG) der österreichischen Bundesregierung Bandbreiten. Wir begrüßen daher die ge- denn Stillstand bedeutet Rückschritt“, beton- kann sie direkt und unmittelbar IKT-Projek- meinsame Initiative im Burgenland, die te Landeshauptmann Hans Niessl. ten zur Umsetzung verhelfen. einen beschleunigten Ausbau unterstützt“, so Die „Internetoffensive Österreich“ (IOÖ) „Wir blicken jetzt bereits, sowohl im Hannes Ametsreiter, CEO A1 und Vize- versteht sich als Interessenvertretung aller Fest- als auch im Mobilfunknetz, auf um- präsident des IOÖ. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 46 »Burgenland Journal« Interesse an politischen und gesell- schaftlichen Prozessen steigern Landtagspräsident Gerhard Steier zieht Bilanz über die Arbeit des Landtages 2014 und nennt wichtige Vorhaben für 2015. Foto: Bgld. Landesmedienservice Zogen Bilanz und skizzierten die Schwerpunkte für 2015: LT-Präsident Gerhard Steier mit Landtagsdirektor WHR Engelbert Rauchbauer und dem Büroleiter der Landtagsdirektion, Manfred Riegler. ie Bilanz von zwölf Monaten intensiver hochrangiger Delegationen und Gästegrup- Änderung der Burgenländischen Landesver- Dund erfolgreicher Arbeit präsentierte pen an der Arbeit des Landtags. Im Jahr fassung, die Geschäftsordnung des Landta- der Landtagspräsident des burgenländischen 2014 wurden rund 3.500 Besucher begrüßt. ges, das Burgenländische Landes-Rech- Landtags, Gerhard Steier, am 9. Jänner. Als Dabei handelte es sich vor allem um nungshofgesetz oder die Burgenländische Schwerpunkte für das Jahr 2015, das bis Schulklassen aller Altersstufen. Landtagswahlordnung sowie das Volksbe- Ende Mai ganz im Zeichen der Landtags- gehrensgesetz. Die Diskussionen um die Ab- wahl am 31. Mai steht, nannte Steier neben Intensive und erfolgreiche schaffung des Proporzes, den Steier als de- der gesetzgebenden Tätigkeit des Landtags Arbeit im Jahr 2014 mokratiepolitischen Meilenstein sieht, hät- die Forcierung des Angebotes bei der politi- 2014 hat der Burgenländische Landtag in ten das Jahr 2014 geprägt. Ein „Meilenstein“ schen Bildung, vor allem im Bereich der zwölf Sitzungen 124 Tagesordnungspunkte sei auch die Einigung darauf, da0 der Jugend, aber auch die Modernisierung des behandelt; in zehn Fragestunden wurden von Landesrechnungshof pro Jahr zehn Gemein- Auftritts des Burgenländischen Landtages den Regierungsmitgliedern insgesamt 45 den einer Prüfung unterziehen kann. nach außen mit dem Ziel, die Öffentlichkeit mündliche Anfragen der Abgeordneten be- 16 Beschlüsse wurden gefaßt, diese bein- verstärkt in das Geschehen des Landtages antwortet. halten Berichte der Volksanwaltschaft eben- einzubinden. Außerdem wurden 38 Gesetzesanträge – so, wie den Grünen Bericht, den Sportbe- davon acht selbständige Anträge – abschlies- richt, die neue Gesamtverkehrsstrategie, die Reges Interesse der Burgen- send behandelt; davon wurden 25 einstim- Wirtschaftsförderung des Landes, EU-Um- länderInnen an der Landtagsarbeit mig und 13 mehrheitlich angenommen. „Das setzungsberichte, Berichte der Kinder- und Als besonders erfreulich bezeichnet Steier ist eine sehr schöne Quote und zeigt, daß Jugendanwaltschaft sowie der Behinderten- das bereits bestehende rege Interesse der auch die Opposition in der Regel mit- und Patientenanwaltschaft und nicht zuletzt BurgenländerInnen, aber auch zahlreicher stimmt“, so Steier. Hervorzuheben seien die das Budget 2015, den Rechnungsabschluß

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 47 »Burgenland Journal«

2013 und den Nachtragsvoranschlag 2014. des Burgenländischen Landtages adaptiert 22. Mai. „Nach der Wahl hat der Präsident Weiters wurden 37 selbständige Anträge auf und Smartphone-tauglich gemacht. des Landtages acht, statt wie bisher vier Fassung einer Entschließung abgehandelt, Bis zur Landtagswahl am 31. Mai 2015 Wochen Zeit, um zur Konstituierung des vier 15a-Vereinbarungen nahm der Landtag sieht der Terminplan des Landtages noch neuen Landtages einzuladen. Diese Zeit muß zur Kenntnis bzw. stimmte diesen zu. Von drei reguläre Sitzungen vor. Danach beginnt aber nicht unbedingt ausgeschöpft werden“, vier Berichten des Landesrechnungshofes der Intensivwahlkampf. „Als Neuerung bei sagt Steier. Die Verlängerung der Frist sei wurden drei einstimmig zur Kenntnis ge- der kommenden Wahl ist sicher hervorzuhe- notwendig geworden, weil die Regie- nommen, einer mehrheitlich. Darüber hinaus ben, daß es erstmals einen 2. Wahltag geben rungsverhandlungen unter den Parteien nach wurden zehn Berichte des Rechnungshofes wird“, betont Steier. Dieser wird am neunten Abschaffung des Proporzes länger als bisher einstimmig zur Kenntnis genommen. Tag vor dem eigentlichen Wahltag abgehal- dauern könnten. „ Bis zum 9. Jänner sind 14 Petitionen ein- ten, im konkreten Fall also am Freitag, dem http://www.bgld-landtag.at gelangt, „die meisten davon sind durch Antwortschreiben schon abgeschlossen“, so Steier. Burgenländische Wohn- Politischen Bildung: Fortbildungspro- gramm und Demokratie-App geplant bauförderung weiter optimiert Einrichtungen wie der Burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl Landtag sind unabdingbar für die Demo- präsentierte »Sanierungsoffensive 2015« kratie. Einen hohen Stellenwert nimmt auch die Politische Bildung ein. „Interesse an ie burgenländische Wohnbauförderung, ebenso wie ein Sanierungsdarlehen – nur politischen und gesellschaftlichen Prozessen Ddie beste Wohnbauförderung aller Bun- einmalig innerhalb von 20 Jahren gewährt sind unbezahlbare Erfahrungen und aus de- desländer, ist mit einem finanziellen Volu- werden. Zu beachten ist dabei, daß die mokratiepolitischer Sicht enorm wichtig – men von 124 Millionen Euro für 2015 ein Baubewilligung des sanierten Objektes min- gerade vor dem Hintergrund der schreck- Garant für leistbares Wohnen und gilt gleich- destens 20 Jahre zurück liegen muß. lichen Ereignisse dieser Tage in Frankreich“, zeitig als Konjunkturmotor für die heimische Angeboten werden im Rahmen der „Sa- so Steier. Noch vor der Wahl sind in Ko- Wirtschaft. „Das Burgenland setzt seit vielen nierungsoffensive 2015“ Förderungsdarlehen operation mit der FH Burgenland, der For- Jahren auf die Ökologisierung beim Wohn- von maximal 10.000 Euro ohne grundbü- schung Burgenland sowie der Akademie bau und hat auch die Wohnbauförderung cherliche Sicherstellung oder 1000 Euro als Burgenland und dem Institut für Strategie- dahingehend ausgebaut. Wir sind bemüht, nicht rückzahlbarer Zuschuß, Förderungs- analysen zwei Projekte im Bereich der Po- die entsprechenden Rahmenbedingungen darlehen von maximal 25.000 Euro oder litischen Bildung geplant, die sich in erster laufend zu verbessern. So haben wir etwa An- 5000 Euro als nicht rückzahlbarer Zuschuß Linie an Jugendliche richten. fang Dezember 2014 die Photovoltaikförde- sowie Förderungsdarlehen von maximal Zum einen das Fortbildungsprogramm rung des Landes ausgebaut. Es werden nun 45.000 Euro oder 13.000 Euro als nicht „Politische Bildung für Multiplikatoren in Anlagen bis zu einer Leistung von 5 kWp ge- rückzahlbarer Zuschuß. der Jugendarbeit“ mit dem Ziel, das durch- fördert. Ganz neu ist dabei die Förderung Für alle Sanierer interessant ist auch die aus vorhandene Politikinteresse junger Men- von Stromspeicheranlagen mit einer förder- neue Förderung von Pufferspeichern. Wenn schen zu fördern und so das Demokratie- baren Höchstleistung von 5 kWp. Hausbesit- ein Gebäude – beispielsweise im Rahmen bewußtsein zu stärken. Die Seminare richten zer können dabei zwischen einem Barzu- einer Sanierungsoffensive – gut gedämmt sich speziell an Personen, die im Rahmen schuß oder einem Darlehen wählen. Die ma- wird, kommt es oftmals vor, daß der Heiz- ihrer Arbeit laufend mit Jugendlichen zu tun ximale Förderhöhe beträgt 2.750 Euro“, so kessel überdimensioniert ist und nicht mehr haben. „Für die inhaltliche Konzipierung Landeshauptmann Hans Niessl in einer ge- effizient arbeitet. Niessl dazu: „Aus diesem konnten wir den renommierten österreichi- meinsamen Pressekonferenz mit dem neuen Grund fördern wir ab 2015 auch die Instal- schen Politikwissenschaftler Dr. Peter Filz- Wohnbausprecher der Sozialdemokraten im lation eines Pufferspeichers sowie der dazu- meier gewinnen“, freut sich Steier. Landtag, LAbg. Kurt Maczek und Johann gehörigen Regelung mit einem Barzuschuß Das zweite Projekt, die sogenannte De- Binder, Geschäftsführer der Burgenländi- von maximal 500 Euro, denn mit der bur- mokratie-App, richtet sich direkt an Ju- schen Energie Agentur. genländischen Wohnbauförderung wollen gendliche und soll diesen auf spielerische Neu ist auch eine „Sanierungsoffensive“, wir leistbares Wohnen garantieren. Dies ma- Art und Weise politische Inhalte vermitteln. die mit Anfang 2015 gestartet wurde. Mit chen wir einmal mehr auch mit unserer Die App wird als Online-Quiz für Smart- dieser Richtlinie, so Niessl, wollen wir An- Niedrigzinsgarantie. Eine Vielzahl an Wohn- phones und Tablets konzipiert und soll bis reize für die Durchführung von Sanierungs- bauförderungs-Darlehensnehmern wären ab Ende März zu Verfügung stehen. maßnahmen schaffen. Es ist vorgesehen, da0 heuer durch einen vertraglich festgelegten „Ein ebenso wichtiges Ziel ist es, die alternativ zu möglichen Darlehen für einzel- Zinssprung von derzeit 1,5 Prozent auf 3 Öffentlichkeit verstärkt in das Geschehen ne und umfassende Sanierungsmaßnahmen Prozent betroffen gewesen. Um das am Ka- des Landtages einzubinden. Dazu sollen die an Gebäuden und Heizungsanlagen im pitalmarkt herrschende niedrige Zinsniveau Landtagssitzungen per Livestream übertra- Eigenheimbereich für alle ab dem 1. Jänner an die Mieter sowie Häuslbauer weiterzuge- gen werden“, so Steier. Damit starten wolle 2015 anhängigen Förderanträgen nicht rük- ben, habe ich mich entschlossen, den Zins- man mit Beginn der neuen Gesetzge- kzahlbare Zuschüsse gewährt werden kön- satz für die nächsten 3 Jahre nicht anzuhe- bungsperiode. Ebenso wurde die Homepage nen. Der nicht rückzahlbare Zuschuß kann – ben.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 48 »Burgenland Journal« Burgenland führend bei »Innovativer Energie« Die von der Regionalmanagement Burgenland GmbH (RMB) beauftragte Studie zur Energiesituation im Burgenland belegt die Führungsposition des Burgenlands in Sachen »Innovative Energie«. Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l. Studienautor Andreas Kreutzer, Landeshauptmann Hans Niessl und RMB-GF Harald Horvath

ei Strom aus Windkraft liegt das allem auf Gebäude mit konstant hohem BBurgenland im EU-Vergleich an der Warmwasserverbrauch wie etwa Heime, Spitze“, zeigt sich Landeshauptmann Hans Geschoßwohnbauten und Tourismusbetriebe Niessl von den Ergebnissen der Studie be- zu. „Bei Ein- und Zweifamilienhäusern soll- eindruckt. Demnach befinden sich 46 Pro- ten zur Verfügung stehende Flächen jedoch zent der in Österreich installierten Wind- eher zugunsten der Photovoltaik genutzt kraftleistung im Burgenland und decke da- werden“, so Kreutzer. mit den gesamten Strombedarf aller privaten Haushalte ab. Besonders freut sich der aus Was ist »Innovative Energie«? Zurndorf stammende Niessl über die Tat- Unter dem Begriff „Innovative Energie“ sache, daß diese herausragende Marktpo- werden Technologien subsumiert, die – im sition u.a. einem dort ansässigen burgenlän- Gegensatz zu tradierten Energiegewinnungs- dischen Unternehmen zu verdanken sei. formen wie Wasserkraft oder Biomasse – Die Studie zeige weiters eine im österrei- erst in den letzten Jahrzehnten Marktreife chischen Vergleich überdurchschnittliche erlangten. Trotz des bereits hohen Niveaus Nutzung von Wärmepumpen, die mit Strom Foto: http://www.bilderbox.com „Innovativer Energien“ im Burgenland ist aus Windkraft betrieben werden. „Dieser Windräder im Burgenland ein genereller Ausbau aller Formen von positive Trend sollte unbedingt beibehalten scher & Partner Consulting GmbH, rät zu Strom- und Wärmegewinnung essentiell. Ös- werden“, so Niessl. Im privaten Bereich sei einer Solaroffensive: „Das sonnenreichste terreich verzeichnet im EU-Vergleich einen die Nachfrage aufgrund attraktiver Förder- Bundesland ist geradezu prädestiniert für den höheren Energieverbrauch und im Burgen- möglichkeiten doppelt so hoch wie im bun- Ausbau von Photovoltaik-Anlagen“, wes- land ist der Bedarf aufgrund großer Wohnflä- desweiten Durchschnitt, dennoch solle der halb dieses bisher unausgeschöpfte Potential chen und der hohen Pendlerquote sogar noch Ausbau auch künftig stark forciert werden. sowohl im privaten (Ein- und Zweifamilien- etwas höher. häuser) als auch im Bereich der Objektge- Nachholbedarf bei Photo- bäude angehoben werden sollte. Auch bei EU-Förderungen in der Höhe voltaik und Solarthermie der Wärmeerzeugung aus Solarthermie seien von 107 Millionen Euro Studienautor Andreas Kreutzer, geschäfts- die Möglichkeiten laut Kreutzer bei weitem Harald Horvath, Geschäftsführer der führender Gesellschafter der Kreutzer Fi- noch nicht ausgeschöpft. Dies treffe vor RMB, berichtet, da0 seit 1995 insgesamt 336

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 49 »Burgenland Journal«

Millionen Euro in den Ausbau innovativer Energiegewinnung investiert wurden. „107 Beste Wohnbauförderung – Millionen Euro davon stammen aus EU- niedrigste Mieten Förderprogrammen, die durch das Re- gionalmanagement Burgenland koordiniert werden.“ Das wichtigste Programm ist die Phasing Out-Förderung. Die finanziellen Mittel dafür kommen zum überwiegenden Teil aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bzw. des Eu- ropäischen Sozialfonds (ESF). Ziel der Pha- sing Out-Förderung ist eine Stärkung des Standortes Burgenland, wie beispielsweise durch die Erhöhung der technologieorienter- ten Wirtschaftsleistung, die Verringerung des Entwicklungsrückstandes, die Steige- rung der Wettbewerbsfähigkeit und eine bes- sere Qualifizierung von Arbeitskräften. Auch die vorliegende Studie zur Energiesituation Foto: Bgld. Landesmedienservice wurde aus diesen Mitteln finanziert. Wohnbaureferent Landeshauptmann Hans Niessl mit Claudia Pingitzer, Leiterin Wohnbauförderung im Amt der Burgenländischen Landesregierung

Ein Gewinn für Wirtschaft und Umwelt Neubaudarlehen in Höhe von 18,9 Wohnungen, sondern auch Maßnahmen im Die Studie zeige beeindruckende wirt- 435Mio. Euro für Einfamilienhäuser, Hinblick auf die Sicherung von Objekten – schaftliche und umweltrelevante Auswirkun- 138 Sanierungsdarlehen in Höhe von 4,46 auch in Form von nichtrückzahlbaren Zu- gen durch den Einsatz „Innovativer Ener- Mio. Euro, Darlehen für 1.260 Wohneinhei- schüssen – oder Maßnahmen ökologischer gien“, rechnet Horvath vor: „1,1 Mrd. Ton- ten im Blockbau in Höhe von 61,34 Mio. und Natur, wie etwa effiziente Wärmedämmung nen CO2, also 42 Prozent des gesamten CO2- 533 Wohnbeihilfen in Höhe von 671.720 und die Umrüstung auf Heizsysteme auf Ba- Ausstoßes des Burgenlandes konnten so Euro wurden, neben zahlreichen weiteren sis erneuerbarer Energie. „Ich sehe die bereits eingespart werden.“ Maßnahmen, im Jahr 2014 aus Mitteln der Wohnbauförderung als Hebel einer aktiven Niessl: „Politik und Wirtschaft haben – Wohnbauförderung des Burgenlandes bewil- Klimaschutzpolitik. Den erfolgreichen Weg neben den klimatischen und topographi- ligt. Ein Rekordbudget von insgesamt 122 als internationaler Vorreiter bei der Erzeugung schen Vorzügen des Burgenlands – gemein- Millionen Euro stand dafür zur Verfügung – von Strom aus erneuerbarer Energie wollen sam zu diesen erfreulichen Ergebnissen bei- das Burgenland ist Musterland in Sachen wir auch beim Wohnbau im Burgenland kon- getragen.“ Nun gehe es darum, die Mach- Wohnbauförderung. „Laut Statistik Austria sequent gehen: Die Nutzung erneuerbarer barkeit der Handlungsempfehlungen genau hat das Burgenland die niedrigsten Mieten Energie im Sinne der Erhaltung einer intak- zu evaluieren, um diese Erfolgsgeschichte im Bundesländervergleich. Zusammen mit ten Natur für nachkommende Generationen weiterzuschreiben, so Niessl abschließend. der besten Wohnbauförderung Österreichs weiter vorantreiben, den Burgenländerinnen Die Regionalmanagement Burgenland sorgen wir damit für leistbares Wohnen, wo- und Burgenländern damit helfen, Kosten zu GmbH (RMB) wurde im April 1995 gegrün- von vor allem auch junge Burgenländerin- sparen, leistbares Wohnen auf hohem Ni- det und ist im Auftrag des Landes Burgen- nen und Burgenländer profitieren. Wir si- veau bieten und die Schaffung von green land Ansprechpartner für die EU-Förderpo- chern und schaffen aber auch, nicht zuletzt jobs forcieren“, so Niessl. litik im Burgenland. Als Beratungsstelle für durch die Initiative ‚Wir bauen burgenlän- EU-Fragen und EU-Förderprogramme ist disch‘, Arbeitsplätze im Land“, betont Wohn- Starke Allianz für den regionalen Bau die RMB in Eisenstadt und Pinkafeld vertre- baureferent Landeshauptmann Hans Niessl, Ganz im Sinne der Wohnbauförderung ten. Zu deren Aufgaben zählen die Koordi- der erst vor Ende Dezember eine Niedrig- steht auch die Anfang 2014 von Landes- nation der EU-Regionalförderung, der Auf- zinsgarantie für die BurgenländerInnen an- hauptmann Niessl initiierte Initiative „Wir bau regionaler Kooperationen, die Erstel- gekündigt hatte: Der Zinssatz für die Rück- bauen burgenländisch“. Dabei verpflichten lung von Studien und Planungsunterlagen, zahlung von Wohnbauförderungs-Darlehen sich die Partner – Gemeinnützige Bauver- Impuls- und Pilotprojekte, Monitoring und soll nicht wie vertraglich vorgesehen ab 2015 einigungen, BELIG und VAMED, Partner Evaluierung von EU-Projekten sowie Öf- für die nächsten drei Jahre von 1,5 auf 3 Pro- aus der Privatwirtschaft, aber auch private fentlichkeitsarbeit und Europainformation. zent angehoben und so das aktuell niedrige Bauherren –, Bauaufträge vorzugsweise an Die Zielgruppen der RMB GmbH sind Zinsniveau an die Darlehensnehmer weiter- burgenländische Unternehmen oder burgen- potentielle ProjektträgerInnen (Klein- und gegeben werden. ländische Subunternehmen zu vergeben. Da- Mittelbetriebe, GründerInnen, Vereine), mit werden nicht nur Arbeitsplätze im Land MeinungsbildnerInnen, RegionalpolitikerIn- Wohnbauförderung Hebel gesichert und geschaffen und heimische nen, Gemeinden, Schulen/Fachhochschulen, aktiver Klimaschutzpolitik Qualität garantiert, es wird damit auch Lohn- EU-Interessierte sowie die gesamte burgen- Unterstützt werden durch die Wohnbau- und Sozialdumping vorgebeugt. „Wertschöp- ländische Bevölkerung. „ förderung (WBF) nicht nur der Bau und die fung, Arbeit und Geld sollen im eigenen http://www.rmb.co.at Sanierung oder der Ankauf von Häusern oder Land bleiben“, erklärte Niessl. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 50 »Burgenland Journal« Lehrlingsstiftung LH Niessl kündigt Lehrlingsstiftung im Bereich Tourismus an und zieht positive Bilanz

andeshauptmann Hans Niessl kündigte Lheute gemeinsam mit Vertretern burgen- ländischer Tourismusbetriebe die Einrich- tung einer Lehrlingsstiftung an. „Wir wollen den Tourismus stärken und mehr Lehrlinge in die heimischen Tourismusbetriebe brin- gen“, so Niessl. Eine positive Bilanz zogen Niessl und Burgenland Tourismus Direktor Mario Baier für das Jahr 2014. Um für künf- tige Herausforderungen gewappnet zu sein, hat der Landtag Ende Oktober des Vorjahres das neue Tourismusgesetz beschlossen. Das neue Gesetz – das seit Jahresbeginn in Kraft ist – bringt klare Strukturen und Kompetenz- aufteilungen sowie die Dachmarke Burgen- land. Durch die Bündelung der Mittel und die daraus resultierende Steigerung der Ef- fizienz sowie eine Verwendung der Mittel Foto: Bgld. Landesmedienservice ausschließlich für touristische Zwecke setzt v.l.: Bert Jandl, Geschäftsführer der VILA VITA Pannonia, Burgenland-Tourismus Direktor Mario Baier, Landeshauptmann Hans Niessl und Helmut Krutzler, Genuß- das Gesetz neue Impulse auf dem Weg des gasthof und Hotel »Zum Krutzler« in Heiligenbrunn Burgenlands zu einer schlagkräftigen touri- stischen Ganzjahresdestination mit Blick auf Einstellungen sind für März bzw. April ge- vereinfacht. Wir wollen das Burgenland un- die Internationalisierung. plant. Mit der am 21. Jänner angekündigten ter einer Dachmarke vermarkten. Um unser Von den Tourismusbetrieben wird die Lehrlingsstiftung verstärkt das Land seine Ziel, die Internationalisierung, zu erreichen, Initiative zur Gründung einer Lehrlings- Aktivitäten in diesem Bereich weiter. Ein müssen die Strukturen passen“, erklärt der stiftung grundsätzlich begrüßt. „Man muß Blick zurück ins Jahr 2014 zeigt, daß mit Burgenland Tourismus Direktor Mario Baier. die Tourismusbetriebe, die das Know-how gezielten Maßnahmen viel erreicht werden Das neue Gesetz habe schon eine Aufbruchs- zum Ausbilden haben, unterstützen. Wir kann und, daß der Einsatz des Landes für stimmung von Süd bis Nord bewirkt. „Die müssen junge Menschen für Berufe im Tou- mehr Beschäftigung bereits Früchte trägt. So Neustrukturierung ist im Gang, dazu haben rismus begeistern. Wenn uns das nicht ge- ist die Jugendarbeitslosigkeit im Jahres- wir alle Tourismus-Player mit ins Boot ge- lingt, haben wir ohnehin ein Problem“, schnitt 2014 um vier Prozent gesunken, in holt“, sagt Baier. Derzeit gibt es im Burgen- erklärt Bert Jandl, Geschäftsführer der VILA den letzten vier Monaten sogar monatlich land 125 örtliche Tourismusverbände. „20 VITA Pannonia. Noch gibt es einige Details um sieben Prozent. bis 25 Verbände wären eine vernünftige zur geplanten Stiftung zu klären: eine Ar- Größenordnung.“ beitsgruppe unter Einbeziehung des für die Neues Tourismusgesetz seit Ausbildung zuständigen Regierungsmit- Jahresbeginn in Kraft Zuwächse im Tourismus im Jahr 2014 glieds Peter Rezar und Vertretern von Tou- „Das neue Tourismusgesetz ermöglicht Anlaß zur Freude geben die Tourismus- rismusunternehmen sei damit beschäftigt, so uns einen effizienten Mitteleinsatz, um mehr zahlen für das Jahr 2014. „Von Jänner bis der Landeshauptmann, der erklärt: „Ich kann Geld ins Marketing anstatt in die Verwaltung November gab es bei den Ankünften ein Plus mir vorstellen, daß junge Burgenländerinnen zu stecken. Dadurch können wir unsere Po- von 4,2 Prozent, bei den Übernachtungen ein und Burgenländer, die für eine Ausbildung tentiale noch besser nutzen und die Zukunft Plus von 1,6 Prozent“, bilanziert Niessl. im Tourismus Interesse zeigen, im Rahmen des heimischen Tourismus erfolgreich ge- Die Jahresbilanz 2014 wird derzeit noch der Stiftung die Grundkenntnisse, das Rüst- stalten“, so der geschäftsführende Präsident erarbeitet – für eine genaue Berechnung feh- zeug vermittelt bekommen. Danach könnten des Burgenland Tourismus Landeshaupt- len noch Informationen aus einigen Gemein- die Betriebe die Lehrlinge übernehmen.“ Ent- mann Hans Niessl. So können die Internatio- den sowie die Dezemberstatistik. Fest steht scheidend sei die gute Ausbildung, pflichtet nalisierung weiter forciert und mehr interna- aber, da0 der Dezember überaus positiv aus- Helmut Krutzler, Inhaber des Genußgast- tionale Gäste ins Burgenland gebracht wer- gefallen ist. Niessl: „Es sind Zuwächse im hofes und Hotel „Zum Krutzler“ in Heili- den. „Man spürt: Es herrscht Aufbruchsstim- zweistelligen Bereich zu erwarten. Für das genbrunn, bei. mung. Nun geht es darum, wie wir das mod- Jahr 2014 können wir mit einem Plus von Erst Mitte Dezember starteten Land und ernste Tourismusgesetz Österreichs optimal voraussichtlich 2 Prozent bei den Übernach- landesnahe Betriebe eine neue Offensive zur nutzen können.“ tungen rechnen. Im Klartext: es sind über 2,9 Aufnahme von Lehrlingen im Land und in „Mit dem neuen Tourismusgesetz wurde Mio. Nächtigungen erreicht worden“, betont landesnahen Betrieben. Zurzeit wird das Po- ein Meilenstein gesetzt. Synergien werden der Landeshauptmann. „ tential an Lehrstellen erhoben. Die ersten geschaffen, Kräfte gebündelt und Strukturen http://www.burgenland.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 51 »Burgenland Journal« Lebenswelten der älteren Generation Soziallandesrat Peter Rezar: Bestandsaufnahme und Handlungsoptionen hinsichtlich Pflege- und Betreuungsprävention im Vordergrund

erzeit beziehen 17.900 BurgenländerIn- Dnen Pflegegeld und benötigen Pflege und/oder Betreuung. Diese Zahl wird infolge der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung in den nächsten Jahren zunehmen. Angesichts dieser Tatsa- chen muß der Dialog über die Zukunft der Pflege in Österreich forciert werden, um auch in Zukunft durch soziale Innovationen und Forschung die nötige Unterstützung zu ge- währleisten. Die Forschung Burgenland GmbH führt deshalb in enger Kooperation mit dem De- partment Soziales der Fachhochschule Bur- genland eine Bestandsaufnahme der wissen- schaftlichen Analyse der Lebensräume der

