Tagebucheinträge von Rolf Järmann 1997 – 99

Galpe 24.2.97 Ich habe mich schon lange auf heute gefreut. Das Training über den Col des Rates fahre ich jedes Jahr gerne, es gehört beinahe zur Tradition. Ich verstehe alle die Deutschen, Schweizer und Belgier, die hier leben. Eine super Gegend, immer schönes Wetter und ideal zum Trainieren. Viele Rennfahrer leben hier oder haben eine Wohnung, um im Winter gut zu trainieren; Zülle, Bruynel, Indurain, Jeker, Saitov und wie sie alle heissen. Und ich kehre wenigstens jedes Jahr zur Valenzia - Rundfahrt hierher zurück. Eines von den schönsten Rennen die es gibt. Mein aktueller Kilometerstand seit dem 1.Januar: 4638 Galpe 26.2.97 2.Et. Valenzia Rundfahrt Man, bin ich kaputt. Gestern habe ich vor dem Start der Etappe noch 90 km trainiert und dann die eher ruhige Etappe von 160km ohne Probleme überstanden. Aber heute habe ich dafür gezahlt. Ich war die ganzen 180km im "Hänger" aber am Schluss war ich doch noch im ersten Feld von ca. 60 Fahrern. Im Gesamtklassement habe ich immer noch die gleiche Zeit wie der Leader! Ich könnte also noch gewinnen. Gestern gewann Mario Cippollini den Massensprint und heute . Galpe 27.2.97 3.Et. Valenzia - Rundfahrt Heute war für mich Erholung angesagt, ich spüre die Beine noch stark von Gestern. Aber die Etappe war ideal dazu, 190km, flach und den ganzen Tag Gegenwind (Da ist es sehr einfach, im Feld mitzufahren). Der Durchschnittspuls betrug dann auch nur 117 Schläge, und dass an einem Rennen! Aber eine kleine Attacke konnte ich mir dann doch nicht verkneifen, was mir dann den heutigen Maximalpuls von 180 Schlägen gebracht hat. Allerdings zu Gestern mit 194 Maximalpuls und 155 Durchschnittspuls auf den letzten 90km war das heute ein Pappenstiel. Dafür hat den Massensprint trotz warmen Füssen Eric Zabel gewonnen (er trägt diese Saison immer Schuhüberzüge! Seine neuen Rennschuhe sind noch nicht angekommen). Valenzia 1.3.97 5.Et. Valenzia - Rundfahrt Endlich habe ich wieder ein bisschen Zeit. Gestern "Tappa e maglia", das musste gefeiert werden. Rudolfo Massi gewann die Etappe vor Pascal Chanteur (beide Casino) und Pascal im Leadertricot! Dafür mussten wir heute morgen etwas arbeiten, es gab ein Massensprint; Chanteur 3. und immer noch im Leadertricot. Leider hatte der 40. im Gesamtklassement nur gerade sieben Sekunden Rückstand. So entschied das Zeitfahren, wo sich unser Chanteur gut verkaufte und neunter wurde, im Gesamtklassement aber auf den sechsten Rang zurückfiel. Wir sind aber trotzdem sehr zufrieden. Mir ist es nicht so gut ergangen, ich erwischte gestern einen schlechten Tag und bin mit Biarn Rijs in der letzten Gruppe im Ziel angekommen. Mailand, 21.3.1997 Der heutige Tag ist ideal gelaufen, eine gute Grundlage für das lange Rennen morgen. Zuerst bin ich 16km im Schneegestöber locker Radgefahren und dann direkt eine Stunde intensives Training auf meinem Hometrainer. Pulsschnitt von 148 und im ganzen 24 Minuten über 400 Watt. Am Schluss waren dann die Beine endlich wieder gut, sehr gut sogar. Jetzt habe ich ein gutes Gefühl für Mailand - San Remo. Und Heute darf ich den ganzen Tag soviel essen wie ich will, schliesslich sind es morgen inklusive Neutralisation am Start über 300km. Mein Favorit auf den Sieg, Weltmeister Johann Museeuw. Mailand - San Remo Endlich geht’s los, über Kopfsteinpflaster und Tramschienen bis wir aus der Stadt raus sind. Beim offiziellen Start nach sieben Kilometer; soll ich den Fahrradkilometerzähler auf Null stellen wie normal, oder weiterlaufen lassen bis zum Ziel? Wenn ich ihn weiterlaufen lasse, wird er ihm Ziel über 300km anzeigen. Ich stelle ihn auf Null und bereue es gleichzeitig. Der Wind bläst dreiviertel von hinten, das begünstigt Fluchtgruppen, also nichts wie los an die Spitze des Feldes, in die ersten zwanzig wenigsten. Nichts passiert, wir fahren gemächlich, nur nicht täuschen lassen und vorne bleiben. Soll ich meine Freunde im Feld suchen und ein bisschen schwatzen? Nein, ich will ein gutes Rennen fahren, und vielleicht passiert ja so etwas wie 1990, als 40 Mann am Start weggefahren sind und erst im Ziel wieder gesehen wurden. Batik beginnt zu fahren, die ganze Mannschaft, was zum Teufel wollen die? Wenn sie das Feld teilen wollen, müssen sie schon ein bisschen schneller fahren. Der Once Fahrer vor mir schwenkt auf einmal aus und lässt das Loch vor mir offen, ich schliesse es und schon wieder habe ich ein Loch. Dieser sch.... Wind ist doch stärker als ich geglaubt habe. Endlich bin ich wieder am Hinterrad von Marco Lietti und die Beine schmerzen ein erstes mal. Ich schaue nach hinten und kriege Moral. Ich bin der letzte Fahrer einer ca. 30 Mann starken Gruppe. Also jetzt ihr Batik Leute, jetzt könnt ihr fahren, möglichst schnell sogar, ich bin bereit. Sieben Batik Fahrer sind da inkl. im Schweizermeistertrikot, auch Toni Rominger und zwei Fahrer von . Es fehlen , Once, Polti... Merde, die Gruppe wird nicht laufen, es fehlen wichtige Leute. Das Motorrad kommt, 25 Sekunden Vorsprung. Ohh, nicht schlecht, vielleicht läuft es doch, nein wir fahren zu wenig schnell, oder bin ich einfach gut? Wir sind wieder eingeholt, Genua 100km sehe ich ein Wegweiser vorbeiflitzen, das gibt noch einen langen Tag. 225km all arrivo. Diese Tafel nimmt mir die ganze Moral. Nur nicht unterkriegen lassen, vorne am Feld fahren und doch möglichst keinen Wind abbekommen. Jetzt kommt die Ortschaft mit den vielen Kurven, jedes Jahr läuft hier eine kleine Gruppe. Ich sehe Eros Poli mit Maurizio Molinari angreifen, es gehen nochmals drei Fahrer mit. Soll ich auch? Nein, sie haben bei diesem Gegenwind sowieso keine Chance. Der Turchino Pass nähert sich, das erste richtige Gedränge des Tages geht los. Ich bin zu weit hinten und muss unbedingt nach vorne, Axel Merckx turnt vor mir herum, den muss ich unbedingt überholen, der verliert immer Positionen. Mit Risiko in die nächste Kurve und ich bin vorbei, eine Vollbremsung und ich verliere zwanzig Positionen! Nach drei Faststürzen kann ich endlich einen Sprint reissen und in den ersten zehn Unterschlupf finden. Die Verpflegungszone, Bidon fortwerfen, Verpflegungssack schnappen und wieder einen Sprint an die Spitze des Feldes. Die neuen Bidons und Brötchen einstecken, Sack fortwerfen und schon beginnen die letzen drei steileren Kilometer vor der Abfahrt. Ich lande Kurz im Strassengraben, aber ohne absteigen zu müssen, verliere aber dreissig Positionen und viel Kraft. Im Tunnel einen Sprint und ich steche ca. als 30 in die Abfahrt. Zu weit hinten, hoffentlich reisst es nicht. Und schon sehe ich, wie vor Pascal Chanteur ein Loch aufgeht, 15 Fahrer vorne die wild den Berg hinunterfahren, mit Museeuw, Jalabert...... Das ist gar nicht gut und ich kann hier hinten nichts machen. Evtl. ist die Gruppe aber zu gross um richtig zu laufen. Richtig, nach 5km auf der Fläche haben wir sie wieder eingeholt. Glück gehabt. Der Kilometerzähler zeigt 200km an, die Beine schmerzen, obwohl wir nicht so schnell fahren, ich bin kaputt und kann mich nicht konzentrieren. Die Krise, die ich jedes Jahr hier habe. Ich lasse mich in die Mannschaftsauto zurückfallen und spreche ein wenig mit meinem alten Sportlichen Leiter Ferretti. Aber da hat es zuviel Wind, also wieder zurück ins Feld. Das ganze Rennen dauert 294 km, die Cipressa beginnt 25km vor dem Ziel, plus dreissig Kilometer um zu „Ellböglen" das heisst ich muss bei Kilometer 240 vorne am Feld sein. Aber diese Rechnung werden alle andern Fahrer auch machen, es hat aber keinen Platz für alle. Und schon beginnt’s, bremsen, beschleunigen, bremsen und so weiter. Alassio, Laigueglia und beim nächsten Capo muss ich unbedingt nach vorne, nach der Abfahrt kommt Imperia mit der schmalen Passage. Ich riskiere wieder einmal mein Leben und passiere Imperia an 20 Stelle, nicht schlecht. Der nächste Capo ist der schwerste, ich kann aber noch einige Positionen gewinnen, die es jetzt bis zur Cipressa zu verteidigen gibt. Pardon, Museeuw, aber ich kann nicht bremsen, nur weil du Weltmeister bist. Danach bin ich im Clinch mit zwei Fahrern von Aki, nur nicht nachgeben. Beim Jachthafen einen Kilometersprint und ich komme als 15 in die Cipressa. Bravo Rolf. Axel attackiert, da geh ich natürlich mit. Die Motorräder sind natürlich wieder einmal im Weg wie jedes Jahr. Du fährst stark Axel, da muss ich ja nicht führen. Von hinten sehe ich einen ONCE Fahrer aufschliessen, Jalabert? Da habe ich erst recht keinen Grund um Führungsarbeit zu leisten, schliesslich muss ich auf den letzen zwei etwas flacheren Kilometer auf einen Konter gefasst sein. Plötzlich fliegt Museeuw an mir vorbei, Jalabert geht mit, Bartoli..... das sind die Richtigen. Gut habe ich ein bisschen Kraft gespart, so kann ich aufschliessen. Merde, es sind wieder alle da. Ein Sprint auf den Bergpreis, um die Abfahrt in den vordersten Positionen zu beginnen. Wieder auf der Strasse entlang vom Meer habe ich kurz Zeit, mich zu orientieren. Wir sind noch ca. 40 Fahrer, mit Elli und Chanteur von meiner Mannschaft. Jetzt heisst es, vorne in den Poggo zu fahren. Ich spüre die Distanz in den Beinen und die Schmerzen. Fünfte Position, jetzt wäre es gut, wenn der Leuchtturm kommen würde. Wo bleibt dieser Turm? Ein Sprint am Turm vorbei und ich fahre doch nur als 20 in den Poggio. Puhh, und vorne attackieren sie sofort. Jetzt heisst es leiden und kämpfen. Ich gewinne nur wenige Positionen, bin aber immer noch dabei. Die Abfahrt mit Risiko und dann die letzten zwei Kilometer. Ich bin zu weit hinten aber es ist zu schnell, um nach vorne zu fahren. Ich muss meinen Sprint schon 800m vor dem Ziel lancieren, um noch einige Fahrer überholen zu können. Die Beine brennen und doch überhole ich nur wenige. Scheisse, heute wäre mehr dringelegen. Endlich die Linie, vielleicht 15 oder 16. Lloret de Mar (E), 23.März 97 Ich denke, das Rennen gestern hat mir das Selbstvertrauen wieder gestärkt. Gestern wäre sicher mehr dringelegen, wenn ich an mich geglaubt hätte. Aber eben, nach anderthalb Jahren ohne Sieg bin ich nun wieder steigerungsfähig Ich freue mich auf die erste Etappe der Setimana Catalana morgen. Ich bin sicher, dass ich ein gutes Resultat fahren kann. Lloret de Mar 24.März 97 1.Et.Setimana Catalana Meine Beine faulen fast ab, aber sie haben gute Arbeit geleistet. Es ist mir wirklich gut gelaufen. Beim erst Kategorie Berg 40km vor dem Ziel konnte ich sogar die Once Leute mit Zülle attackieren, leider hatte ich dann in der Abfahrt einen Platten. Und so bin ich erst 15km vor dem Ziel wieder ins Spitzenfeld zurückgekehrt, ziemlich weichgekocht! Im Sprint mache ich dann aber noch 7. oder 8. Irgendwann gewinne ich mal noch einen Massensprint! Barcelona (E) 25.März 97 2.Et.Setimana Catalana Schade war der Pass so weit vor dem Ziel. Sonst wäre ich evtl. Leader! Die ersten drei des Gesamtklassements waren abgehängt und ich als vierter noch dabei. Dafür habe ich weitere vier Sekunden an Bonifikationen geholt. Mir läuft es wirklich gut und die Moral steigt von Tag zu Tag. Morgen geht’s es nach Andorra, eine schwere Etappe. Aber ich werde es schaffen, hoffentlich! Andorra, 26.März 97 3.Et. Setimana Catalana Ein Massensprint in Andorra! Den ganzen Tag Gegenwind und alle Fahrer nur immer im Feld an den Rädern. Es war ein Sch.... Tag. Und morgen haben wir wieder Gegenwind, da kann man das Angreifen vergessen. Es wird wohl das Zeitfahren vom letzten Tag die Rundfahrt entscheiden. Immerhin, heute habe ich eine weiter Sekunde Bonifikation geholt, ob die sechs Sekunden, die ich bis jetzt auf Alex Zülle herausgefahren habe, wohl reichen? Barcelona 27.März 97 4.Et.Setimana Catalana Wieder ein Massensprint. Langsam wird es langweilig. Auf dem Berg waren wir noch 25 Fahrer, aber es waren noch 140km mit Gegenwind ins Ziel. Aber auch ich habe mich heute ein wenig geschont für das Zeitfahren morgen. 12km ständig auf und ab, wie werde ich da wohl abschneiden? Wir sind im Gesamtklassement immer noch 60 Fahrer innerhalb 13 Sekunden, es ist also noch alles möglich. Flughafen Barcelona, 28.März 97 4 + 5.Et. Setimana Catalana Hatte ich Gummibeine im Zeitfahren. Ich bin halt kein "Cronoman", aber das ich gleich so schlecht war, hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Ich bin knapp in die ersten 40 gefahren. Und in der Morgenetappe habe ich mir den Sprint auch selber versaut. Das war nicht mein Tag heute. Wenn ich nur meine Form für die belgischen Rennen noch ein bisschen steigern könnte! Alex hat übrigens zweiter gemacht, im Zeitfahren und im Gesamtklassement. Deinze (B), 31.März 97 Nach dem Ostereiersuchen bin ich nun schon wieder in Belgien. Und ich glaube es kaum, strahlend blauer Himmel, keine Wolken. Dieses Jahr bin ich nun schon etwas über 20 Rennen gefahren, und noch nie habe ich eine Wolke gesehen, geschweige denn ein paar Regentropfen! Ich war sicher, dass diese Serie in Belgien mit Regen und Wind sicher zu Ende gehen wird. Aber es wird wohl nichts damit. Die Ostereier habe ich übrigens vom Bett aus gesucht, mit Fieber, Kopfweh und so. Vielleicht erklärt das die schlechte Leistung von meinem Zeitfahren. Aber etwas Gutes hatte es auch, mir war so mies, dass ich keinen einzigen Osterhasen gegessen habe! Nun werde ich die Drei Tage von De Panne etwas ruhiger angehen, um dann am nächsten Sonntag an der Flandernrundfahrt wieder bei vollen Kräften zu sein. Deinze, 1.April 97 1.Et. De Panne Jetzt spinnen sie total. Heute sind 50 Fahrer mit 12 Minuten Vorsprung im Ziel eingetroffen. (Ich war hinten), Aber nun hat die UCI ab sofort ein neues Reglement eingeführt. Wenn wir weniger als 38km/h als Durchschnitt fahren gibt es kein Preisgeld und keine FICP-Punkte! Ich glaube, so hänge ich das Velo sofort an den Nagel! Koksijde, 2.April 97 2.Et. De Panne Ich habe ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Morgen werde ich nicht zu den letzten beiden Etappen starten. Statt am Morgen 80km Strassenrennen und am Nachmittag 16km Zeitfahren, werde ich mich mit dem Velo Richtung Strecke der Flandernrundfahrt aufmachen und dann die letzten 140km darauf zurücklegen. Tagespensum 240km! Deinze, 3.April 97 Die Flandernrundfahrt ist im Training noch schwerer wie im Rennen! Über diese Pavées habe ich heute gelitten und geflucht, ganz alleine, aber je langsamer man fährt, um so schwerer werden sie. Und im Training habe ich keine grosse Moral, mich bis auf die Haut zu schinden. Und dieser belgische Wind, kein anderer Fahrer konnte mir heute Windschatten geben. Aber nach 7Std. 15 Min bin ich total auf den Felgen im Hotel angekommen, aber sehr zufrieden. Jetzt kann (muss) ich die nächsten zwei Tage nur noch erholen und essen. (und die Schuhe wieder putzten) Deinze, 4.April 97 Ich geniesse den mehr oder weniger freien Tag vor dem Komputer. Ich muss ihn endlich mal richtig konfigurieren und einige neue Programme installieren. Am Nachmittag werde ich mit dem Velo in das Städtchen fahren und ein wenig einkaufen gehen, oder endlich wieder einmal etwas Süsses essen, einen feinen Nussgipfel oder so. Deinze, 5.April 97 Ich bin gespannt, ob unsere Mannschaft morgen früh zur Blutkontrolle antreten muss. Bis jetzt sind wir noch nie kontrolliert worden, es wird also Zeit. Ich bin für diese Kontrollen von uns Fahrern, allerdings finde ich es schon komisch, dass der Hämatokritgrenzwert bei uns bei 50 liegen soll, und bei jedem "Normalbürger" liegen die Normalwerte zwischen 40 und 53! Aber einverstanden, etwas müssen sie gegen den Gebrauch des "Wunderdings" EPO unternehmen. Deinze 6.April 97 Flandernrundfahrt Hier auf dem Grossen Marktplatz in St.Niklaas fühle ich mich schon fast als Einheimischer. Ich habe fast mehr Fans hier in Belgien wie in der Schweiz. Es ist ziemlich kalt, aber blauer Himmel, das gibt keine echte Flandernrundfahrt, sagen die Flamen. Es fehlt der Regen, dafür hat es sehr viel Wind. Der Startschuss fällt, und oh Wunder, es wird nicht attackiert. Wo bleiben all die Fahrer von den kleinen Belgischen Mannschaften? Und schon sind sie hier, hundert Meter vor dem Feld das sich sofort in die Länge zieht. Bum-bum, bum-bum, ewig diese Betonstrassen in diesem Land. Eine Attacke folgt der Andern, bis, ich staune, ich mich in einer 20 Mann starken Gruppe wieder finde, die 20 Sekunden Vorsprung auf das Feld hat. Von meiner Equipe ist noch Lauri Aus mit, der super für mich fährt. Ich mache keinen Tramp zuviel. Bei Km 40 sind wir wieder eingeholt, aber es bleibt schnell. Bis jetzt haben wir 48.5 km/h Durchschnitt. Sehr gut, so erwische ich mein Flugzeug heute Abend sicher noch. Aber meine Beine fühlen sich sehr komisch an, keine Schmerzen und dafür auch keine Kraft, aber ich komme ohne die geringste Mühe mit. Km 71, das erste Pavéestück, nichts schlimmes und auch nichts entscheidendes, ich fahre Mitte im Feld und weiss, dass ganz links 40cm Asphaltiert sind. Natürlich nehme ich das Geschüttel nicht freiwillig auf mich und fahre links. Die Verpflegung kommt, von jetzt geht es in die Keilerei. Bum-bum, bum-bum, das schon den ganzen Tag. Ich komme vorne in das erste richtige Pavéestück, sehr gut, jetzt sind die nächsten 40km kein Problem, es hat kein Platz um zu überholen. Die Kasseien (Pavée) von Mater, 3km lang, leicht steigend und verdammt hart. Am Ende sind wir noch 6 Fahrer, der Rest 200m hinter uns. Ich staune, auch Alex Zülle ist mit. Wir werden wieder eingeholt, aber die Moral steigt. Molenberg, was ist mit meinen Beinen los? Ich kann keine Position gewinnen aber sie schmerzen sehr stark. Kein gutes Zeichen. Vorne sind 10 Fahrer weg, mit Museeuw und Bartoli. Da ich aber weiss, dass die nächsten 30 km keine Schwierigkeiten beinhalten, bleibe ich ruhig. Wir sind schätzungsweise noch 100 Fahrer, es wird wieder attackiert und sehr schnell gefahren. Ich kann immer in den ersten 20 bleiben, aber die Beine schmerzen immer mehr, und es sind noch 120km. Kurz vor dem Kluisberg finde ich in einer 10 Mann Gruppe Unterschlupf, bin aber fix und fertig. Am Bergpreis werden wir wieder eingeholt, wenn ich nur noch die nächsten Berge auch vorne bleiben kann! Der Knokkerberg, zum Glück fahren sie die 2 m breite Strasse schön langsam hoch. So komme ich wenigsten einigermassen mit. Jetzt die breite Autostrasse runter Richtung Oude Kwaremont, wo das Rennen normalerweise beginnt. Ich weiss nicht wie ich das gemacht habe, aber ich kann die entscheidende Kurve an 25 Position nehmen, bravo. Allerdings total fertig. Diese Kasseien, trrrrrrr trrrrrr am Schluss aber nur noch trr trr. Vor mich gibt es ein Loch, ich kann es aber nicht mehr schliessen. Wir sind drei Fahrer hinter der ca. 20 Mann starken Spitzengruppe. 200m, aber sie bedeuten Welten. auf dem Patersberg finde ich mich mit zwei Mapei und Telecom Fahrer wieder. Wir spielen gut zusammen, vielleicht kommen wir wieder nach vorne? Ich habe mich erholt, und fühle mich eigentlich wieder ganz gut. War wohl nichts, von hinten schliessen wieder Fahrer auf und vor der Muur von Geraardsbergen sind wir wieder 60 Fahrer, die Spitze wohl drei Minuten vor uns. Ich klemme mich ins Füdli und leide die Muur und nachher den Bosberg hoch. Wir sind noch ca. 15 Fahrer und fahren die letzten 10 km voll. Es geht noch um Weltcuppunkte. Vorne sind schätzungsweise 15-20 Fahrer und die ersten 25 kriegen Punkte. Im Sprint versauere ich total und mach nur etwa zehnter. Keine Weltcuppunkte aber viel schmerzen. Jetzt beginnt das Rennen auf den Flughafen, ich erwische das Flugzeug ohne zu Duschen. Ich stinke halt ein bisschen, total kaputt aber ein bisschen zufrieden. Zihlschlacht, 11.April 97 Endlich bin ich halbwegs Erholt von der Flandernrundfahrt. Ich war wohl selten so kaputt nach einem Rennen. Aber das gibt mir wenigstens die Gewissheit, alles für einen Erfolg unternommen zu haben. Leider erwischte ich nicht gerade einen guten Tag. Aber ich hoffe natürlich jetzt auf die nächsten Rennen. Compiègne (F), 12.April 97 Paris-Roubaix morgen macht mich noch gar nicht an. Ich bin es nun schon sechs mal gefahren und doch nur einmal bis ins Ziel gekommen. Ich habe wenig Hoffnung, dass ich morgen bis Roubaix komme. Ist aber auch nicht weiter schlimm (für mich; für unsere Franzosen ist es das Rennen). Vielleicht finde ich in der Anfangsphase in einer Gruppe Unterschlupf, und dann wer weiss? Auf alle Fälle, meine Tasche mit den warmen Kleidern wartet an der ersten Verpflegung, und an der zweiten. Ich werde morgen übrigens mit einem ganz normalen Stahlvelo an den Start gehen, keine Federgabel, keine dicken Reifen, aber ich weiss, am Montag werde ich mit Handschmerzen dafür bezahlen, ob ich fertig fahre oder nicht. Compiègne (F), 13.April 97 Paris-Roubaix Am Klopfen von Dirk, unserm Masseur, ist es schon 7 Uhr. Aufstehen, anziehen und ab zum Frühstück! Ich esse drei Gipfel, Brot und eine Portion Fruchtsalat. Die Spaghetti, die es noch gibt, kann ich um diese Zeit noch nicht essen. Zurück im Zimmer, packe ich sofort den Koffer, räume meinen Komputer und die Zeitschriften weg, und lege mich aufs Bett. Zum Glück habe ich meine Rennsachen gestern schon bereit gelegt, auch der Regensack mit all dem Schlechtwetterzeug ist schon bereit. So habe ich noch fast eine Stunde Zeit, bis wir um neun von hier wegfahren. Ich studiere nochmals den Streckenplan, 98km bis zum ersten Pavéestück, 115km die erste Verpflegung, 155km der Wald von Arenberg, ein sehr entscheidendes Stück, 206km die zweite Verpflegung. Weiter schaue ich nicht, wenn ich da noch dabei bin, komme ich auch so noch ins Ziel. Wir fahren mit dem Velo an den Start, es sind nur vier Kilometer. Der Startplatz in Compiègne ist schon mit Pflastersteinen und vielen Leuten besetzt. Ich setzte meine Unterschrift auf das Startprotokoll und mache mich auf den Weg, unsere Mannschaftsauto zu suchen. Dort werde ich auch schon von Susi Schär vom Timeout empfangen. Sie machen irgend einen Bericht für die Tour de . So will das Filmteam allerhand von mir wissen. Natürlich gebe ich mir da Mühe, ich will ja auch ein bisschen telegen wirken. Und Susi habe ich ja auch schon lange nicht mehr gesehen. Danach schnappe ich mir meinen Verpflegungssack und packe vier kleine Schinkenbrötchen und zwei Mandeltörtchen ein. Der Rest, die Energiebarren, lasse ich zurück. Dann lasse ich mir von Dirk noch zwei Teebidon geben und so bin ich dann bereit. Die letzten zwanzig Minuten vor dem Start gehe ich noch auf die "Leutsch" und spreche noch mit allerhand Leuten, Journalisten, Kollegen, Betreuer von andern Mannschaften. Komisch, ich bin gar nicht nervös, ein schlechtes Zeichen.

