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Bergische Originale

Von bis Hermann Friedrich Gräbe, von Johann Leopold Krawinkel bis Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio Teil 1

1 Liebe Leserinnen und Leser,

Originale sind unverwechselbar. Sie prägen für lange Zeit, meist auch nach ihrem Tod, das wirtschaftliche und kulturelle Leben in ihrer Region und häufig auch weit Herausgeber: darüber hinaus. Zweckverband Naturpark Moltkestraße 34 Nach einer gewissen Zeit geraten sie jedoch in Vergessenheit. Vielen ist nicht 51643 Gummersbach mehr bewusst, das bedeutende Erfindungen oder Aufführungen, soziale Errun- T: 02261 88-6909 genschaften oder Kunstwerke von Bergischen Menschen, von Bergischen Origi- I: www.naturparkbergischesland.de nalen, stammen. broschueren.naturparkbergischesland.de Wissen Sie noch, dass Johann Friedrich Vaillant, dessen Firmenzeichen, der Hase, in der ganzen Welt bekannt ist, seine Firma in gründete und von dort V.i.S.d.P.: seine Erfolgsstory antrat? Theo Boxberg (Geschäftsführung) Oder haben Sie schon einmal etwas von Emilio Walter gehört? Nein? Aber als Fußballbegeisterter sollten Sie wissen, dass eben jener Walter bereits 1924 das Redaktion: Trikot des berühmten FC Barcelona für 242 Pflichtspiele überstreifte und später Medienbüro Köln – Vanessa Dähn (S. 6, 10, 26), Armin Himmelrath (S. 8, 14, 18), dann als lebende Legende eine Trainerstation in Hückeswagen übernahm. Britta Mersch (S. 22, 24, 32), Eleonora Pauli (S. 12, 20, 30, 36, 38), Norman Schorl (S. 34), Katinka Unger (S. 16, 28) Lassen Sie sich von diesen und anderen Bergischen Originalen in beeindruckende Kapitel der Bergischen Geschichte entführen. Der Naturpark Bergisches Land, der sich auch für den Erhalt einer regionalen Identität einsetzt, lädt Sie hierzu herzlich Fotos: ein. Altenberger Dom-Verein (36), Bergische Zeitgeschichte e. V. (15), C. Damaso (6), Deutsches Röntgen-Museum (31), fussball-kultur.org (34, 35), H. Hammerschmidt- Der Naturpark plant, die Reihe fortzusetzen. Wenn Sie Kenntnisse über weitere Hummel (29), Landschaftsverband Rheinland (37), Pina Bausch Foundation (7), interessante Persönlichkeiten aus dem Bergischen haben, freuen wir uns über Ihre Pingsjong (38), AG-Konzernarchiv/Mannesmann-Archiv (26), Sammlung Nachricht. In einem zweiten Band werden wir vermehrt Persönlichkeiten aus der Himmelrath (S. 1, 18, 19, 25), -internet.de (27), stadtnetz-.de südlichen Region des Naturparks vorstellen. (14), von der Heydt-Museum Wuppertal (16), Wikimedia Commons (8, 9, 10, 21, 22, 25, 28, 30, 31, 36), Yad Vashem (12, 13), Vaillant Deutschland GmbH & Co. KG (33) Jobi Zweckverbandsvorsteher

Layout und Satz: Debüser und Bee, Werbeagentur P.S. Auf broschueren.naturparkbergischesland.de gibt es weiterführende Links www.dplusb.de zu Themen, die mit einem gekennzeichnet sind.

Druck: Druckerei Prinz in Wermelskirchen www.prinz-druck.de. Naturpark Bergisches Land

Bergische Inhalt Originale

6 8 10 12 Pina Bausch Friedrich Wilhelm und Hermann Friedrich Wilhelm Dörpfeld Gräbe

14 16 18 20 Fritz Hardt August von der Heydt Karl Krall Johann Leopold Krawinkel

22 24 26 28 Else Lasker-Schüler Carl Leverkus Reinhard und Max Teo Otto Mannesmann

30 32 34 36 Wilhelm Conrad Johann Vaillant Emilio Walter Julie Zanders und Roentgen Maria Zanders

Wuppertal: August von der Heydt, Friedrich Engels, Karl Wermelskirchen: Carl Leverkus, Friedrich Wilhelm und 38 Krall, Else Lasker-Schüler Wilhelm Dörpfeld Vinzenz Jakob von Solingen: Pina Bausch, Hermann Friedrich Gräbe Hückeswagen: Emilio Walter Zuccalmaglio Remscheid: Reinhard und Max Mannesmann, Teo Otto : Julie und Marie Zanders, Vinzenz Jakob Johann Vaillant, Wilhelm Conrad Röntgen von Zuccalmaglio 4 Radevormwald: Fritz Hardt Bergneustadt: Johann Leopold Krawinkel Wilhelm Conrad Röntgen Wilhelm Conrad Röntgen Pina Bausch