älteren Generation im Burgenland durch. Foto: Bgld. Landesmedienservice „Für die Planung der Zukunft muß das Land WHRin Elvira Waniek-Kain, Gesundheits- und Soziallandesrat Peter Rezar und Burgenland wissen, welche kommunalen Projektleiter Prof. (FH) Roland Fürst Wertschöpfungsketten und Ressourcen es im Angesichts der stark steigenden Anzahl Wie können diese Ressourcen strukturiert Kontext der Pflege- und Betreuungspräven- von Pflegebedürftigen ist das Ziel des gegen- und institutionalisiert werden, um den Ein- tion im Burgenland gibt. Anders formuliert: ständlichen Forschungsprojektes die Ressour- tritt ins klassische Pflegesystem zu verzö- Was steht den älteren Burgenländerinnen und cenmobilisierung, sprich Nachbarschafts- gern? Welcher individuelle psychosoziale Burgenländern jenseits der bekannten Ange- hilfe, und gleichzeitige Pflegevorsorge im sowie kollektive ökonomische Nutzen ent- bote, wie stationäre Pflege, Hauskrankenpfle- Zusammenhang mit dem aktiven Altern. steht? Diese drei handlungsleitenden Fragen ge usw. zur Verfügung? Es soll eine Be- „Ältere Menschen können als ExpertInnen wurden für das Forschungsprojekt entwik- standaufnahme gemacht und Handlungs- ihrer Lebenswelt wertvolle Hinweise zur kelt. Um diese Fragestellung im Sinne eines optionen herausgearbeitet werden“, erläuter- sinnvollen Gestaltung ihres Lebensumfeldes partizipativen Forschungsansatzes umsetzen te Gesundheits- Soziallandesrat Peter Rezar geben. Das Forschungsprojekt setzt daher zu können und auch die regionalspezifischen in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit sehr stark auf die Beteiligung der älteren Ge- Lebenswelten zu berücksichtigen, sind Work- WHRin Elvira Waniek-Kain von der Abtei- neration, um so Ressourcen im Nachbar- shops in allen sieben Bezirken des Burgen- lung 6/Hauptreferatsleiterin Sozialwesen schaftskontext zu identifizieren. Damit sol- landes geplant. In der Phase der Bedarfser- beim Amt der Burgenländischen Landesre- len Alternativen zur institutionellen Pflege hebung wird die Zielgruppe mittels Metho- gierung, und Projektleiter Prof. (FH) Roland und Unterstützung über lokale und kommu- den der empirischen Sozialforschung, wie Fürst die Intention des Auftraggebers. nale Netzwerke aufgezeigt werden“, erklärte biografischen Interviews und Netzwerkana- Im Budgetjahr 2015 wendet das Land dazu der wissenschaftliche Leiter des Pro- lysen, mit den zentralen Fragestellungen kon- Burgenland für Pflege und Betreuung 78,5 jektes, Prof. (FH) Roland Fürst, Department- frontiert. Natürlich werden auch ExpertInnen Millionen Euro, für die stationäre Pflege leiter Soziales an der FH Burgenland. Im aus Pflegeorganisationen, Gemeinden und 65,05 Millionen Euro, für die Hauskranken- skandinavischen Raum, aber auch in den SeniorInnenzentren befragt. Pro Workshop pflege inklusive Hospiz- Palliativbetreuung Niederlanden konnten mit innovativen Maß- sind rund 20 BurgenländerInnen beteiligt, 10,2 Millionen Euro, für die SeniorInnen- nahmen, wie Pflegegenossenschaften, Alters- landesweit also insgesamt an die 120 Per- tagesbetreuung 600.000 Euro, für Betreutes Wohngemeinschaften usw. mehrere Ziele er- sonen. Die dabei erzielten Erkenntnisse wer- Wohnen 200.000 Euro und für die 24 Stun- reicht werden. Einerseits wurde die Lebens- den mit statistischen Daten im Sinne einer den Betreuung 2,4 Millionen Euro auf. „Das qualität der älteren Generation erhöht, ande- Sekundäranalyse ergänzt. Für diese Untersu- ist sehr viel Geld, das aber einer sehr großen rerseits konnten sinnvolle ökonomische chung wurden Wohnen und Wohnumfeld, Gruppe nicht zu Gute kommt: nämlich jener Einsparungen erzielt werden. Infrastruktur und Versorgung, Gesundheit, Gruppe älterer Menschen, die keine pflegeri- Welche (in-)formellen, sozialräumlichen Pflege und Soziales, Freizeit und Kultur, In- sche Unterstützung benötigt, aber trotzdem und persönlichen Ressourcen können im formation und Beratung sowie Partizipation auf Unterstützung angewiesen ist, um den Wohnumfeld älterer Menschen identifiziert und Kommunikation als Dimensionen defi- Alltag zu bewältigen“, ergänzte Rezar. und für deren Aktivierung genutzt werden? niert. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 52 »Burgenland Journal« Frauenbeschäftigung und Gleichstellung 2015 im Fokus LR Dunst präsentiert Projekte für Frauen im »Jahr der Beschäftigung«

inen Ausblick auf die Aktivitäten des Re- Eferats für Frauenangelegenheiten in die- sem Jahr gab Frauenlandesrätin Verena Dunst am 21. Jänner. Beschäftigungsprojekte und weitere Verbesserungen bei der Vereinbar- keit von Familie und Beruf sind die Schwer- punkte im „Jahr der Beschäftigung“. „Die Frauenbeschäftigung konnte in den letzten Jahren deutlich erhöht werden, und auch die Einkommensschere schließt sich langsam. Dennoch haben Frauen am Arbeitsmarkt mit vielen Problemen zu kämpfen, vor allem, was die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit be- trifft. Diesen Themen werden wir uns heuer verstärkt widmen“, kündigte Dunst an. Für die laufende EU-Förderperiode 2015 bis 2020 stehen für Frauenprojekte insgesamt 2,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Kinderbetreuung: bedarfsorientiert und flexibel

Noch 1995 waren knapp 33.000 Frauen Foto: Landesmedienservice Burgenland im Burgenland unselbständig beschäftigt, LR Verena Dunst (l.) und Karina Ringhofer, Leiterin des Referats für Frauen- 2013 waren es bereits mehr als 46.000, ver- angelegenheiten im Burgenland, präsentieren Aktivitäten für 2015 weist Dunst auf eine konstant positive Ent- teilweise bis zu 80 Prozent.“ Ein Dorn im wird es am 23. April wieder den „Girls‘ wicklung. Auch die Einkommensschere Auge ist Dunst, trotz gestiegener Beschäfti- Day“ geben – diesmal mit dem Schwerpunkt schließe sich langsam: „Im Jahr 2004 lag sie gungszahlen, daß 44 Prozent der Frauen im „Sicherheit“, und auch das MonA-Mobil im Burgenland noch bei 28,1 %, österreich- Burgenland teilzeitbeschäftigt sind. „Ein geht im April wieder auf Tour. Auch für das weit bei 27,3 Prozent. 2014 lag sie nur mehr Drittel der so beschäftigten Frauen will das erfolgreiche Projekt „Mädchen Chancen bei 22, österreichweit bei 22,7 Prozent. Wir gar nicht, weil es deutlich weniger Einkom- geben“ gibt es 2015 eine Neuauflage. sind aber noch nicht zufrieden, die Schere men bedeutet“. Gerade im Tourismus und im muß sich weiter schließen“, fordert die Frau- Handel seien jedoch Beschäftigungsverhält- Dacapo für Frauen- enlandesrätin. Eine Voraussetzung sei die nisse genau darauf angelegt, kritisiert Dunst. kunsthandwerksmarkt bessere Vereinbarkeit von Beruf und Fami- „Wir wollen mit einer Kampagne die Frauen Die erfolgreiche Premiere des 1. Frauen- lie. „Wir haben ein sehr gutes Kinderbetreu- dafür sensibilisieren und jenen den Rücken kunsthandwerksmarktes „Unbeschreiblich ungsangebot im Burgenland, dennoch wol- stärken, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten.“ weiblich“ im Vorjahr mit mehr als 1500 len wir dieses weiter ausbauen. Das Motto BesucherInnen findet 2015 eine zweifache lautet: ‚bedarfsorientiert und flexibel‘.“ Frauengesundheitsmesse zum Fortsetzung – am 3. Mai im Süden – voraus- Internationalen Tag der Frau sichtlich im Kastell Stegersbach – und am 44 Prozent der Frauen arbeiten „Der März ist der Frauenmonat“. Dunst 14. und 15. November in der Orangerie Teilzeit, Kampagne soll sensibilisieren will dann mit dem Thema „Frauenbeschäfti- Eisenstadt. Zu einem tollen Event hat sich Beschäftigungsprojekte hätten 2015 Prio- gung“ durch die Bezirke touren, um die Sor- auch der Burgenländische Frauenlauf ent- rität, mit ESF-Fördergeldern sollen diese gen, Anliegen und Ideen der Frauen persön- wickelt; Ende September werden sich dabei umgesetzt werden. „Wir haben dafür in der lich zu erfahren. Und am 6. März, im Vorfeld zum dritten Mal Hunderte Frauen zum ge- laufenden Förderperiode 2,7 Millionen Euro des Internationalen Frauentages am 8. März, meinsamen Laufen zusammenfinden. Weite- zur Verfügung, um eine Million mehr als in lädt die Frauenlandesrätin gemeinsam mit re Aktivitäten in der zweiten Jahreshälfte: der abgelaufenen“. Förderungen seien an Landesrat Peter Rezar wieder bei freiem Ein- die BIBI-Messe vom 6. bis 8. Oktober, die eine Vermittlungsquote von 20 Prozent ge- tritt ins KUZ Eisenstadt zur Frauengesund- Verleihung des Rosa Jochmann-Preises eben- bunden, diese würde im Burgenland locker heitsmesse; 20 Aussteller sind vor Ort und falls im Oktober und die Aktion „16 Tage übertroffen: „Wir haben bei unseren Beschä- bieten viele Informationen und einen Gratis- gegen Gewalt“ vom 25. November bis ftigungsinitiativen Vermittlungsquoten von Gesundheitscheck. Speziell für Mädchen 10. Dezember. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 53 »Burgenland Journal« Ein Fest zum 80er Altbischof Paul Iby feierte mit Gläubigen und Priestern der Diözese seinen runden Geburtstag – Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics würdigte den Jubilar.

in ganz besonderes „Triduum“, beste- Ehend aus Geburtstag, Bischofsweihetag und Namenstag, feierte Altbischof Paul Iby in den vergangenen Tagen. Für den Jubilar selbst standen diese Tage besonders unter dem Aspekt der Danksagung für 80 Lebens- jahre. Für die Diözese Eisenstadt waren sie besonderer Anlaß, dem emeritierten Diöze- sanbischof für sein langes Wirken in der katholischen Kirche im Burgenland Dank zu sagen.

Eine Messe, um Gott zu danken Zahlreiche Menschen waren am 25. Jän- ner zum Dankgottesdienst in den Martins- dom zu Eisenstadt gekommen, um mit dem Jubilar zu feiern: Priester, Ordenschristen, MitarbeiterInnen sowie Gläubige der Diö- zese. Die Predigt im Gottesdienst, dem Bi- Zelebrierten den Gottesdienst (v.l.): Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics, Altbischof schof Iby persönlich vorstand, hielt Wilhelm Paul Iby und Wilhelm Ringhofer, Propst- und Stadtpfarrer von Eisenstadt. Ringhofer, Propst- und Stadtpfarrer von Eisenstadt. Ihm hatte einst bei seiner Primiz Bischof Iby die Predigt gehalten – mit der nunmehrigen Festpredigt des Stadtpfarrers für den Jubilar schloß sich ein Kreis langer geistlicher Freundschaft. Iby habe mit gros- ser Menschlichkeit im Weinberg des Herrn gearbeitet, so Ringhofer in seiner Predigt. Als zweiter Bischof der Diözese konnte er so die Aufbauarbeit seines Vorgängers Stefan László weiterführen. Dabei habe er stets ver- sucht, gemäß seinem Wahlspruch „Alles in Liebe“ zu handeln.

Bischof Zsifkovics: Du hast immer die Hände zu den Menschen ausgestreckt! Der amtierende Bischof der Diözese wür- digte den Jubilar für seinen Dienst an der Fotos: Diözese Eisenstadt Kirche im Burgenland durch viele Jahre. Als Bildliche Darstellung des Künstlers Heinz Ebner, die den heiligen Martin im Ensem- ble von burgenländischen Kirchen mit besonderem Bezug zu Bischof Iby zeigt. Zeichen des Dankes überreichte Bischof Zsifkovics stellvertretend für die ganze Diö- und Bischofs. Es ist für mich auch die beste Kirche, Gesellschaft und Politik Gelegen- zese ein Bild des Künstlers Heinz Ebner, Zusammenfassung Deines Lebens“, so Zsif- heit, Worte der Anerkennung und des Dan- dem Bischof Iby ebenfalls seit langem ver- kovics wörtlich. Wie der heilige Martin habe kes zum Ausdruck zu bringen. Bürger- bunden ist. Anhand der bildlichen Darstel- auch Bischof Iby immer die Hände zu den meister Thomas Steiner für die Stadt Eisen- lung, die den heiligen Martin im Ensemble Menschen ausgestreckt. Er sei aber auch, stadt, Landtagspräsident Karl Steier für das von burgenländischen Kirchen mit besonde- wie sein Namenspatron, der heilige Paulus, Land Burgenland, Superintendent Manfred rem Bezug zu Bischof Iby zeigt, entfaltete vom Evangelium ergriffen und lebe es Koch für die evangelischen Christen des Bischof Zsifkovics seine Dankes- und Gra- bescheiden und glaubwürdig vor. Landes sowie ehemalige Weggefährten des tulationsworte: „Der Bischof in der Mitte, Jubilars waren nur einige, die das gemütli- die eine Hand zum Himmel, die andere zur Das ganze Burgenland gratuliert che Beisammensein im Martinussaal nutz- Erde ausgestreckt – das ist nicht nur ein Die anschließende Agape im Dompfarr- ten, um Paul Iby zu gratulieren. „ schönes Bild für den Dienst des Priesters zentrum bot zahlreichen Gratulanten aus http://www.martinus.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 54 »Burgenland Journal« 7 Mio € für Burg Forchtenstein Verein Burg Forchtenstein Fantastisch und Privatstiftung Esterhazy planen Zukunft des beliebten Familienformates FORFEL – Neubau Burg Restaurant als wichtiger touristischer Impuls für die Region

ie Burgmaus FORFEL lädt Kinder und DFamilien im heurigen Juli nun schon das 19. Mal erfolgreich zu „Burg Forchtenstein Fantastisch“ ein. Im Durchschnitt hat das be- liebte Festival jährlich rund 21.000 Besu- cher; in der Saison 2014 konnte nach 18 Jah- ren der insgesamt 400.000 Besucher begrüßt werden. Gemeinsam mit der Esterhazy Pri- vatstiftung plant der Verein „Burg Forchten- stein Fantastisch“ jetzt die Zukunft des beliebten Familienformates. Im Jänner wur- de von beiden Seiten die Veranstaltungsver- einbarung für drei weitere Saisonen bis 2017 unterzeichnet. FORFEL wird 2015 von 11. Juli bis 2. August wieder an den Wochen- enden auf der Burg Einzug halten. Neu in dieser Saison ist die Ausweitung des Spiel- plans auf zwei Freitage (17. und 24. Juli) – bislang fand das Festival ausschließlich an Samstagen und Sonntagen statt. Zusätzlich wird zu Halloween am 31. Oktober ein ge- meinsames Kinderprogramm stattfinden.

Neubau des Burg-Restaurants – Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Austria license / Häferl touristischer Impuls für die Region Die Burg Forchtenstein ist eines der bedeutendsten Wahrzeichen des Burgenlandes. Der gestiegene Qualitätsanspruch der touristischen Impuls und neue Arbeitsplätze für Trauungen. Die barocken Wandmalereien Gäste aus dem In- und Ausland hat bereits für die strukturschwache Region rund um des Innenhofes wurden 2006 nach langwieri- vor drei bis vier Jahren gezeigt, daß ein Neu- die Rosalia bedeutet, investiert Esterhazy 1,9 ger Freilegung, Sicherung und behutsamer bau des Restaurants auf der Burg notwendig Millionen Euro. Die restlichen 400.000 Euro Restaurierung erstmals der Öffentlichkeit ist. Mehrere Planungen wurden beauftragt, können über bereits zugesagte EU-Förder- präsentiert. Der innerste Burghof präsentiert die am Ende die untere oder so genannte gelder aus dem Fond für regionale Entwick- sich nun auch inhaltlich als Zentrum des Boll- Rote Bastei als idealen Standort ergaben, wo lung (EFRE) und einer noch ausständigen werks, dessen ausgedehnte Wandmalereien sich schon in den 90er-Jahren eine einfache Landesförderung finanziert werden. Insge- nördlich der Alpen kunst- und kulturhisto- Taverne befand. 2014 konnte die Burg mit samt 100.000 Euro vom Land Burgenland risch bemerkenswert sind. Die bisher letzte rund 85.000 Besuchern ein absolutes Spit- werden benötigt, um die bislang ungenutzten große Maßnahme betraf den 800 Jahre alten zenergebnis erzielen – eine Steigerung von EU-Fördermittel auszulösen. EU, Bund und Bergfried-Turm, mit über 50 Metern einen mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. sämtliche Tourismusexperten stehen hinter der höchsten Bergfriede Europas. Zur lang- In der unteren Bastei wurde daher im Herbst diesem „beispielhaften und sehr förderwür- fristigen Erhaltung der Substanz waren des Vorjahres mit dem großzügigen Bau des digen Projekt“ – so die Förderstelle des Bun- 2013/2014 die umfassende Sanierung des modern ausgestatteten Restaurants in die des. Wenn nun auch die Förderzusage des Bergfriedes und des Turmhelms notwendig – historische Bastei-Anlage begonnen. Teile Landes fristgerecht einlangt, ist mit der Fer- auch der Turmschmuck, der Erzengel Mi- der Stahlkonstruktion sind bereits fertigge- tigstellung des Restaurants im Juni 2015 zu chael, wurde restauriert und teilweise neu stellt, der Dachstuhl der historischen Bau- rechnen. vergoldet. substanz wurde erneuert und eingedeckt, die Mit Gründung der Esterhazy Privatstif- Die Rolle der Esterhazy Privatstiftung, Rohinstallationen für Elektrik, Heizung und tung vor 20 Jahren begannen umfassende die als privater Träger eines der bedeutend- Sanitäranlagen können laut Bauzeitplan be- Sanierungen und Aufwertungen der Burg sten Wahrzeichen des Burgenlandes nahezu reits im Frühjahr erfolgen. Für den Bau sind Forchtenstein – Esterhazy hat insgesamt über ohne staatliche Mittel erhält und für die aufgrund der historischen Bausubstanz und 7 Millionen Euro in die Anlage und die Ein- Menschen und die Wirtschaft der Region der heiklen statischen und bautechnischen richtungen der Burg Forchtenstein investiert. laufend aufwertet, ist einmalig für Öster- Bedingungen gesamt 2,3 Millionen Euro bud- Im Jahr 2000 wurde die Burgkapelle gene- reich. getiert. In dieses Projekt, das einen wichtigen ralsaniert; sie ist heute prächtiger Schauplatz http://esterhazy.at/de/burgforchtenstein

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 55 »Burgenland Journal« Eisenstadt: Neujahrsempfang war ein voller Erfolg m Rathaus ging am Abend des 8. Jänner Idie 42. Auflage des Eisenstädter Neujahrs- empfangs über die Bühne. Rund 500 Per- sönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, und Ge- sellschaft sowie Vertreter der Eisenstädter Vereine und Institutionen folgten der Ein- ladung von Bürgermeister Thomas Steiner. Jährlich lädt der Bürgermeister der bur- genländischen Landeshauptstadt am zweiten Donnerstag im neuen Jahr zum traditionellen Neujahrsempfang. Für den passenden musi- kalischen Rahmen sorgte das Bläserensem- ble der Stadt- und Feuerwehrkapelle Eisen- stadt. Bürgermeister Steiner bot in seiner Rede einen Rückblick auf das ereignisreiche ver- Foto: Magistrat der Stadt Eisenstadt gangene Jahr und präsentierte seine Pläne Bürgermeister Thomas Steiner (Mitte) im Kreise hochrangiger Vertreter aus Politik für 2015: „Stand das Jahr 2014 mit der Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft beim Neujahrsempfang im Eisenstädter Rathaus Erstellung des neuen Stadtentwicklungs- ergänzen soll. Weiters wird heuer ein beson- Wochen noch erhöhen, da viele Gäste erst planes, des Personalentwicklungsplanes so- derer Augenmerk auf den Oberberg und das nach der eigentlichen Veranstaltung Spenden wie dem Start der Initiative ‚Barrierefreies ehemalige jüdische Viertel gelegt.“ mittels Zahlschein überweisen. Eisenstadt‘ ganz im Zeichen der Planung, so Wie auch in den letzten Jahren war der Nutznießer der Charity-Aktion war heuer ist 2015 das Jahr diese Pläne umzusetzen. Neujahrsempfang gleichzeitig ein Charity- SOS Kinderdorf. Die Spendengelder sollen Ein Projekt, das aus dem STEP heraus in die Fest. Gesammelt wurden bis zu diesem der Angebotserweiterung in Eisenstadt die- Umsetzungsphase geht, ist ein Mikro-ÖV- Abend insgesamt 4.168 Euro. Die Summe nen. „ System, das unser bewährtes City-Taxi wird sich erfahrungsgemäß in den nächsten http://eisenstadt.gv.at/ Kultur- und Veranstaltungshaus Bauermühle 2015 m Jahr 2014 hatten wir 60 Veranstaltungen Ifür Erwachsene mit insgesamt ca. 10.000 Gästen. Zum Kinderprogramm ,Willi Wulka- frosch 2014‘ durften wir rund 4000 Gäste begrüßen“, zieht Mattersburgs Bürgermei- sterin Ingrid Salamon zufrieden Bilanz. „Zu den langfristigen Mietern, die in unserem Haus über das ganze Jahr verteilt immer wieder Weiterbildungskurse und -seminare anbieten, kamen im Jahr 2014 einige neue dazu. Darunter zum Beispiel auch die ,Weight Watchers‘. Zusätzliche Veranstal- tungstage mit ca. 3500 Gästen konnten wir außerdem durch das Kooperationsprojekt ,Mühlenheuriger‘ mit dem Team SAVIO verbuchen“, so die Bürgermeisterin. Foto: Stadtgemeinde Mattersburg Im 6. Veranstaltungsjahr gilt es, die stetig Mattersburgs Bürgermeisterin Ingrid Salomon (Mitte) zieht zufrieden Bilanz. ansteigenden Veranstaltungen weiterhin pro- Ab September 2014 geben sich Brautleu- Auch für Vorträge, Podiumsdiskussionen fessionell und mit dem von Kunden ge- te aus dem ganzen Bezirk entweder im ro- und Präsentationen wird die Infrastruktur der schätzten, persönlichen Einsatz, umzuset- mantischen Innenhof, in der neu adaptierten Bauermühle vermehrt genutzt. zen. Seit Herbst 2014 ist ein bedeutender Dachgalerie oder im Festsaal der Bauermüh- Der Frühling bringt Natur in die Bauer- Zuwachs festzustellen. le das Ja-Wort. Letzterer bietet auch die ent- mühle: Für themenspezifische Vorträge konn- Die Vorzüge eines Ballsaales mit Parkett- sprechende Infrastruktur für ein anschließen- ten heuer der „Natur im Garten“-Gärtner boden konnten Gäste beispielsweise am des Hochzeitsfest. Karl Ploberger und der Obmann für Effekti- 24. Jänner beim Ball der Arminia Redoute Wie auch in den vergangenen Jahren fin- ve Mikroorganismen, Martin Lassnig, ge- und die ausgezeichnete Akustik im Rahmen den die Räumlichkeiten der Bauermühle wonnen werden. „ des Konzertes des Salon-Orchesters am großen Zuspruch für Weiter- und Ausbil- http://www.mattersburg.gv.at 30. Jänner genießen. dungsseminare, Kurse und Messen. http://www.bauermuehle.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 56 Aus Südtirol Entlastungen als Impuls für Arbeitsmarkt Die 88 Millionen Euro, die Südtiroler Unternehmen 2015 weniger an Wert- schöpfungssteuer IRAP zahlen werden, werden zwar als Mindereinnahmen ver- bucht, Kürzungen in anderen Bereichen sind deshalb allerdings nicht zu fürchten. in durchschnittlicher Südtiroler Hand- Ewerksbetrieb mit vier Mitarbeitern wird 2015 mehr als 5000 Euro weniger an Wert- schöpfungssteuer IRAP zahlen als noch im Vorjahr. „Diese Entlastung gibt es automa- tisch und ohne bürokratischen Aufwand und ihre Bedeutung wird umso anschaulicher, wenn man bedenkt, daß rund 40 Prozent al- ler Landesbeiträge unter 2000 Euro liegen“, so Kompatscher. Gründe für die Entlastung gibt es zwei: zum einen das staatliche Stabilitätsgesetz, mit dem die Bemessungsgrundlage für die Wert- schöpfungssteuer IRAP herabgesetzt wird. Künftig können Unternehmen demnach die Kosten für unbefristet Angestellte von dieser Bemessungsgrundlage abziehen. Der zweite Grund ist der heute von der Landesregierung entschiedene Verzicht darauf, im Gegenzug Foto: LPA / ohn Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärt die IRAP-Neuerungen zur Senkung der IRAP-Bemessungsgrund- lage die Steuersätze anzuheben. „Damit ge- dotiert“, so Kompatscher. Aus diesem könn- ohne deshalb anderswo Mittel kürzen zu ben wir die Entlastung in Höhe von rund 88 ten die Mindereinnahmen finanziert werden, müssen. „ Millionen Euro zur Gänze an die Betriebe weiter“, so der Landeshauptmann, der be- tont, daß diese Entscheidung im Einklang Südtirol mit Rating A3 mit der grundlegenden Ausrichtung der Lan- desregierung stehe, BürgerInnen und Un- it Genugtuung hat Landeshauptmann Wirtschaftsfundament und die guten Haus- ternehmen steuerlich zu entlasten. MArno Kompatscher das Rating der halts-Ergebnisse des Landes. 2015 sinkt also der „normale“ IRAP-Satz Agentur Moody’s für das Land Südtirol auf- „Die Bewertung, vor allem aber der Ver- wie vorgesehen auf 2,68 Prozent. Damit zah- genommen: „Das Rating zeigt, daß wir uns gleich zu anderen Regionen zeigt, daß wir len Südtiroler Unternehmen auch in diesem mit einigem Erfolg gegen die Krise ge- die Krise nicht nur auszusitzen probiert, son- Jahr weiterhin viel niedrigere IRAP-Sätze, stemmt haben“, so Kompatscher. „Es ist Be- dern aktiv gegengesteuert haben“, so der Lan- als im restlichen Staatsgebiet zur Anwen- leg für die positive Wirtschaftspolitik der deshauptmann, der eine ganze Reihe von dung kommen. Dazu kommt das Herabset- vergangenen Jahre und zeigt, daß wir mit Maßnahmen nennt, mit denen der Standort zen der Bemessungsgrundlage durch den den Maßnahmen zugunsten des Wirtschafts- Südtirol gestärkt worden sei. „Der allerwich- Abzug der Kosten jener MitarbeiterInnen, standorts Südtirol auf dem richtigen Weg tigste ist dabei eine Entlastung von Bürgern die über einen unbefristeten Vertrag verfü- sind.“ und Unternehmen, und zwar auch und vor gen. „Wir belohnen damit all jene Unterneh- Mit dem Rating A3 hat Moody’s die allem steuerlich“, so Kompatscher. So sei die men, die MitarbeiterInnen unbefristet ein- Kreditwürdigkeit des Landes Südtirol be- No-Tax-Area für den Zuschlag auf die Ein- stellen“, so Kompatscher, der die Maßnahme wertet, was nicht nur einer Einstufung ent- kommenssteuer IRPEF geschaffen worden, deshalb auch als Impuls für den Arbeits- spricht, die zwei Stufen oberhalb jener des in Sachen Immobiliensteuer GIS und Wert- markt sieht. Staates liegt, sondern auch den ersten Platz schöpfungssteuer IRAP sei man den Unter- Der Landeshauptmann konnte auch all unter den Regionen und Autonomen Provin- nehmen möglichst weit entgegen gekommen. jene beruhigen, die mit Kürzungen in ande- zen bedeutet. „Das Rating könnte zwar noch Doch nicht nur steuerlich hat die Landes- ren Bereichen gerechnet haben, mit denen besser sein, aber Südtirol wird nun einmal regierung neue Weichen gestellt: „Wir stellen die Mindereinnahmen aus der IRAP abgefe- im gesamtstaatlichen Kontext bewertet“, so auch den gesamten Bereich der Wirtschafts- dert werden sollten. „Wir haben mit dieser der Landeshauptmann. Positiv hervorgeho- förderung auf neue Beine, um die Gießkanne staatlichen Maßnahme gerechnet und des- ben hat Moody’s vor allem die Möglichkei- endgültig zu verabschieden und noch geziel- halb den Reservefonds besonders hoch ten, die die Autonomie biete, das gesunde ter zu fördern“, so Kompatscher. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 57 Europa EU-Investitionsoffensive Die Europäische Kommission startete in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) den Fi-Compass, einen neuen Beratungsdienst über die Finanzinstrumente im Rahmen der europäischen Struktur- und Investitionsfonds.