Es ist kalt, als der Startschuss fällt. Ich fahre mit langen Handschuhen, Armstulpen und einem zweiten Trikot dem offiziellen Start entgegen. Wie soll ich dieses Rennen eigentlich ohne grosse Moral taktisch fahren? Am Besten versuche ich auf den ersten 70km in den ersten Positionen vorne am Feld zu fahren, vielleicht läuft ja eine gute Gruppe? Und bei diesem Rennen habe ich mit dieser Moral nur so eine Chance, bis nach Rubaix zu kommen oder gar ein Resultat herauszufahren. Und es ist wie immer, nach nicht mal zwei Kilometer erfolgen die ersten Attacken. Ich mogle mich langsam aber sicher nach vorne. Was wollen denn die alle, bei diesem Gegenwind? Jeder fährt jedem nach, niemand kommt auch nur 50m weg. Aber so richtig greift auch keiner an, alles nur halbpatzige Versuche. Meine ehemalige Mannschaft MG will anscheinend unbedingt eine Gruppe machen, aber Santaromita ist bei bestem Willen nicht der Fahrer, der mit einem starken Antritt das erreichen könnte. Lass es sein, Mauro, es ist zwecklos. Aber warte mal, ich zeige Dir, wie man das macht, ich muss nur noch den richtigen Moment abwarten. Endlich die kleine Steigung, auf die ich gewartet habe. greift an, das Feld zieht sich in die Länge, ohne dass er wegkommt. Theoretisch sollte man jetzt mit einem starken Konter wegkommen. 13rein und ein Sprint. Nach zweihundert Meter weiss ich, dass kein Fahrer direkt an meinem Rad ist, nach weiteren zweihundert schaue ich das erste Mal zurück. Siehst Du Mauro, so fährt man 200m Vorsprung heraus. So, noch einen Kilometer voll fahren und dann werde ich mich orientieren, was ich machen soll. Ich sehe, dass hinten weitere Attacken lanciert werden und eine Jagd im Gange ist. Also nochmals einen Kilometer voll. Ein Motorrad kommt, 20 Sekunden Vorsprung. Scheiss Gegenwind, aber das habe ich mir ja selber eingebrockt. 40, 55 Sekunden, eine Minute, Mensch, die lassen mich nicht fahren, Gegenwind und kilometerlange gerade Strassenstücke. 20km bin ich nun schon gefahren, 45 Sekunden Vorsprung. Da mache ich mich ja lächerlich, so etwas Hirnverrücktes zerstört ja meinen guten Ruf bei den Rennfahrern. Noch 20 Sekunden, ist wohl besser so, ich esse ein kleines Schinkenbrötchen und schalte einen Gang zurück. 2km später immer noch 20 Sekunden. Wer nicht will, hat gehabt! Einen Gang grösser und beschleunigen. Ein gutes Zeichen, der neutrale Materialwagen wartet und fährt hinter mir her, das heisst, ich habe über eine Minute Vorsprung. Das Motorrad kommt, 2 Min 30. Auf den endlosen Geraden sehe ich das breite Feld hinter mir, sie fahren also noch langsam. Es sind noch 210km mit Gegenwind, scheiss Rennen. Ich habe meinen Pulsmesser wegen den Kopfsteinpflaster nicht mit, aber ich schätze, dass ich so mit 150 Schlägen pro Minute fahre. So halte ich es die nächste Zeit noch gut aus. Der Vorsprung pendelt sich bei dreieinhalb Minuten ein. Viel zuwenig, vor den ersten Pavées muss ich mindesten 5 Minuten haben, besser 15! Das Motorrad, 1.30 auf zwei Fahrer, 3.40 aufs Feld. Was sind das wohl für zwei Fahrer? Sehr gut, jetzt kann ich auf diese zwei warten und dann sind wir zu dritt bei diesem Wind. Ein Gan und ein Asics-Fahrer schliessen auf. Jetzt könnt ihr ein bisschen fahren, ich ruhe mich an euren Hinterrädern ein wenig aus. So ist es schön, ich merke, dass ich eigentlich noch gar nicht kaputt bin, führe aber trotzdem nicht, schliesslich bin ich 50km alleine in den Gegenwind gefahren. Nach zehn Kilometer harmonieren wir zu dritt recht gut, Vorsprung 5 Min. Ist das friedlich, im Feld hinten ist jetzt die grosse Keilerei für die besten Positionen im Gange, und wir fahren einfach so auf das erste Stück. Keine Bremserei, keine Sturzgefahr, nichts! C'est meilleur ici, que en groupe, n'est-ce-pas? Es holpert und staubt stark auf dem ersten Stück. Das Motorrad mit der Fernsehkamera wirbelt vor uns allen Staub auf. Zeitweise sehen wir nicht mal die Steine! Ich fahre auf den Pavées meistens in erster Position, da kann ich meinen eigenen Weg durch die Schlaglöcher suchen. Meistens fahre ich rechts oder links der Strässchen im Sand und Kies, da geht es mit viel weniger Kraftaufwand. Es ist zwar gefährlicher und auch das Defektrisiko ist grösser, aber wir können uns das leisten. Schliesslich müssten wir bei einem Platten nicht auf ein Rad warten, unsere Mannschaftswagen sind direkt hinter uns, der grosse Vorteil einer Spitzengruppe! Bei der ersten Verpflegung haben wir noch 3 Minuten Vorsprung. Viel zu wenig, aber wenn wir es nur noch bis zum Wald von Arenberg schaffen würden, aber es sind noch 40km. Ich weiss, dass mein Paris-Rubaix fertig ist, 3 Minuten Vorsprung und noch 140km bis zum Ziel, das reicht nicht mal zum fertigfahren. Wir wissen alle drei ohne etwas zu sprechen, dass wir nun voll fahren müssen um noch bis zum Wald zu kommen. Dort weiss ich auch, dass dieses Stück direkt im Fernsehen auf sehr vielen Kanälen kommt, viele Fotografen, viele Zuschauer, einfach das prestigvollste Stück bei diesem Rennen. Die letzten 10km vor dem Wald haben wir nur noch 40 Sekunden Vorsprung, wir fahren nur noch zu zweit, der Italiener ist total kaputt. Endlich das letzte gerade Stück, dann die Einfahrt zum Wald. Normalerweise die einzige Stelle von allen Rennen, an der ich Angst habe, mit 60km/h im Gedränge auf die schlechtesten Pavées des ganzen Nordens. Heute aber, alles ganz friedlich, nur das Gedröhn des Fernsehhubschraubers und das riesige Geschrei der Zuschauer! Und dann das Geschüttel, ich sehe nicht mal die Steine, den Lenker spüre ich schon gar nicht mehr in den Händen. Oh Schock, links und rechts haben die Organisatoren Zäune aufgestellt, so können wir nicht links in der Wiese fahren, die werden uns doch nicht die ganzen 4 km auf diesen Steinen fahren lassen? Sadisten! Aber bei der ganzen Leiderei, ein gutes Gefühl als erster auf den Pavées von Arenberg in all den Zuschauern zu fahren. Vorbei an der ersten festen Kamera, ich hüpfe nur noch von einem Schlagloch zum andern. Plötzlich fliegt Jacky Durand an mir vorbei, an seinem Rad weitere 10 Fahrer, dann wieder nichts mehr. Allez Jacky, allez! Ich komme kaum mehr vom Fleck, so ziemlich alle Fahrer, die noch im Rennen sind, fahren noch auf den Pavées an mir vorbei. Ich versuche gar nicht erst, in einer Gruppe Unterschlupf zu finden. Wieder auf dem Asphalt halte ich nur noch nach einem Mannschaftsauto Ausschau, das mich bis an die zweite Verpflegung mitnimmt. Adieu Paris-Rubaix!

Ich springe von einem Pflasterstein zum andern, ganz alleine, weit und breit weder ein Fahrer noch ein Mannschaftsauto, wo ich endlich einsteigen könnte. Plötzlich sehe ich Dominiqe Bozzi mit einem Platten reifen mitten in den Zuschauern stehen. Ich halte bei ihm, schliesslich sind wir zwei Mannschaftskollegen. Wir begrüssen uns, da wir uns das ganze Rennen nie gesehen haben. Dann müssen wir lachen, totkaputt und mit schwarzen Köpfen. Wir sehen wie Mineure aus, oder noch schlimmer. Wir sprechen mit den Zuschauern und warten auf irgend ein Auto, das uns die letzten 80km nach Rubaix mitnimmt. Aber ausser einer französischen Radiojournalistin, die saudumme Fragen stellt, läuft nichts. "Wie heissen Sie, Nummer 126?" "Eddy Merckx, wieso?" "Und jetzt seid ihr müde?" "Ein bisschen, wir machen hier nur eine kleine Pause, danach fahren wir weiter" "Hattet ihr noch keine Defekte?" "Einen Links und den andern Rechts" "Ihr seid Franzosen?" Dominiqe: "Nein, ich bin Korse" "Aber das liegt doch in Frankreich!" "Ja, aber ich bin Korse" Die Zuschauer rundherum müssen laut lachen, bis das Radio wieder abzieht. Endlich kommt der Besenwagen, wir müssen die Velos hineinwürgen, dass wir noch Platz finden. Im Auto sind die Pavées gar nicht so schlimm. Wir lesen noch Sven Teutenberg und andere drei Fahrer auf. Endlich sind wir bei der zweiten Verpflegung, wo wir aussteigen und in unsere angestammten Mannschaftswagen umsteigen können, die zum Glück noch gewartet haben. Unser Auto ist beinahe schon voll. Chanteur und Aus sind schon umgezogen. Auf dem Weg ans Ziel verfahren wir uns auch noch und wir treffen nur etwa 10Minuten vor den ersten Fahrern dort ein. Meine Augen brennen stark und den ganzen Staub bringe ich nicht heraus. Die Hände sind noch schwarz, ebenso der Kopf und die Beine, eigentlich alles. Aber ich staune, sonst geht es mir eigentlich ganz gut, keine Schmerzen in den Händen, nichts. Ich stehe in den Duschen, die von einem KZ stammen könnten, und hoffe eigentlich nur, dass wir noch warmes Wasser haben. Welch ein Glück, sogar noch heiss, das ist der einzige Vorteil den man hat, wenn man aufgibt! Schon treffen die ersten Fahrer und Mannschaftsauto vom Rennen ein. Unser Sponsor, der mit unserem Sportlichen Leiter mitfuhr, steuert sofort auf mich zu und gratuliert mir zu meinem Rennen. Er freut sich sehr, dass ich hier in Frankreich über eine Stunde live am Fernsehen zu sehen war. Soll mir recht sein, wenn er sehr zufrieden mit mir ist. Es steht noch eine stündige Autofahrt an, bis ich endlich um 19 Uhr im Hotel in Deinze eintreffe. Das ich keine Schmerzen habe, war wohl eine Fata Morgana, die Beine und den Rücken spüre ich stark, die Augen sind entzündet und die Ohren immer noch schwarz. Das war garantiert mein letztes Paris- Rubaix! Deinze (B), 14.April 97 Meine Moral ist am Boden. Ich habe das Trainieren auf der ewigen Fläche hier satt, das Hotel ist auch nicht das Beste. Ich bin froh, wenn ich morgen endlich in die Gegend von Lüttich wechseln kann, in die belgischen Ardennen mit den Steigungen. Lüttich (B), 15.April 97 Wenn ich in Belgien leben würde, wäre ich sicher nicht Radrennfahrer geworden! Schlechte Strassen, unvernünftige Autofahrer, viel Wind. Ich habe heute die 100km zwischen Brüssel und Lüttich mit dem Velo zurückgelegt, nur holprige Betonstrassen und dann die Autofahrer! Sie nehmen überhaupt keine Rücksicht, gefährlich, gefährlich. Da bin ich mit den Schweizer Autofahrern noch zufrieden, aber die Besten sind eindeutig die Amerikaner. Die können kilometerlang hinter einem herfahren, bis sie endlich mit grossem seitlichen Abstand überholen können. Ohne zu murren, ohne zu hupen. Übrigens, morgen fahre ich die Flêche Wallone schon mit mehr Moral, da wir ein super Hotel haben. Vielleicht kann ich mich morgen mit einem ersten Resultat wieder melden! Lüttich, 16.April 97 Flêche Wallone Langsam ist es zum Haare ausraufen! Jetzt habe ich es langsam satt, in einer Gruppe steckend wieder vom ganzen Feld eingeholt zu werden. Bei Lüttich-Bastogne-Lüttich bleibe ich den ganzen Tag im Feld! Aber Moral hat es eigentlich doch gegeben, nach dem ersten Mal der Muur von Huy sind wir weggefahren. Mir ist es recht gut gelaufen, auch wenn ich in dieser überhängenden Steigung 39/23 würgen musste. Und wir sind erst 30km vor dem Ziel wieder eingeholt worden, langsam aber sicher komme ich dem Ziel immer näher. Soll ich es in Lüttich nochmals probieren, vielleicht reicht’s ja doch? Lüttich, 17.April 97 Beim Training heuten morgen haben wir den St.Pietersberg in Maastrich passiert. Das tat für meinen Kopf richtig gut, da kamen die Erinnerungen an meinen Spurtsieg gegen Gianni Bugno beim Amstel Gold Race wieder hoch. Ich freue mich schon jetzt auf dieses Rennen vom übernächsten Sonntag. Aber zuerst steht die Ardennenclassic hier an, die wir morgen abfahren werden, wenigstens einen Teil davon. Das Gefühl in den Beinen war gut heute, hoffentlich hält das nun ein bisschen an. Lüttich, 18.April 97 Lüttich-Bastogne-Lüttich ist eines der schwersten Rennen die es gibt! Das wurde mir heute wieder einmal bestätigt, wir fuhren die letzten 120km mit dem Velo, nur auf und ab, keinen flachen Meter. Und die Steigungen: Stockau schmal und steil, Haut Levée breit und steil, La Redoute steil und sehr steil, usw. Eine erste Vorentscheidung wird wohl in der Gegend von Stockau fallen, und an der Redoute werden die besten "Gangwürger" (39/23) vorne sein. Danach sind es dann nur noch etwa 20km bis ins Ziel. Übrigens, es waren schon heute Zuschauer auf der Strecke, die sich die besten Plätze gesichert haben. Lüttich, 19.April 97 8Uhr aufstehen, 10Uhr zweieinhalb Stunden Training, 13Uhr essen, 14.30Uhr Mannschaftsvorstellung, 17Uhr Massage, 19.30Uhr Abendessen. Dazwischen fernsehen, ein bisschen Komputer. Das war mein Tag heute, sehr langweilig, aber sehr typisch. Und da findet jemand, wir hätten ein interessantes Leben. Eigentlich wäre ich gerne wieder einmal für längere Zeit zu Hause, da hätte ich noch viel zu erledigen. Aber jetzt halte ich noch bis zum 1.Mai am Henningerturm in Frankfurt durch und dann ab in die Ferien (mit Familie). Seit dem 1. Januar 10'488 km, 32 Renntage und 70 mal in einem Hotel geschlafen. Lüttich (B), 20.April 97 Lüttich-Bastogne-Lüttich Warm eingepackt rolle ich im hinteren Teil des Feldes vom Start weg. Schon sehe ich wie ein Fahrer von uns angreift. Mich packt die Wut, gestern an der Mannschaftssitzung habe ich ausdrücklich jedem Fahrer gesagt, falls er etwas spezielles vor hat, soll er es sagen, dass es die Kollegen auch wissen. Ich habe nichts gegen einen schnellen Start, aber bitte, wenn ich vorne bin. Natürlich ist dann aber Marc Streel nicht dabei, als Georg Totschnig das Weite sucht. Was für Fahrer haben wir eigentlich hier! Wenn einer von den Jungen nur schon ins Ziel kommt, ist es ein Wunder. Allerdings muss auch ich mich gewaltig anstrengen, denn die Strecke ist wirklich hart. Fast 5000 Höhenmeter auf 263km. Ich rolle im hinteren Teil des Feldes, den Kopf auf keinen Fall in dem Wind, möglichst Kraft sparen, solange es geht. Ich suche Gianni Bugno, um einen Schwatz abzuhalten. Es ist das erste Rennen dieses Jahr, dass wir gleichzeitig fahren. Er ist wie immer, und jammert über seine Beine. Ich übrigens auch, aber das gehört dazu. Es beginnt leicht zu schneien, als wir die 50km Tafel passieren, Georg hat inzwischen 12 Minuten Vorsprung, aber es werden sicher auch 20 Minuten nicht reichen, und das Feld fährt immer noch sehr gemächlich. Erster Berg, erste Verpflegung, es läuft überhaupt nichts. Alle wissen, dass das Rennen erst an der Côte de Wanne beginnt. Bei Km 135 beginne ich mich langsam aber sicher nach vorne zu schummeln. Die letzten 10km vor Vielsam ist das Gedränge und Gedrücke grösser als normal, die Fahrer sind alle noch frisch und wollen vorne die erste Kurve unten am Berg nehmen. Als erster biegt, man staune, ich in die Côte de Wanne. Rolf, das hast du wieder einmal sehr gut gemacht, ich kann die Kurve so mit 55km/h voll durchziehen, und ich weiss aus Erfahrung, ab der 40 Position wird’s noch 20km/h sein. Viel Kraft gespart, trotzdem verliere ich auf den 4km Steigung etliche Positionen, was aber nicht schlimm ist. Nach der Abfahrt hat man nochmals 5km Zeit, bis zur Spitzkehre vor der Côte des Hézalles, der ersten wirklich steilen und schmalen Rampe. An zehnter Position um die Kurve, 23 rein und raufwürgen, am Hinterrad von ! Nach einem Kilometer die Abfahrt und rein in die Côte de d'Aisomont, ca. 6km lang, dafür nicht so steil. Aber alle wissen, dass man da vorne in die Abfahrt reinstechen muss, darum gibt es da im Aufstieg schon ein Gedränge. Vorne in die Abfahrt und vorne in die Côte de Stockeu, wieder ein Gewürge mit dem 23, Abfahrt und in den Haute-Levée, das Gedränge, dünkt mich, hat aber merklich abgegeben. Vorne attackieren sie, ich bleibe aber in meiner Position, zuviel Gegenwind! Auf dem folgenden kleinen Flachstück sehe ich, dass wir nur noch etwa 70 Fahrer sind, von uns sind nur noch die drei alten Italiener und der alte Schweizer dabei, die Jungen hat es anscheinend schon gelupft. Die Côte de Rossier wird sehr schnell hochgefahren, ich bin etwas weit hinten und muss kämpfen und leiden. Wir hängen einiger Fahrer ab, darunter auch leider Marco Saligari von uns. Ich komme am letzten Zwack noch mit, irgendwie sollte ich mich jetzt ein bisschen erholen, nur wie? Die zweite Verpflegung, ich schnappe mir den Sack und würge sofort ein Extran runter, vielleicht hilft’s. Irgendwie muss ich noch über den nächsten Berg kommen, dann bin ich bis zur Redoute gerettet. Irgendwie schaffe ich es, beginne dann aber diesen scheiss Berg zu weit hinten, was aber an meinen Beinen liegt. Über die ersten zwei Rampen komme ich gerade noch so mit, an der letzten ist es dann aber geschehen, wieder einmal mit dem 23 Ritzel würge ich 10m hinter den anderen darüber, kann dann aber auf dem folgenden Flachstück nicht genug beschleunigen. Merde, ich bin noch der dritte Fahrer von Casino, jetzt muss ich die letzten 35km noch voll fahren, wegen dem Weltcup - Mannschaftsklassement. Beim Nächsten Berg bin ich gerade mal 30m hinter dem letzten Auto, wenn ich das einholen könnte, käme ich im Windschatten wieder an die grosse Gruppe vor mir heran. Beim Bergpreis an der Côte des Forges sind es dann aber schon 200m und in der geraden Abfahrt mit Gegenwind entschwindet dann alles aus meinem Blickfeld. Noch 22km ganz alleine in den Wind und völlig kaputt. Am letzten Berg werde ich dann noch von meinen ehemaligen Mannschaftskollegen Fabio Baldato und Roberto Pistore mit je zwei Once und Gan Fahrer eingeholt. Ebenfalls ist der Deutsche Meister Christian Henn dabei, der wie ein verrückter fährt. Auch hier muss ich noch kämpfen. Beim Schlussaufstieg Richtung Ziel muss ich an meinen Schlusssprint denken, den ich als dritter der Mannschaft noch machen sollte. Aber erstens hänge ich in den Seilen und zweitens mache ich mich ja lächerlich, um den 50Rang zu sprinten. Fabio kommt zu mir und lacht. " Devi fare la volata, eh?" "Wenn ich noch kann, sollte ich." An der Ziellinie kann ich mich noch irgendwie an den andern Fahrern vorbeischmuggeln. Völlig auf dem Hund bin ich wenigstens fertiggefahren. Mers-les-Bains (F), 22.April 97 Côte Picarde Endlich habe ich wieder einmal ein klitzelkleines Resultat erreicht. Im Sprint einer 30Mann starken Gruppe fuhr ich hinter dem Gewinner Abdoujaparov den fünften Rang heraus. Ich bin recht zufrieden, wenn nicht alles ganz und gar flach gewesen wäre.... Na klar, diese Rennen um den Coup de France haben schon nicht das Niveau grosser Rennen, aber für die Moral sind sie noch allemal gut. Übermorgen fahre ich dann noch den GP de Denain, halt wieder alles flach, aber wir werden sehen. Valencienne (F), 23.April 97 Ich bin wieder einmal im Norden Frankreichs, zwischen all den Pavèes von Rubaix. Sehr trostlos zum trainieren, aber zum Glück haben wir morgen wieder ein Rennen. So hatt ich Zeit, mich meinem Komputer zu widmen. Dabei kam ich auf die glorreiche Idee, all meine Tagebucheinträge zusammenzutragen, was allerdings sehr schnell geschehen war. Ich habe nur noch die, die ich heute vom Internet herunterladen konnte. Falls jemand so verrückt war, ältere Einträge als vom 23.Februar 97 zu speichern, wäre ich froh, wenn ich sie bekommen könnte. Danke.

Übrigens habe ich heute endlich meine Autogrammkarten erhalten, sobald ich zu Hause Zeit finde, werde ich die eingegangenen Wünsche erledigen. Denain (F), 24.April 97 GP Denain Wenn mir vor dem Start jemand gesagt hätte, dass ich auch heute fünfter mache, wäre ich zufrieden gewesen, schliesslich ist dieses Rennen eine Nummer grösser als vorgestern. Wenn ich allerdings in einer Fünfergruppe im Sprint letzter mache, bin ich ganz und gar nicht zufrieden. Aber mit meinen schlechten Beinen heute nur schon in der Spitze ins Ziel zu kommen, ist ein Wunder (oder Klasse meinerseits?). Lüttich (B), 25.April 97 Ich habe ganze drei Kilometer trainiert heute. Ich war noch total kaputt von gestern. Nun geht es aber wieder besser. Und eigentlich bin ich für morgen wieder ganz zuversichtlich. Vielleicht gelingt mir ja wieder etwas ähnliches wie vor vier Jahren hier? Morgen sollte ich beim Amstel Gold Race den ganzen Tag in den ersten zwanzig Positionen fahren. Den ganzen Tag links, rauf, rechts, runter, bei ganz schmalen Strässchen, nur die letzten 40km sind etwas ruhiger. Wahrscheinlich werden 60 Fahrer in den Schlusssprint kommen, und da werde ich einen Spurthinlegen...! Maastrich (NL), 26.April 97 Amstel Gold Race Es wird sehr schnell gestartet. Aber ich bin darauf vorbereitet. Jacky Durand hat mir versprochen, dass er gleich nach dem Start attackieren werde. Aber es sind die Fahrer von Palmans, die um jeden Preis flüchten wollen. Das Feld ist immer im Faden, um Verkehrsinseln, Ampelanlagen, Radwege, ein Slalom, wie das halt in Holland so ist. Die ersten 30km legen wir in 40 Minuten zurück. "Super so, so erwischen wir das Flugzeug heute Abend sicher noch!" höre ich Alex Zülle neben mir. "Du vielleicht, aber ich fliege um 8 Uhr 20 von Paris, da müssen sie schon die nächsten drei Stunden auch noch schnell fahren." Die Kilometer fliegen nur so an mir vorbei, nach 70km kehrt das erste mal etwas Ruhe ein. Nur nicht täuschen lassen, und von jetzt an vorne fahren, die breiten Strassen sind bald vorbei, und dann wird das Rennen an der ersten Verpflegung bei 105km losgehen. Vermute ich wenigstens, seit ich das letzte mal vor drei Jahren gefahren bin, haben sie die Strecke etwas geändert. Und schon stechen wir für mich völlig überraschend in eine schmale Steigung. Ich bin vorne, dussel gehabt! Das Strässchen bleibt sehr schmal, ich bin aber ganz vorne mit fünf Fahrern von Rabobank. Die haben etwas vor! Kaum gedacht, geht es los, sie fahren wie verrückt, das Feld zieht sich sehr, sehr in die Länge. Bremsen, spitzwinklige Kurve, antreten, und dann kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, ich sehe das ganze Feld wie an einer 600m langen Perlenschnur auseinandergezogen, ich in den ersten 10 Positionen. Die da hinten werden gewaltige Beinschmerzen nach dieser Kurve haben. Aber nach einigen Kilometern ist der Spuk vorbei, alles wieder zusammen. Aber von jetzt an gilt nur noch eines, unbedingt vorne fahren. Das wissen aber alle Fahrer, und so drängeln wir auch an der Verpflegung, dem ersten, zweiten, dritten, vierten Berg. Irgendwie kann ich meine Position relativ leicht halten und bin auch ganz vorne, als wir die Steigung zum Dreiländerpunkt in Angriff nehmen. Der höchste Punkt Hollands mit, glaube ich, 380m.ü.M. Danach folgen wieder kurze, steile Rampen, aber ich kenne sie noch alle. Nur an diesen Keutenberg kann ich mich nicht mehr errinnern, aber der Name sagt mir, dass er sehr steil und hart ist. Und meine Kräfte neigen sich langsam aber sicher dem Ende zu. Aber dann, am Keutenberg (ich habe recht, er ist sehr steil), sehe ich, dass auch die Fahrer rechts und links neben mir am kämpfen sind. Aber dann, keine Abfahrt, sondern ein langes flaches Stück mit Seitenwind. Ich kämpfe mit allen Mitteln, um das drei Meter grosse Loch vor mir wieder zu schliessen. Nur nicht nachgeben, nachher kommt für eine Weile nur noch der Cauberg. Und da gibt es nur eins, ganz vorne beginnen, und dann hoffen, dass ich oben wenigstens mit den letzten der Gruppe noch mitkomme. Die Strasse ist breit und steil, wie konnte ich da an einer Tour de France Etappe überhaupt noch angreifen? Und bei meinem Sieg hier vor vier Jahren, bin ich ganz locker hochgefahren! Dem ist Heute gar nicht so, aber ich bin oben noch dabei, und das Feld ist schon merklich kleiner geworden. Bei der ersten Zieldurchfahrt beginnt es zu Regnen, vorne sind, glaube ich, einiger Fahrer weg, aber ich habe keine Ahnung wer und wieviele. Nach dem St.Pietersberg beginnt MG zu fahren, ich finde am Hinterrad von , dem Leader im Weltcup, unterschlupf. Für die nächsten 10km bin ich so gut versorgt, allerdings sehe ich fast nichts mehr, meine Brille ist völlig verschmutzt, angelaufen und was weiss ich noch alles. Entnervt schmeisse ich sie weg, und merke, dass es gar nicht mehr so stark regnet. Waren das nur die Tropfen auf dem Glas? Der drittletzte Berg nähert sich, der Hallembay oder so, einen Kilometer, breite Strasse, geradeaus und steil. Bei meinem Sieg habe ich hier mit Gianni Bugno die letzten Begleiter abgeschüttelt. Aber wie soll ich heute nur da hoch kommen? Ich kämpfe, kämpfe und kämpfe nochmals, danach kämpfe ich auch noch, um das kleine Löchlein von 10m zu flicken. Endlich wieder in der Gruppe, sofort nach vorne. Ich weiss nicht, wieviele Fahrer wir noch sind, ich muss nur unbedingt wieder ganz vorne in den nächsten Stutz, dann überlebe ich vielleicht auch den. Es regnet wieder in strömen, als wir den letzten Berg 4km vor dem Ziel in Angriff nehmen, nochmals den St.Pietersberg. Ich riskiere fast mein Leben, aber ich komme vorne um die Spitzkehre, so habe ich bis oben ein wenig spatzig. Aber da es sehr schmal ist, verliere ich nicht mal viele Positionen und beginne den Schlusssprint schon in der Abfahrt (wie alle andern auch). Der letzte Kilometer. Nehme ich das Hinterrad von Sciandri? Oder Ekimov? Sörensen wäre auch noch? Egal, nur noch treten. Immerhin, zwischen der siebten und zehnten Position überquere ich die Ziellinie. Jetzt müsste man nur noch wissen, wieviele Fahrer vorher weggefahren sind. Zihlschlacht, 27.April 97 Endlich wieder einmal zu Hause! Wenn nur der Schreibtisch nicht von zu "Erledigender Post" überquillen würde. Kurz und Gut: Viel Arbeit und wenig Training, heute wenigstens. Frankfurt, 1.Mai 97 Rund um den Henningerturm Ich bin das Rennen so stark wie ein Amateur gefahren! Einer der ersten die abgehängt wurden. Aber ist vielleicht fast besser so, jetzt kann ich beruhigt in die Ferien fahren. Wenn ich gewonnen hätte, würde ich ja mit einem schlechten Gewissen die Erholung machen und würde lieber Rennen fahren! Cran Canaria, 2. bis 9. Mai Ihr könnt mich alle mal. Ich bin weder über Telefon, E-Mail, noch sonst wie erreichbar. Ich mache Ferien und bin nur für mich und meine Familie da!