Was Menschen bewegt

Boden, Wände, Tische, Stühle – die Bühne Das Café Müller an der Focher Straße stets geleitet von ihrer Intuition. So stand Wuppertaler Bühnen als Leiterin der Bal- ist komplett schwarz. Darauf ein Liebes- in Solingen war eine Café-Konditorei in die Reihenfolge der Szenen bei der Gene- lettsparte – die auf ihren Wunsch hin in paar: Er steht steif und aufrecht, sie liegt unmittelbarer Nähe des Elternhauses von ralprobe manchmal noch nicht ganz fest: Tanztheater umbenannt wurde – avancierte schlaff und leblos auf seinen Armen, Pina Bausch. Ebenfalls an der Focher Stra- das Haus zur Weltbühne, die Stadt zur eine Hand in seinem Nacken, die andere ße führten ihre Eltern Anita und August „Meine Stücke wachsen nicht von vorne Tanzmetropole. Die Grenzen der Sprache berührt schon fast den Boden. Nur Sekun- Bausch eine Gastwirtschaft mit Hotelbe- nach hinten, sondern von innen nach überwand die Choreographin mit Tanz, denbruchteile währt dieses Bild, da fällt trieb. Deren drittes Kind Philippine „Pina“ außen.“ irritierte, verstörte, begeisterte – bewegte sie und kaum dass sie den Boden berührt, kam am 27. Juli 1940 zur Welt. Genau wie ihr Publikum bis zuletzt. Pina Bausch starb springt sie schon auf und wirft sich wieder ihre Geschwister half sie als Kind in der Wie Pina Bausch Poetisches und Alltäg- am 30. Juni 2009 im Alter von 68 Jahren, in seine Arme. Eng umschlungen stehen Hotelgaststätte mit. Ihre Beobachtungen liches in Verbindung brachte, wie sie zu fünf Tage, nachdem die Diagnose Krebs sie da, sie im dünnen, weißen Trägerkleid, und Erfahrungen dort beeinflussten ihre neuen tänzerischen Darstellungsformen gestellt worden war. ihre Haare lang, schwarz, zerwühlt. Stücke ebenso wie ihre frühen Erlebnisse fand und sie miteinander kombinierte, während des Zweiten Weltkrieges. war einzigartig und revolutionierte das Pina Bausch Da nähert sich ein Dritter dem Paar, löst Tanztheater weltweit. Seit 1973 an den ihre Arme von einander, bringt ihre Köpfe Angst, Tod, Liebe, Verlust, Sehnsucht und zunächst in Kussposition, legt ihre Hand Kampf sind Themen, die Pina Bausch in ih- wieder in den Nacken ihres Partners, rich- ren Stücken umsetzte. Kinderspiele fanden tet dessen Unterarme aus, legt sie ihm genauso Eingang darin wie Zärtlichkeit, die schließlich erneut auf die Arme. Wieder sich in Gewalt verwandelt und umgekehrt. fällt sie. „Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt“, Diese Szene wiederholt sich viele Male, ist ein vielzitierter Satz von Pina Bausch. gewinnt dabei mehr und mehr an Tempo, Oder „Tanzt, tanzt sonst sind wir verlo- zu hören nur das immer heftigere Atmen ren“. Bewegung, Tanz, aber auch Gesang, der Tänzer, sie, die sich aufstöhnend in Pantomime und gewohnte Gesten waren seine Arme wirft, ihr Körper, wie er auf den die Elemente, mit denen Pina Bausch ihre Boden prallt. Eine Szene aus Café Müller, collagenartigen Inszenierungen baute, erstmals aufgeführt 1978. 6 7 Sein Sohn Wilhelm Dörpfeld, geboren am 26. Dezember 1853 in -Bredde, besuchte zunächst das humanistische Gymnasium in und studierte Friedrich Wilhelm und anschließend an der Berliner Bauakademie Architektur. Dort entdeckte er schnell Wilhelm Dörpfeld sein Interesse für die Archäologie und für die Feldforschung. Mit gerade einmal „Vater und Sohn, 25 Jahren wurde Wilhelm Dörpfeld 1878 Pädagoge und Archäologe“ Er entwickelte die ersten Lehrpläne für technischer Leiter der Ausgrabungen in Schulen in Deutschland, erfand den Olympia. Sachunterricht in der Grundschule, führ- te Elternsprechzeiten ein und regte den Der bekannte Archäologe Heinrich Schlie- Erfahrungsaustausch unter Junglehrern an: mann hörte von den Leistungen des jun- Friedrich Wilhelm Dörpfeld, am 8. März gen Wuppertalers und engagierte ihn 1882 1824 in der Wermelskirchener Hofschaft für die Ausgrabung von Troja. Von 1886 Sellscheid geboren, revolutionierte im 19. bis 1912 war Wilhelm Dörpfeld Direktor Jahrhundert den Schulunterricht. Der Sohn des Deutschen Archäologischen Instituts eines Hammerschmieds sollte ursprüng- in Athen und entwickelte in dieser Zeit die lich in die beruflichen Fußstapfen seines Grundlagen des wissenschaftlichen Vaters treten – erwies sich dafür aber archäologischen Grabungswesens – also als zu schwach und ungeschickt, so dass der peniblen Dokumentation von Fundstü- seine Eltern schließlich der Ausbildung am cken und -stellen. Lehrerseminar in zustimmten. Immer wieder wechselte er zwischen Nach vier Jahren an einer privaten Kna- Schreibtisch und historischen Stätten: benschule kehrte Friedrich Wilhelm Dör- Dörpfeld grub in Tiryns, Pergamon und pfeld ins Bergische Land zurück – zunächst Athen, schrieb aber auch Bücher und an die Volksschule Heißt (bei Ronsdorf), unterrichtete an Universitäten. Und er dann 1849 an die Lutherische Pfarrschule gründete, gewissermaßen in der Tradition in Barmen, wo er zunächst Hauptlehrer seines Vaters, 1896 die Deutsche Schule und später Rektor wurde. Dabei beschäf- in Athen. Ab 1900 bemühte sich Dörpfeld, tigte den tiefgläubigen Pädagogen und das von Homer beschrieben Ithaka zu fin- sechsfachen Vater immer wieder die den – war damit jedoch bis zu seinem Tod Frage, wie der Unterricht und vor allem am 25. April 1940 im griechischen Nidri das Handeln der Lehrerinnen und Lehrer nicht erfolgreich. verbessert werden konnte. LVR Persönlichkeiten, Dörpfeld engagierte sich bei mehreren Friedrich Wilhelm Dörpfeld Publikationen und Vereinen, um diese Wilhelm Dörpfeld Frage zu diskutieren (unter anderem beim „Evangelischen Schulblatt“ und beim „Deutschen Evangelischen Schulverein“). 1880 trat er in den Ruhestand, 1893 starb er in Ronsdorf.

8 9 So beschreibt Friedrich Engels als 19-jähriger seine Heimat in dem Artikel „Briefe aus dem Wuppertal“ im März 1839. Im Folgenden schildert er das soziale Elend in seiner Geburtsstadt – Armut, Krankheiten, Trunksucht, mangelnde Bildung, Ausbeutung der Arbeiter und ihrer Kinder – und macht dafür vor allem die pietis- tische Lebenseinstellung der Fabrikanten verantwortlich: „Die reichen Fabrikanten Friedrich Engels aber haben ein weites Gewissen, und ein Kind mehr oder weniger verkommen zu lassen, bringt keine Pietistenseele in die Hölle, besonders wenn sie alle Sonntage Geboren an der zweimal in die Kirche geht. Denn das ist ausgemacht, daß unter den Fabrikanten roten die Pietisten am schlechtesten mit ihren Arbeitern umgehen, ihnen den Lohn auf alle mögliche Weise verringern, unter dem Vorwande, ihnen Gelegenheit zum Trinken zu nehmen, ja bei Predigerwahlen immer die ersten sind, die ihre Leute bestechen.“

Friedrich Engels wurde am 28. November 1820 in Barmen als Sohn des erfolg- reichen – und dem Pietismus nahestehenden – Baumwollfabrikanten Friedrich Engels geboren. Er wuchs in Barmen auf, besuchte dort zunächst die Städtische Schule, später das liberale Gymnasium zu Elberfeld. Eine Entscheidung, die Vater Engels bald bereut haben mag, denn hier lernte sein sprachbegabter Sohn humanistische Ideen kennen und geriet immer mehr in Opposition zu seinem Vater. Der drängte ihn 1837 schließlich dazu, das Gymnasium ein Jahr vor seinem Abitur zu verlassen, um als Handlungsgehilfe im Familienunternehmen in Barmen zu arbeiten. Schon im darauffolgenden Jahr zog er nach und setzte dort im Hause des Großhandelskaufmanns und sächsischen Konsuls Heinrich Leupold seine Ausbildung bis April 1841 fort.

„Der schmale Fluß ergießt bald rasch, bald sto- Später ging er nach Manchester, wo er in der Baumwollspinnerei Ermen & Engels, ckend seine purpurnen Wogen zwischen rauchi- die seinem Vater und dessen Partner gehörte, seine Ausbildung beendete. In gen Fabrikgebäuden und garnbedeckten Bleichen Manchester lernte er die irischen Arbeiterinnen Mary und Lizzie Burns kennen, hindurch; aber seine hochrote Farbe rührt nicht mit denen er ein Leben lang in Liebe verbunden war. Durch die beiden bekam er von einer blutigen Schlacht her, denn hier strei- Kontakt zur englischen Arbeiterbewegung und deren Kampfformen, was seine ten nur theologische Federn und wortreiche alte politische Haltung für immer veränderte. Gemeinsam mit entwickelte Weiber gewöhnlich um des Kaisers Bart; auch er in den kommenden Jahren eine kommunistische Gesellschafts- und Wirt- nicht von Scham über das Treiben der Menschen, schaftstheorie, den sogenannten Marxismus. Friedrich Engels starb im August obwohl dazu wahrlich Grund genug vorhanden ist, 1895 in London. sondern einzig und allein von den vielen Türkisch- rot-Färbereien.“ LVR- Industriemuseum Kraftwerk Ermen & Engels Friedrich Engels