ieser Dienst ist Teil der zentralen Be- Dratungsplattform, die einen wichtigen Teil des neuen Investitionsprogramms der EU darstellt. Die Umsetzung des Investi- tionsprogramms schreitet schnell voran. Nur 50 Tage, nachdem Präsident Juncker Pläne für eine EU-Investitionsoffensive vorgestellt hatte, hat die Kommission am 19. Jänner be- reits einen Legislativvorschlag für den Euro- päischen Fonds für strategische Investitio- nen (EFSI) vorgelegt, der in der gesamten Europäischen Union mindestens 315 Mrd. Euro an privaten und öffentlichen Investitio- nen mobilisieren soll. Mit dem Fi-Compass gehen Kommission und EIB nun in rascher Folge die zweite Komponente des Investi- tionsprogramms an, um sicherzustellen, da0 tatsächlich Investitionen in die Wirtschaft fließen. Dieser Beratungsdienst soll die tech- Foto: European Union, 2015 EIB-Vizepräsident (Österreichs Vizekanzler a.D.) nische Unterstützung verbessern (mit einer zentralen Beratungsplattform, über die öf- zentrale Anlaufstelle für Beratung und Un- Verwendung steigert die Rentabilität jedes in fentliche und private Projektträger jede er- terstützung verfügen. Der Fi-Compass ist ein den Mitgliedsstaaten investierten Euros. Die forderliche Unterstützung finanzieller und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ von der Europäischen Kommission und der technischer Natur erhalten); außerdem soll Corina Cretu, Kommissarin für Regional- EIB eingerichtete Plattform Fi-Compass soll den Investoren mehr Transparenz geboten politik, kommentierte: „Ich begrüße den Start die Programm-Verwaltungsbehörden und In- werden. Im Laufe des Jahres soll zusammen des Fi-Compass. Auf dieser Plattform kön- teressenträger besser auf die Nutzung dieser mit der EIB eine „Pipeline“ tragfähiger Pro- nen wir unsere Kenntnisse bündeln und da- Finanzinstrumente vorbereiten und ihr Wis- jekte eingerichtet werden. mit ihre Wirkung vor Ort optimieren. Es gibt sen in diesem Bereich vergrößern. Die neue Fi-Compass-Plattform wird auf ausgezeichnete Beispiele, die als Anregung Zu den Finanzinstrumenten zählen Dar- einer zweitägigen Konferenz vorgestellt, an für andere Länder dienen können, insbeson- lehen, Garantien, Kapitalbeteiligungen, Risi- der auch Jyrki Katainen, Viezepräsident der dere für diejenigen, die Schwierigkeiten ha- kokapital und sonstige risikobehaftete Instru- Europäischen Kommission und Kommissar ben, EU-Mittel abzurufen und deren wirksa- mente, unter Umständen in Kombination mit für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen men Einsatz zu gewährleisten. Ich möchte Zinsvergünstigungen oder Beiträgen zu Prä- und Wettbewerbsfähigkeit, Corina Cretu, die Mitgliedsstaaten dazu aufrufen, die In- mien für Bürgschaften. Sie stellen eine res- Kommissarin für Regionalpolitik, und Wil- vestitionen, die über die Finanzinstrumente sourceneffiziente Verwendung der EU-Haus- helm Molterer, Vizepräsident der EIB, teil- gelenkt werden, im neuen Programmzeit- haltsmittel zur Ankurbelung von Investitio- nehmen werden. Auf der hochrangig besetz- raum zu verdoppeln.“ nen in die Wirtschaft dar. ten Konferenz werden sie mit Vertretern der EIB-Vizepräsident Wilhelm Molterer Die Konferenz ist die erste einer Reihe Mitgliedsstaaten und Regionen zusammen- fügte hinzu: „Die EIB mit ihrer technischen, von Maßnahmen im Rahmen der Vereinba- treffen und Erfahrungen und bewährte Ver- branchenbezogenen und länderspezifischen rung, die die Kommission und die EIB sie- fahren in bezug auf die Konzeption und Ver- Erfahrung hat das Potential, eine ausgedehn- ben Jahre bindet. Die Beratungsplattform Fi- wendung dieser Instrumente austauschen. tere Nutzung von Finanzinstrumenten zu för- Compass wird den Mitgliedsstaaten und Vor der öffentlichen Präsentation sagte dern. Sowohl die Kommission als auch die ihren Programm-Verwaltungsbehörden, aber Vizepräsident Jyrki Katainen: „Das Geld ist Mitgliedsstaaten erkennen diese Erfahrung auch Mikrokreditgebern Unterstützung bei da, aber wir hören von den Investoren, daß an; wir werden sie nutzen, um die Empfän- der Entwicklung von Finanzinstrumenten so- sie gut strukturierte Projekte und Zugang zu ger von EU-Mitteln bei der Auswahl von wie diesbezügliche Schulungsmöglichkeiten klaren Informationen brauchen, um die Inve- Projekten mit hoher wirtschaftlicher Trag- zur Verfügung stellen. stitionsmittel in vertrauenswürdige Projekte fähigkeit zu unterstützen.“ Sie wird im Laufe des Jahres durch eine zu lenken. Wir möchten den Aufbau der Platt- Das Investitionsprogramm zielt auf eine Initiative für multiregionale Unterstützung form für technische Unterstützung beschleu- Verdoppelung des Einsatzes der Finanz- ergänzt werden. „ nigen, damit potentielle Investoren über eine instrumente im Zeitraum 2014–2020 ab; ihre http://www.fi-compass.eu

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 58 Wirtschaft Mittelfristige Prognose der Weltwirtschaft bis 2019 Verschuldungs- und Entschuldungsprozesse prägen weltweite Konjunkturaussichten

er markante Rückgang der Rohölpreise Nachfrage zusätzlich. Dies dämpft wiede- Prognose 2013 ist der Konjunkturausblick für Dstärkt die Konjunktur im Euro-Raum rum die Inflation, was den Schuldenabbau die USA weltweit am günstigsten. Eine schuld- etwas. Mittelfristig wird sie aber von Nach- weiter erschwert und die Realzinssätze er- nerfreundliche Insolvenzgesetzgebung sorgte fragemangel und schwacher Preisentwick- höht. Neben der schwachen Preisentwick- für einen raschen Abbau des Privatschulden- lung dominiert; auch das Fehlen von Auf- lung wird in den kommenden Jahren auch überhanges nach der Finanzmarktkrise. Dar- und Abwertungsmöglichkeiten, insbesonde- die Verschärfung der Fiskalregeln die Kon- über hinaus stützt ein großzügiges öffentli- re die relative Unterbewertung für Deutsch- junktur belasten, da die hohe Liquiditätsbe- ches Budgetdefizit die Konjunktur. Die Staats- land, hemmt die Wachstumsaussichten. Für schränkung im privaten Sektor expansive ri- schuldenquote nimmt mittelfristig nicht zu – die USA ist der Konjunkturausblick sehr gün- cardianische Effekte (Mehrausgaben in der anders als im Euro-Raum, wo zwar die Neu- stig, da der Privatschuldenüberhang dank ra- Gegenwart in Antizipation künftiger Steuer- verschuldung der öffentlichen Hand viel ge- scher Insolvenzen und großzügiger öffentli- senkungen) nicht zuläßt. Der neue Investi- ringer ist, aber auch das Wirtschaftswachs- cher Budgetdefizite nach der Finanzmarktkri- tionsplan der Europäischen Kommission tum und die Inflation. Die reale Wachstums- se rasch abgebaut wurde. In China nimmt der sieht vor allem Bürgschaften für private In- rate beträgt in den USA mittelfristig 2,8 %. Wohlstand stark zu, aber auch die Verschul- vestitionen vor; die Ursache der Investitions- China dürfte auf Basis der neuberechneten dung. In Japan sollte der Entschuldungspro- schwäche, mangelnde Absatzperspektiven internationalen Kaufkraftparitäten die USA zeß der Unternehmen in den nächsten Jahren wegen zu geringer Einkommenszuwächse, 2014 als weltgrößte Volkswirtschaft abgelöst abgeschlossen sein. In Rußland droht – trotz wird dadurch nicht behoben. Staatsanleihen- haben. Das Wachstum verliert zwar weiter an der mäßigen Auslandsverschuldung – eine käufe der EZB werden die Zinsstrukturkurve Dynamik, bleibt weltweit aber am höchsten. neue Finanzmarktkrise. abflachen und die Staatshaushalte entlasten. Die in letzten Jahren markant gestiegenen Ein- Seit Mitte 2014 ist der Rohölpreis um Zudem würden sie Finanzmarktstreß unter- kommen erhöhen Kaufkraft und Wohlstand, knapp die Hälfte gesunken; Ende 2014 lag er binden, falls weitere Turbulenzen im Euro- die Währung wertet weiter auf. Allerdings be- unter 60 $ je Barrel. Die Ausweitung des An- Raum auftreten, etwa ein Austritt Griechen- lasten die staatlich geförderte exzessive In- gebotes in den USA und die Abnahme der lands. Die reale Wachstumsrate beträgt im vestitionstätigkeit und die damit verbundenen Nachfrage in China und Teilen Europas er- Euro-Raum mittelfristig 1,3 %. Fehlallokationen die Wachstumsaussichten zu- möglichten diese Entwicklung. Die Vehemenz Deutschlands durch Lohnzurückhaltung nehmend. Die erheblich ausgeweiteten Schul- des Preisrückganges ergibt sich durch selbst- generierter Leistungsbilanzüberschuß bleibt den wurden in wenig transparente Zweckge- verstärkende Spekulationseffekte anläßlich auch mittelfristig hoch, da eine Aufwertung sellschaften ausgelagert („Schattenbanken“) der Rußland-Krise. Da Preisspekulation stets nicht möglich ist (der Euro wird wegen der und bedrohen daher die Finanzmarktstabili- mit erhöhter Volatilität einhergeht (Über- weiteren geldpolitischen Lockerung eher ab- tät. Die reale Wachstumsrate beträgt in China schießen), dürfte der Rohölpreis schon 2015 werten). Die deutschen Exporte leiden aber un- mittelfristig 6 1/2 %. In Japan könnte die jah- wieder leicht nach oben korrigieren (auf 75 $ ter dem Rückgang der Nachfrage aus Schwel- relange Bilanzrezession überwunden wer- je Barrel im Jahresdurchschnitt). Bis 2019 lenländern (insb. aus China); hingegen treten den, da die Entschuldung der Unternehmen unterstellt die vorliegende Prognose einen die Nachteile der impliziten Unterbewertung abgeschlossen ist. Dadurch fällt die Einschrän- Anstieg auf 105 $; somit ist der Durch- der Währung (Mangel an Importnachfrage kung der Investitionstätigkeit von dieser Seite schnittspreis um rund 15 $ niedriger als in gegenüber anderen engen Handelspartnern her weg. Die Wirtschaftspolitik wirkt insge- der mittelfristigen WIFO-Prognose 2013. wie Frankreich und damit Schwächung von samt akkommodierend, die für 2017 geplan- Dies stärkt die Konjunktur im Euro-Raum deren Konjunktur) immer stärker zutage. te zweite Stufe der Mehrwertsteuererhöhung etwas. Der anhaltend hohe Schuldenüber- Daher hemmt der Währungsverbund die bleibt aber ein Risiko für die Konjunktur. In hang im privaten Sektor verringert die Kon- Konjunktur in den kommenden Jahren. Rußland wird die Wirtschaft 2015 wegen des sum- und Investitionsmöglichkeiten aber Auf Österreichs zweitwichtigstem Export- Rohölpreisverfalls schrumpfen. Die Abwer- nach wie vor. Die Nachfragestützung der öf- markt, Italien, wird die Wirtschaftsleistung tung des Rubel wirkt inflationstreibend, er- fentlichen Hand ist in weiten Teilen des Euro- neben der Nachfrageschwäche mittelfristig höht die Zahlungsausfälle im Bereich der Raumes zu gering, um eine Entschuldung auch durch mangelhafte ordnungspolitische Fremdwährungsschulden und belastet damit des privaten Sektors zu ermöglichen. Zudem Rahmenbedingungen gestört. Bei der Durch- die in Rußland tätigen Banken. Sie mildert wächst die deutsche Wirtschaft – die größte setzung vertraglicher Ansprüche ist die Ju- aber die negativen Effekte des Rohölpreis- Europas – über hohe Leistungsbilanzüber- stiz in Italien laut dem Doing-Business-Be- verfalls auf die Exporterlöse und den Staats- schüsse zulasten ihrer Handelspartner, statt richt der Weltbank (2014) äußerst ineffi- haushalt. Auch mittelfristig bleibt der Aus- die günstige Finanzierungslage für expansi- zient. Der administrative Aufwand von Un- blick für die russische Wirtschaft getrübt, da ve Fiskalpolitik zu nutzen. Die vielfach mit ternehmen für die Steuerabfuhr ist in Italien die hohen Rohstoffpreise in der Vergangen- der Euro-Finanzmarktkrise erhöhten Risiko- bei Weitem der höchste innerhalb der EU. heit – ähnlich wie in Brasilien – Defizite der aufschläge drücken die zu geringe private Wie schon in der mittelfristigen WIFO- Wirtschaftsstruktur überlagerten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 59 Wirtschaft Österreichs Wirtschaft startet verhalten ins neue Jahr Schwache Industriestimmung im europäischen Einklang aber nur in Österreich Konsumentenstimmung schlechter als im Vorjahr

ie zaghafte Konjunkturerholung zu Bank Austria Konjunkturindikator Österreich DBeginn hat sich im weiteren Jahresver- lauf 2014 nicht mehr fortgesetzt. Seit Mitte BIP(real; Veränderung zumVorjahr in%) Bank Austria Konjunkturindikator 2014 fehlt es der österreichischen Wirtschaft an Schwung. „Der Bank Austria Konjunktur- 5 5 indikator ist im Dezember auf minus 0,1 Pun- 4 4 kte gesunken. Damit ergibt sich für das 3 3 Schlußquartal 2014 ein durchschnittlicher In- 2 2 dikatorwert von Null. Das läßt darauf schlies- 1 1 sen, daß die österreichische Wirtschaft auch 0 0 im vierten Quartal nicht gewachsen ist“, meint -1 -1 Bank Austria Chefökonom Stefan Bruck- -2 -2 bauer. Angesichts der schwachen zweiten Jah- -3 -3 reshälfte hat das Wirtschaftswachstum im -4 -4 Gesamtjahr 2014 nur geschätzte 0,2 Prozent -5 -5 betragen, unverändert gegenüber 2013. -6 -6 „Der erneute Rückgang des Bank Austria 08 09 10 11 12 13 14 Konjunkturindikators in den Minusbereich Quelle: Statistik Austria, Wifo, Bank Austria Economics & Market Analysis Austria, eigene Berechnungen im Dezember war von einer generellen Stim- mungseintrübung in der heimischen Wirt- Österreich nur unzureichend erklärt werden 2014 sollte die österreichische Wirtschaft im schaft bestimmt, die vom allgemeinen Trend kann. Auch die heimischen Sachgütererzeu- ersten Quartal 2015 unterstützt durch den in Europa zum Teil abweicht“, meint Bruck- ger schätzen die Geschäftslage etwas skepti- Außenhandel leicht expandieren. Mit bis zu bauer und ergänzt: „Die Stimmung unter den scher als vor einem Monat ein, aber ebenso 0,2 Prozent zum Vorquartal wird das Wirt- heimischen Konsumenten sank im Dezem- wie in der Industrie der wichtigsten europäi- schaftswachstum zu Jahresbeginn aber sehr ber auf den Jahrestiefststand und von allen schen Abnehmerländer, war die Stimmung bescheiden bleiben“, meint Bruckbauer. EU-Ländern hat sich einzig in Österreich die 2014 insgesamt günstiger als im Jahr davor. Nach dem Winter besteht die Aussicht Verbraucherstimmung gegenüber 2013 ver- auf ein moderates Frühlingserwachen. „Die schlechtert.“ Nur noch während der Wirt- Verbesserte Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen für die österreichische schaftskrise 2009 war der Pessimismus unter zeigen ab Frühjahr Wirkung Wirtschaft haben sich in den vergangenen den österreichischen Konsumenten größer, Zu Beginn des Jahres 2015 ist nach Ein- Wochen zu verbessern begonnen. Damit be- was mit der negativen Entwicklung am Ar- schätzung der Ökonomen der Bank Austria steht die Chance, daß sich die derzeit skepti- beitsmarkt, angesichts der im europäischen noch keine spürbare Konjunkturauffrischung sche Stimmung zu drehen beginnt. Insbeson- Vergleich weiterhin weit günstigeren Lage in zu erwarten. „Nach der Stagnation zu Ende dere zwei Faktoren sollten der österreichi-

Österreich Konjukturprognose Schätzung Prognose 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Wirtschaftswachstum (real, Vdg. z. Vorjahr) 1,9 3,1 0,9 0,2 0,2 0,7 1,5 Privater Konsum (real, Vdg. z. Vorjahr in %) 1,5 0,7 0,6 -0,1 0,3 0,6 0,9 Investitionen (real, Vdg. z. Vorjahr in %) *) 1,5 0,7 0,6 -0,1 0,3 0,6 0,9 Inflationsrate (Vdg. z. Vorjahr in %) 1,9 3,3 2,4 2,0 1,6 1,3 1,9 Arbeitslosenquote (nationale Definition) 6,9 6,7 7,0 7,6 8,4 8,6 8,4 Beschäftigung (Vdg. z. Vorjahr in %) **) 0,8 1,9 1,4 0,6 0,7 0,8 1,0 Öffentlicher Haushaltssaldo (in % des BIP) -4,5 -2,6 -2,3 -1,5 -2,8 -1,9 -1,3

*) Bruttoanlageinvestitionen **) ohne Karenzgeldbezieher, Präsenzdiener und Schulungen Quelle: Bank Austria Economics & Market Analysis Austria

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 60 Wirtschaft schen Wirtschaft ab dem Frühjahr zu mehr spürbar. Im Dezember ist die Inflationsrate heimische Inflationsentwicklung wird in der Schwung verhelfen: Der schwächere Euro in Richtung 1 Prozent-Marke gerutscht. „Im ersten Jahreshälfte 2015 vom niedrigen und das billigere Öl“, so Bruckbauer. Der Jahresdurchschnitt 2014 betrug der Anstieg Ölpreis stark gedämpft werden und zum Teil Euro hat seit Beginn des Herbsts 2014 ge- der Verbraucherpreise geschätzte 1,6 Pro- unter die Marke von 1 Prozent im Jahresver- genüber dem US-Dollar um rund 10 Prozent zent bzw. auf harmonisierter Basis 1,5 Pro- gleich sinken. Im zweiten Halbjahr wird der an Wert verloren. Das stützt die Wettbe- zent. Österreich hat damit 2014 erstmals Ölpreiseffekt langsam auslaufen und es ist werbsfähigkeit der heimischen Exportwirt- überhaupt seit Berechnung des Preisindex auch nachfragebedingt wieder mit einem schaft, wenn auch rund zwei Drittel des Mitte der 1990er-Jahre und zudem mit kla- leichten Anziehen der Inflation zu rechnen. Außenhandels innerhalb der EU abgewickel rem Abstand die höchste Inflationsrate aller „Mit höchstens 1,3 Prozent wird der Anstieg werden und von Wechselkursschwankungen Länder des Euroraums ausgewiesen“, meint der Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt unberührt bleiben. Der Ölpreis hat sich Pudschedl. Im Euroraum betrug die durch- 2015 unter dem Vorjahreswert bleiben. selbst gemessen in Euro innerhalb weniger schnittliche Inflation 2014 nur 0,4 Prozent. Österreich wird damit weiterhin einen In- Monate halbiert, ein Kostenvorteil für die Die höhere Teuerung in Österreich hat klar flationsaufschlag gegenüber dem Euroraum österreichischen Produktionsbetriebe und hausgemachte Gründe. Dazu zählen Steuer- aufweisen“, prognostiziert Pudschedl. In den ein Kaufkraftgewinn für die Konsumenten. und Gebührenanhebungen oder auch stei- vergangenen fünf Jahren sind in Österreich „Der schwächere Euro und das billigere Öl gende Arbeitskosten, die sich auf die Preise die Preise insgesamt um mehr als 3 Pro- werden ab dem Frühjahr ihre positive Wir- von Dienstleistungen auswirken und in eini- zentpunkte stärker gestiegen als im Euro- kung auf die Konjunktur in Österreich voll gen Branchen ein geringer Wettbewerb. Die raum oder im Nachbarland Deutschland. „ entfalten können. Wir rechnen daher im Ver- lauf des Jahres mit einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums. Allein die Abschwä- OeNB-Konjunkturindikator 1/2015 chung des Euros wird das Wirtschafts- wachstum in Österreich 2015 insgesamt um as Wirtschaftswachstum in Österreich hin. Für das Gesamtjahr 2014 ergibt sich da- rund 0,3 Prozentpunkte heben und der Preis- Dfiel im Lauf des Jahres 2014 enttäu- mit ein Wachstum der nominellen Güterexpor- verfall des Erdöls wird zumindest 0,2 Pro- schend aus. Die sich in der ersten Jahreshälf- te um 0,8 %. Der Wertverlust des Euro hat zentpunkte zusätzliches Wachstum ermög- te abzeichnende Erholung realisierte sich auf- schon in den ersten zehn Monaten des Jahres lichen“, so Bruckbauer. Nach dem Stillstand grund der geopolitischen Spannungen und 2014 zum deutlichen Plus der Ausfuhren in zu Jahresbeginn wird das Wirtschaftswachs- einer Abschwächung der internationalen Kon- die USA (+7,9 %) und das Vereinigte Kö- tum gegen Ende 2015 bis zu 1,5 Prozent im junktur nicht. Nach einem Wachstum von nigreich (+6,7 %) beigetragen. Dieser positi- Jahresabstand erreichen. Im Jahresdurch- 0,1 % in den beiden ersten Quartalen 2014 ve Impuls für die österreichische Exportwirt- schnitt ist ein Wirtschaftswachstum von 0,7 (jeweils zum Vorquartal) schrumpfte die schaft sollte auch in den kommenden Mona- Prozent zu erwarten, daß sich 2016 weiter österreichische Wirtschaft im dritten Quartal ten bestehen. auf 1,5 Prozent erhöhen sollte. leicht (-0,1 %). Die Ergebnisse des OeNB- Insgesamt sind die Absatzerwartungen Konjunkturindikators vom Jänner signalisie- aber weiterhin von einer hohen Unsicherheit Weiterer Anstieg der ren für das vierte Quartal 2014 ein Wachs- geprägt. Die österreichischen Unternehmen Arbeitslosenquote 2015 tum um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal. sind daher sehr zurückhaltend bei ihrer In den nächsten Monaten werden die Im- Ein Abgleiten in eine technische Rezession Investitionstätigkeit. Die seit Jahresmitte pulse aus Europa, etwa durch die nachlas- mit einer sinkenden Wirtschaftsleistung in 2014 langsam anziehende Kreditvergabe an senden fiskalischen Zwänge sowie in gerin- zwei aufeinander folgenden Quartalen zeich- Unternehmen und der wieder steigende Im- gem Ausmaß auch durch geldpolitische An- net sich damit nicht ab, ist aber nicht gänz- port von Vorleistungsgütern wie Maschinen reize durch weitere unkonventionelle Maß- lich auszuschließen. Für das Gesamtjahr 2014 und Fahrzeuge sind erste Zeichen für eine nahmen der EZB die Erholung der österrei- ergibt sich damit ein Wachstum von +0,5 %. mögliche Erholung der Investitionstätigkeit. chischen Wirtschaft festigen. Dennoch ist Für das erste Quartal 2015 wird nicht zuletzt Von der derzeit schrumpfenden Bauwirt- davon auszugehen, daß die Konjunktur zu aufgrund der niedrigen Rohölpreise und dem schaft geht kein Konjunkturimpuls aus. schwach bleibt, um spürbare Wirkung am schwachen Eurowechselkurs eine leichte Die Beschäftigung entwickelt sich derzeit Arbeitsmarkt zu zeigen. „Für 2015 erwarten Beschleunigung auf +0,3 % erwartet. trotz der schwachen Konjunktur erstaunlich wir einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf Zahlreiche Faktoren bremsten zuletzt die robust. Nachdem der Beschäftigungszuwachs 5,1 Prozent bzw. gemäß der nationalen Be- österreichische Konjunktur: Exporteure sind im dritten Quartal zum Stillstand gekommen rechnungsmethode auf 8,6 Prozent. Wir sind vor allem durch die schwache Nachfrage der war, haben die österreichischen Unternehmen optimistisch, da0 im Jahresverlauf 2015 eine europäischen Handelspartner betroffen. So im vierten Quartal wieder mehr Personen be- Trendwende einsetzen wird, dazu muß sich wurden in den ersten zehn Monaten 2014 schäftigt. Gleichzeitig steigt jedoch die Ar- jedoch der Anstieg des Arbeitskräfte- nach Frankreich (-6,1 %), Italien (-0,7 %) beitslosigkeit weiter an. Der private Konsum potentials verlangsamen und die Konjunktur und Deutschland (-0,1 %) weniger Güter hat sich im Jahr 2014 nur sehr verhalten ent- tatsächlich spürbar an Schwung gewinnen“, geliefert. Darüber hinaus dämpfte der Rück- wickelt. Die Kaufkraft der Haushalte profi- so Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. gang der Ausfuhren nach Rußland (-7,7 %) tiert derzeit jedoch vom starken Rückgang die gesamte Exportaktivität. Für die Monate der Erdölpreise. Alleine der Rückgang der Inflation sinkt dank Ölpreis November (+1,7 %) und Dezember (+2,3 %) Erdölpreise in den letzten beiden Monaten Der starke Preisverfall von Rohöl dämpft deutet der OeNB-Exportindikator auf eine erhöht das real verfügbare Haushaltseinkom- die Teuerung in Österreich mittlerweile leichte Beschleunigung des Exportwachstums men im Jahr 2015 um 0,8 %. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 61 Wirtschaft Immobilienverkäufe in Öster- reich 2014 auf Rekordniveau Immobilienmarkt 2014 im Hoch: mehr Verkäufe als 2013 – Mehr Angebot wirkt sich positiv für Käufer und Mieter aus

it einem Plus von über 15 % im Jahr bilien-Experten für 2015. Je nach Immobi- unten zu rechnen, mittelpreisige mit einem M2014 kann man durchaus von einem lientyp, Preissegment, Lage und Bundesland Minus von knapp zwei Prozentpunkten und boomenden Immobilienmarkt sprechen: We- gibt es natürlich erhebliche Unterschiede. im günstigen Segment werden die Preise nur sentlich mehr Verkäufe und damit mehr Ver- Darum haben wir heuer wieder die 17 wich- in der Größenordnung der Sparbuchzinsen, bücherungen verzeichnet das Grundbuch. tigsten Kombinationen aus Lage und Immo- also unmerklich, anziehen“, meint Nenning. RE/MAX, die Nummer 1 in der Immobilien- bilien-Typ separat nach Angebot, Nachfrage, vermittlung in Österreich, konnte die vor- Preis und Bundesland analysiert“, erklärt Die Lage und der herrschende Marktsituation optimal nutzen Anton E. Nenning, RE/MAX Managing Objekttyp entscheiden… und das Umsatz-Ergebnis des Vorjahres um Director. Mietwohnungen in Top-Lagen: größte +17 % übertreffen. Nachfrage, aber schwächer als zuvor Trends differieren in Für 2015 erwarten die RE/MAX-Immo- Immobilienmarkt 2014 im unterschiedlichen Preissegmenten bilien-Experten die größte Nachfrage – wie Hoch: mehr Verkäufe als 2013 Im oberen Preissegment sinkt die Immo- in den Vorjahren – bei den Mietwohnungen Das Jahr 2014 brachte einen spürbaren bilien-Nachfrage um -4,9 %, das Angebot in zentraler Lage mit +6,8 %. Das ist mehr Anstieg an Immobilienverkäufen. Die end- steigt leicht mit +0,8 % und der Immobilien- als bei allen anderen Immobilientypen, aber gültigen Zahlen wird der RE/MAX Immo Preis sinkt um -3,8 %. „Diese Nachfrage- weniger als in den Vorjahren. Spiegel im März 2015 offenbaren. Mehr als und Preis-Prognose für die gehobene Preis- Das Mietwohnungs-Angebot wird in zen- 15 % Plus ergeben derzeit die Hochrechnun- klasse ist für 2015 wiederum deutlich pessi- tralen Lagen um +1,8 % und die frei zu ver- gen. „Der Immobilienmarkt ist 2014 auch mistischer als für 2014 – und die war schon einbarenden Mietzinse um +3,1 % steigen, mengenmäßig wieder gut in Schwung gekom- pessimistischer als für 2013. Jahr für Jahr immerhin um einen Prozentpunkt weniger men. Die Angebotssituation führte in vielen sinken die Nachfrage- und Preiserwartungen als 2014 (+4,1 %). Regionen zu Preiskorrekturen. Ein größeres um jeweils minus 2 Prozentpunkte, aller- Der Mietzins in zentralen Lagen wird Objektangebot war im Vergleich zu 2013 in dings sind die Erwartungen jetzt schon wie- zwar stärker steigen als alle anderen allen Bundesländern zu verzeichnen. Auch der besser als im Sommer 2014“, erläutert Immobilienpreise, aber doch nur mehr halb 2015 ist weiter mit einem leicht steigenden Nenning. so schnell wie 2012. Also selbst in Top- Immobilienangebot zu rechnen. Dies führt Im mittleren Preissegment bleibt die Im- Lagen nähert man sich der Normalität. dazu, daß auch im kommenden Jahr kaum mobilien-Nachfrage mit -0,1 % beinahe kon- Eigentumswohnungen in Preisanstiege zu erwarten sind, im Gegen- stant und ist damit um -0,5 % unter der Vor- Top-Lagen: weniger Zuwachs teil, in vielen Regionen ist mit weiteren – jahreserwartung. Das Immobilien-Angebot Bei Eigentumswohnungen in zentralen wenn auch moderaten – Preisrückgängen zu im mittelpreisigen Segment steigt um +1,9 % Lagen steigt die Nachfrage zwar um +4,5 %, rechnen“, so Bernhard Reikersdorfer, Ge- und liegt damit um +1,1 % über der Vor- dies ist allerdings um mehr als ein Drittel schäftsführer von RE/MAX Austria. jahreserwartung. Die Preise im mittleren Seg- weniger als noch 2013 (damals +7,0 %). Das ment werden um -1,8 % nachgeben. Die Pro- Angebot zentral gelegener Eigentumswoh- 2015: Mehr Angebot wirkt sich positiv gnosen sind insgesamt also um rund einen nungen wächst um +1,1 %. Das ist zwar für Käufer und Mieter aus Prozentpunkt pessimistischer als für 2014, weniger, als nachgefragt wird, aber doch um Die prognostizierte Stimmung am Immo- aber die Veränderungen nach unten sind ins- +0,8 % mehr als 2014. Damit fällt die Er- bilienmarkt für 2015 in Österreich spricht gesamt nur ein Drittel derer von 2013 auf wartung eines Preisanstieges für Eigentums- für die Immobilienkäufer und Mieter: Die 2014. wohnungen in bester Lage mit +2,5 % deut- Nachfrage nach Häusern, Wohnungen und Im unteren Immobilien-Preissegment zieht lich geringer aus als noch für 2014 (+3,8 %) Grundstücken bleibt nahezu unverändert die Nachfrage um +5,8 % an. Das ist um und nur mehr halb so hoch wie noch für das (-0,1 %), das Angebot an Immobilien steigt +0,6 % mehr als noch 2014, aber in etwa Jahr 2013 (+5,9 %). deutlicher als im Vorjahr, nämlich um gleichauf mit 2013 und um -1,4 % geringer +2,4 % und der Preis sinkt um -2,3 %. „Die als für 2012. Das Angebot im unteren Seg- Mietwohnungen am Stadtrand Immobilien-Großwetterlage für 2015 lautet ment soll um +1,9 % steigen. Die Preiserwar- im Plus und am Land im Minus wie bereits 2014: Das Immobilien-Angebot tungen liegen damit nur um +0,3 % über dem Mietwohnungen am Stadtrand liegen noch wird steigen und bei einer insgesamt gleich- Jahr 2014 und damit nur bei einem Drittel im Aufwärtstrend. Sie werden um +1,6 % bleibenden bis leicht rückläufigen Immobi- der Preissteigerungsprognose für 2014. geringfügig stärker nachgefragt als 2014. Auch lien-Nachfrage werden generell die Immobi- „Die Immobilien-Preisformel für 2015 das Angebot an Mietwohnungen wächst am lienpreise eher sinken. Das sagt die Summe wird lauten: Hochpreisige Immobilien haben Stadtrand um +1,6 % und damit soll der der Erwartungen der 500 RE/MAX-Immo- mit einer Preiskorrektur von rund -4 % nach Mietzins für frei zu vereinbarende Mieten

