MMag. Philipp Korom

Wirtschaftseliten im neuen Austrokapitalismus

Sozialprofil und Personalverflechtungen

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität

ao. Prof. Dr. Christian Fleck (Erstbegutachter) Institut für Soziologie

Univ.-Prof. Dr. Manfred Prisching (Zweitbegutachter) Institut für Soziologie

Graz, im Juni 2011

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift:

2

Meinen Eltern und meiner Schwester

3 Inhaltsverzeichnis

1 Die österreichische Wirtschaftselite – Skizze eines Forschungsprogramms ...... 7 1.1 Vier Annäherungen an die Wirtschaftselite von heute – Eine Hinführung...... 7

2 Kein Ende der „Österreich AG“? Über die institutionelle Stabilität von Unternehmens- und Managerverflechtungen in Österreich (1976-2008)...... 12 2.1 Unternehmensnetzwerke als Institutionen des koordinierten Kapitalismus...... 12 2.2 Die Anfänge der „Österreich AG“...... 16 2.3 Entwicklungspfad der „Österreich AG“ ...... 18 2.4 Interlocked directorates und die Denkmittel der Netzwerkanalyse...... 24 2.5 Hypothesen und Methodik...... 28 2.6 Ergebnisse...... 31 2.6.1 Generelle Charakteristiken des Unternehmsnetzwerkes im Zeitverlauf...... 31 2.6.2 Finanzsektor...... 33 2.6.3 Industriesektor...... 34 2.6.4 Die Vernetzung der Banken mit den Industrien...... 38 2.6.5 Die Mikrostrukturen der „Österreich AG“ ...... 41 2.6.6 Die „Big Player“ der „Österreich AG“ im Wandel...... 42 2.7 Elitennetzwerke der „Österreich AG“ – Kontinuität oder Wandel?...... 46 2.7.1 Schlussfolgerungen und offene Fragen ...... 48 2.8 Die Metamorphosen der „Österreich AG“ im europäischen Vergleich...... 52 2.9 Wer steuert die „Österreich AG“? – ein Ausblick...... 58

3 Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien ...... 59 3.1 Wie lassen sich Querbeziehungen zwischen Wirtschaft und Politik erklären? ...... 59 3.2 Austriaca (I) – Parteitreue Manager in der „Österreich AG“...... 63 3.3 Austriaca (II) – Proporzdemokratie und Elitenkartelle...... 64 3.4 Austriaca (III) – Schwächelnder Austrokorporatismus, neue Lobbies, altes politisches Kapital der Manager ...... 70 3.5 Politisierte Aufsichtsräte ? – Eine empirische Annäherung...... 78 3.5.1 Der Aufsichtsrat ...... 78 3.5.2 Erscheinungsformen des Aufsichtsrats – Eine Typologie...... 82 3.5.3 Parteinahe Spitzenverbindungsmänner ...... 88 3.6 Manager-Parteien-Verflechtungen im Licht der Differenzierungstheorien von Luhmann und Bourdieu ...... 99 3.6.1 Luhmanns Theorienapparat und seine Weiterentwicklung ...... 99 3.6.2 Felddifferenzierung nach Bourdieu ...... 101 3.6.3 Verschiedene Typen von Manager-Parteien-Verflechtungen und ihr theoretischer Überbau ...... 103

4 4 Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster...... 109 4.1 Vergessene Eliten – Über die fehlende Elitenforschung in Österreich...... 109 4.2 Zu einigen Hauptfragen der Elitensoziologie: Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster...... 115 4.2.1 Die Neo-Machiavellisten...... 115 4.2.2 Die Funktionalisten ...... 121 4.2.3 C. Wright Mills...... 127 4.2.4 Michael Hartmann...... 132 4.2.5 Randall Collins ...... 138 4.2.6 Synopsis...... 140 4.3 Eine empirische Annäherung an das Topmanagement in Österreich...... 143 4.3.1 Eliteprofile des Topmanagement in vergleichender Perspektive ...... 143 4.3.2 Stichprobe...... 147 4.3.3 Forschungsmethode...... 148 4.3.4 Soziale Öffnung oder soziale Schließung? – Karrieren in der Wirtschaft nach sozialer Herkunft ...... 151 4.3.5 Karrieremuster und Karriereverläufe...... 158 4.3.6 Studienabschlüsse und Promotionen...... 164 4.3.7 Die Transnationalisierungs-These auf dem Prüfstand der Empirie...... 168 4.3.8 Die Vorstandsgagen vor und nach der „Krise“ – Austro-Kapitalismus ohne bürgerliche Werte? ...... 172 4.4 Theoretische Verortungen des österreichischen Top-Managements ...... 178

5 Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite ...... 183 5.1 Der Adel von heute – ein historisches Fossil? ...... 183 5.2 Der Adel von heute als Kollektiv? – theoretische Annahmen...... 186 5.3 Der Adel von heute als Kollektiv? – empirische Antworten...... 190 5.3.1 Soziales Kapital...... 190 5.3.2 Symbolisches Kapital...... 194 5.3.3 Ökonomisches Kapital...... 197 5.3.4 Kulturelles Kapital ...... 205 5.4 Über die Kunst des Obenbleibens: Der Adel von heute in der Wirtschaft...... 210 5.4.1 Definition – Wer gehört zum österreichischen Adel? ...... 212 5.4.2 Methode...... 213 5.4.3 Empirische Befunde zur Rolle des Adels in der Wirtschaft...... 215 5.5 Schlussfolgerungen ...... 226

6 Schlussfolgerungen...... 229 6.1 TMR I: Die Rekonfiguration der „Österreich AG“ ist als domestic compensation zu interpretieren...... 229 6.2 TMR II: Der Austrokapitalismus ist durch Elitenpluralismus gekennzeichnet...... 231

5 6.3 TMR III: Die österreichische Wirtschaftselite ist eine offene Gesellschaft...... 234 6.4 TMR IV: Ein neuer Austrokapitalismus geht mit neuen Eliten einher ...... 236 6.5 TMR V: Adelige zeichnen sich durch gute Startpositionen für Managerkarrieren aus...... 238

7 Danksagungen ...... 240

8 Verzeichnisse...... 241 8.1 Verzeichnis der Tabellen ...... 241 8.2 Verzeichnis der Grafiken ...... 242 8.3 Verzeichnis der Diagramme...... 242 8.4 Verzeichnis der geführten Interviews ...... 242

9 Anhang ...... 243 9.1 Politische Zugehörigkeit der Aufsichtsräte – eine Analyse von Pressartikeln ...... 243 9.2 Unternehmen 2008 – klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner ...... 265 9.3 Unternehmen 2004– klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner...... 267 9.4 Unternehmen 2000– klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner...... 269 9.5 Zuordnung von Firmen zu Manager-Parteien-Beziehungen für das Jahr 2008...... 270 9.6 Liste der Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer Österreichs größter Unternehmen...... 272 9.7 Kategorisierung der Berufsangaben aller Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer...... 275

10 Literatur...... 277

6 Skizze eines Forschungsprogrammes

1 Die österreichische Wirtschaftselite – Skizze eines Forschungsprogramms

1.1 Vier Annäherungen an die Wirtschaftselite 1 von heute – Eine Hinführung

Es gehört zum Selbstverständnis der neueren Soziologie, keine weiteren grand theories zu entwerfen. Auch diese Arbeit strebt nicht an, eine allgemeine Eliten-Theorie voranzutreiben. Vielmehr ist sie dem Mertonschen Gedanken verpflichtet, dass es einen Mittelweg zwischen kruder Empirie und begriffslastiger Theorie geben müsse. Die Hoffnung ist, dass viele (konkurrierende) Theorien mittlerer Reichweite (TMR) einen kumulativen Erkenntnisfortschritt in Gang setzen, der schlussendlich in einer vereinheitlichten Theorie allgemeiner Reichweite mündet. TMRs derart miteinander in Verbindung zu bringen, dass sich am Ende „ general sets of concepts and mutually consistent propositions “ (Merton 1967, 52) herauskristallisieren, ist kein einfaches Unterfangen (vgl. Schmid 2010). Es wäre jedoch naiv zu glauben, dass die Soziologie auf einem anderen Wege reifen könne. Welche elitensoziologische TMRs nimmt nun diese Arbeit in Angriff? Und wie wird dabei vorgegangen? Zuallerst wird mit jener journalistischen Herangehensweise gebrochen, die nur vereinzelte Repräsentanten der Wirtschaftselite in den Blick nimmt. Der Handlungsspielraum der österreichischen Wirtschaftselite ist durch Institutionen des sogenannten koordinierten Kapitalismus begrenzt. Dazu zählen neben korporatistischen Arbeitsbeziehungen vor allem die Kapitalverflechtungen zwischen Unternehmen sowie die (zumeist damit einhergehenden) personellen Verflechtungen über Aufsichtsratsmandate. Der Austrokapitalismus ist auch heute noch durch Koordinationen in Eigentümer-Netzwerken und vertrauensvollen Kooperationen im Gegensatz zur Steuerung durch Marktpreise gekennzeichnet. Manager gehören einzelnen business groups an (Granovetter 2005). Ihre Stellung in der Wirtschaft kann nur erschlossen werden, wenn man diese soziale Einbettung berücksichtigt. Wir haben es also mit Akteuren zu tun, die „Kraft ihrer elementaren Ausgerichtetheit, ihrer Angewiesenheit aufeinander und ihrer Abhängigkeit voneinander auf die verschiedenste Weise aneinander gebunden sind und demgemäß miteinander Interdependenzgeflechte“ bilden (Elias 1996, 12).

1 Unter Wirtschaftselite verstehe ich stets eine Funktions- und nicht eine Werteelite. Für eine ausführliche Diskussion des Elitebegriffes in den Sozialwissenschaften s. Abschnitt 4.2.

7 Skizze eines Forschungsprogrammes

Teil 2 beschäftigt sich daher mit der „Österreich AG“, also mit den Personenverflechtungen österreichischer Großunternehmen, aus einer historischen und netzwerkanalytischen Perspektive. Unter dem Bundeskanzler (1979-1983) zeichnete sich diese Figuration durch die herausragende Stellung der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) und der verstaatlichten Banken aus. Im Verlauf eines weitreichenden Privatisierungsprozesses (1976-) verschoben sich die Machtzentren. Die Raiffeisen-Bankengruppe wurde zum zentralen Spieler, eine eng verflochtene Unternehmensgruppe rund um die Verstaatlichte zerfiel in zahlreiche Untergruppierungen. Insgesamt kam es jedoch nur zu einer Umstrukturierung und nicht zu einer Erosion der „Österreich AG“. Analog dazu ist eine Auf- bzw. Abwertung sozialer Manager-Kreise zu beobachten. Die politische Aufladung der „Österreich AG“ nimmt ab – eine im internationalen Vergleich starke Politiknähe führender Aufsichtsräte kann jedoch auch heute noch festgestellt werden. Teil 3 nimmt sich daher der Verquickung von Wirtschaft und Politik anhand des Beispiels der Aufsichtsräte an. Aufgaben und Pflichten dieses Kontrollorgans sind durch Gesetze vorgegeben. Akteure können jedoch in der Praxis den „Geist“ dieser Gesetze ignorieren, ohne die Institution dadurch selbst in Frage zu stellen ( institutional conversion , vgl. Streek/Thelen 2005). Ohne Zweifel trägt der Aufsichtsrat in Österreich in diesem Sinne zur Etablierung eines sogenannten old-boy network , d. h. männlicher Seilschaften bei. Ein wesentliches Merkmal dieser old boys ist ihre Nähe zu Parteien. Bei SPÖ- und ÖVP-nahen Managern kann es sich um unterschiedliche Typen handeln. Manager können von Parteien protegiert werden (asymmetrische Verflechtungen). Manager und Parteien können weitgehend unabhängig voneinander agieren, sich jedoch von Querverbindungen strategische Vorteile versprechen (reziproke Verflechtungen). Bei manchen Managern ist die politische Haltung unabhängig von Organisationsinteressen zu sehen. Ein zentraler Befund dieser Studie ist, dass die Privatisierungspolitik spätestens seit der Regierung Schüssel II (2003-2007) das SPÖ- Wirtschaftsnetzwerk in sich zusammenbrechen ließ, während die Zahl der ÖVP-Manager in viel geringerem Ausmaß abnahm. Teil 4 untersucht die soziale Herkunft, die Karrierewege und Rekrutierungsmuster der Vorstandvorsitzenden von Österreichs größten Unternehmen. Diese Chief Executive Officers sind ohne Zweifel neben den Finanzmanagern die einflussreichste Gruppe in der Wirtschaft. Hartmann (1996) hat für Deutschland nachweisen können, dass die Führungsspitzen eine geschlossene Gesellschaft bilden, d. h. Bürgerkinder andere Bürgerkinder in den Vorstand berufen – ein Befund, der im krassen Widerspruch zu den meritokratischen Legitimationsprinzipien der Gegenwartsgesellschaft steht. In Österreich verhält es sich anders: Die soziale Herkunft ist kein entscheidendes Zugangskriterium zur Wirtschaftselite der Gegenwart. Ein typisches Merkmal der CEOs ist die unternehmens- oder konzerninterne Karriere. Die Karrierewege der österreichischen Wirtschaftselite scheinen sich jedoch allmählich

8 Skizze eines Forschungsprogrammes zu wandeln. Etwa ein Viertel aller Vorstandsvorsitzenden ist im Karriereverlauf außerhalb des Stammhauses tätig. Ein weiteres Viertel verfügt über praktische Erfahrung als Vorstand in weiteren Unternehmen. Das deutet darauf hin, dass sich ein schwacher Markt für Manager etabliert hat. Die Karrierepfade weisen eine starke nationale Prägung auf. Karrierestationen im Ausland oder Studienabschlüsse in Ausbildungsstätten einer transnationalen Bourgeoisie tauchen in den Lebensläufen selten auf. Alle Ergebnisse sprechen gegen die These einer „Weltkultur des Managements“ (Kanter 1996). Die Vorstandsgehälter sind trotz schwieriger wirtschaftlicher Zeiten nahezu konstant geblieben – ein Befund, der für die weitgehende Autonomie des Managements spricht. Zuletzt sind alle politischen Vorhaben, Managergehälter zu regulieren, erfolgslos geblieben. Teil 5 greift den Befund auf, dass die Nachfolge des entmachteten Adels in den Niederlanden und in Frankreich überzufällig häufig gesellschaftliche Elitepositionen einnimmt (Dronkers/Hillege 1998, Dronkers 2003, Saint Martin 1993). Diese Erkenntnis läuft quer zum weit verbreiteten Glauben, eine wachsende Differenzierung in der Moderne hätte eine Vielzahl von autonomen Funktionseliten mit gemischtem Herkunftsmilieus hervorgebracht. In Österreich sind Repräsentanten des Adels sechsmal wahrscheinlicher innerhalb der Kreise österreichischer Wirtschaftseliten als außerhalb dieser anzutreffen. Eingehendere Analysen zeigen eine mäßig ausgeprägte Ämterhäufung in den Wirtschaftsbranchen Finanzen und Dienstleistungen. In den Firmen haben Adelige mehr Kontroll- als geschäftsführende Funktionen inne. Auffallend ist ihre Ausbildungsüberlegenheit gegenüber dem Rest der Elite. Die Schlussfolgerungen widmen sich einer Integration aller vier Analysen. Dabei wird ein Brückenschlag zwischen „reiner“ Theorie und „reiner“ Empirie angestrebt. Nach Merton (1995, 83) gilt für die Theoretiker die Devise: Ob es wirklich so ist, wie wir es sagen, wissen wir nicht, aber zumindest ist es bedeutsam, und für die Empiriker: Es ist nachweislich richtig, aber zur Bedeutung können wir nichts sagen. Die Vorstellung von Theorie und Empirie als siamesisches Zwillingspaar scheint vielversprechender. Nach dieser Auffassung ist Theorie ohne Empirie leer und Empirie ohne Theorie blind. Eine der (empirisch fundierten) Quintessenzen dieser Arbeit ist, dass Elitenstrukturen und –profile starke Beharrungstendenzen aufweisen. Gesellschaftliche Veränderungen schlagen sich nie unmittelbar in einer veränderten Zusammensetzung der jeweiligen Elite nieder. Vielmehr kommt es zu Anpassungen a posteriori. Eliten weisen stets auch einen nationalen Zuschnitt auf. Ein Portrait der österreichischen Wirtschaftselite ist nur unter Bezugnahme auf die Funktionslogik und die Institutionenlogik des „Modells Österreich“ möglich. Privatisierung, Entpolitisierung, Transnationalisierung und Finanzialisierung haben substanzielle Veränderungsprozesse in diesem Wirtschaftsmodell eingeleitet. In den Elitestrukturen finden diese allmählich ihren Niederschlag. Einige Anmerkungen zur Methodik sind an dieser Stelle angebracht. Die Analyse von Aufsichtsratsnetzwerken ( interlocked directorates ) stellt die Basis dieser Studie dar. Diese

9 Skizze eines Forschungsprogrammes

Netzwerke erlauben es, business groups zu identifizieren. Sie entziehen sich jedoch einer eindeutigen Interpretation. In manchen Fällen gehen diese Vernetzungen mit Kapitalbeteiligungen einher. In anderen Fällen haben (pensionierte) Bänker, Unternehmer, Rechtsanwälte u. a. Aufsichtsratsmandate in gänzlich voneinander unabhängigen Unternehmen. Die durch gemeinsame Aufsichtsräte entstehenden Unternehmensverflechtungen können daher unterschiedliche Bedeutungen besitzen. Reine Strukturanalysen ermöglichen es, den Wandel der „Österreich AG“ im zeitlichen Verlauf zu analysieren. Die „Tiefenstruktur “ der Netzwerke kann jedoch nur aus der Sicht der involvierten Akteure erschlossen werden. Aus diesem Grund habe ich zahlreiche Aufsichtsräte interviewt. Auch eingängige Analysen der öffentlich zugänglichen Lebensläufe von Vorständen lassen nur wenige Interpretationen zu. Um typische Rekrutierungswege und Auswahlkriterien in Erfahrung zu bringen, habe ich mit führenden Personalmanagern gesprochen. Ihr Insiderwissen fließt in die Interpretation aller statistischen Auswertungen zum Profil der österreichischen Wirtschaftselite ein. Eine weitere Expertenvalidierung strebte ich in Bezug auf eine im Verlauf des Dissertationsprojektes erstellte Datenbank zur Politiknähe österreichischer Manager an. Eine extensive Auswertung von Presseartikeln ergab, dass sich in Österreich zahlreiche Aufsichtsräte als ÖVP- oder SPÖ-nahe wahrgenommen werden. Für diese Affinität zur einer der beiden Großparteien gibt es grundsätzlich mehrere (konkurrierende) Erklärungsangebote. Durch Gespräche mit ehemaligen Ministern, Lobbyisten und in die Wirtschaft gewechselten Politikern versuchte ich in Erfahrung zu bringen, wie verschiedenen Typen von Parteien-Manager- Verflechtungen zu interpretieren sind. Mein Bemühen war es daher stets, alle gewonnenen Daten auf ihre Bedeutungskraft zu hinterfragen, von Insidern bewerten zu lassen und dabei zugleich zumindest ein Stück weit in die Lebenswelt von Spitzenmanager einzutauchen . Den Leserinnen 2 sei vorab mitgeteilt, dass Elitenforschung hartes Brot für Soziologen ist. Anders als in anderen Strängen der Sozialforschung kann selten auf Vorgängerarbeiten aufgebaut werden. Personenangaben müssen in der Regel in mühsamer Kleinarbeit gesammelt werden, viele Mediendarstellungen sind schlichtweg falsch und relevante Informationen werden der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht. Damit sind wesentliche Gründe genannt, warum in dieser Arbeit das ein oder andere Thema (z. B. die Zugehörigkeit zu Freundschaftsnetzwerken) ausgespart bleibt. Ich erhebe dennoch den Anspruch, ein repräsentatives Portrait der Wirtschaftseliten in der „Österreich AG“ gezeichnet zu haben.

2 Abweichend von der noch immer üblichen Praxis der maskulinen Form den Vorzug zu geben, wird in dieser Arbeit abwechselnd das männliche oder feminine Generikum verwendet.

10 Skizze eines Forschungsprogrammes

In dieser Arbeit wird die Leserin neben zahlreichen Statistiken und Grafiken auch auf Textstellen stoßen, die folgenermaßen markiert sind:

Diese Passagen geben in indirekter Weise wieder, was mir ein Interviewpartner in seinem Büro oder in einem Wiener Kaffeehaus mitteilte. Da die interviewten Führungskräfte und Wirtschaftsexpertinnen zumeist nicht die Gelegenheit hatten, sich gezielt auf Interviewfragen vorzubereiten, waren sie über das eingeschaltete Tonband in der Regel nicht erfreut. Stegreiferzählungen haben es an sich, dass sie nicht wohl ausformuliert sind, ja teilweise sogar Widersprüche enthalten. Wegen diesen Unfertigkeiten in der Argumentation gaben mir die meisten Manager zur Kenntnis, dass ich sie nicht direkt zitieren solle. Die Belegstellen weichen nur geringfügig von den ursprünglichen Formulierungen ab. Damit ist einerseits garantiert, dass meine Interpretation nicht den Sinn der erhaltenen Antworten verkehrt. Andererseits wird so dem Leser auch die (seltene) Chance geboten, in Kontakt mit der österreichischen Wirtschaftselite zu treten. Manager denken und sprechen anders als Politiker oder Wissenschafter. Wer die Managerwelt verstehen will, muss sich auch mit ihren Akteuren und deren Eigenheiten auseinander setzen. Die an die originalen Formulierungen angelehneten Textpassagen sollen der Leserschaft die Möglichkeit bieten, dieses Universum zeitweise zu betreten. Alle einschlägigen Stellen sind von mir anonymisiert . Der Leserin hat nur sehr abstrakte Anhaltsspunkte, wer sprechen könnte. Wer einen Blick in das Verzeichnis der Interviewpartner wirft (s. Anhang), stößt auf Formulierungen wie etwa: „PR-Experte und Lobbyist“. Ich gebe also meine Quelle an ohne gegen das im Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie festgeschriebene Recht der befragten Personen auf Anonymität zu verstoßen. Die Arbeit kann selektiv gelesen werden. Meine Empfehlung ist, zuallerst das Kapitel 2 vollständig zu lesen. Darin wird beschrieben, wie sich Unternehmens- und Managernetzwerke seit den 70er Jahren verändert haben und wie sie im Austrokapitalismus von heute beschaffen sind. Wer sich nicht nur erschließen will, was es mit dem Begriff „Austrokapitalismus“, sondern auch mit der soziologischen Kategorie „Elite“ auf sich hat, der sollte nach der Lektüre von Kapitel 2 auf die Seiten 104-131 springen und sich erst anschließend dem Kapitel 3 zuwenden. Es bleibt zu hoffen, dass möglicht viele Managerinnen diese Arbeit in die Hand bekommen. Kritische Bemerkungen nehme ich gerne unter [email protected] entgegen.

11 Kein Ende der „Österreich AG“?

2 Kein Ende der „Österreich AG“? Über die institutionelle Stabilität von Unternehmens- und Managerverflechtungen in Österreich (1976-2008)

2.1 Unternehmensnetzwerke als Institutionen des koordinierten Kapitalismus

Stärker als die kontinentaleuropäischen Länder Schweiz, Niederlande oder Deutschland wird Österreich in der Literatur als Konkordanzdemokratie (Lehmbruch 1969), Konsenusdemokratie (Lijphart 1984) oder Verhandlungsdemokratie (Schmidt 1995) hervorgehoben, die sich durch weitgehende Abwesenheit wettbewerblicher Konkurrenz und Inkorporierung von Verbänden in die Politik auszeichne. Dies ginge mit der Konzertierung ökonomischer Interessen einher. Das Kernelement der koordinierten Ökonomie in Österreich sei der Austausch von Interessen und der Abgleich von Fähigkeiten zwischen Unternehmen sowie wechselseitige Verpflichtungen unter Bedingungen des incomplete contracting (Hall/Soskice 2001). Der varieties of capitalism (VoC)-Ansatz3 (Hall/Soskice 2001, Soskice 1999) postuliert, dass sich Unternehmen in koordinierten Ökonomien ( coordinated market economies , CMEs) in den Wirtschaftsbereichen Corporate-Governance-System, Aus- und Weiterbildungssystem, industrielle Beziehungen und Unternehmenskooperation stärker als in liberalen Ökonomien ( liberal market economies , LMEs) absprechen. Setzt man voraus, dass Unternehmensverflechtungen Teil der institutionellen Struktur des Marktes sind, dann sollten sich Unterschiede zwischen dem „Konkurrenz- Kapitalismus“ angloamerikanischer Prägung und dem kontinentaleuropäischen „kooperativen Kapitalismus“ unter anderem in unterschiedlichen Netzwerkkonstellationen manifestieren (Moerland 1995, Windolf/Beyer 1995). Es ist nämlich bekannt, dass umfassende Unternehmensverflechtungen wirkungsvolle Mechanismen der Interessensfilterung sind und sich darin Partikularinteressen schlecht organisieren können (Windolf/Nollert 2001). Tatsächlich konnte Windolf (2002a) empirisch nachweisen, dass Netzwerk-Konfigurationen und damit auch die Kooperations-Chancen zwischen den zwei Kapitalismustypen variieren: In CMEs verdichten sich Verflechtungsketten zu engen Netzwerken von Unternehmen, die untereinander durch Kapitalbeteiligungen und den Austausch von Managern ( interlocking directorates )

3 Kritik an der VoC-Forschungsperspektive wurde zahlreich geäußert: Die Bedeutung des Staates für Makro- Strukturen in der Wirtschaft werde vernachlässigt (Hancké/Rhodes/Thatcher 2007); zwecks Aggregation auf Nationalstaatsebene käme es zu einer Nivellierung relevanter Unterschiede zwischen Akteuren, Regionen und Teilbereichen der Wirtschaft (Allen 2006); Interaktionen und Abhängigkeiten zwischen Staaten fänden nicht ausreichend Berücksichtigung (Djelic/Quack 2007). Antworten auf diese Kritikpunkte finden sich u. a. in Hall (2006).

12 Kein Ende der „Österreich AG“? verbunden sind. In LMEs hingegen sind Kapital- und Personalverflechtungen weitgehend entkoppelt, die Netzwerke dezentralisiert, fragmentiert und derart geformt, dass sie nicht notwendigerweise das Prinzip „Konkurrenz“ unterbinden.4 Die unterschiedlichen Netzwerkstrukturen sind vor allem Ausdruck davon, dass kontinentaleuropäische und angloamerikanische Länder unterschiedliche Disziplinierungsstrategien für das Management gefunden haben („principle-agent “-Problem, Berle/Means 1948). Das eine Mal finden wir einen hohen Konzentrationsgrad des Eigentums, der es Eigentümern (zumeist Mutterunternehmen) ermöglicht, durch ihre privilegierte Stellung in Unternehmensnetzwerken die bürokratische Macht der Manager zu beschränken. Das andere Mal ist Eigentum zumeist unter vielen, zueinander in Konkurrenz stehenden Investment-Fonds aufgeteilt. Die Kontrolle wird durch die „invisible hand “ der Märkte ausgeübt. Österreich ist unbestritten dem ersten Netzwerktypus zuzuordnen (vgl. Stokman/Ziegler/Scott 1985). Inspiriert von der VoC -Forschungsperspektive konzentriert sich die jüngste netzwerkorientierte Forschung auf den institutionellen Wandel kooperativer sozialer Strukturen CMEs. Forschungsanliegen ist dabei zu verstehen, was den Wandel anstößt (Ursachen), wie er voranschreitet (Prozess) und welche Folgen er nach sich zieht (Konsequenzen) (Beyer/Höpner 2003, Heemskerk 2007, Heesmkerk/Schnyder 2008, Heinze 2004, Schynder et al. 2005). Ausgangspunkt der Überlegungen ist zumeist die Annahme von „Pfadabhängigkeit“ (Mahoney 2000, Pierson 2000): In der Vergangenheit getroffene Entscheidungen sowie eingebürgerte Denkweisen und Routinen wirken in die Gegenwart hinein und setzen möglichen Entwicklungen eindeutige Grenzen. Da vorwiegend auf gewohnten Handlungsmustern und/oder auf der Kumulation wechselseitig gegebener Verpflichtungen in der Vergangenheit aufgebaut wird (Mayntz 2002, 27-30), ist im Bereich der Unternehmensnetzwerke erstmals Persistenz zu erwarten, d. h. die traditionellen Beteiligungs- und Kontrollstrukturen bleiben aufrecht. Ein pfadabweichender Wandel kann unterschiedliche Formen annehmen (vgl. Streek/Thelen 2005, Thelen 2003). Am unwahrscheinlichsten sind abrupte Kontinuitätsbrüche und vollständiger Wandel. Ein derartiger Umbruch in koordinierten Unternehmensnetzwerken ist gleichzusetzen mit dem eindeutigen Wandel eines „internen“ oder „kontinentaleuropäischen“ zu einem „externen“ oder „angelsächsischen“ Unternehmenskontroll-System (vgl. Heinze 2002a). Formal zeigt sich das u. a. in der Auflösung des Unternehmensnetzwerkes in zahlreiche Komponenten. Die Beteiligungsstrukturen verlieren ihre Systematik. Inhaltlich geht der Wandel

4 In Großbritannien etwa findet sich typischerweise eine Gruppe von konkurrierenden Finanzinstitutionen als Eigentümer der großen Unternehmen. Zumeist liegt dabei die Netzwerk-Konfiguration eines inversen Sternes vor. Die Kooperationschancen sind gering. „Selbst wenn sich die Interessen weitgehend decken, kann nicht automatisch unterstellt werden, dass sich die institutionellen Eigentümer in einer Koalition zusammenfinden“. (Windolf/Beyer 1995, 474).

13 Kein Ende der „Österreich AG“? des Kontrollsystems einher mit einem Absinken des Kapitals, das an einer langfristigen Rendite interessiert ist ( patient capital ). Von geduldigem Kapital spricht man im Falle stabiler Besitzverhältnisse, die sich aus engen und dauerhaften Kapitalverflechtung zwischen großen (börsenotierten) Aktienunternehmen und/oder mit Hausbanken ergeben. Fehlt derartiges Kapital, so stellt sich im Management ein „obsessive concern with short term market indicators“ ein (Culpepper 2005, 175). Fallende Aktienkurse können schließlich zu Übernahmen, neuen Aktionären und der Auswechslung des Managements führen (Markt für Unternehmenskontrolle).5 Zurzeit verfügt kein westeuropäisches Land über ein dichteres Unternehmensnetzwerk und mehr geduldiges Kapital als Österreich (vgl. Culpepper 2010, 73). Vorrangig stellt sich somit nicht die Frage, ob in Österreichs Wirtschaft neue, anglo-amerikanische Governance- Mechanismen zum Tragen kommen. Naheliegender ist eine detaillierte empirische Erforschung zahlreicher weitreichender Restrukturierungen in der institutionellen Landschaft des österreichischen Unternehmenskontroll-Systems, die letztendlich nicht zum Zusammenbruch, sondern zur Perpetuierung einer einmal gefundenen institutionellen Lösung geführt haben. Beobachter von Österreichs Wirtschaft sind sich über die Diagnose „institutionelle Stabilität“ weitgehend einig:

Although no systematic research in this issue is accessible, anecdotal evidence suggests that the network has seen re- arrangements along the new ownership structures rather than erosion . In contrast to , legislation has not set incentives for companies to reduce their network commitments. There are still numerous instances where top executives simultaneously hold seats on the supervisory board of a large number of companies (Traxler 2007, 41, Hervorhebung PhK).

Im Folgenden wird daher nicht gesellschaftlicher Wandel, sondern institutionelle Kontinuität im Brennpunkt der Analyse stehen. Dafür seien zwei Begründungen angeführt: Erstens erlaubt erst das Verständnis davon, was Stabilität bedeutet, Wandlungsursachen, -potentiale und -richtungen zu erkennen. Bislang konnte nur begrenzt ein Konsens darüber erreicht werden, ab welchen rein quantitativen Erosionsgrad Kapital- und Personenverflechtungen mit qualitativ neuartigen Sozialstrukturen einhergehen. Als Beispiel sei die Debatte um den Wandel und die Kontinuität der „Deutschland AG“ angeführt. Während Kogut und Gordon (2001) anhand von

5 Eine erste umfassende Definition des Konstruktes patient capital als Grenzmarker zwischen LMEs und CMEs nahm Culpepper (2010) vor. Die vorgeschlagene Operationalisierung des diffusen Begriffes umfasst neben der Konzentration von Eigentum und strategischen Kapitalverflechtungen auch liberale oder konservative gesetzliche Regulierungen zur feindlichen Unternehmensübernahme ( hostile takeover ). Ein derart umrissenes Konstrukt eignet sich gut als Indikator für den Übergang von einem internen (Netzwerk-Governance) zu einem externen Kontrollmodell (Markt-Governance) und dient der Vermeidung von Missverständnissen über Postulate von „Persistenz“, „Konvergenz“ und „hybrider Konvergenz“ der Corporate-Governance-Systeme. Vgl. dazu die einschlägige Debatte in der KZfSS (Höpner/Jackson 2002, Heinze 2002b).

14 Kein Ende der „Österreich AG“?

Simulationsanalysen einer Kapitalverflechtungsmatrix einen kritischen Restrukturierungswert bestimmen und nachweisen, dass dieser bislang bei weitem nicht erreicht wurde, sprechen Beyer und Höpner (2003), Höpner und Krempel (2004) sowie Streeck (2009) von schleichenden, inkrementelle Destabilisierungsprozessen. Der österreichische Fall kann als Kontrastfolie mehr Licht in diese und verwandte Diskussionen bringen. 6 Zweitens ist die Persistenz der „Österreich AG“ bei genauerer Betrachtung nicht selbstverständlich. In den achtziger Jahren, dem Ausgangspunkt der Analyse, war Österreich in hohem Maße ein Verbände- und Parteienstaat mit dem größten öffentlichen Wirtschaftssektor Westeuropas. Gemäß dem politischen Kräfteverhältnis im Parlament wurden Manager von „ihren“ Parteien in die Aufsichtsräte der verstaatlichten Industrieunternehmen und Banken entsandt (vgl. Morawetz 1985, Grünwald 2009). Beinahe reißbrettförmig geplant überlappten sich in netzwerkanalytischen Visualisierungen die Einflussbereiche der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) mit jenen der größten nationalen Banken (Ziegler 1984). Dreißig Jahre später ist die Mehrheit aller ÖIAG-Unternehmen privatisiert (Aiginger 1999), wichtige Großbanken fusionierten. Diese warfen ihre Industriebeteiligungen ab und internationale Akteure traten der „Österreich AG“ bei. Dennoch ist die nationale Kontrolle über zumeist am Ausland orientierten Unternehmen aufrecht, die Verflechtungsgrade relativ stabil und das Androhen der „Exit-Option“ durch Aktionäre aufgrund der massiven Einbettung der Wirtschaft die strikte Ausnahme. Welche Netzwerkkonfigurationen machen eine derartige institutionelle Stabilität möglich? Welche Akteure füllten die durch den Rückzug des Staates als Allein- oder Mehrheitseigentümer entstehenden Freiräume? Wie jede gute wissenschaftliche Arbeit greift auch dieses Kapitel ein Phänomen auf, dass erst enträtselt werden muss. Die „Österreich AG“ war anfangs ein durch Staatsbeteiligungen zusammengehaltenes Unternehmensnetzwerk. Als sich der Staat jedoch zunehmend aus der Wirtschaft zurückzog, blieb das Netzwerk aufrecht. Eine derartige Entwicklung ist verstörend und verlangt nach Erklärungen. Zuerst scheint jedoch eine genaue Problemexposition angebracht. Diese findet sich in den folgenden zwei Abschnitten. Einer ausführlichen Schilderung der Ausgangsfiguration „Österreich AG“, also der dichten Personenverflechtung in der österreichischen Wirtschaft der siebziger Jahre, folgt ein Abschnitt über critical junctures.7 Hier werden die weiteren

6 Heemskerk und Schnyder (2008, 54) schließen ihren Artikel mit folgender Anmerkung ab: „[…] it must be a prime objective in the study of interlocking directorates to improve the quality of comparable data sets in order to be able to deepen our understanding of how changes in national networks can be interpreted“. 7 Collier und Collier (1991, 27) definieren critical junctures folgendermaßen: „a period of significant change, which typically occurs in distinct ways in different countries (or in other units of analysis), and which is hypothesized to produce distinct legacies“.

15 Kein Ende der „Österreich AG“?

Verzweigungen und Auflösungen der Pfade der „Österreich AG“ besprochen. Am Ende ist das Rätsel vollständig skizziert. Eine Lösung wird aus einer netzwerkanalytischen Längschitt-Betrachtung heraus gesucht. Bevor ich Netzwerke für unterschiedliche Zeitpunkte (1976, 2000-2008) präsentiere und diskutiere, führe ich Schlüsselbegriffe der Netzwerkanalyse ein. Die Methode selbst wird einer kritischen Überprüfung unterzogen. Das Augenmerk ist vor allem auf die Frage gerichtet, welche theoretische Reichweite strukturalistischen Makroanalysen von interlocking directorates (in der „Österreich AG“) zugesprochen werden kann (vgl. Mizruchi 1996). Der Schlussteil bemüht sich um eine Synthese der Erklärungsangebote, die sich aus der Empirie ergeben. Durch einen Vergleich mit der Entwicklung von Unternehmensverflechtungen in Italien und Spanien werden außerdem die Besonderheiten des österreichischen Falls herausgearbeitet.

2.2 Die Anfänge der „Österreich AG“

Schon im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929ff kam es zur Verstaatlichung der mit dem Großteil der österreichischen Industrie aufs engste verbundenen Kommerzbank „Creditanstalt“. Das erste Verstaatlichungsgesetz von 1946 legte das rechtliche Fundament für einen öffentlichen Wirtschaftssektor, auf den in den siebziger Jahren 25 % des Bruttoinlandsproduktes entfielen (Aiginger 1999, 3). Das Gesetz hatte für 70 Unternehmen Gültigkeit, darunter drei Kreditinstitute, die wiederum 61 Unternehmen und zehn kleine Kreditinstitute als Beteiligungen hatten – insgesamt ein Fünftel des österreichischen Industriepotentials (Turnheim 2009). 1975 waren 120.000 Personen und somit etwa neunzehn Prozent aller Arbeiterinnen im Industriesektor in ÖIAG-Unternehmen angestellt (Nowotny 1998, 42). Noch Mitte der achtziger Jahre hatte Österreich den größten öffentlichen Wirtschaftsektor Westeuropas (Parris /Pestieau/Saynor 1987, 27). Die weitreichende „Austrifizierung“ begann in einer rechtlichen und staatspolitischen Zwangslage. Das Potsdamer Abkommen (1945) sah vor, dass „deutsches Eigentum“ als Wiedergutmachung den Alliierten zufallen sollte. In der Verstaatlichung sah man daher die einzige Möglichkeit, wichtige Produktionsstätten in Österreich zu halten. Alle Regierungen der Nachkriegszeit waren sich einig, dass man nur durch die Gründung der „Verstaatlichten“ die angestrebte Vollbeschäftigung bewerkstelligen könne. Schließlich hatten in der Zwischenkriegszeit in Österreich ansässige ausländische Unternehmen die Arbeitslosigkeit nach oben schnallen lassen (Weber 1994). Die verstaatliche Industrie unterstand der Regierung, zunächst repräsentiert durch das Ministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung, später durch das Verkehrministerium und das Bundeskanzleramt.

16 Kein Ende der „Österreich AG“?

Bis in die achtziger Jahre bestand die Verstaatlichte aus drei großen Einflussbereichen (vgl. Meth-Cohn/Müller 1994, 160): Der mit der treuhändigen Ausübung der Anteilsrechten der Republik an den verstaatlichten Unternehmen beauftragten ÖIAG; den verstaatlichten Banken Creditanstalt und Länderbank und deren Industriebeteiligungen; dem Energiesektor. Um 1980 umfasste die ÖIAG die größten Industrieunternehmen der Eisen- und Stahlproduktion (VOEST- Alpine AG mit der Vereinigten Edelstahlwerke AG als Tochterunternehmen), der chemischen Industrie (Chemie AG), der elektrischen Industrie (Elin-Union AG), der Aluminiumindustrie (Vereinigte Metallwerke Ranshofen-Berndorf), der Ölindustrie (Österreichische Mineralölverwaltung), der Stein- und Erdindustrie (Bleiberger Bergwerksunion AG), der Maschinen- und Motorenindustrie (Simmering-Graz-Pauker-Industrie) sowie der Bergbauindustrie (Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG). Der Soziologe Rolf Ziegler hat sich in Wien und München als Leiter des DFG- Forschungsverbundes „Analyse sozialer Netzwerke“ (1977-1981) dem sozialen Emergenzphänomen „Österreich AG“ in den achtziger Jahren aus einer netzwerkanalytischen Perspektive angenähert (Ziegler 1984, Ziegler/Bender/Biehler 1985, Ziegler 1987). Morawetz (1985) untersuchte zeitgleich, die personellen Verflechtungen der neun größten Banken und der 70 umsatzstärksten Industrieunternehmen des Jahres 1976. Welche Strukturen ergaben sich durch den Umstand, dass Personen Vorstands- und Aufsichtsratsfunktionen in mindestens zwei Unternehmen gleichzeitig ausübten?

Das österreichische Netzwerk erscheint wie am Reißbrett konzipiert […]. In Österreich sind es die beiden verstaatlichten Großbanken, die staatliche Holding ÖIAG und – in geringerem Maße – das größte private Bankhaus [Schoellerbank], die mit ihren Vorstandsbindungen die Grundstruktur des Netzes festlegen. […] Insbesondere die beiden verstaatlichten Banken in Österreich scheinen nach dem Prinzip des „divide et impera“ zu verfahren. Die Integration dieser relativ stark segmentierten Sphären beruht im wesentlichen auf der Existenz zweier Treffpunkte: erstens das Gemeinschaftsunternehmen der drei österreichischen Großbanken, die Österreichische Kontrollbank AG, die dem Giroverkehr zwischen den Kreditinstituten dient, Exportkreditgarantien betreut sowie Treuhand- und Konsortialgeschäfte für die öffentliche Hand abwickelt. Der zweite Treffpunkt ist die ELIN [Aktiengesellschaft für elektrische Industrie], die sich bereits zu dieser Zeit [1976] in hohem Maße auf Bankkredit stützen musste (Ziegler 1984, 596-599).

Nahezu ident fällt das Urteil von Morawetz (1985, 80) aus:

Den drei dominierenden Institutionen im gerichteten Netzwerk – Creditanstalt, Länderbank und ÖIAB (sic!) - entsprechen deutlich abgrenzbare Aufsichtsratsdomänen, zwischen denen einige Unternehmen als „Brücken“ fungieren. Das verbindende Glied zwischen allen drei Konzernen ist die Elin-Union, in deren Aufsichtsrat sich die Vorstände der CA, LB und OIAG gleichzeitig treffen.

Neben einer starken Segmentierung (s. dazu Grafik 2.5) und paarweisen Überlappungen von Clusterzentren zeichnete sich die „Österreich AG“ durch ein Zentrum-Peripherie-Muster aus. Die

17 Kein Ende der „Österreich AG“? oben genannten vier Unternehmen sowie das größte private Bankhaus Schoeller legten mit ihren Vorstandsverbindungen die Grundstruktur des Netzes fest. Von diesem Kern gingen zahlreiche Verbindungen in die Peripherie aus (z. B. zu Industrieunternehmen der Verstaatlichten). Diesem personellen Unternehmensnetzwerk wurden Steuerungsmöglichkeiten zugeschrieben, die über Unternehmens- und Konzerngrenzen hinweg gingen. Der Staat konnte etwa über die zahlreichen Verästelungen der ÖIAG ordnungspolitische Vorgaben umsetzen.

2.3 Entwicklungspfad der „Österreich AG“

Die Wandlungen der Österreich AG ergaben sich in erster Linie durch den Umfang und die Form der Überführung öffentlichen Vermögens in Privateigentum. Dem internationalen Trend folgend nahmen umfangreiche Privatisierungsvorhaben auch in Österreich in den 1980er Jahren ihren Ausgang. Auslöser war die bislang größte Krise der Verstaatlichten (vgl. Die Zeit, 13.1.1986). „Aufgrund der internationalen Entwicklungen – der weltweiten Branchenkrise im Bereich der Eisen- und Stahlindustrie […], missglückter Diversifizierungen, permanenter politischer Interventionen im Sinne der Beschäftigungspolitik und damit sinkender Konkurrenzfähigkeit“ (Kriechbaumer 2008, 370) wurde die Verstaatliche zum permanenten Subventionsempfänger des Bundes. Die zunehmende Verlustentwicklung der „Verstaatlichten“ seit der zweiten Hälfte der Ära Kreisky ist jedoch nur einer der Gründe eines Richtungswechsels. Als weitere Anstöße führen Belke und Schneider (2006) an: Der Anreiz, mit den Erlösen das Staatsbudget aufzubessern 8; Lobbying von nationalen und insbesondere internationalen Investmentbanken; ein allgemein zunehmende Akzeptanz für die Idee „mehr privat, weniger Staat“ und damit einhergehend auch eine zunehmend befürwortende Privatisierungshaltung aller Parteien. Seit Amtsantritt des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Franz Vranitzky 1986 argumentiert die SPÖ mehrheitlich, dass Privatisierung fernab jeder Ideologie eine pragmatische Notwendigkeit sei (vgl. Meth-Cohn/Müller 1994). Teile der ÖVP, so etwa der nahezu gänzlich aus Managern kleiner/ mittelgroßer Betriebe bestehende und in Konkurrenz zum öffentlichen Sektor stehende Österreichische Wirtschaftsbund, fordern seit jeher Entstaatlichungsmaßnahmen (Müller 1988). Wenig überraschend ist daher auch, dass die Privatisierung bislang am stärksten unter dem ÖVP-Parteichef und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (2000-2007) forciert wurde. Es lassen sich sechs Etappen der Privatisierung in Österreich unterscheiden (vgl. Schneider 2002, Turnheim 2009):

8 Das Wort „Nulldefizit“ wurde zum Unwort des Jahres 2001 gewählt.

18 Kein Ende der „Österreich AG“?

1986 - 1990: Zeitlich auf die sogenannte „VOEST-Krise“ (Stahlindustrie) und dem finanziellen Debakel des größten österreichischen Aluminiumkonzerns AMAG folgte die für eine massive Kapitalbeschaffung notwendige Teilprivatisierung (27,25 %) der OMV (Mineralöl-, Chemiekonzern). Privatisiert wurden auch 17,6 % des österreichischen Anteils an Siemens. 1991 - 1993 : Überführung u. a. von jeweils 74 % der SGP Verkehrstechnik, der Voest Alpine Eisenbahnsysteme (beide Herstellung von Fahrwerken) in den Privatmarkt. Auch das Arbeitsmarktservice wird in eine Privatgesellschaft verwandelt. 1994 - 1995 : Senkung der Bundesanteile an den Leitunternehmen Böhler-Uddeholm (Edelstahlhersteller) auf 72,7 %, der VA Stahl AG auf 86,3 % und der VA Technologie AG auf 49 %. Es folgten mehrere 100-prozentige Privatisierungen, etwa von AT & S GmbH (Leiterplattenhersteller). 1996 -1999 : Verkauf von 4,6 % der VA Stahl AG (an institutionelle Investoren), von 47,7 % Böhler Uddeholms, von weiteren 14,9 % der OMV AG, von 87 % der VAMED (Gesundheitsbetriebe) und der VA Bergtechnik. Der Bund stößt des weiteren 100 % der Anteile von AMAG und insgesamt 68,3 % der Tabak AG ab. 2000 - 2003 : Unter dem Bundeskanzler Schüssel (ÖVP) und dem Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) werden 20,7 % der VA Stahl AG, 9 % der VA Technologie AG, 25 % der Böhler Uddeholm AG, 41,1 % der Austria Tabak AG, 17,38 % des Flughafens Wien AG und 22,4 % der Telekom Austria AG privatisiert. Gänzlich verkauft werden u. a. das Dorotheum und der Postbus, ein Unternehmen der ÖBB. 2004-2007 : 17 % der Telekom Austria AG, jeweils 15 % der VA Technologie AG und 15 % der VA Stahl AG sowie 39 % der Post AG werden in den privaten Sektor der Wirtschaft verlagert.

Vor allem nach den zwei umfangreichsten Privatisierungswellen zwischen 2000 und 2007 kann die verstaatlichte Industrie als nahezu gänzlich aufgelöst bezeichnet werden (Turnheim 2009, 121). Mit der Ausnahme der OMV Aktiengesellschaft, an der die Republik Österreich mit 31,5 % beteiligt ist, scheint im ÖIAG-Geschäftsbericht 2009 nur noch die österreichische Post AG (52,85 %), die Telekom Austria AG (28,42 %) und die GKB-Bergbau GmbH (100 %) auf. Der Beobachtungszeitraum dieser Studie (1976-2008) hält in mehreren Momentaufnahmen die allmähliche Erosion der „Verstaatlichten“ fest. Angesichts der Tatsache, dass die verstaatlichte Industrie zumindest in den 80er Jahren das Rückgrat der Österreich AG darstellte (vgl. Ziegler 1985), könnte man annehmen, dass die von Rolf Ziegler und Inge Morawetz dokumentierten personellen Unternehmensverflechtungen sich aufgelöst haben. Schließlich sind es vor allem die Industrie-Banken-Verbindungen sowie Vernetzungen innerhalb der ÖIAG-Gruppe, die die Figuration „Österreich AG“ ursprünglich prägten. Aufmerksame Beobachter der österreichischen Wirtschaft bestätigen jedoch, dass in Österreich die Akkumulation von Aufsichtsratssitzen weiterhin verbreitet ist (vgl. Traxler 2007). Ohne weiterführende empirische Untersuchungen liegt ein Rätsel vor. Wie kommt es, dass nach weitgehendem Rückzug des Staates aus Banken und Industrie das Netzwerk nicht in sich zusammengebrochen ist? Für diese Fragestellung lässt sich in der vorhandenen Literatur auch eine theoretische Rahmung ausmachen. Katzenstein (1985) hat für das von der Außenwirtschaft abhängige Österreich eine gewisse Verwundbarkeit festgestellt, die das Land zu einer flexiblen Anpassung an weltwirtschaftliche Entwicklungen zwingt. Das informelle Modell der österreichischen

19 Kein Ende der „Österreich AG“?

Sozialpartnerschaft soll durch Einbeziehung gesellschaftlicher Interessensvertretungen den politischen Entscheidungen das gesellschaftliche Konfliktpotential nehmen. Andere Elemente der domestic compensation nach Katzenstein sind: die Größe des öffentlichen Sektors, das Wohlfahrtssystem, die Industriepolitik und die Einkommenspolitik. David und Mach (2001, 6) sind der Ansicht, dass dasselbe Argument auch auf Corporate Governance-Mechanismen erweitert werden könne. Alle kleinen europäischen Staaten waren für die starke Konzentration in der Eigentümerstruktur bekannt. Engmaschige Unternehmensnetzwerke ermöglichten es, dass die nationale Kontrolle über am Ausland orientierte Unternehmen garantiert war. Die ursprüngliche Forschungsfrage lässt sich vor diesem theoretischen Hintergrund folgendermaßen formulieren: Wie konnte die nationale Kontrolle über das Unternehmensnetzwerk trotz weitgehenden Rücktzugs des Staates aufrecht erhalten werden? Eine Teilantwort findet sich in der gewählten Form der Überführung von Staatseigentum in private Hände. Nach Belke und Schneider (2006) war der Privatisierungsauftrag an die ÖIAG an die Bedingung geknüpft, dass eine österreichische Kernaktionärsstruktur Bestand haben sollte. Die ÖIAG selbst, und damit indirekt die Republik Österreich, hatte bis 2000 Restanteile zwischen 24 und 39 % an großen Unternehmen wie etwa VA-Technologie AG oder der VA-Stahl AG behalten. Darauf folgten jedoch vollständige Privatisierungen dieser großen Industrieunternehmen. In anderen Bereichen blieb der Staat jedoch Miteigentümer oder es bildeten sich strategische Koalitionen zur Abwehr des „Verscherbelns des heimischen Familiensilbers“ (Die Presse, 18.05.2008), wie es im Volksmund heißt. Das soll im Folgenden exemplarisch aufgezeigt werden:

Die „österreichische Stahllösung“ am Beispiel der Das von den Nazis als „Hermann-Göring-Werke“ in Linz gegründete Stahlunternehmen wurde nach Kriegsende zum Symbol der verstaatlichten Industrie. 1993 wurde der Stahlindustriekonzern in drei Sub-Unternehmen aufgegliedert, die bis 1995 teilprivatisiert wurden: Voest-Alpine Industrieanlagenbau, Böhler-Uddeholm AG und Voest Alpine Stahl AG. 2003 wurde die vollständige Privatisierung beschlossen. Zuerst arbeitet der ÖIAG-Vorstand unter strenger Geheimhaltung gemeinsam mit zwei kanadischen Magna-Managern das Konzept aus, die Voestalpine mit Investbank JP Morgan als Mittler an Magna zu verkaufen. Nach heftigen Protesten kommt es zu einem Schwenk – die „österreichische Lösung“ wird bevorzugt. Der mächtige oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer führt einen Landtagsbeschluss herbei, der garantieren sollte, dass „die Voest“ ein österreichisches Unternehmen bleibt (vgl. Der Standard, 27.08.2003). Im September desselben Jahres beschließt der Ministerrat, dass ein österreichischer Kernaktionär bewahrt werden müsse (Leisch 2004, 49). Anstelle von informativen road shows für internationale Investoren folgten geheime Absprachen zwischen der Schüssel-Regierung und heimischen Investoren rund um die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Ludwig Scharinger, der ÖVP-nahe Vorstand der Landesbank, berichtete dem Nachrichtenmagazin Format (11.09.2003) von seinem Plan, kleine österreichische Aktionäre unter der Ägide der Raiffeisen zusammenzuführen: „Diese Firma wird unter der Dachmarke Österreich-Fonds auftreten. Ich rechne damit, dass wir am Ende der Transaktion nächste Woche zwischen 12 und 15 Prozent der Voest-Aktien halten werden“. Weitere Anteile sollten über die Börse gekauft werden. Nach Auskunft von Hoppenstedt war 2008 die

20 Kein Ende der „Österreich AG“?

Raiffeisenlandesbank Oberösterreich tatsächlich mit 15, die Arbeitnehmer-Privatstiftung mit 10,7 und die Oberbank AG mit 7,68 % beteiligt (Hoppenstedt-Firmendatenbank, 2/2008). Die Zeitschrift Economist (04.09.2003) zog folgendes Resümee: „Mr. Schüssel, who talks fondly of open borders and free markets, now sounds happy to accept a much lower price for Voestalpine to keep it in familiar hands“.

Die „österreichische Stromlösung“ am Beispiel der Verbundgesellschaft Die Verbundgesellschaft (vormals Österreichische Elektrizitätswirtschafts-AG), Österreichs größter Elektrizitätskonzern, deckt über vierzig Prozent des landesweiten Strombedarfs und gewinnt nahezu neunzig Prozent des Stromes aus Wasserkraft. Laut Verstaatlichten-Gesetz muss die öffentliche Hand eine Mehrheit (mindestens 51 %) am „Verbund“ und den Landesenergieversorgern (EVN AG, KELAG, TIWAG, etc.) halten. Beim „Verbund“ halten neben der Republik Österreich auch die TIWAG, Wienstrom und die EVN zusammen dreißig Prozent der Anteile. Die öffentliche Hand würde daher auch dann eine Mehrheit beibehalten, wenn der Bund unter die 50-Prozent-Schwelle ginge. Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Österreichs (vgl. Böheim/Handler/Schratzenstaller 2010) sieht im diesem Bereich die größten Privatisierungspotentiale. Unter der Annahme, dass sich die öffentliche Hand in den Energieversorgungsunternehmen (Verbundgesellschaft und neun Landesversorger) auf die aktienrechtliche Sperrminorität (25 % + 1 Aktie) zurückzieht, wäre ein geschätzter Verkaufserlös zwischen 3,2 und 6,3 Milliarden € zu erzielen. In regelmäßigen Abständen wird eine Stimme für die Privatisierung des „Verbunds“ erhoben (vgl. Die Presse, 19.06.2008), konkrete Privatisierungspläne hat die Regierung jedoch nicht geäußert.

Austrian Airlines, OMV, Telekom, Post – die staatsnahen Unternehmen heute 2008 beauftragte die Regierung die Investmentbank Merrill Lynch mit der Vorbereitung einer möglichen Übernahme der AUA durch eine ausländische Airline wie die Lufthansa oder die Air /KLM (Die Presse, 01.07.2008). Ab September 2009 verfügte die Lufthansa über 94,4 Prozent der Aktien von Austrian Airlines. Von den börsennotierten Unternehmen behält die ÖIAG Anteile an der Post, der Telekom Austria und der OMV. Der Mineralölkonzern OMV war das erste ÖIAG-Unternehmen, das an der Börse notiert wurde. Am Ende der ersten Privatisierungswelle betrugen die Staatsanteile 72,25 %, danach wurden sie kontinuierlich auf 31,5 % gesenkt. Die Kombination von privaten Investoren mit dem Staat als Kernaktionär hat sich bewährt: „Die OMV hat seit 1994 ohne Unterbrechung Dividenden gezahlt und damit die Kassen der ÖIAG kräftig aufgefüllt“ (Die Presse, 12.07.2009). Eine weitere Teilprivatisierung aller drei staatsnahen Unternehmen würde einen geschätzten Erlös von einer Milliarde Euro einbringen (vgl. Böheim/Handler/Schratzenstaller 2010).

Eine weitere Teilantwort auf die Forschungsfrage müsste in der spezifischen Entwicklung des österreichischen Bankwesens zu finden sein, denn innerhalb der „Österreich AG“ kam anfangs auch den Banken eine herausrragende Rolle zu. Das erste Verstaatlichungsgesetz (1946) machte die Republik Österreich zum alleinigen Eigentümer des Creditanstalt-Bankvereins (CA-BV), der Länderbank und des Österreichischen Creditinstituts. Vor allem die CA-BV wurde zu einer Konzernspitze, „die nahezu in allen Industriezweigen über zumindest ein führendes Unternehmen verfügte. In der Industriefinanzierung beherrschten Creditanstalt-Bankverein und Länderbank die Szene“ (Jetschgo et al. 2004, 118).9 Vor allem diese Banken erhielten öffentliche

9 Eine umfassendste Darstellung der Verflechtung zwischen der CA und den diversen Industrieunternehmen ist in März (1981) zu finden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Beobachtungszeitraum dieser Studie nur bis 1924 reicht – das Jahr der ersten Bankenzusammenbrüche in Österreich.

21 Kein Ende der „Österreich AG“?

Kapitalzufuhren zum Ausgleich von Kreditausfällen bei industriellen Beteiligungen, was wiederum der Sicherung von Arbeitsplätzen diente. Außerdem ermöglichten implizite Staatsgarantien Konditionen für Kredite, die in der Regel nur Kunden mit nachgewiesener hoher Bonität gewährt werden. Die weiter oben erwähnten personellen Verflechtungen zwischen Banken und Industrie dienten im Wesentlichen der Supervision: Bankvorstände erhielten in den Aufsichtsräten interne Informationen über das Unternehmen, die eine Einschätzung eventueller Risiken dienten (vgl. Windolf 2009). Vor allem die neunziger Jahre brachten eine grundlegende Neugestaltung des Bankensektors. Auf die Einführung des Prinzips des freien Markteintritts von Banken in anderen EU-Ländern („ Single European Passport “) antwortete Österreich einerseits mit einer umfassenden Konsolidierung des Bankensektors, um so durch sogenannte Synergieeffekte konkurrenzfähig zu bleiben. Andererseits erfolgte eine Expansion des österreichischen Finanzsektors nach Osteuropa.

Neuausrichtung der österreichischen Banken – Konsolidierung und Internationalisierung 1991 geht die Bank Austria AG aus einem Zusammenschluss der Zentralsparkasse mit der Länderbank hervor. 1997, am Ende eines sich anfangs verschleppenden und durch politische Interventionen gekennzeichneten Privatisierungsprozess der Creditanstalt-Bankverein (vgl. Grubelnik 1998, 193-258), kam es sodann zu der bislang weitest reichenden Umwälzung im österreichischen Kreditwesen. Die Bank Austria übernahm den Creditanstalt- Bankverein. Nach einigen Jahren fusionierten beide zur Bank Austria Creditanstalt AG. Seit Ende 2005 ist die damalige Bank Austria Creditanstalt Mitglied der europäischen Bankengruppe UniCredit. Von dem Sparkassenbereich, vor allem repräsentiert durch das Spitzeninstitut Girocredit, hatte sich die Bank Austria in frühen Jahren getrennt. Die Erste Österreichische Spar-Casse übernahm diesen Anteil sowie Minderheitsanteile an anderen Sparkassen. Mit der Fusion zur Ersten Bank der österreichischen Sparkassen AG wurde ein entscheidender Schritt zur Konsolidierung der Sparkassenbereichs gesetzt. „Insbesondere die Bank Austria hatte von Creditanstalt und Länderbank große Industriebeteiligungen übernommen, die diese Industrie- und Handelsbanken im Laufe der Jahre teils aus der Umwandlung von Krediten teils zur Absicherung der Geschäftsbeziehungen übernommen hatten. Auch die Erste Bank hatte insbesondere Industriebeteiligungen von der GiroCredit (früher Girozentrale) übernommen. Derzeit werden diese Industriebeteiligungen nach und nach abgestoßen, wobei sich die beiden Großbanken auf das eigentliche Kerngeschäft konzentrieren wollen“ (Bruckner/Stickler 2000, 139). Ein weiterer Privatisierungsschritt betraf die Österreichische Postsparkasse, die von der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) aus dem Besitz des Staates übernommen wurde“ (Lacina et al. 2004, 146). 2007 wird die BAWAG P.S.K. von einem Konsortium unter der Führung von Cerberus Capital Management L.P. übernommen. Nach Auskunft der offiziellen Homepage der BAWAG P.S.K. beendet der Verkauf „ein schwieriges Kapitel in der Geschichte der Bank. Der Eigenkapitalzuschuss der neuen Eigentümer ersetzt die Haftung der Republik Österreich für die BAWAG P.S.K.“ 10 Des Weiteren brachte die Entlassung der mittel- und osteuropäischen Staaten in die nationale Eigenverantwortung ab 1989 das österreichische Bankwesen in Bewegung. Mehrere österreichische Banken begannen im großen Ausmaß zu expandieren. Nach Auskunft der Österreichischen Nationalbank sind diese mittlerweile „die größten Investoren im

10 < www.bawag.com>, gehe auf „Firmengeschichte BAWAG P.S.K. 2005-2010“, < 21.05.2011 >

22 Kein Ende der „Österreich AG“? zentral- und osteuropäischen Bankenmarkt […]Der Marktanteil der im Auslandseigentum befindlichen Banken liegt in der Region (ohne Russland) bei rund 80 %. In der gesamten zentral- und osteuropäischen Region verfügten die Tochterbanken von in Österreich ansässigen Instituten Mitte 2007 über eine Bilanzsumme von rund 200 Milliarden Euro. Die in der Region aktivsten österreichischen Institute sind Bank Austria-Creditanstalt, Erste Bank und Raiffeisen Zentralbank, die zusammen fast 90 % der Gesamtbilanzsumme der österreichischen Tochterbanken in Zentral- und Osteuropa stellen. Den größten Anteil an der Gesamtbilanzsumme haben die Tschechische Republik, Kroatien, Rumänien, die Slowakische Republik sowie Ungarn“.11

Insgesamt macht auch die Entwicklung des Bankenwesens klar, dass der Entwicklungspfad der „Österreich AG“ in erster Linie durch einen deutlichen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft gekennzeichnet ist. Leider mangelt es im Falle Österreichs an empirisch fundierten Studien über die Entwicklung von Eigentümerstrukturen. Einzig und allein Gugler (Gugler 1998, Gugler et al. 2001) informiert über die Rolle des Staates und der Banken im landesweiten Kapitalnetzwerk zum Zeitpunkt 1996 , also noch vor der vierten Privatisierungswelle. Gugler (1998) betonte noch, dass ein Fünftel der größten Unternehmen im Besitz des Staates oder von Banken waren. Für 2011 kann diese Studie keine Aussagekraft mehr beanspruchen. Die Erkenntnis über das Weiterleben der „Österreich AG“ nach Rückzug des Staates bleibt auch nach diesen historischen Exkursen verstörend. Beschreibungen von Privatisierungsprozessen und Neugestaltungen im Bankenwesen tragen wenig zum vollständigen Verständnis dieses Emergenzphänomens bei. Es bleibt unklar, welche Sequenzen der Umstrukturierung dieses soziale Gebilde insgesamt durchlaufen hat. Soziologische Erklärungen – und nach einer derartigen suchen wir hier - sind letzlich Prozeß- Erklärungen (vgl. Esser 1999). Der Soziologe zeichnet die verschiedenen Evolutionsstufen seines Forschungsobjektes nach, um zu einem adäquaten Verständnis des Ist-Zustandes zu kommen. Das noch zu erschließende Element einer Erklärung ist somit genannt. Es ist die Betrachtung der allmählichen Soziogenese der „Österreich AG“ durch die „Netzwerkbrille“, also die detaillierte Analyse der Entwicklung des Unternehmensnetzwerkes über die letzten Jahrezehnte, die es letztlich ermöglichen soll, das gestellte Rätsel zu lösen. Bevor eine derartige Analyse durchgeführt wird, sollen jedoch wesentliche Denkmittel der Netzwerkanalyse vorgestellt werden. Es muss auch gekärt werden, für was die „Österreich AG“ eigentlich steht, wenn man sie anhand von Personal- (im Gegegnsatz zu Kapital-)verflechtungen erfasst.

11 < www.oenb.at/de/finanzm_stab >, gehe auf „Stabilität“ und „CEECs“, <13.05.2011>.

23 Kein Ende der „Österreich AG“?

2.4 Interlocked directorates und die Denkmittel der Netzwerkanalyse

Die „Österreich AG“ wird hier über sogenannte interlocked directorates konstruiert. Interlocked directorates dienen Sozialwissenschaftlern nahezu seit einem Jahrhundert 12 als Untersuchungsmaterial ( strategic research material , Merton 1987). Sogar Enzyklopädiebeiträge finden sich über den Begriff (vgl. Mizruchi/Marquis 2006). In deutschen Sprachraum verfügen Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) über eine Geschäftsführung und ein Aufsichtsgremium. Personenverflechtungen können nun grundsätzlich zwei Erscheinungsformen annehmen: Eine Person ist Mitglied in zumindest zwei Aufsichts- oder Geschäftsleitungsorganen unterschiedlicher Unternehmen (ungerichtete Verflechtung). Eine Person ist Vorstand/Geschäftsleiterin eines und Aufsichtsratsmitglied zumindest eines anderen Unternehmens (gerichtete Verflechtung). In beiden Fällen spricht man von interlocks , oder Personalbeziehungen zwischen zwei Unternehmen. Da Sozialforscher von allen Abläufen in diesen Gremien in der Regel ausgeschlossen sind, können Daten zu interlocked directorates als komplexe Sachverhalte gesehen werden, denen keine eindeutigen Inhalte zugesprochen werden können (Stinchcombe 1990). Krippner (2001) kritisiert, dass in dieser und anderen Sparten der Netzwerkforschung die Methode ein Primat über die Inhalte erringe. Es werde mit avancierten Auswertungsmethoden soziale Strukturen konstruiert, in verschiedene Bestandteile zerlegt, etc., ohne genau zu wissen, was diese auf dem Schreibtisch entworfenen Objekte, wie etwa die „Österreich AG“, tatsächlich zu bedeuten hätten. Die umfangreiche Forschung zu interlocked directorates entstand aus dem banalen Grund, dass „die Daten einfach da waren“ und relativ leicht in EDV-Programme eingespeist werden konnten. Erst in einem zweiten Schritt wurden die Daten auf ihren Sinngehalt hin untersucht. Das mag gegen so manche Regel des wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen, bedeutet jedoch noch nicht, dass die Daten unbrauchbar wären. Eines der wesentlichen methodologischen Probleme ist, dass der treibende Motor wechselnder Figurationen von Personenvernetzungen Überlegungen einzelner Manager und/oder ganzer Unternehmen sein können. Dem funktionalen Postulat, dass sich Unternehmen vornehmlich deshalb miteinander verflechten, weil sie ihre Umwelt kontrollieren oder ihre Abhängigkeit von Ressourcen anderer Unternehmen verringern wollen (Ressourcendependenzmodell, Pfeffer/Salancik 1978), stehen Machtzirkel-Theorien gegenüber, die gemeinsame Aufsichtsratssitzungen als Möglichkeit für Prestigemaximierung und Ausbau des Kontaktnetzes einer relativ homogenen sozialen Klasse sehen (Mills 1956, Useem 1984). Diese zwei

12 Erste Untersuchungen gehen auf Jeidels (1913) in Deutschland und Wibaut (1903) in den Niederlanden zurück.

24 Kein Ende der „Österreich AG“? grundsätzlich unterschiedlichen treibenden Kräfte auseinander zu halten, hat sich nur als begrenzt möglich erwiesen (vgl. Stokman/Van der Knoop/Wasseur 1988). Ein weiteres methodologisches Problem stellt die Tatsache dar, dass interlocked directorates räumliche Phänomene sozialer Ordnung sind. Miteinander vernetzte Manager können in derselben Stadt oder in weit voneinander entfernten Regionen wohnen. Die Inhalte (Absprachen vs. Kontaktpflege) der vier bis sechsmal im Jahr stattfindenden Geschäftstreffen in Aufsichtsräten variieren wahrscheinlich mit der räumlichen Distanz der Manager zueinander (vgl. Kono et al. 1998). Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass trotz der Fülle von Studien zu interlocked directorates (vgl. Mizruchi 1996) eine funktionale Perspektive auf dieses Phänomen problematisch bleibt. Es gilt der Grundsatz, dass jedes beliebige Element der Kultur oder der sozialen Struktur Funktionen haben kann , es aber verfrüht wäre, ohne Wenn und Aber zu vertreten, dass jedes Phänomen dieser Art funktional sein muss (Merton 1995, 29, Hervorh. PhK).

Der vorliegenden Studie ist eine weitgehend unbestrittene Interpretation von interlocked directorates als Gelegenheitsstruktur (vgl. Windolf 2006, 39) zugrunde gelegt. Netzwerke lassen sich in diesem Sinne wie Zugfahrpläne interpretieren: Wir sehen welche „Orte“ miteinander verbunden sind, wo „Halt“ gemacht wird und welche „Bahnanschlüsse“ zu finden sind. Ein Beispiel soll demonstrieren, dass sich diese Auslegung für gerichtete Personenvernetzungen bewährt:

Erwin Hameseder war 2008 in der Geschäftsführung der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien reg. Gen. m.b.H. und Vorstand der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG. Zugleich war er als Aufsichtsrat des Nahrungsmittelkonzerns Agrana Bet.-AG, des Flughafen Wien AG, der Holdinggesellschaft Leipnik-Lundenburger Invest Bet. AG und des Baunternehmens Strabag SE tätig. An all diesen Unternehmen ist die Raiffeisen-Bankgruppe als Mehrheitsaktionär beteiligt. Es ist daher naheliegend anzunehmen, dass eine bestimmte Form der Kooptation stattgefunden hat. Raiffeisen hat Hameseder in den Aufsichtsrat gewählt. Die Minderheiten-Aktionäre hatten bei dieser Entscheidung kein wesentliches Mitspracherecht. Das impliziert eine hierarchische Kontrollstruktur (vgl. Carroll/Fennema 2002). Durch Hameseder hat Raiffeisen grundsätzlich die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Seine Bestellung wird in erster Linie durch das Interesse Raiffeisens und nicht durch individuelle Karriereambitionen zu erklären sein. Beide Erklärungen sind jedoch miteinander zum Teil kompatibel.

Ungerichtete Personenverflechtungen erlauben eine derartige Interpretationstiefe nicht. Um den Vergleich mit dem öffentlichen Verkehr noch einmal aufzugreifen: Die Strecke ist ersichtlich, doch unklar bleibt in welche Richtung der Zug abfährt.

Ein gutes Beispiel ist der Jurist Gottfried Wanitschek, der von 1984 bis 1990 Generalsekretär der Raiffeisen Versicherung AG und Geschäftsführer diverser Beteiligungsgesellschaften war. Danach wechselte er zur Leipnik-

25 Kein Ende der „Österreich AG“?

Lundenburger Invest Bet. AG, wo er von 1991 bis 1993 Mitglied des Vorstandes war. Seit 1999 ist Wanitschek Mitglied des Vorstandes der UNIQA Versicherungen AG. Er ist auch seit 1998 im Aufsichtsrat der Strabag SE. Zum Zeitpunkt der Untersuchung war er auch Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens Leipnik-Lundenburger Invest Bet.- AG und der Strabag SE. Diesem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass er seit mehr als zwanzig Jahren in der Raiffeisen-Gruppe tätig ist. Wenig überraschend ist daher auch die Akkumulation von Aufsichtsratsmandaten in Beteiligungsunternehmen der Raiffeisen. Seine zeitgleichen Mandate schaffen einen potentiellen Informationskanal zwischen den Firmen, wobei gänzlich offen bleibt, in welche Richtung die Informationen fließen.

Personenverbindungen können jedoch auch in Form von Mehrfachverflechtungen vorkommen. Dann liegt auf den ersten Blick Redundanz vor (vgl. Burt 1992, 18), die als Ausdruck eines übergeordneten Phänomens gesehen werden kann.

Nicht nur Gottfried Wanitschek, sondern auch Erwin Hameseder schafft einen institutionalisierten Informationskanal zwischen Leipnik-Lundenburger und Strabag SE. Da beide Personen in den Gremien dieselben Informationen erhalten und weiter leiten können, ist die Zweifachvernetzung aus einer funktionalen Perspektive überflüssig. Da die Konfiguration nicht ein Zufallsprodukt sein dürfte, deutet sie auf das Vorhandensein einer Unternehmensgruppe (unter der Ägide der Raiffeisenbank) hin, in der dichte institutionalisierte Kommunikationskanäle der Vermittlung und Durchsetzung organisationsübergreifender Interessen dienen. In der Regel steigt mit der Anzahl der Verbindungspersonen auch die Anzahl der „Brücken“ zu anderen kooperierenden Unternehmen (in diesem Beispiel etwa zur Strabag SE).

Eine Mikroanalyse von interlocked directorates erlaubt es also Strukturen zu identifizieren, die Kooperationen zwischen Unternehmen grundsätzlich unterstützen können. Kommt es zu einer Erosion dieser Strukturen, so schwindet damit auch die Möglichkeit formeller Zusammenarbeit. Um eine sterile Analyse von Unternehmensnetzwerken (vgl. Smith-Doerr/Powell 2005, 394) zu vermeiden, konzentriert sich der Beitrag erstens auf den Wandel von Gelegenheitsstrukturen im Zeitverlauf und somit auf die institutionelle Stabilität oder Diskontinuität der „Österreich AG“. Zweitens soll eine akteurszentrierte Analyse die strukturellen Beobachtungen mit Inhalten füllen. Drittens erfolgt eine Interpretation der Ergebnisse stets unter Bezugnahme auf den jeweiligen historischen Kontext der „Österreich AG“. Viertens wird der spezifische Entwicklungspfad der „Österreich AG“ durch eine Kontrastierung mit anderen europäischen Ländern herausgearbeitet. Dieses Forschungsdesign soll den Autor von dem oftmals geäußerten Verdacht, er sei einer von vielen Scheinobjektivitäten konstruierender „Messfetischist“ (Lamnek 1995) in den Sozialwissenschaften, befreien. Des Weiteren werden Netzwerkdynamiken, die aus Unternehmensinteressen heraus allein nicht erklärt werden können, als Eliteformationen diskutiert. Die „Österreich AG“ ist ein Netzwerk und wird daher auch mit Konzepten der Netzwerkanalyse untersucht werden. Deren wichtigste Definitionen und Denkmittel seien vorgestellt:

26 Kein Ende der „Österreich AG“?

Allgemein lässt sich ein Netzwerk durch eine abgegrenzte Menge von Knoten oder Elementen und der Menge der zwischen ihnen verlaufenden Kanten definieren (vgl. Burt 1982, 20). In dieser Studie sind die Knoten entweder Unternehmen oder Manager. Die verbindenden Kanten kommen im ersten Fall durch die offizielle Stellung von identen Managern in den Geschäftsorganen von zumindest zwei Unternehmen zustande (Unternehmensnetzwerk). Im zweiten Fall stehen die Kanten für die Unternehmen, denen zwei oder mehrere Manager angehören (Managernetzwerk). Beiden Netzwerken liegt ein und derselbe Datensatz zugrunde, der Beziehung von einem Set an Objekten (Manager) zu einem anderen Set (Managern) erfasst. Es hat sich eingebürgert, von einem two-mode network zu sprechen (vgl. Wasserman/Faust 1994, 39). Wie weiter oben erwähnt, können in beiden Fälle die verbindenden Kanten gerichtet oder ungerichtet sein und unterschiedliche Stärken aufweisen. Ein gängiges Maß für die Inklusivität des Netzwerkes ist die Dichte. Sie ist definiert als die Anzahl der tatsächlichen Beziehungen in einem Netzwerk geteilt durch die maximal möglichen Beziehungen innerhalb des Netzwerkes (vgl. Scott 2000, 71). Die Dichte kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Je höher der Wert, desto stärker sind die Knoten des Netzwerkes (Unternehmen, Manager) untereinander verwoben. Mit dem Konzept „Zentralität“ können die „wichtigsten“ Akteure in einem Netzwerk ausgemacht werden. Abhängig von der (zu begründenden) Vorstellung, wann ein Akteur für ein Netzwerk wichtig/zentral ist, wird auf unterschiedliche Maße zurückgegriffen (vgl. Trappmann/Hummell/Sodeur 2005, 25-70). An der degee centrality ( degrees ) lässt sich ablesen zu wie vielen anderen Akteuren jemand direkte Beziehungen pflegt. Bei gerichteten Beziehungen können indegrees und outdegrees separat analysiert werden. Während der outdegree der Summe der Kontakte entspricht, die vom Akteur ausgehen, indiziert der indegree die Summe aller Kontakte, die sich auf den Akteur richten. Davon ist die closeness centrality zu unterscheiden, die misst, welche Akteure nahe an allen anderen liegen. Ein drittes Konzept von Zentralität ( betweenness centrality ) sieht Akteure als zentral an, wenn viele Verbindungen zwischen je zwei anderen Akteuren über sie verlaufen. Die Pfadlänge, also die notwendige Anzahl der Linien, die man auf den Pfad zwischen A und B passieren muss, gibt Auskunft über die Störanfälligkeit von Beziehungen. Je kürzer die Pfadlänge, desto wahrscheinlicher ist, dass Information von einer Station zu einer anderen gelangen. Für den kürzesten Pfad hat sich der englische Terminus geodesic etabliert (Jansen 2006, 97). Als inverses Maß für die Verbundenheit oder Redundanz eines Netzwerkes dient hier der Fragmentation-Index, der den Anteil der Knoten angibt, die untereinander nicht in Verbindung stehen (Borgatti/Everett/Freeman 2002).

27 Kein Ende der „Österreich AG“?

Von grundlegendem Interesse ist auch die Struktur eines Netzwerkes. Dabei liegt das Augenmerk der Netzwerkanalytikerin auf eng verbundenen Teilgruppen, die eine schwache Verbundenheit zu dem Rest der untersuchten Population aufweisen. Was eine Komponente ist, erklären am anschaulichsten Christakis und Fowler (2010, 31):

Stellen Sie sich vor, auf dem Boden liegen 500 Knöpfe. Sie haben 200 Fäden, um diese Knöpfe miteinander zu verknüpfen. Sie heben nun willkürlich zwei Knöpfe auf und verbinden Sie mit einem der Fäden. Dann wiederholen Sie diesen Vorgang, bis Sie alle Fäden verwendet und immer neue Knöpfe paarweise miteinander verbunden haben. Da Sie nach dem Zufallsprinzip vorgegangen sind, haben Sie am Ende einige der Knöpfe mit einer Vielzahl von anderen Knöpfen verbunden, während andere keinerlei Verbindung zu den übrigen haben. […] Diese Gruppen – auch die einzelnen, unverbunden gebliebenen Knöpfe – sind die „Komponenten“ des Netzwerkes.

Ein Netzwerk kann nicht nur in Komponenten sondern auch in Cliquen zerlegt werden. Eine Clique ist die am strengsten definierte Art einer Teilgruppe und wird als eine Gruppe von mindestens drei Akteuren definiert, die alle direkt (Pfadlänge = 1) miteinander verbunden sind (Jansen 2006, 195).

2.5 Hypothesen und Methodik

Von der Kontinuität der „Österreich AG“ – die bislang unterstellt wurde – kann gesprochen werden, wenn wesentliche Merkmale der Ausgangskonfiguration über die Zeit hinweg aufrecht bleiben. Um Strukturerhaltung oder –wandel eindeutig feststellen zu können, ist es notwendig diese Dimensionen vor Beginn der empirischen Untersuchung herauszuheben. Der folgende Hypothesenkatalog gliedert sich in mehrere Teile, die sich stets auf ausgewählte Spezifika der „Österreich AG“ beziehen. Jede Hypothese postuliert einen Wandel spezifischer Netzwerkstrukturen. Die entsprechenden Gegenhypothesen werden nicht explizit angeführt. Durch eine Synopsis aller Entwicklungstendenzen sollte sich ein differenziertes Gesamtbild ergeben. Das Etikett „Österreich AG“ ist nur dann zutreffend, wenn Unternehmensmanager Steuerungspotentiale zugeschrieben werden können, die über ihre eigenen Unternehmens- bzw. Konzerngrenzen hinausreichen (vgl. Beyer 2002). Es wird angenommen, dass dafür ein strukturiertes, kohäsives und vielmaschiges Unternehmensnetzwerk (mit Finanzunternehmen als Herzstück) Voraussetzung ist.

H1: Die Unternehmensnetzwerke 2000 - 2008 sind lose geknüpft. H1a: Das Unternehmensnetzwerk 1976 ist dichter als jene zu den Zeitpunkten 2000 - 2008. H1b: Die Inklusivität des Netzwerkes nimmt im Zeitverlauf ab, d. h. die Anzahl der isolierten Unternehmen und der Fragmentationsindex steigen an.

28 Kein Ende der „Österreich AG“?

H2: Die Unternehmensnetzwerke 2000 – 2008 sind dünn. H2a: Die Gesamtanzahl an Verflechtungen ist gesunken. H2b: Die Gesamtzahl an multiplen Verflechtungen hat abgenommen.

H3: Die Unternehmensnetzwerke 2000 - 2008 sind strukturlos. H3a: Die Anzahl der Subgruppen hat im Zeitverlauf abgenommen. H3b: Verflechtungen zwischen Industrie- und Finanzunternehmen sowie die Relationen innerhalb der beiden Branchen ist zurück gegangen.

H4: Das Zentrum des Netzwerkes wird nicht mehr von OIAG-Unternehmen dominiert.

Useem (1984) postuliert, dass Manager mit Funktionen in unterschiedlichen Firmen und Branchen den engen Interessenshorizont einiger weniger Unternehmen transzendieren. Als wichtige Verbindungsmänner ( big linkers ) werden hier Personen angesehen, die Funktionen (Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat) in zumindest drei Unternehmen ausüben. Diese „zentralen“ Manager haben nicht nur direkte Kontakte zu vielen Unternehmen. Sie können auch über zahlreiche weak ties (Granovetter 1973) Informationen erhalten, die in ihrem engeren Umkreis nicht kursieren. Des Weiteren können sie in Aufsichtsräten die Entscheidungen anderer Unternehmen beeinflussen. Nach Useem bildet diese Gruppe von Managern globale Interessen heraus und koordiniert Unternehmen. Eine Auflösung der „Österreich AG“ müsste mit einem Rückgang der Anzahl dieser big linkers einhergehen.

H5: Die Zahl der zentralen Verbindungsmänner hat im Zeitverlauf stark abgenommen.

Der weiteren ist die Stabilität von Personennetzwerken zu hinterfragen. Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen wurden als black boxes charakterisiert, zu denen Sozialforscher keinen Zugang haben. Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass Manager in den regelmäßigen Sitzungen nicht aufeinander Einfluss nehmen. Ein derartiges Interaktionsverhalten kann jedoch bei lang andauernden Geschäftsbeziehungen zunehmend ausgeschlossen werden. Regelmäßiges Aufeinandertreffen über Jahre sollte ein Hinweis für die Existenz einer integrierten und normativ homogenen business community (vgl. Heemskerk 2007,105-108) sein. Diese war ein wesentliches Kennzeichen der „Österreich AG“ in den 80er Jahren (vgl. Ziegler 1987).

29 Kein Ende der „Österreich AG“?

H6: Gruppierungen von Managern (soziale Kreise, vgl. Simmel 1908) lösen sich im Zeitverlauf auf.

In der Ausgangsfiguration der „Österreich AG“ lassen sich zahlreiche Manager-Cliquen ausfindig machen, die sich durch außergewöhnlich viele Verbindungen unter ihren Mitgliedern auszeichneten. Ein Strukturwandel müsste mit einem Zerfall dieser Cliquen einhergehen. Ein zentrales Problem in der Netzwerkforschung stellt die Definition der Population dar, also die Beantwortung der Frage: wer zu der zu untersuchenden Gruppe zu zählen ist (Knoke/Kuklinksi 1983, 22-26). In der Forschung zu interlocked directorates hat sich die Auswahlgröße als entscheidend herausgestellt:

Geht man nämlich davon aus, dass Großunternehmen eine weitaus stärkere Verflechtungsneigung aufweisen als etwa die Klein- und Mittelbetriebe, ist logischerweise zu erwarten, dass mit zunehmender Größe der Auswahl die Dichte des Netzwerks abnimmt, der Zentralisationsgrad des Netzwerks insgesamt zunimmt (Nollert 2005, 230).

Es stellt sich die Frage, welche Auswahlgröße geeignet ist, um die wesentlichen Strukturmerkmale der „Österreich AG“ wieder zu geben. In diese Studie wird dieses methodologische Problem durch ein nominalistisches Kriterium gelöst (vgl. Jansen 2006, 72). Der Datensatz für das Jahr 1976 wird aus dem bislang umfangreichsten international vergleichenden Projekt zu interlocked directorates (Stokman/Ziegler/Scott 1985) bezogen. Die Forschungsgruppe rund um Stokman kam zu dem Konsens, dass für Ländervergleiche ein Sample von 200 Nichtfinanz- und 50 Finanzunternehmen ausreichend ist, wobei als Auswahlkriterien der Umsatz bzw. die Bilanzsumme herangezogen wurden. Sowohl die Auswahlgröße als auch die Auswahlkriterien werden hier zu Vergleichszwecken übernommen. Alle Daten zu den Jahren 2000-2008 wurden aus der Quelle „Firmendatenbank Österreich“ des Verlag Hoppenstedt bezogen. In diese Firmendatenbank, die mehrmals im Jahr aktualisiert wird, werden alle österreichischen Firmen ab einer Million Euro Jahresumsatz oder mit zehn Beschäftigten aufgenommen. Mit der Ausnahme des Jahres 2003 wurde für jedes Jahr stets die zweite Ausgabe berücksichtigt. Da keine historischen Daten für 2002 mehr erhältlich waren, wurden die späteren Daten für das Jahr 2001 stattdessen benutzt. Es wird angenommen, dass so annähernd der Verlauf zwischen 2001 und 2003 rekonstruiert werden kann. Das Studiendesign erlaubt also einen Vergleich der „Österreich AG“ zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Durch die gleichzeitige Analyse mehrerer Augenblicks-Aufnahmen des Unternehmensnetzwerkes soll untersucht werden, welchen Wandlungsprozessen die „Österreich AG“ unterlag.

30 Kein Ende der „Österreich AG“?

2.6 Ergebnisse

2.6.1 Generelle Charakteristiken des Unternehmsnetzwerkes im Zeitverlauf Auf der Makroebene ergibt sich weitgehend ein Bild der Stetigkeit. Jedoch hat im gerichteten Netzwerk sowohl die Dichte als auch die Verbundenheit des Netzwerkes abgenommen, und das in einer Art Schlangenlaufrichtung. Wir sehen einen Abfall dieser Parameter, die 2003 ihren Tiefpunkt erreichen und sodann wieder zu steigen beginnen. Im ungerichteten Netzwerk pendelt sich die Dichte auf einem relativ konstanten Niveau ein, ebenfalls erkenntlich ist eine Abnahme der ungerichteten Verflechtungen (s. Zeilen 1-3). Im Jahr 2004 findet sich im gerichteten Netzwerk die größte Anzahl an isolierten Unternehmen (s. Zeile 9). Es liegt nahe, dass die Anzahl der Verflechtungen von der Größe der Geschäftsorgane abhängt. Diese nimmt über die Zeit kontinuierlich ab (s. Zeile 18). Ein durchgängiger roter Faden ist die Hauptkomponente der Netzwerke (s. Zeile 10). Zwar variiert sie leicht in der Größe, dennoch zerfällt die „Österreich AG“ nicht in annähernd gleich große Untergruppen, sondern behält ihre konzentrierte Form bei. Das bestätigt auch die nahezu konstante Ausprägung des Fragmentationsindexes (s. Zeile 17). Ein gewundener Verlauf lässt sich auch an dem wichtigsten Zentralitätsmaßstab, den degrees, ablesen (s. Zeile 15): 2000 verfügt ein Akteur durchschnittlich über 1,8 direkte Verbindungen, 2003 über 1,29 und 2008 über 1,67. Nähe- und betweeness-basierte Zentralitätsziffern lassen lediglich einen Abfall zu Beginn des Beobachtungszeitraums erkennen (s. Zeile 12-14). Auch der durchschnittliche kürzeste Pfad verbleibt zumindest zwischen 2000 und 2008 auf einem konstanten Niveau. Im Schnitt erreicht jedes Unternehmen a das Unternehmen b über drei andere Firmen (s. Zeile 16). Am Augenfälligsten ist die Erosion des Netzwerkes zwischen 1976 und 2000. Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungen der Samples 13 und der zahlreichen Fusionen sowie Namensänderungen in diesem Zeitraum kann das Jahr 1976 jedoch lediglich als globaler Vergleichsstandard herangezogen werden.

13 In die Analyse des Jahres 1976 gingen lediglich 26 Bankinstitute ein. Das erklärt auch warum der Verflechtungsgrad für den Finanzsektor desselben Jahres weit unter jenem der nachfolgenden Zeitspanne liegt (in die jeweils 50 Bankinstitute eingingen).

31 Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.1: Personenverbindungen in Österreich (gerichtet und ungerichtet)

gerichtete Verbindungen ungerichtete Verbindungen 1976 2000/2 2001/1 2001/2 2003/1 2004/2 2005/2 2006/2 2007/2 2008/2 1976 2000/2 2001/1 2001/2 2003/1 2004/2 2005/2 2006/2 2007/2 2008/2 Gesamtanzahl der 1 Verbindungen 463 253 228 204 184 195 222 224 214 219 909 701 606 470 508 534 523 531 515 522 Dichte, dichotomisiert 2 (%) 2,48 0,75 0,73 0,72 0,59 0,59 0,67 0,68 0,66 0,66 0,03 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 Dichte, verbundene Unternehmen, dicho. 3 (%) 2,6 1,29 1,25 1,32 1,11 1,18 1,52 1,54 1,26 1,08 0,08 0,04 0,04 0,03 0,03 0,03 0,03 0,03 0,03 0,03 Multiple Verbindungen 4 (%) 7 23 23 20 18 25 21 20,5 27,1 21,9 21,9 31,5 30,4 33,6 27,4 27,9 26,6 28,4 30,3 29,7 Finanz zu Nicht-Finanz ------5 (% von Zeile 1) 21 24 22 17 14 27 17 17 16 13 Nicht-Finanz zu Finanz 6 (% von Zeile 1)* 11 8 7 9 9 14 8 7 7 7 27 37 37 36 32 34 31 32 30 32 Nicht-Finanz zu Nicht- 7 Finanz (% von Zeile 1) 60 34 35 36 41 37 39 39 42 47 66 42 42 42 48 41 47 46 48 55 Finanz zu Finanz (% 8 von Zeile 1) 8 35 37 38 36 22 36 37 34 33 6 21 21 23 20 25 23 22 22 14 Isolierte Unternehmen 9 (% von Zeile 11) 3 43 41 44 47 53 43 24 28 21 10 27,2 29,6 32,1 27,4 29,6 27,2 28 27,6 27,6 Zahl der Unternehmen 10 (N), Hauptkomponente 127 127 124 114 103 111 122 122 118 114 147 158 161 145 161 150 155 162 156 152 Zahl der Unternehmen 11 (N) 137 184 177 169 177 182 182 182 181 182 241 250 250 246 248 250 250 250 250 250 Mean normalized 12 betweeness 0,75 0,08 0,17 0,05 0,05 0,02 0,03 0,02 0,07 0,02 0,26 0,33 0,38 0,34 0,42 0,34 0,37 0,42 0,38 0,36 Mean normalized ------13 closeness/in 1,72 0,58 0,62 0,62 0,59 0,56 0,57 0,57 0,58 0,57 Mean normalized 14 closeness/out 1,40 0,58 0,63 0,62 0,59 0,56 0,57 0,57 0,59 0,57 1,03 0,97 1,04 0,89 1,04 0,89 0,93 1,03 0,95 0,90 15 Mean degree 3,77 1,80 1,74 1,59 1,29 1,48 1,60 1,63 1,60 1,67 10,27 9,43 8,15 6,77 6,58 6,56 6,48 6,80 6,66 7,02 16 Average geodesics 3,43 3,62 4,96 3,34 3,28 2,47 2,56 2,39 3,74 2,56 2,64 3,05 3,26 3,38 3,43 3,36 3,40 3,46 3,40 3,44 17 Fragmentation (%) 0,59 0,95 0,92 0,96 0,96 0,98 0,97 0,97 0,95 0,97 0,63 0,60 0,59 0,65 0,58 0,64 0,62 0,58 0,61 0,63 Mittlere Größe der ------18 Geschäftsorgane 12,24 10,77 10,91 10,28 10,42 10,21 10,11 10,16 9,90 9,75

* Für ungerichtete Verbindungen können für Zeile 5 und 13 keine separaten Analysen berechnet werden.

32 Kein Ende der „Österreich AG“?

Eine eingehende Analyse der Mikroebene (s. Grafik 2.1) soll Aufschluss darüber geben, wie die zu beobachtenden Verlaufstrends zu erklären sind.

Grafik 2.1: Anzahl der Verflechtungen zwischen dem Finanz- und dem restlichen Unternehmenssektor (absolute Zahlen)

120

100

80

60

40

20

0 2000/2 2001/1 2001/2 2003/1 2004/2 2005/2 2006/2 2007/2 2008/2

F/F NF/NF F/NF NF/F

F = Finanzunternehmen NF = Industrieunternehmen

2.6.2 Finanzsektor In dieser Substruktur kam es insgesamt zur einer leicht akzentuierten Entflechtung gerichteter Beziehungen. Als Hauptgrund kann die Entwicklung der Bank Austria ausgemacht werden: Im Jahre 2008 saßen die Vorstandsdirektoren der Bank Austria, wie etwa Erich Hampel und Thomas Groß, nur noch in den Aufsichtsräten der Österreichischen Kontrollbank AG, der BKS Bank und zweier Bausparkassen. Das Kontrollpotential der Bank war also sehr gering. Das war nicht immer so. Vor der gesellschaftlichen Verschmelzung der Bank Austria mit der CA 2002 waren beiden Banken im Finanzsektor stark vernetzt. Im Jahr 2000 war Hampel unter anderem Aufsichtsratsmitglied der Bank für Tirol und AG, der Bank für Kärnten und Steiermark, der Oberbank AG und der CA. Der schwindende Vernetzungsgrad der Bank Austria ist einerseits auf die Fusion mit der CA, andererseits aber auch auf die Internationalisierung der Bank zurück zu führen. Bank Austria CA ist nunmehr Teil der italienischen Holding Uni Credit Group und hinter Raiffeisen International der zweitgrößte Investor in Zentralosteuropa. Es ist anzunehmen, dass die Marktführerschaft in Zentraleuropa mit einem Abbau des Netzwerkes in Österreich einhergegangen ist.

33 Kein Ende der „Österreich AG“?

Anders verhält es sich jedoch mit einem anderen zunehmend multinationalen Unternehmen – der Raiffeisenzentralbank (RZB). Sie hat ihre personellen Verbindungen im Finanzsektor nicht abgebaut. „Im Unterschied zu anderen Konzernen, wo die Mutterfirma die Töchter und Enkeltöchter beherrscht, ist es bei Raiffeisen genau umgekehrt: Hier beherrscht die Enkeltochter – die Raiffeisenzentralbank – die Mutter, oder genauer gesagt, die vielen Mütter“ (Weiss 2010, 107): 541 genossenschaftlich organisierte Raiffeisenbanken und -kassen sind acht Landesbanken (Niederösterreich und Wien bilden eine Einheit) unterstellt, die wiederum von der RZB kontrolliert werden, die ihrerseits bis vor kurzem die Raiffeisen International (RI) beherrschte. An der Holding RI, die selbst keine Bank ist, hängen mittlerweile Finanzbeteiligungen in 17 osteuropäischen Ländern, 59.000 Mitarbeiter und 15 Millionen Kunden – womit Raiffeisen der bedeutendste Player der Region ist (Profil, 1.3.2010). Die jüngsten Verwerfungen im Finanzsystem („Finanzkrise“) führten zur Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen in Ungarn und Ukraine und brachten damit auch die lokalen Tochterbanken der Raiffeisen als Kreditgeber in finanzielle Nöte. Um die Risikovorsorge für sogenannte „faule Kredite“ aufbringen zu können, erhöhte die RI die Kapitalaufnahme über den Kapitalmarkt. Diese Möglichkeit stand der RZB nicht zur Verfügung. Die Fusion von RI und RZB 2010 sollte vor allem die Handlungsfähigkeit der Raiffeisen angesichts der gewandelten Umstände erhöhen. An der vielästigen Verwurzelung der Raiffeisen-Gruppe in Österreich hat die Expansion in Nachbarregionen Zentral- und Osteuropas jedoch nichts geändert.

2.6.3 Industriesektor Industrieunternehmen sind „Inseln koordinierter Planung in einem Meer von Marktbeziehungen“ (Richardson 1972, 883). Allein die gefundene konstante Größe der Hauptkomponente (s. Zeile 10) ist ein stichhaltiger Beleg dafür, dass Unternehmen über vielfältige, mehr oder weniger verschlungene Pfade miteinander verbunden sind. Die Wahrscheinlichkeit der Bildung von interorganisationellen Netzwerken lässt sich theoretisch herleiten. Fusionen und Akquisitionen sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht dann nutzenmaximierend, „wenn die Leistung im Zielunternehmen zuwenig berechenbar ist und daher eine Kontrolle des Zielunternehmens erforderlich wird“ (Nollert 2005, 34). Unternehmensnetzwerke stellen hingegen Organisationsformen jenseits von Markt und Hierarchie dar. Nicht Preise und Verträge (Markt) oder Routinen und administrative Befehle (Hierarchie), sondern reziproke Koordination halten sie zusammen:

In netzwerkförmigen Formen der Ressourcenallokation finden Transaktionen weder durch diskrete Tauschprozesse noch durch administrative Anweisungen statt, sondern innerhalb von Netzwerken von Individuen, die in wechselseitige, sich gegenseitig bevorzugende und unterstützende Handlungszusammenhänge involviert sind (Powell 1996, 224).

34 Kein Ende der „Österreich AG“?

Der Kitt, der Unternehmen zusammenhält, ist daher in erster Linie das gegenseitige Vertrauen. Sollten Netzwerke dauerhaft sein, so ist anzunehmen, dass die strategischen Allianzen auch durch finanzielle Beteiligungen abgesichert werden. Pfeffer und Salancik (1978), die prominentesten Vertreter der sogenannten Ressourcendependenztheorie (RDT), postulieren, dass Unternehmen sich verflechten, weil sie ihre Abhängigkeit von den Ressourcen anderer Unternehmen zu minimieren versuchen. Dabei kann es sich um Ressourcen sozialer, ideeller oder materieller Natur handeln. Selbst solche Faktoren wie gesellschaftliche Legitimation und Managerexpertise sind relevant. Nach den Prämissen der RDT (Pfeffer/Salancik 1978, 26f.) werden Unternehmen nicht mehr als isolierte und miteinander konkurrierende Atome gedacht, sondern als Elemente von konkurrierenden Netzwerken. Zu interlocked directorates schreiben Pfeffer und Salancik (1978, 145):

First, a linkage to another organization provides information about the activities of that organization which may impinge on or affect the focal organization. Thus, interlocking directors among competitors may provide each with information about the other’s costs and pricing and market strategy plans. Second, a linkage provides a channel for communicating information to another organization on which the focal organization depends. A banker sitting on the board of the local hospital is easily informed about the hospital’s need for funds. Third, a linkage and the exposure it provides is an important first step in obtaining commitments of support from important elements of the environment. […] The fourth result of interorganizational linkage is that it has a certain value for legitimating the focal organization. Prestigious or legitimate persons or organizations represented on the focal organization’s board provide confirmation to the rest of the world of the values and worth of the organization.

Die ausufernde Auslegung des Begriffes Ressource sowie die Unmöglichkeit, konkrete Netzwerkstrukturen anhand der Annahmen der RDT vorherzusagen, sind häufig vorgebrachte Defizite dieser Theorie. Die RDT scheint für den österreichischen Fall auch besonders wenig Erklärungskraft für den Anstieg der Verflechtungen zwischen den Jahren 2007 und 2008 zu haben, der im Folgenden unter die Lupe genommen wird.

35 Kein Ende der „Österreich AG“?

Grafik 2.2: Gerichtete Verflechtungen im Unternehmenssektor 2007

Anzahl der Unternehmen = 83, absolute Anzahl der Verflechtungen = 93

Grafik 2.3: Gerichtete Verflechtungen im Unternehmenssektor 2008

Anzahl der Unternehmen = 94, absolute Anzahl der Verflechtungen = 103 36 Kein Ende der „Österreich AG“?

Es ist ersichtlich, dass ein Anstieg an Verflechtungen nicht zu einer wesentlich höheren Dichte geführt hat. Der höhere Verflechtungsgrad ist im Wesentlichen darauf zurück zu führen, dass Vorstände AR-Mandate in weiteren Unternehmen, wie etwa Immofinanz, Siemens, Bundesimmobilienges., Voestalpine Grobblech oder Wienstrom angenommen haben. Einzelfallanalysen sind notwendig, um feststellen zu können, ob diese zusätzlichen Verflechtungen tatsächlich unternehmerische Vorteile geschaffen haben. In Hinblick auf die Gesamtstruktur scheinen jedoch Elite-Theorien über mehr Erklärungspotential als die RDT zu verfügen. Es wird daher in Kapitel 3 dieser Arbeit die These aufgestellt, dass interlocked directorates stellvertretend für einen Elitenzirkel von Managern und dessen Integration in das politische System stehen. Drei ausgewählte Beispiele sollen hier die Angemessenheit dieser Interpretationsweise demonstrieren: Der Finanzreferent des ÖVP-Wirtschaftsbundes Franz Rauch ist Vorstand der Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co und hatte 2008 sieben AR-Mandate in der Bank Austria Creditanstalt AG, im Kraftwerksbetreiber Vorarlberger Illwerke, der ÖBB-Holding, der ÖBB-Personenverkehr der Rail Cargo, der Wienerberg AG, der Treibacher Industrie AG sowie der österreichischen Bundesbahnen-Holding inne. In all diesen Funktion beschreiben Journalisten Rauch als einen „ÖVP-nahen Aufsichtsrat“ (Die Presse, 26.05.2010). 2008 war der Flughafens Wien-Schwechat mit den Vorständen Herbert Kaufmann (Spö-nahe) und Christian Domany (ÖVP-nahe) eindeutig nach Proporz besetzt. Kaufmann nahm u. a. AR- Positionen im staatlichen Verbund, in einem staatlichen Gütertransportunternehmen (Rail Cargo Austria) und in einem privatisierten Hersteller von Aluminumprodukten (AMAG rolling) ein. Domany war im Kontrollgremium des staatlichen Bahninfrastruktur-Unternehmen vertreten. Eine derartige branchenübergreifende Vernetzung scheint nicht interorganisationellen Zielen förderlich zu sein, sondern durch die Einflussnahme der Politik auf die Postenverteilung zustande gekommen zu sein. 2004 gehörte der Vorstand der Wienerberger Baustoffindustrie AG Erhard Schaschl den Aufsichtsratsgremien des staatlichen Verbundes an sowie der Semperit AG, für die lange Zeit die Creditanstalt als Hausbank fungierte, des größten österreichischen Papierkonzerns Frantschach AG und des Weltmarktführer bei Feuerfestprodukten RHI AG. 2007 hat er noch AR-Mandate im Verbund, in der AUA und in der in der chemischen Industrie angesiedelten Treibacher Industrie inne. Die österreichische Presse bezeichnet auch Schaschl als „ÖVP-treu“. (Die Presse, 19.02.2007). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vernetztheit im Industriesektor nicht ausschließlich durch sektorale oder Organisationsinteressen erklärt werden kann. Eine Vielzahl von Verbindungen geht auf parteinahe Manager zurück, die zahlreiche AR-Sitze in (ehemals) staatlichen Großbetrieben akkumulieren. Vieles spricht dafür, dass hier Restbestandteile der politischen Kultur Österreichs ihren Niederschlag finden. Österreichs Proporzdemokratie in der

37 Kein Ende der „Österreich AG“?

Vergangenheit wurde durch die Tendenz der beiden großen Parteien charakterisiert, „sich jedes organisierbare Interesse auch organisatorisch einzuverleiben“, mit der Folge „dass nahezu alle Gliederungen der Gesellschaft die Polarität der politischen Organisationen widerspiegeln“ (Kafka 1962, 595). Das Ausmaß der Proporzpatronage zu quantifizieren wird Aufgabe eines anderen Kapitels dieser Arbeit sein. Festgehalten werden soll, dass die von der RDT postulierte unternehmerische Rationalität im Falle der „Österreich AG“ nicht ausreicht um spezifische Verflechtungsmuster zu erklären. Kenntnisse über partikularistische Rekrutierungsmuster, politische Beziehungsnetze bzw. ähnliche (politische) Einstellungen sind für ein vollständiges Verständnis der „Österreich AG“ notwendig.

2.6.4 Die Vernetzung der Banken mit den Industrien Nach Scott (1985) kann zwischen zwei spezifischen Erklärungsmodellen für Bank-Industrie- Vernetzungen unterschieden werden, dem Finanz- und dem Bankenkontrollmodell. Beide konzeptualisieren das Finanzkapital als entscheidende Ressource für Industrieunternehmen, jedoch werden unterschiedliche Ausgangskonstellationen postuliert. Das Finanzkontrollmodell geht auf Hilferding (1968) zurück, der annimmt, dass Banken mittels Kreditvergaben und mit durchaus auch geringen Kapitalbeteiligungen Unternehmen beherrschen können. Um auf kontrollierte Art und Weise von dem Partizipationskapital und den Krediten profitieren zu können, bestehen Banken auf Einsitznahme im Aufsichtsrat: „Aus diesen Interessen der Banken entspringt das Bestreben, die Aktiengesellschaften, an denen sie interessiert sind, dauernd zu überwachen, was am besten durch die Vertretung im Aufsichtsrat geschehen kann“(Hilferding 1968, 143). Da die Kontrolle der verschiedenen Aktiengesellschaften von denselben „Finanzkapitalisten“ ausgeübt werde, entstehe eine Personalunion zwischen den verschiedenen Aktiengesellschaften untereinander und zwischen diesen und den Banken. Dieses Netzwerk werde genutzt, um mögliche Kreditorenverluste durch Eindämmung des Wettbewerbs zwischen den indirekt miteinander verflochtenen Unternehmen abzuwenden:

Daher ist das Streben der Banken nach Ausschaltung der Konkurrenz zwischen Werken, an denen sie beteiligt sind, ein absolutes. Jede Bank aber hat auch das Interesse an möglichst hohem Profit. Dieser wird unter sonst gleichen Umständen wieder den höchsten Stand erreichen bei völliger Ausschaltung der Konkurrenz in einem Industriezweig. Daher das Streben der Banken nach Herstellung des Monopols (Hilferding 1968, 250).

Die Grenzen der Einflusssphären der Banken seien klar gezogen, da es auch zu einer Ausschaltung der Konkurrenz zwischen den Großbanken käme. Banken würden sich daher nicht an denselben Unternehmen finanziell beteiligen und/oder Manager in dieselben Aufsichtsräte entsenden.

38 Kein Ende der „Österreich AG“?

Die sogenannte timing of industrialization (TOI)-These postuliert, dass nationale Variationen in den Hauptmerkmalen nationaler Finanzsysteme durch den Verlauf der Industrialisierungsperiode erklärt werden können (Gerschenkron 1962). In Ländern, in denen diese relativ früh einsetzte, ermöglichte das Eigenkapital der Unternehmen oder Finanzmarktanleihen Investitionen. Länder relativer Rückständigkeit, wie etwa Österreich oder Deutschland im Gegensatz zu England, waren auf Kreditvergaben durch Banken angewiesen. Einige Banken bauten mit der Zeit ihren Einflussbereich, der bis in unternehmerische und organisatorische Bereiche reichte, immer stärker aus und wurden so zu den wichtigsten Spielern. Gerschenkrons These ist scharf kritisiert worden. Für Deutschland ist man sich weitgehend einig, dass die These relativiert werden müsse, da das Hausbank-Prinzip zumeist keinen exklusiven Charakter hatte (Vitols 2001). Für Österreich galt:

To a greater extent than elsewhere the great Viennese banks furthered monopolistic organizations, where active in industrial concentration by initiating mergers, and encouraged cartelization by taking over marketing functions in the form of sales departments or acting as cartel bureaux (Eigner 1997, 50).

Eine Analyse der interlocked directorates aus dem Jahre 1937 ergab, dass der Creditanstalt- Wiener Bankverein mit einer degree centrality von 56 bei weitem das zentralste Unternehmen war. Deren Direktoren saßen in Aufsichtsräten aller bedeutenden Industrieunternehmen (Dritsas/Eigner/Ottosson 1996, 183). Für die Gegenwart ist eine Revision des Bankenmodells angebracht (vgl. Mintz/Schwartz 1985, 35), da sich die Sphären der Banken überlappen können, Banken Industriemanagern durchaus hauseigene Aufsichtsmandate anbieten und man nicht a priori Interventionen von Banken in die Geschäftspolitik von Nichtfinanzunternehmen annehmen sollte. Aufrecht bleibt jedoch im Bankenkontrollmodell das Postulat, dass Finanzinstitutionen im System der interlocks eine zentrale Position innehaben. Mit dieser Stellung geht eine Vielzahl von Einflussinstrumenten einher: a) die Androhung der Sperrung von Krediten und Darlehen, b) Kapitalbeteiligungen, c) die Vertretung in Aufsichtsräten, d) die Nutzung von Depotstimmrechten und d) Investitionsvorgaben für hauseigene Pensions- und Anlagefonds (vgl. Nollert 2005, 114). Wie haben sich die Vernetzungen zwischen Banken und Industrieunternehmen in Österreich entwickelt? Zu allen Zeitpunkten besteht ein Übergewicht von Bankdirektoren in den Aufsichtsräten von großen Nichtfinanzunternehmen – ein Indiz, das für die Gültigkeit Hilferdings Finanzkontrollmodells spricht. Markant ist jedoch auch, dass es zu einem starken Abfall der gerichteten interlocks von Banken zu Industrieunternehmen gekommen ist. Im Jahre 2008 hält sich die Zahl der Banker in den Aufsichsräten der Industrieunternehmen nahezu die Waage mit der Zahl von externen Managern in den Kontrollorganen heimischer Banken. Augenfällig ist, dass die Bank Austria ihren Bauchladen an Firmenbeteiligungen nahezu gänzlich abgebaut hat.