11 Hermann Friedrich Gräbe

Der „Solinger Schindler“

Geboren wurde Hermann Friedrich „Fritz“ Gräbe am 19. Juni 1900 in Gräfrath. Bis zu Da er in Deutschland beruflich nicht mehr Fuß fassen konnte, emigrierte die seinem 31. Lebensjahr war der Solinger Bauingenieur politisch unauffällig. 1931 trat er Familie 1948 schließlich in die USA. Während Fritz Gräbe 1965 in Yad Vashem für in die NSDAP ein, verließ die Partei aber bald wieder. In den ersten Jahren des zwei- seine Rettungstaten im Zweiten Weltkrieg als „Gerechter unter den Völkern“ ge- ten Weltkriegs arbeitete Gräbe für die Solinger Baufirma Josef Jung in der deutsch ehrt wurde, beschuldigte man ihn zur selben Zeit in Deutschland des Meineides. besetzten Westukraine. Hier leitete er unter anderem die Wartung von Gleisanlagen für die Reichsbahn und war auch für die Disposition der Mitarbeiter verantwortlich. Der Anwalt des in Revision gegangenen Nazitäters Georg Marschall stellte Im Laufe des Krieges mussten bis zu 5.000 jüdische Zwangsarbeiter für das Solinger Gräbes Glaubwürdigkeit als Zeuge in den Nürnberger Prozessen in Frage. Einige Bauunternehmen arbeiten. Nachdem Gräbe 1942 die Massenerschießungen der jüdi- Medien übernahmen die falschen Beschuldigungen und prägten das Bild eines schen Bevölkerung in Rowno und Dubno miterleben musste, begann sein Widerstand. notorischen Lügners – eine regelrechte Rufmordkampagne, die zunächst Erfolg hatte. „Ich opponierte erst gegen das System, als ich das Unrecht und die Unmenschlich- keit mit eigenen Augen zu sehen bekam“, schrieb er später. Fritz Gräbe kehrte nie wieder nach Deutschland zurück und geriet in Vergessen- heit. Er starb am 17. April 1986 in San Francisco. Erst nach dem Welterfolg von Bis Kriegsende versorgte Gräbe Hunderte von Juden mit gefälschten Papieren und Spielbergs Film Schindlers Liste kam es in Deutschland zur Rehabilitation Gräbes. stellte sie als reguläre Mitarbeiter auf seinen Baustellen ein. Es gelang ihm außerdem, durch seine Kontakte zu leitenden SS-Offizieren, eine Art „Schutzbrief“ zu erwirken, Heute trägt das Gräfrather Jugendzentrum seinen Namen, während die Bestre- mit dessen Hilfe er seine jüdischen Beschäftigten vor dem bevorstehenden Pogrom bungen, eine Straße in Solingen nach Fritz Gräbe zu benennen, bislang unerfüllt im Ghetto von Rowno retten konnte. bleiben.

1944 floh Gräbe vor der Roten Armee und stellte sich den Westalliierten als Zeuge. Als Gräbes Aussagen in den Nürnberger Prozessen verlesen wurden, lag „ein Schwei- Yad Vashem, Fritz Gräbe gen des Horrors über dem Gerichtssaal“, berichten Zeitzeugen. Seine Aussagen LVR Persönlichkeiten, Fritz Gräbe trugen zu den harten Strafen für die NS-Täter bei – mit der Folge, dass Gräbe Mord- drohungen erhielt und gesellschaftlich ausgegrenzt wurde.

12 13 Fritz Hardt

Der „Vater Fritz Hardt verstärkte dieses Engagement der Unterstützung und Integration der von Dahlerau“ noch. Schließlich wusste er: Die Fabrik Flüchtlinge. Als ihm die Ehrenbürgerwürde alleine webt nicht und macht keine Tuche verliehen wurde, revanchierte sich Fritz – dafür braucht man gut gebildete und Hardt auf seine ganz eigene Weise: durch zufriedene Angestellte. Als „Vater von eine Spende an das örtliche Krankenhaus. Dahlerau“ verehrten ihn seine Mitarbeiter, Bis ins hohe Alter war der passionierte und zu seinem 76. Geburtstag wurde Fritz Jäger noch in seinem Unternehmen aktiv, Hard 1949 wegen seiner sozialen Haltung zog sich dann aber in sein Haus an der zum Radevormwalde Ehrenbürger ernannt. nahen Bevertalsperre zurück. Fritz Hardt verstarb am 7. Juli 1959 im Alter von 85 In den Jahren zuvor hatte er sein Engage- Jahren. Dass sich die Familie Hardt in der Tuch- ment ein weiteres Mal unter Beweis produktion engagierte, hatte in Radevorm- gestellt: In der Nachkriegszeit beteiligte wald Tradition. Seit 1815 betrieb sie hier, er sich am Bau von dringend benötigten Wülfing Museum im Tal der Wupper, Firmen für Beklei- Wohnungen, bei Brücken- und Straßen- Textilstadt Wülfing dungsstoffe und hochwertige Tuche. Die bauprojekten und in vielfältiger Form bei dafür benötigten Spinn- und Webmaschi- nen wurden zunächst durch Wasserkraft, später durch die große Dampfmaschine des Unternehmens angetrieben. Die Fabri- ken „Johann Wülfing & Sohn“ in Dahlerau und „Hardt, Pocorny & Co“ in Dahlhausen gehörten der Familie.

Als Fritz Hardt am 24. November 1873 ge- boren wurde, gab es also bereits eine fast 60-jährige Geschichte des erfolgreichen Familienbetriebs. Und es war kaum ver- wunderlich, dass Fritz nach einer umfang- auch das ihrer Belegschaft im Blick gehabt: reichen Ausbildung schon mit 25 Jahren Schon 1836 war, zusammen mit dem zum Teilhaber des Unternehmens wurde. ersten neu errichteten Produktionsge- bäude, der Grundstein für Arbeiterwohn- Nach dem Tod seines Vaters übernahm häuser gelegt worden, im Laufe der Jahre Fritz Hardt 1906 die Leitung der Tuchfabrik entstand in Dahlerau eine eigene kleine in Dahlhausen allein und setzte in den fol- Gemeinde. Bis heute ist in der Region von genden Jahren und Jahrzehnten nicht nur der „Textilstadt“ die Rede: Es gab Wohnun- die unternehmerische, sondern auch die gen und Geschäfte, einen eigenen Bahnhof soziale Tradition seiner Familie fort. Von und eine Poststelle, eine Kinderbetreuung Beginn an hatten die Fabrikbesitzer nicht für arbeitende Mütter und verschiedene nur ihr eigenes Wohlergehen, sondern Bildungs- und Freizeitangebote.

14 15 Es ist nur ein kleines Gedankenspiel, sich vorzustellen, was aus Wuppertal geworden wäre, hätte es August von der Heydt nicht gegeben. Gäbe es trotzdem August von der Heydt ein Theater? Einen Zoologischen Garten? Ein städtisches Kunstmuseum? Jedenfalls Wirkungsstätte war er es, der durch sein finanzielles, aber Wuppertal vor allem auch sein ideelles Engagement die Eröffnung dieser Kultureinrichtungen durchsetzte.