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 62 Wirtschaft moderat um +0,4 % steigen. Dies ist nur Nachfrage hoffen (+1,3 %) und mit einem Betriebsgrundstücke mehr halb so stark wie für 2013 oder ein leicht sinkenden Angebot (-1,1 %) rechnen. Das Angebot wird um +0,5 % leicht stei- Viertel von 2012. Mietwohnungen in Land- Damit ist mit einem Preisanstieg für Bau- gen und der Preis für Bauland-Betriebsge- gemeinden kämpfen unentwegt mit einer grundstücke von +1,9 %, also über der wahr- biet um -4,7 % nachgeben. Betriebsgebäude: schwächerer Nachfrage (-2,5 %), mehr scheinlichen Inflationsrate, zu rechnen. Das Angebot wird um +2,3 % steigen und Angebot (+1,0 %) und bieten aber dafür mit „Speziell Baugrundstücke ohne Bauverpflich- der Preis um -4,7 % sinken. -2,6 % fallende Mietpreise. tung sind weiterhin sehr begehrt“, so Nen- ning. Geschäftslokale und Handelsflächen Eigentumswohnungen am kämpfen mit einem steigenden Angebot von Stadtrand und am Land: billiger Land- und forstwirtschaftliche +3,7 % und einem Preisrückgang von -5,7 % Für Eigentumswohnungen am Stadtrand Flächen: moderat im Plus (dies trifft vor allem die Randlagen, Aus- wird noch eine leicht steigende Nachfrage Auch für land- und forstwirtschaftliche nahmen sind natürlich die Top-Einkaufs- von +0,6 % erwartet. Das Wohnungsangebot Flächen, also Wiesen, Ackerland, Wald und straßen und die Shopping-Center). für Eigentum wächst 2015 am Stadtrand um Weingärten, stehen die Zeichen günstiger als Für freie Büroflächen wird das Angebot +1,8 %, der Preis für Eigentumswohnungen vor einem Jahr: Einer konstanten Nachfrage um +3,0 % zunehmen. Dies soll wie bereits soll folgerichtig um -0,9 % sinken. Eigen- von +/-0 % steht ein eingeschränkteres An- im Jahr zuvor eine Preiskorrektur von -5,2 % tumswohnungen in Landgemeinden werden gebot von -2,3 % gegenüber. Die Preise für nach sich ziehen. „Während es bei neuen, 2015 weiter mit weniger Nachfrage (-3,5 %) land-und forstwirtschaftliche Flächen wer- modernen Neubau-Bürogebäuden zumindest zu kämpfen haben. Beim Angebot ist mit den voraussichtlich mit +0,5 % moderat stei- vereinzelt positive Signale gibt, sind vor einem Plus von +0,7 % zu rechnen und der gen. allem ältere Büroflächen ohne hochwertige Eigentumswohnungspreis am Land wird dem- Ausstattung und einer entsprechenden Infra- entsprechend um -3,9 % sinken. „Der Traum Wohnobjekte in Einzellagen und Wo- struktur schwer vermietbar“, so Nenning. der eigenen Wohnung lässt sich am günstig- chenendhäuser: nur an Piste oder See sten in den Landgemeinden verwirklichen. Geringe Bewegungen sind bei Wohn- RE/MAX-Empfehlung für 2015 Dies ist für Wohnungs-Suchende sicherlich objekten in Einzellage zu erwarten: -0,5 % lauten ähnlich wie für 2014 eine durchaus interessante und überlegens- bei der Nachfrage, +0,4 % beim Angebot 2015 wird ein gutes Jahr für Immobilien- werte Option“, meint Nenning. und beim Preis für Einzellagen-Immobilien käufer und Mieter werden, da das Immobi- Penthouses, Lofts und Maisonetten: ein leichtes Minus von -1,3 %. lien-Angebot weiter steigt und Preissteige- weniger hipp als zuvor Ebenfalls konstant, nämlich konstant rungen – mit wenigen Ausnahmen – nicht zu wenig begehrt, sind Wochenendhäuser: Mi- erwarten sind. Das historisch niedrige Zins- Penthouses, Lofts und Maisonetten, die nus -6,0 % in der Nachfrage und ein Angebot niveau spricht für die Devise: „Kaufen statt trendigen Luxus-Wohnformen der Stadt, von +1,2 % führen zu einer Preiserwartung mieten, lieber Darlehensrückzahlung als werden nach Meinung der RE/MAX-Immo- für Wochenendhäuser von -5,4 %. „Von die- ewige Mietenzahlung.“ bilien-Experten eher an Interessenten verlie- sem schwachen Markt ausgenommen sind ren: Eine sinkende Nachfrage von -2,5 %, ein natürlich Wochenend-Domizile in begehrten RE/MAX: Erfolgreichstes Jahr konstantes Angebot +/-0 % und ein Minus Skiregionen bzw. Seeliegenschaften mit schö- seit Bestehen und neue Pläne von -1,9 % beim Preis werden in dieser Ob- nem Ausblick oder gar in der ersten Reihe“, Der RE/MAX-Organisation in Österreich jektkategorie erwartet. meint Nenning. ist es gelungen, das exzellente Ergebnis des Einfamilienhäuser: wie gehabt Vorjahres deutlich zu übertreffen. „Ein Die Wunschimmobilie der Österreiche- Stadt- und Zinshäuser: pessimistischer Umsatzplus von +17 % ist in diesen Zeiten rinnen und Österreicher ist am Stadtrand und Auch die klassischen Anlage-Immobilien nicht selbstverständlich. Das gute Service am Land definitiv das Einfamilienhaus. Die im großen Stil, die Stadt- und Zinshäuser, er- der hervorragend ausgebildeten Netzwerk- Einfamilienhaus-Nachfrage wird mit +1,4 % warten für 2015 keine besonderen High- Partner, die starke Marke und das flächen- weiter gut bleiben und das Angebot leicht lights, sondern ein schwächeres Szenario als deckende Netzwerk sind wohl die Gründe steigen (+1,1 %). Damit sollte der Preis für in den Jahren zuvor: Die Zinshaus-Nachf- für dieses tolle Ergebnis“, freut Bernhard Einfamilienhäuser theoretisch konstant blei- rage wird um -1,0 % und das Angebot um Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX ben oder minimal anziehen, die Erwartungs- -1,6 % nachgeben. Das wird der Zinshaus- Austria, über den Ausbau der Marktführer- haltung der Experten liegt jedoch exakt wie preis mit -1,9 % spüren. Die Preiserwartung schaft in der heimischen Immobilienbran- vor einem Jahr bei einem leichten Preisrück- für Zinshäuser 2015 ist um -1,1 % pessimis- che. gang von -0,4 %. Dazu Nenning: „Der Markt tischer als noch für das Jahr 2014. Für das Jahr 2015 sind die Ziele wieder für Einfamilienhäuser entwickelt sich im ambitioniert: „Neben der Steigerung der Großen und Ganzen konstant, eine gute Gewerbeimmobilien: Marktanteile ist vor allem die Verdichtung Nachfrage von Eigennutzern ist weiterhin gedämpfte Nachfrage des RE/MAX-Netzwerks zum Wohle der gegeben.“ Der Gewerbe-Immobilienmarkt erholt Kunden von großer Bedeutung“, so Rei- sich auch im Jahr 2015 nicht wirklich: Die kersdorfer. Standorte in Linz, Schwaz in Ti- Baugrundstücke: sehr positiv Nachfrage-Erwartungen für Gewerbeimmo- rol, Villach, Graz und in Wien 5, 6, 11 und Baugrundstücke sind eine der wenigen bilien bleiben weiterhin gering: Sie liegen 20 haben soeben eröffnet bzw. werden in den Immobilientypen mit positiver Tendenz: Sie für 2015 noch tiefer als schon für 2014, näm- ersten Monaten des Jahres 2015 eröffnen. „ dürfen 2015 auf eine leichte Verstärkung der lich zwischen -5,4 % und -7,1 %! http://www.remax.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 63 Wirtschaft Urlaub ist und bleibt für Herrn und Frau Österreicher wichtig rotz der trüben wirtschaftlichen Stim- Tmung und der gedämpften Konsumlust planen Herr und Frau Österreicher 2015 in vielen Bereichen des täglichen Lebens höhe- re Ausgaben als im Vorjahr. Das geht aus der alljährlich zum Jahreswechsel veröffentlich- ten Studie des Versicherungsunternehmens Generali Österreich hervor. Die Top-Positio- nen bei den geplanten Mehrausgaben belegen demnach die Bereiche Wohnen mit 19 %, Urlaub mit 18 % und Ernährung bzw. ex æquo Gesundheit mit 17 %. Die größten Ein- sparungsmöglichkeiten sehen die Österrei- cherinnen und Österreicher 2015 bei Mode mit 15 %, beim Urlaub mit 14 % und bei der Sparfreude mit 14 %. Rainer Ribing, Geschäftsführer der Bun- dessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Foto: http://www.bilderbox.com in der Wirtschaftskammer Österreich: „Auch Daß der Wert für Urlaub von 24 auf 18 % es für 2013 22 % (Platz 2) und genau vor wenn die Prozentzahlen von Jahr zu Jahr gesunken ist, ist für Ribing – gerade vor dem einem Jahr 24 % (Platz 1). Jetzt liegt der etwas schwanken, so hält sich der Bereich Hintergrund der wirtschaftlichen Unsicher- Wert wieder bei 18 % und auf Platz 2.“ Um- ,Urlaub‘ konstant unter den Top-3-Nennun- heit – nicht überraschend: „Der längerfristi- gekehrt wollen aktuell 14 % der Österreicher gen bei den geplanten Mehrausgaben für das ge Vergleich der Generali-Studien zeigt im- 2015 für Urlaub weniger ausgeben (Platz 3). jeweils Neue Jahr. Das belegt den unverän- mer wieder geringe Schwankungen bei den Dieser Wert liegt geringer als vergleichs- dert hohen Stellenwert des Urlaubes für Präferenzen: Entfielen auf den Urlaub in der weise für 2014 mit 16 % (Platz 3) oder für Herrn und Frau Österreicher.“ Befragung für 2012 18 % (Platz 2), so waren 2012 mit 17 % (Platz 1). „ Flughafen Wien 2014: Passagierrekord von 22,5 Millionen as Jahr 2014 ist trotz krisen- und streik- AG. Und weiter: „Dennoch sind die Auswir- 680.895 Passagieren, gefolgt von Zürich mit Dbedingter Herausforderungen für den kungen der Krisensituationen in Rußland 476.290 und London mit 461.630 Passagie- Flughafen Wien gut verlaufen. Drei neue und der Ukraine sowie im Nahen und Mitt- ren. In der Region Osteuropa war Moskau Langstrecken, sechs neue Airlines und Er- leren Osten wie auch die streikbedingten Flug- mit 329.513 Passagieren die Destination mit weiterungen bei Frequenzen und Destina- ausfälle und die allgemein verhaltene Kon- dem höchsten Passagieraufkommen vor Bu- tionen brachten einen Passagierzuwachs von junkturlage auch am Flughafen Wien spür- karest mit 201.929 und Sofia mit 162.265 2,2 % auf 22,5 Mio. Passagiere. Nach einem bar. Daher rechnen wir zwar im ersten Quar- Fluggästen. In der Region Naher und Mittle- zu erwartenden Passagierminus im ersten tal 2015 mit einem Passagierrückgang, für rer Osten liegt Dubai mit 232.128 Passa- Quartal des Jahres 2015 erwartet die Flug- das Gesamtjahr 2015 erwarten wir aber eine gieren vor Tel Aviv mit 157.155 und Doha hafen Wien AG für das Gesamtjahr bei an- leicht steigende Passagierentwicklung zwi- mit 48.069 Reisenden. Die meisten Passa- haltend schwierigem Marktumfeld eine Pas- schen 0 und plus 2 %.“ giere auf der Langstrecke konnte Bangkok sagierentwicklung von 0 bis plus 2 %, sowie Der Passagierverkehr nach Nordamerika mit 115.726 Fluggästen verbuchen, gefolgt Steigerungen bei Umsatz, EBITDA und nahm mit 27,8 % Wachstum gegenüber dem von New York mit 86.284 Fluggästen und Nettoergebnis. Vorjahr stark zu, was vor allem auf die neue Tokio mit 73.715 Fluggästen. Streckenaufnahme nach Newark und die Im Ranking der Airlines gemessen am Erfolgreiches Verkehrsjahr 2014 Aufstockung nach Chicago durch Austrian Passagieranteil führt die Austrian Airlines „Neue Airlinekunden und Flugangebote Airlines zurückzuführen ist. Auch nach Group mit 47,7 %, vor NIKI mit 11,0 %, air- für den Standort Wien zu gewinnen ist unser Westeuropa hat sich der Verkehr gut ent- berlin mit 6,2 % und Lufthansa mit 4,8 %. klares strategisches Ziel und hier konnten wickelt, hier stiegen die Passagierzahlen im Unter den Top-Ten-Airlines Wien liegen aus- wir 2014 gemeinsam mit unseren Partnern Jahr 2014 um 3,0 % an. Auch in den Nahen serdem germanwings mit einem Anteil von vor allem auf der Langstrecke und bei neuen und Mittleren Osten verzeichnete der 3,2 % am Gesamtpassagieraufkommen, so- Destinationen gute Erfolge verzeichnen. Flughafen Wien ein Verkehrswachstum von wie Turkish Airlines mit 2,2 %, British Air- Auch bei der Servicequalität wurde viel er- 3,1 %. Nach Osteuropa wirkte sich vor allem ways mit 1,8 %, SWISS mit 1,7 %, Emirates reicht, über 120 Einzelmaßnahmen haben wir die Krisensituation in Rußland und der mit 1,6 % und KLM mit 1,4 % Passagier- bereits umgesetzt und mit dem neu gestalte- Ukraine aus, hier ging das Verkehrsaufkom- anteil. In diesem Ranking verzeichneten die ten Pier West wurde ein neuer Benchmark men um 6,5 % zurück. Fluglinien Vueling, TAP Portugal und Alita- am Flughafen Wien geschaffen“, erläutert Das höchste Passagieraufkommen ver- lia die stärksten Zuwächse. „ Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien zeichnete die Destination Frankfurt mit http://www.viennaairport.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 64 Chronik Mit Kinderbetreuung zufrieden Der Gemeindebund wollte über Zahlengrundlagen hinaus wissen, wie gut oder schlecht die Kinderbetreuungseinrichtungen in der Wahrnehmung der betroffenen Eltern sind – Grundsätzlich gutes Zeugnis für die Arbeit der Gemeinden

ie Kinderbetreuung ist immer wieder Zahlen, Fakten zur Kinder- suchen eine Betreuungseinrichtung, davon Dim Zentrum der Kritik. Bei einer Um- betreuung in Österreich rund 211.000 einen Kindergarten, ca. 28.000 frage wurden nun die Eltern mit Kindern In Österreich gibt es 4999 öffentliche eine Kinderkrippe, 55.000 eine Hortgruppe unter 14 Jahren befragt und stellen der Ar- Kinderbetreuungseinrichtungen. Davon ste- und 39.000 Kinder eine altersgemischte Ein- beit der Gemeinden grundsätzlich ein gutes hen 4934 in Trägerschaft der Gemeinden, 32 richtung. Insgesamt bestehen 17.899 Grup- Zeugnis aus. „Für uns als größte Träger von erhält der Bund, 33 die Bundesländer. Diese pen, der Personalstand liegt bei 53.000 Per- Kinderbetreuungseinrichtungen ist es wich- kommunalen Betreuungseinrichtungen tei- sonen, wenn man private und öffentliche tig, von Zeit zu Zeit zu erheben, ob wir aus len sich in 606 Kinderkrippen, 3375 Kinder- Einrichtungen zusammenzählt. 176.000 Kin- Sicht der Menschen auch die richtigen An- gärten, 620 Horteinrichtungen und 333 al- der werden von den Gemeinden in Kinder- gebote machen“, so Prof. Helmut Mödl- tersgemischte Betreuungseinrichtungen auf. gärten oder Krippen betreut (ohne Wien). hammer, Präsident des Österreichischen Dazu kommen noch 3336 privat geführte Gemeindebunds. „Jede/r Bürgermeister/in Einrichtungen, die von Vereinen, Glaubens- Gemeinden lassen sich kennt zwar die Bedürfnisse in der eigenen gemeinschaften oder Privatpersonen betrie- Kinderbetreuung was kosten Gemeinde sehr genau, ein gesamtösterrei- ben werden. Für diesen Bereich (vorschulische Er- chischer Überblick hat bislang aber gefehlt.“ Die Betreuungsquote bei 0- bis 2jährigen ziehung) wendet eine Gemeinde durch- Die Zahlen wurden nun im Zuge einer Pres- lag 2013 im österreichischen Durchschnitt schnittlich 5.682 Euro pro Kind und Jahr sekonferenz am 14. Jänner in Wien präsen- bei 23 Prozent, bei 3- bis 5jährigen Kindern auf, in Summe also mehr als eine Milliarde tiert. bei 90,9 Prozent. Rund 333.000 Kinder be- Euro (ohne Wien).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 65 Chronik

Große Umfrage im Auftrag Zufriedenheit mit unseren Leistungen ist des Gemeindebundes durchwegs hoch. Dort, wo die öffentliche „Der Gemeindebund wollte über diese Diskussion am lautesten ist – nämlich bei Zahlengrundlagen hinaus wissen, wie gut den Kindergärten – ist die Zufriedenheit am oder schlecht die Kinderbetreuungseinrich- höchsten. Im Bereich der Kleinkind-Betreu- tungen in der Wahrnehmung der betroffenen ung haben wir aber einen Ausbaubedarf, Eltern sind. Wir haben daher gemeinsam mit ebenso wie in der schulischen Nachmittags- Gallup eine repräsentative Befragung durch- betreuung.“ geführt und 1000 Menschen mit Kindern unter 14 Jahren zu verschiedenen Aspekten Die Ergebnisse der der Kinderbetreuung befragt. Für uns als Gallup-Befragung im Detail größte Träger von Kinderbetreuungseinrich- Wenn man jeweils die Werte für „sehr tungen ist es wichtig, von Zeit zu Zeit zu er- zufrieden“ und „zufrieden“ zusammenzählt, heben, ob wir aus Sicht der Menschen auch dann liegt die Zufriedenheit mit den Be- die richtigen Angebote machen“, so Mödl- treuungseinrichtungen für 0- bis 2,5jährige hammer. „Jede/r Bürgermeister/in kennt Foto: Österreichischer Gemeindebund bei 52 Prozent. Mit der Betreuung in Kin- zwar die Bedürfnisse in der eigenen Ge- Prof. Helmut Mödlhammer, Präsident dergärten (2,5 bis 6 Jahre) sind 69 Prozent des Österreichischen Gemeindebundes meinde sehr genau, ein gesamtösterreichi- zufrieden, bei der schulischen Nachmittags- scher Überblick hat bislang aber gefehlt.“ auch immer wieder mit Forderungen diver- betreuung geben 63 Prozent ihre Zu- ser Lobbies nach höheren Ausbildungs- friedenheit zu Protokoll. Zufriedenheit bei Kindergärten graden konfrontiert, jetzt haben wir eine „Für die Kindergärten verzeichnen wir am höchsten empirische Grundlage, die diesen Forde- also sehr, sehr gute Werte. Auch die Qualität „Auf Basis dieser Befragung läßt sich die rungen eine Meinungslage der betroffenen der schulischen Nachmittagsbetreuung ist im Debatte darüber, welche Notwendigkeiten Eltern gegenüber stellt.“ Grunde in Ordnung, wenn man bedenkt, daß im Ausbau bestehen, auch sachlicher füh- Insgesamt, so Mödlhammer, seien die Er- hier noch viel zu tun ist und diese Betreu- ren“, so Mödlhammer. „Wir waren zuletzt ja gebnisse durchwegs sehr erfreulich. „Die ungsform noch nicht in jeder Schule verfüg-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 66 Chronik bar ist.“ Handlungsbedarf sieht Mödlham- daher nicht, daß wir hier den größten Hand- oft nicht geeignet. Zum anderen brauchen mer beim Ausbau der Betreuungseinrichtun- lungsbedarf haben.“ wir hier eine durchdachte Lösung, wie wir gen für Kleinkinder. „Hier haben wir sicher- diese Aufgabe personell lösen. Derzeit wird lich noch Aufholbedarf.“ Interessant ist hier Was ist in der Kinder- das zum Teil von den LehrerInnen gemacht, auch ein Blick auf die Bundesländer, in de- betreuung nun zu tun? zum Teil von Personal, das die Gemeinde nen es zum Teil durchaus merkbare Abwei- Auf Basis der Befragungsergebnisse sieht anstellt. Das ist schwer zu administrieren, chungen gibt. Insgesamt habe sich – wie eine Mödlhammer mehrere Aufgaben, die im ich würde mir hier eine einfachere Lösung weitere Frage zeigt – das Angebot in der Bereich der Kinderbetreuung auf die Ge- wünschen.“ Kinderbetreuung in den letzten Jahren merk- meinden, aber auch auf Bund und Länder bar verbessert, 62 Prozent der befragten El- zukommen. Aus- und Weiterbildung tern sehen das so. „Ich bin sehr dafür, daß wir die Aus- und Ausbau der Kleinkindbetreuung Weiterbildung beim Personal in der Kinder- Wer finanziert Kinderbetreuung? Das muß ein Schwerpunkt in den kom- betreuung weiter forcieren. Ich fände die aka- Eine nur zum Teil realistische Einschät- menden Jahren sein. Die Arbeitsverhältnisse demische Ausbildung für Führungsfunktio- zung besteht bei den Befragten auch darüber, der Menschen verlangen, daß wir in den nen in Kindergartenpädagogik auch sinnvoll, wer denn die Kinderbetreuung in der Haupt- Gemeinden ein Angebot an Betreuung für 0- ich halte nur nichts davon, daß jede Pädago- sache finanziert. 47 Prozent geben die Ge- bis 2,5jährige bereitstellen. Der Ausbau von gin einen Hochschulabschluß haben muß. Die meinden als Hauptfinanzierer an, 26 Prozent Kinderkrippen ist notwendig, daran führt Befragungsergebnisse zeigen sehr deutlich, glauben, daß die Bundesländer den größten sicherlich kein Weg vorbei. Da geht es einer- daß die Menschen mit der Ausbildungsqua- Anteil tragen, immerhin zehn Prozent sind seits um die Schaffung von Räumlichkeiten, lität höchst zufrieden sind. Unsere Ausbil- der Meinung, daß der Bund die Kinder- andererseits natürlich auch ums Personal. dungsstätten haben in jeder Hinsicht das Ni- betreuung finanziert. Beide Aufgaben werden wir allein finanziell veau, das in anderen Ländern als akademi- nicht stemmen können, hier brauchen wird sche Ausbildung gilt. Die weiterführenden Größter Reformbedarf nicht bei Kinder- eine Offensive, die von Bund und Kollegs, die es jetzt schon gibt, oder die er- betreuung, sondern im Schulwesen Bundesländern mitgetragen wird und sie gänzende akademische Ausbildung für Füh- „Sehr interessante, wenn auch für mich auch an der Finanzierung beteiligt.“ rungskräfte sind sicherlich ein guter Weg.“ nicht überraschende, Ergebnisse bringt die Frage, wo die Menschen den größten Re- Neuordnung der Zuständigkeiten Besoldungsreform formbedarf sehen“, berichtet Mödlhammer. Derzeit sind vier Ministerien, neun Bun- „Wir sind auch bereit über eine Reform „55 Prozent sagen: Im Schulwesen muß end- desländer und mehr als 2000 Gemeinden für der Besoldung zu sprechen“, so Mödlham- lich etwas geschehen. Das bestätigt unsere die Organisation der Kinderbetreuung zustän- mer. „Und dabei geht es nicht nur um die Einschätzung, daß die Kinderbetreuung in dig. Im Zuge einer Aufgabenreform sollte KindergartenpädagogInnen, sondern natür- Österreich in wesentlichen Teil gut funktio- man diesen Wirrwarr entflechten und die Zu- lich auch um die Helfer/innen in den niert und auch geschätzt wird. Die Groß- ständigkeit den Gemeinden übertragen. Der Betreuungseinrichtungen. Wir brauchen ein baustelle ist eindeutig der Schulbereich. Bund soll Rahmenrichtlinien über Minimal- zeitgemäßes und faires Besoldungsschema, Auch hier sind wir in den Gemeinden als standards erarbeiten, die den Gemeinden die das den heutigen Arbeitsanforderungen ent- Schulerhalter aller Pflichtschulen sehr an nötige Flexibilität lassen, um für die beste spricht“, so Mödlhammer. Reformen interessiert. Das Bildungswesen Kinderbetreuung zu sorgen. Dabei muß auch Dennoch sieht Mödlhammer klar auf der braucht diesen Reformschub ganz dringend, darauf Rücksicht genommen werden, daß es Hand liegende Notwendigkeiten in der Kin- in vielerlei Hinsicht“, so Mödlhammer. große regionale Unterschiede geben kann. derbetreuung. „Wir haben zum einen die Die Kinderbetreuung in einer Gegend mit Kleinkind-Betreuung weiter auszubauen“, Ausbildung der Kindergartenpäda- hohem Migrantenanteil ist sicherlich anders so der Gemeindebund-Chef. „Die Arbeits- gogInnen entspricht Erwartungen zu organisieren, als in einem Bergdorf. verhältnisse der Menschen verlangen das, Mit der Ausbildung der MitarbeiterInnen daher werden wir das weiterhin forcieren.“ in den Kindergärten sind die Menschen mit Verkleinerung der Gruppen sehr großer Mehrheit zufrieden. 79 Prozent „Die Gruppen sind sicherlich zum Teil Entflechtung der geben hier an, daß sie mit dem Ausbil- immer noch zu groß“, glaubt Mödlhammer. Zuständigkeiten unverzichtbar dungsstand sehr zufrieden sind. Nur zehn „Hier werden wir uns mit Experten zusam- Zum anderen wünscht sich der Ge- Prozent halten eine verpflichtende Akademi- mensetzen und diskutieren, ob Verkleinerun- meindebund-Chef eine Entflechtung der Zu- sierung der KindergärtnerInnen für unbe- gen sinnvoll sind und in welchem Ausmaß.“ ständigkeiten. „Die Gemeinden können die dingt notwendig, weitere 29 Prozent können Kinderbetreuung ausgezeichnet selbst orga- sich das vorstellen. „Das ist für uns ein wich- Ausbau der schulischen nisieren. Der Bund soll einige Rahmenricht- tiges Ergebnis, weil die Lobby jener, die auf Nachmittagsbetreuung linien vorgeben, die den Gemeinden Flexi- diese Akademisierung drängen, zwar nicht „In diesem Bereich ist in den letzten bilität ermöglichen. Den Rest machen wir al- besonders groß, aber in der Öffentlichkeit Jahren am meisten passiert. Der Bedarf leine. Dann würde auch das Hin- und Her- dafür umso lauter ist. Tatsache ist, daß unse- steigt aber immer weiter an. Hier stehen wir schieben der Geldmittel ein Ende haben. Die re Ausbildungsstandards in weiten Teilen je- einerseits vor einem räumlichen Problem, Gemeinden sollen das machen und dafür nen entsprechen, die international als akade- das wir lösen müssen. Ein nicht adaptierter auch direkt das Geld bekommen.“ „ misch gelten“, so Mödlhammer. „Ich glaube Klassenraum ist für Nachmittagsbetreuung http://www.gemeindebund.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 67 Chronik 20. Wiener Eistraum Grenzenloses Vergnügen vom Rathaus bis zum Ring – Romantische Almhütte – Vielfältige regionale und biologische Gastronomie – Wintersport mitten in der Stadt

Die Eröffnung des 20. Wiener Eistraums startete mit einer wunderschönen Show unter dem Motto: »Der Ring, eine Allegorie«. eit mittlerweile 20 Jahren bietet die Stadt Ab 17 Uhr während der Woche verwan- ist seit 20 Jahren ein einzigartiger Event für SWien mit dem Eistraum allen großen und delt sich die Übungsfläche in sechs Eis- die ganze Familie und auch bei unseren Gä- kleinen WienerInnen sowie Gästen der Stadt stockbahnen, wo die BesucherInnen ihr Kön- sten aus dem In- und Ausland ein beliebtes ein Eislauferlebnis der besonderen Art. Im nen beweisen können. „Der Wiener Eistraum Ausflugsziel“, freut sich Stadtrat Christian Laufe der Jahre ist dieses Wintervergnügen zu einem der Aushängeschilder weltweit avanciert. Zahlreiche internationale Medien heben diesen Event der Stadt Wien alljähr- lich als „schönstes Eislauferlebnis“ hervor. Vom 23. Jänner bis 8. März heißt es wieder „Schlittschuhe anschnallen“ und die Stadt Wien freut sich, alle WienerInnen und Gäste aus dem In- und Ausland auf die zauberhaf- te Eislauflandschaft am Rathausplatz einzu- laden. Mit einer Eisfläche von über 7000 m² und einem Traumpfad, der sich rund 750 Meter mit reicher Kurvenvielfalt durch verschiede- ne Wegvarianten schlängelt und einer 450 m² großen Eisfläche, die den kleinen Eisprin-

zessInnen gratis als Übungsfläche – an den Fotos: PID / Jobst Wochenenden ganztags und von Montag bis So zeigte sich der Rathausplatz während der Vorarbeiten zum Wiener Eistraum – Freitag von 9 bis 16 Uhr – dient. ein Blick aus dem 82 Meter hohen, neu errichteten »City Skyliner«.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 68 Chronik

Oxonitsch. „Auch heuer dürfen die Besu- cherInnen wieder auf neue Highlights ge- spannt sein".