39 Kein Ende der „Österreich AG“?

Die Zacke im Verlauf der F-NF-Verbindungen in Grafik 2.1 kann auf die Geschäftsstrategie dieser Bank zurück geführt werden. Der Wirtschaftsjournalist Klaus Grubelnik (1998, 44 f.) berichtet, dass sich unter dem Generaldirektor Gerhard Randa kurz nach der Fusionierung mit der CA 1997 die Verknüpfungen der Bank mit Industrie-Konzernen zu lösen begann. Innerhalb eines Jahres wurde der Fahrzeug-Konzern Steyr-Daimler-Puch AG, die Steyr Fahrzeugtechnik AG (sie montierte vor allem Autos für Chrysler) sowie die Unitech AG (Autozulieferteile) verkauft. So konnte einerseits ein Teil des Kaufpreises für die CA wieder erwirtschaftet werden, andererseits wurde auch Kapital für das Geldgeschäft bereit gestellt. In den nachfolgenden Jahren wurde die Strategie, das umfangreiche Beteiligungsreich abzubauen, fortgesetzt. Eine andere Schwerpunktsetzung findet man wiederum bei Raiffeisen, auf deren zunehmende Industriebeteiligung im Wesentlichen der (Wieder-)Anstieg F-NF-Verbindungen zurück zu führen ist. Von der rechtspopulistische Partei FPÖ als „Konrad-Giebelkreuz-Krake“ karikiert 14 , von der schreibenden Klasse als „grüner Riese“ umschrieben (Die Zeit, 26.8.2010), wird in österreichischen Medien zunehmend nicht nur das Ausmaß der Monopolstellung von Raiffeisen diskutiert, sondern auch, ob eine derart umfangreiche Übertragung von gesellschaftlicher Macht an eine einzige Institution legitimiert werden kann. Als besonders bedrohlich werden die zahlreichen Beteiligungen im ohnehin schon stark konzentrierten Mediensektor empfunden: Kurier, News, Profil, Format, Österreich, Oberösterreichischer Landesverlag, APA, Morawa Pressevertrieb, Woman , Trend, TV-Media , e-media , Gusto , autorevue , Golfrevue , TV Woche , Die Bühne , Xpress , Krone Hitradio, SAT1 Österreich, die ORF-Tochterfirma ORS und die Plakatwerbung Epamedia. Da diese Medienunternehmen nach Umsatz nicht zu den „Top 200“ des Landes zählen und daher nicht in der Stichprobe erfasst sind, werden nur die Verflechtungen mit Industrieunternehmen wie etwa Agrana AG und Strabag SE berücksichtigt. Markant ist dabei, dass Raiffeisen zwar zahlreiche Direktoren in große Nichtfinanzunternehmen entsendet, jedoch nahezu keine Spitzenmanager in die eigenen Aufsichtsräte kooptiert. Die Monopolstellung von Raiffeisen geht daher mit Abhängigkeitsasymmetrien einher – ein weiteres Faktum, das für das Finanzhegemoniemodell spricht. Diese starke Involvierung einer Bank im Unternehmenssektor steht in Widerspruch zu dem europaweit beobachtbaren Rückzug von Banken aus dem risikoreichen Kreditgeschäft und der zunehmenden Unternehmensfinanzierung mittels Aktien und Anleihen ( disintermediarization of finance , vgl. Windolf 2002b). Warum wurde Raiffeisen zur Architektin eines Firmenkonglomerates? Eine der Hauptgründe aus wirtschaftlicher Hinsicht dürfte die Einführung der sogenannten Gruppenbesteuerung im Jahre 2005 sein.

Gruppenbesteuerung bedeutet, dass Verluste ausländischer Firmentöchter mit Gewinnen im Inland „neutralisiert“ werden. […] Erstens dürfen Banken und Konzerne beim Erwerb von Firmen ihre Kreditzinsen von der Steuer

14 Vgl. dazu die Karikatur des Bankers Christian Konrad auf www.giebelkreuzregime.at/ <23.09.2010>

40 Kein Ende der „Österreich AG“? absetzen, und zweitens kann der gesamte Firmenwert dieser Zukäufe über mehrere Jahre von der Steuer abgesetzt werden. Vermutlich ist das die Erklärung dafür, warum die Raiffeisen Zentralbank (RZB) im Jahr 2000 erst ein Vermögen von 36 Milliarden Euro aufwies, im Jahr 2008 aber bereits 157 Milliarden. Für den im selben Jahr erzielten Gewinn von rund 597 Millionen Euro zahlte sie vorwiegend in Osteuropa Steuern. In Österreich waren es lediglich vierzehn Millionen Euro. Das entspricht einem Steuersatz von nur 2,3 Prozent (Weiss 2010, 110-111).

2.6.5 Die Mikrostrukturen der „Österreich AG“ Inwiefern Finanzunternehmen trotz des Rückgangs an F/F und F/NF-Verflechtungen zentrale Stellungen innerhalb des österreichweiten Netzwerkes einnehmen, soll mittels Regression analysiert werden. Dabei werden die für den kooperativen Kapitalismus in Österreich typischen Organisationsstrukturen berücksichtigt (vgl. auch Windolf/Beyer 1995, 454-455): der Stern und der inverse Stern.

Grafik 2.4: Typische Mikrostrukturen der „Österreich AG“ Stern Inverser Stern

RS SIV

RS SS RS SIV RIV SIV

RS SIV

SS = sender within star/ das „herrschende“ Unternehmen SIV = sender within inverted star/eines unter mehreren RS = receiver within star/ „Satelliten“-Unternehmen „herrschenden“ Unternehmen RIV = receiver within inverted star/ das „beherrschte Unternehmen“

Im Zentrum des Sterns steht das „herrschende“ Unternehmen, das an mindestens vier „Satelliten“-Unternehmen Beteiligungen hält. Da alle Verflechtungen (Kommunikations- und Entscheidungswege) von der Mutter zu den voneinander getrennten Töchtern verlaufen, können wir von einer hierarchischen Mikrostruktur sprechen. Wenn diese von den Füßen auf den Kopf gestellt wird, liegt ein inverser Stern vor. In dieser Konfiguration herrschen mehrere Unternehmen über eine gemeinsame Beteiligung. Die Position eines Unternehmens innerhalb dieser Mikrostrukturen ist einer der aussagekräftigsten Indikatoren für dessen Zentralität. Im Jahr 2000 waren es vor allem Unternehmen in der Position des SIV sowie Finanzunternehmen, die am meisten Manager in Aufsichtsräte entsandten (Beispiele: Bank Austria, Voest Alpine Stahl, Austria Tabak). Am meisten (ungerichtete) Verbindungskanäle wiesen RIVs und Finanzunternehmen auf. 2008 ändert sich das Bild. Nun verfügen SS-Unternehmen, wie etwa der Flughafen Wien, die Voestalpine, die Wiener Stadtwerke oder die diversen Raiffeisen-Banken, über die meisten outdegrees. SS- und RIV-Unternehmen weisen insgesamt den stärksten Vernetzungsgrad auf. Finanzunternehmen rücken zunehmend aus dem Zentrum, das Netzwerk konzentriert sich stärker auf Wien.

41 Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.2: Zentralität – OLS-Regressionen

2000 2008 degrees outdegrees degrees outdegrees Std. B Error B Std. Error B Std. Error B Std. Error Konstante -0,44 0,29 -1,26* 0,28 0,47* 0,22 0,07 0,21 SS 0,63* 0,22 0,35* 0,21 0,79* 0,15 0,94* 0,14 RIV 0,84* 0,16 0,36 0,16 0,81* 0,17 0,03 0,16 RS 0,70* 0,15 0,49* 0,15 0,23 0,15 -0,21 0,14 SIV 0,32* 0,16 0,89* 0,16 0,22 0,13 0,44* 0,13 Andere 0 0,18 0,33* 0,18 -0,44* 0,16 -0,36* 0,15 Wien 0,02 0,08 0,02 0,08 0,21* 0,07 0,1 0,06 Alter 0 0 0 0 0 0 0 0 ATX 0,03 0,2 0,08 0,2 0,04 0,12 0,08 0,12 Beschäftigte 0,12* 0,03 0,15* 0,03 0,05* 0,02 0,07* 0,02 Finanz 0,60* 0,11 0,72* 0,11 0,20* 0,09 0,11 0,08 R2 0,604 0,523 0,684 0,665 N 171 171 179 179 Df (Residuen) 181 181 169 169

*signifikant am 0,05-Niveau

Operationalisierung der unabhängigen Variablen: Rolle im Netzwerk: SS, RIV, RS, SIV, SS & SIV, RIV & RS (1), (0) Finanzunternehmen (1), (0) ATX= Börsennotiert (1), (0) Wien (1), (0) Beschäftigte: Absolute Anzahl der Beschäftigten logarithmiert (ln)

Operationalisierung der abhängigen Variablen: Degrees: Ungerichtete Vernetzungen , logarithmiert ln (degrees+1) Outdegrees: Gerichtete Vernetzungen, logarithmiert ln (outdegrees+1)

Wie in allen westlichen-kapitalistischen Ländern befinden sich auch in Österreich Banken noch im Kern des Unternehmensnetzwerkes. Jedoch ist die Entsendungen von Bankdirektoren in die Aufsichtsräte großer Unternehmen rückgängig und die zentrale Stellung von Banken kann einseitig auf den Faktor „Raiffeisen“ zurück geführt werden. Auch dieser Befund stützt die Gültigkeit des Finanzhegemoniemodells. Die These, Raiffeisen habe eine Vormachtstellung, steht jedoch auf tönernen Füßen, solange nicht eine detaillierte Analyse der tatsächlichen Inhalte der Vernetzungsstrukturen vorliegt.

2.6.6 Die „Big Player“ der „Österreich AG“ im Wandel Ziegler (1984) konnte nachweisen, dass sich die „Österreich AG“ anfänglich aus verschiedenen Unternehmensgruppen mit distinkten, sich teilweise überlappenden Einflusssphären zusammensetzte. Zur Identifikation dieser Teilgruppen richtete er den Fokus auf mehrfache Personenverbindungen zwischen Unternehmen, die im Gegensatz zu einfachen Mandatsverknüpfungen auf ein bewusstes und zielgerichtetes Verhalten der Unternehmen hindeuten sollten. „Es ist zu vermuten, dass ein hohes Maß an Personengleichheit zwischen Firmen besteht, die derselben Unternehmensgruppe angehören“ (Ziegler 1984, 82).

42 Kein Ende der „Österreich AG“?

Im Folgenden werden Unternehmensgruppen mit Komponenten gleichgesetzt. In einer K- Komponente gilt, dass der degree jedes Akteurs im Teilgraphen größer oder gleich k ist (vgl. Scott 2000, 110-111). K-Komponenten können wie schachtelbare, russische Matrjoschka- Puppen-Teile aufeinander aufbauen. Je mehr Puppen ineinander verschachtelt sind, d. h. je höher die Verbundenheit in der Teilgruppe, desto wahrscheinlicher liegen formelle oder informelle Allianzen vor. Für das Jahr 1976 ergibt die Clusterung ein sehr klares Bild: Neben einem Cluster von Genossenschaften erscheint die Gruppe der direkt und indirekt kontrollierten Töchter der Creditanstalt sowie die Konzerngruppe unter der Leitung der ÖIAG als jeweils voneinander abgrenzbare Unternehmensgruppen auf, die untereinander in Verbindung stehen. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Privatisierung von ÖIAG-Unternehmen und staatlicher Banken auf die Konfiguration der Österreich AG ausgewirkt hat. Wer sind die neuen, zentralen Akteure? Und: Zeichnen sich diese noch durch eine starke interne Verbundenheit aus (Mehrfachvernetzung)? Eine Antwort darauf sollen vereinfachte Schaubilder zu vier unterschiedlichen Zeitpunkten ermöglichen: 1976, 2000, 2004 und 2008 (s Grafik 2.5). Die Komponenten sind jeweils nach den zentralsten Unternehmen bezeichnet. Die Zahl am äußersten Rand gibt die jeweilige Vielfachheit der Verbindungen an. Der Übersichtlichkeit halber werden die Verbindungen zwischen den einzelnen Komponenten außer Acht gelassen. Zu sehen ist, dass noch im Jahr 2000 und somit am Ende der vierten Privatisierungsphase Personenverflechtungen rund um die ehemals Verstaatlichte eine relativ große Unternehmensgruppe konstituierten. Der zentralste Spieler in dieser Gruppierung war die VOEST, also jener oberösterreichischer Stahlkonzern, der das Fundament der ÖIAG bildete und im Jahre 2003 vollständig privatisiert wurde. Nicht wegzudenken war auch die Bank Austria, die mit Unternehmen der öffentlichen Hand wie etwa den österreichischen Lotterien oder Casinos eng auf Managerebene verbunden war. Alle anderen Unternehmensgruppen können eindeutig mit verschiedenen Wirtschaftssparten und/oder Regionen in Verbindung gebracht werden.

Erklärungen zu Grafik 2.5: Fett gedruckte Zahlen stehen für die Zahl von Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe angehören. Kursive Zahlen geben den Grad der Verbundenheit an. Die Zahl drei bedeutet zum Beispiel, dass mehrere Unternehmen diesselben drei Manager in Vorstands- und Aufsichtsratsorganen teilen. Unternehmensgruppen können ineinander verschachtelt sein. Mit zunehmender Verbundenheit nimmt auch die Zahl der Unternehmen ab. Zumeist machen drei oder vier Unternehmen den Kern einer business group aus. Jedes Rechteck steht für eine Gruppe von Unternehmen, die idente Manager aufweist. Die Größe des Rechtecks ist auf die Anzahl der Unternehmen abgestimmt, die der jeweiligen Unternehmensgruppe angehören.

43 Grafik 2.5: Die Unternehmensgruppen der Österreich AG: 1976, 2000, 2004, 2008

Kein Ende der „Österreich AG“?

Zu Anritt der ÖVP-FPÖ-Regierung 2000 zählten noch sieben börsennotierte und sieben nicht börsenotierte Unternehmen zur Staatsholding (Der Standard, 28.07.2010). Der staatsnahe Wirtschaftsblock stellte mit der Bank Austria im Zentrum die größte Unternehmensgruppe dar. Die eingeleiteten Privatisierungsmaßnahmen führten zu einer Verschiebung der Machtbalance innerhalb der „Österreich AG“. Die größte und am besten vernetzte Unternehmenskomplex wird nun von der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien angeführt. Zu ihr gehören u. a. sowohl die Luftfahrtsunternehmen AUA, Lauda Air und Tyrolean Airways, als auch die staatsnahen Österreichischen Lotterien sowie die Bank Austria CA. Für das Jahr 2008 ergibt sich ein Bild der Konsolidierung. Neben der mächtige Raiffeisen- Zentralbank haben sich mehrere (ehemalige) Unternehmen der öffentlichen Hand zu branchenübergreifenden Vereinigungen zusammengeschlossen. Die Unternehmen Telekom Austria, OMV und Post, deren Mehrheitseigentümer immer noch der Staat ist, teilen sich drei Aufsichtsratsmandatare. Die Unternehmen, die aus der VOEST hervorgegangen sind - wie die Energie-Unternehmen des Bundes und der Länder - vielfach miteinander personell verwoben. Die ÖBB und ihre Tochterunternehmen teilen Manager mit der staatlichen Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft. Kurz: Die Staatsholding ist nicht in voneinander isolierte Unternehmen zerfallen. Ganz im Gegenteil sind netzwerkanalytisch verschiedene Unternehmensinseln auszumachen, auf denen eine begrenzte Zahl von Managern verkehrt. Raiffeisen scheint die fragmentierte Unternehmenslandschaft transzendieren zu können. Ihre Allianzen reichen in alle Wirtschaftsbranchen hinein. Ihr soziales Kapital beruht nicht nur auf Zentralität, sondern auch auf der Fähigkeit strukturelle Löcher überbrücken und so unternehmerische Handlungsmöglichkeit eröffnen zu können (vgl. dazu beispielhaft die Rolle der Medici, Padgett/Ansell 1993). Im Folgenden möchten wir den Fokus auf Manager der unterschiedlichen Unternehmensinseln richten. Lassen sich nicht nur business groups, sondern auch Elitengruppierungen finden?

45

Kein Ende der „Österreich AG“?

2.7 Elitennetzwerke der „Österreich AG“ – Kontinuität oder Wandel?

Ein bei allen Forschenden Konsens findender Elitenbegriff existiert nicht. Der größte Nenner lautet: „Der sozialwissenschaftliche Elitebegriff bezeichnet Personen bzw. Personengruppen, die über wichtige Machtressourcen verfügen, die es ihnen erlauben, Einfluss auf gesellschaftlich bedeutsame Entscheidungen zu nehmen“ (Hoffmann-Lange 1992, 83). In der Praxis der Elitenforschung wird diese Auffassung aus (pragmatischen Gründen) oft so ausgelegt, dass es ausreichend sei, festzustellen, ob jemand aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft generell derartige Schlüsselentscheidungen treffen kann (vgl. Dronkers/Schijf 2007). Von einer Überprüfung der Anzahl und Reichweite konkreter Entscheidungen einzelnen Personen wird abgesehen – was durchaus kritikwürdig ist (vgl. Hartmann 2004a, 170). Im Forschungsstrang „Managernetzwerke und Eliteforschung“ hat es sich eingebürgert, all jene zur Elite zu zählen, die eine große Anzahl an Vorstands- und Aufsichtsratsmandaten aufweisen (vgl. Windolf 2002a). Im Folgenden wird dieses sogenannte „Big-Linker-Kriterium“ bei vier angesiedelt. Derartigen „Multiaufsichtsräten“ kann ein großes Einflusspotential unterstellt werden. Sie sind schließlich Netzwerk-Virtuosen, die über AR-Funktionen die Geschäftspolitiken vieler großer Unternehmen beeinflussen können. Darüberhinaus erhalten sie auch aus vielen Unternehmen zahlreiche Informationen, die nur einem exklusiven Personenkreis zugänglich sind. Das macht sie zu wichtigen Informationsquellen. Insofern erscheint es gerechtfertigt, diesem Personenkreis im Zusammenhang mit Unternehmensnetzwerken mehr Aufmerksamkeit zu widmen als etwa der Gruppe der Vorstände.

Tabelle 2.3: Multiaufsichtsräte in den Elitenetzwerken der Österreich AG – 1976, 2000 und 2008

1976 2000 2008 abs (%) abs (%) abs (%) 4-5 Positionen 35 (70) 29 (64) 31 (72) 6-7 Positionen 5 (10) 10 (22) 7 (16) 8-9 Positionen 4 (8) 3 (7) 5 (12) 10 und mehr 6 (12) 3 (7) Positionen Zahl der Manager 50 45 43 Zahl der Positionen 292 258 219 Zahl der Unternehmen 105 101 93

Aus Tabelle 2.3 geht hervor, dass das Ausmaß der Ämterhäufung in der österreichischen Wirtschaft erheblich ist und im Zeitverlauf leicht abnimmt. 1976 gehören dem Elitenetzwerk 50 Personen und damit 2 % aller Mandatsträger an, die für insgesamt 74 % aller 1.489 personellen Verflechtungen verantwortlich sind (Ziegler 1987, 82). Auch die Verbindungsmänner in den Jahren 2000 und 2008 sind an zwischen 70 und 74 % aller Personenverbindungen beteiligt. Diese Verteilungen legen nahe, dass die hier zur Elite gezählten Manager kollektive Ergebnisse

46

Kein Ende der „Österreich AG“? zumindest im Wirtschaftssystem entscheidend beeinflussen. Schließlich dürfte es kaum Strategiemöglichkeiten für Abhängige geben, dieses Elitenetzwerk zu umgehen. Im Folgenden wollen wir untersuchen, wie die Elitennetzwerke strukturiert sind. Es ist anzunehmen, dass Elitenmitglieder mit einzelnen Unternehmensgruppen in Verbindung gebracht werden können. Tabelle 4 und 5 zeigen, welche sogenannten sozialen Kreise in der Österreich AG existierten. Nach Simmel (1908) bezeichnet ein sozialer Kreis die Zugehörigkeit beziehungsweise Einbindung einer Person in soziale Gebilde oder Gruppierungen. Tabelle 4 und 5 sind aus einer Faktorenanalyse der Cliquenzughörigkeit aller Elitenmitglieder hervorgegangen. 15 Die gefundene Struktur des Elitennetzwerkes bestätigt im Wesentlichen die aus der Komponentenanalyse des Unternehmensnetzwerkes (vgl. Grafik 2.5) gezogenen Schlüsse: Im Jahre 2000 hatten 13 (parteinahe) Manager aus Unternehmen mit Staatsanteil intensive soziale Kontakte durch gemeinsame Aufsichtsratssitzungen (SK: AUA/Siemens). Ihr Netzwerk erstreckte sich insgesamt über 43 Unternehmen. Dieses Netzwerk dürfte in ähnlicher Weise wie jenes der Wirtschaftsverbände dazu genutzt worden sein, verschiedene Wirtschaftsinteressen miteinander vereinbar zu machen (vgl. für die USA, Bearden/Mintz 1987, 200). 2000 verfügen Raiffeisen und die Creditanstalt über gleich viel soziales Kapital. Eine gut vernetzte Untergruppe bilden auch die Drogeriemärkten mit der österreichischen Warenhauskette Billa.

Tabelle 2.4: Soziale Kreise der Manager im Jahre 2000

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) % d. N N N Dichte Positionen exekutive Überwachende Varianz Sozialer Kreis (SK) (Manager) (Positionen) (Unternehmen) in Konzern Positionen Positionen (%) I II Creditanstalt/ 10 63 35 0, 64 17 17 13 50 23 Kontrollbank AUA/Siemens 13 85 43 0,54 7 7 8 77 23 Raiffeisen/Oberbank 11 59 32 0,39 25 8 10 49 17 Billa/BIPA 4 22 7 0,75 36 18 4 18 11

Durchschnitt/Summe 9,5 57,25 29,25 0,42 21,25 12,5 8,75 48,5 74

15 Zuerst wurde mit UCInet (Borgatti/Everett/Freeman 2002) eine Cliquenanalyse gerechnet, wobei die Mindestgröße drei gewählt wurde. In diese Faktoranalyse ging die „actor-by-clique“-Matrix ein. 47

Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.5: Soziale Kreise der Manager im Jahre 2008

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) % d. N N N Dichte Positionen exekutive Überwachende Varianz Sozialer Kreis (SK) (Manager) (Positionen) (Unternehmen) in Konzern Positionen Positionen (%) I II OMV/Telekom 6 24 15 0,5 17 17 6 18 24 Raiffeisen 11 65 34 0,59 40 / 13 52 20 Voest 7 35 18 0,74 40 / 8 27 18 Oberbank/Bank 6 30 19 0,56 13 10 5 25 18 Austria

Durchnschnitt/Summe 7,5 38,5 21,5 0,5975 27,5 4,25 8 30,5 80

(1) = Name der Unternehmen, die die zentralste Position einnehmen (2) = Anzahl der Manager im sozialen Kreis (3) = Anzahl der Managerpositionen im sozialen Kreis (4) = Anzahl der Unternehmen im sozialen Kreis (5) = Dichte (6) / (7) = Prozenanteil der Managerpositionen die den zentralsten Unternehmen zuzuordnen sind (8) = Anzahl der Vorstands- und Geschäftsführungsmandate (9) = Anzahl der AR-Mandate (10) = Prozentsatz der Varianz, die durch den Faktor (=sozialer Kreis) erklärt wird

2008 hat Raiffeisen seine Stellung ausgebaut, das Beziehungsnetzwerk der von Bank Austria aufgekauften Creditanstalt (CA) ist geschrumpft und verquickt sich mit jenem der Oberbank. Eine Zusammenarbeit dieser beiden Bankinstitute ist naheliegend, da die CA 1952 je ein Drittel des Aktienbesitzes an die drei Banken Oberbank, Bank für Kärnten und Steiermark sowie Bank für Tirol und Vorarlberg übergeben hatte („3-Banken-Gruppe“). Das Managernetzwerk rund um die „Verstaatlichte“ ist nicht gänzlich erodiert, sondern teilt sich in mehrere staatsnahe Subgruppen (Voest; OMV/Telekom) auf.

2.7.1 Schlussfolgerungen und offene Fragen Die forschungsleitenden Hypothesen gingen von institutioneller Stabilität aus. Die Gegenhypothesen formulierten als Kontrapunkt jeweils das Wegbrechen eines zentralen institutionellen Pfeilers der Österreich AG. Wie fragil ist das Grundgerüst der „Österreich AG“ geworden? Ad H 1: Sowohl die Zeitreihen-Analyse der gerichteten als auch der ungerichteten Personenverflechtungen legt den Schluss nahe, dass das österreichische Unternehmensnetzwerk in der letzten Dekade nicht an Kohäsion eingebüßt hat. Die Dichte pendelt sich auf einem relativ konstanten Niveau ein. Struktureinbrüche vor dem Jahr 2000, also vor den umfassenden Privatisierungsmaßnahmen der ÖVP-FPÖ-Regierung, waren ungleich stärker. Ad H 2: Die Anzahl der Personenverbindungen hat leicht abgenommen. Eine derartige Entwicklung ist naheliegend, da die Anzahl der Manager in den Geschäftorganen zurück gegangen ist und so die

48

Kein Ende der „Österreich AG“?

Möglichkeiten an Querverbindungen sich ebenfalls im Rückgang befinden. Unverändert hoch ist jedoch der Prozentanteil der Mehrfachverflechtungen, die als Hinweis auf beabsichtigte und enge Kooperationen gedeutet werden können. Ad H 3: Am Aufschlussreichsten haben sich die Ergebnisse der Komponentenanalyse und der Analyse von Elitennetzwerke erwiesen. Zwar kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die „Österreich AG“ weiterhin existiert - ihre Zusammensetzung hat sich jedoch wesentlich verändert, wenn auch in ihr die Bedeutung der Republik als Eigentümer noch immer stark zum Ausdruck kommt. Neben mehreren business groups rund um die ehemals verstaatlichte Industrie und Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Sektors legt heute vor allem die Bankengruppe Raiffeisen das Fundament der „Österreich AG“. Ambivalente Befunde ergibt die Detailanalyse der Interdependenz und der sektoralen Vernetzung des Finanzsektors und des Unternehmenssektors. Während der Rückgang an F/NF- Vernetzungen mit gewandelten Wettbewerbsbedingungen für Banken erklärt werden kann, gibt die Zunahme der NF/NF-Verflechtungen Rätsel auf. Netzwerkanalytische Visualisierung (Grafik 2.2 und 2.3) lassen vermuten, dass es sich hierbei nicht um vermehrte Intrabranchen- Verflechtungen handelt, die einer Stärkung der Marktposition dienen. Mehr Erklärungskraft als all jene Theorien, die auf Effizienzvorteile fokussieren, scheinen Überlegungen zu Reziprozitätsketten, Nutzfreundschaften als Netzfreundschaften und Querverbindungen zwischen Politik und Wirtschaft zu besitzen. Im nachfolgenden Kapitel wird daher auch auf die Politiknähe von Aufsichtsräten eingegangen werden. Qualitative Investigationen in Form von Eliteinterviews müssten an die vorliegende strukturelle Analyse anknüpfen, um ausschließen zu können, dass das von Luhmann beobachtete Netzwerk der Favelabewohner Rio de Janeiros ähnlich funktioniert wie jenes der „Österreich AG“:

Die basale Ressource dieses Netzwerkes scheint zu sein, dass man jemanden kennt, der jemanden kennt; und dass das Bitten um Gefälligkeiten derart verbreitet ist, dass man, wenn man überhaupt die Möglichkeiten hat zu helfen, es nicht ablehnen kann, ohne binnen kurzen aus dem Netz der wechselseitigen Dienste ausgeschlossen zu werden (Luhmann 1995, 251).

Ad H 4: Die Flagschiffe der Verstaatlichten rücken im Zeitverlauf zunehmend aus dem Zentrum, wie aus Tabelle 6 ersichtlich wird.

49

Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.6: Top-10-Ranking von Unternehmen nach Eigenvektor-Zentralität (1976-2008)* 16

Rang 1976 2000 2004 2008 Bank Austria CA 1 Voest Alpine Ag International Ag Österr. Kontrollbank Ag RZB Österreich Ag Bank f. Tirol u. Raiffeisen Bausparkasse 2 OIAG Bank Austria Ag Vorarlberg Ag GmbH 3 OMV Ag Österr. Kontrollbank Ag Oberbank Ag Raiffeisen Centrobank Ag Bank f. Kärnten 4 Elin Union Ag Creditanstalt Ag u. Stmk. Ag Raiffeisen International Ag Leipnik-Lundenburger 5 Siemens Ag Österreich AUA Ag Investkredit Bank Ag Invest Bet.-Ag 6 Chemie Linz Ag VA Technologie Ag Bank Austria CA Ag Österr. Kontrollbank Ag Österreichische Lotterien 7 Steyr-Daimler-Puch Ag GmbH RZB Österreich Ag Österr. Volksbanken Ag Österreichische 8 Vereinigte Edelstahlwerke Ag ÖBB Lotterien GmbH AGRANA Bet.-Ag Bausparkasse 9 Simmering-Graz-Pauker Ag Voest-Alpine Stahl Ag Wüstenrot Ag Raiffeisen-Holding NÖ-Wien Allg. Baugesellschaft Raiffeisen Bausparkasse 10 Austria Metall Ag A. Porr Ag GmbH Voestalpine Ag *Finanzunternehmen sind unterstrichen

An ihre Stelle tritt zu Beginn eine Vielfalt von Banken. Spätestens 2008 hat Raiffeisen den Unternehmenskern für sich monopolisiert. Diese Bankengruppe ist zum wichtigsten Spieler in nahezu allen Wirtschaftszweigen geworden. Als ressourcenreichsten Spieler kann man Raiffeisen auf der obersten Ebene der „Österreich AG“ ansiedeln. Die Elitemitglieder des SK Raiffeisen können in das Geschehen auf zahlreichen unteren Stockwerken einwirken, umgekehrt scheinen nur wenige Spieler Einfluss auf Raiffeisen nehmen zu können. Um das tatsächliche Machtausmaß von Raiffeisen adäquat fassen zu können sind weitere Studien notwendig. Denn wie Elias schon vorweggenommen hat, geht die Akkumulation von Machtchancen stets auch mit Interdependenzen einher:

Selbst in einem Spiel mit nicht mehr als zwei Ebenen besitzt die Figuration der Spieler und des Spiels bereits ein Maß an Komplexität, das keinem einzelnen Individuum die Möglichkeit lässt, das Spiel kraft seiner eigenen Ziele und Wünsche zu lenken. Er macht seine Spielzüge zugleich aus und in einem Netzwerk interdependenter Spieler, in dem es Bündnisse und Gegnerschaften, Kooperationen und Rivalität auf verschiedenen Stockwerken gibt (Elias 1996, 91).

Ad H 5 und H6: Im Jahr 1976 – dem Ausgangspunkt der Analyse – war das Proporzsystem bei der Besetzung von Positionen in öffentlich kontrollierten Institutionen, insbesondere auch in den verstaatlichten Wirtschaftsunternehmen, allgemein verbreitet und zum Teil gesetzlich verankert (Morawetz 1985) Da eine Großzahl der Unternehmen sich im Besitz der Republik befand, spiegelt sich die korporatistische Struktur Österreichs auch im Netz der interlocked directorates . Eine kleine, aber miteinander eng verwobene Gruppe von Multiaufsichtsräten mit Parteienaffiliation zur SPÖ oder ÖVP dominierten das landesweite Kommunikationsnetz (Ziegler 1987). An der Struktur und der Bedeutung des inner circles (Useem 1984) hat sich wenig geändert. Er umfasste 2008 43

16 Vgl. Bonacich (1972). 50

Kein Ende der „Österreich AG“?

Manager, die an mehr als 70 Prozent aller Unternehmensverflechtungen beteiligt waren. Die Konzentration an Machtpotentialen ist somit gewaltig geblieben. Weitere Untersuchungen könnten sich der Frage annehmen, ob es sich bei diesem Personenkreis um eine sozial homogene Gruppe handelt, die sich gegenseitig eher unterstützt als schadet (vgl. dazu die Machtzirkeltheorien von Mills 1956). Qualitative Elitestudien, die die subjektive Sicht der Mitglieder des inner circles erschließen, wären dazu geeignet festzustellen, ob die von Useem postulierten Funktionen dieser Elitengruppe auch auf Österreich zutreffen:

Central members of the inner circle are both top officers of large firms and directors of several other large corporations operating in diverse environments. Though defined by their corporate positions, the members of the inner circle constitute a distinct, semi-autonomous network, one that transcends company, regional, sectoral, and other politically divisive fault lines within the corporate community. The inner circle is at the forefront of business outreach to government, nonprofit organizations, and the public (Useem 1984, 3).

Besondere Bedeutung scheint im österreichischen Fall den Querverbindungen zwischen Politik und Wirtschaft zuzukommen. Diese werden in Kapitel 3 ausführlich diskutiert.

51

Kein Ende der „Österreich AG“?

2.8 Die Metamorphosen der „Österreich AG“ im europäischen Vergleich

Eine erste Forschungsgeneration an Soziologen (J. Scott, F. N. Stokman, R. Ziegler) wandte erstmals eine systematisch international vergleichende Perspektive auf Unternehmensverflechtungen an. Eine zweite (J. Beyer, M. Nollert, P. Windolf) bemühte sich darum, die schon davor erkannten Unterschiede in den Netzwerkkonfigurationen zwischen kooperativen und Konkurrenzkapitalismus auszuarbeiten. Eine dritte (G. Schnyder, E. Heemskerk, M. Höpner) beschäftigt sich mit dem Entwicklungsverlauf kooperativer Unternehmensnetzwerke unter Bedingungen von Globalisierungsprozessen und zunehmender ökonomischer Konkurrenz durch den machtpolitisch dominanten anglo-amerikanischen, deregulierten Kapitalismus. Forschungsleitend ist dabei entweder die Divergenz-/Konvergenz oder die Hybridisierungsthese. Die erste These sagt Kontinuität kooperativer, die zweite deren tendenzielle Angleichung an konkurrenzkapitalistische Wirtschaftsmodelle voraus. Die dritte Generation geht nicht von kohärenten Kapitalismusmodellen aus (vgl. Lane/Wood 2009). Die unterschiedlichen Kapitalismus-Spielarten können sich miteinander vermengen: „ Hybridization may, in fact, simply suggest that the normal form of change is incremental combinations of old and new” (Deeg/Jackson 2007, 171). Empirische Befunde zum Wandel koordinierter Wirtschaftsformen sprechen zumeist für die Hybridiserungsthese (vgl. dazu z. B. die Forschungsarbeiten zu Transformationen des Finanzsektors in Deutschland, Lütz 2000 u. 2005). Hybridisierungsmodelle kranken jedoch an der Beliebigkeit und der Komplexität ihrer Vorhersagen: „ The problem […] of hybridization is that it marries competing elements but does not do what theory eventually does: simplify and abstract away from some dimensions in order to highlight a limited number, the importance of which is justified and whose range of variation is identified” (Culpepper 2008, 3). Alle drei Erklärungsschemata sind für den österreichischen Fall weitgehend ungeeignet. Betrachtet man die „Österreich AG“ durch die Brille der Divergenz/Konvergenz-Theorie verschwinden aufschlussreiche Rekonfigurationen des Unternehmensnetzwerkes aus dem Blickfeld. Darüber hinaus gibt es keinen besonderen Anlass, nach Konvergenz-Tendenzen zu fragen, denn innerhalb der Debatte um die Varieties of of Capitalism ist es vor allem die wachsende Bedeutung des Finanzmarktes die Konvergenzen in Gang setzen kann: „Financial deregulation could be the string that unravels coordinated market economies“ (Hall/Soskice 2001, 64). Der Wiener Börse kommt in europäischen Vergleich jedoch nur eine unbedeutende Rolle in der Unternehmensfinanzierung zu. Das geht allein aus einem Vergleich mit der Marktkapitalisierung eines weiteren kleinen europäischen Staates, der Schweiz, hervor.

52

Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.7: Entwicklung der Marktkapitalisierung 1975-2005 (in % des BIP)

1975 1980 1985 1990 1995 1996 1997 1998 2000 2005 Österreich 9 3 7 17 14 15 18 17 14 41 Schweiz 30 42 91 69 130 136 225 260 322 256 Quelle: UNCTAD 2008. World Investment Report, entnommen: Afonso/Mach (in Druck)

Angemerkt sei, dass zahlreiche Maßnahmen beschlossen wurden, um Zürich nach London und New York als drittgrößtes Finanzzentrum zu etablieren (vgl. Schnyder et al. 2005). Auch Corporate-Governance-Reformen wie etwa jene in der Schweiz (vgl. David/Mach 2001), die aktionärsorientierte Reformen der Rechnungslegung einleiten, Minderheitsaktionäre vor der Übervorteilung durch Banken in Schutz nehmen, verlässliche Regeln für feindliche Übernahmen und Offenlegungspflichten gegenüber Aufsichtsorganen etablieren, fehlen in Österreich diese exogene Kräfte eines institutionellen Wandels. Erst seit der Verabschiedung des Unternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008 (ÜRAG 2008) sind börsenotierte Aktiengesellschaften dazu verpflichtet, sich an gewisse Standards der Unternehmensführung zu halten. Bislang beruhte die Verbindlichkeit des Codes auf dem Prinzip der Selbstverpflichtung der Gesellschaften (vgl. Haberer 2003) – den Akteuren blieb also genügend Spielraum, um ihre eigenen Regeln aufzustellen. Angesichts dieser fehlenden push -Faktoren stellt sich daher weder die Frage nach Konvergenzen noch nach Hybridisierungs-Prozessen. Was dann, könnte der kritische Leser einwerfen, macht den österreichischen Fall im europäischen Vergleich interessant? Mehrere Antworten lassen sich finden: Erstens haben die weitreichenden Privatisierungsmaßnahmen zu einer einschneidenden Umgestaltung der „Österreich AG“ geführt, die mit sozialem Wandel in anderen Ländern gut in Verbindung gebracht werden kann. Nahezu kein Land lässt sich ausmachen, dass nicht den öffentlichen Wirtschaftssektor erheblich abgebaut hat. Zwischen 1980 und 2000 erzielten Regierungen durch Privatisierungen mehr als 1,3 Trillionen US-Dollar – das macht 7,6 % des wirtschaftlichen Gesamtumsatzes auf der ganzen Welt aus (Brune/Garrett/Kogut 2004). Für Heemskerk et al. (in Druck) sind die Metamorphosen der Unternehmensnetzwerke neben Corporate-Governance-Spielregeln vor allem durch weitreichende Privatisierungen, die Trennlinien zwischen Privaten und Öffentlichen neu definieren, zu erklären. Zweitens führt die von Heemskerk/Schnyder (2008) eingeforderte akteurszentrierte Interpretation von Unternehmensnetzwerken zu aufschlussreichen Ergebnissen. Eine derartige Sichtweise hilft, sterile Strukturanalysen zu vermeiden und Gründe für Kontinuitäten und Umbrüche zu fassen. In diesem Lichte sollte auch für jene, die für Idiosynkrasien der Alpenrepublik kein Interesse aufbringen, das Beispiel Österreich Erkenntnisgewinn bringen. Denn heute wird die „Österreich AG“ im Wesentlichen durch einen Spieler zusammengehalten: Die Bankengruppe rund um Raiffeisen. Der Aufstieg einer unbedeutenden Genossenschaftsbank

53

Kein Ende der „Österreich AG“? bzw. eines Vereins zur Unterstützung unbemittelter Landwirte zur wichtigsten Bank Osteuropas und einflussreichsten Wirtschaftskraft in Österreich erinnert – zumindest durch eine „Netzwerkbrille“ gesehen - an jenen der Medici Familie im ausgehenden Mittelalter und der frühen Renaissance (Pagdett/Anselm 1993). Diese nahmen einerseits eine zentrale Stellung im ökonomischen Netzwerk insgesamt ein, andererseits verknüpften sich auch über Brückenbeziehungen zahlreiche separate Teilnetzwerke miteinander. Schlecht vernetzte Parteigänger konnten miteinander nur über die Medici-Familie in Kontakt treten. Ähnliches gilt für Raiffeisen. Drittens zeigte sich, dass sich interlocked directorates im Sinne von Merton (1987) als research material zur Untersuchung von Interdependenzen zwischen Politik und Wirtschaft gut eignen. Einige wenige empirische Studien (Mizruchi 1992, Burris 2001/2005) sprechen dafür, dass stark vernetzte Manager dieselben politischen Haltungen teilen. Ähnliches könnte für Österreich gelten. Selbst nach dem Untergang der Verstaatlichten scheint die Parteiaffiliation oftmals dafür ausschlaggebend zu sein, ob Manager in ein bestehendes Wirtschaftsnetzwerke integriert oder ausgeschlossen werden. Das widerspricht den Prinzipien reiner Marktrationalität und legt eine bislang weitgehend vernachlässigte Einbettung der Wirtschaft in größere politische Zusammenhänge nahe (vgl. Stark/Vedres 2009). Das Beispiel der „Österreich AG“ verspricht die Debatte über die soziale Einbettung von Wirtschaftssystemen (Beckert 1996) zu bereichern. In der gebotenen Kürze soll gezeigt werden, wie die „Österreich AG“ aus einer international vergleichenden Perspektive zu bewerten ist. In mehreren europäischen Ländern ist zu beobachten, dass der Rückzug des Staates aus der Wirtschaft mit Elementen der domestic compensation einhergeht. Um die nationale Kontrolle über in die Privatwirtschaft entlassenen Unternehmen beizubehalten, treten an die Stelle des Staates oftmals heimische Akteure. Die Zusammensetzung dieser nachrückenden Gruppe kann je nach Land variieren. Im Zuge extensiver Privatisierungsprogrammen in Spanien – der Anteil des öffentlichen Sektor an der Gesamtwirtschaft fiel von 16 % im Jahr 1992 auf nahezu 0 % im Jahr 2000 (Arocena 2003) – gingen Unternehmensanteile des Staates sowohl an andere Unternehmen als auch an Banken über:

Privatisation processes seem to have changed firms’ ownership structures dramatically, with the State having been replaced as major block holder by new shareholders, often in the guise of either banks and savings banks, who hold significant stakes in 75 per cent of the privatised firms three years after privatisation or non-financial companies, who hold significant stakes in 58.33 per cent of the firms. The ownership structure of these large privatised companies reflects State will to create a stable hard core of shareholders in order to keep the firms’ control in Spanish hands. (García/Ansón 2007, 510).

In Italien brachte das nach einem italienischen Finanzexperten 1998 benannte Draghi-Gesetz rigide Transparenzvorschriften zum Vorteil von Kleinaktionären (vgl. Culpepper 2007). In

54

Kein Ende der „Österreich AG“? derselben Zeit initiierten linke Parteien in Italien umfangreiche Privatisierungsmaßnahmen. Führte dies zu einer Verschiebung der Machtbalancen zwischen den Akteuren? 1990 befand sich mit Mediobanca eine einzige Bank unter den zehn zentralsten Unternehmen. 2000 waren es hingegen sechs (Heemskerk et al., in Druck). Im Gegensatz zu Spanien waren es daher vorrangig Banken, die für den Staat „einsprangen“. Die Rolle von Mediobanca erinnert zu einem gewissen Maße an jene der österreichischen Creditanstalt (CA) der 1990er Jahre. Während die Republik Österreich direkt an der CA beteiligt, hielt der Staat Italien über zwei Vermittlungsinstanzen Anteile an der Mediobanca: Die öffentliche Industrieholding Ricostruzione Industriale (RI) kontrollierte die drei Bankinstitute Banca Commerciale Italiana , Credito Italiano , Banca di Roma, die wiederum Anteile an der Mediobanca hielten. Mediobanca zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass sie sowohl mit privaten als auch öffentlichen Unternehmen Geschäfte machte und zwischen diesen vermittelte. Die Privatisierung und Konsolidierung des italienischen Bankensektors führte nicht zu einem Bedeutungsverlust dieser Bank, sondern zu einem erheblichen Einflussgewinn:

Mediobanca leads the ranking for both years [1990 and 2000] […] Not only that, but it actually increases its degree of betweeness. […] More importantly for our purposes, though, is to note that Mediobanca´s role as central actor in the network during the decade stretches beyond its direct presence. Many of the companies identified as most central in the network are in fact linked to Mediobanca by ownership ties. These include the Fiat, Olivetti, Pirelli, Generali, Burgo, and Gemina groups in 1990, and the Fiat, Montedison, HdP/Gemina, and the insurance companies SAI, La Foniaria, and Generali (the largest) in 2000 (Corrado/Zollo 2006, 345-346).

Der Entwicklungspfad der „Österreich AG“ teilt mehr Gemeinsamkeiten mit dem italienischen als mit dem spanischen Fall. Im internationalen Vergleich besaßen österreichische Banken ungewöhnlich hohe Anteile an Unternehmen. Das lässt sich mit der Kapitalarmut nach dem Zweiten Weltkrieg und der untergeordneten Rolle der Wiener Börse für die Unternehmensfinanzierung erklären. Vor allem die Creditanstalt (CA), aber auch die vormalige Länderbank befanden sich im Zentrum gewichtiger Industrieimperien.

1958 besaß die Creditanstalt unter Einrechnung aller Beteiligungen […] insgesamt 45 kontrollierende Beteiligungen an Industrieunternehmen. Zu Ende der 60er Jahre waren in den Konzernbetrieben rund 50.000 Mitarbeiter beschäftigt, etwa 9 % aller Industriebeschäftigten in Österreich. Mit über 54.000 Beschäftigten in den Industriebeteiligungen war 1980 der Höchstwert erreicht. (Arbesser/Neumayer/Sandgruber 2006, 77).

Die Rolle des industriellen Eigentümers legte die CA schrittweise ab. Die aus den Verkäufen resultierenden Gewinne stärkten das Fundament für das internationale Bankgeschäft, insbesondere die Neugründungen von Banken in Mittel- und Osteuropa.

55

Kein Ende der „Österreich AG“?

Tabelle 2.8: Industriebeteilgungen der Creditanstalt nach Umsatz 1970 bis 2000 Mio. ATS Umsatz Umsatz Umsatz Umsatz 1970 1980 1990 2000 Austria email 311 - - - Chemiefaser Lenzing - 3.429 5.965 - Donau Chemie 435 1.048 1.462 - Halvic 192 657 694 - Semperit 3.592 6.414 3.145 5.000 Treibacher - 3.929 - - Maschinenfabrik 492 2.007 3.430 Andritz Ruthner - 1.005 - - Maschinenfabrik Heid 195 629 - - Hutter & Schrantz 361 562 401 51 Jenbacher 452 884 - - Steyr 4.962 13.732 14.826 - Hübner-Vamag 488 970 - - Lapp-Finze 132 - - - Wertheim 257 710 - - Stölzle Oberglas 452 1.495 - - Universale 607 3.886 4.189 8.529 Union 284 - - - Wienerberger 581 809 10.182 21.740 Leykam-Mürztaler 1.177 3.789 7.456 Hitiag 210 205 390 442 Pottendorfer 325 262 - - Steirerbrau 1) 1.476 2.884 - SUMME 15.505 47.898 55.024 35.762

1) 1970 nicht als Konzernbetrieb geführt Quelle: Konzernberichte der CA, entnommen aus: Arbesser/Neumayer/Sandgruber 2006, 79.

Auch die Länderbank konzentrierte sich vermehrt auf ihr Kerngeschäft, den Bankenbereich. Sie wurde 1990 durch die Fusion mit der Zentralsparkasse zur Bank Austria AG. In der 2001 von der CA und Bank Austria neu gegründeten B & C – Holding sind heute einige wenige ehemalige Beteiligungen der Länderbank zu finden, darunter Lenzing, Porr und Semperit. Ab 1970 stieß auch die ÖIAG Zug um Zug ihre Tochterunternehmen ab. Diese Dynamiken führten schließlich dazu, dass sich die wichtigsten Verflechtungszentren der „Österreich AG“ allmählich auflösten (Schaubild für das Jahr 1976, s. Grafik 2.5). Ein enormes Machtvakuum entstand, das zunehmend die Raiffeisen-Bankgruppe ausfüllte. Raiffeisen ist die einzige Finanzinstitution, die seit Beginn der Privatisierung gezielt ein Industrieportefeuille aufgebaut hat. Zu ihren Beteiligungen gehört heute: der Nahrungsmittel-Konzern AGRANA, der Zuckerproduzent Südzucker AG, die Holdinggesellschaft Leipnik-Lundenburger, das Milchverarbeitungsunternehmen NÖM AG und das Bauunternehmen Strabag. Im Jahr 2008 gingen von den diversen Raiffeisen-Banken 22 % aller gerichteten Netzwerkbeziehungen aus. 27 dieser outdegrees und damit mehr als die Hälfte aller Verflechtungen reichen über das dreistufige „Raiffeisen-Imperium“ hinaus. Neben den weiter oben genannten, erst jüngst akquirierten Industriebeteiligungen haben Raiffeisen-Banker auch 56

Kein Ende der „Österreich AG“? in folgenden Unternehmen Mitspracherecht: Energie AG Oberösterreich, EVN AG, Landes- Hypothekenbank Steiermark AG, LINZ AG für Energie, OÖ Landesbank AG, Ö. Kontrollbank AG, OMV AG, Ö. Lotterien, Ö. Volksbank, Rail Cargo Austria AG, Salzburger Landeshypothekenbank AG, Siemens Ö. AG, VA Intertrading AG, Voestalpine AG. Dieses Geflecht kann insofern als asymmetrisch bezeichnet werden als nur zwei Unternehmen, nämlich die Ö. Volksbanken und die Raiffeisen-Beteiligung Leipnik-Lundenburger, hauseigene Manager in die Kontrollgremien der Raiffeisen-Banken entsenden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Aufstieg von Raiffeisen und der Machtabbau andere Banken im Kernbereich des Unternehmensnetzwerkes ein wesentliches Erkennungszeichen der „Österreich AG“ ist. Der Entwicklungsverlauf ist somit unterschiedlich zu den Unformungen nationaler Netzwerke in Spanien und Italien, die wie Österreich durch bedeutsame Privatisierungsprogramme geprägt waren.

Tabelle 2.9: Kennzeichen der interlocked directorates nach erfolgter Privatisierung Zentrale Unternehmen Unternehmen/Banken Banken

Macht-Gleichgewicht Spanien Italien

hegemoniale Stellung Österreich

Machtverteilung

Im Unterschied zu Spanien und Italien befindet sich im Unternehmenszentrum Österreichs mit Raiffeisen ein Verbund föderalistisch aufgebauter, horizontal und vertikal gegliederter autonomer Genossenschaften. Raiffeisen ist nicht im Besitz einiger weniger Eigentümer. Ganz im Gegenteil stehen am Sockel der dreistufigen Raiffeisen-Pyramide (Bundes-, Landes-, Ortsebene) 2.182.598 Mitglieder (Bruckmüller 1998, 333). Dies erklärt, warum Raiffeisen anders als zentrale Banken in Spanien und Italien mit anderen Wirtschaftsakteuren einseitig vernetzt ist.

57

Kein Ende der „Österreich AG“?

2.9 Wer steuert die „Österreich AG“? – ein Ausblick

In der Netzwerkforschung können unterschiedliche theoretisch-methodologische Grundpositionen unterschieden werden (vgl. Emirbayer/Goodwin 1994, 1425f.) Netzwerkanalysen können dem strukturalistischen Determinismus zugerechnet werden, wenn sie handlungsleitende Normen, Glaubenssätze und kulturelle Werte relevanter Akteure ausblenden. Strukuralistische Instrumentalisten räumen Akteuren zwar mehr Relevanz zu, doch gemäß dieser theoretischen Perspektive werden Handlungen ausschließlich durch nutzenmaximierende Kalküle angestoßen. Strukturalistische Konstruktivisten sehen handlungsprägende und -ermöglichende Strukturen stets auch als symbolische Formationen an. Wie sie von Akteuren genutzt werden, hängt stets auch von der Interpretationsleistung der Akteure ab (Blumer 1973). Hier werden interlocked directorates als Gelegenheitsstrukturen konzeptualisiert. Interpretiert werden lediglich die Umgestaltung oder der Abbau von Personenverflechtungen zwischen Unternehmen. Solche Veränderungen – und das dürfte als unbestritten gelten – beeinflussen die Wahrscheinlichkeit des Informationsaustausches auf formellem Wege. Kurzum interlocked directorates werden in erster Linie mit Informationskanälen gleichgesetzt (Standworth/Giddens 1974). Die empirische Analyse hat jedoch Verflechtungen zum Vorschein gebracht, die eine spezifischere Interpretation nahezu einfordern. Netzwerkdynamiken allein tragen nicht zu deren Verständnis bei. Nur die Einbeziehung der Akteursperspektive auf die Netzwerkumgebung sowie die Analyse der Ausgangsbedingungen für das Netzwerken können die gefundenen Strukturen plausibilisieren (vgl. Diaz-Bone 2008). Tatsächlich fehlen noch Informationen zu den Akteuren um das eingangs gestellte Rätsel vollständig lösen zu können. Bislang sind Netzwerke auch als kulturlose oder sinnfreie Strukturen gedacht worden. Tatsächlich sind sie nach White (1992) „mehrlagige Beziehungsstrukturen, die auf Bedeutungszuschreibungen basieren und selber Bedeutungen generieren. Bedeutungen gerinnen und formieren sich zu Geschichten (stories)“ (Mützel/Fuhse 2010, 15). Eine zentrale, noch gänzlich offene Frage ist: Welche Bedeutung weisen Manager AR-Mandaten in Österreich zu? Werden sie als Instrumente zur Verflechtung, Prestigevermehrung oder als reine Kontrollorgane angesehen. Weitere Fragen ergeben sich aus der Tatsache, dass Aufsichtsräte zum Teil politisiert sind. Aufgabe des nächsten Kapitels ist es, diese aus dem Wirtschaftsnetzwerke ausgehenden Querbeziehungen zur Politik stärker in die Interpretation einfließen zu lassen und Einschätzungen über die Funktionen von Kontrollorganen einzuholen. Zu diesem Zwecke werden auch die einzelnen stories relevanter Akteure sowie die Meinungen erfahrener politischer Beobachter erschlossen werden. 58

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

3 Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

3.1 Wie lassen sich Querbeziehungen zwischen Wirtschaft und Politik erklären?

Politische Beziehungen öffnen Türen für Unternehmensinteressen – man könnte annehmen, dass diese Aussage dem Standardrepertoire der Soziologie entnommen ist. Tatsächlich ist kaum spezifische Literatur zu dem hier interessierenden Thema der Beziehungen zwischen Managern und Parteien zu finden (vgl. McMenamin/Schoenmann 2007). Die wenigen vorhandenen Abhandlungen beziehen sich darüber hinaus zumeist auf Nationen, die kürzlich ein nach kommunistischen Prinzipien gestaltetes Wirtschaftssystem ganz oder überwiegend an kapitalistische Standards angepasst haben. In diesen Transformationsprozess kommt es zu einer Rekalibrierung der Einflusssphären des Staates in der Wirtschaft und damit einhergehend zu Aushandlungsprozessen zwischen Repräsentanten des Staates mit erst allmählich in die freie Marktwirtschaft entlassenen Managern:

On the one hand, state actors are rarely willing to institute a new economic system that completely deprives them of direct control rights at the firm level. On the other hand, managers often prefer the continuation of direct state-firm linkages to gain access to resources in a highly insecure and rapidly changing business environment (Nee/Opper 2007, 93).

Für Nee und Opper (2007, 2010) ist China aufgrund der zahlreichen Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft das Paradebeispiel des politisierten Kapitalismus ( politicized capitalism ). Das Naheverhältnis der beiden Gesellschaftsbereiche ist darauf zurück zu führen, dass die in der Wirtschaft miteinander konkurrierenden und nach Rendite strebenden Akteure stark von staatlichen Reglementierungen abhängen. Abhängigkeiten sind vor allem hinsichtlich Bauaufträgen der öffentlichen Hand, Kapitalmarkt, Kreditbegünstigungen, Landnutzungsrechten sowie einigen staatlichen Produktionsmonopolen im Energiebereich zu konstatieren. In all diesen Bereichen kultivieren Manager Beziehungen zu Repräsentanten des Staates. Denn im Wettbewerb unter Wirtschaftsakteuren um Aufträge oder den Zugang zu knappen Ressourcen auf staatlich kontrollierten Märkten kann sich letztendlich das politische Kapital einer Firma als Zünglein an der Waage herausstellen. Die bisher umfassendste Analyse von Verflechtungen zwischen politischen Parteien und Managern ist von Stark und Vedres (2009) zu politischen Allianzen in der postsozialistischen Wirtschaft Ungarns durchgeführt worden. Die Autoren heben die Besonderheit dieser Bündnisse hervor: „... involvement with a political party is not simply adding another ally but is becoming

59

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien involved with a different type of ally accustomed to a different logic” (Stark/Vedres 2009, 1). Während das Handeln von Wirtschaftsakteuren der Logik des Portfoliomanagements folgt - Käufe und Verkäufe werden mit Hinblick auf erwartete Marktentwicklungen getätigt - dominiert in politischen Parteien weitgehend das Loyalitätsprinzip: Ein Geschäftspartner ist „einer von uns oder gegen uns“. Die Autoren können empirisch nachweisen, dass in Ungarn das Prinzip der Parteilichkeit ( logic of partisanship ) in die Ökonomie übergeschwappt ist und die Prinzipien der Wirtschaftspartnerschaft ( logic of partnership ) teilweise oder gänzlich verdrängt hat. Konkret: Aktive Parteimitglieder in den exekutiven und überwachenden Unternehmenssorganen bestimmten die Geschäftsstrategien der Unternehmen derart stark, dass das Wirtschaftssystem nach politischen Konfliktlinien zerklüftet ist. Firmen, die entweder dem linken oder dem rechten politischen Spektrum zugerechnet werden können, kooperieren mit Firmen derselben politischen Couleur und vermeiden Geschäftsbeziehungen zu dem antagonistischen politischen Lager - ein überzeugender Beweis für die Dominanz der Politik über die Wirtschaft. Es wird ersichtlich, dass der 1989 bekundete Wille der ungarischen Kommunisten, Unternehmen in den freien Wettbewerb zu entlassen, Rhetorik war. Der institutionellen Trennung des politischen vom wirtschaftlichen System folgte nahtlos die organisatorische Verflechtung von Parteien mit Unternehmen. Die Parteien versprechen sich von ihrer personellen Verwurzelung in der Wirtschaft Stimmgewinne bei freien Wahlen. Jede Partei bemüht sich darum, möglichst viele Gefolgsleute in den Führungsetagen der Unternehmen zu platzieren. Netzwerke sind hier Erscheinungen zwischen den von Luhmann als autonom postulierten Funktionssystemen Wirtschaft und Politik, die die Eigenlogik dieser Systeme durchaus aushebeln können. Mann könnte direkt von auf Reziprozitätserwartungen basierenden Tauschnetzwerken sprechen, die ganze Systeme parasitieren („Wir ermöglichen euch günstige Kredite, wenn euer Firmenpersonal uns wählt“) und sich derart verfestigen können, dass das Prinzip der funktionalen Differenzierung in Frage gestellt wird (vgl. Holzer 2010). Der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung trotzende Allianzbildungen können prinzipiell durch sehr unterschiedliche Triebkräfte gesteuert werden. Im Falle eines Primats der Politik werden Wirtschaftstrategien einseitig durch Parteilichkeit bestimmt. Eine gängige Beobachtung ist jedoch auch, dass es bei starken Überlappungen von Wirtschaftsinteressen zu einer uniformen politischen Ausrichtung von Wirtschaftsakteuren und somit zu einheitlich strukturierten Querverbindungen zwischen Wirtschaft und Politik kommen kann. Wie Offe (1974) herausgearbeitet hat, geht es in dieser Fragestellung um die Einheit der Wirtschaftselite und nicht um die Summe vereinzelter Versuche von weitgehend isolierten Wirtschaftsakteuren, die Politik zu beeinflussen. Die Annahme der Einheit von kapitalistischen Interessen kann eng und weit ausgelegt werden. Die enge Fassung besagt, dass Kapitalisten eine „Klasse für sich“ bilden, die unisono ihre Interessen artikuliert und die treibende Kraft aller gesellschaftlichen

60

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Veränderungen darstellt. 17 Die weite, für die vorliegende Arbeit relevante Fassung, impliziert lediglich, dass unter gewissen Umständen Unternehmen kollektiv Einfluss auf Politiker nehmen bzw. diese einseitig unterstützen. 18 Mizruchi (1992) testete empirisch die Hypothese, dass Unternehmen, die personell eng miteinander verflochten sind, in Bezug auf Lobbying insofern eine Interessensgemeinschaft bilden als sie dieselben politischen Parteien finanziell unterstützen. Anders als Europa ist es in den USA gang und gebe, dass von den spezifischen Interessen ihrer Unternehmen geleitete Manager sogenannte Political Action Committees (PACs) unterstützen, also Lobbygruppen, die jeweils ausgewählte Abgeordnete fördern. Im Zuge des Federal Election Campaign Act von 1971 mussten erstmals alle Parteispenden veröffentlicht werden. Sie konnten daher für die Operationalisierung der abhängigen Variable „unternehmensübergreifende Unterstützung der Politik“ ( unified corporate political behavior ) herangezogen werden. Als unabhängige Variablen gingen unter anderen die Branchenzugehörigkeit und das Maß der personellen Unternehmensverflechtung in die Analyse ein. Es waren vor allem diese beiden Faktoren, die die kollektiven Parteispenden von Wirtschaftsakteuren beeinflussten. Zu einem etwas anders lautenden Befund kommt Burris (2005) anhand einer ähnlichen Analyse über die Auswirkung von strukturellen Einbettungen der Wirtschaftselite auf politische Einstellungen. Trotz identer Operationalisierungen der erklärenden Variablen mündet ihre Studie in folgendem Ergebnis:

… social ties formed through common membership on corporate boards contribute more to similarity of political behaviour than commonalities of economic interests, such as those associated with operating in the same industry or the same geographic region (Burris 2005, 249; Hervorh. PhK).

Innerhalb des Forschungsfeldes corporate political activity (CPA) werden die Ansätze von Mizruchi (1992) und Burris (2005) als class unity theory bezeichnet (vgl. Hillmann/Keim/

17 Im Zusammenhang mit der Frage der Einheit von Kapitalisten wird der Klassenbegriff zumeist in seiner marxistischen und damit vorraussetzungsreichen Variante verwendet. Schon Giddens (1979, 31) hat herausgearbeitet, dass Marx den Begriff „Klasse“ sehr nachlässig definierte. Fest steht jedoch, dass Marx ähnlich wie Sklair und andere zeitgenössische Soziologen unter der kapitalistischen Klasse diejenigen Menschen gezählt hat, „die durch Besitz und Kontrolle des Geldkapitals und andere Formen des Kapitals auch die wichtigsten Produktions-, Verteilungs- und Tauschmittel besitzen und kontrollieren“ (Sklair 2008, 216). Im Unterschied zu den heute üblichen Auffassungen hat Marx jedoch unterstellt, dass diese Klassenlage („Klasse an sich“) mit ähnlichen Klasseninteressen und einem „Wir-Gefühl“ einhergehen würde („Klasse für sich“). In einer frühen Kritik an Marx hat schon Weber (1956) argumentiert, dass (objektive) Lebenslagen mit (subjektiven) Einstellungen korrespondieren können, jedoch nicht notwendigerweise müssen. 18 Da die einschlägige Managerforschung eine starke, angloamerikanische Einfärbung aufweist, wird Wirtschaftsverbänden keine Bedeutung zugemessen. Für die Bedeutung von Verbänden s. Schmitter und Streeck (1981). 61

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Schuler 2004). Ihnen ist das Postulat gemeinsam, dass soziales Kapital und nicht notwendigerweise geteilte Interessen kollektive Handlungen von Unternehmen gegenüber der Politik wahrscheinlich machen. Paradigmatisch für diesen Forschungsstrang ist Dreilings Studie (2000) zu der Rolle von Unternehmen in der Lobby-Vereinigung „USA*NAFTA“, die sich für die Gründung einer Freihandelszone in Nordamerika einsetzte. Der Autor kommt zu der Erkenntnis, dass „institutional channels and motivations precipitating collective action were not to reside in the organisational interests of corporations, but were formed with a social milieu best characterized by Useem´s ´inner circle` 19 and Domhoff´s ´policy formation network`” (Dreiling 2000, 43). Dieser Kohäsionsansatz wird gelegentlich durch eine elitensoziologische Perspektive ergänzt. In einem frühen Aufsatz betonte Burris (2001) in einer metaphorischen Umschreibung, dass das Kapital zwei Gesichter habe. Unternehmen unterstützten aus Opportunismus jene politische Kandidaten, die gemäß den Voraussagen Regierungspositionen nach der Wahl einnehmen werden. Manager als Privatpersonen seien hingegen stark ideologisch beeinflusst und wählten nur jene Politiker, mit deren Wahlprogramm sie einverstanden seien. Mehrheitlich fühlten sich US-Manager den Republikanern verbunden (Burris/Salt 1990, 350-351). Bond, Glouharova und Harrigan (2010) interessierte die Frage, ob die Unterstützung politischer Akteure durch Repräsentanten großer Unternehmen in erster Linie durch persönliche politische Einstellungen oder Organisationsinteressen geleitet sind. Anstelle von Parteienfinanzierungen betrachteten sie die Mitgliedschaften von Vorständen in Pressure-groups, die entweder eine pro-EU oder anti-EU-Haltung einnehmen ( Business for Sterling vs. Britain in Europe ). Als vorraussagekräftigstes Kriterium für die politische Ausrichtung erwies sich nicht die gemeinsamen Unternehmensinteressen der Branche, in denen der Manager hauptsächlich tätig war, sondern Eliteklub-Zugehörigkeiten. Verkehrten Manager regelmäßig in Klubs, die sich für oder gegen einen EU-Beitritt stark machten, so ging das in der Regel auch mit einer entsprechenden Einsatz für eine der beiden Lobbyorganisationen einher. Die hier angeführten Studien können größtenteils für Österreich nicht repliziert werden, da weder Parteispenden öffentlich gemacht werden (vgl. Sickinger 2002), noch Pressure-groups existieren, deren Mitgliederverzeichnis öffentlich zugänglich ist. Betrachtet werden kann jedoch, ob gesteigerte soziale Kohäsion in Verflechtungsnetzwerken mit einer Gleichgerichtetheit von Parteiaffiliationen der Manager einhergeht (vgl. Burris 2005, Mizruchi 1992). Es kann auch hinterfragt werden, ob die Parteinähe eines Managers von Unternehmens- oder Verbandsinteressen bestimmt ist oder ob persönliche Motive überwiegen (vgl. Bond/

19 „Useem (1984) claims, and provides evidence in support, that multiple directors are more likely to serve on government advisory boards (p102), that multiple directors are more likely to be involved in the governance of non- profit organizations(p 82) and that corporations with directors holding many outside directorships will, on average, give larger amounts to political parties (p 133)” (Bond 2004, 9). 62

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Glouharova/Harrigan 2010). Schließlich gilt es im Falle Österreichs auch zu erforschen, ob es „schwarze“ und „rote“ Machtblöcke in der Wirtschaft gibt und inwiefern sich diese überschneiden (vgl. Stark/Vedres 2009). Im Folgenden sollen diese und ähnliche Fragestellungen in Zusammenhang mit ausgewählten Eigenheiten Österreichs gebracht werden. In Abschnitt zwei wird auf die bisher einzig vorliegende Arbeit über Parteien-Manager-Netzwerke für Österreich eingegangen. Abschnitt drei stellt den Proporz als ein nicht nur politisches Entscheidungsprinzip vor. Im Abschnitt vier wird die Bedeutung unterschiedlicher Lobbyformen diskutiert. Es folgt eine empirische Analyse über die Bedeutung politisierter Aufsichtsräte in Österreich. Die aufgezeigten Manager-Parteien- Verflechtungen werden abschließend aus der Sicht von verschiedenen Differenzierungstheorien besprochen.

3.2 Austriaca (I) – Parteitreue Manager in der „Österreich AG“

Für das Österreich der 80er Jahren wurde behauptet, dass der Weg in die Vorstandsetagen bzw. Aufsichtsräte der größten Wirtschaftsunternehmen nicht an den Großparteien vorbeiführte (Glatzel 1984). Aufsichtsratsmitglieder waren zumeist über Funktionen in ihren Parteien oder in den jeweiligen Verbänden der Sozialpartner eng mit politischen Entscheidungszentren verbunden (Morawetz 1985) – das hat Ziegler systematisch anhand der Analyse der Parteienaffiliationen von Multiaufsichtsräten, also Managern mit zumindest vier Mandaten, nachweisen können.

Nur sechs dieser 57 Wirtschaftsführer besaßen die politische ‚Blutgruppe Null‘ oder konnten trotz Recherchen keinem der politischen Lager zugeordnet werden. 17 ließen sich der SPÖ, zwei der FPÖ und 32 der ÖVP zuordnen. Obwohl diese 51 Personen mit 2 % nur einen Bruchteil der 2.550 Mandatsträger ausmachen, halten sie […] 10 % der 3.133 Positionen und sind für 74 % aller […] Mandatsverknüpfungen verantwortlich […] Die beiden FPÖ-Mitglieder mit den 32 der ÖVP nahestehenden oder ihr angehörigen Wirtschaftsführern [wurden] zur Gruppe der „Konservativen“ zusammengefasst (Ziegler 1987, 87).

Die parteipolitische Zusammensetzungen von Aufsichtsrat und Geschäftsführung korrespondierten zumeist miteinander – ein für den Proporz (s. u.) typisches Muster. Eine Analyse nach Eigentümerkategorien zeigte ein deutliches Übergewicht der Konservativen unter den Privatfirmen und den ausländischen Unternehmen. Unter den verstaatlichten Bundesunternehmen herrschte ein nahezu ausgeglichenes Zahlenverhältnis. Das konservative Wirtschaftsnetzwerk verfügte gemessen an Mandatsverknüpfungen über eindeutig mehr direkte Kommunikationskanäle und konnte daher als effektiver eingestuft werden. Man muss sich vergegenwärtigen, dass zu dieser Zeit ganz selbstverständlich eine Unterscheidung zwischen privatwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen, oder erwerbs-

63

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien und bedarfswirtschaftlichen Unternehmen getroffen wurde. Ganz anders als heute war es politischer Konsens, dass etwa Unternehmen der Grundstoffindustrie in erster Linie die Deckung eines irgendwie definierten Bedarfs und erst in zweiter Linie einen betriebswirtschaftlichen Erfolg anstreben sollten. Dazu kommt, dass sich 1953 circa 68 %, also mehr als zwei Drittel des Gesellschaftskapitals der österreichischen Aktiengesellschaften, im Besitz der öffentlichen Hand befanden (Turnheim 2009). Diese öffentlichen Unternehmen wurden als Instrumente der Inflations- und Rezessionsbekämpfung gesehen und sie wurden in den Dienst der Wachstumspolitik gestellt. Eigentumsvertreter war der Bundeskanzler. Anders als etwa in England dieser Zeit erfolgten Weisungen durch die Politik oftmals auf informellem Wege über Spitzenkontakte zwischen Politikern und parteinahen Managern der Führungsetagen der Unternehmen. Van der Bellen (1977, 14) bringt als Beispiel von ÖVP-Wirtschaftsplanern seinerzeit, deren erklärtes Ziel es war, die Konkurrenz für private Unternehmen durch neue Produktionen der Verstaatlichten möglichst gering zu halten:

Konkrete Möglichkeiten, derartige Forderungen auch tatsächlich durchzusetzen, bestanden insbesondere dann, wenn ein Unternehmen die Produktionsumschichtung nicht im Wege der Selbstfinanzierung gestalten konnte, sondern auf Mittelzuführung vom Eigentümer (Staat) oder vom Kapitalmarkt her angewiesen war. In diesem Fall hatte die ÖVP de facto ein Vetorecht, das sie auch anwandte; diese weitgehende Aussperrung von zusätzlichen Finanzierungsquellen entwickelte sich zu einem wichtigen Handicap der verstaatlichten Industrie.

Auch Müller (1986b, 4) zeichnet das Bild eines intensiven Kommunikationsaustausches zwischen Managern und Politikern:

In the 1970s and early 1980s shop stewards in nationalized firms who did not agree with their management went directly to the Federal Chancellor and often got his support for their case. Partly as a result of these demands the managers in the nationalized industries engaged in highly risky strategies of industrial innovation and financial speculation (the latter behind the politicians’ backs) in order to compensate for their handicaps with regard to “regular” management behavior.

In Zusammenhang mit Parteien nahestehenden Managern wird in Österreich oftmals von Proporz gesprochen. Auf die Ursprünge und die gegenwärtige Bedeutung dieses Prinzips der anteilsmäßigen Beteiligung politischer Gruppierungen soll im folgenden Abschnitt eingegangen werden.

3.3 Austriaca (II) – Proporzdemokratie und Elitenkartelle

Proporz als politisches Entscheidungsprinzip bedeutet, dass alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte an der politischen Willensbildung des Staates paritätisch oder gemäß ihrer relativen Bedeutung beteiligt sind (Naßmacher 2004, 113). Abseits des Mehrheitsprinzips werden

64

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien konsensuelle Entscheidungen auf dem Verhandlungsweg gesucht. Politische Systemstabilität ist somit insofern garantiert als cleavages entlang soziokultureller Linien verunmöglicht werden. Das Prinzip gegenseitiger Machtaufteilung sollte konflikthemmend auf die Beziehungen zwischen dem sozialistisch-laizistisch-städtischen und dem konservativ-katholisch-ländlichen Lager in Österreich wirken. Im Bürgerkrieg von 1934 waren die Auseinandersetzungen zwischen diesen Gruppierungen eskaliert. Die Zweite Republik beschloss man, gemeinsam und unter jeweiliger Kontrolle des anderen politischen Lagers aufzubauen. Eine Folge des Proporzes war die massenweise Durchdringung von staatlichen und halbstaatlichen Institutionen mit Vertrauenspersonen der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP. Gorbach, ein ehemaliger Bundeskanzler (1961-1964), veranschaulicht die dahinter liegende Dynamik in einem Spiegel-Interview an einem skurril anmutenden Beispiel:

GORBACH: Und jetzt komme ich auf das, was Sie vorhin gesagt haben, auf den Missbrauch des Proporzes. Er besteht dort, wo unnotwendige Doppelbesetzungen erfolgen, wo Postenbesetzungen nur nach dem Parteibuch und nicht nach sachlichen und fachlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden. Da gibt es eine schwarze Abortfrau, daneben eine rote. SPIEGEL: ... und eine, die den Abort wirklich säubert. GORBACH: Na ja, die beiden anderen müssen aufeinander aufpassen. Aber natürlich gehört diese Geschichte in den Bereich des Witzes. Immerhin wird es stets so sein, dass jede Partei Wert darauf legt, Leute ihrer Weltanschauung in gewisse Funktionen zu bringen. Soweit, so gut. Aber eines darf nicht eintreten, und das ist der Missbrauch des Proporzes. Dass nicht gefragt wird: Was kannst du? Wie bist du charakterlich? Welche beruflichen Voraussetzungen hast du? Sondern dass man nur fragt: Hast du ein Parteibuch? (Spiegel, 12.04.1961)

Bei der Bestellung von Volksschuldirektoren, von Bediensteten der Straßenmeistereien aber auch bei der Besetzung von Spitzenpositionen in den verstaatlichten Industrien und in Banken fand das Prinzip des Proporzes, also der austarierten Machtverteilung in zwei politische „Reichshälften“, Anwendung. Oftmals sprach man von „Parteisoldaten“ (Plasser 1999). Am Beispiel der Multiaufsichtsräten der 80er Jahre wurde die Politisierung der österreichischen Wirtschaft in Kapitel 1 aufgezeigt. Man könnte in diesem Zusammenhang auch von einer kartellartigen Verteilung von Managerpositionen oder von Monopolen sprechen, da der Wettbewerb eingeschränkt wurde und nur wenige Führungskräfte miteinander konkurrierten. Warum haben nun jedoch Parteien Interesse an loyalen Managern? Was Müller (2006a, 191) im Zusammenhang mit party patronage für Beamte ausgeführt hat, dürfte teilweise auch auf Wirtschaftskräfte übertragbar sein:

Partisan civil servants are not only important as faithful implementers when their party is in office. When it is out of office they may act as party spies, keeping their political masters informed about the inner life of government. They may also try to use their influence to block, delay, or water down what are, from their party´s point of view, particularly undesirable policies. Finally, in a system that claims to be based on merit and recruits top administrators 65

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien out of the lower civil servant ranks, it is important for political parties that come to office to have some of their adherents waiting in the wings so that they have suitable candidates when top positions become vacant.

Man darf nicht vergessen, dass in staatsnahen Betrieben nicht nur Führungspositionen der ersten Ebene, sondern auch viele untergeordnete Stellen nach Loyalitätsprinzip besetzt werden können. Durch Proporz in mehreren großen Unternehmen ist es daher durchaus möglich, eine „Anhängerschaft“ aufzubauen. Eine Insiderin berichtete mir im Zusammenhang mit der Nachbesetzung von Führungspositionen am Flughafen Wien-Schwechat:

Ein Paradebeispiel für den Proporz sei der Flughafen Wien. Zu beobachten sei, dass die ÖVP sich darum bemühe, Christoph Herbst als erfolgreichen Vorsitzenden zu verkaufen (Herbst ist seit Anfang 2011 interimistischer Chef). Man argumentiere, dass dieser versuche, anders als seine Vorgänger zu sein und sich um eine weitgehende Entpolitisierung bemühe. Dennoch gebe es im halbstaatlichen weiterhin die goldene Regel: Dass muss einer von uns sein. Das sei auch am Beispiel des Flughafens Wien beobachtbar. Ernest Grabman wäre nicht als Finanzvorstand durchgegangen, weil er der Beste ist. Schließlich sei er gelernter Politiker und kein Finanzexperte (Ernest Gabmann ist ÖVP-Mitglied). Bei diesen und anderen Unternehmen gehe es nicht nur um die Vorstände. Nach politischer Zugehörigkeit werde auch das Management auf der zweiten und dritten Etage besetzt. Das versuche man derzeit zu ändern. Dafür stehe auch der Name Herbst. (Interview 2)

In einem anderen Kapitel wurde ausführlich auf den Umfang der Privatisierungen in Österreich eingegangen und dabei zwischen sechs Privatisierungswellen unterschieden. Allein bei einer Betrachtung der 100 größten Industrieunternehmen zeigt sich ein sukzessiver Rückzug des Staates schon ab 1994. „Der Anteil des ‚öffentlichen Eigentums‘ an der Industrie […] lag 1994 mit 33 % nach 48 % (1988) und rund 53 % (1979) nunmehr in etwa der gleichen Höhe wie jener des inländischen Privatbesitzes und des Anteils der auslandskontrollierten Unternehmen“ (Karazman-Morawetz/Pleschiutschnig 1997, 423). Auf Details der Privatisierung soll hier nicht ein weiteres Mal eingegangen werden. In Hinblick auf parteinahe Manager ist lediglich die Frage relevant, in welchen Unternehmen es durch neue Eigentümerstrukturen zu einer Reduktion der Einflussmöglichkeiten der Parteien gekommen ist. In der nachfolgenden Tabelle sind jene Unternehmen herausgehoben, in denen politische Interventionen seitens des Eigentümers grundsätzlich denkbar sind. Um ein Beispiel zu nennen: Die Elektrizitätswirtschaft erweist sich trotz aller Umschichtungen beharrlich als eine Einflusszone der öffentlichen Hand. Mit der 49-prozentigen Privatisierung der Verbundgesellschaft wurde zeitgleich die gesetzliche Bestimmung festgelegt, dass nur Bund, Länder oder Sozialpartner Aufsichtsräte nominieren dürfen. Das kommt einer Zementierung der Machtverhältnisse gleich. Laut Verstaatlichten-Gesetz muss die öffentliche Hand eine Mehrheit (mindestens 51 %) am „Verbund“ und den Landesenergieversorgen (EVN, KELAG, TIWAG, etc.)

66

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien halten. Folgt man den Autoren einer aktuellen Studie über Liberalisierungstendenzen in der Elektrizitätswirtschaft, so haben die Energiebertriebe auf Landesebene eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung über weitere Deregulierungsmaßnahmen:

Among the provincial companies it is the case that they have the opportunity to exercise relatively strong political pressure. […] The Tyroleans say never, it´s out of question. In Upper Austria, well you don´t know, Salzburg, too, that naturally depends on the provincial budget (Passage aus einem Experteninterview von Hofbauer 2006).

In der Tabelle sind auch die Beteiligung des ehemaligen Creditanstalt-Bankvereins (CA-BV) und der Bank Austria (BA) mit aufgenommen. Beide wurden über lange Zeit als „rote“ und „schwarze“ Bankgruppe angesehen. Sie verfügten über zahlreiche Industriebeteiligungen. Die BA ging ursprünglich aus der Z Zentralsparkasse der Gemeinde Wien hervor, fusionierte mit der Länderbank und verfügte lange über Beteiligungen an Porr, Wibeba, Universale (Bauwirtschaft), Wienerberger (Ziegelhersteller) Semperit (Kunststoffindustrie) und Lenzing (chemische Industrie). Bis 2000 war die AVZ (Anteilsverwaltung Zentralsparkasse) der größte Aktionär (vgl. Grubelnik 1998). „Alle wichtigen Entscheidungen der AVZ wurden vom Sparkassenrat getroffen, dem acht Mitglieder angehörten, fünf aus dem Wiener Gemeinderat, drei aus dem Betriebsrat der Bank Austria (BA). Aufgrund der Stärke der Fraktionen gab es folgende Verteilung der Mandate: 3 SPÖ, 1 ÖVP, 1 FPÖ und 3 FSG, also indirekt 6 SPÖ“. 20 Dass die BA auch nach der Fusion mit der CA 1997 im roten Dunstkreis stand, wird auch aus der Tatsache ersichtlich, dass der Wiener Bürgermeister Häupl (SPÖ) nicht nur Vorsitzender des Sparkassenrates der AVZ, sondern auch Aufsichtsrat der Wiener Städtischen Versicherung war - ein Unternehmen, an dem die BA Aktienanteile hielt. Im Rahmen der Fusion beider Banken wurden umfangreiche Industriebeteiligungen der CA auf die BA übertragen. Die CA wurde stets der „schwarzen Reichshälfte“ zugerechnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war (wie schon zu Zeiten des Ständestaates) Josef Joham ihr Vorstand. Joham war eine der führenden Figuren im ÖVP-Wirtschaftsbund. Auch seine Nachfolger Erich Miksch und Heinrich Treichl galten als ÖVP-nahe. Einzig und allein zwischen 1981 bis 1988 wurde die die CA von einem „roten“ Generaldirektor, nämlich Hannes Androsch, angeführt. Es folgte bis 1997 mit Guido Schmidt-Chiari wieder eine eindeutig der ÖVP zuzurechnende Führungskraft. Die Übernahme der „schwarzen CA“ samt ihrem Industrieimperium durch die „rote“ BA hatte eine gravierende Krise in der großen Koalition zur Folge. In den Erinnerungen an der Übernahme beteiligter Banker wird deutlich, dass die Fusion auch als ein parteipolitisch motivierter Akt wahrgenommen wurde (Der Standard, 29.03.2008):

20 Nachzulesen unter: http://www.arbeiterinnenstandpunkt.net/alt/ast127privatisierung.html, <2.1.2011>. 67

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Walter Fremuth, Ex-Verbundchef, ab 1981 im CA-Aufsichtsrat, 1989 bis 1996 dessen (roter) Präsident: Vor dem Verkauf an die Bank Austria stimmte ich mit Kanzler Franz Vranitzky darin überein, dass es das Beste für die Bank wäre, mit der Schweizerischen Kreditanstalt zusammen zu gehen, die CA wäre prinzipiell autonom geblieben. Aber die Wiener SPÖ war stärker als die Bank, hatte großes Interesse, dass die BA die CA schluckt.

Franz Vranitzky, von 1976 bis 1981 Vizechef der CA: Die CA-Privatisierung gestaltete sich ja sehr langwierig, keiner der etlichen konservativen Interessenten hat auch nur annähernd einen Kaufpreis zustande gebracht; es ging um den Preis. Nur Randas [Generaldirektor der BA] Offert mit 17,5 Mrd. Schilling hatte Bestand. Hartes Brot für VP-Obmann Schüssel: Er ging damit in die Geschichte ein, dass er die CA, den Edelstein der Konservativen, an die Roten verlor.

Nachdem 1997 etwa 70 Prozent der Stimmrechte an die Bank Austria abgegeben wurden, erfolgte 2002 endgültig die von Randa forcierte Fusion zur Bank Austria Creditanstalt (BA-CA). Diese wurde später zu einem Teilkonzern der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank (HVB), die ihrerseits 2005 von der italienischen Unicredit übernommen wurde. Somit wurde aus zwei politisierten Machtblöcken im österreichischen Bankenwesen, eine transnationale, unpolitische Bankengruppe, die ihre österreichischen Industriebeteiligungen weitgehend abwarf. Da mit diesen Umstrukturierungen nicht notwendigerweise eine neue Managergeneration einherging, wird in der nachfolgenden empirischen Untersuchung nicht nur besonderes Augenmerk auf ÖIAG-Betriebe und Unternehmen im Besitztum von Bund/Land, sondern auch auf (ehemalige) Industriebeteiligungen des BA-CA Konzerns gelegt.

Tabelle 3.1: Eigentumsverhältnisse der größten Unternehmen Österreichs, 1996 und 2008, Angaben in Prozent

ÖIAG Bund/Land CA(-BV) Bank Austria

1996 2008 1996 2008 1996 2008 1996 2008 OMV-Gr. 49,9 31,5 Post & Telekom Austria AG 100 68,75 Siemens AG Ö. -Gr. 26 0 VA Stahl AG-Gr. 38,8 0 VA Technologie AG-Gr. 24 0 Austria Metall AG-Gr. 100 0 Böhler-Uddeholm AG-Gr. 72,7 0 Austria Tabak-AG 100 0 ÖBB 100 100 Stadtwerke Wien 100 100 Verbundgesellschaft-Gr. 51 51 AUA AG-Gr. 51,9 42,75 EVN AG-Gr. 51 51 Casinos Austria-Gr. 33 33 Österreichische Lotterien GmbH 34 74 Flughafen Wien 17,38 0 35 40 Münze Österreich AG 100 100 Tiroler Wasserkraftwerke AG-Gr. 100 100 Wiener Holding Gr. 100 100 Salzburger AG f. Energiewirtschaft 100 100

68

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

ÖIAG Bund/Land CA(-BV) Bank Austria

1996 2008 1996 2008 1996 2008 1996 2008 Kärntner Elektrizitäts-AG 100 100 Linzer Elektrizitäts AG 100 100 Salzburger Stadtwerke AG 100 100 Vorarlberger Kraftwerke AG 100 100 Wienerberger Baustoffindustrie AG-r. 25,1 0 Semperit Holding AG-Gr. 51 0 BBAG AG-Gr. 10 0 Steyr-Daimler-Puch AG-Gr. 69,1 0 Lenzing AG-Gr. 16,7 0 33,4 75 Stuag Bau AG-Gr. 49 0 A. Porr AG-Gr. 32,9 0 Quelle: Trend “Top 500”, 1996 und 2008, Bemerkung: Unternehmensnamen stammen aus dem Jahr 1996

Bei allen hervorgehobenen Unternehmen ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei Postenvergaben die Couleur eines Managers ins Gewicht fällt. Sollte dies empirisch auch nachweisbar sein, so werden wir in Zukunft von einer „asymmetrischen Manager-Parteien- Verflechtung“ sprechen. Sind Manager-Parteien-Verflechtungen einmal nachgewiesen, so präsentieren sie sich der Sozialwissenschaftlerin erstmals als sprichwörtliche black box . Sie muss daher die Inhalte und somit die konkrete Bedeutung dieser Netzwerke eruieren. Oder, um eine nahezu klassisch gewordene Wendung von White (1992, 65-67) zu verwenden: „Social networks are phenomenological realities, as well as measurement constructs. Stories describe the ties in networks […] A social network is a network of meanings”. Es geht daher darum, die mit einem Netzwerk verknüpfte Geschichte zu rekonstruieren. Im Folgenden werden alle für die story einer „asymmetrischen Manager-Parteien-Verflechtungen“ typischen Erzählelemente aufgelistet.

Definition: Asymmetrische Manager-Parteien-Verflechtung: In der (Selbst-)Beschreibung des Verhältnisses eines Managers zu einer Partei und der Bedeutung eines Managers für diese Partei nehmen folgende Inhalte den meisten Raum ein: Politische Ausrichtung: Typischerweise ist ein Manager bekennendes Parteimitglied, hat politische Ämter bekleidet, war als Wirtschaftsberater einer Partei tätig, beteiligt sich an parteinahen Interessenverbänden oder tritt in der Öffentlichkeit für einzelne Politiker ein (z. B. in Form von Wahlwerbung). Parteipolitische Seilschaft/Ämterpatronage: Bei der Bestellung eines Managerposten äußern Parteien, dass sie den einen oder anderen Kandidaten bevorzugen. Repräsentanten einer Partei werben um eine Kandidatin und streichen ihre Wirtschaftskompetenz heraus, während andere Bewerberinnen nicht weiter erwähnt werden. Parteipolitischen Seilschaften, die einen Manager in eine bestimmte Position hieven, spielen in den Erzählungen eine gewichtige Rolle. Konstanz: Das Naheverhältnis einer Partei zu einem Manager existiert über Jahre hinweg.

69

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

3.4 Austriaca (III) – Schwächelnder Austrokorporatismus, neue Lobbies, altes politisches Kapital der Manager

Österreich wird dem Neokorporatismus zugerechnet (Lehmbruch 1996, Schmitter 1979). Über diese typologische Verortung gibt es voneinander abweichende Auffassungen (vgl. Tálos 2008, 9-10). Schmitter sieht in der Interessensvermittlung das zentrale Definitionselement. Er definiert Korporatismus als ein System der Interessensvermittlung, dessen wesentliche Bestandteile organisiert sind in einer begrenzten Anzahl singulärer Zwangsverbände, die nicht miteinander in Wettbewerb stehen, über eine hierarchische Struktur verfügen und nach funktionalen Aspekten von einander abgegrenzt sind. […] Innerhalb der von ihnen vertretenen Bereiche wird ihnen ausdrücklich ein Repräsentationsmonopol zugestanden […] (Schmitter 1979, 94f.)

Lehmbruch (1979, 54) betont hingegen auch die Rolle der Interessensorganisation bei der Implementierung von politischen Maßnahmen. Wie Prisching (1996, 50-53) herausarbeitet, gibt es neben diesen nahezu klassischen Auffassungen ein ziemlich buntes Menü an Definitionen, die durch unterschiedlichen Interessenslagen der Forscherinnen bedingt sind.

Die einen betonen die vertikale Dimension der politischen Struktur (den hohen Zentralisierungsgrad der Interessensgruppen), die anderen die horizontale Dimension (die konsensuellen, auf Verhandlungen beruhenden Entscheidungsprozesse zwischen dem Staat und den Interessensgruppen). Die einen wollten die Anwendung des Modells auf die Makrosteuerung einer politisch-wirtschaftlichen Ordnung beschränkt wissen, die anderen entdeckten einen Mikro- und Mesokorporatismus […] Wie immer man Korporatismus auch definiert, die österreichische Sozialpartnerschaft ist immer dabei.

Im internationalen Vergleich haben die Spitzenverbände eine ungewöhnlich einflussreiche Rolle. Zumeist werden fünf große Dachverbände berücksichtigt: Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB), die Bundesarbeiterkammer (BAK), die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer (PRÄKO) und die Industriellenvereinigung (IV). Diese Organisationen beteiligen sich an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen in vielerlei Formen (Tálos 1997, 444): Erarbeitung von Vorschlägen zu wirtschafts- und sozialpolitischen Materien; Einbeziehung bei Ministerialentwürfen; Einbringung parlamentarischer Initiativanträge, etc. Im Folgenden soll nicht über die Handlungsfelder und Auswirkungen sozialpartnerschaftlicher Politik im Einzelnen die Rede sein. Der Fokus wird einzig und allein auf zwei für die vorliegende Abhandlung relevanten Themen liegen: Dem zunehmenden Bedeutungsverlust der Sozialpartner und den damit einhergehenden alternativen Möglichkeiten der Einflussnahme auf Politik.

70

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Folgt man Gerlich (1992), so können die Verfahrensgrundsätze der österreichischen Sozialpartnerschaft mit den Wörtern Informalität, Introvertiertheit und Vertrautheit umschrieben werden. Die Sozialpartnerschaft fußt auf informellen Strukturen, d. h. die Zusammenarbeit der Sozialpartner ist nicht Gegenstand des Gesetzes und hat den Rechtscharakter eines gentlemen´s agreements (Prisching 1996, 55). Die Wählerinnen sind von Diskussionen innerhalb der Verbände ausgeschlossen und so manche innerer Strukturen lässt wesentliche demokratische Wünsche offen. Schließlich sind in dem kleinen Land Österreich alle relevanten Akteure miteinander vertraut - man kennt sich. All diese Prinzipien werden zunehmend in Frage gestellt. Es wird für den Fremdkörper „Sozialpartnerschaft“ nach einer juristischen Einbindung in eine rechtsstaatlich-demokratische Ordnung gesucht. Den abgeschotteten Verbänden wird fehlende Lernfähigkeit attestiert. Die durch zahlreiche personelle Verflechtungen zustande kommende vertikale Kommunikationsschiene zwischen Parteien und Verbänden nimmt erheblich an Bedeutung ab. Der zunehmende Bedeutungsverlust muss multikausal erklärt werden. Der EU-Beitritt Österreichs ging mit einem Terrainverlust der Sozialpartner einher, da wesentliche Entscheidungen auf dem Gebiet der Agrar-, Wettbewerbs-, Außenhandels-, Sozial- und Umweltpolitik nun auf Gemeinschaftsebene getroffen werden (Karlhofer/Tálos 1996). „Aus der einstigen politischen ‚Restgröße’ FPÖ wurde in den 1980er, mehr noch in den 1990er Jahren, eine einflussreiche Oppositionspartei. Hand in Hand mit den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen [Standortwettbewerb, sinkendes BIP] und der Integration Österreichs in die europäische Gemeinschaft erfolgte in der Regierungspolitik ein Prioritätenwandel. Budgetkonsolidierung und Standortsicherung wurden zu leitenden Orientierungen“ (Tálos 2006, 438). Hinzu kommt, dass seit Mitte der achtziger Jahre der gewerkschaftliche Organisationsgrad kontinuierlich fast um einen Prozentpunkt jährlich zurück geht. Das hat eine sinkende Finanzkaft des ÖGB zur Folge. Als Zäsur kann die Etablierung einer neuen Regierungskonstellation von ÖVP und FPÖ (2000) angegeben werden. Seitdem sind substantielle Verhandlungen zwischen Regierung und Verbänden die Ausnahme. Informelle Gespräche werden durch „Gipfeltreffen“ mit Eventcharakter und durch „Runde Tische“ ersetzt (Tálos/Stromberger 2005). Insbesondere im Jahr 2003 kam es zu einer Häufung von Konflikten zwischen Regierung und Sozialpartnern (Tálos 2004). Es herrscht Einigkeit darüber, dass die traditionelle österreichische Sozialpartnerschaft insgesamt an Bedeutung verloren hat. Interessant für unsere Fragestellung der Einwirkung ökonomischer Macht auf Politik in Österreich ist nun, dass der Einflusskanal „Sozialpartnerschaft“ als zunehmend irrelevant angesehen werden kann. Über diesen Kanal war auch direkte, einzelunternehmerische Einflussnahme möglich:

71

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Obgleich die Verbandsebene die wichtigste Ebene der Interessensumsetzung in staatliche Politik darstellt, kommt im Bereich des Beirätesystems jedoch auch die Beziehung von Einzelunternehmen und partikulären Interessensträgern vor […]. Weiters werden von den Unternehmensverbänden auch lobbyistische Aktivitäten in Form von informellen und formellen Gesprächen auf Minister- sowie auf unterer Beamtenebene gesetzt”. (Karazman-Morawetz/Pleschiutschnig 1997, 421).

Angesichts der zurückgehenden Möglichkeiten der Unternehmen durch Verbandspolitik ihre Interessen durchzusetzen, liegt es nahe, danach zu fragen, welche neuen Formen der Interessens-Vertretung und Interessens-Durchsetzung das strategische Repertoire dominieren. Vor allem in Branchen (Bauwirtschaft, Infrastrukturausstattung, etc.), in denen der Staat hauptsächlicher Auftraggeber und Käufer ist, werden Einwirkungsversuche auf Behörden und die Beschaffung von Informationen über öffentliche Auftragsvergaben nicht abgeklungen sein. Es steht fest, dass Unternehmen Politik nicht notwendigerweise über offizielle Verbändestrukturen beeinflussen (Grant 1987). Vieles spricht dafür, dass individualisiertes Lobbying und issue-spezifische Netzwerke an die Stelle der traditionellen Interessensvermittlungsstrukturen getreten ist. Verbandskontakte mit öffentlichen Stellen versus Lobbying – diese Gegenüberstellung findet sich schon in Marins Studie über die Rolle von Unternehmerorganisationen in der Bauwirtschaft der 70er und 80er Jahre (Marin 1986). Als Beispiel für zweites wird der Dachverband der Straßenbaulobby, die Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (ÖGS), genannt. Der Erfolg der ÖGS demonstriere, dass auch in einem dichtorganisierten österreichischen Verbändesystem Pressure-groups Betätigungsmöglichkeiten für spezialisierte Interessensverfolgung finden konnten, wenn sie ein geschickt angelegtes und weitverzweigtes Kontaktnetz unterhielten. In Fall der ÖGS bestünden laufende Kontakte zum Bautenministerium, dem Verkehrsministerium, dem Finanzministerium, zu den Landesregierungen, den Mandataren aller im Parlament vertretenen politischen Parteien sowie zu wichtigen Nationalrats- und Landtagsabgeordneten (Marin 1986, 105). Folgt man Michalowitz und Tálos (2007, 372), so setzen Unternehmen heute überwiegend auf Lobbying:

Gemäß der Einschätzung von PolitikerInnen und VerbändevertreterInnen haben insbesondere die größeren, ehemals staatsnahen österreichischen Unternehmungen ihre Tätigkeiten um das Aufgabengebiet des innenpolitischen und internationalen Lobbyings erweitert. Gleiches gilt für die österreichischen Niederlassungen von multinationalen Unternehmungen wie Siemens oder Bosch. Diese Entwicklung ist quantitativ schwieriger zu erfassen – weil sich gerade Firmenabteilungen nicht unbedingt als Lobbyabteilungen klassifizieren lassen. Lobbying kann hier Teil der Rechtsabteilung oder der Kommunikationsabteilung sein

Für diesen Befund spricht auch die Tatsache, dass 2004 die Branchenverbände Public Affairs Society Austria (PASA) und Austrian Lobbying and Public Affairs Council (APAC) gegründet

72

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien wurden. Während PASA Lobbying „als eine Art, Kommunikation zu formen, statt politischen Meinungen zu formen“ auffasst, folgt APAC „dem internationalen Verständnis von Lobbying als dem Versuch, politische Willensbildung und Entscheidungen inhaltlich zu beeinflussen“ (Michalowitz 2007, 166f.). Die Reichweite des Lobbyisten scheint tatsächlich von zwischen Politik und Wirtschaft vermittelnden broker in Netzwerken bis zu Ghostwriter von Gesetztestexten zu reichen. Dazu jeweils ein illustratives Beispiel: Die Agentur Pleon Publico (eh. Geschäftsführer: Markus Schindler) organisiert einmal wöchentlich einen Diskussionsabend im „Z & K Zigarrenklub“, zu dem Regierungsmitglieder und ausgewählte VIPs aus Wirtschaft und Medien eingeladen sind. Dass der Beruf des Lobbyisten nicht nur auf eine Vermittlerfunktion beschränkt, geht indirekt hervor aus der Antwortverweigerung des Geschäftsführers der Agentur Kovar & Köppl auf die Frage eines ORF-Reporters, ob sich sein Unternehmen bei der konkreten Ausformulierung von Gesetzestexten einbringe. 21 Anhand von einer an die Öffentlichkeit geratenen Schmiergeldzahlung soll ein konkretes – und wahrscheinlich nicht selten anzutreffendes - Beispiel von Lobbying gegeben werden. 2006 wurde durch eine Initiative des damaligen BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach die sogenannte Universaldienstverordnung zugunsten der Telekom (damals unter dem Vorsitz von Rudolf Fischer) novelliert. Das Gesetz ermöglichte es der Telekom, die Erreichbarkeit von Gratisrufnummern (beginnend mit 0800) sowie von Mehrwertrufnummern (0810 und 0820) von Telefonzellen aus zu unterbinden. Gratistelefonate sind nun nur möglich, wenn Anbieter von Rufnummern – meist notrufähnliche Services wie Sozialdienste – bereit sind, Gebühren zu entrichten (Der Standard, 12.11.2010). Um die Gesetzesänderung herbeizuführen sollen 200.000 Euro von dem von der Telekom beauftragen Lobbyisten Hochegger an das BZÖ geflossen seien. Auch wenn dies zurzeit vom neuen Vorstandsvorsitzenden der Telekom, Hannes Ametsreiter, bestritten wird, so spricht vieles für einen über einen Lobbyisten vermittelten Kuhhandel. Zu der Expansion von Lobbyisten kommt, dass sich die Industriellenvereinigung nicht mehr als Sozialpartner, sondern als Lobby versteht (Karlhofer 2005, 18-20). Das kann teilweise durch den Wandel der Mitgliederbasis dieses Industrieverbandes erklärt werden.

Korrespondierend zur sukzessiven Privatisierung dieses Sektors ab Mitte der achtziger Jahre konnte die VÖI führende Industrieunternehmen wie Voest Alpine und VA Tech als Mitglieder gewinnen und dadurch als Verband stark an Gewicht zulegen. In den Mitgliederbeziehungen hat die VÖI sich von einem vordem eher exklusiven Club von Eigentümerunternehmern zu einer Organisation mit einem hohen Anteil an ManagerInnen – viele davon von internationalen Konzernen ohne besondere nationale Bindung – entwickelt (Karlhofer 2007, 392).

21 Sendungsbeitrag „Lobbying: Die Macht im Hintergrund“, ORF-Report, 24. 11. 2010, Minute: 4:00. 73

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Das neue Selbstverständnis der IV als Lobby kommt unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass formalisierte Verflechtungen mit Parteien langsam an Bedeutung abnehmen. Einzelne Themen und Personen werden zum Fokus der Lobbytätigkeit, wie die sogenannte Homepage-Affäre des damaligen Finanzminister Grasser (ÖVP) demonstriert. 22 Im Gegensatz zur Schweiz (Hoffmann/Steiner/Vogel 2007) wurde für Österreich bislang keine quantitative Erhebung über das Ausmaß an Lobbying durchgeführt. Einige Schätzungen sprechen von hundert Lobbyisten in Wien und fast hundert Millionen Euro, die jährlich von zumeist großen Wirtschaftsunternehmen für die politische Einflussnahme außerhalb der institutionalisierten Kanäle der Sozialpartnerschaft ausgegeben werden. In den Worten des NR- Abgeordneten Peter Pilz:

Wir haben ein Riesenproblem mit ungeregeltem Lobbyismus. Wir haben hier im Haus jede Woche irgendwelche Lobbyisten, die irgendwelche Interessen und Firmen vertreten und die schauen, dass sie sich Abgeordnete und Parteien kaufen. Das geht einmal über direkte Überweisungen, dann geht´s über Beratungsleistungen, dann über Sachleistungen, dann geht´s über Inserate (ORF-Report, 24.11.2010, Minute: 1:25).

Im Zusammenhang mit der Novellierung des Glücksspielgesetzes macht Pilz klar, dass auch Unternehmensvorstände ohne vermittelnde Instanzen auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen:

Wenn ich durch die Säulenhalle gehe, wundere ich mich, wer da alles plötzlich im Parlament an einem Plenartag auftaucht. Da ist plötzlich der Casinodirektor und da kommt der Glücksspieldirektor des Konkurrenzkonzerns, und da kommt ein weiterer Lobbyist aus der Glücksspielbranche, und genau dasselbe haben Sie bei anderen Gesetzen mit irgendeiner wirtschaftlichen Relevanz. Dieses Haus ist vollgestopft mit Lobbyisten (ORF-Report, 24.11.2010, Minute: 4:30, Hervorh. PhK).

Listet man die Kernkompetenzen eines Lobbyisten auf, so wird ersichtlich, dass sich viele von jenen parteinaher Manager kaum unterscheiden. Lobbyisten haben direkten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern oder vermittels ehemaliger Politiker (wie z. B. Christof Zernatto, eh. LH Kärntens, heute Unternehmensberater); sie wissen, welche Argumente zu einem Verhandlungserfolg führen; sie sind Teil eines österreichweiten Elite-Netzwerkes und handeln im Gegensatz zu Verbänden rein interesseorientiert und damit ideologiefrei (vgl. Michalowitz/Tálos 2007, 377). Im Gegensatz zu Advokaten von Wirtschaftsverbänden kommt ihnen in der Regel nicht nur höheres Berufsprestige zu. Sie haben im Vergleich zu Lobbyisten zwei Vorteile: Spitzenmanager müssen nicht gemeinwohlorientiert handeln, sondern können partikulare Interessenspolitik betreiben. Außerdem werden sie in erster Linie als Geschäftsmänner gesehen – damit sind sie auch glaubwürdiger (vgl. Schmid 2009, 326). Auf

22 Grasser wurde vorgeworfen 2004 ca. 250.000 Euro an Spendengeldern durch die IV für die Gestaltung seiner Website entgegengenommen zu haben und nicht versteuert zu haben. Zur Chronologie der Affäre siehe Profil, Heft 8/2004. 74

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien meine Frage, warum parteinahe Manager überhaupt für ihre Unternehmen Lobbyisten beauftragen, antwortete mir eine Expertin:

Spitzenkontakte seien zwar wichtig, im systematischen Lobbying sei jedoch die Bürokratie zentral. Zumeist ginge es nicht um „Megasachen“, sondern um „Kleinigkeiten“, also zum Beispiel darum, ob für Kraftfahrzeuge eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestehe oder nicht. Als Lobbyist könne man sich in derartige Rechtsfragen nicht einmischen, man könne jedoch mit den mit der Rechtspraxis befassten Beamten in Kontakt treten – Gesetzesentwürfe seien schließlich nicht eindeutig. Interpretationsspielraum gebe es etwa bei der Frage, wie die Formulierung „kastenförmiges Aussehen“ zu interpretieren sei. (Fahrzeuge, die kastenförmiges Aussehen haben und Beförderungsmöglichkeit für mehr als sechs Personen aufweisen, sind vorsteuerabzugsberechtigt). (Interview 2)

Topmanager können also nicht die systematische und zeitaufwändige Lobbying-Arbeit ganzer spezialisierter Firmenabteilungen ersetzen. Eine zentrale Aufgabe von Lobby-Agenturen ist jedoch „die Initiierung, Vorbereitung und Begleitung von Spitzenkontakten in Politik und Wirtschaft“ (Geschäftsfelderbeschreibung, Kovar & Köppl). Gouvernement Relations , wie es in der Fachsprache der Lobbyisten heißt, können auf höchster Ebene nur von Top-Managern aufrecht gehalten werden. Bringt der Manager ein politisches Beziehungsnetzwerk mit, kann dieses für Unternehmsinteressen genutzt werden. Eine Managerin aus der dritten Führungsetage (Interview 3) berichtete mir, dass Vorstände ihres Unternehmens sich im Zusammenhang mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit Bundeskanzler Schüssel und anderen führenden Regierungsmitgliedern im traditionsreichen Wiener Kaffee Landmann getroffen hätten. Durch eine geplante Reform dieses Gesetzes hätte das Unternehmen aufgrund hoher Ausländerbeschäftigungsanteile wesentliche Konkurrenznachteile erlitten. Sinn der Gespräche sei es daher gewesen, Wirtschaftsargumente gegen neue Gesetzesentwürfe vorzubringen. Bourdieu hat im Zusammenhang mit sozialdemokratischen Eliten in skandinavischen Ländern nahe gelegt, politisches Kapital als soziales Kapital anzusehen (Bourdieu 1998b, 30). Ich schlage vor, auch im Falle parteinaher Manager in Österreich von sozialem Kapital zu sprechen.23 Es handelt sich um reziproke Beziehungen, die auf eine wechselseitige Anerkennung und Unterstützung basieren. Manager können über diese Kanäle politische Entscheidungen beeinflussen (Öffnung „geschlossener“ Märkte, Anpassung regulierter Tarife, etc.) oder politischen Rückhalt absichern (Arbeitszeitverkürzungen, Betriebsan- und absiedlungen). Parteien erhalten aus erster Hand Informationen aus den Unternehmen über

23 Bourdieu selbst hat mehrmals darauf hingewiesen, dass seine Theorie auf nationale Gegebenheiten angepasst werden muss: „Die Theorie ist also allgemeingültig, wenn man die Parameter entsprechend variiert und gegebenenfalls neue einführt. Es bleibt allerdings ein historischer Rest: eine nationale Tradition, die sich nicht vollständig erklären lässt“. Interview mit Bourdieu, nachzulesen auf: http://www.iwp.jku.at/lxe/wt2k/div/bourdieu.htm , < 31.12.2010>. 75

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Wirtschaftsentwicklungen und die Zukunft der Erwerbsarbeit und können so ihr politisches Programm auf diese Trends abstimmen. Bei der Analyse der Parteiennähe von Führungskräften muss berücksichtigt werden, dass die zwei größten Parteien in Österreich über lange Zeit sogenannte „Mitgliederparteien“ waren. Ihre Wähler waren durch die Parteimitgliedschaft affektiv relativ stark an die SPÖ oder ÖVP gebunden. „1994 betrug der Organisationsgrad (Mitglieder einer Partei als Prozent ihrer WählerInnen) bei der SPÖ noch knapp 32 Prozent, bei der ÖVP knapp 34 Prozent“ (Pelinka/Rosenberger 2000, 133). Auch wenn sich das „Ende der Mitgliederparteien“ ankündigt (Spier/von Alemann 2008), so ist aufgrund des im europäischen Vergleich immer noch hohen Organisationsgrades zu erwarten, dass sich unter Managern ebenso wie in anderen Bevölkerungsgruppen parteiloyale Personen finden lassen. In vielen Fällen engagieren sich diese politisch in Wohnbezirken, in der Stadtpartei oder auf Bundesebene. Um ein Beispiel zu nennen: Wilfried Stadler war drei Jahre lang wirtschaftspolitischer Referent im österreichischen Wirtschaftsbund bevor er 1987 in die Investkreditbank eintrat, in dessen Vorstand er 1995 berufen wurde. Der Kontakt zu Managern, die sich in der einen oder anderen Form für die Partei eingesetzt haben, wird in der Regel über Jahre hinweg aufrechterhalten. In den Worten eines ehmaligen Spitzenpolitikers, der in die Wirtschaft wechselte:

Personen, die einmal eine Funktion in der Partei inne hatten, jedoch weitgehend aus der Politik ausgeschieden sind, würden immer wieder von der Partei kontaktiert werden. Vor allem jene, die in die Privatwirtschaft wechselten. Schließlich gebe es ja nicht mehr so viele parteinahe Manager. Man versuche diese für diverse Veranstaltungen und Unternehmensfunktionen zu gewinnen. (Interview 5)

Damit das Sozialkapital einer Partei mit der Zeit nicht erodiert, scheint nicht nur eine Institutionalisierung der Beziehung (Parteimitgliedschaft) sondern auch kontinuierliche Beziehungsarbeit in Form von Bekundungen gegenseitiger Anerkennung notwendig zu sein. Derart reziproke Beziehungen schließen erstens asymmetrische, ungleiche und hierarchische Beziehungsformen aus (vgl. Heidler 2008, 364). Zweitens sollten derart auf Dauer angelegte Naheverhältnisse zwischen Parteien und Manager empirisch nachweisbar seien. Eine zweite Definition soll hier eingeführt werden:

76

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Definition: Reziproke Manager-Parteien-Verflechtung In der (Selbst-)Beschreibung des Verhältnisses eines Managers zu einer Partei und der Bedeutung eines Managers für diese Partei nehmen folgende Inhalte den meisten Raum ein: Autonomie: Manager sind Parteimitglieder oder befürworten regelmäßig in der Öffentlichkeit das politische Programm einer gewissen Partei. Parteien haben jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Unternehmensspositionen, die sie bekleiden. Interessensbasierter Informationsaustausch/Bund oder Land als Auftraggeber oder Kunde: Übereinstimmung zwischen Managerideologie und Parteiprogram mögen zwar Basis der Beziehung sein, darüberhinaus kann es jedoch beiderseitige Interessen geben. Bei Unternehmensinteressen eines Spitzenmanagers kann es sich z. B. um den direkten Informationszugang zu Ausschreibungen der öffentlichen Hand, das Offenhalten rascher Interventionsmöglichkeiten auf geplante Reformen des Wirtschafts-, Steuer-, Zoll-, Kartellrechts, etc., handeln. Denkbar ist auch, dass sich Manager durch ihre Parteinähe Karrierevorteile versprechen. Parteiinteresse kann es angesichts der geballten ökonomischer Macht einzelner Unternehms(-sgruppen) sein, möglichst gute Managerbeziehungen zu pflegen, um so Beschäftigung, Investitionen, Außenhandel i. S. der Partei beeinflussen zu können. Das Eigeninteresse einer Partei an einer engen Beziehung zu einem bestimmten Manager, kann auch davon herrühren, dass gelegentlich Positionen zu besetzen sind, die Wirtschaftskompetenz oder in der Wirtschaft gesammeltes Erfahrungswissen erfordern („personelle Reserve“). Konstanz: Das Naheverhältnis einer Partei zu einem Unternehmen existiert über Jahre hinweg.