Noch heute schmücken Denkmäler, Brun- Auch zu den Wäldern im Bergischen Land nen und Plastiken Wuppertals Stadtbild, hatte August von der Heydt eine beson- die der Bankier August von der Heydt der dere Beziehung und erkannte früh, wie Stadt einst geschenkt hat. wichtig es für die Lebensqualität der Be- völkerung war, Wälder und Freiflächen zu Der großzügige Mäzen gehörte einer erhalten. Deshalb richtete er den Staats- einflussreichen und traditionsbewussten forst Burgholz ein und engagierte sich als Familie an. Aus ihr gingen etliche Politiker, Vorsitzender des Elberfelder Verschöne- Bankiers und Mäzene hervor, die sich seit rungsvereins für dieses Ziel. dem Ende des 16. Jahrhunderts um das Bergische Land und das Tal der Wupper Als versierter Kunstsammler, der er eben- verdient gemacht hatten. falls war, galt das Interesse des Bankiers nicht nur den alten Niederländern, mit- August von der Heydt kam 1851 in Elber- telalterlichen Plastiken und römischen feld zur Welt und war bereits der dritte Altertümern, er begeisterte sich auch für seiner Ahnenfolge, der diesen Namen die Moderne. Unter anderem erwarb er trug. Sein Großvater, August Freiherr von Werke von van Gogh, Gauguin und Cézan- der Heydt, war preußischer Handels- und ne sowie Bilder von Picasso, Kandinsky Finanzminister unter König Friedrich Wil- und Marc. helm IV. und übernahm nach dem frühen Tod seines gleichnamigen Sohnes die Auch expressionistische Künstler wie Vormundschaft für seinen Enkel August. Kirchner, Nolde und Oskar Kokoschka faszinierten ihn. Ein solch umfassendes In- Nach seiner Ausbildung am Bankhaus teresse an zeitgenössischer Kunst war zur „Delbrück, Leo und Cie“ in kehrte damaligen Zeit eine absolute Ausnahme. August III. in seine Geburtsstadt zurück Der Großteil der von-der-Heydt’schen und arbeitete ab 1874 im väterlichen Sammlerstücke wurde jedoch beim Bankhaus von der Heydt-Kersten & Söhne. Luftangriff auf Wuppertal im Juni 1944 Bereits vier Jahre später wurde er zum zerstört. Die erhalten gebliebenen Kunst- Teilhaber. 1880 heiratete er Selma Haar- werke übergab Sohn Eduard nach dem haus, mit der er zwei Söhne bekam: Au- Zweiten Weltkrieg dem Von der Heydt- gust und Eduard. Selma unterstützte ihren Museum der Stadt Wuppertal, wo sie bis Mann tatkräftig bei seinen sozialen und heute gezeigt werden. kulturellen Aufgaben. Von der Heydt Museum

16 17 Geboren worden war der engagierte Hobbyforscher als Carl August Krall am 09.04.1863 in Elberfeld. Krall erlernte den Beruf des Goldschmieds und übernahm bald das Juweliergeschäft seines Vaters. Und er verfolgte mit großem Interesse Berichte aus Berlin, nach denen ein dort lebender Lehrer namens Wilhelm von Osten seinem Pferd einfache Rechenoperationen beigebracht hatte. Das Tier, von den Medien schnell auf den Namen „Kluger Hans“ getauft, faszinierte Karl Krall.

Immer öfter reiste er nach Berlin, beteiligte sich an den Versuchen, fotografierte die Vorführungen - und erlebte, wie renommierte Wissenschaftler von Ostens Versuche als gut gemachte Zirkusnummern abtaten. Als von Osten 1909 verbit- tert starb, erbte Karl Krall den „Klugen Hans“ und nahm ihn mit an die Wupper. Er kaufte weitere Tiere dazu und baute eine regelrechte Pferdeschule auf, finan- ziert aus seinem Privatvermögen. Krall war von seinen Untersuchungen so über- zeugt, dass er die „Gesellschaft für experimentelle Tierpsychologie“ gründete und 1912 das Buch „Denkende Tiere“ veröffentlichte. Außerdem gab er die Zeitschrift „Tierseele“ heraus - doch sein Versuch, die Wissenschaft von der Denkfähigkeit der Tiere zu überzeugen, stieß vor allem auf Spott und Widerspruch. Zwar kamen immer wieder Besucher in den Versuchsstall, doch das öffentliche Echo war nie- derschmetternd. So höhnte etwa das „Hamburger Fremdenblatt“ über die Stadt mit der Schwebebahn: „Zumal hier in Elberfeld, wo die Straßenbahn nicht auf ebener Erde fährt, sondern aufgehängt ist, wo sie nicht auf, sondern unter den Schienen fährt, darf man sich nicht wundern, das ganz Seltsame und Ungewöhn- liche anzutreffen.“

Als seine Pferde 1916 dann auch noch vom Militär für die Schlachtfelder des Karl Krall Ersten Weltkriegs akquiriert wurden, gab Karl Krall seinen Versuchsstall auf und verkaufte auch sein Juweliergeschäft. Er zog nach München, experimentierte dort Der Pferdeflüsterer noch mit Hunden und geriet in Vergessenheit. 1929 starb er an den Folgen einer von Elberfeld Lungenentzündung.

von sprechenden Hunden und rechnenden Pferden

Können Pferde rechnen? Und vielleicht sogar mit Menschen kommunizieren? Ja, sagte Anfang des 20. Jahrhunderts der Wuppertaler Juwelier und Privatge- lehrte Karl Krall. Und er führte immer wieder vor, was er mit seinen Pferden Hans, Muhamed und Zarif, dem blinden Kaltblut Bert und etlichen anderen Tieren erar- beitet hatte: Addition und Subtraktion, Wurzelziehen und Rechenoperationen mit Klammern, dazu Fragen zur Orientierung im Raum und ein Wortschatz, der eine erstaunliche Verständigung erlaubte. Die Pferde antworteten mit Hufschlägen auf einem Klopfbrett oder mit Kopfbewegungen - ein regelrechtes Spektakel, das immer wieder Besucher anzog.

19 Johann Leopold Krawinkel

Begründer einer Tradition über Generationen

Johann Leopold Krawinkel war der Grün- von dem Verleger – der vorher Geld oder der der Textilfirma Leop. Krawinkel, die Rohstoffe „vorgelegt“ hatte – vertrieben mehr als zwei Jahrhunderte lang eine gro- wurden. Auf diese Weise konnten auch ße Bedeutung für die Menschen im Ober- die Krawinkels mit einem sehr kleinen bergischen hatte. Sie war bis in die 1960er Betrieb anfangen, den sie später durch die Jahre einer der wichtigsten Arbeitgeber Anschaffung weiterer Wirkstühle auswei- in der Region, baute Werkswohnungen, teten. Bald ließen sie in der Nachbarschaft verlegte im Aggertal Telefonleitungen und für sich produzieren und wurden schließ- eröffnete ein Mädchenheim. lich selbst erfolgreiche Verleger.

1780 kam Johann Leopold Krawinkel als Mit ihrer Arbeit legten Johann Leopold ältestes von acht Kindern in ärmlichen und Regine Krawinkel den Grundstein Verhältnissen in Bergneustadt zur Welt, für die erste Wirkfabrik im Aggertal und wo er früh gezwungen war, seine Eltern stießen gleichzeitig die Entwicklung der und Geschwister finanziell zu unterstüt- Wirkerei im Bergischen vom Nebenerwerb zen. In der hügligen Umgebung seiner zum Haupthandwerk an. Nach dem Tod Heimat brachte die Landwirtschaft nur Johann Leopold Krawinkels 1842 blieb das karge Erträge, weswegen Spinnen, Weben Unternehmen über sieben Generationen in und Wirken den Bauern schon lange als Familienbesitz. Mehrmals stellte die Firma Nebenerwerb gedient hatten. Als Johann aufgrund wechselnder Moden und ge- Leopold Krawinkel mit 26 Jahren heiratete, stiegener Konkurrenz ihre Produktion um: begannen er und seine Frau Regine gleich Was als Wirkerei begonnen hatte, wurde am Tag nach der Trauung mit der Arbeit später Strickerei, Spinnerei, Wollweberei. an einem Strumpfwirkstuhl. In der kleinen Es entstanden größere Werke in Berg- Küche des Krawinkel Hauses wurden neustadt und Vollmerhausen. Später spe- zwischen Ofen und Anrichte Strümpfe, zialisierte sich die Firma auf Automobile Zipfelmützen und Unterjacken gewirkt. und Kunststoffe. 1980 zog sich das Unter- nehmen endgültig aus der Textilbranche Die Arbeit der Wirker im Oberbergischen zurück, heute produziert es elektronische war damals in einem Verlagssystem Preisanzeigen, betreibt Forstwirtschaft und organisiert: In Heimarbeit fertigten die vertreibt Immobilien und Automobile. Kleinbauern Textilprodukte an, die dann

