Eurovision Song Contest: Identifikation Und Fankultur in Österreich«
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MASTERARBEIT / MASTER’S THESIS Titel der Masterarbeit / Title of the Master‘s Thesis »Eurovision Song Contest: Identifikation und Fankultur in Österreich« verfasst von / submitted by Maximilian Bauer angestrebter akademischer Grad / in partial fulfilment of the requirements for the degree of Master of Arts (MA) Wien, 2016 / Vienna 2016 Studienkennzahl lt. Studienblatt / A 066 824 degree programme code as it appears on the student record sheet: Studienrichtung lt. Studienblatt / Masterstudium Politikwissenschaft degree programme as it appears on the student record sheet: Betreut von / Supervisor: Mag. Dr. Karin Liebhart, Privatdoz. Leerseite !ii — für Gernot — Stop don’t say that it’s impossible ’cos I know It’s possible Eric Saade »Popular« — !iii — Leerseite — !iv — Motivation und Danksagungen Erlebe ich das gerade wirklich? Nur weniger Meter von mir entfernt steht Conchita Wurst1 auf der Bühne. Ich bin inmitten hunderter Fans, die der »Queen of Europe« zujubeln und bunte Fahnen schwenken. Keine fünf Minuten ist es her, seitdem es fest steht: Conchita hat den Eurovision Song Contest in Kopenhagen für Österreich gewonnen. Für Österreich? Sie streckt die gläserne Siegestrophäe kraftvoll nach oben. Das Mikrophon ist noch nicht bei ihr, aber in der Nahaufnahme kann man es von ihren Lippen ablesen. Conchita zeigt auf die jubelnden Fans und sagt: »This is for all of you!« Wie diese Schilderung vom Mai 2014 bereits nahe legt: Ich bin Song Contest-Fan. Zudem setze ich mich auch wissenschaftlich mit der Veranstaltung auseinander. Mehr noch unter- suche ich in dieser Arbeit die Song Contest-Fangemeinde in Österreich, also klar eine Gruppe, zu der ich mich selbst zugehörig fühle. Wie in dieser Arbeit gezeigt werden wird, bin ich nicht der oder die erste, der bzw. die sich dieser Doppelrolle annimmt und sich damit auseinandersetzt. Wie sich beiderlei Interesse gebildet hat, möchte ich an dieser Stelle offenlegen. Meine erste Erinnerung an den Eurovision Song Contest (ESC) stammt aus dem Jahr 1999. Als Zwölfjähriger sah ich mir die Show mit einer Freundin bei ihr zu Hause an. Für Öster- reich sang Bobbie Singer das Lied Reflection. Wir bewerteten die Lieder und tippten auf den oder die GewinnerIn. Über die nächsten Jahre verfolgte ich den Gesangswettbewerb mit Interesse, aber nicht mit übermäßigem Eifer. In Österreich war das Image des ESC zu dieser Zeit nicht besonders positiv. Österreich erreichte bis 2016 in insgesamt 49 ESC-Teil- nahmen selten Top-Platzierungen und das öffentliche Interesse war dementsprechend ge- ring. Seit dem ersten Sieg Österreichs 1966 durch Udo Jürgens kamen österreichische Bei- träge vor 2014 nur vier Mal in die Top sechs. Zwischen 2005 und 2010 qualifizierte sich Ös- terreich nicht für das Finale am Samstagabend oder nahm erst gar nicht am Bewerb teil. In dieser erfolglosen bzw. passiven österreichischen ESC-Periode entwickelte sich meine Lei- denschaft für die Veranstaltung. Das lag vor allem daran, dass ich Gleichgesinnte fand. Die Idee, die Show auch vor Ort mitzuerleben, kam erst, als ich während meines Studiums zwei Kolleginnen kennenlernte, die sich ebenfalls für den ESC begeisterten und die Show in Belgrad bereits live miterlebt hatten. Ich hatte nun jemanden gefunden, mit dem ich den Spaß an der Veranstaltung teilen konnte. Wir fuhren 2011 gemeinsam zum ESC nach Düsseldorf und traten danach alle drei dem offiziellen österreichischen ESC-Fanclub bei. 1 Conchita Wurst ist eine Kunstfigur, eine Dame mit Bart, die vom österreichischen Sänger und Tra- vestie-Künstler Tom Neuwirth verkörpert wird. In der Arbeit wird in der Regel nur von der Bühnenfi- gur Conchita Wurst die Rede sein und dabei das weibliche Personalpronomen angewandt. — !v — Die Bedeutung des ESC für die queere Community hatte ich zu diesem Zeitpunkt nur am Rande über Medienberichte mitbekommen, bewusst wurde sie mir erst auf Parties und an- deren Fan-Events bei meinem ersten ESC live vor Ort in Düsseldorf. Man konnte beobach- ten, dass die eingeschworene Eurovision-Fangemeinde zu einem sehr großen Teil aus (ho- mosexuellen?) Männern besteht. Auch bei den Treffen des offiziellen österreichischen Eu- rovision-Fanclubs sind mehrheitlich Männer anwesend. Es folgten weitere Reisen zu dritt zum ESC 2012 in Baku und 2014 in Kopenhagen, sowie zu weiteren Fan-Treffen in Wien und München. Überall zeigte sich ein ähnliches Bild, was die Geschlechterverteilung betraf. Was sie Show anging, gab es spannende Einblicke in die aufwändigen Live-TV-Produktio- nen. Wir freuten uns auch, dass Österreich ab 2011 wieder regelmäßig am ESC teilnahm. Punkte an Österreich waren zwar gern gesehen und erhielten die Spannung in der ausge- dehnten Punktevergabe, doch waren sie für uns nicht übermäßig