Des Weiteren muss zwischen den Managern als Organisationsmenschen und Privatperson unterschieden werden. Über Gerhard Drexel, Vorstandsvorsitzender der Spar Österreich AG ist bekannt, dass er Mitglied des ÖVP-nahen Cartellverbands „Raeto-Bavaria“ ist. Spar ist nach der REWE-Gruppe das zweitgrößte östereichische Handelsunternehmen, das weitegehend unabhängig von der Republik Österreich agiert. Gerhard Drexel war vor seinem Einritt in die Spar-Gruppe als Unternehmensberater in der Privatwirtschaft tätig. Weder Eigentümerstrukturen, noch der Kundenmarkt oder der Lebenslauf lassen darauf schließen, dass der Manager durch seine Parteinähe für seine Unternehmen Vorteile haben könnte. Deshalb liegt es nahe, in Zusammenhang mit Manager-Parteien-Verflechtungen, Drexel lediglich als Privatperson zu klassifizieren. Anders hingegen ist die CV-Mitgliedschaft des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Siemens Albert Hochleitner einzuschätzen. Hochleitner ist heute Präsident der Industriellenvereinigung Wien. Das Unternehmen Siemens, dessen Produktpalette von Turbinen, Generatoren bis zu Schienenfahrzeuge reicht, ist für seine intensive Lobbyarbeit bekannt. „Lobbying und Kontakte knüpfen sehen wir als unsere Verpflichtung“, soll der ehemalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer einmal gesagt haben (Die Presse, 18.06.2010). Politiknahe Siemens-Manager, die etwa in dem Aufsichtsrat der staatlichen ÖBB sitzen, können daher durchaus als Organisationsmenschen im Sinne des Unternehmens agieren. Eine dritte Definition ist auf alle jene Personen gemünzt, die in erster Linie als Privatpersonen einer Partei nahe stehen.

77

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Definition: Manager mit deklarierter politischer Haltung Manager nehmen als Privatpersonen deklarierte politische Haltungen ein. Die Parteinähe geht nicht mit unternehmerischen Interessen einher. Parteinahe Privatperson (und nicht Organisationsmensch): Weder der Lebenslauf noch die Unternehmenszugehörigkeit legen nahe, dass die Parteinähe dem Manager unternehmerische Vorteile bringen könnten. Typischerweise verlief die bisherige Karriere des Managers gänzlich in der Privatwirtschaft, er saß nicht in den Aufsichtsräten staatsnaher Unternehmen und gehört auch keinen parteinahen Interessensvertretungen an.

3.5 Politisierte Aufsichtsräte ? – Eine empirische Annäherung

Im Folgenden sollen die verschiedenen Spielarten von Manager-Parteien-Beziehungen systematisch anhand des Beispiels der Aufsichtsräte diskutiert werden. Ich glaube damit neues Terrain zu betreten. Bislang wurden diese Verflechtungen allzu kursorisch behandelt. Ausgewählte Beispiele, wie etwa das politischen Netzwerk des Unternehmers Stronach, dienten dazu, dass intersystemische Verhältnis von Politik und Wirtschaft zu bestimmen. In dem österreichischen Stronach-Imperium arbeiten derzeit folgende ehemalige Spitzenpolitiker: Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ), SPÖ-Geschäftsführer Andreas Rudas, Verkehrminister Mathias Reichhold (FPÖ), FPÖ-Chefin Ries-Passer und die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP). Auch der ehemalige SPÖ-nahe Wiener Polizeigeneral Franz Schnabl sowie der SPÖ-nahe langjährige Vorstand der Bank Austria, Gerhard Randa, stehen auf der „Lohnliste“ von Stronach. Der Politologe Anton Pelinka sieht darin „eine sehr neue Art einer offenen Verflechtung von dem Interesse eines multionalen Unternehmens und der politischen Klasse eines kleinen Landes“. Früher hätte die Politik der Wirtschaftselite den Takt vorgegeben. „Jetzt erleben wir zum ersten Mal, dass die Wirtschaft sich die politischen Eliten an der Leine hält. Stronach kauft sich mit einer überraschenden Direktheit, man könnte sagen Schamlosigkeit, die politischen Eliten. Und die lassen sich das gefallen“ (Spiegel, 04.07.2003). Wie repräsentativ ist aber nun der Fall Stronach für die Verquickung von Wirtschaft und Politik in Österreich? Dieses Kapital versucht darauf eine empirisch fundierte Antwort zu geben.

3.5.1 Der Aufsichtsrat Zumeist wird der Aufsichtsrat ausschließlich anhand von relevanten Gesetzestexten diskutiert. Das ist insofern naheliegend als „seine Aufgaben, seine Bestellung, die Verfahrensvorschriften in Deutschland und Österreich weitgehend ‚durchgeregelt’ sind“ (Doralt 2010, 41). Die hier eröffnete Perspektive weicht von diesen Abhandlungen insofern ab als sie sich für die konkreten Personen „hinter den Gesetzestexten“ interessiert. Der Aufsichtsrat ist letztendlich eine mit eindeutigen Pflichten einhergehende Institution und ist nicht mit einzelnen Personen gleichzusetzen. Im Folgenden wird es darum gehen, ein Elitenprofil jener Personen

78

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien herauszuarbeiten, die durch Mandatshäufungen als Aufsichtsräte weithin bekannt sind. Aufsichtsrechtliche Regelungen werden nur insofern behandelt als sie zum Verständnis des Elitenprofils beitragen können. Aufsichtsrat zu sein ist meist eine nebenberufliche Tätigkeit. Eine gesetzliche Beschränkung sieht eine maximale Anzahl von zehn Mandaten vor, wobei Aufsichtsratsvorsitze doppelt gezählt werden. Nach dem österreichischen Aktiengesetz (AktG) bestellen die Teilnehmer der Hauptversammlung, also alle Halter von Stammaktien des Unternehmens, Aufsichtsräte. In einem dualistischen Unternehmenkontrollmodell ist es ihre Aufgabe, den Vorstand, das zweite gesonderte Gremium, zu überwachen (§ 95 AktG). Zu diesem Zwecke treffen sich alle Aufsichtsratsmitglieder viermal im Geschäftsjahr zu Sitzungen (§ 94 (3) AktG). Grundsätzlich können Aufsichtsräte jedoch jederzeit die Bücher der Gesellschaft, den Jahresabschluss, Vorschläge für die Gewinnverteilung, etc., prüfen. Bestimmte Geschäfte, wie etwa der Verkauf von Tochtergesellschaften, können nur mit der Zustimmung der Aufsichtsräte abgewickelt werden. Über seine Kontrolltätigkeiten berichtet der Aufsichtsrat der Hauptversammlung. Das Gesetz selbst „verlangt keine expliziten Qualifikationen und Kenntnisse für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Die Qualifikationsanforderungen folgen vielmehr funktionsbezogen aus den dem Aufsichtsrat zugewiesenen Rechten und Pflichten“ (Kalss/Schimanka 2010, 79). Aufsichtsräte müssen daher instande sein, Angaben des Vorstands auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können. Voraussetzung dafür ist zumindest eine gewisse unternehmerische Erfahrung und die Fähigkeit, Bilanzen lesen zu können. Aufsichsräte handeln also im Wesentlichen nach rechtlich kodifizierten Normen. Das Gesetz sieht für sie eine Kontrollfunktion vor, da „die Interessen des agent [Management] und des principal [Eigentümer] nicht notwendigerweise gleichgerichtet sind“. Es kann etwa zu Effizienzverlusten kommen, „wenn der agent seine Ressourcen nicht bestmöglich im Interesse des principal einsetzt, oder wenn es ihm gelingt, eigenes Fehlverhalten hinter der Behauptung ungünstiger externer Entwicklungen zu verbergen“ (Schauer 2010, 1043). Ab den 1990er Jahren erfüllt jedoch der Aufsichtsrat auch zunehmend Aufgaben, die mit dem Stichwort „mit unternehmerische Verantwortung“ umschrieben werden können. Aufsichtsräte wurden verpflichtet, „sich mit dem Vorstand zu beraten, und bekamen später die Aufgabe, den Abschlussprüfer und Konzern-Abschlussprüfer vorzuschlagen. Es folgte in Österreich ein gesetzlicher Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte“ (Die Presse, 19.03.2011). Insgesamt gebe es in einem Unternehmen kaum wichtigere Entscheidungen als jene des Aufsichtsrats, so der langjährige AR-Vorsitzende der OMV, Rainer Wieltsch: „Von genehmigungspflichtigen Geschäften über die Entwicklung von Strategien bis hin zur Ernennung von Führungskräften und der Unternehmenskontrolle liegt alles in der Verantwortung von Aufsichtsräten“. 24

24 http://www.foonds.com/article/10021, <14.5.2011> 79

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Nach Meinung von Marcus Lutter (Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht, Universität ) ist der Aufsichtsrat von heute ein „unternehmerisches Gremium“ – „genauso wie der Vorstand, nur dass die Entscheidungen des Aufsichtsrates nicht das Tagesgeschäft betreffen“ (Die Presse, 19.03.2011). Ginge es nach der reinen Lehre, so müsste ein produzierendes Unternehmen folgende Aufsichtsratsmitglieder aufweisen: einen unternehmerisch erfahrenen Aufsichtsratsvorsitzenden, einen Bilanz-Sachverständigen, einen ehemaligen Unternehmensleiter, einen mit den technischen Abläufen in Industrieunternehmen vertrauten Produktionsfachmann, einen Entwicklungsfachmann, einen Finanzfachmann, einen erfahrenen Juristen und einen versierten Controller. Dass der Aufsichtsrat von heute kein reines Kontrollorgan ist, geht auch aus dem österreichischen Corporate Governance Codex (Fassung Jänner 2010) hervor:

Der Aufsichtsratsvorsitzende bereitet die Aufsichtsratssitzungen vor. Er hält insbesondere mit dem Vorstandsvorsitzenden regelmäßig Kontakt und diskutiert mit ihm die Strategie, die Geschäftsentwicklung und das Risikomanagement des Unternehmens.

Im starken Gegensatz zu dem Aufgabenzuwachs und der Aufgabenverdichtung steht die Beobachtung, dass AR-Mandate nur eine von vielen beruflichen Tätigkeiten von Managern, Juristen und ehemaligen Politikern darstellen. Eine Einkommenerhebung des Beratungsunternehmens Kienbaum hat für das Jahr 2008 ergeben, dass ein „Durchschnittsaufsichtsrat (Gesamtvergütung geteilt durch die Zahl der Aufsichtsräte) in einem österreichischen Unternehmen […] 18.700 Euro verdient“ (Die Presse, 16.04.2010). Dieses Gehalt bewege sich in der Höhe des Tageshonorars eines qualifizierten Unternehmensberaters. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das Unternehmensberatungsunternehmen Korn/Ferry Internationale :

Tabelle 3.2: Aufsichtsratvergütung im Vergleich (in Euro) ATX 2008/2009 Prime 2008/2009 DAX 2008/2009 Q1 D Q4 Q1 D Q4 Q1 D Q4 ARV 26.900 40.500 50.000 15.600 21.700 29.500 225.000 ARS 19.500 30.300 38.600 10.900 15.500 21.600 135.000 ARM 15.500 19.600 23.000 7.600 10.400 13.700 90.000

Abkürzungen: ARV = Aufsichtsratsvorsitzender, ARS = Aufsichtsratsvorsitzender-Stellv. , ARM = Aufsichtsratsmitglied Q1/Q4 = 1./4. Quartil, D = Durchschnitt Quelle: www. inara.at,

Die im internationalen Vergleich sehr niedrige Vergütung lässt zumindest zwei Schlussfolgerungen zu. Ausländische Manager oder Fachleute werden sich für eine Mitarbeit in einem österreichischen Aufsichtsrat nur schwer gewinnen lassen. Qualifizierte Führungskräfte werden ihre Tätigkeiten nicht auf einige wenige Aufsichtsratsfunktionen beschränken.

80

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Oftmals werden Aufsichtsräte von der Öffentlichkeit nicht als Kontrollorgane (mit unternehmerischer Funktion), sondern als Lobbyisten des Vorstands gesehen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ehemalige Bundespolitiker AR-Mandate annehmen. An Beispielen mangelt es nicht: Alfred Gusenbauer (STRABAG SE), Benita Ferrero-Waldner (Alpine Bau GmbH), Wolfgang Schüssel (RWE AG) und Hubert Gorbach (RHI AG). Diese Aufsichtsräte dürften auch Berater sein, deren (internationale) Netzwerke für Geschäftszwecke genutzt werden (Die Presse, 04.02.2011). Dem Ruf nach Professionalität in den Aufsichtsratsetagen diametral entgegengesetzt ist auch die Presseberichterstattung über politischen Proporz. Florian Kremslehner, Experte für Wirtschaftsstrafrecht/Wien: „Es zieht wieder verstärkt der Proporz ein. Dabei sollten gerade bei Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, die Ansprüche an die Organe höher sein, weil es hier um öffentliches Geld geht“ (Die Presse, 03.04.2009). Auch die Größe des Aufsichtsrates scheint es zuzulassen, dass nicht nur wirtschaftskompetente Fachleute Aufsichtsratsmandate erhalten. Bei mehr als 3,5 Millionen Euro Grundkapital sind bis zu 21 Aufsichtsratsmitglieder zugelassen. Susanne Kalss, Professorin für Unternehmensrecht an der Universität Wien, dazu: „Das Problem ist, dass das Gremium viel zu groß ist. In Deutschland besteht das Gremium aus fünf, sechs Personen, die Highlevel Wirtschafts-, Wissenschafts-, und Beratungskompetenz haben, und es sitzen nicht alle möglichen Leute drinnen, die sich stammtischmäßig zu diesem Thema äußern und ihre eigenen Interessen unterbringen wollen“ (Wirtschaftsblatt, 11.03.2011). Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass die Institution Aufsichtsrat nicht nur jener Logik folgt, die man im Gesetz ausbuchstabiert findet. Aufsichtsräte können neben ihrer eigentlichen Funktion auch als Instrumente personeller Verflechtung mit der Politik dienen – nicht selten berichtet die Presse davon, dass „Räte noch immer nach Parteinähe besetzt werden“ (Neue Züricher Zeitung, 15.03.2011). Aufsichtsratsmandate bringen Personen auch Prestige ein. „Offenbar haben viele dadurch das Gefühl, ein besseres Standing zu haben“, formuliert es der Kapitalmarktbeauftragte des Finanzministers und ehemalige OMV-Chef Richard Schenz (Die Presse, 12.03.2011). Die Realität weicht auch in einer anderen Hinsicht von der Wirklichkeit ab. Der Gesetzgeber sieht eine distanzierte Beziehung zwischen den Managern des Vorstands und des Aufsichtsrats vor. Im schon zitierten Corporate Governance Codex (Fassung Jänner 2010) ist etwa zu lesen:

Der Vorstand informiert den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle relevanten Fragen der Geschäftsentwicklung, einschließlich der Risikolage und des Risikomanagements der Gesellschaft und wesentlicher Konzernunternehmen. […] Der Vorstand stimmt die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat ab und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung.

Im Wesentlichen wird hier eine Interessensgemeinschaft beschrieben. Es geht um eine „an der Sache orientierte, vertrauensvolle Zusammenarbeit, zu der auch eine kritische konstruktive 81

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Diskussionskultur gehört“ (Börsig 2006, 10). Eine am „1. Österreichischen Aufsichtsratstag“ an der Wiener Wirtschaftsuniversität von Susanne Kalss und Werner H. Hoffmann präsentierte Studie skizziert andere Beziehungsmuster. Die Umfrage unter den Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorstandsvorsitzenden der 500 umsatzstärksten Unternehmen (Rücklaufquote: 22 %) fördert zu Tage, dass etwa zwei Drittel der Aufsichtsräte mit dem Vorstandsvorsitzenden per Du sind. 70 % haben auch „Berührungspunkte mit dem Vorstandsvorsitzenden außerhalb Ihrer Aufsichtstätigkeit“. Auch die Rekrutierungspraktiken weichen von dem Bild eines weitgehend unabhängigen Kontrollorgans ab. Auf die Frage „Warum wurden Sie Ihrer Meinung nach in den Aufsichtsrat bestellt?“ geben 48 % an, die „persönliche Bekanntschaft zum Eigentümer/Vorstand“ sei ausschlaggebend gewesen, 40 % verweisen auf das Entsendungsrecht, 22 % der Räte sehen sich als „unabhängige Außenstehende“ und 6 % führen als Grund „Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen“ an. Im Regelfall reicht also z. B. die Expertise eines Wirtschaftsprüfers allein nicht aus, um als Aufsichtsratsmitglied nominiert zu werden. Er muss auch dem Bekanntenkreis des Vorstand oder der Aktionäre angehören. So soll es nicht selten vorkommen, dass ein (ehemaliges) Kabinettsmitglied eines Ministers in Aufsichtsräte staatsnaher Unternehmen entstandt wird, um dort die Interessen des jeweiligen Ministers zu vertreten. „Das ist leider gang und gäbe“, so gibt die Juristin Kalss der Presse (12.03.2011) Auskunft, „allerdings nicht nur dort. Generell suchen sich Vorstände oder Eigentümer Aufsichtsräte aus, in der Erwartung, dass diese ihre Interessen vertreten. Viel zu wenigen Aufsichtsräten ist bewusst, dass sie primär das Wohl des Unternehmens im Auge haben sollten“. Insgesamt erweist sich das Idealbild des Aufsichtsrates als kritisches Kontrollorgan einerseits und Sparringspartner des Vorstands andererseits, der sich an der Unternehmensplanung aktiv beteiligt und laufend eine tiefgehende Überwachung der Rechnungslegungen vornimmt, zumindest in manchen Fällen als reiner Entwurf auf dem Papier. Um festzustellen, welche Rollenbilder von Aufsichtsräten insgesamt existieren und durch welche Faktoren diese systematich beeinflusst werden, sollen allgemeine Typologien des Aufsichtsrats entworfen werden.

3.5.2 Erscheinungsformen des Aufsichtsrats – Eine Typologie

Die folgenden Typologien spiegeln die Relevanzsetzungen von fünf Aufsichtsräten wider, die ich an ihren Arbeitsplätzen oder in Wiener Kaffeehäusern 2011 interviewt habe. Meine Fragen waren relativ offen gestellt. Den Begriff „Aufsichtsrat“ führte ich nicht als ein scharf umrissenes, definitives Konzept ein. Ganz im Gegenteil griff ich im Gespräch stets jene Beschreibungen, eingeforderten Konkretisierungen und Unterscheidungen auf, die die Befragten selbst beisteuerten. Alle Interviewpartnerinnen sind seit langen Jahren in mehreren Unternehmen als

82

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Aufsichtsräte tätig. Neben einer hauptberuflichen Aufsichtsrätin, einem pensionierten Unternehmer befragte ich auch einen aktiven und zwei ausgeschiedene Vorstandsmitglieder großer Banken, die in börsenotierten Aktiengesellschaften, in Beteiligungen der öffentlichen Hand oder in Privatunternehmen mit Kernaktionär als Aufsichtsrat tätig sind/waren. Durch eine gezielte Fallauswahl sollte sichergestellt sein, dass Trägerinnen aller relevanter Merkmalskombinationen in die Untersuchung aufgenommen wurden („qualitatives Sampling“, Kelle/Kluge 2010, 41-55). Ohne mit den Prinzipien sozialwissenschaftlicher Typenbildung vertraut zu sein, wandten die Befragten stets Unterscheidungen von maximal kontastierenden Einzelfällen an und charakterisierten ausgemachte Typen. Bevor sie detailliertere Auskunft gaben, führten sie Prototypen oder relevante (Vergleichs-)Dimensionen ein. Ihre Ausführungen leiteten sie zumeist folgendermaßen ein: „Darf ich vielleicht einmal auseinanderhalten. Für mich gibt es immer zwei Arten von Aufsichtsräten….“; „Ich bin in börsenotierten und nicht-börsenotierten Unternehmen. In börsenotierten Aufsichtsräten ist es sicher so, dass…“. Eine erste Unterscheidung betrifft die Frage, ob Manager ihre Aufsichtsratstätigkeit in konzernmäßig verbundenen Gesellschaften oder in Kapitalgesellschaften (AG, SE, GmbH) ausüben, die weder Hundert-Prozent-Töchter, noch Mehrheitstöchter (>20 % Kapitalbeteiligung) jenes Unternehmens sind, dem der Manager als Vorstandsmitglied angehört. Ein Beispiel: Frank Hensel wurde 2005 Vorstand der Rewe Austria AG. Kraft dieser Funktion ist er Aufsichtsratsmitglied in den Konzerngesellschaften Billa AG, BIPA Parfumerien GmbH, Euro- Billa Holding AG, Merkur Warenhandels AG und Adeg Österreichs Handels-AG. Ein Gegenbeispiel dazu: Franz Rauch, der ehemalige Geschäftsführer der Firma Rauch Fruchtsäfte GmbH, war u. a. Aufsichtsratsmitglied der Unternehmen Bank Austria CA AG, Wienerberger AG, Vorarlberger Illwerke AG, Vorarlberger Kraftwerke AG, ÖBB Holding AG und Rail Cargo Austria AG. In dem ersten Fall ist der Manager AR in Gesellschaften, die de facto ausgegliederte Unternehmensbereiche sind. Im Regelfall verspricht sich das Untterunternehmen von einem Sitz im Kontrollgremium Interventionsmöglichkeiten. Ein Banker berichtet:

Er sei über mehrere Jahre für das Firmenkundengeschäft zuständig gewesen – dazu zähle u. a. das Immobiliengeschäft und private equity . Bei Töchtergesellschaften, die mit diesen Geschäftszweigen befasst waren, habe er zumeist den Aufsichtsrat geleitet. In der [Name der Bankengruppe] sei er auch für die Zusammenführung des ganzen Leasing - Geschäfts zuständig gewesen. Dieses sei über fünfzehn oder sechszehn Länder zerstreut gewesen. Auch in den großen Leasinggesellschaften sei er im Aufsichtsrat vertreten gewesen. Ein Aufsichtsratsmandat ermöglichte es, rechtzeitig in Geschäftvorgänge einzugreifen und alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Auch bei hundertprozentigen Töchtern sei es von Vorteil, wenn man nicht nur die organisatorische Zuständigkeit besäße, sondern auch einen Sitz in den Gremien. (Interview 6)

83

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Ein anderer Manager bezeichnet AR-Mandate innerhalb einer Firmengruppe als „Formalerfordernisse“, da man stets „eine Truppe“ habe, „die das alles vorbereitet und ständig überwacht“. Die Kompetenzen des AR in Tochtergesellschaft werden oftmals ausgehöhlt, da Konzerninteressen und Unternehmensinteressen divergieren können. „Wenn im Aufsichtsrat ein gutes Klima herrscht, werden die Vorstandsrotationen immerhin besprochen, allfällige Einwände (am ehesten informell außerhalb von Sitzungen) angehört, die Entscheidung selbst fällt aber außerhalb des Aufsichtsrats“ (Doralt 2010, 51). In Tabelle drei finden sich die Eigenheiten des AR in konzernmäßig verbundenen Kapitalgesellschaften aufgelistet.

Tabelle 3.3: Typusbildung I: AR in unabhängigen oder in konzerngebundenen Kapitalgesellschaften

Aufsichtsrat in . . . unabhängigen konzernmäßig verbundenen Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften Arbeitsaufwand hoch Gering Höchstzahl an Mandaten 10 20 Bestellungsmodus Wahl Entsendung Grund der Bestellung Expertise, Netzwerke des AR Beteiligungsverwaltung

Im Folgenden wird es ausschließlich um Manager gehen, die unabhängige Kapitalgesellschaften überwachen.Wird ein Unternehmen von einem Kernaktionär oder einer Kernaktionärsgruppe angeführt, so lassen sich diese zumeist im Aufsichtsrat durch dritte Personen vertreten. Dieser Dritte ist in erster Linie eine Vertrauensperson, mit der man geschäftlich schon mehrmals zu tun hatte und die zumeist dem Bekanntenkreis angehört. Selten, aber doch, antworteten Auskunftspersonen auf die Frage, warum ihnen eine AR-Position in einem eigentümergeführten Unternehmen angeboten wurde, ehrlich: „ja, das ist auch ein Kunde und ich bin befreundet mit dem Eigentümer, drum mache ich das auch“. In den meisten Fällen wurd die Frage mit dem Hinweis auf die eigene, umfassende Expertise quittiert - über bestehende Netzwerke gab man mir keine Auskunft. Manager betonen besonders den Einfluss der Eigentümerstruktur auf die Bestellung des Aufsichtsrats, wenn von Beteiligungen der öffentlichen Hand die Rede ist. Der reine Fachmann käme nicht zum Zug, weil die Eigentümer einen starken Einfluss auf die Bestellung ausübten. Aus Managerperspektive mag die Berufung von Aufsichtsräten parteipolitisch motiviert sein und damit von Wahlergebnissen abhängen, die grundlegende Bestellungslogik sei jedoch ident mit jener von eigentümergeführten Unternehmen in der Privatwirtschaft. Hier und dort transportiere der AR den Willen des Eigentümers. Dies geschehe nicht in der „Form einer Weisung“, sondern durch leise Einflussnahme auf dem Vorstand im Sinne des Eigentümers: „Denk einmal nach. Ist es nicht gescheiter, in diese Richtung zu gehen?“. Ähnliche Vergleiche zwischen Personalfragen in öffentlichen und Privatunternehmen würden sich auch auf der

84

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Vorstandsebene anbieten. Der frühere Goldman Sachs Österreich- und Zentraleuropachef Klaus Umek ziehe für den Unternehmer Haselsteiner die Fäden. Der ehemalige Wirtschaftslandesrat Ernest Grabman wäre vom niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll mit Vorstandsfunktionen im Unternehmen Flughafen Wien betraut worden. In beiden Fällen sei das Vertrauensverhältnis ausschlaggebend und im Regelfall – so ein ehemaliger Minister – „vertraue ein Roter einem Roten, ein Blauer einem Blauen, ein Schwarzer einem Schwarzen“. (Interview 5) In eigentümergeführten Unternehmen sei es nicht selten der Fall, dass der Vorstand bei der Aufsichtsratsbestellung auf informellem Wege mitentscheidet. Vor allem in Familienunternehmen sei das gang und gebe. In börsennotierten Unternehmen wird ein Personalkomitee einberufen, das Profile gewünschter Aufsichtsräte erarbeitet. Stehen die Auswahlkriterien einmal fest, so wird zumeist über persönliche Netzwerke nach geeigneten Personal gesucht. In seltenen Fällen wird ein Headhunter mit der Suche beauftragt. Manchmal sind Empfehlungen dritter Personen ausschlaggebend. Eine Aufsichtsrätin:

Die Hauptversammlung der (Name des börsennotierten Unternehmens) habe sie nicht gekannt. Wahrscheinlich war ihr guter Ruf ausschlagebend für den Erstkontakt. Man habe sich zweimal getroffen und sie dann schließlich darum gebeten, ein Aufsichtsratsmandat anzunehmen. Bei der (Name des zweiten börsenotierten Unternehmens) sei sie ebenfalls kein bekanntes Gesicht für den Hauptaktionär gewesen. Sie nehme an, dass sie diesem empfohlen wurde. Vor der Wahl in den Aufsichtsrat habe es ein einziges informelles Gespräch gegeben. (Interview 7)

Aufsichtsräte in Unternehmen ohne Kernaktionär betonen in ähnlicher Weise wie jene börsenotierter Unternehmen, dass sie gänzlich unabhängig agierten. Die Grenzziehungs- Versuche gegenüber Aufsichtsräten in eigentümergeführten Unternehmen sind offensichtlich:

In einem free float-Unternehmen sei man gänzlich unabhängig. Welche Interessen solle er bei der (Name eines börsenotierten Unternehmens ohne Kernaktionär) vertreten? Persönliche etwa? Sein einziges Interesse sei, dass die company gut performt. Damit vertrete er ausschließlich die Interessen der Gesellschaft. (Interview 9)

Ein weiterer Unterschied ist die Zahl der anfallenden Aufgaben. In börsenotierten Unternehmen sei etwas das Studium der Quartalsberichte stark beanspruchend. Der AR stehe auch stärker unter Druck, sein Wissen über den Geschäftsverlauf auf neuesten Stand zu bringen und den Aktionären laufend Begründungen für gefällte Beschlüsse über alle „genehmigungspflichtigen Aufgaben“ 25 zu geben:

25 Unter die vom Gesamtaufsichtsrat zu genehmigende Geschäfte und Maßnahmen fallen u. a.: Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen der Gesellschaft, Aufnahme und Aufgabe von Geschäftszweigen und Produktionsarten, Jahresbudget und Jahresinvestititonsprogramm, Abschluss von Gewinn- und Verlustausschließungsverträgen. 85

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

In einem börsenotierten Unternehmen sei die mitunternehmerische Verantwortung viel stärker gegeben. Aufsichtsräte stünden auch in der Öffentlichkeit – man denke bloß an die Hauptversammlung. Dort seien die Aktionäre zumeist in großer Zahl vertreten und stellten sehr viele, detaillierte Fragen. Man sei in dieser Situation als Aufsichtsrat absolut gefordert. (Interview 10)

In allen strategischen Fragen sei der AR in weitaus stärkerem Ausmaß ein Sparring-Partner, der unternehmerische Verantwortung mittrage und zahlreiche Anregungen gebe. Der Aufsichtsratsvorsitzende treffe sich einmal im Monat mit dem Vorstandsvorsitzenden zu einem ausführlichen Gespräch (in einem durchaus informellen setting). Beide verstünden sich als Partner. In eigentümergeführten Unternehmen käme es hingegen durchaus vor, dass die Aufseher Vorstände nicht begleiteten, sondern ausschließlich die Bilanzen kontollierten.

Tabelle 3.4: Typusbildung II: AR in börsennotierten Aktiengesellschaften/Gesellschaften ohne Kernaktionär und in eigentümergeführten Unternehmen

Aufsichtsrat in . . . börsennotierten AGs/ eigentümergeführten Ges. ohne Kernaktionär Unternehmen Bestellung durch . . . Hauptversammlungsmehrheit Haupteigentümer AR gegenüber den Aktionären weitgehend . . . unabhängig abhängig Funktion Kontrollgremiun & Sparing -Partner Kontrollgremium Arbeitsaufwand hoch gering

Insgesamt zeige sich jedoch für börsenotierten und nicht-börsenotierten Unternehmen der eindeutig Trend, nicht mehr Honoratioren, sondern Experten in Aufsichtsräte zu berufen. In der Vergangenheit hätte man viel stärker versucht, das Unternehmen über den Aufsichtsrat zu verflechten. Aufsichtsräte, wie z. B. Banker, Lieferanten oder Abnehmer ermöglichten es dem Unternehmen, Lieferanten-, Kunden- und Finanzierungsnetzwerke zu erschließen. Heute seien gut vernetzte Manager weiterhin gesucht – nicht zuletzt, weil Aufsichtsräte zumeist in ihren Geschäftsnetzwerken nach potentiellen Geschäftsführern oder Vorständen suchen können. Das ausschlaggebende Rekrutierungskriterium sei jedoch die Expertise. Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Unternehmer und Bänker brächten als Aufsichtsräte ihr jeweiliges Fachwissen in das Unternehmen ein. Ein Unternehmer beschreibt seine Aufgabe im Kontrollgremium folgendermaßen:

Er sei er ein Allrounder mit besonderer Expertise in Fragen, die das Marktpotential betreffen. Zumeist beschäftige er sich daher mit Verkauf und Einkauf. Er sei dort angesiedelt, wo es um die Gewinn- und Verlustrechnung ginge. Bei diesen Themen bringe er sich im Aufsichtsrat ein. Andere Fragen diskutiere er natürlich auch, da seien jedoch die Spezialisten stärker gefragt. Seine Stimme zähle, wenn es um den Markt, die Standortfrage, Wachstum und Innovation im Unternehmen ginge. (Interview 10)

Ein Banker über seine Rolle in AR eines Industrieunternehmens:

86

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Etwas lakonisch merkte der Banker an, dass Manager, die sich mit dem Investmentgeschäft beschäftigen nun einmal über anderes Wissen verfügten als jene, die (Produktename) produzierten. Auch wenn das Unternehmen in seiner Branche der beste Produzent weltweit sei, wüsste das Management nicht wie etwa nach einer Krise eine Kapitalerhöhung am Günstigsten vorzunehmen sei. Daher müssten Finanzberater aus Investmentbanken um ihre Einschätzung gebeten werden. Wenn man in diesen oder ähnlichen Fällen jemanden vom Fach im Aufsichtsrat habe, dann müsse man nicht das Risiko eingehen, über den Tisch gezogen zu werden. (Interview 9)

Generell sind Manager der Ansicht, dass es zu einer Professionalisierung des Berufs gekommen ist. Der Aufsichtsrat sei heute stärker als ein sachkundiges Expertengremium mit Haftungspflichten zu sehen.

Der Job Aufsichtsrat sei heute (im Gegensatz zur Vergangenheit) nicht mehr derart beliebt, da die Funktion - inbesondere in börsenotierten Unternehmen – immer stärker mit Verantwortung verbunden sei. Man könne heute viel eher und leichter belangt werden. Früher sprach man von einem Honoratiorenjob, den man so nebenbei erledigte. Für die Wahl in den Aufsichtsrat wäre immer eine Frage ausschlaggebend gewesen: Was bringt es dem Unternehmen? Man hätte sich von Bänkern, Vorlieferanten oder Abnehmern im Aufsichtsrat stets geschäftlich etwas versprochen. Es ging darum, das Lieferanten-, Kunden- oder Finanzierungsnetzwerk zu stabilisieren oder zu erweitern. Das Unternehmen sollte über den Aufsichtsrat vernetzt werden. Auch heute würden derartige Überlegungen noch eine Rolle spielen; die Expertise sei jedoch wichtiger geworden. Außerdem sei man bei der Annahme von Aufsichtsräten wegen der zunehmenden Haftungspflicht und des größeren Zeitaufwandes schon viel vorsichtiger geworden. (Interview 8)

Ein erfahrener Manager tritt einem Aufsichtsrat nicht bei ohne vorher ausführlich studiert zu haben, wer die anderen „Aufseher“ sind. Lebensläufe werden vor allem nach dem Blickwinkel studiert, ob alle notwendigen Fachgebiete abgedeckt seien. Ein Bänker, der vor allem für Controlling und Rechnungswesen zuständig ist, schilderte mir, dass in einem Industrieunternehmen unbedingt auch ein Fachmann für das Produkt vorhanden sein müsse. Ihm als Finanzfachmann würden sich gewisse Produktionsprozesse nicht ohne weiteres erschließen. Er sei daher bei der Beurteilung von Unternehmensstrategien auf das Insider- Wissen seines Kollegen angewiesen. Wie wichtig das Vetrauen in andere Aufsichtsratsmitglieder ist, geht auch aus folgender Schilderung heraus:

In Aufsichtsräten werden verschiedene Ausschüsse gebildet, die sich mit Spezialthemen beschäftigen. Der Bänker sei vor kurzem in dem Prüfungsausschuss tätig gewesen während seine Kollegen sich im Kreditausschuss mit der Frage beschäftigten, ob gewisse Anleihen aufgenommen werden sollten oder nicht. Der Auschuss fällte Beschlüsse, die von allem Aufsichtsratsmitgliedern schlussendlich genehmigt werden mussten. In einer derartigen Situation müsste ein Aufsichtsratsmitglied nahezu blindes Vertrauen in das Fachurteil seiner Kollegen haben. (Interview 11)

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass in Aufsichtsräten Experten zunehmend Manager mit Querbeziehungen in die Politik ersetzt haben. Ist das zutreffend? Der folgende Abschnitt geht dieser Frage nach. 87

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

3.5.3 Parteinahe Spitzenverbindungsmänner Eine empirische Erhebung mit dieser Thematik ist zuallerst mit einer Nonresponse-Problematik konfrontiert. Manager geben zu ihren Kontakten in die Politik ungern Auskunft. Sie möchten alleine an ihren wirtschaftlichen Erfolgen gemessen werden. Insofern ist es naheliegend für die Erfassung der Parteienaffiliationen auf eine nonreaktive Methode zurückzugreifen. Die folgenden Ergebnisse basieren auf einer Inhaltsanalyse von Zeitschriftenartikeln aus dem APA- Pressearchiv. Über einen Zeitraum von 15 Jahren (2010-1995) wurde darin jeweils nach den Stichworten „ÖVP“, „SPÖ“, „ÖVP-nahe“ und „SPÖ-nahe“ in Zusammehang mit dem Vor- und Nachnamen eines Managers gesucht (z. B. „Christian Konrad“). In die Analyse gingen anfangs all jene Manager ein, die in den Jahren 2000, 2004 und 2008 drei oder mehr Vorstands- oder Aufsichtsratsmandate einnahmen.

Tabelle 3.5:Verbindungsmänner in den Elitenetzwerken der Österreich AG – 2000, 2004 und 2008

2000 2004 2008 abs (%) abs (%) abs (%) 8 Positionen u. mehr 4 (3,6) 1 (1,3) 1 (1,3) 7 Positionen 3 (2,6) 3 (3,9) 5 (6,4) 6 Positionen 4 (3,4) 3 (3,9) 6 (7,7) 5 Positionen 21 (18,1) 11 (14,3) 5 (6,4) 4 Positionen 10 (8,6) 18 (23,4) 21 (26,9) 3 Positionen 74 (63,8) 41 (53,2) 40 (51,3) Zahl der Manager 116 77 78 Zahl der Positionen 457 298 318 Zahl der Unternehmen 125 106 114

Da relativ viele Manager in den Listen mehrmals aufscheinen, reduziert sich die Gesamtzahl von 271 auf 208 Personen (s. Anhang „Politische Zugehörigkeit von Aufsichtsräten“). Nicht alle 208 Manager werden gleichermaßen von den Printmedien diskutiert. Die Hits, also die Anzahl der Nennungen eines vollständigen Namens (z. B. „Heinrich Treichl“) variiert zwischen 0 und 19.425 Treffern. Der Median liegt bei 257. Über 20 % der Manager berichten die österreichischen Printmedien so gut wie gar nicht (Trefferquote: < 60 Hits). Diese wenigen Artikel können der Wirtschaftsberichterstattung zugerechnet werden, in denen Manager nur en passant genannt werden. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass die politische Ausrichtung eines Managers darin genannt wird. Insofern ist das hier verwendete Messverfahren als konservativ einzuschätzen, d.h. das tatsächliche Ausmaß an personellen Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft wird unterschätzt. Die Suchstrategie, nach der SPÖ-Nähe oder ÖVP-Nähe eines Managers Artikel zu sichten, fördert mehrdeutige Resultate zu Tage. Eine mögliche Konnotation von Parteinähe ist, dass der Manager Parteimitglied ist, wie etwa im Falle des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Bank Austria, Erich Hampel. Wirtschaftsjournalisten flechten in ihre Artikel diese Parteienzugehörigkeit öfters mit einem Nebensatz ein: 88

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Hampel, eingeschriebenes SPÖ-Mitglied , hat auch heikle Entscheidungen der Bank-Austria-Spitze, etwa die Ausgliederung wichtiger Geschäftsbereiche aus der CA, ohne irgendwelche Widerstände oder Mätzchen mitgetragen. (Profil, 29.3.1999, Hervorh. PhK)

In anderen Fällen kann es sich um Manager handeln, die Karrierestationen in der Politik aufweisen. Der ehemalige Vorstandsdirektor des Verbunds Johann Sereinig war etwa Berater und Kabinettchef des Bundeskanzlers. Das scheint auch Teil des Allgemeinwissens der über Wirtschaftsbelange schreibenden Bericherstatter zu sein:

Für die SPÖ wäre das der größtmögliche Affront: Der ehemalige ÖVP-Nationalratsabgeordnete Frizberg ist für die Roten ein treuer ÖVP-Parteisoldat. Sie waren schon außer sich vor Zorn, als er vor einem Jahr Aufsichtsratspräsident im Verbund wurde. Doch damit nicht genug: Angeblich gibt es in der ÖVP sogar Überlegungen, den Vertrag des (roten) Verbund-Vorstands Hannes Sereinig , der ebenfalls heuer ausläuft, nicht zu verlängern. (Die Presse, 08.03.2008, Hervorh. PhK)

Die Journalistin kann sich lediglich auf Affinitäten zwischen der Ideologie des Managers und jener einer der großen Parteien Österreichs beziehen.

Weil der Kapazunder-Vorrat der FPÖ nicht einmal ausreicht, um alle Regierungssitze adäquat zu besetzen, profitiert das bürgerliche Lager - ohnehin mit Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und Raiffeisen wirtschaftlich nicht zu knapp bedient - gleich noch einmal. Manager wie Erhard Schaschl (der zum neuen Verbund-Aufsichtsratschef bestellt wurde) haben kein Parteibuch - ideologisch sind sie aber eindeutig dem VP-Bereich zuzuordnen (Die Presse, 15.03.2007, Hervorh. PhK).

Nicht selten ist von politischer „Postschacherei“ die Rede:

Die neue Infrastrukturholding ist noch lange nicht Realität - die beiden Großparteien ÖVP und SPÖ bringen jedoch bereits in guter alter Proporz-Manier potenzielle Kandidaten in Stellung. Zumindest brodelt die Gerüchteküche schon heftig. Primär haben sind die ÖIAG-Vorstände Peter Michaelis und Rainer Wieltsch bereits selbst als ideale Nachfolger ins Spiel gebracht. In ÖVP-Kreisen werden Investkredit-Chef Wilfried Stadler, Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer und ÖBB-Boss Martin Huber genannt. Die SPÖ wiederum könnte Wirtschaftsprofessor Ewald Nowotny, ÖBB- Vorstand Ferdinand Schmidt und Flughafen-Chef Herbert Kaufmann ins Rennen schicken (Die Presse, 29.03.2005).

Journalisten schreiben unter Zeitrestriktionen, ihre Recherchen können fehlerhaft sein. Außerdem müssen trockene und komplexe Wirtschaftsthemen für eine breite Leserschaft interessant aufbereitet werden. Dafür bieten sich Übertreibungen und Vereinfachungen an. Ein vermeintlich konservativer Manager wird so schon einmal als ÖVP-Kandidat ausgegeben worden sein, ohne dass dafür handfeste Belege vorlagen. Aus diesen Gründen wurden nur jene Manager kategorisiert, für die mehrere eindeutige Textpassagen ausfindig gemacht werden konnten. Außerdem erfolgte die Zuordnung zu einer Partei anhand einer einfachen dichotomen Variablen (0= zugehörig, 1 = nicht zugehörig). Der zwischen einem Manager und einer Partei

89

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien hergestellten Verbindung wird somit keine spezifische Bedeutung zugemessen. In der Netzwerkanalyse ist es Standard, relationale Merkmale derart zu erheben, dass die Angabe von A, es lege eine X-Beziehung zu B vor, mit der entsprechenden Angabe von B in Bezug auf A verglichen wird. Erst bei einer entsprechenden Übereinstimmung wird ein Beziehungsnetz konstruiert. Für den folgenden Zweck ist eine derartige Vorgehensweise nicht umsetzbar. Es bleibt daher nichts anderes über, als Beziehungen ohne spezifische Relationsinhalte (Transaktionen, Kommunikationen, Macht) und Relationsintensitäten zu etablieren. In Anlehnung an Ziegler (1987) wurden sodann Unternehmen als rot-schwarz typisiert, die ausschließlich SPÖ-nahe/ÖVP-nahe Manager in den Führungsetagen aufwiesen. Fanden sich Manager beider Couleur in Führungspositionen, so ordnete ich das Unternehmen dem Misch- Typus rot-schwarze Unternehmen zu. Insgesamt zeigt sich, dass das ÖVP-Firmennetzwerk zu jedem Zeitpunkt über weit mehr Firmen verfügte als jenes der SPÖ. 2004 und 2008 gab es auch mehr schwarze als farblose Unternehmen. Während die ÖVP ihr Netzwerk zwischen 2000 und 2008 ausbaute, nahmen rote Firmen zwischen 2000 und 2004 an Zahl ab. Das Netzwerk stabilisierte sich jedoch wieder 2008. Die Häufigkeit rot-schwarzer Firmen sank kontinuierlich zwischen 2000 und 2008.

Diagramm 3.1: Rote und schwarze Firmen zu drei Zeitpunkten: 2000, 2004 und 2008

45

40

35

30

25 2000 2004 20 2008 15

10

5

0 farblos rote Firmen schwarze Firmen rot-schwarze Firmen

Der Beobachtungszeitraum fällt mit drei Bundesregierungen zusammen. Ab Februar 2000 regierte 3,07 Jahre lange eine ÖVP-FPÖ-Koalition („Schüssel I“), darauf folgte für 3,87 Jahre eine ÖVP-FPÖ/BZÖ-Koalition („Schüssel II“). Nachdem die SPÖ in den Nationalratswahlen 2006 als mandatsstärkste Partei hervorgegangen war, wurden unter dem Bundeskanzler Gusenbauer

90

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien eine große SPÖ-ÖVP Koalition gegründet. Die Annahme liegt nahe, dass ein Teil der Dynamiken auf den stattgefundenen Regierungswechsel zurückzuführen ist. Der Rechtswissenschaftler Doralt (Doralt 2010, 52) kommentiert in diesem Zusammenhang die Bestellung von Aufsichtsräten bei Beteiligung der öffentlichen Hand folgendermaßen:

Bis zum Jahr 2000 kann man von einem „gemilderten Parteienproporz“ sprechen. Abweichend davon kam es im Jahr 2000 ausschließlich zur Bestellung von Personen, die der FPÖ und der ÖVP (also den Parteien der kleinen Koalition) nahe standen . Zunächst schieden kraft Gesetzes alls bisherigen Mitglieder mit Ablauf der Hauptversammlung […] aus. Damit wurden automatisch alle SPÖ-nahen Aufsichtsratsmitglieder eliminiert, ebenso aber auch ÖVP-nahe Aufsichtsratsmitglieder, die großkoalitionär eingestellt waren und für eine starke Sozialpartnerschaft eintraten (Hervorhebung, PhK)

Diese „Umfärbungen“ des Aufsichtsrates kommen auch in der folgenden Abbildung zur Geltung. Für diese Netzwerk-Grafiken wurden Unternehmen entweder als rot oder schwarz kodiert, je nachdem ob übergwiegend Vertrauensmänner der einen oder anderen Partei in dem Vorstands- und Aufsichtsratsgremium vertreten waren. Die Dicke der Verbindungslinien bringt zum Ausdruck, wie stark die Personenverflechtungen zum damaligen Zeitpunkt waren. Am prononciertesten zeigt sich der Zusammenbruch des SPÖ-Aufsichtsratsnetzwerkes zwischen 2000 und 2004. 2000 saß der damalige SPÖ-nahe ESTAG Vorstandsdirektor Werner Heinzl als Aufsichtsrat in der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG, in der Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH und in der STEWEAG. Auch der damalige Generaldirektor- Stellvertreter der Steiermärkischen Bank Heinz Hofer, der lange Zeit als Vorsitzender der SPÖ Graz im Gespräch war, war Aufsichtsrat in der STEWEAG. Der Vorsitzende des BSA Oberösterreich Erich Haider hatte Aufsichtsratsmandate in den öffentliche Unternehmen Wiengas und Fernwärme Wien. Der rote Ingenieur Helmut Kastl saß im Kontrollgremium der Landesbeteiligungen Fernwärme Wien und Wiengas sowie in der Bundesbeteiligung Verbund. Regional vernetzten sie entweder in der Steiermark oder in Wien zumindest zwei Energieversorgungsunternehmen. 2004 sind sie nicht mehr Teil des Aufsichtsratsnetzwerkes. Um ein Beispiel herauszugreifen: Heinz Hofer wurde zum Präsidenten des Autofahrerklubs ARBÖ gewählt und ist nicht mehr in der Energiewirtschaft tätig. 2008 lassen sich wiederrum einige nach Parteienproporz eingesetzte SPÖ-Manager ausmachen: Der ehemalige Vorsitzende der steirischen SPÖ Peter Schachner-Blazizek ist Aufsichtsrat in folgenden Unternehmen: Energie Steiermark, Steiermärkische Bank, Steirische Gas-Wärme, Energie Steiermark. Der „rote“ Wiener Stadtwerke-Geschäftsführer Helmut Miksits hatte aufsichtsrechtliche Verpflichtungen in diesen Unternehmen: Wienstrom und Wien Energie.

91

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Grafik 3.1: Teilnetze der sozialdemokratischen und konservativen Spitzenverbindungsmänner: 2000, 2004, 2008

SPÖ 2000 SPÖ 2004 SPÖ 2008

ÖVP 2000 ÖVP 2004 ÖVP 2008 Anm. Die Dicke der Verbindung repräsentiert die Anzahl von Managern, die zwei Unternehmen miteinander verbindet

92

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Zumindest in Hinblick auf die nationale Erzeuger-Gesellschaft und die Stromerzeuger mit den einzelnen Bundesländern als Haupteigentümer lässt sich eine vorübergehende Schwächung der sozialdemokratischen Vertrauensmänner auf Aufsichtsratsebene feststellen. Allgemein lässt sich festhalten, dass die SPÖ mit einem Rekrutierungsproblem konfrontiert ist. Wenn Funktionen in staatsnahen Unternehmen zu besetzen sind, sieht sie sich außer Lage, geeignete Kandidaten aufzustellen. Das hat sich zuletzt sehr deutlich bei der Nachbesetzung der Vorstandsvorsitzendenposition in den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gezeigt. Christian Kern, ein ehmaliger Mitarbeiter im Bundeskanzleramt, soll der einzige fachkompetente und parteiloyale Manager gewesen sein, der für eine Parteiempfehlung in Frage kam. Die Schwierigkeiten in der Personauslese würden je nach Managementfunktion variieren, so ein ehemaliger führender SPÖ-Politiker:

Bei der Besetzung von Aufsichtsräten könnte die Partei in der Regel auf genügend potentielle Kandidaten zurück greifen. Es gebe zumindest eine Reihe ehemaliger Politiker, auf die die Partei zurückgreifen könne. Nur ab und an gebe es Rekrutierungsengpässe. Anders verhielte es sich mit Vorständen und Geschäftsführern. Da bekomme man nicht ohne Weiteres einen geeigneten Roten her. (Interview 5)

In den umsatzstärksten Unternehmen des Landes gebe es im engeren Sinne keine Roten mehr. Unternehmen seien gänzlich erwerbsorientiert, parteipolitische Erwägungen spielten keine Rolle mehr. Wolfgang Ruttenstorfer, ehemaliger Staatssekretär für Finanzen, würde zwar gemeinhin als roter Generalsekretär der OMV gesehen werden und sei mit einem „roten Ticket“ in die Kandidatur um den ÖIAG-Vorsitz gegangen, er habe aber in der Wirtschaft „nie rot agiert“. Das konstitutive Merkmal der Wirtschaft sei nunmal das Gewinnstreben. Manager könnten sich keine „parteipolitischen Scheuklappen“ leisten. In der österreichischen Wirtschaft gebe es auch keine parteipolitischen Gräben, Allianzen schließe man in der Wirtschaft zwischen den unterschiedlichsten Unternehmen. Ausschlaggebend seien stets nur die in Ausblick stehenden Ertragsmöglichkeiten.

Auch die Wiener Städtische, die nach wie vor als Kernstück des roten Reichs gelte und das nicht ganz zu Unrecht – sie hätte ja auch einen roten Generaldirektor (Günter Geyer) - habe eine Partnerschaft mit der Ersten Österreichischen Sparkasse geschlossen, um ihr Vertriebsnetz auszubauen. Nach rein politischen Überlegungen müsste sie diese mit der Bank Austria unterhalten. Diese wäre nun mal aus der Zentralsparkasse hervorgegangen und wegen ihrer Nähe zur Stadt Wien als rot zu bezeichnen. Das sei ein eindeutiges Indiz für die Tatsache, dass politische Zugehörigkeit in der Wirtschaft keine Rolle spiele. (Interview 5)

„Rote“ Manager gehen nicht mehr aus einer Kaderschmiede hervor. In der Vergangenheit waren es etwa die „Arbeiterkämmerer“ Ferdinand Lacina, Oskar Grünwald oder Caspar Einem, die zumeist im Aufsichtsrat der OMV tätig waren. Unter der älteren Generation lässt sich auch das eine oder andere Mitglied des Bund sozialdemokratischer Akademiker (BSA) ausmachen (z. B. 93

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Siegfried Sellitsch, Alfred Düsing). Beide Rekrutierungsreservoirs scheinen jedoch mit der Zeit gänzlich ausgetrocknet zu sein. Das Rückgrat des „schwarzen“ Netzwerkes bildet das Aufsichtsratnetzwerk der Repräsentanten von Raiffeisen (Erwin Hameseder, Christian Konrad, Walter Rothensteiner, Ludwig Scharinger, Herbert Stepic). Diese beschränkt sich nicht auf Beteiligungen und Finanzinstitute der Raiffeisen-Gruppe, sondern reicht in Unternehmen wie etwa die OMV AG, die Österreichische Lotterien GmbH, die Flughafen Wien AG, die Voestalpine AG und die Siemens AG hinein. Dass dieses Netzwerk durchaus als ÖVP-nahe bezeichnet werden kann, geht allein aus den direkten Verflechtungen zwischen ÖVP-Nationalratsabgeordneten und der Raiffeisengruppe hervor: Peter Michael Ikrath ist Generalsekretär des Sparkassenverbandes, Jakob Auer ist Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG, Karl Donabauer ist Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, Ferdinand Maier ist Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes. Raiffeisen wird jedoch von einigen Auskunftspersonen als ein mächtiges „Netzwerk an sich“ bezeichnet, das in viele Gesellschaftsbereiche hineinreiche, so auch in die Politik, und im Wesentlichen stets eigene Interessen verfolge. Der von den Medien als „Machtforscher“ titulierte Sozialwissenschaftler Harald Katzmaier dazu: „Ich glaube, dass sich Konrad [als Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes] von der Politik sehr wenig drein reden lässt. Ich glaube, dass umgekehrt der Einfluss größer ist“ (ORF-Report, 2.3.2010, Min. 7:19). Angesichts der geballten Wirtschaftsmacht scheint Raiffeisen stärker in die Politik hineinwirken zu können als umgekehrt. Bourdieu (1992a, 38) hat Machtkonstellation in Analogie zu einem Poker-Spiel diskutiert:

Der Raum, das sind hier die Spiel-Regeln, denen sich jeder Spieler beugen muss. Vor sich haben die Spieler verschiedenfarbige Chips aufgestapelt (Ausbeute der vergangenen Runden). Die unterschiedlichen gefärbten Chips stellen unterschiedliche Arten von Kapital dar: Es gibt Spieler mit viel ökonomischem Kapital, wenig kulturellem und wenig sozialem Kapital…Am anderen Ende sitzen welche mit einem hohen Stapel kulturellem Kapital, einem kleineren oder mittleren Stapel ökonomischen Kapital und geringem sozialen Kapital […] Und jeder spielt entsprechend der Höhe seiner Chips.

Im Sinne von Bourdieu kann die Raiffeisen-Gruppe als ein Spieler verstanden werden, der neben einem kleinen Stapel politischen Kapitals, einem mittleren Stapel sozialen Kapitals vor allem einen alles überragenden Stapel von ökonomischen Kapital einsetzen kann. Wirtschaftspolitik – ein Spiel jener mit viel ökonomischem Kapital – wird so auf dem „Poker-Tisch“ nicht ohne systematischen Einfluss von Raiffeisen stattfinden können. Das Aufsichtsratsnetzwerk verschafft Raiffeisen eine „Insider-Macht“ durch Informationshäufung und –vorsprünge (vgl. Karazman-Morawetz/Pleschiutschnig 1997, 419). Durch die Vertretungen in „fremden“ Aufsichtsräten, wie auch aus dem Kreditgeschäft und ihrer

94

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien politischen Vernetzungen, hat die Bankengruppe einen exklusiven Informationsstand, den sie zum eigenen Vorteil nutzen kann. Das schwarze Netzwerk wird neben den Raiffeisen-Managern weniger durch ehemalige Parteifunktionäre (z. B. Werner Wutscher, REWE Group Austria, oder: Leopold Windtner, Energie AG Oberösterreich) als durch in den unterschiedlichsten Wirtschaftssparten tätigen parteinahen Managern aufgespannt, darunter: Gerhard Drexel (Spar), Michael Pistauer (Verbund), Veit Sorger (Europapier AG), Christian Teufl (Leipnik Lundenburger), Johann Tschuden (Telekom) und Rainer Wieltsch (AR in Post, Telekom und OMV). Die ÖVP verfügt mit dem Österreichischen Wirtschaftsbund (ÖWB) über eine parteieigene Interessensvertretung für Unternehmer. Der Kontakt zu diesen Managern wird jedoch im Wesentlichen nicht über Institutionen aufrecht gehalten – auch nicht durch den erst kürzlich gegründeten „Management Club“, der von dem ehemaligen ÖVP-Politiker Herbert Paierl geleitet wird und als „Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik“ wirken möchte. Der gute Draht in die Politik wird zumeist über wenige Spitzenkontakte hergestellt und aufrechtgehalten. Die Treffen haben einen sporadischen Charakter. Beispielsweise sehen Manager und Politiker einander einmal jährlich auf dem Wiener Opernball, auf dem Firmen ganze Logen für ihre Spitzenmanager reservieren. Das politische Kapital des Managers ist so im Wesentlichen Teil seines gesamten sozialen Kapitals. Das Eingebundensein in Netzwerke erleichtert die Vertrauensgabe. Es stellt „einen strukturellen Anreiz dar, der die vertrauensvolle Handlung als rationale Wahl begünstigt“ (Marx 2010, 105). Erweisen sich Vertrauensvorschüsse von Managern an Politiker und vice versa als unangebracht, ist wahrscheinlich, dass diese Information an Vertraute weitergegeben wird, wodurch die Aussicht auf weitere „Gewinne“ in dem Netzwerk insgesamt geschmälert wird. Nicht auszuschließen ist, dass in manchen Fällen zwischen Partei und Manager gar nicht kommuniziert wird und die von den Journalisten beobachtete Parteiennähe lediglich zum Ausdruck bringt, wie die Öffentlichkeit die ideologischen Position eines Managers als Privatperson einschätzt. Im Folgenden soll daher eine Unterscheidung zwischen asymmetrischen und reziproken Manager-Parteien-Verflechtungen und Managern getroffen werden, die lediglich in der Öffentlichkeit als Privatpersonen politische Haltungen bekunden. Jeder Beziehungstyp geht mit spezifischen Bedingungen einher. Asymmetrische Manager-Parteien-Verflechtungen treten auf, wenn das Land oder einzelne Bundesländer Eigentümer eines Unternehmens sind und so Politiker als Eigentümervertreter Manager in eine Unternehmensfunktion wählen. Nicht selten stehen am obersten Ende von Besitz-Pyramiden der Bund oder einzelne Länder als Letzteigentümer. Ein Beispiel: 2008 waren die Wiener Stadtwerke, die gänzlich im Besitz der Stadt Wien stehen, an dem Bauunternehmen A. Porr beteiligt. Auch bei derartigen indirekten Beteiligungen ist eine Einflussnahme von Politk auf Postenbesetzungen denkbar. Reziproke 95

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Manager-Parteien-Verflechtungen sind zu erwarten, wenn Unternehmen in Wirtschaftssparten tätig sind, in denen der Staat als wichtiger Auftraggeber und Käufer auftritt (Infrastruktur, Bauwirtschaft, Rüstungsproduktion, etc.). Ist keine der beidenen Bedingungen gegeben, so ist nicht auszuschließen, dass Manager zwar eine gewisse Affinität zur einer Partei pflegen, jedoch kaum oder gar nicht mit Repräsentanten dieser Partei kommunizieren. Die Raiffeisengruppe kann dieser dritten Gruppe nicht zugeordnet werden, da zahlreiche führende Manager der Bankengruppe in Personalunion auch Nationalratsabgeordnete sind.

Tabelle 3.6: Zusammenfassung der Bedeutung von Parteinähe im Management

Typen von Parteien-Manager-Beziehungen (Ultimative) Eigentümer: Kunde/Auftraggeber: Bund/Land/Stadt Bund oder Land asymmtrische Manager-Parteien-Verflechtungen ja nein reziproke Manager-Parteien-Verflechtungen nein ja Manager mit deklarierter politischer Haltung (Privatperson) nein nein

Bei der Kategorisierung taucht das praktische Problem auf, dass in der Privatwirtschaft tätige Manager Aufsichtsratsmandate in öffentlichen Unternehmen besitzen. Eine eindeutige Zuordnung kann in diesen Fällen nicht vorgenommen werden. Aus diesem Grund werden als Analyseeinheiten nicht Personen, sondern Unternehmen gewählt. Im Falle von Unternehmen sind drei Schwierigkeiten zu bewältigen. Welchem Beziehungstyp sollen Unternehmen zugeordnet werden, zu deren Großkunden die Republik Österreich und staatsnahe Unternehmen zählen und an denen der Bund, Länder oder Städte indirekt beteiligt sind? Im Folgenden werden solche Unternehmen wie etwa die Allgemeine Baugesellschaft A. Porr. einheitlich der Kategorie „reziproke Manager-Parteien-Verflechtung“ zugeordnet. Nur bei direkten Beteiligungen wird stets von „asymmetrischen Manager-Parteien-Verflechtungen“ die Rede sein. Töchterunternehmen werden, sollten sie Manager mit Nähe zur Politik aufweisen, demselben Beziehungstyp zugeordnet wie ihre Mutterunternehmen. So wird Leipnik-Lundenburger ebenso wie die Raiffeisen-Gruppe insgesamt der zweiten Kategorie zugeordnet. Schließlich stellt sich die Frage, wie Stiftungen bewertet werden sollen. Die ERSTE österreichische Spar-Casse-Privatstiftung weist eindeutig eine politische Aufladung auf (vgl. Hofstätter 2010). Unter den Mitgliedern finden sich ehemalige ÖVP-Politiker wie etwa Wolfgang Schüssel oder Josef Taus. Auch die B & C Stiftung, die sich das Ziel gesetzt hat, „den Fortbestand und das Wachstum jener Unternehmen zu fördern, an denen die Privatstiftung unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen hält [Lenzing, Porr, Semperit] oder erwirbt“, hält systematisch Beziehungen zur Politik aufrecht. Das Magazin „Gewinn extra“ (6/2009) berichtet:

Die geplante Auflösung der Stiftung und der darin enthaltenen Unternehmensbeteiligungen etwa an Lenzing, Porr und Semperit scheiterte. Anfang dieses Jahres gingen die Genussrechte aber ohne die am Baukonzem Porr - für kolportiert 96

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien eine Milliarde Euro - von der UniCredit an die B&C Privatstiftung über. Ein Deal, der mit Unterstützung des Landes Oberösterreich und dessen Haftung über 400 Millionen Euro ermöglicht wurde. Daran geknüpft war nicht nur ein Sitz im Aufsichtsrat für das Land Oberösterreich, sondern auch die Auflage, dass Zentrale sowie Forschung und Entwicklung von Lenzing in Österreich verbleiben müssen.

Wegen dieser offensichtlichen Kommunikationskanäle zur Politik werden alle Beteiligungen dieser Stiftung dem zweiten Kategorietypus zugeordnet. Bei der Kategorisierung werden letztlich auch die in der Presse lancierten Besetzungs-„stories“ berücksichtigt. Ist von „Postenkarussell“, „Postenschacher“ oder „Proporz“ die Rede, so spricht das tendentiell für den Typus „asymmetrische Manager-Parteien-Verflechtung“. In Tabelle 3.7 findet sich die Verteilungen der verschiedenen Manager-Parteien-Verflechtungen auf unterschiedliche Firmen. Die politische Ausrichtung einer Firma wurde durch das „Aufsummieren“ der Parteinähe aller Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder festgelegt.

Tabelle 3.7: Typen von Manager-Parteien-Verflechtungen in roten, schwarzen und rot-schwarzen Firmen im Jahr 2008, absolute Anzahl

50

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0 Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen

asymmtrische Manager-Parteien-Verflechtungen reziproke Manager-Parteien-Verflechtungen

Manager mit deklarierter politischer Haltung (Privatperson)

In rot-schwarzen Firmen lassen sich überwiegend Spitzenverbindungsmänner ausmachen, die ihre Position zu einem Gutteil dem Proporz zu verdanken haben. 26 Beispiele sind: Helmut Miksits (AR, Wienstrom GmbH), Leopold Windtner (AR, Wienstrom GmbH), Peter Schachner- Blazizek (AR, Steweag-Steg GmbH), Herbert Kaufmann (AR, Rail Cargo Austria AG), Karl Samstag

26 Diese Datenerhebung ist nicht zirkulär. Die politische Ausrichtung eines Unternehmens wurde durch askriptive Merkmale des gesamten Vorstands und Aufsichtsrats bestimmt. Der Beziehungstyp von Manager-Parteien- Verfllechtungen leitet sich von Eigentümerstrukturen und Branchenzugehörigkeiten ab. 97

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

(AR, Flughafen Wien) und Horst Pöchhacker (AR, ÖBB-Personenverkehr AG). Auch in einigen wenigen Aufsichtsräten privatwirtschaftlicher Unternehmen lassen sich Manager beider Couleur ausmachen. So sitzt etwa im AR der Lenzing AG Veit Sorger (ÖVP-nahe) dem Sekretär des ehemaligen SP-Finanzministers Lacina, Winfried Braumann, gegenüber. In roten Firmen halten sich asymmetrische und reziproke Manager-Parteien-Verflechtungen die Waage. In der staatlichen Asfinag saßen 2008 ausschließlich rote Aufsichtsräte (Kasser, Kubitschek, Pöchhacker). Dasselbe Besetzungsmuster zeigt sich auch für die ÖBB-Infrastruktur Bau AG und die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG (Kasser, Klugar). Andererseits gibt es z. B. mit der ehemaligen Bank Austria Creditanstalt (AR: Erich Hampel, Karl Samstag), dem österreichischen Verkehrsbüro AG (AR: Kadrnoska, Hampel, Samstag) und der Voestalpine Stahl GmbH (AR: Düsing) auch SPÖ-nahe Aufsichtsräte in der Privatwirtschaft. Manager mit deklarierter sozialdemokratischer Haltung sind im Verschwinden begriffen. Wahrscheinlich wäre diese letzte Kategorie stärker vertreten, wenn man unter sie ehemaligen Bank-Austria Vorstände subsumierte. Da diese jedoch ihrer Karriere in im Staatsbesitz befindlichen Banken begannen, ist anzunehmen, dass sie mit Politikern regelmäßig in Kontakt standen. Einer meiner Auskunftspersonen bezeichnete den AR der ehemaligen Creditanstalt als „politisches Gremium“. Diese Herkunftsorte veranlassen Journalisten von „SPÖ-nahen Bankern“ zu sprechen. Spätestens seitdem die UniCredit zum Haupteigentümer der Bank Austria wurde, spielen Vernetzungen mit der „roten“ Stadt Wien jedoch eine marginale Rolle. Schwarze Firmen werden von reziproken Manager-Parteienverflechtungen dominiert, die vor allem von der Raiffeisen-Gruppe ausgehen. In schwarzen Firmen finden sich in zweiter Linie relativ viele Manager, die man als Privatpersonen der ÖVP zurechnen kann. Sie weisen einige Berührungspunkte auf, es existieren jedoch keine oder nur geringe gegenseitige Verpflichtungen. Die Interaktionsfrequenz variiert wahrscheinlich stark. Werner Wutscher (Vors., REWE) weist relativ viele Berührungspunkte mit der ÖVP auf. Das ist auch mit ein Grund, warum er 2011 als Kandidat für das Finanzministerium im Gespräch war. Die Kontakte in das bürgerliche Lager des Vorstandvorsitzenden von Spar Österreich, Gerhard Drexel, dürften geringer sein. Wie Werner Wutscher ist auch Gerhard Drexel in Unternehmen tätig, die politikfern agieren. Ihre in die Politik hineinreichenden Netzwerke nützen sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in ihrer Funktion als Manager. Umgefähr im selben Ausmaß wie in den roten Firmen lassen sich ÖVP-nahe Manager identifzieren, die vom Proporz profitierten. Genannt seien: Christian Teufl und Erich Söllinger (beide AR in der ÖBB-Holding); Michael Pistauer und Ulrike Baumgartner (bei AR im Verbund); Franz Kailbauer und Josef Binder (AR in der Energie Steiermark). Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Nähe zu einer der beiden Großparteien auch heute noch ein herausragendes Merkmal der Spitzenverbindungsmänner ist. Dieses Profil lässt sich nicht ausschließlich mit der Beobachtung erklären, dass der Proporz in Österreich noch immer 98

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

„fröhliche Urständ“ feiert. Die Bedeutung von Raiffeisen, die Affinität führender Manager zur ÖVP und die Tatsache, dass Banker mit Karrieren in den SP-dominierten Länderbank, Postsparkasse und Bank Austria heute stark in Aufsichtsräten vertreten sind, tragen ebenso zum Verständnis des ausgemachten Elitenprofils bei. Ein Vergleich mehrerer Managergeneration würde mit Sicherheit ergeben, dass die Politiknähe der Aufsichtsräte seit den 70er Jahren kontinuierlich abgenommen hat. Für den Austrokapitalismus von heute ist im historischen Vergleich eine weitgehende Entkopplung von Wirtschaft und Politik festzustellen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich die aufgezeigten interlocks zwischen Top-Managern und Parteien theoretisch erklären lassen. Erklärungsangebote scheinen mir sowohl funktionionalistische als auch nicht-funktionalistische Differenzierungstheorien zu liefern. Ich werde im Folgenden diese Theorien in Hinblick auf ihre Erklärungskraft für das Zustandekommen von Manager-Parteien-Verflechtungen sichten.

3.6 Manager-Parteien-Verflechtungen im Licht der Differenzierungstheorien von Luhmann und Bourdieu

Eine der wichtigsten Perspektiven, die die soziologische Gesellschaftstheorie zur Analyse moderner Gesellschaften ausgearbeitet hat, kann unter dem Sammelbegriff „Theorien funktionaler Differenzierung“ gefasst werden (vgl. Schimank 1998, 61). Es ist hier nicht der Ort Differenzierungstheorien im Detail zu diskutieren. Ich werde nur auf jenes begriffliches und theoretisches Instrumentarium eingehen, das sich für die Erklärung empirischer Phänomene eignet. Das Augenmerk liegt auf ausgewählten theoretischen Konzepten, deren Fundament entweder die Luhmann´sche oder die Bourdieu´sche Differenzierungstheorie bildet.

3.6.1 Luhmanns Theorienapparat und seine Weiterentwicklung Im Mittelpunkt der Luhmannschen Gesellschaftstheorie steht nicht der Mensch, sondern die Kommunikation. Kommunikationen und nicht Personen bilden soziale Systeme. Diese Perspektive mag auf den ersten Blick befremdlich wirken. Der Gedanke, Gesellschaft sei die Gesamtheit aller Kommunikationen, kann jedoch auch in einer eingängigen Art und Weise plausibilisiert werden:

Wer jemals an einem Gespräch wahrgenommen hat, wie sich das Gespräch nur dadurch fortpflanzt, dass weiter kommuniziert wird, weiß, wovon die Rede ist. Und wer je genau beobachtet [hat], wie noch die einvernehmlichste Verständigung nur eine kommunikative Konstruktion ist, die dem Negationsrisiko weiterer Kommunikation ausgesetzt bleibt, wird keine Schwierigkeit mehr haben, die Eigenlogik der Kommunikation anzuerkennen. Und selbst wer sagt, was er oder sie wirklich denkt, muss exakt dies tun: es sagen . In der Kommunikation wird nur dadurch verstanden, dass die Kommunikation kontinuiert. Erst so kommt der autopoietische Kommunikationsverlauf

99

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien zustande, der sich immer neu auf sich selbst bezieht. Der Fluch der Kommunikation ist, dass sie immer weitergeht. (Nassehi/Nollmann 2004, 15).

Kommuniziert wird nun in verschiedenen, von Luhmann grundsätzlich als autonom angenommenen Systemen wie etwa der Politik oder der Wirtschaft unterschiedlich. Über das System Wirtschaft schreibt Luhmann (1988, 52):

Die Wirtschaft gewinnt ihre Einheit als autopoietisches, sich selbst produzierenden und reproduzierendes System dadurch, dass sie eine eigene Typik von Elementen verwendet, die nur in der Wirtschaft vorkommen und nur in ihr, das heißt nur in rekursivem Bezug auf andere Elemente desselben Systems ihre Einheit gewinnen. Der ‚unit act’ der Wirtschaft ist die Zahlung .

Das spezialisierte System Wirtschaft operiert mit der internen Semantik von Zahlungen, die einem binären Code folgen (Geld haben verus nicht haben). In der Politik sind die relevanten Codierungen hingegen: Macht haben versus nicht haben. Folgt man Luhmann so haben sich Manager und Politiker grundsätzlich genauso wenig mitzuteilen wie Kraftfahrzeugmechaniker und Rechtsanwälte, die ihre Tätigkeiten durch verschiedene Verfahren, Programme und Kommunikation realisieren. „So werden sich die Gespräche der Kraftfahrzeugmechaniker eben doch gelegentlich um Bestandteile von Fahrzeugen und deren Funktionieren drehen, während die der Rechtsanwälte Rechtskodizes, Paragraphen und Gerichtswege betreffen sollten“ (Knorr Cetina 1992, 410). Die Handlungen sind also auf unterschiedliche „Produkte“ gerichtet. Das mag man als eine triviale Unterscheidung ansehen. Soziologisch interessanter ist die Überlegung, dass ganze Organisationen nach unterschiedlichen Rationalitätsprinzipien ausgerichtet sein können. Wirtschaft und Politik sind keine „kommunikationsfähige Einheiten, die mit Systemen in ihrer Umwelt direkt kommunizieren können“ (Kneer 2001, 409). Nur Organisationen können der interfunktionalen Kommunikation dienen. „Um Funktionssysteme mit externer Kommunikationsfähigkeit auszustatten (die als Kommunikation natürlich immer Vollzug der Autopoiesis von Gesellschaft ist) müssen in den Funktionssystemen Organisationen gebildet werden“ (Luhmann 1997, 843). Es ist also nicht die Wirtschaft, die mit der Politik kommuniziert. Sondern es sind nach Luhmann Organisationen, die etwas mitteilen, d. h. Parteien kommunzieren ihre Programme und Unternehmen legen ihre Geschäftsberichte vor. „Der Funktionssinn von Organisationen besteht [ einerseits ] darin, die Operationen der Funktionssysteme mit Zonen dichter Kommunikation zu versorgen und gerade damit ihre operative Trennung zu gewährleisten “ (Nassehi 2004a, 110). „ Andererseits scheint es Organisationen zu gelingen, die Funktionssysteme strukturell zu koppeln. So wird an Universitäten nicht nur geforscht, sondern auch gezahlt, in Kirchen nicht nur geglaubt, sondern auch erzogen, und in öffentlichen Verwaltungen nicht nur politisch, sondern auch rechtlich operiert“ (Nassehi 2002, 455). Organisationen sorgen für strukturelle Koppelungsbedingungen

100

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien der Funktionssysteme. Neben der herausragenden Bedeutung von Organisationen für die Anschlussfähigkeit von Systemen ist für das Verständnis von Manager-Parteien-Verflechtungen auch der schon von Luhmann wahrgenommene intersystemische Koordinationsbedarf von Bedeutung. Generell „muss vermieden werden, dass die Optimierung im Bereich eines Funktionssystems zu nicht abfangbaren Problemen in anderen Funktionssystemen führt […]“ (Luhmann 1977, 245). Mit wachsender Komplexität der Gesellschaft nehmen die Abhängigkeiten zwischen ausdifferenzierten Teilsystemen zu. Signale aus der Umwelt eines Systems sind mehr als nur unspezifische Reizungen („Rauschen“), sie können die Programme in ihrer Umwelt maßgeblich beeinflussen.

Die Wirtschaft operiert selbstständig nach den ihr eigenen Rentabilitätskriterien unabhängig von politischen Machtgesichtspunkten, aber rechtliche Nutzungsbeschränkungen und Auflagen bzw. steuerliche Vergünstigungen und Subventionen können Zahlungsentscheidungen in die ein oder andere Richtung beeinflussen (Bendel 1993, 268).

Zu bedenken ist bei diesen Überlegungen immer, dass die Luhmann´sche Gesellschaftstheorie Individuen (Politiker, Manager) aus ihrer kognitiven Landkarte ausgeschlossen hat. „Systeme und Individuen treten auseinander, und auch die Theorie hat es nur noch mit funktional differenzierten, autopoetischen Systemen zu tun, nicht mehr mit Individuen “ (Deutschmann 2009, 224, Hervorh. PhK). Neuere systemtheoretische Überlegungen berücksichtigen durchaus Individuen (Stichweh 2005). Es ist die Rede von der „ Adressierung von Personen in Sozialsystemen “, die Inklusionen in Sozialsysteme ermöglichen (Stichweh, 2009, 30). Wobei zwei Typen von Inklusionsrollen unterschieden werden. Jemand kann in ein Sozialsystem inkludiert sein, wenn er eine Leistungsrolle übernimmt. „Das heißt, dass die Person für bestimmte Leistungen und Vollzüge zuständig ist, die konstitutiv für das jeweilige System sind (a. O., 32). Inklusionen können jedoch auch über die Annahme von Publikumsrollen erfolgen, d. h. „über Rollen, in denen sich die Teilnahme am Systemgeschehen in der Weise vollzieht, dass man als Leistungsabnehmer und/oder als Beobachter im Verhältnis zu den Leistungsrollen fungiert“ (a. O., 32). Organisationen als Schnittstellen zwischen funktionalen Kontexten, Inklusionen von Personen in soziale Systeme durch (beobachtbare) Adressierungen, die Unterscheidung von Leistungs- und Publikumsrolle – all diese Konstrukte sind soziologische Instrumentarien zur Erklärung von Manager-Parteienverflechtungen.

3.6.2 Felddifferenzierung nach Bourdieu Während Luhmann von System differenzierung spricht, setzt Bourdieu Differenzierung mit der Ausbildung sozialer Felder (Politik, Wirtschaft, Religion, etc.) gleich. Jedes gesellschaftliche Feld stellt „eine Art Welt für sich da“ (Bourdieu 2001, 30), in jedem Feld gelten eigene Spielregeln. Es

101

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien gibt stets ein heimliches Einverständnis mit diesen Spielregeln. Bourdieu spricht von der „illusio“, also der Tatsache, dass „man vom Spiel gefangen ist, dass man glaubt, dass das Spiel den Einsatz wert ist oder, um es einfacher zu sagen, dass sich das Spielen lohnt“ (Bourdieu 1998b, 140). Die (Ausdifferenzierungs-)Geschichte eines Feldes ist immer eng mit der allmählichen Durchsetzung der „illusio“ als einzig legitimen Wahrnehmungs- und Bewertungsweise verbunden (vgl. Barlösius 2006, 102). Historisch gesehen ist die „illusio“ der Manager, in der Wirtschaft käme es einzig und allein darauf an, Gewinne zu akumulieren, ein relativ junges Konstrukt. Im 16. und 17. Jahrhundert bildeten Wirtschaft und Politik weitgehend einen gemeinsamen Funktionskomplex. Der Feldbegriff ruht im Wesentlichen auf einer Kapitaltheorie , „der Bourdieu eine ressourcenbezogene, aber nicht unbedingt ökonomisch dominierte Ausrichtung verleiht“ (Janning 2008, 342). In jedem Feld versuchen zueinander im Wettbewerb stehende Akteure soviel Kapital wie nur möglich zu akkumulieren, wobei Bourdieu zwischen der Vermehrung ökonomischen (Gelderwerb), sozialen (Beziehungen) und kulturellen Kapitals (Bildung) unterscheidet. Jede Form von Kapital ist schlussendlich eine Machtressource. Wer gut wirtschaftet und Gewinne lukriert wird all jene Konkurrenten aus dem Feld schlagen, die weniger ökonomisches Kapital besitzen. Jemand, der einflussreiche Leute kennt, wird wahrscheinlich jene Konkurrenten ausstechen, die schlechter vernetzt sind, usw. Für die Analyse von Manager-Parteien-Verflechtungen ist vor allem die Bourdieu´sche Aufassung von sozialem Kapital zentral. Dieser Kapitalbegriff bezieht sich auf die Fähigkeit von Individuen, in und außerhalb von Berufszusammenhängen Beziehungsnetze zu knüpfen und auszuweiten. Oder in Bourdieus Worten:

Social capital is the sum of resources, actual or virtual, that accrue to an individual or a group by virtue of possessing a durable network of more or less institutionalized relationships of mutual acquaintance and recognition (Bourdieu/Wacquant 1992, 119).

Während Luhmann die Gesellschaft als ein primär funktional differenziertes System beschreibt, postuliert Bourdieu nicht eine eindeutige Zuordnung von Funktionen zu sozialen Feldern. Felder folgen keiner Funktionslogik , sie sind „kein Produkt irgendeiner immanenten Eigenentwicklung der Struktur“ (Bourdieu/Wacquant 1996, 135). Soziale Felder sind nach Bourdieu mehr oder weniger autonom . Nach Bourdieu ist „das Ausmaß an Autonomie, über das ein Feld verfügt, am Übersetzungs- oder Brechungseffekt zu messen“ (Bourdieu 1999, 349, Hervorh. PhK). Übersetzungseffekt meint wohl, dass Felder externe Kräfte umstrukturieren. Ein Beispiel für die der Optik entlehnte Metapher der Brechung sei erwähnt. Der Gegensatz von „Kunst/Kultur“ und „Geld“, der die herrschende Klasse in oppositionelle

102

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Fraktionen unterteilt, reproduziert sich im literarischen Feld im Gegensatz von „Lyrik“ und „Fortsetzungsroman“ (Petzke 2009, 517). Autonomie impliziert nach Bourdieu nicht nur, dass Akteure in einem sozialen Feld einer „illusio“ folgen. Ein autonomes Feld zeichnet sich auch durch eine eigene Kapitalsorte aus für die sich Verteilungsregeln ausdifferenzieren: „wissenschaftliche Reputation setzt dann etwa Kommunikationerfolge unter gleichsinnig spezialisierten Kollegen voraus und reagiert primär darauf – und nicht etwa auf den ökonomischen Reichtum des Reputationsanwärters, die Reichweite seines persönlichen Kontaktnetzes oder den guten Namen seiner Familie“ (Kieserling 2008, 7). Das weist auf eine innere Eigengesetzlichkeit sozialer Felder hin. Im Gegensatz zu Luhmann spricht Bourdieu von Akteuren und meint damit in seiner Theorie sozialer Felder „keine Subjekte, vor allem keine ganzen Menschen, sondern Positionsinhaber“ (Kneer 2004, 50). Welche Position ein Indviduum innerhalb eines Feldes einnimmt, hängt von seinem gesamten Kapitalvolumen und der Zusammensetzung seines Kapitals ab (s. S. 178ff.). Im Folgenden wird argumentiert werden, dass vor allem symmetrische Manager-Parteien- Verflechtungen mittels der Bourdieu´schen Kapitaltheorie erklärt werden können.

3.6.3 Verschiedene Typen von Manager-Parteien-Verflechtungen und ihr theoretischer Überbau Intersystemische Steuerung kann nur über Akteure hergestellt werden. Gerade diese Form der Kopplung zwischen den Systemen hat jedoch Luhmann „immer konsequent und definitorisch aus seinen Überlegungen ausgeschlossen“ (Reese-Schäfer 2005, 94). Um Manager-Parteien- Verflechtungen aus einer systemtheoretischen Perspektive zu erfassen, werde ich mich daher stärker auf Soziologen (Nassehi, Stichweh) beziehen, die die Gesellschaft in der Tradition von Luhmann als primär funktional differenziert sehen, jedoch auch auf Akteure Bezug nehmen. Asymmetrische Verflechtungen zwischen Manager und Parteien (s. Grafik 3.2) stehen immer in einem engen Zusammenhang mit Organisationen, die als „Zonen dichter Kommunikation und stärkerer Kopplung der [systeminternen] Elemente“ gesehen werden können (Nassehi 2002, 455).

103

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Grafik 3.2: Aufsichtsräte in der ÖBB-Personenverkehr AG (2008) - Beispiel einer asymmetrischen Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Gustav Poschalko

Maria Ku bitschek SP Kurt Eder

Horst Pöchhacker

VP ÖBB -Personenverkehr AG Erich Söllinger

Franz Rauch

Einerseits vollziehen Organisationen die Autopoiesis der Funktionsysteme, andererseits können sie, ökonomische, rechtliche, wissenschaftliche oder politische Ereignisse und Ereignisketten aufeinander beziehen, „ohne dass es damit zu einer Verschmelzung der Funktionssysteme kommt“ (a. O., 455). Die österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und die Verbund AG – beide im Besitz des Staates - können als derartige Zonen dichter Kommunikation angenommen werden. In diesen Unternehmen überprüfen Aufsichtsräte nicht nur den Jahresabschluss auf seine Richtigkeit. Sie haben auch eine Stimme, wenn es etwa um die Gründung oder Aufgabe von Tochtergesellschaften und um die Errichtung oder Schließung von Geschäftszweigen geht. In diesen und anderen Fragen werden Aufsichsräte mit Parteien Rücksprache halten. Parteien haben somit in der ÖBB Entscheidungsmacht, das wird u. a. deutlich, wenn der Spö-nahe Vorstand, Christian Kern, seine Unternehmenspolitik folgendermaßen verteidigt: „Genau die Bahnprojekte, die die ÖVP fordert und mit beschließt, führen zur Verschuldung der ÖBB" (Die Presse, 07.02.2011). Ein Aufsichtsrat wird seine Entscheidungen mit ökonomischen Argumenten stützen. Er wird jedoch in seinem Handeln jedoch auch die Positionen der Partei berücksichtigen müssen, die ihm den Managerposten vermittelt hat. Damit ähneln die Elitepositionen der Aufsichtsräte strukturell dem, „was Organisationen für die funktional differenzierte Gesellschaft leisten, nämlich die unterschiedlichen Logiken, ohne sie ineinander aufgehen zu lassen, an einem Ort und gleichzeitig aufeinander zu beziehen“ (Nassehi 2006, 263-264). Es kommt nicht zu einer Entdifferenzierung. Eliten versuchen lediglich Logiken aus unterschiedlichen Funktionskontexten in Einklang miteinander zu bringen. Man kann in diesem Zusammenhang auch von Übersetzungsarbeit (Nassehi 2004b, 33) sprechen. Aufsichtsräte übersetzen, soweit das möglich ist, politische Perspektiven in ökonomische. In gewisser Weise sind sie damit Knotenpunkte der Kommunikation zwischen autonomen Funktionssystemen. Die Übersetzungsarbeit geht mit zahlreichen Konflikten, Abgrenzungsproblemen und cross- pressures einher, da Aufsichtsräte der ÖBB und der Verbund AG mit den Grenzen der

104

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Funktionskontexte spielen können, d. h. sie können in ihren „Übersetzungen“ eher der einen als der anderen Seite Recht geben. Oftmals wird die Langsamkeit des Politischen mit der Schnelligkeit des Ökonomischen nicht vereinbar sein. Auch das birgt Konfliktpotential. Cross pressures entstehen unter anderem dadurch, dass in der Regel Interessensdivergenzen zwischen ÖVP-nahen und SPÖ-nahen Kapitalvertretern bestehen. 2011 hat die ÖVP ihre Aufsichtsräte aus diesem Grund ihre Manager aus dem Aufsichtsrat zurück gezogen. Aus einer durch Bourdieu inspirierten Differenzierungsperspektive könnte man argumentieren, dass in staatsnahen Wirtschaftsbereichen die Grenzen sozialer Felder verschwimmen. Nach Bourdieu befinden sich die Grenzen des Feldes „dort, wo die Feldeffekte aufhören“ (Bourdieu/Wacquant 1996, 131). Im Falle all jener Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, gibt es aufgrund der Eigentümerstrukturen Feldüberlappungen . Personalbesetzungen in der Wirtschaft sind feldexternen Einflüssen ausgesetzt. Aufsichtsratspositionen, die sowohl an das Feld der Politik als auch an jenes der Wirtschaft anschließen, sind das Objekt fortlaufender Machtkämpfe. 2010 versuchte die ÖVP, Ex- Verkehrssprecher Helmut Kukacka in den Aufsichtsrat zu hieven. Das Bemühen scheiterte. Auf einen politiknahen Manager folgte der Schweizer Bahnmanager Paul Blumenthal. In anderen Fällen ging die Politik als Sieger hervor. Diese Personalentscheidungen werden in der Regel von Definitionskämpfen begleitet. Die Frage, welche Qualifikationen ein Aufsichtsrat besitzen muss, wird von Vertretern der Wirtschaft und der Politik oftmals unterschiedlich beantwortet. In der Folge kommt es üblicherweise zu Aushandlungsprozessen. Symmetrische Verflechtungen zwischen Managern und Parteien zeichnen sich dadurch aus, dass Manager primär nicht Unternehmen angehören, die zwischen verschiedenen Systemen oder sozialen Feldern angesiedelt sind (s. Grafik 3.3). Sie sind jedoch in das politische und das ökonomische System inkludiert und damit Adressaten von Mitteilungen (vgl. Stichweh 1997), die sich an der Rationalität des jeweiligen Systems orientieren. Zumeist nehmen sie im Wirtschaftssystem stärker eine Leistungsrolle ein, während sie in der Politik eher eine Publikumsrolle besitzen. Dass eine derartige theoretische Rahmung relativ stark von der Wirklichkeit abstrahiert, demonstriert das Beispiel des Industriellen Veit Sorger (s. Grafik 3.3).

105

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Grafik 3.3: Teile des sozialen Netzwerkes Veit Sorgers (2008) - Beispiel einer symmetrischen Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Constantia Industries AG

Europapier AG

Lenzing AG

Mondi AG Veit Sorger

Oberbank AG

Semperit AG Holding

Industriellenvereinigung VP

Seine Rolle lässt sich mit einem einfachen systemtheoretischen Analysraster nur schwer fassen. In seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat muss er auf keine politische Interessen Rücksicht nehmen. Darüberhinaus gehört er jedoch der Interessenvertretung der österreichischen Industrie an, die im engen Kontakt zur Politik steht. Im Gegensatz zu Managern, denen in der Politik eine reine Publikumsrolle zukommt, vermittelt Sorger ab und an zwischen Politik und Wirtschaft. In gewisser Weise wird er also auch der weiter oben beschriebenen Übersetzungselite zuzurechnen sein. Dass Teil inklusionen unterschiedliche Bedeutungen besitzen, wird klar, wenn man Veit Sorger mit Walter Rothensteiner oder anderen Managern kontrastiert, die seltener zu Adressaten politischer Botschaften werden. Aus der Perspektive der Bourdieu´schen Feldtheorie legt die Netzwerkstruktur nahe, dass Veit Sorger Kontakte zur Politik pflegt um gegenüber seinen Konkurrenten zu bestehen. Kontakte zur ÖVP können als Ausdruck seines akkumulierten sozialen Kapitals interpretiert werden . Durch Beziehungsarbeit hat ein Manager sein allgemeines Netzwerk in die Politik ausgeweitet. Die Beziehungen wurden geknüpft, weil sich der Manager von ihnen ökonomischen oder symbolischen Profit versprach. Das unterscheidet Veit Sorger von Führungskräften der Wirtschaft (wie etwa Gerhard Drexel, Vors. Spar Österreich), die dem Typ „Manager mit deklarierter politischer Haltung“ zugeordnet wurden. Dieser Typ von Manager vermag es üblicherweise nicht, seine Position innerhalb der Wirtschaft durch politische Kontakte zu verbessern. Auf einen dritten Verflechtungstyp sei hingewiesen, der in der empirischen Untersuchung nicht berücksichtigt wurde. 27

27 Das ist darauf zurück zu führen, dass die in Grafik 3.4 angeführten Raiffeisen-Manager nicht zur Gruppe der Spitzenverbindungsmänner zählen. 106

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Diese Art von Netzwerk zeichnet sich durch eine besonders hohe Dichte aus. (s. Grafik 3.4).

Grafik 3.4: Die politische Vernetzung der Raiffeisen-Bankengruppe

Ö: Bauernbund Fritz Grillitsch (VP)

Anna Höllerer (VP) Raiff eisen -Holding NÖ -Wien

Karl Donaubauer (VP) Raiffeisen -Holding NÖ -Wien

Raiffeisen -Bankengruppe Ö. Raiffeisenverband Ferdinand Maier (VP) Parlament

Raiffeisenlandesbank OÖ AG Jakob Auer (VP)

Ö. Sparkassenverband Peter M. Ikrath (VP)

Die vielen Querverbindungen legen die Annahme nahe, dass das Netzwerk kein Zufallsprodukt ist. Es ist daher nicht durch die individuelle Strategien von Positionsinhabern (Bourdieu) zu erklären, die durch möglichst viele Kontakte ihre jeweilige feldinterne Position verbessern wollen. Auch nehmen Manager, die diesem Netzwerk angehören, in Wirtschaft und Politik gleichermaßen Leistungsrollen (Stichweh) ein. Darüberhinaus geht es hier nicht um strukturelle Kopplungsstellen (Nassehi), in denen sich Funktionskontexte notwendigerweise treffen - man könnte sich auch eine Raiffeisen-Bankengruppe ohne Kontakte zur Politik vorstellen. Folglich stellt das politische Netzwerk der Raiffeisen-Gruppe eine Verflechtung sui generis dar. Die Grafik könnte man so interpretieren, dass eine Organisation ihre Entscheider in die Politik entsandt hat, um dauerhafte Brücken zur Politik bilden. Gegen eine derartige Interpretation wehren sich Raiffeisen-Manager. Sie betonen, dass Raiffeisen nicht als eine Organisation angesehen werden sollte. Der Politiker und Manager Maier kontert in einem Streitgespräch den Vorwurf des FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache, die Raiffeisen-Verflechtungen seien demokratiegefährdend, folgendermaßen:

Ferdinand Maier: Es gibt bei Raiffeisen unterschiedliche Sektoren, die auch unterschiedlich geführt werden. Wenn Sie recherchiert hätten, würden Sie wissen, in Österreich gibt es 1.600 selbständige Genossenschaften. Diese 1.600 selbständigen Genossenschaften sind 566 eigenständige Raiffeisenbanken, 97 Lagerhäuser, 137 Molkereien und zirka 800 andere Genossenschaften. Alle selbständig, unabhängig und sich selbst verantwortlich. Und da gehen Sie jetzt her und reden von einer Organisation. Die Raiffeisenlandesbank ist nur ein Teil davon. Sicher ein erfolgreicher Teil. (Format, 29.4.2009)

Ein weiteres, vielfach angeführtes Argument ist, dass Raiffeisen-Banker aus rein zivilgesellschaftlichem Engagement politische Mandate angenommen hätten und in der Politik in erster Linie nicht die Interessen von Banken vertreten.

107

Personelle Verflechtungen zwischen Managern und Parteien

Unbestreitbar ist, dass Raiffeisen zumindest potentiell auf die Politik Einfluss nehmen kann. 2011 verlautbarte die Bankgruppe, dass sie es von der Ökostromgesetzgebung abhängig mache, ob die Holding 50 Millionen Euro in Ökostromprojekte investieren werde. Der derzeitige Gesetzesvorschlag sei nicht zufriedenstellend (Der Standard, 27.04.2011). Es ist naheliegend, dass Wünsche an den Gesetzesgeber „im Haus“ an NR-Mandatare weitergegeben werden, die diese Anliegen wiederrum an die mit den Gesetzesentwürfen beauftragten Politiker weiterleiten werden. Letztendlich können Sozialwissenschaftler nicht feststellen, welche Inhalte in dem politischen Netzwerk der Raiffeisen-Bankengruppe kommuniziert werden. Nicht abzustreiten ist, dass üblicherweise vollständig ausdifferenzierte Funktionsbereiche derart ineinander übergehen, dass operative Autonomien sozialer Systeme/Felder potentiell gefährdet sind. Unterzieht man Manager-Parteien-Verflechtungen einer differenzierungstheoretischen Analyse, so zeigt sich insgesamt, dass interlocks nicht mit einer Entgrenzung sozialer Systeme oder Felder einhergehen. Auch im Falle des politischen Netzwerkes der Raiffeisen-Bankengruppe lassen sich wenige Indizen ausmachen, die für eine permanente „Störung“ der Eigenlogiken teilsystemischer Funktionsbereiche sprechen. In manchen Fällen sind parteinahe Manager Kommunikatoren zwischen Systemen/Feldern. Sie nehmen z. T. die Funktion von Übersetzern an, d.h. sie transformieren politische in ökonomische Argumente und vice versa. Oftmals wird eine einfache Übersetzung nicht ohne weiteres möglich und daher mit Konflikten verbunden sein. In anderen Fällen sind interlocks den Beziehungsnetzwerken sozialer Akteure zuzuordnen, die danach streben, möglichst viel soziales Kapital zu akkumulieren. Keine der ausgemachten Verflechtungen gefährdet die Diversität der Funktionssysteme – das ist eine wesentliche Erkenntnis, die sich aus einer theoretischen Betrachtungsweise ergibt.

108

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4 Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.1 Vergessene Eliten – Über die fehlende Elitenforschung in Österreich

Die Konjunkturen der Elitenforschung in Deutschland können gut nachgezeichnet werden (vgl. Imbusch 2003, 12-14; Krais 2001, 7-9): Der durch die Nationalsozialisten ideologisch vereinnahmte Elite-Begriff wurde in den 60er Jahren u. a. von Jaeggi (1960) Dreitzel (1962), Schluchter (1963) für sozialwissenschaftliche Zwecke wieder fruchtbar gemacht. Empirische Analysen über Veränderungen und Kontinuitäten in der Elitenstruktur seit Ende der Weimarer Republik folgten (u. a. Zapf 1965, Scheuch 1966). Als die „herrschenden Verhältnisse“ immer stärker zum Angriffsziel der Studentenbewegung wurde, rutschte das akademische Interesse an den „Spitzen der Gesellschaft“ in eine Talsohle. Der Aufschwung setzte allmählich mit dem nunmehr dominierenden und in den Mannheimer Elitestudien (u. a. Kaltefleiter/Wildenmann 1972) umgesetzten Paradigma von pluralistischen Funktionseliten ein. Die große Zahl neuerer Publikationen auf dem deutschen Buchmarkt (u. a. Hradil/Imbusch 2003, Münkler/Straßenberger/Bohlender 2006, Buß 2007, Hartmann 2007, Freye 2009) lässt neuerdings auf einen Boom schließen. Eine derartige Aufzählung ist für Österreich nicht möglich. Seit Beginn der Institutionalisierung der Soziologie findet keine Auseinandersetzung mit Eliten statt. Allenfalls kultursoziologische Beiträge zur Oberschicht (Girtler 2002) oder weitgehend empirieferne Annäherungen an das Thema (Nöstlinger/Schmitzer 2007) lassen sich ausmachen. Lediglich die Politikwissenschaft scheint einige wenige systematische Anstrengungen unternommen zu haben, die oberen Ränge der Gesellschaft zu untersuchen (Baumgartner 1987, Stimmer 1997, Liegl/Müller 1999). Dass Repräsentanten der Soziologie auf den österreichischen Hochschulen das Elitenthema ausblenden, zeigt am Deutlichsten die Tatsache an, dass österreichische Journalisten überwiegend den deutschen Soziologen Michael Hartmann interviewen, wenn sie mehr über die heimischen Eliten erfahren wollen (u. a. Die Furche, 21.09.2006, Der Standard, 21.07.2007, Format, 15.02. 2008). Da zu keiner Zeit Etablierungsversuche zu verzeichnen waren, greift das gängige Hauptargument zur Erklärung des Desinteresses der Sozialwissenschaft an den Eliten zu kurz (vgl. Savage/Williams 2008): Groß angelegte Umfrageprojekte, die auf Aggregate fokussieren und dem Gros empirisch-orientierter Arbeiten zugrunde gelegt werden, hätten zur Etablierung

109

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster von Klassen- und Schichtmodellen geführt und Führungsgruppen auf dem Radar der Soziologen verschwinden lassen. Zwar führten Haller und Mitarbeiter (1982) umfangreiche Sozialstrukturanalysen für Österreich durch, ein unmittelbarer Verdrängungseffekt auf andere Forschungsstränge kann jedoch a posteriori nicht konstatiert werden. Dass Österreichs im Europavergleich erstens über eine relativ kleine Zahl an Sozialwissenschaftlern und Lehrstühlen (vgl. Fleck 2010) verfügt trägt genauso wenig zum Verständnis für das gänzliche Ausbleiben einer Elitenforschung bei wie die Tatsache, dass die Alpenrepublik keine Elitebildungseinrichtungen aufweist. Schließlich sind in der kleinen Schweiz die Eliten kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte (Jann 2003, Rothböck/Sacchi/Buchmann 1999, David et al. 2009) und auch Länder ohne traditionelle Elitenausbildungsstätten wie etwa die Niederlande, haben ihren Eliten mehr Aufmerksamkeit gewidmet (Dronkers/Hillege 1998, Dronkers 2003, Seeker 1995). Den Befund der vergessenen Eliten in Österreich stützt auch ein bibliometrischer Vergleich auf der Basis des Social Science Citation Index (SSCI). Um nationale Forschungsleistungen in der Elitensoziologie miteinander vergleichbar zumachen, wurden alle einschlägigen wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel, Impaktfaktoren der entsprechenden Zeitschriften, sowie die Häufigkeit, mit der die Artikel innerhalb der Zeitschriften des SSCI zitiert werden, herangezogen. Folgt man Litzenberger und Sternberg (2005, 174) so sind diese Outputgrößen der Forschungsleistung in mehrerlei Hinsicht bedeutsam: Sie seien bestimmend für die leistungsorientierte Mittelverteilung, wegweisend für den wissenschaftlichen Nachwuchs bei der Suche nach adäquaten Arbeitsorten und eine starke Argumentationsstütze bei der Weiterführung oder Erweiterung von vorhandenen Instituten. Während die so umschriebene Wirkungsmacht bibliometrischer Evaluationen relativ unumstritten ist, können jedoch gegen SSCI basierende Indikatoren zahlreiche Einwände vorgebracht werden. Das schlagende Argument gegen die Aussagekraft SSCI-gestützter Recherchen ist, dass „nur ein geringer Teil des Forschungsoutputs der Sozialwissenschaften im SSCI indiziert wird, und dass die Gründe dafür wenig mit der Qualität von Forschungsleistungen zu tun haben“ (Gläser 2006, 43-44). Weniger gewichtig sind Hinweise auf technische Probleme (Variationen in der Schreibweise von Adressen, Eigenzitationen, etc.). Das Forschungsgebiet Elitesoziologie zeichnet sich durch einen nationalen Zuschnitt aus und neben den im SSCI indizierten Zeitschriften gibt es zahlreiche andere nicht zu vernachlässigende Kommunikationskanäle. Einige wenige Beispiele seien angeführt: Die die Elitensoziologie in den Niederlanden popularisierende Analyse vernetzter Aufsichtsräte ( interlocked directorates ) „Graven naar Macht“ (Helmers et al. 1975) ist als Monografie aus der Analyse ausgeschlossen. Auch Hartmanns (1996) bahnbrechende Buch „Topmanager: die Rekrutierung einer Elite“ scheint nicht auf. Unberücksichtigt bleiben auch Veröffentlichungen, die in anerkannten, jedoch 110

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster im SSCI nicht-indizierten (deutschsprachigen) Zeitschriften erschienen sind, wie z. B. der in der Schweizerischen Zeitschrift für Soziologie publizierte Artikel „Die Rekrutierung der politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Eliten in der Schweiz“ (Rothböck/Sacchi/Buchmann 1999). Trotz all dieser Unzulänglichkeiten ergeben sich eindeutige nationale Trends, denen eine gewisse Repräsentativität nicht abzustreiten ist. Alle Artikel (Suchfeld: Document Types ), die in die folgende Analyse eingegangen sind, sind handverlesen ausgewählt worden, d. h. nachdem im SSCI, 1956-present für ausgewählte Länder (Suchfeld: Countries/Territories ) nach dem Wort „Elite*“ im Titel (Suchfeld: Title ) oder in Abstract und Keywords (Suchfeld: Topic ) gesuchte wurde, selektierte ich Artikel händisch nach Lektüre des Abstracts.

Suchbefehle:

Title=(elite*) Refined by: Subject Areas=( SOCIOLOGY ) AND Document Type=( ARTICLE ) AND Countries/Territories=( WEST GERMANY OR GERMANY OR FED REP GER OR SWITZERLAND OR NETHERLANDS OR AUSTRIA )

Topic=(elite*) Refined by: Subject Areas=( SOCIOLOGY ) AND Document Type=( ARTICLE ) AND Countries/Territories=( WEST GERMANY OR GERMANY OR FED REP GER OR SWITZERLAND OR NETHERLANDS OR AUSTRIA )

Diese Selektion war notwendig, da eine Suche nach „Elite*“ ausschließlich im Titel den Themenkreis zu eng fasst, während die Suche nach dem Topic „Elite*“ zu ausufernd ist. Die Suchoption Topic beinhaltet eine automatisch Recherche in den Keywords, im Titel und im Abstract, wobei der logische Operator „und“ einer einschließenden Logik folgt („Entweder A oder B oder C“). Vielmals wird jedoch im Abstract das Wort Elite lediglich en passant verwendet, im Artikel selbst werden Elitenthematiken nicht näher behandelt. All diese Publikationen wurden aus der Stichprobe ausgeschlossen. Das endgültige Sample beinhaltet schließlich 88 Artikel, die entweder der Soziologie oder den Nachbardisziplinen Geschichte und Politikwissenschaft zuzuordnen sind. Im Folgenden werden drei Maßzahlen verwendet: „Publikationspunkte“ und „Impaktpunkte“ zur Messung der Forschungsleistung und „Zitationspunkte“ zur Messung der Rezeption des Artikels (vgl. Litzenberger/Sternberg 2005, 178-182).

Publikationspunkte : Es ist etablierter Standard bibliometrischer Analysen Publikationen zu gewichten (vgl. Hornbostel 1997). Ist der Artikel kürzer als zehn Seiten, werden ihm 0,7 Publikationspunkte zugeordnet; bei zehn oder mehr Seiten erhält er den vollen Publikationspunkt von 1,0. Im Falle einer Ko-Autorenschaft mit jeweils unterschiedlicher Nationalität teilen sich die Publikationspunkte von 1,0 bzw. 0,7 zu gleichen Anteilen auf die Autoren auf. In die Analyse geht nur der Anteil des Autors mit schweizerischen, etc., Nationalität ein.

111

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Impaktpunkte: Die Impaktfaktoren für diverse Zeitungen werden vom Institute for Scientific Information (ISI) , heute Thomson Scientific , in der Datenbank Journal Citation Reports (JCR) Social Science zur Verfügung gestellt. Der Impaktfaktor ist ein Quotient. Für jede Zeitschrift wird die Zahl der Zitate auf Artikel der vergangenen zwei Jahre in Relation zur Gesamtanzahl der Artikel einer Zeitschrift in den vergangenen zwei Jahren gesetzt. Ein Beispiel: Eine Zeitschrift hat in den Jahren 2008/09 insgesamt 120 Artikel publiziert (A). Im Jahre 2010 wurden Artikel aus dieser Zeitschrift insgesamt 230-mal in ISI erfassten Zeitschriften zitiert (B). Daraus ergibt sich ein Impakt-Faktor 2010 von 1,92 (B/A). In der folgenden Analyse wurde auf den JCR Social Science 2009 zurück gegriffen. Impaktpunkte ergeben sich aus einer Multipliktion der Publikationspunkte mit dem jeweiligen Impaktfaktor der Fachzeitschrift.

Zitationspunkte: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein in einer renommiertem Zeitschrift (mit hohem Impaktfaktor) erschienener Artikel eher einen geringen wissenschaftlichen Wert hat und umgekehrt. Darum wird die Bedeutung eines wissenschaftlichen Artikels hier auch direkt über die Anzahl der Zitate gemessen. Im SSCI findet man für jeden Artikel die Angabe „ Times Cited “, auf die im Folgenden zurück gegriffen wird. Ein Land erhält für jedes Zitat durch andere im SSCI ausgewerteten Artikel einen Zitationspunkt. Es ist naheliegend, dass Referenzen auf „ältere“ Artikel häufiger anzutreffen sind als auf Artikel jüngeren Datums, d.h. die Zitate nehmen im Zeitverlauf zu. Daher wurden Zitationspunkte am Alter einer Publikation relativiert. Ein weiteres Mal wird berücksichtigt, dass im Falle international zusammengesetzter Autorenteams nur nationale Anteile berücksichtigt werden dürfen.

Grafik 4.1: Einschlägige, im SSCI indizierte Fachartikel zum Thema „Eliten“ nach Disziplinen und Länderzugehörigkeit (N=88), 1966-2000

30

25

20 Publikationsp. 15 Impaktp. Zitationsp. 10

5

0 Soziologie Soziologie Soziologie Soziologie Politikwiss Geschichte Politikwiss Geschichte Politikwiss Geschichte Politikwiss Geschichte Deutschland Niederlande Schweiz Österreich

Grafik 4.1 verdeutlicht, dass eine Soziologie der Eliten in Österreich inexistent ist. Lediglich einige Politologen haben sich zeitweise mit dem sozialen Profil von Bürgermeistern und mit anderen lokalen Eliten auseinandergesetzt. In der Zeitschrift „Zeitgeschichte“ sind zwei Artikel erschienen, die wohl auch unter Historikern gänzlich in Vergessenheit geraten sind. In der Schweiz wird das Elitenthema ebenfalls am stärksten von Politologen aufgegriffen. Zumeist wird

112

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster danach gefragt, wie viel Einfluss dem Volk im direktdemokratischen System der Schweiz relativ zu einflussreichen politischen Akteuren (Eliten) zukommt. In den Niederlanden gibt es im Gegensatz zur Schweiz und Österreich eine über mehrere Wissenschaftsgenerationen gewachsene Tradition der Elitensoziologie – das kann man zumindest dem SSCI entnehmen. Frans N. Stokman, Meindert Fennema und in jüngerer Zeit auch Eelke Heemskerk untersuch(t)en netzwerkanalytisch Zusammensetzung und Wandel der niederländischen business community . Jaap Dronkers hat u. a. die Bedeutung von Seilschaften, vor allem studentischen Korporationen, für den Aufstieg an die Spitzen der Gesellschaft erforscht. Deutschland ist das einzige Land, in dem Elitethemen in verschiedenen Projektverbunden behandelt wurden. Anhand von Biographien von insgesamt 320 Politikern und 1060 Beamten war es einem Forschungsteam rund um Hans-Ulrich Derlien (Universität Bamberg) möglich, Veränderungen in den Karrieren, Tätigkeitsprofilen und im Rollenverständnis von Spitzenbeamten des Bundes zu dokumentieren. Im Mittelpunkt derartiger großangelegter Studien steht zumeist die Frage nach Kontinuitäten und Brüchen in den Jahrzehnten nach der deutschen Wiedervereinigung. Eliten im Systemumbruch sind auch das Thema mehrerer Beiträge des deutschen Soziologen Heinrich Best. Dieser Forschungstyp weist teilweise eine starke historische Orientierung auf, wie etwa in den Beiträgen von Salheiser zu den Rekrutierungsmustern und Karriereverläufen von DDR-Industriekadern. Auch Einzelanstrengungen haben stark in die deutsche Elitensoziologie Eingang gefunden, wie jene von Paul Windolf oder von Michael Hartmann, die Erkenntnisse zu Tage förderten, die heute noch von einem internationalen Leserpublikum rezipiert werden. Wegweisend waren auch jene von Franz Urban Pappi in den 80er Jahren verfassten Artikel zu Politiknetzwerken und empirischer Policy-Forschung, die im Literaturverzeichnis nahezu aller aktuellen Lehrbücher der Elitensoziologie aufscheinen. Der Hauptbefund – die österreichische Wissenschaft vergisst bis heute auf die Eliten – verblüfft umso mehr als das gesellschaftliche Interesse beträchtlich ist. Das beweist u. a. die starke mediale Resonanz der regelmäßig im Industriemagazin erscheinenden Managerratings sowie der netzwerkanalytisch konstruierte Landkarte österreichischer Machtzentren durch die Forschungsfirma fas.research .28 Die Gründung von fas.research kann als eine Reaktion auf das Ausbleiben sozialstruktureller Netzwerkforschung – der wichtigsten Methode zur Erforschung von Eliten – auf Österreichs Universitäten gesehen werden (vgl. Die Presse, 14.04.2001).

28 Im ORF widmete das populäre Nachrichtenmagazin „Report“ dem Thema einen längeren Sendungsbeitrag. Der „Trend“ berichtete auf insgesamt vierzehn Seiten über das „Netzwerk Österreich“. Des Weiteren beteiligte sich der Vorstand von fas.research, Harald Katzmaier, an zahlreichen öffentlichen Diskussionen zu den Themen Elite und Macht in Österreich. 113

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Dass stiefmütterliche Dasein der Elitensoziologie in Österreich wird letztlich mehrere Gründe haben: Die erzwungene und bis heute nachwirkende Emigration von Sozialwissenschaftler ab 1938 („brain drain“), der spezifische Verlauf wissenschaftlicher Diskurse (Dominanz der Klassen- und Milieumodelle), strukturelle Faktoren (fehlende Professuren) und nicht zuletzt nicht weiter erforschbare historische Kontingenzen. Die gänzliche Unerschlossenheit des Themas erfordert es, sich einigen Hauptfragen der Elitesoziologie (vgl. Wasner 2004, 23-27) erstmals explorativ zuzuwenden: Sind Eliten das spiegelbildliche soziostrukturelle Abbild der Gesellschaft oder rekrutieren sie sich aus besonders privilegierten Schichten? (soziale Herkunft) Welche sozialen Aufstiegskanäle dominieren (Karriereverlauf)? Begünstigen gewisse Persönlichkeitseigenschaften eine Aufnahme in die obersten Ränge der Gesellschaft? (Habitus). Da der Fokus auf die Wirtschaftselite gerichtet ist, wird auch die kürzlich intensiv debattierte Globalisierungsthese, wonach der Internationalisierung der Unternehmen jene des Managements folgt (Kanter 1996), einer kritischen Überprüfung unterzogen.