20 21 „Die größte Lyrikerin, die Deutschland je Die zweite schmerzvolle Erfahrung machte hatte“ – so nannte der Dichter und Medi- sie im Jahr 1890, mit 21, als ihre Mutter ziner Gottfried Benn die Elberfelderin Else Jeanette an Krebs starb. In dieser Zeit Lasker-Schüler. 1912 hatten sich die beiden verfasste Else Lasker-Schüler eines ihrer kennengelernt und wurden ein Paar. Da ersten Gedichte: war er 26 Jahre alt, sie 43. Der Dichter beschreibt sie als extravagante Frau. Nie Ich fühle mein nacktes Leben, habe man mit ihr über die Straße gehen Es stößt sich ab vom Mutterland, können, ohne dass ihr alle Welt nachge- So nackt war nie mein Leben, sehen hätte, schon alleine wegen ihres So in die Zeit gegeben. auffälligen Schmucks. Von „Dienstmäd- chenringen“ sprach Gottfried Benn. Else Lasker-Schüler wurde für ihre Texte bewundert und verehrt, von Friedrich Zu dieser Zeit waren bereits zwei Ehen Nietzsche, Paul Zech, Peter Hille. Doch von Else Lasker-Schüler gescheitert. Der nicht überall kam sie gut an. Bei der ersten Komponist und Verleger Herwarth Walden Lesung in ihrer Geburtsstadt 1912 verlie- hatte sie wegen einer anderen Frau ver- ßen die Zuschauer den Saal. Sie war wü- lassen. Von ihrem ersten Mann Berthold tend und enttäuscht und schrieb: Lasker, den sie 1893 auf der Hochzeitsfeier ihrer Schwester Anna kennengelernt hat- „Ich habe in den Hauptstädten der Welt te, wurde sie 1903 geschieden. Mit dem solch einen Beifall geerntet, dass ich Arzt war sie nach Berlin gegangen, wo diese Katastrophe wie eine Groteske Zeitschriften ihre Gedichte druckten und betrachten würde, hätte sie sich nicht in sie ihr erstes Buch herausbrachte, „Styx“. meiner Heimat begeben, die ich in mei- Es folgten Romane und Theaterstücke wie ner Erinnerung verherrliche.“ „Die Wupper“. Else Lasker-Schüler sollte noch viele lite- Sie spielte mit Realität und Phantasie, rarische Erfolge haben, 1932 bekam sie Else Lasker-Schüler nannte sich „Prinz von Theben“, „Tino von den Kleist-Preis. Doch auch viele Schick- Bagdad“ oder „Jussuf“ und gab als ihre salsschläge begleiteten ihren Weg. Ihr Der Kunst Geburtsjahre 1876 oder 1891 an. Dabei Sohn Paul starb im Alter von 28 Jahren an verschrieben wurde sie am 11. Januar 1869 im Tal der Tuberkulose. 1933 floh sie vor den Natio- Wupper geboren, als jüngstes von sechs nalsozialisten in die Schweiz, später ging Kindern einer gutbürgerlichen, jüdischen sie nach . Dort starb Else Lasker- Familie. Zu ihrer Schwester Anna hatte Schüler am 22. Januar 1945 und wurde auf sie ein enges Verhältnis, auch zu ihrem dem Ölberg beerdigt. Bruder Paul. Der starb an Tuberkulose, als Else Lasker-Schüler 13 Jahre alt war. Zum Else Lasker-Schüler Gesellschaft ersten Mal in ihrem Leben war sie tief ge- troffen und suchte nach einem Weg, ihre Trauer auszudrücken. 22 23 Carl Leverkus

Meister der Farben

Wenn zwei sich streiten, freut sich der expandieren. Dafür verlegte er seine Fabrik in Burg an der Wupper und ein Studium an Dritte – das dürfte sich Carl Leverkus von Wermelskirchen nach Wiesdorf am der Universität , wo er Vorlesun- aus Wermelskirchen gedacht haben, als Rhein – das Gelände lag am Wasser und gen in Pharmazie, Mineralogie und Mathe- er 1826 in Paris den Streit zwischen den hatte einen Bahnanschluss. 1862 nahm matik besuchte. Chemikern Christian Gottlob Gmelin und die „Rheinische Ultramarin-Fabrik von Jean-Baptiste Guimet mitbekam. In Frank- Dr. C. Leverkus, bei Coeln a/ 1829 machte Carl Leverkus an der Uni- reich war ein Preis ausgeschrieben worden Rhein“ den Betrieb auf, genannt die „Bläu“. versität zu Berlin das Apotheker-Examen für den Wissenschaftler, der es schaffte, Weil es Wohnungen für Arbeiter gab, eine und wollte in Wermelskirchen eine eigene Ultramarin künstlich herzustellen - ein Privatschule und eine Werksfeuerwehr, Apotheke eröffnen, doch er bekam keine Farbstoff, der bislang nur aus dem Stein sprach man bald vom „Staate Leverku- Konzession. Außerdem schrieb er eine Lapislazuli gewonnen werden konnte. sen“. Weitere Expansionen folgten. Neben zehnseitige Promotion an der Universität Ultramarin produzierte Carl Leverkus den Gießen über das Silber. In der fand sein Gmelin und Guimet hatten das beide neuen Farbstoff Alizarin – und die Umsät- Prüfer Justus Liebig zwar nicht viel Neu- geschafft, doch nun stritt man darüber, ze des Unternehmens schnellten in die es, verlieh ihm aber 1830 trotzdem den wessen Arbeit die bessere war. Guimet Höhe. Doktortitel. Nach einer Tätigkeit als entschied den Streit für sich. Betriebsleiter in Barmen kehrte Carl Lever- Carl Leverkus wurde am 5. November kus 1833 nach Wermelskirchen zurück und Etwa zehn Jahre später gelang es Carl 1804 in Wermelskirchen geboren. 1838 entschied sich, eine Fabrik zu errichten, in Leverkus, in seiner „Chemische Fabrik Dr. heiratete er Juliane Auguste Küpper, die der er Chemikalien produzierte und sich Carl Leverkus“, das Verfahren zu optimie- ebenfalls aus Wermelskirchen stammte. dem Ultramarin widmete. ren. Dafür wurde er international ausge- Mit ihr hatte er elf Kinder, drei Söhne zeichnet. Bei der ersten Weltausstellung stiegen in das Unternehmen ein. Carl Leverkus starb am 1. Februar 1889, 1851 in London wurde seine Idee als die beerdigt wurde er in Wermelskirchen. beste der deutschen Industrie gekürt. Dabei sah es anfangs gar nicht so aus, als würde Carl Leverkus Karriere als Spezia- LVR Persönlichkeiten, Carl Leverkus Vier Jahre später bekam er auf der Pariser list für Farben machen. Nach der Schule Weltausstellung die silberne Medaille. absolvierte er zunächst eine Ausbildung Doch die Konkurrenz schlief nicht, das in der Apotheke seines Vaters. Es folgten wusste Carl Leverkus, deshalb wollte er der Besuch einer privaten Handelsschule