wichtig. Es ging um das Reisen, um das Live-Erlebnis, darum zu tanzen und Fans aus ganz Europa zu treffen, die wir über die Jahre kennenlernten. Dann kam der ESC 2014 in Kopenhagen und Conchita Wurst gewann für Österreich. Das in der Halle mitzuerleben war, wie bereits eingangs geschildert, eine äußerst emotionale Er- fahrung. Im Publikum ist immer wieder zu beobachten, dass die Show es generell vermag, starke Gefühle bei den Fans auszulösen, von Freude über Enttäuschung bis hin zu — um es mit dem schwedischen Gewinnersong von 2012 zu sagen — Euphoria. Mit Conchitas Sieg stieg das Interesse an der Sendung in Österreich merklich an. Der ESC 2015 wurde zum Heimspiel in Wien. Ich half mit, Veranstaltungen des Fanclubs zu organi- sieren und reiste auch 2016 nach Stockholm. Den Anstoß dazu, mich auch wissenschaftlich mit dem ESC zu beschäftigen, hatte ich nach dem Bewerb in Baku. Wie das autoritäre Regime, aber auch lokale Menschenrechtsorgani- sationen in Aserbaidschan die mediale Bühne nützten, die sich erstmals vor einer breiten Öffentlichkeit bot, war bemerkenswert. Auch die Bedeutung der Fans für den Bestand der Sendung wurde mir, wie bereits geschildert, erst vor Ort klar. Zu sehen, wie sich hunderte Menschen jedes Jahr mehrere Tage oder sogar zwei Wochen frei nehmen, um einer TV- Sendung durch Europa nachzureisen, war faszinierend. Dass der ESC einen besonderen Stellenwert in der LGBTI*2 Community hat, ist nicht erst seit dem Sieg von Conchita Wurst öffentlich bekannt und wurde auch immer wieder medial thematisiert. In journalistischen Beiträgen handelte es sich jedoch in der Regel eher um deskriptiv-narrative als um empiri- sche oder theoretische Zugangsweisen. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leis- ten, die ESC-Fankultur in Österreich strukturell zu erfassen und die Motive der Fans für ihr 2 Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersex, gemeint sind also Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle. Das Sternchen (*) soll darauf hinweisen, dass es auch Menschen gibt, die sich keiner der angeführten Kategorien zugehörig fühlen. — !vi — Engagement zu erforschen. Im Zuge der Recherchen zu dieser Masterarbeit bot sich 2015 bereits die Gelegenheit, Teilergebnisse meiner Forschung zu veröffentlichen. Der Text mit dem Titel Die Song-Contest-Fangemeinde in Österreich: Eine Analyse ist im Buch Eurovisi- on Song Contest: Eine kleine Geschichte zwischen Körper, Geschlecht und Nation, heraus- gegeben von Christine Ehardt, Georg Vogt und Florian Wagner, im Wiener Zaglossus Verlag erschienen. Das mehrjährige Studium mit der vorliegenden Abschlussarbeit zu beenden, wäre letztlich nicht ohne die wissenschaftliche, finanzielle und emotionale Unterstützung vieler lieber Menschen in meinem Umfeld möglich gewesen. Zunächst möchte ich mich bei Frau Mag. Dr. Karin Liebhart bedanken, die in der Betreuung meiner Arbeit sehr flexibel war und die mich mit ihrem Interesse an populärkulturellen Themen bestärkte, meiner Begeisterung für den ESC auch wissenschaftlich nachzugehen. Dr. Georg Spitaler danke ich sehr für den Literaturinput aus den Cultural Studies. Für die Hilfe bei den Grafiken, beim Korrekturlesen und für ihre linguistische Expertise danke ich Gerhard, Anna, Lisa und DBLK. Darüber hinaus gilt mein Dank meiner Familie und all mei- nen Freundinnen und Freunden, die mich oftmals motivierten, das Ziel nicht aus den Au- gen zu verlieren. Für ihre großzügige Unterstützung möchte ich im Speziellen Gernot, Her- ta, Ingrid und Robert, Burgi und Wolfgang, sowie Erika und Franz dankend erwähnen. Ein ganz großer Dank gilt auch Balthasar, der mir zuhört und es vermag das Beste aus mir her- auszuholen. Ich danke auch dem Eurovision Song Contest und seinen Fans. Nicht nur, weil ich dank ei- ner Akkreditierung der EBU als Wissenschaftler beim ESC 2015 in Wien die Fankultur best- möglich studieren konnte, sondern auch weil der ESC eine Veranstaltung ist, die Freude in mein Leben bringt. Die Menschen aus der ganzen Welt, die sich zusammen mit mir dafür begeistern können, erfüllen die Veranstaltung hoffentlich noch für die kommenden Jahr- zehnte mit Leben. Zwei dieser Fans möchte ich abschließend noch hervorheben, denn ohne die eurovisionelle Leidenschaft, die sie mit mir teilen, wäre mein Leben nicht so bunt und die vorliegende Masterarbeit eine andere. Deshalb ein ganz großes Merci, Chérie an Anna und Kerstin. — !vii — Leerseite — !viii — INHALT Motivation und Danksagungen v 1 EINLEITUNG 1 1.1 Untersuchungsfeld und Einordnung 1 1.2 Forschungsinteresse und Forschungsfragen 2 1.3 Aufbau und Methodik 3 2 THEORETISCHER TEIL 5 2.1 Cultural Studies und Populärkultur 5 2.1.1 Kultur und Populär 8 2.1.2 Populärkultur 10 2.1.3 KulturbürgerInnenschaft 11 2.2 Queer Studies 15 2.2.1 Queer Reading und Queering 17 2.2.2 Das Konzept Camp 20 2.2.3 Camp als Gegenkultur 22 2.3 Fanforschung