114

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2 Zu einigen Hauptfragen der Elitensoziologie: Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.1 Die Neo-Machiavellisten Ein Verständnis darüber, warum die eine oder andere Fragestellung innerhalb der Elitensoziologie dominiert, setzt Klarheit über den Elitebegriff und Wissen über den Fortgang zumindest der soziologieinternen Eliten-Diskussion 29 voraus. Der Bedeutungsgehalt der heutigen soziologischen Kategorie „Elite“ nimmt erste Formen in den sogenannten „machiavellistischen“ Elitetheorien von Mosca (1950), Pareto (1955) und Michels (1970) an. Erstmals wird der Begriff eindeutig auf gesellschaftliche Machträger bezogen. Ursprünglich hatte das Wort ganz andere Konnotationen:

Der Elitebegriff geht auf das griechische Wort eklégomai und das entsprechende lateinische eligere (auslesen, auswählen) zurück und lässt sich schon im vierzehnten Jahrhundert in Frankreich nachweisen. In der Sprache der Kaufleute wurde er als Auszeichnung für besondere Produkte gebraucht. So erwähnt Denis Diderot im fünften Band seiner Encyclopédie im Jahre 1755 élite als Gütesiegel für auserlesene Spitzenprodukte wie Elite-Gänseleber und Elite-Garn, fügt aber im letzten Absatz seines Lexikoneintrags hinzu: „Man spricht auch von hommes d´élite“ (Schmoll 2008, 16).

Den Elitetheorien des 19. und 20. Jahrhunderts von Mosca, Pareto und Michels ist nun, bei allen Unterschieden in der Ideologie (vgl. Bottomore 1969, Hartmann 2004a, Meisel 1962), eine machttheoretische Konzeptualisierung von Eliten gemeinsam, der wir erstmals – wenn auch nicht im wissenschaftlichen Gewand – in Machiavellis „Il principe“ (Machiavelli 1990) begegnen. Prägend für Machiavellis Denken waren die politischen Wirren, handels- und machtpolitischen Kämpfe seiner Zeit. Italien stellte zu seiner Lebzeit kein geschlossenes Territorium dar, sondern zerfiel in unzählige, einander nicht immer wohlwollend gegenüber stehende Stadtstaaten, wie etwa Genua, Florenz, Pisa oder Venedig. In dieser losen Ansammlung von Klein- und Stadtstaaten sah Macchiavelli einen komparativen Nachteil:

29 Als Geburtsstunde der Wissenschaftsdisziplin Soziologie gilt zumeist das Jahr 1838, in dem Auguste Comte den „Hausnamen“ (vgl. Kaesler 2003, 11) sociologie ins Leben rief und die von Quételet in einem empirisch- statistischen Sinne geprägte Bezeichnung physique sociale fallen ließ. Die Entstehung der Soziologie könnte aber auch mit der Institutionalisierung des Faches, also etwa mit der Gründung der sogenannten Chicago School im Jahre 1892 gleichgesetzt werden. Man wird sich letztendlich nicht auf ein exaktes „Geburtsdatum“ einigen können. Relativ unbestritten ist, dass das Werk der Neomachiavellisten Mosca, Pareto und Michels „in jener großen Tradition des soziologischen Denkens steht, die in der Soziologiegeschichtsschreibung als ´klassische` bezeichnet wird und in weiterer Folge zur Herausbildung einer spezialisierten post-historischen und post-positivistischen Gesellschaftsanalyse führte“ (Bach 2004, 10). 115

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Italien in viele Staaten zerfiel, kurz nachdem vor nicht allzu langer Zeit die Herrschaft des deutschen Kaisers in Italien zu schwanken begann und der Papst zu größerer weltlicher Macht kam. Viele reiche Städte ergriffen die Waffen gegen ihren Adel, der, zunächst vom Kaiser unterstützt, sie unterdrückt hatte. Und die Kirche begünstigte sie dabei, um ihrer weltlichen Macht Ansehen zu verschaffen. In vielen anderen Städten warfen sich Bürger zu Alleinherrschern auf. So war Italien fast ganz in die Hand der Kirche und einiger Freistaaten geraten. Da die Priester und die zu Machthabern gewordenen Bürger vom Kriegshandwerk gewöhnlich nichts verstanden, begannen sie Fremde anzuwerben [. . .] Das Resultat ihrer ganzen Tüchtigkeit bestand darin, dass Italien von Karl überrannt, von Ludwig ausgeplündert, von Ferdinand bezwungen und von den Schweizern in ihrer Ehre herabgesetzt wurde (Macchiavelli 1990, 55-56, Hervorh. PhK).

Um dem Chaos ein Ende zu setzen, ist nach Macchiavelli eine Staatsverfassung notwendig, die einzig und allein durch Gewalt durchgesetzt werden könne. Dies sei die Aufgabe einer politischen Machtelite, ja am besten die eines einzigen Fürsten: „Wer einem Staat eine neue Verfassung geben oder ihn ohne Rücksicht auf seine alten Einrichtungen völlig umgestalten will, muss alleine sein“ (Macchiavelli 1977, 36). Bei Macchiavelli finden wir genauso wie bei den Neo-Macchiavellisten Mosca, Pareto und Michels nicht nur ähnliche Auffassungen von Machteliten, sondern auch ähnliche Fragestellungen. Einige Gemeinsamkeiten werden im Folgenden aufgegriffen.

4.2.1.1 Die (Natur-)Notwendigkeit einer Elite-Masse-Unterscheidung 30

Für Macchiavelli gilt: Ohne die Herrschaftssicherung durch eine Fürsten ist Rechtssicherheit, eine Konsolidierung des Staatshaushaltes und eine Integration verschiedener gesellschaftlicher Sektoren nicht herstellbar. Auch Mosca macht explizit, dass in einem Repräsentativsystem eine organisierte Minderheit der unorganisierten Mehrheit ihren Willen aufzwingen müsse. Er sah sich als gelernter Jurist, Senator und prinzipieller Befürworter des Parlamentarismus moralisch dazu verpflichtet, die Einbeziehung von Massen in politische Entscheidungsprozesse als akademisches Märchen herauszustellen. In allen Gesellschaftsformationen hätte es bislang stets zwei Klassen gegeben – eine, die herrscht und eine, die beherrscht wird.

Die erste ist immer die weniger zahlreiche, sie versieht alle politischen Funktionen, monopolisiert die Macht und genießt deren Vorteile, während die zweite, zahlreichere Klasse von der ersten befehligt und geleitet wird. Diese Leitung ist mehr oder weniger gesetzlich, mehr oder weniger willkürlich oder gewaltsam (Mosca 1950, 53).

30 Die Neo-Machiavellisten wurden stark von Gustave Le Bons Psychologie der Massen (Le Bon 1951) und José Ortega y Gassets Aufstand der Massen (Ortega y Gasset 1957) beeinflusst. In beiden Werken wird eine willensschwache, orientierungslose und minderwertige Masse – Ortega y Gasset (1957, 74) spricht von „Bojen, die im Winde treiben“ – einer Elite gegenübergestellt, die sich durch charakterliche Superiorität auszeichne. Beide Werke können hier nicht besprochen werden. 116

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Dieses Naturgesetz der Gesellschaft wird abgleitet aus der Überlegung, dass die Organisation eines Gemeinwesens nur durch eine organisierte Minderheit möglich ist. Dieser steht ein bunter, desorganisierter Haufen von Normalbürgern gegenüber. Als „ herrschende Klasse “ bezeichnet Mosca all jene, die politische Entscheidungen treffen und umsetzen. Diese politische Klasse setzt sich wiederum aus einer „ regierenden Schicht “ und einer „ Zwischenschicht “ zusammen. Diese Feindifferenzierung deutet darauf hin, dass die Grenzen zwischen Herrschenden und Beherrschten als grundsätzlich permeabel angesehen wurden. Eine gröbere, undurchlässigere Elite-Masse-Dichotomie finden wir bei Pareto. 31 Während die anti-demokratische Stoßrichtung von Mosca als gemäßigt bezeichnet werden kann, wird man in Pareto einen „Apologeten faschistischer Herrschaft“ (Rebenstorf 2010, 16) sehen müssen. Pareto entwirft folgendes Analyse-Raster:

Wir haben [also] in einer Bevölkerung zwei Schichten: I. Die niedere, elitefremde Schicht; […] 2. die obere, die Elite selbst, die wieder zerfällt in a) die regierende, b) die nichtregierende (Pareto 1955, § 2034).32

Folgt man Pareto, so können Eliten nur durch Reserve-Eliten ersetzt werden. Die Masse bleibt stets von allen gesellschaftlichen Steuerungsfunktionen ausgeschlossen. Auch die elitentheoretische Konzeption von Robert Michels - Mitglied verschiedener Parteien, darunter der SPD, der partito socialista italiana und der partito nazionale fascista – betont die Unausweichlichkeit einer Elitenbildung. Demokratien müssten sich auf Organisationen stützen. Organisationen gingen stets mit Tendenzen zur Oligarchie einher. Diesen Zwangsmechanismus hat Michels in griffige Formeln verpackt:

Die Sozialisten könnten demnach siegen, nicht der Sozialismus, der im Augenblick des Sieges seiner Bekenner untergeht. Man wäre versucht, es eine Tragikkomödie zu nennen: die Massen begnügen sich damit, unter Aufbietung aller Kräfte ihre Herren zu wechseln (Michels 1970, 367).

Michels stand mit Weber in der Vorkriegszeit in engen Kontakt und war unter anderem Ko- Herausgeber des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (vgl. Tuccari 1993). Das

31 Pareto hat sich zeitlebens gegen den Vorwurf gewährt, er habe die Elite-Masse-Unterscheidung unverändert von Mosca übernommen. In einem vertraulichen Schreiben äußert er sich folgendermaßen: „Der da geht und schreit, dass ich ihn plagiiert habe, und ich lasse ihn krächzen, weil ich anderes zu tun habe, als mir Gedanken über diese Dummheit zu machen. Sehr wahr, dass er vor mir gesagt hatte, dass es immer die Minoritäten sind, die herrschen, aber sehr wahr gleicherweise, dass es vor ihm unzählige Autoren seit den fernsten Zeiten gesagt hatten (Giacalone- Monaco 1957, 82. zit. nach Eisermann 1987, 244). 32 In Paretos Werk findet sich auch eine zweite Elitedefinition, die jedoch für die weiteren Theorieentwürfe Paretos ohne Belang ist. In dieser zweiten Klassifikation werden an Personen in den unterschiedlichsten Zweigen menschlicher Tätigkeit gemäß ihren Fähigkeiten Messzahlen vergeben. Jene mit den besten „Noten“ werden unter dem Terminus „Elite“ zusammengefasst (Pareto 1955, 220-222). 117

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Webersche Charismakonzept kann als ein zentrales Bauelement des „ehernen Gesetzes der Oligarchie“ angesehen werden. Nach Michels müsse der charismatische Führer „die Massen an Jesum Christum erinnern und (…) ihre religiösen Gefühle zu erneutem Durchbruch bringen. Charisma. Der Missionar unter den Führern“ (Michels 1970, 69). Die Konstatierung der Unabänderbarkeit der Elitenherrschaft durch Mosca, Pareto und Michels wird zumeist einseitig als eine Absage an egalitäre Demokratievorstellungen interpretiert. Tatsächlich war es jedoch auch „eine Zurückweisung der am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit verbreiteten Idee […], wonach herausragende Einzelne, wie Napoleon oder Bismarck, über den Gang der Geschichte entschieden“ (Münkler 2000,77). Aber nicht nur den „Große-Männer-Theorien“ wurde der Kampf angesagt, auch die Anhänger der Marxschen Lehre vom Klassenkampf sollten eines Besseren belehrt werden. Die Menschheitsgeschichte sollte als Zeuge aufgerufen werden, um aufzuzeigen, dass nicht Klassenkämpfe zwischen ökonomischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, sondern die politischen Machtauseinandersetzung zwischen Eliten und Gegeneliten als der eigentliche Motor geschichtlicher Entwicklung angesehen werden müsste.

4.2.1.2 Elitenzirkulation/Rekrutierung

Bei Mosca (1950), Pareto (1955) und Michels (1970) hat der Elitebegriff starke ideologische, an manchen Stellen auch utopische Elemente. In ihren Werken kristallisieren sich jedoch schon die zentralen Fragestellungen der Elitensoziologie heraus. Thematisiert wird so unter anderem die Elitenauslese. Die sog. Neo-Machiavellisten geben unterschiedliche Antworten auf die Frage, nach welchen Kriterien Mitglieder einer Elite aus der Nichtelite selektiert werden. Mosca schreibt im Wesentlichen über Werteeliten.33 Wie Endruweit (1979, 36) in seiner Abhandlung über den Elitebegriff in den Sozialwissenschaften herausgearbeitet hat, zählt zur Werteelite „eine Person, die Leitwerte der Gesellschaft in besonderem Maße repräsentiert oder [

33 In der aktuellen Elitesoziologie kommt dem Konstrukt „Werteelite“ und den damit einhergehenden theoretischen Annahmen kaum noch Bedeutung zu. In der deutschsprachigen Soziologie hat Stammer (1965) als einer der ersten dafür plädiert, den ideologisch aufgeladenen Begriff abzuschaffen. Er sei nicht mehr zeitadäquat, denn in demokratischen Massengesellschaften seien Führungsschichten „keine soziale Oberklasse, keine Aristokratie mehr“ (Stammer 1965, 177). In seiner letzten Veröffentlichung „Der Mensch im Weltalter des Ausgleichs“ machte Scheler (1967) seine Auffassung explizit, dass Kultur stets von Eliten angeeignet werde, um sodann allmählich in die breite Bevölkerung zu diffundieren. Der Normalbürger sei a priori als bildungsunwillig zu charakterisieren. Aufgabe der Bildungspolitik sei, die Bildungsunterschiede zwischen oberen und unteren Schichten zu nivellieren (vgl. Schneider 1997). In der aktuellen, soziologieinternen Debatte greift man kaum mehr jemand auf das Konzept der Werteelite zurück, denn Werte gelten als umkämpft und Rangordnungen von Werten als gänzlich umstritten. Ein Allgemeingültigkeitsanspruch kann daher nicht mehr erhoben werden (vgl. Bude 2000, 10). 118

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

… die] sonst wie sozial besonders relevante Werte verwirklicht“. In „Die herrschende Klasse“ (Mosca 1950, 76) liest sich das so:

In einer von christlichem Geist erfüllten Gesellschaft wird die politische Klasse im Namen eines Herrschers regieren, der als der Gesalbte des Herrn gilt. In islamischen Gesellschaften wird die politische Macht im Namen des Kalifen, des Statthalters des Propheten oder im Namen eines anderen Herrschers ausgeübt, der ausdrücklich oder unausgesprochen die Investitur des Kalifen besitzt. Die chinesischen Mandarine regierten als Verkünder des Willens des Sohnes des Himmels […]

Im Umkehrschluss besagen diese und ähnliche Textpassagen bei Mosca, dass „nur diejenigen eine Chance haben, Teil der Elite zu werden, die die Werte (die ´politische Formel`) einer Gesellschaft repräsentieren“ (Wasner 2004, 39). Pareto ist hingegen einer der Begründer der soziologischen Kategorie Funktionselite . Funktionseliten werden von Pareto als unerlässliche Akteursgruppen für eine konsensorienierte Integration insbesondere von pluralistischen Gesellschaften angesehen. Die erfolgreiche Erfüllung dieser durch das politische System vermittelten gesellschaftlichen Integrationsfunktion setzt in Paretos Augen allerdings einen beständigen „Kreislauf der Eliten“ voraus, bei dem ein periodischer, im Idealfall gewaltfreier Austausch von regierenden Machtgruppen durch geeignetere oder erfolgreichere Gegeneliten den sozialen Wandel begleitet (Bach 2002, 108).

Nicht nur die Tatsache, dass Gesellschaft stets von einer Minorität angeführt werde, ist für den Pareto unabänderlich. Auch dass Eliten nicht von Dauer sein könnten, sei eine fundamentale Tatsache. Nahezu legendär ist sein Diktum, die Geschichte sei ein Friedhof von Eliten (Pareto 1955, §2053). Zumeist wird sein Zirkulationsmodell der Eliten stark verkürzt als „Aufeinanderfolge von Aristokratien“ dargestellt (Kruse 2008, 98) - alte Eliten verfallen, neue Eliten entstehen. Tatsächlich beschreibt Pareto einen kleinen und einen großen Elitenzyklus. Unter dem ersten versteht er die Kooptation von Mitgliedern der nicht-regierenden Elite in die Kreise der regierenden Elite. Der zweite bezieht sich auf die revolutionsartigen Umwälzungen bei denen kein Stein auf dem anderen mehr bleibt, die Nicht-Elite die Elite meistens mit Gewalt zu Fall bringt. Aber auch während Revolutionen steht das einfache Volk nicht der herrschenden Klasse gegenüber, sondern einer neuen Elite, die zwar durch das Volk legitimiert ist, sich jedoch nach Machtetablierung von diesem distanzieren wird. Michels (1970) sieht kein Entkommen vor dem ehernen Gesetz der Oligarchie – Urabstimmungen in der Partei seien als Legitimation nach außen hin zu bewerten. Nachfolgende Politologen, vor allem US-amerikanischer Provenienz, argumentieren, dass political entrepreneurs und das Prinzip people nominate themselves quer zu Oligarchisierungstendenzen laufen (Ehrenhalt 1981). Der Europäer Michels würde wahrscheinlich erwidern, dass aus technisch- administrativen Ursachen stets das Delegationsprinzip dominieren werde.

119

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Zusammenfassend kann festgehalten, dass die Diskussion von Elitenzirkulation und Rekrutierung bei den Neo-Macchiavellisten auf sehr hohem Abstraktionsniveau erfolgt. Eliten werden zumeist auf einer Aggregatebene diskutiert, über typische Aufstiegskanäle, Rekrutierungsmuster, etc., erfährt man wenig. Auf historische Kontextualität stößt man bei der Lektüre selten, nach Beispielen historischer Kontingenz soziale Prozesse sucht man gänzlich vergeblich.

4.2.1.3 Persönliche Merkmale/Elitenprofile

Schon in den Anfängen der sozialwissenschaftlichen Diskussion über die Spitzen der Gesellschaft sind Elitenprofile eines der Hauptthemen. Zur Herrschaftssicherung müssen nach Machiavelli Gesetze durch Führungspersönlichkeiten ergänzt werden, die die paradigmatischen Eigenschaften des Löwens (Kampfeswille) mit jenen des Fuchses (List) in einer Person kombinieren. Interessant ist, dass „Füchse“ über die „Löwen“ gestellt werden:

Wenn sich also ein Herrscher gut darauf verstehen muss, die Natur des Tieres anzunehmen, soll er sich den Fuchs und den Löwen wählen; denn der Löwe ist wehrlos gegen die Schlingen, der Fuchs ist wehrlos gegen Wölfe. Man muss also Fuchs sein, um die Schlingen zu wittern, und Löwe, um die Wölfe zu schrecken. Wer nur Löwe sein will, versteht seine Sache schlecht . (Macchiavelli 1990, 72, Hervorh. PhK)

Pareto greift diese Metaphern von den Füchsen und Löwen auf. Beide seien Ausdruck unterschiedlicher residualer Assoziationsmuster. Unter Residuen versteht Pareto fundamentale ordnungsstiftende, kognitiv-normative Deutungssysteme, „die aufgrund ihres vorreflexiven normativen Geltungsanspruches kollektive Handlungsstrukturen hervorbringen“ (Bach 2004, 278). Etwas moderner könnte man von Deutungsmustern, latenten Sinnstrukturen oder Habitus sprechen. In seiner Residuenlehre werden unter anderem die Residuen der Kombination, R I, (Innovation; List, Mut, Konsens, Intellektualität) von den Residuen der Persistenz, R II, (Tradition; Gewalt, Vorurteil, Risikovermeidung) unterschieden. Sozialer Wandel vollzieht sich nun bei Pareto zumeist dadurch, dass Elemente der Tradition innerhalb der Elite Übergewicht über Elemente der Innovation gewinnen. Mit anderen Worten, die zur Dekadenz neigende herrschende Elite kann keine wirtschaftliche Prosperität mehr garantieren und wird in der Folge von einer Reserve-Elite ersetzt. Selbst dort, wo Rekrutierung aus der nicht-regierenden Elite stattfindet, wo also die regierende Elite ständig mit Residuen der Klasse II angereichert wird, reicht dies auf Dauer nicht aus, da die neu rekrutierte Elite in einer derartigen Weise kooptiert wird, dass schlussendlich die Residuen der Klasse I überwiegen (vgl. Rebenstorf 2010). Die Elitenzirkulation ist somit unausweichlich.

120

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Es verwundert nicht, dass diese Theorien bei den Faschisten auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Mussolini, der bei Pareto in Lausanne studiert hatte, sah die Kader der faschistischen Partei als die neue Elite Italiens, die die dekadent gewordene alte Elite notfalls mit Gewalt ablösen sollte (Krais 2001, 12).

Auch der Michelsche Diskussion über das Spannungsverhältnis von direkter Demokratie und Elitenherrschaft wohnt ein psychologisches Beschreibungselement inne. Im Abschnitt „Ätiologie des Führertums“ unterscheidet er technisch-administrative von intellektuellen und psychologischen Entstehungsursachen. Neben dem schon erwähnten Führungs- und Verehrungsbedürfnis der Massen geht er auch auf das „Gewohnheitsrecht der Führer“ und deren „akzessorischen Eigenschaften“ ein. Eine Wahl für einen bestimmten Zweck würde sich in eine Anstellung auf Lebenszeit verwandeln. „Die Gewohnheit wird zum Recht. Der Führer, der eine Zeitlang regelmäßig delegiert wird, beansprucht schließlich die Delegation als sein Eigentum“ (Michels 1970, 43). Als eine notwendige Führereigenschaft wird genannt die „Energie des Willens“, die „den schwächeren Willen unter seine Botmäßigkeit zwingt“ (Michels 1970, 68). Alle machiavellistischen Machttheoretiker sind sich einig, dass Eliten über eine ohnmächtige „dumpfe Masse“ regieren. Zahlreiche inhaltliche Überlappungen finden sich auch in den Beschreibungen der Elitenprofile (und auch der „Masse“).

4.2.2 Die Funktionalisten Während die Klassiker der Elitensoziologie der Machbarkeit von Demokratie skeptisch oder ablehnend gegenüber standen, so stellten die deutschen Nachkriegssoziologen Dahrendorf (1965), Dreitzel (1974), Jaeggi (1960), Stammer (1965) und Zapf (1965) die Frage der Vereinbarkeit von Elitenmacht und Demokratie in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Die Leistung dieser Generation von Soziologen besteht darin, „den Elitebegriff der Klassiker differenziert und plausibilisiert zu haben. […] Das zentrale Kriterium von Eliten in einer modernen, demokratischen Industriegesellschaft sei nicht mehr die Monopolisierung der Macht, sondern ein nach fachlicher Leistung ausgewähltes Spezialistentum, also: eine nach Leistungsqualifikation prämierte Funktionselite, die sich entsprechend den gesellschaftlich relevanten Bereichen und Gebieten vervielfältigt habe“ (Münkler/Bohlender/Straßenberger 2006, 14). Im Folgenden sollen zwei ausgewählte Spielarten der funktionalistischen Elitentheorie der Nachkriegszeit präsentiert werden. Der besseren Vergleichbarkeit halber liegt der Diskussion das schon im vorangegangen Abschnitt verwendete Analyseraster zugrunde. Neben Dreitzels „Elitebegriff und Sozialstruktur“ wird mit Kellers „Beyond the Ruling Class“ auch die zeitgleiche US-amerikanische Elitendiskussion berücksichtigt.

121

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.2.1 Leistung und Erfolg = Elite? 34

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der klassischen und modernen Elitediskussion ist, dass letztere auf Begriffseindeutigkeit fußt. „Elite“ wird nicht mehr als eine mögliche begriffliche Alternative zu „Oberschicht“ oder etwa „herrschenden Klasse“ angesehen (vgl. auch Imbusch 2003, 17-32). Dreitzel umreißt den Elitebegriff folgendermaßen:

Eine Elite bilden diejenigen Inhaber der Spitzenpositionen in einer Gruppe, Organisation oder Institution , die auf Grund einer sich wesentlich an dem (persönlichen) Leistungswissen orientierenden Auslese in diese Position gelangt sind, und die kraft ihrer Positions-Rolle die Macht oder den Einfluss haben , über ihre Gruppenbelange hinaus zur Erhaltung oder Veränderung der Sozialstruktur und der sie tragenden Normen unmittelbar beizutragen oder die die auf Grund ihres Prestiges eine Vorbildrolle spielen können, die über ihre Gruppe hinaus das Verhalten anderer normativ mitbestimmt (Dreitzel 1962, 71; Hervorh. PhK ).

Aus einer soziologiegeschichtlichen Perspektive ist interessant, dass Dreitzel bei der Diskussion der zentralen Definitionselemente von Elite, „Position“ und „Rolle“, bei Talcott Parsons Anleihe nimmt, dessen strukturfunktionalistische Theorie in den fünfziger Jahren so dominant war, „dass sie sogar gelegentlich für die einzig mögliche Form der Soziologie gehalten wurde“ (Münch 2004, 25). Ganz ähnlich verhält es sich mit der theoretischen Grundausrichtung von Kellers Elitedefinition. Um die gesellschaftlichen Funktionen der strategischen Eliten systematisch zu erörtern, greift sie auf das bekannte AGIL-Schema von Parsons zurück ( adaption, goal attainment, integration, latent pattern maintenance )35 :

In modern societies of the West, there is no single comprehensive elite but rather a complex system of specialized elites linked to the social order and to each other in a variety of ways. […] This plurality of elites reflects and promotes the pluralism characteristic of modern societies in general. […] we shall use the term strategic elites to refer to those elites which claim or are assigned responsibilities for and influence over their society as a whole […] four types of strategic elites may be identified: (1) the current political elite (elites of goal attainment); (2) the economic, military, diplomatic, and scientific elites (elites of adaption); (3) elites exercising moral authority – priests, philosophers, educators, and first families (elites of integration); and (4) elites that keep the society knit together emotionally and psychologically, consisting of such celebrities as outstanding artists, writers, theatre and film stars, and top figures in sports and recreation (pattern-maintenance elites) (Keller 1963, 26-29).

34 Diese Überschrift ist von Krais (2001, 17) übernommen. 35 Mit dem AGIL-Schema werden den von Parsons postulierten vier Subsystemen des Handelns vier Funktionen zugeordnet: dem Verhaltenssystem die Anpassung an wechselnde Umwelten (A), dem Persönlichkeitssystem die Zielumsetzung (G), dem sozialen System die Integration (I) und dem kulturellen System die Aufrechterhaltung latenter Strukturen (L). Die Analyse von Handlungssystemen könnte mit diesem Analyseraster nach Parsons (1959) auf allen denkbaren Aggregatniveaus erfolgen. Hier kann die Kritik an Parsons Strukturfunktionalismus nicht besprochen werden. Einen Überblick über die Rezeptionsgeschichte gibt u. a. Brock et al. (2009). 122

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Dreitzels und Kellers Auffassung von Elite haben zahlreiche Berührungspunkte, ein versteckter Dissens kann dennoch ausgemacht werden. Zuerst jedoch zu den Gemeinsamkeiten: Einigkeit herrscht darüber, dass der Begriff „Elite“ etwa nicht die Klügsten einer Gesellschaft bezeichnen sollte, sondern ausschließlich zur Beschreibung jener Personen mit gesellschaftlichen Ressourcen dient, die ihnen Macht über breite Bevölkerungsteile geben. Das ist common sense in der aktuellen Elitensoziologie (vgl. auch den Enzyklopädie-Eintrag von Etzioni- Halevy 2002). Keller ist in ihrer Definition insofern stringenter als sie den Begriff „strategische Eliten“ etwa für Manager führender Unternehmen, jedoch nicht für lokale Eliten (z. B. Bürgermeister) vorsieht. Letztere seien für die Gesellschaft als Ganzes unbedeutsam. Auch die Abgrenzung gegenüber ähnlichen Konzepten wie etwa der „herrschenden Klasse“ gelingt Keller überzeugender. „Sie sieht den Unterschied darin, dass die Autorität strategischer Eliten begrenzter und kurzlebiger ist als die einer herrschenden Klasse und gleichzeitig der Zugang zu dieser Elite offener ist“ (Münkler 2006, 39). „Klasse“ im Sinne von Weber 36 und „Elite“ sind nach Keller gewissermaßen Zwillinge. Sie entstünden zeitgleich, müssten jedoch analytisch voneinander unterschieden werden.

Wherever there exists a large and occupationally diversified community, we must expect to find both social classes and some variant of strategic elites, the two being interdependent (Keller 1963, 44).

Eliten entstehen nach Keller parallel, aber nicht unabhängig zur Klassenstruktur in stark funktionsteiligen Gesellschaften. Soziale Kräfte wie das Bevölkerungswachstum, die zunehmende Arbeitsteilung, die vermehrte Meinungsvielfalt in der Öffentlichkeit oder das Organisationswachstum erforderten zunehmend spezialisierte autonome Personengruppen. Ein herrschender Machtblock – wie etwa die Bourgeoisie in der marxistischen Theorie - sei mit der modernen Industriegesellschaft unvereinbar. Eine immer weiter gehende Arbeitsteilung führte dazu, dass eine anfangs hierarchische Pyramide mit einer Elite an der Spitze (etwa die Aristokratie) durch ein „soziales Gebirgspanorama“ (Krais 2001, 21) ersetzt werde. Keine dieser Eliten könne über die andere herrschen. Keller stellt eine Allmacht der Wirtschaftselite eindeutig in Abrede. Eine Monopolstellung sei nicht möglich, da sich die Gesellschaft vollständig ausdifferenziert habe und in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen unterschiedliche, handlungsrelevante Werte vorherrschten: Wissenserkenntnis in der Wissenschaft,

36 Der „Springpunkt“ der Klassenbildung nach Weber ist, wie Ritsert (1998, 78) betont, in „Maß und Art“ der vorliegenden oder mangelnden „Verfügungsgewalt“ (Kontrolle) über bestimmte Mittel zum Zwecke des Lebensunterhalts zu finden. Diese Mittel teilt Weber in zwei Gruppen ein, wofür er die Begriffe „Besitz“ und „Erwerb“ wählt. „Besitz“ kann gleichgesetzt werden mit faktischer Verfügungsgewalt über Güter (dem Lebensunterhalt zweckdienliche Mittel) und Qualifikationen (Fertigkeiten, Kompetenzen). „Erwerb“ bezieht sich auf die Verwertbarkeit der beiden Güter. Nach Weber (1956) werden die Lebenschancen jedes einzelnen durch den Besitz von Gütern und Qualifikationen und die Vermarktung dieser Besitztümer bestimmt. 123

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Machtstreben in der Politik, Gewinnmaximierung in der Wirtschaft, Schönheitssuche in der Kunst, Gerechtigkeitsdenken in der Jurisprudenz. Dreitzel hingegen arbeitet ein weiteres Hauptmerkmal schärfer heraus, nämlich die am Leistungswissen orientierende Auslese. Es sei nicht die Leistung an sich, sondern die öffentliche Anerkennung der Leistung , also der Erfolg , der ausschlaggebend sei. Im Falle von Eliten muss daher Leistungswissen vorliegen, dem in der Gesellschaft insgesamt oder zumindest in einzelnen bedeutsamen Gesellschaftssektoren Relevanz zugeschrieben wird. Besonders scharfsinnig ist Dreitzels Charakterisierung der Fabel von Young „ The Rise of the Meritocracy “ (Young 1996) als eine gänzlich illusionäre Gesellschaftsbeschreibung:

Die von Michael Young in der amüsanten Fabel „The Rise of the Meritocracy“ avisierte Herrschaft einer Meritokratie, deren Legitimität sich aus hohem Intelligenzquotienten und intensiver Fachausbildung herleitet, bleibt also eine Utopie. Eine Utopie freilich, die mit der These, dass sich aus der völligen Gleichheit der Bildungschancen eine starr geschichtete Gesellschaft nach dem Typus der „Verdienstherrschaft“ entwickeln müsse, das utopische Element im Elitebegriff in seiner modernsten Ausprägung trifft. Denn eben das ist das erstrebte Ziel der Leistungsauslese, dass der Mehr-Wissende über dem Weniger-Wissenden, dass der Könner den Nicht-Könner leite […] Utopisch ist es aber nicht (oder nicht nur) deshalb, weil es unmöglich wäre, die Messbarkeit der Leistung und des Wissens so sehr zu vervollkommnen, dass die Fehlerquellen gänzlich ausgeschaltet werden, sondern deshalb, weil es von vornherein zum Erfolg gehört, nicht allein Resultat von Sachleistungen zu sein (Dreitzel 1962, 99).

Was uns Dreitzel ins Gedächtnis ruft, ist, dass es keine Elite ohne Auswahl und Wahl, und damit: ohne Auszuwählende und Kriterien der Auswahl gibt (Paris 2003, 61). Im Gegensatz zur Klassenzugehörigkeit erfolgt der Erwerb des Elitestatus in der Regel über die Kooption, daher jemand wird in eine Elite-Gruppierung aufgenommen, nachdem ein Konsens über die Wertigkeit des Kandidaten getroffen wurde. Dieser Einigung gehen Beurteilungs- und gegenseitige Beeinflussungsprozesse voraus. Objektive, d. h. von sozialen Prozessen unabhängige Zurechnungskriterien zu einer Elite können daher der Realität von Sozialwissenschaftlern und anderen Gesellschaftsbeobachterinnen nur a posteriori übergestülpt werden, liegen jedoch in Wirklichkeit nicht vor. Kurz: Leistung ist und bleibt eine soziale Konstruktion. Den größten Unterschied zwischen den Autoren sehe ich bei dem Teilthema der sogenannten Prominenz. Für Dreitzel stehen Elite und Prominenz in einem Spannungsverhältnis zueinander (vgl. Wenzel 2000, 456).37 Zwar definiert Dreitzel Vorbildwirkung als ein wesentliches Element

37 Dass Prominenz nicht an das Leistungsprinzip gebunden ist, hat Karl Kraus (1927, 117) einprägsam umschrieben: „wie auf einem Zauberschlag das Wort ‚prominent’ da, nunmehr allem verliehen, was vordem keineswegs hervorgeragt hätte. Das ist sicherlich so zu erklären, dass in der deutschen Seele ein tiefes und nun obdachloses Kaiserbedürfnis wohnt, das nun Superioritäten herstellen muss. […] ‚Die Prominenten’ […] haben dem Deutschen nach den Wirren des Umsturzes den Glauben an Ideale gerettet. Die Prominenten, das sind die Obertanen. […] Komödianten, Filmfritzen, Karbarettfatzken, Boxer, Fußballer, Parlamentarier, Eintänzer, Damenfriseure, Literarhistoriker, Persönlichkeiten schlechtweg – alle können prominent sein (Hervorh. PhK). 124

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster von Elite, er unterscheidet jedoch stringent zwischen zwei Typen von Vorbildern, den „Freizeithelden“ und den „Leistungshelden“ (Dreitzel 1962, 147). Erstere seien die Modeschöpfer, Schlagerkönige, Künstler, Literaten und all jene, die ihre Vorbildrolle ausschließlich in der reinen Konsumsphäre spielen, also einem Bereich mit unmittelbarem Bezug zur Freizeit jedoch nicht zur Berufstätigkeit. Zweitere beziehen sich hingegen auf Rollenmodelle im beruflichen Leistungsbereich, die vorbildhafte Verhaltenmuster „eines auf Karriere angelegten Berufsweges“ liefern (Dreitzel 1962, 148-149). Prominente sind nun typischerweise „Freizeithelden“, Meister der Selbstdarstellung, denen es gelungen ist, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ob sie jemals etwas in ihrem Leben geleistet haben, ist sekundär. 38 Keller löst in Hinblick auf das Thema „Eliten in der Politik“, die von Dreitzels hervorgehobene Spannung, ja den unüberbrückbaren Widerspruch, einseitig auf: „Politische Eliten nehmen mehr und mehr den Charakter von Unterhaltungsprominenz an“ (Wenzel 2000, 456). Der Grund sei einerseits darin zu suchen, dass Politiker bei ihren Entscheidungen in den letzten Jahrzehnten viel stärker in Kontakt mit einer Laienöffentlichkeit gekommen wären. Auftritte in Massenmedien verlangten den Politikern Inszenierungen der eigenen Person ab - die Kunst des impression management (Goffman 1969), nicht nur die Expertise sei nachgefragt. Symptomatisch hierfür sei das explosive Wachstum des Dienstleistungsgewerbes der spin doctors . Politiker - die Leistungsprominenz - gerieten zunehmend in Konkurrenz zur reinen Unterhaltungsprominenz. Konkurriert werde um Aufmerksamkeit. Die Gesetze der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ waren auch Keller schon bekannt: „Je höher […] die Flut steigt, umso stärker müssen die Dinge einander überschreien. Es ist wie in einem Bierzelt. Wenn alle schon laut reden, muss man auch selber brüllen, um noch gehört zu werden“ (Franck 1998, 170). Als Folge verschwimmen nach Keller die Grenzziehungen zwischen Leistungs- und Unterhaltungsprominenz. Keller betont einerseits die strukturerhaltende Funktion der Prominenz, die sie pattern- maintenance elites nennt. Man denke nur an prominente (ehemalige) Spitzensportler, die die Bezugsnorm der Fairness popularisieren (vgl. Prohl/Emrich 2009). Andererseits weist sie auf die sinnstiftende Funktion der Prominenz hin. Nach einem öden, zermürbenden Büroalltag ermöglicht das Fernsehen, an den außeralltäglichen Lebensereignissen der Prominenten, an den öffentlichen Scheidungsdramen Adeliger, etc., teilzunehmen. Prominente werden zu (liebgewonnen) Vertrauten, das hat einen strukturkonservierenden Effekt - das nach „Ende der großen Erzählungen“ (Lyotard 1994) umso mehr, könnte man hinzufügen.

38 Ein illustratives Beispiel ist der Prominente „Zlatko“. Im deutschen Sprachraum wurde er mit seinem Kommentar bekannt, bei Shakespeare handle es sich um ein weltbekanntes Bier. 125

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.2.2 Rekrutierung

Das bekannteste Beispiel für ein funktionalistisches Schichtungsmodell der reinen Lesart findet sich im Aufsatz „Some Principles of Stratification“ (Davis/Moore 1945). Die Autoren postulieren darin einen gesellschaftlichen Mechanismus der Allokation von Berufsrollen. Die fähigsten Individuen konkurrierten naturgemäß um die wichtigsten, sich durch Knappheit und besondere Qualifikationserfordernisse auszeichnenden Gesellschaftspositionen. Das sei so, da die bedeutendsten Berufspositionen nicht nur die größte Begabung oder die beste Ausbildung erfordern , sondern auch mit den höchsten Entlohnungen einhergehen würden. Kellers (1963, 28) funktionalistisches Postulat ist im Vergleich wenig orthodox:

Recruitment mechanisms, however varied in practice, reflect only two fundamental principles: recruitment on the basis of biological (and, implicitly, social) inheritance and recruitment on the basis of personal talents and achievements. […] In modern industrial societies recruitment and selection patterns reflect the changes toward differentiation and autonomy among the elites. […] Of course, looking at modern developments at a single point in time, we note that the hold of the past, with its emphasis on property or birth, is still very strong among some elites. Conspicuous achievements are still often facilitated, if not determined, by high social and economic position, since wealth and high social standing open many doors […]

Mit den sozialen Mechanismen 39 jenseits der Eliten-Auslese nach Leistung setzt sich Keller jedoch nicht eingehend auseinander – schließlich werden sie auch als kaum bedeutsam eingestuft:

Perhaps the most significant finding regarding the careers of various elite members was that their social and economic backgrounds did not noticeably affect their career paths, except insofar as social and material advantages smooth the way. Today, all elites work hard and accept the uncertainty of success as part of the game . This is true not only in the United States but in other countries as well (Keller 1963, 319).

Dreitzel kommt hingegen nach der Besprechung von Schulen als Siebungsbarrieren, Karriere- Kontrollen der Organisationen und verschiedene Formen der Eliteselektion (Dreitzel 1962, 103- 108) zu einem anderen Urteil. Er gewichtete andere, mit dem Leistungsprinzip teilweise konkurrierenden, soziale Faktoren eindeutig höher als Keller. An einer Stelle ist zu lesen: „Offenbar wirkt sich der Faktor des Elternhauses stärker aus als die Intelligenz“ (Dreitzel 1962, 109).

39 Ein sozialer Mechanismus ist nach Hedström (2008, 52-53) „eine Konstellation von Entitäten und Aktivitäten, die so organisiert sind, dass sie regelmäßig einen besonderen Ergebnistyp hervorbringen“. 126

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.2.3 Persönliche Merkmale/Elitenprofile

Parsons diskutierte Individuen in seinen gesellschaftstheoretischen Abhandlungen im Wesentlichen als Rollenträger. In Zusammenhang mit dem Persönlichkeitssystem dominiert eine Fragestellung: Wie kommen Individuen dazu, „sich so verhalten zu wollen , wie sie sich verhalten sollen “ (Abels 2009, 103). In zweiter Linie werden Bedürfnispositionen von Akteuren besprochen (Parsons/Shils 1951, 110-158), die letztendlich in ihrer Kombination das Fundament einer einzigartigen Identität bilden. Als eine derartige Bedürfnisposition kann das Leistungsstreben nach Erfolg angenommen werden. Um die mit der sozialen Öffnung einhergehende Leistungsmotivation der Individuen geht es auch bei Keller. Gänzlich ausgespart bleiben die von den Neo-Machiavellisten wortstark geschilderten Charaktereigenschaften der Eliteangehörigen. Dreitzel hingegen nimmt auf eine empirische Studie Bezug, die das soziale Selbstbild der Gesellschaftsschichten in Deutschland zum Thema hatte (Moore/Kleinig 1960). Ein wesentlicher Befund dieser Studie ist, dass die objektive Schichtposition mit gewissen Spielarten des Selbstverständnisses korrespondiert. Die „Oberschicht“ sieht sich in einer sozialen Hierarchie eindeutig über der Masse angesiedelt und betrachtet nur Familien aus den „höheren Kreisen“ als prinzipiell gleichwertig. Diese Korrespondenz von Eliteposition und Selbsteinstufung ermögliche es letztendlich auch, dass Eliten als „Leistungshelden“ Vorbildrollen einnehmen können. Auf Persönlichkeitsprofile, etwa den von den Neo-Machiavellisten thematisierten Machtinstinkt, geht Dreitzel nicht ein.

4.2.3 C. Wright Mills Selten finden sich Vertreterinnen der Elitesoziologie, die nicht Mills´ „Power Elite“ zitiert Dennoch ist Mills von der deutschen Mainstream-Soziologie zu einem Fußnoten-Klassiker (vgl. Hess 1995, 6) degradiert worden. „Das lag nicht nur an einer verunglückten deutschen Übersetzung, sondern auch an einer bildhaften, Ross und Reiter nennenden Darstellungsweise, die den einen nicht ´wissenschaftlich`, den anderen gar (als das noch etwas bedeutete) nicht ´marxistisch` genug war“ (Krysmanski 2001, 474). Als nicht wissenschaftlich begründet galt lange Zeit die von Mills in „Sociological Imagination“ (Mills 1963a) am schärfsten zum Ausdruck gebrachte Ablehnung sowohl metatheoretischer Konzeptionen eines Talcott Parsons (und somit auch des deutschen Soziologen Niklas Luhmanns) als auch der „Fliegenbeinzählerei“, also dem theorielosem Empirismus innerhalb der Soziologie. Marxistische Verfechter des Konzeptes einer herrschenden Klasse, wie etwa Ralph Miliband, fanden Anstoß an Mills´ pluralen Elitenkonzeption. Anderen, wie etwa David

127

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Riesman 40 , war Mills´ Ansatz zu linkspolitisch (Hess 2003, 180). Im Allgemeinen zeichnete sich die amerikanische Soziologie zu Mills´ Lebzeiten durch politische Abstinenz aus.41 Mills´ Verweigerung, das Gegebene einfach nur nachzuvollziehen, machte ihn auch in seiner Heimat zu einem akademischen Outlaw . Während die deutschsprachige Soziologie Mills noch immer schmäht, ist sein Werk mittlerweile zur Pflichtlektüre US-amerikanischer Soziologie-Studenten geworden. An Bedeutung gewann Mills´ Werk ohne Zweifel durch die Rezeption in der populären Studie „ Who Governs ?“ von Dahl (1971), einem der bedeutsamsten Theoretiker der Demokratie. Dahl sah die Ergebnisse seiner Untersuchung zur politischen Elite der Stadt New Haven als eine Widerlegung des von Mills´ postulierten Elitenkartells an.

4.2.3.1 Die Machtelite

Mills zentrale These in „ The Power Elite “ ist, dass mit den USA eine der ältesten Demokratien von einer Machtelite regiert wird. Auf die Frage „Wer macht in den USA Geschichte?“ fällt Mills´ Antwort klar aus. Es ist nicht die zersplitterte, nahezu gewerkschaftslose Arbeiterklasse, nicht die abhängig arbeitende, entfremdete neue Mittelklasse, sondern einzig und allein die amerikanische Machtelite (Hess 2003, 178-179). Unter die „herrschenden Elite“ subsumiert Mills Männer der Politik, der Wirtschaft und des Militärs, deren Positionen es erlauben, „Entscheidungen von großer Tragweite zu treffen“ (Mills 1956, 4). Diese drei Machtzentren wiesen derart große Überlappungen auf, dass man letztendlich von einer einzigen Macht-Elite, einem sich durch gemeinsames Klassenbewusstsein und durch organisiertes Vorgehen auszeichnendem Machtdreieck, sprechen müsse. Diese Machtsphäre wird von Generälen, Admirälen, Vertretern der zentralisierten Exekutivgewalt und Vorständen der 300 größten Wirtschaftsunternehmen bevölkert. Eine Ebene tiefer, in der mittleren Machtsphäre, siedelt Mills Gesellschaftssektoren wie die Kirche oder den Bildungssektor an. Gewerkschaftsvertretern und anderen Mitgliedern dieses sozialen Stratums schreibt Mills keine besondere Macht zu. Sie

40 Mills (1956, 243) teilt in „The „Power Elite“ einen Seitenhieb gegen Riesman aus: „Mr. Riesman takes his psychological interpretation of power and of the powerful to quite an extreme, for example: if businessmen feel weak and dependent, they are weak and dependent, no matter what material resources may be ascribed to them”. Hier wird Bezug genommen auf den in „The Lonely Crowd“ (Riesman 1958) postulierten neuen Sozialcharakter, dem außengeleiteten Menschen. Über diesen ist zu lesen: „Unter dem Zwang, mit einer Vielzahl von Menschen zu verkehren, sie für sich zu gewinnen und beeinflussen zu müssen, behandelt der außengeleitete Mensch alle anderen Menschen wie Kunden, die immer recht haben“ (Riesman 1958, 152). Derartige Persönlichkeitsumschreibungen sind unvereinbar mit dem Postulat einer Machtelite. 41 In einer Biographie von C. Wright Mills spricht Horowitz (1983, 175) in Bezug auf das Verhältnis zwischen Soziologie und Politik von „detachment over involvement“. 128

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster werden lediglich erwähnt, weil die „herrschende Elite“ nicht als ein monolithischer Block gedacht werden dürfe, der keinerlei Verankerungen in der Bevölkerung habe:

In the corporate world, in the political directorate, and increasingly in the ascendant military, the heads of the big hierarchies and power machines are seen not only as men who have succeeded, but as wielders of the patronage of success . They interpret and they apply to individuals the criteria of success. Those immediately below them are usually members of their clique , of their clientele, sound men as they themselves are sound. But the hierarchies are intricately related to one another , and inside each clique are some whose loyalties are to other cliques (Mills 1956, 347, Hervorh. PhK).

In Mills´ Theoriegebäude ist die Massengesellschaft auf der untersten Ebene angesiedelt. Sie ist „der Manipulation des Machtdreiecks ausgeliefert und wird vor vollendete Tatsachen gestellt“ (Wasner 2004, 91). Diese Unterscheidung in ein gesellschaftliches Oben und Unten erinnert stark an den postulierten Elite-Masse-Unterschied der Neo-Machiavellisten. Wie die Europäer des 19. Jahrhunderts Pareto, Mosca und Michels vertritt auch der US-Amerikaner Mills die Ansicht, dass Gesellschaften mit demokratischer Verfassung, stets von einer Elite beherrscht würden. Man wird eine derartige Haltung als kulturpessimistisch bezeichnen dürfen. Während jedoch die Neo-Machiavellisten sich in ihrem Elfenbeinturm recht wohl fühlten, bemühte sich Mills in mehrerlei Hinsicht um soziologische Aufklärung:

In Wirklichkeit geht es ihm erstens um die Umwandlung einer Gesellschaft, in der zahlreiche kleine und autonome Gruppen bei politischen Entscheidungen ein gewichtiges Wort mitzureden hatten, in eine Massengesellschaft, in der die Macht-Elite alle wichtigen Entscheidungen trifft und die Massen durch Schmeichelei, Betrug und Unterhaltung in Schach hält. Zweitens geht es ihm um die Korruption der Macht-Elite selbst, die er in erster Linie dem Umstand zuschreibt, dass diese Elite keiner organisierten Öffentlichkeit über ihre Entscheidungen Rechenschaft schuldet. […] (Bottomore 1969, 36).

Warum Mills diese Kritik als seine moralische Aufgabe ansah, wird erst bei Berücksichtigung des spezifischen historischen Kontextes ersichtlich. Eine kurze historische Rückschau sei hier vorgenommen: Als Mills „ The Power Elite “ schrieb wurde in den USA weitreichende Wirtschafts- und Sozialreformen umgesetzt. Allerorts sprach man davon, dass die Politik der Wirtschaft einen Wohlfahrtsstaat aufdiktiere und somit Großunternehmen erheblich an Macht einbüßten. Mills entpuppte derartige Alltagsideologien als verzerrte Wirklichkeitsdarstellungen. Durch die Reformen seien neue corporate rich an die Spitze der Unternehmen gerückt. Sie dirigierten ganze Industriezweige wie einen Staat im Staate – von Machtverlust könnte daher keine Rede sein.

129

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.3.2 Rekrutierung

Das Mills´sche Postulat einer Machtelite steht und fällt mit der Beweiskraft empirischer Argumente für die soziale Homogenität innerhalb der herrschenden Elite. Die These ist eindringlich – sind die angeführten Fakten jedoch auch stimmig, oder haben wir es mit einer „Verschwörungstheorie“ (Dahrendorf 1963, 193) zu tun? Mills war ein Verfechter der empirisch orientierten Soziologie, eine makroskopische Herangehensweise an den Gegenstandsbereich der Soziologie lehnte er strikt ab:

We must build up molecular terms; we must break down macroscopic conceptions. For, as matters now stand, the propositional meaning of many macroscopic statements is ambiguous and unclear; the conceptual meaning of many molecular statements is often barren (Mills 1963b, 566).

Auf diese Grundhaltung ist es auch zurück zu führen, dass Mills (1956, 131) zwar auf Kellers empirische Ergebnisse über Manager zurückgreift, jedoch nicht ihre Zuschreibungen von Funktionalität aufnimmt. Im Auge hat Mills vielmehr die konkreten, durch face-to-face Gespräche beeinflussten Ausleseprozesse. Abstrakt gesprochen: die lebensweltliche Realität. Nach einer Diskussion der typischen Karrierewege der führenden Wirtschaftstreibenden kommt Mills (1956, 140-141) zu dem Schluss:

Success in the higher corporate world is obviously determined by the standards of selection that prevail and the personal application of these standards by the men who are already at the top. In the corporate world, one is drawn upward by the appraisals of one´s superiors. Most chief executives take much pride in their ability “to judge men”; but what are the standards by which they judge? The standards that prevail are not clear-cut and objective ; they seem quiet intangible, they are often subjective, and they are often perceived by those below as ambigious […]. On the lower land middle levels of management , objective criteria havening to do with skillful performance of occupational duties do often prevail […]. When it is asked of the top corporate men: “But didn’t they have to have something to get up there?” The answer is, “Yes, they did.” By definition, they had “what it takes”. The real question accordingly is: what does it take? And the only answer one can find anywhere is: the sound judgement, as gauged by the men of sound judgment who select them. […] To be compatible with the top men is to act like them, to look like them, to think like them. (Hervorh. PhK)

Zu solchen Schlussfolgerungen scheint Mills anhand der eingängigen Lektüre mehrerer Jahrgänge der US-amerikanischen Wirtschaftszeitschrift Fortune gekommen zu sein. In einer anderen Textpassage zitiert er eine Interviewpassage aus Fortune , die er diesmal auch mit einer entsprechenden Fußnote versieht:

We used to look primarily for brilliance . . . Now that much abused word “character” has become very important. We don´t care if you´re a Phi Beta Kappa or a Tau Beta Phi. We want a well-rounded person who can handle well-rounded people (Mills 1956, 145).

130

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Mills war einer der Pioniere jener Elitensoziologie, die sich mit der Erfahrungswelt von Eliten auseinander setzt. Den Betreibern sozialwissenschaftlicher Datensammlungsmaschinerien und Architekten abstrakter large-range theories war eine derartige Perspektive gänzlich fremd. Gespräche mit Experten, Eliteninterviews oder journalistische Recherchen bringen jedoch weitreichende Erkenntnisse zu Tage – das demonstriert Mills überzeugend. Im Kern decken sich Mills´ Einsichten mit jenen von Karabel (2006) über den scheinbar offenen Hochschulzugang zu den führenden „Dreien“ (Harvard, Yale, Princeton): Die Definition von „Verdienst“ wird fluide gehandhabt und tendiert dazu, die Werte und Interessen jener zu reflektieren, die in gesellschaftlichen Kommandopositionen sitzen. Die Dominanz gewisser kultureller Ideale wird so am Leben gehalten, indem die passenden „Willensvollstrecker“ ausfindig gemacht werden. Das alleine erklärt jedoch noch nicht, warum es eine die Sektoren Wirtschaft, Politik und Militär vereinigende Machtelite geben soll. C. Wright Mills bemüht sich an mehreren Stellen die Querverbindungen zwischen diesen einzelnen Positionseliten herauszuarbeiten, schlussendlich bleibt jedoch seine Beweisführung vage. 42 Nicht zuletzt aus diesem Grund bezeichnen viele Mills nicht als Soziologen, sondern als einen „politisierenden Journalisten“ (Dahrendorf 1963, 193). Die Kritik beschränkt sich jedoch nicht auf die fehlende empirische Fundierung des Mills´schen Arguments. Angemerkt wird auch, dass es Mills nicht gelänge eine über die bloße Beschreibung hinausgehende überzeugende Erklärung für die Solidarität der Macht-Elite zu geben. Überdies schließt er mit der Ausklammerung der Idee einer herrschenden Klasse auch die Vorstellung opponierender Klassen aus und gelangt so zu einer äußerst pessimistischen Darstellung der amerikanischen Gesellschaft (Bottomore 1969, 36).

4.2.3.3 Persönliche Merkmale/Elitenprofile

Mills verwehrt sich einer psychologischen Definition von Elite, wie wir sie etwa in den frühen Anfängen der Elitesoziologie bei Ortega y Gasset (1957) antreffen. Eliten seien nicht bestimmungsmäßig zur Herrschaft prädestiniert. Nach Mills werden nicht die „Besten der Gesellschaft“ sondern die Privilegierten zu den Herrschenden einer Gesellschaft (vgl. Leipertz 1999, 42). Privilegiert, also mit besseren Startchancen für Spitzenkarrieren versehen, seien all jene, die von früh an in gehobenen Kreisen verkehrten, sich die Werthaltung der herrschenden Elite aneigneten und nicht zuletzt aufgrund der besseren finanziellen Ausstattung in den Genuss

42 Mills (1956) argumentiert etwa auf Seite 123, dass vernetzte Aufsichtsräte ( interlocked directorates ) der Herausbildung einer business community dienen können. Eine derartige Annahme könnte jedoch nicht allein anhand von Statistiken gemacht werden, sondern müsse durch eingängige Recherchen ergänzt werden. Tatsächlich behandelt Mills dieses Thema in den folgenden Kapiteln nur sehr kursorisch und bemüht sich nicht um eine systematische Erklärung von interlocked directorates . 131

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster einer gediegene Ausbildung kämen. Folgt man Vester (1964) so sieht Mills in Eliten eine in befreundete Interessensgruppen strukturierte Oberschicht, die untereinander Elitepositionen austauschen. Insofern hätte der Begriff „Machtelite“ auch eine psychologische Dimension:

If there is any one key to the psychological idea of the elite, it is that they combine in their persons an awareness of impersonal decision-making with intimate sensibilities shared with one another (Mills 1956, 15; Hervorh. PhK).

4.2.4 Michael Hartmann Michael Hartmann ist derzeit der meist zitierte deutschsprachige Eliteforscher. 43 In neueren Beiträgen wie etwa der Monographie „Eliten und Macht in Europa“ (Hartmann 2007) hat er nicht mehr die deutschen, sondern die europäische Eliten insgesamt im Blick. Mittlerweile sind auch einige seine Artikel in internationalen Fachzeitschriften erschienen (Hartmann 2000a, 2010a). Damit ist er zu jener europäischen Wissenschaftselite zu zählen, die die inhaltliche Ausrichtung der kommenden Elitesoziologie in Europa maßgeblich beeinflussen wird. Die Struktur seines jüngsten enzyklopädischen Beitrags zum Stichwort „Elite“ bringt markant seine wissenschaftliche Position innerhalb der Elitensoziologie zum Ausdruck. Hartmann bezeichnet einleitende funktionalistische Elitetheorien als nicht unumstritten. Sodann werden Bourdieu und Mills als Repräsentanten jenes Forschungsstranges der Elitensoziologie angeführt, die „der funktionalistischen Annahme von der qua Leistungsprinzip hergestellten sozialen Offenheit des Elitenzugangs widersprechen“ (Hartmann 2010b, 63). Anschließend folgt eine fließende Überleitung zu den eigenen Forschungsleistungen. Hartmann selbst fasst daher neuere, sich vom funktionalistischen Mainstream abhebende Elitetheorien, die sich mit dem Verhältnis von Eliten und Klassen auseinandersetzen, mit der Trias „Mills – Bourdieu – Hartmann“ zusammen. Im Gegensatz zu Bourdieu 44 bleibt Mills jedoch in Hartmanns Beiträgen – wie in der ganzen deutschen Soziologie – nahezu unerwähnt. Zumindest von der Arbeitsweise her gibt es jedoch durchaus Parallelen. So bewegt sich die letzte Großstudie von Hartmann (2007) methodologisch im Grenzbereich zwischen informiertem Common Sense, investigativem Journalismus und empirischer Sozialforschung. Inhaltlich präsentiert sie sich teils als beschreibender Überblick, teils als hypothesentestende Studie mit theoretischem Anspruch, teils als normative Kritik (Kreckel 2009, 69). 45

43 In google scholar scheinen für sein 2007 herausgekommenes Buch „Eliten und Macht in Europa“ 40 und für „Der Mythos von den Leistungseliten“ (2002) ganze 178 Zitierungen auf. 44 „In Eliten und das Feld der Macht“ (Hartmann 2005) werden die Verdienste Bourdieus um die Elitensoziologie herausgearbeitet. Die einzige Kritik, die gegen Bourdieu vorgebracht wird, ist, dass jener in seinen späteren Werken den Begriff der herrschenden Klasse fallen gelassen hätte. 45 Dieses Urteil ist nur begrenzt zutreffend. In Hartmann (2002) und Hartmann/Kopp (2001) werden anhand einer umfassenden Datenbasis funktionalistische Elitentheorien empirisch widerlegt. Nicht zuletzt wegen der 132

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.4.1 Die herrschende Klasse

Im Wesentlichen ist der Ausgangspunkt der Hartmannschen Forschungsbemühungen stets die auf Macht und Leistungsauslese beruhende Elitendefinition von Dreitzel (vgl. Hartmann 2002, 18). 46 Untersucht werden Eliteangehörige in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf Bildungskarrieren von Managern gelegt wird. Das wird mit Hinweis auf die privilegierte Machtstellung dieses gesellschaftlichen Sektors begründet. Hartmann argumentiert, dass das Machtpotential der Eliten ihre eigenen Interessen durchzusetzen, vor allem von zwei Faktoren abhänge: „der Homogenitä t der zentralen Eliten und ihrer Verankerung in der herrschenden Klasse , das heißt letztlich auch der Selbstreproduktion der Eliten, zum einen sowie den gegebenen gesamtgesellschaftlichen Kräfteverhältnissen zum anderen“ (Hartmann 2007, 17; Hervorh. PhK). Anders als bei den Neo- Machiavellisten oder bei Mills wird also der „Masse“ ein größerer Handlungsspielraum und damit auch eine wesentlich bessere „Verhandlungsposition“ gegenüber den „Mächtigen“ in der Gesellschaft zugemessen. „Herrschende Klasse“ ist die gewählte deutsche Übersetzung für „Governing Class “ - eine abgeschwächte Form der „ Ruling Class “ (vgl. Giddens 1974, 5ff.).

Eine solche herrschende Klasse zeichnet sich für Giddens durch ein relativ hohes Maß an Integration aus. Von den klassischen „Ruling Classes“ unterscheide sie sich vor allem durch die deutlich eingeschränkte Reichweite ihrer Macht, weil diese im Rahmen der parlamentarischen Demokratie doch (mehr oder weniger) stark von unten eingeschränkt werde, sie Rücksicht auf die breite Bevölkerung nehmen müsse (Hartmann 2004a, 179-180).

Der Begriff der „herrschenden Klasse“ wird also in einer stark abgewandelten Form verwendet. Ursprünglich war er ja der theoretische Gegenpol zum Elitebegriff (vgl. Krais 2001, 24-31) und implizierte nicht nur, dass die soziale Gliederung der Gesellschaft in der Wirtschaft verankert (Klassengesellschaft), sondern auch, dass die Herrschaftsverhältnisse zwischen den Klassen in den Eigentumsverhältnissen begründet seien (Relationalität des marxistischen Klassenbegriffs). Da eine wirtschaftliche Klasse nicht zwangsweise auch über politische Macht verfügen muss, hatte schon Mills (1956) den Begriff „herrschende Klasse“ zugunsten der „Macht-Eliten“ ausgetauscht.

systematischen statistischen Fundierung des vorgebrachten Arguments erhielten Hartmann und Kopp 2001 für ihren Artikel den ersten Preis der Fritz-Thyssen-Stiftung. 46 In dem Lehrbuch „Elitesoziologie“ von Hartmann (2004, 57) ist zu lesen, dass die Systematik der Begrifflichkeit von Elite bei Dreitzel bis heute vorbildlich sei und nur von Suzanne Kellers „Beyond the Ruling Class“ übertroffen werde. 133

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.4.2 Rekrutierung

Hartmanns größter Verdienst ist es, folgende Frage beantwortet zu haben: Entscheiden sich berufliche Karrieren im Bildungssystem oder in der Herkunftsfamilie? Vor Hartmann war es innerhalb der deutschen Elitesoziologie nahezu Konsens, dass selektive Rekrutierungen aus einer schmalen Oberschicht durch das Bildungsprivileg bestimmter sozialer Schichten bedingt seien (Dahrendorf 1962). „Die soziale Herkunft bestimme nur indirekt, über die mit ihr verbundene Determinierung der Bildungschancen, den Aufstieg in die Eliten, habe aber ‚keinen eigenständigen Einfluss’ darauf“ (Hoffmann-Lange 1991, 87, zit. nach: Hartmann 2002, 20). Das bislang dominierende Argumentationsmuster, es seien vorrangig die Bildungsferne der Arbeiter oder die niedrig gesteckten Schulziele der Mittelschicht, die eine nicht repräsentative soziale Zusammensetzung der deutschen Führungsschichten zur Folge hätte, stützt im Wesentlichen die Position funktionalistischer Erklärungsansätze. Nach diesem Theoriestrang werden Elitepositionen nach dem Leistungsprinzip vergeben. Ein abgeschlossenes Studium oder gar eine Promotion sei als individueller Verdienst zu sehen. Als bestätigender Beleg wird sodann der empirische Befund angesehen, dass bei grundsätzlicher Offenheit von Eliteposition hoch Gebildete durchschnittlich öfter an den Spitzen der Gesellschaft anzufinden seien. Viele funktionalistische Theoretiker sind nicht blind für „naturwüchsige“ Ungleichheitsphänomene im Bildungssystem und regen sogar bildungspolitische „Chancengleichheitsdebatten“ an, dennoch sehen sie die beobachtete doppelte Selektivität 47 nicht im Widerspruch zu dem zentralen funktionalistischen Postulat einer leistungsbasierten Elitenauslese (vgl. Dreitzel 1962). Hartmann hat nun die verbreitete Meinung, soziale Schicht hätte nur einen indirekten, über die Schulbildung vermittelten Einfluss auf die Besetzung von Spitzenpositionen (in der Wirtschaft) als akademisches Märchen enthüllt. In zahlreichen Beiträgen aber auch in öffentlichwirksamen Interviews hat er eine prononcierte Gegenposition zu den populären Individualisierungskonzeptionen Ulrich Becks (1983, 1986) oder Niklas Luhmanns (1997) eingenommen, die eine wachsende Unabhängigkeit von sozialer Herkunft und Lebensbiographien postulierten. Beck (1983) hat mit seiner (empirisch nicht belegten) These, „dass die Sozialstruktur und die Verteilung von knappen Ressourcen im Alltagsleben immer weniger bedeutend sind, dass sie das soziale Handeln in immer geringerem Maße bestimmen und auch für die soziale Identität der Akteure eine immer kleinere Rolle spielen“ (Pape/Rössel/Solga 2008, 26), die deutsche Soziologie der 80er und 90er Jahre stark

47 Bildungs- und Lernprozesse korrespondieren erstens mit der sozialen Herkunft der Lernenden und bestimmten zweitens die Berufskarrieren (und im weitesten Sinne auch die Lebenschancen eines Individuums). 134

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster beeinflusst. Luhmann steht wie kein anderer für den Gedanken, dass eine unaufhörliche voranschreitende funktionale Ausdifferenzierung der Gesellschaft dazu führe, dass die „Entscheidungsabhängigkeit ... des Zugangs zu Rollen so deutlich sichtbar [werde], dass die Herkunftsbestimmheit durch Entscheidungsbestimmtheit ersetzt werde“ (Luhmann 1997, 772). Dass solche Annahmen zumindest im Zusammenhang mit Eliten irrig sind, beweist Hartmann aus einer Makro- und Mikroperspektive. Hartmann und Mitarbeiter (Hartmann 2002) führten anhand der Vernetzung verschiedener Daten (den Dissertationen beigelegte Lebensläufe, Beschreibung von Berufsverläufen aus den Hoppenstedt-Handbüchern „Leitende Männer und Frauen der Wirtschaft“) eine Herkunfts- und Verbleibsanalyse von promovierten Studenten durch. Die Promotion ist als höchster Bildungsabschluss ein eindeutiger Nachweis von Leistungsvermögen. Aus einer funktionalistischen Perspektive ist daher zu erwarten, dass für die relativ kleine Gruppe von Promovierten bei der Besetzung von Spitzenstellen keine oder nur geringe Effekte sozialer Selektivität auszumachen sind. Tatsächlich kommen jedoch Hartmann und Kopp (2001) anhand der multivariaten Auswertung der Biographien von insgesamt 6.500 promovierten Ingenieuren, Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern der Promotionsjahrgängen 1955, 1965, 1975 und 1985 zu dem Ergebnis, dass die Chancen eine Führungsposition in der Wirtschaft zu erreichen, für aus dem gehobenen oder dem Großbürgertum stammenden Promovierten um 50 bis 100 Prozent größer sind als für die Promovierten aus der Arbeiterklasse oder den Mittelschichten.48 Hartmann gelingt es auch in Detailanalysen nachzuweisen, dass das Übergewicht von Sprösslingen aus dem gehobenen Bürgertum nicht durch selektive Studienwahlen oder das Studienverhalten (Auslandsaufenthalte, zügiges Abschließen des Studiums etc.) allein zu begründen sei.

Der Effekt der sozialen Herkunft bleibt auch bei Berücksichtigung der jeweiligen Studienfächer bestehen. Der Anteil von Promovierten, die eine Führungsposition erreichen, liegt bei denen, die dem gehobenen Bürgertum entstammen, bis auf zwei Ausnahmen (bei den Ingenieuren des Jahrgangs 1955 und bei den Wirtschaftswissenschaftlern des Jahrgangs 1965) stets über dem entsprechenden Wert für die Personen aus der Arbeiterklasse und den Mittelschichten, und zwar um mindestens 27 Prozent und um höchstens 150 Prozent (Hartmann 2002, 76, Hervorh. PhK).

48 Einen zweiten empirischen Beweis erbringt Hartmann anhand einer Re-Analyse der dritten Mannheimer Elite-Untersuchung von 1981 für deutsche Spitzenmanager. Ein wesentliches Ergebnis dieser Studie ist, dass die Überpräsenz des Nachwuchses aus den Kreisen des etablierten Bürgertums von drei Voraussetzungen abhängt: „Klassisches deutsches Großbürgerunternehmen mit jahrzehntelanger Tradition, zentrale Bedeutung des Unternehmens für die Gesamtwirtschaft und Zugehörigkeit oder Nähe zur Industrie“ (Hartmann 1996, 35). 135

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

4.2.4.3 Persönliche Merkmale/Elitenprofile

Hartmann bemüht sich auch um eine empirisch fundierte Antwort auf die Frage, welche herkunftsbedingten Faktoren die Kinder aus den „besseren Kreisen“ ihre Berufserfolge zu verdanken haben. In Interviews mit führenden Managern und Personalberatern bemerkte er, dass neben fachlichen, objektiv bestimmbaren Auswahlkriterien, vor allem vom Aufwachsen in bestimmten sozialen Milieus abhängige Persönlichkeitsmerkmale für die Rekrutierung ausschlaggebend sind. Diese werden „durch den leichteren Zugang zu relevanten Informationen auf Grund der familiären Verbindungen nur noch ergänzt“ (Hartmann/Kopp 2001, 458). Die Einschätzung dieser Merkmale ist insofern stark subjektiv als sie stets – bewusst oder unbewusst – in den Bewerbungsgesprächen an den Einstellungen der zumeist aus dem gehobenen Bürgertum stammenden Entscheidungsträger abgeglichen werden. Folgt man Hartmann, so muss stets die Chemie zwischen dem zukünftige Manager und den Vorständen bzw. den mit der Rekrutierung beauftragten Personalberatern stimmen:

Wenn die über die Besetzung befindenden Personen das Auftreten eines Kandidaten, sein äußeres Erscheinungsbild, sein Verhalten oder seine Bildung wie Sprache als unpassend oder gar störend empfinden, dann hat derjenige es zumeist sehr schwer, überhaupt akzeptiert zu werden und fällt dementsprechend häufig schon bei der ersten Vorstellung durchs Raster (Hartmann 1996, 199).

Entscheidende Äußerlichkeiten sind nach Hartmann der in den obersten Etagen großer deutscher Unternehmen gängige Dress- und Verhaltenscode, eine breit ausgerichtete bildungsbürgerliche Allgemeinbildung, eine von Grund auf optimistische unternehmerische Einstellung und persönliche Souveränität (Hartmann 2001, 184-190). Das seien Codes der Distinktion, die einen klassenspezifischen Habitus repräsentierten. Mit Referenz auf Luhmann (1973, 26 ff, 74f) argumentiert Hartmann, dass bei einer unsicheren Informationsbasis, die Wahl auf Personen falle, denen man am aufgrund einer wohlbekannten Persönlichkeitsstruktur am ehesten Vertrauen schenken könne:

Angesichts der Unwägbarkeit und Komplexität der Entscheidungssituation wird in der Regel derjenige vorgezogen, dem man am ehesten Vertrauen schenken zu können glaubt. Vertrauen soll helfen, die hohe Komplexität der Entscheidung zu reduzieren […] Die sicherste Grundlage für ähnliche Verhaltens- und Beurteilungsmuster bieten nun aber eine vergleichbare soziale Herkunft (Hartmann 2002, 120).

Der logische Schluss, den Hartmann aus seinen großangelegten empirischen Studien zum Zusammenhang von sozialer Herkunft, Leistung und Spitzenkarrieren sowie aus seinen

136

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster zahlreichen Experteninterviews 49 zieht, ist, dass nicht Leistung, sondern das familiäre Erbe, das in seinen unterschiedlichen Formen weitergegeben werde, für den beruflichen Erfolg des Nachwuchses ausschlaggebend sei. Hartmann spricht konsequenterweise von dem „Mythos von den Leistungseliten“. Die Herrschaft einer „ Governing Class “ wird von Hartmann insofern kritisiert als sie eine einseitige Durchsetzung von Interessen ermögliche, was sich nachteilig auf die breite Bevölkerung auswirke. Am Stringentesten wird das für Einkommensverteilungen nachgewiesen. Für die USA demonstriert Hartmann, dass zu Zeiten, in denen Spitzenpolitiker zu knapp zwei Dritteln aus den breiten Mittelschichten und der Arbeiterschaft stammten (1945-1980) Spitzensteuersätze historische Höchstwerte annahmen und die Einkommensverhältnisse für US- Verhältnisse relativ ausgewogen waren. In dem Zeitraum jedoch, in dem führende Politiker zu fast 70 Prozent der Upper oder der Upper Middle Class entsprangen (1981 bis heute), erzeugten niedrige Spitzensteuersätze eine erhebliche Kluft zwischen Reich und Arm (vgl. Hartmann 2009). An den Hartmann´schen Forschung kann in mancherlei Hinsicht Kritik geübt werden (vgl. Hoffmann-Lange 2005). Nur zwei Kritikpunkte seien hier angeführt. Erstens fehlen Daten, um den „Mythos von den Leistungseliten“ eindeutig zu entlarven. Anstatt den Lebenslauf von Doktoranden aus unterschiedlichen sozialen Schichten auszuwerten, müssten die Karriereverläufe von Personen analysiert werden, die zum gleichen Zeitpunkt und mit gleichen Bildungsvoraussetzungen eine vergleichbare Karriere eingeschlagen haben. Darüber hinaus müssten Unterschiede im Aspirationsniveau in statistische Auswertungen miteinfließen. Zweitens werden die sozialen Mechanismen , die zu einer Unterrepräsentation von Arbeitersöhnen in den Führunsetagen führen, nur sehr kursorisch aufgezeigt. Hartmann postuliert, dass das wichtigste Kriterium für die Besetzung von Spitzenpositionen in der Wirtschaft der klassenspezifische Habitus und Codes der sozialen Distinktion sind. Das Habituskonzept adaptiert Hartmann für den deutschen Fall – wesentliche Definitionselemente werden jedoch beibehalten. Zu Beschreibung von Differenzen im Habitus von Manager wird im Werk von Hartmann am häufigsten folgende Stelle aus „Die feinen Unterschiede“ herangezogen:

Auf allen Märkten – vom Wettbewerb um den Eintritt in eine Grande école bis zu den Zeitschriftenredaktionen, von beruflichen Einstellungsgesprächen bis zu mondänen Veranstaltungen – werden die kulturellen Leistungen des kleinbürgerlichen Habitus auf subtile Weise diskreditiert, weil sie erkennen lassen, dass sie erworben wurden, während es gerade hier mehr als irgend sonst darum geht, zu haben, ohne je erworben zu haben . . . Die Kleinbürger haben kein spielerisches Verhältnis zum Bildungsspiel: sie nehmen Kultur zu ernst, um sich einen Bluff oder Schwindel zu erlauben oder auch nur die lässige Distanz, die von wirklicher Vertrautheit zeugt (Bourdieu 1982, 518)

49 Insgesamt hat Hartmann 24 Manager aus 19 führenden deutschen Großkonzernen und 27 Personalberater aus den zehn umsatzstärksten, in Deutschland tätigen Personalberatungsfirmen befragt (Hartmann 2001, 161). 137

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Am Bourdieuschen Habituskonzept 50 ist massiv Kritik geübt worden. Es ist nicht nur ungeklärt, worauf sich Habitus eigentlich bezieht, sondern auch, „warum Bourdieu glaubt, dass Habitus – was immer das sein mag – so funktioniert wie er es tut “ (Hedström 2008, 15, Hervorh. PhK). Auch Hartmann stellt mit dem Verweis auf Interviews mit Personalberatern fest, dass der schichtspezifische Habitus Türen öffnen kann. Wie jedoch der Habitus in (Bewerbungs-) Situationen wirksam wird, schildert Hartmann nicht. Kurzum: Dem Argument fehlt die mikrosoziologische Fundierung. Aus meiner Sicht müsste das Forschungsparadigma daher um eine emotionstheoretisch fundierte Interaktionstheorie ergänzt werden, wie sie etwa Collins entworfen hat. Ich werde daher im Folgenden in der gebotenen Kürze auf Collins Theorie der Interaktionsrituale eingehen.

4.2.5 Randall Collins In „ Interaction Ritual Chain “ knüpft Collins (2005) an Durkheims große Religionsstudie (Durkheim 1984) an. Vorvertragliche Solidarität wird nach Durkheim durch den sozialen Mechanismus des Rituals in Form von Emotionen aber auch symbolischen Objektivationen erzeugt und reproduziert. Anstatt für die Bedeutung des Rituals in der Religion interessiert sich Collins u. a. für dessen Rolle in der Ausbildung:

Jede Ausbildung ist in einem bestimmten formalen Sinn ein Ritual. Ein Ritual bedingt die Versammlung einer Gruppe; ihr gemeinsames Zentrum der Aufmerksamkeit; die Erzeugung einer gemeinsamen Stimmung; und als ein Resultat, die symbolische Bedeutung des Inhalts der Zeremonie, die nun zu einem Wahrzeichen wird, das aufgeladen ist mit moralischen Obertönen und das die Gruppenmitgliedschaft repräsentiert (Collins 1987, 80).

Eine andere wichtige Referenz ist Goffmans (1971) ethnografische Studie „Interaktionsrituale“, in der gleichsam eine Grammatik von Interaktionen entworfen wird. Collins erklärtes Ziel ist es, den Durkheimschen Funktionalismus mit der Goffmanschen Erkenntnis, dass Handlungen zwischen verschiedenen anwesenden Personen durch Verhaltensregeln geleitet werden, zu ergänzen:

Goffman makes this explicit in discussing the aggressive use of face work. It is possible for individuals to set out to dominate situations, insult others, have jokes at their expense, even drive them out of the situation and the group. But situational prestige goes to the person who does this by keeping to the normal forms of ritual interaction (Collins 2005, 21).

50 Das Habitus-Konzept dient Bourdieu zur Erklärung des „Erzeugungsmodus der Praxisformen“ (Bourdieu 1979, 164). Dieser Erzeugungsmodus beruht einerseits auf Dispositionen (Wahrnehmungs-, Denk- und Handlunsschemata), andererseits aber auf motorischen Schemata, z. B. der Mimik (Hexis). 138

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Vorvertragliche Solidarität entsteht daher letztlich immer aus der ritualisierten Abstimmung von Situationsdefinitionen und Handlungsroutinen. Für Interaktionsrituale definiert Collins folgenden Bedingungen (vgl. Rössel 1999, 29):

(1) Es müssen mindestens zwei Personen versammelt sein. Ihre physische Präsenz ist eine zentrale Grundlage für Interaktionsrituale. (2) Ein gemeinsamer Fokus auf eine Sache, sei es eine Zeremonie oder ein Gegenstand, muss vorhanden sein. (3) Eine weitere Bedingung für ein „gelingendes“ Interaktionsritual ist die Stimmung, mit der die Akteure in eine Situation hineingehen, und wie sich die Stimmung in der Situation entwickelt. Je homogener die Stimmung ist, desto intensiver wird auch das rituelle Erlebnis.

In einem derartigen, durch drei Variable aufgespannten Raum, lässt sich durchaus auch ein Bewerbungsgespräch platzieren, das von einem gemeinsamen Thema dominiert wird. Collins verweist auf Verhaltenstudien, die anhand von Aufzeichnungen der Stimmfrequenzen und Augenbewegungen nachweisen (vgl. Ekman/Friesen/Ellsworth 1974), dass Interakionspartner sich in einer derartigen Situation affektiv abstimmen. Läuft das Gespräch für beide zufriedenstellend, so ist eine gemeinsame Stimmung möglich. Entscheidend für die Theorie der Interaktionsrituale ist, dass Menschen in Interaktionen Ressourcen akkumulieren : Zum einen kulturelles Kapital und zum anderen emotionale Energie .

Collins unterscheidet zwei Arten von kulturellem Kapital : Erstens generalisiertes kulturelles Kapital, welches vor allem aus Symbolen der Mitgliedschaft besteht, seien es zentrale Gesprächsthemen, bestimmte Ideen oder Weltanschauungen oder bestimmte soziale Manieren, und zweitens partikulares kulturelles Kapital, das sich auf spezielle Personen bezieht. Es sind Erinnerungen an Namen, Gewohnheiten und mit einer bestimmten Person besprochene Themen. Der Begriff der emotionalen Energie bezeichnet eine Dimension emotionaler Befindlichkeit von Personen, die von einem Zustand von hohem Selbstvertrauen, Enthusiasmus und guten Gefühlen auf der einen Seite bis hin zu Depressionen, Motivationsverlust und negativen Gefühlen auf der anderen Seite reicht. […] Nicht die Maximierung ökonomischen Nutzens bestimmt also nach Collins die Ausrichtung von Handlungsabläufen, sondern der Versuch, die eigene emotionale Energie zu steigern (Rössel 2002, 430). Generalisiertes kulturelles Kapital bei Collins entspricht im Wesentlichen dem Habitus-Konzept bei Bourdieu, das Kontinuum von hoher bis niedriger emotionaler Energie entspricht mehr oder weniger jenem von Stolz bis zur Scham reichenden emotionalen Spektrum, das von Scheff (1990) skizziert wird (vgl. Rössel/Collins 2001, 514-515). Collins´ Theorie besagt nun, dass Personen im Laufe ihres Lebens viele Interaktionsrituale durchlaufen – Collins spricht von Interaktionsritual-Ketten . Jedes Individuum weist eine einzigartige Interaktionsritual-Kette auf.

In a strong sense, the individual is the interaction ritual chain. The individual is the precipitate of past interactional situations and an ingredient of each new situation. An ingredient, not the determinant, because a situation is an

139

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster emergent property […] Situations have laws or processes of their own; and that is what IR [interaction ritual] theory is about. Goffman concluded: “not men and their moments, but moments and their men” […] Incidents shape their incumbents, however momentary they may be; encounters make their encountees. It is games that make sports heroes, politics that makes politicians into charismatic leaders […] the more we can discipline ourselves to think everything through the sociology of the situation, the more we will understand why we do what we do (Collins 2004, 5)

Interaktionsrituals-Ketten weisen nicht nur zahlreiche Variationen auf, sie führen nach Collins auch zu einer insgesamt recht systematischen Ungleichheitsverteilung von akkumulierten Ressourcen, also von emotionaler Energie und kulturellem Kapital. Diese Verteilung wird von drei Faktoren beeinflusst:

 Die raumzeitlichen Anordnung von potentiellen Interaktionspartnern: Abhängig davon, wo jemand aufwächst, seinen Beruf ergreift, welche Transport- und Kommunikationstechnologien ihm zur Verfügung stehen, kann er/sie mit jeweils unterschiedlichen Personen erfolgreiche Interaktionsrituale inszenieren.  Opportunitätsstrukturen: Nach Collins (1979) weisen auch Professionen starke Schließungsmuster und schließen somit weite Bevölkerungsteile von einer Reihe von Interaktionsritualen aus. Aber auch abseits dieser sozialen Schließungen werden gelungene Interaktionsrituale nur zwischen Personen mit relativ gleicher Ausstattung an kulturellem Kapital inszeniert. Rössel (2002, 432) verweist in diesem Zusammenhang auf Erkenntnis von Schulze (2000), dass man sich tendenziell mit Personen aus demselben „alltagsästhetischen Schema“ (Hochkulturschema, Trivialschema, Spannungsschema): „jemand der eher kulturelles Kapital im Bereich von action- und spannungsorientierter Freizeitgestaltung gesammelt hat, wird nicht freiwillig eine Person mit ausgesprochenen hochkulturellen Neigungen als Interaktionspartner auswählen. Dies würde vermutlich eher zu einer langweiligen oder peinlichen Situation führen“.  Macht/Status: Collings postuliert, dass Personen mit einen höheren Status und/oder mehr Machtausstattung tendentiell Interaktionen derart bestimmen können, dass sie emotionale Energie (einseitig) vermehren.

Die von Hartmann (1996) eruierten Anforderungen an einen Manager können als aus unterschiedlichen Interaktionsrituals-Ketten hervorgegangene Charakterzüge gesehen werden. Um ein Beispiel herauszugreifen: Je nachdem wie viele Interaktionsrituale ein Manager für sich erfolgreich inszenieren konnte, wird er oder sie grundsätzlich optimistisch sein. Folgt man Collins so dominiert das Prinzip „Die Chemie muss stimmen“ nicht notwendigerweise, weil man zu Personen desselben Schlages leichter Vertrauen ausbilden kann (Hartmann), sondern weil man durch eine derartige Wahl (bewusst oder unbewusst) seine emotionale Energie steigert. Derartige Prozesse können in Interaktionsstudien beobachtet werden.

4.2.6 Synopsis

In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Themen der Elitenforschung aus der Warte unterschiedlicher Elitesoziologen/innen diskutiert. Tabelle 4.1 soll einer übersichtlichen Zusammenstellung aller Teilperspektiven dienen. 140

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

In Kapitel 4.3 bemühe ich mich unter anderem darum, festzustellen, wie der Aufstieg in die Wirtschaftselite in der „Österreich AG“ erfolgt. Auf das Thema der Elitenauslese gibt es im Wesentlichen zwei Sichtweisen, eine funktionalistische (Dreitzel, Keller) und eine machttheoretische (Mills, Hartmann). Die erste besagt, dass Spitzenstellen allen offen stehen, die entsprechende Berechtigungs-Prozeduren im Wettbewerb mit anderen durchlaufen haben. Die zweite nimmt den Standpunkt ein, dass Personaleinstellungen in den obersten Rängen stets im habituellen Einverständnis erfolgen (vgl. Hartmann 2002). Mills spricht gar von einem Establishment, Hartmann von einer herrschenden Klasse für die andere Regeln der Stellenvergabe gelten als für den Rest des Managements. Ich versuche in Interviews und durch non-reaktive Erhebungsmethoden heraus zu finden, inwiefern in Österreich Führungs- und Entscheidungszirkel einem closed shop ähneln. Mit dieser Fragestellung knüpfe ich an „klassische“ Elitentheorien an. Mein Interesse gilt jedoch auch der neueren Managementliteratur, die nationale Managerprofile mit der internen Logik nationaler Ökonomien in Verbindung bringen. In Kapitel 2 wurde aufgezeigt, dass sich das institutionelle Gefüge der „Österreich AG“ über die Zeit hinweg stark gewandelt hat. Die neue Wirtschaftsordnung sollte mit neuen Karrieremustern und Elitenprofilen einhergehen. Um Elitenwandel dokumentieren zu können muss die Entwicklung der beruflichen Werdegänge von Führungskräften im Zeitverlauf betrachtet werden. Ich liefere lediglich eine Momentaufnahme des aktuellen Managements und leite aus der vorhandenen Literatur zu Führungskräften in koordinierten Marktwirtschaften ab, welche Managerprofile für koordinierte Marktwirtschaften in der Vergangenheit typisch waren. Eine derartige Vorgehensweise kann natürlich kritisiert werden. Augrund des mit Elitenstudien verbundenen großen Erhebungsaufwands sah ich mich außerstande im Rahmen der Dissertation eine Längsschittsuntersuchung durchzuführen.

141

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Tabelle 4.1: Elitentheorien von Mosca bis Hartmann im Vergleich Autor Elitenbegriff Elitenzirkulation/Rekrutierung Soziodemografisches Profil/Persönlichkeit Herrschende oder politische Klasse Nur diejenigen, die die Werte (die ‚ politische Der Masse der Beherrschten materiell und Mosca (1950) bestehend regierende Schicht und Formel’) einer Gesellschaft repräsentieren intellektuell überlegen Zwischenschicht Residuen der Kombination (Innovation, List, Mut) a) Regierende/Nichtregierende Elite Geschichte als Friedhof von Eliten Pareto (1955) Residuen der Persistenz (Tradition, Gewalt, b) Funktionselite Kleiner und großer Elitenzyklus Risikovermeidung) Oligarchen in menschlichen Charisma: Redegabe, Schönheit, Energie des Willens, Michels (1970) Eherne Gesetz der Oligarchie Zweckorganisationen Berühmtheit In höheren Position tendenziell mehr Upper- und Leistungsauslese Keller (1963) Strategische Eliten Upper-Middle-Class-Angehörige Andere Kriterien zweitrangig Prinzipiell: Geringe soziale Homogenität Leistungsauslese: Leistung + Erfolg Dreitzel (1974) Leistungseliten Leistungshelden mit distinktem Selbstbild Vererbung von Spitzenpositionen Aus den oberen Schichten Enge Verflechtungen Mills (1956) Machtelite Ausgeprägtes Klassenbewusstsein Interessensgeleitete Rekrutierung WASP-Kultur ( white anglo-saxon protestants ) „Die Chemie muss stimmen“ – die soziale Aus den oberen Schichten Hartmann (1996, 2002) Herrschende Klasse Herkunft, nicht die Leistung ist Herkunftsspezifischer Habitus: Souveränität, ausschlaggebend Allgemeinbildung, unternehmerisches Denken Collins (2004) Individuen mit ähnlichen Interaktionsrituals-Ketten

142

4.3 Eine empirische Annäherung an das Topmanagement in Österreich

4.3.1 Eliteprofile des Topmanagement in vergleichender Perspektive Die folgende empirische Untersuchung möchte typische Charakteristika von Top-Managern im österreichischen Kontext herausarbeiten. Die Ausgangsfrage ist daher: Wer ist die österreichische Wirtschaftselite? Bei der Beantwortung dieser Frage wird der Fokus einseitig auf Managerprofile und nicht auf das Selbstverständnis der Manager gerichtet sein. Es ist gut dokumentiert, dass Managerprofile stark durch die im jeweiligen Land vorherrschenden Organisationsstrukturen und Unternehmensverständnisse bestimmt sind. Aus der vergleichenden Managementliteratur wissen wir, dass ein auf Langfristigkeit und Kooperation angelegter Kapitalismus nach einem anderen Führungspersonal als ein marktorientierter Kapitalismus angelsächsischer Prägung verlangt. Während ein „Elitekreislauf“ auf der obersten Führungsebene für die britischen Manager typisch ist (externer Markt für Führungskräfte), sind deutsche Unternehmen durch strukturierte interne Arbeitsmärkte gekennzeichnet, deren „Aufstiegsleitern durch betriebliche Tradition bestimmt sind. ´Außenseiter` werden nur selten akzeptiert“ (Windolf 2003, 330). Bei der Lektüre der Lebensläufe führender Manager gewinnt man den Eindruck, dass der Abfolge der verschiedenen Berufsabschnitte eine interne, zielgerichtete Logik innewohnt. Diese Logik erfährt stets eine nationalspezifische Prägung. Sie ist als Ausdruck eines „generalisiertes Austausches“ 51 theoretisiert worden (Deutschmann 1989). Einerseits dienen (institutionalisierte) Karrieremuster dem Manager als Orientierungshilfe, wie er seine Potentiale ausschöpfen soll, ohne zeitintensive und nur bedingt reversible Investitionen zu tätigen. Andererseits bringen Karriereverläufe, die mit einem Aufstiegsversprechen verbunden sind, auch den Unternehmen Vorteile. Indem sich die Unternehmensleitung an ausgewählten, zumeist nicht zueinander in Widerspruch stehenden, Aufstiegskriterien orientiert, kann sie loyale Mitarbeiter an sich binden. Darüber hinaus entsteht durch die Vorgabe von Karrieremustern erst die Möglichkeit von Aufstiegskonkurrenz. Unternehmen können davon insofern profitieren als letztendlich die aus Konkurrenzkämpfen als Sieger hervorgegangen Manager stets am meisten Humankapital besitzen sollten. Die Institutionalisierung bringt so auf beiden Seiten eine Entlastung mit sich (vgl. auch Kohli 1985): Managern stehen Anhaltspunkte zur Verfügung, welche Berufsziele für sie erreichbar sind. Die Unternehmensleitung kann gezielt Personal anstellen. Bemerkenswert ist, wie stark die Vorgaben für Führungslaufbahnen sich nach Ländern unterscheiden. Für Deutschland gilt traditionell: „Der Abschluss als Diplom-Kaufmann bzw.

51 Dieser Begriff geht auf Lévi-Strauss (2000) zurück und zielte ursprünglich auf die Beschreibung von Heiratsordnungen ab, in denen die Heirat dem Austausch von Frauen zwischen sozialen Gruppen diente. Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Betriebswirt gilt […] nicht als genereller Befähigungsnachweis für das Management“ (Faust 2002, 74). In der Chemie- und Pharmaindustrie ist es im Regelfall vielmehr der promovierte Naturwissenschaftler, der das Unternehmen leitet. Dieses funktionale Management geht zumeist mit einem etappenweise Karriereaufstieg innerhalb eines Unternehmens einher (Haus- oder Kaminkarriere). Was für den beruflichen Aufstieg zählt, ist fundiertes Erfahrungs- und Spezialwissen in dem jeweils relevanten Bereich. Ganz in Gegenteil dazu wird von Managern im angelsächsischen Raum erwartet, dass sie allgemeine, fachübergreifende Kompetenzen mit sich bringen. Es dominiert die Vorstellung vom „ management as a unified profession “ (Lane 1989). Im Gegensatz zu Deutschland bestehen eigene Ausbildungsgänge, die den Manager auf zukünftige Führungsaufgaben vorbereiten. Der Manager kann potentiell für unterschiedliche, übergeordnete Unternehmenszwecke arbeiten. Das mag mitbegründen, warum die zwischenbetriebliche Mobilität stärker ausgeprägt ist. Managementbilder und Karrieremuster unterliegen jedoch ständigen Wandlungsprozessen. Für Deutschland konnte Freye (2009) Kontinuitätsbrüche in der Besetzung der Unternehmensleitung seit den frühen 1990er-Jahren nachweisen und mit einer gewandelten Funktionslogik der Wirtschaft in Richtung eines liberalen Marktmodells begründen. Eine markante Angleichung an das Profil anglo-amerikanischer Führungskräfte sei herausgegriffen: Die Etablierung einer zunehmenden Finanzmarktorientierung deutscher Unternehmen führte dazu, dass die produktionsorientierte Ausrichtung und die praktische Erfahrung der Manager an Bedeutung verloren, die betriebswirtschaftliche Kompetenz jedoch an Relevanz gewonnen hat. Andere Idiosynkrasien weisen jedoch starke Beharrungstendenzen auf, so zum Beispiel die Selektionswirkung eines Bildungsabschluss in Frankreich und Großbritannien.

Von den PDG [président-directeurs général] der 100 größten französischen Unternehmen haben fast 70 Prozent ihren Abschluss an einer der drei berühmtesten Grandes Écoles (École Polytechniques, ENA und HEC) gemacht. Von den Chairmen der 100 größten britischen Firmen […] hat knapp jeder zweite in Oxford oder Cambridge, den beiden Eliteuniversitäten des Landes, studiert (Hartmann 2000b, 356-357).

Auch die Bedeutung der Eliteuniversitäten wie Harvard, Yale oder Princeton bei der Ausbildung von Wirtschaftseliten ist unverkennbar. „An den 20 renommiertesten Hochschulen des Landes haben über 50 Prozent der CEO der 100 größten US-Unternehmen und sechs von elf Nachkriegspräsidenten studiert. Von den CEO war allein fast jeder siebte in Harvard und von den Präsidenten jeder dritte in Yale“ (Hartmann 2007, 237). Exklusive soziale Rekrutierungen der Eliteuniversitäten in Frankreich, Großbritannien und zum Teil auch der USA führen zu einer Schließung zugunsten des Nachwuchses der oberen Gesellschaftsrängen in den Großunternehmen. Auch Deutschland, ein Land ohne akademische Elitebildungsstätten, ist eindeutig durch eine Reproduktion der Wirtschaftselite gekennzeichnet. Die empirischen Befunde sind eindeutig: „Gut zwei Drittel der Väter betätigte sich in einem 144

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster wirtschaftsnahen Beruf. Nur ein knappes Drittel gehört zum Milieu der Verwaltungsbeamten, Lehrer, Offiziere, Professoren und sonstigen Akademikern“ (Buß 2007, 17). Der Mechanismus der sozialen Selektion ist hier nicht die gemeinsame Elitesozialisation, sondern die Rekrutierung nach persönlichkeitsbezogenen Merkmalen (vgl. Hartmann 2002). In jüngster Zeit fand eine extensive Debatte in der Soziologie des Managements rund um die Frage statt, ob die genannten nationalen Prägungen durch ein relativ uniformes Kompetenzprofil sogenannter Globalmanager ersetzt werden. Ausgangspunkt der Diskussion war das Postulat einer „Weltkultur des Managements“, also einer Verschmelzung der Managementkulturen im Topmanagement, aufgestellt durch die einflussreiche Harvard- Ökonomin Rosabeth Moss Kanter (Kanter 1996). Der Globalmanager wird als ein Idealtypus des Managers von transnationalen Unternehmen mit einer stark interkulturellen Haltung gedacht. “Die Entwicklung multidimensionaler Management-Perspektiven und Fähigkeiten erlaubt ihnen, Chancen und Gefahren überall in der Welt zu erkennen und auf Veränderungen rasch und angemessen zu reagieren“ (Bartlett/Ghoshal 1990, 222). Die Globalmanager-These ist nur dann stichhaltig, wenn zumindest im Topmanagement tatsächlich nationale Rekrutierungsmuster und Karrierepfade an Bedeutung verlieren. Eine Vielzahl von empirischen Studien konnte jedoch keinen Entsprechungszusammenhang zwischen transnationalen Strukturen und globalen Management-Kompetenzen ausmachen. Anhand einer Fallstudie über den Volkswagen-Konzern kommen Mense-Petermann und Klemm (2009) zu dem Schluss, dass das von der praxisnahen Managementliteratur propagierte Leitbild des Globalmanagers nur auf der Ebene von talk von Organisationen aufgenommen werde.

[…] die materiale Einsatzlogik richtet sich […] wesentlich an einer ethnozentrischen Perspektive aus, die im Headquarter das Zentrum in Hinblick auf Wissen, Technologien, Management-Know-how usw. sieht, die Tochtergesellschaften dagegen als periphere Einheiten, die in Wissen, Technologien, etc., von der Zentrale abhängig sind. Die Rede von Globalität und Transnationalisierung des Managements ist also, was die für den Typus des Globalmanagers zentralen Elemente von Multiperspektivität und Unterkulturalität betrifft, von der Handlungsebene entkoppelt (Petermann/Klemm 2009, 489, Hervorh. PhK).

Auch Pohlmanns (2009) empirische Befunde sprechen dafür, dass die Internationalisierung des Managements hinter jener der Unternehmen zurück bleibt. Nicht eine wurzellose „Weltklasse“ sei im Entstehen begriffen, sondern eine mit nationalen Karrieresystemen kompatible „Internationalisierung light“ - eine grenzüberschreitende Mobilität in Form einer temporären Auslandsentsendung. „Die temporäre Entsendung von inländischem Personal, also ´brain circulation`, und nicht die personelle Rekrutierung von ausländischem Personal ist in Deutschland, den USA und in Ostasien das zentrale Muster der Internationalisierung des Managements und ein gleichwohl wichtiger Mechanismus weltwirtschaftlicher Vergesellschaftung (Pohlmann 2009, 523). Forsters Studie (2000) zur Wirtschaftselite in

145

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

England legt darüber hinaus sogar nahe, dass mehrjährige Auslandsaufenthalte sich negativ auf Karriereverläufe auswirken. All diese Befunde regen die Fragestellungen der folgenden empirischen Untersuchung zur österreichischen Wirtschaftselite an. Der Befund, dass sich Manager nicht in einem denationalisierten Raum bewegen, legt eine sehr eingeschränkte Generalisierbarkeit nahe. Aufgrund zahlreicher Familienähnlichkeiten im Aufbau des Wirtschaftssystems (vgl. Hall /Soskice 2001) dürfte der österreichische dem deutschen Fall am stärksten entsprechen: - Produktionsorientierung : „Deutsche Unternehmen betonen Produktion und Qualität des Produkts, vernachlässigen aber Marketinganstrengungen, während die Stärken der britischen Unternehmen im Marketing und im kaufmännischen Management liegen“ (Sorge 1999, 67). Für die österreichische Managergeneration zumindest der 80er Jahre, der u. a. Heribert Apfalter, Oskar Grünwald, Claus Raidl, Hugo M. Sekyra und Peter Strahammer angehörten, kann man auch eine gewisse Produktionsorientierung feststellen. Für nachfolgende Generationen ist wahrscheinlich der Kommentar des ehemaligen Generalsekretär der Vereinigung österreichischer Industrieller, Herbert Krejci, zutreffend: Die Industriellen hätten gelernt, dass Marketing und Verkaufen wichtige Dimensionen sind. Eine Generation sei auf den Plan getreten, die „die innere Bereitschaft zur Öffnung hatte … Die Jungen stellen sich freiwillig dem Wettbewerb, diese neue Generation hatte die Internationalität schon mit der Muttermilch aufgezogen“ (zit. nach Lacina et al. 2005, 17). Ob diese Interpretation zutreffend ist, muss erst durch empirische Forschung beantwortet werden. - Ausbildung: Der deutsche Manager absolviert erheblich öfter ein naturwissenschaftliches Studium als sein angelsächsisches Pendant (Lane 1989, 92-93). Zur Frage des Bildungshintergrundes klafft eine Forschungslücke für Österreich. Die einzigen Arbeiten zu Karrieren von Führungskräften konzentrieren sich einseitig auf Absolventen der WU Wien (Mayrhofer/Meyer/Steyrer 2005, Dawid /Mosser 2000). - Hauskarriere : „Wechsel zwischen Ressorts, Unternehmen und Ländern sind im angelsächsischen Kontext verbreiteter als im deutschen“ (Freye 2009, 42). Eine Präferenz für die Hauskarriere legt auch die österreichische Presseberichterstattung über Managerkarrieren nahe. - Sozial Herkunft : Für Deutschland ist der Befund abgesichert, dass Söhne aus dem gehobenen Bürgertum in der Wirtschaftselite überrepräsentiert sind (Buß 2007, Hartmann 1996). Für Österreich fehlen systematische Untersuchungen. Es wurde jedoch bemerkt, dass in der Verstaatlichten politische Netzwerke eine Rolle bei der Postenvergabe spielten und dass sich die Verstaatlichte durch soziale Durchlässigkeit auszeichnete – „ein Aufstieg aus allen gesellschaftlichen Schichten war möglich“ (Lacina et al. 2005, 156). Zumindest für die Industrie ist daher eine Übertragung der soziostrukturellen Befunde von Deutschland auf Österreich wenig plausibel. 146

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

- Interpenetration von Politik und Wirtschaft : Betrachtet man die Manager der größten 700 deutschen Unternehmen, die drei oder mehr Vorstands- oder Aufsichtsratspositionen einnehmen, so zeigt sich: Der Anteil jener Manager, die Berufsabschnitte im politischen und/oder staatlich-administrativen System aufweisen, liegt bei etwa fünf Prozent. Das trifft auf Österreich nicht zu. Wie ausführlich demonstriert wurde, sind die Spitzenverbindungsmänner in Österreich zum Teil politisiert. Auch aus einer historischen Perspektive zeigt sich, dass in Österreich Politik und Wirtschaft stärker als in Deutschland aneinander gekoppelt waren. Bis zu der Periode der Reorganisation und Sanierung der verstaatlichten Industrie (1986-1990) waren Spitzenmanager stark in das politische System eingebunden. Die Arbeiterkammer war, um ein Beispiel zu nennen, die Kaderschmiede des sozialdemokratischen Managements:

INTERVIEWER: Da gab´s also eine Zeitlang ein idyllisches Leben in der Arbeiterkammer, ein privatgelehrtenhaftes – dann ist auf einmal die Welt hereingekommen bzw. der Ruf nach Welt […] FERDINAND LACINA [eh. Bundesminister für Finanzen, 1986-1995]: Nein, ganz so idyllisch und weltfern war es nicht […] ein guter Teil des Wirtschaftsprogramms der SPÖ zu Anfang der Ära Kreisky, ist zwar auf großen ökonomischen Konferenzen diskutiert worden, aber letztendlich geschrieben wurde es von Leuten, die in der Arbeiterkammer saßen, zum Beispiel Veselsky, März und vielen anderen. […] Ich war damals auch Vorsitzender einer Arbeitsgruppe und zwar war ich für den Forschungsbereich zuständig. Die Marika Scezi war dabei, der Ossi Grünwald, natürlich der Edi März, Veselsky hat die Präsentation übergehabt. Hannes Androsch, als einer, der nicht in der Arbeiterkammer war, zählte mit zur Partie, Heinz Kienzl für das Planungskapital und viele andere …[…] (Mahlich/Schediwy 2008, 97- 98).

Aufgrund der gänzlichen Unerschlossenheit des Themas und der beschränkten Generalisierbarkeit von Elitenprofilen deutscher Manager hat die nachfolgende Studie einen explorativen Charakter. „Der Gegenstandsbereich der sozialen Realität soll zunächst deskriptiv aufgearbeitet werden, um im daran empirisch begründbare theoretische Konzepte, Theorien, Hypothesen entwickeln zu können“ (Kromrey 2009, 504). Alle inhaltlichen Dimensionen der folgenden Analyse über das Elitenprofil Österreichs Top- Managements haben sich in der einschlägigen Soziologie des Managements zur Herausarbeitung nationaler Spezifika bewährt (vgl. Faust 2002, Freye 2009, Glover 1976, Lane 1989).

4.3.2 Stichprobe Die Stichprobenziehung stützt sich auf die Liste „Top 500“ für das Jahr 2008, die jährlich von der Wirtschafts-Trend-Zeitschriftenverlagsgesellschaft m.b.H. herausgegeben wird. Alle Unternehmen werden in dieser Liste einer von drei Wirtschaftssparten zugerechnet: Industrie, Handel und Dienstleistungen. Um eine repräsentatives Sample („Top 100“) ziehen zu können, wurden die größten 300 Unternehmen nach Nettoumsatz selektiert und sodann in diesem Subsample das Verhältnis der Wirtschaftssparten zueinander berechnet. Dem Verhältnis 5:3:1,5 entsprechend wurden insgesamt 80 Firmen, darunter 41 Industrie-, 27 Handels- und 12

147

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Dienstleistungsunternehmen in die Untersuchung aufgenommen. Diese Liste wurde um die in Hoppenstedt-Firmendatenbank 2008 verzeichneten größten 15 österreichischen Banken und 5 Versicherungen ergänzt. Beide Ranglisten wurden nach den üblichen Kennziffern, Umsatzgröße bzw. Bilanzsumme, erstellt. Das Verhältnis von 80 zu 20 zwischen Unternehmen und Banken wurde gewählt, um eine Vergleichbarkeit mit den Hartmann´schen Ergebnissen zur Sozialstruktur der deutschen Wirtschaftselite herzustellen (vgl. Hartmann 2001, 162-163). Für jedes Unternehmen nahm ich jenen Manager in die Untersuchung, der in einer der beiden Datenquellen als Vorstandsvorsitzender/Vorstandssprecher oder im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Geschäftsführer angeführt wurde. Nur im Falle der österreichischen Kontrollbank berücksichtigte ich beide gleichberechtigten Vorstände, Dr. Johannes Attems und Dr. Rudolf Scholten. Nur in ausgewählten Fällen wurden die Angaben zum Management auf den aktuellen Stand (2010) gebracht. Immer dann, wenn Managementpositionen zwischen 2008 und 2010 neu besetzt wurden und der Lebenslauf sowie Informationen zum sozialen Hintergrund der Manager von 2008 nicht recherchiert werden konnten, entschied ich mich für ein update . Um ein Beispiel zu nennen: 2008 wurde die BMW Group Österreich von Dr. Andreas Wendt und die BMW Motoren GmbH von Günter Klamer angeführt. Zu beiden konnten keine biographischen Informationen recherchiert werden, beide wurden im Beobachtungszeitraum durch Dr. Anton Heiss und Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Wölfel ersetzt. Um zwei Ausfälle zu vermeiden wurde im Falle von BMW Listenaktualisierungen vorgenommen. Meiner Meinung nach finden sich keine Argumente, warum ein derartiges Vorgehen Ergebnisse systematisch verfälschen könnte. In großangelegten Elitestudien liegen die durchschnittlichen Ausschöpfungsquoten zwischen 40 und 50 Prozent (vgl. Hoffmann-Lange 1990). Die folgende Untersuchung umfasst zwar nur eine relativ kleine Anzahl von Topmanager, zielt jedoch auf eine Vollerhebung der bedeutendsten Wirtschaftspositionen ab. Der Auswahl von Manager liegt die theoretische Annahme zugrunde, dass formale Machtpositionen mit entsprechend weitgehenden Einflussmöglichkeiten einhergehen (Drewe 1974, 167).

4.3.3 Forschungsmethode Zu jedem der insgesamt 101 österreichischen Manager wurden zuerst offizielle Lebensläufe recherchiert, die zumeist von den Unternehmen ins Netz gestellt wurden. Waren diese nicht erhältlich, so griff ich auf biographischen Informationen aus dem österreichischen „Who is Who“ zurück. Diese Datenquelle zeichnet sich dadurch aus, dass sie in einer standardisierten Abfolge und mit zeitlichen Datierungen relevante Berufsabschnitte zusammenfasst. In wenigen Fällen konnte ich auch auf Biographien des Munzinger-Archivs zurückgreifen. War eine

148

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Informationsbeschaffung über diese herkömmlichen Wege nicht möglich, so kontaktierte ich die Unternehmen persönlich und bat, mir einen Lebenslauf des Managers zukommen zu lassen. In keinem der recherchierten Lebensläufe waren Angaben über die Eltern enthalten. Um die soziale Herkunft der Manager festzustellen, versuchte ich in einem ersten Anlauf, Zugang zu den Inskriptionsakten der Universität Wien, der TU Wien, sowie der WU Wien zu erhalten. Inskriptionsblätter („Nationalien“) sind eine Form der Studentenevidenz, die bis zum Sommersemester 1967 geführt wurden.

Die Nationalien sind Inskriptionsblätter, die jeder Studierende semesterweise auszufüllen hatte. Durch ihre normierten Fragestellungen kann der biographisch Forschende zahlreiche Aussagen mit hohem Authentizitätsgrad gewinnen, da es sich um autobiographische Selbstaussagen der Studierenden handelt. Aus den Nationalien sind der Geburtsort, häufig auch das genaue Geburtsdatum, zumindest das Alter des Studierenden, dessen Muttersprache, nationale Herkunft und Religionszugehörigkeit, sein soziales Ambiente (Beruf des Vaters […]) […] feststellbar. (Seidl 2003, 1).

Mein Ansuchen wurde mit der Begründung abgelehnt, dass eine Einsichtsnahme eine schriftlich festgehaltene Einwilligung des Betroffenen voraussetze (Schreiben des Rektorats). Deswegen musste auf eine reaktive Erhebungsmethode zurück gegriffen werden. Falls in der österreichischen Presse nicht der Beruf des Vaters berichtet wurde, wandte ich mich zuerst per Mail, sodann auf postalischem Wege an die Manager bzw. deren Sekretariate. Insgesamt konnte 84 Lebensläufe recherchiert werden und in 72 Fällen der soziale Status des Vaters in Erfahrung gebracht werden. Während curriculae vitae für Manager der Wirtschaftsbereiche Banken/Versicherungen und Dienstleistungen relativ leicht zu recherchieren sind, ist sowohl der Bekanntheitsgrad als auch die Veröffentlichung autobiographischer Information in den Bereichen Industrie und Handel geringer. Ein Beispiel: Mittels einer Zeitungsrecherche konnte ich in Erfahrung bringen, dass die Geschäftsführerin von Daimler Chrysler Österreich, Brenda Müllner, 1949 in Montana/USA geboren wurde und Psychologie studierte. Einen ausführlichen Standard-Lebenslauf stellt das Unternehmen jedoch nicht zur Verfügung. Bei derart unvollständigen Informationen entschloss ich mich dazu, den Fall nicht in die Analyse aufzunehmen. Trotz der insgesamt 17 Ausfälle ist das Sample als repräsentativ für das österreichische Top-Management einzuschätzen.

149

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Diagramm 4.1: Recherchierte Lebensläufe nach Wirtschaftsbranche (N = 101), absolute Zahlen

Industrie

Handel

Dienstleistung

Bank/Versicherung

0 5 10 15 20 25 30 35

vorhanden fehlend

In zahlreichen Elitenstudien wurde ein unterschiedliches Antwortverhalten nach sozialer Herkunft festgestellt. In der Regel erhöht sich die Antwortbereitschaft, wenn es sich um soziale Aufsteiger handelt. Es ist anzunehmen, dass dieser Befund auch für die vorliegende Studie zutreffend ist. Da jedoch einige Angehörige der Oberschicht entweder einen Familienbetrieb fortführen oder zur Prominenz zu zählen sind, konnte für sie das Herkunftsmilieu auf non- reaktivem Wege per Zeitungsrecherche eruiert werden. Das sollte die unerwünschten Effekte von Antwortverzerrungen nach sozialer Schicht nivellieren.