24 25 steigerte zwar die Produktion, aber auch Gemeinsam mit ihren Brüdern, allesamt die Zahl der Unfälle ging nach oben. Mit Ingenieure, meldeten Max und Reinhard den neuen, nahtlosen Stahlrohren der Brü- im Laufe ihres Lebens rund 1.000 Patente der Mannesmann hätten nun wesentlich an, unter anderem auch für das Hänge- stabilere Maschinen gebaut werden kön- gasglühlicht. Nach dem Ersten Weltkrieg nen – wären sie anfangs für viele Bereiche rüsteten die Brüder Reinhard, Carl und des industriellen Einsatzes nicht noch zu Alfred im Krieg beschädigte LKW für den dickwandig und zu teuer gewesen. Doch zivilen Gebrauch um. Max Mannesmann Reinhard und Max Mannesmann gaben erlebte dies nicht mehr, er starb 1915. nicht auf. 1890 gelang ihnen schließlich der Durchbruch: mit dem so genannten Bald darauf entwickelten die Brüder eige- Pilgerschritt-Verfahren perfektionierten sie ne Automobile vom Sportcoupé bis zur die Herstellung nahtloser Stahlrohre, die Reiselimousine, die zwischen 1920 und nun in den unterschiedlichsten Bereichen 1930 in Remscheid-Bliedinghausen gebaut Verwendung fanden – vom Fahrzeug- und wurden. Maschinen- über Möbelbau und Architek- tur bis hin zu Leitungsmasten. Reinhard Mannesmann starb im Februar 1922 an einer Lungenentzündung in Rem- Mit verschiedenen Investoren gründeten scheid. Reinhard und Max Mannesmann Röh- renwerke in Remscheid, in Bous an der LVR Persönlichkeiten, Saar, in Komotau in Böhmen, das damals Reinhard Mannesmann, Reinhard und Max Mannesmann zu Österreich gehörte, und in Landore in Max Mannesmann Wales. 1980 entstand daraus die Deutsch- Salzgitter AG, Nahtlos Österreichische Mannesmannröhren- Mannesmann Geschichte zum Erfolg Werke AG.

Dunkel, laut und heiß war es in den Feilen- Eine Entscheidung mit Weitblick: Rein- und Gussstahlfabriken Ende des 19. Jahr- hard Mannesmann war 22 Jahre alt, als hunderts. Rot glühte der Stahl in den Öfen, er und sein ein Jahr jüngerer Bruder Max später verformte er sich hörbar unter dem ihr erstes Patent anmeldeten. 1878 hatten Schmiedehammer oder den Walzen. sie einen Schallverstärker für Fernspre- Eindrücke, die für Reinhard Mannesmann cher entwickelt. Weitaus bedeutsamer und seine Brüder zum Alltag gehörten. aber war die Erfindung, mit der sie sich in den kommenden Jahren beschäftigten, Reinhard, benannt nach seinem Vater, das Schrägwalz-Verfahren. Den Brüdern wurde am 13. Mai 1856 geboren und war gelang es als erste, aus einem massiven der älteste der sechs Brüder. Während der Stahlblock allein durch Walzen ein naht- Schulferien arbeiteten sie regelmäßig in der loses Rohr herzustellen. Bis dahin wurden bereits 1776 gegründeten Feilenfabrik ihres Rohre gegossen oder aus gebogenen Ble- Vaters in Remscheid-Bliedinghausen. Der chen geformt und verschweißt. Diese Roh- freute sich über die schnelle Auffassungs- re hielten hohen Belastungen oftmals nicht gabe und Begeisterung seiner Söhne und stand – wie sie etwa bei Dampfmaschinen ermöglichte ihnen ein Technikstudium. auftraten. Die Maschinen arbeiteten da- mals schon unter enormem Druck – das

26 27 Unter Kollegen und Freunden wurde er entlassen und emigrierte in die Schweiz. einer Wand mit verschiedenen integrier- Teo Otto als Magier seines Fachs gehandelt: Teo Dort war er fortan verantwortlicher ten plastischen Elementen 50 neue Bilder Otto, der Bühnenbildner, nach dem seit Bühnenbildner am legendären Zürcher entstehen zu lassen. Das überzeugte viele Verzauberte 2001 das Teo-Otto-Theater in Remscheid Schauspielhaus, wo er beispielsweise Bert Regiegrößen: Teo Otto arbeitete unter an- Bühnenwelten benannt ist. 800 Ausstattungen soll er im Brechts Uraufführung „Mutter Courrage“ derem für Leopold Lindtberg, Ernst Lothar, Laufe seines Lebens konzipiert und ver- (1941) und „Der gute Mensch von Sezuan“ Gustav Gründgens, Fritz Kortner und Peter wirklicht haben. Das sind durchschnittlich (1943) ausstattete sowie zentrale Stücke Brook. zwanzig Bühnenbilder pro Jahr, geht man von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. von vierzig produktiven Arbeitsjahren aus. Doch auch an vielen anderen Theatern, Nach seinem Tod 1968 im Alter von 64 Aber nicht die Fülle seiner Arbeiten, son- etwa am Burgtheater Wien und am Berli- Jahren in machten die beiden dern viel mehr deren Wandelbarkeit und ner Ensemble oder an Musiktheatern wie wichtigsten Frauen in seinem Leben – die ihr Facettenreichtum haben dem engen dem Metropolitan Opera New York, der Kammerschauspielerin Gusti Wolf, mit Freund von Max Frisch und Friedrich Dür- Wiener Staatsoper und der Mailänder der er 13 Jahre liiert gewesen war, und die renmatt den Ruf der Zauberei eingebracht. Scala, waren Teo Ottos Bühnenwelten zu Galeristin Renate Höhmann, mit der er bewundern. eine gemeinsame Tochter hatte – seine Der am 4. Februar 1904 in Remscheid erhaltenen Ölgemälde, Zeichnungen, Fi- geborene Künstler war ein erklärter po- In Zeiten äußerster materieller Knappheit guren und Bühnenbilder der Öffentlichkeit litischer Gegner der Nationalsozialisten. gelang es ihm, mit Hilfe seiner Erfindung, zugänglich. Nach seinem Studium der Malerei in Wei- der „Lichtplastik“, auf der Bühne ständig mar und beschloss er, Bühnenbild- neue Bilder zu erzeugen. Dafür ließ er sich ner zu werden. Bereits 1930, im Alter von das Licht durch den Raum bewegen. Beim nur 26 Jahren, wurde er Chef-Bühnenbild- Bühnenbild des „Götz von Berlichingen“ ner am Preußischen Staatstheater. 1933 schaffte es Teo Otto 1961 sogar, durch eine Teo Otto Theater, Geschichte jedoch wurde er aus politischen Gründen äußerst ausgeklügelte Beleuchtung auf

28 29 Die wissenschaftliche Karriere des Physi- kers Wilhelm Conrad Röntgen war, anders als man vielleicht erwarten würde, kein Selbstläufer. Geboren wurde er am 27. März 1845. Das zurückhaltende Einzelkind aus einer Lenneper Tuchfabrikantenfami- lie wuchs in den Niederlanden auf – und wurde dort der Schule verwiesen, da es angeblich eine Karikatur seines Lehrers angefertigt hatte.

Doch obwohl er deshalb kein Abitur hatte, durfte der junge Wilhelm Conrad nach ei- ner bestandenen Aufnahmeprüfung an der Technischen Hochschule Zürich studieren.