Sagenhaftes Eislaufvergnügen inmitten der Stadt Seit schon drei Jahren bei gleichbleiben- den Preisen bietet der Wiener Eistraum 2015 allen großen und kleinen WienerInnen sowie Gästen der Stadt ein Eislauferlebnis der be- sonderen Art. Allein im Vorjahr genossen über 650.000 BesucherInnen die winterliche Schlittschuhfahrt auf der über 7000 m² gros- sen Eisfläche vor der Kulisse des Wiener Rathauses. Auch für 2015 wurde die Strek- kenführung des Traumpfades wieder leicht adaptiert, um den BesucherInnen Vielfalt und Abwechslung zu bieten. Die beliebte Brücke

über den Traumpfad bietet Gelegenheit, dem Foto: PID / Jobst bunten Treiben von oben zuzusehen, ent- Ausschnitt aus der beeindruckenden Eröffnungsshow »Der Ring, eine Allegorie«. spannte Pausen einzulegen und das einzigar- Unter der Regie von Christian Weißkircher wurde eine Geschichte über die Wiener tige Ambiente zu genießen, denn die farben- Ringstraße, deren 150. Jubiläum wir in diesem Jahr feiern, auf der märchenhaft beleuchteten Eisfläche dargeboten. reiche LED-Beleuchtung taucht den gesam- ten Wiener Eistraum in eine unglaublich gemütliche und warme Atmosphäre und mich freuen, wenn möglichst viele Schulen romantische Winterlandschaft. erwartet die Gäste mit bester Stimmung und dieses Angebot annehmen“, so Oxonitsch. tollem Sound. Für das leibliche Wohl ist Bester Service im Eis-Eldorado selbstverständlich auch gesorgt, die heimi- Eisstockschießen inmitten Nicht benützte Gebrauchsgegenstände sche Kulinarik gepaart mit internationalen des Rathausparks oder Kleidungsstücke können in einem der Speisen und einer reichhaltigen Getränkekar- Das Eisstockschießen ist trotz jahrhun- rd. 600 Schließfächern deponiert werden te lassen keine Wünsche offen. Durch das dertealter Tradition eine beliebte und moder- und wer den Eistraum ohne adäquate Aus- große Panoramafenster kann man die Schlitt- ne Sportart , was der Wiener Eistraum immer rüstung besucht, kann sich aus 1800 Paar mit schuhläuferInnen auf der Eisfläche bewun- wieder beweist. Von Montag- bis Freitag- Warmluft vorgewärmte Schlittschuhe in den dern. abend zwischen 17:00 und 22:00 Uhr ver- Größen 23 bis 52 ausleihen. Den kleinen wandelt sich die 450 m² große Gratis-Eis- Gästen stehen neben rund 300 kostenlosen Kinder und Schulen werden fläche für AnfängerInnen in sechs Eisstock- Schutzhelmen auch verstellbare Doppelku- ganz groß geschrieben bahnen. Hier wird um jeden einzelnen Punkt fen in den Größen 21-25 gratis zur Ver- Wie schon Beginn des Eistraums sind eisern gekämpft. EisstockschützInnen sind fügung. auch 2015 im Namen der Stadt Wien und auch dieses Jahr wieder eingeladen, ihr Kön- Auf der 450 m² Übungsfläche können Stadtrat Christian Oxonitsch alle Wiener nen unter Beweis zu stellen und um den Sieg sich die kleinen AnfängerInnen wieder gratis Kindergärten, Horte und alle Schulen in Be- zu kämpfen. So wie auch schon im vergan- an einem der beliebten Eislaufhilfen, dem gleitung von Betreuungspersonen (Tages- genen Jahr befinden sich die Bahnen im lau- „Pinguin“, festhalten und so lernen, bald si- mütter mit Ausweis) herzlich zum kostenlo- schigen und stimmungsvollen Ambiente des cher über das Eis zu gleiten. Rund 50 Mit- sen Eislaufen beim Wiener Eistraum einge- Rathausparkes – mit Blick auf das Wiener arbeiterInnen kümmern sich täglich um den laden. Alle Kinder und Jugendliche können Rathaus. Reservierungen der Bahnen sind reibungslosen Ablauf, die Sicherheit und das im Klassenverband das Angebot wahrneh- online möglich; die Zahlung erfolgt per Wohl der Gäste. men – auch SchülerInnen aus dem Sekun- Handy und Kreditkarte. Auch heuer wird die bereits erfolgser- därbereich. Diese „Schulaktion“ gilt jeweils „In Wien können wir stolz auf so einzig- probte Radio Wien Disko wieder für beste an Schultagen von Montag bis Freitag von artige und international renommierte Veran- Stimmung sorgen und den „richtigen Ton“ 9:00 bis 16:00 Uhr. Eine gesonderte Anmel- staltung wie den Wiener Eistraum sein“, so am Eis angeben. Eröffnet wurde das Eislauf- dung ist nicht erforderlich. Die für das Oxonitsch. „Er stellt nunmehr seit 20 Jahren Event am 22. Jänner um 19:00 Uhr. Am Er- Betreten der Eisfläche erforderlichen Tickets einen jährlichen Fixpunkt im Wiener Veran- öffnungsabend waren alle Gäste zum Gratis- erhalten die Gäste direkt und ohne Voran- staltungskalender dar. Ein großer Erfolg, der Eislaufen auf den Wiener Rathausplatz ein- meldung bei der Kassa nach Ausfüllen einer auf ständiger Innovation basiert, denn nicht geladen. Empfangsbestätigung. Im Rahmen dieser nur die Größe der Eisfläche hat sich seit Schulaktion besteht zudem die Möglichkeit, 1996 beinahe vervierfacht, auch Technik, Uriges Ambiente in Schlittschuhe zu einem ermäßigten Preis von Komfort, Service und gastronomisches An- der gemütlichen Almhütte drei Euro pro Paar auszuleihen. „Sport und gebot werden stets erweitert und an neueste Die schon seit Jahren beliebte Almhütte Bewegung an der frischen Luft sind auch in Standards angepaßt.“ „ bietet auch in diesem Jahr wieder eine urige, der kalten Jahreszeit wichtig und ich würde http://www.wienereistraum.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 69 Gastronomie & Kulinarisches Transatlantische Weinverbindung Weingut Esterházy-Geschäftsführer Stefan Tscheppe zeigt beim AmCham Talk Parallelen zwischen den Weinmärkten auf. Herkunft ist wesentlicher Qualitätsfaktor auf Exportmärkten. ie Landschaft, Menschen, Qualität, DKultur und der Lifestyle prägen die Ex- portstrategie kalifornischer und österreichi- scher Boutique Weingüter“, faßt Weingut Esterházy-Geschäftfsührer Stefan Tscheppe am Freitag zusammen. Beim AmCham Talk der American Chamber of Commerce zeigte er im Hilton Plaza Parallelen zwi- schen den Märkten auf und erklärt Chancen für Exporterfolge. Mit 6000 Weingütern im Vergleich zu 3400 im Sunshine State verfügt Österreich über eine kleinteilige Struktur, wobei sich auch hierzulande eine Konsoli- dierung am Weinmarkt abzeichnet, die von großen Herstellern getrieben wird und für Boutique Weingüter Chancen bietet. „Die Herkunft ist der entscheidende Faktor und Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung“, be- tonte Tscheppe. Qualitätsweine profitieren auf beiden Seiten des Atlantiks von der zu- Andrea Fennesz-Berka, Regional Marketing-Spezialistin der Amerikanischen nehmenden Bedeutung im modernen Life- Botschaft in Wien, und Weingut Esterházy-Geschäftsführer Stefan Tscheppe style und erfreuen sich auch in den Hei- zum wirtschaftlichen Erfolg führt“, spricht Deutschland und Schweiz sind die USA da- matmärkten großer Beliebtheit: 76 Prozent Tscheppe abschließend aus langjähriger mit der drittwichtigste Exportmarkt für edle der heimischen Weinproduktion werden in Erfahrung, davon acht Jahre in den USA. Tropfen aus Österreich. 2012 konnten in den Österreich konsumiert, während 61 Prozent Vereinigten Staaten erstmals wieder die der kalifornischen Weine in den USA getrun- Jede zehnte Weinflasche aus Umsatzniveaus der Jahre vor der Wirt- ken werden. Österreich überquert den Atalantik schaftskrise von 2008/2009 erreicht werden. Über zehn Prozent des österreichischen Das österreichische Exportvolumen beläuft Export-Chancen und Weinexports gehen zu einem Durchschnitts- sich auf 131 Millionen US Dollar, während Herausforderungen preis von vier Euro pro Liter in die Vereinig- Weinexporte aus Kalifornien einen Umsatz Boutique Wineries sind auf internationa- ten Staaten. Nach den Nachbarländern von 1,14 Milliarden Euro generieren. len Vertriebsmärkten mit einer Konsolidie- rung auf marktdominierende Händler wie Über AmCham Sams Club, Hawesko oder Costco konfron- AmCham Austria setzt sich für den Aus- tiert. Zudem verlange der Markt laufend nach bau und die Verstärkung der Handels- und Innovationen und aufwendiger Betreuung Wirtschaftsbeziehungen zwischen Öster- alternativer Vertriebswege, die Tscheppe als reich und den USA ein und spielt dabei eine große Herausforderung für kleinere Herstel- Doppelrolle. Zum einen übernimmt AmCham ler sieht. Große Chancen ortet er insbeson- Austria die Aufgaben einer aktiven Interes- dere aufgrund der hohen internationalen sensvertretung von US-Unternehmen mit Wertschätzung für Qualitätsweine aus Öster- Niederlassungen in Österreich sowie öster- reich und Kalifornien in den Nischenmärk- reichischen Unternehmen mit wirtschaft- ten, wo sich das Qualitätsbewußtsein weiter lichen Geschäftsbeziehungen und Interessen entwickelt. Signifikant sei die hohe Bindung in den USA. Zum anderen fördert die Kam- der Konsumenten sowohl in der Alpenrepu- mer neue Geschäftsverbindungen amerika- blik als auch in Kalifornien an die handeln- nischer Unternehmen in Österreich und um- den Menschen in den Weingütern: „Persön- gekehrt. liche Weiterempfehlung ist das wichtigste Fotos: AmCham http://www.amcham.at Marketingtool im Qualitätssegment, das Esterhazy Weine http://esterhazy.at/de/weingut/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 70 Personalia Kammerschauspielerin Regina Fritsch Der Burgschauspielerin wurde der Berufstitel »Kammer- schauspielerin« und der Alma-Seidler-Ring verliehen

Die Ehrung fand im Anschluß an die Festaufführung von Raimunds »Der Alpenkönig und der Menschenfeind« im Burgtheater statt.

s ist mir eine große Ehre und Freude, Ihre bisherige Bühnenbilanz umfaßt rund ERegina Fritsch die Urkunde zur Verlei- 70 verschiedene Rollen, darunter die Sonja hung des Titels ,Kammerschauspielerin‘ in „Onkel Wanja“ von Anton Tschechow, die überreichen zu dürfen. Sie hat in ihrer lang- Salome Pockerl in Johann Nestroys „Der jährigen Zugehörigkeit zum Ensemble des Talisman“ und die Genia in Arthur Wiener Burgtheaters eine außerordentlich Schnitzlers „Das weite Land“ – alle unter hohe künstlerische Leistung bewiesen“, sag- der Regie von Achim Benning; die Solveig te Kulturminister Josef Ostermayer am Abend in Ibsens „Peer Gynt“, inszeniert von Claus des 16. Jänner anläßlich der Verleihung des Peymann, die junge Frau im „Reigen“ von Berufstitels an die österreichische Burg- Schnitzler, inszeniert von Sven-Eric schauspielerin Regina Fritsch. Die Ehrung Bechtolf, oder die Valerie in „Geschichten fand im Anschluß an die Festaufführung aus dem Wiener Wald“ von Ödön von Hor- „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ váth, inszeniert von Stefan Bachmann. von Ferdinand Raimund im Burgtheater statt, Neben ihrem Theaterengagement ist Regina in welcher Fritsch als Rappelkopfs Frau Fritsch auch für Film und Fernsehen tätig. Sophie auf der Bühne stand. Schon 1992 wurde die Burgschauspie-

Im Rahmen des Festaktes erhielt Regina Fotos: BKA / Georg Stefanik lerin mit dem O.E.-Hasse-Preis ausgezeich- Fritsch zudem den „Alma-Seidler-Ring“ Kammerschauspielerin Regina Fritsch net, 2007 erhielt sie den Nestroy-Theater- überreicht, der 1978 von der österreichi- erhält die Urkunde aus den Händen preis für die Beste Nebenrolle, 2008 den Ne- von Kulturminister Josef Ostermayer. schen Bundesregierung als weibliches Ge- stroy-Theaterpreis als Beste Schauspielerin. genstück zum Iffland-Rind gestiftet wurde als die ihr nachfolgende Ringträgerin ver- Darüber hinaus erhielt Regina Fritsch den und „die bedeutendste und würdigste Büh- fügt. Fernando-Rey-Preis als Beste europäische nenkünstlerin des deutschsprachigen Thea- Regina Fritsch wurde 1964 in Holla- Darstellerin im Film „Schlafes Bruder“ beim ters“ auf Lebenszeit auszeichnet. brunn, Niederösterreich, geboren. Nach ihrer Filmfestival San Sebastiàn sowie den Preis Die im November 2014 verstorbene Ausbildung an der Schauspielschule Krauss als Beste Schauspielerin in „God Save Ame- Kammerschauspielerin Annemarie Dürin- in Wien wurde sie 1985 von Direktor Achim rica“ beim Theaterfestival Sterijino Pozorje ger, Doyenne und Ehrenmitglied des Burg- Benning ans Burgtheater engagiert, dem sie in Novi Sad. Im Jahr 2009 wurde sie mit dem theaters, hatte testamentarisch Regina Fritsch seither angehört. Wiener Schauspielerring ausgezeichnet. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 71 Personalia LH Pröll zum Ableben von Vinzenz Höfinger inzenz Höfinger gehörte jener Aufbau- immer auch konsensorientiert und zielge- Vgeneration an, die Niederösterreich zu richtet“, betonte Pröll: „Er war ein aufrechter dem gemacht hat, was es heute ist. Seine Ge- Kämpfer unserer Gesinnungsgemeinschaft neration hat nach den schrecklichen Ereig- auf der Basis seiner christlich-sozialen Über- nissen des Zweiten Weltkrieges jene Grund- zeugung.“ Höfinger habe sich durch seine lagen geschaffen, auf denen wir heute weiter- Authentizität und Unverwechselbarkeit, aber bauen dürfen. Der Name Vinzenz Höfinger auch durch seine Offenheit und seinen Hu- steht für ein arbeitsreiches und engagiertes mor ausgezeichnet. „Unsere tiefe Anteil- Leben im Dienste der niederösterreichischen nahme gilt seiner Gattin und der gesamten Wirtschaft und das Landes Niederöster- Familie", betont der Landeshauptmann. reich“, sagte Landeshauptmann Erwin Pröll Der am 6. November 1928 in St. Pölten am 20. Jänner zum Ableben seines langjähri- geborene Vinzenz Höfinger war zwischen gen Regierungskollegen, des ehemaligen 1980 und 1986 Präsident der Niederöster- Wirtschaftslandesrates und Präsidenten der Foto: VPNÖ reichischen Handelskammer. Von 1990 bis Vinzenz Höfinger Niederösterreichischen Handelskammer, Vin- (* 6. 11. 1928, † 20. 10. 2015 1995 war er Vizepräsident der Niederöster- zenz Höfinger. reichischen Handelskammer. „Höfinger startete den Aufbau des Win- Gewerbes und legte den Grundstein für eine 1975 wurde er Abgeordneter zum NÖ tersports in Niederösterreich zu einem erfol- moderne niederösterreichische Wirtschafts- Landtag, dem er bis 1988 angehörte. Von greichen Tourismuszweig durch Ausbau der agentur, aus der sich die heutige ecoplus ent- 1986 bis 1992 war er als Wirtschaftslandes- Liftanlagen v. a. am Semmering, er setzte Li- wickelte“, so Pröll. rat in der Niederösterreichischen Landesre- beralisierungsakzente im Bereich des NÖ „Er war ein harter Verhandler, aber dabei gierung tätig. „ Wegbereiter sozialer Nachhaltigkeit im geförderten Wohnbau rchitekt Harry Glück, der Doyen des Asozialen Wohnbaus in Wien, beging am 20. Februar seinen 90. Geburtstag. Stadt- planer Reinhard Seiß hat aus diesem Anlaß das Buch „Harry Glück. Wohnbauten“ her- ausgegeben. Am 21. Jänner fand die Präsen- tation des Buchs im Wien Museum statt. Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig würdigte dabei Harry Glück als Wegbereiter der sozialen Nachhaltigkeit im geförderten Wohnbau der Stadt. „Architekt Harry Glück nahm bereits heutige Zielsetzungen des sozialen Wohn- baus vorweg. Charakteristisch für seine Bauten sind durchdachte Grundrisse, vielfäl- tige Gemeinschaftseinrichtungen, die das Miteinander fördern, sowie Freiraumbezug mit großzügigen Balkonen und Terrassen. Im geförderten Wohnbau realisieren wir nicht nur Wohnungen sondern Gemeinschaf- ten und Lebensumfelder von Menschen. Foto: PID / Schaub-Walzer Harry Glück ist ein hervorragender Planer, Harry Glück (l.) mit Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei der Präsentation des ihm und seinem Werk gewidmeten Buches »Harry Glück. Wohnbauten« der den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Mit seinem wohl be- dem Terrassenhochhaus verbunden mit dem für die BewohnerInnen ab. Die Terrassen- kanntesten Projekt, dem Wohnpark Alt-Er- Konzept des „gestapelten Einfamilienhauses hochhäuser werden von ihren BewohnerIn- laa, stellt er unter Beweis, daß menschenge- und großzügigen privaten Freibereichen nen in Hinblick auf Lebensqualität, Sicher- rechter Wohnbau mit höchster Lebensqua- (Balkone und Loggien). Typisch für heit und Nutzungsvielfalt nach wie vor mit lität und Wohnzufriedenheit auch im großen Glück’sche Planungen sind Schwimmbäder Höchstnoten bewertet. Harry Glück studier- Maßstab möglich ist“, hielt Ludwig fest. am Dach. Diese sollen die „bandbildende te Architektur an der Technischen Universi- Glück setzte Wohnbauten mit rd. 18.000 Funktion“ einnehmen, wie es früher der Ki- tät Wien und machte das Doktorat an der Wohnungen um, davon ca. 16.000 in Wien. rchenplatz oder das Wirtshaus getan haben. Universität Innsbruck. Darüberhinaus war er Der Wohnpark Alt-Erlaa bietet allein etwa Vielfältige Gemeinschaftsräume und ein zwölf Jahre als Bühnenbildner tätig. „ 3100 Wohnungen. Die Typologie entspricht mitgeplanter Kaufpark runden das Angebot http://www.architekt-glueck.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 72 Wissenschaft & Technik Extreme Himmelsobjekte in Nachbargalaxie entdeckt In der Fachzeitschrift »Science« berichtet das internationale Forscherteam – unter ihnen Innsbrucker Astroteilchenphysiker um Olaf Reimer – über die erstmalige Entdeckung solcher extremen Objekte in einer anderen Galaxie als unserer Milchstraße. (2001), optical (B-band): G. Bothun Foto l.: H.E.S.S. Collaboration, optical: SkyView, A. Mellinger; re: R. Kennicutt, J.E. Gaustad et al. Im Bild links ist die Milchstraße und rechts die Große Magellansche Wolke mit den von H.E.S.S. entdeckten Gammastrahlenquellen zu sehen.

ie Große Magellansche Wolke ist eine Die sogenannte Superblase 30 Dor C ist DZwerggalaxie in nächster Nachbar- das größte bekannte, Röntgenstrahlen emit- schaft zur Milchstraße, in ungefähr 170.000 tierende Objekt dieser Art. Da Superblasen Lichtjahren Entfernung von der Erde. Dort als mögliche Quellen der galaktischen kos- werden in sehr rascher Folge neue, masserei- mischen Strahlung, alternativ oder ergän- che Sterne gebildet, Supernovae treten im zend zu einzelnen Supernovae-Überresten, Vergleich zur Milchstraße fünfmal so häufig diskutiert werden, bekräftigen die aktuellen auf. Die H.E.S.S.-Forscher haben daher viel Ergebnisse eine derartige Verbindung. „Eine Zeit in die Suche nach den sehr energierei- Superblase stellt eine neue Quellklasse für chen Gammastrahlen aus dieser Himmels- die Astrophysik bei höchsten Energien dar“, region investiert. Das größte Sternenentste- bestätigt OIaf Reimer vom Institut für Astro- hungsgebiet in der Großen Magellanschen und Teilchenphysik der Universität Inns- Wolke, der Tarantel-Nebel, wurde insgesamt bruck. 210 Stunden lang beobachtet. Zum ersten Der Pulsarwind-Nebel N 157B, den das Mal gelang es dabei, Objekte bei höchsten H.E.S.S. Teleskop in der Großen Magellan- Energien in einer unserer Nachbargalaxien schen Wolke ebenfalls nachweisen konnte, zu finden: einen extrem hellen Pulsarwind- ist in vielerlei Hinsicht dem bekannten