Diagramm 4.2: Antwortverhalten der Befragten (N = 101), absolute Zahlen

Unterschicht

Mittelschicht

Oberschicht

0 5 10 15 20 25 30

Recherche Umfrage

Die quantitativen Auswertungen über Karrierewege wurden durch teilstrukturierte Interviews über Auswahlkriterien und –mechanismen bei der Besetzung von Vorstandspositionen in österreichischen Großunternehmen mit insgesamt sieben Gesprächspartnern ergänzt. Dabei

150

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster handelte es sich um einen ehemaligen Vorstand aus dem Bankensektor und um fünf Personalchefs führender Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftssparten (Automobilbau, Bankgewerbe, Industrien, Dienstleistungen). Die internen Personalmanager, oft auch Human Ressource Directors genannt, sind im Grunde nicht mit der Bestellung des Vorstands befasst. Als Experten verfolgen sie jedoch aufmerksam die Personalpolitik in den Führungsetagen ihres Unternehmens über viele Jahre. Darüberhinaus unterbreiten sie nicht selten dem Aufsichtsrat über formelle oder informelle Wege Vorschläge über geeignete Kandidaten. Insofern sind sie kompetente Auskunftspersonen hinsichtlich unternehmensinterner Karrierepfade und Auswahlprinzipien. Sie überblicken jedoch zumeist nicht, wie österreichweit die Suche nach den „besten Köpfen“ betrieben wird. Die geschilderten Inneneinsichten aus Wirtschaftsunternehmen mit sehr unterschiedlicher Eigentümerstrukturen und Branchenzugehörigkeiten sollten jedoch insgesamt ein repräsentatives (wenn auch nicht erschöpfendes) Bild für Österreichs Rekutierungspraktiken bieten.

4.3.4 Soziale Öffnung oder soziale Schließung? – Karrieren in der Wirtschaft nach sozialer Herkunft Bei der Besetzung von Spitzenpositionen spielt Chancengleichheit, d.h. das Prinzip, dass individuelles Vorankommen nicht durch die soziale Herkunft oder zugeschriebene Charakteristika begrenzt werden soll, in der Regel eine sekundäre Rolle. Im Vordergrund steht die Suche nach den „besten Köpfen“, die, wie Jerome Karabel in Zusammenhang mit den Aufnahmeverfahren von Harvard, Yale und Princeton herausgearbeitet hat, vor allem durch Ermessensentscheidungen und Undurchsichtigkeit charakterisiert sind. „Ermessungsentscheidungen, die den gatekeepers die Freiheit lassen, so zu verfahren, wie sie wollen, und Undurchsichtigkeit, die ihnen garantiert, dass Ihr Ermessen keiner öffentlichen Prüfung unterworfen werden kann“ (Karabel 2009, 46). Für eine derartige Politik wird zumeist das diffuse Auswahlkriterium „Charakter“ herangezogen oder andere hochgradig subjektive Qualitäten, die schließlich nur von jenen beurteilt werden können, die sie selbst besitzen. Hartmann (2002) hat nachweisen können, dass Rekrutierungen dieser Art sich nicht auf die „Großen Drei“ beschränken, sondern auch in den obersten Etagen deutscher, französischer und englischer Großunternehmen anzutreffen sind. Er spricht vom Mythos der Leistungseliten. Wenn dieser Befund des Fehlens von „Leistungsgerechtigkeit“ auch für Österreich zuträfe, müsste sich das in der sozialen Zusammensetzung der wichtigsten Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer äußern. Der Nachwuchs des gehobenen und vor allem des Großbürgertums müssten in den Spitzenpositionen eindeutig dominieren. Um dieser Frage nachzugehen, wurden Angaben zu dem Beruf des Vaters mittels der Berufsklassifikation Ö-ISCO 88 ausgewertet. Welche Berufe welchen Berufsgruppen zugeordnet wurden, kann im Anhang nachvollzogen werden („Kategorisierung der Berufsangaben“, Kapitel 151

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

9.7). Aus der folgenden Tabelle geht hervor, dass die größte Anzahl an Vätern der Berufsgruppe „Geschäftsleiter und Geschäftsbereichsleiter in großen Unternehmen“ zugeordnet werden kann.

Tabelle 4.2: Väterberufe der Befragten (N = 70), absolute Zahlen Ö-ISCO-Berufsgruppen Anzahl 1 Angehörige gesetzgebender Körperschaften und leitende Verwaltungsbeamte 2 2 Geschäftsleiter und Geschäftsbereichsleiter in großen Unternehmen 16 3 Leiter kleiner Unternehmen 6 4 Physiker, Mathematiker und Diplomingenieure 5 5 Biowissenschaftler, Mediziner, Apotheker 1 6 Lehrkräfte mit akademischer Ausbildung 6 7 Sonstige akademische Berufe 1 8 sonstige nichttechnische Fachkräfte 8 9 Büroangestellte ohne Kundenkontakt 7 10 Personenbezogene Dienstleistungsberufe und Sicherheitsbedienstete 2 11 Fachkräfte in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Fischerei 5 12 Metallarbeiter, Mechaniker und verwandte Berufe 3 13 Sonstige Handwerks- und verwandte Berufe 4 14 Verkaufs- und Dienstleistungshilfskräfte 1 15 Hilfsarbeiter im Bergbau, Baugewerbe, in der Fertigung und Transportwesen 3 Gesamt 70

Um eine sozialstrukturelle Analyse aller Manager auf Aggregatniveau durchführen zu können, wurden diese Berufsgruppen der Unter-, Mittel- und Oberschicht zugeordnet. Diese einfache Dreiteilung geht auf einen Vorschlag von Schelsky (1965) zurück. Der wesentlichste Unterschied zwischen Mittel- und Unterschicht ist für Schelsky der, dass in ersterer Eltern Wert auf eine gute Ausbildung ihrer Kinder legen. Die Oberschicht unterscheidet sich von der Mittelschicht wiederum dadurch, dass die Ausbildung ihrer Nachkommen keinen materiellen Beschränkungen unterworfen ist. Da Schichtungsmentalitäten schwer erfassbar sind, wurde eine dreiteilige Schichtungspyramide allein anhand berufsbezogener Merkmale konstruiert. Fachkräfte in der Landwirtschaft, Arbeiter und Hilfskräfte (Zeilen 11-15), also alle die in erster Linie manuelle Arbeit verrichten, wurden der Unterschicht zugeordnet. Die Mittelschicht setzt sich aus akademischen Berufen und mittleren Beamten und Angestellten zusammen (Zeilen 4- 10). Unternehmen in kleinen und großen Betrieben sowie leitende Angestellte finden sich in der Oberschicht (Zeilen 1-3). Insgesamt zeigt sich eine sozialstrukturelle Verteilung, die einer Zwiebel mit einem dick geratenen oberirdischen und einem dünnen unterirdischen Teil gleicht.

152

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Tabelle 4.3: Shichtzugehörigkeit österreichischer österreichischer Topmanager (N = 70) Anzahl Prozent Oberschicht 24 34 Mittelschicht 30 43 Unterschicht 16 23 Gesamt 70 100

Diese Verteilung weicht eindeutig von den Ergebnissen Hartmanns zur sozialen Herkunft der 100 größten Unternehmen Deutschlands im Jahr 1995 ab (vgl. Hartmann 1997). Bei ihm fielen von 83 Managern 11 in die Kategorie „Arbeiterklasse/Mittelschichten“ und 72 in die Kategorie „Etabliertes Bürgertum“ (leitende Angestellte, Offiziere, akademische Freiberufler, höhere Beamte, Unternehmer). Eine Detailanalyse ergibt darüber hinaus für Österreich (im Gegensatz zu Deutschland) eine eindeutige Beamtenferne der Wirtschaftselite. Entstammen Manager der Oberschicht, so sind deren Väter zumeist Unternehmer gewesen. Während in Deutschland „die Kinder leitender Angestellter anscheinend aus dem höheren Arbeitsplatzrisiko in der Industrie eine Vorliebe für die vergleichweise bürokratisierten, aber auch sicheren Verhältnisse bei den großen Banken und Versicherungen“ (Hartmann 1997, 305) entwickelt haben, erweist sich die Finanzbranche in Österreich als wenig exklusiv. Während der Handel sich in der Hand von Managern aus eher wohlsituierten Familien befindet, finden sich in der österreichischen Industrie die besten Aufstiegschancen für Arbeitersöhne. Mit der Ausnahme des Handels zeigt sich für alle anderen Branchen ein leichter Mittelschichtsbias.

Diagramm 4.3: Die soziale Herkunft österreichischer Topmanager nach Wirtschaftsbranchen (N = 70)

12

10

8

6

4

2

0 Oberschicht Mittelschicht Unterschicht

Bank/Versicherung Dienstleistung Handel Industrie

Wie lässt sich der Befund, dass die soziale Herkunft kein entscheidendes Zugangskriterium zur österreichischen Wirtschaftselite der Gegenwart ist, vor dem Hintergrund der Hartmannschen

153

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Befunde zur deutschen Wirtschaftselite als geschlossene Gesellschaft erklären? Ich möchte im Wesentlichen drei Erklärungsangebote unterbreiten: Betrachtet man die Unternehmen jener Vorstandsvorsitzenden, deren Wiege in einem Arbeiterhaushalt stand, so zeigt sich eine gewisse Staatsnähe in mehrerlei Hinsicht. Im Falle der Bauunternehmen Teerag-Asdag und Alpine-Bau, des Hochtechnologieunternehmens Infineon Technologies, der Infrastrukturgesellschaft ASFINAG oder der österreichischen Siemens-Tochter ist die Republik Österreich der wichtigste Geschäftspartner. In ganz Europa sind die Karrierechancen für Manager aus der breiten Bevölkerung in staatsnahen Unternehmen unvergleichlich besser als überall sonst in den Unternehmen (vgl. Hartmann 2002, 89). Dieser Befund sollte auch auf Österreich zutreffen. Finanzunternehmen wie etwa die Unicredit Bank Austria (vormals Bank Austria CA), die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank, die diversen Raiffeisenlandesbanken und deren Unternehmenstöchter RWA Raiffeisen Ware und Agrana weisen soziale Ursprungsmilieus auf, die dem Kleinbürgertum oder gar der (ländlichen) Arbeiterschaft zuzuordnen sind. Die Bank Austria etwa ist aus der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien erwachsen. Die Z mit ihrer Zentrale in der Sparefrohgasse war u. a. als Kreditgeber für den Wohnungsbau und kommunale Einrichtungen in der Nachkriegszeit ein Pendant zu den bürgerlichen Vereinssparkassen. In der Unternehmenschronik ist zu lesen: „Soziale und humanitäre Erwägungen standen ... am Ausgangspunkt der Zentralsparkasse. Vor allem sozial schwächere Schichten sollten erstmals Gelegenheiten erhalten, Einkommensteile sicher und zinsbringend anzulegen“ (Grubelnik 1998, 81). Im Aufsichtsrat der Bank Austria, die 1991 aus dem Zusammenschluss der Zentralsparkasse mit der Länderbank hervorging, saßen Vertreter der „Anteils-Verwaltung der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien“, darunter der Wiener sozialdemokratische Bürgermeister. Die bäuerlichen Raiffeisenbanken wiederrum weisen die Struktur von Genossenschaften auf, die das „Rückgrat der lokalen ländlichen beziehungsweise kleinstädtischen Ökonomien“ darstellten (Hofstätter 2010, 361). Ebenso halfen diese Hypothekarbanken der Bauernschaft, „sich langfristig auf Landesebene als die dominierende politische Kraft zu etablieren“ (a. O., 361). Ihre historischen Wurzeln mögen zwar unter europäischen Wettbewerbsbedingungen und dem Bedeutungszuwachs neuer Geschäftsfelder (Kommerzgeschäft) an Relevanz eingebüßt haben, eine gewisse Prägekraft für den Habitus von Managern darf ihnen dennoch zugeschrieben werden. Auch aus einer weiteren historischen Perspektive ist eine Dominanz der Oberschicht in den Führungsetagen unplausibel. Ein markanter Kontinuitätsbruch in den Eigentümerstrukturen großer Wirtschaftsunternehmen lässt sich mit dem zweiten Verstaatlichtengesetz von 1947 festmachen. 70 Industrie- und Bergbauunternehmungen, die wichtigsten Elektrizitätsgesellschaften, dazu die drei großen Banken Creditanstalt-Bankverein, die Länderbank und das Österreichische Creditinstitut und damit indirekt auch die mit diesen 154

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Banken verbundenen Industriekonzerne wurden öffentliches Eigentum (vgl. Sandgruber 1995, 459). Die privatrechtliche Organisation der Betriebe blieb jedoch aufrecht. Alle staatsnahen Betriebe wurden für ihre soziale Durchlässigkeit gerühmt (vgl. Lacina et al. 2005, 156). Bis in die siebziger und achtziger Jahren zählte das Parteibuch, denn die nach Proporz besetzte Dachgesellschaft der Verstaatlichten (Österreichische Industrieverwaltung Ges. m. b. H.) war formal stark: „Vorstandsbestellungen und Abberufungen, Geschäftsordnungen der Vorstände und Aufsichtsräte, Errichtung und Veräußerung von Konzernunternehmungen usw. der verstaatlichten Gesellschaften bedurften der Zustimmung der ÖIG, die wichtigsten Personalentscheidungen […] sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat der ÖIG“ (Grünwald 2009, 57). Auch heute werden von der Presse noch 30 der 101 untersuchten Top- Manager mit einer Partei in Verbindung gebracht. In vorangegangen Managergenerationen dürfte der Einfluss der Politik, die vorherrschende Logik von Rekrutierungen („Zum Manager wird man geboren“) ausgehebelt haben. Oder um mit Bourdieu zu sprechen: Nicht die Frage, was man den für ein Geborener sei, sondern die politische Zugehörigkeit glich einem „Trumpf im Kartenspiel“. Die Zahl von Unternehmerfamilien ist des Weiteren unter den größten Firmen auf fünf beschränkt. In den Familien Essl (BauMax), Lehner (Alpla Werke), Pappas (Mercedes Benz), Roth (Roth Heinzöle), Rauch (Rauch Fruchtsäfte ) und Seifert (XXXLutz) wurde der Vorstandsvorsitz vom Vater den den Sohn weitergegeben. Unternehmerfamilien dürften nicht nur einen höheren Stellenwert innerhalb der Wirtschaftselite einnehmen, sondern auch bei weitem vermögender sein. Für eine dritte Erklärung muss man sich auf die Mikro-Ebene begeben. Hartmann identifziert soziale Distinktionen als Mechanismen, die der Elitenreproduktion zugrunde liegen. Es ist der Habitus, der jemanden als Arbeitersohn verrät, oder als Bürgerkind durchgehen lässt. Bürgerkinder erkennen einander und schreiben sich tendentiell mehr Kompetenzen zu als Personen aus dem Kleinbürger- oder Arbeitermilieu. In diesem Zusammenhang von Hartmann (1996) herausgearbeitete Rekrutierungskriterien sind die äußere Erscheinung, das souveräne Auftreten, die guten Umgangsformen des Kandidaten sowie der Optimismus und die Allgemeinbildung. All diese Anforderungen erfüllen Bürgerkinder leichter. Österreichische Personalmanager betonen jedoch, dass sich ihre Vorstände durch Schlichtheit, Hemdsärmlichkeit und den Verzicht auf eine ausgewählte Ausdrucksweise auszeichnen. Die Personalchefin eines großen Medienunternehmens spricht von „einfachen Leuten“.

Schnöseltypen seien unter den Vorständen nicht auszumachen. Die Führungskräfte im Unternehmen seien einfache, authentische Leute ohne Starallüren. Sie seien sehr „gerade Personen“ mit denen man gerne zusammenarbeite (Interview 3)

155

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Auf meine Frage, ob ausgewählte Umgangsformen eine Rolle spielen, kommt der Human Ressource Director eines bedeutenden Industrieunternehmens auf die Bedeutung einer durch soziale Schichtzugehörigkeit gefärbten Redeweise zu sprechen:

Er glaube nicht, dass Äußerlichkeiten wie etwa eine ausgewählte Ausdrucksweise in der österreichischen Wirtschaftselite eine Rolle spielten. Er könne in dieser Hinsicht kein Klassendenken ausmachen. In Österreich sei es manchmal sogar schädlich, wenn jemand zu elegant oder nasal Schönbrunnerdeutsch rede. Das schrecke ab und erschiene als auf bourgeois oder altadelig getrimmt. (Interview 4)

Regionale Sprechweisen, die einem Herkunftsmilieu nicht eindeutig zugeordnet werden können, scheinen für Spitzenmanager ebenso typisch zu sein wie Dresscodes, die weder milieugetragen sind, noch der stilistischen Selbstdarstellung dienen können. Im Arbeitsalltag scheint es gar keine erkennbare „Marker“ zu geben, die bewusst oder unbewusst verfügbare „Skripte“ aktivieren (vgl. Pape/Rössel/Solga 2008). Aus der Automobilbranche berichtete man mir, dass Kleidungsstile Hierarchieunterschiede in den Unternehmen verwischen lassen:

Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens habe dasselbe wie die Manager in der dritten Führungsetage an. Er trete nicht mit großem Brimborium auf. Seine Stärke sei die Interaktion, das Arbeiten mit den Leuten und die Fähigkeit, sie für eine gewisse Aufgabe zu begeistern. (Interview 1)

Aus diesen Beschreibungen der Wahrnehmung von Vorstandsmitgliedern wird deutlich, dass den mit der Rekrutierung Beauftragten in Interaktionssituation wenige clues für die Zugehörigkeit zu gutbürgerlichen Milieus zur Verfügung stehen. Dementsprechend unwahrscheinlich ist, dass Bürgerkinder einander in gehobene Positionen der Wirtschaft hieven. Ein in Personalfragen erfahrener Aufsichtsratsvorstand mehrerer börsenotierter Unternehmen und langjähriger Vorstand einer großen österreichischen Bank beschrieb mir seine Rekrutierungsstrategie folgendermaßen:

Für die Wahl des Vorstandsvorsitzenden sei das Hearing ausschlaggebend. Bei der Wahl des Managers müsse sich der Aufsichtsratsvorsitzende auf seine Erfahrung verlassen. Mit vierzig hätte er sich diese Aufgabe nicht zugetraut. Heute – mit sechszig Jahren – wähle er mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit den Richtigen aus. Er achte auf das Gehabe des Kandidaten, wie er auf seine Fragen eingehe und ob er panisch auf Provokationen reagiere. Die Leute hätten sich im Hearing nicht so gut im Griff. Die Coolen machten vielleicht zwei Prozent aus. Wenn man diese an den Lügendetektor anschließen würde, könnte man nichts aus den Kurvenschwankungen ablesen. Nach seiner Erfahrung habe man es jedoch in der Regel nach einer Viertelstunde Gespräch heraußen. Die Vorauswahl, also ob jemand ein Studium abgeschlossen hat, ob er mit Menschen umgehen könne, fachlich geeignet sei oder Verhandlungsfähigkeit besitze – all das stelle der Headhunter fest. Ihn interessiere im Gespräch: Wo sind seine Schwächen? (Interview 9)

Nach dieser Beschreibung sind Belastungsfähigkeit, Stressresistenz, eine rasche Reaktionsgabe sowie Führungsstärke die ausschlagebenden Persönlichkeitsmerkmale. Diese werden von

156

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Aufsichtsratsmitgliedern (unterschiedlicher sozialer Herkunft) in einem Hearing getestet. Ein sogenannter Headhunter ist für die Vorselektion zuständig. Weder in der ersten noch in der zweiten Selektionsrunde scheint das Prinzip „Bürgerkind wählt Bürgerkind“ zur Geltung zu kommen. Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass hier relativ stark formalisierte Rekrutierungswege für die Vorstände von börsennotierten Unternehmen geschildert werden. Diese weichen stark von Managerbestellungen in Familienunternehmen ab, in denen Vertrauensnetzwerke eine stärkere Rolle spielen. In diesen Unternehmen senken ein kollektives Ethos und der familiäre Zusammenhalt „den Informations- und Kontrollaufwand, der in Manager geführten Unternehmen unumgänglich ist“ (Ziegler 2000, 20). Ein führender Unternehmer schilderte mir, wie er die Nachfolge in seinem Familienunternehmen plante. Heute sind das erste Mal in der Unternehmensgeschichte drei von vier Geschäftsführern Nicht-Familienmitglieder:

Er habe im Unternehmen gezielt und über mehrere Jahre junge Leute aufgebaut. Heute habe er vier Geschäftsführer. Mit der Zeit sei er immer weniger in das operative Geschäft eingebunden gewesen und allmählich in diverse Aufsichtsräte übersiedelt. Der Übergang sei langsam erfolgt. Er habe darauf geachtet, dass (Name des Familienunternehmens)-Gruppe nicht von ihm vernachlässigt werde. (Interview 10)

Meine Beobachtung ist, dass auch in eigentümergeführten Unternehmen Vorständen Attribute zugeordnet werden, die keine schichtspezische Verteilung in der Gesamtbevölkerung aufzeigen. So scheint Gewissenhaftigkeit ein hervorragendes Merkmal von Führungskräften in der Wirtschaft zu sein. Ein Personalchef schildert, wie sich dieser Persönlichkeitszug im Arbeitsalltag äußert:

Was Vorstandsvorsitzende auszeichne, sei das sich Kümmern-Wollen um das Geschäft und auch ständig dahinter zu sein. Geschäfte würden nicht einfach irgendwo hin delegiert. Es werde nicht leichtfertig und präsidial agiert, sondern mit viel Engagement darauf geachtet, dass alle notwendigen Arbeitsschritte erledigt werden. (Interview 1)

In einer experimentellen Untersuchung haben Minbashian, Wood und Breckmann (2010) nachgewiesen, dass Manager ihr gewissenhaftes Vorgehen stark regulieren. Sie handeln äußerst gewissenhaft, wenn die Aufgabe als schwierig oder dringlich eingeschätzt wird. Unbedeutsame Aufgaben werden mitunter ohne große Sorgfalt in Angriff genommen. Kennzeichen eines erfolgreichen Vorstandsvorsitzenden wird daher letztendlich eine Mischung aus folgenden Eigenschaften sein: Beharrlichkeit, Ausdauerfähigkeit, die Bereitschaft, sich durchzuboxen und ein ausgeprägtes Einschätzungsvermögen für die Bedeutung von anfallenden Aufgaben sein. Des Weiteren verwiesen meine Gesprächspartner stets darauf, dass ihre Chefs sowohl kommunikations- und kontaktfreudig seien als auch die Fähigkeit besäßen, ihre Vorstellungen unter Bedingungen der Teamarbeit durchzusetzen. Unternehmsinterne Hierarchien seien in den

157

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster letzten Jahren abgebaut worden, Unternehmenskulturen egalitärer geworden. Was nun zähle, sei eine starke Mitarbeiterorientierung. Ein Personalchef dazu:

Sein ehemaliger Vorgesetzter habe ihm einmal mitgeteilt, dass er sich manchmal eher als Entertainer sein direct reports und nicht als höherstehender Manager wahrnehme. Er habe erkannt, dass er die besten Manager nur dann im Unternehmen halten könne, wenn er nicht den Chef raushänge. Das könne generalisiert werden, denn heute agiere man allgemein nicht mehr ex cathedra. Der Chef müsse in gewisser Weise entertainen können. (Interview 4)

Auch aus der Sicht der interviewten Personalabteilungsleiter ist daher eine geschlossene Gesellschaft auf den obersten Führungsetagen unwahrscheinlich.

4.3.5 Karrieremuster und Karriereverläufe Ein typisches Merkmal der österreichischen Wirtschaftselite ist die unternehmens- oder konzerninterne Karriere. In der Regel werden die Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer der größten österreichischen Unternehmen nicht aus anderen Unternehmen berufen, sondern sie arbeiten sich kontinuierlich in ein und demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe bis an die Spitze.

Tabelle 4.4: Art der Rekrutierung in den Vorstandsvorsitz (N = 84) Art der Rekrutierung Anzahl Prozent weit: Konzern 19 22,6 Interne Rekrutierung eng: Unternehmen 45 53,6 Externe Rekrutierung 20 23,8 Gesamt 84 100,0

Wie lässt sich diese Präferenz für Insider erklären? Genauer gefragt: Warum etablieren sich für Manager hierarchies und nicht markets ? Die gängige Erklärung ist, dass Vorgesetzte die Praxiskenntnisse ihrer langjährigen Beschäftigten am besten einschätzen können (Williamson 1975, 77) und deswegen das Vertrauen in diese Führungskräfte entsprechend groß ist. Pohlmann (2009) unterscheidet zwischen einer organisationssoziologischen (a), einer elitensoziologischen (b) und einer kultursoziologischen Erklärungsvariante (c). (a) Die Rekrutierungsentscheidungen für die höchsten Positionen sind durch die „Abwesenheit von formalen Ausschreibungs- und Bewertungsverfahren sowie von auf Personalentscheidungen spezialisierten Fachleuten“ charakterisiert (a. O., 526). In der Regel dominieren hochselektive, netzwerkorientierte Suchstrategien. (b) Hauskarrieresystem von Organisationen dienen der Statusreproduktion von Eliten. „Gerade die Verbindung von hoher Kontrollierbarkeit und Intransparenz bildet das Einfallstor für die Realisierung der stratifikatorischen Bedürfnisse von bestimmten Schichten“ (a. O., 526).

158

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

(c) Schließlich scheint es zahlreiche kulturelle Dunkelfaktoren zu geben. Der national business systems -Ansatz (Whitley 1992) betont die historisch gewachsene Einzigartigkeit des Institutionsgefüges einzelner Nationalstaaten. Darüber hinaus wird es nicht nur länderspezifische oder branchenspezifische, sondern gar unternehmensspezifische kulturelle und soziale Spielregeln geben, die für Outsider weitgehend unsichtbar bleiben. Insider können etwa die Verlässlichkeit von Institutionen oder die Angemessenheit von Autoritätsbeziehungen zwischen Managern und Arbeitern (vgl. Geppert et al. 2006, 94) naturgemäß besser einschätzen als am externen Markt rekrutierte Führungskräfte. Meine Interviewpartner führten zum Teil andere Gründe für die Dominanz interner Rekrutierungen an. Netztwerkorientierte Suchstrategien (a) gehen in Österreich nicht notwendigerweise mit internen Rekrutierungen einher. In Unternehmen mit Mehrheitseigentümer werden Spitzenmanager auf informellem Wege zumeist aus dem Bekannten- und Geschäftsnetzwerkes des (im Aufsichtsrat vertretenen) Eigentümervertreters rekrutiert. Neben unternehmerischen Überlegungen spielen bei der Vorstandssuche auch die sprichwörtliche Chemie und das Prinzip der Reziprozität eine Rolle.

Mit neuen Vorständen versuche man auch neue Kundennetzwerke zu erschließen. Man erhoffe sich dadurch mehr Aufträge an Land ziehen zu können. Ganz zentral seien auch persönliche Sympathien und Vertrauenverhältnisse. In der Regel lerne der Eigentümer oder jemand der mit der Bestellung der Vorstände beauftragt wurde, einen Manager kennen, mit dem er sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen könne. Das spiele sich hochgradig auf der psychologischen Ebene ab. Zum Teil sei für die Wahl des Vorstands ausschlaggebend, dass man gewisse Verpflichtungen eingegangen ist und man diese mit den Besetzungen wieder abdiene. (Interview 4)

Bekanntennetzwerke (und informelle Rekrutierungswege) stellen in vielen Fällen das Fundament für die Rekrutierung externer Vorstände in eigentümergeführten Unternehmen dar. Nicht auszuschließen ist, dass durch derartige Rekrutierungsmuster es zu einer sozialen Schließung zumindest im Bereich der eigentümergeführten Unternehmen kommt (b). In börsenotierten sowie in Unternehmen mit fragmentierter Eigentümerstruktur („ free float- Unternehmen “) werden in der Regel Personalagenturen/Headhunter mit der Suche nach geeigneten Kandidaten beauftragt. Folgt man meinen Interviewpartnern, so findet diese Suche nach den besten Köpfen durch extern beauftragte Personalunternehmen auch dann statt, wenn vorab schon einige Kandidaten („Eigengewächse“) in die engere Auswahl gekommen sind. Diese zweispurige Suche diene der Objektivierung von Personalentscheidungen, d. h. ausgwählte interne könnten systematisch mit externen Kandidaten verglichen werden. In staatsnahen Unternehmen, so eine Stimme aus der Privatwirtschaft, würden derartige Assessmentverfahren lediglich der Legitimation von Personalentscheidungen nach außen hin dienen. Eine interne Einigung auf Vorstände stünde schon vor Beginn der Ausschreibungsverfahren fest.

159

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Generelle Tendenz sei es im Falle von mehreren gleichqualifizierten Kandidaten stets jemanden aus dem eigenen Unternehmen/Unternehmensgruppe, ein „bekanntes Gesicht“, zu wählen. Ein führender Bankmanager berichtete mir:

Seine Erfahrung im CEO-Bereich sei, dass nur selten jemand komplett von außen käme. Ab und an gelänge es einfach nicht, eine passende Nachfolge im Unternehmen zu finden. Er sei der Meinung, dass es eine der Aufgaben der CEOs sei, für ihre Nachfolge zu sorgen. CEOs würden extern rekrutiert, wenn sich Unternehmen in der Krise befänden. Da gebe es genügend Beispiele, etwa die Besetzungen in der ÖBB oder der Immofinanz während der Krise – wobei er Krise im weiten Sinne definiere. Wenn man jemanden von außen hole, dann beschränke man die Suche zumeist auf eine ausgewählte Branche. In den seltensten Fällen gehe man branchenübergreifend vor, da könne schon einmal jemand aus der Lebensmittelbranche im Energiebereich landen. Diesen Managern werde besonderes Charisma oder Fähigkeiten zugeschrieben, die das Unternehmen im Moment dringend brauche. Intern rekrutierte Manager hätten vor allem zwei Vorteile: einen Vertrauensvorschuss vom ganzen Management und den Mitarbeitern und eine kurze Einarbeitungsphase. Sie könnten jedoch betriebsblind sein, d.h. dazu tendieren, vorhandene Defizite zu übersehen. (Interview 6)

Der ehemalige Personalchef eines sehr internationalen Unternehmens führt einen weiteren Grund für interne Rekrutierungen an: Würde stark extern rekrutiert, so stelle sich allmählich eine Frustration bei Führungskräften im Unternehmen ein, da ihnen Aufstiegsmöglichkeit versperrt blieben. In börsenotierten Unternehmen macht sich der Aufsichtsrat manchmal ein bis zwei Jahre vor Auslaufen des Vorstandsmandats auf die Suche nach einem geeigneten internen Kandidaten. Ist dieser einmal gefunden, so ist es Aufgabe eines vom Aufsichtsrat beauftragten Headhunters, mögliche Schwächen des Kandidaten zu identifizieren und einen „Ausbildungsplan“ zu entwickeln. Vor Übernahme des Vorstands kann sich der Manager so unter Aufsicht des Aufsichtsrats weiterbilden, „Ecken abschleifen“, bevor er die Unternehmensführung übernimmt. Auch in Fällen externer Rekrutierungen in börsentierten Unternehmen spielen Headhunter eine eindeutig nachgeordnete Rolle. Das geht allein aus dieser Schilderung der klassischen Suche nach den besten Vorstandsköpfen hervor:

Der Beauty-Contest gestalte sich so: Man lade mehrere Headhunter ein, die über ihre Erfahrungen in der Rekrutierung bestimmter Unternehmenspositionen berichten. Aufgrund eines Abgleichs von Kosten und Expertise, würde man sich sodann für einen einzigen Headhunter entscheiden, der in der Folge eng mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden zusammenarbeite. Die darauf folgende Suche erfolge mehr oder weniger standardisiert. Der Headhunter suche in Österreich und zumeist der ganzen Welt, erstelle eine sogenannte long list mit den besten 15 Kandidaten. Der Aufsichtsratsvorsitzende entschiede sich sodann für fünf bis sieben Kandidaten, die in die engere Wahl kämen. Ein vom Aufsichtsrat einberufenes Personalkomittee interviewe letztendlich typischerweise drei Kandidaten. (Interview 4)

160

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Erfahrene, mit Vorstandsrekrutierungen beauftragte Aufsichtsräte können also die von Personalagenturen erstellten Kandidatenliste ergänzen und bestimmen letztendlich, wer erst-, zweit- oder drittgereiht wird. Ein Aufsichtsrat dazu:

Oft säßen im Aufsichtsrat Unternehmer, die sehr gut vernetzt seien. Nicht selten würden diese Vertrauenspersonen vorschlagen. Managementpositionen könnten so besetzt werden ohne dass Vorschläge des headhunters stark ins Gewicht fielen. (Interview 10)

Wann werden Vorstände extern rekrutiert? Wie schon erwähnt, verspricht man sich in schwierigen Zeiten von externen Vorständen, einen „frischen Wind“ im Unternehmen und damit auch neue Strategien zur Bewältigung der Unternehmenskrise. Der meist genannte Grund für externe Rekrutierungen ist jedoch, dass man für bestimmte Geschäftsbereiche (durch neue Umstände) Expertise benötigt, die im Unternehmen schwach repräsentiert ist. Eine Personalchefin eines Medienunternehmens nennt ein Beispiel:

Externe Rekrutierungen seien in ihrem Unternehmen im Bereich Marketing vorgenommen worden. Da wäre z. B. über lange Zeit jemand tätig gewesen, der als sehr großzügig und marketinglastig bekannt gewesen wäre. Als die Zeiten taugher wurden, habe es geheißen, sie bräuchten jemanden, der nicht vorwiegend auf das Kreative achte. Da müsse jemand hin, der auf das Geld achte. Darum sei jemand gekommen, der strukturiertes und intensives Marketing mache. Er sei aus einem Markenartikel-Unternehmen rekrutiert worden, also aus einer Branche, in der man Marketing professioneller betriebe. (Interview 3)

Als der Vorstandsvorsitzende von Porr, Wolfgang Hesoun, 2010 an die Unternehmensspitze von Siemens wechselte, folgte ihm mit Karl-Heinz Strauss ein externer Kandidat nach. Folgt man der Presseberichterstattung, so wurde diese Wahl im Aufsichtsrat mit der Spezialisierung von Strauss, der Projektentwicklung, begründet: „Hesoun hat nach dem Abgang von Martin Huber aus dem Porr-Vorstand die Projektentwicklung im Vorstand übernommen. Somit musste nicht nur Hesoun als Vorstandschef ersetzt, sondern auch ein Nachfolger für diesen Bereich gefunden werden“ (Der Standard, 16.7.2010). Zusätzlich muss bedacht werden, dass es in dem kleinen Land Österreich Branchen mit sehr wenigen führenden Unternehmen und damit nur mit einer Handvoll brancheninterner Manager gibt. Genannt sei etwa die Baubranche (Strabag, Porr, Alpine). Für das Mineralölunternehmen existiert gar kein österreichischer Managermarkt. Dass daher Manager aus dem Ausland (z. B. von Shell) angeworben werden, kann zumindest zum Teil auch durch die fehlenden Rekrutierungsmöglichkeiten im eigenen Land begründet werden. Karrierelaufbahnen variieren stark nach Wirtschaftsbranche. Während in den Branchen Banken/Versicherungen und Handel Hauskarrieren eindeutig überwiegen, halten sich im Dienstleistungs- und im Industriesektor interne Rekrutierungen in engen und im weiten Sinne 161

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster sowie externe Rekrutierungen nahezu die Waage. Wobei eine „Berufung im weiten Sinne“ vorliegt, wenn Manager zwar nicht im entsprechenden Unternehmen, jedoch im gleichen Konzern tätig waren. Eine derartige Differenzierung schlägt Freye (2009, 181) vor, die in der Verschiebung von Hauskarrieren von der Unternehmens- auf die Konzernebene als „eine Stärkung des Konkurrenzprinzips“ interpretiert.

Diagramm 4.4: Rekrutierungsmuster nach Wirtschaftsbranchen (N = 84)

18

16

14

12

10

8

6

4

2

0 Bank/Versicherung Dienstleistung Handel Industrie

Intern: Eng Intern: Weit Extern

Chi-Square: 16,010, df = 6, p < 0,05

Wenn in Österreich extern rekrutiert wird, dann sind oftmals Netzwerke der Großparteien für die Installation von Kandidaten ausschlaggebend. Die ÖVP-nahen Manager Wolfgang Anzengruber, Karl Stoss und Georg Pölzl sowie die SPÖ-nahe Managerin Gabriele Payr sind Beispiele für (mehr oder weniger) parteiloyale und extern rekrutierte Führungskräfte in staatsnahen Großunternehmen. Die ehemaligen Politikerinnen Brigitte Ederer (SPÖ) und Monika Kircher-Kohl (SPÖ) bekleide(te)n Führungspositionen in Unternehmen (Siemens, Infineon Technologies), die stark von Aufträgen der öffentlichen Hand abhängig sind. Im Falle von Siemens kann man nahezu von der Tradition sprechen, deklarierte parteinahe Manager in Spitzenpositionen zu heben. Sowohl Ederers Vorgänger, Albert Hochleitner, als auch ihr Nachfolger, Wolfgang Hesoun, sind für ihre guten Kontakte zur Politik bekannt. Bekanntschaften mit Politkern und anderen staatsnahen Managern scheinen für den Absatz von Zügen an die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), von U-Bahnen an die Stadt Wien und von Turbinen and die österreichischen Elektrizitätswerke (Verbund) förderlich zu sein (vgl. Der Standard, 15. 6.2010). Wolfgang Hesoun etwa, langjähriger Vorstandsvorsitzender des Bauunternehmes Porr,

162

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster war über lange Jahre selbst in der ÖBB tätig und beteiligte sich auch als Porr-Chef an der Übernahme der Teerag-Asdag von der Gemeinde Wien. Hanno Bästlein, Mark Garrett, Wilhelm Hörmanseder, Henning E. Jensen, Andreas J. Ludwig und Karl Weißkopf sind Beispiele für externe Rekrutierungen im Industrie- und Dienstleistungssektor. Von einer typischen Hauskarriere im engen Sinne weichen auch folgende Fälle ab: Günther Apfalter trat 1985 in das staatliche Unternehmen Steyr Daimler Puch ein, wurde 2001 zum Geschäftsführer des Tochterunternehmens Magna Steyr Powertrain und wechselte 2007 schließlich in die Vorstandsposition des Konzerns Magna Steyr. Thomas Irschik war von 2003 bis 2009 Geschäftsführer der gemeinsamen Energievertriebsfirma von BEGAS, BEWAG und EVN bevor er von dem Unternehmen Wien Energie rekrutiert wurde. Inwiefern derartige Rekrutierungen im Konzern als konkurrenzfördernd betrachtet werden können, müsste durch Einzelfallanalysen geklärt werden.

Tabelle 4.5: Interne Rekrutierungen (weit) und externe Rekrutierungen in ausgewählten Wirtschaftsbranchen (N = 26) interne R.: weit externe R. Industrie G. Apfalter (Magna Steyr) W. Anzengruber (Verbund) M. R. Frauendorfer (Austria Tabak) H. Bästlein (Constantia Packaging) H. Haselsteiner (Strabag) B. Ederer (Siemens) A. Heiss (BMW Group Ö.) M. Garrett (Borealis) Th. Irschik (Wien Energie) W. Hörmanseder (Mayr-Melnhof) P. J. Oswald (Mondi) H. E. Jensen (RHI) A. Schedl (ASFINAG) M. Kircher-Kohl (Infineon Tech.) B. Wallnöfer (TIWAG) O. Kois (Energie Steiermark) A. J. Ludwig (Zumtobel) K. Weißkopf (Liebherr International) F. Wohlfahrt (Novomatic) Dienstleistung H. Ametsreiter (A1 Telekom) G. Payr (Wiener Stadwerke) W. Kniese (T Mobile) G. Pölzl (Ö. Post) P. Malanik (AUA ) K. Stoss (Casinos Austria) W. Perz (Energie Allianz Austria)

Betrachtet man die Karriereverläufe, so zeigen sich für Manager mit und ohne Karrierestationen im öffentlichen Sektor unterschiedliche Aufstiegsgeschwindigkeiten. Unter dem öffentlichen Sektor werden hier öffentlicher Dienst, Parlaments-, Regierungsmitgliedschaft und auch Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt war/ist, subsumiert. Betrachtet wird jeweils das Alter zu Beginn des Vorstandsvorsitzes. Jene Personen, die als Geschäftsführer (und nicht Vorstandsvorsitzender) tätig sind wurden dabei ebenso aus der Analyse ausgeschlossen wie all jene Manager, für die der genaue Zeitpunkt des Aufstiegs in den Vorsitz nicht eruiert werden konnte. 163

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Grafik 4.2: Alter zu Beginn des Vorstandsvorsitzendes in Privatwirtschaft und im öffentlicher Sektor, (N = 54)

66-70

61-65

56-60

51-55

46-50

41-45

35-40

15 10 5 0 5 10 15

Stationen außerhalb der Privatwirtschaft rein privatwirtschaftliche Karriere

Während das häufigste Berufungsalter in der Privatwirtschaft bei 46 liegt, nehmen Manager mit Karrierestationen im öffentlichen Sektor ihren ersten Vorstandsvorsitz zumeist mit 51 Jahren an. Beide Typen von Managern durchlaufen in regelmäßigen Abständen, die mit zunehmendem Alter auch an Länge gewinnen, verschiedene Position in einer Unternehmens- oder einer Konzernhierarchie. Jobhopper sind die Ausnahmen. Karrierestationen werden jedoch entweder unterschiedlich schnell absolviert oder es sind insgesamt mehr Hierarchieebenen zu durchlaufen. Wolfgang Ruttenstorfer stieg etwa 1976 in das Unternehmen OMV ein, war bis 1997 in den Geschäftsbereichen Energiepolitik, strategische Planung, Produktevertrieb und Controlling tätig bis er für zwei Jahre Beamten- und Finanzsekretär wurde. Erst nach diesem Intermezzo in der Politik übernahm er 2002 mit 52 Jahren den Vorstandsvorsitz. Andreas J. Ludwig arbeitete in der Swarovski-Gruppe als Assistent des Finanzvorstandes in der Schweiz, übernahm sodann die CEO-Position zuerst in Texas und dann in Tirol um schließlich im Alter von 44 Jahren auf den Vorstandsvorsitz der Zumtobel-Gruppe zu wechseln. Diese beispielhaft angeführten Unterschiede in Karrieremustern sind auf andere Managerkarrieren innerhalb und außerhalb der Privatwirtschaft generalisierbar.

4.3.6 Studienabschlüsse und Promotionen Alle erfassten Manager gehören Generationen an, die von der Bildungsexpansion in Österreich profitieren konnten. „In den dreißiger Jahren betrug der Anteil derer, die bei Berufseintritt über

164

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Pflichtschulniveau nicht hinausgekommen waren, bei Männern mehr als die Hälfte, bei Frauen über 80 %. In den folgenden vier Jahrzehnten reduzierte er sich auf 20 % bzw. 47 %“ (Haller 1979, 38). Wenig überraschend zeigt sich so, dass etwa 90 % der Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer ein Studium absolviert hat. Legt man bei der Analyse der Lebensläufe den Schwerpunkt auf die Studienfachwahl, so zeigt sich, dass zwei Fächer, Wirtschaftswissenschaften und Jura, die Szenerie beherrschen.

Tabelle 4.6: Studienfachwahl der Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer (N = 84) Anzahl Prozent Dr Mag/MA/Dkfm/Dipl. Ing. Ing. Geisteswissenschaften 1 1 1 0 0 Ingenieur-/Naturwissenschaften/Boku 10 12 5 5 0 Rechtswissenschaften 21 25 17 3 0 Wirtschaftswissenschaften 44 51 23 20 0 kein Studium 8 11 0 0 4 Summe 84 100 46 28 4

Dass selbst unter Industriemanagern naturwissenschaftliche Studiengänge eher selten sind, überrascht. Lediglich in jenen Branchen (Chemie-/Pharmaindustrie, Lebensmittel- oder Autoindustrie), in denen in der Regel das Führungspersonal fachspezifische Expertise besitzen muss, finden sich einige fachkundige „Experten“ und „Techniker“. Einige wenige Wirtschaftsingenieure und Elektrotechniker lassen sich auch im Dienstleistungssektor ausmachen. Die Hälfte jener, die kein Studium absolvierte, hat eine höhere technische Lehranstalt absolviert und trägt den Bildungstitel „Ing.“. Karl Weißkopf, der einzige Industrielle ohne Bildungstitel, weist einen außerordentlichen internationalen Werdegang auf: Zweieinhalb Jahren kaufmännischer Tätigkeit in Südafrika und Südwestafrika folgten zwischen 1974 und 1991 Management-Tätigkeiten in multinationalen Konzernen (Brüssel, Paris, Frankfurt, Zürich). Im Handel tätige Manager ohne Bildungstitel, wie etwa Martin Essl (BauMax AG), sind oft zugleich auch Eigentümer des Unternehmens. Insgesamt lässt sich feststellen, dass Studiumsabbrecher in der Regel der Zugang zu Führungsetagen von Großunternehmen versperrt bleibt.

165

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Diagramm 4.5: Verteilung von Studienfachwahlen auf Wirtschaftsbranchen (N = 84)

16

14

12

10

8

6

4

2

0 Bank/Versicherung Dienstleistung Handel Industrie

Ingenieur-/Naturwissenschaften/Boku Rechtswissenschaften Wirtschaftswissenschaften kein Studium

Chi-Square: 25,066, df = 12, p < 0,05

Wenn man die Juristen und Diplomkaufmänner genauer unter die Lupe nimmt, so zeigt sich, dass die Mehrheit das Studium an der WU Wien oder am Juridikum in Wien absolviert hat. Währen Juristen sich relativ gleichmäßig auf die Kohorten 1945-1954, 1955-1960 und 1961- 1967 aufteilen, ist unter den Wirtschaftsabsolventen ein Übergewicht der ersten Kohorte zu verzeichnen. Im Folgenden soll auf die Besonderheiten dieser Bildungsinstitution zu den unterschiedlichen Zeitpunkten eingegangen werden. Bis in die fünfziger Jahre hinein hatte die Hochschule für Welthandel den Ruf einer „Greißlerakademie“ (Dawid/Mosser 2000, 117). Innerhalb einer Mindeststudiendauer von nur sechs Semestern und ohne großen Lernaufwand konnte man den Titel „Diplomkaufmann“ erwerben. Allein die Tatsache, dass man mit diesem Abschluss nur den eigentlich für Maturanten vorbehaltenen B-Positionen im Bundesdienst erhalten konnte, weist daraufhin, dass dieser Studienabschluss als „bessere Matura“ angesehen wurde. In einem Rückblick erinnert sich Maria Schaumayer, die ehemalige Präsidentin der Österreichischen Nationalbank: „Der Diplomkaufmann wurden in diesen Jahren gar nicht als Vollakademiker anerkannt, aber in der Industrie waren akademische Grade unerheblich, die Praxis zählte“ (Dawid/Moser 2000, 124). Ein Doktorat erhielten all jene, die drei bis vier Semester an das Grundstudium anhingen. Dass man das Doktorat auch in kürzerer Zeit abschließen konnte, demonstriert das Beispiel Mirko Kovats (A-Tec Industries), der mit nur 23 Jahren promovierte.

166

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Die erste Kohorte von Managern erlebte in ihren Studienjahren die Popularisierung von Jeans oder Nylonstrümpfen und die allmähliche Modernisierung der Wirtschaft durch Rationalisierung und Massenproduktion. Das damalige Regierungsprogramm war geprägt durch den Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft und Investititionsförderungen zur Sanierung des Staatshaushaltes („Raab-Kamitz-Kurs“). Es ist eine Generation von Managern, deren Gebutrsjahr mit Leopold Figls Ausruf „Österreich ist frei!“ (Staatsvertrag 1955) zusammenfällt, die heute zu einem erheblichen Anteil Österreichs Großunternehmen anführt. In der zweiten und dritten Kohorte finden sich eindeutig mehr Juristen mit Abschluss an der Wiener Universität (vgl. Tab 4.7). Es sei hervorgehoben, dass der hohe Doktorandenanteil unter ihnen nicht notwendigerweise auf hohe Bildungsambitionen verweist. Erst das Gesetz über das Studium der Rechtswissenschaften aus dem Jahre 1978 sah ein zweisemestriges Doktoratsstudium, die Ablegung von Rigorosen und auch die Abfassung einer Dissertation vor (Reiter 2007, 23). Die erste und zum Teil auch die zweite Kohorte von Juristen der Universitäten Wien mussten daher lediglich einige über das Grundstudium hinausgehende Prüfungen ablegen um zu promovieren. Somit dürfte die zu nehmenden Hürden im Vergleich zu anderen Studienrichtungen relativ niedrig gesetzt gewesen sein. Während die zweite Kohorte in die Zeit des „österreichischen Wirtschaftswunders“ und dem Ausbau der staatlichen Industrie fiel, setzt in der dritten Kohorte die „Strukturkrise“ und allmählich die ersten weitreichenden Privatisierungen ein.

Tabelle 4.7: Drei Kohorten an Absolventen der rechtswissenschaftlichen- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien im Überblick (N = 33) Absolventen der Universität Wien Wirtschaftliche/politische

Eckdaten Wirtschaftswissenschaften Rechtswissenschaften 1. Kohorte Dr. Johannes Attems Dr. Elisabeth Bleyleben-Koren (1945-1954) Dr. Mirko Kovats Dr. Günther Geyer 1945 Ende des zweiten Dr. Karl Mistlberger Dr. Oswin Kois Weltkrieges Dr. Walter Rothensteiner Dr. Richard Seifert Dr. Wolfgang Ruttenstorfer Dr. Jodok Simma Dr. Wilfried Stadler 1948-1955 European Mag. Alois Steinbichler Recovery Program Mag. Gerald Wenzl Mag. Erwin Wichtl Mag. Elmar Wieland 2. Kohorte Dr. Willibald Cernko Mag. Erwin Hameseder (1955-1960) Mag. Brigitte Ederer Dr. Andreas J. Ludwig 1953-1962 Dr. Gerhard Fabisch Dr. Gabriele Payr Wachstumsperiode Mag. Thomas Irschik Dr. Rudolf Scholten Dr. Stephan Koren Dr. Franz Wohlfahrt 1960 Mag. Günter Thumser Konjunkturhoch

167

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

3. Kohorte Mag. Martin Engelmann Mag. Klaus Buchleitner, MBA (1961-1967) Dr. Alexander Martinowsky Dr. Peter Eichler 1961-1967 verlangsamtes Dr. Peter Malanik Wachstum MMag. Peter J. Oswald 1967 Dr. Heimo Scheuch Höhepunkt der Rezension

Aus Tabelle 4.8 geht zumindest für die Wirtschaftselite hervor, dass die Promotion sozial hoch selektiv ist. Mit wenigen Ausnahmen stammen die Promovierten aus der Ober- und Mittelschicht.

Tabelle 4.8: Bildungstitel nach sozialer Schichzugehörigkeitn aller Absolventen der rechtswissenschaftlichen- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (N = 63) Dr Mag/MA/Dkfm/Dipl. Ing. Ing. keinen Oberschicht 15 4 1 2 Mittelschicht 16 10 0 1 Unterschicht 4 8 1 1

Anders als in der Studierenden-Sozialerhebung 2009 (Unger et al. 2009) zeigt sich eine Ungleichverteilung der Doktorate auf soziale Schichten, d. h. trotz Bildungsexpansion sind herkunftsbezogene Disparitäten auf der obersten Bildungsstufe bestehen geblieben. Mehrere Erklärungen kommen für diesen Befund grundsätzlich in Frage. Die Promotion könnte eine Bildungsstrategie der Ober- und Mittelschichten für die Reproduktion ihres Status sein. Die Unterschiede zwischen Ober-/Mittelschicht und Unterschicht könnten darauf hinweisen, dass der Arbeiterschicht die Vertrautheit mit dem Bildungssystem fehlt und sie deswegen eine stärker außeruniversitäre Orientierung aufweisen. Anhand der groben Statistik in Tabelle 4.8 lässt sich lediglich festhalten, dass in Österreich mit der Ausnahme von Arbeitersöhnen überdurchschnittlich viele Top-Manager promoviert haben. Da Promotionen in Rechts- und Wirtschaftswissenschaften eher aufgrund von extrinsischen Motiven begonnen werden (vgl. Lenger 2008), liegte die Annahme nahe, dass der Erwerb des Doktortitels der gezielten Statusbewahrung dient.

4.3.7 Die Transnationalisierungs-These auf dem Prüfstand der Empirie Vor allem mit dem Namen Rosabeth Moss Kanter (Harvard Business School), wird die These verbunden, dass eine fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaft auch mit einer zunehmenden Internationalität des Managements einhergeht. Am Ende dieses Transnationalisierungsprozesses steht nach Kanter (1996) eine neue Weltklasse, also eine transnationale Bourgeoisie, die nicht nur kosmopolitisch ausgerichtet, sondern auch eng miteinander verbunden sei. „Auf der Basis von Firmenallianzen, Joint-Ventures, gegenseitigem

168

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Aktienbesitz und Mitarbeiteraustausch entstünden Netzwerke von kosmopolitischen Managern, die ein gemeinsames Vokabular, gemeinsame Werkzeuge und Systeme sowie den Wissenstransfer förderten“ (Hartmann 1999, 115). Ähnlich ist auch Sklairs Postulat einer „transnational capitalist class “ zu verstehen (Sklair 1995). Im Zentrum einer kohäsiven, sich einer Einheitssprache bedienenden sozialen Klasse stünde das Führungspersonal transnationaler Großkonzerne. Enge Kontakte würden von diesen ökonomisch überlegenen und fähigsten Managern aller Länder zu nachgestellten, national geprägten Politikern und Firmenmanagern in der Peripherie verlaufen. In dem Aufsatz „Auf dem Weg zur transnationalen Bourgeoisie“ prüfte Hartmann (1999) diese Thesen auf ihren empirischen Gehalt anhand von Analysen der Karriereverläufe aller Vorstandsvorsitzenden, Présidents-Directeurs Généreux (PDG), Chairmen und Chief Executive Officers (CEO) der 100 größten deutschen, französischen, britischen und US-amerikanischen Unternehmen des Jahres 1995 . In der nachfolgenden Tabelle werden Hartmanns Auswertungen mit identen Angaben zu den 84 Vorstandsvorsitzenden der größten österreichischen Unternehmen aus dem Jahre 2008 in Verbindung gebracht. Man könnte argumentieren, dass ein derartiger Vergleich unzulässig ist. Schließlich wurde in einem anderen Kapital der Strukturwandel der österreichischen Wirtschaft zwischen 1995 und 2008 vor allem mit Fusionen und weitreichende Privatisierungsmaßnahmen begründet. Diese Entwicklung hat mit Sicherheit auch einen Wechsel im Management herbeigeführt. Aufgrund fehlender Vergleichsmöglichkeiten für das Management der Gegenwart wird hier jedoch trotzdem eine Zusammenführung der Daten gewagt. Ohne es nachweisen zu können, werden Unterschiede zwischen Österreich und anderen Ländern zu einem Gutteil durch die unterschiedlichen Erhebungszeitpunkte begründet werden können.

Tabelle 4.9: Die Internationalität der Vorstandsvorsitzenden (Geschäftsführer), PDG, Chairmen und CEO der 100 größten österreichischen, deutschen, französischen, britischen und US-amerikanischen Konzerne (in %) Österreich Deutschland Frankreich Großbritannien USA Ausländer als Vorstands- vorsitzende, etc. 12 2 2 7 3 Einheimische Vorstands- vorsitzende, etc., davon: 88 95* 98 93 97 Studium im Ausland 11 15 13 12 2 Längere Berufstätigkeit im Ausland (> 1 Jahr) 20 14 6 14 7 Kürzere Berufstätigkeit im Ausland (< 1 Jahr) 4 5 5 2 0 Längere Auslandserfahrung (> 1 Jahr Studium oder Beruf) 24 16 13 16 7

Quelle: Spalte „Österreich“ (N = 84) Eigenerhebungen aus dem Jahre 2008, alle anderen Spalten (N = 100) beziehen sich auf das Jahr 1995: Hartmann (2000, 358). * drei Firmen ohne Vorstandsvorsitzenden 169

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Im Wesentlichen widersprechen alle länderspezifischen Ergebnisse der Annahme, dass grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse zu einer Internationalisierung der obersten Führungsetagen geführt hätten. Der Anteil der „heimischen“ Topmanager mit Auslandserfahrung liegt für das Österreich der Gegenwart etwas über 24 Prozent, für alle anderen Ländern knapp unter 20 %. Die Tabelle suggeriert des Weiteren, dass es in Österreich Wesentlich mehr Ausländer an die Spitze der Großunternehmen schaffen. Zieht man den unbekannten Varianzanteil dieser Abweichung, der durch ein methodisches Artefakt zustanden kommt, ab, so bleibt wahrscheinlich nur eine sehr kleine Differenz. Diese dürfte auf das große Beteiligungsausmaß deutscher Wirtschaftsakteure in Österreich zurückzuführen sein. Bernhard Felderer, Mitarbeiter des Generalrates der Österreichischen Nationalbank, beschrieb Österreich als 17. Bundesland Deutschlands: „Österreich ist heute stärker in die deutsche Wirtschaft integriert als manches deutsches Bundesland, und zwar nicht nur stärker als die neuen Länder der ehemaligen DDR, auch stärker etwa als das Saarland“ (zit. nach Grubelnik 2000, 32). Die Dominanz deutscher Investoren ist nicht immer auf den ersten Blick erkenntlich. Einige prominente Beispiele seien angeführt: Karl Wlaschek, der Gründer der österreichischen Handelskette Billa (für „Billiger Laden“) verkaufte die von im angeführte „BML Vermögensverwaltung AG“ („Billa-Gruppe“) 1996 an die genossenschaftliche Handelsgruppe REWE. Die REWE-Einzelhandelsgeschäfte Billa, Merkur, Penny, Adeg oder Bipa waren in Österreich 2010 mit rund 38.000 Mitarbeitern in 2500 Filialen vertreten (Der Standard, 25.10.2011). Die österreichischen Siemensbetriebe, Österreichs größter industrieller Arbeitsgeber, wurde nach 1945 verstaatlicht und 1971 durch Fusion mit der deutschen Siemens AG mehrheitlich und zu einem späteren Zeitpunkt vollständig privatisiert. Die Autobranche wird heute neben der mehrheitlich kanadischen „Magna Europa AG“ und der amerikanischen „General Motors Corp.“ vor allem durch die deutschen BMW- und Daimler-Chrysler-Konzerne dominiert. „Zwei von drei BMW werden heute mit einem Motor aus Österreich ausgeliefert, hier liegt auch das Kompetenzzentrum für Diesel-Motoren“ (Grubelnik 2000, 67). Über alle Wirtschaftsbranchen hinweg weisen deutsche Direktinvestitionen eine Sonderstellung auf:

170

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Tabelle 4.10: Stand der ausländischen Direktinvestitionen in Österreich zu Jahresende (in Mio. Euro) 1990 1995 1997 1998 1999 2000 Gesamtkapital 8.513 14.458 17.922 20.117 23.364 32.704 Anzahl der Beteiligungen 3.268 3.094 3.246 3.266 3.23 3.288 EU-15 5.349 9.722 12.54 14.472 16.673 25.389 Deutschland 3.255 6.063 8.192 8.318 9.054 15.295 Niederlande 896 1.395 1.653 1.634 1.671 2.053 Italien 377 427 696 1.563 1.572 1.692 Zentral- und Osteuropa 111 207 328 350 89 362 Rest-Europa 1.597 2.205 2.348 2.478 3.408 3.337 USA 989 1.206 1.593 1.668 1.87 2.192 Asien 455 808 901 964 1.159 1.402 Afrika, Ozeanien 13 308 212 84 164 23

Quelle: Berichte und Studien 4/2002, Österreichische Nationalbank

Diese Verteilung spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des ausländischen Managements wieder: Sieben der insgesamt zehn Manager stammen aus Deutschland. Zu diesen Vorstandsvorsitzenden zählen: Hanno Bästlein (Constantia Packaging AG), Anton Heiss (BMW Group Österreich), Frank Hensel (REWE Austria AG), Henning E. Jensen (RHI AG), Jesco von Kistowski (EconGas GmbH), Wolfgang Kniese (T-Mobile Austria GmbH), Heinz-Peter Roß (HDI Gerling Lebensversicherung AG) und Gerhard Wölfel (BMW Motoren GmbH). Diese Liste legt vor allem nahe, dass die Nationalität der Topmanager in dem Mutterkonzern auch bei den Töchtern dominiert. Bei näherer Analyse zeigt sich, dass die Mehrheit österreichischer Manager nationale Karrierepfade aufweist. Ausbildungsstätten einer transnationalen Bourgeoisie wie etwa internationale Business Schools kommen (mit der Ausnahme von Wolfgang Kniese) in den Lebensläufen nicht vor. Generalisierend kann daher auch für die ausländischen Vorstandsvorsitzende Österreichs festgestellt werden:

Sie haben das Unternehmen, dessen Tochtergesellschaft sie leiten, während ihrer gesamten Berufslaufbahn nie verlassen und ihren Auslandsaufenthalt entweder ausschließlich (wie in den meisten Fällen) oder überwiegend beim Mutterkonzern in dessen Stammland zugebracht. Sie sind also beruflich in erster Linie firmenspezifisch und nicht wirklich transnational sozialisiert worden (Hartmann 1999, 124).

In der Studienwahl der „heimischen“ Manager lassen sich zwei Muster erkennen. Zum einen dominieren Studienabschlüsse an österreichischen Universitäten. Zum anderen wird in sehr seltenen Fällen ein MBA-Studium in den USA oder Frankreich angehängt. Mit der Ausnahme von Andreas J. Ludwig von Zumtobel AG und Heimo Scheuch von Wienerberger AG, die an der Harvard Business School und der Ecole Supérieur de Commerce studiert haben, überwiegen Studiengänge an ausländischen Universitäten, die nicht als Eliteinstitution aufgefasst werden.

171

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Extern rekrutierte Führungskräfte weisen sehr oft Karrierestationen im Ausland auf. Karl Weißkopfs Eintritt in die Liebherr-Austria Holding GmbH gingen kaufmännische Tätigkeiten in Südafrika und in multinationalen Konzernen in Brüssel, Paris und Frankfurt voraus. Alois Steinbichler war längere Zeit für die italienische Großbank UniCredit tätig bevor er an die Spitze der Kommunalkredit Austria wechselte. Georg Pölzl wechselte von der deutschen Telekom zur Österreichischen Post AG. Zwischen 1987 und 2001 war Andreas J. Ludwig in verschiedenen Managementpositionen innerhalb der Swarowksi-Gruppe tätig, bis er 2003 die Führung der Zumtobel AG übernahm, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Lichttechnik beschäftigt. Wenn Unternehmen extern rekrutieren, sind nach Pohlmann (2009, 524) zumeist dominante Koalitionen und Netzwerke und nicht Märkte für die Zuwahl oder Installation von Kandidaten entscheidend. Eine mögliche Begründung, warum Unternehmen bei der Suche nach den „besten Köpfen“ auf Auslandsösterreicher zurückgreifen, könnte sowohl auf informelle Netzwerke als auch auf kulturbezogene Erklärungen rekurrieren. Auslandsösterreicher haben den Wettbewerbsvorteil, dass sie über Bekannte, sogenannte schwache Kontakte (Granovetter 1973), schneller an Informationen gelangen. Wahrscheinlich sind ihre Namen und Qualifikationen Brancheninsidern auch geläufiger. Andererseits kennen sie auch die kulturellen und sozialen Spielregeln Österreichs und können sich aufgrund der Sprachkenntnisse leichter Zugang zu lokalen Wissen erarbeiten (vgl. Plattner 2010).

4.3.8 Die Vorstandsgagen vor und nach der „Krise“ – Austro-Kapitalismus ohne bürgerliche Werte? Im Wirtschafts- und Arbeitsleben galt bislang der Grundsatz, dass Einkommen in Leistungen begründet sein muss. Ob Verdienste tatsächlich jemals die jeweiligen Leistungen treffend abbildeten, interessiert hier nicht. Bedeutsam alleine ist, dass mit dem „Leistungsbegriff eine normative Richtschnur in die Verteilung des Reichtums eingezogen ist, die ansonsten vollständig dem nackten Durchsetzungskampf der mächtigen Interessen überantwortet wäre“ (Neckel 2010, 8). Das vorrangige Credo der Moderne war daher, dass Statusordnungen durch Standeszugehörigkeit der Leistungsgerechtigkeit vollkommen weichen müssen. Wobei Leistung stets anhand zweier Dimensionen erfasst werden kann: Mühe und Arbeitseinsatz führen zu Ergebnissen, die in einer Gesellschaft mehr oder wenig Wertschätzung erfahren (Aufwandsdimension, Ergebnisdimension, vgl. Offe 1970). Beide Dimensionen sind gänzlich unabhängig von askriptiven Merkmalen einer Person. Ist einmal eine Leistung vollbracht, so kann jemand Anspruch auf eine wie auch immer geartete Gegenleistung erheben. „Nach welchen inhaltlichen Maßstäben diese Äquivalenz zu bestimmen ist, bleibt Gegenstand sozialer Aushandlungsprozesse, die über die Gewichtung des Aufwandes, der Erwünscheit eines Ergebnisses und den symbolischen Wert verschiedener Formen von Gegenleistung (etwa

172

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster materielle Einkünfte oder Prestige) finden müssen“ (Dröge/Neckel/Somm 2006, 144). Das Prinzip Leistungsgerechtigkeit entspricht daher einer Gleichung mit mehreren Variablen. Auf der einen Seite stehen ein individuell zurechenbarer Zeitaufwand und ein gesellschaftlich gewünschtes Ergebnis, auf der anderen eine äquivalente Gegenleistung (z. B. Einkommen). Die Ausprägungen dieser Variablen resultieren stets aus (schwer nachzuvollziehbaren) gesellschaftlichen Konstruktionsprozessen. Grundsätzlich wird die „Gleichung“ dann als gerecht empfunden, wenn „Wertzuweisungen“ in nachvollziehbarer Weise erfolgen. Verrichten ein einfacher Arbeiter und eine obere Führungskraft gleichviel Wochenstunden, so erklärt sich der unterschiedlicher Lohn vor allem durch unterschiedliche Werte für die Variable „gesellschaftlich gewünschtes Ergebnis“, etc. Das impliziert, das Einkommen stets untereinander vergleichbar sein müssen, da sie im Prinzip nur Ergebnisse unterschiedlicher Gewichtungen sind. In den Führungsetagen großer Wirtschaftsunternehmen lehnt man es jedoch ab, Vorstandsgehälter mit Mitarbeitergehältern zu vergleichen. Die folgende Stellungnahme von Erste-Bank Chef Andreas Treichl (Jahresgehalt 2007: 4,4 Mio. Euro) steht wahrscheinlich stellvertretend für die Haltung vieler Vorstände:

JOURNALIST: Die Leistungen rechtfertigen gleich die doppelte Gage für den Erste-Vorstand? TREICHL: Rechtfertigen hat mit ge-recht zu tun, und das ist schwer zu verobjektivieren. Wir können uns nur mit ähnlichen Unternehmen vergleichen: Da liegen wir im Rahmen. Wie in Sport und Medien gibt es in der Wirtschaft einen Marktwert , und der steigt mit Erreichen einer internationalen Dimension (Format, 14.4.2005, Hervorh. PhK).

Hier wird angedeutet, dass der Markt für Manager denselben Spielregeln folgt wie etwa jener für Tennisspieler. Pete Sampras´ Gehalt richtete sich nicht danach, wie gut er spielte, sondern danach, wie erfolgreich er im Vergleich zu Andre Agassi, Patrick Rafter, Stefan Edberg Tennistuniere bestritt. Der Lohn ergab sich daher aus der Position, die jemand im Vergleich zu den Positionen anderer Mitstreiter derselben Liga einnahm. Wendet man diese Logik auf Managergehälter an, so folgt: Treichls 4,4 Mio Euro Gehalt ist mehr als angemessen angesichts der Tatsache, dass der Deutsche Bank-Chef Ackermann 2006 13,2 Mio. Euro Gehalt erhielt. Falls derartige Vergleiche tatsächlich bestimmend für die Vergütungshöhe sind, stellt sich die Frage, ob wir es hier mit einem winner-take-all Markt zu tun haben (vgl. Frank/Cook 1995). Neben der Bedeutung von relativer (an Stelle von absoluter) Leistung zeichnen sich diese vor allem dadurch aus, dass kaum wahrnehmbare Leistungs- immense Einkommensunterschiede zur Folge haben. Frank und Cook nennen das Beispiel von Steffi Graf, die durch das Ausscheiden von Weltmeisterin Monica Seles zur Nummer eins der Welt wurde und so - trotz konstanter Leistung - von heute auf morgen das Doppelte verdiente. Ähnliches ist für den Managermarkt nicht festzustellen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Gehälter nicht mehr durch unterschiedliche Gewichtungen in der Gleichung „Aufwand * Wert = Einkommen“ plausibiliert werden können. Für Arbeiter und Vorstände ein- und desselben Unternehmens gelten unterschiedliche 173

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Bemessungsgrundlagen. Die Führungskräfte zeigen damit, „nicht nur ein Desinteresse, sondern mehr noch eine explizite Ablehnung fundamentaler bürgerlicher Werte, wie sie sich grundlegend im Leistungsprinzip manifestieren “ (Neckel 2010, 12, Hervorh. PhK). Es ist nicht mehr die Leistung, sondern die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, die einkommensbestimmend ist. Im Folgenden interessiert die Frage, wie repräsentativ das Beispiel Treichl für die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden in Österreich ist. Anders als in nahezu allen Nachbarländern ist die Einzelveröffentlichung von Bezügen der Vorstände börsenotierter Unternehmen derzeit nicht verpflichtend. Lediglich der auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhende Corporate Governance Kodex 52 sieht eine Offenlegung der fixen und erfolgsabhängigen Vergütungen jedes Vorstandsmitgliedes vor. Die C-Regel 31 hat kaum Eingang in die Geschäftsberichte gefunden. „2008 hat nicht einmal jedes vierte börsenotierte Unternehmen die Vorstandsvergütung individuell angegeben, den Ausweis von fixen und variablen Entgeltbestandteilen hat nur die Hälfte der börsenotierten Unternehmen vorgenommen“ (Oberrauter/Wieser 2010, 8). Im Folgenden kann daher nur eine begrenzte Zahl an Vorstandsvorsitzendengehälter miteinander verglichen werden. Als Beobachtungszeitraum wähle ich die Zeitspanne 2007 bis 2010. In diese Zeit fallen der Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers (September 2008), die darauf folgende Finanzkrise (staatliche Kapitalspritzen für Freddie Mac, UBS, Commerzbank u. a.) und Produktionsabnahmen in der Realwirtschaft. Nahezu alle ATX- Unternehmen wiesen zwischen 2008 und 2009 einen Beschäftigungs- und Gewinnrückgang auf. Den Geschäftsberichten ist zu entnehmen, dass alleine die Unternehmen Mayr-Melnhof Karton AG, Semperit AG Holding und Strabag SE 2009 einen höheren Jahresüberschuss ( net income ) erzielten als 2008. 53 Zwischen 2009 und 2010 stiegen die Unternehmensgewinne durchschnittlich wieder an. Spiegeln sich diese Dynamiken in der Höhe der Managergehälter wieder? Wie hoch sind die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden im Allgemeinen? Diagramm 4.6 zeigt die Entwicklung der Gesamtvergütungen. Drei „Millionenfürsten“ lassen sich ausmachen: Treichl (Erste Group bank AG), Ruttensdorfer (OVV AG) und Haselsteiner (Strabag SE AG). Nur das Gehalt von Treichl nahm signifikant ab. Das Gesamteinkommen aller anderen Vorstandsvorsitzenden nimmt im Zeitverlauf leicht ab und fällt 2010 unter die Marke von einer Million.

52 C-Regel 31: „Für jedes Vorstandsmitglied werden die im Geschäftsjahr gewährten fixen und erfolgsabhängigen Vergütungen im Corporate Governance Bericht einzeln veröffentlicht. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütungen über eine Managementgesellschaft geleistet werden“. 53 Intercell AG und Wienerberger AG machten Verluste. 174

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Diagramm 4.6: Gesamtvergütungen der Vorstandsvorsitzenden, 2007-2010

5.000.000

4.500.000

4.000.000

3.500.000

3.000.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0 2007 2008 2009 2010 Nemsic/Ametsreiter Ruttensdorfer Treichl Pistauer/Anzengruber Reithofer/Scheuch Haselsteiner Zettlmeisel Kaufmann

Quelle: Geschäftsberichte der Unternehmen Telekom Austria AG, OMV AG, Erste Group Bank AG, Verbund AG, Wienerberger AG, Strabag SE, Intercell AG, Flugfhafen Wien AG (Reihenfolge entspricht jener der Manager im Diagramm)

Anders verhält es sich mit den erfolgsunabhängigen Anteilen der Gehälter. Sie bleiben zwischen 2007 und 2010 konstant.

Diagramm 4.7: Fixgehälter der Vorstandsvorsitzenden, 2007-2010

1.400.000

1.200.000

1.000.000

800.000

600.000

400.000

200.000

0 2007 2008 2009 2010

Nemsic/Ametsreiter Ruttensdorfer Treichl Pistauer/Anzengruber Reithofer/Scheuch Haselsteiner Zettlmeisel Kaufmann

Quelle: Geschäftsberichte der Unternehmen Telekom Austria AG, OMV AG, Erste Group Bank AG, Verbund AG, Wienerberger AG, Strabag SE, Intercell AG, Flugfhafen Wien AG (Reihenfolge entspricht jener der Manager im Diagramm)

175

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Dieser Vergleich lässt den Schluss zu, dass das Topmanagement ein Vergütungssystem etablieren konnte, dass weitgehend unabhängig von Wirtschaftsentwicklung in den obersten Etagen bei rund einer Million Euro brutto pro Jahr liegt. Dieses Durchschnittsgehalt ist 3,3 Mal so hoch wie jenes des Bundespräsidenten und 3,7 Mal so hoch wie jenes des Bundeskanzlers. Sieht man von dem Gehalt Treichls 2007 ab, so ist eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Gehälter von Führungskräften in der Wirtschaft und Politik gegeben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die für die Angemessenheit der Vergütung zuständigen Aufsichtsräte notwendigerweise durch das bürgerliche Prinzip der Leistungsgerechtigkeit geleitet werden. Die Managerklasse setzt sich selbst Einkommenshöhen, die sie für den österreichischen Markt als angemessen ansieht. Leistung spielt keine Rolle. Mit der Internationalität des Unternehmens gehen andere Referenzgruppen einher - das Einkommen kann sich dadurch mitunter verdreifachen. In Fragen der Einkommenspolitik handeln österreichische Manager bislang autonom. Das soll anhand der Vergütungsdebatten 2009/2010 nachgewiesen werden. 2009 forderte vor allem die SPÖ eine stärkere Regulierung von Vorstandsgehältern ein. Das Einkommen aller Vorstandsmitglieder solle offen gelegt werden, für Boni müsse ein mehrjähriger Beobachtungszeitraum gelten, variable Vergütungsbestandsteile müssten sich in Zukunft auch nach nichtfinanziellen Kriterien (neue Arbeitsplätze, Qualifizierungsmaßnahmen, etc.) richten (Die Presse, 03.09.2009). Vor allem der SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder vertrat die Meinung, dass Managerbezüge ab 500.000 Euro nicht mehr als Betriebsausgaben gerechnet werden sollten, womit für Unternehmen mit hohen Vorstandsvergütungen auch höhere Steuern anfallen würden. Außerdem wären „gesetzliche Rahmen für Boni das Beste“ (Der Standard, 09.10.2009). Neben einem Bonus- brauche man ein Malussystem. Erfolg solle belohnt werden, aber schlechte Ergebnisse müssten sich negativ auf die Vergütung niederschlagen. Es ist relativ schwer, die Position führender Manager zur Angemessenheit von Gehältern auszumachen. Meine Gesprächspartner wichen in der Regel allen Fragen zu diesem Thema aus. Daher werde ich hier eine an die breite Öffentlichkeit adressierte Stellungnahme 54 Herbert Paierls, Geschäftsführer des österreichischen Management Clubs (MC), wiedergeben. Der MC versteht sich als „Plattform aller Führungskräfte“, als „Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik“ und ist „keiner Partei verpflichtet“. Der MC ist wohl auch als Sprachrohr der Vorstände Österreichs größter Unternehmen anzusehen. Nachdem unter den MC-Mitgliedern eine Umfrage durchgeführt wurde, nahme der Club offiziell zur heimischen Debatte um Managervergütungen Stellung. Diese Erklärung zitiere ich hier nahezu vollständig.

54 http://www.managementclub.at, gehe auf , , , , <28.05.2011> 176

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

PAIERL: Politische Neidgenossen sind unterwegs um einen politischen Kampf auszufechten. Die Faktenlage, meine Damen und Herren, ist eine andere. Laut einer jüngsten Studie sind 80 % der Manager mit zirka 100.000 bis 300.000 Euro pro Jahr brutto, inklusive der erfolgsabhängigen Komponenten, entlohnt. […]

In dieser Einleitung wird auf eine von Kienbaum 2009 durchgeführte Studie verwiesen. Unter den ausgeblendeten 20 % aller Führungskräfte fallen mit Sicherheit alle Vorstände börsenotierter Unternehmen, deren Vergütung hier zur Debatte steht. Die erwähnten Einkommenshöhen präsentieren nicht einmal die Untergrenze der Vorstandsgehälter führender Unternenehmen. Es folgt eine Auflistung von notwendigen Reformen:

PAIERL: Erster Punkt. Privat muss privat bleiben, wenn zwei Vertragspartner einen Vertrag schließen, dann gilt hier die Vertragsfreiheit und die Rechtssicherheit […] Zweitens, wenn eine Firma im öffentlichen Besitz ist und wenn sie auch an der Börse notiert ist, dann ist Transparenz notwendig. Mehr als im Moment die Freiwilligkeit im Bereich des Corporate Governance Codex, muss es auch gesetzlich zu dieser Transparenz Verpflichtungen geben. Das Führungskräftegehalt muss auch ausgewiesen werden. Drittens, wovon wir auch überzeugt sind, ist, dass es mehr Aktionärsdemokratie geben soll. In der Hauptversammlung kann es durchaus Diskussionen und Beschlüsse geben über die Vergütungen. Viertens ist es besonders wichtig, auch für die Zukunft, dass wir nicht nur an kurzfristigen Erfolgsparametern die Führungskräfte messen, sondern auch langfristige, forschungsorientierte, ausbildungsorientierte Komponenten in die leistungsorientierte Bezahlung miteinfließen. [...]

Nahezu alle eingemahnten Reformen wurden in Deutschland 2009 schon durchgeführt (vgl. Koch/Stadtmann 2010). Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung sieht jedoch darüber hinaus nicht nur vor, dass die Hauptversammlung deutscher, börsenotierter Unternehmen ein (unverbindliches) Votum zu Vorstandsvergütungen abgegeben kann. Dem Aufsichtsrat wird auch die Möglichkeit eröffnet, in bestehende Vorstandsverträge einzugreifen, falls ein Unternehmen keine Gewinne mehr ausschütten sollte und Entlassungen vorgenommen werden müssten. Außerdem wurde die Haftung für Aufsichtsräte verschärft. Übersteigt die Vergütung des Vorstands die branchen- und landesüblichen Gehälter ohne besondere Gründe, so macht sich der AR schadensersatzpflichtig. Wenig überraschend schließt Paierl mit dem Hinweis, dass niedrigere Vergütungen den Standort Österreich gefährden könnten:

Was ganz wichtig ist, wir müssen dadurch den Standort Österreich schützen umd damit auch die Headquarter- Funktionen in Österreich zu halten, die ganz wichtig sind für unseren Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs.

Die Reformvorschläge von Schieder und Paierl decken sich nur geringfügig. Es scheint mir daher angemessen, zu fragen, wer bislang seine Interessen durchsetzen konnte. 2010 und 2011 wurden keine nennenswerten Gesetzesentwürfe zur Sicherstellung von Angemessenheit,

177

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Nachhaltigkeit und Langfristigkeit ausgearbeitet. Etwas verkürzt könnte man daher formulieren, dass Manager gewonnen, Politiker verloren haben. Ein Grund ist wohl die Beobachtung führender Politiker, dass ihre Wählerschaft sich für Managergehälter kaum interessiert. Die „Reichensteuer“ und andere diskutierte Vorhaben scheinen auf mehr Resonanz zu stoßen. Ein anderer Grund für diesen Ausgang dürfte in der Tatsache liegen, dass die Gehälter österreichischer Spitzenmanager im Europavergleich im unteren Drittel liegen dürften. Anhand der Debatte um die Angemessenheit von Gehältern wird auch ersichtlich, dass es zu offenen Konflikten zwischen Managern und Parteien kommen kann. Im Austrokapitalismus von heute stellt sich stärker als je zuvor die Frage, wie kooperationsfähig Teileliten untereinander sind. Den politischen Eliten steht eine mit besonderer Finanz- und Organisationskraft ausgestattete Wirtschaftselite gegenüber, die Entscheidungsfindungen zu Gunsten eigener Zwecke gestalten will. Interessensdiverngenzen müssen ausgehandelt werden. Ein Primat der Politik über die Wirtschaft wie zu Zeiten der verstaatlichten Wirtschaft und des Austrokeynesianismus (vgl. Pelinka/Rosenberger 2000, 38-40) ist nicht mehr erkennbar.

4.4 Theoretische Verortungen des österreichischen Top-Managements

Erkenntnisfortschritt und Theorieentwicklung scheint mir nur unter der Bedingung möglich zu sein, dass die Realitätsnahe zumindest aller empirisch gehaltvollen Modelle kontinuierlich und kritisch hinterfragt wird. Es ist die Konfrontation mit der Wirklichkeit, die so manchen schillernden Begriff als selbsrefentielles Konstrukt auf dem Papier entpuppt oder zu einer Neugewichtung des theoretischen Interesses führt. Im Folgenden sollen daher die Ergebnisse zu den österreichischen Topmanagern auf die Elitetheorien der Funktionalisten (Dreitzel, Keller), der „kritischen Elitesoziologen“ (Mills, Hartmann) und auf die einschlägige Managementliteratur bezogen werden.

Die Funktionalisten Ein wesentliches Postulat von Keller (1991) ist, dass mit der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft an die Stelle einer einzigen hierarchischen Pyramide mit einer Elite an der Spitze eine Vielzahl von parallelen Pyramiden und damit auch Eliten tritt (vgl. Hartmann 2004a, 61). Einzelne Gesellschaftsbereiche werden nach Keller in der Moderne von weitgehend autonomen Führungsgruppen - mit beschränktem „Tunnelblick“ - angeführt. Die österreichische Elitestruktur hat in der Vergangenheit zahlreiche Verästelungen zwischen Wirtschaft und Politik aufgewiesen. Nur einige Beispiele seien genannt:

Max Kothbauer , ein ehemaliger wirtschaftspolitischer Sekretär des Bundesministeriums (1984-1986) war Vorstandsmitglied der Österreichischen Credit-Institut AG (1986-1988), der Wiener Städtischen Wechselseitigen

178

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Versicherungsanstalt (1989-1991) und des Creditanstalt-Bankvereins (1991-1997). Das ehemalige Vorstandsmitglied der Post Herbert Götz (2004-2011) startete seine Karriere als wirtschaftspolitischer Berater des Vizekanzlers Erhard Busek. Der Verbund-Vorstand Hannes Sereinig war im Kabinett des ehemaligen SP-Bundeskanzlers Franz Vranitzky tätig. Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Viktor Klima wechselte von der OMV in die Wirtschaft. Der ehemalige Minister für Finanzen Ferdinand Lacina war Vorstandsdirektor der GiroCredit Bank. Für die Gegenwart lassen sich unter den Vorstandsvorsitzenden folgende ehemalige Funktionäre ausmachen:

Ein Bundesminister : Rudolf Scholten (Kontrollbank), drei Kabinettssekretäre Alois Schedl (ASFINAG-Vorstand), Peter Klugar (ÖBB), Stephan Koren (BAWAG), ein Nationalratsmitglied : Herbert Kaufmann (Flughaben Wien), eine Bürgermeisterin : Monika Kircher-Kohl (Infineon Tech.), ein Landeshauptmann-Stellvertreter : Oswin Kois (Energie Steiermark), eine Magistratsmitarbeiterin : Gabriele Payr (Wiener Stadtwerke).

Die Elitenzirkulation zwischen Politik und Wirtschaft hat eindeutig abgenommen. Mit Georg Pölzl leitet ein politikferner, international ausgerichteter Manager die Post. Der derzeitige Verbund-Chef, Wolfgang Anzengruber, ist zwar ÖCV-Mitglied,55 war jedoch in der Politik nicht tätig. Er wechselte von der börsenotierten Palfinger-Gruppe in die staatsnahe Wirtschaft. Auf den „roten“ OMV-Chef und ehemaligen Staatssekretär Wolfgang Ruttenstorfer folgte der parteilose Gerhard Roiss. Es ist unübersehbar, dass Privatisierungen, Öffnungen von Märkten und steigernder Konkurrenzdruck zu einer weitgehenden Entkoppelung von Parteien und Vorständen geführt haben. Eine ausscheidende Managergeneration ist jedoch noch teilweise „Produkt des Proporzes“, das gilt etwa für den ehemaligen Vorstandsvorsitzender der Böhler-Uddeholm AG, Claus J. Raidl (vgl. Der Standard, 18.2.2011). Selbst wenn Vorstandsvorsitzenden, wie etwa Wolfgang Ruttenstorfer (OMV) oder Günter Geyer (Vienna Insurance Group, VIP) Querverbindungen zur Politik aufweisen, so nimmt das in der Regel keinen Einfluss auf die Unternehmenspolitik. Die „rote“ VIP schloß mit der „schwarzen“ Ersten Bank 56 „eine auf 15 Jahre angelegte Kooperationsvereinbarung ab, in der sie einander zum ‚bevorzugten Partner’ erklärten“ (Die Presse, 26.03.2008). Beide Vertragsparteien verpflichten sich daher über ihr jeweiliges Vertriebsnetz die Produkte des Partners anzubieten. Die VIG erschloss sich damit über 2.900 Filialen und 16 Millionen Kunden und wurde zum führenden Anbieter von Lebensversicherungen in Osteuropa. Die Erste kann sich auf ihr Kerngeschäft, den Vertrieb von Finanzdiensleistungen, konzentrieren. Diese Zusammenarbeit ist ein nachdrücklicher Beweis dafür, dass in der „Österreich AG“ der Gegenwart in den Vorstandsetwagen politische Allianzen in den Vorstandsetagen nicht existieren. Wäre dies der

55 Der Österreichische Cartellverband (ÖCV) ist ein Dachverband von katholischen, nichtschlagenden, farbentragenden Studentenverbindungen in Österreich und gilt als Rekrutierungsbecken der ÖVP. 56 Günther Geyer gilt als SPÖ-nah. Der Vorstandsvorsitzende der Erste Group, Andreas Treichl, war von 1991 bis 1997 Finanzreferent der ÖVP. 179

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Fall, so hätte aller Wahrscheinlichkeit nach die VIP die ehemals „rote“ Bank Austria als Kooperationspartner gewählt. Diese Befunde sprechen für funktionalistische Elitetheorien, wie sie von Keller (1963) und Dreitzel (1962) vertreten werden. In vielerlei Hinsicht sind diese Theorien jedoch steril. Zwar ist der Funktionalismus aus Feldforschungen heraus entstanden, so manches Postulat über Eliten dürfte jedoch eine Kopfgeburt am Schreibtisch sein. Mit konkreten Karrierepfaden, Rekrutierungsmustern und der Einbettung von Managern in Unternehmensgruppen haben sich diese Theorien nur am Rande beschäftigt. All jene, die Eliten im Zusammenhang mit Macht thematisiert haben, scheinen näher an der Wirklichkeit gearbeitet und die Führungsetagen besser gekannt zu haben. Das macht sie stärker anschlussfähig an die Ergebnisse zu den Vorstandsvorsitzenden Österreichs Wirtschaft.

Die kritische Elitesoziologie Vorstandsvorsitzende in Österreich bilden keine herrschende Klasse in Sinne von Hartmann, d. h. die Spitzenkräfte in der „Österreich AG“ sind nicht Teil einer geschlossenen Gesellschaft. Die obersten Ränge werden zumeist von Mittelschichtsangehörigen eingenommen. Auch Arbeiterkinder können die Unternehmensspitze erklimmen. Bourdieus Beobachtung für Frankreich war es, dass die Oberen so sein können wie sie sind, während man den Aufsteigern die Mühen der Kletterei anmerkt. Diese Unterschiede in der persönlichen Souveränität seien nicht nur in Frankreich sondern auch in Deutschland, so der Hartmannsche Befund, die Basis für eine Selbstproduktion des (gehobenen) Bürgertums in den Vorständen. Österreichs Wirtschaftskräfte assoziieren Habitus zumeist negativ mit „Gehabe“. Vorstände, die ich interviewt habe, verzichten auf eine ausgewählte Wortwahl, kleiden sich funktional und geben sich nicht selten volksnah. Als ich in den obersten Wiener Unternehmensetagen in Jeans und legerem Sakko betrat, fiel ich wohl nur negativ auf, wenn ich einen „Kaffee“ und nicht einen „kleinen Braunen“, einen „großen Braunen“, einen „kleinen Schwarzen“ oder eine „Melange“ bestellte. Ein langjähriger Bankvorstand rief mich einmal vormittags in meinem Büro an. Sie wäre gerade im Auto unterwegs und könnte über Freisprechanlage Auskunft geben. Das darauf folgende Interview war eines der informativsten, auch wenn das Gespräch während den Überholmanövern auf der Autobahn unterbrochen wurde. Kurz: Die soziale Distanz spielt in Österreich keine Rolle – Vorstände stellen mitunter ein „buntes Volk“ dar. Ich habe mich bemüht, Erklärung für diese soziale Durchlässigkeit in Österreichs Wirtschaft zu geben. Mills´ Konzept der Machtelite ist nur schwer auf Gesellschaften der Gegenwart zu übertragen. Die mit dem Kalten Krieg einhergehende Kriegswirtschaft ermöglichte zu Zeiten Mills eine Verzahnung von politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen. Der Fall Österreich ist ganz anders gelagert. Von einer Machtelite wird man hier schon sprechen können, wenn stark vernetzte Oberschichtsangehörige an den Schalthebeln der Macht in unterschiedlichen 180

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster

Gesellschaftsbereichen sitzen. Dieses Kapitel hat den Fokus einseitig auf eine ausgewählte Gruppe von Vorständen gewählt. In anderen Abschnitten wurden jedoch größere Elitenstrukturen diskutiert. Kapitel 2 zeigt etwa das politische Netzwerk der Raiffeisen- Bankengruppe auf. Eine Analyse des Entwicklungspfades der „Österreich AG“ hat ergeben, dass Raiffeisen eine zentrale Stellung innerhalb des österreichweiten Unternehmensnetzwerkes der Gegenwart zukommt. Diese Ergebisse decken sich mit den Manager-Ratings, die regelmäßig durch die Forschungsfirma fas.research erstellt werden. In ihren Analysen berücksichtigen die Mitarbeiter von fas.research die Einbettung der Manager in unterschiedliche Organisationen (Unternehmen, Parteien, Verbände, etc.). Anhand multiplexer Managernetzwerke werden Machtpotentiale berechnet, die dem Rating zugrunde gelegt werden. Unter den einflussreichsten 20 Managern des Landes sind seit Jahren mehrere Führungskräfte von Raiffeisen gelistet. Zuletzt waren es: Christian Konrad, Ludwiger Scharinger, Walter Rothensteiner, Erwin Hameseder, Michael Ikrath und Jakob Auer (vgl. Wirtschaftsblatt 30.06.2009). Printmedien berichtet, dass Christian Konrad innerhalb der ÖVP ein gewichtiges Wort mitzureden hat, wenn es um die Besetzung von Ministerposten geht. Neben diesem gesamtgesellschaftlichen Einfluss zeichnet sich diese Gruppe von Managern auch über eine starke gemeinsame kulturelle Identität aus. Die Elitenstruktur in Österreich ist daher nicht nur als ein „soziales Gebirgspanorama“ (Krais 2001, 21) zu umschreiben, in denen jeder autonome Gesellschaftsbereich über seine eigenen Eliten verfügt. Es gibt auch eine kleine Machtelite rund um die Raiffeisen-Bankengruppe. Weiterere elitesoziologische Studien könnten untersuchen, in welchem Ausmaß die politisch- ökonomische Machtposition der Raiffeisen-Bankengruppe mit Interessensdurchsetzungen einhergehen. Die vorliegende Studie hat lediglich das Macht potential Stellung der Bankengruppe herausgearbeitet.

Die Managementliteratur In Österreich existiert weder ein ausgeprägter internationaler noch nationaler Markt für Manager. Ein kompetitiver Markt für Führungskräfte besteht in Österreich wie auch in Deutschland nicht zwischen, sondern zumeist innerhalb der Konzerne (vgl. Freye 2009). Wie die Nationalität der Vorstandsvorsitzenden zeigt, beschränkt sich dieser Wettbewerb auch zumeist auf Österreich. Im Gegensatz zu Deutschland sind Manager in Österreich eher kaufmännisch- betriebswirtschaftlich und nicht technisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet. Der Fachspezialist ist die Ausnahme. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass substanzielle Änderungen in der Funktionslogik der „Österreich AG“ auch typische Karrieremuster verändern. Für die Wandelthese spricht, dass zumindest im Dienstleistungs- und im Industriesektor eine bedeutende Zahl von externen Rekrutierungen zu beobachten ist. Im europäischen Vergleich zeigt sich auch ein zumindest durchschnittlich hoher Grad an Internationalität im österreichischen Top-Management. Ich 181

Österreichische Topmanager – Soziale Herkunft, Karrierewege, Rekrutierungsmuster nehme an, dass sich in einem historischen Vergleich von Managergenerationen diese für das liberale Marktmodell typischen Merkmale von Führungskräften als relativ junge Erscheinungen erweisen. Der Wettbewerb unter Managern hat zugenomen. Karrieremuster befinden sich somit zwischen Kontinuität und Wandel. Der mit dem traditionellen Austrokapitalismus assoziierte Manager, dessen Kariere sich auf ein Unternehmen beschränkt, dominiert weiterhin. In zunehmendem Ausmaß gerät er aber in Konurrenz zu stärker international ausgerichteten Führungskräften, die unternehmerische Erfahrungen in unterschiedlichen Firmen sammeln.

182

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

5 Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

5.1 Der Adel von heute – ein historisches Fossil?

Die Kategorie „Adel“ spielt in der Soziologie der Gegenwart so gut wie keine Rolle mehr. In den Enzyklopädien des Faches ist zumeist nachzulesen, dass der Adel „im Verlaufe des sozialen Wandels zur neuzeitlichen und später bürgerlich-industriellen Gesellschaft […] zunächst seine kriegerischen und politisch-ständischen und schließlich auch seine ökonomisch-sozialen Funktionen“ verloren habe (Hillmann 1994, 6). Einschlägige Abhandlungen zeichnen ein differenzierteres Bild. In der frühen Neuzeit wäre der adlige Status einerseits von den zentralen Verwaltungsbehörden abhängig geworden, andererseits hätten ständische Prinzipien jedoch auch die Leistungskriterien einer politischen Ordnungslogik durchbrochen (Schwinn 1998,9). Die allmähliche Deklassierung des Adels kann also als ein Hybridisierungsprozess beschrieben werden. Trotz Urbanisierung, Wirtschaftswachstum, neuen technischen Kommunikationsformen, politischer Beteiligungen der Bürger und demokratischer Regierungsformen kam es nur zu einer allmählichen Ausdifferenzierung von leistungsbezogenen Berufsgruppen, die über lange Zeit ständisch überformt blieben. Der bürgerliche Beamte wurde in die höfische Gesellschaft eingebaut und das aufstrebende Wirtschaftsbürgertum strebte anfangs die Nobilitierung an. Erst im 19. Jahrhundert setzt sich das Leistungsprinzip gegenüber dem ständischen Prinzip durch. Die Frage, was man für ein Geborener sei, wird für das Verständnis der Gesellschaft bedeutungslos – zumindest in der Sichtweise vieler Differenzierungstheoretiker, allen voran der frühe Luhmann (1997). Auch Schichtungstheoretiker erklären den Adel mehrheitlich für ein unbedeutendes Relikt der Vergangenheit. Einige wenige, an langfristig gesellschaftlichen Prozessen interessierte Soziologinnen forcieren jedoch Forschung, die man mit Elias (1996, 54) als „Mythenjagd“ umschreiben könnte, d. h. die auch unter Wissenschaftlern verbreitete Vorstellung, adelige Herkunft spiele heute keine Rolle mehr, wird als faktisch unfundierter Mythos entlarvt. Diese Gruppe von Mythenjägerinnen vertritt die Ansicht, dass Erklärungen und Beschreibung sozialer Ungleichheiten in modernen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften nicht alleine Vermögens- oder Einkommensunterschiede in den Blick nehmen sollten.57 Wer in die oberen

57 Es liegt nahe, dass zumeist auf die Bourdieu´sche Soziologie (vgl. Moebius 2006) Bezug genommen wird. Die Adelsforscherin Monique de Saint Martin greift so im Wesentlichen auf jene Denkfiguren (Reproduktionsstrategien , Ressourcenstattung, Konvertierung der Ressourcen) zurück, die sie gemeinsam mit Bourdieu ausgearbeitet hat (Bourdieu et al. 1981). Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Ränge der Gesellschaft kommt, ist auch stark durch symbolische Logiken der Distinktion bestimmt. Dem Adel nähert man sich mit distanziertem Blick. Er ist die Drosophila, an der quasi- experimentell nachgewiesen werden kann, dass soziale und symbolische Grenzziehungen von Bedeutung sind.58 Die Leitfigur der modernen Adelsforschung ist ohne Zweifel Monique de Saint Martin. Selbst Angehörige eines der ältesten Adelsgeschlechter Frankreichs ist sie mit aristokratischen Lebens- und Denkweisen von Kindesbeinen an vertraut gemacht worden. Ihre einschlägigen Arbeiten (Saint Martin 1991, 1993) zeichnen sich jedoch durch den nüchternen Blick einer Außenstehenden aus, die zahlreiche Objektivierungsinstrumente einsetzt (vgl. Saint Martin 1993, 17-23). Detailreich beschreibt die Autorin, wie der Adel seine standesgemäße Position in der französischen Leistungsgesellschaft durch die Umwandlung politischer und ökonomischer in symbolische, soziale und vor allem kulturelle Macht erfolgreich sichert. Die Historikerin (und Adelige) Gudula Walterskirchen erforscht stark faktenbasiert und ohne theoretische Fundierung die Rolle des österreichischen Adels in unterschiedlichen Führungsschichten.59 Sie stellt die provokante und kaum widerlegbare These auf, dass es sich beim Adel von heute um einen „informellen Stand“ handle:

Es existiert keine ständische Ordnung mehr, dennoch gibt es bestimmte gemeinsame Merkmale und verbindende Elemente, die den Adel als eigenständigen, von anderen unterscheidbaren Teil der Gesellschaft erkennen lassen. Der Adel wird von außen, von der Gesellschaft, noch immer als solcher wahrgenommen und auch die meisten Adeligen definieren sich selbst in diesem Sinn (Walterskirchen 1999, 7).

Die Bezeichnung „informeller Stand“ bringt zum Ausdruck, dass Angehörige von Adelsfamilien zwar unter den Bedingungen des beruflichen und täglichen Lebens durchaus unabhängig voneinander handeln, sich jedoch dennoch gewissen kollektiven Spielregeln und Werten verpflichtet fühlen und somit eine „adelige Identität“ (Saint Martin 1991) herausbilden. Ein wesentliches Ergebnis ihrer Studie ist, dass der Adel den Weg zu Führungspositionen über Banken und Konzerne und nicht über die Politik oder Allianzen mit der Kirche genommen hat.

58 Freilich handelt es sich hier um keinen neuen Gedanken. Weber (1956) hat schon ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftsordnung („Klasse“) erheblich mit der sozialen Ordnung („Stände“) konfligieren kann. Auch in der gegenwärtigen Ungleichheitsforschung werden zumeist multidimensionale Modelle entworfen (z. B. Klasse, Ethnie, Geschlecht, vgl. Schwinn 2008). Spezifisch ist daher lediglich, dass die durch die Geschichte überkommene Kategorie „Adel“ systematisch als eine von mehreren Machtressourcen untersucht wird (und nicht a priori als vernachlässigbare Kategorie eingeschätzt wird). 59 Walterskirchen machte aus ihrer Dissertation „Adel in Österreich im 20. Jahrhundert“ ein populärwissenschaftliches Buch, das in mehreren Auflagen erschien. In diesem Bestseller ergreift Walterskirchen (2007) mehrmals Partei für den Adel. Der rein theoretisierende Blick auf die Praxis wird nicht, wie bei Saint Martin, durchgehend eingenommen. 184

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Walterskirchens empirische Beweisführung ist jedoch wenig stringent (s. nachfolgende Abschnitte). Ein illustratives Beispiel für die Bedeutung von serendipity 60 also Zufallsentdeckungen im Wissenschaftsbetrieb, stellt die Eliteforschung des niederländischen Soziologen Jaap Dronkers dar. In einer Studie, die zu demonstrieren versucht, dass die Mitgliedschaft in Studentenverbindungen einer Aufnahme in Elitepositionen förderlich ist, kam zu Tage, dass auch die Adelszugehörigkeit bedeutsam ist (Dronkers/Hillege 1998). Daran anschließende Forschungsbemühungen zeigten, dass im Verlaufe des 20. Jahrhunderts die Erfolgschancen, Elitepositionen zu erklimmen, für Adelige konstant höher blieben als für das Großbürgertum (Schijf/Dronkers/Broeke-George 2004). All diese Befunde werden hier als Anlass genommen, ein weiteres Mal zu untersuchen, wie erfolgreich der Adel bei seinen Versuchen des „Obenbleibens“ (Braun 1990) ist. Das Ziel soll es dabei sein, über den heutigen Wissensstand hinaus gehende Einsichten über die Appropriation von Machtchancen durch den Adel zu gewinnen. Um Aufstiegs- oder Abstiegsprozesse des Adels in der Gegenwart zu dokumentieren eignen sich besonders die distinktionstheoretischen Beschreibungen von Bourdieu. Deswegen werden zuerst die zentrale Analysebegriffe „sozialer Raum“, „Feld“, „Habitus“ und „Kapitalsorten“ eingeführt. Sodann wird danach gefragt, ob man in der theorieinternen Architektur von Bourdieu den Adel als Kollektiv bezeichnen kann. Eine empirische Analyse des ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapitals des Adels von heute bemüht sich anschließend auf einer umfangreichen Datenbasis die Frage zu beantworten, inwiefern eine gemeinsame Identität vorliegt. Der abschließende Abschnitt trifft repräsentative Aussagen über die Rolle des Adels in Führungspositionen der Wirtschaft. Es zeigt sich insgesamt, dass der Adel alles andere als ein historisches Fossil ist. Ihm kommt zwar keine Schlüsselrolle in der Ökonomie zu, jedoch wird er als fester Bestandteil der Wirtschaftseliten bezeichnet werden können.

60 Nach Merton und Barber (2006) versteht man darunter die Erfahrung, durch Zufall bei einer Tätigkeit auf etwas Interessantes zu stoßen. Die Autoren beziehen sich dabei auf das Märchen „The Three Princes of Serendip“ (von Horace Walpole, 1717-1797). Die Söhne des Königs Serendip zogen einst aus, um das Kostbarste auf der Welt zu finden. Nach ihrer Welterkundung gelangen sie zurück zu ihrem Heimatort und sahen ein, dass das Kostbarste im Grunde vor den Mauern ihres väterlichen Palastes liegt. Auf ihren Irrwegen hatten sie durch diverse zufallsgeleitete Entdeckungen mehrmals ihre Meinung darüber geändert, was als wertvoll zu gelten hat. 185

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

5.2 Der Adel von heute als Kollektiv? – theoretische Annahmen

Saint-Martin (1993, 13) definiert Adel folgendermaßen:

Raum oder den Teil eines Raumes von Gruppen und Fraktionen zu begreifen, die über mehr oder weniger symbolisches, adeliges und soziales Kapital, über ein mehr oder weniger umfangreiches, sich verminderndes oder konsolidierendes ökonomisches Erbe, über ein kulturelles Kapital mit familialen Schwerpunkt oder schulischen Bestandteil etc. verfügen

Hier wird Adel in der Bourdieuschen Terminologie auf den Begriff gebracht. „Sozialer Raum“ ist ein zentrales Konzept in der Soziologie Bourdieus. Er kann mit einem Kräftefeld beschrieben werden, „das heißt als ein Ensemble objektiver Kräfteverhältnisse, die allen in das Feld eintretenden gegenüber sich als Zwang auferlegen und weder auf die individuellen Intentionen der Einzelakteure noch auf deren direkte Interaktionen zurückführbar sind“ (Bourdieu 1985, 10).61 Bourdieu unterteilt diesen Raum analytisch in das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Feld, die mit „Arenen für die Produktion und Reproduktion der Gesellschaft und für die Verteilung ihrer Güter“ gleichgesetzt werden können (Münch 2004, 431). In jedem Feld, so Bourdieu, gelten eigene Spielregeln. Das ökonomische, kulturelle und politisch-staatliche Feld sind weitgehend autonom. Da das komplexe Feld-Konzept den theoretischen Zugang für die empirische Erforschung der Rolle des Adels im 21. Jahrhundert ermöglichen soll, muss der Begriff näher erläutert werden. Die soziologische Kategorie „Feld“ ist von Bourdieu als ein offenes Konzept gedacht, das der Erfassung von zeitlich und räumlich bestimmbaren Realitäten dienen soll (vgl. Engler 2004). Bourdieu sieht darin ein spezifisches Denkmittel des angewandten Soziologen: „Der Begriff des Feldes ist dazu da, daran zu erinnern, dass das eigentliche Objekt einer Sozialwissenschaft nicht das Individuum [...] ist, auch wenn man ein Feld nur von den Individuen aus konstruieren kann. Das Feld muss im Mittelpunkt der Forschungsoperation stehen“ (Bourdieu 1996, 139). Dieser Appell ist sinnverwandt mit Mills Umschreibung des soziologischen Denkvermögens, das erlauben solle, „Geschichte und persönlichen Lebenslauf und ihre Verbindungen in der Gesellschaft zu erfassen“ (Mills 1963a, 42). Insofern lässt sich das Bourdieu´sche Feld-Konzept als Instrument zur Umsetzung von sociological imagination bezeichnen – in diesem Sinne kommt es hier auch zur Anwendung.

61 Wie Kneer (2004, 50-51) zeigt, gibt Bourdieu keine eindeutig Auskunft auf die Frage, wo die Grenzen eines sozialen Feld anfangen und aufhören. In manchen Passagen wird konflikttheoretisch argumentiert, dass die Grenzen des Feldes Gegenstand fortgesetzter Definitionskämpfe sind. Anderenorts unterbreitet Bourdieu eine physikalische, an die Wirkungskräfte des Magnetfeldes erinnernde, Antwort: „Die Grenzen des Feldes liegen dort, wo die Feldeffekte aufhören“ (Bourdieu/Wacquant 1996, 131). Beide Erklärungen sind nicht nur unzureichend, sondern auch wechselseitig ausschließend. 186

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

In der meist zitierten Textpassage wird ein Feld mit einem Netz oder eine Konfiguration von objektiven Relationen zwischen Positionen gleichgesetzt (Bourdieu/Wacquant 1996, 127). Die Konstruktionsprinzipien des Feldes sind dabei die verschiedenen Sorten von Kapital oder Macht, die innerhalb dieser Ausschnitte der Gesellschaft jeweils im Kurs sind (Bourdieu 1995, 10). Bourdieu (1992a) differenziert zwischen vier Kategorien von Kapital: Dem ökonomischen Kapital (im herkömmlichen Sinne), dem kulturellen Kapital (Bildung und akademische Titel), dem sozialen Kapital (Netzwerke) sowie dem symbolischen Kapital (Prestige, Ehre, Anerkennung). Kapital geht stets mit Macht einher. Folgt man einer „klassischen“ Diktion von Weber, so bedeutet das: Wer am meisten ökonomisches Kapital akkumuliert hat, der dominiert über andere wirtschaftliche Konkurrenten. Wer am besten vernetzt ist, kann andere in vorgegebene Bahnen zwingen usw. Des Weiteren postuliert Bourdieu, dass im ökonomischen, sozialen und kulturellen Feld Definitionskämpfe um die Bewertung von feldspezifischen Leistungen ausgefochten werden (Bourdieu 1982, 355-399). Die Bedeutung der Anerkennung einer bestimmten Kapitalsorte erfasst Bourdieu mit dem Begriff des symbolischen Kapitals. In vielen Fällen kann symbolisches Kapital mit dem Prestige einer Person oder einer Gruppe gleichgesetzt werden (Mörth/Fröhlich 1994). Das Geschehen in den diversen Feldern gleicht in vielerlei Hinsicht regelgeleiteten, sportlichen Wettkämpfen. Augenöffnend ist dabei die Bemerkung von Schwingel (1995, 85), dass Spielregeln nicht nur Zwangscharakter besitzen, sondern zugleich Möglichkeiten eröffnen:

In unmittelbarem Zusammenhang mit diesen feldspezifischen Spielregeln, die den Akteuren eine erste Form von – historisch bedingtem und deshalb auch virtuell veränderbarem – Zwang auferlegen, steht zweitens eine weitere Art von Einschränkungen, nämlich Zwänge, die sich aus der Knappheit der Ressourcen ergeben, die den Akteuren in den Feldern zur Verfügung stehen. Denn im Unterschied zu Glücksspielen […] sind der Verlauf und die Resultate von Wettkampfspielen auf entscheidende Weise durch die Ressourcen der Spieler und durch deren Fähigkeit, diese strategisch sinnvoll einzusetzen, bedingt.

Bourdieu nutzte das Feldkonzept in zahlreichen empirischen Analysen, u. a. in einer Studie über feine Unterschiede in der französischen Klassengesellschaft (Bourdieu 1987), das akademischen Feld (Bourdieu 1998a), das Feld der Literatur und Kunst (Bourdieu 1999) und die öffentliche Verwaltung (Bourdieu 2004). Um Positionen im sozialen Raum zu veranschaulichen wird zumeist mittels des statistischen Verfahrens der Korrespondenzanalyse ein mehrdimensionaler Raum aufgezogen. Die x-Achse ist durch die Zusammensetzung des Kapitals, insbesondere durch das Verhältnis von ökonomischem zu kulturellem Kapital, bestimmt. Verortungen entlang der y- Achse geben Auskunft über das insgesamt zur Verfügung stehende Kapitalvolumen. Entlang einer dritten Raumachse bemüht sich Bourdieu um die Abbildung von Laufbahnen. Da zumeist nur synchrone Daten vorliegen, ist naheliegend, dass diese dritte Dimension lediglich Hinweise auf soziale Auf- und Abstiegsprozesse geben kann (für ein Beispiel s. Bourdieu 1987, 708).

187

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Grafik 5.1: Das abstrakte Raummodell

Quelle: Barlösius (2006, 130)

Durch die Positionierungen einzelner Akteure in diesem Raum kommen deren Machtpotentiale bzw. deren Über-, Unter- oder Beiordnung zum Ausdruck. Damit ist auch schon einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der Feldtheorie und der Netzwerkanalyse zum Ausdruck gebracht worden. Strukturen bei Bourdieu beziehen sich auf latente 62 oder auch „unsichtbare“ (Bourdieu 1992b, 138) Strukturen, die erst vom Forscher sichtbar gemacht werden müssen. Netzwerkanalytiker erfassen hingegen manifeste Strukturen, die keine besondere Rekonstruktionsleistung des Forschers einfordern (vgl. Bernhard 2008). 63 Zudem stehen stets Interaktions- und nicht Herrschaftsbeziehungen, wie bei Bourdieu, im Mittelpunkt der Analyse. Das voraussetzungsreichste Postulat von Bourdieu ist nun, dass Akteure je nachdem welches Kapital sie in welchem Ausmaß akkumuliert haben sich selbst und andere unterschiedlich wahrnehmen:

62 Merton spricht von latenten Funktionen eines Phänomens, wenn nicht zu erwartende Folgen einsetzen. Diese können in ihrer Wirkung weitreichender sein als die geplanten Folgen. Als illustrierendes Beispiel führt Merton das Veblensche Paradox an: Konsumenten kaufen Produkte nicht wegen ihrer besonderen Qualität, sondern wegen ihres hohen Preises. Merton (1957, 69-70) interpretierte das seines Erachtens wichtigste theoretische Vermächtnis von Veblens „Theorie der feinen Leute“ (1989) folgendermaßen: „For it is the latent equation („costliness = mark of higher social status“) which he singles out in his functional analysis, rather than the manifest equation („costliness = excellence of the goods“). […] In these respect, Veblen’s analysis of latent functions departs from the common-sense notion that the end-product of consumption is, of course, the direct satisfaction that it provides”. 63 Oftmals werden Daten mittels Namensgeneratoren gewonnen, die die (multiplexen) Beziehungen zwischen Ego und Alteri sichtbar machen. 188

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Die Wahrnehmungskategorien resultieren wesentlich aus der Inkorporierung der objektiven Strukturen des sozialen Raumes. Sie sind es folglich, die die Akteure dazu bringen, die soziale Welt so wie sie ist hinzunehmen, als fraglos gegebene, statt sich gegen sie aufzulehnen und ihr andere, wenn nicht sogar vollkommen konträre Möglichkeiten entgegenzusetzen: Der Sinn für die eigene soziale Stellung als Gespür dafür, was man ‚sich erlauben’ darf und was nicht, schließt ein das stillschweigende Akzeptieren der Stellung, einen Sinn für Grenzen („das ist nichts für mich“), oder, in anderen Worten, einen Sinn für Distanz, für Nähe und Ferne, die es zu signalisieren, selber wie von Seiten der anderen einzuhalten und zu respektieren gilt […] (Bourdieu 1995, 17).