Viele Grüsse in den kalten Rest der Welt! Rolf Zihlschlacht, 10. Mai So, ich bin erholt, braungebrannt und motiviert wieder zurück. Brrrr, ist das eine Kälte hier! Es war sehr schön und ich habe viele nette Deutsche kennengelernt. Aber nun eine Frage an meine nördlichen Nachbarn: Warum sprecht ihr im Ausland nur Deutsch und kein einziges Wort spanisch? Warum habe ich nicht ein einziges mal gracias und nur immer danke gehört? Und warum habe ich fast nur Schnitzel Pommes gelesen und nie tortillias? Zihlschlacht, 11. Mai Ist der Beginn hart! Wenn ich das vor den Ferien gewusst hätte, wäre ich zu Hause geblieben. Ich bin den Stoss (mein Hausberg) in 26 Minuten hochgeschlichen, meine Bestzeit beträgt nicht ganz 18 Minuten. Na gut, ichhatte Gegenwind, aber gerade so schlecht? Wenigstens kann ich mich jetzt nur noch verbessern. Zihlschlacht, 12.Mai Jetzt hat es mich auch mal "erwischt" ! Am Abend standen plötzlich zwei ältere Herren bei mir im Garten, während ich am Rasenmähen war. Sie zückten einen Ausweis, packten zwei Fläschen aus und baten mich um eine Dopingkontrolle. Natürlich war ich im ersten Moment etwas verdattert, aber es lief dann alles recht schnell über die Bühne, schliesslich habe ich ja kein schlechtes Gewissen. Nur mein Sohn Dominik meinte: hoffentlich hast du etwas genommen, dann sperren sie dich und du kannst für immer zu Hause bleiben! Zihlschlacht, 13. Mai Die Ferienbeine sind ausgestrampelt. Nach 210km und fast sieben Stunden habe ich nun das Gefühl, wieder schneller als Hobbyfahrer zu rollen. Allerdings muss ich immer noch das Kilo Ferienspeck abhungern, gar nicht so einfach. Aber ein Tip an alle Hobbygümmeler: Wenn ihr eine Gegend sucht, um gut zu trainieren, kommt in die Ostschweiz. Wir haben alles, Berge, Flächen, Wellen, nicht viel Verkehr und Sonne. Es war wieder mal richtig schön. Zihlschlacht, 15. Mai Ich bin zufrieden. Vorgestern 210km, gestern 150, heute 165. Nur dieses Kilo ist immer noch nicht weg (besser wären zwei!). Aber nächste Woche hat unsere Mannschaft ein Trainingslager in Chambéry, französische Alpen, dort werden wir sicher auf Diät gehalten. Und dann sehe ich endlich Olympiasieger und Freund wieder einmal. Zihlschlacht, 16.Mai 210km lange habe ich geflucht wie ein Rohrspatz! Dreimal wäre ich fast überfahren worden und jedes zehnte Auto hupte so agressiv, dass es uns schier vom Rad geblasen hat, und das nur, weil Alex Zülle und ich auf den übersichtlichen Strassen nebeneinander gefahren sind. Die Autofahrer, die schnell fahren müssen, sollen doch die Autobahnen benutzen! Stimmt, heute war ja Freitag, und es ist jeden Freitag so. Chambéry (F), 19.Mai Ich bin heute ein kleines Rennen in der Schweiz gefahren, den GP Winterthur, letzter! Ich hatte mit der Geschwindigkeit schon noch Mühe und dann zwei Kilometer vor dem Ziel auch noch einen Platten. Ich weiss also, was ich hier im Trainingslager noch trainieren muss: Berge und Intensität. Hoffentlich hält das sehr schöne Wetter noch ein bisschen hin, dann könnte es morgen hier in den Alpen noch eine schöne (harte) Trainingsfahrt werden. Chambéry, 20.Mai Hart ist die Trainingsfahrt geworden, aber schön? Es hat den ganzen Tag Bindfäden geregnet, und so waren wir nur 4 Stunden unterwegs, aber mit 2000 Höhenmeter. Allerdings war ich immer der letzte auf den Bergen, kein gutes Zeichen. So kann ich mich wenigstens nur noch steigern! Morgen will ich wenigstens der zweitletzte sein, jeden Tag etwas weiter vorne. Chambéry, 21.Mai Ich komme gerade von der Massage. Eigentlich bin ich nicht ein grosser Fan davon, aber wenn man kaputt ist; einfach daliegen, nichts denken und erholen. Leider schmerzen die Muskeln auch während der Massage, und gar nicht wenig. Aber das dürfen sie heute, 200 km mit acht Bergen, und nicht etwa langsam. Aber immerhin, ich konnte schon vier Fahrer hinter mir lassen.... Wenn das so weitergeht, bin ich ende Trainingslager in Form! Chambéry, 22.Mai Erholungstag, 125km, gute Beine. Wir haben für unseren Lastwagen einen neuen Kühl- und einen neuen Gefrierschrank bekommen. Manche Hausfrau wäre ab einem so grossen Ding neidisch. Darin bewahren unsere Masseure die Nahrungsmittel für die Verpflegung auf und der Gefrierschrank wird zum Eis herstellen gebraucht. Gegenüber steht die Waschmaschine und der Tumbler, für die tägliche Wäsche. Daneben hat es viele Schränke für Bekleidung, Müeslischachteln, Flaschen voll mit Sirup, Wasser und Cola, hunderte von Bidons usw. Im hintern Teil arbeiten die Mechaniker, mit Werkbank und allem Ersatzmaterial. Es finden so nebenbei auch noch 29 Velos und 136 Räder platz. Fals ihr mal in der Nähe der Unterkunft einer Mannschaft sind, benützt die Gelegenheit und schaut mal in die Camions der Equipen rein, es lohnt sich! Chambéry, 23.Mai Ich bin zufrieden, ich muss das Rennen Midi Libre nächste Woche nicht fahren. Es kommt etwas zu früh für meine gegenwärtige Form. Ich kann also nochmals zwei Wochen in Ruhe zu Hause trainieren, danach starte ich nun an der Luxenbourgrundfahrt, um den Rennrythmus wieder zu finden und dann bin ich gerüstet für die und Tour de France. Ein Ideales Programm. Heute fuhren wir übrigens 160km mit 5 Bergen. Auf dem dritten massen wir die Laktatwerte, mein Laktat war mit 7,2 über dem Schwellenwert, aber das spührte ich auch ohne Messung! Zihlschlacht, 26.Mai Nachdem ich fast den ganzen Morgen an meinem Renner herumgebastelt habe, habe ich ihn entnervt dem Velomech gebracht. Sollte er doch meine MTB-Hörnchen montieren. Und jetzt alles tiptop, die Rennposition ist jetzt fast wie auf einem Zeitfahrerrad! Da ich noch nie ein grosser Fan dieser Lenkeraufsätze für gewöhnliche Rennräder war, habe ich auch nie einen montiert. Nun habe ich kürzlich bei einem Scott Manager seine MTB Hörnchen am gewöhnlichen Rennrad bewundert, kurz, diskret und leicht. Und sie dann auch prompt in einem zugesandten Paket zu Hause empfangen. Uebrigens, die ITM Lenkeraufsätze sind sehr gut, sehr schön und sehr leicht! Zihlschlacht, den 29.Mai Aus Umweltschutzgründen und Bequemlichkeit war ich mit der Eisenbahn in Zürich. Danach musste ich die Französische Botschaft suchen, vor dem Eingang über eine Stunde Schlange stehen, um in der Schalterhalle nochmals 30 Minuten zu warten. Endlich durfte ich endlos Formulare ausfüllen, meine fünf Passfotos und Pass abgeben, um dann zu erfahren, dass der Arzt, bei dem ich auch schon einen Tag geopfert habe, zwei Formulare nicht unterschrieben hat. Da wäre ich am liebsten in die Luft gegangen! Und alles nur wegen der Arbeitsbewilligung, die ich in Frankreich brauche, da die Schweiz nicht in der EU ist. Zihlschlacht, 31.Mai Mein Handgelenk schmerzt. Zum ersten Mal in habe ich Tennis gespielt. Und zwar mit Olympiasiegerin Vreni Schneider und Franco Cavegn, beides Skirennfahrer, und mit Thomas Sutter, Schwingerkönig. Natürlich habe ich alt ausgesehen, aber man muss ja nicht alles können. Zihlschlacht, 2.Juni Ich war wiedereinmal mit Alex Zülle am Trainieren. Er fährt übrigens sehr stark und ich war den ganzen Tag am kämpfen. Nach vier Stunden training waren wir noch 60km hinter dem Mottorrad von Walter Zülle. Danach musste ich noch eine Stunde heimfahren, wo ich dann total auf den Felgen ankam. 202km in 5:50 Stunden. Jetzt bin ich froh, dass es regnet, so gibt es morgen ein bisschen weniger Kilometer. Zihlschlacht, 4.Juni siehe Eintrag vorher !

Fast wenigstens. Die Beine haben sehr stark geschmerzt, es war wohl noch Säure von gestern drin (aber nicht nur bei mir). Und hinter dem Motorrad war es auch härter, schliesslich war auch Philipp Buschor, der bei Saeco fährt, mit dabei. Morgen werde ich dann ein bisschen kürzer treten, damit ich Freitag und Samstag nochmals viel machen kann. Nächsten Sonntag habe ich trainingsfrei, mein Fan-Club hat Familientour! Wer hat heute eigentlich das Zeitfahren am Giro gewonnen? Zihlschlacht, 6.Juni Ich freue mich, bis ich endlich wieder Rennen fahren kann. Das Trainieren gurkt mich langsam an. Noch genau fünf Tage und ich kann mich in Luxenbourg an einem Wettkampf messen! Leider bin ich nicht sehr optimistisch, was meine Form betrifft, aber man weiss ja nie! Luxembourg, 11. Juni So, ich melde mich wieder einmal. Letzte Woche hatte ich die Schnauze voll von Komputer, Tagebuch und .... (training). Ich suchte beinahe schon eine Arbeit! Ich habe mich die ganze Woche zum trainieren quälen müssen, aber trainiert habe ich wenigstens. Jetzt geht es immerhin wieder besser, und auf morgen bin ich sehr gespannt, wie es mir in der ersten Etappe der Luxenbourgrundfahrt läuft. Ich bin etwes skeptisch.

Wer einen guten Job für mich hat, kann sich melden! Luxembourg, 12.Juni 1.Et. Tour de Luxembourg Ich bin hochzufrieden. Es lief mir ganz gut und ich habe sogar Bergpreispunkte ergattert. Nach der Etappe habe ich sogar Stretching gemacht, das will einiges heissen. Ich hoffe nur, dass es jetzt so weitergeht, dann starte ich hochmotiviert in die Tour de Suisse. Es gab übrigens einen Massensprint mit dem Sieger Eric Zabel. Weltmeister Museeuw, Rolf Sörensen und Bartoli kamen im Gruppetto ins Ziel und Jalabert fuhr den ganzen Tag unauffällig im Feld, was führen sie wohl im Schilde? Luxembourg, 13.Juni 2.Et. Tour de Luxembourg Heute machte ich schon wieder Stretching! Auf der 200km langen Etappe mit einem Schnitt von 42km/h fühlte ich mich eigentlich recht gut. Auf den letzten 50km habe ich mit vier Telekom Mannen, Johann Museeuw und Gianni Bugno im Feld Tempo gemacht, und ich glaube, dass wir ziemlich schnell unterwegs waren. Die Ausreisser sind aber erst auf dem letzten Kilometer eingeholt worden. Aber Gianni Bugno lernt das Mannschaftsfahren wohl nie, auch heute ist er jeweils 4km schneller gefahren als wir, wenn er an die Führung kam. Aber das ist alt bekannt, man darf ihm auf keinen Fall zurufen, dass er langsamer fahren soll, dann beschleunigt er noch mehr. Aber zum Glück wussten dies alle, und so fluchten wir nur innerlich. Luxembourg, 14.Juni 3. + 4.Et. Tour de Luxembourg In der Morgenetappe bin ich mit einer Gruppe 10km vor dem Ziel wieder eingeholt worden. Es läuft wirklich besser als erwartet, aber in Hochform bin ich auch noch nicht. Im Zeitfahren am Abend habe ich auf 16km auf den zweit platzierten Alberto Elli (Casino) nur etwa 50 Sekunden verloren. Liegt das am neuen Zeitfahrervelo, das ich heute zum ersten Mal gefahren bin? Ich habe da eine sehr gute Position und das Material ist auch super. Aluminium, sehr leicht und stabil. Jetzt will ich morgen ein bisschen Kraft sparen und dann schauen, was ich im Prolog der Tour de Suisse zu Hause kann. Diekirch (L), 15.Juni 5.Et. Tour de Luxembourg Ich habe gelitten, den ganzen Tag. Die Mannen von Mapei haben wie die Verrückten über die Hügel geführt, um das Leadertrikot von Vandenbrouke zu verteidigen. Am Schluss hat es aber doch einen Massensprint gegeben, mit dem Sieger - Jann Kirsipuu- von, richtig, Casino, c'est votre équipe. Wir sind hochzufrieden, und Alberto Elli im Gesamtklassement zweiter. Im Gegensatz zur unserer Mannschaft an der Dauphine, die konnten, so hörte ich, nichts. Gottlieben (CH), 17.Juni Prolog Tour de Suisse Ich starte erst um 18.22 Uhr und muss den ganzen Nachmittag in Romanshorn verbringen, da man die Strecke nur zwischen 15 und 16 Uhr besichtigen kann. Aber zum Glück kann ich da zwischendurch nach Hause, ich wohne ja nur 8km vom Prolog entfernt, unser Mannschaftshotel ist hingegen 22km weit weg. Der letzte Tag war etwas stressig, da jede Lokalzeitung noch im letzten Moment exklusiv etwas von mir haben wollte. Aber wenn dann die Tour de Suisse endlich läuft, wird es auch ruhiger. Ich hoffe, dass es bei meinem Start zum Prolog nicht regnet, bei diesen vielen Kurven hätte man da keine Chance mehr, und meine würde dadurch noch viel kleiner!

Und sie sind kleiner geworden. Natürlich hat es bei mir wieder geschifft! Aber irgendwie bin ich zufrieden, Alex Zülle geschlagen, Gianni Bugno auf 7km eingeholt! Jetzt ist es schon 23Uhr und ich hatte immer noch keine Minute Ruhe. Aber jetzt schalte ich den Komputer aus und schaue "Good morning Vietnam" auf ORF 1 Egerlingen, 18.Juni 2.Et. Tour de Suisse Was für eine Zielankunft! Um tausend Hausecken, über hundert Tramschienen, vorbei an Verkehrsinseln, und am Schluss noch den 6.Rang im Massensprint. Eigentlich bin ich mit Heute sehr zufrieden, die Beine waren auch in den kleinen Bergen recht gut, die wir heute hinaufgesprintet sind. Wenn es so weitergeht, bin ich sehr zuversichtlich, in dieser Tour de Suisse endlich von einem Etappensieg zu berichten. Seit ich dieses Tagebuch schreibe, habe ich noch kein einziges Rennen gewonnen, hoffentlich ändert sich das möglichst schnell. Gratulation an die Deutschen Fans, Zabel hat gewonnen! Neuenburg, 19.Juni 3.Et. Tour de Suisse Endlich, endlich habe ich Zeit, mich an dieser Tour de Suisse etwas zu Erholen. Bis jetzt war immer etwas los, gestern hat das Fernsehen gedreht, wie ich diese Seite schreibe. Auch heute morgen hatten wir keine Ruhe, wir wurden eine Stunde früher geweckt als üblich, und dann wurde an allen Fahrern unserer Mannschaft Blut abgezapft. Es wurde kontrolliert, ob wir den Hämatokritwert etwas mit EPO aufgepäppelt haben. Aber natürlich sind alle clean. Unser Fahrer Agnolutto hat die Etappe gewonnen und das Leadertrikot übernommen. Das heisst wieder mal viel Arbeit morgen. Mir lief es ganz gut, habe auch angegriffen, aber hinter mir sind immer alle hergefahren und die andern lassen sie ohne Gegenwehr 12Minuten Vorsprung; immer dasselbe. Kandersteg, 20.Juni 4.Et. Tour de Suisse Das war hart. Meine Mannschaft war am Limit wie unser Leader auch. Aber das Trikot haben wir noch, nur bin ich jetzt nicht mehr so sicher, dass wir die Tour de Suisse gewinnen. Das könnte noch spannend werden. Schade, dass ich heute so viel arbeiten musste, mir läuft es nicht schlecht, Pardon, ganz gut. Aber ich bin so zuversichtlich wie schon lange nicht mehr, dass ich nächstens doch noch einen Sieg herausfahren kann. Übrigens habe ich heute einen neuen persönlichen Geschwindigkeitsrekord an dieser Tour de Suisse aufgestellt. In der Abfahrt der Vue des Alp 100,1 km/h! Spiez, 21.Juni Zeitfahren 5.Et. Tour de Suisse Ich komme gerade von unserem Osteopathen zurück. Er fand, dass ich in der Nackengegend Verspannungen habe und dann hat er so lange an meinem Kopf hin und hergerissen, dass ich Angst hatte, er reisse ihn mir vom Laib! Aber es ist tatsächlich besser jetzt. Es kann zwar fast nicht besser sein, beim Zeitfahren bin ich in die ersten 20 gekommen, ohne Warmzufahren, ohne die Strecke zu kennen und ohne grosse Moral. Wer weiss, wenn das so weitergeht..... Bosco Gurin, 22.Juni 6.Et. Tour de Suisse Regen, Regen, Regen, nachher Berge, Berge, Berge. Und was für welche. Da haben sie die Königsetappe annulliert und ein Ersatzparcour gewählt, und dann fährt man 3km mit 39/25 am Anschlag, das kam in meiner ganzen Profikarriere noch nie vor. Die Berge waren für mich etwas steil, aber ich bin doch noch relativ gut in Bosco Gurin angekommen. Und unser Leader Agnolutto ist super gefahren. Leider haben wir die Tour de Suisse noch nicht im Sack, aber heute hat er der ganzen Mannschaft eine super Moral gegeben. Zug, 23.Juni 7.Et. Tour de Suisse Erstmals vielen Dank für all die Mails, die ich in den letzten Tagen bekommen habe. Ich versuche hier, mal einige häufig gestellten Fragen zu beantworten. Es stimmt tatsächlich, dass ich am Zeitfahren einen "Kaltstart" hingelegt habe, nicht sehr gesund und mit vielen Schmerzen verbunden, aber für die hinteren Fahrer fast normal. Möglichst gut erholen und wenige Kilometer machen, das ist so das Motto eines Zeitfahrens. Und mein Tagesablauf, z.B. Heute: 7.30 aufstehen und Frühstücken, Brot, Gipfeli, Müesli, keine Spaghetti, Koffer packen und noch etwas Zeitungen lesen. 10.15 Mannschaftsbesprechung, 10.30 mit dem Velo zum Start (5km), 11.50 Start zur Etappe, 17.00 Ziel, noch 30 Minuten ins Fernsehen, dann 40 Minuten mit dem Auto ins Hotel, Duschen, den Bericht für den Blick schreiben (mache ich auch noch), 19.15 Massage für 50 Minuten, 20.30 Essen bis ca. 22.00 Uhr. Den Bericht fürs Internet ausdenken und um 23.00 ist Erholung angesagt. Wetzikon, 24.Juni 8.Et. Tour de Suisse Ich bin kaputt. Alberto Elli und ich sind 120km lange an der Spitze des ersten Feldes gefahren. Der Rest unserer Mannschaft war hinten und hat 24 Minuten kassiert. Aber ich muss sagen, wir sind sehr stark gefahren, auch wenn Eigenlob stinkt. Ich mache es heute ein bisschen kürzer, ich brauche Erholung. Davos, 25.Juni 9.Et. Tour de Suisse Am Anfang hatten wir es relativ locker, dafür wurde im Finale umso schneller gefahren. In den ersten Steigungsprotzenten wurde es dann aber schon das erste Mal etwas kritisch. Alberto Elli und ich mussten wieder mal für unsern Leader die Kohlen aus dem Feuer holen. Bis nach Klosters hatten wir keine Zeit, das kleine Blatt zu gebrauchen, wir sind alles 53/19 oder grösser gefahren. Dafür hat es mich dann nachher parkiert! Aber unser Leader ist noch Leader, und jetzt nur noch ein Tag, und dann wäre es bereits das vierte mal, dass ich an der Tour de Suisse in der Siegermannschaft bin. Und Geld verdiene! Zihlschlacht, 27.Juni Der Koffer ist ausgepackt, die Tour de Suisse vorbei. Am letzten Tag griff zwar die Mapei Mannschaft mit Oskar Camenzind am Wildhüsler noch an, aber sie waren kaputt und so konnten wir den Leader ohne Probleme auf die Rennbahn in Zürich steuern. Das vierte mal, dass ich nun schon in der Siegermannschaft der Tour de Suisse stecke! Und heute im laufe des Tages werde ich dann noch die Mannschaftsbuchhaltung nachführen. Schätzungsweise werden etwa 3000 Franken netto für jeden Fahrer von uns übrigbleiben, nicht schlecht, in nur 10 Tagen! Rouen (F), 3.Juli Der Stress à la Tour de France hat schon wieder begonnen. Morgens die Reise, danach zwei Stunden lockeres Training, zwischendurch endlich wieder einmal die Beine rasieren, und dann ab zum Medizinischen Untersuch der Tour de France. Da muss jeder Fahrer antreten, die Kranken und Schwachen lassen sie dann nicht starten, aber wie immer sind alle gesund und stark. Immerhin konnten wir heute zum Untersuch antreten, dann haben wir morgen bis zur Fahrerpräsentation etwas freie Zeit. Rouen, 4.Juli Es war ein bisschen wie Weihnachten heute. Wir bekamen einen Haufen neues Material, Rennhosen, Trikots, weisse Socken, so dass wir auch ausrüstungsmässig einen guten Eindruck hinterlassen. Auch erhielten wir von der Mannschaft eigene Visitenkarten und nächsten Montag kommt mein neues Karbonrennrad extra für die Tour. Auch erhielten wir vier Bücher von den Organisatoren: eines mit dem Streckenbeschrieb, Zielankünfte ect., eines mit allen Hotels, Transferpläne usw., dann eines mit den Reglementen und den Preistabellen und eines wo alle Resultate von allen Tour de France drin sind. Dort bin ich leider erst mit einem einzigen Etappensieg vermerkt. Rouen, 5.Juli Prolog Diese Zeitfahren sollten abgeschafft werden. Ich fand den Rhythmus nie, hatte ein Gewürge und bin auf den letzten zwei Kilometer noch total versauert. Aber immerhin, es kann noch besser werden. Aber wenn ich die Fahrer jetzt im Fernsehen sehe, die noch unterwegs sind, bin ich eigentlich mit meiner Zeit noch zufrieden, bei einem einigermassen guten Tag von mir, währen 10 sec. schneller gut dringelegen Forges-les-Eaux, 6.Juli 1.Et. Tour de France 209km (inkl. Neutralisation ect.) Ich habe schon fünf Minuten auf dem Buckel. Aber ob 30Sekunden oder ein paar Minuten, ändern tut sich für mich nichts, in Paris geht’s dann um Stunden! Ich bin froh, dass ich nicht gestürzt bin. Nach dem Massensturz von 30 Fahrern 11km vor dem Ziel habe ich es dann gemütlich genommen. In der ersten Hälfte heute habe ich zwei- drei mal angegriffen, das Gefühl war nicht schlecht, aber ich bin dennoch nicht weggekommen. Leider kann ich nicht schreiben, was ich in den nächsten Tagen vor habe, Feind liest mit! Vire 7.Juli 2.Et. Tour de France 265km Schon das erste Mal kaputt. Die Hitze waren wir Fahrer uns nicht mehr gewöhnt. Und die Distanz war auch nicht ohne. Ja, die Tour hat begonnen. Keine Zeit für die Erholung, immer noch eine Stunde Autofahrt vor dem Start und nach dem Ziel, alle wollen Autogramme, alle wollen einem auf die Schulter klopfen. Die Leute nerven mich jetzt schon, wie kommt das in zehn Tagen? Und all die Journalisten, die alles wissen wollen. Plumelec 8.Juli 3.Et. Tour de France 228km 10km vor dem Ziel stand ich wieder mal mitten im Haufen, Betonung auf stand. Ich weiss nicht, warum ich nicht gestürzt bin, irgendwie konnte ich wie ein Skifahrer eine Vollbremsung machen, als sie vor mir die Saltos schlugen. Danach streiften mich noch drei Fahrer, als sie von hinten an mir vorbei flogen. Mein Schutzengel hat gute Arbeit geleistet, dafür habe ich wieder zusätzlich vier Minuten auf dem Buckel. Und die Beine sind auch noch nicht so gut, wie die von . Beim Treppen laufen merke ich jede Muskelfaser, und das schon nach drei Etappen. Puy de Fou 9.Juli 4.Et. Tour de France 227km Das Streckenkärtchen unter den linken Hosenstoss, die Schinkenbrötchen in den rechten Trikotsack, die Törtchen in den linken. Und die kleine Roulade in die Mitte. Der Bidon Sirup in den vorderen Bidonhalter, das Wasser in den hinteren. Der Kilometerzähler auf den Lenker, Brille und Helm auf, fertig, bereit für den Start. Und das jeden Morgen, vor hunderten von Leuten, die interessant zuschauen. Manchmal komme ich mir vor wie in einem Zoo. Mais, c'est le Tour! Und es läuft langsam besser, ich war im ersten Feld. La Châtre 10.Juli 5.Et. Tour de France 263km Dieses Affenschwein wie Vasseur sollte man haben. Er gewinnt die Etappe, weil Cipollini Zabel den Etappensieg und das Leadertrikot nicht gönnt. Am Anfang war auch ich mal in einer Gruppe, es waren fast alle Mannschaften vertreten ausser Mapei, sonst, wer weiss? Aber alles in allem habe ich auch diese lange Etappe gut verdaut. Einige Fahrer werden jetzt ein bisschen müde und dann werde auch ich mal was zünden. Marennes 11.Juli 6.Et. Tour de France 220km Endlich hatte ich ein gutes Gefühl in meinen Beinen. Ich bin mit Abdujaparov 30km lang geflüchtet, 12km vor dem Ziel sind wir dann aber eingeholt worden. Es hatte ein bisschen gar viel Gegenwind. Dafür bin ich um all diese Stürze herumgekommen, die im Feld passiert sind. Und der Sprint heute!! Zabel deklassiert, er hat mit dem Kopf die Gegner beiseite geschoben, Steels aus dem Rennen ausgeschlossen, er hat mit einem Bidon nach Moncassin geworfen, und Abdu war nach der zweiten Etappe gedopt, und muss nun auch nach Hause! Bordaux 12.Juli 7.Et. Tour de France 200km Die Mannschaft GAN hat mich heute verrückt gemacht. Den ganzen Tag sind sie hinter drei Ausreissern hergefahren, die für das Gesamtklassement unbedeutend waren. Natürlich wer einer der drei von meiner Mannschaft, Marco Saligari. Sie haben die Flüchtlinge 15km vor dem Ziel eingeholt, und dann hat unser Jann Kirsipu noch zweiter im Sprint gemacht. Endlich ist ein wenig Geld in die Kasse gekommen. Pau 13.Juli 8.Et. Tour de France 173km Das war eine schnelle Etappe, ca. 48 km/h Schnitt. Die Beine sind gut, aber ich habe immer noch nichts gewonnen. Und jetzt kommen die grossen Berge, da wird es für mich erst recht schwer. Obwohl, so gut habe ich die erste Woche an der Tour noch nie überstanden, auch moralmässig. Letztes Jahr um diese Zeit hing ich schon völlig in den Seilen. Ich traue mir also in dieser Tour noch etwas zu, ich muss nur noch auf eine mittelschwere Etappe warten. Und überhaupt, die Etappe die ich hier schon mal gewonnen habe war die längste und auch noch mit Bergankunft! Loudenvielle 14.Juli 9.Et. Tour de France 195km Scheiss Tour! Den ganzen Tag voll geblocht, in den Abfahrten im Nebel das Leben riskiert, den ganzen Tag grosse Beinschmerzen und eine heiden Schinderei! Und am Ziel total kaputt und 27 Min. Rückstand. Danach noch eineinhalb Stunden mit dem Auto ins Hotel. Wenn man das alles mit einem Hund machen würde, würde der Tierschutzverein eingreifen, aber wir sind ja nur Rennfahrer. Das ist garantiert meine letzte Tour. Nach Paris komme ich vielleicht auch nur mit der Werbekarawane! Zum Glück ist morgen eine kurze Etappe, 252km mit 6 Pässen. Was rege ich mich überhaupt auf, ich könnte ja alles hinschmeissen und nach Hause. Andorra, 15.Juli 10.Et. Tour de France 275km Ich bin besser angekommen wie gestern, im letzten, grossen Gruppetto, 43Min. hinter . Aber wir waren über 80 Fahrer! Und kaputt bin ich trotzdem, aber vielleicht greife ich morgen im ersten Berg an, die andern sind schliesslich auch müde. St.Etienne, 16.Juli 11.Et. Tour de France 195km Ich wollt, ich könnt endlich mal etwas positives von der Tour berichten! Aber wieder nur Scheisserein, am ersten Pass hatte ich Mais mit Virenque, bis ich ihm vor laufenden Kameras den Vogel zeigte, dann war ich erfolglos in zwei kleineren Fluchtgruppen, und als Finco 12km vor dem Ziel auf meinen Angriff konterte, schauten alle zu, und die drei kamen ohne Probleme bis ins Ziel durch. Und der Järmann war wieder mal nicht dabei. Am Ziel dann ganze sechs Duschen für 180 Fahrer und nach dem Flug wieder erst spät im Hotel. Aber man staune, meine Moral ist noch gut und kaputt bin ich eigentlich nicht. Jetzt muss ich halt bis nach den Alpen warten, bis ich wieder was Unternehmen kann. St.Etienne, 17.Juli Ruhetag Ruhetag ist Ruhetag und so habe ich ihn auch genossen. 