Nebel, den hellen Überrest ein Supernova Foto: Universität Innsbruck Krebsnebel in unserer Milchstraße sehr ähn- und eine sogenannte Superblase. Univ.-Prof. Olaf Reimer lich, leuchtet allerdings um eine Größen-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 73 Wissenschaft & Technik ordnung heller als dieser. Gründe dafür sind wohl das vergleichsweise niedrigere Ma- Laserpuls wird ganz von gnetfeld und das intensive Sternenlicht aus benachbarten Sternentstehungsgebieten. Der Supernova-Überrest N 132D hinge- selbst kürzer und intensiver gen ist den Radio- und Infrarotastronomen Eine neue Technologie ermöglicht es, auf einfache bereits gut bekannt. Allerdings sendet er trotz seines Alters zwischen 2500 und 6000 und billige Weise Infrarot-Laserpulse zu erzeugen. Jahren immer noch sehr energiereiche Strah- lung aus. Während Modelle für alte Super- ei einem Marathonlauf startet jeder un- Ziel an. Der resultierende Lichtpuls ist nicht nova-Überreste eigentlich keine Teilchenbe- Bgefähr zur selben Zeit ungefähr am sel- nur kurz, sondern auch extrem intensiv: Er schleunigung in den Energiebereich der ben Ort. Doch wer schneller läuft wird sich erreicht eine Leistung von einem Gigawatt. H.E.S.S. Teleskope mehr erwarten lassen, ist im Lauf der Zeit vom Rest absetzen und am Die Nanostruktur in der Faser heißt N 132 D heller als die stärksten Supernova- Ende gibt es eine sehr breite Verteilung von „Kagome“ – ein japanisches Wort für ein Überreste in unserer eigenen Galaxie. „Die- Läufern auf einem langen Abschnitt der Stras- Korbgeflecht. Diese spezielle Struktur, die ser Befund bestätigt Indizien aus früheren se. Etwas Ähnliches passiert, wenn man einen eine ungestörte Transmission der extrem kur- H.E.S.S.-Beobachtungen in unserer Milch- Lichtpuls durch ein Medium schickt. Der Puls zen Pulse erlaubt, wurde von der Forschungs- straße, nachdem Supernova-Überreste offen- ist eine Kombination aus unterschiedlichen gruppe von Frederic Gerome in Limoges bar Teilchen über längere Zeiträume als bis- Farben (bzw. unterschiedlichen Wellenläng- (Frankreich) entwickelt und hergestellt. her erwartet zu höchsten Energien beschleu- en), und wenn sie durch ein Medium wie Seit Jahren werden extrem kurze Laser- nigen können“, sagt Olaf Reimer. Glas geschickt werden, bewegen sie sich mit pulse verwendet, um den Geheimnissen der Die Entfernung zu den Objekten in der geringfügig unterschiedlichen Geschwindig- Quanten-Welt auf die Spur zu kommen. Sie Großen Magellanschen Wolke stellt jedoch keiten fort. Das führt zu einem Dispersions- können Elektronen aus ihren Atomen her- eine außerordentliche experimentelle Heraus- Effekt: Der Puls wird immer länger. ausreissen, Elektronen beschleunigen oder forderung dar: Nur durch lange Beobach- Doch es gibt Möglichkeiten, diesen Ef- die Dynamik chemischer Reaktionen abbil- tungszeiten und die Entwicklung neuer, fort- fekt umzukehren: Man kann ein optisches den. Bis heute benötigte man aber sehr kom- geschrittener Methoden für die Analyse des Medium auch nutzen, um den Puls kürzer zu plizierte Versuchsaufbauten um solche Fem- Cherenkov-Lichts waren die Entdeckungen machen. Ein Forschungsteam der TU Wien tosekunden-Laser zu erzeugen. „Normaler- an der Empfindlichkeitsschwelle des hat nun einen Weg gefunden, aus einem sehr weise müssen die unterschiedlichen Wel- H.E.S.S. Experiments schließlich möglich. intensiven Laserpuls mit einer Dauer von 80 lenlängen des Pulses mit einem aufwändigen Überraschend ist auch ein weiteres Er- Femtosekunden einen Puls von bloß 4.5 Fem- Spiegelsystem manipuliert werden, um den gebnis dieser Beobachtungen: Der Super- tosekunden zu machen – einfach indem man Puls zu komprimieren“, sagt Tadas Balciu- nova-Überrest SN 1987A, Relikt der in der ihn durch eine speziell konstruierte hohle nas. „Unser einfaches Tischgerät soll es nun Großen Magellanschen Wolke vor knapp 28 Faser schickt. Diese Technologie ist kom- Forschungslabors auf der ganzen Welt viel Jahren stattgefunden Supernova, ist im Gam- pakter, einfacher und billiger als die Verfahr- einfacher und billiger machen, Femtosekun- malicht noch immer nicht sichtbar. „Hier en, die man dafür bisher verwendet hat. Pu- den-Infrarotpulse herzustellen.“ sind die Modelle wohl zu optimistisch, aber bliziert wurde die neue Methode nun im wir werden mit den H.E.S.S.-Teleskopen Journal „Nature Communications“. Neues Werkzeug für neue Forschung weiter nach Signalen von SN 1987A suchen“ In der neuen Publikation konnte das Team sagt Olaf Reimer. Hohle Faser, gefüllt mit Gas bereits zeigen, daß der Laserpuls für höchst Sehr energiereiche Gammastrahlen ent- Der Infrarot-Laserpuls wird durch eine komplexe Experimente bestens geeignet ist: stammen natürlichen kosmischen Teilchen- hohle Faser geschickt, die mit Gas gefüllt ist. Er wurde auf ein Xenon-Gas-Target abgefeu- beschleunigern wie Neutronensternen und „Die nichtlineare Wechselwirkung zwischen ert, sodaß die Xenon-Atome ionisiert wurden. deren Teilchenwinden, Supernovae und akti- dem Licht und den Gasatomen bewirkt, daß Abhängig von der genauen Form des Pulses ven Galaxienkernen. Die H.E.S.S.-Tele- unterschiedliche Wellenlängen mit unter- können die Elektronen, die den Xenon-Ato- skope beobachten schwache bläuliche und schiedlicher Geschwindigkeit unterwegs men entrissen werden, in unterschiedliche extrem kurze Lichtblitze – sogenanntes Che- sind“, sagt Tadas Balciunas von der TU Wien. Richtungen geschickt werden. „Es ist ein ul- renkov-Licht. Es entstammt Teilchenschau- Die Komponenten mit größerer Wellenlänge traschneller Elektronen-Schalter“, erklärt ern, die entstehen, wenn kosmische Teilchen sind schneller als die kurzen Wellenlängen. Tadas Balciunas. in der Erdatmosphäre mit Luftmolekülen kol- Innerhalb der Glasfaser allerdings befindet Das Photonik-Team der TU Wien plant, lidieren. Die Teleskope werden seit 2002 von sich eine komplexe Nanostruktur, die kurze diese Technologie für viele weitere Experi- einem internationalen Konsortium in Nami- Wellenlängen schneller vorankommen läßt mente zu nutzen und geht davon aus, daß bia betrieben. Vor sechs Jahren wurde Öster- als längere. auch viele andere Forschungsgruppen die reich mit Unterstützung des BMWFW Kol- „Die Kombination dieser beiden einander neue Idee aufgreifen werden. „Ein Femtose- laborationspartner. Im Herbst 2012 wurde widersprechenden Effekte führt dazu, daß kunden-Lasersystem, das billig, klein und das nunmehr fünfte und zugleich größte der Laserpuls komprimiert wird“, sagt Tadas einfach zu benutzen ist, könnte der ultra- Teleskop eingeweiht und in den Beob- Balciunas. Es ist als würde man eine lange schnellen Laserforschung einen Auftrieb achtungsbetrieb einbezogen. „ Reihe von Marathonläufern starten lassen, und geben“, sagt Tadas Balciunas. „ http://www.mpi-hd.mpg.de/HESS/ am Ende kommen sie alle gleichzeitig am http://www.photonik.tuwien.ac.at/DE/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 74 Wissenschaft & Technik Aufschluß zur Entstehung chemischer Elemente Kosmischer Staub am Grund des Pazifischen Ozeans hat zu überraschenden Erkenntnissen über Supernovae – das sind massereiche explodierende Sterne außerhalb unseres Sonnensystems – geführt. osmischer Staub am Grund des Pazifi- Kschen Ozeans hat zu überraschenden Erkenntnissen über Supernovae – das sind massereiche explodierende Sterne außerhalb unseres Sonnensystems – geführt. Ein Team von ForscherInnen der Universität Wien, der ANU (Australian National University) in Canberra, der TU München und der Hebrew University Israel hat nun mit Hilfe der Be- schleunigeranlage VERA (Vienna Environ- mental Research Accelerator) der Univer- sität Wien einen wichtigen Baustein für das Verständnis der Elemententstehung geliefert. Die Ergebnisse sind jüngst im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ erschienen. Am Ende der Lebenszeit eines großen Sterns steht die Supernova. Bei diesem Pro- zeß zerstört sich der Stern selbst und leuch- tet dabei kurzzeitig so hell wie eine ganze Galaxie, erzeugt aber auch die schwereren chemischen Elemente wie Silber, Zinn, oder Iod. „Winzige Überbleibsel von diesen ent- fernten Explosionen werden von der Erde auf ihrem Weg durch die Milchstraße einge- fangen“, erklärt Anton Wallner, der die Messungen an der Fakultät für Physik der © J. Hester and A. Loll, Arizona State University Universität Wien geleitet hat und jetzt als Die Fotocollage illustriert, wie kosmischer Staub aus Supernova-Explosionen auf Gruppenleiter an der australischen National- die Erde gelangt ist. Der Krebsnebel ist ein Supernova-Überrest aus dem Jahr universität in Canberra forscht. Ein interna- 1054 A.D. in 6300 Lichtjahren Entfernung, aufgenommen mit dem Hubble Space tionales ForscherInnenteam hat nun ebensol- Telescope. Die Erde eine Aufnahme der Apollo 17 Crew. Die Originalbilder sind NASA and ESA-Aufnahmen. chen interstellaren Staub analysiert und dabei einen wichtigen Baustein für das Ver- kosmischen Zeitskalen ziemlich häufig. geranlange Vienna Environmental Research ständnis der Elemententstehung entdeckt. Supernova-Explosionen produzieren bei- Accelerator – kurz VERA genannt – gelang spielsweise auch Blei, Gold und Queck- es, die wenigen Plutoniumatome mit einer Auf der Suche nach silber. Diese Elemente sind auf der Erde Sensitivität nachzuweisen, die etwa ein Salz- schweren Elementen jedoch reichlich vorhanden und eignen sich korn aus der Wassermenge von 20 Boden- „Wir haben galaktischen Staub unter- daher nicht als Erkennungszeichen für kos- seen herausfiltern könnte“, erklärt Peter sucht, der sich während der letzten 25 Mil- mischen Staub. Steier, Isotopenforscher an der Universität lionen Jahre am Meeresboden abgesetzt hat. Wien, die sprichwörtliche Suche im Heu- Überraschend war, daß wir von besonders Isotopenforschung der Universität haufen. VERA ist eine der weltweit sensitiv- schweren und seltenen Elementen wie zum Wien: Plutonium-244 nachgewiesen sten Anlagen um winzigste Spuren von sel- Beispiel Plutonium viel weniger fanden, als Die ForscherInnen untersuchten Tiefsee- tenen Elementen in unserer Umwelt nachzu- wir erwartet haben“, erklärt Wallner. Diese sedimente, darunter auch eine 10 cm dicke weisen. Ergebnisse widersprechen Theorien, daß Eisen-Mangan-Kruste aus 5000 m Tiefe. diese schweren Elemente am Ende ihres Diese über 25 Millionen Jahre alten Ablage- Kosmische Uhr als natürliches Archiv Sternenzyklus in Supernova-Explosionen rungen enthielten neben Spurenelementen Die ForscherInnen suchten nach Spuren gebildet und dann im interstellaren Raum aus dem Ozean auch interstellare Partikel. von Plutonium-244, ein radioaktives Isotop, verteilt werden. Solche Explosionen sind auf „Mittels Messungen an unserer Beschleuni- das nicht natürlich auf der Erde vorkommt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 75 Wissenschaft & Technik

Plutonium-244 zerfällt mit einer Halb- wertszeit von 81 Millionen Jahren. Es kann daher als kosmische Uhr über ihren radioak- tiven Zerfall betrachtet werden und eignet sich als sensitiver Zeitmarker explosiver Elemententstehung. „Plutonium-244, das zu der Zeit existierte, als sich die Erde und unser Sonnensystem vor über vier Milliar- den Jahren bildeten, ist in der langen Zeit seither zerfallen“, erläutert Kernphysiker Wallner. Findet man es trotzdem, so muß es aus kosmischen Explosionen jüngerer Zeit stammen, genauer aus den letzten paar hun- dert Millionen Jahren. Anschließend muß es dann in die Tiefseesedimente eingelagert worden sein, die als „natürliche Archive“ dienen.

Seltene kosmische Foto: Universität Wien Explosionen als Lösung? Anton Wallner leitete die Messungen am Teilchenbeschleuniger VERA der Universität Wien und forscht jetzt als Gruppenleiter an der australischen Nationaluniversität. „Es scheint also, daß zumindest während der letzten paar hundert Millionen Jahre die waltige Detonation ebenfalls alle schweren aufgrund ihrer deutlich längeren Halbwerts- schwersten Elemente in der Tat nicht in ,nor- Elemente im beobachteten Ausmaß produ- zeit immer noch, daher muß eine derartige, malen‘ Supernovae gebildet wurden“, erklärt zieren. offenbar sehr seltene, Explosion zeitnah zur Wallner. Die Ergebnisse favorisieren nun Schwere Elemente, wie Plutonium-244, Entstehung des Sonnensystems stattgefun- sehr seltene kosmische Explosionen, mögli- waren bei der Bildung des Sonnensystems den haben. Natürliche radioaktive Elemente cherweise die Verschmelzung von zwei Neu- vorhanden. Dies konnte durch stabile Xenon- wie Uran und Thorium erzeugen einen Groß- tronensternen, als Entstehungsort des chemi- Isotope, die bei der Spontanspaltung von Plu- teil der Wärme im Erdinneren. Diese ist ein schen Elements. Diese, obwohl hundert- bis tonium-244 entstehen, in Meteoriten nachge- wesentlicher Antrieb für Vulkanismus und tausendmal seltener, können durch ihre ge- wiesen werden. Thorium und Uran gibt es die Bewegung der Kontinente. „ Foto: Universität Wien Der Teilchenbeschleuniger VERA an der Fakultät für Physik ist eine der weltweit sensitivsten Anlagen, um winzigste Spuren von seltenen Elementen in unserer Umwelt nachzuweisen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 76 Wissenschaft & Technik Verbesserte Schnittstelle für Quanten-Internet Ein Quantennetzwerk benötigt effiziente Schnittstellen, über die Information von Materie auf Licht und umgekehrt übertragen werden kann.

ie dieser Informationstransfer unter WAusnutzung eines kollektiven Quan- tenphänomens optimiert werden kann, zei- gen Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt und Tracy Northup nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters. Seit einigen Jahren sind Quantencompu- ter keine reine Theorie mehr. Im Labor ha- ben Forscher die ersten Bausteine eines zu- künftigen Quantenrechners bereits realisiert und erfolgreich getestet. Über ein Dutzend unterschiedliche Technologien kommen da- bei zum Einsatz. Der am weitesten fortge- schrittene Ansatz sind Ionenfallen, in denen einzelne geladene Atome mit Hilfe von La- sern sehr gut kontrolliert werden können. Diese Idee wurde von Ignacio Cirac und Pe- ter Zoller entwickelt und von einem Team um den Innsbrucker Experimentalphysiker Rainer Blatt federführend in die Realität um- gesetzt. Die Gruppe am Institut für Experimen-

talphysik der Universität Innsbruck hat 2013 Foto: Uni Innsbruck auch erstmals die Quanteninformation eines Zwischen zwei stark reflektierenden Spiegeln werden zwei Teilchen positioniert in einer Ionenfalle gespeicherten Atoms und mit einem Laser verschränkt. Mit einem weiteren Laser wird die Quanten- gezielt auf ein Photon übertragen und damit information in die Ionen eingeschrieben und auf das Photon übertragen. den Grundbaustein für eine Schnittstelle der Erstautor der aktuellen Arbeit. Um die stände sind interessant, weil die Quantenin- zwischen Quantenprozessoren und Lichtlei- Eignung für die Quanteninformationsverar- formation dadurch für den Resonator un- tern geschaffen. Nun haben die Physiker um beitung zu demonstrieren, schreiben die For- sichtbar wird und so geschützt werden Blatt dieses Interface noch einmal verbes- scher einen Quantenzustand in die ver- kann“, sagt Tracy Northup. Damit ist es so- sert, indem sie sogenannte superradiante schränkten Teilchen ein und übertragen die- gar denkbar, durch ein Hin- und Herschalten Zustände ausnutzen. sen auf das Photon. Aufgrund der superradi- zwischen sub- und superradianten Zuständen anten Wechselwirkung wird das Photon fast die Quanteninformation in den Teilchen ge- Zuverlässige Schnittstelle doppelt so rasch erzeugt wie im früheren Ex- zielt abzufragen. In einem zukünftigen Quan- „Will man ein Quantennetzwerk mit ge- periment. „Durch die Ausnutzung der Su- tencomputer könnten so adressierbare Lese- fangenen Ionen realisieren, benötigt man ein perradianz wird der Informationstransfer und Schreib-Operationen an einem Quanten- effizientes Interface, über das die Quanten- von den Teilchen auf das Photon wesentlich register realisiert werden. information von Teilchen auf Photonen zuverlässiger“, freut sich Casabone über das Unterstützt werden die Physikerinnen übertragen werden kann“, erklärt Projekt- gelungene Experiment. Damit verringern und Physiker der Universität Innsbruck und leiterin Tracy Northup aus dem Team von sich auch die technischen Voraussetzungen des Instituts für Quantenoptik und Quanten- Rainer Blatt. „In unserer Schnittstelle posi- für den Bau solcher Schnittstellen. information der Österreichischen Akademie tionieren wir zwei Ionen zwischen zwei stark der Wissenschaften bei ihren Forschungen reflektierenden Spiegeln. Dann verschrän- Schreib-Lese-Einheit zu einer Quanten-Schnittstelle vom österrei- ken wir die Teilchen und koppeln sie beide für Quantenspeicher chischen Wissenschaftsfonds FWF, der euro- an den optischen Resonator.“ Die kollektive In ihrem Experiment konnten die Inns- päischen Union und der Tiroler Industrie. „ Wechselwirkung zwischen den Teilchen und brucker Physiker über die Wechselwirkung http://www.uibk.ac.at dem Resonator kann nun so eingestellt wer- zwischen den Teilchen und dem optischen Publikation: Enhanced quantum interface with col- den, da0 die Erzeugung von Photonen ver- Resonator auch subradiante Zustände erzeu- lective ion-cavity coupling. B. Casabone, K. Friebe, B. Brändstatter, K. Schüppert, R. Blatt, and T. E. stärkt wird. „Diesen Zustand nennt man su- gen. Dabei wird die Emission von Photonen Northup. Phys. Rev. Lett. 114, 023602 perradiant“, erläutert Bernardo Casabone, unterdrückt statt verstärkt. „Auch diese Zu- DOI: 10.1103/PhysRevLett.114.023602

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 77 Wissenschaft & Technik Supermikroskop ermöglicht Ein- blick in Energiehaushalt der Zelle Mit technischen Tricks lassen sich an der TU Wien Details im Inneren von Zellen beobachten, die der Lichtmikroskopie lange Zeit unzugänglich waren.

bjekte, die kleiner sind als die Wellen- Olänge des Lichts, kann man mit Licht- mikroskopen nicht sehen – zumindest dach- te man das lange. Mittlerweile wurden aber besondere Tricks entwickelt, um diese Regel zu umgehen. An der TU Wien gelang es mit Hilfe eines Superauflösungs-Mikroskops, die Anordnung von Proteinen mit einer Ge- nauigkeit im Bereich von etwa 30 Nano- metern zu untersuchen. Gemeinsam mit der Universität für Veterinärmedizin in Wien konnten damit wichtige Details über das Arbeitsweise von Mitochondrien entschlüs- selt werden, die in unseren Zellen für die nötige Energie sorgen.

Viele Lichtpunkte ergeben ein Bild „Proteine lassen sich mit fluoreszieren- den Molekülen spezifisch markieren. Mit Hilfe von Laserlicht kann man sie dann zum Leuchten bringen“, erklärt Prof. Gerhard Schütz vom Institut für angewandte Physik der TU Wien. Würden alle Proteine gleich- zeitig fluoreszieren, würden sich die jeweili- gen Flecken überlagern und ein verschwom- menes, undeutliches Bild ergeben.

Der Trick besteht nun darin, daß die Farb- © TU Wien) stoffmoleküle zwischen zwei Zuständen hin Die Grundidee: Wenn viele einzelne Punkte gleichzeitig leuchten (oben) dann ist und her wechseln: Meistens befinden sie sich bloß eine diffuse Wolke zu erkennen (oben rechts). Blitzen die einzelnen Punkte im Dunkelzustand, doch manchmal wech- aber nacheinander auf (unten), dann kann man jeweils den Mittelpunkt berech- nen und alle Punkte sauber abbilden (unten rechts). seln sie ganz zufällig in einen aktiven Zu- stand und fluoreszieren. Nimmt man nun metern – obwohl das verwendete Licht eine Membran findet ein ganz wichtiger Prozeß Bilder einer winzigen biologischen Struktur Wellenlänge von etwa 500-700 Nanometern der zellulären Energiegewinnung statt, die auf, so sieht man auf jedem Foto bloß ein- aufweist. sogenannte Atmungskette“, erklärt Gerhard zelne helle Flecken – die meisten Moleküle Mit diesem Trick untersuchte das Team Schütz. „Dabei transportieren mehrere Pro- senden gerade kein Licht aus. In einem Film von Gerhard Schütz an der TU Wien gemein- teinkomplexe Protonen über die Innenmem- hingegen sieht man die einzelnen Moleküle sam mit der Forschungsgruppe von Prof. bran und bauen damit eine elektrische Span- nacheinander aufleuchten und wieder ver- Elena Pohl (Veterinärmedizinische Universi- nung auf. Diese elektrische Spannung nut- schwinden. Man kann also mit der Zeit alle tät Wien) die Proteinverteilung in Mito- zen bestimmte Proteine, um ATP zu erzeu- markierten Proteine getrennt voneinander chondrien. Mitochondrien sind für jede Zelle gen.“ Allerdings haben die ATP-erzeugen- beobachten. lebenswichtig. Sie sorgen dafür, daß Adeno- den Proteine dabei einige Gegenspieler: Un- Jedes fluoreszierende Protein wird als sintriphosphat (ATP) hergestellt wird – der coupling Proteine können durch durch eine heller Fleck sichtbar. Am Computer kann man universelle Energieträger in unseren Zellen. Art Kurzschluß die elektrischen Ladungs- das genaue Zentrum dieses Flecks ermitteln unterschiede ausgleichen. und daraus sehr exakt den Aufenthaltsort des Konkurrenz um Energie Nach so einem Kurzschluß kann die jeweiligen Proteins bestimmen. Aus tausen- Das Mitochondrium hat eine glatte Aus- Energie, die in der elektrischen Ladungsver- den Bildern wird dann die Gesamtstruktur senmembran, unter der sich eine schlingen- teilung gespeichert war, nicht mehr zur zusammengesetzt, und so entsteht ein Bild mit artig aufgefächerte Innenmembran verbirgt. Produktion von ATP verwendet werden. Statt- einer Auflösung von ungefähr 30 Nano- „An den Einstülpungen der verschlungenen dessen entsteht Wärme. Auch dieser Effekt

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 78 Wissenschaft & Technik Das Gehirn denkt, das Rückenmark lenkt MedUni Wien-Forscherteam identifiziert wichtige Kontrollmechanismen für das Gehen – Multizentrale, internationale Kooperation

as menschliche Rückenmark kann nach det auch nach Verlust der Steuerung durch Dkompletter Querschnittslähmung durch das Gehirn noch motorische Signale aus, die elektrische Impulse eines implantierten Sti- in Lauf- und Flügelbewegungen umgesetzt mulators Aktivitäten in der Beinmuskulatur werden. auslösen. Das wurde bereits in früheren Ar- beiten in Wien gezeigt. Nun ist es einem jun- Neue Möglichkeiten in der Rehabilitation gen Team von ForscherInnen am Zentrum nach Querschnittslähmung für Medizinische Physik und Biomedizini- Die neuen Erkenntnisse zu diesen Grund- sche Technik der MedUni Wien im Rahmen mustern für das Auslösen und die Koordina- einer internationalen Kooperation gelungen, tion von Muskelbewegungen in den Beinen jene Kontrollmechanismen zu identifizieren, sollen auch in neue Rehabilitationsansätze Foto: TU WIen über die das Rückenmark diese Muskelakti- einfließen, die darauf abzielen, jene Nerven- Prof. Gerhard Schütz mit Laser- Strahlengang und Mikroskop vitäten steuert. Das funktioniert auch, wenn verbände, die nach einem Unfall und folgen- durch eine Querschnittslähmung die vom der Querschnittslähmung noch funktionieren, hat eine wichtige biologische Funktion: Zum Gehirn ausgehenden Leitungsbahnen eigent- weiterhin über elektrische Stimulation nutz- Beispiel bei Tieren, die Winterschlaf halten, lich unterbrochen sind. Damit wurde welt- bar zu machen. Das eröffnet künftig vor al- kann dadurch die zelluläre Wärmeproduk- weit erstmals entschlüsselt, welche Aktivie- lem neue Möglichkeiten in der Therapie von tion reguliert werden. rungsmuster auf Rückenmarksebene dem querschnittgelähmten Menschen, etwa um „Wir haben uns die Frage gestellt, wie die Gehen zugrunde liegen. verlorene rhythmische Bewegungsmöglich- Balance zwischen diesen beiden Effekten – Menschen mit Querschnittslähmung be- keiten wenigstens teilweise zu reaktivieren. der ATP-Produktion und der Wärmeerzeu- sitzen im Rückenmark unterhalb der Ver- Wie die Nervenverbände dafür exakt sti- gung – überhaupt funktionieren kann“, sagt letzung noch immer Nervenverbände (soge- muliert werden müssen, hängt auch vom in- Gerhard Schütz. „Über die Details dieser nannte Lokomotionszentren), die rhythmi- dividuellen Verletzungsprofil ab und ist Ge- Abläufe wußte man bisher recht wenig.“ sche Bewegungen in den Beinen auslösen genstand weiterer Studien. Dazu haben die Die Supermikroskopie allerdings konnte können. „Mittels statistischer Verfahren konn- WissenschafterInnen der MedUni Wien auch nun endlich Licht in diese Angelegenheit ten wir eine kleine Zahl von Grundmustern eine nicht-invasive Methode zur Stimulation bringen: Man fand heraus, daß beide Pro- identifizieren, die bewegungsbezogenen Mus- des Rückenmarks entwickelt, die weltweit teine (die ATP-erzeugende Synthase und das kelaktivitäten in den Beinen zugrunde liegen einzigartig ist und über an der Haut ange- Kurzschluß-verursachende UCP4) an unter- und die eine periodische Aktivierung bzw. brachten Oberflächenelektroden funktio- schiedlichen Stellen im Mitochondrium ak- Inaktivierung der Muskeln steuern, wodurch niert. „Diese Methode erlaubt einen verein- tiv sind. Im Inneren der Schlingen der zyklische Bewegungen wie beim Gehen er- fachten Zugang zu den Nervenverbänden im Mitochondrien-Wand entsteht ATP, weiter folgen. Ähnlich einem Baukastensystem Rückenmark unterhalb einer Querschnittver- außen ist UCP4 aktiv. So läßt sich nun ver- kombiniert das Nervennetzwerk im Rücken- letzung und kann somit ohne besondere me- stehen, warum die Konkurrenz der beiden mark diese Grundmuster flexibel je nach dizinische Risiken und Belastungen Quer- Effekte für unsere Zellen kein Problem ist. Bewegungsanforderung“, erklärt Studienau- schnittsgelähmten zur Verfügung gestellt „Noch gibt es hier viel zu forschen. Wir tor Simon Danner vom Zentrum für Medizi- werden“, so Karen Minassian, Seniorautor können noch nicht genau sagen, wozu das nische Physik und Biomedizinische Technik der aktuellen Veröffentlichung. Mitochondrium UPC4 an der Membran be- der MedUni Wien. Die Ergebnisse wurden nötigt“, sagt Gerhard Schütz. „Eine mögli- nun im Top-Journal „Brain“ veröffentlicht. Multizentrale, internationale che Erklärung wäre, daß es Protonen davon Das Gehirn bzw. der Hirnstamm fungiert Kooperation abhält, aus dem Mitochondrium auszutreten zwar als Kommandozentrale, aber Nerven- Die vorliegende Publikation ist aus einer und andere Teile der Zelle zu schädigen.“ netzwerke im Rückenmark generieren die Kooperation der Medizinischen Universität Solchen Fragen will das Forschungsteam mit komplexen motorischen Erregungsmuster Wien, des Otto-Wagner-Spitals, der Techni- Hilfe der Supermikroskopie noch weiter selbst. Diese Lokomotionszentren gibt es in schen Universität Wien und des Baylor Col- nachgehen. „ den meisten Wirbeltieren. Ein bekanntes Bei- lege of Medicine, Houston, TX entstanden Die wissenschaftliche Publikation ist am spiel dafür, daß das Rückenmark auch noch und wird vom Wiener Wissenschafts-, For- 22.12.2014 im Journal PNAS (Proceedings Signale aussendet, wenn das Gehirn nicht schungs- und Technologiefonds WWTF und of the National Academy of Sciences of the mehr beteiligt ist, ist das im Hof herumlau- von der „Wings for Life – Stiftung für Rük- United States of America.) erschienen. fende, kopflose Huhn. Das Rückenmark sen- kenmarksforschung“ finanziell unterstützt. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 79 Wissenschaft & Technik Gründungsakt des Kepler Universitätsklinikums in Linz Landeshauptmann Pühringer: Meilenstein für die medizinische Infrastruktur, medizinische Ausbildung und Versorgung in Oberösterreich Foto: Land OÖ / Grilnberger v.l. BM Klaus Luger, Geschäftsführung des Kepler Universitätsklinikums Elgin Drda und Heinz Brock mit LH Josef Pühringer m 20. Jänner fand im Steinernen Saal Klinische Altersforschung sowie Versor- Oö. KAG 1997 auch der Forschung und Ades Linzer Landhauses um 16 Uhr der gungsforschung bieten eine große Chance Lehre im klinischen Bereich dient und als feierliche Gründungsakt für das Kepler Uni- und eine wertvolle Ergänzung zu den bereits Universitätsklinikum für die Medizinische versitätsklinikum statt. „Mit der Gründung bestehenden Studienangeboten. Darüber hin- Fakultät an der Johannes Kepler Universität des Kepler Universitätsklinikums setzen wir aus unterstreicht das Kepler Universitätskli- Linz fungiert, …“ einen weiteren wesentlichen Meilenstein für nikum mit seinem zukünftigen Campus am Die Genehmigung der Gesellschaftsgrün- die medizinische Infrastruktur, medizinische Areal des Linzer AKh die wirtschaftliche Be- dung und die dazu erforderlichen Organ- Ausbildung und Versorgung in Oberöster- deutung von Linz.“ bestellungen durch den Gemeinderat der reich“, betonte Landeshauptmann Josef Püh- Stadt Linz und den Aufsichtsrat der OÖ Lan- ringer. Die Kepler Universitätsklinikum GmbH desholding GmbH erfolgten bereits am 20. „Aus einer Bündelung der Kompetenzen Die Medizinische Fakultät an der Johan- November bzw. 15. Dezember 2014. der Landesfrauen- und Kinderklinik, der nes Kepler Universität ist ein Meilenstein für Gesellschafter der Kepler Universitätskli- Landesnervenklinik Wagner Jauregg und des Oberösterreich. Als weiterer Schritt der Um- nikum GmbH sind das Land Oberösterreich AKh Linz entsteht in unserem Bundesland setzung wurde nach intensiver Vorbereitung im Wege der OÖ Landesholding GmbH ein neues Zentrum für Spitzenmedizin. Das wenige Tage zuvor, am 16. Jänner, die Kepler (74,9 %) und die Stadt Linz (25,1 %). Mit neue Zentrum für Spitzenmedizin wird das Universitätsklinikum GmbH offiziell ge- 1. Jänner 2016 werden das Allgemeine Kran- zweitgrößte Krankenhaus der Republik sein gründet. Im Rahmen eines Notariatsakts wur- kenhaus der Stadt Linz (AKh Linz), die und bedeutet den größten Veränderungspro- de der Gesellschaftsvertrag unterzeichnet Landes-Frauen- und Kinderklinik (LFKK) zeß in der österreichischen Spitalsland- und in weiterer Folge nach Bestellung der und die Landesnervenklinik Wagner Jauregg schaft. Im Mittelpunkt steht dabei ein Mit- Geschäftsführung und der Entsendung der (LNK WJ) in die neue Trägergesellschaft einander von Forschung und Lehre auf höch- Mitglieder des Aufsichtsrates der Antrag auf eingebracht und wird damit das Kepler Uni- stem Niveau, sowie kompetenter und wert- Eintragung in das Firmenbuch gestellt. versitätsklinikum geschaffen. schätzender Betreuung und Begleitung von Gegenstand und Zweck des Unterneh- Mit der Gründung der Kepler Universi- Patientinnen und Patienten. mens sind: „Die Errichtung und der Betrieb tätsklinikum GmbH entspricht das Land Für den Linzer Bürgermeister Klaus Lu- einer aus dem Allgemeinen Krankenhaus der Oberösterreich gegenüber dem Bund ge- ger „bereichert die Kepler Universitätsklinik Stadt Linz, der Landes-Frauen- und Kinder- meinsam mit der Stadt Linz der in der Art. den Bildungsstandort Linz. Als Ergänzung klinik sowie der Landes-Nervenklinik Wag- 15a B-VG-Vereinbarung enthaltenen Ver- zu den bereits bestehenden Universitäten ner-Jauregg bestehenden einheitlichen Kran- pflichtung, ein eigenes Universitätskranken- und Fachhochschulen in der Landeshaupt- kenanstalt mit deren wesentlichen Tätigkei- haus für die Funktionen der Lehre und der stadt schließt sie eine wesentliche Lücke im ten und deren Mittelpunkt in Linz, die neben Forschung im Rahmen der Medizinischen Bildungsbereich. Die neuen Schwerpunkte dem zentralen Versorgungsauftrag nach dem Fakultät Linz zur Verfügung zu stellen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 80 Kultur Degas, Cézanne, Seurat Das Archiv der Träume aus dem Musée d‘Orsay – von 30. Jänner bis 3. Mai 2015 in der Albertina © Musee d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Herve Lewandowski Edgar Degas, Nach dem Bad (Frau, sich den Nacken trocknend), 1885 - 1886