Um Objektivismus und Subjektivismus gänzlich zu überwinden, also Gesellschaftsstruktur und konkretes Denken und Verhalten aneinanderzukoppeln, führt Bourdieu darüber hinaus den Habitus-Begriff ein. Dieser bleibt in seinem Werk stets diffus und ist daher Zielscheibe heftiger Kritik (vgl. Hedström 2008). Im Wesentlichen umschreibt Habitus die durchaus im Alltag zu beobachtende Tatsache, dass niemand aus seiner Haut kann, d. h. wer in einer bildungsfernen Bauernfamilie aus der ländlichen Provinz entstammt, wird das genauso wenig verschleiern können wie jemand der als Diplomatensohn schon in Kinderjahren in gehobenen Gesellschaftskreisen jeden Sonntag diniert hat. Abstrakt gesprochen: Wem es strukturell bedingt an Geld und Bildung mangelt, der wird einen Habitus der Notwendigkeit herausbilden. Wer kulturelles und ökonomisches Kapital in Hülle und Fülle besitzt, der wird sich durch einen Habitus der Distinktion auszeichnen. Bourdieu spricht öfters von dauerhaften Dispositionen, die mit einer bestimmten Position im sozialen Raum einhergehen. So heißt es etwa:

Indem der Habitus als ein zwar subjektives, aber nicht individuelles System verinnerlichter Strukturen, als Schemata der Wahrnehmung, des Denkens und Handelns angesehen wird, die allen Mitgliedern derselben Gruppe oder Klasse gemein sind … (Bourdieu 1979, 187).

Cluster von Personen mit ähnlichem Kapitalausstattungen und damit einander ähnelnden Habitus führen nach Bourdieu zu „theoretischen Klassen“:

Konstruiert man den sozialen Raum […], gewinnt man damit zugleich auch die Möglichkeit, theoretische Klassen von größtmöglicher Homogenität in Bezug auf die beiden Hauptdeterminanten der Praktiken und aller sich aus ihnen ergebenden Merkmale zu konstruieren. Das so angewendete Klassifizierungsprinzip ist wirklich explikativ: Es belässt es nicht bei einer Beschreibung der Gesamtheit der klassifizierten Realitäten, sondern setzt, wie jede gute naturwissenschaftliche Taxonomie, bei den bestimmenden Merkmalen an, von denen aus im Gegensatz zu den schlechten, von den scheinbaren Unterschieden ausgehenden Klassifikationen eine Vorhersage weiterer Merkmale und die Unterscheidung und Zusammenfassung von Akteuren möglich ist, die einander so ähnlich wie möglich und von den Mitgliedern der anderen Klassen, ob näher oder ferner stehend, so verschieden wie möglich sind (Bourdieu 1998b, 23). Klassen entstehen durch die relativ einheitliche Verteilung einzelner Personengruppe auf verschiedene Standorte im sozialen Raum. Sie existieren solange virtuell bis es zu kollektiven Mobilisierungen kommt. Diese sind bei Bourdieu – anders als bei Marx - keine zwingende Konsequenz der Ungleichverteilung von Kapitalsorten. 189

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Der folgende Abschnitt geht der Frage nach, ob die Nachkommen des Adels in Österreich als Klasse im Sinne Bourdieus aufgefasst werden können.

5.3 Der Adel von heute als Kollektiv? – empirische Antworten

Folgt man Saint Martin (1993, 27) so gleichen sich die Nachkommen des Adels vor allem bezüglich der Verteilungen von sozialem und symbolischem Kapital. Sie betont daher Gemeinsamkeiten in der „Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind“ (Bourdieu 1993, 190) und in der weit ausstrahlenden symbolischen Wirksamkeit der adeligen Herkunft, die aufgrund ihres Seltenheitswertes mit einer Art (Vertrauens-)Vorschuss einhergeht („Adel verpflichtet“). Des Weiteren wird zu fragen sein, ob auch bezüglich des ökonomischen und kulturellen Kapitals Unterschiede zwischen dem Adel von heute und der restlichen Gesellschaft bestehen.

5.3.1 Soziales Kapital Eine enge Auslegung von Walterskirchens These vom „verborgenen“ oder „informellen Stand“ impliziert, dass institutionalisierte Interaktionsstrukturen (Clubs, Vereinigungen, Hochzeiten) zwischen den Nachkommen des Adels existieren. Derartige Strukturen garantierten nicht nur, dass sich die Akteure regelmäßig treffen. Sie weisen auch Sinnstiftungselemente auf, die gemeinsame kognitive und affektive Bedeutungen tragen (Berger/Luckmann 1974). Organisierte Zusammenschlüsse sind besonders relevant geworden, da der höfische Lebensstil nicht mehr zur Bildung eines „Corpsgeistes“ beiträgt. Dass die auf soziale Grenzziehungen bedachte höfische Lebensweise in abgewandelter Form auch heute noch in Österreich anzufinden ist, bemüht sich Girtler 64 in der bislang einzigen qualitativen Studie über den Adel von heute nachzuweisen:

Bei einem Fest, welches jugendliche Adelige gaben und zu dem ich eingeladen war, fiel mir ein […] distinguiertes Verhalten auf, das von einem Außenstehendem auch als überheblich gedeutet werden hätte können. Eine spezifische Gehobenheit der Sprache, feine Höflichkeit der Anrede im Gespräch und das Fehlen von abschätzigen oder beleidigenden Äußerungen über Abwesende und Fremde fielen mir auf und dürften in der Erziehung zu noblen Benehmen angelegt sein. Vornehme Distanz zu eigenen und anderen Gefühlen macht den feinen Menschen aus (Girtler 2002, 141).

64 Es sei angemerkt, dass Girtlers Studie keinen Anspruch erheben kann, repräsentativ zu sein. Die von ihm etablierte Kategorie der „feinen Leute“ ist ausufernd. Eine Definition, welchen Adel er darunter subsumiert, gibt Girtler nicht. 190

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Ob die von Girtler beschriebenen Eigenheiten der „feinen Leute“ ausreichend sind, um von einem in sich geschlossenen Milieu zu sprechen, sei dahingestellt. Im Folgenden soll der Fokus stärker auf stabile Interaktionsstrukturen gerichtet sein. Eine erschöpfende Analyse der Organisationsstrukturen des Adels von heute ist nicht möglich, da Mitgliedschaften geheim gehalten werden. Einigen Quellen (Frölichsthal 1997, Bettschart/Kofler 1999) kann jedoch entnommen werden, welche institutionelle Form die Vernetzung des Adels angenommen hat. Zu nennen sind:

Verzeichnis der Tiroler Matrikelstiftung: Ursprünglich handelt es sich dabei um ein Verzeichnis der Tiroler Adeligen. Mit Statuten vom 1. April 1950 ist die ehemalige Tiroler Adelsmatrikel als Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit von der Tiroler Landesregierung als Stiftungsaufsichtsbehörde zugelassen worden.

Vereinigung katholischer Edelleute in Österreich (V. E. Ö.): Sie wurde vor Beginn des Ersten Weltkrieges gegründet, nahm jedoch ihre Arbeit erst 1922 auf. „Nach § 1 ihrer Satzung bezweckte sie die Pflege adeliger Gesinnung, die Förderung der katholischen Überzeugung, die Schaffung einer Matrikel jener Familien, die bis zum Inkrafttreten des Adelsaufhebungsgesetzes zur Führung eines Adelstitels berechtigt waren, sowie die Unterstützung wirtschaftlich schwacher Mitglieder. Sie hat sogar ein eigenes Statut über die Durchführung von Ahnenproben etc. erlassen, das das Verfahren in diesen Fällen genau regelte. In Anbetracht dessen, dass damals 93 % der Österreicher katholisch waren, stellte sie wirklich eine umfassende Vertretung des österreichischen Adels dar, hatte sie doch im Jahre 1937 mehr als beachtliche 2300 Mitglieder (Damen und Herren), wobei viele Mitglieder außerhalb des nunmehr klein gewordenen österreichischen Staatsgebietes wohnten“ (Frölichsthal 1997, Hervorh. PhK). Der Verein wurde 1938, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, verboten. Mehrere Versuche nach 1945 einen Nachfolgeverband ins Lebens zu rufen, scheiterten an einer engen Auslegung des Adelsaufhebungsgesetzes von 1919. 2005 genehmigte die Bundespolizeidirektion Wien jedoch die eingereichten Vereinsstatuten, nach denen all jene Personen Mitglieder des Vereins werden können, „die zur Führung eines Adelstitels gemäß dem geltenden Adelsrechts berechtigt sind“ (Die Presse, 02.11.2007). Daraufhin brachten Nationalratsabgeordnete der SPÖ eine parlamentarische Anfrage an die Bundesministerin für Inneres Lise Prokop („Genehmigung des Vereins V. E. Ö. durch die BPD Wien“, 3742/J XXII) ein, in der sie Informationen einfordern, warum die zuständige Vereinsbehörde abweichend von der bisherigen Rechtspraxis die verwaltungsrechtliche Bestimmung des § 2 Adelsaufhebungsgesetzes nicht zur Anwendung brachte. In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung (3682/AB) der Ministerin heißt es darauf: „Auch wenn in den zuletzt geänderten Statuten zum Teil Adelsbezeichnungen verwendet wurden, war eine mit der österreichischen Rechtsordnung vereinbare Auslegung grundsätzlich möglich“. Von manchen Beobachterinnen, darunter Walterskirchen, wird diese Anerkennung als Zäsur interpretiert: „Somit wurden von einer österreichischen Behörde erstmals in der 2. Republik anerkannt, dass es noch einen österreichischen Adel gibt“ (Die Presse, 02.11.2007). Wie viele Mitglieder der Verein heute in Österreich hat, kann nicht recherchiert werden.

Jockey Club: Diese Clubs gelten generell als letzte Instanz in allen Fragen des Galopprennsports. Der österreichische Jockey Club mit dem Gründungsjahr 1867 wird oft das Attribut „altehrwürdig“ verliehen. Er steht grundsätzlich nicht nur Adeligen offen, als strikte Regel gilt jedoch, dass der Familienname des Präsidenten im Hofgotha aufgelistet sein muss. Die im § 2 der Statuten festgeschriebenen Vereinszwecke „Förderung der Vollblutzucht“ und „Pflege des geselligen Verkehrs“ veranlasst kritikische Insider wie etwa Frölichsthal (1997) zu folgender spöttischen Bemerkung:

191

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

„Böse Zungen behaupten allerdings, dass die Mehrzahl der Mitglieder heutzutage nicht einmal mehr weiß, wo bei einem Pferd vorne und wo hinten ist“. Die Mitgliederanzahl des Jockey Club wird von Frölichsthal auf 195 geschätzt. Von diesen dürften 60 % adeliger Herkunft sein.

St. Johanns Club: Die Gründungsväter dieses Herrenclubs sind im Wesentlichen Nachkommen all jener, die zentrale Positionen in der V. E. Ö. vor deren Abschaffung eingenommen hatten. 1954 ins Leben gerufen sollte der Club Adeligen vorbehalten sein. Ein reiner Adelsclub wurde jedoch damals von der Alliierten Kontrollkommission nicht bewilligt. Folgt man den Statuten so dient der Club dem „geselligen Beisammensein“ und der „geistigen Weiterbildung“ seiner Mitglieder. Der St. Johanns Club hat nach Auskunft von Frölichsthal 760 Mitglieder, von denen zwei Drittel, also knapp über 500, adelig sind.

Souveräne Malteser-Ritter-Orden/das Großpriorat: Das Großpriorat gibt es seit dem 12. Jahrhundert. Zurzeit beläuft sich die Mitgliederanzahl auf 392, wobei 68 % adeliger Herkunft sind. Die zentrale Aufgabe des Ordens ist, „im Geiste der christlichen Nächstenliebe und Brüderlichkeit und in Übereinstimmung mit der jahrhundertealten Tradition die Ehre Gottes zu mehren, durch die Heiligung seiner Mitglieder, den Einsatz für den Glauben und den Heiligen Stuhl und durch den Dienst am Nächsten“ (offizielle Homepage). In den sieben Hilfswerken des Großpriorats arbeiten Ordensmitglieder ehrenamtlich.

Aus dieser Übersicht wird ersichtlich, dass das AdelsaufhG nicht zur vollständigen Auflösung kollektiver Zusammenschlüsse geführt hat. In Österreich stehen heute den Nachkommen der Adeligen zahlreiche offizielle Möglichkeiten zur Verfügung, seinesgleichen in ausgewählten und zumeist gegenüber der Normalgesellschaft abgeschotteten Milieus zu treffen. Die Ansicht, dass der Adel in Österreich durchaus als ein Kollektiv gedacht werden kann, ist weit verbreitet. So antwortet der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich (junior) auf die Frage, ob das Adelsverbotsgesetz überflüssig ist, etwas ausweichend: „Tatsache ist, dass der Adel weiterhin eine soziologische Realität ist und dass man diese mit gesetzlichen Bestimmungen nicht abschaffen kann“ (Profil, 5.11.2005, Hervorh. PhK). Hier bringt ein Kenner der österreichischen Gesellschaft etwas zum Ausdruck, das stark an den Bourdieu´schen Begriff der „theoretischen Klasse“ erinnert. In Zusammenhang mit der Analysedimension „soziales Kapital“ muss auch die Familie erwähnt werden, der Adelige einen hohen Stellenwert zusprechen. Dass die adelige Identität aufs Engste mit der Herkunftsfamilie verknüpft ist, bringt eine Urkunde der Familie Waldstein-Wartenberg gut zum Ausdruck. Sie wurde anlässlich des 800jährigen Bestehens im Jahr 1959 von allen Familienmitgliedern unterschrieben (vgl. Walterskirchen 2007, 31):

Wir sind Mitglieder einer alten Adelsfamilie. Ihre jahrhundertlange Zugehörigkeit zu einem Stand, der nicht nur das politische und wirtschaftliche, sondern auch das kulturelle und geistige Leben entscheidend mit gestaltet hat, sowie die von den Vorfahren erworbenen Lebens- und Erziehungsweisheit ließen ein Erbgut erwachsen, das nur dann erhalten und weitergegeben werden kann, wenn die große Familie durch den engen Zusammenhalt unter dem Senior

192

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

und dem Maior als den überlieferten Familienoberhäuptern Heimat und wirksame Stütze des einzelnen bleibt (Hervorh. PhK).

Die Heirat stellt die einzige Möglichkeit dar, „langfristig das Überleben des Namens als Träger und Ausdruck des symbolischen Kapitals der Familie zu sichern“ (Saint Martin 2003, 223). Auch bei Familiennetzwerke handelt es sich um soziales Kapital, das wie Bourdieu (1993) selbst anmerkt, in ökonomisches Kapital konvertierbar ist. Von Interesse ist daher das Heiratsverhalten der Adeligen von heute. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen den Begriffen des sozialen und symbolischen Kapitals. Schließlich können bestimmte Heiratsmuster ja einer Vermehrung beider Kapitalsorten zu Folge haben. Walterskirchen hat anhand ausgewählter Adelsfamilien systematische Variationen im Heiratsverhalten des grundbesitzenden Adels im Gegensatz zum Adel ohne Grundbesitz herausgearbeitet. In der nachfolgenden Tabelle werden neben Erst- auch Zweit- und Drittehen berücksichtigt.

Tabelle 5.1: Heiratsverhalten ausgewählter Familien, Gatte verfügt über Gutsbesitz Ehefrau Ehefrau niederer Familie Hochadel Adel Ehefrau bürgerlich Schallenberg ------1 Salburg 3 1 2 Czernin 10 2 --- Coudenhove-Calergi 1 1 --- Coronini-Kronberg 3 ------Coreth 2 --- 3 Kielmannsegg 2 --- 1 Bulgarini 2 --- 1 Quelle: Walterskirchen (2010, 212)

Tabelle 5.2: Heiratsverhalten ausgewählter Familien, Gatte verfügt über keinen Gutsbesitz Ehefrau Ehefrau niederer Familie Hochadel Adel Ehefrau bürgerlich Schallenberg --- 2 4 Salburg ------3 Czernin 5 3 17 Coudenhove-Calergi 2 3 8 Coronini-Kronberg 1 1 Coreth 3 2 6 Kielmannsegg ------Bulgarini ------Quelle: Walterskirchen (2010, 212)

Aus der Gegenüberstellung von Tabelle 5.1 und 5.2 wird ersichtlich, dass der gutsbesitzende Adel in mehr als der Hälfte aller Fälle wiederum Frauen adeliger Herkunft heiratet. Adelige, die nicht mehr in der Landwirtschaft verwurzelt sind, heiraten tendenziell häufiger Frauen aus dem Bürgertum und dem ehemals niederen Adel. Mehrere Motive für das traditionelle

193

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Heiratsverhalten des gutsbesitzenden Adels sind denkbar. Anzunehmen ist, dass diese interfamiliären Zusammenschlüsse die für eine Reproduktion des sozialen Kapitals notwendige Beziehungsarbeit erleichtern. Ein derartiges Verhalten hat auch eine symbolische Komponente. Adelshochzeiten ermöglichen primäre Codes der kollektiven Identität (Giesen 1999, 32-41), d. h. Unterscheidungen zwischen innen und außen können anhand der Verwandtschaft oder Herkunft gesetzt werden.

5.3.2 Symbolisches Kapital Der Name war und ist elementarer Bestandteil adeliger Identität. Der Name ist das, was den Nachkommen aristokratischer Familien erlaubt, an das Weiterbestehen eines wesentlichen Unterschieds gegenüber anderen zu glauben, selbst wenn es in ihrer Umgebung, etwa in Großstädten, anscheinend nichts mehr gibt, was sie von ihren bürgerlichen Nachbarn unterscheidet. Solch ein kurzes Partikel wie etwa „von“ ist oftmals das wichtigste symbolische Kapital, da es in den Augen aller die Größe und Qualität der Familie offenbart und „zudem ihre Vergangenheit, die Lage ihrer Güter, ihre Verbindungen mit anderen adeligen Familien“ in Erinnerung ruft und die Familienehre miteinbezieht – „man muss sich seines Namens würdig zeigen“ (Saint Martin 1993, 67). In Deutschland werden Adelstitel als Teil des Familiennamens geführt. Auch in der Schweiz führen die Behörden den Partikel „von“ weiterhin in den Personalakten an. In Österreich hingegen haben sich die ehemaligen Aristokraten „einer Nenn- und Schreibweise zu bedienen, die sich in ihrer Zusammensetzung von jener der übrigen Staatsbürger nicht mehr unterscheidet; sie werden somit nur ihre Vornamen und ihre Zunamen (Geschlechtsnamen oder Familiennamen), bei Adoptionsfällen eventuell auch den festgelegten Doppelnamen führen“ (AdR, 04, BKA, Z. 15.479/1919). Allen Landesregierungen stellten nach Verabschiedung des AdelsaufhG „folgende schematische Darstellung des Effektes der Adelsaufhebung“ zur Verfügung (Binder-Krieglstein 2000, 1999):

194

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.3: Anweisung der Landesregierungen (Ausschnitt)

bisherige Schreibweise künftiger Name Georg von Perntner Georg Perntner Georg Edler von Perntner -- Georg Perntner von Pernheim -- Georg Perntner Edler von Pernheim -- Georg Ritter von Perntner -- Georg Ritter Perntner von Pernheim -- Georg Freiherr von Pernheim -- Georg Freiherr Perntner von Pernheim -- Georg Graf (oder Landgraf, Markgraf, Altgraf, Burggraf, Erbgraf) von Pertner -- [etc.] [etc.]

Diese Vorschrift hatte nach 1945 auch für alle deutschen Staatsangehörigen Gültigkeit, die die österreichische Staatsbürgerschaft erlangten – ihr Adelstitel wurde also nicht Bestandteil des Namens. Welch große Bedeutung österreichische Nachkommen des Adels dem Adelsprädikat zumessen, wird allein durch die zahlreichen Bemühungen deutlich, das verfassungsrechtliche Verbot der Führung des Adelszeichens „von“, des Ehrenworts „Edler“, der Prädikate „Erlaucht“, „Durchlaucht“ und „Hoheit“ sowie von Standesbezeichnungen wie Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, zu revidieren. In erster Linie ergingen die Beschwerdeverfahren an den Verfassungsgerichtshof (VwGH). Argumentiert wird in jüngster Zeit stets, dass das Adelsverbot der EU-rechtlich gewährleisteten Freizügigkeit der Person (Art. 18 EG-Vertrag) widerspreche (Die Presse, 07.06. 2009). Ein weiteres Argument ist, dass man in der Dienstleistungsfreiheit behindert werde, wenn man in verschiedenen Mitgliedstaaten unter unterschiedlichen Namen geführt werde. 2008 leitete der VwGH erstmals folgende Anfrage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter:

„Steht Art. 18 einer Regelung entgegen, wonach die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates es ablehnen, den Nachnamen – soweit er ein im Mitgliedstaat (auch verfassungsrechtlich) unzulässiges Adelsprädikat enthält – eines (erwachsenen) Adoptivkindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt wurde?“ (2008/17/0191).

Anlassfall war eine in Deutschland lebende 65-jährige Österreicherin, die im Erwachsenalter von einem Fürsten adoptiert wurde. Nach der Adoption wurde sie als Fürstin von XY im österreichischen Geburtenbuch vermerkt. Nachträglich änderten die Behörden jedoch den neu gewonnen Namen auf das gewöhnliche X-Y um. Bislang ist der VwGH von dieser Rechtsprechungspraxis nicht abgewichen (vgl. den Negativ-Bescheid des VwGH im Fall 2008/06/0144). Rechtsexperten bezweifeln jedoch, dass diese Haltung des VwGH von Dauer sein wird:

195

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Die Frage, ob das AdelsaufhG tatsächlich dem ordre public Österreichs zuzurechnen ist, kann daher nicht eindeutig beantwortet werden. Zwar sprechen einige gute Argumente dafür, dagegen könnte jedoch vorgebracht werden, dass das AdelsaufhG gerade nicht zu den tragenden Grundprinzipien der Republik Österreich gehört. […] Das AdelsaufhG ist zudem nicht einmal im ganzen Staatsgebiet in Geltung, da die auf Grundlage des BVG BGBl 1921/85 und darauf ergangener V [sic!] der Bundesregierung nicht die gesamte Verfassungsordnung – im Besonderen nicht das HabsbG und das AdelsaufhG – im Burgenland in Geltung gesetzt wurde. (Attlmayr 2010, 10). 65

Zu erwarten ist daher, dass die Initiatoren der V. E. Ö. vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Der Adel von heute stuft die Auswirkungen des AdelsaufhG auf das Namensrecht mehrheitlich als „diskriminierend“ ein. In diesem Sinne äußert sich etwa Stephan Hohenberg:

Die Leute sind gegen den Adel, weil sie sich sonst diskriminiert fühlen werden. Sie haben Angst, dass wir uns dann als etwas Besseres fühlen. Also diskriminieren sie den Adel, damit sie sich nicht selbst diskriminiert fühlen (Walterskirchen 2007, 29).

Was lässt sich nun aus diesen Ausführungen schließen? Kann man aus den abweichenden Rechtsregelungen in Österreich und Deutschland sowie der Schweiz ableiten, dass dem österreichischen Adel von heute im europäischen Vergleich weniger symbolisches Kapital zur Verfügung steht? Schließlich ist Österreich für seine bizarr anmutende Fixiertheit auf bekannt.66 Aus sozialpsychologischer Forschungsarbeiten (z. B. Rickel/Lynn 1981) wissen wir, dass Namensgebungen sich auf das Selbstkonzept auswirken können. Man könnte daher durchaus annahmen, dass der heutige Adel in Österreich im Vergleich zu den anderen Ländern der Donaumonarchie ein stärkeres bürgerliches Selbstbild ausgebildet hat. Zu beobachten ist jedoch, dass das AdelsaufhG im Alltag umgangen wird. Genauso wie Ehefrauen eines promovierten Akademikers unabhängig von ihrem eigenen akademischen Abschluss als „Frau Doktor“ angesprochen werden, so tauchen in Alltagsgesprächen, in der Presse und wahrscheinlich auch in professionellen Milieus adelige Prädikate auf.

Man denke nur an „Gräfin“ Evi Walderdorff und „Fürstin“ Manni Sayn-Wittgenstein, die in den Adabei-Spalten des Landes zu Hause sind. Man wird den Leuten die Titel wohl nie abgewöhnen können (Ludwig Adamovich im Interview, Profil, 5.11.2005, Hervorh. PhK).

Derartige Beobachtungen legen es nahe, die Wirkung des Adelsaufhehbungsgesetzes als eher begrenzt einzuschätzen. Schlussendlich fehlt es auch gänzlich an effektiven Kontrollen.

65 Unter ordre public versteht man wesentliche innerstaatliche Rechtsgrundsätze. 66 Insgesamt sind 869 Titel in der Republik Österreich zu erlangen (Spiegel, 02.08.2005). 196

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

5.3.3 Ökonomisches Kapital Ohne Zweifel gehörte der Adel im 18. und 19. Jahrhundert zur vermögenden Klasse. Berücksichtigt werden muss jedoch, dass die Geschwisterfolge eine herausragende Rolle spielte: Es erbte einzig und alleine der Erstgeborene, alle anderen profitierten im Prinzip nicht vom Familienbesitz, es sei denn sie ordneten sich unter.67 Insofern gab es schon immer den reichen und den armen Adel. Das wichtigste, in Form von Eigentumsrechten institutionalisierte ökonomische Kapital des Adels war und ist ohne Zweifel der Grundbesitz. Die Abschaffung des Adels änderte wenig an den Besitzverhältnissen in Österreich. Paul und Nikolaus Esterházy, Friedrich Habsburg- Lothringen, Graf Batthyány, Paul Draskovich und Graf Erdödy blieben die größten Großgrundbesitzer. Im 19. Jahrhundert waren 281.085 Hektar Land, immerhin 3,35 Prozent des heutigen österreichischen Staatsgebietes, in Fideikommissen gebunden (Walterskirchen 2007, 126). Durch eine radikale Bodenreform („Beschlagnahmegesetz“) in der Tschechoslowakei verlor der Adel jedoch 1919 beträchtliche Teile seines Besitzes.68 Das Gesetz zielte darauf ab, den Landbesitz „feindlicher Staatsangehöriger“, der Dynastie Habsburg-Lothringen, von Adelsstiftungen und Personen, „die sich gegen die tschechoslowakische Nation im Weltkriege gröblich vergangen haben“, entschädigungslos zu enteignen (Bauerkämper 2002, 211). Betroffen war jeder Grundbesitz von Flächen bis zu 150 ha landwirtschaftlichen Bodens und/oder 250 ha Wald. Kleinere Flächen wurden 1947 auf der Basis des Dekretes über die „Beschlagnahme und Aufteilung des Grundbesitzes der Deutschen, der Ungarn und der Verräter“ konfisziert. „In der Republik Österreich gab es keine eingreifende Bodenreform (wie in der Tschechoslowakei). Der Adel konnte seine ökonomische Basis über die tiefen politischen Umbrüche hinweg retten“ (Hanisch 1994, 90). Die nach 1945 eingezogenen Güter in der sowjetischen Besatzungszone, etwa der Esterházy´sche Besitz von 50.000 Hektar, wurden nach dem Staatsvertrag zurück erstattet. Tabelle 5.4 listet nach gegenwärtigem Stand alle adeligen Grundbesitzer von Forstbetrieben über 500 ha auf.

67 Vermögen wurde durch die rechtliche Institution des Fideikommiss an eine Familie unveräußerlich verbunden. Anders als bei Stiftungen wird durch das Familienfideikommiss keine juristische Person geschaffen. Das Vermögen verblieb stets in den Händen einzelner berechtigter Personen. Das Vermögen wurde des Weiteren nach einer festgesetzten, unveränderbaren Sukzessionsordnung vererbt. 68 Die Besitzungen Schwarzenbergs beliefen sich auf 134.514 Hektar. Davon befanden sich 110.417 Hektar in der Tschechoslowakei. 197

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.4: Forstbetriebe über 500 ha nach Bundesländern (BL) im Jahr 2003, eigene Angaben der Betriebe

Forstbetrieb Eigentümer Hektar (HA) % d. BL BURGENLAND Batthyany´sche Forstverwaltung Güssing Sigmund Batthyany 500 0,82 Batthyany Christof Christof Batthany 960 1,57 Dr, Karl Draskovich´sche Forst- u. Gutsverwaltung Güssing Dr. Karl Draskovich 2342 3,82 Erdödy´sche Forst- und Gutsverwaltung Dipl-Ing. Alexander Freiherr v. Kottwitz-Erdödy 1638 2,67 Esterhazy Betriebe GmbH F. E. Familienprivatstiftung 14084 22,98 Fürst Esterházy´sche Privatstiftung Lockenhaus Fürst Esterházy´sche Privatstiftung Lockenhaus 5720 9,33 Fürstlich Esterházy´sche Domänenverwaltung Melinda Esterházy 8498 13,87 Mensdorff-Pouilly Alfons Alfons Mensdorff-Pouilly 533 0,87 SUMME 61284 55,93 KÄRNTEN Gräflich Foscari-Widmann-Rezzonico´sche Forstdirektion Besitzgem. D. Grafen Foscari-Widmann-Rezzonico 8409 9,80 Dipl.-Ing. Peter Goess, Zentralverwaltung Dipl.-Ing. Peter Goess 1646 1,92 Helldorff, Dipl.-Ing. Volker Dipl.-Ing. Volker Helldorff 550 0,64 Dr. Manfred Ritter v. Zahony, Cristina Rossignoli, Manfredy Ritter v. Forstverwaltung Lainach OEG Zahony 1500 1,75 Forstgut Leinschitz Graf Georg Thurn-Vrints, Franziska Clary und Aldringen 740 0,86 Lodron´sche Forstverwaltung Dipl.-Ing. Alberich Lodron 1807 2,11 Forstverwaltung Feistritz, Markus Orsini-Rosenberg Markus Orsini-Rosenberg 1995 2,33 Orsini-Rosenberg´sche Forstbetrieb Sonnegg Dipl.-Ing. Hubertus Orsini Rosenberg 750 0,87 Mag. Markus Orsini-Rosenberg Forstverwaltung Mag. Markus Orsini-Rosenberg 989 1,15 Orsini-Rosenberg´sche Forstverwaltung Feuersberg Gerrit und Orsini-Rosenberg 573 0,67 Gutsverwaltung Ferdinand Orsini-Rosenberg Ferdinand Orsini-Rosenberg 738 0,86 Forstverwaltung Stein, Johannes Orsini-Rosenberg Johannes Orsini-Rosenberg 1333 1,55 Forstbesitz Radlgraben Scarpa Agostino und Guiseppe 940 1,10 Dr. Gudmund Schütte Forst- und Gutsverwaltung Dipl.-Ing. Christoph Habsburg-Lothringen 2534 2,95 Forstverwaltung Steeb Felicitas Steeb 559 0,65 Mag. Douglas Thurn-Valsassina - Forstverw. Koschlak/Mosgan Mag. Douglas Thurn-Valsassina 704 0,82 Forstverwaltung J. Thurn-Valsassina Johannes Thurn-Valsassina 1989 2,32 Thurn-Valsassina´sche Forstverwaltung Bleiburg Gräfliches Familienkompossessorat 1146 1,34 Mag. Vinzenz Thurn-Valsassina Forstverwaltung Ebriach-Trögern Mag. Vinzenz Thurn-Valsassina 1785 2,08 SUMME 85781 35,77

198

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Forstbetrieb Eigentümer Hektar (HA) % d. BL NIEDERÖSTERREICH Althann´sche Gutsverwaltung Dipl-Ing. Alexander Althann 1627 0,72 Egmont Auersperg´sche Gutsverwaltung Auersperg Prinz Egmonzt 506 0,22 Alexander Auersperg-Breunner´sche Forstverwaltung Wald Alexander Auersperg-Breunner 520 0,23 Bossi-Fedrigotti´sche Forstverwaltung Weinern Graf Maurizio Bossi-Fedrigotti 540 0,24 Gutsverwaltung Bubna Ing. Michael Bubna-Litic 534 0,24 Bulgarini-Hardegg Maria Maria Bulgarini-Hardegg 841 0,37 Colloredo-Mannsfeld´sche Gutsverwaltung Rudolf Colloredo-Mannsfeld 1869 0,82 Doblhoff-Dier´sche Forstverwaltung "Rauhenstein" Dipl.-Ing. Hubert Doblhoff-Dier 580 0,26 Forstverwaltung Emmerberg Alejandra Habsburg-Lothringen 585 0,26 Forstbetriebe Fronsburg (vorm. Khevenmüller-Metsch) Gotthard Graf Pilati, Albrecht Bongart, Gabrielle Gräfin Pilati, etc. 2520 1,11 Fürstenberg´sche Forst- u. Güterdirektion Weitra Johannes Prinz und Landgraf zu Fürstenberg 3360 1,48 Forstverwaltung Glashütte Erben nach Herzog von Parma 1280 0,56 Forstverwaltung Grafenegg Tassilo Metternich-Sandor 4466 1,97 Habsburg-Lothringen´sches Gut Persenbeug Mag. Alexander Habsburg-Lothringen 12735 5,61 Hoyo´sche Forstverwaltung Horn Dipl. Ing. Hans Hoyos, Rudolf Hoyos-Trauttmansdorff 4365 1,92 Hoyo´sche Forstverwaltung Gutenstein Ernst Hoyos 3378 1,49 Hoyo´sche Forstverwaltung Kernhof Dipl.-Ing. Johann Hoyos und Mitbesitzer 6640 2,92 Isbary´sche Güterdirektion Eleonore Hardegg, Elisabeth Attems-Gilleis 2258 0,99 Kast´sche Gutsverwaltung Edelsberg Baron Lewellyn Kast 1120 0,49 Kinsky´sches Forstamt Heidenreichstein, Burg Josefine und Christian Kinsky 2850 1,26 Forstverwaltung Langau Fam. Rothschild 69 10925 4,81 Forst- und Gutsverwaltung Langschlag-Kehrbach Ing. Hubertus Lazarini 617 0,27 Dr. iur. Dipl.-Ing. Prinz Hans Moritz v.u.z. Liechtenstein Forst- u. Gutsverw. Dr. iur. Dipl-Ing. Prinz Hans Moritz v.u.z. Liechtenstein, etc. 2294 1,01 Stiftung Fürst Liechtenstein, Guts- und Forstbetrieb Stiftung Fürst Liechtenstein 3091 1,36 Montecuccoli´sches Gut Mitterau Dipl.-Ing. Albert Montecuccoli, etc. 952 0,42 Forstverwaltung Ödenkirchen-Röhrabrunn Dr. Therese von Schwarzenberg 778 0,34 Forstverwaltung Oed Maria Immaculada Habsburg-Lothringen 670 0,30 Reuss´sche Forstverwaltung Dipl-Ing. Heinrich XIV. Reuss 2739 1,21 Philipp A. Sachsen-Coburg u. Gotha, Gutsbetrieb Phillip A. Sachsen-Coburg u. Gotha 1000 0,44 Forst- u. Gutsverwaltung Schönborn KEG Johann Philipp-Stiftung/Dr. Damian Schönborn-Buchheim 3480 1,53

69 Die Forstverwaltung ist seit Generationen im Besitz der Familie Rothschild. Aus unerklärlichen Gründen scheinen nicht die Rothschilds, sondern der „Langau Trust“ als Eigentümer auf.

199

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Forstbetrieb Eigentümer Hektar (HA) % d. BL Forstbetrieb Teresa Schönborn-Buchheim Teresa Gabriele Schönborn-Buchheim 566 0,25 Johannes Seilern-Aspang, Forstamt und Gutsverwaltung Johannes Seilern-Aspang 3910 1,72 H. R. Fürst Starhemberg´sche Familienstiftung, Revier Dürnstein H. R. Fürst Starhemberg´sche Familienstiftung 870 0,38 Forst- und Gutsverwaltung Georg Stradiot Georg Stradiot/WF: Alexander Graf von Ballestrem 1714 0,75 Forstverwaltung Dr. Michael Piatti-Fünfkirchen Dr. Michael Piatti Fünfkirchen 835 0,37 Szapary´sche Forstverwaltung Mag. Nikolaus Szapary 814 0,36 Mag. Lukas Thun-Hohenstein, Forstbetrieb Miesenbach Mag. Lukas Thun-Hohenstein 843 0,37 Ing. Georg thurn-Vrints, Forst- und Gutsverwaltung Poysbrunn Ing. Georg Thurn-Vrints 1182 0,52 Traun´sche Forstverwaltung Mag. Benedikt Abensperg und Traun und Mitbesitzer 2000 0,88 Traun´sche Forstverwaltung Pertenschlag Lic. Oec. Ernst r. Abensperg und Traun und Mitbesitzer 1127 0,50 Traun´sche Forst- und Gutsverwaltung Maissau Lic. Oec. Ernst r. Abensperg und Traun 857 0,38 Traun´sche Forstverwaltung Wolkersdorf Mag. Benedikt Abensperg und Traun 2992 1,32 Forstverwaltung Vittinghoff-Schell M.l. Freufrau Spies von Büllesheim 1544 0,68 Forst und Gutsverwaltung Waldstein Josepha Waldstein-Wartenberg, Matthias Waldstein-Wartenberg 1391 0,61 SUMME 227035 39,13 OBERÖSTERREICH Graf Rupprecht Maximilian und Dipl-Ing. Graf Riprand v.u.z. Arco- Gräfl. Arco-Zinneberg´sche Domänenverwaltung Zinneberg 1234 1,52 Castell-Castell´sche Forstverwaltung Hochburg Dipl.-Fw. Carl Graf zu Castell-Castell 4822 5,92 Herzoglich Sachsen-Coburg und Gotha´sche Forstverwaltung Greinburg Stiftung d. Herzog von Sachsen Coburg u. Gotha´schen Familie 6494 7,98 Czernin-Kinsky Forstgut Rosenhof Stanislaus Czernin-Kinsky 5143 6,32 Herzog von Cumberland-Stiftung, Forstamt Grünau im Almtal Herzog von Cumberland-Stiftung 4732 5,81 Gutsverwaltung Hubertus Herring-Frankensdorf Hubertus Herring-Frankensdorf 931 1,14 Herring-Frankendorf´sche Forstverwaltung Dkfm. Hans-Georg Herring-Frankensdorf 886 1,09 Lamezan´sche Forstverwaltung KEG Dr. Olivier Lamezan-Salins 501 0,62 Forst- u. Gutsverwaltung Frankenburg - Christian Limbeck-Lilienau Christian Limbeck-Lilienau; Christian Wirth 1238 1,52 Friedrich Mayr-Melnhof´sche Forstverwaltung Kogl Dipl.-Ing. Friedrich Mayr-Melnhof´sche Forstverwaltung Kogl 2351 2,89 Revertera´sche Gutsverwaltung Dominik Revertera 1102 1,35 Fürstlich Schaumburg Lippi´sche Forstverwaltung Steyrling Philipp Ernst Fürst zu Schaumburg-Lippe 5287 6,50 H. R. Fürst Starhemberg´sche Familienstiftung Vaduz, Forst- u. Güterdirektion H.R. Fürst Starhemberg´sche Familienstiftung 5402 6,64 Forstverwaltung Steyregg ÖKR.Ing. Niklas u. Nathalie Salm-Reifferscheidt 643 0,79 Sydow´sche Forstverwaltung Dr. Wilhelm von Sydow, Adelheid von Sydow 652 0,80 Herzog Carl von Württemberg´sche Forstverwaltung Carl Herzog von Württemberg 1414 1,74 Czernin-Kinsky Forstgut Rosenhof GmbH u. Co KEG Stanislaus Czernin-Kinsky 889 1,09 SUMME 81389 53,72

200

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Forstbetrieb Eigentümer Hektar (HA) % d. BL SALZBURG Verein Waldpflegegemeinschaft Gaisberg Ing. Landolf Revertera 650 2,11 Mayr-Melnhif´sche Forstverwaltung Salzburg Maximilian Mayr-Melnhof 4842 15,69 Gutsverwaltung Nesselrode Gräfin Constanze zu Nesselrode-Reichenstein 781 2,53 SUMME 30868 20,32 STEIERMARK Forst- und Gutsverwaltung Brunnsee Lucchesi-Palli Pietro, Fürst und Mitbesitzer 559 0,19 Colloredo-Mannsfeld´sches Forstamt Fürstl. Colloredo-Mannsfeld´sche Familienstiftung, Vaduz 3294 1,09 Forstverwaltung Schloß Gstatt Kristina Colloredo-Mansfeld 1033 0,34 Prinz von Croy´sche Verwaltung Clemens Prinz von Croy 3386 1,12 Prinz von Croy´sche Gutsverwaltung, Authal Anton Egon Prinz von Croy 618 0,20 Forstverwaltung Frauenwald Franz Seilern und Aspang 1692 0,56 Forstverwaltung Greifenberg Franz Hohenberg und Heide Hohenberg 2182 0,72 Gudenus´sche Forst- und Gutsverwaltung Thannhausen bei Weiz Erwein Gudenus 1900 0,63 Forstgut Hohenberg Eva Hohenberg 1782 0,59 Albrecht und Leontine Hohenberg Forstbetrieb Familienbesitz, Gutsleiter: Albrecht Hohenberg 1510 0,50 Forstgut Kaltmauer Hubert v. Pengg, Dipl-Ing. Agyd Pengg 959 0,32 Ing. Franz Karl Kottulinsky, Guts- u. Forstverwaltung, Teichwirtschaft Ing. Franz Karl Kottulinsky 685 0,23 Stiftung Fürst Liechtenstein, Forst Kalwang Stiftung Fürst Liechtenstein 8667 2,87 Forstbetrieb Lammalm, Mag. Prinz Alfred v. Liechtenstein Mag. Prinz Alfred v. Liechtenstein 1110 0,37 Forstdirektion Prinz Franz Liechtenstein Prinz Franz v.u.z. Liechtenstein 5510 1,83 Forstamt Prinz Liechenstein - Waldstein G.b.R. Familienstiftung Prinz Heinrich Karl v. Liechtenstein, etc. 3268 1,08 Souveräner Malteser-Ritterorden, Großpriorat f. Österreich, Waldbetrieb Ligist Souveräner Malteser-Ritterorden 3168 1,05 Forst- u. Gutsverwaltung, Teichwirtschaft Weinburg Fam. Lucchesi-Palli 517 0,17 Forstbetrieb Franz Mayr-Melnhof-Saurau Franz Mayr-Melnhof-Saurau 27369 9,07 Friedrich Meran´sche Forstverwaltung Friedrich Meran 980 0,32 Meran´sche Forstverwaltung Franz Meran 1940 0,64 Orgovanyi-Hansstein´sche Forstverwaltung, Revier Granegg + Schwaighof Orgovanyi-Hansstein´sche Erbengemeinschaft 1122 0,37 Forstverwaltung Paltenstein v. Holleuffer Hans Lothar 1355 0,45 Hans Pengg´sche Forst- und Gutsverwaltung GesBR. gew. Dipl-Ing. Gottfried Peng, Dipl.Ing. Johann Pengg 1643 0,54 Pezold´sche Land- und Forstwirtschaft, Schloß Gusterheim Elisabeth von Petzold 3134 1,04 Dr. Pongratz Lippitt Oscar, Forstverwaltung Dr. Oscar Pongratz-Lippitt 919 0,30 Pranckh´sche Forstverwaltung Pux Mag. K.-M. Pranckh 874 0,29

201

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Maria Pranckh Maria Pranckh 625 0,21 Prinz Reuss´sche Forsverwaltung Forststiftung Heinrich XII Prinz Reuss 1675 0,56 Revertera´sche Forstverwaltung Dipl.-Ing. Anton Philipp Revertera 1436 0,48 Fürstl. Schwarzenberg´sche Familienstiftung - Forstdirektion Fürstliche Schwarzenberg´sche Familienstiftung, Vaduz 18961 6,28 Schwarzenberg´sche Forstverwaltung, Revier Turrach Fürstliche Schwarzenberg´sche Familienstiftung, Vaduz 6001 1,99 Schwarzenberg´sche Forstverwaltung, Revier Paal Fürstliche Schwarzenberg´sche Familienstiftung, Vaduz 4257 1,41 Schwarzenberg´sche Forstverwaltung, Revier Murau-Katsch Fürstliche Schwarzenberg´sche Familienstiftung, Vaduz 3098 1,03 Schwarzenberg´sche Forstverwaltung, Revier Ramingstein-Bundschuh Fürstliche Schwarzenberg´sche Familienstiftung, Vaduz 5605 1,86 Forstamt Gutenberg, Dipl. Ing. Ulrich Stubenberg FM Dipl.Ing. Ulrich Stubenberg 1608 0,53 SUMME 301740 41,24 TIROL Herzoglich Sachsen-Coburg und Gotha´sche Revierverwaltung Scharnitz Stiftung d. Herzoge v. Sachsen-Coburg u. Gotha´-schen Familien 1296 0,72

Quelle: Forst-Jahrbuch (2003), S. 268 – 325

202

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Vergleicht man die Tabelle 5.4 mit Agrarstatistiken für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (Sandgruber 1978), so fällt auf, dass bis auf wenige Ausnahme alle „großen Namen“ aufscheinen. Der landwirtschaftliche Großgrundbesitz befand sich auch 1930 noch überwiegend „in den Händen von Klöstern und adeligen Familien, an der Spitze die Mayr-Melnhof, Lamberg, Hoyos, Schwarzenberg, Henckel-Donnersmarck und Liechtenstein mit 35.800 bis 21.000 Hektar“ (Stekl 2004, 130). In der Gegenwart beherrschen, von zwei Ausnahmen abgesehen, dieselben Familien die größten Forstbetriebe. Unter Ausnahmen ist die Grafenfamilie Lamberg zu zählen, die allein in Oberösterreich Latifundien in einem Umfang von 33.600 Hektar besaß. Die männliche Hauptlinie ist mit dem 1942 in Ausschwitz ermorderten Karl Othmar Lamberg erloschen. Der Erbgang der Besitzungen wurde ausführlich von Sandgruber (2008) dokumentiert:

Der Fideikommiss Steyr, der in den dreißiger Jahren hoch verschuldet war und über den seit 1935 immer wieder Verkaufshandlungen mit verschiedenen Interessenten geführt wurden, war schon vorher [vor dem Anschluss] verloren: Er sollte 1938 an den deutschen Lokomotivfabrikanten Henschel verkauft werden. Die Verkaufsverhandlungen waren schon vor dem 13. März 1938 weitgehend abgeschlossen. Ein Kaufvertrag wurde am 18. März 1938 unterzeichnet. Schlussendlich ging der riesige Besitz von fast 32.000 ha Fläche an den deutschen Reichsforst und von diesen nach 1945 an die Österreichischen Bundesforste (Sandgruber 2008, 92).

Auch die Grafenfamilie Henckel von Donnersmarck scheint nicht mehr im Forstjahrbuch auf. Sie verfügte in Kärnten einst über 26.600 Hektar an Land. Heute ist noch das Schloss Wolfsberg in Kärnten im Besitz der Familie. Der größte österreichische Papierkonzern, Frantschach AG, wurde 1881 von Hugo Graf Henckel von Donnersmarck gegründet. Den Steuerklärungen von 1907/1908 kann entnommen werden, dass die oberschlesische Großindustriellenfamilie über ein Vermögen von rund 177 Millionen RM verfügte. Zum Vergleich: Die Frankfurter Rothschilds waren mit 216 Millionen RM die reichsten Deutschen (vgl. Cicero 2006/5). Auch die meisten Nachkommen dürften vermögend sein. Zuletzt bekam die Familie durch den Regisseur und Oscarpreisträger Florian Henckel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“) ein Gesicht. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft waren unter den insgesamt rund 189.600 Agrarbetrieben im Jahr 2005 rund 150.000 Betriebe mit land- und auch forstwirtschaftlich genutzter Fläche. „Davon waren 15.400 reine Forstbetriebe. Auf einer forstwirtschaftlich genutzten Fläche von 3,3 Millionen Hektar wurde im Jahr 2006 ein Produktionswert von ca. 1,45 Mrd. Euro erwirtschaftet“.70 Orientiert man sich an diesen groben Richtwerten, so lässt sich schätzen, dass der Adel zwischen drei und vier Prozent aller Forstbetriebe besitzt, die jährlich einen Umsatz von rund 58 Millionen Euro einbringen. Es ist anzunehmen, dass diese Zahlenangabe den tatsächlichen Umsatz bei

70 http://land.lebensministerium.at/article/articleview/62725/1/13751, <25.10.2010>. 203

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

weitem unterschätzt. Der Grundbesitz von Mayr-Meinhof ist etwa an weiterverarbeitende Industriebetriebe gekoppelt, die im Jahre 2009 einen Umsatz von 766 Millionen Euro aufwiesen (vgl. Geschäftsbericht 2009). Allein der Vermögenswert des „Rosenhofs“ von Stanislaus Czernin- Kinsky (Mühlviertel, OÖ) wird mit seinen 6.000 Hektar auf 150 Millionen Euro geschätzt. Ein Verkauf seines Grund und Bodens in Kärnten würden Peter Goess 25 Millionen Euro einbringen (News, 25.11.2004). Recherchen in der Transparenzdatenbank über EU-Agrarzahlungen ergeben, dass die Besitzungen mit erheblichen EU-Agrarförderungen einhergehen. Drei Beispiele aus dem Zeitraum 2008-2009 seien hervorgehoben: Die „Stiftung Fürst Liechtenstein“ (Wilfersdorf) erhielt insgesamt 1.489.973 €, die „Fürstlich Schwarzenberg´sche Familien-Privatstiftung“ (Murau) 174.144 €, „Thurn-Vrints, Georg“ (Poysdorf) 190.719 € an Fördergeldern. In der neueren Reichtumsforschung (vgl. Druyen/Lauterbach/Grundmann 2009) ist nicht mehr die Fließgröße Einkommen, sondern das Vermögen (Bankeinlagen, Aktien u. ä.) die wichtigste Messgröße. Für die vermögensbasierte Differenzierung der Gruppe der Reichen werden zumeist Arbeitsdefinitionen aus dem World Wealth Report herangezogen. An der Spitze der Reichtumspyramide finden sich die Superreichen (Milliardäre), darunter fallen die sogenannten Ultra-High Net Worth Individuals (U-HNWIs, Finanzvermögen von mind. 30. Mio. US-Dollar), die High Net Worth Individuals (HNWIs, mind. 1 Mio. US-Dollar) und die affluent-Personen (verfügbares Kapitalvermögen von mind. 500.000 US-Dollar). Eine rein einkommensbasierte Differenzierung reicht, um am Sockel der Pyramide die wohlhabenden (ab 200 % des Durchschnittseinkommens) von den überdurchschnittlich gut verdienenden Personen auseinander zu halten. Folgt man dieser Systematisierung, so sind nach den Angaben der regelmäßig erscheinenden „Liste der reichsten Österreicher“ des Magazins „Trend“ Erbprinz Alois v. Liechtenstein & Familie als Superreiche einzuschätzen. All jene, die an den Estzerházy-Stiftungen beteiligt sind, die Familie Rothschild sowie die Familie Mayr-Melnhof sind U-HNWIs. Bei Eliette Karajan, Karl Schwarzenberg und deren Familien dürfte es sich um „affluent“-Personen handeln. Ein beträchtlicher Anteil der Nachkommen des Adels ist nachweisbar (sehr) wohlhabend. Folgende Familien seien beispielhaft angeführt: Abensperg-Traun, Arco, Auersperg, Coburg-Gotha, Czernin-Kinsky, Foscari-Widmann-Rezzoncio, Habsburg-Lothringen, Hoyos, Hohenberg, Meran, Orsini-Rosenberg, Pengg, Reuss, Revertera, Seilern-Aspang, Starhemberg, Stepski, Thurn-Taxis, Thurn-Vasassina. In Österreich herrscht ebenso wie in Deutschland bis heute ein familiär-soziales Eigentumsverständnis vor, d. h. es besteht eine starke Tendenz, „Eigentum als Familieneigentum zu betrachten, wodurch der juristische Eigentümer als Treuhänder für den Besitz der Sippe erscheint“ (Beckert 2004, 19). Ganz in diesem Sinne wurde auch der Fideikommiß eingesetzt. Diese Anordnung erklärte ein Vermögen für alle künftigen 204

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Geschlechterfolgen als ein unveräußerliches Gut (Grundbesitz, Gemäldesammlungen, etc.) der Familie (Siegert 1971, 371). 1938 wurde wurde diese Institution abgeschafft. Dem Erblasser stand erstmals kein rechtliches Instrumentarium mehr zur Verfügung, um den Nachlass an seine Familie zu binden. Das änderte sich mit dem Beschluss über das Privatstiftungsgesetz (PGS) im Jahr 1993. Mit dem PGS verfolgte der Gesetzesgeber unterschiedliche Ziele, vorrangig ging es jedoch darum, ausländisches Vermögen nach Österreich zu locken, Steuervorteile für österreichische Vermögende zu garantieren, Arbeitsplätze in Österreich zu sichern und der Mehrfachbesteuerung des Erbes ein Ende zu setzen. Das geht auch aus der Regierungsvorlage (1203 Blg NR XVIII. GP.) hervor: Bis 2010 waren gemeinnützige Privatstiftungen von der Körperschaftssteuer befreit und unterlagen nur mit gewissen Einkünften der Kapitalertragssteuer von 25 %. Die Eingangssteuer bei Gründung einer Stiftung beträgt nur 2,5 % des Vermögens. Im europäischen Vergleich sind derart niedrige Steuersätze einmalig. Eine Privatstiftung ist als ein Rechtsträger aufzufassen, dem vom Stifter Vermögen gewidmet wird. Das Vermögen ist somit von Personen losgelöst und dient einem vom Stifter festgelegten Zweck. „Die mögliche Zersplitterung wirtschaftlichen Vermögens durch Erbgänge, die Zerstörung wirtschaftlicher Einheiten durch vermeidbare Pflichtteilsabfindungen und die Möglichkeit feindlicher Übernahmen“ werden damit geringer (Helbich 2000, 12). Heute gibt es rund 2500 österreichische Privatstiftungen, in denen 20 bis 45 Milliarden Euro steuersparend angelegt sind ( Manager Magazin , 05.08.2004). „ Zu den großen Stiftern gehören in Österreich der alte Adel (Auersperg, Czernin, Schwarzenberg), viele große Unternehmerfamilien (Essl, Fürnkranz, Hartlauer, Hrachowina, Kapsch, Lugner, Michelfeit, Palmers, Quester, Radatz, Wiesbauer, Wlaschek, Zgonc u.a.m.), aber auch Medienzare (wie Dichand, Falk und Fellner) und Politikerfamilien wie Prinzhorn, Bartenstein, Mitterbauer oder Haselsteiner“ (ÖGPP 2004, 66, Hervorh. PhK). Nach Angaben des österreichischen Kreditschutzverbandes transferierten Franz Mayr-Melnhof- Saurau 1,981 Milliarden, Karl Johannes Schwarzenberg 207 Millionen und Ulrich Stepski 166 Millionen in ihre Privatstiftungen. 71 All diese Fakten legen nahe, dass ein großer Teil des Adels heute vermögend ist und sein Reichtum in Privatstiftungen steuergünstig verwaltet.

5.3.4 Kulturelles Kapital Nach Bourdieu (1993) existiert kulturelles Kapital in drei Formen: „ (1.) in verinnerlichtem, inkorporiertem Zustand in Form von dauerhaften Dispositionen des Organismus, (2.) in

71 Vgl. http://www.slowcity.at/wissen/pool/liste_privatstiftungen.pdf < 12.04.2011 > 205

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

objektiviertem Zustand, in Form von kulturellen Gütern […],(3.) in institutionalisiertem Zustand, einer Form von Objektivation […]“ Welche verinnerlichten Haltungen für den Adel von heute noch bedeutsam sind, soll anhand zweier Interview-Passagen herausgearbeitet werden. Ulrich (Graf) Goess-Enzenberg erbte vom Bruder seiner Mutter Antonie (Gräfin) Goess geb. (Gräfin) Enzenberg das zwischen Jenbach und Schwaz (Tirol) gelegene Schloss Tratzberg. Der Schlossherr hat echtes blaues Blut. Seine Großmutter ist (Gräfin) Marie von Meran. Er ist somit der Ur-Ur-Urenkel der Kaiserin Maria-Theresia. Goess-Enzenberg studierte BWL, war als Hotelmanager und in der Vermögensverwaltung tätig und ist mit der bürgerlichen Münchner Modedesignerin Kathrin Goess-Enzenberg verheiratet. Das Ehepaar wohnt mit seinen Kindern im Schloss. Die hier wiedergegebenen Interview-Passagen stammen aus dem Society-Magazin fiesta (2006/2).72 Das Magazin befragte die beiden getrennt voneinander.

Interviewer 1: Ihre Frau möchte sicherlich, dass Ihre Kinder ganz „normal“ und unbeschwert aufwachsen. Was wünschen Sie sich für Ihre beiden Töchter?

Ulrich Goess-Enzenberg : Ich wünsche mir, dass unsere Kinder gesund bleiben und mit ihren Mitmenschen in Frieden leben. Sie sollen sozial engagiert sein und das, was wirklich wesentlich ist, erkennen können. Trotzdem hoffe ich, dass sie sich zu starken Persönlichkeiten entwickeln, die sich auch von schlechten Einflüssen oder falschen Menschen klar und leicht abgrenzen können . Außerdem würde ich mir für sie und uns wünschen, dass sie ihren späteren Lebenspartner mit Kopf und Herz auswählen, egal ob adelig oder nicht. Für mich ist Adel nicht unbedingt nur ein Privileg, obwohl es Dinge natürlich manchmal erleichtert. Doch das liegt wohl in erster Linie an dem großen familiären und gesellschaftlichen Netzwerk, welches sich durch unsere Familien zwangsläufig ergibt (Hervorh. PhK).

Interviewer 2: Sie leben mit Ihren Kindern auf dem Schloss. Wie wachsen Ihre Kinder auf – in adeliger Gesellschaft?

Kathrin Goess-Enzenberg: […] Unsere Kinder leben vergleichsweise bescheiden , beispielsweise in Bezug auf Taschengeld, große Geschenke oder Markenartikel. Schon im Kindergarten konnten wir nette Beziehungen zu anderen Familien aufbauen. Die Eltern in ihrem Umfeld sind nicht elitär, darauf kommt es uns nicht an, im Gegenteil. Wichtig ist es für uns, dass sich die Erziehenden ihrer Verantwortung bewusst sind und sich mit ihren Kindern auseinandersetzen. Ich habe mich stets sehr engagiert, sowohl im Kindergarten als auch in der Schule. Unsere Kinder denken sich nichts dabei, in einem Schloss zu leben. Als sie klein waren, gab es sogar schon mal Tränen, weil alle anderen Kinder einen Balkon haben, nur wir nicht. Die beiden Mädchen fühlen sich nicht anders oder gar besser als ihre Freundinnen und das ist uns auch wichtig. Für uns steht eine Erziehung im Vordergrund, die auf menschlichen Qualitäten und Werten basiert . Wir möchten niemals Überheblichkeit kreieren, warum auch. Adelige Gesellschaft bleibt allerdings schon wegen der großen Verwandtschaft nicht aus (Hervorh. PhK).

Den Interviews kann entnommen werden, dass Vater und Mutter über Erziehungsideale nahezu punktgenau übereinstimmen. Auf eine jeweils individuelle Art wird betont, dass der Adel von

72 Im Netz unter: http://www.fiesta-news.at/upload/File/fiesta0206-Adel.pdf, <27.04.2011>. 206

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

heute ein Beispiel für andere sein solle, sich nicht ins Rampenlicht drängen dürfe, sich zumindest nach außen hin demonstrativ bescheiden geben müsse und soziale Engagement seine auferlegte Pflicht sei (vgl. Walterskirchen 2007, 59-62). „Adel verpflichtet“ ist keine abgegriffene Phrase. Ganz im Gegenteil wird dieses Prinzip verinnerlicht und hat zahlreiche Auswirkungen. Vererbtes Eigentum wird als unteilbar angesehen und so auch verwaltet, ehrenamtliche und uneigennützige Tätigkeiten sind selbstverständlich, Gesellschaftsabende dienen der Verwaltung des sozialen Kapitals und Charakterbildung steht ganz oben im Erziehungskanon. Die Eltern verorten ihre Kinder auch in zwei unterschiedlichen Welten: Einerseits in einem nicht egalitären sozialen Umfeld, andererseits in einer weit über den engen Familienkreis hinausgehenden adeligen Gesellschaft, die „manchmal Dinge erleichtert“. Mit dieser absichtlich diffus verwendeten Formulierung, wird wohl zum Ausdruck gebracht, dass sowohl das Vermögen als auch die Beziehungsnetzwerke des Adels Sprungbretter in angesehene Berufspositionen darstellen. Mit der Gegenüberstellung betonen die Eltern auch die Andersartigkeit des Adels. Der unter Tränen geäußerte Kinderwunsch nach einem Balkon steht wahrscheinlich im merkbaren Kontrast zu der vornehmen Reserviertheit und dem höflichen Umgangston, der bei Familienfesten vorherrscht (vgl. Girtler 2002, 138-167). Liest man das vollständige Interview, so erhält man den Eindruck, dass sich das Ehepaar indirekt als Elite beschreibt. Geradezu gebetsmühlenhaft werden die Pflichten des Adels hervorgehoben.73 Schon Saint Martin (1993, 127) hat beobachtet, dass jene Adeligen, die sich selbst gesellschaftliche Verpflichtungen auferlegen, sich auch am stärksten „über dem Volk“ stehend glauben. Sie wollen der Allgemeinheit dienen, sehen sich aber nicht als Teil der Normalbevölkerung. Im Falle von Goess-Enzenberg kann an eine Angleichung an das Bürgertum keine Rede sein. Dafür sind die inkorporierten Attribute des Adels (Bescheidenheit, Höflichkeit, Wertbewusstsein, Wahrung familiärer Traditionen, Elitestatus) zu sehr ausgeprägt. Anhand des Beispiels Goess-Enzenberg kann aufgezeigt werden, dass nicht die Hetzjagd, das Reiten, das Fechten oder Kleidung als Symbol des demonstrativen Müßiggangs (Veblen 1989) den Adel von heute miteinander verbindet. Es ist vielmehr ein allgemein geteiltes „Glaubensbekenntnis der Schlichtheit“ (Saint Martin 1993, 127), ein Habitus der Zurückhaltung und Diskretion, ein savoir-faire im Umgang mit anderen Leuten, Familiensinn, Ehrgefühl und Aufrichtigkeit, die kennzeichnend sind und im Sinne von Bourdieu als Dispositionen aufgefasst werden können. Eine weiteres Variante des kulturellen Kapitals sind verschiede Kulturgüter, wie etwa vererbte Schlösser und Kunststammlungen. „Von über 1700 in Österreich noch erhaltenen Schlössern und Burgen befinden sich nur mehr 411 im Besitz adeliger Familien, das sind 24 Prozent“

73 Das Wort „Verpflichtung“ scheint im Text acht Mal auf. 207

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

(Walterskirchen 2010, 211). Neben dem schon erwähnten Schloss Tratzberg soll hier nur das das Schloss Grafenegg in Niederösterreich erwähnt werden. Es wird von Tassilo Metternich- Sándor als ein touristisches und kulturelles Zentrum mit Freiluftbühne genutzt. In der Literatur werden diese Schlösser überwiegend als „schwere Belastung“ beschrieben (vgl. Wessely 1971, 294-296). Zu den Patronatslasten würden oftmals Riesensummen verschlingende Rennovationsarbeiten kommen. Denkmalpflegerische Auflagen würden die neuen Burgherren derartig viel kosten, dass nicht einmal die regelmäßig fließenden Zulagen der öffentlichen Hand das Geschäft mit Hotels, Ausstellungen und Musikfestivals rentabel machen würden. Inwiefern eine derartige Schilderung der finanziellen Verhältnisse wirklichkeitsgetreu ist, sei dahingestellt. Verlässliche Eigenrecherchen sind nicht möglich. Das gilt auch für Kunstsammlungen. Bekannt ist, dass die von Erbprinz Alois von Liechtenstein angeführte fürstliche Familie 13 Schlösser, 200 Immobilien, Industriebeteiligungen und eine wertvolle Kunstsammlung mit 1500 Gemälden ihr Eigen nennt (Trend, 26.7.2009). Abschließend soll das institutionalisierte kulturelle Kapital des Adels, also im Wesentlichen Bildungsabschlüsse- und –titel, erwähnt werden. Eine gewisse Transformation des symbolischen und sozialen Kapitals (Name, Titel, Zugehörigkeit zu einem Adelsgeschlecht, etc.) in ökonomisches und/oder Bildungskapital wurde den Adeligen durch gesellschaftlichen Wandel aufgezwungen. Welche Wege der Anpassung in welchem Unfang gewählt wurden, ist eine empirisch zu beantwortenden Frage. Adelige nehmen unter den neuen Bedingungen mehrheitlich die Rolle des abhängig Beschäftigten ein, dessen Verhandlungsmacht von der Spezifität des Wissens und den diversen (akademischen) Qualifikationen abhängt. Anzunehmen ist daher, dass der Adel im Zeitverlauf immer stärker den Erwerb von Bildungstiteln anstrebte. Zwar sind die Bildungskarrieren des Adels nicht dokumentiert, verlässliche Informationen liegen jedoch zu Berufsgruppen vor.

Tabelle 5.5: Wahl von bürgerlichen Berufen im Zeitverlauf 74 , absolute Zahlen Berufsgruppe 1929 1955 1975 1995 Richter/Rechtsanwalt 8/3 11/8 4/2 16/14 Beamter/davon Außenamt 11/1 19/7 27/14 27/12 Universitätslehrer 7 7 15 19 Arzt (niedergelassen) 24 18 12 16 Unternehmer 80 73 55 90 Zivilingenieur, Architekt 1 3 4 11 Quelle: Walterskirchen (2010, 207)

Aus der Tabelle geht ein Verhältnis zwischen Beamtenschaft und Selbstständigen von 62 zu 117 für das Jahr 1995 hervor. Bei der Kategorie „Unternehmer“ dürfte es sich vorwiegend um

74 In der Auszählung berücksichtigte Walterskirchen 180 ehemals fürstliche und gräfliche Familien mit etwa 5.000 erwachsenen Mitgliedern. 208

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Manager und Bankiers handeln. 75 Hier findet sich eindeutig die stärkste Konzentration. Ärzte, Hochschullehrer, Ingenieure, Architekten, Manager – das sind Berufe, die mit hohen Akademikerquoten einhergehen.

Der Adel in Österreich heute – ein verborgener Stand?

Der vorangegangene Abschnitt bemühte sich anhand des Bourdieu´schen Analyserasters von ökonomischen, symbolischen und kulturellen Kapitals Gemeinsamkeiten zwischen den Adeligen von heute herauszuarbeiten. Der Österreich-Kennerin präsentiert sich der Adel von heute als recht „bunter Haufen“: Was verbindet schon die Familie Esterházy, mit dem Forstwirt und ÖVP- Nationalratsabgeordnete Peter Goess, dem Geschäftsführer eines Internet-Anbieters Andreas Pálffy, der renommierten Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi und dem Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly? Eine Systematisierung des Gegenstandsbereichs, wie sie vorgenommen wurde, fördert einige Gemeinsamkeiten der Adeligen von heute zu Tage. Einige Anhaltspunkte, warum der Adel von heute als Kollektiv bezeichnet werden kann, seien abschließend angeführt. Aus einer konstruktivistischen Perspektive entsteht Kollektivität durch Gemeinschaftlichkeit. Man denke an synchronen Chorgesang oder die schweigende Anwesenheit von Menschenmengen bei feierlichen Ritualen.

Körperlichkeit und Anwesenheit sind außerordentlich wichtig für eine rituelle Konstruktion von Gemeinschaftlichkeit und kollektiver Identität, aber sie reichen alleine nicht aus; die Handelnden müssen im Augenblick des Rituals auch wissen, dass sie gleichförmig mit anderen handeln, sie müssen ein Bewusstsein der Gleichförmigkeit ausbilden (Giesen 1999, 16; Hervorh. PhK.).

Für ein derartig kollektives Bewusstsein gibt es einige Hinweise. Über die Auslegung des Stehsatzes „Adel verpflichtet“ scheint man sich relativ einig zu sein. Hochzeiten und Vereine, wie etwa die neu gegründete Vereinigung katholischer Edelleute, können auch heute noch potentiell zu einem Bewusstsein der Gleichgesinntheit beitragen. Trotz des mit dem AdelsaufhebungsG einhergehenden Verbots des Adelstitels ist der Name weiterhin ein identitätsstiftendes Element. In informellen settings wird das Verbot häufig umgangen, Sanktionen bleiben gänzlich aus. Vor allem in ländlichen Gebieten gelten adelige Familien noch als „Herrschaft“. Symptomatisch für diese Resistenz ist, dass in dem vom österreichischen Agrarverlag herausgegebenen „Forst- Jahrbuch“ Eigentümer von Forstbetrieben samt ihres adeligen Brimboriums aufscheinen (Beispiel: „Dr. Manfred Ritter von Zahony“).

75 Die Bezeichnung dieser Kategorie durch Walterskirchen ist irreführend. Schließlich gelten rein rechtlich gesehen auch jene Personen als Unternehmer, die Dienstleistungen in selbstständiger Weise ausüben. 209

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Eine strukturellen-materialistische Betrachtungsweise des Adels von heute bringt ebenso Gemeinsamkeiten zum Vorschein. Es steht außer Zweifel, dass viele Adelsfamilien in Österreich vermögend sind. Nach wie vor befinden sich in Österreich die größten Waldflächen im Besitz von Adelsfamilien. Ein Ranking adeliger Forstbetriebe nach Hektar listet folgende Familien auf: Mayr-Melnhof (ca. 35.000 ha), Esterházy, Liechtenstein, Schwarzenberg, Hoyos, Habsburg- Lothringen, Rothschild, Hohenberg, Foscari-Widmann-Rezzoncio, Coburg u. Gotha'schen Familie, Abensperg und Traun, Starhemberg, Orsini-Rosenberg, Czernin-Kinsky (ca. 6000 ha). Im Vergleich dazu kommen die Stadt Wien und die Länder Niederösterreich, Steiermark und Wien gemeinsam auf geschätzte 35.000 ha. Diese Besitzungen haben nicht nur einen enormen Wert, sie machen auch jährlich einen Umsatz von mindestens 60. Millionen Euro. Natürlich lassen diese Statistiken nicht darauf schließen, dass jedes Mitglied einer adeligen Familie wohlhabend ist. Diese Feststellung ist aber ebenso wenig für den Adel des 18. und 19. Jahrhunderts zutreffend. Man denke bloß an die sogenannte „Zweite Gesellschaft“, also jene geadelten Wirtschaftstreibende, Beamte, Offiziere u. a., die vom Hochadel kaum wahrgenommen wurden. Es gibt jedoch mehrere Hinweise darauf, dass große Teile des Adels von heute im sozialen Raum-Modell Bourdieus nahe aneinander liegende Positionen mit relativ hohem Gesamtkapitalvolumen einnehmen. Die These vom Adel als „verborgenen Stand“ (Walterskirchen 2007) dürfte daher zumindest teilweise zutreffend sein.

5.4 Über die Kunst des Obenbleibens: Der Adel von heute in der Wirtschaft

Anliegen dieses empirischen Teils ist es anhand von Repräsentativdaten möglichst genau zu messen, wie erfolgreich der Adel die „Kunst des Obenbleibens“ ausübt. Dass der Adel heute durchaus Führungspositionen einnehmen kann, verwundert nicht. Zurzeit gestalten etwa zwei Adelige, nämlich der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr von Guttenberg sowie die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Ursula von der Leyen, die deutsche Gesellschaft ganz entscheidend mit. Von Interesse kann daher lediglich sein, ob Guttenberg und Leyen die Ausnahme oder die Regel sind. Die Forschungsfrage lautet daher: In welchem Ausmaß nimmt der Adel heute noch Positionen ein, die sich im Bourdieu´schen sozialen Raum durch hohes Kapitalvolumen auszeichnen? Um diese Frage beantworten zu können, müsste die Gesellschaft im Ganzen in Blick genommen werden. Aus rein pragmatischen Gründen werden empirische Untersuchungen jedoch auf einzelne soziale Felder eingegrenzt. Theoretisch empfiehlt es sich, jene Gesellschaftsbereiche zu betrachten, in denen die Akkumulation ökonomischen Kapitals zentral ist. Über symbolisches und soziales Kapital verfügte der Adel stets. Die zentrale Frage ist, ob es ihm trotz einer weitgehenden Deklassierung gelang, diese Kapitalressourcen in Einkommen und Vermögen zu transformieren?

210

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Derartige Überlegungen legen es nahe, die Rolle der finanzstarken österreichischen Wirtschaftselite in den Blick zu nehmen. Bourdieu selbst argumentiert, dass das ökonomische Kapital allen anderen Kapitalarten zugrunde liegt (Krais 1983, 210 f.). Außerdem verfügt die Wirtschaftselite gegenüber anderen Eliten über ein deutliches strukturelles Übergewicht, das in erster Linie auf seiner ausschließlichen Entscheidungsgewalt über Investitionen, Rationalisierungsmaßnahmen und letztlich auch Betriebsstilllegungen beruht“ (Hartmann 2004a, 165). Hinzu kommt die Beobachtung von Walterskirchen (1999, 201), dass „es zumindest einem nicht unwesentlichen Prozentsatz von Adeligen gerade in jüngster Zeit gelungen ist, in heute zentralen Wirtschaftsbereichen an die Spitze zu kommen“. In gewisser Weise kann das auch als Zeichen der Kontinuität gesehen werden. Schon im 19. Jahrhundert war ein Teil des Adels kapitalistisch aktiv und investierte in Eisenbahnbauten, Industrieunternehmungen und Bankgründungen. Dass es beim Adel um eine wirtschaftspolitisch überaus einflussreiche Gruppe handelt lässt sich an der Gründung der Creditanstalt, des führenden Kreditinstituts der Monarchie, nachweisen. An diese Gründung waren „Fürst Johann Adolf Schwarzenberg, Fürst Vinzenz Carl Auersperg, Fürst Max Egon Fürstenberg, Graf Otto Chotek und der Bankier Louis v. Haber mit einer Zeichensumme von 30 Mill. Gulden, knapp einem Drittel des gesamten Aktienkapitals, beteiligt“ (Stekl 2004, 26). Adelige spielten bis zu den Verstaatlichtengesetzen (1946/1947) eine zentrale Rolle in der CA, die über zahlreiche Unternehmensbeteiligungen verfügte. In den 90iger Jahren findet sich wieder ein im Finanzsektor verwurzeltes Netzwerk von Adeligen rund um die CA.

Grafik 5.2: Personenverflechtungen im Finanzsektor im Jahre 1995

Quelle: Wer leitet? (1995) Die Forschung von Walterskirchen zur Rolle des Adels in der Wirtschaft ist zwar erhellend, krankt jedoch an einer grundsätzlichen methodischen Schwäche. Statistiken werden nicht in

211

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Relation zur Gesamtbevölkerung gesetzt. Die Begründung hierfür ist, „dass es auf Grund des Umfangs der untersuchten Personengruppen nicht möglich [war], Vergleichsgrößen heranzuziehen“ (Walterskirchen 2010, 207). Ohne Vergleichsgruppe sind jedoch Aussagen über den Erfolg des Adels in den bürgerlichen Berufen wenig aussagekräftig. Eine ideale Kontrastfolie wäre das Besitzbürgertum, das neben dem Bildungsbürgertum die Spitze des städtischen Schichtungsgefüges bildete, Manufakturen und Banken leitete und schließlich im Laufe des 19. Jahrhunderts zur dominierenden Gesellschaftsgruppe wurde (vgl. Hradil 2001, 126-127). Adel und Besitzbürgertum hatten ohne Zweifel die besten Ausgangspositionen, um im 21. Jahrhunderts ökonomischen Erfolg zu erzielen. Aufgrund fehlender Grundregister muss jedoch der Adel mit der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung (und nicht nur mit dem Bürgertum) in Relation gesetzt werden.

5.4.1 Definition – Wer gehört zum österreichischen Adel? Jede empirische Annäherung an den „österreichischen Adel“ kommt nicht um die ausgesprochen trockene Aufgabe herum zu definieren, was denn darunter genau zu verstehen ist. Im 19. und 20. Jahrhundert gab es den Adel der Habsburgermonarchie. Dieser erstreckte sich aus heutiger geographischer Sicht über folgende Länder (vgl. Frölichsthal 1997): Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Österreich, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Deutschland (Vorderösterreich), Italien (Friaul, Lombardei, Südtirol, Trentino, Venezien, Teile der Küstenlandschaft), Serbien (Vojvodina, Teile des Banats), Montenegro (Bocche i Cattaro und Umgebung), Polen (Krakau, Galizien), Rumänien (Siebenbürgen, Teile des Banats und der Bukowina) und die Ukraine (Karpato-Ukraine, Teile Galiziens und Lodomeriens sowie der Bukowina). Die Abschaffung des Adels in Österreich kann mit November 1918 datiert werden. Am 11. November 1918 dankte Österreich-Ungarns letzter Kaiser Karl, Großneffe des verstorbenen Franz Joseph I., ab. Am 12. November 1918 wurde von der Provisorischen Nationalversammlung in Wien das „Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschöstereich“ verabschiedet:

„Deutschösterreich ist eine demokratische Republik“, heißt es darin, „alle öffentlichen Gewalten werden vom Volk eingesetzt“. Und weiter: „Alle Gesetze, durch die dem Kaiser und den Mitgliedern des kaiserlichen Hauses Vorrechte zugestanden werden, sind aufgehoben. Überhaupt sind alle politischen Vorrechte aufgehoben“ (Olscher 1971, 72).

Ein Jahr später wurde dann mit dem AufhebungsG die Abschaffung des Adels in den Verfassungsrang gehoben. Das sog. „Habsburger-Gesetz“ legte die rechtliche Grundlage für die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen durch die Republik Österreich. Historisch gab es folglich einen Adel der Habsburgermonarchie, jedoch nicht den „österreichischen Adel“. Daraus folgt, dass auch der „österreichische Adel“ von heute theoretisch

212

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

konstruiert werden muss. In geographischer Hinsicht sollen hier alle adeligen Familien auf dem Gebiet des heutigen Österreichs unter dieser Kategorie zusammengefasst werden. Dabei muss die Binnendifferenzierung des Adels berücksichtigt werden. Die höchste Adelsstufe, die verliehen werden konnte, war der Fürstenstand. Im Adelsrangschema befanden sich darunter der Grafenstand, der Freiherrenstand („Baronie“), der Ritterstand und der einfache Adelsstand mit oder ohne Ehrenwort „Edler“ (vgl. Binder- Krieglstein 2000, 27-35). Die folgende Untersuchung differenziert den Hochadel in Fürsten, Grafen und Freiherren (vgl. Csáky 1984), alle anderen Adelsstufen werden unter dem Schlagwort „einfacher Adel“ zusammengefasst. Des Weiteren kann eine bürgerliche Formation, der Brief- oder Buchadel vom Geburtadel/Erbadel unterschieden werden. Unter dem Geburtsadel versteht man all jene adeligen Familien, die aufgrund des Gebürtigkeitsprinzips – bestätigt durch den Nachweis von je acht adeligen Ahnen väterlicher- und mütterlicherseits in der Ahnenprobe – politische und soziale Vorrechte beanspruchten. In den Adelsrang konnte man jedoch auch durch einen Adelsbrief gelangen.

Schließlich schuf auch die Nobilitierungspolitik, besonders seit der Ära Karls VI., einen erheblichen niederen Adel, welcher ursprünglich als Gegengewicht zu alten Hocharistokratie dienen sollte. Anspruch auf diesen Briefadel hatten lang gediente Offiziere (seit 1757 nach 30jähriger aktiver Dienstzeit), Träger bestimmter Orden (Leopoldsorden, Orden der Eisernen Krone, Stephansorden) bis 1884 sowie Personen mit Verdiensten für den Monarchen und den Staat. Österreich war im Vergleich mit anderen europäischen Staaten mit Nobilitierungen äußerst freigiebig. Zwischen 1791 und 1918 erfolgten insgesamt 12408 Standeserhöhungen. Davon entfielen 10567 (85,2 %) auf die unteren Adelsstufen, einfachen Adel und Ritter, 1563 (12,6 %) auf Freiherren, die seit 1877 formal zum hohen Adel gezählt wurden, sowie 278 (2,2 %) auf Grafen und Fürsten (Stekl 1990, 146).

5.4.2 Methode Im Wesentlichen wurden zwei Informationsquellen miteinander abgeglichen. Das eine Mal diente uns 76 das Firmenbuch (Stand: November 2008) dazu, Namen und Geburtsdatum von insgesamt 16.642 Manager (Vorstand, Aufsichtsrat, Geschäftsführer, Geschäftsleiter, Geschäftsführender Direktor) der umsatzstärksten 5000 österreichischen Unternehmen zu recherchieren. Alle Namen wurden mit dem Gesamtverzeichnis aller Bände des Genealogischen Handbuch des Adels (Hueck 2002) abgeglichen. Erschien ein Nachname in beiden Informationsquellen, so wurde kontrolliert, ob in dem jeweiligen Band des Handbuchs der Manager mit identen Vor-, Nachname und Geburtsdatum aufschien.

76 Die empirische Studie wurde gemeinsam von Prof. Jaap Dronkers (Maastricht University) und mir durch geführt. Für allfällige Fehler übernehme ich alleine die Verantwortung. 213

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

In einer Vielzahl der Fälle war ein treffsicherer Nachweis möglich. Jedoch darf nicht erwartet werden, dass jeder Adelige im Handbuch aufscheint, denn erstens ist in dem genealogischen Handbuch der deutsche Adel über- und der österreichische Adel unterrepräsentiert. Zweitens ist die Aktualisierung der Beiträge für die Familien kostspielig und mit Aufwand verbunden (vgl. Dronkers 2008) – man muss daher annehmen, dass ein nicht geringe Zahl an Familien ihren Stammbaum nicht ergänzen lässt. Des Weiteren ist im Management auch Adel nicht- deutsprachiger europäischer Länder anzufinden, der in dem Nachschlagewerk nicht aufgenommen wurde (so ist etwa das Adelsgeschlecht Hooft-Graafland den Niederlanden zu zurechnen). Die Frage ist nun, wie man mit diesen methodischen Fallstricken umgeht? Wir haben immer dann, wenn wir einen Namen mit einem Adelsgeschlecht eindeutig assoziieren konnten, in den diversen Bänden jedoch nicht fündig wurden, zusätzliche Informationsquellen herangezogen (z. b. Internetrecherchen). Fanden wir bestätigende Informationen, so wurde die betreffende Person als „adelig (angenommen)“ im Gegensatz zu „adelig (nachgewiesen)“ in die Studie aufgenommen. Außerdem entschlossen wir uns dazu, alle Personen mit dem Wörtchen „von“ in ihrem Namen als adelig zu berücksichtigen. Das Gesamtverzeichnis aller Bände des Genealogischen Handbuchs des Adels (Hueck 2002) beachtet, wie traditionsreich die Familien sind. In den „Erfordernisse für die Aufnahme in das Genealogische Handbuch der Gräflichen, Freiherrlichen bzw. Adeligen Häuser“ wird angeführt, bis zu welchem Jahrhundert Adelsfamilien mittels Ahnenprobe ihren Ursprung zurück verfolgt wurden:

Die Einteilung ist so getroffen, dass die Teile A die gräflichen, freiherrlichen bzw. adeligen Häuser des spätestens um 1400 nachgewiesenen ritterbürtigen deutschen Landadels und ihm gleichartige Geschlechter (Deutscher Uradel) enthalten.

Die Teile B enthalten die gräflichen, freiherrlichen bzw. adeligen Häuser des seit Anfang des 15. Jahrhunderts bis zur Neuzeit nachgewiesenen deutschen und österreichischen Erbadels (späterer rittermäßiger Landadel, patrizischer Stadtadel [soweit er nicht in den Teil A aufgenommen ist], Reichsbriefadel, Landesbriefadel, Uradel und alter Adel nichtdeutschen Ursprungs, Offiziers- und Beamtenadel). (Genealogisches Handbuch des Adels, Gräfliche Häuser, B, Band IV, XVII-XVIII; Hervorh. PhK.)

Diese Unterscheidung in „A“ und „B“ (vor und nach 1500) geht neben den Adelsstufen Fürsten, Grafen, Freiherren in die Auswertung ein, wobei „A“ mit dem Geburtsadel gleichgesetzt werden kann. In nicht wenigen Fällen war die Unterscheidung in „A“ und „B“ nicht möglich, da die Systematik des Nachschlagewerkes vereinfacht wurde. In all diesen Fällen ordneten wir „B“ zu. War ungewiss, welchen Adelsrang eine Familie (z B. Hooft-Graafland) besitzt, so wurde aus allen wahrscheinlichen Rängen stets der niedrigste gewählt.

214

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Vieles spricht dafür, dass eine derartige Vorgehensweise einer konservativen Schätzungsmethode gleichkommt. Dafür sprechen drei Gründe:  Nicht alle deutschen/österreichischen Adelsfamilien sind in Hueck (2002) registriert. Nur neun der insgesamt 16 Managerfamilien mit dem Adelsprädikat „von“ in ihrem Namen scheinen in diesem Gesamtverzeichnis auf. Das legt nahe, dass Hueck (2002) zu einer Unterschätzung von 44 % (!) tendiert.  Es existieren keine Äquivalente des Genealogischen Handbuchs des Adels für Länder wie etwa Ungarn, die Slowakei oder Russland. Es ist jedoch anzunehmen, dass einige Adelige aus diesen Ländern in der österreichischen Wirtschaft beschäftigt sind.  Nur ausgewählte Unternehmenspositionen werden in der Auswertung berücksichtigt. Alle Prokuristen fallen so zum Beispiel aus der Stichprobe heraus.

5.4.3 Empirische Befunde zur Rolle des Adels in der Wirtschaft Mit der weiter oben geschilderten Schätzungsmethode kommt man zu dem Ergebnis, dass 0.9 Prozent aller Manager der österreichischen Wirtschaft adeliger Herkunft sind.

Tabelle 5.6: Anteil des Adels in der österreichischen Wirtschaft Abs. Prozent Häufigkeit Bürgerlich 16494 99,1 Adelig (nachgewiesen) 60 0,4 Adelig (angenommen) 88 0,5 Gesamt 16642 100

215

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.7: Repräsentanten des Adels in der österreichischen Wirtschaft 77

in Tab. Zu finden in . . . d. genealogischen Nachweis Name des Adeligen Seite 5. 4 Handbuches des Adels (Hueck 2002) 1 1 1 ABENSPERG UND TRAUN, Johannes, Dr. Gräfliche Häuser, Band XV [A] 18-19 2 0 1 ALLMAYER-BECK, Max Josef, Dr. Freiherrliche Häuser, Band XV [B] 18-19 3 1 1 ALTGRAF SALM-REIFFERSCHEIDT, Niklas, Ing. Fürstliche Häuser, Band XVI 315 4 1 1 ARCO, Karl Dr. Gräfliche Häuser, A, Band VI 43 5 1 1 ATTEMS, Johannes, Mag Dr Gräfliche Häuser, A, Band IV 45 6 0 0 AUER VON WELSBACH, Wolfgang, Dr. Fürstliche Häuser, B 7 0 0 AUER-WELSBACH, Carl, Fürstliche Häuser, B 8 0 0 AUER-WELSBACH, Maria, Fürstliche Häuser, B 9 0 1 BELCREDI, Richard, Mag. Gräfliche Häuser, B, Band II 18 10 0 0 BERCHTOLD, Wolfgang, Dr Gräfliche Häuser, B 11 0 0 BERCHTOLD, Winfried, Mag Gräfliche Häuser, B 12 0 0 BERCHTOLD, Dietmar, Gräfliche Häuser, B 13 0 0 BERCHTOLD, Wilfried, Mag Gräfliche Häuser, B 14 0 1 BETHLEN, Nikolaus, Gräfliche Häuser, Band XVI [B] 16 15 0 0 BODMANN, Alexander, Mag. Gräfliche Häuser, A 16 0 0 BOLZA-SCHÜNEMANN, Albrecht, Dipl.-Ing. Gräfliche Häuser, B 17 1 1 BULGARINI D'ELCI, Aleco, Dr. Gräfliche Häuser, Band XII [B] 77 18 0 1 BURGER-SCHEIDLIN, Hanno, Dr. Adelige Häuser, B, Band XXIII 98 19 0 0 BURIAN, Rainer C., Mag. Gräfliche Häuser, B 20 0 0 BUTLER, Patrick, Gräfliche Häuser, B 21 0 1 CALICE, Franz, Dr Gräfliche Häuser B, Band IV 61 22 0 0 CONRAD, Markus, Dr. Adelige Häuser, B 23 0 0 CONRAD, Klaus, Adelige Häuser, B 24 0 1 CORETH, Johannes, Gen.Dir.-Stv. Gräfliche Häuser, Band XII [A] 90 25 0 1 CORETH, Georg, Gräfliche Häuser, Band XII [A] 90 26 0 0 DAVIGNON, Etienne, Vizegraf Fürstliche Häuser 27 0 1 DEGENFELD-SCHONBURG, Paul, Mag. Gräfliche Häuser, Band XV [A} 117 28 0 0 DUBSKY, Dorit, Gräfliche Häuser, A 29 0 0 DUBSKY, Phillip, Dr. Gräfliche Häuser, A 30 0 1 EBNER VON ESCHENBACH, Erich, Freiherrliche Häuser, Band XV [A] 71 31 0 0 EISELSBERG, Maximilian, Dr Fürstliche Häuser, B 32 0 1 ENZENBERG, Alexander, Mag. Gräfliche Häuser, Band XII [B] 214 33 0 0 EULENBURG, Ina, Dr. Gräfliche Häuser, A 34 0 1 FREIHERR VON OPPENHEIM, Christopher, Freiherrliche Häuser, B, Band VI 297 35 0 0 FRIES, Rudolf, Dr Fürstliche Häuser, B 36 0 1 FRITZBERG, Bernard, Dr. Gräfliche Häuser, B, XXI 103 37 0 1 GIULINI, Hans Joachim, Gräfliche Häuser, B, III 51 38 1 1 GOESS, Johann Ulrich, Dkfm. Gräfliche Häuser, Band XIV [B] 152 39 1 1 GOESS-SAURAU, Johannes, Mag. Gräfliche Häuser, Band XIV [B] 150 40 0 1 GRAF VON KROCKOW, Matthias, Gräfliche Häuser, Band XIII [A] 158 41 1 0 HARDEGG, Maximilian, Dipl.Ing. Gräfliche Häuser, A 42 0 1 HARNONCOURT, Franz, Dr Gräfliche Häuser, Band XVI [B] 146

77 Zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der Selektionskriterien Prokuristen, Abteilungsleiter, etc. nicht aufscheinen. 216

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Scheint Zu finden in . . . d. genealogischen in Tab Nachweis Name des Adeligen Seite Handbuches des Adels (Hueck 2002) 5. 4 auf 43 0 1 HARTIG, Alexander, Dipl.Ing.Dr. Gräfliche Häuser XIV [B] 171 44 0 1 HARTIG, Karl-Johann, Dr. Gräfliche Häuser XIV [B] 169 45 0 1 HENCKEL VON DONNERSMARCK, Andreas, Mag. Gräfliche Häuser, B, III 77 46 1 0 HOHENBERG, Reinhard, Dr. Fürstliche Häuser 47 0 0 HOOFT-GRAAFLAND, Rene, Adelige Häuser, B 48 1 1 HOYOS, Martin, Dr. Gräfliche Häuser, B, Band II 166 49 1 1 HOYOS, Alexander, Dr. Gräfliche Häuser, B, Band II 166 50 1 0 HOYOS, Markus, Dipl.Ing. Gräfliche Häuser, B 51 0 0 KAROLYI, Georg, Ing. Gräfliche Häuser, B 52 1 0 KINSKY, Johannes, Gräfliche Häuser, B 53 0 1 KISTOWSKI, Jesco von, Dr. Adelige Häuser B, Band XXI 218 54 0 0 KNOBLAUCH, Erhard, Dipl-Ing Adelige Häuser, A 55 0 0 KNOBLAUCH, Gerhard, Adelige Häuser, A 56 0 0 KNOBLOCH, Reinhard, Dir. Adelige Häuser, A 57 0 0 KNOBLOCH, Christian, Freiherrliche Häuser, A 58 0 0 KNOBLOCH, Peter, Ing.Mag. Freiherrliche Häuser, A 59 0 0 LAMBERG, Rudolf, Ing Gräfliche Häuser, A 60 0 0 LAMBERG, Josef, Dr. Gräfliche Häuser, A 61 0 1 LAVAULX-VRECOURT, Roland, Dr. Gräfliche Häuser, Band XIII [B] 166 62 0 1 LEEB, Alexander, Dr. Adelige Häuser, B, XVIII 319 63 1 1 LIECHTENSTEIN, Prinz Michael von und zu, Fürstliche Häuser, Band XVI 69 64 0 1 LOBKOWICZ , Nikolaus, Dr.Dr.h.c. Fürstliche Häuser, Band XVI 251 65 0 0 LONYAY, Alexander, Fürstliche Häuser 66 0 1 LUTTEROTTI, Lukas von, Adelige Häuser, B, Band XII 286 67 0 0 MATUSCHKA, Günter, Dr. Gräfliche Häuser, B 68 0 0 MATUSCHKA-GABLENZ, Karl, Ing. Gräfliche Häuser, B 69 0 1 MAUTNER MARKHOF, Manfred L., Mag. Adelige Häuser B Band XXII 230 70 0 0 MAUTNER MARKHOF, Friederike, Adelige Häuser. B 71 1 1 MAYR-MELNHOF, Friedrich, Dipl.Ing. Freiherrliche Häuser, Band XX [B] 250 72 1 1 MAYR-MELNHOF, Georg, Mag Freiherrliche Häuser, Band XX [B] 252 73 1 1 MAYR-MELNHOF, Franz, Freiherrliche Häuser, Band XVI [B] 232 74 1 1 MENSDORFF-POUILLY, Emanuel, Dkfm. Gräfliche Häuser, Band XIV [B] 262 75 1 1 MERAN, Maximilian, Gräfliche Häuser, Band XI [B] 213 76 1 1 MERAN, Philipp, Dr. Gräfliche Häuser, Band XI [B] 214 77 0 1 MERAVIGLIA-CRIVELLI, Peter, Dr. Gräfliche Häuser, Band XIII [B] 202 78 0 0 METTLER, Roger, Adelige Häuser, B 79 1 0 MONTECUCCOLI, Felix, Dipl.Ing. Gräfliche Häuser, B 80 0 0 NEUHAUS, Wolfgang, Ing. Adelige Häuser, B 81 1 1 ORSINI ROSENBERG, Hubertus, DI (FH) Fürstliche Häuser, Band XI 197 82 0 0 PONGRACZ, Gerhard, Gräfliche Häuser, B 83 1 0 PONGRATZ, Ingrid, Mag. Adelige Häuser, B 84 1 0 PONGRATZ, Alexander, Dipl.Ing. Adelige Häuser, B 85 1 0 PONGRATZ, Boris, Adelige Häuser, B PRINZ ZU SAYN-WITTGENSTEIN -BERLEBURG, 86 0 1 Fürstliche Häuser, Band XI 242 Stanislaus, 87 0 0 PROCHAZKA, Gerhard, Fürstliche Häuser, B 217

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Scheint Zu finden in . . . d. genealogischen in Tab Nachweis Name des Adeligen Seite Handbuches des Adels (Hueck 2002) 5. 4 auf 88 0 0 QUAST, David, Adelige Häuser, A 89 0 1 SCHAFFGOTSCH, Maximilian, Dr. Gräfliche Häuser, Band XIII [A] 294 90 0 0 SCHLECHTA, Franz, Freiherrliche Häuser, B 91 0 0 SCHLECHTA, Robert, Ing. Freiherrliche Häuser, B 92 0 0 SCHÖNBURG, Alfred, Dr. Fürstliche Häuser 93 0 0 SCHÖNFELDT, Carl Ludwig, Mag. Gräfliche Häuser, A 94 0 0 SCHRÖTTER, Christian, Mag. Freiherrliche Häuser, B 95 0 0 SCHULENBURG, Ulrich, Adelige Häuser, A 96 0 0 SEDLNITZKY, Christian, Dir. KR Mag. Dr. Fürstliche Häuser, A 97 0 0 SENARCLENS DE GRANCY, Regina, Mag. Fürstliche Häuser, B 98 0 0 SIXT, Frank, Adelige Häuser, B 99 0 0 SIXT, Manfred, Bmst.Ing. Adelige Häuser, B 100 0 1 SPANNOCCHI, Hieronymus, Dr. Gräfliche Häuser, B, Band II 401 101 0 1 SPIEGELFELD, Benedikt, Dr. Gräfliche Häuser, Band XV [B] 512 102 0 1 SPIEGELFELD, Markus, Dipl.Ing. Gräfliche Häuser, Band XV [B] 513 103 1 0 STARHEMBERG, Georg, Fürstliche Häuser 104 0 1 STEPSKI, Ulrich, Dr. Adelige Häuser, B, Band XIII 399 105 0 1 STERNBERG, Filip, Dr Gräfliche Häuser A, Band VI 407 106 0 0 STIEGLITZ, Christian, Mag. Adelige Häuser, B 107 0 0 TAXIS, Fritz Thurn und, Fürstliche Häuser 108 1 0 THUN-HOHENSTEIN, Matthäus, Mag.Dr. Fürstliche Häuser 109 1 0 THUN-HOHENSTEIN, Felix, Fürstliche Häuser 110 0 0 THURN UND TAXIS, Friedrich, Dkfm. Fürstliche Häuser 111 0 0 THURN UND TAXIS, Alfonso, Fürstliche Häuser 112 1 1 THURN-VRINTS, Georg, Ing. Fürstliche Häuser, Band VII 431 113 0 0 TRAUN, Karl, Gräfliche Häuser, A 114 0 0 UCKERMANN, Volker, Ing. Fürstliche Häuser, B 115 0 1 VETTER VON DER LILIE, Georg, Dr. Gräfliche Häuser, Band XVI [B] 595 116 0 1 VEYDER-MALBERG, Constantin, Mag. Freiherrliche Häuser, Band XVI [B] 543 117 0 0 VON ASPERN, Dieter, Adelige Häuser, B 118 0 0 VON BÜLOW, Constantin Harald Joachim, Adelige Häuser, A 119 0 0 VON DER THANNEN, Johann, Adelige Häuser, B 120 0 0 VON FINCK, August, Fürstliche Häuser, B 121 0 0 VON GABAIN, Alexander, Dr Adelige Häuser, B 122 0 0 VON GUTZEIT, Reinhart, Univ.-Prof. Adelige Häuser, B 123 0 0 VON HARTLIEB, Marion, Fürstliche Häuser, B 124 0 0 VON JUERGENSONN, Insa, Adelige Häuser, B 125 0 0 VON JUTERCZENKA, Klaus, Adelige Häuser, B 126 0 0 VON KÜNSBERG SARRE, Maximilian, Mag. Fürstliche Häuser, A 127 0 0 VON MEISS, Hans, Adelige Häuser, B 128 0 0 VON OW, David, Freiherrliche Häuser, B 129 0 1 VON PLATE, Herwarth, Adelige Häuser, A, Band XII 248 130 0 0 VON RESCH, Michael, Adelige Häuser, B 131 0 0 VON SCHIMMELMANN, Wulf, Gräfliche Häuser, B 132 0 0 VON USLAR, Alexander, Adelige Häuser, B

218

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Scheint Zu finden in . . . d. genealogischen in Tab Nachweis Name des Adeligen Seite Handbuches des Adels (Hueck 2002) 5. 4 auf 133 0 0 WALDECK, Christoph, Dr. Fürstliche Häuser 134 0 1 WALTERSKIRCHEN, Herbert, Gen.Dir.i.R KR Dr. Gräfliche Häuser B, Band IV 387 135 0 1 WENCKHEIM, Rudolf Engelbert, Vorst.Dir. Dkfm. Gräfliche Häuser B, Band IV 403 136 0 1 WENCKHEIM, Christiane, Vorst.Dir. Gräfliche Häuser B, Band IV 403 137 1 0 WIDMANN, Gerhard, Dir. Mag. Gräfliche Häuser, B 138 0 0 WIDMANN, Robert, Gräfliche Häuser, B 139 0 1 WINCKLER, Georg, Univ.Prof. Dr. Adelige Häuser, B, Band VIII 460 140 0 0 WINDISCH, Wolfgang, Mag. Fürstliche Häuser 141 0 0 WINDISCH, Christine, Fürstliche Häuser 142 0 0 WINDISCH, Johann, Dipl-Ing Dr Fürstliche Häuser 143 0 0 WINDISCH, Christian, Fürstliche Häuser 144 0 0 WINDISCH, Erich, Mag. Fürstliche Häuser 145 0 1 WITT-DÖRRING, Franz, Mag. Adelige Häuser, B, Band XXIII 566 146 0 0 WITT-DÖRRING, Daniele, Dr. Adelige Häuser, B 147 0 0 WURMBRAND, Alfred, Ing Fürstliche Häuser

Vor dem Hintergrund, dass die Adeligen in Österreich mit ihren 180 Familien wahrscheinlich einen Prozentsatz von 1,4 Promille ausmachen (vgl. Walterskirchen 1999, 11), bedeutet dieser Befund, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Repräsentanten einer Adelsfamilie in der Wirtschaft (im Vergleich zu anderen Berufsdomänen) anzufinden, bei rund sechs Prozent liegt (0,9/0,14). Tendenziell sind in der Wirtschaftselite männliche öfters als weibliche Adelige vertreten. Ein signifikanter Unterschied kann jedoch nicht festgestellt werden.

Tabelle 5.8: Anteil des Adels an allen Männern und Frauen in der Wirtschaft % d. Adels N Männlich 0,9 15142 Weiblich 0,73 1500 Gesamt 0,88 16642

Jedoch zeigt sich ein eindeutiger Altersunterschied. Im Vergleich zu ihren bürgerlichen Pendants sind Adelige im Durchschnitt drei Jahre älter. Jedoch variiert das Alter auch insgesamt stärker in der Formation der Adeligen.

Tabelle 5.9: Durchschnittliches Alter nach Adelszugehörigkeit

Durchschnitt Standardabweichung N

Bürgerlich 1957 9,6 16157 Adelig 1954 11,5 146 Total 1957 9,7 16303

Bildungsunterschiede lassen sich auf dem Doktoratsniveau nachweisen (vgl. Tabelle 5.10). 31 % aller Adeligen tragen den akademischen Titel „Doktor“. Das bedeutet, dass Adelige nahezu 219

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

doppelt so häufig promovieren als alle aus bürgerlichen Kreisen stammenden Manager. Adelige starten somit aus den günstigeren Startpositionen in verschiedene Spitzenkarrieren der Wirtschaft. Sie haben einen eindeutigen Bildungsvorteil.

Tabelle 5.10: Höchster Bildungsabschluss nach Adelszugehörigkeit ohne Dipl.-Ing. Bakk. Ing. Mag. Dr. Gesamt Bürgerlich 9747 720 5 1046 2337 2639 16494 59,10% 4,40% 0,00% 6,30% 14,20% 16,00% 100,00% Adelig 61 8 0 10 23 46 148 41,20% 5,40% 0,00% 6,80% 15,50% 31,10% 100,00% Gesamt 9808 728 5 1056 2360 2685 16642 58,90% 4,40% 0,00% 6,30% 14,20% 16,10% 100,00%

Interessanterweise finden sich Adelige tendenziell häufiger in den Kontroll- und nicht in den geschäftsführenden Organen. Einiges deutet daraufhin, dass AR-Mandate der Prestigemaximierung und der Ausweitung sozialer Netzwerke dienen (vgl. Kapitel 3). Eine aktuelle Befragung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat durch die Arbeiterkammer Wien (Oberrauter/Wieser 2009, 8) hat ergeben, dass die Belegschaftsvertreter in mehr als jedem zweiten Unternehmen das Gefühl haben, „dass der eine oder andere die Aufsichtsratssitzung lediglich als notwendigen Formalakt sieht. Dies liegt einerseits an der geringen Zeit, die in die Aufsichtsratsarbeit investiert wird – etwa wegen der Ämterkumulierung – anderseits aber auch daran, dass die Kapitalvertreter oftmals im Vorfeld bestens mit Unterlagen und Informationen versorgt sind und daher die Diskussionen im Aufsichtsrat für entbehrlich halten“. Auch die Vielzahl an AR-Mandaten pro Personen lassen vermuten, dass AR-Sitzungen der Aufrechterhaltung des old-boy Networks dienen.

Tabelle 5.11: Positionen des Adels in den Wirtschaftsunternehmen % des Adels N Aufsichtsrat 1,16 5969 Geschäftsführender Direktor 0 10 Geschäftsführer 0,77 5066 Geschäftsleiter 0,23 431 Vorstand 0,75 5166 Gesamt 0,89 16642

Eine relative starke Konzentration von Adeligen findet man im Finanzsektor an. Nach Walterskirchen (1999, 131) ist die Übernationalität des Hochadels von Vorteil für die internationale Finanzwelt. Der Finanzkapitalismus scheint mit den Normen und Werten des Adels nicht nur vereinbar zu sein, sondern zu harmonieren (vgl. Winter 1981).

220

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.12: Verteilung des Adels auf Wirtschaftssektoren Agrar Industrie Finanz Dienstleistungen Kultur Gesamt 224 1156 5740 8411 963 16494 Bürgerlich 1,40% 7,00% 34,80% 51,00% 5,80% 100,00% 1 8 69 64 6 148 Adelig 0,70% 5,40% 46,60% 43,20% 4,10% 100,00% 225 1164 5809 8475 969 16642 Gesamt 1,30% 7,00% 34,90% 50,90% 5,80% 100,00%

Dass Adelige gehobene Positionen in der Wirtschaft einnehmen, geht aus der Verteilung auf umsatzstarke Unternehmen hervor (vgl. Tabelle 13). Auch wenn man die Anzahl der Mitarbeiter als Maßstab heranzieht, so ist zu erkennen, dass Adelige vorwiegend im big business Österreichs aktiv sind.

Tabelle 5.13: Verteilung des Adels auf umsatzstarke Unternehmen Umsatz in Mitarbeiter- Tausend € anzahl Bürgerlich 934 (6271) 962 (3862) Adelig 2013 (7030) 1431 (2524) Gesamt 943 (6278) 966 (3853)

5.4.3.1 Empirische Befunde zur internen Differenzierung des Adels

Der Adel stellte nie eine homogene soziale Gruppe dar. Adelsgrade konnte durch Abstammung, Eheschließung, Adoption, kraft Amtes und Verleihung erworben werden. Der „Geburtsadel“/ „Uradel“ zeichnete sich stärker durch die Bindung an den Hof, eine höfisch geprägte Kultur und eine konservative Mentalität aus. Der „Briefadel“ war oftmals in seinem Sozialverhalten nicht vom Bürgertum zu unterscheiden. Es sei darauf hingewiesen, dass das von den gothaischen genealogischen Taschenbüchern etablierte Begriffspaar „Uradel“ versus „Briefadel“ von vielen Adelsforscherinnen aufgrund der fehlenden historischen Fundierung der Termini zurückgewiesen wird. Wie schon weiter oben ausgeführt, wird der zentrale Unterschied zwischen den beiden Kategorien durch die mehrere Generationen umfassende Ahnenprobe etabliert. „Die zeitlichen Anforderungen für den Nachweis dieses Adels wurde von der Schriftleitung sukzessiv nach hinten gerückt, und zwar vom 13. Jahrhundert (1900) auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts (1904), die Mitte des 14. Jahrhunderts (1912) bis zu einem lebenden Familienmitglied vor 1400 (1932)“. 78 Das zentrale Problem ist jedoch nicht die mehrmalige Korrektur der notwendigen Datierung von Ahnenstichproben, sondern die Tatsache, dass schon vom 12. Jahrhundert an Erhebungen in den Adelsstand durch Briefe erfolgten.

78 www.adelsrecht.de, Suche nach: „Uradel“, Zugriff am: 01.11.2010. 221

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

„Die nobiles , auch ingenui, viri bonae, altae nobilitatis, liberae conditionis genannt, die Vollfreien , Edelfreien bildeten schon damals [im 12. Jahrhundert] einen geschlossenen Stand und sind als der älteste beglaubigte Adel anzusehen, über dessen Ursprung und Entstehung weiter nichts bekannt ist. In diesen Stand wurden mehrfach Unfreie durch einen Freiungsbrief erhoben , besonders falls schon Beziehungen zu einem Freien bestanden, wie bei unfreien Frauen, die einen Freien heiraten sollten, oder bei Kindern aus solchen Verbindungen“. (vgl. Lanjus 1931, 69, Hervorh. PhK).

Man kann daher in Frage stellen, ob qualitative Unterscheidungen in die Kategorien „Hineingeborensein in den Adel“ oder „Erwerb des Adels“ angemessen sind. Außer Streit steht jedoch, dass es einerseits Familien mit einer viele Generationen umfassenden Tradition gibt, die die Vorrechte des Adels erstritten haben und jene, die im Wesentlichen später eintretende Mitglieder des Standes darstellen. Da diese Unterscheidung mit Differenzen in der Mentalität, dem Sozialverhalten und der Nähe zum Hof eingeht, muss in gewisser Weise zwischen „alten“ und „neuen“ Adel unterschieden werden. In dieser Untersuchung wird die weitgehend akzeptierte Differenzierung des genealogischen Handbuchs des Adels (GHdA) in Nobilitierung vor und nach 1500 übernommen (Bände „A“ versus „B“). Die Forschungsfrage ist nun, ob Unterscheidungen nach Adelsrängen und den Kategorien „Uradel“ und „Briefadel“ heute Relevanz haben. Wenn ja, dann sollte sich diese Binnendifferenzierung in der gesellschaftlichen Position verschiedener Adeliger von heute widerspiegeln. Die folgenden empirischen Befunde zur internen Differenzierung des Adels in der Wirtschaft können als eine erste Annäherung an diese Frage verstanden werden. Tabelle 5.14 zeigt, dass „Grafen, nach 1500“ am häufigsten in der Wirtschaftselite vertreten sind (28,4 %). Nachgereiht ist der „einfache Adel, nach 1500“ mit 22,3 % die „Fürsten“ (zumeist mit einer Nobilitierung vor dem 15. Jh.) mit 14,9 und die „Freiherren, nach 1500“ mit 12,8 %.

Tabelle 5.14: Verteilung von Adelsrängen in der Wirtschaftselite Adelsrang Häufigkeit % Hueck (2002) Einfacher Adel, vor 1500 6 4,10% 7% Einfacher Adel, nach 1500 33 22,30% 39% Freiherren, vor 1500 7 4,70% 33% Freiherren, nach 1500 19 12,80% Graf, vor 1500 19 12,80% 18% Graf, nach 1500 42 28,40% Fürsten 22 14,90% - Total 146 100% 100%

Im Vergleich mit der Gesamtverteilung von Adelsrängen in Hueck (2002) zeigt sich, dass Grafen und Fürsten in der Wirtschaftselite über-, Freiherren sowie der einfache Adel unterrepräsentiert sind. Dieses Ergebnis kann teilweise damit erklärt werden, dass Hueck (2002) und somit alle Bände des GHdA Einträge zu dem nördlichen/südlichen deutschen sowie dem österreichischen Adel enthält. Aufgrund der religiösen und regionalen Unterschiede zwischen dem nördlichen

222

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

und dem südlichen Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen konzentrierte sich der protestantische Adel im Norden und erhielt auch seltener höhere Adelränge, da sich der Einfluss des katholischen Kaiser weitgehend auf den Süden beschränkte (Margreiter 2005). Der österreichische Adel hatte somit bessere Chancen in den Grafen- oder Fürstenstand gehoben zu werden. Das dürfte die schiefe Verteilung in Tabelle 5.14 zumindest teilweise erklären. Mit der Ausnahme des „einfachen Adels, nach 1500“ korrespondiert die Adelshierarchie grob mit der Hierarchie von Bildungsabschlüssen. Der „Einfache Adel, vor 1500“ weißt nur in 17 % aller Fälle einen akademischen Titel auf. Zirka 40 % aller Grafen tragen hingegen einen Doktortitel.

Tabelle 5.15: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Bildungsabschlüssen

ohne Dipl.-Ing Ing. Mag. Dr.

Einfacher Adel, vor 1500 83,3 % 16,7 % 0,0 % 0,0 % 0,0 % Einfacher Adel, nach 1500 45,5 % 3,0 % 6,1 % 12,1 % 33,3 % Freiherren, vor 1500 57,1 % 0,0 % 0,0 % 28,6 % 14,3 % Freiherren, nach 1500 42,1 % 5,3 % 10,5 % 21,1 % 21,1 % Graf, vor 1500 26,3 % 5,3 % 10,5 % 15,8 % 42,1 % Graf, nach 1500 28,6 % 9,5 % 4,8 % 19,0 % 38,1 % Fürsten 54,5 % 0,0 % 9,1 % 9,1 % 27,3 % Gesamt 41,2 % 5,4 % 6,8 % 15,5 % 31,1 %

Tabelle 5.16 zeigt, dass die Umsätze der Unternehmen Adeliger tendenziell mit deren Adelsrang zunehmen. Dieser positive Zusammenhang ergibt sich jedoch nicht für Mitarbeiterzahlen, einem weiteren Indikator für die volkswirtschaftliche Bedeutung eines Unternehmens.