30km locker trainieren, Schuhe putzen und im Koffer wieder mal für Ordnung sorgen. Dann natürlich noch eine Massage und schon ist der Tag fast wieder gelaufen. Aber endlich fand ich mal Zeit, in einer Zeitschrift etwas zu lesen. Jetzt bin ich wieder auf dem neuesten Stand, was draussen in der Welt so läuft, auch wenn das Heft schon zwei Wochen alt ist. St.Etienne, 18. Juli 12. Et. Tour de France Zeitfahren 57km Fast neun Minuten habe ich verloren und ich bin dennoch zufrieden. Und die super Leistung, die Jan Ullrich geboten hat, mag ich ihm von Herzen gönnen. Ich hoffe, er lässt nun Virenque wie bisher ein wenig vor ihm herumzappeln, um ihm dann nochmals eine saftige Zeitrechnung zu präsentieren. Die Franzosen haben beinahe Trauerstimmung, weil ihr Richard die Tour wieder nicht gewinnt. Falls jemand extra wegen mir die Tour im Fernsehen schaut, kann er die nächsten drei Tage getrost ausschalten, ich werde nicht zu sehen sein. Vielleicht nachher, nach Fribourg (Schweiz!) l'Alpe d'Huez, 19. Juli 13. Et. Tour de France 215km Der Mythos Alp d'Huez! Es ist unglaublich, wieviele Leute uns Rennfahrern zujubeln und uns anfeuern. So ist Radfahren schön. Natürlich habe ich geschaut, dass ich diesen Berg vor dem Gruppetto alleine hochfahren konnte. So konnte ich all die Leute richtig geniessen. Eigentlich bin ich nicht langsam gefahren, alles 41*19 oder 17 und ich habe 9 Minuten auf 13km kassiert! Unglaublich wie Pantani und Ullrich da raufgesprintet sind! Morzine, 21.Juli 15. Et. Tour de France 215km Hallo ich bin wieder da! Da mich die gestrige Etappe mindestens fünf Jahre in meinem Leben gekostet hat, war ich zu kaputt, um überhaupt an Komputer und Tagebuch zu denken. Na gut, heute habe ich sechs Jahre stehen lassen, ganz alleine vor dem Besenwagen habe ich mich die Berge hochgequält, alle Sprinter haben mich stehen lassen. Und dann das Reklamefahrzeug vor mir 100km lang, alle 200m : "e voilà, le dernièr coureur Rolf Järmann" Das war für die Moral nicht gerade förderlich. Aber immerhin, ich bin vor dem Zeitlimit im Ziel angekommen und nur das zählt. Und morgen geht es in die Schweiz. Da muss ich wohl was zünden, nur wie? zu Hause, 23.Juli Scheiss Tour. Ich bin noch sehr motiviert gestartet, schliesslich gings ja in die Schweiz. Beim ersten Angriff des Tages war ich noch ganz vorne, 10km später abgehängt. Dann habe ich mich noch 120km alleine weiter geschunden und 40km vor dem Ziel habe ich dann entnervt den Fuss auf den Boden gesetzt. Natürlich war sofort ein Kamerateam zur Stelle und hat meine Aufgabe gefilmt. Mir war da so alles egal, wenn ich nur keine Velos mehr sah! Jetzt geht es mir moralisch schon wieder viel besser und meine Aufgabe habe ich noch keine Sekunde bereut. Ein paar Tage Erholung und weiter geht’s mit den nächsten Rennen. Zuerst fahre ich Quer durch Lausanne und die Wartenbergrundfahrt, und im Herbst vielleicht noch die Vuelta. Im Moment aber bin ich einfach nur zu Hause. Pisa, 5.August So meine moralische Krise von letzter Woche ist vorüber. Ich habe mich wieder aufgefangen und ich habe wieder Trainingsmoral! Letzten Sonntag an der Wartenbergrundfahrt in Basel habe ich aber einen traurigen Eindruck gemacht, aber immerhin bin ich fertig gefahren und mit einer Runde Rückstand 13. geworden. Ich war sogar einigermassen zufrieden und gestern habe ich 200km trainiert, flach und langsam. Jetzt bin ich gerade in Italien angekommen, wo ich morgen das Rennen GP Camaiore bestreiten werde. Wenn ich fertig fahren könnte, wäre es für mich ein Erfolg, das Rennen ist sehr hart. Zihlschlacht, 8.August Das Rennen habe ich zwar aufgegeben, aber Moral hat es mir doch gegeben. Ich trainiere wieder recht intensiv und bin sehr motiviert für die nächsten Rennen. Ich hoffe, ich kann die Vuelta España fahren, aber ich muss mich in der Mannschaft zuerst noch selektionieren. Mein nächster Einsatz ist das Weltcuprennen in England, da sollte ich bereits eine gute Figur machen. Zihlschlacht, 10.August Endlich kann ich wieder mit Alex Zülle trainieren. Er ist wieder auf der Strasse und nicht mehr nur auf der Rolle. Leider fährt er erst zwischen drei und vier Stunden, wenn ich länger gehen will, muss ich immer noch alleine. Und diese Woche habe ich immerhin 870km gemacht. Ich freue mich schon, bis ich nächsten Sonntag endlich wieder ein Rennen fahren kann, das Weltcuprennen in England Zihlschlacht, den 12.August Gestern 125 km, heute 151. Aber bei diesem Wetter ist es ja eine Freude, zu trainieren. Noch zwei Tage viel machen, und dann ist das Training wieder für zwei Wochen fertig und ich kann Rennen fahren. Zihlschlacht, den 15.August Soeben bin ich vom Arztbesuch nach Hause gekommen. Eine Woche Trainingsverbot! Ich habe mir den Fuss verstaucht und eine Risswunde am grossen Zehen eingefangen. Dass solche Sachen immer dann passieren müssen, wenn man Moral hat? Aber nächsten Mittwoch in Italien werde ich bestimmt am Start sein, für diesen Sonntag muss ich jetzt halt leider passen. Zihlschlacht, den 17.August Es fuchst mich schon, dass ich heute nicht am Start sein kann. Vor allem, wenn ich denke, dass der Fuss schon gar nicht mehr so fest geschwollen ist. Ein Start wäre nämlich möglich gewesen. Eigentlich dürfte ich ja noch nicht trainieren, aber zwei Stunden werden doch nichts machen...? Arona (I), 19.August Endlich kann ich wieder ohne grosse Probleme trainieren und morgen darf ich endlich wieder einmal ein Rennen fahren. Wie wird es wohl herauskommen? Ich bin sehr motiviert aber vier Tage ohne Velo, wie stecke ich das wohl weg? Arona, 20.August Ich bin wieder auf den Boden der Realität geholt worden. Mit Moral gestartet, in der ersten Fluchtgruppe dabei und dann vom Feld auf der Fläche abgehängt worden. Aber mein Fuss schmerzt fast nicht mehr, dafür alles andere, der Rücken, der hintere Oberschenkelmuskel und natürlich die Beine. Wahrscheinlich verkrampfe ich mich wegen dem Fuss auf dem Velo. Aber das wird sicher jeden Tag besser. Morgen steht die Coppa Bernocci an, wenn ich da nur fertig fahren könnte! Arona, 21.August Die ersten 100 km war ich ohne Probleme, ich fühlte mich sogar stark. Aber nachher bin ich wie gestern in eine Krise geschlittert und habe nach 130km aufgegeben. Aber ich bin besser gefahren als gestern, jetzt sollte es nur so weiter gehen. Arona, 22.August Endlich, die Fäden habe ich jetzt aus meinem Zehen herausoperiert. Jetzt bin ich wieder ganz. Obwohl ich fast Blut geschwitzt habe, mit einem Sackmesser ist es halt nicht ganz ideal, so was zu machen. Ein Rennen bin ich ja auch noch gefahren, identisch mit dem Eintrag vom Vortag. Der Meisterschaft von Zürich vom Sonntag sehe ich mit etwas gemischten Gefühlen entgegen. Ich habe Zweifel, ob ich da die ganzen 250km durchstehe, wo ich hier schon nach 120km nudelfertig bin. Zihlschlacht, 24.August Jetzt bin ich aber sehr, sehr zufrieden. Ich bin die Meisterschaft von Zürich fertig gefahren und die ersten 180km hatte ich sogar gute Beine. Nachher hat mir die Kraft gefehlt, um mit dem ersten Feld ins Ziel zu kommen, aber mit meinem 52.Rang bin ich dennoch zufrieden, ich bin klar in aufsteigender Form. Biella (I), 25.August Nun bin ich in Biella angekommen, mit ein bisschen weniger Geld als vorgesehen (eine nicht eingeplante Radarkontrolle auf der Autobahn), aber hochmotiviert für morgen. Es sind zwar nicht meine Rennen hier mit jeweils einer Bergankunft, aber für's Training gibt es nichts besseres. Ich werde die Berge hochfahren, bis es mich hinstellt, und dann nächsten Sonntag in Plouay wieder seit langem das erste Mal auf ein gutes Resultat fahren. Verbania (I), 26.August Ich war doch noch nicht ganz so erholt vom Sonntag. Aber die Pulsaufzeichnung zeigte doch, dass die Form kommen sollte. Der Maximalpuls war heute bei 187 Schlägen und kurz nachher schon wieder 80. Das zeigt, dass ich mich auch schnell erholen kann, nur die Kraft fehlt noch ein bisschen. Verbania, 27.August Den ersten Berg bin ich mit den ersten hochgekommen, was mir grosse Moral gegeben hat. Danach eine kleine Flucht von 40km zu Zweit, und im Schlussaufstieg hatte ich endlich auch mal etwas Kraft. Ich bin auf dem Weg zur Besserung! 29.August Nach dem Regenrennen von gestern, das ich wie viele andere aufgegeben habe, bin ich heute wieder einmal mit Alex Zülle trainieren. Er fährt wahrscheinlich noch eine gute Spanienrundfahrt, und ich weiss immer noch nicht, ob ich da überhaupt am Start bin. Ich werde am Sonntag wohl auch um diese Qualifikation fahren müssen. Zihlschlacht, 2.September Ich bin wieder zu Hause und habe das Rennen in Plouay gut überstanden. Ich hatte endlich wieder mal das Gefühl, zu den stärksten zu gehören. Leider war ich dann etwas zu früh in verschiedenen Spitzengruppen und 25km vor dem Ziel hat es mich dann etwas hingestellt. Schlussendlich mache ich dann noch 21. (Bester von Casino) Leider bin ich doch nur Ersatz für die Vuelta, was mich schon etwas fuchst. Jetzt fahre ich halt die Polenrundfahrt, die nächsten Samstag losgeht. Zihlschlacht, Utska (PL), 6.September Nach einer schier endlosen Reise sind wir bei strömendem Regen endlich in unserem Hotel angekommen. Jetzt nach dem Essen glaube ich, dass ich nie ein grosser Fan von Polen werde. Aber vielleicht ändert sich das noch, hoffentlich. Viel gesehen habe ich aber noch nicht, unsere Mechaniker sind mit dem Camion irgendwo steckengeblieben und wir haben so noch keine Velos für das Training hier. Slupsk, 7. September Für kurze Zeit hat es mir in Polen sogar gefallen. Es kam kein Regen, wir haben mit Lauri Aus die Etappe gewonnen und auch den dritten Rang mit Jaan Kirsipuu. Dass hier das Preisgeld sofort nach der Zieldurchfahrt ausbezahlt wird, haben die Diebe auch gewusst, und unsere Prämien sind wir los. Ich bin immer noch kein Fan von den Polen, nicht mal von den Polinnen! Inowroclaw, 8. September Die Etappe war 250 km lang, unsere 15er Fluchtgruppe dauerte 240 km, im Seitenwind, Regen, schlechten Strassen usw. Und die Etappe habe ich auch nicht gewonnen, nur fünfter mit 17 Sekunden Rückstand. Auch sind wir nur ca. eine Minute vor dem Feld ins Ziel gekommen. Aber jetzt werde ich auf das Gesamtklassement fahren, ich war heute einer von den Stärksten. Belchatôw, 9. September Langsam könnte es mir hier noch gefallen. Heute hat Jaan Kirsipuu die Etappe gewonnen, von drei Etappen haben wir damit schon zwei. Entgegen meiner Vermutung hat es doch einen Sprint von etwa 60 Fahrern gegeben. 150m!! nach dem Start war das Feld schon in drei Gruppen geteilt, so einen orkanartigen Seitenwind hatte es. Zum Glück drehte er nachher etwas und so wurde es noch eine ziemlich ruhige Etappe von 200 km. Allerdings den Regen im Finale hätte ich nicht gebraucht. Jastrzebie, 10. September Ha, in Polen beginnt es mir zu gefallen! Beim Massensprint nach 230 km konnte ich für Jaan bis zu den letzten 150m den Spurt anziehen, so, dass er wieder locker gewonnen hat. Und im Gesamtklassement bin ich nun auf dem 4. Platz, 9 sek. hinter dem Leader. Morgen geht es in die Berge. übrigens haben wir ein gutes Hotel, zwar nur kaltes Wasser zum Duschen nach ein paar Regengüssen von heute bei 10 Grad aber morgen soll es warm werden, wer's glaubt. Cieszyn, 11. September Eigentlich wollte ich die Etappe gewinnen. Aber in den Bergen am Anfang lief es mir nicht so gut, erst am Schluss etwas besser. Auf den harten Zusatzrunden konnte ich noch einmal angreifen, hat aber leider nichts genutzt. Immerhin, 9. der Etappe und zweiter im Gesamtklassement. Jetzt sehen wir morgen weiter. Zakopane, 12. September Leider waren mir ein bisschen die Hände gebunden um die Etappe zu gewinnen. Die anderen guten Fahrer haben mich zu fest beschattet wegen dem Gesamtklassement, aber immerhin 4.Etappenrang und das Leadertrikot! Mir läuft es immer besser und jetzt habe ich natürlich noch eine super Moral. Morgen gibt es nochmals eine etwas bergige Etappe aber wahrscheinlich etwas weniger schwer als heute. Leider habe ich nur noch drei Mannschaftskollegen; da wird es morgen viel Arbeit geben! Wieliczka, 13. September (endlich wieder mal eine Datenübertragungslinie!) Es war ein harter Tag, aber ich habe ihn als Leader überstanden und mache etwa 6. Jetzt folgt morgen das 40 km Zeitfahren, dem ich etwas mit gemischten Gefühlen entgegensehe. Jaskula ist 1.20 Min. hinter mir, ob mir das im Zeitfahren reichen wird? Und ein Slowene hat nur 14Sekunden Rückstand und er soll ein guter Zeitfahrer sein. Mal sehen ich werde einfach voll fahren und mein Bestes geben. Krakau, 14. September Endlich, endlich habe ich wieder einmal ein Rennen gewonnen. Beim heutigen Zeitfahren musste ich aber noch bös kämpfen, wusste überhaupt nie, wo ich stand und war am Schluss dann positiv überrascht als ich die drittbeste Zeit fuhr. Zenon Jaskula hat die 40 km am schnellsten absolviert und ist auch im Gesamtklassement zweiter, ca. 30 sek. Hinter mir. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man endlich wieder einmal ein Rennen gewinnt, obwohl ich nie die Arme in die Höhe reissen konnte, was mir schon ein bisschen fehlt. Zihlschlacht, 17. September Ich bin wieder erholt und blicke mit grosser Zuversicht auf meine nächsten Einsätze. Es wird doch wohl noch möglich sein, dass ich mal die Arme hochreissen kann? Meine nächsten Rennen: GP Isberg vom nächsten Sonntag, dann Emilia, Vignola und die Poulienrundfahrt in Italien und dann am 12. Oktober die WM (hoffentlich) Zihlschlacht, 19. September Morgen Reise ich nach Paris, für den GP Isberg. Ich bin sehr, sehr gespannt, ob es mir da auch so gut läuft, wie in Polen. Hoffen kann man. Zihlschlacht, 22. September Ich bin wieder auf dem Boden der Realität. Meine miese Leistung und Aufgabe von letztem Sonntag liesse sich ja noch mit meinem zweitägigen Durchfall rechtfertigen. Mir fehlte meine ganze Kraft. Aber dass ich heute nach nur 100 km total entkräftet zu Hause angekommen bin, gibt mir doch etwas Rätsel auf. Jetzt warten wir mal morgen ab, aber meine ganze Form kann doch nicht schon wieder vorbei sein!? Pisa (I), 24. September Irgendwie fühle ich mich überhaupt nicht in Form. Hoffentlich täuscht es, meine guten Beine können doch nicht schon wieder weg sein! Morgen werde ich aber alles geben, was ich habe ich sollte doch meinen Sieg noch bestätigen. Aber bis jetzt ist mir an der Coppa Sabatini noch nie ein gutes Resultat gelungen, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Pisa, 25. September Gewonnen hat ein anderer, nämlich Tafi. Ich habe aufgegeben, das sind die Fakten! Aber so schlimm ist es eigentlich nicht, ich gehörte zu den stärkeren Fahrern. Leider habe ich am Anfang etwas zuviel gemacht und da hat mir die Kraft am Schluss gefehlt. Wir waren nur noch etwa 25 Fahrer, als ich angegriffen habe. Leider haben sie mich dann etwas später gerade am Anfang der Steigung wieder eingeholt und mich etwas später abgehängt. Und da konnte ich mich für die letzte Runde à; 20 km nicht mehr motivieren. Corregio (I), 26. September Nach einem zweistündigem Training darf ich sagen, dass ich auf morgen sehr motiviert bin. Obwohl das Rennen, Giro dell' Emilia, sehr schwer ist, hoffe ich eigentlich auf ein gutes Resultat. Im Nachhinein bin ich nämlich mit gestern gar nicht zufrieden, es wäre bei intelligenter fahrweise viel mehr dringelegen. Corregio, 27. September Und ich bin wieder nicht ganz zufrieden. Ich bin zwar ein gutes Rennen gefahren und das Resultat mit dem neunten Platz ist gut, aber eben, wenn man in den ersten zehn ist, hätte man ebensogut gewinnen können. Wahrscheinlich das erste mal in einem Rennen, wo die Berge für mich etwas zu kurz waren. Denn da wären viel weniger Fahrer auf den letzten zehn Kilometer gemeinsam angekommen, aber heute waren wir noch etwa dreissig Mann und ich als einziger von Casino musste dadurch etwas Pokern. So entkamen auf den letzten drei Kilometer noch sechs Fahrer und ich habe dann im Sprint noch dritter gemacht. Und jetzt wüsste ich nur allzu gerne, ob ich für die WM selektioniert bin. Denn so gut in Form wie jetzt war ich zur einer Weltmeisterschaft noch gar nie. Foggia (I), 29. September Leider war das Rennen gestern relativ einfach, und so brauchte man etwas Glück, um in der richtigen Gruppe zu entwischen. Ich bin aber dennoch zufrieden, in den kleinen Bergen gehörte ich zu den stärksten, auch wenn wir nachher immer wieder eingeholt wurden. Den richtigen Postabgang auf der Fläche habe ich dann aber verpasst. Aber, gute Beine, gut Trainiert. Molfetta, 30. September 230 km, flach, geradeaus und langsam. Eigentlich war ich damit gar nicht zu frieden. Und 80 km vor dem Ziel war klar, dass es einen Massensprint gibt. Aber dass ich und Lauri auf dem letzten Kilometer Jaan so gut lancieren konnten, dass alle andern Sprinter keine Chance hatten, stimmte mich wieder sehr versöhnlich. Erste Etappe, erster Sieg und Leadertrikot! Ich lerne in meinen alten Tage noch, wie man die Sprints anzieht Lecce, 1. Oktober Im Gegensatz zu gestern wurde sehr schnell gefahren. Mit einem Massensprint, den wir diesmal nicht gewonnen haben. Ich freue mich auf die Weltmeisterschaft von nächster Woche. Das erste mal, dass ich wirklich eine gute Form habe und die Strecke sollte mir eigentlich auch liegen. Da liegt vielleicht auch noch ein gutes Resultat drin. Ich muss nur nächste Woche irgend wann noch einmal viele Kilometer machen, so, dass ich auch die 250 km der WM gut verdaue. Marruggio, 2. Oktober Wir hatten Zeit, die sehr schöne Gegend zu bewundern, blauer Himmel, blaues Meer. Wir sind um den ganzen Stiefelabsatz von Italien gefahren, die Italiener meinen zwar, dies gehöre schon zu Afrika, aber schön war's trotzdem. Beim Rennen nichts neues, Massensprint. Zihlschlacht, 5.Oktober Eine gute Plazierung habe ich durch meine Bequemlichkeit vergeben, aber was soll's. Gewonnen hätte ich doch nicht, wahrscheinlich nicht. Aber jetzt geniesse ich dafür drei Tage etwas Erholung, bevor es zum endgültigen Saisonfinale aufgeht. 8. Oktober Ich bin gut in Spanien angekommen und morgen kann ich endlich das erste mal den WM Parcours besichtigen. Ist er nun leicht oder schwer? Man hört hier jeder Variante, und jetzt bin ich nun wirklich gespannt. Hondarribia, 12. Oktober Weltmeisterschaft Ich bin total auf den Felgen. Es war ein sehr schweres Rennen, in dem ich am Schluss total eingegangen bin. Die letzten drei Runden hätte ich unmöglich noch fahren können. Dabei hat es ganz gut angefangen. Und als ich mich in der 14.Runde in einer Spitzengruppe mit je zwei Italienern, Franzosen, Deutschen, Spanier, einem Holländer, Belgier, Däne und mit meinem Freund Alex Zülle wieder fand, war ich sicher, dass es der richtige Abgang war. Leider war dem nicht so, die Franzosen sind hinten voll gefahren. Aber wie es sich herausstellte, zu recht. Hondarribia (E), Zihlschlacht, 13. Oktober Vorher habe ich im Fernsehen von der Entlassung unseres WM - Coach Wolfram Lindner vernommen. Was ich ganz und gar nicht verstehen kann. Ich rege mich darüber grausam auf, vor allem auf die Art wie. Turin (I), 16. Oktober Gestern das Rennen Mailand-Turin, heute die Piemontrundfahrt. Beide male bin ich wieder einmal auf die Welt gekommen. Die Form ist anscheinend weg. Ich bin sehr, sehr froh, wenn ich am Samstag mein letztes Rennen der Saison, die Lombardeirundfahrt, hinter mir habe. Ich brauche dringend Ferien! Zihlschlacht, 23. Oktober Ich bin im Winterschlaf! Allerdings nur fast. Da ich die Piemont- und die Lombardeirundfahrt noch aufgegeben habe, bin ich im Moment froh, wenn ich nicht ans Velofahren denken muss. Ich arbeite mein Büro nach, der Garten ist auch noch nicht wintersicher, das Rennmaterial muss noch wintertüchtig gemacht werden, die Familie will ihren Papi auch mal geniessen, und all den Freunden, denen ich noch was versprochen habe...... Bis jetzt war es mir noch keine Sekunde langweilig und das Velo vermisse ich noch überhaupt nicht. Die nächsten zwei Wochen habe ich total trainingsfrei, danach muss ich noch für drei Wochen ins Militär! Morschach, 3. November Ich habe schon wieder mit dem Training begonnen. Gezwungenermassen, sozusagen. Ich musste für drei Wochen ins Militär einrücken (schweizerische Institution!) und da gehe ich halt trainieren, sonst stehe ich nur im Wege herum. Allerdings war ich nur fünf Minuten laufen, man muss langsam beginnen! Morschach, 4. November Das war super! Mit dem Mountainbike war ich auf dem Fronalpstock auf 1920m. Ganz alleine, Sonnenschein und eine super Aussicht. Allerdings bin ich 1 Std. 50 Min. nur hinaufgefahren, steil hinauf. So macht das Wintertraining spass, auch wenn ich mich für das erste Training etwas übernommen habe. Morschach, 11.November Ich bin schon wieder völlig kaputt, nach einer vierstündigen MTB - Tour in den Bergen. Wenn mir da auf 2000m Wanderer im Schnee begegnet wären, und mir gesagt hätten, ich spinne, ich hätte ihnen recht gegeben! Zwischendurch bin ich eine halbe Stunde mit dem MTB auf dem Rücken geklettert, durch Schnee und Sumpf. Aber schön war's trotzdem, und ein gutes Training auch. Aber jetzt muss ich wieder in den Krieg, vielleicht gewinnen wir ja noch. Morschach, 17.November Ich bin immer noch im Krieg, aber wenigstens habe ich jetzt endlich einmal Zeit, mich meinem Zukunftsprojekt zu widmen. Nach meiner Sportkarriere will ich mich für die vielen Hobbysportler einsetzten. Ich will Seminare über die Trainingsplanung, Ernährung, Material und alles, was sonst noch gefragt ist, abhalten. Wer will, kann vor so einem 4 stündigen Seminar noch einen Conconi-Test absolvieren, und erhält dann sofort seine spezielle Trainingsanleitung dazu. Da ich jetzt etwas am Planen bin, bin ich sehr auf Eure Meinung gespannt. Was interessiert Euch am Meisten, würdet Ihr da mitmachen, findet Ihr das gut, was könnte man noch machen? Sendet mir ([email protected]) Eure Anregungen und Ideen, damit das eine gute Sache für alle werden könnte. Übrigens, so ein Seminar wäre für max. 20 Teilnehmer, würde ca. 100 sFr. kosten, inkl. Conconi-Test 220.- . Und das Ganze würde ich bei Interesse mit einem Sportarzt zusammen betreiben. Fortsetzung folgt bei weiterer Planung. Nottwil, 18. November Ich bin gerade an einer Marktanalyse für meine Seminare. Jetzt sollte ich wissen, wieviele Hobby - Velofahrer dass es so ungefähr gibt. Hat jemand solche Zahlen zur Hand? Ich interessiere mich für den Schweizer und natürlich auch für den Deutschen Raum. Ihr Deutschen habt ja wohl die Tour de France gewonnen, aber in Sachen Radsport seid Ihr doch noch etwas hinter dem Mond! Aber ich kann Euch natürlich helfen :-)) Zihlschlacht, 25.November Ich kann kaum mehr laufen, solchen Muskelkater habe ich. Bei meinem ersten grossen Lauftraining habe ich wohl etwas übertrieben. Aber da ich morgen früh schon wieder für drei Tage in die Toscana zu meiner Mannschaft reisen muss, macht es nicht so viel. Mein offizieller Trainingsbeginn: Montag, 1. Dezember. 10 Uhr mit dem Strassenrad abfahrbereit Richtung Alex Zülle! Zihlschlacht, 30.November Ich bin aus dem kurzen Aufenthalt in der Toscana wieder zurück. Drei Tage nur Regen! Ich freue mich, bis ich morgen wieder mit meinem vollen Training für die Saison 1998 beginnen kann. 13km Laufen und 60km Velo mit Starrlauf stehen auf dem Programm. Zihlschlacht, 1. Dezember Zwei Stunden im Regen herumgefahren, aber das Soll erfüllt! Gute Dienste haben mir meine montierten Schutzbleche geleistet, auch wenn es nicht gerade professionell aussieht! Das Lauftraining musste ich leider noch ausfallen lassen, zuviel Muskelkater von letztem Samstag, wo ich schon am Lauf-Cup mitgemacht habe, mich aber etwas "überlupft" habe. Meine Technogym - Rolle habe ich Heute auch schon montiert und mit dem Komputer verbunden. Man weiss ja nie, vielleicht hat es ja morgen Schnee! Zihlschlacht, 2. Dezember Auch der zweite Tag meines Trainingsplanes ging auf 70 km mit dem Starrlauf bei trockenem Wetter. Aber morgen soll der Schnee kommen! Macht nichts, 13 km laufen, morgen und abends eine Stunde Rolle gibt auch drei Stunden. (Ohne Schnee würde ich aber das Strassentraining vorziehen) Zihlschlacht, 8. Dezember Mit der ersten Trainingswoche bin ich zufrieden, insgesamt 445 km mit dem Starrlauf und 40 km zu Fuss. Für nur eine Woche Training fühle ich mich auch schon recht stark, auch wenn ich jedesmal nudelfertig zu Hause ankomme. Morgen werde ich die Grenze von 30'000 km seit dem ersten Januar überschreiten. Zihlschlacht, 9. Dezember Heute durfte ich bei meinem Adventskalender das Türchen Nr. 9 aufmachen, so wie alle anderen auch. Und siehe da, es zeigte zwei Rennfahrer im Nebel 120 km abspulen. Sie waren am Schluss fix und fertig, alle beide. Und sie waren heil froh, als sie endlich zu Hause waren. Der im gelben Trikot in seinem neuen Heim, dass jetzt zum Glück einige Kilometer näher beim Heim des anderen im gelb - roten Dress steht. Grosetto, 13. Dezember 1. Tag Trainingslager Strahlend blauer Himmel, 17 Grad, was will man mehr? Wir haben es sofort ausgenützt und 140 km abgespult. Mir ist es dabei viel zu gut ergangen, ich bin gespannt, wann ich diesen Effort bezahlen muss. Aber vorläufig wird jeder Tag voll ausgenützt, damit ich dann über die Feiertage etwas kürzer treten kann. Übrigens, für das Trainingslager habe ich wieder das normale Rennvelo hervorgeholt und die Starrlaufnabe zu Hause gelassen. Grosetto, 14. Dezember 2. Tag Trainingslager Wieder 140 km mit einigen Kraftübungen am Berg. Mir läuft es schon viel zu gut, ich gehöre zu den stärksten in meiner Mannschaft. Hoffentlich bleibt dass das ganze Jahr so! Grosetto, 15. Dezember 3. Tag Trainingslager Eigentlich wäre heute etwas Erholung auf dem Programm gestanden, aber die 110 km sind wir dann doch ziemlich zügig gefahren. Langsam merke ich doch, dass ich noch keineswegs eine super Form habe. Aber diesen Abend muss ich noch einige Kilometer zu Fuss zurücklegen, sonst habe ich einen grässlichen Muskelkater, wenn ich zu Hause wieder laufen gehe! Grosetto, 16. Dezember 4. Tag Morgens um sieben wurden wir schon geweckt, Blutentnahme für so einen neumodischen Test. Und dann vor Trainingsbeginn kam unser Mannschaftsarzt zu mir und sagte, ich solle mich heute etwas schonen. Meine Muskeln seien müde! Warum soll er das besser wissen als ich? Im Training hielt ich mich dann Anfangs etwas zurück, aber nach drei Stunden pfiff ich auf diesen Test und fuhr am Berg wieder mein Tempo (ich war so wieder mit den ersten oben). Aber erstaunt bin ich eigentlich schon, fünf Stunden ohne Probleme überstanden. Wenn das so weitergeht bin ich Mitte Januar in Form! Grosetto, 17. Dezember 5. Tag, Regen Die andern schielten mit neidischen Blicken auf meine montierten Schutzbleche. Anfangs Woche lachten sie mich deswegen noch aus und heute genoss ich im Stillen die Genugtuung. Sie kamen nach drei Stunden total durchnässt und eingefroren im Hotel an. Ich trainierte auch nicht mehr, hatte aber immer schön warm und ausser nassen Füssen schön trocken. Grosetto, 18. Dezember Noch sechs Tage bis Weihnachten! Bei mir ist überhaupt noch keine entsprechende Stimmung. Die Beine schmerzen das erste mal so richtig fest, die Müdigkeit dieser Woche macht sich bemerkbar. Auch wenn ich heute als erster auf dem Tirli war, der erste richtige Test der Saison 98. Immerhin habe ich am Schluss noch Bo Hamburger stehengelassen, allerdings bei einem Puls meinerseits von 192 Schlägen. Aber jetzt kann ich dann beruhigt über die Festtage etwas kürzer treten. Im Dezember habe ich bis jetzt 1700 km zurückgelegt. Massa Marittima 19. Dezember Obwohl das Trainingslager offiziell vorbei ist, bin ich immer noch in Italien. Mit meinem Schweizer Kollegen Philipp Buschor habe ich noch 150 km trainiert, bevor wir morgen in den Winter zurück kehren. Ich habe jetzt etwas Erholung nötig. Aber einige Ruhetage über die Weihnachten werden mir und meiner Familie sicher nichts schaden. Zihlschlacht, 24. Dezember Fröhliche Weihnachten und schaltet den Komputer aus. Zihlschlacht, 29. Dezember Jeden Tag mache ich noch einige Zusatzkilometer, solange das Wetter es noch zulässt. Wenn aber jetzt dann kein Schnee kommt, bin ich schon Ende Januar in Form! Über die Festtage habe ich jeden Tag gearbeitet, nicht so viel, aber regelmässig, und dafür auch etwas mehr gegessen. Zihlschlacht, Jahresende 1997 Ich habe 31'900 km mit eigener Körperkraft zurückgelegt, an 101 Tagen Rennen bestritten, und dafür ca. 5 km Spaghetti gegessen. Ich habe auch an 97 Tagen nicht trainiert, durchschnittlich aber 64 Stunden pro Woche für den Radsport investiert (inkl. diesem Tagebuch) und dafür habe ich ca. 75 Fr. Stundenlohn brutto bezogen (Leider nicht netto). Im ganzen 197 mal in Hotels geschlafen und ungefähr 197 mal mit meiner Familie telefoniert, was 7700 Fr. gekostet hat. Ich war viele male klitschnass und durchgefroren, und auch einige male unter der Sonne ausgetrocknet. Mehr enttäuscht als erfreut, aber dennoch ganz zufrieden, meine ganze Familie ist gesund, inkl. Eltern und Schwiegereltern. Und das ganze werde ich mindestens nochmals ein Jahr freiwillig machen. Die sind Verrückt, die Velofahrer! Zihlschlacht, 2. Januar 1998 Gestern hätte ich eigentlich einen Ruhetag bitter nötig und auch verdient gehabt, aber dann das schöne Wetter und der erste Tag vom Jahr..... Also, seit dem ersten Dezember im letzten Jahr habe ich bis jetzt nur zwei Tage ohne Training hinter mir, was für mich wohl neuer Rekord ist. Wenn das so weitergeht.... (dann bin ich im Februar schon verheizt!)Mein diesjähriger Vorsatz wie jedes Jahr: Endlich mal etwas leichter in den Rennen zu sein. Aber eigentlich sieht es diesmal ganz gut aus. Im Moment habe ich 77 kg, ein Kilo mehr als an der Tour de France. Mein Ziel ist aber 74 kg, das wären dann genau 5% Fett, wenn ich das erreiche, gewinne ich auch wieder mehr Rennen! Zihlschlacht, 6. Januar Langsam wird mir dieses Wetter unheimlich. Die ganzen Nächte Regen, Wind und Sturm, und am Tag das schönste Wetter! Überhaupt kein Grund, um jetzt wie die meisten andern Fahrer irgendwo ins Ausland zu reisen. Für mich ein idealer Winter, für die Skifahrer aber auch, schliesslich hat es in den Bergen genug Schnee. Zihlschlacht, 8. Januar Die 95 km habe ich mich richtiggehend abgequält. Wahrscheinlich waren die sieben Stunden gestern doch etwas zuviel! Aber eventuell fahre ich morgen diese lange Strecke doch noch einmal, das Wetter ist sooooo gut, schon fast Sommer. Und die Pause mache ich dann doch lieber bei Regen. Zihlschlacht, 11. Januar Endlich konnte ich wieder einmal mit Alex trainieren. Er ist braungebrannt aus Spanien zurück. Aber wir waren beide etwas zu müde, um ein richtiges Training zu absolvieren. Ein Erholungstag tut sicher gut, vor allem weil ich gestern wieder ein Rennen des Lauf-Cup absolviert habe. 11 km bin ich voll "gsecklet", der Pulsdurchschnitt war jedoch "nur" 173 Schläge, was auf eine gewisse Übermüdung hindeuten wird. Diese Woche gab es schliesslich 30 Stunden Training und seit dem ersten Dezember habe ich nur gerade zwei Tage ohne Sport hinter mir. Seit erstem Januar 1150 km. Zihlschlacht, 13. Januar Jetzt geht mir Alex schon wieder auf den Wecker! Er muss immer 30 cm weiter vorne fahren als ich, wenn ich aufschliesse, beschleunigt er sofort ohne etwas zu merken. Früher waren es wenigstens nur immer 10 cm aber seit er mit den Trikots von Festina herumfährt, ist es nur schlimmer geworden. Ich freue mich auf das Trainingslager, das am 22. diesen Monat beginnt, ohne Alex und mit meinen Teamkollegen. St.Galmier (F), 22. Januar Endlich bin ich wieder unterwegs! Es wurde langweilig, zu Hause immer nur zu trainieren. Hier kommen wir aber noch nicht so recht dazu. Wir konnten das Material fassen, es war fast wie Weihnachten. Die erste kleine Ausfahrt mit meinem neuen Colnago Aluminium-Velo habe ich auch schon hinter mir, und noch viele vor mir! Aber ich habe wenigsten meinen neuen Begleiter für diese Saison auf meine Masse eingestellt, er fühlt sich sehr gut an. St. Galmier 24. Januar Gestern zuerst die Mannschaftsfotos, dann etwas Training, eine Mannschaftsvorstellung bei unserem Sponsor Casino, danach noch die offizielle Vorstellung vor der Presse. Heute Morgen die Einzelfotos, danach Training und dann wieder einmal einen Test! Bis jetzt hatten wir noch keine ruhige Minute. Morgen müssen wir zuerst 300 km im Auto und dann 150 km auf dem Velo zurücklegen. Dann endlich beginnt das Trainingslager. (Hoffentlich ist es da etwas wärmer wie hier -2 Grad) Fontaine de Vaucluse (F) 25. Januar Scheiss Wetter. Am Morgen hat es wie verrückt geschneit und jetzt regnet es in strömen. Für das hätte ich nicht nach Frankreich reisen müssen. Wenigstens weiss ich jetzt meine nächsten Rennen. Ich beginne mit der Marseillaise am 3. Februar, danach Ruta del sol, Luis Puig, Vuelta Valenciana, Tirreno Adriatico. Also viel in Spanien, da ist es wenigstens schön warm. Fontaine de Vaucluse 26. Januar 195 km bei Anfangs Nebel, nachher Sonnenschein. Den ganzen Tag lief es mir recht gut, aber bei dieser super Gegend nicht verwunderlich. Hier, am Fusse des Mont Ventoux, ist wirklich ein super Velogebiet. Lange Steigungen (20 Km) und nicht steil (ca. 4%), viele Strassen ohne Verkehr, sehr empfehlenswert. Oder finde ich es hier nur schön, weil ich heute keine Mühe hatte mit den Besten mitzuhalten? Fontaine de Vaucluse 27. Januar Das habe ich schon einige Jahre nicht mehr gemacht, nämlich Intervall trainiert wie Heute. 