ür wenige Wochen ermöglicht die Alber- Delikate Pastelle von Edgar Degas, Geor- ten: Honoré Daumier verzerrt gesellschaftli- Ftina ihren BesucherInnen den Blick in ges Seurat und Odilon Redon, malerische che Konflikte der Zeit in den Gerichtssälen ein Traumarchiv: Vom 30. Jänner bis zum 3. Gouachen von Honoré Daumier und Gusta- ins Karikaturhafte während Gustave Courbet Mai 2015 öffnet das Musée d’Orsay seine ve Moreau, feine Aquarelle von Paul Cézan- und Ernest Meissonier Barrikadenkämpfe Tresore und verleiht die grafischen Kostbar- ne sowie Arbeiten von in ihrer Zeit hoch und bedeutende politische Wendepunkte auf keiten seiner Sammlung erstmalig an ein geschätzten Salonkünstlern bilden ein weites Skizzenblättern dokumentieren. Giovanni Museum außerhalb Frankreichs. 130 Werke Panorama französischer Zeichenkunst ab: Segantini und Jean-François Millet hingegen sind in der großen Schau französischer Der politisch orientierte Realismus ist mit hüllen monumental anmutende Bauern und Kunst des 19.Jahrhunderts zu sehen. seinen prominentesten Protagonisten vertre- Fischer in mystisches Licht, frieren die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 81 Kultur © Musée d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Hervé Lewandowski Jean-François Millet, Erntearbeiter bei der Rast oder Rut und Boas, Skizze zum gleichnamigen Gemälde, 1850-1853 © Musée d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Tony Querrec Paul Cézanne, Der Gipsofen, 1890-1894, Grafit und Aquarell

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 82 Kultur

Posen der Arbeiter ein und ästhetisieren so ihre repetitiven Gesten. Diese sozial motivierten Werke finden ihren Platz neben Arbeiten des malerischen Impressionismus und bilden einen provo- kanten Kontrast zu den sonnendurchfluteten Landschaften aus dem Süden Frankreichs von Paul Cézanne und den leichten, atmo- sphärischen Markt-Darstellungen von Eugè- ne Boudin. Beide Künstler setzen auf die Leuchtkraft des hellen Papiers, das sie stel- lenweise durchscheinen lassen und bauen ihre Motive mit versierter Leichtigkeit durch nahezu geometrische Flächen auf. Licht spielt auch bei Edgar Degas eine tragende Rolle: aus verborgenem Winkel betrachtete Tänzerinnen werden von ihm bei privaten Übungen und in intimen Szenen dargestellt. Degas widmet sich, wie Aristide Maillol, ebenso dem klassischen Genre des Aktes, ergänzt ihn mit scheinbar profanen Tätigkei- ten des Alltags und entwickelt so eine moderne Venus bzw. Göttin. Alexandre Cabanel und Pierre-Auguste Renoir zeigen, daß die 2. Hälfte des 19. Jahr- hunderts trotz aller modernen Bestrebungen auch an den Traditionen der academie franç- aise festhielt: Cabanel’s „Geburt der Venus“ zelebriert das klassische Schönheitsideal so- wie die Regeln und den Geschmack des Salons und repräsentiert den Höhepunkt des Klassizismus nach Ingres oder Raffael. Die Meisterwerke von Edward Burne-Jones, Jean Léon Gérome und Frantisek Kupka haben narrative Züge und setzen literarische Figuren in Szene. Ihnen gegenüber stehen Zeichnungen, die als Buchillustrationen ge- schaffen wurden. Dazu gehören Jean-Paul Laurens‘ Grisaillen zu Goethes „Faust“, ein Entwurf des Präraffaeliten William Holman Hunt zu John Keats‘ „Basilikumtopf“ und schließlich Maurice Denis‘ Zeichnungen zu den „Fioretti“ des heiligen Franz von Assisi. Odilon Redon schafft geheimnisvolle, rätselhafte Darstellungen, indem er die Technik der Kohlezeichnung belebt: Seine „Noirs“ setzen eine suggestive, spirituelle Welt in Szene und gesellen sich so zu den nicht minder dunklen, aber pointillistischen Kreidezeichnungen von Georges Seurat. Seine mit schwarzer Conté-Kreide geschaf- fenen Zeichnungen werden nicht durch Linien definiert, sondern durch den Kontrast zwischen den subtilen Nuancen des schwar- zen Zeichenmittels und der Weiße des Pa- piers. So entstehen diesige und geheimnis- volle Silhuetten. Felicien Rops und Gustave

Moreau lassen in die Abgründe der mensch- © Musée d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Thierry Le Mage lichen Seele blicken: Ihre Werke zeigen Gustave Moreau, Ödipus und die Sphinx, 1882

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Monster und Chimären, erfinden Salomé, Medea und Medusa neu und illustrieren so- mit die Vorstellungen, die um die femme fatale der Jahrhundertwende kreisen. Durch das scheinbar undurchschaubare Labyrinth von Stilen, Themen und Motiven, die im 19. Jahrhundert neben einander herr- schen, führt der ehemalige Direktor des Musée National d’Art Moderne im Centre Pompidou, Werner Spies. Er hat die Schau für die Albertina zusammengestellt. In dem die Ausstellung begleitenden Katalog widmen ihm zahlreiche Künstler, Schriftsteller, Filmemacher und Architekten persönliche Beiträge und Interpretationen zu einzelnen in der Schau vertretenen Arbeiten, um damit ihre freundschaftliche Verbunden- heit mit dem geschätzten Kurator auszu- drücken. „ Degas, Cézanne, Seurat © Musée d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Martine Beek-Coppola von 30. Jänner bis 3. Mai 2015 Paul Cézanne, Stillleben mit Granatäpfeln, Karaffe, Zuckerdose, Flasche und http://www.albertina.at Wassermelone, 1896-1906 © Musée d´Orsay, Paris, Dist. RMN-Grand Palais, Adrien Didierjean Edgar Degas, Spanische Tänzerin und Beinstudien, Vorstudie für das Pastell Tanzende mit Tamburin, um 1882, Kreide u. Pastell

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 84 Kultur MAK zeigt EOOS Erste große Werkschau des österreichischen Designstudios im MAK – von 28. Januar bis 17. Mai 2015 © HGEsch EOOS, adidas Originals Store New York, 2002

nter dem Titel „EOOS“ zeigt das MAK Wien kennenlernten, lautete ihr erklärtes „Wie eine Rockband arbeiten“ wollten die U– Österreichisches Museum für ange- Ziel, nicht Starkarrieren wie etwa jener von drei Designer, deren Interaktion zum Dy- wandte Kunst / Gegenwartskunst – anläßlich Philippe Starck nachzueifern, sondern krea- namo für ein erfolgreiches Langzeitprojekt des 20jährigen Bestehens die erste große tive Synergien gezielt als Trio zu nutzen. wurde. EOOS steht für Design jenseits belie- Werkschau des gleichnamigen österreichi- schen Designstudios und gibt Einblick in dessen poetisch-analytischen Entwurfspro- zeß. Das von EOOS im Jahr 2014 gestaltete MAK Design Labor bildet den Rahmen für einen Ausstellungsparcours, der die viel- schichtige Entwurfspraxis der Studiogründer Martin Bergmann, Gernot Bohmann und Ha- rald Gruendl veranschaulicht. Interventionen in allen Laborbereichen und zahlreiche Produkt- und Raumentwürfe spüren ihrer konsequent reduzierten, zwischen Archaik und Hightech verorteten Designsprache nach. Als sich Bergmann (geb. 1963, Lienz/ Osttirol), Bohmann (geb. 1968, Krieg- lach/Steiermark) und Gruendl (geb. 1967,

Wien) im Jahr 1988 beim Studium an der Foto: Udo Titz heutigen Universität für angewandte Kunst EOOS (v.l.): Martin Bergmann, Harald Gruendl und Gernot Bohmann, 2014

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 85 Kultur Foto: Paul Prader MAK-Ausstellungsansicht, 2015: EOOS, MAK Design Labor, Entwurfsprozeß für Bürostuhl Sguig für Keilhauser, 2006 biger Massenware oder modischen Luxus- Vielzahl technischer Patente, die verdeut- ergonomische, materialtechnologische und guts, für Objekte und Konzepte, angereichert lichen, daß sich das Studio nicht mit Stan- formalästhetische Feinschliff. mit genuinen Werten. KonsumentInnen wer- dardlösungen zufrieden gibt. „Zwischen ver- Patent und Poesie verbindet etwa das im den als autarke Wesen verstanden, die ihre brennen und verloren gehen spielt sich alles Auftrag des italienischen Design-Fabrikan- Umwelt auch im Zeitalter der Digitalen Mo- ab“, beschreiben sie ihr Entwurfspathos, das ten und Weinliebhabers Alberto Alessi ent- derne unbewußt nach archaischen Mustern teilweise langjährige Kunden wie Alessi, worfene asymmetrische Universal-Weinglas nutzen. Armani, adidas, bulthaup, Dedon, Duravit, „Alberto’s Vineyard“ (2009), aus dem sich Ihr 1995 gegründetes Studio nannten Lamy, Hermann Miller, Keilhauer, Walter rote und weiße Weinsorten unter Berück- Bergmann, Bohmann und Gruendl bewußt Knoll oder Zumtobel schätzen. sichtigung unterschiedlicher geschmackli- EOOS, nach einem der Zugpferde des in Für EOOS ist die „Poetische Analyse“ cher Entfaltungen gleichermaßen trinken Ovids poetischem Meisterwerk „Metamor- das Originäre an ihrem Designansatz, wor- lassen. phosen“ am Firmament rasenden Sonnen- unter sie keine Ideologie verstehen, sondern „EOOS in dem von ihm gestalteten MAK wagens. EOOS zählt mit über 130 interna- ein Werkzeug für den Entwurf. „Rituale, in- Design Labor zu präsentieren, ist nahelie- tionalen Designpreisen, darunter der renom- tuitive Bilder und Geschichten dienen als gend: Der Ausstellungsort ist damit Display mierte Industrie-Designpreis Compasso Ausgangspunkt oder Referenz für unsere und Exponat in einem. Zudem lässt sich das d’Oro für das mit Matteo Grassi entwickelte Arbeits- und Denkweise“, so EOOS. Der auf von EOOS intendierte Konzept eines dyna- Sitzsystem „Kube“ (2004), zu den weltweit jeden Auftrag abgestimmte theoretisch- mischen Präsentationsorts nochmals testen“, erfolgreichsten Designstudios. Besonderen philosophische Diskurs ist ihnen im Design- beschreibt Thomas Geisler, Ausstellungsku- Wert legen die Designer von EOOS auf eine prozess ebenso wichtig wie der funktional- rator und Kustode der MAK-Sammlung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 86 Kultur

Design, eine der Grundideen zur Ausstel- lung. EOOS positioniert in allen zwölf Bereichen des MAK Design Labor EOOS- Projekte oder Statements, vom autarken, für die Bill & Melinda Gates Foundation ge- meinsam mit dem Schweizer Institut für Wasser- und Gewässerforschung Eawag ent- wickelten Toilettensystem „Blue Diversion Toilet“ (seit 2011) über Shop-Gestaltungen etwa für adidas oder Armani bis hin zum Lippenstift-Set "Bite" (2011). Einige Objekte, darunter die auf das Wesentliche reduzierte und in Teilen ausge- stellte Werkstattküche „b2“ (2008) für bul- thaup, sind bereits Teil der Präsentation im MAK Design Labor und werden in Zusam- menarbeit mit der Grafikerin Maria-Anna Friedl als markierter Parcours für die Aus- stellung kontextualisiert. Der zentrale vor- malige „Hoffmann Geometrisch“-Raum er- oben und unten: MAK-Ausstellungsansicht, 2015: EOOS, MAK Design Labor hält den neuen Titel „EOOS transformiert“ und zeigt ein langsames, mechanisch anmu- tendes Ballett von Möbeln. Das Sofa „Threesixty“ (2008) für Walter Knoll oder die Duschkabine „Open Space“ (2011) für Duravit bespielen den Raum als Akteure in Bewegung und veranschaulichen in unge- wöhnlicher Weise die für EOOS essenzielle Auffassung von Design als transformieren- der Kraft, sowohl räumlich als auch in der Subjekt-Objekt-Beziehung. Im ebenfalls neubetitelten Raum „Ent- werfen“ (ehemals „Dekorieren“) legen Skiz- zen, Fotografien, Funktionsmodelle und Prototypen, darunter der auf aktives Sitzen ausgelegte Drehstuhl „Sguig“ (2006) für den kanadischen Büromöbelhersteller Keilhauer, beispielhaft den oftmals langwierigen Ent- wicklungsprozeß offen. Dieser Ausstel- lungsteil ermöglicht einen Einblick in die Fotos: MAK/Georg Mayer „Poetische Analyse“ von EOOS sowie die EOOS-Erstlingswerks, des „Breakfast Ser- abstrahierten, meterlangen Arbeitstisch von verschiedenen Arbeitsschritte im Designpro- vice“ (1995), das die Künstlerin für ihre Helmut Lang nach. zeß, wie das Überarbeiten, das Modellieren, große Personale „LIQUID LOGIC. The Die Ausstellung EOOS wird im ersten das Entwickeln von Techniken und Patenten Height of Knowlegde and the Speed of Monat von einem gemeinsam mit EOOS oder das aktionistische Erfassen von Dingen. Thought“ (MAK-Ausstellungshalle, 6. De- kuratierten Programm im MAK FORUM Unter dem Gesichtspunkt des interdiszi- zember 2006 bis 1. April 2007) fotografierte, begleitet, das Referenzpersonen und Wegbe- plinären Austauschs mit anderen Kunstspar- ist ebenfalls Teil der Ausstellung. gleiterInnen der Studiogeschichte zu Wort ten, einer weiteren Maxime von EOOS, wid- Neu für „EOOS“ entstand eine Fotoarbeit kommen läßt. Das Setting bildet die Rekon- met sich eine Intervention der Ausstellung von Elfie Semotan, die EOOS in ihrem Stu- struktion einer Installation, die einem Wahr- „EOOS“ der langjährigen Zusammenarbeit dio in der Zelinkagasse (Wien 1) besuchte. nehmungsspiel in puncto Maßstab nachemp- mit dem Studio grafisches Büro – Günter Das EOOS-Büro befindet sich in jenen funden ist und ursprünglich für die Ausstel- Eder, Roman Breier, Marcel Neundörfer. Mit Räumlichkeiten, in denen bereits Helmut lung „eins zu zwei – zwei zu eins“ (2013) im den Grafikdesignern wurden zahlreiche Lang und auch COOP HIMMELB(L)AU aut.architektur und tirol, Innsbruck, entstan- gemeinsame Projekte bestritten, darunter das Weltruhm erlangten. Helmut Langs Archiv den ist. visionäre Shop-Design der „A1 Lounge“ zu seiner Arbeit als Modeschöpfer wurde im Anläßlich der Ausstellung EOOS er- (2004-2008) in der Mariahilfer Straße in MAK Design Labor öffentlich zugänglich scheint im Frühjahr 2015 die erste Mono- Wien. Auch die reduzierte visuelle Identität gemacht: Semotan spürt in ihrer Fotoarbeit grafie zum Designstudio, herausgegeben von EOOS entstand aus dieser Zusammen- dem von EOOS – basierend auf einer „Urban von MAK und EOOS. „ arbeit. Elke Krystufeks Interpretation eines Legend“ – für das MAK Design Labor http://www.mak.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 87 Kultur Das Fenster zur Welt Fernsehen in der Karikatur aus den letzten 60 Jahren – von 25. Jänner 2015 bis 10. Jänner 2016 im Karikaturmuseum Krems Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © Gerhard Haderer, 2015 Gerhard Haderer, Die Fernsehfamilie, 1990

as Karikaturmuseum Krems, einziges beleuchten Aspekte des Mediums „Fern- ren bescherte das Fernsehen seinem Publi- DHaus für Karikatur, Satire, Comic und sehen“, das das familiäre und soziale Leben kum zahlreiche unvergeßliche Momente, die Cartoon in Österreich, präsentiert unter dem der letzten Jahrzehnte maßgeblich beeinfluß- von der Mondumkreisung 1968 über zahlrei- Motto der Internationalen Funkausstellung te und bis heute stark prägt. che sportliche Großereignisse, die die Men- in Düsseldorf 1953, „Fenster zur Welt“, im Das Fernsehen kann auf eine enorme Er- schen fesselten, wie etwa der österreichische Ironimus-Kabinett das Phänomen Fernsehen folgsgeschichte zurückblicken und stellt Sieg über die deutsche Fußballmannschaft in anhand von Karikaturen der letzten 60 Jahre. trotz zahlreicher neuer Medien nach wie vor Córdoba, bis hin zu Conchita Wurst’s Sieg Die Zeichnungen aus 60 Jahren österreichi- das meistgenutzte und beliebteste Medium beim letztjährigen Eurovision Song Contest scher und internationaler Fernsehgeschichte dar. Seit seinem Beginn in den 1950er-Jah- oder entsetzenserregende Berichte über die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 88 Kultur

Kriegsschauplätze dieser Welt, dem Einsturz des World Trade Centers oder der Ermor- dung Osama Bin Ladens. In Österreich startete das Fernsehen offi- ziell am 1. August 1955, gesendet wurde aus einem Schulzimmer in Meidling. In den An- fangsjahren dieses neuen Mediums besaßen nur wenige Familien ein eigenes Fernsehge- rät und daher trafen sich die Menschen im Wirtshaus oder beim Nachbarn, um das Weltgeschehen in bewegten Bildern zu ver- folgen. „Das war die Zeit, wo wir alle nicht ge- glaubt haben, daß sich dieses Medium durch- setzt.“ Otto Schenk über die Pioniertage des österreichischen Fernsehens (im Interview bei „Willkommen Österreich“, 9. 12. 2014)

Im Zeitalter nach dem 2. Weltkrieg konn- Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © Rudolf Angerer te sich das Medium Fernsehen bei der brei- Rudolf Angerer, TV-Duell, 1983 ten Masse sehr schnell etablieren. Durch das Wirtschaftswunder nach den Kriegsjahren besserte sich zunehmend, soda0 sich in den Gerät leisten konnten und das Fernsehen ne- stiegen die Löhne und die soziale Lage ver- 1960er-Jahren viele Menschen ein eigenes ben dem Radio zum einflußreichsten Mas- senmedium und in den 1970er-Jahren zum alltäglichen Begleiter mutierte, der ganz selbstverständlich in das Familienleben inte- griert wurde. Zu Beginn wurden am Vor- mittag ausschließlich Schulfernsehen und Wiederholungen ausgestrahlt, mittwochs gab es ab 16.00 Uhr Kindersendungen und das reguläre Programm startete immer erst um 18.00 Uhr. Mit dem Erfolg des neuen Mediums entdeckten auch die regierenden Parteien das Fernsehen für ihre Zwecke. Die Gesellschaft konnte bequem von zu Hause am politischen Zeitgeschehen teilnehmen und die Berichterstattung hatte immer größeren Anteil an der politischen Meinungsbildung. Mitte der 1980er-Jahre erfuhr das Fern- sehen mit dem Beginn der deutschen Privat- sender, die auch in Österreich empfangen wurden, eine gewaltige Zäsur: Da die neuen Michael Pammesberger privaten Sender ihr Programm über Werbe- einnahmen finanzierten, bestimmten Ein- schaltquoten und Marktanteil die ausge- strahlten Sendungen. In Österreich bestand das Fernsehmonopol außergewöhnlich lange und selbst nach dem EU-Beitritt 1995 wurde es nur langsam im Sinne einer dualen Lö- sung wie etwa in Deutschland aufgeweicht. Die duale Rundfunkordnung sieht gebüh- renfinanzierte öffentliche Rundfunkanstalten neben privatrechtlichen Sendern vor, die sich durch Werbeeinnahmen finanzieren. 1995 strahlte das ORF-Fernsehen auch zum ersten Mal in seiner Geschichte 24-Stunden Pro- gramm aus. Erst 2001 trat das Privatfernseh-

Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © gesetz in Kraft, das bundesweite private Fern- Michael Pammesberger, Jetzt gehts los o.J. sehprogramme zuließ. 2009 ging schließlich

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 89 Kultur Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © Rudolf Angerer Rudolf Angerer, Das war Weihnachten 1968

unter dem Namen „ORF-TVthek“ eine haus- „Die Wertigkeiten haben sich geändert. schen sehr aufdringlich“, in: „Der Stan- eigene ORF Mediathek ans Netz und seit Am Anfang war Fernsehen ein Kulturme- dard“, 25. 11. 2005) 2011 ist der Spartensender ORF III in Be- dium, danach ein Informationsmedium, spä- trieb, der sich besonders kulturellen Themen ter ein Unterhaltungsmedium – und jetzt ist Neben der programmatischen Ausrich- widmet. es ein Ablenkungsmedium.“ Teddy Podgorski, tung kam es natürlich auch im technischen Durch das Privatfernsehen veränderte Fernsehlegende und früherer ORF-General- Bereich zu etlichen Neuerungen. Flachbild- sich auch zunehmend das Fernsehverhalten. intendant (aus: Doris Priesching, „Ein bis- schirme haben mittlerweile die früheren Die neue Programmvielfalt führte zum „Zappen“ – somit konnte sich jeder sein Pro- gramm selbst zusammenstellen und war in der Lage, aus einem großen Sendeangebot frei zu wählen. Den Ereignischarakter, der dem Fernsehen jahrzehntelang innewohnte, ging allmählich verloren und es wurde zu etwas Alltäglichem. Seit den 1990er-Jahren gab es darüber hinaus im analogen Bereich einen gewalti- gen Umbruch: der Einzug des Normalbür- gers ins Fernsehprogramm. Den Anfang läu- teten die täglichen Talkshows ein, die erst- mals Normalbürger in den Mittelpunkt der Unterhaltung stellten. Diverse Sendungsfor- mate im Bereich des Reality-TV entstanden, die sich darüber definierten, die Realität möglichst genau abzubilden. Etliche Sen- dungen zeigen seitdem Normalbürger in ihren wirklichen Lebenswelten. Waren frü- her Informations-, Kultur- und Nachrichten- sendungen die meist ausgestrahlten Sen- dungsformate, liefern sich heute Programm- macher Schlachten um die besten Real-Life- TVFormate, angefangen von „Big Brother“, ein Format, das in den 1990er-Jahren Furore machte und Normalbürger rund um die Uhr

in einem Container zeigte, bis hin zu den Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © Rudi Klein unterschiedlichsten Castingshows. Rudi Klein, Irrtum, 2012

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 90 Kultur Michael Pammesberger Landessammlungen Niederösterreich / Foto: Christoph Fuchs © Michael Pammesberger, Die Welt blickt auf unser Land, 2008

kastenförmigen Geräte abgelöst und die terventionsversuche – war schon immer ein und uns damit eingehend beschäftigen.“ technologische Entwicklung schritt rasch beliebtes Sujet für Zeichnerinnen und Gottfried Gusenbauer, Direktor Karikatur- voran, so finden sich etwa auch schon 3D- Zeichner. Karikaturisten sind gewohnt kom- museum Krems Formate in den heimischen Haushalten wie- plexe Sachverhalte zu simplifizieren und der. Themen zu persiflieren. Mit scharfem Strich 26 KarikaturistInnen thematisieren in Das audio-visuelle bunte Medium ist pointieren sie Sternstunden und Schreckens- über 40 Arbeiten, die zum einen aus den jedoch auch heute noch ein fester Bestand- nachrichten, die das Fernsehen ausstrahlte. Landessammlungen Niederösterreich und teil in jedem Haushalt und bestimmt teil- Die gezeigten Karikaturen geben Einblick in zum anderen direkt von den Künstlern stam- weise den Rhythmus ihrer Nutzer. Kein Me- die Entwicklung des österreichischen Fern- men, die anfänglichen Vorbehalte, Erwartun- dium wird so intensiv genutzt und läßt seine sehens, die wechselseitige Beeinflussung gen und die politische Einflußnahme bis zum Konkurrenten im Print- und Hörfunkbereich von Politik und Fernsehen sowie einen Über- heutigen Überangebot und ausufernden weit zurück. Auch wenn bei jungen Men- blick über die wichtigsten Intendanten und Konsum des Massenmediums. schen das Internet hoch im Kurs steht und Generaldirektoren des ORF. Aufgrund des Video- und Filmangebote im Netz jederzeit Anschlages auf das französische Satire- Künstlerliste abrufbar sind, erfreut sich das Medium Fern- magazin „Charlie Hebdo“ Anfang Jänner Wolfgang Ammer, Gernot Budweiser, sehen weiterhin größter Beliebtheit. Fernse- wird im Rahmen der Schau auch eine Arbeit Manfred Deix, Jean Genie – Christian Feich- hen beschränkt sich jedoch heutzutage nicht von Ruben L. Oppenheimer auf einem digi- tinger, Alfred Gerstenbrand, Bruno Haber- mehr auf den klassischen Fernsehapparat, talen Monitor zu dem Terrorakt zu sehen zettl, Gerhard Haderer, Ironimus – Gustav sondern es wird auch auf dem sogenannten sein, um der Aktualität Rechnung zu tragen Peichl, Michael Jesenko, Rudi Klein, Ralf Second Screen, auf Notebooks, Smartphones und ein solidarisches Zeichen zu setzen. König, Mac – Hellmuth Macheck, Nicolas und Tablets geschaut. Über diesen zusätz- „Als Museum muß die Agitation in bezug Mahler, Ruben L. Oppenheimer, Michael lichen Bildschirm kann der User über das auf den Terroranschlag in Paris wohlüber- Pammesberger, Petar Pismestrovic, Sinisa Fernsehprogramm hinausgehende Informa- legt, nachhaltig und vor allem wissenschaft- Pismestrovic, Chlodwig Poth, Rang – Ru- tionen aus dem Internet abrufen, selbst aktiv lich fundiert aufgearbeitet sein. Wir müssen dolf Angerer, Tex Rubinowitz, Oliver Schopf, mit Moderatoren in Kontakt treten oder sich stets verantwortungsvoll mit allen Bereichen Erich Sokol, Jean Veenenbos, WIN – Wini- mit anderen online austauschen. Das Me- und Feldern der Karikatur umgehen und fred V. Jakob, Thomas Wizany und Wolf- dium Fernsehen mit all seinen Auswüchsen – werden uns genau anschauen, wie die Kari- gang Zöhrer. „ umstrittene Sendungsformate, politische In- katuristen auf diesen Terrorakt reagieren http://www.karikaturmuseum.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 91 Kultur Universität Wien … das Hauptgebäude an der Ringstraße – Ausstellung anläßlich »150-Jahre-Ringstraße« © privat Die Ausstellung ist gleichzeitig ein Beitrag zum 150-Jahr-Jubiläum der Gründung der Wiener Ringstraße. Etwa aus dieser Zeit stammt auch die Perspektivansicht des Hauptgebäudes. m 29. Jänner fand die Eröffnung der nach technisch modernsten Maßstäben einen AAusstellung „Universität Wien – das Monumentalbau, der stilistisch an die Re- Hauptgebäude an der Ringstraße“ statt. Die naissance erinnern sollte. Architektonische Ausstellung zeigt die Baugeschichte des Hau- Planungen, Archivnotizen und Zeitungsaus- ses an einem der prominentesten Bauplätze schnitte eröffnen einen Blick in die gemein- Wiens und versteht sich als Beitrag der Uni- same Geschichte der Ringstraßenanlage und versität Wien zum 150-Jahr-Jubiläum der in den Bau der Universität Wien – vom Gründung der Wiener Ringstraße. Sie ist Auf- Skandal um die Fakultätsbilder von Gustav takt zu einem ganzen Reigen an Veranstal- Klimt bis zum heutigen Erscheinungsbild. tungen, die die Universität Wien anlässlich In einzelnen Stationen zeigt die Ausstel- ihres 650-Jahr-Jubiläums dieses Jahr begeht. lung die Baugeschichte dieses „Tempels der Vor 150 Jahren, am 1. Mai 1865, wurde Wissenschaften“ an dem Wiener Prachtbou- die Wiener Ringstraße feierlich eröffnet. Die levard und eröffnet – im Dialog mit archi- Entscheidung, das bis dahin unverbaute tekturhistorischen Aspekten – Perspektiven Glacis als Ringstraßenallee architektonisch auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten zu gestalten, bot den Stadtplanern gänzlich von „Shared Space“ und „Public Science“. neue Perspektiven. Ab 1869 entstanden erste Die Ausstellung wird das ganze Jubiläums- Entwürfe für ein Bürgerforum im Ring- jahr im Hauptgebäude zu sehen sein. straßenkontext, das neben Rathaus und Par- Foto: Universität Wien lament auch die Universität umfassen sollte. Führungen an der Universität Wien 1871 entwickelte Heinrich von Ferstel Der Wiener Architekt Heinrich von Ferstel den Innenhof des Hauptgebäudes nach Die Universität Wien bietet zahlreiche plante für das neue Universitätsgebäude dem Vorbild des Palazzo Farnese in Rom. interessante Führungen im Hauptgebäude und

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an anderen Standorten wie am Campus der Universität Wien oder der Universitätsstern- warte an. Mit den Führungen will die Uni- versität Wien TouristInnen und anderen Interessierten das geschichtsträchtige Ring- straßengebäude näherbringen. Der rund ein- stündige Rundgang im Hauptgebäude bietet einen Überblick über die Geschichte der Universität Wien. Ausgehend von der Aula umfaßt die Führung den Arkadenhof, den großen Lesesaal der Universitätsbibliothek und auch den Großen Festsaal (nach Ver- fügbarkeit) mit den Kopien der Decken- gemälde von Gustav Klimt.