Tabelle 5.16: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und den Umsätzen und Mitarbeiterzahlen von Unternehmen Adeliger

Umsatz in Mitarbeiter- Tausend € anzahl Einfacher Adel, vor 1500 68 176 Einfacher Adel, nach 1500 1221 1311 Freiherren, vor 1500 807 715 Freiherren, nach 1500 702 2541 Graf, vor 1500 2143 829 Graf, nach 1500 3348 1486 Fürsten 2588 1615 Gesamt 2012 1432

Des Weiteren lässt sich keine systematische Variation von Adelsrängen und Führungspersonen in der Wirtschaft ausmachen (vgl. Tabelle 5.17).

223

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.17: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Fhrungspositionen in der Wirtschaft

Geschäfts- Geschäfts- Aufsichtsrat Vorstand führer leiter Einfacher Adel, vor 1500 50,0 % 33,3 % 0,0 % 16,7 % 100,0 % Einfacher Adel, nach 1500 35,5 % 35,5 % 0,0 % 29,0 % 100,0 % Freiherren, vor 1500 28,6 % 42,9 % 14,3 % 14,3 % 100,0 % Freiherren, nach 1500 42,1 % 15,8 % 0,0 % 42,1 % 100,0 % Graf, vor 1500 42,1 % 26,3 % 0,0 % 31,6 % 100,0 % Graf, nach 1500 69,0 % 16,7 % 0,0 % 14,3 % 100,0 % Fürsten 31,8 % 36,4 % 0,0 % 31,8 % 100,0 % Gesamt 46,6 % 26,7 % 0,7 % 26,0 % 100,0 %

Ein eindeutig interpretierbares Assoziationsmuster ist auch nicht für das Verhältnis von Adelsrängen und Wirtschaftssektoren zu erkennen (vgl. Tabelle 18).

Tabelle 5.18: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Wirtschaftssektoren Agrar Industrie Finanz Dienstleistungen Kultur Gesamt Einfacher Adel, vor 1500 0,00% 16,70% 0,00% 83,30% 0,00% 100,00% Einfacher Adel, nach 1500 3,00% 9,10% 45,50% 39,40% 3,00% 100,00% Freiherren, vor 1500 0,00% 0,00% 28,60% 71,40% 0,00% 100,00% Freiherren, nach 1500 0,00% 0,00% 63,20% 31,60% 5,30% 100,00% Graf, vor 1500 0,00% 0,00% 42,10% 52,60% 5,30% 100,00% Graf, nach 1500 0,00% 9,50% 47,60% 35,70% 7,10% 100,00% Fürsten 0,00% 0,00% 54,50% 45,50% 0,00% 100,00% Gesamt 0,70% 5,40% 46,60% 43,20% 4,10% 100,00%

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ranghöhe von Adelstiteln keine Voraussage über den Karriereerfolg eines Adeligen erlaubt. Manchmal zeichnet sich ein leichter Unterschied zwischen Grafen, Fürsten und einfachem Adel ab. Seltener erweist sich die Unterscheidung von „alten“ und „neuen“ Adel als relevant. Verschafft man sich jedoch einen Überblick über alle Statistiken, so wird man zum Schluss kommen müssen, dass die Hierarchie von Adelsrängen gänzlich an Bedeutung verloren hat. Statt eine Über- und Unterordnung herrscht einmal die eine das andere Mal eine ganz andere Adelskategorie vor. Ob man den Namen „Johannes Attems“ oder „Johann Goess“ trägt, dürfte sich kaum oder gar nicht auf Rekrutierungschancen auswirken.

5.4.3.2 Der Adel in der Wirtschaft – ein old-boy Network?

Personelle Verflechtungen von Adeligen in der Wirtschaft spielten in der Vergangenheit eine gewisse Rolle. Gibt es heute noch ein adeliges old-boy Netzwerk unter Managern? Diese Frage scheint vor dem Hintergrund der Ämterkumulation von Adeligen angebracht.

224

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Tabelle 5.19: Anzahl an Führungspositionen Durch- Standard- Maximum schnitt abweichung Bürgerlich 1,28 1,009 29 Adelig 1,59 1,655 15 Gesamt 1,29 1,017

Im Durchschnitt bekleiden Adelige 1,6 Ämter. Ein Adeliger bringt es insgesamt auf 15 Geschäftsführungs- und Aufsichtsratspositionen. Rein rechnerisch besteht also durchaus die Möglichkeit, dass Adelige Standesgenossen in AR-Positionen hieven und so einen relativ abgeschlossen Elitekreis bilden. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Netzwerke zur Homophilie tendieren (McPherson/Smith-Lovin/Cook 2001). Das Phänomen „birds of a feather flock together“ kommt im Falle des Adels in der österreichischen Wirtschaftselite vor allem durch die Tendenz zum Ausdruck, Vertrauensleute aus den eigenen Reihen in die Aufsichtsräte verschiedener Unternehmen einzuladen. Interessanterweise sind es immer Dyaden von Adeligen, die sich stets im AR eines Unternehmens finden. Mit Ausnahme von Meyr-Melnhof sind es stets Angehörige unterschiedlicher Familien. Wahrscheinlich dürfte es sich in den meisten Fällen um Freunde halten. Dass Freundschaft kein seltenes Phänomen in der Wirtschaftselite ist und der Elitenintegration dient, hat Kadushin (1995) nachgewiesen.

Tabelle 5.20: Dyaden von Adeligen in einem Wirtschaftsunternehmen

Aufsichtsratspositionen in Adelige Wirtschaftssparte Bedeutsamkeit*

Steiermärkische Bank und Winckler, Georg Bank hoch Sparkassen AG Leeb, Alexander Starhemberg, Georg Allgemeine Sparkasse Bank hoch Oberösterreich BankAG Altgraf Salm-Reiferscheidt, Niklas

Mayr-Melnhof, Friedrich Mayr-Melnhof Karton AG Papierindustrie hoch Mayr-Melnhof, Georg Bulgarini d´Elci, Aleco Holz- und Constantia Industries AG niedrig Hartig, Alexander Kunststoffverarbeitung

Von Meiss, Hans Verwaltung von CAG Holding G.m.b.H niedrig Hoyos, Martin Unternehmen Grazer Wechselseitige Meran, Philipp Versicherung niedrig Versicherung AG Harnoncourt, Franz Freiherr von Oppenheim, Bank Sal. Oppenheim jr. & Christopher Bank niedrig Cie. (Österreich) AG Graf von Krockow, Matthias

Securitas Sternberg, Filip Sicherheitsdienstleistungen Dienstleistung niedrig Mensdorff-Pouilly, Emanuel GmbH * richtet sich nach den Angaben über Umsatz bzw. Bilanzsumme.

225

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Kaum empirische Unterstützung für die These eines wirkungsvollen Beziehungsnetzwerkes des Adels in der Wirtschaft ergeben Untersuchungen zu vernetzten Unternehmen. Nur drei personelle Verflechtungen konnten eruiert werden. Wobei nur in einem einzigen Fall die Verbindung durch einen Adeligen hergestellt wird.

Tabelle 5.21: Vernetze Wirtschaftsunternehmen Adeliger

personelle Verbindung hergestellt Unternehmen 1 Unternehmen 2 Adelige durch einen Adeligen

Raiffeisen Attems, Johannes; Österreichische Zentralbank nein Kontrollbank AG Österreichisch AG Butler, Patrick

Starhemberg, Georg

Allgemeine Sparkasse Trierenberg Altgraf Salm-Reiferscheidt, nein Oberösterreich BankAG Holding AG Niklas

Spannocchi, Hieronymus

Porker Privatstiftung Duropack AG Stepski, Ulrich ja (aber nicht ausschließlich)

5.5 Schlussfolgerungen

Der Adel wurde 1919 in Österreich per Gesetz abgeschafft. Für die Mehrheit der Historiker und für nahezu alle Soziologen verliert somit den Kollektivbegriff „Adel“ auch jegliche Bedeutung für die Analyse von Gegenwartsgesellschaften. Zur Analyse des gesellschaftlichen Gewebes von heute trägt diese Denkkategorie nichts mehr bei – so der Konsens. Der Begriff „Adel“ ist auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet. Was den Zeitdiagnostikern nicht vor Augen tritt, ist, dass der Adel über Jahrhunderte seine Vorrechte erkämpfte und sich allmählich zu einem Stand formierte. Grenzziehungen zum einfachen Volk, Vermehrung des Besitzes und der Ausbau Beziehungsnetzwerke wurden über Generationen hinweg betrieben. Dass all dieses akkumulierte soziale, kulturelle und symbolische Kapital durch Gesetzesänderungen gänzlich verloren gegangen sein soll, ist höchst unrealistisch. Es scheint mir daher durchaus angemessen, nach der gesellschaftlichen Stellung des Adels im 21. Jahrhundert zu fragen. Ein derartiges Vorhaben muss erstmals klären, inwiefern der Adel von heute überhaupt noch als eine soziale Gruppe gedacht werden kann? Oder in der Bourdieu´schen Begrifflichkeit: Ist der Adel von heute eine „Klasse auf dem Papier“? Klasse in diesem Sinn ist ein theoretischer (und kein politischer) Terminus, der zur Umschreibung des Phänomens dient, dass Akteure in der

226

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Topologie des sozialen Raums in ähnlicher Weise verortet sein können, d. h. ähnliche Koordinaten auf den Dimensionen soziales, kulturelles und symbolisches Kapital einnehmen. Aus empirischer Sicht gibt es zahlreiche derartige Gemeinsamkeiten. Im öffentlichen Leben ist der Adel zwar kaum mehr präsent, im Privaten hat er jedoch eine leicht abgeänderte soziokulturelle Identität bewahrt. Zentrale Elemente dieser Identität sind: Die Bedeutung von Tradition und Kontinuität der Familie („das Glied in einer Kette“), ein „Glaubensbekenntnis der Schlichtheit“ (Saint Martin 1993, 127), Zurückhaltung und Diskretion, Ehrgefühl und Aufrichtigkeit und Pflichtbewusstsein („Adel verpflichtet“). Ein durchaus auch noch zu attestierendes Überlegenheitsempfinden leitet sich nicht mehr aus Privilegien, sondern aus den durch die Geschichte auferlegten „Aufgaben und Pflichten“ ab. Erhellend ist in diesem Zusammenhang der folgende Satz des Erzherzogs von Habsburg: „Wenn man Privilegien verliert, verliert man nicht Verpflichtungen“ (zit. nach Saint Martin 1991, 534). Des Weiteren sind die Netzwerke der Adeligen kaum erodiert. Der schlagkräftigste Beweis hierfür ist die abermalige Gründung der Vereinigung katholischer Edelleute in Österreich. Betrachtet man die Dimension ökonomisches Kapital, so fällt auf, dass der Adel von heute über beträchtliches Vermögen verfügt. In erster Linie ist das darauf zurück zu führen, dass die Abschaffung des Adels wenig Auswirkung auf die Besitzverhältnisse in Österreich hatte. Insgesamt legen diese Befunde nahe, dass Adel auch heute noch eine relevante soziologische Kategorie ist. Wie erfolgreich Adelige das Kunststück vollbrachten, vererbtes soziales, kulturelles und symbolisches Kapital in ökonomisches Kapital zu transferieren und sich so den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anzupassen, wurde anhand einer quantitativen Analyse der Wirtschaftselite untersucht. Das Hauptergebnis ist, dass Repräsentanten des Adels in der Wirtschaft sechs Prozent häufiger als in anderen Berufsdomänen anzufinden sind. Da ein besonders konservatives Schätzverfahren angewandt wurde, wird der tatsächliche Wert wahrscheinlich bei zehn Prozent liegen. Nur in wenigen Fällen stammen adelige Männer aus Familien, die über Grundbesitz in Österreich verfügen. Die entscheidende Frage, ob dieses Abschneiden sich stark von jenem des Großbürgertums unterscheidet, kann nicht beantwortet werden. Im Gegensatz zu den Niederlanden fehlen für Österreich die für den Vergleich notwendigen Namensregister großbürgerlicher Familien. Allgemein wird aber wohl festgehalten werden können, dass der Adel fester Bestandteil der österreichischen Wirtschaftselite ist. Eingehendere Analysen zeigen mäßig ausgeprägte Ämterhäufungen in den Wirtschaftsbranchen Finanzen und Dienstleistungen auf. Insgesamt sind Adelige eher in Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Umsatz anzutreffen. In den Firmen haben die Adeligen mehr Kontroll- als geschäftsführende Funktionen inne. Auffallend ist ihre Ausbildungsüberlegenheit gegenüber dem Rest der Elite. Etwa doppelt so häufig können sie einen Doktor als Bildungsabschluss vorweisen. 227

Der Adel in der österreichischen Wirtschaftselite

Die Visualisierung von personellen Verbindungen zwischen österreichischen Unternehmen zeigte, dass in den seltensten Fällen formelle Netzwerke zwischen Firmen existieren, die von Adeligen geleitet werden. Die old-boy Network-These ist auf Adelige nicht anwendbar. Jedoch arbeiten Adelige gerne in Dyaden innerhalb desselben Unternehmens zusammen. Um nur drei Beispiele zu nennen: Philipp Meran und Franz Harnoncourt für die Grazer Wechselseitige, Filip Sternberg und Emanuel Mensdorff-Pouilly für Securitas, Georg Starhemberg und Niklas Altgraf Salm-Reifferscheidt für die Allgemeine Sparkasse Oberösterreich. Adelsränge sind keine konstitutiven Merkmale des Adels mehr. Die Spitzen der Gesellschaft werden gleichermaßen von Fürsten, Grafen und niederem Adel erklommen. Wie erklärt man nun die besseren Startpositionen für Berufskarrieren von Adeligen? Seilschaften spielen eine Rolle, ihre Bedeutung sollte jedoch nicht überschätzt werden. Von größerer Bedeutung dürfte das Argument von den feinen Distinktionen sein (Pierre Bourdieu). Der Handkuss und das Schönbrunnerdeutsch mögen ausgedient haben. Eine gepflegte Ausdrucksweise, elegantes Auftreten, Bildung, Internationalität und ein besonders geartetes, moderates Selbstvertrauen scheinen jedoch ein berufliches Erfolgsrezept in der globalisierten Moderne zu sein. Außerdem ist ein nicht übersehbarer Teil des Adels in Österreich vermögend. Die Verwaltung dieses Vermögens ist eine der Hauptaufgaben Adeliger und mit ein Grund für ihre starke Präsenz in den obersten Etagen der Wirtschaftsunternehmen.

.

228

Schlussfolgerungen

6 Schlussfolgerungen

Ähnlich wie alle anderen Bindestrichsoziologien zeichnet sich die Elitensoziologie nicht ausschließlich durch einen kumulativen Wissensfortschritt aus. Zu beobachten sind Paradigmenwechsel, ausschließlich durch theoretische Diskurse dominierte Phasen und national geprägte Soziologien, die sich erst gar nicht um eine Wissensgenese bemühten. Ich habe empirisch nachgewiesen, dass sich die österreichische Soziologie seit ihrer Gründungszeit nicht ernsthaft mit der Elitenproblematik auseinander gesetzt hat (vgl. Kapitel 4.1). Das ist der Hauptgrund, warum sich die vorliegende Arbeit durch einen stark explorativen Charakter auszeichnet. Es galt das Untersuchungsobjekt erstmals zu sichten, Empirie zu generieren und darauf aufbauend erste theoretische Schlüsse zu ziehen. Hier soll der Versuch unternommen werden, alle Mosaiksteine zusammenzusetzen und einige Theorien mittlerer Reichweite (TMR) daraus abzuleiten. Ich löse damit ein in der Einleitung gegebenes Versprechen ein.

6.1 TMR I: Die Rekonfiguration der „Österreich AG“ ist als domestic compensation zu interpretieren

Analysen in Kapitel 2 haben ergeben, dass es zu einer Rekonfiguration, jedoch nicht zu einer Auflösung der „Österreich AG“ gekommen ist. Dieser Entwicklungsverlauf steht im Gegensatz zum allmählichen Ende der „Deutschland AG“.

Noch Ende der 1990er-Jahre standen die deutschen Unternehmen stark untereinander in Kontakt. Im Kern des Netzwerks befanden sich die großen Finanzdienstleister: Allianz, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Münchener Rück, Bayerische Hypo- und Vereinsbank (UniCredit) und Commerzbank. Sie besaßen in ihren Portfolios mehrprozentige Beteiligungen an den größten deutschen Industrieunternehmen. Außerdem waren sie stark untereinander verflochten und hielten gegenseitige Anteile am Grundkapital. Auch die Industrieunternehmen kontrollierten sich gegenseitig. 79

Die Kapitalverflechtungen in Deutschland nehmen Jahr für Jahr ab. So sank die Anzahl der Beteiligungen unter den 100 größten deutschen Unternehmen auch zum Zeitpunkt der letzten Erhebung des Max-Planck-Instituts von 50 Beteiligungen 2006 auf nunmehr 47 im Jahr 2008 ab. Das deutet darauf hin, dass die (interne) Kontrolle durch Verflechtungen zunehmend durch eine (externe) Kontrolle durch den Finanzmarkt ersetzt wird. Die Anzahl der Kernaktionäre nimmt

79 Nachzlesen auf der Homepage des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln, http://www.mpifg.de/aktuelles/themen/d-ag.asp, <16.05.2011> 229

Schlussfolgerungen

ab und der Kreis der Koalitionäre wird durch die Aufnahme institutioneller Investoren erweitert (vgl. Vitols 2004). Anders verhält es sich mit Österreichs Wirtschaft. Der Privatisierungsprozess wurde von der Politik derart gesteuert, dass (zumeist österreichische) Mehrheitsaktionäre auf den Eigentümer Staat folgten. Das soll nochmals anhand mehrerer Beispiele aufgezeigt werden:

VA Technologie AG (kurz VA Tech) war lange Zeit der größte österreichische Industriekonzern, an dem die Republik Österreich über die staatliche Privatisierungsagentur ÖIAG mit etwa 15 % der Aktien beteiligt war. Ungefähr denselben Umfang an Aktien hielten die Investoren Mirko Kovats und Ronny Pecik. 10 % der Aktien befanden sich in den Händen der US-amerikanischen Investorengruppe Goldmann Sachs und Fidelity Investments. 2004 verkaufte Kovats sein mittlerweile auf 17 % angewachsenes Aktienpaket an den Siemens-Konzern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt schlug die Politik, darunter vor allem die Arbeitervertreter, aufgrund des zunehmenden Streubesitzes Alarm. Der damalige AK-Präsident Johann Kalliauer: „Ein bedeutendes österreichisches Industrieunternehmen wie die VA Tech, an dem das Schicksal von 8000 österreichischen Beschäftigten und ihrer Familien sowie weiterer 10.000 Arbeitnehmer in den Zulieferfirmen hängt, darf nicht zum Spekulationsobjekt verkommen“. 80 2005 übernahm der deutsche Siemens-Konzern die VA Tech nahezu gänzlich. Die EU-Komission genehmigte die Fusion.

An dem aus der Verstaatlichten hervorgegangenen Stahlerzeuger Böhler Uddeholm AG hielt die ÖIAG bis 2003 eine Sperrminorität. Bis 2007 ware eine Gruppe von österreichischen Aktionären rund um Rudolf Fries mit 20 % beteiligt. Im März desselben Jahrens kündigt der Private Equity Fonds CVC Capital Partners an, 50 % des Unternehmens aufkaufen zu wollen. Um das Unternehmen übernahmeresistent machen zu können, hätte die Kernaktionärsgruppe zu diesem Zeitpunkt ihre Unternehmensanteile auf 30 % aufstocken müssen. Die heimische Politik sprach sich gegen ausländische Übernahmen aus. Im selben Jahr verkündete der größte österreichische Stahlhersteller, Voestalpine, das Unternehmen aufkaufen zu wollen. Heute ist Böhler Uddeholm als eine von fünf Divisonen gänzlich in den Voestalpine-Konzern eingegliedert.

2008 kursierte das Gerücht in den österreichischen Medien, die Bank Austria wolle ihre Genussrechte an dem Cellulosefaserhersteller Lenzing AG an den indischen Hauptkonkurrenten Birla verkaufen. Die Bank hat vor Jahren ihre Beteiligung an der Lenzing AG – wie im Falle von Semperit und Porr – in die B & C Stiftung ausgelagert. Ihr neuer Eigentümer, die UniCredit, hat großes Interesse daran, durch den Verkauf an Rechten aus der Beteiligung Geld zu machen, um das Eigenkapital aufstocken zu können. In demselben Jahr beschloss das Land Oberösterreich die B & C Stiftung beim Kauf aller Genussrechts-Beteiligungen mit einer Garantie von 400 Millionen Euro zu unterstützen. Der oberösterreichische Landeshauptmann begründet das Engagement für den Leitbetrieb des Landes folgendermaßen: „Wir wollen keinesfalls riskieren, dass das Unternehmen ins Ausland geht“ (Der Standard, 27.11.2008).

In Kapitel 2.3 wurde geschildert, wie es dem Raiffeisen-Banker Scharinger gelang, den privatisierten Voest-Konzern in den Händen von inländischen Kernaktionären zu halten. Aus diesen Beispielen wird ersichtlich: Der kleine europäische Staat versucht durch die Aufrechterhaltung eines engmaschigen Unternehmensnetzwerkes, die nationale Kontrolle über die bedeutendsten Unternehmen aufrecht zu halten. Somit wird die Eigentümerstruktur zu einem Element der von Katzenstein (1985) postulierten domestic compensation. Österreichische

80 Pressemitteilung der Arbeiterkammer Oberösterreich, 07.02.2004, „OÖ und VA-Tech-Betriebsräte fordern stabilen und verlässlichen Eigentümer für die VA Tech“. 230

Schlussfolgerungen

Kernaktionäre wirken der durch eine außenwirtschaflichen Offenheit entstehenden Verwundbarkeit entgegen (vgl. David/Mach 2001, 6). Das Beispiel der privatisierten Austria Tabak GmbH zeigt deutlich, welche Folgen ausländische Beteiligungen haben können. 2007 wurde das Unternehmen an den britischen Gallaher-Konzern von Japan Tobacco verkauft. In weiterer Folge wurden Produktionsstätten in Hainburg und Wien geschlossen. 320 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. 81 Es muss hinzugefügt werden, dass der Staat seine Rolle als Unternehmer nicht gänzlich aufgegeben hat. Neben den Beteiligungen an der Post, der Telekom und der OMV stellten sich vor allem die Eingebundenheit in die größte Eisenbahngesellschaft (ÖBB), den größten Elektrizitätskonzern (Verbund) und in ihre jeweiligen Tochgesellschaften (u. a. Rail Cargo, Wiener Stadtwerke) als ein wesentlicher Stützpfeiler der „Österreich AG“ heraus. Das Nervenzentrum dieses Gebildes bilden jedoch nicht die Überbleibsel der Verstaatlichten, sondern die Raiffeisen-Bankgruppe. Vor allem die Raiffeisen-Landesbanken üben mittels Aufsichtsratsmandaten Einfluss aus, der über die Grenzen des „Raiffeisen-Imperiums“ hinauswirkt. Das Raiffeisen-Managernetzwerk reicht u. a. in folgende (ehemals staatlichen) Unternehmen hinein: Energie AG Oberösterreich, EVN AG, Landes-Hypothekenbank Steiermark AG, LINZ AG für Energie, OÖ Landesbank AG, Ö. Kontrollbank AG, OMV AG, Ö. Lotterien, Ö. Volksbank, Rail Cargo Austria AG, Salzburger Landeshypothekenbank AG, Siemens Ö. AG, VA Intertrading AG und Voestalpine AG. Keine andere Bank verfügt in Europa über eine ähnliche Machtposition. Privatisierungen in Österreich führten somit auch zu einer Rekonfiguration des Unternehmensnetzwerkes, die eindeutig von jener in Italien und Spanien abweicht. In diesen Ländern wurde das durch den Rückzug des Staates eröffnete Machtvakuum entweder durch Banken und Industrien (Spanien) oder durch Banken (Italien) aufgefüllt, die stark von anderen Akteuren abhängig sind. In Österreich konnte hingegen eine einzige, unabhängige Bankengruppe ihre Stellung innerhalb des landesweiten Netzwerkes einseitig ausbauen.

6.2 TMR II: Der Austrokapitalismus ist durch Elitenpluralismus gekennzeichnet

Dem Millschen Konzept der Machtelite (Mills 1956) steht das (funktionalistische) Paradigma des Elitenpluralismus gegenüber (Keller 1963, Dreitzel 1962), das im Wesentlichen auf vier Annahmen beruht. Es gibt mehrere weitgehend voneinander unabhängige Eliten (a); der Zugang zu Elitepositionen zeichnet sich durch soziale Offenheit aus (b); Eliten werden durch die

81 Mitteilung der Arbeiterkammer, 05.05.2011, „AK zu Tabak Austria: Arbeitnehmer zahlen bei Privatisierung drauf!“. 231

Schlussfolgerungen

Gesellschaft legitimiert (c); zu den Eliten zählen die leistungskräftigsten Gesellschaftsmitglieder (d). Das Neue am Austrokapitalismus unserer Zeit ist vor allem der fortschreitende Elitenpluralismus (a). Das soll nochmals anhand der Kontrastierung zweier (repräsentativer) Einzelfälle illustriert werden.

Claus J. Raidl (geb. 1942) studierte Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für Welthandel in Wien und war Studentenvertreter. Nach mehreren Karrierestationen in Banken und Versicherungen wurde er 1982 auf Empfehlung der ÖVP Vorstandsmitglied der ÖIAG. Es folgten Führungspositionen in den staatsnahen Unternehmen Voest-Alpine und der Austrian Airlines. Von 1991 bis 2010 war Raidl Vorstandsvorsitzender der Böhler-Uddeholm. Zuletzt wurde er zum Präsidenten der Österreichischen Nationalbank gewählt. Raidl war mehrmals als Minister der ÖVP im Gespräch und ist Mitglied des österreichischen Cartellverbandes. Claus J. Raidl beschreibt sich in einem Interview folgendermaßen: “Stimmt, ich bin ein Produkt des Proporzes . Das habe ich auch nie verschwiegen. Auch der OeNB-Präsident ist eine parteipolitische Besetzung - aber immerhin ein Novum, dass ein Mann aus der Realwirtschaft hier sitzt“. (Der Standard, 18.2.2011, Hervorh. PhK) Andreas Treichl (geb. 1952) absolvierte das Volkswirtschaft-Studium an der Universität Wien bevor er von 1977 bis 1983 in europäischen und amerikanischen Niederlassungen der Chase Manhattan Bank tätig war. Nach seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Chase Manhattan Bank Austria (1986-1993) wurde er Generaldirektor der Ersten Bank. Von 1991 bis 1997 war er Finanzreferent des Bundesparteivorstandes der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). 2011 beklagte sich Treichl auf einer ÖVP-Veranstaltung darüber, dass Kreditvergaben an vertrauenswürdige Firmen im Vergleich zu Ausleihungen an Staaten zu streng reglementiert seien. Seine Kritik an der Wirtschaftspolitik formulierte er folgendermaßen: „Das ist eine Frechheit, das ist ein ganz grober Fehler. Unsere Politiker sind zu blöd und zu feig dazu und zu unverständig dafür , weil sie von der Wirtschaft keine Ahnung haben um dagegen zu wirken und das wird Österreich schaden und wir werden hinter andere Länder zurückfallen“. (Der Standard, 14.5.2011, Hervorh. PhK)

Ebenso wie argumentiert wird, dass jemand „Produkt seiner Erziehung“ ist, so spricht Raidl davon, dass er „Produkt des Proporzes“ ist. Das bringt zum Ausdruck, dass eine Manager- Karriere in den 80er Jahren noch vom Gutdünken einer Partei abhängig sein konnte. Andreas Treichl - Manager des Jahres 2007, der eine relativ erfolglose Sparkasse zu einer der führenden Privatkundenbanken in Zentraleuropa ausbaute – sieht sich hingegen eher in der Rolle eines Erziehers, der inkompetenten Politikern den Weg zu einer erfolgsversprechenden Wirtschaftspolitik weisen muss. Was hier zum Ausdruck kommt, ist eine Verschiebung der Machtbalance. Zu Zeiten der verstaatlichten Industrie suchten und fanden Manager die Parteien. Ohne Parteibuch war eine Karriere in einer Salinen AG, Siemens AG Österreich, OMV AG, Voest- Alpine Stahl AG oder in großen staatlichen Banken wie etwa der Creditanstalt oder der Länderbank nur schwer möglich. Heute suchen Parteien Manager und oftmals finden sie keine wirtschaftskompetenten Gefolgsleute. Im Verlauf des Privatisierungsprozesses hat sich das

232

Schlussfolgerungen

Wirtschafts- weitgehend vom politischen System entkoppelt, was von Managern durchgehend begrüßt wird. Einerseits sind sie nicht mehr der Willkür der Parteienvetreter ausgesetzt, die wenig vom Fach verstünden. Andererseits merken sie, dass ihr Stellenwert in der Gesellschaft immer stärker auf- und jener der Politiker abgewertet wird. Schließlich ist Konsens, dass „gesellschaftsweite Strukturen und Dynamiken in der gesamten Moderne zutiefst auf Belange der Wirtschaft zugeschnitten sind und durch deren Operieren geprägt werden“ (Schimank 2009, 328). Nachfolgende Studien zu Eliten in neuen Austrokrapitalismus sollten danach fragen, inwiefern eine vom österreichischen Top-Management ausgehende Liberalisierungsdebatte einer ideologischen Absicherung ihres vermehrten Einflusses diente (vgl. Nienhüser 2007). Generell scheint es mir auch lohnenswert in stärker historisch orientierten Untersuchungen zu erforschen, wie der Rückzug der Politik und der Wandel von Wirtschaftsdiskursen sich auf die Zusammensetzung der Wirtschaftselite ausgewirkt hat. In den Kapiteln drei und vier wurde die Politiknähe von Aufsichtsräten und Vorständen im Detail besprochen. Ein Fazit war, dass sich im internationalen Vergleich österreichische Manager – Aufsichtsräte stärker als Vorstände – immer noch durch ihre Nähe zur Politik auszeichnen. Das lässt sich unter anderem dadurch begründen, dass gesamtgesellschaftlicher Wandel einem anderen Zeitrhythmus folgt als der Wandel von Elitestrukturen. Diese weisen starke Beharrungstendenzen auf. Berücksichtigt man jedoch dies unterschiedlichen Tempi, so wird man über die Steuermänner der „Österreich AG“ ein ähnliches Urteile fällen könne wie über die Führungskräfte der „Deutschland AG“:

Auf seiten des Kapitals treten die neuen Organisationseliten der Großunternehmen an die Stelle der Organisierungseliten der korporatistischen Großverbände und lösen eine aussterbende Generation von nationalen statesmen of industry und Feldherren des Arbeitskampfes ab, deren spezifische Leistung im Aufbau kollektiver Verpflichtungs- und Kompromißfähigkeit und in der Vermittlung zwischen konfligierenden Interessen bestand (Streek 2005, 15)

Das Verhältnis von Konsens und Konflikt hat sich auch in Österreich durch die Entkopplung von Politik und Wirtschaft gewandelt. Die Elitenstruktur ist pluraler geworden und das „impliziert […] einerseits die Anerkennung von Interessendivergenzen, andererseits erfordert sie jedoch, dass die Austragung von Konflikten im Rahmen allgemein akzeptierter Regeln erfolgt, wozu auch ein beträchtliches Maß an Kooperationsbereitschaft gehört“ (Hoffmann-Lange 2004, 28). Der neue Austrokapitalismus zeichnet sich durch sowohl eine Zunahme an Konflikten als auch eine kleiner werdende Kompromissbereitschaft der Wirtschaftseliten aus – das wurde anhand der Debatte um die Angemessenheit von Managervergütungen nachgewiesen. Ein weiteres Beispiel ist die 2011 in Kraft getretene Bankensteuer, von der sich die Politik 500 Millionen Euro zur Krisenbewältigung verspricht. Gegen eine Erhöhung dieser Abgabe wehren sich Österreichs Banker mit den Argumenten, dass die Steuer höhere Kosten für die Kunden mit sich bringe und 233

Schlussfolgerungen

mit Wettbewerbsnachteilen einher ginge. Zwar werden die Verhandlungen zwischen Bank- Managern und Politikern relativ typisch für das immer noch konsensorientierte Österreich in einem „guten Klima geführt“, dennoch sind an entgegengesetzten Interessen ausgerichtete Konfliktlinien erkennbar. Es ist anzuunehmen, dass die Frage der Konfliktvermittlung und horizontalen Integration von Eliten mit einer zunehmenden Internationalisierung und einer stärker werdenden Kapitalmarkorientierung großer Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird. Für das Top-Management der Gegenwart zeigt sich, dass die Selbstverständlichkeit der 70er und 80er Jahre, sich für politische und gesellschaftliche Ziele einspannen zu lassen, weitgehend verloren gegangen ist.

6.3 TMR III: Die österreichische Wirtschaftselite ist eine offene Gesellschaft

Michael Hartmann (2002) hat nachweisen können, dass die Rekrutierung von Topmananagern in Deutschland stark durch Statusvererbung geprägt ist. Der Befund besagt im Allgemeinen, dass Bürgerkinder ihresgleichen rekrutieren. „Maßgeblich dafür, ob man glaubt, jemanden vertrauen zu können, und damit auch für die Entscheidung, ob diese Person als Vorstandskollege akzeptiert wird, ist letzlich der Habitus der Person“ (Hartmann 2004b, 21). Michael Hartmann bezieht sich stets auf vier für die Rekrutierung ausschlaggebende Merkmale: Kenntnis der Dress- und Benimmcodes, eine breite Allgemeinbildung, eine optimistische Lebenseinstellung und persönliche Souveränität. Eine derartige Konzeption von Habitus ist meines Erachtens untertheoretisiert. Man wird stets zwischen einem Berufshabitus, der aus den Erfahrungen in einer Arbeitsorganisation erwächst, und einem mit der gesamten Lebensgeschichte verbundenen Habitus sprechen können.82 Aus sozialisationstheoretischer Sicht „fungiert der Habitus als funktionales Instrument zur Erreichung des Betriebszweckes durch Umwandlung äußerer Kontrollvorgaben und Verhaltensregeln in eine interne Verhaltenssteuerung (Janning 2004, 106). Betrachtet man die wichtigsten Anforderungen an Vorstände in österreichischen Unternehmen, so wird ersichtlich, dass diese sowohl mit einem kleinbürgerlichen als auch mit einem großbürgerlichen Habitus vereinbar sind. Einige ausgewählte Merkmale der Vorstände, von denen mir Auskunftspersonen berichteten, seien hier nochmals genannt:

Gewissenhaftigkeit : Vorstände kümmern sich um Geschäfte mit viel Ausdauer. Wichtige Aufgaben delegieren sie nicht leichtfertig an andere. Sie achten darauf, dass alle notwendigen Arbeitsschritte erledigt werden. Außerdem zeichnen sich Top-Manager dadurch aus, dass sie ihr Vorgehen stark regulieren. Sie handeln äußerst gewissenhaft, wenn die Aufgabe als schwierig oder dringlich eingeschätzt wird. Nur unbedeutsame Aufgaben werden mitunter ohne große Sorgfalt in Angriff genommen.

82 Diesen Hinweis verdanke ich Helmut Kuzmics. 234

Schlussfolgerungen

Durchhaltevermögen : Mehrere pensionierte Vorstände berichteten mir, dass sie nach ihrer aktiven Zeit gänzlich ausgelaugt gewesen seien. Tagtäglich seien sie in ihrer Arbeit mit „negativen Nachrichten“ konfrontiert worden. Ständig musste man korrigierend eingreifen, etwas von einem schlechten auf einen guten Weg bringen und Gefahren abwenden. Erfolge honoriere man nicht entsprechend. Vor allem in schlechten Zeiten stünde der Vorstandsvorsitzende im Rampenlicht und müsse alleine für die Misserfolge gerade stehen. Ohne gehöriges Stehvermögen ginge man in diesem Job schnell unter.

Soziale Kompetenz : Vorstände zeichnen sich dadurch aus, dass sie die besten Personen um sich versammeln und diese für spezifische Aufgaben begeistern. Ein Unternehmen können man nicht mehr ex cathedra leiten, so meine Interviewpartner. Wenn man bestqualifizierte Leute im Betrieb halten will, so müsste man schon das ein oder andere Mal als Entertainer auftreten. Außerdem müsse ein Vorstand mit allen Mitarbeitern reden können. Starallüren seien daher unangebracht.

Entschlusskraft : Vorstände agieren zumeist im Team, definitive Entscheidungen fällen sie letztlich alleine. In der Regel sind alle Entscheidungen mit weitreichenden Folgen verbunden. Ein Personalmanager berichtete mir, dass er Jahr für Jahr Stellen in großem Ausmaß abbauen musste. Seine Funktion erlaubte es nicht zu zaudern. Mitleid mit den entlassenen Arbeitskräften wäre fehl am Platz gewesen. Zuletzt schied er aus dem Unternehmen aus, da ihn diese Führungsrolle nicht mehr zufrieden stellte.

Diese erwarteten Charaktermerkmale scheinen schichtunabhängig zu sein und sprechen gegen eine geschlossene Gesellschaft in den oberen Rängen der Wirtschaft. Die in Kapitel 4 präsentierten Ergebnisse belegen die Offenheit der österreichischen Wirtschaftselite. Betrachtet man die soziale Herkunft der Vorstandsvorsitzenden der größten hundert Unternehmen, so findet man eine nur geringfügig linkssteile Verteilung: 34 % entstammen der Oberschicht, 43 % der Mittelschicht und 23 % der Unterschicht. Meinem Interviewmaterial kann ich entnehmen, dass in der Wahl der Vorstände face-to-face- Interaktionen ausschlaggebend sind. In dem Hearing muss die Chemie zwischen Aufsichtsratvorsitzenden und Vorstandsvorsitzenden stimmen, oder in den Worten Randall Collins (2005): Der Aufsichtsrat muss im Interaktionsritual emotionale Energie akkumulieren können (vgl. Kapitel 4.2.5). Ein Headhunter erstellt zwar zumeist auf der Basis etablierter Qualifikationskriterien eine Reihung der Bewerber, die Entscheider in den Spitzenpositionen verlassen sich jedoch bei ihrer Wahl auf ihr „Bauchgefühl“. In Kapitel 4.3.4 habe ich argumentiert, dass zumindest im 20. Jahrhundert die österreichische Wirtschaftselite wahrscheinlich stets sozial heterogen war. Das dürfte der Hauptgrund sein, warum teilweise wenig formalisierte Verfahren, in denen persönliche Affinitäten eine Rolle spielen, keine soziale Schließung zur Konsequenz haben - die Auswählenden selbst entstammen unterschiedlichen sozialen Schichten und bevorzugen insgesamt gesehen weder soziale Aufsteiger noch Manager mit großbürgerlichen Habitus.

235

Schlussfolgerungen

6.4 TMR IV: Ein neuer Austrokapitalismus geht mit neuen Eliten einher

In Kapitel 2 wurde die Evolution der „Österreich AG“ nachgezeichnet. Der Austrokapitalismus in den 70er und 80er Jahren wurde im Wesentlichen von den verstaatlichten Großbanken und der staatlichen Holding ÖIAG getragen. Mittlerweile hat sich der Staat im Zuge von insgesamt sechs Privatisierungswellen (1986-2007) stark aus der Wirtschaft zurückgezogen. In mancherlei Hinsicht ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Das österreichische Bankensystem wurde etwa gänzlich umstrukturiert. Traditionell zeichnet sich der koordinierte Austro-Kapitalismus durch Universalbanken mit starker Kreditbankorientierung aus. Das Hauptgeschäft der Creditanstalt (CA), also der größten österreichische Bank in der Nachkriegszeit, war lange Zeit die Finanzierung der eigenene Industriekonzerne (Wienerberger Baustoffindustrie, Steyr Daimler Puch AG, Donau Chemie AG, Lenzing AG, Semperit AG, Universale Bau). 1997 erfolgte die Fusion der CA mit der Bank Austria, die heute im Eigentum der italienischen Bankengruppe UniCredit steht. Die Industriebeteiligungen hat die Bank in eine Stiftung ausgelagert. In den Zuständigkeitsbereich der UniCredit Bank Austria AG fallen heute vor allem die etwa 3.800 Niederlassungen der UniCredit in Zentral- und Mitteleuropa. Eine zunehmend internationale Ausrichtung zeigt sich auch im Industriebereich. Die Maschinenfabrik Andritz ist seit 2001 an der Wiener Börse notiert und ein international tätiger Technologiekonzern. Der eisenverarbeitende Industriekonzern Steyr Daimler Puch wurde 2001 mit der Magna Europa AG verschmolzen und ist heute Teil von Magna International. Der Ziegelhersteller Wienerberger AG ist in seiner Sparte Weltmarkführer geworden. Viele weitere Beispiele von zunehmend internationalisierten Unternehmen könnten angeführt werden. Neben Privatisierung und Internationalisierung zeichnet sich der neue Austrokapitalismus vor allem durch die zunehmende Bedeutung der Wiener Börse aus. Die Summe aller Markkapitalisierungen hat zwischen 2002 und 2004 von 32,2 auf 52,1 Millarden Euro zugenommen (OeNB 2004, 12). Heute gibt es insgesamt 20 ATX-Unternehmen (Stand Februar 2011). Schwerpunkt dieser Arbeit war es nicht, diese beobachtbaren Makrotrends im neuen Austrokapitalismus zu analysieren. Es wurde jedoch implizit angenommen, dass sie zu einer Umgestaltung gesellschaftlicher Bewertungsmaßstäbe führen. Eine veränderte Auffassung von Kriterien zur Bewertung und Auslese von Eliten sollte sich auch in einem Wandel der typischen Rekrutierungsmuster niederschlagen (vgl. Freye 2009, 35-36). Eine Analyse der Karrierewege Österreichs Vorstandsvorsitzender hat ergeben, dass noch immer die unternehmens- oder konzerninterne Karriere dominiert. In der Regel steigen Manager innerhalb eines Unternehmens/einer Unternehmensgruppe bis an die Spitze auf. Von den 84 untersuchten Vorstandsvorsitzenden wiesen 45 eine nahezu ausschließlich

236

Schlussfolgerungen

unternehmensinterne Karriere auf, 19 wurden konzernweit rekrutiert und immerhin 20 Führungskräfte wurden von anderen Unternehmen abgeworben. Ob diese Statistik auf einen Wandel der Rekrutierungsmuster hinweist, kann nur anhand von Längsschnittsbetrachtungen beurteilt werden. Vor dem Hintergrund, dass auch konzernweite Rekrutierungen mit einer verschärften Konkurrenz und die Position des Vorstandsvorsitzenden einhergehen dürften, kann anhand der vorhandenen Daten zumindest von einem schwachen Markt für Manager in einem Teilbereich Österreichs Wirtschaft (Industrie, Dienstleistungen) gesprochen werden. Wahrscheinlich ist die österreichische Wirtschaftselite auch internationaler als je zuvor. 2008 ließen sich acht deutsche Manager unter den untersuchten Vorstandsvorsitzenden ausmachen: Hanno Bästlein (Constantia Packaging AG), Anton Heiss (BMW Group Österreich), Frank Hensel (REWE Austria AG), Henning E. Jensen (RHI AG), Jesco von Kistowski (EconGas GmbH), Wolfgang Kniese (T-Mobile Austria GmbH), Heinz-Peter Roß (HDI Gerling Lebensversicherung AG) und Gerhard Wölfel (BMW Motoren GmbH). Mit Luciano Cirinà (Generali Holding Vienna AG), Brenda Müllner (Chrysler Austria GmbH) und Daniel J. Cohen (Swarovski GmbH) gab es drei weitere internationale Vorstände. Angesichts der Tatsache, dass auch österreichische Top- Manager einen Großteil ihrer Karriere im Ausland verbracht haben, wird man der heimischen Wirtschaftselite letztlich einen gewissen Grad an Internationalität nicht abstreiten können. Neu am Austrokapitalismus ist auch eine zunehmende Professionalisierung der Aufsichtsräte. In der Vergangenheit war der Aufsichtsrat ein Honoratiorenjob. Das Unternehmen versprach sich von einem Aufsichtsrat eine Festigung oder Erweiterung des Kunden-, Finanzierungs- und Lieferantennetzwerkes. Heute zählt vorwiegend die Expertise. Bei der Annahme von Mandaten sind Aufsichtsräte aufgrund der zunehmenden Haftungspflicht vorsichtiger geworden. Jedoch haben wir es auch hier nur mit einem sich erst allmählich vollziehenden Wandel zu tun. Viele Aufsichtsräte in Österreich sind keine außenstehenden Experten, sondern (gute) Bekannte von Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorständen. Die „Österreich AG“ bleibt durch ein old-boy network gekennzeichnet. Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich in mehrerlei Hinsicht ein Wandel im neuen Austrokapitalismus abzeichnet. Da Elitenstrukturen träge sind, vollzieht sich dieser Wandel nur graduell und langsam – ein Indiz für die unterschiedliche Getaktetheit von Wirtschaftswandel und Elitenwandel.

237

Schlussfolgerungen

6.5 TMR V: Adelige zeichnen sich durch gute Startpositionen für Managerkarrieren aus

Im fünften Kapitel habe ich das Argument entfaltet, dass der Kollektivbegriff „Adel“ nicht wie der alte Frack so gut wie ausgedient hat. Die Behauptung, man könne Teile des Adels von heute als soziale Gruppe zusammenfassen, stützt sich auf eine grobe empirische Verortung einer signfikanten Zahl an Adeligen in ähnlichen Positionen des sozialen Raums. Nach Bourdieu (2006, 358) ist der soziale Raum so konstruiert, dass die Verteilung der Akteure oder Gruppen in ihm der Position entspricht, die sich aus ihrer statistischen Verteilung nach verschiedenen Kapitalsorten ergibt. Gemeinsamkeiten zwischen Adeligen entlang der Dimensionen von ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapital wurden aufgezeigt. Aufgrund ähnlicher Gesamtvolumina und einer ähnlichen Zusammensetzung der verschiedenen Kapitalsorten kann man meines Erachtens einen Teil des Adels als „theoretische Klasse“ (ibd., 362-366) bezeichnen. Das vorrangige Forschungsinteresse galt der Frage, ob sich der Adel in Österreich nach seiner offiziellen Abschaffung in den oberen Rängen halten konnte. Lässt man den Adel aus Ungarn und anderen benachbarten Nachfolgeländern der Habsburger-Monarchie unberücksichtigt, so kommt man zu dem Ergebnis, das 0.9 Prozent der österreichischen Wirtschaftselite aus den rund 180 österreichischen Adelsfamilien (11.000 Mitglieder) stammen. Das bedeutet, dass man Adelige in Österreich sechsmal wahrscheinlicher innerhalb der Kreise österreichischer Wirtschaftseliten antreffen kann als außerhalb dieser. Die entscheidende Frage, ob dieses Abschneiden sich stark von jenem des Großbürgertums unterscheidet, kann nicht beantwortet werden. Im Gegensatz zu den Niederlanden fehlen für Österreich die für den Vergleich notwendigen Namensregister großbürgerlicher Familien. Allgemein wird man festhalten können, dass der Adel kein zentraler jedoch ein fester Bestandteil der österreichischen Wirtschaftselite ist. Eine empirisch abgesicherte Begründung, warum Adelige sehr erfolgreich die Karriereleiter in der Wirtschaft hinaufklettern, lieftert diese Studie nicht. Eines von mehreren möglichen Erklärungsangeboten sei jedoch hier hervorgehoben: Viele Adelsfamilien in Österreich blieben vermögend. In einigen der bedeutendsten Privatstiftungen in Österreich hat der alte Adel (Auersperg, Czernin, Schwarzenberg) sein Vermögen steuersparend geparkt. Auch Adelige, die ich untersuchte, sind oft in den Geschäftsorganen von Privatstiftungen vertreten. Einige Beispiele seien genannt:

Academia Scientiarum et Artium Europaea Privatstiftung, Almaviva Privatstiftung, Bucher-Catasta-Privatstiftung, DACA-Privatstiftung, DIE ERSTE österreichische Spar-Casse Privatstiftung, Familie Scheriau Privatstiftung, Gemeinnützige Privatstiftung für Brustgesundheit, GS Privatstiftung, Kostmann Privatstiftung, M. & C. Oswald Privatstiftung, M.T. Privatstiftung, MAHAVATO Privatstiftung, MAXIMS AS-Privatstiftung, MFE Vermögensverwaltung Privatstiftung, Plappart Privatstiftung, PORKAR Privatstiftung, Ritter Privatstiftung, SG-Privatstiftung, Stepski Privatstiftung, T.C.R. Privatstiftung, Valtrini Privatstiftung 238

Schlussfolgerungen

Vermögensmanagement ist eine wichtige Aufgabe des Adels in der österreichischen Wirtschaft. Wahrscheinlich ist damit auch der Hauptgrund für die starke Repräsentanz des Adels in den oberen Rängen der „Österreich AG“ genannt.

239

Danksagung

7 Danksagungen

Das Fundament dieser Arbeit entstand während meiner Studienzeit am Europäischen Hochschulinstitut/Florenz. Ich danke dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Finanzierung meines dortigen Forschungsaufenthalts in den Jahren 2008-2010. In Kursen und langen Gesprächen inspirierten mich dort László Bruszt, Jaap Dronkers und Pepper Culpepper, Forschungsfragen aufzugreifen, die letzendlich auch Eingang in die vorgelegte Arbeit fanden. László hat mich in die Welt der neuen economic sociology , Jaap in jene der Adelsforschung und Pepper in jene der comparative political economy eingeführt. Diese Forschungsfelder waren für mich voll mit intellektuellen Abenteuern. Ich hoffe, ihre und meine Begeisterung für diese Themen hat auch Eingang in diese Arbeit gefunden. Ohne eine weitere finanzielle Unterstützung durch das Centrum für Sozialforschung/Graz hätte ich diese Studie nicht durchführen können. Dessen Leiter Manfred Prisching sowie dem Vorstand des Instituts für Soziologie/Graz, Stephan Moebius, möchte ich an dieser Stelle dafür danken, dass sie mir die Reintegration in das österreichische Universitätssystem erleichterten. Der Industriellenvereinigung (IV) verlieh mir das Stipendium der „Dr. Franz Josef Mayer- Gunthof-Stiftung“, die Recherchen in den digitalen Archiven wurde durch das Entgegenkommen der österreichischen Presseagentur (APA) ermöglicht, die Firma Hoppenstedt vermittelte mir einen kostengünstigen Zugang zu firmenbezogenen Daten – ihnen allen sei an dieser Stelle gedankt. Ich möchte den etwa hundert Sekretärinnen danken, die meine Schreiben stets verlässlich an die Vorstände weiterleiteten. Ihrer Offenheit für die Forschungsanliegen eines unbekannten Doktoranden aus Graz ist es zu verdanken, dass der empirische Teil dieser Arbeit mit der Zeit konkrete Züge annahm. Es müsste eine lange Liste an Human Ressource Directors , CEOs, ehemaligen Politikern, Aufsichtsräten und Lobbyisten folgen, die mir freundlicherweise Einsichten in die Wirtschaftswelt gewährten. Um ihre Anonymität gewährleisten zu können, verzichte ich auf Namensnennungen. Schlussendlich geht mein besonderer Dank - ein weiteres Mal - an Christian Fleck, dem Dissertationsbetreuer. Für meine Forschungsanliegen fand ich bei Christian ein offenes Ohr. Alle verbleibenden Fehler und Ungereimtheiten liegen allein in meiner Verantwortung.

240

Verzeichnisse

8 Verzeichnisse

8.1 Verzeichnis der Tabellen Tabelle 2.1: Personenverbindungen in Österreich (gerichtet und ungerichtet)...... 32 Tabelle 2.2: Zentralität – OLS-Regressionen...... 42 Tabelle 2.3: Multiaufsichtsräte in den Elitenetzwerken der Österreich AG – 1976, 2000 und 2008...... 46 Tabelle 2.4: Soziale Kreise der Manager im Jahre 2000...... 47 Tabelle 2.5: Soziale Kreise der Manager im Jahre 2008...... 48 Tabelle 2.6: Top-10-Ranking von Unternehmen nach Eigenvektor-Zentralität (1976-2008)*...... 50 Tabelle 2.7: Entwicklung der Marktkapitalisierung 1975-2005 (in % des BIP) ...... 53 Tabelle 2.8: Industriebeteilgungen der Creditanstalt nach Umsatz 1970 bis 2000...... 56 Tabelle 2.9: Kennzeichen der interlocked directorates nach erfolgter Privatisierung ...... 57 Tabelle 3.1: Eigentumsverhältnisse der größten Unternehmen Österreichs, 1996 und 2008, Angaben in Prozent ...... 68 Tabelle 3.2: Aufsichtsratvergütung im Vergleich (in Euro)...... 80 Tabelle 3.3: Typusbildung I: AR in unabhängigen oder in konzerngebundenen Kapitalgesellschaften...... 84 Tabelle 3.4: Typusbildung II: AR in börsennotierten Aktiengesellschaften/Gesellschaften ohne Kernaktionär und in eigentümergeführten Unternehmen...... 86 Tabelle 3.5:Verbindungsmänner in den Elitenetzwerken der Österreich AG – 2000, 2004 und 2008...... 88 Tabelle 3.6: Zusammenfassung der Bedeutung von Parteinähe im Management...... 96 Tabelle 3.7: Typen von Manager-Parteien-Verflechtungen in roten, schwarzen und rot-schwarzen Firmen im Jahr 2008, absolute Anzahl...... 97 Tabelle 4.1: Elitentheorien von Mosca bis Hartmann im Vergleich...... 142 Tabelle 4.2: Väterberufe der Befragten (N = 70), absolute Zahlen...... 152 Tabelle 4.3: Shichtzugehörigkeit österreichischer österreichischer Topmanager (N = 70) ...... 153 Tabelle 4.4: Art der Rekrutierung in den Vorstandsvorsitz (N = 84)...... 158 Tabelle 4.5: Interne Rekrutierungen (weit) und externe Rekrutierungen in ausgewählten Wirtschaftsbranchen (N = 26)...... 163 Tabelle 4.6: Studienfachwahl der Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer (N = 84)...... 165 Tabelle 4.7: Drei Kohorten an Absolventen der rechtswissenschaftlichen- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien im Überblick (N = 33)...... 167 Tabelle 4.8: Bildungstitel nach sozialer Schichzugehörigkeitn aller Absolventen der rechtswissenschaftlichen- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (N = 63) ...... 168 Tabelle 4.9: Die Internationalität der Vorstandsvorsitzenden (Geschäftsführer), PDG, Chairmen und CEO der 100 größten österreichischen, deutschen, französischen, britischen und US-amerikanischen Konzerne (in %) ...... 169 Tabelle 4.10: Stand der ausländischen Direktinvestitionen in Österreich zu Jahresende (in Mio. Euro)...... 171 Tabelle 5.1: Heiratsverhalten ausgewählter Familien, Gatte verfügt über Gutsbesitz...... 193 Tabelle 5.2: Heiratsverhalten ausgewählter Familien, Gatte verfügt über keinen Gutsbesitz ...... 193 Tabelle 5.3: Anweisung der Landesregierungen (Ausschnitt)...... 195 Tabelle 5.4: Forstbetriebe über 500 ha nach Bundesländern (BL) im Jahr 2003, eigene Angaben der Betriebe...... 198 Tabelle 5.5: Wahl von bürgerlichen Berufen im Zeitverlauf, absolute Zahlen ...... 208 Tabelle 5.6: Anteil des Adels in der österreichischen Wirtschaft...... 215 Tabelle 5.7: Repräsentanten des Adels in der österreichischen Wirtschaft...... 216 Tabelle 5.8: Anteil des Adels an allen Männern und Frauen in der Wirtschaft...... 219 Tabelle 5.9: Durchschnittliches Alter nach Adelszugehörigkeit...... 219 Tabelle 5.10: Höchster Bildungsabschluss nach Adelszugehörigkeit...... 220 Tabelle 5.11: Positionen des Adels in den Wirtschaftsunternehmen...... 220 Tabelle 5.12: Verteilung des Adels auf Wirtschaftssektoren ...... 221 Tabelle 5.13: Verteilung des Adels auf umsatzstarke Unternehmen ...... 221 Tabelle 5.14: Verteilung von Adelsrängen in der Wirtschaftselite ...... 222 Tabelle 5.15: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Bildungsabschlüssen...... 223 Tabelle 5.16: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und den Umsätzen und Mitarbeiterzahlen von Unternehmen Adeliger...... 223 Tabelle 5.17: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Fhrungspositionen in der Wirtschaft...... 224 Tabelle 5.18: Zusammenhänge zwischen Adelsrängen und Wirtschaftssektoren...... 224 Tabelle 5.19: Anzahl an Führungspositionen...... 225 Tabelle 5.20: Dyaden von Adeligen in einem Wirtschaftsunternehmen...... 225 Tabelle 5.21: Vernetze Wirtschaftsunternehmen Adeliger ...... 226

241

Verzeichnisse

8.2 Verzeichnis der Grafiken

Grafik 2.1: Anzahl der Verflechtungen zwischen dem Finanz- und dem restlichen Unternehmenssektor (absolute Zahlen)...... 33 Grafik 2.2: Gerichtete Verflechtungen im Unternehmenssektor 2007...... 36 Grafik 2.3: Gerichtete Verflechtungen im Unternehmenssektor 2008...... 36 Grafik 2.4: Typische Mikrostrukturen der „Österreich AG“...... 41 Grafik 2.5: Die Unternehmensgruppen der Österreich AG: 1976, 2000, 2004, 2008 ...... 44 Grafik 3.1: Teilnetze der sozialdemokratischen und konservativen Spitzenverbindungsmänner: 2000, 2004, 2008 ....92 Grafik 3.2: Aufsichtsräte in der ÖBB-Personenverkehr AG (2008) - Beispiel einer asymmetrischen Verflechtungen zwischen Managern und Parteien...... 104 Grafik 3.3: Teile des sozialen Netzwerkes Veit Sorgers (2008) - Beispiel einer symmetrischen Verflechtungen zwischen Managern und Parteien...... 106 Grafik 3.4: Die politische Vernetzung der Raiffeisen-Bankengruppe ...... 107 Grafik 4.1: Einschlägige, im SSCI indizierte Fachartikel zum Thema „Eliten“ nach Disziplinen und Länderzugehörigkeit (N=88), 1966-2000...... 112 Grafik 4.2: Alter zu Beginn des Vorstandsvorsitzendes in Privatwirtschaft und im öffentlicher Sektor, (N = 54) ...... 164 Grafik 5.1: Das abstrakte Raummodell ...... 188 Grafik 5.2: Personenverflechtungen im Finanzsektor im Jahre 1995...... 211

8.3 Verzeichnis der Diagramme

Diagramm 3.1: Rote und schwarze Firmen zu drei Zeitpunkten: 2000, 2004 und 2008...... 90 Diagramm 4.1: Recherchierte Lebensläufe nach Wirtschaftsbranche (N = 101), absolute Zahlen...... 150 Diagramm 4.2: Antwortverhalten der Befragten (N = 101), absolute Zahlen ...... 150 Diagramm 4.3: Die soziale Herkunft österreichischer Topmanager nach Wirtschaftsbranchen (N = 70)...... 153 Diagramm 4.4: Rekrutierungsmuster nach Wirtschaftsbranchen (N = 84) ...... 162 Diagramm 4.5: Verteilung von Studienfachwahlen auf Wirtschaftsbranchen (N = 84) ...... 166 Diagramm 4.6: Gesamtvergütungen der Vorstandsvorsitzenden, 2007-2010 ...... 175 Diagramm 4.7: Fixgehälter der Vorstandsvorsitzenden, 2007-2010 ...... 175

8.4 Verzeichnis der geführten Interviews

Interview 1: Zwei Personalmanager in einem großen Industrieunternehmen, 09.02.2011. Interview 2: PR-Experte und Lobbyist, 12.02.2011. Interview 3: Personalmanagerin in einem großen Medienunternehmen, 15.02.2011. Interview 4: Personalmanager in einem großen Industrieunternehmen, 16.02.2011. Interview 5: Ehemaliges Nationalratsmitglied, 01.03.2011. Interview 6: Vorstandsmitglied mehrerer Banken und mehrfacher Aufsichtsrat, 02.03.2011. Interview 7: Unternehmer und Aufsichtsrat in mehreren großen Unternehmen, 01.04.2011. Interview 8: Bänker und Aufsichtsrat in mehreren großen Unternehmen, 15.04.2011. Interview 9: eh. Bänker und Aufsichtsrat in börsenotierten Unternehmen, 15.04.2011. Interview 10: Unternehmer und Aufsichtsrat in mehreren großen Unternehmen, 19.04.2011. Interview 11: eh. Bänker und Aufsichtsrat in mehreren großen Unternehmen, 26.04.2011.

242

Anhang

9 Anhang

9.1 Politische Zugehörigkeit der Aufsichtsräte – eine Analyse von Pressartikeln

Name Unternehmen Treffer Partei BSA CV Textstellen Ackerlauer, Peter voestalpine Stahl GmbH 112 Keine Erwähnung

Altermann, Wolfgang Mediaprint Zeitungs- und 127 Keine Erwähnung Zeitschriftenverlag Gesellschaft m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft Arnold, Wolf-Dieter Engel Austria GmbH 32 Keine Erwähnung

Bammer, Herbert Austrian Airlines 128 SPÖ Die derzeit handelnden Personen im Vorstand wie im Aufsichtsrat sind bei den Österreichische Luftverkehrs- Freiheitlichen denkbar unbeliebt. Die AUA-Bosse Herbert Bammer (rot) und Mario Aktiengesellschaft Rehulka (schwarz) gelten als letztes Proporzpärchen der alten Farbenlehre. Bammer dazu: "Mir ist schon klar, daß wir nicht in die neue Koalition passen." Ein Blauer aus dem Finanzministerium: "Bammer und Rehulka haben bewiesen, daß sie der Krise nicht gewachsen sind."

Baumgartner-Gabitzer, Ulrike Österreichische 1012 ÖVP „Die ÖVP setzt bei ihren Regierungskuratoren auf die Kraft der Frauen. Als Elektrizitätswirtschafts- Unabhängige ist die St. Pöltner Kulturmanagerin Michaela Steiner nominiert. Wieder Aktiengesellschaft im ORF-Aufsichtsgremium: Die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl- Stadler, Sotheby's-Lady Agnes Husslein sowie Ulrike Baumgartner-Gabitzer (Verband der E-Werke Österreichs)“.

243

Anhang

Becker, Erich VA Technologie 185 ÖVP Beckers beruflicher Start erfolgte bei der privaten Schrack AG, danach wechselte er zu Aktiengesellschaft Simmering-Graz-Pauker. Es folgten, das wechselhafte Schicksal der Staatsindustrie widerspiegelnd, Vorstandspositionen in den Holdings für Maschinen- und Anlagenbau, AI Technologies und Austrian Industries (AI). Nach dem Scheitern des AI- Konzepts wurde Becker Ende 1993 auf einem „ ÖVP-Ticket " zum Finanzchef der reaktivierten ÖIAG bestellt, wo er sich als exzellenter Privatisierer profilierte. Bednar, Leopold Leder & Schuh 37 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Bell, Hermann Lenzing Aktiengesellschaft 121 ÖVP In der ÖVP kursieren vor allem die Namen von Kandidaten für ein mögliches Finanzressort. Oberbank-Manager Hermann Bell ist ebenso ein Kandidat wie der Investmentbank-Vorstand Wilfried Stadler, der Bawag-Banker Stefan Koren oder Boehler-Uddeholm-Chef Claus Raidl Berger-Vogel, Wolfgang BBAG Österreichische Brau- 106 Keine Erwähnung Beteiligungs-GmbH

Beurle, Karl Brauerei Schwechat 2 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft (Holding)

Beurle, Ludwig Brauerei Schwechat 299 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft (Hol

Binder, Josef STEWEAG-STEG GmbH 1101 ÖVP Ferdinand Lacina, seinerzeit Finanzminister, wird Schachner in der Estag unterstützen, Nummer drei der SPÖ ist der Grazer Rechtsanwalt Kurt Klein, ehemals Brötchengeber von Landesrätin Bettina Vollath. Die ÖVP, die bis dato den Aufsichtsrat der Estag klar dominiert hat, bekommt künftig nur noch zwei Posten. Gottfried Maresch, Vorstand der Leder & Schuh AG, bleibt im Konzern, die Nachfolge von Ditz wird der Grazer Steuerberater Josef Binder antreten. Binder wird zusammen mit Schachner und einem Vertreter der Electricite de France (EdF) auch dem Aufsichtsratspräsidium angehören, in der Stromtochter Steweag /Steg wird er - ein kleines Trostpflaster für die ÖVP - den früheren steirischen SPÖ-Chef als Vorsitzender des Aufsichtsrates ablösen.

244

Anhang

Bleyleben-Koren, Elisabeth Erste Bank der 888 ÖVP Elisabeth Bleyleben-Koren ist das älteste von sechs Kindern des legendären ÖVP - oesterreichischen Sparkassen Politikers und Nationalbankpräsidenten Stephan Koren, der sie stark geprägt hat AG Bock, Walter Austrian Airlines 259 Keine Erwähnung Österreichische Luftverkehrs- Aktiengesellschaft Braumann, Winfried B & C Holding GmbH 276 SPÖ Der frühere Sekretär des ehemaligen Finanzministers Ferdinand Lacina, Winfried Braumann, zitterte gleich nach der Wahl: "Ich wäre sicher ein Ablösekandidat." Wird Braumann abgelöst, müssen seine neun Posten nachbesetzt werden. Auch altgediente SPÖ -Proponenten werden in Frage gestellt

Büche, Karl BBAG Österreichische Brau- 637 Keine Erwähnung Beteiligungs-GmbH

Buchleitner, Klaus Raiffeisen Holding 247 Keine Erwähnung Niederösterreich-Wien, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung Burger, Josef Austrian Airlines 1892 Keine Erwähnung Österreichische Luftverkehrs- Aktiengesellschaft Casper, Georg Brau Union AG 21 Keine Erwähnung Cernko, Willibald Bank Austria Creditanstalt AG 1302 Keine Erwähnung

Chaloupek, Günther Österreichische Postsparkasse 94 SPÖ Die Kandidaten hat Österreich nach einer Liste getreu dem Parteienproporz Aktiengesellschaft ausgewählt. Die drei SP -Kandidaten Chaloupek, Hanreich und Kager sind für die Bereiche Soziales, Verkehr und Regionalpolitik vorgesehen, die drei VP-Kandidaten Draxler, Hamburger und Maurer für Forschung, Entwicklungspolitik und Zollwesen

Consemüller, Knut Böhler-Uddeholm AG 689 Keine Erwähnung

245

Anhang

Czempirek, Klaus CONSTANTIA-VERPACKUNGEN 0 Keine Erwähnung AG

Ditz, Johannes OMV Aktiengesellschaft 1414 ÖVP Zunächst wurde der alte Aufsichtsrat mit Josef Staribacher an der Spitze entfernt, dann die Prinzhorn-Vertrauten Alfred Heinzel, Cornelius Grupp und Veit Sorger installiert. Vorstand Rudolf Streicher (rot) und zuletzt auch Johannes Ditz (schwarz) mussten gehen

Doppelhofer, Georg Raiffeisenlandesbank 271 ÖVP Und warum ÖVP und SPÖ offenbar nicht besonders genau wissen wollen, was sich Steiermark dort eigentlich abgespielt hat. An einem Skandal so kurz vor der Wahl haben sicher beide kein Interesse: Ex-Vorstand Ludwig Sik wurde vom Land Steiermark in den Vorstand nominiert. Sik gilt als SPÖ-nah, während der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Georg Doppelhofer jahrelang für die ÖVP als Finanzreferent werkte. Draxler, Helmut RHI AG 918 SPÖ In der staatsnahen Industrie geht der Austausch der Aufsichtsräte aus der großkoalitionären Zeit weiter. Nächste Station ist die OMV-Hauptversammlung am 23. Mai. An sich sollten dort sechs der zehn Kapitalvertreter -Oskar Grünwald, Rudolf Streicher, Helmut Draxler , Alfons Haiden, Richard Leutner (alle SPÖ ) und Norbert Beinkofer (ÖVP) ausgewechselt werden Drexel, Gerhard INTERSPAR Gesellschaft m.b.H. 2150 ÖVP A.V. Raeto- Bavaria

Düsing, Alfred voestalpine Stahl GmbH 123 SPÖ BSA Voest-Alpine-Stahl-Finanzvorstand Alfred Düsing , stellvertretender BSA-Vorsitzender , einziger Mann am Podium, ermunterte Frauen dazu, vermehrt um Führungspositionen zu kämpfen Eder, Wolfgang voestalpine AG 4661 Parteiungebunden

Egger, Hermann KELAG 1110 SPÖ Der SPÖ -Parteivorstand hat sich gestern für Kelag-Direktor Dr. Hermann Egger ausgesprochen.

246

Anhang

Elsner, Helmut BAWAG 19425 SPÖ Der frühere Bawag-Chef Helmut Elsner ist aus der SPÖ ausgetreten. Der Ex-Banker war seit 1991 SPÖ-Mitglied.

Essl, Karlheinz Baumax AG 1472 Keine Erwähnung

Essl, Martin Baumax AG 1137 Keine Erwähnung

Falch, Gerhard VA Technologie 407 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Fenyves, Alarich Creditanstalt AG 161 ÖVP Das wahre 5-Punkte-Programm Klimas nach dem Fall Praschak ist allein in den letzten Wochen entstanden, seit gestern erfüllt und schaut so aus: 1) Postenschacher CA: Generaldirekor Hampel (SPö), Vize Alarich Fenyves ( ÖVP )

Fischer, Rudolf Telekom Austria 2273 ÖVP Primär haben sind die ÖIAG-Vorstände Peter Michaelis und Rainer Wieltsch bereits Aktiengesellschaft selbst als ideale Nachfolger ins Spiel gebracht. In ÖVP -Kreisen werden Investkredit- Chef Wilfried Stadler, Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer und ÖBB-Boss Martin Huber genannt. Die SPÖ wiederum könnte Wirtschaftsprofessor Ewald Nowotny, ÖBB-Vorstand Ferdinand Schmidt und Flughafen-Chef Herbert Kaufmann ins Rennen schicken.

Fondermann, Hansjörg Mediaprint Zeitungs- und 28 Keine Erwähnung Zeitschriftenverlag Gesellschaft m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft Fries, Rudolf Engel Austria GmbH 1653 Keine Erwähnung

Froschauer, Alois Linz AG für Energie, 879 SPÖ Der Wirtschafts-Referent des Linzer Stadtsenats, VP-Vizebürgermeister Karl Blöchl, Telekommunikation, Verkehr hat schwere Bürden auf sich geladen, als er vor einem halben Jahr das Amt von SP- und Kommunale Dienste Vorgänger Alois Forschauer übernommen hat

247

Anhang

Fuhrmann, Hedwig Bank Austria Aktiengesellschaft 360 SPÖ Selbst auf politischer Ebene könnte der Bankdeal zu neuen Posten verhelfen. So ging in der Vorwoche das Gerücht um, Bank Austria-Betriebsratschefin Hedwig Fuhrmann könnte für ihr Verhandlungsgeschick bei der Bankenheirat mit einem SPÖ Sitz im Wiener Gemeinderat belohnt werden. Bürgermeister Michael Häupl dementierte vorerst: "Kompletter Unsinn!" Gasselsberger, Franz Oberbank AG 1816 ÖVP CV Keine Erwähnung

Gaugg, Peter Bank für Tirol und Vorarlberg 370 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Gehl, Heinrich Bank Austria AG 27 Keine Erwähnung Grausam, Walter AGRANA Beteiligungs- 245 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Größl, Othmar BRAU-UNION AG 0 Keine Erwähnung

Gruber, Rudolf EVN AG 1351 ÖVP Als " CV light" fungiert der MKV (Mittelschüler-Kartell-Verband): Prominenteste Mitglieder sind Staatssekretär Alfred Finz, EU-Kommissar Franz Fischler, Bischof Kurt Krenn und EVN-Chef Rudolf Gruber . Habegger, Christian VA Technologie 151 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Habermayer, Wolfgang Bank Austria Aktiengesellschaft 15 Keine Erwähnung

Haidenthaler, Werner voestalpine AG 59 Keine Erwähnung

Haider, Erich Fernwärme Wien Gesellschaft 15305 SPÖ Haider wurde 1957 in Ried in der Riedmark (Bezirk Perg) im Mühlviertel geboren. Er m.b.H. besuchte nach der Volksschule das Realgymnasium in Linz und absolvierte anschließend ein Informatikstudium an der Linzer Universität. Seine politische Karriere begann 1977 als Organisationsreferent der SPÖ Oberösterreich. 1983 wurde er SP-Bezirksparteisektretär in Linz, 1985 Gemeinderat

248

Anhang

Haider, Hans Österreichische 3578 ÖVP K.a.V Norica Elektrizitätswirtschafts- Wien Aktiengesellschaft Hameseder, Erwin Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien 2863 ÖVP Der nächste Schlag war die Ablöse von Aufsichtsratschef Johannes Coreth, Er gehört AG so wie Erwin Hameseder, der freiwillig aus dem Kontrollgremium ausschied, der schwarzen Reichshälfte an. Hampel, Erich Bank Austria Creditanstalt AG 3328 SPÖ Eine Rechnung, die voll aufgegangen ist: Hampel , eingeschriebenes SPÖ -Mitglied, hat auch heikle Entscheidungen der Bank-Austria-Spitze, etwa die Ausgliederung wichtiger Geschäftsbereiche aus der CA, ohne irgendwelche Widerstände oder Mätzchen mitgetragen

Haselsteiner, Hans Peter Bauholding Strabag AGft 6719 LF Politische Kandidatur

Havranek, Günther W. Bank Austria AG 110 Keine Erwähnung

Heinzl, Werner Energie Steiermark Holding AG 109 SPÖ Für die ÖVP verhandelt dieses für das Landesbudget so heikle Thema neben Landesrat Hermann Schützenhöfer (Personal) vor allem der neue Vorsitzende des Kages-Aufsichtsrats Bernd Schilcher (ÖVP), er hatte zuvor den roten Werner Heinzl abgelöst

Hellmaier, Wolf-Dieter Porsche Austria Gesellschaft 324 Keine Erwähnung m.b.H. & Co. Hensel, Frank REWE Austria AG 2162 Keine Erwähnung

Herzog, Hans CONSTANTIA-VERPACKUNGEN 82 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft Hirschmanner, Franz voestalpine AG 70 Keine Erwähnung

Hochleitner, Albert Siemens Aktiengesellschaft 2072 ÖVP K.a.V Norica Fällt das Infrastruktur-Ressort an die ÖVP , gilt Siemens-Chef Albert Hochleitner als Österreich Wien möglicher Minister, fällt es an die SPÖ, wäre Caspar Einem ein Kandidat

249

Anhang

Hofer, Burkhard EVN AG 1662 ÖVP Weil die EVN Verbund-Aktionär ist, sitzt EVN-Chef Burkhard Hofer im Verbund- Aufsichtsrat. Jedenfalls haben auch die Oberösterreicher vorsorglich einen Gegen- Kandidaten auserkoren - Leo Windtner, Chef des dortigen Versorgers Energie AG. Er gilt ebenfalls als unbeugsamer ÖVP –Loyalist Hofer, Heinz Steiermärkische Bank und 1111 SPÖ Jene von Vize-General Heinz Hofer und Vorstandsdirektor August Jost - beide gelten Sparkassen Aktiengesellschaft als SP-nahe - können aufgrund der Altersklausel nicht mehr verlängert werden. Bei Generaldirektor Josef Kassler, der der ÖVP zugerechnet wird, wäre eine Vertragsverlängerung theoretisch möglich. Hollweger, Karl Creditanstalt AG 17 SPÖ Ihm werden weitere Mitglieder des AUA-Aufsichtsrates folgen. Streichers Stellvertreter, der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Siegfried Ludwig, Ex-ÖIAG-Generaldirektor Karl Hollweger , der Kärntner Tourismusexperte Helmut Mayr und Fußballbundpräsident Beppo Mauhart sind seriöse Austauschkandidaten. Ludwig scheidet aus Altersgründen aus, die anderen drei, weil sie der SPÖ nahe stehen. Jakobljevich, Walter UMDASCH AG 58 Keine Erwähnung

Jauk, Johann Raiffeisenlandesbank Stmk. 163 Keine Erwähnung

Jell, Helmut Creditanstalt AG 6 SPÖ Nicht bloß Zufall dürfte es sein, daß der neue CA-Vorstand paritätisch großkoalitionär zusammengesetzt ist. Erich Hampel und Helmut Jell sind ausgewiesene Sozialdemokraten , Fenyves und Klapper werden dem bürgerlichen Lager zugerechnet Jud, Waldemar Creditanstalt AG 285 FPÖ Der jetzige Aufsichtsrats-vizepräsident Goess-Saurau weigert sich zurüpckzuzutreten, sein mandat läuft am 29. April aus, er wird wahrscheinlich von Bank Austria-Vorstand Franz Zwickl ersetzt. Jud wird von politischen Beobachtern als FPÖ -Vertreter bezeichnet Jurecka, Roland STRABAG AG 102 Keine Erwähnung

Kailbauer, Franz Energie Steiermark AG 354 ÖVP Denn sowohl Karl-Franz Maier als auch sein Vorstandskollege Franz Kailbauer gelten als ÖVP -nahe. Sie waren nach dem so genannten "Estag-Skandal" 2004 noch unter ÖVP -Landeshauptfrau Waltraud Klasnic ins Unternehmen geholt worden, um das Landesunternehmen (Umsatz: 1,26 Mio.Euro - plus elf Prozent) zu konsolidieren

250

Anhang

Kadrnoska, Friedrich Wienerberger AG 269 SPÖ Von der SPÖ sollen Willi Hemetsberger und Friedrich Kadrnoska (beide Ex-Bank- Austria-Vorstände), Klaus Umek (früher Leiter des Investment Banking für Österreich und Osteuropa bei Goldman Sachs) sowie Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina kontaktiert worden sein

Kapsch, Kari Kapsch AG 371 Keine Erwähnung

Kasser, Herbert Österreichische 243 SPÖ Mit umgekehrter Farbgebung wird der Aufsichtsrat der Asfinag besetzt: Dort Bundesbahnen-Holding bekommt Schwarz den Chefsessel (Saxinger) und Rot den Vize (Pöchhacker, bisher Aktiengesellschaft Chef der Baufirma Porr). In die Aufsichtsräte von Asfinag und ÖBB-Holding ziehen außerdem die Arbeiterkämmerin und Ex-SPÖ -Abgeordnete Maria Kubitschek sowie Faymanns Ministeriums-Generalsekretär , Herbert Kasser ,..

Kastl, Helmut Wienstrom GmbH 15 SPÖ Verbund: Neuer Aufsichtsrats-chef ist seit Mitte März Erhard Schaschl, Chef des Wienerberger-Konzerns. Gilbert Frizberg, ebenfalls neu im Gremium, war früher ÖVP- Nationalratsabgeordneter. Sein Kollege Dieter Mandl, Gra-zer Uni-Professor, gilt als Intimus des früheren VP-Landeshauptmanns Josef Krainer. Helmut Kastl (Vertreter des Großaktionärs Wienstrom) ist - wiederum mit Ausnahme von Belegschaftsvertretern - der einzige Rote im Gremium

Kaufmann, Herbert Flughafen Wien 3905 SPÖ Der umstrittene Flughafen-Sprecher Herbert Kaufmann ( SPÖ )darf vorerst bleiben, Aktiengesellschaft voraussichtlich bis nach der Wiener Wahl im Herbst

Kaufmann, Michael M. F. Frantschach Aktiengesellschaft 816 Keine Erwähnung

Kessler, Heinz Investkredit Bank AG 67 ÖVP Aber das ist doch eine etwas schöngefärbte Darstellung. Sie [Treichl] selbst sind ehemaliger Finanzreferent der ÖVP , Ihr Aufsichtsratspräsident Heinz Kessler ist ehemaliger Präsident der Industriellenvereinigung, mit Peter Mitterbauer sitzt ein zweiter Ex-Präsident der IV im Aufsichtsrat der Erste Stiftung, in deren Vorstand sitzt mit Franz Ceska zudem auch noch ein Ex-Generalsekretär der IV

251

Anhang

Klapper, Ortwin Bank Austria Creditanstalt 3 ÖVP Ein halbes Jahr vor dem aus Altersgründen notwendigen personellen Umbau des Leasing GmbH Bank Austria-Vorstandes (hat die ÖVP bereits ihre "Anwartschaft" auf einen Vorstandsposten in der "roten" Großsparkasse deponiert. Ihr Kandidat, Ortwin Klapper , derzeit Bereichsleiter Finanzierungen in der CA, soll Riedl als Auslandschef beerben, heißt es Kleibl, Thomas Austrian Airlines 1400 ÖVP Da neben Ötsch auch der amtierende Finanzchef Thomas Kleibl dem schwarzen Lager Österreichische Luftverkehrs- zugerechnet wird, könnte es durchaus passieren, dass die Farbe Rot fortan nur mehr Aktiengesellschaft an den Heckflossen der Flieger zu sehen ist

Klugar, Peter Österreichische 2452 SPÖ 1988 wechselte er während der großen Koalition aus Sozialdemokratischer Partei Bundesbahnen-Holding Österreichs (SPÖ) und konservativer Österreichischer Volkspartei (ÖVP) unter Aktiengesellschaft Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) ins Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, das vom Sozialdemokraten Rudolf Streicher geführt wurde. Koch, Herbert Kika Möbel- 1215 Keine Erwähnung Handelsgesellschaft m.b.H.

Kollinger, Heinz Wiener Stadtwerke Holding AG 4 SPÖ Vorsitzender der FSG Wienstrom

König, Bernhard Brauerei Schwechat 217 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft (Holding)

Konrad, Christian Raiffeisen-Holding NÖ-Wien 5181 ÖVP Ö.k.a.V. Raiffeisen regiert das Land, sagen viele - und meinen damit den Chef des Sektors, den registrierte Genossenschaft mit Rhaeto- Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisen-Verbandes, Christian Konrad . Er ist 65, beschränkter Haftung Danubia Wien katholisch, sehr gläubig, ÖVP -Mann und gilt als einer der best vernetzten, wenn nicht der bestvernetzte, Manager des Landes Christian Konzett Gebrüder Weiss Holding AG 39 Keine Erwähnung

Koren, Stephan BAWAG 1357 ÖVP Politische Kandidatur Kothbauer, Max Österreichische Postsparkasse 330 SPÖ Der jetzige Generaldirektor-Stellvertreter Maximilian Kothbauer, wie Sellner ein " SPÖ - Aktiengesellschaft Mann" im Vorstand, bleibt nicht in der CA, hat aber Chancen, in die Kontrollbank zu wechseln

252

Anhang

Krajcsir, Martin Wiener Stadtwerke Holding AG 105 Keine Erwähnung

Kretz, Fritz Getränke-Holding AG 206 Keine Erwähnung

Kubitschek, Maria ASFINAG 1060 SPÖ Politische Kandidatur

Kuhn, Christian REWE Austria AG 163 Keine Erwähnung

Kwizda, Richard Peter F. Joh. Kwizda Gesellschaft 13 Keine Erwähnung m.b.H.

Langanger, Helmut OMV Aktiengesellschaft 699 ÖVP Erschwert wird die Sache noch dadurch, daß drei der vier amtierenden Vorstände der "schwarzen" Reichshälfte zugeordnet werden, weshalb nun die "rote" das vakante Mandat beansprucht. Was wiederum die Chancen des qualifizierten, aber ÖVP –nahen Helmut Langanger , zuständig für Exploration und Produktion Ausland, schmälert. Lauer, Franz Flughafen Wien 29 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Leeb, Alexander Plansee Holding AG 76 Keine Erwähnung

Lederer, Walter B & C Holding GmbH 90 Keine Erwähnung

Lengger, Friedrich Raiffeisenlandesbank 44 Keine Erwähnung Steiermark, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung Liebl, Markus Brau Union Österreich 1797 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Lukesch, Walter Frantschach Aktiengesellschaft 6 Keine Erwähnung

253

Anhang

Lutzenberger, Hermann VA TECH VOEST MCE GmbH & 81 Keine Erwähnung Co

Mair, Markus Raiffeisen-Landesbank 888 ÖVP Für klare Verhältnisse sorgt die SPÖ in der Estag, indem sie ein viertes Steiermark AG Aufsichtsratsmitglied dorthin entsendet - den ehemaligen Landtagsabgeordneten Günter Getzinger. Damit geht Landeshauptmann Franz Voves auf Nummer Sicher: Die zwei Schwarzen (Josef Binder und - neu – Markus Mair , Chef der Raiffeisen- Landesbank) und die zwei von den Franzosen entsandten Aufsichtsratsmitglieder stehen nun einer gleich starken roten Fraktion gegenüber - neben dem Vorsitzenden Peter Schachner-Blazizek und Getzinger noch Anwalt Kurt Klein und Ex- Finanzminister Ferdinand Lacina Malik, Fredmund Österreichische Bundesbahnen 1123 Keine Erwähnung

Marihart, Johann AGRANA Beteiligungs- 1472 ÖVP Präsident der ÖVP-nahen Industriellenvereinigung NÖ Aktiengesellschaft

Marsoner, Helmut Brauerei Schwechat 176 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft (Holding)

Mathes, Wilhelm Brau Union Aktiengesellschaft 54 Keine Erwähnung

Mautner Markhof, Manfred Siemens Aktiengesellschaft 222 ÖVP Der Industrielle und langjährige ÖVP –Politiker Manfred Mautner Markhof ist im 81. Österreich Lebensjahr an den Folgen einer längeren Erkrankung verstorben

Mayer, Gerald Austria Metall AG 189 Keine Erwähnung

Meier, Andreas RHI AG 1118 Keine Erwähnung

Melamed, Danilo Wiener Holding 7 SPÖ Den Wechsel des Controllers und Strategen Danilo Melamed zum Kommerzkreditchef Aktiengesellschaft an die Kundenfront sehen viele daher als vorbereitenden Schachzug Randas an. "Der erfüllt alle drei Karriere-Kriterien: SPÖ-Parteibuch , ehemaliger Z-Mann, und er ist ein wirklich exzellenter Kopf", so ein Aufsichtsrat.

254

Anhang

Merkinger, Wolfgang Bau Holding Strabag AG 49 Keine Erwähnung

Michaelis, Peter OMV Aktiengesellschaft 5028 ÖVP Selbst die Verstaatlichtenholding ÖIAG, früher auch streng nach Proporz geführt, ist mit Peter Michaelis fest in schwarzer Hand. Sollte Michaelis tatsächlich zu Jahresende abtreten, hat die ÖVP (wer sonst?) angeblich schon einen Kandidaten an der Hand: Wilfried Stadler, der Ende Juni bei der Investkredit ausscheidet. Miksits, Helmut Wiener Stadtwerke Holding AG 442 SPÖ Vor allem Wien Energie-Boss Helmut Miksits hat gute Chancen. Der SPÖ -Mann wurde von den Wiener Stadtwerken - immerhin 12,5-Prozent-Aktionär des Verbunds - als neuer Verbund-Aufsichtsrat nominiert Mülner, Josef Voestalpine AG 192 Keine Erwähnung

Nageler, Ewald Creditanstalt AG 17 ÖVP Sevelda galt als aussichtsreicher Kandidat für einen Posten im CA-Vorstand - letztlich bekam dann aber doch Ewald Nageler (ÖVP) den Posten. Bank-Austria- Generaldirektor Gerhard Randa zu dieser Entscheidung: "Ich halte Karl Sevelda für einen ausgezeichneten Banker und würde ihn fast als einen Freund bezeichnen. Aber für die Position war Nageler besser geeignet."

Nebel, Franz REWE Austria Lager- und 76 Keine Erwähnung Transportgesellschaft m.b.H.

Nemsic, Boris Telekom Austria 4912 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Neuber, Friedel Bank Austria Aktiengesellschaft 173 Keine Erwähnung

Nigl, Karl Raiffeisenlandesbank NO-Wien 81 ÖVP Von ÖVP -Seite wurde zuletzt der frühere Raiffeisen- Topmanager Karl Nigl für die registrierte Genossenschaft mit Magna Entertainment engagiert. Nicht auf Stronachs Gehaltsliste, aber in engerer beschränkter Haftung fördernder Verbindung zum Magna-Konzern steht Steiermarks VP- Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl. Nograsek, Harald Österreichisches Verkehrsbüro 805 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

255

Anhang

Oberlerchner, Fritz STRABAG SE 15 Keine Erwähnung

Ortner, Reinhard Erste Bank der 187 Keine Erwähnung oesterreichischen Sparkassen AG Ottel, Robert voestalpine AG 197 Keine Erwähnung

Otto, Hans-Georg Mediaprint Zeitungs- und 405 Keine Erwähnung Zeitschriftenverlag Gesellschaft m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft Pappas, Alexander Georg Pappas Automobil 175 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Pekarek, Klaus Raiffeisen Zentralbank 2290 FPÖ Kärnten entsendet Klaus Pekarek, Generaldirektor des Raiffeisen-Verbandes Kärnten. Österreich Aktiengesellschaft Pekarek wurde auf Vorschlag der FPÖ mit den Stimmen aller Landtagsparteien nominiert. […] Das ORF-Kuratorium besteht aus 35 Mitgliedern. Penker, Heimo Oberbank AG 636 Keine Erwähnung

Perdich, Wolfgang Investkredit Bank AG 153 Keine Erwähnung

Perrins, Graham J. Frantschach Aktiengesellschaft 0 Keine Erwähnung

Petrak, Walter Österreichische Lotterien 7 ÖVP Gestern, Donnerstag, hat der Aufsichtsrat der Bank Austria die Berufung des Gesellschaft m.b.H. Vorstandes gegen die verordnete Rechungshofprüfung einstimmig gebilligt. Das bestätigte Aufsichtsratspräsident Siegfried Sellitsch dem KURIER. Damit haben sich auch die von der ÖVP nominierten Aufsichtsräte (Karl Dittrich, Walter Petrak und Ewald Klinger) gegen die Prüfung durch den Rechnungshof ausgesprochen Pinkl, Franz Österreichische Volksbanken- 2514 ÖVP Hier hat der amtierende Bankchef Franz Pinkl offenbar gute Chancen, seinen Job Aktiengesellschaft behalten zu können. Die ÖVP will den Ex-Volksbanken-Vorstand und Kommunalkredit-Aufsichtsratschef gerne halten. Er kenne das Konzept und habe sich bisher bewährt, so die Argumentation von Finanzministerium-Sprecher Harald Waiglein

256

Anhang

Pistauer, Michael Österreichische 1482 ÖVP Derzeit finden Verhandlungen über eine Kelag-Übernahme durch den Verbund statt. Elektrizitätswirtschafts- Auf ÖVP -Seite werden Tauernkraftwerke-Vorstand Michael Pistauer und EVN- Aktiengesellschaft Vorstand Alois Scheicher genannt Platzer, Roland RHI AG 103 Keine Erwähnung

Pöchhacker, Horst Autobahnen- und 3130 SPÖ Mit umgekehrter Farbgebung wird der Aufsichtsrat der Asfinag besetzt: Dort Schnellstraßen-Finanzierungs- bekommt Schwarz den Chefsessel (Saxinger) und Rot den Vize ( Pöchhacker , bisher Aktiengesellschaft Chef der Baufirma Porr). Pöltner, Richard WIENGAS GmbH 1 Keine Erwähnung

Poschalko, Gustav Express-Interfracht 1149 SPÖ Aber in der Ebene darunter, in den Vorständen der operativen Gesellschaften, finden Internationale Spedition GmbH sich immer noch SP-nahe Vorstände - etwa Wilhelmine Goldmann im Personenverkehr, Ferdinand Schmidt und Gustav Poschalko im Güterverkehr sowie Peter Klugar in der Infrastruktur Prehofer, Regina Bank Austria Creditanstalt AG 1285 Keine Erwähnung

Pühringer, Othmar Lenzing Aktiengesellschaft 16 ÖVP Und wissen Sie, warum Becker dennoch den (anspruchsvolleren) VA-Tech- Chefposten bekommen konnte? - Richtig: Weil auch der Nachfolger von Othmar Pühringer eine gute Verbindung zur ÖVP haben muss Pumberger, Roland Energie AG Oberösterreich 145 SPÖ Bisher war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass der ÖVP der Posten des Generaldirektors und eines Vorstandsdirektors zusteht. Der SPÖ war früher der Generaldirektor-Stv. zugedacht, zuletzt nur noch ein Vorstandsmitglied. Dieses wird vom Purkersdorfer Roland Pumberger bekleidet, dessen Verhältnis zu Haider angeblich nicht immer ungetrübt war. Pumbergers Vertrag ist jedoch bis 2006 verlängert worden. Püspök, Peter Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien 789 ÖVP Mit Vorliebe werden arrivierte Manager wie der ÖVP -nahe Wienerberger-Boss AG Erhard Schaschl oder der Banker Peter Püspök (Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien) angesprochen Radlherr, Franz Bau Holding Strabag 8 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

257

Anhang

Randa, Gerhard Bank Austria Creditanstalt AG 1037 SPÖ Gerhard Randa, Chef im Bank-Austria-Vorstand, beklagt sich, in der Zeitung lesen zu müssen, daß ÖVP-Politiker beabsichtigen, gegen ihn "persönlich Krieg führen" zu wollen, und fühlt sich "zum Staatsfeind hochstilisiert Rauch, Franz Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co 700 ÖVP Über ein zwischen SPÖ und ÖVP geschnürtes ÖBB-Personalpaket berichtet der "Standard": Bei der Bestellung von Andreas Fuchs zum Finanzvorstand der ÖBB Personenverkehrs AG hätten zwar die ÖVP –Kapitalvertreter Franz Rauch , Friedrich Zibuschka und Johannes Seiringer Fuchs erneut abblitzen lassen, mit den Stimmen der Belegschaftsvertreter habe sich PV-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker aber trotzdem durch gesetzt Rehulka, Mario Austrian Airlines 423 ÖVP Im März dieses Jahres wurde auf Betreiben der ÖIAG der bisherige AUA-Aufsichtsrat Österreichische Luftverkehrs- ausgetauscht. Im Mai kündigte ÖIAG-Chef Johannes Ditz eine "Vertragsverkürzung" Aktiengesellschaft und eine "einvernehmlich geplante Verjüngung" des noch in Zeiten der SPÖ/ ÖVP - Koalition bestellten Vorstandsduos Bammer/ Rehulka an, die der Aufsichtsrat Ende Juni beschloss. Reisch, Hans SPAR Österreichische 198 Keine Erwähnung Warenhandels- Aktiengesellschaft Reiter, Alfred Kommunalkredit Austria AG 883 SPÖ Eh. Kabinettschef des Bundeskanzlers

Ruttenstorfer, Wolfgang OMV Aktiengesellschaft 4944 SPÖ Staatssekretär der SPÖ

Roiss, Gerhard OMV Aktiengesellschaft 1244 parteiungebunden

Rothensteiner, Walter Raiffeisen Zentralbank 4144 ÖVP Ö.k.a.V. Kenner der ÖVP weisen auch dem neuen Kabinettsmitglied Michael Höllerer eine Österreich Aktiengesellschaft Rhaeto- wesentliche Rolle in Prölls Mannschaft zu. Höllerer war bis Dezember des Vorjahres Danubia Wien Bürochef von RZB-General Walter Rothensteiner , ehe er von Pröll ins Ministerium geholt worden war Sachs, Walther BRAU-UNION 78 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Samstag, Karl Bank Austria Creditanstalt AG 326 SPÖ Der Aufsichtsrat der NÖ Hypo hat in der vergangenen Zeit auch andere Mitglieder verloren, bereits im Sommer des Vorjahres haben Ex-Bank-Austria-Chef Karl Samstag (SPÖ) und Bernhard Müller (SPÖ) ihren Hut genommen

258

Anhang

Saxinger, Eduard Österreichische 779 ÖVP K.A.V. Austro Bisherige Abmachungen mit der ÖVP sind offenbar hinfällig. Zum Beispiel über den Bundesbahnen-Holding Danubia Linz Straßenbau-Konzern Asfinag: Dort sollte ab Mai ÖVP -Intimus (und Molterer- Aktiengesellschaft Vertrauter) Eduard Saxinger den Aufsichtsrat präsidieren. Gut möglich, dass der Posten jetzt mit einer SP-Vertrauensperson besetzt wird. Für die Asfinag ist übrigens Faymann zuständig Schalle, Veit REWE Austria AG 1927 FPÖ Billa-Boß Veit Schalle hat ebenfalls ein Naheverhältnis zu den Freiheitlichen. Er wurde bereits im Zuge der Regierungsbildung von der FPÖ befragt, ob er als Wirtschaftsminister zur Verfügung stehe - das Ressort wurde dann der ÖVP zugesprochen. Schalle gilt als Financier der Freiheitlichen, Vertrauter von Jörg Haider und sitzt im Aufsichtsrat der Kärntner Landes-Stromgesellschaft Kelag Schachner-Blazizek, Peter Energie Steiermark AG 634 SPÖ SPÖ-Landesparteivorstand

Scharinger, Ludwig Raiffeisenlandesbank 6157 ÖVP K.A.V. Austro Die klassische Bankerausbildung hat er nie durchlaufen, doch das muss kein Oberösterreich Danubia Linz, Hindernis sein: Michael Strugl, derzeit Wahlkampfmanager der ÖVP Oberösterreich, Aktiengesellschaft K.Ö.St.V. könnte vom "allmächtigen" oberösterreichischen Raiffeisenboss Ludwig Scharinger in Severina Linz sein Reich geholt werden - manche munkeln sogar, er könnte als dessen Nachfolger aufgebaut werden Schaschl, Erhard Österreichische 701 ÖVP Weil der Kapazunder-Vorrat der FPÖ nicht einmal ausreicht, um alle Regierungssitze Elektrizitätswirtschafts- adäquat zu besetzen, profitiert das bürgerliche Lager - ohnehin mit Aktiengesellschaft Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und Raiffeisen wirtschaftlich nicht zu knapp bedient - gleich noch einmal. Manager wie Erhard Schaschl (der zum neuen Verbund-Aufsichtsratschef bestellt wurde) haben kein Parteibuch - ideologisch sind sie aber eindeutig dem VP-Bereich zuzuordnen Schmidt-Chiari, Guido N. Oberbank AG 310 ÖVP Das Vorspiel um die Neubesetzung des CA- Vorstands läßt ahnen, daß auch die Entpolitisierung keine anderen Ergebnisse zeitigt als "die Zeit vor der Objektivierung". Nach Angaben von Insidern ist eine "Große Koalition" so gut wie fixiert. Dem bisherigen und künftigen ÖVP -nahen Vorstandsvorsitzenden Guido Schmidt-Chiari sollten Roman Fojtl und Ottokarl Finsterwalder zur Seite stehen. Ihnen sitzen die "roten" Vorstandsmitglieder Max Kothbauer als Vize, der aus der Investkredit kommende Vorstandsdirektor Alfred Reiter, Ex-Kabinettschef von Kanzler Kreisky, und weiterhin Herbert Sellner gegenüber

259

Anhang

Schmutzer, Günter Frantschach Aktiengesellschaft 8 Keine Erwähnung

Schmutzer, Karl B & C Holding GmbH 162 Keine Erwähnung

Schneeberger, Michael Energie AG Oberösterreich 58 Keine Erwähnung

Schobesberger, Dietrich Bau Holding Strabag 5 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Schröfelbauer, Herbert Österreichische 396 Keine Erwähnung Elektrizitätswirtschafts- Aktiengesellschaft Schumann, Gert E. Frantschach Aktiengesellschaft 5 Keine Erwähnung

Schwager, Helmut Austria Metall 152 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Schwarz, Irene Ludwig Engel KG. 177 Keine Erwähnung

Schwarzkopf, Michael Plansee Holding AG 255 Keine Erwähnung

Sellitsch, Siegfried Bank Austria Aktiengesellschaft 477 SPÖ BSA Der langjährige Wiener Bürgermeister und Nationalratspräsident Leopold Graz und der langjährige Direktor der Wiener Städtischen Versicherung Siegfried Sellitsch traten aus dem BSA aus Seltenhammer-Malina, Enrica BRAU-UNION 6 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Sereinig, Johann Österreichische 191 SPÖ "Wir haben die Kandidaten nicht primär nach dem Parteibuch gefragt", verteidigte Elektrizitätswirtschafts- Verbund-Aufsichtsratspräsident Herbert Krejci die Bestellung des Vorstandes. Dem Aktiengesellschaft Gremium gehören neben Haider Draukraftwerkevorstand Herbert Schröfelbauer als Stellvertreter des Sprechers, Tauernkraftwerkedirektor Michael Pistauer und der Kabinettschef von Kanzler Franz Vranitzky , Johann Sereinig , an.

260

Anhang

Sevelda, Karl Raiffeisen Zentralbank 733 LF Karl Sevelda , Vorstandsdirektor in der Raiffeisen Zentralbank, galt einst als Förderer Österreich Aktiengesellschaft des Liberalen Forums

Schimetschek, Herbert Bauholding Strabag 413 ÖVP Wirklich spannend wird es daher erst 2003. Dann laufen auch die Verträge von Aktiengesellschaft Gouverneur Liebscher (das entspricht dem Vorstandsvorsitzenden) und Zöllner aus. Außerdem ist das Präsidium im Aufsichts- vulgo Generalrat neu zu besetzen. Die Verträge von Präsident Adolf Wala (SP) und Herbert Schimetschek (VP) enden im September 2003 Skyba, Karl WIENSTROM GmbH 61 Keine Erwähnung

Söllinger, Erich Österreichische 1419 ÖVP Womit im ÖBB-Vorstand nur mehr Peter Klugar (SPÖ-nahe) und Erich Söllinger (ÖVP- Bundesbahnen-Holding nahe ) übrig blieben.Selbst Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl soll seine Zustimmung Aktiengesellschaft für den ÖVP -nahen Manager gegeben haben. Sorger, Veit Europapier Aktiengesellschaft 5321 ÖVP Persönlich gilt Sorger trotz seiner Freundschaft zum FP-Mastermind Thomas Prinzhorn als ÖVP -nahe, obwohl er immer betont, keiner Partei anzugehören

Souque, Lionel REWE Austria AG 211 Keine Erwähnung

Spreitzer, Wolfgang voestalpine AG 165 Keine Erwähnung

Stadler, Wilfried Österreichische Volksbanken- 844 ÖVP Die ÖVP hat jedenfalls mit Investkredit-Chef Wilfried Stadler , Bawag-Vorstand Aktiengesellschaft Stephan Koren und OeNB-Vize Wolfgang Duchatczek gleich eine ganze Reihe von geeigneten Kandidaten an der Hand Stara, Friedrich Henkel Austria GmbH 175 Keine Erwähnung

Stepic, Herbert Raiffeisen International Bank- 3426 ÖVP K.Ö.H.V. Holding AG Amelungia Wien, Ö.k.a.V. Rhaeto- Danubia Wien Steurer, Helmut BML Vermögensverwaltungs 190 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

261

Anhang

Stockinger, Max LINZ AG für Energie, 21 SPÖ Auch bei der Hypo Oberösterreich, die zu 51 Prozent dem Land und zu 49 Prozent der Telekommunikation, Verkehr RLB OÖ gehört, soll es in der Hauptversammlung am 18. Mai zu einer und Kommunale Dienste bemerkenswerten Änderung kommen. Frank Schneider, Chef der Landeswohnbaugenossenschaft Lawog und bisher stellvertretender Aufsichtsratschef in der Hypo, wird von der SPÖ nicht mehr nominiert. Seine Funktion wird der 65- jährige Linz AG-Chef Max Stockinger übernehmen. Strahammer, Peter VOEST-ALPINE STAHL 64 SPÖ Krise und aufstieg. Strahammers Karriere im Zeitraffer: 1973 holt ihn Voest-General Aktiengesellschaft Heribert Apfalter in den defizitären Stahlkonzern und macht ihn 1976 zum Generalsekretär. Im selben Jahr tritt der Hobbyjäger der SPÖ bei Streicher, Rudolf OMV Aktiengesellschaft 998 SPÖ Bundesminister für Öffentliche Wirtschaft und Verkehr (SPÖ)

Struzl, Franz voestalpine Stahl GmbH 226 Dem Unternehmen geht's hervorragend. Bislang gibt's deshalb kaum Veränderungen: Dem verunglückten Peter Strahammer (rot) folgte Franz Struzl (rot) als Chef.

Teufl, Christian Leipnik-Lundenburger Invest 214 ÖVP Der Vorarlberger Fruchtsaft-Hersteller Franz Rauch und der Vorstand der zur Beteiligungs Aktiengesellschaft Raiffeisen-Gruppe gehörenden Beteiligungs-Holding Leipnik Lundenburger, Christian Teufl , lehnten eine Verlängerung ihrer Mandate "aus persönlichen Gründen" ab. Beide saßen bisher auf einem ÖVP -Ticket Thalhammer, Klaus Österreichische Volksbanken- 45 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Torggler, Hellwig Andritz AG 95 Keine Erwähnung

Toth, Andreas REWE Austria AG 535 Keine Erwähnung

Trahar, Anthony J. Frantschach Aktiengesellschaft 0 Keine Erwähnung

Tredopp, Reiner STRABAG AG 0 Keine Erwähnung

Treichl, Andreas Erste Bank der 5204 ÖVP Derzeit ist Treichl Vorstandsdirektor der "Ersten", die mit dem EA-Generali- oesterreichischen Sparkassen Konsortium das Rennen um die CA verlor, und gleichzeitig Finanzreferent der ÖVP AG

262

Anhang

Treichl, Heinrich Bank für Tirol und Vorarlberg 246 Mit anderen Schwarzen konnte er wenig anfangen, etwa mit CA-Generaldirektor Aktiengesellschaft Heinrich Treichl . Als Vranitzky 1976 in den CA-Vorstand entsandt wurde, sprach Treichl seinen andersfärbigen Vorstandsdirektor nicht einmal an. Vranitzky beschreibt in seinem Buch den ersten Kontakt: „Am zweiten Arbeitstag schaute Treichl wie beiläufig vorbei. ,Oh, Sie sind hier? ,Ich arbeite da.‘ ,Schon, aber ich dachte, Sie hätten noch politische Verpflichtungen.‘ Das war’s dann.“ Truntschnig, Hannes STRABAG AG 45 Keine Erwähnung

Tschuden, Johann Telekom Austria 74 ÖVP Griss herrscht rund um die Telekom. Die SPÖ mutmaßt, dass die Volkspartei noch Aktiengesellschaft rasch den Wienerberger-Vorstand Johann Tschuden zum Finanzchef küren möchte. Rot will nun dem Vernehmen nach die Entscheidung hinaus- gezögert wissen

Turnauer, Stanislaus Iso-Holding GmbH 143 Keine Erwähnung

Url, Manfred Raiffeisen Zentralbank 207 Keine Erwähnung Österreich Aktiengesellschaft

Wailand, Georg Flughafen Wien 1184 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Wanitschek, Gottfried UNIQUA Versicherungen AG 137 Keine Erwähnung

Walterskirchen, Herbert Bausparkasse Wüstenrot 32 Keine Erwähnung Aktiengesellschaft

Weißkopf, Karl Liebherr International GmbH 22 Keine Erwähnung

Weninger, Günter Österreichische Lotterien 4138 SPÖ ÖGB-Gewerkschaftsfunktionär Gesellschaft m.b.H.

Wieltsch, Rainer OMV Aktiengesellschaft 809 ÖVP Die Verstaatlichtenholding ÖIAG war stets in rot-schwarzen Hände, wobei die Kanzlerpartei SPÖ den Ton angab. Erst im Jahr 2001 wurden mit Peter Michaelis und Rainer Wieltsch zwei Bürgerliche an die Spitze der Verstaatlichten-Holding gehievt. Seit 2006 reagiert Michaelis allein

263

Anhang

Wildmoser, Gerhard ALPINE Bau GmbH 269 ÖVP Nicht per bündlerischem Treueeid verbunden, aber doch eng genug, umkreisen diese schwarze Sonne einflussreiche Trabanten: Rechtsanwalt Gerhard Wildmoser , Börse- Vorstand Heinrich Schaller, Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl - und Schotterbaron Hans Asamer. Wimmer, Wolfgang Billa Aktiengesellschaft 1037 Keine Erwähnung

Windtner, Leopold Energie AG Oberösterreich 321 ÖVP Als Chef des Landesenergieversorgers gehört Windtner zur Machttroika Oberösterreichs. Nummer eins ist Landeshauptmann Josef Pühringer, Nummer zwei Raiffeisenbanker Ludwig Scharinger, Nummer drei Leo Windtner . Die drei Herren verbindet - neben dem Parteibuch der ÖVP - das Selbstbewusstsein, am allerbesten zu wissen, was für das Land gut ist Wolf, Siegfried Österreichische 4601 ÖVP Zwei ÖIAG-Aufsichtsräte, beide Privatisierungshardliner, scheiden statutengemäß im Elektrizitätswirtschafts- Juni aus: die Unternehmer Franz Rauch und Cornelius Grupp . Grassers Aktiengesellschaft Wunschnachfolger ist Magna-Boß Siegfried Wolf , der die Linie des staatlichen Rückzugs mit Sicherheit hochhalten wird. Wutscher, Werner REWE Austria AG 1433 ÖVP Kabinettschef der BM Wilhelm Molterer (Övp)

Zwettler, Johann BAWAG 4238 SPÖ Langzeitkanzler Bruno Kreisky hatte einst "1000 Experten" als Thinktank für Wirtschaftsfragen, SPÖ -Budgetsprecher Christoph Matznetter hat jetzt ein "Kompetenzteam Wirtschaft".Dem Team gehören unter anderem die frühere Wiener Finanzstadträtin Brigitte Ederer (jetzt Siemens), der frühere Finanzminister Ferdinand Lacina (jetzt BA-CA), Salinen- Chef Thomas Jozseffi, Porr- Chef Horst Pöchacker, Bawag- Chef Johann Zwettler und WU-Vizerektor Ewald Nowotny (früher EIB) an

Zwickl, Franz Oesterreichische Kontrollbank 339 SPÖ Für den Aufsichtsrat werden großkoalitionäre Vertrauensleute kolportiert, wegen der Aktiengesellschaft neuen Eigentümerschaft naturgemäß etwa Notenbanker wie Klaus Liebscher und Adolf Wala. Laut "Format" wünscht sich die SPÖ zudem die Ex-Bank-Austria- Vorstände Heinrich Gehl, Friedrich Kadrnoska, Karl Samstag und Franz Zwickl . Als schwarzes Gegengewicht sind Ex-Investkredit-Chef Wilfried Stadler und Peter Püspök (vormals RLB NÖ-Wien) im Gespräch.