5x vier Minuten am Berg und 7x vier Minuten auf der Fläche. Es war hart, aber unser Doktor hat uns gehetzt! Immerhin, 150 km und jeden Tag etwas müder. Fontaine de Vaucluse 28. Januar So gut, wie ich gemeint habe, scheine ich nicht zu sein. Ich wurde zweimal am Berg abgehängt, allerdings glaube ich, dass unsere Mannschaft allgemein sehr stark ist. Wenigstens im Training! Seit dem 1. Januar habe ich nun 2308 km, plus die vom Dezember macht bei meinem ersten Renneinsatz am 3. Februar etwas über 5000 km. So viel wie noch nie! Fontaine de Vaucluse 30. Januar Nach dem gestrigen Ruhetag (83 km) haben wir heute fast ein bisschen übertrieben. Am Morgen sind wir 95 km weit gefahren mit 6 x 4 Minuten Kraftausdauer am Berg (Puls 170) und 7 x 5 Minuten Schwellentraining auf der Fläche ( Puls 173). Danach war ich fix und fertig. Am Nachmittag machten wir nochmals 80 km mit 3 x 10 Minuten Mannschaftsfahren (150). Morgen steht die lange Ausfahrt an, dafür etwas weniger Intensiv. Halt so, wie ein normales Training, wo ich etwa 120 Schläge im Durchschnitt habe, an den Bergen natürlich etwas mehr, so zwischen 140 und 170 Schlägen. Fontaine de Vaucluse 31. Januar Es war wieder einmal Brunftzeit! Jeder wollte das stärkste und schnellste Männchen sein. Auf der Fläche hat keiner Führungsarbeit verrichten wollen, am Berg hat aber dann jeder attackiert. Schliesslich waren ja alle stark. Wenn man abgehängt wurde, ist man nicht voll gefahren, man musste sich schliesslich für die nächsten Hierarchiekämpfe schonen. Mich nimmt es nur wunder, wem man imponieren wollte, Weibchen waren nämlich nirgends zu sehen! Die Herde hat mich heute aufgeregt. Aber vielleicht war das nur, weil ich es etwas ruhiger nahm, schliesslich hatte ich Geburtstag. Fontaine de Vaucluse 1. Februar Ich bin kaputt. Anfangs hatte ich mühe, überhaupt 30km/h zu fahren, motiviert war ich auch nicht gerade. Am Ende der drei Stunden fühlte ich mich dann aber wieder besser. Jetzt soll so schnell wie möglich der Dienstag kommen mit dem ersten Rennen dieser Saison. Und dann endlich, am Mittwoch morgen kann ich nach Hause reisen. Dann sehe ich meine Frau mit den Kindern wieder. Das erste mal im Jahr, wenn ich unterwegs bin, ist immer am härtesten. Wir essen zwar gut hier, aber über die Kochkünste meiner Frau geht nichts, schon gar nicht das ewige Weissbrot in Frankreich.... La Seyene (F), 2. Februar Nach einem kurzen Besuch in einer "Patisserie" steht es mit meiner Moral wieder besser. Für morgen bin ich motiviert, ich werde mich Anfangs etwas zurückhalten um vielleicht am Schluss etwas zu versuchen. Mit der Brechstange werde ich aber sicher nicht fahren, die Saison ist noch lange und meine Form ist eigentlich erst auf Mailand - San Remo geplant, dafür aber bis zur Tour de Suisse. Im Sommer werde ich dann seit langem wieder einmal etwas Ferien haben, ich fahre keine Tour de France. Dafür dieses Jahr Giro d'Italia und Vuelta Espana. Lyon (F), 3. Februar Ich habe nicht gewonnen, aber Marco Saligari. Damit hätten wir beim ersten Rennen den ersten Saisonsieg. Und dazu noch andere fünf Fahrer in den ersten 18! Nur gerade ich und Cali war nicht in der ersten 20 Mann Gruppe dabei. Ich war ein bisschen zu warm angezogen, am Berg habe ich gedampft, anstatt schnell hochzufahren. Aber ich habe Härte gezeigt und bin die letzten zwei Zusatzrunden von 8 km im strömenden Regen noch gefahren. Die erste Aufgabe am ersten Rennen, das hat mir mein Kopf dann doch nicht zugelassen! Zihlschlacht, 7. Februar Ich trainiere wieder in der Kälte zu Hause. Es ist gar nicht so einfach, den Körper wieder auf Minustemperaturen zu gewöhnen. Die Intensität habe ich gestern auf der Rolle gemacht, es war da etwas wärmer! Diese Woche komme ich auch auf 600 km, was schon eine gute Woche bedeutet. Aktueller Kilometerstand seit 1. Januar: 3400. Zihlschlacht, 9. Februar So, die neue Adresse funktioniert nun auch einwandfrei (www.velopages.ch) genauso wie das Wetter, das ich bestellt habe. Es muss noch drei Tage für drei grosse Trainings halten und dann geht's ab nach Spanien! Kurze Hosen, keine Handschuhe und wieder einmal richtig schwitzen, ich freue mich darauf! Zihlschlacht, 12. Februar Endlich kann ich mit gutem Gewissen ein paar Ruhetage machen, d.h. drei Tage je eine Stunde Training, wobei am Samstag noch die Reise nach Sevilla ansteht. Ich habe diese Tage nötig, auch wenn jetzt meine Kinder krank sind und so auch in den Nächten etwas los ist (Nicht wegen der Olympiade!). Aber ich bin doch froh, wenn die Rennen endlich Schlag auf Schlag folgen, ich will wissen, wo ich stehe. Sevilla (E), 14. Februar Meine Vermutung vor zwei Wochen scheint sich zu bewahrheiten! Unsere Mannschaft Casino ist stark! Nach der guten Vorstellung in Marseille hat Alberto Elli zweiter im Etoile du Besseges gemacht, wo noch Jaan Kirsipuu eine Etappe gewonnen hat, und an der Mittelmehrrundfahrt der aktuelle Stand des Zwischenklassementes: 1. Massi, 2. Hamburger, 4. Gougot, alle Casino! Hier sind wir aber eher der schwächere Teil der Equipe, mal schauen, wie wir uns aus der Affäre ziehen können. Sevilla, 15. Februar 1. Et. Routa del Sol 157 km 24 Grad, Sonne, und erst das Finale schnell. So richtig schön. Am Anfang hatte ich Zeit, mit all meinen Kollegen, die ich den ganzen Winter nicht gesehen habe, einen Schwatz abzuhalten. Es hat einen Massensprint gegeben, den nicht Eric Zabel gewann. Und ich habe das Ziel im Feld ohne Säure in den Beinen erreicht. Malaga, 16. Februar 2. Et. Routa del Sol 216 km Wieder einen Massensprint, wieder einen Rang zwischen 20 und 30. Und noch einen grösseren Sonnenbrand. Aber morgen wird sich vieles ändern, eine happige Etappe mit einer Bergankunft, wenn ich da wieder in den ersten 30 wäre, wäre ich sehr zufrieden. Also, morgen gibt es den ersten kleinen Formtest, als erstes muss ich gut über den ersten Berg von 16 km Länge und 1000 Höhenmeter kommen, danach bis am Schluss möglichst nichts machen und dann die letzten 5 km voll fahren. Das Ziel: in die ersten dreissig! Priego di Cordoba, 17. Februar 3. Et. Routa del Sol 170 km Ziel erreicht und sehr, sehr zufrieden. 12. Rang, und wenn nicht der letzte Kilometer in 18% Steigung geendet hätte, wäre der 5. Rang dringelegen. Meine Moral ist sprunghaft angestiegen, und jetzt weiss ich, dass ich im Winter gut gearbeitet habe. Diese Gewissheit ist fast unbezahlbar. Jetzt werde ich mich die letzten zwei Etappen etwas schonen und dann am Strassenrennen Luis Puig auf Tutti fahren. Der zweite Test. Linares, 18. Februar 4. Et. Routa del Sol 147 km Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll. 300m vor dem Ziel war ich in idealer 5 Position, und als ich loslegen wollte, viel ich aus einem Pedal, wie ein Neoprofi! Aber am Berg war ich ohne grosse Probleme dabei, auch am Ziel war ich eigentlich nicht müde, obwohl wir nur noch etwa 35 Fahrer waren. Meine 11. Position im Gesamtklassement war nie gefährdet. Hätte ich wohl auf den letzten fünf Kilometer angreifen sollen? Granada, 19. Februar 5. Et. Routa del Sol 150 km Die erste Rundfahrt ist vorbei, und ich bin eigentlich sehr zufrieden mit meinem 11. oder 12. Rang. Es war eine ruhige Woche, wenn da nicht ein deutscher Telekomneoprofi Namens Schaffrat oder so wäre. Die ganze Zeit hat er mich mit seinem Gedränge schon aufgeregt, und heute im Sprint lässt er gerade vor mir ein schön grosses Loch offen. Wenn er schon zu kaputt ist, um zu sprinten, soll er wenigstens hinten bleiben. Aber ich habe noch nichts gesagt, er ist ja noch neo, aber das nächste mal.... Galpe, 20. Februar Der Ruhetag tat gut, ich hatte endlich Zeit, eine deutsch geschriebene Zeitung aufzutreiben. Jetzt weiss ich wenigstens wieder, was in der grossen, weiten Welt los ist. Dafür habe ich Hunger, aber wenn ich schon nicht viel trainiert habe, darf ich auch nicht viel essen. Aber eigentlich bin ich über mich erstaunt, ich bin von der Rundfahrt gar nicht kaputt. Galpe, 22. Februar Trofeo Luis Puig 186km Scheiss Tag! Schlecht geschlafen, Bauchweh, heiser, aber immerhin kein Fieber wie der Rest der Mannschaft. Und dann 1500m vor dem Ziel noch ein Sturz, mir hat es wenigstens nicht allzuviel gemacht. Das einzig Gute heute waren meine Beine, wenigstens etwas. Dafür hat Lauri Aus die Classic Haribo gewonnen. Schon der fünfte Fahrer von Casino der dieses Jahr ein Rennen gewinnt. Solch ich schon nervös werden, weil ich noch nicht gewonnen habe? Galpe, 24. Februar 1. Et. Valencia 162 km Da ich vor Heiserkeit kaum noch sprechen kann und der Hals sowieso noch weh tut, habe ich mich heute etwas zurückgehalten. Ich habe nicht mal im Massensprint etwas probiert, es war viel zu gefährlich. Ich hoffe nur, dass es morgen etwas besser geht. Heute vor vier Jahren war ich übrigens im Spital. Mein zweiter Sohn wurde geboren und jetzt bin ich zu seinem Geburtstag wieder einmal nicht zu Hause. Nach meiner aktiven Rennfahrerzeit habe ich da einiges aufzuholen. Galpe, 25. Februar 2. Et. Valencia 206 km Wir haben heute Sieg Nummer 6 und 7 heraus gefahren. Massi in Calabrien und wir hier mit Hamburger und Chanteur gar einen Doppelsieg. Ich testete nur ein wenig die Beine, führte mit den Telekom - Mannen etwas das Feld an, um an meiner Intensität zu schleifen. Irgendwie hatte ich hier für das Gesamtklassement keine Moral, warum weiss ich selber nicht. Ich freue mich auf morgen, wir haben nun den ersten und zweiten im Klassement, das wird einiges an Arbeit geben. Aber so komme ich dann endlich mal fix und fertig ins Ziel, und nur so kommt dann die grosse Form! (Wirkt das überheblich? Es ist aber die Wahrheit) Benicasim, 26. Februar 3. Et. Valencia 195 km Über Arbeit konnte ich mich nicht beklagen und fahren konnten wir auch genug. Meine Beine sind voll Säure, so dass sie auch beim laufen schmerzen. Aber nur so kann die Hochform kommen. Jetzt hoffe ich, dass ich morgen gut über die grossen Berge komme und im Final unseren Leadern etwas helfen kann und wer weiss, wenn dann meine Beine noch gut sind.... Benicasim, 27. Februar 4. Et. Valencia 160 km Es war ein harter, sehr harter Tag heute. Wir wurden so von jeder möglichen Mannschaft angegriffen. Schade dass wir eine französische Mannschaft sind, hier unter diesen Mannschaften ist der Futterneid unglaublich gross. Einige Equipen sind nur gefahren, damit wir das Leadertricot verlieren. Typisch französisch und nicht sehr professionell.! Almeria, 1. März Ich bin jetzt etwas kaputt. Heute hatte ich schon nicht mehr die guten Beine von Valencia. Im Finale habe ich zwar noch eine Attacke plaziert, sie hat aber leider nichts gebracht. Jetzt freue ich mich, bis ich nach Hause kann und dort werde ich nun eine Ruhewoche einschalten mit etwa 500 km. Danach sollte ich sehr gute Beine beim Tirreno - Adriatico und dann vor allem bei Mailand - San Remo haben. Meine Saison beginnt! Zihlschlacht, 4. März Drei Tage von den vier Ruhetagen sind schon durch und das schlechte Wetter kommt erst. Aber bis jetzt ist es mir eigentlich egal, ich habe auch so noch viel zu tun. In meinem Büro stapeln sich wieder Berge von Arbeit! Aber als Ausgleich auch nicht schlecht. Sorrento (I), 10. März Ich habe halt etwas mehr Ruhe gemacht, als eigentlich vorgesehen. Aber auf die Dauer schadet es sicher nicht. Die ersten zwei Tage des Tirreno - Adriatico werde ich hier wahrscheinlich etwas Mühe haben, aber gegen Ende sollte es dann dafür noch besser laufen! Sorrento, 11. März 1. Et. Tirreno - Adriatico 300 m vor dem Ziel glaubte ich an vierter Position noch an den Sieg. Die Ausbeute : ca. 20. Rang, ich war leider noch eingeklemmt, aber es lief mir erstaunlich gut, schliesslich waren wir am Schluss nur noch etwa eine Gruppe von 50 Fahrer.

Noch ein kleiner Intelligenztest: Wenn ich im Sprint den an dritter Position liegenden Fahrer übersprinte, welchen Schlussrang belege ich? Und wenn ich den letzten Fahrer überhole? Auflösung morgen. Formia, 12. März 2. Et. Tirreno - Adriatico Was für ein Rennen! Gestern 1000 Kurven und eine sehr gefährliche Abfahrt 5 km vor dem Ziel, heute andere 1000 Kurven und 2000 Schachtdeckel, die 10 cm tiefer als der Asphalt sind. Dann noch alles voll Öl und Staub, gemischt mit Regen, es war wie bei Holliday on Ice. Kein Wunder, dass es 50 km vor dem Ziel einen Massensturz von 60 ! Fahrern gab. Ich habe zum Glück nichts gemerkt, ich fuhr in den ersten 10 Positionen. Erst 10 km später bemerkte ich, dass wir nur noch sehr wenige Fahrer waren. Am Ziel sind wir ca. 40 Fahrer 20 Minuten vor dem Rest ins Ziel gekommen. Normalerweise wird nach so einem Sturz aufeinander gewartet. Aber irgendwie fehlt dieses Jahr die Solidarität unter uns Rennfahrern. Aber ist das vielleicht, weil letztes und dieses Jahr nur in Italien alleine 90 Neoprofis neu sind und diese die alten Regeln noch nicht kennen? 21 Uhr Die Ranglisten sind angekommen. 35 Fahrer mit 25 Minuten Vorsprung auf weitere 16. Der Rest hat aufgegeben. ?!?!?!? Anscheinend war bei der Zielankunft des Feldes ein durcheinander, unzufriedene Fahrer, Reporter und was weiss ich noch alles. So haben nicht alle Fahrer den Zielstrich überquert und diese sind nun alle nicht mehr im Rennen! Ich bin gespannt, ob das nun so bleibt oder ob morgen doch wieder alle starten können. Cassino, 13. März 3. Et. Tirreno - Adriatico Tatsächlich, es durften unter strömendem Regen nur noch 50 Fahrer starten. Alle andern haben gestern die Ziellinie nicht überquert und so nach Rangliste aufgegeben (einige zwei Meter vor dem Ziel!). Es gab einen "Massensprint" mit Sieger Svorada von Mapei. Sie haben noch drei Fahrer im Rennen, Telekom sechs, wir immerhin noch fünf, es sind aber einige Equipen mit nur noch einem Fahrer, oder Saeco, Mercantone Uno und Asics, die keinen Fahrer mehr im Rennen haben. (Ich sprintete auf den 7. Rang) Tivoli, 14. März 4. Et. Tirreno - Adriatico Irgendwie bin ich mit meinem 5. Rang nicht so ganz zufrieden. Bei der kleinen Bergankunft gab es leider keinere grösseren Abstände und so turne ich im Gesamtklassement immer noch mit 6 Sekunden Rückstand auf dem achten Platz herum. Ich schulde Euch noch die Auflösung des Rätsels vom 11. März. Also, wenn ich den dritten Fahrer überhole, mache ich dritter und nicht etwa zweiter. Und den letzten Fahrer kann man nicht überholen, es hat niemand hinter ihm, der an ihm vorbeifahren kann! Teremo, 15. März 5. Et. Tirreno - Adriatico So sollte das Radfahren immer sein, fast keine Schmerzen in den Beinen, aber doch immer vorne und überhaupt keine Probleme in den Bergen! Leider schaute dann am Schluss "nur" den dritten Rang heraus, aber im Gesamtklassement bin ich nun vier Sekunden hinter Rolf Sörensen zweiter. Wenn er die Etappe nicht gewonnen hätte, wäre ich Leader..... Solche Tage sollte man öfters haben, als alle Schaltjahre einmal. Corredonia, 16. März 6. Et. Tirreno - Adriatico Ich bin Leader, ein schönes Gefühl. Nach einem Bonifikationssprint fanden wir uns plötzlich zu sechst vorne, Ballerini von Mapei, Jeker von Festina, Heppner und Lombardi von Telekom, Richard und ich von Casino. Und da war klar, alles oder nichts, wir sind so 60 km lang immer ca. eine Minute vor dem Feld gefahren, bis sie es endlich aufgegeben haben. Es war hart und sau schnell. Nach 130 km Flucht sind wir dann aber mit 13 Minuten Vorsprung im Ziel eingetroffen. Die Etappe hätte ich zwar gerne gewonnen, aber Telekom hat sie mit Lombardi auch verdient. Und es ist besser, Telekom mit ihren noch sechs Fahrer als Freunde zu haben... San Benedetto del Tronto, 17. März 7. Et. Tirreno - Adriatico Noch eine Etappe, dann wäre es geschafft. Wenn sie so läuft wie heute und es wieder einen Sprint gibt, dürfte es reichen. Ballerini war heute etwas angeschlagen von gestern und er hat keinen Versuch unternommen, mir noch die vier Sekunden abzunehmen. Hoffentlich bleibt das auch morgen so. Zum Glück habe ich noch eine starke Mannschaft hier, die super gearbeitet hat. Eigentlich bin ich recht zuversichtlich, aber eben, sicher bin ich erst nach der Zieleinfahrt Milano, 18. März 8. Et. Tirreno - Adriatico Ich habe es tatsächlich geschafft! Ich habe den Tirreno - Adriatico gewonnen, ein schönes Gefühl. Die Etappe war sehr ruhig verlaufen, alle waren kaputt und so gab es für mich keine Probleme mehr. Es ist unglaublich, wieviele Freunde und Kollegen man plötzlich hat. Auch die andern Rennfahrer waren alle sehr höflich zu mir, und fragten mich vorher, ob sie auf die Bonifikationen fahren dürfen, oder ob ich sie allenfalls im Finale fahren lasse. Milano, 20. März Die zwei Ruhetage hatte ich doch nötig. Endlich wieder einmal etwas Zeit für mich selber. Mein Koffer neu zu ordnen, Wäsche zu waschen, und einfach nur zu sein. Irgendwie habe ich aber noch nicht realisiert, dass ich mit dem Tirreno eine grosse Rundfahrt gewonnen habe. Morgen steht die einfachste und gleichzeitig schwerste Classic des Jahres an. Meine Beine sind sehr gut, die Moral noch besser..... Aber eben, es wird schwer, weil alle wissen, wo das Rennen läuft. Nizza, 21. März Mailand - San Remo 294 km Mit meiner Leistung bin ich sehr zufrieden, ich konnte an der Cipressa, am Pioggo und auch auf dem letzten Kilometer noch angreifen. Leider kam ich aber nie entscheidend weg und am Schluss schaute "nur" der 15. Platz heraus. Das nervt mich ein bisschen, aber immerhin gehörte ich zu den stärksten Fahrer und ich hoffe nun, dass jetzt alle begriffen haben, dass mir der Tirreno auch mit nur 50 Fahrern nicht geschenkt wurde. Für die Zukunft ist es aber eine schöne Sache, dass ich an einem Weltcuprennen nie in Gefahr kam, abgehängt zu werden. Wenn es nur so weitergehen könnte! (Habe ich Fehler gemacht, dass ich nicht weiter vorne bin?) Lloret del Mar (E), 22. März Ich habe einen kompletten Ruhetag gemacht, den ich mir nun redlich verdient habe. Ich will ja schliesslich nicht total kaputt aus der folgenden Setimana Catalana herauskommen. Ich werde auch hier versuchen, auf das Gesamtklassement zu fahren, vielleicht unter die ersten 10 ? Oder einen Etappensieg bevor ich nach Hause gehe wäre auch nicht schlecht. Wir schauen mal. Ich bin mit meinem Rennen von gestern immer weniger zufrieden, es wäre von meiner Kraft her viel, viel mehr dringelegen. Lloret del Mar, 23. März 1. Et. Setimana Catalana 180 km Jetzt weiss ich wieder, was leiden heisst. Ich hatte sehr dicke Beine und kam kaum einen Berg hoch, aber immerhin beendete ich das Rennen in der ersten, etwa 70 Fahrer starken Gruppe. Um den Sieg mitzufahren hatte ich aber keine Chance. Aber, man staune, wir haben die Etappe doch gewonnen. Stephan Barthe gewann im Sprint vor Eric Zabel (er war heute auch noch etwas von den 300 km gezeichnet). Das macht für unsere Mannschaft den 15. Saisonsieg mit neun verschiedenen Fahrern. Langsam unheimlich! (Unser Geheimprodukt scheint wirklich etwas Wert zu sein!) Roses, 24. März 2. Et. Setimana Catalana 164 km Ha, ich konnte endlich wieder einmal die Arme hochreissen! Wir waren noch 22 Fahrer, als ich 12 km vor dem Ziel angriff. 12 km können unendlich lang sein, vor allem wenn man nie mehr als 15 Sekunden Vorsprung hat. Ich konnte dann aber noch 4 Sekunden über die Linie retten, auf den letzten 100 m habe ich sicher noch 5 Sekunden verloren, aber ich musste es einfach geniessen. Ach ja, das Leadertricot habe ich auch noch, aber morgen gibt es eine Bergankunft auf 1800 m. Berga, 25. März 3. Et. Setimana Catalana 175 km Nichts für ungut, das Leadertricot habe ich verloren, die Moral aber behalten. Der letzte Berg war doch etwas lange und steil für mich. Die ersten steilen 5 km hatte ich keine Probleme, die zweiten 5 km lief es mir in der Spitzengruppe nicht schlecht, die letzten 5 km war ich dann "en bloc" bis ich 1,5 km vor dem Ziel explodierte und wahrscheinlich noch über zwei Minuten verlor. Aber was soll’s, besser gestern gewonnen und heute hinten, wie zweimal dritter. Barcelona, 26. März 4. Et. Setimana Catalana 204 km Massensprint, nichts besonderes. Ich hatte wenigstens heute Zeit, mit meinen Kollegen im Feld etwas zu plaudern. Und auch seine Verpflegung während dem Rennen konnte man in Ruhe essen. Langsam aber sicher habe ich von den Schinkenbrötli, Aprikosentörtli, Honig- und Konfiturebrötlein die Nase voll. Die Energiebarren kann ich schon lange nicht mehr anschauen. Es wäre doch mal was anderes, während dem Rennen eine kleine Omelett, oder ein Stückchen kalte Pizza, oder ein Bananenbrötlein mit Nutella, oder eines mit Mozarella und Thon! Und dann in der Verpflegung eine kalte Büchse Cola! Die Bidons mit Wasser schmeisse ich nämlich weg, wenn sie noch voll sind. Ich freue mich auf zu Hause, dann gibt es wieder einmal Rösti, Reis Cazimir oder Kartoffelkroketten. Die ewige Pasta-Esserei reicht mir auch. Barcelona, 27. März 5a. und 5b. Etappen Setimana Catalana 70 km und Zeitfahren 12 km Zülle hat das Zeitfahren gewonnen, der zweite Schweizer dieses Jahr, der ein Rennen gewinnt. Ratet mal, wer der erste war..... Ich bin gespannt, was ich für eine Zeit gefahren bin. Das Gefühl war nicht schlecht, aber ganz gut war ich wahrscheinlich nicht. Ob es mir für den zehnten Gesamtrang gereicht hat, oder bin ich nur 12? Etwas Erholung zu Hause und dann kommt die Flandernrundfahrt. Zihlschlacht, 1. April Ich bin doch etwas müde von den letzten drei Wochen, so habe ich es bis jetzt zu Hause etwas ruhiger genommen. Für die Flandernrundfahrt von nächstem Sonntag muss ich ja wieder voller Tatendrang sein. Seit dem 23. März werde ich von allen möglichen Leuten auf mein Geheimprodukt angesprochen, dass wir Casino Fahrer haben. Natürlich werde ich es nicht ganz verraten, sonst haben wir ja keinen Vorteil mehr! Nur so viel, sein Name lautet G-Niniart, aber wo man es erhält, sage ich niemandem! Zihlschlacht, 3. April Die Koffer sind wieder gepackt, die Büroarbeiten noch nicht ganz erledigt und für die Flandernrundfahrt bin ich noch nicht nervös. Eigentlich ein schlechtes Zeichen, aber wenn ich in Belgien eintreffe, wird sich das noch ändern. Die Erholung diese Woche tat gut, vielleicht habe ich aber etwas zuwenig gemacht. Bis jetzt habe ich nur 9 Stunden trainiert. Wenn das Wetter gut ist, werde ich morgen noch zwischen zwei und drei Stunden in Belgien herumfahren, so dass ich dann an der Flandern am Start nicht allzu dicke Beine habe. Zihlschlacht, 6. April Ich sitze hier am Pult und meine Beine schmerzen noch immer von der Flandernrundfahrt. Die letzten 30 km waren sehr, sehr quälend, obwohl ich abgehängt war. Aber bis ins Ziel wollte ich schon noch kommen. Am Anfang war ich gar nicht so schlecht, auch bei den entscheidenden Passagen wie die Mauer von Kwaremont war ich immer schön vorne. Leider stürzte ich dann am Patersberg, und weil der zu steil ist, um anzufahren, musste ich da 100 m zu Fuss gehen. Die darauffolgenden 10 km waren sehr hart, bis ich das Spitzenfeld wieder einholte, dafür war ich danach total kaputt. Ich quälte mich noch mit dem Feld über die nächsten drei Berge, bis sie mich 35 km vor dem Ziel abhängten. Es war halt nicht mein Tag, enttäuscht bin ich eigentlich nicht, auch wenn ich mir viel mehr vorgenommen hatte. Zihlschlacht, 10. April (morgens) In den letzten drei Tagen habe ich nun 15 Stunden trainiert. Ich musste irgend etwas unternehmen, um die schlechten Beine der Flandernrundfahrt zu vergessen. Nun habe ich das Gefühl, dass es wieder gut geht. Es wäre schon schön, wenn ich die Flèche Wallone und Lüttich gut fahren könnte. Aber der erste kleine Test wird am Ostermontag an einem Kriterium in Uzwil sein, wo ich meine Spurtkraft etwas trainieren kann. Zihlschlacht, 13. April War das ein Sauwetter! Ich fuhr ein Kriterium in Uzwil (fast ein Heimrennen) bei Schneetreiben, Regen und Kälte. Am Ende der 88 km war ich so ziemlich ein einziger Eisblock und an der Siegerehrung auf dem Stockerl (2.) fror ich noch viel erbärmlicher. Morgen geht's nach Belgien an die Flèche Wallone, hoffentlich nicht mehr ganz so kalt. Namur (B), 14. April Hier ist das Wetter auch nicht besser. Aber die Startnummer ist schon auf dem Trikot aufgeklebt (Nr. 56, sollte mir eigentlich Glück bringen) und auch die anderen Utensilien liegen bereit, Unterleibchen, Trikot, Armstulpen, Gilet, Rennhosen, Schuhüberzüge und Handschuhe. Dazu kommt je nach Kälte noch ein Langarmtrikot, Regenschutz, Stirnband und eventuell die knielangen Rennhosen, das sollte dann für die 201 km reichen, auch wenn es schneit! Namur, 15. April Flèche Wallone 201 km Ich liess mir vom Masseur vor dem Start wieder einmal eine wärmende Creme einreiben, bei diesem Sauwetter. Aber nach dem Rennen habe ich es, wie immer, bereut. 1. wärmt sie erst richtig unter der Dusche und das brennt ganz fürchterlich und 2. muss man eine halbe Stunde reiben, bis der ganze Dreck weg ist. Ach ja, Hamburger hat gewonnen, Elli dritter, wenn das nicht Klasse ist.... Mir lief es ganz gut, aber irgend jemand muss ja noch etwas für die Mannschaft arbeiten. Lüttich, 16. April 80 km, flach mit starkem Rückenwind, so ist Velofahren schön. Und wir sind gut in Lüttich angekommen. Morgen werden wir das Finale vom Sonntag abfahren. Lüttich, 17. April Uhiii, der neue Berg 10 km vor dem Ziel ist sehr schwer. Überhaupt, bei den letzten 130 km die wir gefahren sind, kommt ein Berg am anderen. Das wird am Sonntag ganz schwer. Wie immer wird das Ausscheidungsrennen an der Cote de Wanne beginnen, dann nach der La Redoute werden nur noch wenige Fahrer vorne sein und an dem neuen Berg vor dem Ziel wird die Entscheidung endgültig fallen. Aber wenn ich am Sonntag die gleichen Beine habe wie heute, werde ich nach der La Redoute noch dabei sein und dann werden wir ja sehen. Obwohl das Rennen hier eigentlich ein bisschen zu schwer für mich ist. Aber man weiss ja nie. Seit dem 1. Januar 11005 km und seit 1. Dezember 2500 km mehr. Lüttich, 18. April Ich habe die letzten par Kilometer vom Amstel-Gold-Race abgefahren, danach den Albertkanal entlang nach Lüttich zurück. Hier kenne ich die Gegend gut, eigentlich fühle ich mich hier fast wie zu Hause. Diesen Nachmittag hatten wir noch eine Mannschaftspräsentation in Lüttich. So was hasse ich, aber es gehört halt zu unserem Leben als "Zootiere", alle Bewundern uns, wollen mit uns sprechen, wollen Autogramme, klopfen uns auf die Schulter. Manchmal ist es ganz nett so, aber manchmal auch nicht. Was nicht heissen soll, dass ich mich über Emails nicht freue, die kann man erledigen, wenn man Lust hat! Valencienne (F), 19. April Lüttich-Bastogne-Lüttich 266 km Ich bin zufrieden, am Anfang habe ich die richtige Gruppe erwischt, ich habe dann für die Mannschaft gut gearbeitet und war bis 40 km vor dem Ziel eigentlich immer mit den Besten. Die Form stimmt immer noch, und jetzt hoffe ich natürlich auf das Amstel-Gold-Race vom nächsten Samstag, "mein" Rennen. Rue (F), 21. April Côte Piccarde 190 km Ich war mindestens in fünf verschiedenen Fluchtgruppen, aber es hätte nicht sein sollen. Wir sind immer wieder eingeholt worden. Kein Resultat aber doch zufrieden. Valencienne 22. April Ich habe einen Durchhänger. Das Rennfahrerleben ist mir verleidet. Von Hotel zu Hotel; schlafen, essen und fahren; Rennkleider, Trainer und Pyjama; Rennfahrer, Masseure und Mechaniker. Es ist immer das Gleiche. Nur einmal wieder mit normalen Kleidern unter normale Leute in ein Einkaufszentrum, einen Hamburger essen und nichts mit Velos zu tun haben. Das ist doch nicht zuviel verlangt? Ich freue mich wieder auf zu Hause. Und irgendwann werde ich wohl auch mal Ferien haben, oder wenigstens einige Tage frei, ohne Velo. Valencienne 23. April GP Denain 191 km Mit dem Erfolg von heute hat unsere Mannschaft jetzt 28 Saisonsiege. Am meisten von allen. Mir lief es recht gut, auch ohne alle Kraft zu verschleudern, schliesslich will ich am Amstel-Gold-Race noch etwas können. Lüttich 24. April Ich werde schon etwas nervös auf morgen. Hoffentlich läuft es mir gut. Brüssel, 25. April Amstel-Gold-Race 257 km Ich habe es immer noch nicht ganz realisiert. Von Interview zu Interview, Fernsehen und weiss ich noch alles. Aber es scheint wahr zu sein, ich habe das Amstel zum zweitenmal gewonnen! Ein super Gefühl. Und ich war gut heute, hatte super Beine und einen klaren Kopf, dazu noch Glück und schon gewinnt man ein Weltcuprennen, ziemlich einfach, oder? Zihlschlacht, 27. April Endlich, endlich etwas Ruhe. Die letzten zwei Tage war Stress pur, alle, aber auch alle wollten etwas von mir. Jetzt geniesse ich es aber um so mehr. Erfolg haben ist halt auch nicht einfach, aber sicher immer schöner als wenn ich abgehängt bin, und keiner etwas von mir wissen will. Tausend Dank für alle die Emails, die ich seit Samstag und in letzter Zeit bekommen habe, die Antworten werden halt noch etwas dauern, ich will ja noch weitere Rennen gewinnen und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen. Das Velofahren ist sehr, sehr schön. Zihlschlacht, 29. April Der erste Stress ist vorbei und nun habe ich endlich etwas Zeit für die Familie und die Büroarbeiten (die Rechnungen müssen trotz einem Erfolg bezahlt werden). Ab morgen wird auch die Erholung, oder besser gesagt, das reduzierte Training zu ende sein. Drei Stunden in drei Tagen.