Dort lernte er seine Frau Anna Bertha Ludwig kennen, deren Hand etliche Jahre danach die erste „geröntgte“ Hand der Zwei Jahre später entdeckte der Alpen- nicht vorenthalten bleiben, verzichtete Welt werden sollte. Nach dem Studium liebhaber beim Arbeiten mit elektrischen der Physiker auf eine Patentierung seines gelangte der Physiker über Umwege als Kathodenstrahlröhren eine unbekannte Röntgengeräts und trug so zu einer schnel- außerordentlicher Professor an die Univer- Strahlung: Obwohl die Glasröhre, die er in len Verbreitung der neuen Diagnostikme- sität Würzburg, zu deren Rektor Röntgen seinem Arbeitszimmer aufgestellt hatte, thode bei. Als er 1901 den Nobelpreis für 1893 ernannt wurde. mit schwarzer Pappe umwickelt war, sah Physik erhielt, stiftete der als bescheiden er in dem abgedunkelten Raum fluores- geltende Mann das gesamte Preisgeld der zierende Gegenstände leuchten. Er stellte Universität Würzburg. fest, dass diese „neue Art von Strahlen“ – die x-Strahlung, wie er sie taufte – von Bevor Röntgen 1929 in München starb, unterschiedlich dichtem Gewebe verschie- veranlasste er in seinem Testament, die den stark absorbiert wurde und dass sich von ihm entdeckte Strahlung solle weiter- das Ergebnis auf einem lichtempfindlichen hin als x-Strahlung bezeichnet und nicht Film festhalten ließ. So konnte Röntgen nach ihm benannt werden. Anders als in Wilhelm Conrad Röntgen bald ein Bild anfertigen, auf dem die Deutschland spricht man in vielen anderen Knochen der linken Hand seiner Frau klar Ländern bis heute von x-ray (englisch), Einsichten, erkennbar waren, während das Fleisch, das rayos-x (spanisch) oder Radiaţie-x (ru- die unter die für die Strahlung „durchlässiger“ war, nur mänisch). Der Anwendungsbereich der Haut gehen als Umriss sichtbar wurde. Strahlung begrenzt sich aber nicht nur auf die Medizin: Auch bei der Erforschung des Röntgens Entdeckung revolutionierte die Mikrokosmos’, des Weltalls, in der Geo- Medizin. Nun konnte man den mensch- logie, der Archäologie und der Gemälde- lichen Körper durchleuchten und Brüche untersuchung ist die Entdeckung Wilhelm oder Tuberkulose erkennen, ohne ope- Conrad Röntgens heute unabdingbar. rieren zu müssen. In der Überzeugung, seine Erfindung dürfe der Allgemeinheit Röntgenmuseum

30 31 Johann Friedrich Vaillant

Von Remscheid in die ganze Welt

Dass sein Name einmal auf Heizgeräten Weitere Innovationen folgten: 1907 brachte Am Anfang schlüpfte auch im Firmenlogo in der ganzen Welt stehen würde, damit Johann Vaillant unter dem Namen „Geyser“ ein Hase aus einer Eierschale. Mit den rechnete niemand, als sich Johann Fried- einen Gasbadeofen auf den Markt, den Jahren verschwanden seine Pfötchen, er rich Vaillant am 1. August 1874 als Kup- man an die Wand hängen konnte – so bekam einen langen Bart, seine Gesichts- ferschmied und Pumpenmacher in einem konnten auch Mieter in kleinen Wohnungen züge wurden schmaler – und das Ei zeigt Kellerlokal in der Oberen Alleestraße in von seiner Erfindung profitieren. keine Risse mehr. Remscheid niederließ, um eine Meister- werkstatt für Installationsarbeiten zu Nicht nur in Deutschland wurde die Marke Johann Vaillant wurde am 27. April 1851 eröffnen. Nach mehreren Umzügen baute bekannt. Johann Vaillant expandierte nach in Kaiserswerth geboren und starb am er 1886 seine erste Fabrik am heutigen Dänemark, Belgien und in die Niederlande. 11. März 1920. Mit seiner Frau Augusta Rathaus, doch die Räume wurden bald zu Es folgten Rumänien, Russland und Finn- Röttger – eine Remscheiderin – hatte er klein. 1897 verlegte er Betrieb und Woh- land. Für seine Innovationen erhielt das 16 Kinder. Nach seinem Tod führten seine nung an die Berghauser Straße 40 – noch Unternehmen zahlreiche Ehrungen, zum Söhne Franz und Karl das Unternehmen heute der Hauptsitz des Unternehmens. Beispiel 1900 die Goldene Medaille auf weiter. einer Ausstellung in . In dieser Zeit entwickelte Johann Vaillant Vaillant, Firmengeschichte auch seine erste Erfindung, die 1894 un- Wer einen guten Namen hat, braucht auch ter der Nummer 18788 beim Deutschen ein gutes Logo, dachte sich Johann Vail- Patentamt in Berlin patentiert wurde. Mit lant 1896 und entwickelte einen Engel mit dem Gasbadeofen „geschlossenes Sys- sechs Flügeln, darin stand ein großes „V“. tem“ konnte man Wasser in einem Ofen Auf die Idee mit dem Hasen, der heute das erheizen, ohne es zu verunreinigen, da das Firmenlogo ziert, kam er zu Ostern 1899, Gas durch ein geschlossenes Rohr geleitet als er die katholische Familienzeitschrift wurde. So konnten die Menschen erstmals „Die alte und die neue Welt“ las. Auf dem sauberes und warmes Wasser nutzen und Titelblatt war ein Hase abgebildet, der aus sogar die Wassertemperatur regulieren – einem Ei schlüpfte. Johann Vaillant erwarb eine Sensation. die Rechte und modifizierte das Bild.

32 33 Der große FC Barcelona wurde aufmerk- sam – und Emilio Walter wechselte zu den Katalanen. Ab 1924 spielte er für Barca, für 242 Pflichtspiele streifte sich der linke Verteidiger das rot-blaue Trikot über. Mit ihm errang der FC Barcelona fünf Mal die Emilio Walter katalanische Meisterschaft, drei Mal den Königspokal und 1929 – im ersten Jahr der Der beste spanischen Liga – mit zwei Punkten Vor- Verteidiger sprung vor Real Madrid den Meistertitel. Spaniens Bis 1930 stoppte der „beste Verteidiger Spaniens“, dem die Sportpresse „eine Pferdelunge“ und das „zentimetergenaue Zuspiel“ bescheinigte, für seinen Club die gegnerischen Stürmer. Sammelbilder von Emilio waren heiß begehrt, genau wie Es war eine Sensation, die die Hückes- seine Autogrammkarten. wagener Lokalzeitung im August 1935 vermeldete: „Unter Punkt Verschiedenes Im ersten Meisterschaftsspiel der Sai- wurde bekanntgegeben, daß der Trainer son 1930/31 zog sich Walter dann eine Emil Walther die Mannschaften für die schwere Knieverletzung zu. Seine Karriere Meisterschaftsspiele aufstellt“, hieß es da als Profi beendete er 1933 in Saragossa, über eine Versammlung des Rasensport- zwei Jahre später kam Emilio Walter nach vereins und dessen Fußball-Pläne. Zwar Hückeswagen. Hier trainierte er den Raspo war der Nachname falsch geschrieben, und spielte als halbrechter Stürmer für die doch Fakt war: Mit Emil Walter kam eine Altherrenmannschaft des Vereins. Kickerlegende ins Bergische. In Spanien blieb der Fußballer unverges- Emilio Walter Walter, geboren am 7. April 1900, stamm- sen: Zum 50-jährigen Vereinsjubiläum von te zwar aus der Nähe von , hatte Barca erschien 1949 eine Sondermarke mit aber enge freundschaftliche Verbindungen seinem Portrait, Emilio Walter durfte al- zu Otto Hager aus Hückeswagen. Der soll- lerdings – ihm fehlte die Erlaubnis der Be- te den Fußballer 1935 auch ins Bergische satzungsbehörden – nicht zu den Feierlich- holen, nachdem Emil Walter als „Emilio“ keiten reisen. Das holte er ein Jahr später zuvor die Iberische Halbinsel begeistert nach und wurde bombastisch empfangen: hatte. Denn der junge Mann war 1922 „Schon an der Grenzstation“, berichtete nach Spanien gegangen, weil er sich hier eine Zeitung, „jubelten ihm Tausende, die bessere berufliche Perspektiven versprach. von überall herbeigeströmt waren, zu.“ Als Hobbyfußballer trat er dem Amateur- Zusammen mit seiner Frau Cläre reiste Emil klub Unió Esportiva Figueres bei – und hin- Walter weiter nach Barcelona – und „auf terließ bleibenden Eindruck: „Wenn Emilio jedem Bahnhof standen die Menschen, um abzog, erzitterte die Luft“, schrieb die auch nur für einen Augenblick den Mann zu Vereinschronik. Einmal soll er mit einem sehen, dem Fußballspanien einst zu Füßen Schuss sogar das Tornetz durchlöchert lag.“ Zwei Jahre später starb Emilio Walter haben, berichtet der Fußball-Publizist und im Alter von 52 Jahren. -historiker Andreas Wittner.