264

Anhang

9.2 Unternehmen 2008 – klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 1 AMAG metal GmbH Allg. Sparkasse OÖ.- Bankaktien- Allg. Bauges.-A. Porr. AG Adeg Österreich Handels-AG AG 2 AMAG rolling GmbH ASFINAG AGRANA Bet.-AG Bank für Tirol u. Vorarlberg AG 3 Andritz AG B & C Holding GmbH ALPINE Bau GmbH Energie AG OÖ 4 Austria Metall AG Bank Austria CA AG AUA AG Energie Steiermark AG 5 Böhler-Uddeholm AG Bundesimmobilien GmbH BAWAG Flughafen Wien AG 6 Borealis Express-Interfracht Internationale Spedition GmbH Billa AG KELAG 7 Constanita Packaging AG ÖBB-Infrastruktur Bau AG BIPA Parfumerien GmbH Lenzing AG 8 Engel Austria GmbH ÖBB-Traktion GmbH Constantia Industries AG Linz AG für Energie 9 Engel Holding GmbH ONE GmbH Dexia Kommulkredit Bank AG ÖBB-Personenverkehr AG 10 Gebrüder Weis GmbH Ö. Verkehrsbüro AG Dm Drogerie Mark GmbH Oberbank AG 11 Gebrüder Weiss Holding AG RHI AG Erste Bank d. Ö. Sparkassen AG OÖ Landesbank AG 12 Immofinanz AG Steiermärkische Krankenanstalten GmbH Euro-Billa Holding AG OMV AG 13 Liebherr International Austria GmbH Voestalpine Stahl GmbH Europapier AG Ö. Bundesbahnen-Holding AG 14 Liebherr Werk Bischofshofen Voestalpine Stahl Service GmbH Center GmbH EVN AG Verbund 15 Liebherr Werk Nenzing GmbH Wien Energie GmbH HYPO Investmentbank AG Ö. Lotterien GmbH 16 Ludwig Engel KG Wiener Stadtwerke Holding AG Interspar GmbH Rail Cargo Austria AG 17 Mayr-Melnhof Karton AG Wienerberger AG Investkredit Bank AG REWE Austria AG 18 Merkur Warenhandels-AG REWE Austria Lager- u. Kommunalkredit Austria AG Transport GmbH 19 Pfeiffer HandelsGmbH Leipnik-Lundenburger Invest Bet.-AG Semperit AG Holding 20 Plansee Holding AG Merkur Warenhandels-AG Siemens AG Österreich 21 Plansee Metall GmbH Steiermärkische Bank u. Metro Cash & Carry Ö. GmbH Sparkassen AG 22 RWA Raiffeisen Ware Austria AG Mobilkom Austria AG Steirische Gas-Wärme GmbH 23 STRABAG AG Mondi AG STEWEAG-STEG GmbH 24 TEERAG-ASDAG AG Verbund-Austrian Hydro Power Ö. Kontrollbank AG AG 25 Verkehrsbüro Ruefa Reisen OMV Austria Exploration & GmbH Production GmbH Wienstrom GmbH 26 Voestalpine Grobblech GmbH OMV Refining & Marketing GmbH 27 Vorarlberger Landes- u. Hypothekenbank AG Ö. Post AG 28 Ö. Volksbanken AG

265

Anhang

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 29 Raiffeisen International Bank- Holding AG

30 Raiffeisen Zentralbank Österreich AG 31 Raiffeisen-Holding NÖ-Wien reg. Gen. 32 Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG 33 Raiffeisenlandesbank OÖ AG 34 Raiffeisenlandesbank Steiermark AG 35 Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co 36 RWA Raiffeisen Ware Austria AG 37 Salzburg AG für Energie 38 Spar Österreichische Warenhandels-AG 39 Strabag SE 40 Telekom Austria AG 41 Telekom Austria TA AG 42 Treibacher Industrie AG 43 VA Intertrading AG 44 Vivatis Holding AG 45 Voestalpine AG 46 Vorarlberger Illwerke AG ∑ 27 (23,48 %) 17 (14,78 %) 46 (40 %) 25 (21,74 %)

266

Anhang

9.3 Unternehmen 2004– klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 1 Alpine Mayreder Bau GmbH Allg. Bauges.-A. Porr AG AGRANA Beteiligungs-AG. AUA Ö. Luftverkehrs-AG 2 B & C Holding GmbH AMI Agrolinz Meamine AGRANA Marketing und International GmbH Vertriebsservice GmbH Bank Austria CA AG 3 Bank Austria Creditanstalt AGRANA Zucker u. Stärke Leasing GmbH Expert Einkaufsgenossenschaft GmbH BAWAG AG 4 BBAG Ö. Brau-Beteiligungs- GmbH Ö. Verkehrsbüro AG Allg. Sparkasse OÖ Bank-AG Bank für Tirol u. Vorarlberg AG 5 Billa AG Sandoz GmbH Bauholding Strabag AG Energie AG OÖ 6 BIPA Parfumerien GmbH Bausparkasse der Ö. TARBUK AG Sparkassen AG Flughafen Wien AG 7 Böhler Edelstahl GmbH Casinos Austria AG Investkredit Bank AG 8 Brau Immobilien GmbH CONSTANTIA-ISO AG KELAG 9 Brau Union Österreich AG DM Drogerie Markt GmbH Kommunalkredit Austria AG 10 BWT AG Erste Bank d. Ö. Sparkassen AG Lenzing AG 11 Doppelmayr Holding AG FIMAG Linz AG für Energie 12 Doppelmayr Seilnahnen GmbH Infineon Technologies Austria AG Oberbank AG 13 Engel Austria GmbH Interspar GmbH OÖ Landesbank AG 14 Eybl International AG Landes-Hypothekenbank Stmk AG O. Kontrollbank AG 15 F. Joh. Kwizda GmbH Lauda Air Luftfahrt GmbH OMV AG 16 F. Joh. Kwizda Unternehmens- Verw. GmbH Neusiedler AG Ö. Bundesbahnen 17 Frantschach AG NÖ Landesbank- Hypothekenbank AG Verbund 18 Georg Pappas Automobil AG Ö. Post AG Ö. Lotterien AG 19 Kapsch AG Raiffeisen Bausparkasse GmbH Ö. Postsparkasse AG 20 Kapsch CarrierCom AG Raiffeisen Informatik GmbH O. Volksbanken AG 21 Leder & Schuh AG Raiffeisen Zentralbank Ö. AG RHI AG 22 Mercedes-Benz Ö. Vertriebs- Raiffeisenlandesbank NÖ- GmbH Wien AG Salzburg AG für Energie 23 Merkur Warenhandels-AG Raiffeisenlandesbank OÖ AG Semperit AG Holding 24 Porsche Austria GmbH & Co Raiffeisenlandesbank Steiermark, reg. Gen. Siemens AG Ö. 25 Porsche Holding GmbH Verbund Austrian Hydro Power Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co AG 26 Porsche Konstruktion GmbH & RWA Raiffeisen Ware Austria Co KG AG Verbund Austrian Power Grid AG 27 REWE Austria AG SCS Holding AG

267

Anhang

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 28 STRABAG AG Spar Ö. Warenhandels-AG 29 Swietelsky Bau-GmbH Steiermärkische Bank u. Sparkassen AG 30 Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH Telekom Austria AG 31 VA Tech WABAG GmbH Unser Lagerhaus Warenhandels-AG 32 VAE GnmbH VA Tech Hydro GmbH&Co 33 Voest-Alpine Industrieanlagenbau GmbH & Co VA Technologie AG 34 Voestalpine Stahl Donawitz GmbH Voestalpine AG 35 Voest-Alpine Intertrading AG 36 Voestalpine Stahl GmbH 37 Vorarlberger Illwerke AG 38 Wienerberger AG 39 Wienstrom GmbH ∑ 34 (32,38%) 6 (5,71 %) 39 (37,14 %) 26 (24,76 %)

268

Anhang

9.4 Unternehmen 2000– klassifiziert nach der Parteinähe der Spitzenverbindungsmänner

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 1 AirPlus Air Travel Card Vertriebs Allgemeine Bauges. A. Poor AG ABB AG GmbH 2 Ast-Holzmann Baugesellschaft mbH AGRANA Beteiligungs-AG Allg. Sparkasse OÖ Bank-AG 3 Bausparkasse Wüstenrot AG Bank für Tirol u. Vorarlberg Austria Tabak AG 4 Energie Steiermark AG Bau Holding Strabag AUA 5 Fernwärme Wien GmbH Bausparkasse d. Ö. Sparkassen Bank Austria AG 6 Grundig Austria GmbH BBAG Ö. Brau-Bet. AG Bank Austria CA International AG 7 Ö. Unilever GmbH Casinos Austria AG Bank Austria CA Leasing GmbH 8 Plansee Holding AG Constantia.Iso Holding AG BAWAG 9 RHI AG Constantia Verpackungen AG Böhler-Uddeholm AG 10 Steiermärkische Bank u. Sparkassen AG Erste Bank d. Ö. Sparkassen AG Creditanstalt AG 11 Stmk. Krankenanstalten GmbH EVN AG Energie AG Oberösterreich 12 Steirische Wasserkraft und E.- AG Flughafen Wien AG Esso Austria GmbH 13 Vorarlberger Landes- u. Hypothekenbank Frantschach AG Investkredit Bank AG 14 Wiener Holding AG Frantschach Packaging AG Lauda Air Luftfahrt AG 15 Wiengas GmbH Henkel Austria GmbH Oberbank AG 16 Henkel Central Eastern Europe Wienstrom GmbH GmbH Ö. Kontrollbank AG 17 KELAG OMV AG 18 Lenzing AG Ö. Bundesbahnen 19 Libro AG Verbund 20 Magna Europa AG Ö. Lotterien 21 Mobilkom Austria AG Ö. Post AG 22 Neusiedler AG Ö, Postsparkasse AG 23 Ö. Volksbanken Ö. Verkehrsbüro 24 Raiffeisen Bausparkasse GmbH Semperit AG Holding 25 Raiffeisen Zentralbank Ö. AG Siemens AG Österreich 26 Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG Telekom Austria AG 27 Raffeisenlandesbank OÖ Tyrolean Airways 28 Rauch Beteiligungs GmbH Universale Bau AG 29 Rauch Fruchtsäfte GmbH VA Technologie AG 30 RWA Raiffeisen Ware Austria Verbund-Austrian Hydro Power AG AG 31 Salzburger AG f. Verbund-Austrian Power Grid Energiewirtschaft GmbH 32 SDP Landholdings GmbH Voest-Alpine Intertrading AG 33 Siemens SGP Verkehrstechnik Voest-Alpine Stahl AG GmbH

269

Anhang

Farblose Firmen Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen 34 Steyr Nutzfahrzeuge AG Voest-Alpine Stahl Linz GmbH 35 Wienerberger Baustoffindustrie VA Tech Elin EBG GmbH AG 36 Wüstenrot Wohungswirtschaft 37 ∑

9.5 Zuordnung von Firmen zu Manager-Parteien-Beziehungen für das Jahr 2008

1 = asymmtrische Manager-Parteien-Verflechtungen 2 = reziproke Manager-Parteien-Verflechtungen 3 = Manager mit deklarierter politischer Haltung (Privatperson)

Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen Allg. Sparkasse OÖ.- Bankaktien- Allg. Bauges.-A. Porr. AG 2 Adeg Österreich Handels-AG 3 AG 2

ASFINAG 1 AGRANA Bet.-AG 2 Bank für Tirol u. Vorarlberg AG 2

B & C Holding GmbH 2 ALPINE Bau GmbH 2 Energie AG OÖ 1

Bank Austria CA AG 3 AUA AG 1 Energie Steiermark AG 1 Bundesimmobilien GmbH 1 BAWAG 2 Flughafen Wien AG 1

Express-Interfracht Internationale Spedition GmbH 2 Billa AG 3 KELAG 1

ÖBB-Infrastruktur Bau AG 1 BIPA Parfumerien GmbH 3 Lenzing AG 2

ÖBB-Traktion GmbH 1 Constantia Industries AG 3 Linz AG für Energie 1

ONE GmbH 3 Dexia Kommulkredit Bank AG 2 ÖBB-Personenverkehr AG 1

Ö. Verkehrsbüro AG 1 Dm Drogerie Mark GmbH 3 Oberbank AG 2

RHI AG 2 Erste Bank d. Ö. Sparkassen AG 2 OÖ Landesbank AG 1 Steiermärkische Krankenanstalten GmbH 1 Euro-Billa Holding AG 3 OMV AG 1

Voestalpine Stahl GmbH 2 Europapier AG 3 Ö. Bundesbahnen-Holding AG 1

Voestalpine Stahl Service Center GmbH 2 EVN AG 1 Verbund 1 HYPO Investmentbank AG Wien Energie GmbH 1 2 Ö. Lotterien GmbH 1

Wiener Stadtwerke Holding AG 1 Interspar GmbH 3 Rail Cargo Austria AG 1 Wienerberger AG 2 Investkredit Bank AG 2 REWE Austria AG 3 REWE Austria Lager- u. Kommunalkredit Austria AG 2 Transport GmbH 3 Leipnik-Lundenburger Invest Bet.- AG 2 Semperit AG Holding 2

Merkur Warenhandels-AG 3 Siemens AG Österreich 2

Steiermärkische Bank u. Metro Cash & Carry Ö. GmbH 3 Sparkassen AG 1

270

Anhang

Rote Firmen Schwarze Firmen Rot-Schwarze Firmen

Mobilkom Austria AG 3 Steirische Gas-Wärme GmbH 1 Mondi AG 3 STEWEAG-STEG GmbH 1

Verbund-Austrian Hydro Power Ö. Kontrollbank AG 2 AG 1

OMV Austria Exploration & Production GmbH 1 Wienstrom GmbH 1

OMV Refining & Marketing GmbH 1 ^ Ö. Post AG 1 Ö. Volksbanken AG 2 Raiffeisen International Bank- Holding AG 2

Raiffeisen Zentralbank Österreich AG 2 Raiffeisen-Holding NÖ-Wien reg. Gen. 2

Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG 2 Raiffeisenlandesbank OÖ AG 2

Raiffeisenlandesbank Steiermark AG 2

RWA Raiffeisen Ware Austria AG 2 Salzburg AG für Energie 1 Spar Österreichische Warenhandels- AG 3 Strabag SE 2 Telekom Austria AG 1 Telekom Austria TA AG 1 VA Intertrading AG 2 Vivatis Holding AG 3 Voestalpine AG 2

271

Anhang

9.6 Liste der Vorstandsvorsitzenden/Geschäftsführer Österreichs größter Unternehmen

Unternehmen Manager Position Branche 1 OMV AG - Gr. Dr. Wolfgang Ruttenstorfer Vorstandsvorsitzender Industrie 2 Strabag Societas Europea - Gr. Dr. Hans Peter Haselsteiner Vorstandsvorsitzender Industrie 3 voestalpine AG - Gr. Dr. Wolfgang Eder Vorstandsvorsitzender Industrie 4 Siemens Österreich - Gr. Mag. Brigitte Ederer Vorstandsvorsitzender Industrie 5 Borealis AG - Gr. Mark Garrett Vorstandsvorsitzender Industrie 6 Mondi AG (Gruppe) - Gr. MMag. Peter J. Oswald Vorstandsvorsitzender Industrie Austria Tabak GmbH - Gr. Dr., Martin-Ralph Frauendorfer, Geschäftsführer Industrie 7 LL.M. BMW Motoren GmbH Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Wölfel Geschäftsführer Industrie 8 Magna Steyr Fahrzeugtechnik AG & Co DI Günther Apfalter Vorstandsvorsitzender Industrie 9 KG 10 Andritz AG - Gr. Dr. Wolfgang Leitner Vorstandsvorsitzender Industrie 11 Red Bull GmbH - Gr. Dkfm. Dietrich Mateschitz Geschäftsführer Industrie Österr. Elektrizitätswirtschafts AG Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber Vorstandsvorsitzender Industrie 12 (Verbundges.) - Gr. 13 BMW Group Österreich - Gr. Dr. Anton Heiss Geschäftsführer Industrie Österr. ElektrizitätswirtschaftsAG Dr. Wolfgang Anzengruber Vorstandsvorsitzender Industrie 14 (Verbundges.) Allgemeine Baugesellschaft - A. Porr AG Ing. Wolfgang Hesoun Vorstandsvorsitzender Industrie - Gr. 15 16 Alpine Holding GmbH - Gr. Dr Peter Preindl Geschäftsführer Industrie 17 Swarovski D. & Co. - Gr. Daniel J. Cohen Geschäftsführer Industrie 18 Wienerberger AG - Gr. Dr. Heimo Scheuch Vorstandsvorsitzender Industrie A-Tec Industries AG (Kovats-Gruppe) - Dr Mirko Kovats Vorstandsvorsitzender Industrie 19 Gr. Alpla - Werke Alwin Lehner GmbH & Co Ing. Günther Lehner Geschäftsführer Industrie 20 KG - Gr. 21 EVN AG - Gr. Dr. Burkhard Hofer Sprecher des Vorstands Industrie Henkel Central Eastern Europe GmbH Mag. Günter Thumser Generaldirektor Industrie 22 (Henkel CEE) - Gr. Novomatic Group of Companies - Gr. Dr. Franz Wohlfahrt Vorstandsvorsitzender Industrie 23 Liebherr International Austria GmbH - Karl Weißkopf Geschäftsführer Industrie 24 Gr. Autobahnen- und Schnellstraßen - DI Alois Schedl Vorstandsvorsitzender Industrie 25 FinanzierungsAG (ASFINAG) - Gr. Wien Energie GmbH - Gr. Mag. Thomas Irschik Geschäftsführer (einer von Industrie 26 dreien) 27 Agrana Beteiligungs-AG - Gr. DI Johann Marihart Vorstandsvorsitzender Industrie MAN Nutzfahrzeuge Österreich AG - Gr. DrDr Karl-Heinz Rauscher Vorstandsvorsitzender Industrie 28 Mayr-Melnhof Karton AG (Holding) - Gr. Dr. Wilhelm Hörmanseder Vorstandsvorsitzender Industrie 29 30 Chrysler Austria GmbH - Gr. Brenda Müllner Geschäftsführer Industrie 31 Constantia Packaging AG - Gr. Dr. Hanno Bästlein Vorstandsvorsitzender Industrie 32 RHI AG - Gr. Henning E. Jensen, MBA Vorstandsvorsitzender Industrie 33 Egger Holzwerkstoffe GmbH - Gr. Michael Egger Vorstandsvorsitzender Industrie Tiwag-Tiroler Wasserkraft AG - Gr. Dr. Bruno Wallnöfer Vorstandsvorsitzender Industrie 34 Alpine Bau GmbH (vormals Alpine Ing. Roman Esterbauer Geschäftsführer Industrie 35 Mayreder Bau GmbH) Swietelsky Baugesellschaft m.b.H. - Gr. DI Kurt Kladensky Geschäftsführer Industrie 36

272

Anhang

Unternehmen Manager Position Branche 37 Lenzing AG - Gr. Dr Peter Untersperger Vorstandsvorsitzender Industrie Sandoz GmbH (vormals Biochemie Geschäftsführer Industrie 38 GmbH) Mag. Hubert Hirzinger 39 Zumtobel AG - Gr. Dr. Andreas J. Ludwig Vorstandsvorsitzender Industrie Infineon Technologies Austria AG - Gr. Mag. Monika Kircher-Kohl Vorstandsvorsitzender Industrie 40 41 Energie Steiermark AG Dr. Oswin Kois Geschäftsführer Industrie 42 Porsche Holding GmbH Gr. Mag. Ing. Wolf-Dieter Hellmaier Sprecher der GL Handel 43 Spar Österreich Gr. Präs. Dr. Gerhard Drexel Vorstandsvorsitzender Handel 44 REWE Austria AG Gr. Frank Hensel Vorstandsvorsitzender Handel 45 Alu-met HandelsGmbH Gr. Günter Steinacher Gesch. f. Ges. Handel 46 Hofer KG Friedhelm Dold Generaldirektor Handel 47 Red Bull GmbH - Gr. Dkfm. Dietrich Mateschitz Geschäftsführer Handel 48 ZEV Markant GmbH & Co KG Gr. Mag. Erwin Wichtl Geschäftsführer Handel 49 Porsche Inter Auto GmbH & Co KG Gr. Mag. Kurt Loidl Sprecher der GL Handel 50 EconGas GmbH Dr. Jesco von Kistowski Geschäftsführer Handel 51 XXXLutz GmbH Gr Dr. Richard Seifert Geschäftsführer Handel 52 RWA Raiffeisen Ware Austria AG Gr. Mag. Klaus Buchleitner, MBA Vorstandsvorsitzender Handel 53 Porsche Austria GmbH & Co OG Mag. Franz Pommer Geschäftsführer Handel 54 VA Intertrading AG Mag. Dr. Karl Mistlberger Vorstandsvorsitzender Handel 55 MAN Nutzfahrzeuge Vertrieb Süd AG Martin Scharrer Vorstandsvorsitzender Handel 56 Mercedes Benz Österreich Gr. KR Alexander Pappas Geschäftsführer Handel hagebau Handelsges. F. Baustoffe GmbH 57 & Co KG Österreich Gr. Heribert Gondert Geschäftsführer Handel 58 bauMax AG Gr. KR Martin Essl Vorstandsvorsitzender Handel 59 Wiesenthal & Co AG Gr. Dr. Alexander Martinowsky Vorstandsvorsitzender Handel 60 BP Austria Marketing GmbH GR. Manfred Killian Sprecher des Vorstands Handel 61 Shell Austria GmbH Ing. Friedrich Schalk Geschäftsführer Handel 62 MB-AutomobilvertriebsGmbH Gr. Gerhard Haggenmiller Geschäftsführer Handel 63 Media-Saturn Bet.GmbH Gr. Frank Kretzschmar Sprecher der GL Handel 64 HerbaChenosan Apotheke AG Gr. Dr. Andreas Windischbauer Vorstandsvorsitzender Handel 65 Kika-Leiner Gr. Mag. Peter Kickinger Geschäftsführer Handel 66 Roth Heizöle GmbH Gr. Hans Roth Jun. Geschäftsführer Handel 67 DM Drogerie Markt GmbH Gr. Mag. Martin Engelmann Geschäftsführer Handel 68 Teerag-Asdag AG Gr. Josef Stekovic Sprecher des Vorstands Handel Österreichische Bundesbahnen Holding 69 AG DI Peter Klugar Vorstandsvorsitzender Dienstleistung 70 A1 Telekom Austria Dr. Hannes Ametsreiter, MBA Vorstandsvorsitzender Dienstleistung 71 Casinos Austria AG Dr. Karl Stoss Vorstandsvorsitzender Dienstleistung 72 Austrian Airlines AG Dr. Peter Malanik Vorstandsmitglied Dienstleistung 73 Wiener Stadtwerke Holding AG Dr. Gabriele Payr, MBA Generaldirektor Dienstleistung 74 Österreichische Post AG Dipl. Ing. Dr. Georg Pölzl Generaldirektor Dienstleistung 75 Österreichische Lotterien GmbH Dr. Karl Stoss Vorstandvorsitzender Dienstleistung 76 Schenker & Co Gr. Mag. Elmar Wieland Vorstandsvorsitzender Dienstleistung 77 EAA - Energie Allianz Austria GmbH Gt. DI Werner Perz Geschäftsführer Dienstleistung LKW Walter Internationale 78 Transportorganisation AG Werner Moormann Vorstandssprecher Dienstleistung Stv. Vors. d. 79 T.Mobile Austria GmbH Dipl-Wi.Ing. Wolfgang Kniese Geschäftsführung Dienstleistung 80 MCE AG Gr Dipl. Oec. Ludger Kramer Vorstandsvorsitzender Dienstleistung 81 Unicredit Bank Austria AG Gen. Dir. Dr. Willibald Cernko Vorstandsvorsitzender Bank 82 Erste Bank der ö. Sparkassen AG Dr. Elisabeth Bleyleben-Koren Vorstandsvorsitzender Bank 83 Raiffeisen Zentralbank Österreich AG Gen. Dir. Dr. Walter Rothensteiner Generaldirektor Bank BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und 84 Wirtschaft u. Ö. Postsparkasse AG Gen. Dir. Stv. Dr. Stephan Koren Generaldirektor Stv. Bank 85 Ö. Kontrollbank Mag. Dr. Johannes Attems Vorstandsmitglied Bank 86 Ö. Kontrollbank Mag. Dr. Rudolf Scholten Vorstandsmitglied Bank 87 Kommunalkredit Austria AG Mag. Alois Steinbichler Vorstandsvorsitzender Bank 88 Ö. Volksbanken AG Mag. Gerald Wenzel Generaldirektor Bank Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Gen. Dir. KR Dr. Mag. Ludwig 89 AG Scharinger Generaldirektor Bank 273

Anhang

Unternehmen Manager Position Branche 90 Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG Mag. Erwin Hameseder Generaldirektor Bank Gen. Dir. Dr. Franz Gasselsberger, 91 Oberbank AG MBA Generaldirektor Bank 92 Hypo Tirol Bank AG Dr. Markus Jochum Vorstandsvorsitzender Bank 93 Stmk. Bank und Sparkassen AG Dr. Gerhard Fabisch Vorstandsvorsitzender Bank 94 Investkredit Bank AG Dr. Wilfried Stadler Generaldirektor Bank Vorarlberger Landes- und 95 Hypothekenbank AG Dir. Dkfm. Dr. Jodok Simma Vorstandsvorsitzender Bank 96 All. Sparkass OÖ Bankaktiengesellschaft Gen. Dir. Dr. Markus Limberger Vorstand Bank Wiener Städtische Versicherung AG 97 Vienna Insurance Group Dr. Günter Geyer Vorstandsvorsitzender Versicherung 98 Generali Holding Vienna AG Dr. Luciano Cirinà Vorstandsvorsitzender Versicherung 99 Generali Versicherung AG Dr. Luciano Cirinà Vorstandsvorsitzender Versicherung 100 HDI Gerling Lebensversicherung AG Dr. Heinz-Peter Roß Vorstandsvorsitzender Versicherung 101 UNIQUA Personenversicherung AG Dr. Peter Eichler Vorstandsvorsitzender Versicherung

274

Anhang

9.7 Kategorisierung der Berufsangaben aller Vorstandsvorsitzenden und

Geschäftsführer

Schichten Berufsgruppen (Ö-ISCO-88) Berufsangaben

Oberschicht Angehörige gesetzgebender Körperschaften und leitende Landeshauptmann von Tirol Verwaltungsbeamte Oberst der Kriminalpolizei Geschäftsleiter in großen Unternehmen Bankdirektor Geschäftsbereichsleiter Brown-Boveri AG Österreich Geschäftsführer des Verbands der deutschen Zuckerindustrie Leitender Angestellter in der Industrie österreichischer Industriemanager österreichischer Unternehmer Präsident der österreichischen Nationalbank Unternehmensleitung Unternehmensleitung d. Kapstadt AG Vorsitzender des Aufsichtsrates, Baumax AG Vorstand der Girocredit AG in Wien Vorstand in der österreichischen verstaatlichten Industrie (Stahl) Vorstandsvorsitzender Spar Leiter kleiner Unternehmen Bauleiter einer mittelständischen Baufirma Eigentümer einer Firma, Mitglied der Geschäftsleitung einer Maschinenbaufirma Selbständiger Unternehmer Stellvertretender Leiter des BA für Zivilluftfahrt (heutige Austro Control) Unternehmer (Sägewerksbesitzer) Mittelschicht Physiker, Mathematiker und Diplomingenieure Architekt Bauingenieur Chemiker, Leiter der Produktion Topograph Biowissenschaftler, Mediziner, Apotheker Apotheker Lehrkräfte mit akademischer Ausbildung Mittelschullehrer Universitätsprofessor vaterlos/Mutter Lehrerin an der Volksschule St. Marein Volksschullehrer Volksschullehrer/Direktor Sonstige akademische Berufe Konsulent für die US Embassy in Wien sonstige nichttechnische Fachkräfte Bankkaufmann Buchhalter, dann selbständig mit eigenem Handelsunternehmen Gewerbetreibender Gewerbetreibender,Geschäft zum Verlegen v. Knststoffböden Versicherungsvertreter Verwaltungsangestellter Zollwachebeamter Büroangestellte ohne Kundenkontakt Beamter Bundesbeamter Finanzbeamter Postbeamter Technischer Angestellter Personenbezogene Dienstleistungsberufe Chef am Gendarmerieposten Hartberg Weinkellermeister

275

Anhang

Schichten Berufsgruppen (Ö-ISCO-88) Berufsangaben Fachkräfte in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Unterschicht Fischerei Bauer Landwirt Sparkassenangestellter und Landwirt Metallarbeiter, Mechaniker und verwandte Berufe Arbeiter Schlosser Sonstige Handwerks- und verwandte Berufe Fleischhauer Handwerker Maler- und Tapezierermeister Obersäger in einem Sägewerk Verkaufs- und Dienstleistungshilfskräfte allein erziehenden Arbeiterin aus Wien-Florisdorf Hilfsarbeiter im Bergbau, Baugewerbe, in der Fertigung und Transportwesen Bauarbeiter Hilfsarbeiter Fabrikarbeiter

276

Literatur

10 Literatur

Abels, Heinz, 2009: Einführung in die Soziologie. Die Individuen in ihrer Gesellschaft. Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Afonso, Alexandre, und André Mach, in Druck: Coming Together but Staying Apart: Continuity and Change in the Swiss and Austrian Varieties of Capitalism. S. in: Becker, Uwe (Hg.), The changing Political Economies of Small West European Countries Amsterdam: Amsterdam University Press. Aiginger, Karl, 1999: The Privatization Experiment in Austria. Austrian Economic Quarterly 4: S. 261-270. Allen, Matthew M. C., 2006: The Varieties of Capitalism Paradigm: Explaining Germany´s Comparative Advantage? Basingstoke, Hants: Palgrave Macmillan. Arbesser, Maximilian, Christoph Neumayer und Roman Sandgruber, 2006: Industrieland Österreich. Eine Erfolgsgeschichte mit Umwegen. Broschüre der IV-Bundesorganisation. Wien. Arocena, Pablo, 2003: The Reform of the Utilities Sector in Spain. S. 125-148 in: Ugaz, Cecilia , und Catherine Waddams Price (Hg.), Utility Privatization and Regulation: A Fair Deal for Consumers? Cheltenham: Edward Elgar. Attlmayr, Martin, 2010: Adelsaufhebung und das Gemeinschaftsrecht. Bemerkungen zum Vorlageverfahren VwGH 18.5.2009, EU 2009/0002. Journal für Rechtspolitik 18: S. 1-11.

Bach, Maurizio, 2002: Vilfredo Pareto (1848-1923). S. 94-112 in: Kaesler, Dirk (Hg.), Klassiker der Soziologie. Band 1: Von Auguste Comte bis Norbert Elias München: Beck. Bach, Maurizio, 2004: Jenseits des rationalen Handelns. Zur Soziologie Vilfredo Paretos. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Barlösius, Eva, 2006: Pierre Bourdieu. Frankfurt am Main: Campus. Bartlett, Christopher und Sumantra Ghoshal, 2005: Internationale Unternehmensführung. Frankfurt am Main: Campus. Bauerkämper, Arnd, 2002: Ländliche Gesellschaft in der kommunistischen Diktatur. Köln: Böhlau. Baumgartner, Valerie, 1987: Struktur und Wandel parlamentarischer Eliten. Empirische und theoretische Befunde dargestellt am Beispiel Österreichs von 1945 bis 1982. Wien. Bearden, James und Beth Mintz, 1987: The Structure of Class Cohesion: The Corporate Network and Its Dual. S. 187-207 in: Mizruchi, Mark. S. und Michael Schwartz (Hg.), Intercorporate Relations: The Structural Analysis of Business. Cambridge: Cambridge University Press. Beck, Ulrich, 1983: Jenseits von Stand und Klasse? Soziale Ungleichheit, gesellschaftliche Individualisierungstendenzen und die Entstehung neuer sozialer Formationen und Identitäten. 277

Literatur

S. 35-74 in: Kreckel, Reinhard (Hg.), Soziale Ungleichheiten (Soziale Welt, Sonderband 2). Göttingen: Schwartz. Beck, Ulrich, 1986: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in die Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Beckert, Jens, 1996: Was ist soziologisch an der Wirtschaftssoziologie? Ungewissheit und die Einbettung wirtschaftlichen Handelns. Zeitschrift für Soziologie 25: S. 125-146. Beckert, Jens, 2004: Unverdientes Vermögen. Soziologie des Erbrechts. Frankfurt am Main: Campus. Belke, Ansgar und Friedrich Schneider, 2006: Privatization in Austria: Some Theoretical Reasons and Performance Measures. S. 89-116 in: Köthenbürger, Marko,Hans-Werner Sinn und Johan Whalley (Hg.), Privatization Experiences in the European Union. Cambridge, Mass.: MIT Press. Bendel, Klaus , 1993: Funktionale Differenzierung und gesellschaftliche Rationalität. Zu Niklas Luhmanns Konzeption des Verhältnisses von Selbstreferenz und Koordination in modernen Gesellschaften. Zeitschrift für Soziologie 22: S. 261-278. Berger, Peter L. und Thomas Luckmann, 1974: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt am Main: Fischer. Berle, Adolf A. und Gardiner C. Means, 1948: The Modern Corporation and Private Property. New York, NY: Macmillan. Bernhard, Stefan, 2008: Netzwerkanalyse und Feldtheorie - Grundriss einer Integration im Rahmen von Bourdieus Sozialtheorie. S. 121-131 in: Stegbauer, Christian (Hg.), Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften: Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Wiesbaden: VS- Verlag für Sozialwissenschaften. Bettschart, Roland und Birgit Kofler, 1999: Nobelclubs in Österreich. Wo Einfluss, Macht und Geld verkehrt. Wien: Ueberreuter. Beyer, Jürgen, 2002: Deutschland AG a.D.: Deutsche Bank, Allianz und das Verflechtungszentrum großer deutscher Unternehmen. MPIfG Working Paper 02/4. Köln. Beyer, Jürgen und Martin Höpner, 2003: The Disintegration of Organized Capitalism: German Corporate Governance in the 1990s. West European Politics 26: S. 179-198. Binder-Krieglstein, Reinhard, 2000: Österreichisches Adelsrecht 1868-1918/1919. Frankfurt am Main: Lang. Blumer, Herbert, 1973: Der methodologische Standort des symbolischen Interaktionismus. S. 80- 101 in: Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hg.), Alltagswissen, Interaktion und gesellschaftliche Wirklichkeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Böheim, Michael, Heinz Handler und Margit Schratzenstaller, 2010: Optionen einer einnahmensbasierten Budgetkonsolidierung. WIFO-Monatsberichte 3: S. 269-283. Bonacich, Phil, 1972: Factoring and Weighting Approaches to Status Scores and Clique Identification. Journal of Mathematical Sociology 2: S. 113-120. 278

Literatur

Bond, Matthew , 2004: Reassessing the Inner Circle Theory: A Social Structural Analysis of Corporate Donations to the Conservative Party in Britain. Sociology Working Papers, Oxford University. Bond, Matthew, Siana Glouharova und Nicholas Harrigan, 2010: The Political Mobilization of Corporate Directors: Socio-economic Correlates of Affiliation to European Pressure Groups. British Journal of Sociology 61: S. 306-335. Borgatti, Steve, Martin Everett und Lin Freeman, 2002: Ucinet for Windows: Software for Social Network Analysis. Harvard, MA: Analytical Technologies. Börsig, Clemens , 2006. Die Rolle des Aufsichtsrats im Verhältnis zum Vorstand. Deutsche Corporate Governance Konferenz, Berlin, 22. Juni 2006. Bottomore, Thomas B., 1969: Elite und Gesellschaft. Eine Übersicht über die Entwicklung des Eliteproblems. München: Beck. Bourdieu, Pierre, 1979: Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre und Luc Boltanski, 1981: Titel und Stelle. Zum Verhältnis von Bildung und Beschäftigung. S. 89-116 in: Bourdieu, Pierre, Luc Boltanski, Monique de Saint Martin und Pascale Maldidier (Hg.), Titel und Stelle - Über die Reproduktion sozialer Macht. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt. Bourdieu, Pierre, 1987: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1992a: Die verborgenen Mechanismen der Macht. Hamburg: VSA. Bourdieu, Pierre, 1992b: Rede und Antwort. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1983: Ökonomisches Kapital - Kulturelles Kapital - Soziales Kapital. S. 183-198 in: Kreckel, Reinhard (Hg.), Soziale Ungleichheiten (Soziale Welt, Sonderband 2). Göttingen: Otto Schwartz. Bourdieu, Pierre, 1985: Sozialer Raum und „Klassen“. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1996: Die Ziele der reflexiven Soziologie. S. 95-249 in: Bourdieu, Pierre und Loic J. D. Wacquant (Hg.), Reflexive Anthropologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1998a: Homo academicus. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1998b: Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre, 1999: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre , 2001: Das politische Feld. Zur Kritik der politischen Vernunft. Konstanz: UVK. Bourdieu, Pierre, 2004: Der Staatsadel. Konstanz: UVK.

279

Literatur

Bourdieu, Pierre , 2006: Sozialer Raum, symbolischer Raum. S. 354-370 in: Dünne, Jörg und Stephan Günzel (Hg.), Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bourdieu, Pierre und Loic J. D. Wacquant, 1992: An Invitation to Reflexive Sociology. Chicago: University of Chicago Press. Bourdieu, Pierre und Loic J. D. Wacquant, 1996: Die Ziele der reflexiven Soziologie. S. 95-249 in: Bourdieu, Pierre und Loic J. D. Wacquant (Hg.), Reflexive Soziologie. Frankfurt am Main : Suhrkamp Braun, Rudolf, 1990: Konzeptionelle Bemerkungen zum Obenbleiben: Adel im 19. Jahrhundert. S. 87-95 in: Wehler, Hans-Ulrich (Hg.), Europäischer Adel 1750-1950. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Brock, Ditmar, Matthias Junge, Heike Diefenbach, Reiner Keller und Dirk Villányi, 2009: Soziologische Paradigmen nach Talcott Parsons. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Bruckmüller, Ernst (Hg.), 1998: Raiffeisen in Österreich: Siegeszug einer Idee. St. Pölten: Niederösterreichisches Pressehaus. Bruckner, Bernulf und Rudolf Stickler, 2000: Österreichs Bankwirtschaft. Struktur, Wirtschaftlichkeit und internationaler Vergleich. Wien: Orac. Brune, Nancy, Geoffrey Garrett und Bruce Kogut, 2004: The International Monetary Fund and the Global Spread of Privatization. IMF Staff Papers 51: S. 195-219. Bude, Heinz, 2000: Auf der Suche nach Elite. S. 9-16 in: Michel, Markus,Ingrid Karsunke und Tilman Spengler (Hg.), Kursbuch 139. Die neuen Eliten. Berlin: Rowohlt. Burris, Val und James Salt, 1990: The Politics of Capitalist Class Segments: A Test of Corporate Liberalism Theory. Social Problems 37: S. 341-359. Burris, Val, 2001: The Two Faces of Capital: Corporations and Individual Capitalists as Political Actors. American Sociological Review 66: S. 361-381. Burris, Val, 2005: Interlocking Directorates and Political Cohesion among Corporate Elites. The American Journal of Sociology 111: S. 249-283. Burt, Ronald S., 1992: Structural Holes. The Social Structure of Competition. Cambridge, Mass.: Harvard University Press. Buß, Eugen, 2007: Die deutschen Spitzenmanager. Wie sie wurden, was sie sind. München/Wien: Oldenbourg.

Carroll, William und Meindert Fennema, 2002: Is There a Transnational Business Community? International Sociology 17: S. 393-419. Christakis, Nicholas A. und James H. Fowler , 2010: Connected! Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist. Frankfurt am Main: Fischer. 280

Literatur

Collier, Ruth B. und David Collier, 1991: Shaping the Political Arena: Critical Junctures, the Labor Movement and Regime Dynamics in Latin America. Princeton, NJ: Princeton University Press. Collins, Randall, 1979: The Credential Society. An Historical Sociology of Education and Stratification. New York: Academic Press. Collins, Randall, 1987: Schließungsprozesse und die Konflikttheorie der Professionen. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 2: S. 46-60. Collins, Randall, 2005: Interaction Ritual Chains. Princeton, NJ: Princeton University Press. Corrado, Raffaele und Maurizio Zollo, 2006: Small Worlds Evolving: Governance Reforms, Privatizations, and Ownership networks in Italy. Industrual and Corporate Change 15: S. 319- 352. Csáky, Moritz, 1984: Adel in Österreich. S. 212-219 in: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs. 1. Teil: Von der Revolution zur Gründerzeit 1848-1880. Ausstellung Schloß Grafenegg. Wien. Culpepper, Pepper D., 2005: Institutional Change in Contemporary Capitalism: Coordinated Financial Systems since 1990. World Politics 57: S. 173-199. Culpepper, Pepper D., 2007: Eppure, non si muove: Legal Change, Institutional Stability and Italian Corporate Governance. West European Politics 30: S. 784-802. Culpepper, Pepper D., 2008: Book review of: Corporate Governance in Japan: Institutional Change and Organizational Diversity, by Masahiko Aoki, Gregory Jackson and Hideaki Miyajima. Oxford: Oxford University Press. Social Science Japan Journal 11: S. 339-343. Culpepper, Pepper D., 2010: Quiet Politics and Business Power: Corporate Control in Europe and Japan. Cambridge: Cambridge University Press.

Dahl, Robert A., 1971: Who Governs? Democracy and Power in an American City. London, New Heaven: Yale University Press. Dahrendorf, Ralf, 1962: Eine neue deutscher Oberschicht? Die neue Gesellschaft 9: S. 18-31. Dahrendorf, Ralf, 1963: Die angewandte Aufklärung. Gesellschaft und Soziologie in Amerika. München: Piper. Dahrendorf, Ralf, 1965: Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. München: Piper. David, Thomas und André Mach, 2001: The "Fortress of the Alps" between national interests and transnational capital: The transformations of Swiss corporate governance in comparative perspective. Small States in World Markets - Fifteen Years later. An International Multidisciplinary Conference. Göteborg. David, Thomas und André Mach, 2003: The Specificity of Corporate Governance in Small States: Institutionalisation and Questioning of Ownership Restrictions in Switzerland and Sweden. Basingstoke: Palgrave Macmillan. David, Thomas, Stéphanie Ginalski, Frédéric Rebmann und Gerhard Schnyder, 2009: The Swiss Business Elite between 1980-2000: Declining Cohesion, Changing Educational Profile and 281

Literatur

Growing Internationalization. S. 197-222 in: Boyer, Christoph und Friederike Sattler (Hg.), European Business Elites between the Emergence of a New Spirit of Capitalism and the Erosion of State Socialism Berlin: Duncker & Humblot. Davis, Kingsley und Wilbert E. Moore, 1945: Some Principles of Stratification. American Sociological Review 10: S. 242-249. Dawid, Evelyn und Alois Mosser, 2000: Spondeo. Die Absolventen der k. k. Exportakademie, der Hochschule für Welthandel und der Wirtschaftsuniversität. Wien: Wirtschaftsverlag Ueberreuter. Deeg, Richard und Gregory Jackson, 2007: Towards a More Dynamic Theory of Capitalist Variety. Socio-Economic Review 5: S. 149-179. Deutschmann, Christoph, 1989: The Japanese Organization. Its Influence on Management and Industrial Relations in Western Europe. International Quarterly for Asian Studies 20: S. 73-94. Deutschmann, Christoph , 2009: Geld als universales Inklusionsmedium moderner Gesellschaften. S. 223-239 in: Stichweh, Rudolf und Paul Windolf (Hg.), Inklusion und Exklusion: Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Diaz-Bone, Rainer , 2008: Gibt es eine qualitative Netzwerkanalyse? Zeitschrift für Historische Sozialforschung 33: S. 311-343. Djelic, Marie-Laure und Sigrid Quack, 2007: Overcoming Path Dependency: Path Generation in Open Systems. Theory and Society 36: S. 161-186. Doralt, Peter, 2010: Erscheinungsformen des Aufsichtsrats und ihr Zusammenhang mit den Ursachen seines Versagens. EIn erster Versuch. S. 41-63 in: Kalss, Susanne und Peter Kunz (Hg.), Handbuch für den Aufsichtsrat. Wien: Facultas.WUV. Dreiling, Michael C., 2000: The Class Embeddedness of Corporate Political Action: Leadership in Defense of the NAFTA. Social Problems 47: S. 21-48. Dreitzel, Hans Peter, 1962: Elitebegriff und Sozialstruktur. Stuttgart: Enke. Dreitzel, Hans Peter, 1974: Elite. S. 443-445 in: Ritter, Joachim,Karlfried Gründer und Gottfried Gabriel (Hg.), Historischer Wörterbuch der Philosophie. Band 2. Basel: Schwabe. Drewe, Paul, 1974: Methoden zur Identifizierung von Eliten. S. 162-179 in: von Koolwijk, Jürgen und Maria Wieken-Mayser (Hg.), Techniken der empirischen Sozialforschung. Band 4: Erhebungsmethoden. München: Oldenburg. Dritsas, Margarita, Peter Eigner und Jan Ottosson, 1996: "Big Business" Networks in Three Interwar Economies: Austria, Greece and Sweden. Financial History Review 3: S. 175-195. Dröge, Kai, Sighard Neckel und Irene Somm, 2006: Das Leistungsprinzip als Deutungsressource. Zur Rekonstruktion von gesellschaftlichem Bewertungswissen. S. 203-215 in: Bohnsack, Ralf, Aglaja Przyborski und Burkhard Schäffer (Hg.), Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen: Verlag Barbara Budrich. 282

Literatur

Dronkers, Jaap und Serapbine M. M. Hillege, 1998: Board Membership of Traditional Male Fraternities and Access to Dutch Elites: A Disappearing Avenue to Elite Positions? European Sociological Review 14: S. 191-203. Dronkers, Jaap, 2003: Has the Dutch Nobility Retained its Social Relevance during the 20th Century? European Sociological Review 19: S. 81-96. Dronkers, Jaap und Huibert Schijf, 2007: Elites. S. 1362-1364 in: Ritzer, George (Hg.), The Blackwell Encyclopedia of Sociology. Malden, Oxford: Blackwell Publishing. Druyen, Thomas, Wolfgang Lauterbach und Matthias Grundmann, 2009: Reichtum und Vermögen. Zur gesellschaftlichen Bedeutung der Reichtums- und Vermögensforschung. Wiesbaden: VS- Verlag für Sozialwissenschaften. Durkheim, Emile, 1984: Die elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Ehrenhalt, Alan, 1981: Politics in America. Members of Congress in Washington and at Home. Washington, D. C.: Congressional Quarterly Press. Eigner, Peter, 1997: The Ownership Structure of Austria´s Big Business, 1895-1995. S. in: Dritsas, Margarita und Terry Gourvish (Hg.), European Enterprise: Strategies of Adaptation and Renewal in the twentieth Century. Athens: Trochalia Publications. Eisermann, Gottfried, 1987: Vilfredo Pareto. Ein Klassiker der Soziologie. Tübingen: Mohr. Ekman, Paul, Wallace V. Friesen und Phoebe Ellsworth, 1974: Gesichtsprache. Wege zur Objektivierung menschlicher Emotionen. Wien/Graz: Böhlau. Elias, Norbert, 1996: Was ist Soziologie? Weinheim: Juventa. Emirbayer, Mustafa und Jeff Goodwin, 1994: Network Analysis, Culture, and the Problem of Agency. American Journal of Sociology 99: S. 1411-1451. Endruweit, Günter, 1979: Elitebegriff in den Sozialwissenschaften. Zeitschrift für Politik 26: S. 30-46. Engler, Steffani, 2004: Habitus und sozialer Raum: Zur Nutzung der Konzepte Pierre Bourdieus in der Frauen- und Geschlechterforschung. S. 250-261 in: (Hg.), Habitus und sozialer Raum: Zur Nutzung der Konzepte Pierre Bourdieus in der Frauen- und Geschlechterforschung. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften. Esser, Harmut, 1999: Soziologie. Allgemeine Grundlagen. Frankfurt am main: Campus. Etzioni-Halevy, Eva, 2002: Elites: Sociological Aspects. S. 4420-4424 in: Smelser, Neil J. und Paul B. Baltes (Hg.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences. Oxford: Elsevier.

Faust, Michael, 2002: Karrieremuster von Führungskräften der Wirtschaft im Wandel - Der Fall Deutschland in vergleichender Perspektive. SOFI-Mitteilungen 30: S. 69-89. 283

Literatur

Fleck, Christian, 2010: Die Entwicklung der Soziologie in Österreich. S. 259-296 in: Biegelbauer, Peter (Hg.), Steuerung von Wissenschaft? Die Governance des österreichischen Innovationssystems. Innsbruck: Studienverlag. Forster, Nick, 2000: The myth of the "international manager". International Journal of Ressource Management 11: S. 126-142. Franck, Georg und Philip J. Cook, 1998: Ökonomie der Aufmerksamkeit. München/Wien: Hanser. Frank, Robert H., 1995: The Winner-Take-All Society. New York: Free Press. Freye, Saskia, 2009: Führungswechsel. Die Wirtschaftselite und das Ende der Deutschland AG. Frankfurt am Main: Campus. Frölichsthal, Georg, 1997: Der österreichische Adel seit 1918. Vortrag vor dem Deutschen Adelsrechtsausschuss am 13. September 1997.

García, Laura Cabeza und Silvia Gómez Ansón, 2007: Governance and Performance of Spanish Privatised Firms. Corporate Governance: An International Review 15: S. 503-519. Geppert, Mike, Dirk Matten und Peggy Schmidt, 2006: Hintergründe und Probleme der Transnationalisierung multinationaler Unternehmungen: Globale Isomorphismen, nationale business systems und "transnationale soziale Räume". S. 85-120 in: Mense-Petermann, Ursula (Hg.), Transnationale Konzerne. Ein neuer Organisationstyp? Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Gerlich, Peter, 1992: A Farewell to Corporatism. S. 132-146 in: Luther, Kurt R. und Wolfgang C. Müller (Hg.), Politics in Austria. Still a case of consociationalism? London: Cass. Gerschenkron, Alexander , 1962: Economic Backwardness in Historical Perspective: A Book of Essays. New York: Praeger. Giacalone-Monaco, Tommaso, 1957: Vilfredo Pareto dal carteggio con Carlo Placci. Padova: Cedam. Giddens, Anthony, 1974: Elites in the British Class Structure. S. 1-21 in: Stanworth, Philipp und Anthony Giddens (Hg.), Elites and Power in British Society. Cambridge: Cambridge University Press. Giddens, Anthony, 1979: Die Klassenstruktur fortgeschrittener Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Giesen, Bernhard, 1999: Kollektive Identität. Die Intellektuellen und die Nation 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Girtler, Roland, 2002: Die feinen Leute. Von der vornehmen Art, durchs Leben zu gehen. Wien: Böhlau. Gläser, Jochen, 2006: Die Fallstricke der Bibliometrie. Soziologie 35: S. 42-51. Glatzel, Thomas, 1984: Perspektiven des Austro-Keynesianismus. Universität Wien.

284

Literatur

Glover, Ian, 1976: Executive career patterns: Britain, France, Germany and Sweden. Energy World 33: S. 3-12. Goffman, E., 1969: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München: Piper. Goffman, Erving, 1971: Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Granovetter, Mark S., 1973: The Strength of Weak Ties. American Journal of Sociology 78: S. 1360-1380. Granovetter, Mark, 2005: Business Groups and Social Organization. S. 429-450 in: Smelser, Neil und Richard Swedberg (Hg.), Handbook of Economic Sociology. Princeton, NJ: Princeton University Press. Grant, Wyn und Jane Sargent, 1987: Business and politics in Britain. Basingstoke: Macmillan. Grubelnik, Klaus, 1998: Die rote Krake. Eine Bank erobert Österreich. Wien: Molden. Grubelnik, Klaus, 2000: Der zweite Anschluss. Deutschlands Griff nach Österreichs Wirtschaft. Wien: Molden. Grünwald, Oskar, 2009: Die Rolle der ÖIAG (Gesamtentwicklung zwischen 1970 und 1985). S. 61- 84 in: Turnheim, Georg (Hg.), Österreichs Verstaatlichte. Die Rolle des Staates bei der Entwicklung der österreichischen Industrie von 1918 bis 2008. Wien: Manz. Gugler, Klaus, 1998: Corporate Ownership Structure in Austria. Empirica 25: S. 285-307. Gugler, Klaus, Susanne Kalss, Alexander Stomper und Josef Zechner, 2001: The separation of ownership and control in Austria. S. 46-70 in: Barca, Fabricio und Marco Becht (Hg.), The Control of Corporate Europe. Oxford: Oxford University Press.

Haberer, Thomas, 2003: Corporate Governance. Österreich - Deutschland - International. Wien: Manz. Hall, Peter A. und David Soskice, 2001: An Introduction to Varieties of Capitalism. S. 71-104 in: Hall, Peter A. und David Soskice (Hg.), Varieties of Capitalism. The Institutional Foundations of Comparative Advantage. Oxford: Oxford University Press. Hall, Peter A ., 2006: Stabilität und Wandel in den Spielarten des Kapitalismus. S. 181-204 in: Beckert, Jens, Ebbinghaus, Bernhard, Hassel, Anke und Philip Manow (Hg.), Transformation des Kapitalismus. Festschrift für Wolfgang Streek zum sechszigsten Geburtstag. Frankfurt am Main: Campus. Haller, Max, 1979: Egalisierung der Chancen oder Statusreproduktion? Bildungsexpansion und die Entwicklung der Strukturen sozialer Ungleichheit in Österreich 1933-1972. Forschungsbericht des IHS, No. 144. Wien. Haller, Max, 1982: Klassenbildung und soziale Schichtung in Österreich. Analysen zur Sozialstruktur, sozialen Ungleichheit und Mobilität (mit Beiträgen v. Erich Dimitz, Peter Findl und Peter Mitter). Frankfurt am Main: Campus. 285

Literatur

Hancké, Bob, Martin Rhodes und Mark Thatcher, 2007: Introduction: Beyond Varieties of Capitalism. S. 1-34 in: Hancké, Bob,Martin Rhodes und Mark Thatcher (Hg.), Beyond Varieties of Capitalism: Conflict, Contradiction, and Complementaries in the European Economy. Oxford: Oxford University Press. Hanisch, Ernst, 1994: Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Wien: Ueberreuter. Hartmann, Michael, 1996: Topmanager. Die Rekrutierung einer Elite. Frankfurt am Main: Campus. Hartmann, Michael , 1997: Soziale Öffnung oder soziale Schließung. Die deutsche und die französische Wirtschaftselite zwischen 1970 und 1995. Zeitschrift für Soziologie 26: S. 296-311. Hartmann, Michael, 1999: Auf dem Weg zur transnationalen Bourgeoisie? Die Internationalisierung der Wirtschaft und die Internationalität der Spitzenmanager Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA. Leviathan 27: S. 113-141. Hartmann, M., 2000a: Class-Specific Habitus and the Social Reproduction of the Business Elite in Germany and France. Sociological Review 48: S. 241-261. Hartmann, Michael, 2000b: Wie international sind Topmanager? Forschung & Lehre 7: S. 356- 358. Hartmann, Michael, 2001: Klassenspezifischer Habitus oder exklusive Bildungstitel als soziales Selektionskriterium? S. 157-208 in: Krais, Beate (Hg.), An der Spitze. Von Eliten und herrschenden Klassen. Konstanz: UVK. Hartmann, Michael, 2002: Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft. Frankfurt am Main: Campus Verlag. Hartmann, Michael, 2004a: Elitesoziologie. Eine Einführung. Frankfurt am Main: Campus. Hartmann, Michael , 2004b: Eliten in Deutschland. Rekrutierungswege und Karrierepfade. Aus Politik und Zeitgeschichte 10: S. 17-24. Hartmann, Michael, 2005: Eliten und das Feld der Macht. S. 255-275 in: Colliot-Thélène, Catherine,Francois Étienne und Gunter Gebauer (Hg.), Pierre Bourdieu: Deutsch-französische Perspektiven. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Hartmann, Michael, 2007: Eliten und Macht in Europa. Ein internationaler Vergleich. Frankfurt am Main: Campus. Hartmann, Michael, 2009: Politische Elite und Einkommensverteilung in den USA seit 1945. Leviathan 37: S. 281-304. Hartmann, Michael, 2010a: Achievement or Origin: Social Background and Ascent to Top Management Talent Development & Excellence 2: S. 105-117. Hartmann, Michael, 2010b: Elite. S. 61-64 in: Kopp, Johannes und Bernhard Schäfers (Hg.), Grundbegriffe der Soziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

286

Literatur

Hartmann, Michael und Johannes Kopp, 2001: Elitenselektion durch Bildung oder durch Herkunft? Promotion, soziale Herkunft und der Zugang zu Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 53: S. 436-466. Hedström, Peter, 2008: Anatomie des Sozialen - Prinzipien der analytischen Soziologie. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften. Heemskerk, Eelke M., 2007: Decline of the Corporate Community. Network Dynamics of the Dutch Business Elite. Amsterdam: Amsterdam University Press. Heemskerk, Eelke M. und Gerhard Schnyder, 2008: Small States, International Pressures, and Interlocking Directorates: The Cases of Switzerland and the Netherlands. European Management Review 5: S. 41-54. Heemskerk, Eelke, Fabrizio Ferraro, Gerhard Schnyder und Nathalie Del Vecchio, in Druck: Something Old. Something New, Something Borrowed. Corporate Networks in Europe between Homogenization and Hybridization. S. in: Kogut, Bruce (Hg.), The Small Worlds of Corporate Governance. Cambridge, Mass.: MIT Press. Heidler, Richard, 2008: Zur Evolution sozialer Netzwerke - theoretische Implikationen einer akteursbasierten Methode. S. 359-372 in: Stegbauer, Christian (Hg.), Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften. Heinze, Thomas, 2002a: Die Struktur der Personalverflechtungen großer deutscher Aktiengesellschaften zwischen 1989 und 2001. Zeitschrift für Soziologie 53: S. 641-675. Heinze, Thomas, 2002b: Die Frage der institutionellen Kontinuitäten im deutschen Unternehmenskontroll-System. Antwort auf die Replik von Martin Höpner und Gregory Jackson. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 54: S. 369-372. Heinze, Thomas, 2004: Dynamics in the German System of Corporate Governance? Empirical Findings regarding Interlocking Directorates. Economy and Society 33: S. 218-238. Helbich, Franz, 2000: Die österreichische Privatstiftung - eine Erfolgsstory. S. 1-14 in: Gassner, Wolfgang,Philip Göth,Bernhard Gröhs und Michael Lang (Hg.), Privatstiftungen. Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis. Wien: Manz. Helmers, Hermann M. und Mitarbeiter , 1975: Graven naar macht. Op zoek naar de kern van de Nederlandse economie. Amsterdam: Van Gennep. Hess, Andreas, 1995: Die politische Soziologie C. Wright Mills´. Ein Beitrag zur politischen Ideengeschichte. Opladen: Leske + Budrich. Hess, Andreas, 2003: C. Wright Mills. S. 171-187 in: Kaesler, Dirk (Hg.), Klassiker der Soziologie. Band 2. Von Talcott Parsons bis Pierre Bourdieu. München: Beck. Hilferding, Rudolf , 1968: Das Finanzkapital. Eine Studie über die jüngste Entwicklung des Kapitalismus. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt.

287

Literatur

Hillman, Amy J., Gerald D. Keim und Douglas Schuler, 2004: Corporate Political Activity: A Review and Research Agenda. Journal of Managment 30: S. 837-857. Hillmann, Karl-Heinz, 1994: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart: Kröner. Hofbauer, Ines, 2006: Liberalisation, privatisation and regulation in the Austrian electricty sector. Austrian country report. FORBA Research Reports 16. Hoffmann, Jochen, Adrian Steiner und Martina Vogel, 2007: Moderne Public Affairs versus traditionelle Interessensvertretung? Agenturen, Unternehmen und Verbände der politischen Kommunikation. Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaften 36: S. 425-444. Hoffmann-Lange, Ursula , 1990: Eliten in der Bundesrepublik Deutschland. Habilitationsschrift Universität Mannheim. Anhang. Hoffmann-Lange, Ursula, 1991: West German Elites: Cartel of Anxiety, Power Elite or Responsive Representatives? S. 81-104 in: Hoffmann-Lange, Ursula (Hg.), Social and Political Structures in West Germany. Boulder: Westview Press. Hoffmann-Lange, Ursula, 1992: Eliten, Macht und Konflikt in der Bundesrepublik. Opladen: Leske + Budrich. Hoffmann-Lange, Ursula, 2004: Die Elitenstruktur moderner demokratischer Gesellschaften S. 25-40 in: Gabriel, Oscar W., Beate Neuss und Günther Rüther (Hg.), Konjunktur der Köpfe? Eliten in der modernen Wissensgesellschaft. Düsseldorf: Droste. Hoffmann-Lange, Ursula, 2005: Michael Hartmann, Der Mythos von den Leistungseliten. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 57: S. 168-170. Hofstätter, Lukas, 2010: Bankenwelt und Finanzkrise in Österreich. S. 356-364 in: Honegger, Claudia, Sighard Neckel und Chantal Magnin (Hg.), Strukturierte Verantwortungslosigkeit. Berichte aus der Bankenwelt. Berlin: Suhrkamp. Holzer, Boris, 2010: Vom Graphen zur Gesellschaft. Analyse und Theorie sozialer Netzwerke. S. 77-94 in: Gamper, Markus und Linda Reschke (Hg.), Knoten und Kanten. Soziale Netzwerkanalyse in Wirtschafts- und Migrationsforschung. Bielefeld: Transcript. Höpner, Martin und Gregory Jackson, 2002: Das deutsche System der Corporate Governance zwischen Persistenz und Konvergenz. Replik auf den Beitrag von Thomas Heinze. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 54: S. 362-368. Höpner, Martin und Lothar Krempel, 2004: The Politics of the German Corporate Network. Competition 8: S. 339-356. Hornbostel, Stefan, 1997: Wissenschaftsindikatoren: Bewertungen in der Wissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag. Horowitz, Irving L., 1983: C. Wright Mills. An American Utopian. New York: Free Press. Hradil, Stefan , 2001: Soziale Ungleichheit in Deutschland. Opladen: Leske + Budrich. Hradil, Stefan und Peter Imbusch (Hg.), 2003: Oberschichten - Eliten - Herrschende Klassen. Opladen: Leske + Budrich. 288

Literatur

Hueck, Silve-Maria, 2002: Gesamtverzeichnis der Bände 1-127. Genealogisches Handbuch des Adels. Limburg/Lahn: Starke.

Imbusch, Peter, 2003: Konjunkturen, Probleme und Desiderata sozialwissenschaftlicher Eliteforschung. S. 11-32 in: Hradil, Stefan und Peter Imbusch (Hg.), Oberschichten - Eliten - Herrschende Klassen. Opladen: Leske + Budrich.

Jaeggi, Urs J., 1960: Die gesellschaftliche Elite. Eine Studie zum Problem der sozialen Macht. Bern: Haupt. Jann, Ben, 2003: Old-Boy Network. Militärdienst und ziviler Berufserfolg in der Schweiz. Zeitschrift für Soziologie 32: S. 139-155. Janning, Frank , 2004: Habitus und Organisation. Ertrag der Bourdieuschen Problemformulierung und alternative Konzeptualisierungsvorschläge. S. 97-126, in: Ebrecht, Jörg und Frank Hillebrandt (Hg.), Bourdieus Theorie der Praxis. Erklärungskraft, Anwendungen, Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Janning, Frank , 2008: Die Konflikttheorie der Theorie symbolischer Kämpfe. S. 335-360, in: Bonacker, Thorsten (Hg.), Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Jansen, Dorothea, 2006: Einführung in die Netzwerkanalyse. Grundlagen, Methoden, Forschungsbeispiele. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Jeidels, Otto, 1913: Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie mit besonderer Berücksichtigung der Eisenindustrie. München: Duncker & Humblot. Jetschgo, Johannes, Ferdinand Lacina, Michael Pammer und Roman Sandgruber, 2004: Österreichische Industriegeschichte. 1848 bis 1955. Band 2. Die verpasste Chance. Wien: Überreuter. Jud, Waldemar, 1994: Institutional Investors and Corporate Governance: The Austrian View. S. 465-488 in: Baums, Theodor,Richard M. Buxbaum und Klaus J. Hopt (Hg.), Institutional Investors and Corporate Governance. Berlin: de Gruyter.

Kadushin, Charles, 1995: Friendship among the French Financial Elite. American Sociological Review 60: S. 202-221. Kaesler, Dirk, 2003: Was sind und zu welchem Ende studiert man die Klassiker der Soziologie. S. 11-38 in: Kaesler, Dirk (Hg.), Klassiker der Soziologie. Band 1. Von Auguste Comte bis Norbert Elias. München: Beck. Kafka, Gustav E., 1962: Österreichs gelähmte Regierung. Wort und Wahrheit 17: S. 590-612.

289

Literatur

Kalss, Susanne und Matthias Schimka, 2010: Qualifikationsanforderungen an die AR-Mitglieder. S. 65-90 in: Kalls, Susanne und Peter Kunz (Hg.), Handbuch für den Aufsichtsrat. Wien: Facultas.WUV. Kaltefleiter, Werner und Rudolf Wildenmann, 1972: Westdeutsche Führungsschicht 1972. Eine sozialwissenschaftliche Untersuchung der Inhaber von Führungspositionen. Za 0796, Codebuch Im Zentralarchiv Für Empirische Sozialforschung Der Universität Köln. Kanter, Rosabeth M., 1996: Weltklasse. Im globalen Wettbewerb lokal triumphieren. Wien: Überreuter. Karabel, Jerome, 2006: The Chosen. The Hidden History of Admission and Exclusion at Harvard, Yale and Princeton. Boston, Mass.: Houghton Mifflin. Karabel, Jerome, 2009: Die Auserwählten. Die verborgene Geschichte der Zulassung und Exklusion in Harvard, Yale und Princeton. S. 45-69 in: Stichweh, Rudolf und Paul Windolf (Hg.), Inklusion und Exklusion: Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Karazman-Morawetz, Inge und Gerhard Pleschiutschnig, 1997: Wirtschaftsmacht und politischer Einfluß. S. 418-431 in: Dachs, Herbert,Peter Gerlich,Herbert Gottweis,Franz Horner,Helmut Kramer,Volkmar Lauber,Wolfgang C. Müller und Emmerich Tálos (Hg.), Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik. Wien: Manz. Karlhofer, Ferdinand und Emmerich Talós, 1996: Sozialpartnerschaft und EU. Wien: Signum. Karlhofer, Ferdinand, 2005: Verbände: Mitgliederorientierung und strategische Neuausrichtung. S. 7-36 in: Karlhofer, Ferdinand und Emmerich Tálos (Hg.), Sozialpartnerschaft. Österreichische und Europäische Perspektiven. Wien: LIT. Karlhofer, Ferdinand, 2007: Filling the Gap? Korporatismus und neue Akteure in der Politikgestaltung. Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaften 36: S. 389-403. Katzenstein, Peter J., 1985: Small States in World Markets. Industrial Policy in Europe. Ithaca, NY: Cornell University Press. Kelle, Udo und Susann Kluge, 2010: Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Keller, Suzanne, 1963: Beyond the Ruling Class. Strategic Elites in Modern Society. New York, NY: Random House. Keller, Suzanne, 1968: Elites. S. 26-29 in: Sills, David (Hg.), International Encyclopedia of the Social Sciences. Vol. 5. London: Macmillan. Kieserling, André , 2008: Felder und Klassen: Pierre Bourdieus Theorie der modernen Gesellschaft. Zeitschrift für Soziologie 37: S. 3-24.

290

Literatur

Kneer, Georg , 2001: Organisation und Gesellschaft. Zum ungeklärten Verhältnis von Organisations- und Funktionssystemen in Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Zeitschrift für Soziologie 30: S. 407-428. Kneer, Georg, 2004: Differenzierung bei Luhmann und Bourdieu. Ein Theorienvergleich S. 25-56 in: Nassehi, Armin und Gerd Nollmann (Hg.), Bourdieu und Luhmann. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Knoke, David und James H. Kuklinski, 1983: Network Analysis. Beverly Hills, Calif.: Sage. Knorr Cetina, Karin , 1992: Zur Unterkomplexität der Differenzierungstheorie. Empirische Anfragen an die Systemtheorie. Zeitschrift für Soziologie 21: S. 406-419. Kogut, Bruce und Walker Gordon, 2001: The Small World of Germany and the Durability of National Networks. American Sociological Review 66: S. 317-335. Koch, Rosemarie und Georg Stadtmann, 2010: Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung. European University Viadrina Frankfurt, Discussion Paper No. 288. Kohli, Martin, 1985: Die Institutionalisierung des Lebenslaufs. Historische Befunde und theoretische Argumente. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 37: S. 1-29. Kono, Clifford, Donald Palmer, Roger Friedland und Matthew Zafonte, 1998: Lost in Space: The Geography of Corporate Interlocking Directorates. American Journal of Sociology 103: S. 863- 911. Krais, Beate, 1983: Bildung als Kapital. Neue Perspektiven für die Analyse der Sozialstruktur? S. 199-220 in: Kreckel, Reinhard (Hg.), Soziale Ungleichheiten (Soziale Welt, Sonderband 2). Göttingen: Otto Schwartz. Krais, Beate, 2001: Die Spitzen der Gesellschaft. Theoretische Überlegungen. S. 7-62 in: Krais, Beate (Hg.), An der Spitze. Von Eliten und herrschenden Klassen. Konstanz: UVK. Kraus, Karl, 1927: Prominente Pupperln. Die Fackel 28: S. 116-119. Kreckel, Reinhard, 2009: Rezension zu Michael Hartmanns "Eliten und Macht in Europa. Ein internationaler Vergleich. Soziologische Revue 32: S. 69-71. Kriechbaumer, Robert, 2008: Zeitenwende. Die SPÖ-FPÖ Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, aus der Sicht der politischen Akteure und in den Karikaturen von Ironimus. Wien: Böhlau. Krippner, Greta R ., 2001: The Elusive Market: Embeddedness and the Paradigm of Economic Sociology. Theory and Society 30: 775-810. Kromrey, Helmut, 2009: Empirische Sozialforschung. Stuttgart: Lucius & Lucius. Kruse, Volker, 2008: Geschichte der Soziologie. Konstanz: UVK. Krysmanski, Hans-Jürgen, 2001: The Sociological Imagination. S. 474-475 in: Oesterdiekhoff, Georg W. (Hg.), Lexikon der soziologischen Werke. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

291

Literatur

Lacina, Ferdinand, Dionys Lehner, Peter Mitterbauer, Andreas Resch, Roman Sandgruber und Gertrude Tumpel-Gugurell, 2005: Österreichische Industriegeschichte. Bande 3. Die ergriffene Chance: 1955 bis 2005. Wien: Überreuter. Lamnek, Siegfried, 1995: Qualitative Sozialforschung. Weinheim: Beltz. Lane, Christel, 1989: Management and Labour in Europe. The Industrial Enterprise in Germany, Britain and France. Aldershot, Hants: Elgar. Lane, Christel und Geoffrey Wood, 2009: Capitalist Diversity and Diversity within Capitalism. Economy and Society 38: S. 531-551. Lanjus, Friedrich, 1931: Die blühenden Geschlechter des österreichischen Uradels. S. 69-77 in: (Hg.), Jahrbuch der Vereinigung katholischer Edelsleute in Österreich. Innsbruck: Tyrolia. Le Bon, Gustave, 1951: Psychologie der Massen. Stuttgart: Kröner. Lehmbruch, Gerhard, 1967: Proporzdemokratie. Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und in Österreich. Tübingen: Mohr. Lehmbruch, Gerhard, 1969: Konkordanzdemokratie im internationalen System. S. 139-163 in: Czempiel, Ernst-Otto (Hg.), Die anachronistische Souveränität (Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 1). Opladen: Westdeutscher Verlag. Lehmbruch, Gerhard, 1979: Consociational Democracy, Class Conflict and New Corporatism. S. 53-61 in: Schmitter, Philippe C. und Gerhard Lehmbruch (Hg.), Trends Towards Corporatist Intermediation. London, Beverly Hills: Sage. Lehmbruch, Gerhard, 1996: Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleuropa. Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft 2: S. 1-24. Leipertz, Harald, 1999: Eliten, Ein Vergleich der spezifischen Forschung bei C. Wright Mills und Norbert Elias. Frankfurt am Main/Wien: Lang. Leisch, Wilfried, 2004: Du VOEST mir. Texte/Bilder/Fakten. Das Buch wider das Vergessen zur VOEST-Privatisierung. Wien: ÖGB-Verlag. Lenger, Alexander , 2008: Die Promotion. Ein Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit. Konstanz: UVK. Lévi-Strauss, Claude, 2000: Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Liegl, Barbara und Wolfgang C. Müller, 1999: Senior Officials in Austria. S. 90-120 in: Page, Edward C. und Vincent Wright (Hg.), Bureaucratic Elites in Western European States. Oxford: Oxford University Press. Lijphart, Arend, 1984: Democracies. New Haven, Conn.: Yale University Press. Litzenberger, Timo und Rolf Sternberg, 2005: Die Forschungsleistung der Soziologie an zehn deutschen Universitäten. Ein bibliometrischer Vergleich auf Basis des Social Science Citation Index (SSCI). Soziologie 34: S. 174-190.

292

Literatur

Luhmann, Niklas, 1973: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart: Enke. Luhmann, Niklas , 1977: Funktion der Religion. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Luhmann, Niklas , 1988: Die Wirtschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Luhmann, Niklas, 1995: Inklusion und Exklusion. S. 237-264 in: Luhmann, Niklas (Hg.), Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch. Opladen: Westdeutscher Verlag. Luhmann, Niklas, 1997: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Lütz, Susanne, 2000: From Managed to Market Capitalism? German Finance in Transition. German Politics 9: S. 149-171. Lütz, Susanne, 2005: The Finance Sector in Transition: A Motor for Economic Reform? German Politics 14: S. 140-157. Lyotard, Jean-François , 1994: Das postmoderne Wissen. Wien: Passagen.

Machiavelli, Niccolò, 1977: Discorsi. Stuttgart: Kröner. Machiavelli, Niccolò, 1990: Der Fürst. Frankfurt am Main: Insel. Mahlich, Jörg und Robert Schwediwy (Hg.), 2008: Zeitzeugen und Gestalter österreichischer Wirtschaftspolitik. Wien: LIT. Mahoney, James, 2000: Path Dependence in Historical Sociology. Theory and Society 29: S. 507- 548. Margreiter, Klaus, 2005: Konzept und Bedeutung des Adels im Absolutismus. Europäisches Hochschulinstitut. Florenz (Dissertation). Marin, Bernd, 1986: Unternehmerorganisationen im Verbändestaat. Politik der Bauwirtschaft in Österreich. Wien: Internationale Publikationen. Marx, Johannes, 2010: Netzwerke als Quelle sozialen Kapitals. Zur kulturellen und strukturellen Einbettung vertrauensvoller Handlungen in Netzwerken. S. 95-118 in: Gamper, Markus und Linda Reschke (Hg.), Knoten und Kanten. Soziale Netzwerke in Wirtschafts- und Migrationsforschung. Bielefeld: Transcript. März, Eduard, 1981: Österreichische Bankpolitik in der Zeit der großen Wende 1913-1923. Am Beispiel der Creditanstalt für Handel und Gewerbe. Wien: Verlag für Geschichte und Politik. Mayntz, Renate, 2002: Zur Theoriefähigkeit makro-sozialer Analysen. S. 7-43 in: Mayntz, Renate (Hg.), Akteure-Mechanismen-Modelle: Zur Theoriefähigkeit makro-sozialer Analysen. Frankfurt am Main: Campus. Mayrhofer, Wolfgang, Michael Meyer und Johannes Steyrer, 2005: Macht? Erfolg? Reich? Glücklich? Einflussfaktoren auf Karrieren. Wien: Linde. McMenamin, Iain und Roger Schoenman, 2007: Together Forever? Explaining Exclusivity in Party-Firm Relations. Political Studies 55: S. 153-173.

293

Literatur

McPherson, Miller, Lynn Smith-Lovin und James M. Cook, 2001: Birds of a Feather: Homophily in Social Networks. Annual Review of Sociology 27: S. 415-444. Meisel, James H., 1962: Der Mythos der herrschenden Klasse: Gaetano Mosca und die Elite. Düsseldorf: Econ. Merton, Robert K., 1967: On Sociological Theories of Middle Range. S. 39-71 in: Merton, Robert K. (Hg.), On Theoretical Sociology. Five Essays, Old and New. New York: Free Press. Merton, Robert K., 1972: Die unvorgesehenen Folgen zielgerichteter sozialer Handlung. S. 169- 183 in: Dreitzel, Hans Peter (Hg.), Sozialer Wandel. Zivilisation und Fortschritt als Kategorien der soziologischen Theorie. Neuwied: Luchterhand. Merton, Robert K., 1987: Three Fragments from a Sociologist´s Notebook: Establish the Phenomenon, Specified Ignorance, and Strategic Research Materials. Annual Review of Sociology 13: S. 1-28. Merton, Robert K., 1995: Soziologische Theorie und soziale Struktur. Berlin: de Gruyter. Merton, Robert K. und Elinor Barber, 2006: The Travels and Adventures of Serendipity. A study in Sociological Semantics and the Sociology of Science. Princeton: Princeton University Press. Meth-Cohn, Delia und Wolfgang C. Müller, 1994: Looking Reality into the Eye: The Politics of Privatisation in Austria. S. 160-179 in: Wright, Vincent (Hg.), Privatisation in Western Europe. Pressures, Problems and Paradoxes. London: Francis Pinter. Michalowitz, Irina und Emmerich Tálos, 2007: Österreichs Interessenspolitik auf neuen Pfaden - zwischen Austrokorporatismus und Lobbying. Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaften 36: S. 369-388. Michalowitz, Irina, 2007: Lobbying in der EU. Wien: Facultas. WUV. Michels, Robert, 1970: Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Stuttgart: Kröner. Mills, Charles Wright, 1956: The Power Elite. Oxford: Oxford University Press. Mills, Charles Wright, 1963a: Kritik der soziologischen Denkweise. Berlin: Luchterhand. Mills, Charles Wright, 1963b: Two Styles of Social Science Research. S. 553-567 in: Horowitz, Irving Louis (Hg.), Power Politics and People. New York, NY: Oxford University Press. Minbashian, Amirali, Robert E. Wood und Nadin Beckmann, 2010: Task-Contingent Conscientiousness as a Unit of Personality at Work. Journal of Applied Psychology 95: S. 793- 806. Mintz, Beth und Michael Schwartz, 1983: Financial Interest Groups and Interlocking Directorates. Social Science History 7: S. 183-204. Mizruchi, Mark S., 1992: The Structure of Corporate Political Action: Interfirm Relations and Their Consequences. Cambridge, Mass: Harvard University Press. Mizruchi, Mark S., 1996: What Do Interlocks Do? An Analysis, Critique, and Assessment of Research on Interlocking Directorates. Annual Review of Sociology 22: S. 271-298. 294

Literatur

Mizruchi, Mark S. und Christopher Marquis, 2006: Interlocking Directorates. S. 375-377 in: Beckert, Jens und Milan Zafirovski (Hg.), International Encyclopedia of Economic Sociology. London: Routledge. Moebius, Stephan, 2006: Pierre Bourdieu: Zur Kritik der symbolischen Gewalt. S. 51-66 in: Moebius, Stephan und Dirk Quadflieg (Hg.), Kultur. Theorien der Gegenwart. Wiesbaden: VS- Verlag für Sozialwissenschaften. Moerland, Pieter W., 1995: Corporate Ownership and Control Structures: An International Comparison. Review of Industrial Organization 10: S. 443-464. Moore, Harriett und Gerhard Kleinig, 1960: Das soziale Selbstbild der Gesellschaftsschichten in Deutschland. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 12: S. 86-119. Morawetz, Inge, 1985: Personelle Verflechtungen zwischen Großunternehmen und Banken in Österreich. Ergebnisse einer Netzwerkanalyse. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 10: S. 73-84. Mosca, Gaetano, 1950: Die herrschende Klasse. Grundlagen der politischen Wissenschaft. Salzburg: Verlag "Das Bergland-Buch". Müller, Wolfgang C., 1988: Privatising in a Corporatist Economy: The Politics of Privatisation in Austria. West European Politics 11: S. 101-116. Müller, Wolfgang C., 2006a: Party Patronage and Party Colonization of the State. S. 189-195 in: Katz, Richard S. und William Crotty (Hg.), Handbook of Party Politics. London: Sage. Müller, Wolfgang C., 2006b: Towards a Liberal Market Economy? Political Economy and Political Forces of Change in Austria. Conference on Austria as a Mirror for Small States in the European Union. Harvard University. Münch, Richard, 2003: Talcott Parsons (1902-1979). S. 24-50 in: Kaesler, Dirk (Hg.), Klassiker der Soziologie. Band 2. Von Talcott Parsons bis Pierre Bourdieu. München: Beck. Münch, Richard, 2004: Soziologische Theorie. Band 3: Gesellschaftstheorie. Frankfurt am Main: Campus. Münkler, Herfried, 2000: Werte, Status, Leistung. Über die Probleme der Sozialwissenschaften mit der Definition von Eliten. S. in: Michel, Karl Markus, Ingrid Karsunke und Tilman Spengler (Hg.), Kursbuch, Nr. 139. Die neuen Eliten. Berlin: Rowohlt. Münkler, Herfried, Grit Straßenberger und Matthias Bohlender (Hg.), 2006: Deutschlands Eliten im Wandel. Frankfurt am Main: Campus. Münkler, Herfried, Grit Straßenberger und Matthias Bohlender, 2006: Vorwort. S. 25-46 in: Münkler, Herfried, Grit Straßenberger und Matthias Bohlender (Hg.), Deutschlands Eliten im Wandel. Frankfurt am Main: Campus. Münkler, Herfried, 2006: Vom gesellschaftlichen Nutzen und Schaden der Eliten. S. 25-46 in: Münkler, Herfried,Grit Straßenberger und Matthias Bohlender (Hg.), Deutschlands Eliten im Wandel. Frankfurt am Main: Campus. 295

Literatur

Mützel, Sophie und Jan Fuhse, 2010: Zur relationalen Soziologie: Grundgedanken, Entwicklungslinien und transatlantische Brückenschläge. S. 7-35 in: Fuhse, Jan und Sophie Mützel (Hg.), Relationale Soziologie. Zur kulturellen Wende in der Netzwerkforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Naßmacher, Hiltrud, 2004: Politikwissenschaft. München/Wien: Oldenbourg. Nassehi, Armin , 2002: Die Organisationen der Gesellschaft. Skizze einer Organisationssoziologie in gesellschaftstheoretischer Absicht. S. 443-487 in: Allmendinger, Jutta und Thomas Hinz (Hg.), Organisationssoziologie. Sonderheft 42 der KZfSS. Opladen: Westdeutscher Verlag. Nassehi, Armin , 2004a: Die Theorie funktionaler Differenzierung im Horizont ihrer Kritik. Zeitschrift für Soziologie 33: S. 98-118. Nassehi, Armin , 2004b: Eliten als Differenzierungsparasiten. S. 25-42 in: Hitzler, Ronald, Stefan Hornbostel und Cornelia Mohr (Hg.), Elitenmacht. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Nassehi, Armin , 2006: Differenzierungseliten in der „Gesellschaft der Gegenwarten“. S. 255-274 in: Münkler, Herfried, Grit Straßenberger und Matthias Bohlender (Hg.), 2006: Deutschlands Eliten im Wandel. Frankfurt am Main: Campus Nassehi, Armin und Gerd Nollmann , 2004: Einleitung: Wozu ein Theorienvergleich? S. 7-22 in: Nassehi, Armin und Gerd Nollmann (Hg.), Bourdieu und Luhmann. Ein Theorievergleich. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Neckel, Sighard, 2010: Refeudalisierung der Ökonomie. Zum Strukturwandel kapitalistischer Wirtschaft. MPIfG Working Paper 10/6. Nee, Victor und Sonja Opper, 2007: On Politicized Capitalism. S. 93-127 in: Nee, Victor und Richard Swedberg (Hg.), On Capitalism. Princeton: Princeton University Press. Nee, Victor und Sonja Opper, 2010: Political Capital in a Market Economy. Social Forces 88: S. 2105-2133. Nienhüser, Werner , 2007: Elitenzirkulation und organisationaler Wandel. Ein Beitrag zu einer politischen Theorie der Organisation. S. 43-72 in: Lang, Rainhart und Annett Schmidt (Hg.), Individuum und Organisation: Neue Trends eines organisationswissenschaftlichen Forschungsfeldes. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. Nollert, Michael, 2005: Unternehmensverflechtungen in Westeuropa. Nationale und transnationale Netzwerke von Unternehmen, Aufsichtsräten und Managern. Münster: LIT Verlag. Nöstlinger, Elisabeth und Ulrike Schmitzer (Hg.), 2007: Bourdieus Erben. Gesellschaftliche Elitebildung in Deutschland und Österreich. Wien: Mandelbaum. Nowotny, Ewald, 1982: Natonalized Industries as an Instrument of Stabilisation Policy: The Case of Austria. Management International Review 29: S. 29-44. 296

Literatur

Oberrauter, Markus und Christina Wieser, 2009: Aufsichtsrat in der Krise - weiter wie bisher? Ergebnisse einer Befragung von ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat. AK Wien. Oberrauter, Markus und Christina Wieser, 2010: Vorstandsvergütung der ATX Konzerne. Eine Analyse. AK Wien. OeNB , 2004: The Austrian Financial Markets. A Survey of Austria´s Capital Markets. Wien. Offe, Claus , 1970: Leistungsprinzip und industrielle Arbeit. Mechanismen der Statusverteilung in Arbeitsorganisationen der industriellen "Leistungsgesellschaft". Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt. Offe, Claus, 1974: Structural Problems of the Capitalist State. Class Rule and the Political System. On the Selectiveness of Political Institutions. S. 31-54 in: Beyme, Klaus Von (Hg.), German Political Studies. London: Sage. ÖGPP, 2004: Armuts- und Reichtumsbericht der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung. Wien. Olscher, Werner, 1971: Alles Recht geht vom Volk aus. S. 71-90 in: Siegert, Heinz (Hg.), Adel in Österreich. Wien: Kremayr & Scheriau. Ortega Y Gasset, José, 1957: Aufstand der Massen. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt. Padgett, John F. und Christopher K. Ansell, 1993: Robust Action and the Rise of the Medici, 1400- 1434. American Journal of Sociology 98: S. 1259-1319.

Pape, Simone, Jörg Rössel und Heike Solga, 2008: Die visuelle Wahrnehmbarkeit sozialer Ungleichheit - Eine alternative Methode zur Untersuchung der Entkoppelungsthese. Zeitschrift für Soziologie 37: S. 25-41. Pareto, Vilfredo, 1955: Allgemeine Soziologie. Tübingen: Mohr. Paris, Rainer, 2003: Autorität - Führung - Elite. Eine Abgrenzung. S. 55-72 in: Hradil, Stefan und Peter Imbusch (Hg.), Oberschichten - Eliten - herrschende Klassen. Opladen: Leske + Budrich. Parris, Henry, Pierre Pestieau und Peter Saynor, 1987: Public Enterprise in Western Europe. London: Croom Helm. Parsons, Talcott, 1959: General Theory in Sociology. S. 3-38 in: Merton, Robert K., Leonard Broom und Leonard S. Cottrell Jr. (Hg.), Sociology Today. Problems and Prospects. New York: Basic Books. Parsons, Talcott und Edward A. Shils, 1951: Towards a General Theory of Action. Harvard: Harvard University Press. Pelinka, Anton und Sieglinde Rosenberger, 2000: Österreichische Politik. Grundlagen - Strukturen - Trends. Wien: WUV.

297

Literatur

Petzke, Martin , 2009: Hat Bourdieu wirklich so wenig ‘”Klasse”? Replik auf André Kieserlings Aufsatz „Felder und Klassen“: Pierre Bourdieus Theorie der modernen Gesellschaft“. Zeitschrift für Soziologie 38: S. 514-520. Pfeffer, Jeffrey und Gerald R. Salancik, 1978: The External Control of Organizations. A Resource Dependence Perspective. New York, NY: Harper & Row. Pierson, Paul, 2000: Increasing Returns, Path Dependence, and the Study of Politics. American Political Science Review 94: S. 251-267. Plasser, Fritz, 1999: Von "Parteisoldaten" zu Online-Parteisympathisanten. Eine Zeitreise durch Österreichs Parteiengeschichte. S. 27-35 in: Gärtner, Reinhold (Hg.), Blitzlichter: Österreich am Endes des Jahrhunderts. Innsbruck/Wien: Studienverlag. Plattner, Michael, 2010: Mobile Eliten in der Internationalisierung multinationaler Unternehnmensnetzwerke. Die Rolle hybriden sozialen Kapitals bei der Überbrückung kultureller Distanz. S. 221-246 in: Gamper, Markus und Linda Reschke (Hg.), Knoten und Kanten. Soziale Netzwerkanalyse in der Wirtschafts- und Migrationsforschung. Bielefeld: Transcript. Pohlmann, Markus, 2009: Globale ökonomische Eliten? Eine Globalisierungsthese auf dem Prüfstand der Empirie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 61: S. 513-534. Powell, Walter W., 1996: Weder Markt noch Hierarchie: Netzwerkartige Organisationsformen. S. 213-271 in: Schneider, Volker und Patrick Kenis (Hg.), Organisation und Netzwerk. Institutionelle Steuerung in Wirtschaft und Politik. Frankfurt am Main: Campus. Prisching, Manfred, 1996: Die Sozialpartnerschaft. Modell der Vergangenheit oder Modell für Europa? Wien: Manz. Prohl, Robert und Eike Emrich, 2009: Eliteschulen des Sports als Bildungsorganisationen einer Zivilgesellschaft. Sportwissenschaft 3: S. 197-209. Raiffeisenverband, Österreichischer (Hg.), 1986: Raiffeisen und sein Werk in Österreich. Wien. Rebenstorf, Hilke, 2010: Wieder gelesen: Zur ungebrochenen Aktualität Moscas und Paretos in der Elite-Diskussion. ISInova. Beiträge zur Sozialinnovation 6: S. 13-24. Reiter, Ilse, 2007: JuristInnenausbildung an der Wiener Universität. Ein historischer Überblick. Unveröff. Manuskript. Wien. Reese-Schäfer, Walter , 2005: Niklas Luhmann zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag. Richardson, George B., 1972: The organization of industry. The Economic Journal 82: S. 883-896. Riesman, David, 1958: Die einsame Masse. Eine Untersuchung der Wandlungen des amerikanischen Charakters. Reinbek: Rowohlt. Rickel, Anette U. und Anderson R. Lynn, 1981: Name Ambiguity and Androgyny. Sex Roles 7: S. 1057-1066. Ritsert, Jürgen, 1998: Soziale Klassen. Münster: Westfälisches Dampfboot. Rössel, Jörg, 1999: Konflikttheorie und Interaktionsrituale. Randall Collins´ Mikrofundierung der Konflikttheorie. Zeitschrift für Soziologie 28: S. 23-43. 298

Literatur

Rössel, Jörg und Randall Collins, 2001: Conflict Theory and Interaction Rituals: The Microfoundations of Conflict Theory. S. 509-531 in: Turner, Jonathan H. (Hg.), Handbook of Sociological Theory. New York: Kluwer Academic/Plenum Publishers. Rössel, Jörg, 2002: Die Konflikttheorie der Theorie der Interaktionsrituale. S. 427-445 in: Bonacker, Thorsten (Hg.), Einführung in die Konflikttheorie. Opladen: Leske + Budrich. Rothböck, Sandra, Stefan Sacchi und Marlis Buchmann, 1999: Die Rekrutierung der politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Eliten in der Schweiz. Eine explorative Studie. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 25: S. 459-496.

Saint Martin, Monique de, 1991: Die Konstruktion der adeligen Identität. Berliner Journal für Soziologie 1: S. 527-539. Saint Martin, Monique de, 1993: Der Adel. Soziologie eines Standes. Konstanz: UVK. Sandgruber, Roman, 1978: Österreichische Agrarstatistik 1750-1918. Wien: Verlag für Geschichte und Politik. Sandgruber, Roman , 1995: Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Wien: Ueberreuter. Sandgruber, Roman, 2008: Der ökonomische und politische Niedergang eines Adelshauses in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. S. 85-100 in: Schausberger, Franz (Hg.), Geschichte und Identität. Wien: Böhlau. Savage, Mike und Karel Williams, 2008: Elites: Remembered by Capitalism but forgotten by Social Sciences. S. 1-24 in: Savage, Mike und Karel Williams (Hg.): Remembering Elites. Sociological Review Monograph. Oxford: Blackwell. Schauer, Martin, 2010: Zivilrechtliche Verantwortung des Aufsichtsrats. S. in: Kalss, Susanne und Peter Kunz (Hg.), Handbuch für den Aufsichtsrat. Wien: Facultas.WUV. Scheff, Thomas, 1990: Micro-Sociology: Discourse, Emotion and Social Structure. Chicago: Chicago University Press. Scheler, Max, 1976: Der Mensch im Weltalter des Ausgleichs. S. 145-170 in: Scheler, Max (Hg.), Gesammelte Werke 9. Bern: Francke. Schelsky, Helmut, 1965: Die Bedeutung des Schichtungsbegriffes für die Analyse der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft. S. 331-336 in: Schelsky, Helmut (Hg.), Auf der Suche nach Wirklichkeit. Düsseldorf: Diederichs. Scheuch, Erwin K., 1966: Führungsgruppen und Demokratie in Deutschland. Die neues Gesellschaft 13: S. 356-370. Schijf, Hubert, Jaap Dronkers und Jennifer Van Den Broeke-George, 2004: Recruitment of members of Dutch noble and high-bourgeois families to elite positions in the 20th century. Social Science Information 43: S. 435-475.

299

Literatur

Schimank, Uwe , 1998: Funktionale Differenzierung und soziale Ungleichheit: die zwei Gesellschaftstheorien und ihre konflikttheoretische Verknüpfung. S. 61-88 in: Giegel, Hans- Joachim (Hg.), Konflikt in modernen Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Schimank, Uwe , 2007: Theorien gesellschaftlicher Differenzierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Schimank, Uwe , 2009: Die Moderne – eine funktionale differenzierte kapitalistische Gesellschaft. Berliner Journal für Soziologie 3: 327-351. Schluchter, Wolfgang, 1963: Der Elitebegriff als soziologische Kategorie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 15: S. 233-253. Schmid, Martin, 2009: Personelle Verflechtungen zwischen Unternehmensverbänden und dem Deutschen Bundestag: Analyse eines bipartiten Netzwerkes. S. 325-352 in: Schneider, Volker, Frank Janning ,Philip Leifeld und Thomas Malang (Hg.), Politiknetzwerke. Modelle, Anwendungen und Visualisierungen. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften. Schmid, Michael, 2010: Theorien mittlerer Reichweite. Versuch einer Problemklärung. Berliner Journal für Soziologie 20: S. 383-400. Schmidt, Manfred G., 1995: Demokratietheorien. Opladen: Leske+Budrich. Schmitter, Philippe, 1979: Still the Century of Corporatism? S. 7-49 in: Schmitter, Philippe und Gerhard Lehmbruch (Hg.), Trends Towards Corporatist Intermediation. New York: Sage. Schmitter, Philippe und Wolfgang Streek, 1981: The Organization of Business Interests. Studying the Associative Action of Business in Advanced Industrial Societies. MPIfG Discussion Paper 99/1 Schmoll, Heike, 2008: Lob der Elite. Warum wir sie brauchen. München: Beck. Schneider, Gabriele, 1997: "Vorbilder" in Max Schelers wertfundiertem Elitekonzeptder. S. 180- 200 in: Pfafferott, Gerhard (Hg.), Vom Umsturz der Werte in der modernen Gesellschaft. II. Internationales Kolloquium der Max-Scheler-Gesellschaft. Bonn: Bouvier. Schneider, Friedrich, 2002: Privatisierung und Deregulierung in Österreich in den 90er Jahren: Einige Anmerkungen aus der Sicht der Neuen Politischen Ökonomie. S. 89-121 in: Berg, Hartmut (Hg.), Aktuelle wirtschaftspolitische Fragen. Berlin: Duncker & Humblot. Schnyder, Gerhard, Martin Lüpold, André Mach und Thomas David, 2005: The Rise and Decline of the Swiss Company Network During the 20th Century. Travaux de Science Politique no. 22, University of Lausanne. Schulze, Gerhard, 2000: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt am Main: Campus. Schwingel, Markus, 1995: Pierre Bourdieu zur Einführung. Hamburg: Junius. Schwinn, Thomas, 1998: Soziale Ungleichheit und funktionale Differenzierung. Wiederaufnahme einer Diskussion. Zeitschrift für Soziologie 27: S. 3-17.

300

Literatur

Schwinn, Thomas, 2008: Zur Analyse multidimensionaler Ungleichheitsverhältnisse. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 33: S. 20-42. Scott, John 1985: Theoretical Framework and Research Design. S. 1-19 in: Stokman, Frans N.,Rolf Ziegler und John Scott (Hg.), Network of Corporate Power. A Comparative Analysis of Ten Countries. Cambridge: Polity Press Scott, John, 2000: Social Network Analysis: A Handbook. London: Sage. Seeker, Wilhelmina P., 1995: Political-Administrative Elites in the Netherlands: Profiles and Perceptions. Historical Social Research 20: S. 61-86. Seidl, Johannes, 2003: Quellenmaterialien zur biographischen Erforschung von Geowissenschaftern des 19. und 20. Jahrhunderts aus den Beständen des Archivs der Universität Wien. 4. Symposium zur Geschichte der Erdwissenschaften in Österreich. Sickinger, Hubert, 2002: Überlegungen zur Reform der österreichischen Parteienfinanzierung. Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaften 1: S. 73-90. Siegert, Heinz, 1971: Adel in Österreich. Wien: Kremayr & Scheriau. Simmel, Georg, 1908: Die Kreuzung sozialer Kreise. S. 305-344 in: Simmel, Georg (Hg.), Soziologie. Berlin: Duncker & Humblot. Sklair, Leslie, 1995: Sociology of the Global System. London: Prentice-Hall. Sklair, Leslie, 2008: Die transnationale kapitalistische Klasse. S. 213-240 in: Berger, Peter A. und Anja Weiss (Hg.), Transnationalisierung sozialer Ungleichheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Smith-Doerr, Laurel und Walter W. Powell, 2005: Networks and Economic Life. S. 379-403 in: Smelser, Neil J. und Richard Swedberg (Hg.), The Handbook of Economic Sociology. Princeton: Princeton University Press. Sorge, Arndt, 1999: Mitbestimmung, Arbeitsorganisation und Technikanwendung. S. 17-134 in: Streek, Wolfgang und Norbert Kluge (Hg.), Mitbestimmung in Deutschland: Tradition und Effizienz. Frankfurt am Main: Campus. Soskice, David, 1999: Divergent Production Regimes: Coordinated and Uncoordinated Market Economies in the 1980s and 1990s. S. 101-134 in: Kitschelt, Herbert,Peter Lange,Gary Marks und John D. Stephens (Hg.), Continuity and Change in Contemporary Capitalism. Cambridge: Cambridge University Press. Spier, Tim und Ulrich von Alemann, 2008: Parteimitglieder nach dem "Ende der Mitgliederpartei". Ein Überblick über Forschungsergebnisse für Westeuropa seit 1990. Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1: S. 29-44. Stammer, Otto, 1965: Zum Elitenbegriff in der Demokratieforschung. S. 169-182 in: Stammer, Otto (Hg.), Politische Soziologie und Demokratieforschung. Ausgewählte Reden und Aufsätze zur Soziologie und Politik. Berlin: Duncker & Humblot.

301

Literatur

Stanworth, Philip und Anthony Giddens, 1974: Elites and Power in British Society. Cambridge: Cambridge University Press. Stark, David und Balazs Vedres, 2009: Political holes in the economy: Partisanship and Partnerships in Hungary. Conference 1989: Twenty years after. University of California, Irvine, Center for the Study of Democracy. Stekl, Hannes , 2000: Zwischen Machtverlust und Selbstbehauptung. Österreichs Hocharistokratie vom 18. bis ins 20. Jahrhundert. Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 13, 144-165. Stekl, Hannes, 2004: Adel und Bürgertum in der Habsburgermonarchie, 18. bis 20. Jahrhundert. Wien: Verlag für Geschichte und Politik. Stichweh, Rudolf , 1997: Inklusion/Exklusion, funktionale Differenzierung und die Theorie der Weltgesellschaft. Soziale Systeme 3, 123–136. Stichweh, Rudolf , 2004: Inklusion und Exklusion: Studien zur Gesellschaftstheorie. Bielefeld: Transcript. Stichweh, Rudolf , 2009: Leitgesichtspunkte einer Soziologie der Inklusion und Exklusion. S. 29- 44 in: Stichweh, Rudolf und Paul Windolf (Hg.), Inklusion und Exklusion. Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Stimmer, Gernot, 1997: Eliten in Österreich: 1848 - 1970. Wien: Böhlau. Stinchcombe, Arthur L., 1990: Review: Weak Structural Data. Contemporary Sociology 19: S. 380-382. Stokman, Frans N., Rolf Ziegler und John Scott, 1985: Network of Corporate Power. A Comparative Analysis of Ten Countries. Cambridge: Polity Press. Stokman, Frans N., Jelle Van Der Knoop und Frans W. Wasseur, 1988: Interlocks in the Netherlands: Stability and Careers in the Period 1960-1980. Social Networks 10: S. 183-208. Streeck, Wolfgang , 2005: Nach dem Korporatismus: Neue Eliten, neue Konflikte. Köln, Max- Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, MPIfG Working Paper 05/4. Köln. Streeck, Wolfgang und Kathleen Thelen, 2005: Introduction: Institutional Change in Advanced Political Economies. S. 1-39 in: Streeck, Wolfgang und Kathleen Thelen (Hg.), Beyond Continuity. Institutional Change in Advanced Political Economies. New York: Oxford University Press. Streek, Wolfgang, 2009: Re-Forming Capitalism: Institutional Change in the German Political Economy. Oxford: Oxford University Press.

Talós, Emmerich, 1997: Sozialpartnerschaft. Kooperation - Konzertierung - politische Regulierung. S. 432-452 in: Dachs, Herbert,Peter Gerlich,Herbert Gottweis,Franz Horner,Helmut Kramer,Volkmar Lauber,Wolfgang C. Müller und Emmerich Talós (Hg.), Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik. Wien: Manz.

302

Literatur

Tálos, Emmerich, 2004: Streiks, Arbeitskampf und Sozialpartnerschaft - die andere Wende. S. 353-367 in: Häupl, Michael und Gerd Millmann (Hg.), Wiener Jahrbuch für Politik 2003/2004. Wien: Echo-Verlag. Tálos, Emmerich und Christian Stromberger, 2005: Zäsuren in der österreichischen Verhandlungsdemokratie. S. 79-108 in: Karlhofer, Ferdinand und Emmerich Tálos (Hg.), Sozialpartnerschaft. Österreichische und europäische Perspektiven. Wien: LIT. Talós, Emmerich, 2006: Sozialpartnerschaft. Austrokorporatismus am Ende? S. 425-442 in: Dachs, Herbert,Peter Gerlich,Herbert Gottweis und Et Al. (Hg.), Politik in Österreich. Das Handbuch. Wien: Manz. Tálos, Emmerich, 2008: Sozialpartnerschaft. Ein zentraler politischer Gestaltungsfaktor in der Zweiten Republik. Innsbruck/Wien: Studienverlag. Thelen, Kathleen, 2003: How Institutions Evolve: Insight from Comparative-Historical Analysis. S. 208-240 in: Mahoney, James und Dietrich Rueschmeyer (Hg.), Comparative Historical Analysis in Social Sciences. Cambridge: Cambridge University Press. Trappmann, Mark, Hans J. Hummell und Wolfgang Sodeur, 2005: Strukturanalyse sozialer Netzwerke: Konzepte, Modelle, Methoden. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Traxler, Franz, 2007: Austria. S. 39-63 in: Traxler, Franz und Gerhard Huemer (Hg.), Handbook of Business Interest Associations, Firm size and Governance: A Comparative Analytical Approach. London, New York: Routledge. Tuccari, Francesco, 1993: Der politische Führer und der charismatische Heros. Charisma und Demokratie im politischen und soziologischen Werk von Max Weber und Robert Michels. Anali di Sociologia - Soziologisches Jahrbuch 9: S. 100-125. Turnheim, Georg, 2009: Die verstaatlichte Unternehmen zwischen 1945 und 1955. S. 29-50 in: Turnheim, Georg (Hg.), Österreichs Verstaatlichte. Die Rolle des Staates bei der Entwicklung der österreichischen Industrie von 1918 bis 2008. Wien: Manz.

Unger, Martin, Stefan Angel, Lukas Dünser und Regina Gottwald, 2009: Studierende im Doktorat. Soziale Situation von Doktoratsstudierenden 2009. Studie im Auftrag des BMWF. Useem, Michael, 1984: The Inner Circle: Large Corporations and the Rise of Business Political Activity in the U.S. and U.K. New York, NY: Oxford University Press.

Van der Bellen, Alexander, 1977: Öffentliche Unternehmen zwischen Markt und Staat. Köln: Kiepenheuer & Witsch. Veblen, Thorstein, 1989: Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung der Institutionen. Frankfurt am Main: Fischer. Vester, Michael, 1964: Die politische Soziologie von C. Wright Mills. Johann Wolfgang Goethe- Universität. Frankfurt am Main. 303

Literatur

Vitols, Sigurt, 2001: Varieties of Corporate Governance: Comparing Germany and the UK. S. 338- 360 in: Hall, Peter A. und David Soskice (Hg.), Varieties of Capitalism. New York: Oxford University Press. Vitols, Sigurt , 2004: Neogotiated Shareholder Value: The German Variant of an Anglo-American Practice. Competition and Change 8: 357-374.

Walterskirchen, Gudula, 1999: Adel in Österreich im 20. Jahrhundert. Privates und öffentliches Leben, Berufswahl, wirtschaftliche Aktivitäten und politische Rolle. Wien. Walterskirchen, Gudula, 2007: Adel in Österreich heute. Der verborgene Stand. Wien: Amalthea. Walterskirchen, Gudula, 2010: Armut und Reichtum im österreichischen Adel im 20. Jahrhundert. S. 193-214 in: Bruckmüller, Ernst (Hg.), Armut und Reichtum in der Geschichte Österreichs. Wien: Böhlau. Wasner, Barbara, 2004: Eliten in Europa. Einführung in Theorien, Konzepte und Befunde. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaft. Wasserman, Stanley und Katherine Faust, 1994: Social Network Analysis: Methods and Applications. Cambrdige. Cambridge University Press. Wasson, Ellis, 2006: Aristocracy in the Modern World. Basingstoke, NY: Palgrave Macmillan. Weber, Max, 1956: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Tübingen: Mohr. Weber, Fritz, 1994: Austrian Nationalized Industry (1946-1976). S. 242-253 in: Matis, Herbert (Hg.), The Economic Development of Austria since 1870. Aldershot: Edgar. Weiss, Hans, 2010: Schwarzbuch Landwirtschaft. Die Machenschaften der Agrarpolitik. Wien: Deuticke. Wenzel, Harald, 2000: Obertanen. Zur soziologischen Bedeutung von Prominenz. Leviathan 28: S. 452-476. Wessely, Kurt, 1971: Vom Burgherrn zum Manager. S. 285-298 in: Siegert, Heinz (Hg.), Adel in Österreich. Wien: Kremayr & Scheriau. White, Harrison C., 1992: Identity and Control. A Structural Theory of Social Action. Princeton, NJ: Princeton University Press. Whitley, Richard (Hg.), 1992: European Business Systems. London: Sage. Wibaut, Frans M., 1903: Trusts en Kartellen. Amsterdam: A. B. Soep. Williamson, Oliver E., 1975: Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications. New York, NY: Free Press. Windolf, Paul und Jürgen Beyer, 1995: Kooperativer Kapitalismus. Unternehmensverflechtungen im internationalen Vergleich. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 17: S. 1-36. Windolf, Paul, 1997: Eigentum und Herrschaft. Elite-Netzwerke in Deutschland und Großbritannien. Leviathan 25: S. 76-106. 304

Literatur

Windolf, Paul, 2002a: Corporate Networks in Europe and the United States. Oxford: Oxford University Press. Windolf, Paul, 2002b: Die Zukunft des Rheinischen Kapitalismus. S. 414-442 in: Allmendinger, Jutta und Thomas Hinz (Hg.), Organisationssoziologie (KZfSS, Sonderheft 42). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag. Windolf, Paul, 2003: Sind Manager Unternehmer? Deutsche und britische Manager im Vergleich. S. 299-336 in: Hradil, Stefan und Peter Imbusch (Hg.), Oberschichten - Eliten - Herrschende Klassen. Opladen: Leske & Budrich. Windolf, Paul, 2006: Unternehmensverflechtung im organisierten Kapitalismus: Deutschland und USA im Vergleich 1896-1938. Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 51: S. 191-222. Windolf, Paul, 2009: Coordination and Control in Corporate Networks: United States and Germany in Comparison, 1896-1938. European Sociological Review 25: S. 443-457. Winter, Ingelore M., 1981: Der Adel. Ein deutsches Gruppenportrait. Wien: Molden.

Young, Michael D., 1996: The Rise of the Meritocracy. New Brunswick, NJ: Transaction Publishers.

Zapf, Wolfgang, 1965: Wandlungen der deutschen Elite. Ein Zirkulationsmodell deutscher Führungsgruppen 1919-1961. München: Piper. Ziegler, Dieter, 2000: Großbürger und Unternehmer: Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. Ziegler, Rolf, 1984: Das Netz der Personen- und Kapitalverflechtungen deutscher und österreichischer Wirtschaftsunternehmen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 36: S. 557-584. Ziegler, Rolf, Donald Bender und Hermann Biehler, 1985: Austria Incorporated. S. 73-90 in: Stokman, Frans N., Rolf Ziegler und John Scott (Hg.), Network of Corporate Power. A Comparative Analysis of Ten Countries. Cambridge: Polity Press. Ziegler, Rolf, 1987: Besitzverhältnisse, Parteipräferenz und Personenverbindungen in der österreichischen Wirtschaft. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 12: S. 81-92.

Presseartikel

Cicero, Magazin für politische Kultur, 2006/5: DeutschLand der Milliardäre. Der Standard , 27.08.2003: Pühringer lebt gut mit Voest-Verkauf. Der Standard , 21.07.2007: „Distinktion ist ganz zentral“ (Interview mit Michael Hartmann). Der Standard , 29.03.2008:„Jetzt ist die Creditanstalt in den ewigen Schlaf gesunken“: Ex-Banker blicken zurück. 305

Literatur

Der Standard , 20.11.2008: „Politische Elite hat sich von Bevölkerung sehr stark entfernt“ (Interview mit Michael Hartmann). Der Standard , 27.11.2008: Land Oberösterreich haftet für Lenzing-Deal. Der Standard , 09.10.2009: „GesetzlicherRahmen für Boni wäre das Beste“. Der Standard , 15.6.2010: Gut vernetzt und emotional geladen. Der Standard , 16.7.2010: Karl-Heinz Strauss wird Porr-Chef. Der Standard , 28.07.2010: Privatisierungen in der Schüssel-Grasser-Ära. Der Standard , 12.11.2010: „Ganz normales Lobbying” für die Telekom. Der Standard , 18.02.2011: „Ich bin ein Produkt des Proporzes“ (Interview mit Claus J. Raidl). Der Standard, 27.04.2011 : Ex-Finanzminister Pröll klopft bei Raiffeisen an. Der Standard , 14.05.2011: Treichl: „Unsere Politiker sind zu blöd und zu feig“ Der Standard , 25.10.2011: Gemeinsam unter dem Rewe-Bogen. Die Furche , 21.09.2006: „Das führt zu sozialer Selektion“ (Interview mit Michael Hartmann). Die Presse , 14.04.2001: Ein Wiener in Amerika erfand die Netzwerkanalyse. Die Presse , 29.03.2005: Personal - Wer wird Vorstand? Die Presse , 19.02.2007: Der Zug der Zeit und seine Passagiere. Die Presse , 02.11.2007: Die Edelleute von heute. Die Presse , 15.03.2007: Umfärbung im Verbund gescheitert. Die Presse , 08.03.2008: Als der Proporz abgeschafft wurde. Die Presse , 26.03.2008: Versicherungsehe für Osteuropa: Wr. Städtische kauft sVersicherung. Die Presse , 18.05.2008: AUA: Koalitionszwist und Privatisierung. Die Presse, 19.06.2008: Bartenstein für Verbund-Privatisierung. Die Presse , 07.06.2009: Adelsaufhebungs-Gesetz vor dem EuGH. Die Presse , 01.07.2008: Startschuss zur AUA-Privatisierung. Die Presse , 12.07.2009: Privatisierung: Heiße Debatten um „Schlussverkauf”. Die Presse , 03.09.2009: SPÖ will Managergehälter beschränken. Die Presse , 16.04.2010:„Aufsichtsräte in Österreich verdienen zu wenig“. Die Presse , 26.05.2010: ÖVP zieht Aufsichtsräte aus ÖBB ab. Die Presse , 18.06.2010: Siemens: Die Vernetzung von Politik und Wirtschaft. Die Presse, 04.02.2011: Aufsichtsräte: „Sind schlicht und einfach Lobbyisten“. Die Presse , 07.02.2011: ÖBB-Chef: „Habe Unternehmen zu führen und keine Partei“. Die Presse , 12.03.2011: Kontrollieren im Akkord. Die Presse , 19.03.2011: Mitunternehmer Aufsichtsrat. Die Zeit , 03.01.1986: Ein Skandal kommt selten allein. Die Zeit , 26.8.2010: Der grüne Riese. Economist, 2003: Don´t sell our family silver! Austrians are still reluctant free-marketeers. 4.9.2003. 306

Literatur

Fiesta , 2006/2: Adel verpflichtet. Format , 11.09.2003: Scharinger konkretisiert Voest-Pläne. Format , 14.4.2005: Treichls Rekordgage löst eine Debatte über Managergehälter aus. Format , 15.02.2008: „Eliten haben den Boden unter den Füßen verloren“ (Interview mit Michael Hartmann). Format , 03.04.2009: „Proporz zieht wieder in Aufsichtsrät ein“ (Interview mit Florian Kremslehner und Theresa Jordis). Format , 29.4.2009: „Verbales Paintball“ vs. „Giebelkreuzsekte“. Manager Magazin , 05.08.2004: Die 100 reichsten Österreicher. Neue Züricher Zeitung , 15.03.2011: Österreichs Corporate Governance mit Baustellen. News , 25.11.2004 : Wem gehört Österreich? Die 150 größten Grund- und Waldbesitzer des Landes. Profil , 29.3.1999: Sag zum Abschied leise servus. Profil , 05.11.2005: Aristokratie: Die Blaublutgruppe. Profil , 01.03.2010: RZB: Fusion mit der Ost-Tochter RI soll das Auslandsgeschäft retten. Spiegel , 12.04.1961: Österreichs Proporz? – Modell für Bonn?. Spiegel , 04.07.2003: Herr Stronach kauft sich Österreich. Spiegel , 02.08.2005: Titelverliebtes Österreich. Küss die Hand, Frau Magister. Trend , 27.06.2009: Wer Österreichs Wirtschaft lenkt. Trend , 26.07.2009: So Schlägt sich der Geldadel in der Krise: Die 100 reichsten Österreicher. Wirtschaftsblatt , 30.06.2009: Manager: Raiffeisen ist am mächtigsten. Wirtschaftsblatt , 11.03.2011: Susanne Kalss fordert mehr Unabhängigkeit der Aufsichtsräte.

307