Hier noch einige Antworten, auf Fragen von Emails:

Ich werde die Tour de France nicht fahren! Dafür jetzt Tour de Romandie und Giro d'Italia, Tour de Suisse. Im Sprint gegen Den Baker fühlte ich mich sicher, als ich es im Fernsehen sah, wurde ich aber sehr nervös. Da ich im Moment kein Grundlagentraining betreiben muss, reichen auch Ausfahrten von 4 Stunden länge oder auch kürzere, dafür etwas intensivere. Meine Pulswerte Grundlagentraining 125-150, Mittel 150-165, Schwellentraining 165-175, meine anerobe Schwelle 175, Maximalpuls 195. Anzahl Renntage 1998 - 35 Rennen Fettanteil 7% Meine nächsten Ziele : Sommerferien mit der Familie Und für die, die es immer noch nicht gemerkt haben: Unser Geheimmittel G-Niniart liest man besser Rückwärts. Zihlschlacht, 30. April Ich wohne wirklich in einer schönen Gegend. Blühende Bäume, gelbe Wiesen und schönes Wetter, so macht ein lockeres Training von vier Stunden wirklich Freude. Ich habe es genossen, mit meinem Freund Alex Zülle herum zu pedalen, und die nächsten Rennen werden wir gemeinsam fahren, als Gegner.

Nochmals wegen den Emails. Leider ist es mir unmöglich, alle Anfragen wegen kurzen Trainingsanleitungen zu beantworten, erstens brauche ich dabei zu viel Zeit (ich muss auch noch trainieren!) und zweitens ist es ja ziemlich individuell. Dafür ein kleiner Trost. Am 31. Oktober und am 14. November gebe ich in Winterthur ein Trainingsseminar für Hobbyfahrer, wo so ziemlich alles zur Sprache kommt. Mit Conconi-Test und individueller Trainingsanleitung. Wer Interesse dafür hat, kann sich bei mir direkt oder unter [email protected] anmelden oder Unterlagen anfordern. Ach ja, die Kosten betragen für den ganzen Tag 240.- sFr. und max. 20 Teilnehmer. Wer nicht bis dahin warten will, dem kann ich den SPORT Check-up in Winterthur, Dr. Egger, sehr empfehlen. Für eben Leistungstest mit Bestimmung der optimalen Trainingspulswerten und Trainingsanleitung, Fettmessungen ect. also alles, was mit Training und Gesundheit im Radsport zu tun hat. Adresse: Römerstrasse 176, CH-8404 Winterthur Fax 052-243 00 63 oder Tel.: 052-243 00 64 oder [email protected] (Das war etwas Werbung in eigener Sache, ist doch erlaubt, oder?) Zihlschlacht, 3. Mai GP Gippingen 192 km Dass man mit so schlechten Beine noch im Verfolgerfeld ankommen kann, grenzt an ein Wunder (oder gute Form!). Aber ich musste diese Woche Erholung machen, es war der letzte Zeitpunkt bis an die Tour de Suisse, wo dies möglich war. Jetzt freue ich mich auf die Tour de Romandie, die ich bestimmt gut fahren werde und eigentlich unbedingt eine Etappe gewinnen will. Döttingen, 4. Mai 95 km, das sollte für morgen eigentlich reichen. Für den Prolog bin ich eigentlich nicht top motiviert, aber dann für die nächsten Etappen werden wir sehen. Ich habe schon einmal die erste Etappe der Romandie gewonnen, vielleicht lässt sich das wiederholen. Döttingen, 5. Mai Prolog Tour de Romandie 4,8 km Das hätte ich eigentlich nicht erwartet, dass ich mit so wenig Rückstand und so weit vorne klassiert bin. Im nachhinein hätte ich noch besser sein können, ich bin etwas langsam gestartet, habe auch zwei, drei Kurven nicht optimal gefahren und bei der kleinen Steigung habe ich viel zu wenig gekämpft. Jetzt sehen wir morgen, da bin ich voll motiviert, die Etappe könnte mir liegen. Es wäre schön, wenn morgen von Anfang an schnell gefahren würde! Saucy, 6. Mai 2. Etappe Tour de Romandie, 167 km Schade, das wäre die Gelegenheit gewesen, wieder einen Sieg davonzutragen. Leider habe ich auf dem letzten Kilometer etwas geschlafen als Dufaux angriff und ich habe zu stark auf Bartoli geschaut. Immerhin habe ich noch den 6. Rang herausgefahren und in den Bergen lief es mir super. Wenn es immer so wäre, hätte Pantani noch Konkurrenz. Ich glaube, jetzt fahre ich doch auch etwas auf das Gesamtklassement, ein Rang in den ersten 10 könnte drinliegen. Montreux, 7. Mai 2. Etappe Tour de Romandie, 186 km Die Mannschaft Festina war heute in argen nöten. So stark sind sie wahrscheinlich nicht, wie alle sagen. Wir von Casino aber auch nicht, im ersten Feld von etwa 40 Fahrern waren wir nur noch zu zweit vertreten, Richard und ich. Und morgen steht die Königsetappe auf dem Programm, das wird schwer, vor allem, weil meine Beine nicht mehr so gut waren wie gestern. Aber mehr als abhängen können sie mich auch nicht und die andern Fahrer sind ja auch müde. (Hoffentlich) Sion, 8. Mai 3. Etappe Tour de Romandie, 151 km Pantani muss vorerst keine Angst vor mir haben. Die andern Fahrer haben mir wieder einmal die Augen geöffnet, ich verlor über 14 Minuten, obwohl ich bis am Schluss voll gefahren bin. Ein schlechter Tag oder werde ich nie eine "Berggeiss"? Die Berge waren auch sehr steil, das ist meine Ausrede von heute. Lausanne, 9. Mai 4 + 5 Etappe Tour de Romandie Am Morgen hatte ich sehr, sehr schlechte Beine. Da dachte ich schon, meine Form ist endgültig vorbei. Beim Zeitfahren bin ich dann "locker" gefahren, das heisst, einfach so, dass meine Beine nicht allzusehr geschmerzt haben. Die Strecke kannte ich auch nicht und meine Muskeln aufgewärmt, was soll das? Ich bin ohne irgendwelche Moral gestartet. Jetzt bin ich natürlich sehr erstaunt, ich bin so um den 30. Rang klassiert. Bin ich doch noch in Form? Morgen bin ich sehr im ungewissen: wenn ich schlechte Beine habe, bleibe ich den ganzen Tag im Feld sitzen, spüre ich aber noch etwas Zupf, werde ich angreifen. Alles ist möglich. Zihlschlacht, 11. Mai Endlich wieder zu Hause im Stress. Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht, aber die drei Tage bis zu der Reise nach dem Giro d'Italia sind schnell vorbei. Und was da noch alles erledigt werden sollte... Aber es ist ja schönes Wetter und beim Training kann man die Gegend wieder einmal richtig geniessen Nizza (F), 14. Mai Das Unternehmen Giro d'Italia hat begonnen. Meine Ziele hier wären zwei Kilo abzunehmen und vor allem nicht allzu kaputt in Mailand anzukommen. Es geht mir hier nicht mal unbedingt, etwas zu gewinnen, sondern einfach mit einem guten Gefühl die 3900 km zu überstehen. Das ich nicht von anfang März bis ende Juni in Hochform sein kann, ist mir klar, darum nehme ich den Giro ein wenig als Vorbereitung für die Tour de Suisse, wo ich dann wieder brillieren will. Die erste Tat am frühen Abend hier in Nizza, meine Beine frisch rasieren, damit sie im Prolog am Samstag mit Öl bestrichen schön glänzen und auf den Fotos einen guten Eindruck hinterlassen! Nizza, 15. Mai Nach einem dreistündigen Training in den Bergen von Nizza und Monte Carlo bin ich jetzt massiert und erholt. Beim Osteopaten war ich auch schon, er hat mir fast den Kopf abgerissen, aber die Hals- und Rückenwirbel sind jetzt wieder in der richtigen reihenfolge. Etwas zu essen wäre jetzt nicht schlecht, aber heute habe ich mich selber auf Diät gesetzt, sonst bin ich morgen am Prolog blockiert. Heute Abend findet noch die Mannschaftsvorstellung statt, eine Prozedur, auf die ich leicht verzichten könnte. Nizza, 16. Mai Prolog Giro d'Italia 7 km Nach einem kurzen Training nach Monaco von 90 Minuten bin ich am Nachmittag dann noch eine Stunde warmgefahren vor meinem Start. Die Strecke hatte nur drei Kurven, wobei man nur in der Spitzkehre bremsen musste. Aber es war hart, auf den sieben Kilometern konnte man so nur für ca. 3 sec. aufhören zu treten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich eine schlechte Zeit habe aber das werde ich erst wissen, wenn alle im Ziel sind. Ich durfte nämlich schon als 19 Fahrer starten, der Prolog ist also noch eine ganze weile im Gange. Ich trete eine Übersetzung von 54*14/13, dafür mit einer relativ hohen Tretfrequenz. Die ersten werden da wohl 54*12/11 in Schwung halten! Cuneo, 17. Mai 1. Et. Giro d'Italia 160 km Nach einem fulminanten Start auf den Col d'Eze, wo wir einige Fahrer abgehängt haben, hat sich nachher alles ein wenig beruhigt. Klar, das Finale war sehr schnell, aber ich bin eigentlich fast erholt am Ziel angekommen, ich musste nicht alle Körner verschiessen. Mit meinem Rang gestern am Prolog war ich doch positiv überrascht: 27 mit nur 16 sec Rückstand auf den dritten. Imperia, 18. Mai 2. Et. Giro d'Italia 160 km Jetzt bin ich gespannt, ob die Jury ein Auge zudrückt. 1200 m vor dem Ziel sind mir drei Speichen gebrochen, so dass ich die Fahrt nicht mehr fortsetzen konnte und so durch den Radwechsel noch etwa zwei Minuten bis ins Ziel verlor. Wäre das ganze 200 m später passiert, hätte ich nach dem Reglement die gleiche Zeit wie der Sieger. Hoffentlich drücken sie ein Auge zu, allerdings glaube ich es kaum, leider. Forte dei Marmi, 19. Mai 3. Et. Giro d'Italia 196 km Ich habe mich mit dem Giro wieder versöhnt. Ich habe tatsächlich gestern über eine Minute verloren, und deswegen war ich mit niemandem zufrieden, schon gar nicht mit den Rennkomissaren. Aber heute sprintete ich im Massensprint etwa auf den 12 Rang, für mich ganz gut. Überhaupt, bis jetzt war der Giro viel schöner als die Tour, immer gute Hotels, sehr gutes Essen, gute Strassen und viel weniger gefährlich wie in Frankreich. Viva l'Italia! Monte Argentario, 20. Mai 4. Et. Giro d'Italia 239 km Auf der Zusatzrunde habe ich am 5 km langen Berg angegriffen. Meine Beine waren ziemlich gut, nur der Berg war leider 9 km und so hatte ich meine Kraft etwas schlecht eingeteilt und bis am Schluss noch 9 Minuten verloren. Aber was soll's, jetzt habe ich wenigstens begriffen, dass ich voll auf einen Etappensieg fahren kann. Morgen werde ich es das erste mal probieren. Frascati, 21. Mai 5. Et. Giro d'Italia 206 km Wir haben nicht gerade unsere beste Mannschaft hier. Letzte in allen Mannschaftsklassementen, fast das hinterste Begleitauto und wahrscheinlich bis jetzt auch am wenigsten verdient von allen. 6 Tage kämpfen 340'000 Lire pro Fahrer, hoffentlich wird es noch einiges mehr. Lago Laceno, 22. Mai 6. Et. Giro d'Italia 163 km Bravo Alex, Pantani wird heute nicht gerade die beste Moral haben, so wie Du an ihm vorbeigezogen bist. Aber auch für Festina wird es jetzt noch sehr lange bis Mailand, um das Feld zu kontrollieren. Ich werde mich aber bei diesen Kämpfen schön draussen lassen, so wie ich am Anfang der Etappe gelitten habe, glaubte ich schon nicht mehr an ein fertig fahren. Aber je länger die Etappe gedauert hat, desto besser lief es mir und dann bin ich erst im Schlussaufstieg abgehängt worden. Ich habe es halt etwas gemütlicher genommen als die ersten. Matera, 23. Mai 7. Et. Giro d'Italia 238 km Mama mia, bin ich kaputt. Den ganzen Tag rauf und runter. Im Moment sehe ich etwas schwarz, dass ich hier noch einen Etappensieg herausfahren kann, und das ich gut in Mailand ankomme steht auch noch in den Sternen. Ich weiss nur noch nicht, wie ich mich hier erholen kann, nach jeder Etappe haben wir noch eine Stunde Autofahrt bis ins Hotel, und vor dem Start auch wieder. Aber den andern Fahrern geht es ja auch nicht besser. Foggia, 24. Mai 8. Et. Giro d'Italia 191 km Als wir in den Seitenwind einschwenkten, schlief ich hinten im Feld den Schlaf des Gerechten. Bis ich merkte, dass vorne das Rennen voll im Gange ist, war ich schon mit dreissig andern Fahrern abgehängt! Auf der Fläche im Gruppetto! Eigentlich eine Schande, dafür bin ich noch selten so erholt im Ziel eines Rennen angekommen. Jetzt kann ich dann langsam ans angreifen denken. Vasto, 25. Mai 9. Et. Giro d'Italia 167 km Ich komme nicht vom Fleck! Am ersten und einzigen Berg war ich im hintersten Gruppetto, ich war nicht in der Lage, dem Feld zu folgen. Nach langen 60 km haben wir das Feld dann endlich wieder eingeholt und im Finale lief es mir dann gar nicht so schlecht. Ich komme mir wie ein Traktor vor, ich kann lange fahren, dafür leider nicht schnell. Habe ich mit 53 Renntagen dieses Jahr wohl etwas zu viel gemacht? Macerata, 26. Mai 10. Et. Giro d'Italia 212 km Wir sind wieder auf dem Weg nach Norden. Hinter uns Süditalien, wo die Zuschauer noch fanatischer sind, da muss man die Brillen, Mützchen, Velokomputer und Bidons mit beiden Händen halten, sonst sind sie unwiderruflich weg und irgend ein Fan brüstet sich damit. David Lefèvre von unserer Mannschaft haben sie die Brille während dem Bergauffahren von der Nase geklaut! San Marino, 27. Mai 11. Et. Giro d'Italia 220 km Je länger ich im Radsport dabei bin, desto weniger verstehe ich davon. Die Taktik, die gewisse Mannschaften haben, sind ein Buch mit sieben Siegel. Früher kapierte ich diese Sachen noch, aber heute? Bin ich dümmer geworden oder der Radsport komplizierter? Oder wahrscheinlicher, wissen diese Mannschaften selber nicht, was sie machen sollen? Aber was soll's, ich bin heute gut angekommen, nicht allzu müde und irgend wie habe ich das Gefühl, dass es mir von Tag zu Tag besser geht. Carpi, 28. Mai 12. Et. Giro d'Italia 202 km Es war nicht mein Tag. Ich war der erste, der nach dem Start aus dem bummelnden Feld ausreissen wollte. So was ist zwar nicht meine Art, aber irgendwann muss man es ja probieren. Aber als wir 15 Fahrer nur immer 30 Sekunden Vorsprung hatten, gaben wir es nach 40 km auf. 70 km später fuhren wir zu viert hinter einer Spitzengruppe her, bis wir sie eingeholt hatten, etwas später stürzte ich und wieder auf die Verfolgung, als ich zurückkam waren schon wieder andere 8 Fahrer weg, also wieder alleine nach vorne, und dann war ich kaputt. Und so fuhr ich in der neuner Gruppe auf den glorreichen 8. Rang. Super! Schio, 29. Mai 13. Et. Giro d'Italia 166 km Wieder einen Regentag mehr. Vom Wetter hängt eigentlich noch vieles ab. Angefangen vom Luftdruck in den Pneus, der so um die 7,5 bar ist, eins tiefer als normal. Und wegen dem Regenschutz in der Tricottasche hat man weniger Platz für die Verpflegung, dafür reicht auch nur ein Bidon. Unter dem Helm trage ich noch ein Rennfahrermützchen, so laufen die Regentropfen nicht innen an der Brille runter. Die Moral ändert sich übrigens auch, und das Tempo in Abfahrt, in den Kurven..... Trieste, 30. Mai 14. Et. Giro d'Italia 167 km Wieder ein Ruhetag, den ganzen Tag hinten im Feld und in der Schlusssteigung sofort im Gruppetto. Allerdings war der Start sehr schnell und ich in der zweitletzten Position nicht gerade glücklich. So bis zu 55 km/h ging es noch, was dann aber schneller als 62 km/h war, spürte man in den Beinen sehr deutlich. Immerhin, im Windschatten konnte man relativ kleine Gänge fahren, bei 55 etwa 53*14, bei 62km/h 53*12 und 53*11 brauchte ich nur selten. In der ersten Stunde legten wir 51 km zurück, nachher verlangsamte sich das Ganze deutlich. Trieste, 31. Mai 15. Et. Giro d'Italia Zeitfahren 40 km Km 1: Ich bin etwas langsam abgefahren, die Beine schmerzen noch überhaupt nicht. Km 6: Nur nicht zu schnell, der Berg ist noch lang, und schön den 42 Kranz drinlassen, auch wenn alle anderen 48 oder 52 fahren. Km 11: Der Bergpreis, etwas beschleunigen und dann voll bis ins Ziel. Km 11,5: Wieder etwas langsamer, die Beine schmerzen zu stark und gemütlich ins Ziel. Km 18: Guter Rhythmus, Tretfrequenz 100, Pulsfrequenz 150, keine Beinschmerzen. Km 22: Zwischenzeit etwa 29 Min. Viel zu schnell, ich sollte bei 31 Min passieren. Km 30: 38 Min viel, viel zu schnell, ich habe noch 20 Min Zeit bis ins Ziel. Aber vielleicht schaffe ich eine Schlusszeit von unter 50 Minuten? Km 35: 1 Min 5 sek pro Kilometer, dieses Tempo beibehalten, dann kann ich die letzten zwei noch langsam Fahren. Km 38: Genau im Fahrplan, jetzt noch ausplempern und dennoch weniger als 50 Minuten. Ziel : Zeit 49 Min 57 sek. Ich bin ein Arschloch, viel zu schnell gefahren, der Kontrollschluss wäre bei 58 Minuten gelegen. Asiago, 1. Juni 16. Et. Giro d‘Italia 240 km Morgen beginnen die grossen Berge und damit für mich das grosse Rechnen. Der Kontrollschluss ist sehr, sehr knapp bemessen, das gibt Probleme. Morgen sind es für die 220 km lausige 37 Minütchen! Am Passo Duran verliere ich 12 Minuten, am Forcella Staulanza 13, Marmolada 13, Passo di Sella 10, gibt zusammen 48 Minuten! Wo spare ich nur die 11 Minuten ein? Also muss ich von anfang an voll fahren, Duran 5, Staulanza 10, Fedaia 12, Sella 8, gibt 35 Minuten, und die Abfahrten und Flachstücke muss ich gleich schnell fahren wie die Spitze! Die Marschtabelle stimmt, kann ich sie aber einhalten? Das gibt für sehr viele Fahrer Probleme, morgen in den Bergen. Selva di Val Gardena, 2. Juni 17. Et. Giro d‘Italia 217 km Die Marschtabelle stimmte fast, der Kontrollschluss war zwar nur 34 Minuten aber meine Gruppe kam mit 32 Minuten Rückstand ins Ziel. 40 Fahrer hinter uns schafften das Zeitlimit nicht und können morgen nach Hause fahren. Ich bin aber total fix und fertig im Ziel angekommen, habe alles doppelt oder dreifach gesehen. Und ich werde den Passo di Fedaia nie mehr mit dem Velo fahren. 39*25 habe ich hochgewürgt und gelitten, der Tacho gab immer zwischen 9 und 12 km/h an, ziemlich deprimierend! Jetzt beginnt die Rechnerei für morgen. Alpe di Pampeago, 3. Juni 18. Et. Giro d‘Italia 115 km Diese scheiss Berge, warum sind die hier in den Dolomiten immer so steil ? Immerhin bin ich gut angekommen, zweitletzter zwar, aber nicht so müde wie gestern. Und ich habe alles aus eigener Kraft geschafft, und nicht wie viele anderen, die sich von den Mannschaftswagen ziehen liessen! Eine Schweinerei, und die Komissäre haben nichts gesehen. Plan di Montecampione, 4. Juni 19. Et. Giro d‘Italia 239 km Ich habe mich wieder einmal bis ins Ziel durchgekämpft. Am Start glaubte ich noch nicht so recht daran, aber dann ging es besser als erwartet. Dafür habe ich geschwitzt wie 8 Stunden in einer Sauna. Es vielen keine Schweisstropfen mehr herunter, sondern ganze Bäche und in den Rennschuhen hat es „geflutscht“ wie bei Regenwetter. Mit trinken bin ich nicht nachgekommen, am Ziel war ich 5 Kilo leichter als am Start! Mendrisio, 5. Juni 20. Et. Giro d‘Italia 147 km So, der Giro ist gelaufen (für mich), noch zwei „Ruhetage“ und dann geht es nach Hause. Endlich etwas Zeit, um all die kleinen Schwachstellen am Körper zu pflegen. Seit 20 Tagen jeden Tag am Limit, das hinterlässt spuren. Wenn ich allerdings etwas genauer überlege, habe ich ja gar nichts! Aber einen Ruhetag könnte ich doch einmal brauchen, wenigstens einmal wieder alleine etwas Radfahren und nicht immer in irgend einer Gruppe und mein Tempo den andern anpassend. Mendrisio, 6. Juni 21. Et. Giro d‘Italia Zeitfahren 34 km Ich bin doch mehr angeschlagen von dieserRundfahrt, als ichdachte. Bis zur Zwischenzeit bin ich vollgefahren was ichhatte, ich wollte unbedingt da in denersten Zehn sein, umetwas Geld zu verdienen. Nachher bin ichdann fast gemütlichden Rest bis ins Ziel gefahren. DieEnttäuschung folgte dan amAbend, als ich die Resultate sah, bei der Zwischenzeit nur 24. Keine müde Lire gewonnen. Mailand, 7. Juni Schlussetappe Giro d‘Italia 167 kmSo schlecht war ich selten, ich konnte dembummelnden Feldnur knapp bis auf den Rundkurs in Mailandfolgen. Zum Glückwar dann die Runde bei Dauerregen sogefährlich, dass wir bisins Ziel langsam gefahren sind! Und jetzt nach Hause, morgen berühre ichkein Velo und esseeine Olmabratwurst. Zihlschlacht, 14. Juni Auch diese Woche ist schon wieder um. Viel Trainiert habe ich nicht, ich war viel zu kaputt, hatte keine Moral oder war etwas krank. Insgesamt nur gerade 10 Stunden, aber im Moment geht es mir wieder recht gut und für die Tour de Suisse bin ich hoch motiviert. Ein letztes Aufbäumen vor meiner Rennpause. Biel, 15. Juni Schon bin ich wieder unterwegs. Jetzt muss ich aber noch die richtige Einstellung für diese Tour de Suisse finden. Im Moment habe ich sie noch nicht, aber ich habe noch 36 Stunden Zeit, bis ich um halb fünf Uhr morgen beim Prolog starte. Bei Gewitter könnte es noch ein Vorteil sein, dass ich im ersten Drittel starten kann. Biel, 16. Juni Prolog Tour de Suisse 5,6 km Der Fahrer vor mir startet, noch eine Minute. Ich schnappe meine Zeitfahrermaschine und steige die drei Treppenstufen zur Startrampe hinauf. Ich sitze auf das Velo, ein Starthelfer hält es, damit ich meine Schuhe in die Pedale einklicken kann. Noch 30 Sekunden. Ich richte mich auf, klappe das Helmvisier langsam herunter. Das ist immer der magische Moment, an dem mein Zeitfahren beginnt. Ein letzter Blick, ob die richtige Übersetzung bereit ist. 15 Sekunden. Noch dreimal tief durchatmeten, während die Fotoapparate der Journalisten klicken. Piep, piep, piep, piep, piiiip. Die Muskelfasern ziehen sich zusammen, die Beinschmerzen beginnen. Villars, 17. Juni 2. Et. Tour de Suisse 179 km Unten in der Schlusssteigung war ich ganz vorne, alles oder nichts. Es war nichts, ich verlor dann noch etwa 7 Minuten. Aber egal, jetzt kann ich schon ganz beruhigt auf Etappensieg fahren, ohne dass sofort alle Mannschaften hinter mir her fahren. Aber irgendwie komisch, ich bin voll gefahren, aber schon 10 Minuten nach meiner Zieleinfahrt fühlte ich mich erholt. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Morgen werde ich es sehen. Ullrichen, 18. Juni 3. Et. Tour de Suisse 160 km Ich bin etwas enttäuscht. Ich war der letzte Fahrer, der vom Spitzenfeld vor dem Ziel noch abgehängt wurde. Es fehlte nur ganz wenig, aber eben, es fehlte was. Dabei habe ich mir für diese Etappe einiges vorgenommen. Aber irgendwie komisch, ich konnte nicht schneller fahren, war am Limit, aber kaum abgehängt, war ich schon wieder erholt, leider zu spät. Wahrscheinlich habe ich doch schon etwas zu viele Renntage, dieses Jahr bis jetzt 70. Varese (I), 19. Juni 4. Et. Tour de Suisse 208 km Diese Tour de Suisse läuft nicht gerade so, wie ich es gewünscht habe. Da bin ich im Ziel jeweils froh, wenn ich sofort in unseren Campingcar verschwinden kann und vor den Fragen der Leute etwas geschützt bin. Da kann ich mich in Ruhe umziehen und ein kaltes Cola gegen den Frust trinken. Am Morgen bin ich dann meistens wieder motiviert, und irgendwann wird auch hier meine Etappe kommen, wo nicht immer alle an meinem Hinterrad hängen. Lenzerheide, 20. Juni 5. Et. Tour de Suisse 239 km Zum Glück konnte ich den Splügenpass mit 14 Minuten Vorsprung beginnen, auf der Passhöhe, 30 km später und 1900 m höher, waren es gerade noch 30 Sekunden. Dafür bin ich dann mit der Spitzengruppe relativ locker bis unten am Schlussaufstieg mitgekommen, bis es mich endgültig parkiert hat. Aber ich bin lange vor meinen Kollegen aus dem Gruppetto ins Ziel gekommen. Hoffentlich läuft das morgen auch so. Lenzerheide, 21. Juni 6. Et. Tour de Suisse 156 km Ich war noch selten so kaputt wie jetzt. Während der Etappe ging es noch relativ gut, ich bin weit vor dem letzten Gruppetto ins Ziel gekommen, aber im Moment fühle ich mich noch schlechter als auf dem Velo. Ich kann auch die Köpfe meiner Teamkollegen und Masseure nicht mehr sehen. Wir leben die ganze Zeit eng zusammen, und jetzt ist es Zeit, dass ich mich auch davon erholen kann. Ich bin ferienreif! Morschach, 22. Juni 7. Et. Tour de Suisse 163 km Ich hatte zwei Pflöcke aus Holz, die heute versuchten, in die Pedalen zu treten. Mit ach und Krach konnte ich wenigstens meistens dem Feld folgen, und als ich einmal abgehängt wurde, war vorne die Bahnschranke unten. Manchmal braucht man auch etwas Glück. Aber jetzt freue ich mich noch mehr auf meine Ferien nach dieser Schweizerrundfahrt. Aber morgen versuche ich es trotzdem noch einmal. Bern, 23. Juni 8. Et. Tour de Suisse 186 km Auch diese Etappe wäre geschafft. Es ging etwas besser als gestern, obwohl wir noch schneller gefahren sind. Und mit dem Sieg von bin ich auch sehr zufrieden, obwohl er in einer gegnerischen Mannschaft fährt. Die jungen Fahrer vom Post Swiss Team beeindrucken mit ihrer Fahrweise, so hätten sie sogar einen Startplatz an der Tour de France verdient! Bern, 24. Juni 9. Et. Tour de Suisse, Zeitfahren 30 km Auch wenn wir nicht die stärksten sind, heute hatten wir es mindestens lustig. Richard hat einen vollen Eimer Wasser vom Hotelfenster aus, über den Kopf bekommen. Auch zwei Masseure mussten dran glauben. Den sportlichen Leiter haben wir leider verfehlt. Noch genau einen Tag und die Ferien können fast beginnen, ich freue mich auf morgen Abend. Wenn ich nur die Etappe noch gut "überleben" und im Gesamtklassement noch zwei Fahrer überholen könnte, dann würde ich noch 10 von den wichtigen Uci Punkte gewinnen. Zihlschlacht, 25. Juni 10. Et. Tour de Suisse 186 km Ich habe es tatsächlich geschafft, ich fuhr im Gesamtklassement noch auf den 48 Rang und habe somit noch 10 Punkte ergattern können. Meine gesammelten Punkte 1998 : 671. Jetzt bin ich aber froh, dass es fertig ist. Für eine Woche werde ich jetzt höchstens eine Stunde täglich trainieren und dann an den nationalen Meisterschaften schauen, was ich noch kann. Zihlschlacht, 30. Juni Seit ende der Tour de Suisse bin ich noch nie auf dem Velo gesessen. Im Moment habe ich null Bock darauf. Aber morgen beginne ich ein wenig, so dass ich die Schweizermeisterschaften wenigstens fertig fahren kann. Ich bin auch sonst genug im Stress, gestern war der Spatenstich meines neuen Hauses. Da gibt es einiges zu tun. Wer übrigens mein jetziges kaufen will, kann sich bei mir melden.... Zihlschlacht, 5. Juli Schweizermeisterschaften Ich wusste es, Beine wie Gummi, ein Herz dass nicht nachkam mit Blutpumpen und Säure bis in die Armen. Nach 100 km setzte ich meiner Leiderei ein Ende und ging unter die Dusche. Aber eben, nicht erstaunlich, in den letzten 10 Tagen fuhr ich gerade mal 70 km. Null Bock auf Velo. Nicht ganz, ein wenig freue ich mich doch, in einer Woche wieder mit dem Training zu beginnen. In einer Woche und nicht jetzt! Zihlschlacht, 7. Juli Ich geniesse meine freien Tage ohne Velo, langweilig wird es mir aber sicher nicht. Und ich bin froh, dass ich die Tour de France nicht fahren muss. Alex Zülle wollte mir sein Trikot zur Verfügung stellen, so dass ich an seinem Platz dieses Rennen fahren sollte, aber da muss er die Trikottaschen schon mit viel Geld füllen, dass ich einwillige. Zihlschlacht, 9. Juli Heute wäre ich schon nach Dublin abgereist, wenn ich die Tour fahren würde. Aber es ist viel besser so, ich freue mich schon wieder auf nächsten Montag, wenn ich mit dem Training beginnen werde. Anfangs wohl noch mit etwas schweren Beinen aber dann ab Mitte August sollte ich wieder gut "zwäg" sein. Zihlschlacht, 11. Juli Morgen beginne ich wieder mit dem Training. Ich habe es um einen Tag vorverschoben, es juckt mich bereits wieder. Zihlschlacht, 12. Juli, Begonnen habe ich doch noch nicht. Es war so schön Wetter, dass ich eine Velotour mit meiner Familie vorzog. So kommen auch sie etwas in Form. Aber morgen um neun Uhr starte ich die Vorbereitungen für meine Herbstrennen.Die Tour de France fahre ich sicher nicht, auch wenn ich in einigen Startlisten mit der Nummer 136 aufgeführt bin! Da anscheinend sehr viele Leser dieser Seiten auf meine Liveberichte von der Tour warten, so live sind sie dann halt nicht. Aber was ich heute schnell gesehen habe, reichte mir schon völlig. Dass es Cippollini auf die Schnauze haut, ist doch sehr ungewöhnlich, sehr wahrscheinlich war es sicher nicht sein Fehler. Und die ganze Dopingaffäre um Festina sieht recht verzwickt aus. In der Haut dieses Masseurs will ich nicht gerade stecken, aber die alleinige Schuld wird er nicht haben...... Zihlschlacht, 16. Juli Die ersten beiden Trainings verliefen vielversprechend. Gestern war ich dann allerdings mit der Familie einen Tag im Basler Zoo, ohne Velo. Als ich abends nach Hause kam, war mein Telefonbeantworter voll. Alles indirekt im Zusammenhang mit dem Skandal um das Festina Team. Zum Glück bin ich nicht an der Tour. Was da teilweise von sogenannten "Radsportexpertendoktoren" in der Presse ausgesagt wird, einfach lächerlich. So schlimm kann das mit dem Doping im Radsport gar nicht sein, sonst hätte ich 12 Jahre lang hinter dem Mond gelebt! Zihlschlacht, 17. Juli Wenn meine Tagebucheintrage etwas spährlicher ausfallen als auch schon, hat das nicht damit zu tun, dass nichts läuft. Im Gegenteil, wegen dem Dopingskandal an der Tour läutet auch mein Telefon hier pausenlos, Journalisten die etwas wissen wollen oder meine Kollegen, um Meinungen auszutauschen. Es ist etwas ganz anderes. Am schweizer Nationalfeiertag, am 1. August, darf ich in meiner Gemeinde die Rede halten. Da ich nicht gewöhnt bin, sowas zu schreiben, geht die Zeit vor dem Komputer halt da drauf. Aber trainieren tue ich schon noch, heute 158 km. Zihlschlacht, 21. Juli Bravo, schon die 2. Etappe die Casino in diser Tour de France gewinnt! Auch ein Bravo für mich. Gestern sass ich acht Stunden auf dem Sattel. Davos-Flüelapass-Reschenpass-Stelvio-Ovenpass-Susch. Den Stelvio fuhr ich ein bisschen zu schnell hoch, alles mit 41* 19/21. Auf den letzten zwei Kilometer hat es mich aber dann so richtig parkiert. Mit dem 23er Kranz kam ich kaum mehr hoch und im Passrestaurant musste ich ein volle Stunde warten, bis ich wieder fähig war, etwas zu essen! Zihlschlacht, 23. Juli Morgen muss ich wieder an mein erstes Rennen nach der Pause reisen. Falls ich bis nächsten Sonntag noch nicht zu Hause bin, bin ich irgendwo in einem Gefängnis eingebuchtet! Spass beiseite, was jetzt in der letzten Woche mit dem Radsport läuft, ist ja wirklich unwahrscheinlich. Ein Spiegel der heutigen Gesellschaft. Sportler, die keine Ethik mehr haben, Sportmediziner die lügen, Dopingfahnder die Unwarheiten verbreiten, die Presse die alles noch verdreht. Wem soll man da noch glauben? Solange ich mein Spiegelbild am Morgen noch mit gutem Gewissen anschauen kann, werde ich noch weiter als Profi fahren, mein persönlicher Ehrgeiz ist vorläufig noch nicht befriedigt. Zihlschlacht, 26. Juli Ich bin wieder zurück. Am Rennen in Spanien haben sie mich schon nach 50 km abgehängt. Aber wen interessiert das schon? Alle wollen nur über die Dopingaffäre Sachen erfahren. Ich als Radprofi komme mir im Moment wie ein Arschloch vor. Wenn ich behaupte, nichts zu nehmen, glaubt mir keiner, wenn ich sage, ich nehm was, werde ich gesperrt! Es ist an der Zeit, dass jetzt ein grosses Ausmisten kommt und man nachher wieder von vorne Anfangen kann. Es werden wieder die gleichen vorne sein, aber ich kann dann endlich auch mehr Rennen gewinnen. (Dieser Abschnitt ist nicht für die Presse gemeint, sondern nur für die "normalen" Leser ) Zihlschlacht, 28. Juli Nach einem 150 km Training bin ich nachher noch mit meiner Familie einige Kilometer velogefahren. Endlich konnte ich jemanden abhängen! Meine Nachfolge ist allerdings noch nicht gesichert, mein ältester Sohn wird nie ein Rennfahrer, eine totale Mimose. Aber das ist nicht weiter schlimm, er soll das machen, was ihn freut. Trotz all dem, was jetzt an der Tour aufgedeckt wurde, ich kann einem jungen Mennschen den Radsport immer noch mit einem guten Gewissen empfehlen. Wenn aber alle so schlechte Schauspieler sind wie Pantani heute an der Tour...... Zihlschlacht, 31. Juli Mann oh mann, ich komme gerade von der Tour zurück, Chaos total. Zu der ganzen Dopingsache muss ich nun doch noch meinen Senf dazugeben.1. Es ist ja wohl klar, dass jeder Sportler auf die berühmte Frage, ob er auch dopt, nein sagt. Er nimmt schliesslich nichts, und wenn er was nimmt, sagt er auch nein, denn sonst wird er für mindestens 6 Monate gesperrt. Es ist die gleiche Antwort, wie wenn jemand nach Schwarzgeld gefragt wird. Da sagt man so oder so, man habe keins, denn sonst ist die Steuerfahndung hinter ihm her.2. Ich glaube, dass alle Sportler für härtere Kontrollen sind. Nur was soll man machen, wenn das verd..... EPO nicht gefunden werden kann? Nicht einmal in den Haaranalysen.3. Was mit Rudolfo Massi im Moment passiert, weiss auch niemand. Die Polizei wird ihre Gründe haben. Leider bin ich da zuwenig informiert.4. Bin ich glücklich, die Tour nicht gefahren zu sein. Mein siebter Sinn? Zihlschlacht, 2. August Wir Schweizer hatten gestern am 1. August unseren Nationalfeiertag. Und wie das so üblich ist, feiern wir den mit Feuerwerk und Ansprachen. In meiner Gemeinde durfte ich dieses Jahr vor den Leuten reden. Auf Wunsch, hier meine kurze Rede ( 13 Min.). Ich hielt sie auf Schweizerdeutsch. Wenn ihr nicht alles versteht, ist das nicht mein Bier.

Sehr verehrti Zihlschlachterinne und Zihlschlachter, Sitterdorferinne und Sitterdorfer, sehr verehrti Gäst, Es freut mi sehr, dass trotz dem missliche Wetter e so viel dä Wäg do ufe gfunde händ. Ich nimm jetzt emol ah, dass alli nu wäge mir cho sind. Für mie isch es e chli ussergwönlich, dass ich vor so viele Lüüt e Red halte söt. Normalerwiis fahri vor viel Lüüt einfach nur stumm vorbi und wird agfüüret und i dä Interviu gsehn i nu grad dä Reporter. Hüt isch es emol andersch, ich mue nöd nu uf Frooge antwort geh, sondern söt öppis verzelle. Wen i erhrlich bin, bin i nervöser als vor dä Weltmeisterschaft. Woni agfroget worde bin für die 1. Augustred hani ganz spontan jo gseit. Erscht spöter wo ni ä chli drüber nodänkt ha und mir überleit ha, was mo do eso seit hani min Entschluss ächli bereut. Aber woni mich echli intensiver mit dere Red beschäftiget ha, und jetzt, wo alli interessiert do ufe lueget, do freuts mi würkli, das i dörf do vorne stoh. Es isch für mi sowiso öppis bsunders amänä 1. August i dä Schwiiz s'zi. Als Chind hämer dä Tag mit mim Grossvater, mit Fahne, Lampion und Fürwerk ufem Hummelberg gnosse. Ich ha mir nie Gedanke gmacht, wiso dass mir da fiiret, Frauefürz und Ragete sind viel wichtiger gsi. Jetzt als Erwachsene bini praktisch all Johr im Usland underwägs gsi und ha mir döt nöd unbedingt Gedanke über üsen Nationalfiirtig gmacht. Was heisst eigentlich Nationalfiirtig? Wörtlich heisst das doch, dass die ganz Nation en Tag lang fiiret? Bi üs i dä Schwiiz hämer no vor wenigä Johr a üsem Landesgeburtstag müese schaffä und i weiss nöd recht, ob mir a somene Tag Fiirtig säge chönd. Inzwüsche hämers au zumene freie Tag broocht, aber so richtig grossi Fäscht gits bi üs doch nöd. Ich ha scho mereri 14. Jüet in Frankrich mitgmacht und has Gfühl, döt isch das Fescht e risigs Freudefäscht fürs ganz Volk. D'Lüüt firäd dä ganz Tag bis wit i d'Nacht. Alles isch uf dä Bei, jedä firäd mit jedäm. I dä Schwiiz hät jede echli sis eige Fäschtli, mä bliibt im chlinere Kreis und wet halt echli weniger Rummel. Sind do üsere Vorfahre tschuld? Üseri drü Ureidgenosse händ dä Rüütlischwur jo im Gheime möse abhalte, ohni vill Lüt drüber z'Informire und durda händs au nöd viel verschideni Asichte müese bespreche und bedänke. Drüü Manne wo für ei Sach zämegstande sind und mitenand öppis gschaffe händ. Hüt chönt mer sich das fascht nüme vorstelle. Doozmol isch s'läbe schwerer gsi, aber s'regiere wohrschinlich eifacher. Do händ nöd vill Parteie dringschwätzt und nomol drissg Intressegmeinschafte sbescht für sich wele usehole. Ich beniid keine vo dä hüttige Rööt, nödemol üsere Zihlschlachter Gmeindrot. Wenn i übrigens vo Zihlschlacht oder vo dä Zihlschlachter red, meini dänn immer au Sitterdorfer oder Sitterdorf. Mängmol vergess i sie halt fascht echli, wils halt e chli wiiter une ligget als Zihlschlacht. Mit witter une meini dänn uf keinesfall sie siget üseri Untertane, sondern ich als Velofahrer lueg halt alles echli topografisch a, und da liet Sitterdorf halt e stuck under Zihlschlacht. Weg däm beniid ich sie auch e chli, denn wenn i vomene lange Training hai chum, wärs wohne Sitterdorf viel bequemer, i müesst dä Stutz bim Bahnübergang nümme uffe fahre. Wenn i döt vobii fahre, sind meischtens au no grad Schüeler uf em heiwäg und vo allne Siite rüefets: " Grüezi Herr Järmann!" Ich mue mi ammel fescht zämene, dass i glichzitig schnell ufefahr und au no zrugg Rüefe cha. E paar hundert Metter spööter, wenn sie mie nüme gsehnd, fahri dänn wieder langsam, i muen ammel wieder zu Luft cho. Aber eigentli gfallt mir das no recht guet, denn wo susch wird mer uf em Velo no grüesst? Da gfallt mir sowiso super do, mä grüesst sich und haltet en Schwäz ab, wo mer wieder mit dä Dorfnews ufem neuste Stand isch. Leider kenn i do eigentlich nonig viel Lüüt, im Summer bin i fascht immer unterwegs und im Winter verchrüchet sich die meiste i ihrne warme Hüser. Also, wenn ihr mi nögschtmol gsehn, dörfed ihr au mit mir rede, ich wüsst dänn sicher au wieder News, villicht halt nu vom Usland und nöd vom Dorf. Schliessli bin i shalb Joor furt und unterwegs und mue mi mit französisch, italienisch oder spanisch dureschloo. Aber au da hät voorteil, me gseht über Grenze us und gseht so immer wieder viel anderi Sache. Und mängmol merkt mer dänn, dass es au im Usland Sache hät, wo besser funktionieret als bi üs i dä Schwitz. Es goht villicht mängmol echli Länger aber Lüüt händ däfür echli meh Lebesfreud, sie gnüsseds halt echli mee, schaffed däfür halt es bitzeli weniger. Und dänn dänki, öb nöd mir das au echli meh sötet pflege, nöd schaffe bis zum umfalle, sondern alles andere däfür echli meh gnüsse. Dä Schwätz halt es bitzeli länger, halt emol uf Post laufe, weder immer mit em Auto hi hetzte. Und wenn emol öppis nöd grad klappet, nöd immer grad usrüefe, eifach es so lebe, wie mers i dä letschte Ferie gmacht hät. Klar, es isch schwer, wenn mer im Stress vom Alltag gfang isch, aber s'eifachscht isch halt immer no, dass mer dä Lüüt, wo mer begegnet es chlises Lächle schenkt. Das kost überhaupt kei Astrengig und für die ander Person gseht doch dä Tag scho viel fründlicher us. Ich bitte drum alli, nöchstmol drazdenke und ebe echli fründlich lächle. Vo mir persönli het üsi Gmeinde scho lang d'Uszeichnig als freundlichsti Gmeinde i dä Schwiiz verdient, aber ebe, im Usland goots mängmol no besser, und wiso sölled dänn mir immer grad scho zfriede sii, wenns au no es bitzeli besser gängt? Dur min Bruef als Velofahrer han ich Kollege i ganz Europa, vo Süditalien bis Norwegen, vo Spanien bis Russland. Do häts ganz unterschiedlichi Charakter, mer läbt halt ganz unterschiedlich uf, und jede dänkt es bitzeli andersch. Aber mir alli chömed guet mitenand uus, akzeptiered und respektiered üs, händ kei Problem zäme, - händ fascht kei Problem zäme. Und wenn ich dänn mit dene echli über Schwiizer red, tänket alli sglich: Echli stuur, mir lueged anschinend nu für üs selber, rechthaberisch simmer au, jede en chline Polizist und alli überpünktlich. Improvisiere chömmer überhaupt nöd, und Lache ghörd mer üs au nie. Klar, da sind die typische Vorurteil, wo die andere üs Schiizer gegenüber händ, hanni am Afang dänkt. Aber jedesmol, wenni Wuchewiis nu mit Usländer zäme bin, echli dene ihren Lebesstiel animm und nochher wieder hei i Schwiiz chum, muni säge, da stimmt smeischt. Ich reg mi amel grausam uuf, wenn mir jede Autofahrer säge mue, wo dass i mit em Velo fahre sött, und wehe, i chum emol 3 ½ Minute spoot, dänn muulet jede. Und dänn dänk i immer wieder, mir Schwiizer sind eigentli scho echli Chlikarriert. Dänn bin i amel nüme furchtbar stolz, en Schwiizer z'si. Drum hani scho e paarmol dänkt, wa chönnt mer mache, dass mir echli toleranter und grosszüger werded. Dänn so chönt mer s'Lebe au es bitzeli meh gnüsse. Und uf dä andere Siite, schätz i pünktlichkeit vo üsne Züg und Postauto scho sehr, und Läde gönd au am zwei uf, wenn das uf dä Türe stoht, und nöd erst e Stund spöter. D'Usländer behandlet mir au recht fair, im Gegesatz zu einige andere Länder. Rassischte simmer im allgemeine sicher nöd, userd vilicht im Moment, wo alli echli gege d'Rass vo dä Velofahrer sind. Aber normalerwis hebi mini Bruscht immer füre und betone, dass i en rote Pass han. Sbescht wäre, mir chöntet echli vo dä andere sguete ahnee, ohni üsi Qualitäte z'verlüüre. Aber ebe, das isch gar nöd eso eifach. Wenn ich dä König vo dä Schwiiz wär und s'Land befehle chönt, würd ich jedem Schwiizer en längere Uslandufenthalt vorschriebe, villicht würdemer eso die guete Siite vo andere Kulture au echli ahnee, und sie viellicht die guete vo üüs. Aber ebe, i bi nöd König, befehle chani au nöd, und folge tuet mit scho gar niemert, usserd i einzelne Fäll mini Chind. Und drum würs doch schön für Eu alli, wenn ihr s'Lebe echli liechter nehme chönted, lachet echli meh, grüessed au Unbekannti und gönnd mängmol au z'fuess uf Post. Und wenn ihr mi nöchstmol uf em Velo grüessed, ich eventuell kei Antwort gib, dänn bin i nöd unfründlich, sondern eifach kaputt Probiered mir doch, en neuafang zmache, eso wie üseri Vorfahre vor über 700 Johr und eso, wie üseri hütige Gmeindrööt vor öppe zwei Joor. Allerdings weiss i nöd, wo sich Mane im gheime zämegfunde händ, us Zihlschlacht und Sitterdorf, um sich zvereine. Isch das öppe do obe gsii. Im Zihlschlachter Rüütli? Hät do dä Hohlsteischwur stattgfunde? Händs do obe nodenkt, wie sie gege ihrni übermächtige Gegner, wie Verschuldig und Arbeitslosigkeit gwünne chöntet? Aber ich find, sie mached ihri Sach bis jetzt ganz guet. Und mir, wos jo schliessli gwählt händ, sötet au hinder ihne stoo und ihne üses Vertraue schenke. Nöd immer grad bi jedem Entschluss wos fassed ummemule, ihne echli Freiheit loo, schliessli handled si mit beschtem Wüsse und Gwüsse und sie wend jo sbescht für üs alli. Undebe, zum Glück mönts nüme go Jage und go Holz sueche, so händs meh Ziit um die komplizierte Probleme mit - und um dä Komputer z'löse. Mir chönd üs jetzt uf d'Jagd noch Colafläsche und Brodwürscht mache. Drum wet i eu nüme länger ufhalte und danke eu allne fürs zuelose. Ich wünsch no allne e schöns 1. Augustfescht und en Guete. Zihlschlacht, 27. August Ich liege genau in meinem Trainingsplan, der ganz auf die letzten Saisonrennen ausgerichtet ist. Paris-Tour, WM, Lombardeirundfahrt usw. Da bin ich überzeugt, dass ich gut fahren werde. Mein Trainingspensum in den letzten Tagen: 100, 180, 170 km. Morgen Reise ich nach Italien um am Wochenende am und an der Trofeo Melinda zu starten ( und anzukommen!) Abano Terme (I), 28. August Ich weiss gar nicht was ich schreiben soll. Das Wetter ist sehr schön, das Essen wie immer in Italien sehr gut und morgen steht mein 91. Renntag der Saison ins Haus. Velokilometer 1998 bis und mit heute 24'500 km. Male (I), 29. August Giro del Veneto 200 km Langsam, langsam kommt es immer besser. Am ersten Berg konnte ich immerhin in den ersten 10 Positionen des Feldes hinauffahren, das tat der Moral sehr gut. Danach habe ich seit langem wieder einige Angriffe versucht, sie haben noch nichts gebracht, aber immerhin. Am letzten Berg wurde ich aber doch noch abgehängt. Macht nichts, wenn es so weitergeht, kann ich beim GP Isberg in zwei Wochen auf Resultat fahren. Zihlschlacht, 31. August Endlich habe ich einige Tage Erholung. Ich glaube, ich habe sie nötig. Beim letzten Rennen in Italien kam ich wieder etwas unter die Räder, aber die Tendenz ist aufwärts. Vorhin habe ich einen Brief an die UCI abgeschickt, ich konnte wieder einmal nicht ruhig bleiben und musste ihnen meine Meinung zukommen lassen. Sie wollen ein Fahrergremium ins Leben rufen. Die Idee ist zwar nicht schlecht, aber ich bin mit den Fahrern nicht einverstanden, die sie vorgeschlagen haben. Zihlschlacht, 3. September Draussen regnet es in strömen, aber es stört mich überhaupt nicht. Schliesslich habe ich heute einen Ruhetag. So kann ich endlich mal mein Büro wieder auf vordermann bringen und die angestauten Arbeiten erledigen, wenigstens zum Teil. Was da so alles hervorkommt! Übrigens habe ich seit neustem (seit Heute) auch einen eigenen Fanclub in Dänemark. Die Adresse lautet [email protected] Der Präsident der 14 Mitglieder heisst Mads Jönsson. Der "richtige" Fanclub in der Schweiz umfasst etwa 80 Mitglieder, deren Präsident Philip Meier [email protected] ist Zihlschlacht, 4. September Auf den Brief, den ich an die UCI geschrieben habe, ist tatsächlich eine Antwort gekommen. Ich habe nun an der WM einen Termin, um mit dem Präsident der Ärztlichen Kommission alles in Ruhe zu besprechen. Eine gute Sache! Heute habe ich 160 km alleine trainiert, meine Trainingspartner Philipp Buschor und Alex Zülle sind von jetzt an, an der Vuelta. Zihlschlacht, 6. September Irgendwie war es ein erfolgreiches Wochenende. Das Omnium in Elgg habe ich gewonnen und beim Josef Vögeli Memorial fuhr ich auf den 14. Rang. Da hatte ich Angst, dass ich bei diesem harten Zeitfahren letzter machen würde, ich musste praktisch nur gegen Spezialisten antreten. Und dann habe ich am Samstag das erste mal in den 12 Jahren als Profi eine Radnabe geöffnet, gefettet und selber wieder zusammengeschraubt! Auch ich kann immer noch dazulernen. Zihlschlacht, 8. September Seit langem hatte ich heute einen Tag ohne Moral. Von den geplanten 200 km bin ich nur gerade 120 gefahren. Meinen Trainingsplan seit langem wieder einmal einen Tag nicht eingehalten. Ich stiefelte etwas auf meinem Bau herum, um etwas vom Radfahren abgelenkt zu werden. Morgen sollte es wieder besser gehen. Zihlschlacht, 15. September So, ich bin wieder da! Ich hatte einfach keine Lust, an den Komputer zu sitzen und irgendwas zu schreiben. Auch für andere Sachen war ich nicht gerade motiviert. Das ewige Regenwetter schlug auf meine Moral. Dafür weiss ich schon, in welcher Mannschaft ich nächstes Jahr mit ziemlicher Sicherheit fahren werde. Ich sage noch nichts, aber hier wird es sicher als erstes publiziert. Beim GP Fourmie habe ich übrigens kein zählbares Resultat herausgefahren. Zihlschlacht, 17. September Ich freue mich auf den GP Tell nächste Woche. Dann kann ich endlich wieder einmal eine Rundfahrt fahren und muss nicht ewigs nur trainieren. Davon habe ich nun langsam genug. Genauso wie vom Regen, der wieder einmal draussen fällt. In den Tell bin ich nun noch nachträglich gerutscht, ursprünglich war er nicht auf meinem Rennprogramm, aber da dort eine Mixtmannschaft auf die Beine gestellt wurde, musste ich diese Gelegenheit nutzen. Meine Form ist aber leider im Moment nicht so, wie sie eigentlich sein sollte. Zihlschlacht, 18. September Ich bin wieder voll und ganz mit mir zufrieden. Es war ein schöner Tag, die Sonne habe ich gesehen, den Duft von den Äpfeln wehte durch meine Heimat und ein grosses Glas Süssmost direkt ab Apfelpresse. Und auch noch 205 km trainiert. Was will man mehr? (Irgend ein Sieg natürlich, vielleicht am Sonntag beim GP Isberg) Zihlschlacht, 20. September Heute Abend auf dem Flughafen Paris merkte ich erst bei der Gepäckaufgabe, als sie mir einen blauen Zettel drauflegten, dass ich in der Business klasse gebucht war. Endlich mal einen gediegenen Heimflug, den ich in vollen Zügen geniessen kann. Als das Flugpersonal schon mit Getränken kam, wo wir noch auf dem Rollfeld standen, hielt ich mein Glas krampfhaft in den Händen fest, das Tischtablar durfte man ja noch nicht herunterklappen. Mein Sitznachbar zeigte mir dann lässig mit einem