34 35 Julie und Maria Zanders

Papier von Frau zu Frau

Als Julie 1848 mit ihren Kindern nach Mit großer Leidenschaft setzte sich Maria Bergisch Gladbach zurückkehrte, stieg außerdem für die Sanierung des Alten- auch ihr Sohn Carl Richard Zanders ins berger Doms ein, dessen Zustand, wie Unternehmen mit ein – allerdings wurde er sie befand, „nicht dauern kann und darf!“ erst nach zehn Jahren gleichberechtigter 1894 mobilisierte Maria Zanders Bürger Gesellschafter. 1857 heiratete er die in und Politik und gründete den Altenberger Hückeswagen geborene, erst 18-jährige Dom-Verein, der sich seither für die Erhal- Maria Johanny, die aus einer vornehmen tung des Gotteshauses aus dem 12. Jahr- Tuchfabrikantenfamilie stammte. Als Carl hundert einsetzt. Richard 1870 verstarb – nur ein Jahr nach seiner Mutter Julie – machte die junge Die Firma J.W. Zanders ist bis heute unter Maria Zanders es sich zur Aufgabe, die dem Namen Metsä Board Zanders GmbH Firma ihres Mannes weiterzuführen und in der Papierindustrie aktiv. In der Gohrs- für die Zukunft zu erhalten. Unter ihrer Lei- mühle in Bergisch Gladbach werden maß- tung wuchs das Unternehmen, 1876 kaufte geschneiderte Faltschachtelkartons her- Maria die Papierfabrik an der Dombach gestellt. In den Räumen der Villa Zanders auf, die einst dem Vater ihrer Schwieger- befindet sich heute ein Kunstmuseum. mutter Julie gehört hatte. Papiermühle Alte Dombach Julie Zanders (geb. Müller, 1804-1869) Leitung der Firma: Sie verwaltete die Ge- Um 1880 waren über 700 Personen in und ihre Schwiegertochter Maria Zanders schäfte, kümmerte sich um die Mitarbeiter der Papierherstellung J.W. Zanders be- (geb. Johanny, 1839-1904) waren zwei und hatte die alleinige Prokura. Von 1836 schäftigt. Als Leiterin des florierenden bedeutende Unternehmerinnen der Bergi- an lebte die Unternehmerin zwölf Jahre Unternehmens ließ Maria Zanders die schen Papierindustrie. Julie entstammte lang mit ihren Kindern in , wo diese repräsentative Villa Zanders im Herzen einer Familie von Papierherstellern, ihrem ausgebildet wurden. Julie selbst schloss in von Bergisch Gladbach errichten, wo die Vater Gustav Müller gehörte die Domba- dieser Zeit Freundschaft mit Künstlern und passionierte Kunstliebhaberin – wie schon cher Mühle. Julie heiratete den Unterneh- Wissenschaftlern der Rheinischen Univer- ihre Schwiegermutter vor ihr – Beziehun- mer Johann Wilhelm Zanders aus Düs- sität Bonn und legte damit den Grundstein gen zu den großen Persönlichkeiten ihrer seldorf, der die Papierfabrik J. W. Zanders für die Verbindung der Familie Zanders zu Zeit unterhielt: zu dem Politiker Eduard in Bergisch Gladbach gründete. Als ihr den Intellektuellen ihrer Zeit. von Simson, dem Künstler Max Bruch und Mann 35-jährig starb, übernahm Julie die vielen anderen.

36 37 Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio (1806- ten ihn deswegen den „alten Fuhrmann“. 1876) war, wie auch sein Bruder Anton Als Schriftsteller ließ sich Vinzenz Jakob Wilhelm von Zuccalmaglio, ein Bergischer von Zuccalmaglio aber schon seit seinen Jurist und Heimatschriftsteller. Vinzenz Studienzeiten in Montanus, kam im Zuccalmagliohaus, einem üppig „der Berger“, nennen – in Anlehnung an dekoriertem, großbürgerlichen Fachwerk- seine Bergische Herkunft. haus in Schlebusch zur Welt. Sein Vater Jakob Salentin, Bürgermeister von Schle- In Grevenbroich war der Notar zeitweise busch und Jurist, entstammte einer italie- Herausgeber der Lokalzeitung, des „Gre- nischen Adelsfamilie. venbroicher Kreisblattes“. Hier verfasste er nach der Revolution von 1848 auch Nach dem Abitur in Köln trat Vinzenz politische Schriften. In seinen Memoiren Jakob den Militärdienst an, musste die 7. „Rückblicke und Bekenntnisse“ notiert Vinzenz Jakob von Artillerie-Brigade aber aufgrund eines Un- Vinzenz über sich selbst: falls frühzeitig verlassen. Bald darauf nahm Zuccalmaglio er zusammen mit seinem Bruder Anton In den Schriften und Gegenschriften im Wilhelm ein Studium der Rechtswissen- Kreisblatte gewann der Notar den Beifall Ein Mann zwischen schaft in Heidelberg auf, das er 1831 mit aller Einsichtigen aller einigermaßen Urt- Recht und dem Staatsexamen beendete. Vier Jahre heilsfähigen, die damals das Kreisblatt Regionalliteratur darauf heiratete er nach fast zehnjähriger überaus gerne lasen... Verlobung Gertrude von Caluwé – das Paar hatte sechs Kinder. Aber nicht nur Vinzenz selbst scheint von sich überzeugt gewesen zu sein, sondern Die Familie lebte in Paffrath, Hückeswagen auch die Menschen im Bergischen Land. und später in Grevenbroich, wo Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio als Notar und So sind bis heute viele Straßen nach ihm Justizrat arbeitete. benannt, die „Sassenschaft der Schlaraffia Glorimontana“ hat ihn zum „Ehrenschla- Neben seiner juristischen Tätigkeit ver- raffen“ ernannt und die „Vereinigung zur fasste er 75 Bücher, Broschüren und Thea- Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauch- terstücke, die heute aber längst nicht mehr tums Bergisch Gladbach“ verleiht jedes verlegt werden. Besonders bekannt wurde Jahr die Montanusplakette für „treues, er für seine Aufarbeitung des Liedguts, heimatliches Wirken im Brauchtum“ an der Kultur und der Geschichte des Bergi- Personen oder Vereine. Und sogar eine schen Landes, denen er in Schriften wie würzig-saftige Apfelsorte aus der Gegend „Die Helden und Bürger und Bauern am trägt seinen Namen: die Zuccalmaglio Niederrhein in den letzten sechs Jahren Renette. des vorigen Jahrhunderts und unter der Fremdherrschaft” nachging. Aber auch mit Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio seinen durch volkstümliche Redensarten geschmückten mündlichen Volksanspra- chen machte er sich einen Namen. Vor allem seine politischen Widersacher nann-

38 39 Spritzig. Frisch. Das Bergische Original.

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