Führungen finden jeden Samstag und Don- nerstag statt. Donnerstag: 18:00 Uhr - Deutsch Samstag: 10:30 Uhr - Deutsch 11:30 Uhr - Englisch Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Kosten für die Führung betragen 5 Euro pro Person. Die Karten sind beim Portier erhält- lich. Treffpunkt für die Führungen ist die Aula des Hauptgebäudes der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1.

Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Univer- sitäten Europas: An 19 Fakultäten und Zen- tren arbeiten rund 9700 MitarbeiterInnen, davon 6900 WissenschafterInnen. Die Uni- versität Wien ist damit die größte For- schungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit

Die Führungen zeigen natürlich auch den berühmten Festsaal mit den Kopien der Deckengemälde von Gustav Klimt (Bild oben) und die Aula – eine drei- schiffige Halle mit zwölf toskanischen Granitsäulen, stuckierten Flachkuppeln im Mittelschiff und Stichkappenquer- tonnen in den beiden Seitenschiffen.

über 180 Studien verfügt sie über das viel- fältigste Studienangebot des Landes. 1365 gegründet, feiert die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis 650-jähriges Gründungsjubiläum mit einem vielfältigen Jahresprogramm – unterstützt von zahlreichen Sponsoren und Kooperationspartnern. „ http://www.univie.ac.at Lesen Sie hier einen mehrseitigen Bericht über die Universität Wien in der „Österreich Journal“-Ausgabe 117 vom 1. April 2013:

Fotos: Universität Wien http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_117.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 93 Kultur Die Zauberflöte. Eine Oper mit zwei Gesichtern Sonderausstellung im Mozarthaus Vienna von 30. Jänner 2015 bis 3. Jänner 2016

ie Zauberflöte, so befand der Literatur- Dwissenschaftler Peter von Matt, sei „neben Shakespeares Hamlet und Leonardos Mona Lisa das dritte große Rätselwerk unse- rer Kultur“. Worin besteht dieses Rätsel? Da ist zunächst die Symbolik: drei Akkorde, drei Damen, drei Knaben, Nacht und Tag, Aber- glaube und Weisheit, Verdammnis und Erlö- sung. Doch obwohl sich die Symbolik leicht auf dem Hintergrund der Freimaurerei ent- schlüsseln läßt, bleiben große Fragen offen: Was hat eine Geheimgesellschaft auf der Opernbühne zu suchen, wie hängt das alles mit dem Feenreich der Königin der Nacht und dem Märchen von der entführten Prin- zessin zusammen und wie kommt schließ- lich das alte Ägypten in die Zauberwelt des Wiener Vorstadttheaters? Die neue Sonderausstellung im Mozart- haus Vienna geht ab 30. Jänner 2015 diesen Kurator Jan Assmann (l.) mit Mozarthaus Vienna-Direktor Gerhart Vitek Fragen auf den Grund. „Die Zauberflöte. Eine Oper mit zwei Gesichtern“, kuratiert Märchen- und Zauberwelt des Wiener Volks- haus Vienna-Direktor Gerhard Vitek über- vom deutschen Kulturwissenschaftler, Ägyp- theaters, und der Handlungszusammenhang zeugt. 2014 konnten die Veranstaltungs- tologen und Zauberflöte-Experten Prof. Jan verdunkelte sich. erlöse um 30 Prozent gesteigert werden, ge- Assmann, zeigt anhand von frühen Bühne- nau wie die Angebote im Rahmen der Kul- nbildern, wie sich der Schauplatz der Oper Erfolgreiches Jahr 2014 für turvermittlung. Insbesondere bewährt haben ab etwa 1815 von einem Freimaurergarten das Mozarthaus Vienna sich die Themensetzungen zu A. Salieri und mit antikisierenden Bauten ins alte Ägypten „Mit dieser Sonderausstellung gehen wir C.W. Gluck in Kooperation mit dem Archiv verlagerte. Dadurch ging freilich eines der den erfolgreichen Weg weiter, der 2014 auf der Gesellschaft der Musikfreunde. 2014 beiden „Gesichter“ verloren, nämlich die eine sehr gute Resonanz stieß“, ist Mozart- besuchten rund 140.000 Personen das Mo- zarthaus Vienna und es wurde eine Steige- rung um rund 1,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2013 erreicht – die meisten davon aus Deutschland, USA und Japan. Und gerade beim kenntnisreichen japanischen Publikum erzielte das Mozarthaus Vienna im Novem- ber 2014 durch aufwendige Gastspiele in Tokyo und Osaka wertvolle Aufmerksam- keit, „die das Mozarthaus Vienna für die zahlreichen Musikfreunde aus Japan noch attraktiver gemacht hat“, so Vitek.

Publikation zur Sonderausstellung In der Reihe der Wiener Vorlesungen er- scheint eine Publikation des Kurators der heurigen Ausstellung im Mozarthaus Vienna, Prof. Jan Assmann, der darin vertiefend auf das Thema der diesjährigen Sonderausstel- lung „Die Zauberflöte. Eine Oper mit zwei

Fotos: Mozarthaus Vienna / Eva Kelety Gesichtern.“ eingeht. „ Blick in die Sonderuasstellung »Die Zauberflöte. Eine Oper mit zwei Gesichtern« http://www.mozarthausvienna.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 94 Kultur Int. Akkordeonfestival 2015 »Akkordeonistinnen 2015« und »Achse Berlin« sind zwei Programmschwerpunkte, die das Festival 2015 von 21. Feber bis 22. März (mit)prägen werden. Foto: Klaus Tauber »Der Teufel ist mein bester Terapoit« überschreibt Otto Lechner launig den dritten Teil der heurigen ersten Eröffnungsgala. Er macht damit nicht nur einen zukunftsweisenden Vorschlag zur Schreibweise eines ehrwürdigen und wichtigen Berufs- standes, sondern formuliert auch inhaltlich klar wie immer.

kkordeonistinnen 2015“ ist ein bewußt monische Orchester Wien am 22. März im berühmt nicht nur als Musikerin des legen- Apragmatisch betiteltes Spotlight auf Metropol die zweite Abschlußgala zum dären Accordion Tribe. Den ersten Teil des herausragende Künstlerinnen und deren es- Ereignis werden lassen. Abends bestreiten Atanas Dinovski & Paul sentielle Beiträge zur vielfältigen globalen Mehr Akkordeonistinnen 2015: AnniKa Schuberth. Akkordeonkultur. von Trier mit ihrem Programm „Berlin, es ist Im Kosmos Theater widmen sich am 4. Die „Achse Berlin“ zieht sich als zweite Zeit“ (nicht nur hier werden die beiden Pro- März die Damen von Karat Apart dem Konstante durch das Akkordeonfestival grammschwerpunkte zusammengeführt) am „Frauengold“, während Cathrin Pfeifer mit 2015, als Tribute an die von Akkordeonfe- 23. Feber im Vindobona, Sher On A Shier mit dem Perkussionisten Topo Gioia weltmusi- stival-Gestalter Friedl Preisl so geschätzte Franka Lampe am 26. Feber in der Kirche kalische „Südwärme“ verbreiten wird. Pfei- (Musik-)Stadt. Gaußplatz. fer operiert von Berlin aus – unter anderem Die Belgierin Sophie Cavez wird mit Die Quetschenweiber am 2. März im dürfen wir uns diesbezüglich noch auf die ihrem Partner Baltazar Montanaro am 21. Kosmos Theater, Sanne Möricke mit Tuli- unpackbaren ?Shmaltz! freuen, am 12. März Feber die erste Eröffnungsgala bestreiten, pane und das Balcony Players Girls Duo am im Reigen, eröffnet wird der Abend von gemeinsam mit dem Duo Otto Lechner & 3. März im Schutzhaus Zukunft und Christi- Whiskey-Rabbi Geoff Berner. Stefan Heckel; die künstlerische Galions- na Zurbrügg am 8. März im Schwarzberg. ?Shmaltz!´ phonetische Verwandte Cafe figur des Festivals, Otto Lechner, wird an Am 16. März gibt sich im Stadtsaal die fin- Schmalz werden da ihr Revival im Rahmen diesem Abend auch mit Band in Erscheinung nische Akkordeonistin Maria Kalaniemi mit von „A Tribute To Hannes Thanheiser“ schon treten und als Vorstand von Das Ziehhar- dem Pianisten Timo Alakotila die Ehre – hinter sich haben.

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Am 22. Feber steht das Porgy & Bess ganz im Zeichen des im Juni 2014 verstorbe- nen Musikers, Schauspielers und Betreibers des 1. Akkordeon-Museums, dazu spielen noch Stephanie Nilles & Patrick Harison aus den USA auf.

Weitere Highlights Am 10. März hat das Wiener Publikum Gelegenheit sich im Metropol von den Welt- musikgiganten Bratsch in deren 41. Dienst- jahr (!) auf ihrer Abschiedstournee zu verab- schieden … Tags darauf akustische Lecker- bissen im Porgy & Bess: Klaus Paier solo und das deutsch-italienische Trio Angelika Niescier/Simone Zanchini/Stefano Senni. Dobrek Bistro spielen am 18. März ihr traditionelles Konzert im Rahmen des Festi- vals im Orpheum, Dobrek Bistros Krzysztof Karat Apart Dobrek und Aliosha Biz begleiten davor am 27. Feber im Theater Akzent den Schau- spieler Karl Markovics bei einer literarisch- musikalischen „Winterreise“. Vielverspre- chend auch der „Gstanzl Abend“ am 24. Feber im Schutzhaus Zukunft, wenn Attwengers Alter Ego Die Goas auf Sebastian Daller & Band trifft. Zwei schöne Termine gibt’s in der Sarg- fabrik: Am 25. Feber laden Radio Europa zu einer Musikrundreise durch unseren Konti- nent und am 19. März konzertiert das außer- gewöhnliche Renaud Garcia Fons Trio mit dem Akkordeonisten David Ventucci. Karten sichern gilt es für das Herbert Pixner Project, am 20. März. im Metropol. Erstmals öffnet heuer die Akkordeon Festival Lounge im Cafe Mocca im 18. Be- zirk, von Franziska Hatz (Großmütterchen Hatz Salon Orkestar) ausgewählte Künst- Akkordeonistinnen 2015: Christina Zurbrügg lerInnen werden dabei an drei Festival- Samstagen bei freiem Eintritt (es geht der Hut!) ab 21 Uhr auftreten: 28. Feber: Artig.Impro, 7. März: Querpfeifer, 14. März: Kugler/Härtel/Solce. Dazu sorgen weiters bewährte Pro- grammreihen für den „gesamtheitlichen“ und umfassenden Akkordeongenuß: Die be- liebte Stummfilm Matinee – jeweils sonn- tags um 13 Uhr – werden dabei im Film- casino Filme live vertont. Und der Magic Afternoon für Kinder. Mittwochs bringen die Swing Nights einen etwas anderen Akkordeon-Einsatz – und laden vor allem zum Tanzen ein! Abgerundet wird das pralle Angebot des Akkordeonfestivals 2015 von Workshops für angehende und praktizieren- den AkkordeonistInnen, in Kooperation mit dem Österreichischen Volksliedwerk. „ Foto: Arne Reimer Foto: Joseph Gallauer Foto: Hatz http://akkordeonfestival.at/ Das deutsch-italienische Trio Angelika Niescier/Simone Zanchini/Stefano Senni

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 96 Film Österreichischer Filmpreis 13 Auszeichnungen für fünf Kinofilme mit ORF-Beteiligung – Für »Das finstere Tal«, »Amour fou«, »Risse im Beton«, »We Come As Friends« und »Der letzte Tanz« Fotos: ORF / Günther Pichlkostner Die Preisträger Filmpreises 2015 nach der feierlichen Verleihung, die heuer im Festsaal des Wiener Rathauses stattgefundenhat.

Nominierungen, 14 Kategorien und Tongestaltung“ ausgezeichnet. In zwei Kate- 3913 Auszeichnungen für vom ORF gorien wurde Jessica Hausners „Amour fou“ kofinanzierte Kinofilme. Bei der Verleihung ("Bestes Drehbuch“, „Bester Schnitt") ge- des Österreichischen Filmpreises am 28. Jän- ehrt. Jeweils eine Auszeichnung ging an „We ner im Wiener Rathaus versammelte sich ein Come As Friends“ („Bester Dokumentar- Großteil der österreichischen Filmbranche, film“), „Der letzte Tanz“ (Erni Mangold – um in 14 Kategorien österreichische Kino- „Beste weibliche Darstellerin“) und „Risse produktionen zu würdigen. Im Rahmen einer im Beton“ (Murathan Muslu – „Bester männ- festlichen Gala, moderiert von Karl Marko- licher Darsteller“). vics, wurden die Preisträgerinnen und Preis- ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz: träger gekürt. „An einem Abend wie heute zeigt sich auf In 13 Kategorien gewannen österreichi- beeindruckende Weise, wie lebendig die ös- sche Kinoproduktionen, an denen der ORF terreichische Filmwirtschaft und wie vielfäl- im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens tig der kreative Output jedes Jahr ist, und ich maßgeblich beteiligt war: gratuliere den Preisträgern und Preisträge- Mit insgesamt acht Auszeichnungen rinnen. Besonders stolz macht mich, daß wurde Andreas Prochaskas „Das finstere sich die verläßliche Partnerschaft des ORF Tal“ zum Abräumer des Abends. Der Alpen- als größter Auftragsproduzent des Landes an Western wurde in den Kategorien „Bester der Vielzahl der nominierten und ausge- Spielfilm“, „Beste Regie“, „Beste Kamera“, zeichneten Filme veranschaulichen läßt. Es „Bestes Kostümbild“, „Beste Maske“, „Be- Erni Mangold als Beste weibliche gab nicht weniger als 39 Nominierungen für ste Musik“, „Bestes Szenenbild“ und „Beste Darstellerin in »Der letzte Tanz« 13 Kinofilme mit ORF-Beteiligung. Davon

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 97 Film

Die Gewinner im Überblick  Bester Spielfilm: „Das finstere Tal“ / Produktion: Helmut Grasser, Stefan Arndt, Andreas Prochaska (Regie)  Bester Dokumentarfilm: „We Come As Friends“ / Produktion: Hubert Sauper (Regie) und Gabriele Kranzelbinder  Bester Kurzfilm: „Rote Flecken“ / Magdalena Lauritsch  Beste weibliche Darstellerin: „Der letzte Tanz“ / Erni Mangold  Bester männlicher Darsteller: „Risse im Beton“ / Murathan Muslu  Beste Regie: „Das finstere Tal“ / Andreas Prochaska  Bestes Drehbuch: „Amour fou“ / Jessica Hausner  Beste Kamera: „Das finstere Tal“ / Thomas W. Kiennast Helmut Grasser und Andreas Prochaska: Bester Spielfilm »Das finstere Tal«  Bestes Kostümbild: „Das finstere Tal“ / Natascha Curtius-Noss wurden fünf Filme in 13 Kategorien ausge- und Menschen, die in anderen Kulturen  Beste Maske: „Das finstere Tal“ / zeichnet. Auch die umfassende ORF-Be- leben. International ist das österreichische Helene Lang, Roman Braunhofer richterstattung über den Filmpreis ist Aus- Filmschaffen anerkannt und erfolgreich. Wir  Beste Musik: „Das finstere Tal“ / druck dieses Bekenntnisses zur Entwicklung können mit gutem Recht stolz auf diese An- Matthias Weber des Filmstandorts Österreich.“ erkennung sein und sollten diesen Stolz auch  Bester Schnitt: „Amour fou“ / Karina ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner: mit gutem Recht im eigenen Land leben. Der Ressler „Film ist österreichische DNA. Aus ihr ent- österreichische Filmpreis schafft eine größe-  Bestes Szenenbild: „Das finstere Tal“ / stehen unterschiedlichste Geschichten, die re Öffentlichkeit und damit hoffentlich auch Claus Rudolf Amler von Menschen und ihre Welten erzählen. die wichtige Aufmerksamkeit, die das öster-  Beste Tongestaltung: „Das finstere Tal“ / Diese Filme sind somit Botschafter von un- reichische Filmschaffen im eigenen Land Dietmar Zuson, Christof Ebhardt, seren Werten und Visionen und geben die auch braucht. Ich gratuliere allen Preisträ- Tschangis Chahrokh „ Möglichkeit zur Reflexion – für uns selber gerinnen und Preisträgern sehr herzlich.“ http://www.oesterreichische-filmakademie.at Fotos: ORF / Günther Pichlkostner Karl Markovits, Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Oscar-Preisträger (»Die Fälscher«) moderierte den Abend

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 98 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In der 85. Folge portraitiert er Ilse Lahn-Weitzenkorn Literaturagentin/Story Editor/Produzentin

filmten Broadwaystück „Five Star Final“ Bekanntheit erreichte. Das Ehepaar lebte in New York. Nach dem Tod ihres Mannes am 7. Februar 1943 und der Rück- kehr nach Hollywood übertrug ihr Paul Kohner nach dem Wieder- beginn im folgenden Jahr das Literature Department und den Bereich Story Editing. Unter den von ihr betreuten Persönlichkeiten, weitge- hend Autoren, befanden sich die langjährige Freundin Salka Viertel, Dalton Trumbo, Jack Lewis, Alfred Neumann, der postume Pulitzer- Preisträger James Agee („The African Queen“) und der Produzent Adrian Scott. In der McCarthy-Ära gehörte Kohners Deputy Agent zu den wenigen, die helfen konnten und dafür sorgten, daß boykot- tierte Autoren wie George Wilson (später „The Bridge on the River Kwai“ und „Lawrence of Arabia“) unter Decknamen weiterhin Be- schäftigung fanden. Lahn arrangierte In den 50er-Jahren als „associate producer“ un- abhängig von größeren Studios die Finanzierung, Produktion und Distribution für eine Reihe von B-Pictures im Science-Fiction-, Mystery- und Horror-Genre, die in Zusammenarbeit mit den „writer- producers“ Jack Pollexfen und Aubrey Wisberg meist unter der Regie des mit ihr befreundeten Landsmannes und Klienten Edgar G. Ulmer entstanden. Darunter „The Man from Planet X“ (1951), „The Nean- dertal Man“ der United Artists (1953) und bei Allied Artists Pictures „Murder Is My Beat“ (1955) und „Daughter of Dr. Jekyll“ (1957). Als Autorin schrieb sie 1950-1951 (nicht verwendete) Treatments und Storys für den exilierten, in Hollywood glücklosen Wiener Produzenten und Regisseur Joe May, 1951 sorgte sie für eine engli- sche Übersetzung des Theaterstücks „Joseph in Ägypten“ („Yosef be-Mitsrayim“) der deutsch-israelischen Autorin Margot Klausner, blieb aber beim Versuch Produzenten für eine Verfilmung zu gewin- nen erfolglos, 1953 verlor sie einen Prozess gegen die Sol Lesser Foto: Archiv Rudolf Ulrich Productions Inc., der sie vorwarf, ihre Story „Tarzan and the Land of Ilse Lahn-Weitzenkorn Eternal Youth“ als Basis für den Film „Tarzan’s Magic Fountain“ lse Lahn, Tochter von Julius Lichtblau und dessen Gattin Paula verwendet zu haben. I(geb. Polbammer) wurde am 1. Februaar 1902 in Wien geboren. Sie verließ 1990 Paul Kohners Büro und eröffnete ein eigenes Sie studierte an der Universität Chemie und besuchte gleichzeitig die Office, mußte aber im Sommer 1992 ihre Tätigkeit aus gesundheit- Akademie für Musik und darstellende Kunst, um Schauspielerin zu lichen Gründen beenden. Ilse Lahn-Weitzenkorn starb am 18. No- werden. Sie trat mehrere Jahre an Bühnen in Mannheim und Darm- vember 1992 im Community Hospital in Sherman Oaks, im County stadt auf, reiste viel und wanderte 1928, die kommende politische Los Angeles. Ihre Asche wurde gemäß Certificate of Death bei Point Tragödie voraussehend, nach Amerika aus. Fermin, Los Angeles im Meer verstreut. „ Ihr Ziel war die Filmbranche. Die polyglotte Wienerin begann in Neben einem nur kurzen Nachruf im Branchenblatt ,,Variety“ ist New York als Reader bei Columbia Pictures und ging anschließend Ilse Lahn in der amerikanischen Filmliteratur kaum beschrieben. Ich nach Hollywood, um die technische Seite der Filmarbeit zu erlernen, danke ihrem Bruder Kurt Leeds aus Van Nuys, Kalifornien, für die Schnitt, Umschreiben von Drehbüchern und Produktion. In den 30er- mit Brief vom 10. März 1998 übermittelten biografischen Begeben- Jahren arbeitete sie als Assistentin des Deutschen Paul Leni und heiten und Fakten, außerdem dem Registrar Recorder des County of anderer europäischer Regisseure in den Universal Studios. Ilse Lahn Los Angeles für die Überlassung einer Kopie des Certificate of Death trat in die bekannte Agency Paul Kohners am Sunset Boulevard ein, 39219049674 vom 23. November 1992, das ,,Ilse L. Weitzenkorn“ erwarb aber eine eigene Lizenz als Literaturagentin. 1937 heiratete auch als US-Bürgerin ausweist. Ausschließlich die beiden Unterla- sie den Autor Louis Weitzenkorn, der vor allem mit dem erfolgrei- gen ermöglichten die Kurzbiografie in der Buchdokumentation ,,Öster- chen, auf seinen Erfahrungen als Zeitungsreporter großer Ostküsten- reicher in Hollywood“ von 2004 und damit auch diese Arbeit im zeitungen beruhenden, 1931 von First National-Warner Bros. ver- Rahmen der gleichnamigen Serie im „Österreich Journal“. R.U.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 99 ÖJ-Reisetip Urlaub am Bauernhof für Groß und Klein Wenn beispielsweise am Plonerhof der Familie Grimm in Hopfgarten die Gäste ins Heubad springen, dann erleben sie das, was Urlaub am Bauernhof in Tirol aus- macht: Man ist Teil des bäuerlichen Lebens, genießt die Natur und lernt das Leben der Bauern hautnah kennen, ohne auf Urlaubskomfort verzichten zu müssen. Foto: Tirol Werbung/ Laurin Moser Während Eltern die Ruhe genießen, entdecken Kinder, wie aufregend das Landleben sein kann…

rlaub am Bauernhof – das ist nichts Landwirtschaft. Viele Höfe vermieten im zwischen aufs Beste versorgt: gemeinsam Uanderes als das Eintauchen in die länd- Sommer Appartements oder Zimmer. Als mit den anderen Kindern gibt es viel zu er- liche Lebenswelt Tirols. Nirgendwo sonst Gast ist man dort nicht einer von vielen, son- kunden. Haben die Hasen schon frisches können Feriengäste so intensiv am Leben dern wird ganz individuell betreut. Wasser bekommen? Sollen den Ponys Zöpfe der bäuerlichen Bevölkerung teilnehmen wie Gäste müßten den Bauernhof gar nicht geflochten werden? Hat der kleine Stau- auf den fast 400 Urlaubsbauernhöfen in Ti- verlassen – so groß ist das Angebot vor Ort. damm am Bach die Nacht überlebt und wer rol. Viele Tiroler Bauern geben Urlaubsgä- Wer mag, kann schon am frühen Morgen da- hilft beim Reparieren des Traktors? sten die Möglichkeit, direkt am Hof hautnah bei helfen, die Kühe auf die Weide zu treiben mit dabei zu sein. Es ist ein Abenteuer – be- und die Eier einzusammeln. Weiter geht’s Von Bio bis Wellness – sonders für Familien mit Kindern. Die Hof- mit einer kleinen Exkursion ins Bauerngartl, spezialisierte Bauernhöfe katze streicheln, einmal am Traktor mitfah- wo man die Wirkungen und Heilkräfte der Viele der Urlaubsbauernhöfe haben in ren oder auch im Stall helfen, das sind die Blüten und Kräuter von der Bäuerin höchst- ihrem Angebot Schwerpunkte gesetzt und besonderen Urlaubserlebnisse, die Kindern persönlich erklärt bekommt. Beim gemein- können so die Bedürfnisse unterschiedlicher nur ein Bauernhof bieten kann. samen Marmelade-Einkochen oder Apfel- Zielgruppen noch besser erfüllen: so etwa Für viele Tiroler Bauern ist die Vermie- strudelbacken erfährt man nebenher wertvol- die Baby- und Kinderbauernhöfe mit vielen tung von Appartements oder Pensionszim- le Tipps, zum Beispiel für die Herstellung Annehmlichkeiten für die ganze Familie, die mern ein wichtiger Nebenverdienst zur von Salben oder Seifen. Die Kinder sind in- Bio-, Gesundheits- und Kräuterbauernhöfe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 139 / 29. 01. 2015 100 ÖJ-Reisetip mit einem großen Wellness- und Entspan- nungsangebot, die barrierefreien Bauernhöfe für RollstuhlfahrerInnen oder bewegungs- eingeschränkten Menschen und die Reiter- bauernhöfe mit einem großen Angebot rund ums Pferd.

Haflinger: Liebling der Kinder Besonders beliebt bei Kindern sind jene Bauernhöfe, die auch die Möglichkeit bie- ten, den Urlaub auf dem Rücken der Pferde zu erleben. Sehr oft steht dabei in Tirol der Haflinger im Mittelpunkt. Dieses klassische Tiroler Pferd mit seiner langen blonden Mähne ist ideal für Kinder – ruhig und ge- lassen, gutmütig und dennoch agil. Ein Beispiel für einen Reiterbauernhof in Tirol ist der Haflingerhof in Westendorf. Karin und Roland Treichl bieten ihren Gästen nicht Es ist ein Abenteuer – besonders für Familien mit Kindern. nur neun Appartements an, sondern vom Ponyreiten bis hin zur eigenen Reithalle alles, was vor allem Mädels begeistert. „Bei uns kommen Anfänger wie Profis auf ihre Rechnung und können Reiturlaub direkt am Bauernhof erleben“, meint das Ehepaar Treichl. „Wie eng die Bindung von Kindern ist, sehen wir immer wieder. Kaum ein Kind, das nicht sein Pferd malt und richtig ins Herz schließt.“

Kindersicheres Erlebnis Auf 21 Baby- und Kinderbauernhöfen in Tirol wissen die Gastgeberfamilien genau, was die kleinen Urlauber wollen: durchs Heu hüpfen, Tiere streicheln, mit dem Trak- tor mitfahren, melken, barfuß laufen, einen Staudamm bauen, ein Lagerfeuer machen und vieles mehr. Kinder lernen und erleben mit allen Sinnen. Ausprobieren, angreifen Auch Reitstunden werden an vielen Bauernhöfen angeboten. und schmutzig werden gehören da einfach dazu. Damit nichts passiert, erfüllen die Hö- fe besondere Kriterien und sind auf Kin- dersicherheit geprüft. Sie liegen in verkehrs- sicherer, ruhiger Lage, bieten viel Platz zum Herumtollen sowie Kleintiere zum Streicheln und Kuscheln. Mit Gitterbetten, Hochstüh- len, kindersicheren Steckdosen und vielem mehr sind die speziellen Bauernhöfe bestens ausgerüstet.

Urlaub am Bauernhof: 400 Mal in Tirol Den besten Überblick über die Möglich- keiten seinen Urlaub am Bauernhof zu ver- bringen, erhält man bei der Plattform „Ur- laub am Bauernhof“. In dieser Angebotsgrup- pe sind österreichweit rund 2600 Bauernhöfe

mit Urlaubsmöglichkeit zusammengefaßt, Foto: Tirol Werbung / Frank Bauer Foto: Tirol Werbung Foto: Tirol Werbung / Alexander Ziegler 400 davon liegen alleine in Tirol. „ Die Hofkatze streicheln, einmal am Traktor mitfahren oder auch im Stall helfen, http://www.tirol.at/urlaub-am-bauernhof das sind die besonderen Urlaubserlebnisse…

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