Grinsen im Gesicht, wo der Glashalter unter der Armlehne versteckt war, natürlich mit der Bemerkung, er fliege nicht das erste mal Business. Später als das Nachtessen serviert wurde, nahm ich anständigerweise nur ein Brötchen, mein Nachbar sofort zwei, und zu mir gewandt: In dieser Klasse darf man das. Nachdem ich den Sonntagsblick nach dem Essen fertig gelesen habe, gab ich in der Stewardess wieder zurück, mit der Anmerkung, sie dürfe ihn im hinteren Teil des Flugzeuges jemandem weitergeben. Ich weiss ja schließlich, dass wenn man hinten Sitzt, die Zeitungen nie bis dorthin reichen. Mein Nachbar: ich nehme ihn mit nach Hause, schließlich habe ich auch mehr fürs Ticket bezahlt. Ein richtiger Kotzbrocken. Dann endlich an der Passkontrolle, wo er in der Schlange stand bei den "EU und Schweizerbürgern", lief ich mit einem Lächeln an ihm vorbei zu dem freien "Alle Andern" Schalter und erwartete ihn bei der Gepäckausgabe mit einem Grinsen. Er klaubte umständlich sein Natel hervor und schaltete es ein, ich sagte dann nur noch : Ich lasse meines im Gepäck, um diese Zeit will ich nicht mehr gestört werden, und verabschiedete mich mit einem Gefühl des Triumphs. Aber Businessklasse werde ich nicht mehr so schnell fliegen. Zihlschlacht, 22. September Ich bin am Packen, morgen geht der GP Tell für fünf Tage los. Dietikon, 23. September 1. Et. GP Tell 79 km Es war eine kurze, schnelle Etappe. Durchschnitt war war etwa 47 km/h. Aber genau so etwas brauche ich, um in Form zu kommen. Morgen ist die lange Etappe von 220 km, ich hoffe dass ich da am Schluss noch zwäg bin. Bussigny, 24. September 2. Et. GP Tell 230 km Es lief mir nicht schlecht. Im welligen Parcour hatte ich eigentlich keine Probleme, am Schluss war ich etwas kaputt, aber das ist wohl normal. Hier ist es wirklich eine sehr gute Vorbereitung für die WM, aber meine Form muss noch etwas besser werden. Übrigens, es ist zu etwa 95% sicher, dass ich auf nächstes Jahr zum Post Swiss Team wechsle, ich habe den Vertrag noch nicht unterschrieben, das dauert noch etwa drei Wochen. Leissingen, 26. September 4a. Et. GP Tell 73 km Nachdem ich gestern am Jaunpass für mich eine sehr gute Leistung zeigte, explodierte ich dann am Schluss doch noch. Aber im Grossen und Ganzen war ich sehr zufrieden. Auch heute lief es mir in der kurzen, schnellen Etappe nicht schlecht. Heute Nachmittag bin ich gespannt auf meine Leistung im Zeitfahren. Ich werde voll fahren. Schon zu Hause 5. Et. GP Tell Da ich vom Zeitfahren sehr enttäuscht war, bin ich heute dafür sehr zufrieden. Mir lief es sehr gut, hatte nie Probleme und machte am Schluss noch Achter. Wenn man bedenkt, dass vorne fünf Fahrer am Start schon wegfuhren, bin ich wirklich sehr zufrieden. Manfredonia (I), 28.September Sogar meine Velo ist angekommen, obwohl ich über Mailand geflogen bin. Gar nicht so selbstverständlich. Dafür genoss ich das heutige Minitraining umso mehr, 10 km und gaaaaanz laaaangsaaaam. Es tat richtig gut, blauer Himmel, Meeresgeruch und ganz flach. Da steckt man auch das aufstehen um vier Uhr morgens noch weg. Trani (I), 29. September 1. Et. Giro di Puglia 175 km Wenn etwas mehr Grips hätte, würde er auch viel mehr Rennen gewinnen. Er demonstrierte im Gegenwind seine Stärke, er ist sehr, sehr stark, aber eben, im Kopf fehlt irgend etwas. Wenn er so weiterfährt ist er an der WM kaputt. Gewonnen hat übrigens einer mit Grips, Jann Kirsipuu von Casino! Fasano (I), 30. September 2. Et. Giro di Puglia 162 km Endlich fühlte ich mich wieder einmal richtig gut auf dem Velo. Im Finale führte ich viel, und in den kleinen, steilen Bergen konnte ich auch noch in die Gruppen springen, die angriffen. Am Schluss machte ich noch etwa 15, ohne mich gross anzustrengen. Die Form kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Übrigens Roscoli hat gleichviel Grips wie Tafi gestern! Und unser Fahrer mit Grips hat das Leadertricot erfolgreich verteidigt. Galipoli (I), 1. Oktober 3. Et. Giro di Puglia 211 km Mir geht es schlecht, kaum geschlafen und viel überlegt. Eigentlich habe ich mein Wort dem Post Swiss Team für nächstes Jahr gegeben, der Vertrag ist aber noch nicht unterschrieben. Und jetzt hätte ich aus Italien ein Angebot das höher ist, viel höher, sehr viel höher. Ich weiss im Moment wirklich nicht, was ich machen soll, mein Wort ist mein Wort. Aber Geld brauche ich auch zum Leben, und das neue Haus wäre dann fast bezahlt. Scheiss Welt, scheiss Geld. Die Form war auch heute sehr gut und Jann hat hier die zweite Etappe für uns gewonnen. Bari (I), 2. Oktober 4. Et. Giro di Puglia 172 km Ich bin kaputt. Heute haben wir alles gegeben, aber das Leadertricot haben wir doch verloren, Jann beendete das Rennen auf dem dritten Schlussrang. Ich war auch nicht gerade sehr gut, aber was soll's, wir haben es versucht. Paris (F), 3. Oktober Jetzt habe ich die Schnauze von Frankreich und Franzosen endgültig voll. Ich freue mich, wenn ich auf nächstes Jahr von hier weg komme. Wie immer logieren wir in einem Campanile Hotel, tarif sportiv, versteht sich, das kommt billiger. Im Zimmer einen Gestank von kaltem Zigarettenrauch, und dazu sitze ich seit Mittag ohne Koffer hier, und weiss nicht was tun. Der nächste Flug von Rom kommt erst um 20 Uhr an, also vor dem Schlafengehen werde ich meine Sachen kaum haben. Wenigstens hatte ich als alter Radprofi die Rennschuhe im Handgepäck, aber trainieren konnte ich deswegen doch nicht. Die Batterie meines Natels hat den Geist inzwischen auch aufgegeben, das Ladegerät ist halt auch noch unterwegs. Und all dies vor dem Weltcuprennen von morgen, wo ich mir doch so viel vorgenommen habe. Die ideale Vorbereitung war das sicher nicht. 22 Uhr - Ich habe immer noch keinen Koffer und niemand weiss, wo er ist. Maastrich (NL), 4. Oktober Paris - Tours 254 km Nach einer Autofahrt von 50 km, Radrennen 254 km, Auto 270 km, Flugzeug ca. 400 km, Busfahrt 130 km bin ich Nachts endlich in Maastrich angekommen, ohne Koffer. Aber gar nicht so kaputt, dann das Rennen fand ich als leicht, zu leicht für ein Weltcuprennen. Es lief mir sehr gut, obwohl ich den Sprint total versaut habe und nur 25. wurde. Aber da ja Durand gewonnen und Kirsipuu dritter wurde, darf ich doch zufrieden sein. Maastrich, 5. Oktober Den Koffer habe ich nun endgültig abgeschrieben, aber wenigstens hatte ich Zeit, um eine neue Zahnbürste zu kaufen. Einen Kamm habe ich auch wieder und rasieren geht auch. Nur in meinem einzigen T-Shirt stinke ich nun langsam. Trainieren konnte ich auch noch nicht, ich habe keine langen Hosen und mit den kurzen ist es zu kalt. Aber, meine Telefonbatterie ist wieder aufgeladen. Maastrich, 6. Oktober Ich habe meinen Koffer wieder! Was für ein Leben jetzt, ich scheele im Luxus! Die WM Strecke sollte mir liegen. Ich absolvierte drei Runden, der Cauberg kam mir am Amstel Gold Race aber etwas schwerer vor, aber eben, heute fuhr ich ihn auch nicht nach 200 km. Aber mit dem vielen Wind und der Kälte von heute wird es noch lange schwer genug. Maastrich, 7. Oktober Wir haben einen Weltmeister! Fabian, einer unserer Junioren gewann das Zeitfahren, super! Wenn es so bis am Sonntag weitergehen könnte.... Ich habe mich weiter an die Kälte gewöhnt hier und dürfte mit dem Wetter am Sonntag keine grossen Probleme mehr haben. Jetzt muss es nur noch morgen einigermassen gut sein, damit ich meine sechs Stunden abspulen kann. Maastrich, 8. Oktober Ich habe "meinem" Albertuskanal guten Tag gesagt. Jedesmal wenn ich hier oben im Norden bin, fahre ich im Training einige Kilometer seinem Ufer entlang. Das gehört irgendwie dazu. Um im strömendem Regen etwas Moral zu holen, fuhr ich die letzten 30 km des Amstel Gold Races ab. Das tat dem Kopf sehr gut. Maastrich, 9. Oktober Heute früh musste ich wieder einmal zur Blutkontrolle antraben, alles OK. Danach war ich schon um neun Uhr mit dem Velo unterwegs. Nochmals vier Stunden, und erst noch bei schönem Wetter. Ich habe mir das Rennen der U23 angeschaut, leider habe ich dabei keine neuen Kenntnisse der Strecke erlangt. Ich weiss noch überhaupt nicht, wie ich dieses Rennen angehen soll. Warten und nochmals warten, oder in die Offensive? Auf dieser Strecke könnte es ein Vorteil sein, wenn man in einer grösseren Spitzengruppe unterschlupf finden könnte. Aber eben, bei den unteren Kategorien sind sie immer wieder eingeholt worden, und bei uns? Mailand, 13. Oktober Tag 2 danach.... Nach dem Fest in Maastrich bin ich nun wieder Komputertauglich. Was für ein Rennen von Oskar! und der Mannschaft! Die Schweiz hat wieder einen Weltmeister und ich war dabei. Zu Beginn des Rennens war ich aber gar nicht zufrieden mit mir. Ich wollte doch nur vorne fahren, aber ich erwischte "leider" jede Gruppe die lief, bis ich meine Körner verschossen hatte. Die Entscheidung des Rennens erlebte ich dann schon im Hotel, wo wir den Empfang für Ösi vorbereiten mussten. Der Abend danach war relativ lang und der Flug am Morgen nach Hause verdammt früh... Turin, 14. Oktober Mailand-Turin 205 km Was für Schweizer! 1. Aebersold, 2. Camenzind ! Ich kann aber nicht begreifen, dass diese beide schon wieder so gute Beine haben, meine waren hart wie aus Holz, mir scheint's, ich vertrug die Disco weniger gut als andere. Aber dennoch, ganz schlecht war ich nicht, morgen werde ich voll auf Sieg fahren, vielleicht klappt es ja! Übrigens werde ich nächstes Jahr definitiv beim Post Swiss Team fahren. Die Unterschrift unter den Vertrag ist nur noch ein Detail, das noch gemacht werden muss. Varese, 15. Oktober Piemontrundfahrt 198 km Nach einem schnellen Start, einem harten Mittelteil und einem jagendem Finale kam ich total auf den Felgen ins Ziel. Mir lief es eigentlich recht gut, vor allem in den Steigungen aber am letzten Berg 15 km vor dem Ziel hat es mich total hingestellt. Krämpfe in den Beinen und keinen Saft mehr. Es reichte allerdings immer noch zum 10. Schlussrang. Übrigens die Durchschnittsgeschwindigkeit von Heute im keineswegs flachen Rennen : 46 km/h !! Varese, 16. Oktober Endlich wieder einmal einen faulen Tag. Nur ein einstündiges Training und sonst habe ich das Bett fast nicht verlassen. Ich fühle mich dafür von gestern schon fast erholt. Noch genau zwei Rennen, dann ist meine Saison beendet. Morgen an der Lombardeirundfahrt lasse ich mich von meinen Beinen überraschen. Zihlschlacht, 21. Oktober Heute geht es ab nach Japan! (Für ein Rennen) Gut werde ich da nicht sein, seit der Lombardei habe ich das Velo noch nicht berührt. Ich schlage mich wieder einmal mit einem Komputerproblem herum. Falls ich eure Mails nicht beantworte, ist er schuld. 10100 m über St. Petersburg, 21. oder 22. Oktober Noch acht Stunden Flug habe ich bis Tokio vor mir. Und das nur wegen einem Rennen. Aber bis jetzt war der Flug sehr angenehm - Businessclass! Genügend Platz für die Beine, viel zu Essen und zu trinken, obwohl ich mich bei der Menuwahl etwas verhauen hatte, ich nahm das japanische. Gegessen habe ich alles, aber ich weiss immer noch nicht, was es war. Der Service ist sehr gut, auch hat jeder Sitz einen eigenen, kleinen Bildschirm, um die Filme selber zu wählen, leider laufen sie nur auf englisch und japanisch, verstehen tue ich keines von beidem. Hier im Jumbo sind wir zwei Radmannschaften, Lotto und wir. Langsam stellt sich die Langeweile ein, zum Glück habe ich meinen Komputer hier. Ich bin gespannt, ob mein Natel auch in Japan funktioniert, einen brauchbaren Interneteinwählknoten habe ich dort schon ausfindig gemacht, damit ich auch dort mit dem Rest der Welt verbunden sein kann. Was mache ich nur die nächsten acht Stunden? Schlafen sollte ich nicht, denn wir kommen gegen Abend an, und dann muss ich schlafen können. Utsunomiya (JP), 23. Oktober Eigentlich bin ich vom Flug immer noch etwas kaputt, aber das Training ging gegen Ende schon etwas besser. Im Moment habe ich aber dicke Beine vom Shoppen, obwohl ich noch gar nichts gekauft habe. Es ist halt etwas schwierig, wenn man weder beim Lesen noch beim Sprechen nur ein Wort versteht. Auch an den Linksverkehr habe ich mich noch nicht gewöhnt, nach allen Kreuzungen muss ich mich konzentrieren, dass ich nicht auf die falsche Seite wegfahre. Den Vertrag mit dem Post Swiss Team für nächstes Jahr habe ich heute unterschrieben! Utsunomiya, 24. Oktober Ich bin normalerweise beim Essen nicht heikel, aber wenn ich einen Monat in Japan wäre, ich würde 5 kg verlieren. Nur Gemüse, Früchte, Fisch, Reis und kalte Nudeln und der Rest ziemlich undefinierbar. Auf das Rennen morgen bin ich gespannt, die Rundstrecke ist hart und da es für alle Europäer die fertig fahren, etwa 500 sFr. gibt, haben wir beschlossen, die ersten 6 Runden langsam zu fahren. So können noch möglichst viele die letzten vier Runden überleben. Unsere Gegner vom asiatischen Raum sollen nicht so stark sein, hoffen wir. Irgendwie werden wir von den 6 Profimannschaften wohl alles im Griff haben. Irgendwo über China, 26. Oktober Das Rennen lief wie geplant, obwohl die Japaner stärker waren als gedacht. Aber schlussendlich hat doch der alte Kontinent die Oberhand behalten. Ich war in der neunmann Spitzengruppe, wurde am Schluss dann aber noch 10. Mich hat es eben wieder einmal parkiert. Jetzt bin ich froh, dass diese Saison endlich fertig ist, nach 111 Renntagen und 32'000 km habe ich jetzt eine velofreie Zeit verdient. Ferien liegen leider dennoch nicht drin, die nächsten drei Wochen sind schon mit Terminen überhäuft. Aber etwas Zeit für meine Familie werde ich mir ganz sicher nehmen. Zihlschlacht, 29. Oktober Ich stecke schon wieder mitten im Stress. Gestern war ich im Tessin an der Sitzung der Profigewerkschaft, deren Präsident ich bin. Wir beschlossen einige gute Dinge, jetzt muss ich diese Sachen gegenüber der UCI und SRB vorbringen und nach Möglichkeit durchsetzten. Langweilig wird es mir da sicher nicht. Auch bin ich voll in den Vorbereitungen für mein Trainingsseminar für Hobbyfahrer, das ich am nächsten Samstag halten werde. Zihlschlacht, Montagmorgen 2. November Endlich kann meine Erholung beginnen. In der letzten Woche hatte ich zwar nichts trainiert, aber mein Stress war dafür um so grösser. Ich musste tausend Dinge erledigen, dafür habe ich jetzt schon einiges gemacht und kann nun alles mit der Ruhe nehmen. Jetzt ist schon November und ich beginne meine Winterpause erst, das könnte knapp werden, um im nächsten Frühling wieder in Form zu sein. Normalerweise trainiere ich vier Wochen gar nichts und dann vier Wochen ohne Strassenvelo. Wenn ich dies aber dieses Jahr einhalte, beginne ich erst im Januar mit dem Velo, das ist etwas zu knapp. Also gibt es weniger Erholung! Zihlschlacht, 3. November Es regnet immer noch. Wenn ich trainieren müsste, wäre es mir schon lange verleidet..... Aber eben, den Garten sollte ich auch noch winterdicht machen. Meine nächstjährige Mannschaft, das Post Swiss Team, ist eine junge, hochmotivierte Truppe. Wir sind 16 Fahrer, alles Schweizer. Zuzüger in der Mannschaft sind neben mir noch Bruno Boscardin (Festina), Philipp Buschor (Saeco) und Christian Charrier (Riso Scotti), daneben sind mit Marcel Strauss und Cédric Fragniere noch zwei hoffnungsvolle Neoprofis verpflichtet worden. Leider verlassen dagegen Marcus Zberg, Niki Aebersold, Rolf Huser und Franz Hotz das Team. Zihlschlacht, 9. November Im Moment lerne ich wieder einmal die positiven Seiten meiner Radsportkarriere kennen. Wenn ich irgendwo hingehe, kann ich mich in Ruhe umschauen und etwas auslesen. Beim bezahlen, wenn ich meinen Namen angebe, werde ich dann meistens erkannt und komme so ins Gespräch. Wenn ich ehrlich bin, verlasse ich dann jeweils das Geschäft mit einem innerlichen Stolz. Mein Ego ist wieder für eine Weile befriedigt. Auch wenn ich natürlich sage, es macht mir nichts aus, wenn mich niemand erkennt. Zihlschlacht, 13. November Gestern hatten ich den ersten Mannschaftszusammenzug mit meiner neuen Liebe, dem POST Swiss Team. Eine aufgestellte Truppe! Die Ausrüster haben Mass genommen und uns ihr Material vorgestellt. Die neuen Velo von Vittus (Time), genial. Etwa 8 Kilo (nur acht Kilo!!) schwer, die neue elektronische Schaltung von Mavic, spitze. Und das Beste, anfang Dezember sollte dieses Velo schon in meinem Keller stehen. Hoffentlich ist bis dahin schönes Wetter, dass ich dann mit langen Ausfahrten beginnen kann. Zihlschlacht, 15. November Der Präsident meines Fanclubs geht in Kürze mit seinen Seiten Online. Dann kann man auch News von dort erfahren. Und da ich schon länger den Domain Jaermann.ch reserviert habe, hatten wir die grobe Idee, alles unter jener Adresse abzuspeichern. Wüsste jemand einen guten, seriösen Server, wo wir etwas Platz hätten, für unsere Informationen? Z.B. mein Tagebuch, Infos zum Fan-Club, ein Quiz mit Preisen, Seiten, wo ich mein Material vorstelle usw. Wer sonst noch gute Ideen hat, was die Leute so interessiert, soll sich melden, genau so wie jene, die eigene Seiten kreieren können und eben, die Platz auf einem Server haben. Vielen Dank, ihr seid alles "Schätze" Zihlschlacht, 19. November Ich habe schon wieder mit leichtem Training begonnen. Aber nur mit Jogging, Montag 10 Min, Mittwoch 15, heute 20 Min. Bei so einem Beginn, bin ich sicher, dass ich keinen Muskelkater auflese. Aufs Rennrad steige ich frühestens im Dezember wieder, im Moment ist es sowieso zu kalt. Zihlschlacht, 23. November Heute habe ich offiziell wieder mit dem Training begonnen. 30 Min. Jogging. Am 1. und 2. Dezember fahre ich anlässlich des Zürcher 6-Tage-Rennen das Omnium der Asse und bis dahin muss ich schon wieder einigermassen eine gute Gattung machen. Das heisst, mindestens einmal vorher mit dem Velo auf die Bahn. (Sie ist verdammt steil und sieht echt gefährlich aus) Zihlschlacht, 25. November Mein Bahnvelo funktioniert noch immer! Es stand jetzt acht Jahre im Keller, ich musste es nur hervornehmen, etwas abstauben und neue Pedalen montieren. Sogar die Sitzposition stimmte noch, nicht eine einzige Schraube musste ich anziehen, nur ein Kettenglied ist noch etwas steif. Bei jeder Pedalumdrehung rumpelt es noch etwas, aber ich habe genug Öl hingeschmiert, so dass es morgen sicher funktionieren wird. Ach ja, ich habe das ganze fünf Minuten auf der Rolle getestet. Zihlschlacht, 28. November Ich komme gerade von der Bahn zurück. Ich kann es noch immer! Nach einer kleinen Angewöhnungsrunde auf der blauen Auslaufzone wagte ich mich über die schwarze und eine Runde später über die rote Linie, in der fünften fuhr ich bereits an der blauen Linie und nach zehn Runden fuhr ich schon oben an der Balustrade. Ich bin richtig stolz, ohne Angst, wenigstens nicht viel. In Form bin ich aber überhaupt nicht. Neujahr 1999 Heute morgen zeigte meine Waage 78.1 kg an. Wenn ich jeden Tag 100g abnehme, brauche ich 41 Tage bis zu meinem Ziel. (Normalerweise erreiche ich nur etwa 76 kg). Ich habe letztes Jahr 31'576 km trainiert, 323 weniger als im Vorjahr, dafür mit 905 Stunden 37 Std. mehr. Ich fuhr an 113 Tagen Rennen und opferte im ganzen Jahr 3172 Stunden für meinen Beruf. Zihlschlacht, 2. Januar Jetzt war ich doch gestern so seriös mit essen, und dennoch 77,9 kg heute morgen. Etwas weniger hätte ich schon erwartet.... Heute war bei uns leider noch Feiertag, kein einziger Velomechaniker hatte an meiner Trainingsstrecke sein Geschäft geöffnet und so fuhr ich 60 km mit einem platten Hinterreifen heim! Ich habe mein kleines Werkzeug vergessen und nur so von Hand brachte ich diesen verd.... Pneu nicht von der Felge. Zihlschlacht, 3. Januar 77.7 kg Zihlschlacht, 4. Januar (77.8 kg) Irgendwie war ich nicht besonders motiviert, obwohl es sehr schönes Wetter war. Morgen muss ich wieder einmal einen Fünfstünder machen. Ob ich es schaffen werde? (Ohne Starrlauf, das Hinterrad hat immer noch einen Platten und niemand flickt es) Zihlschlacht, 5. Januar 77.5 kg Ich habe tatsächlich über fünf Stunden trainiert und auch noch fast nichts gegessen (wenigstens fast kein Fett). Jetzt bin ich gespannt auf mein Gewicht morgen. Zihlschlacht, 6. Januar 77.0 kg Ich habe es allen gezeigt, wer der Meister (König) ist. Im ersten Stück vom Kuchen hatte ich schon den König gefunden. Für einen Tag war ich jetzt der Chef in meiner Familie! Die Meinung meines Sohnes Nicolas, 2j.: he o nalt ! (Übersetzt heisst das, Hände hoch, oder es knallt!) Zihlschlacht, 7. Januar 77,5 kg Jetzt muss ich mal einen Dank an fast alle Autofahrer der Region Thurgau, St.Gallen, beide Appenzell und Schaffhausen aussprechen. Da wir im Training vielfach zu zweit nebeneinander fahren und manchmal auch einen gesplitteten Veloweg meiden, werden wir in diesen Regionen fast nie angehupt oder sonstwie extra behindert. Was wir aber heute im Zürcher Oberland erlebten, spottet jeder Beschreibung. Da haben sogar genervte Autofahrer gehupt, wenn wir hintereinander fuhren (Es ist doch nicht Freitag, oder?). Für lange Zeit war das wieder das letzte Training im Kanton Zürich! Zihlschlacht, 11. Januar 77,2 kg Ich habe meine Frusttage hinter mir. Ich hatte null Bock auf Training, dafür um so mehr aufs Essen. Immer den seriösen spielen zu müssen, nur trainieren und abnehmen, ist irgendwie nicht alles. Ich bin dafür etwas mehr auf meiner Baustelle des neuen Hauses anzutreffen gewesen, erledigte dies und das. Aber ich denke, von morgen an geht es mir wieder besser und ich bin dann wieder zu 100 % Radrennfahrer. Zihlschlacht, 15. Januar morgens Jetzt ist auch meine diesjährige Mannschaft online. Unter www.postswissteam.com kann man da immer die neuesten Nachrichten erfahren. Wir hatten gestern die Mannschaftsvorstellung. Zihlschlacht, 18. Januar Ich entschuldige mich mal, für die nicht mehr ganz so regelmässigen Tagebucheinträge. Aber im Moment mit meinem Hausbau, Training und Familie gibt es halt noch wichtigeres zu tun. Aber ab dem 23. Januar werde ich mich aus Mallorca sicher wieder täglich melden. Bis dann. Magalluf, Mallorca (E oder D), 24. Januar Diesen Abend ist die ganze Mannschaft eingetroffen und ich bin nun sehr motiviert, mich endlich wieder nur auf das Training zu stürzen, ohne irgend welche anderen Verpflichtungen und Termine. Das Wetter und die Temperaturen sind super, so dass morgen schon etwa fünf Stunden Training drinliegen sollten. Magaluf ist im Südwesten der Insel, einige Kilometer von Palma weg. Magalluf, 25. Januar 5 Stunden und 153 km bei allerschönstem Wetter! Ich bin mit mir wieder einmal vollauf zufrieden, auch fiel es mir nicht schwer, nach dem Training wenig zu essen, das Hotelbuffet war nämlich schon abgeräumt. Leider hat mir unser Mechaniker die schönen neuen Bremshebel gestutzt, sie sind von der UCI verboten worden. Jetzt fällt leider ein Schaltpunkt weg, aber ich habe ja noch zwei andere. Aber, auch das muss gesagt sein, die Schaltung hat heute nicht perfekt funktioniert, die Ritzel gingen nicht gerade wie Butter von einem zum andern. Ob das an den neuen Zahnkränzen liegt? Magalluf, 26. Januar 172 km Ich kam ziemlich auf den Knien zurück, aber das ist doch irgendwie das Ziel eines harten Trainingtages. Langsam kann ich mich wieder an diese Insel hier erinnern, das letzte mal war ich vor 10 Jahren hier. Die Temperaturen sind aber immer noch gleich hoch, im Moment so um die 18 Grad. Die Trainingsstrecke heute (für alle die Mallorca auch mit dem Velo kennen) Palma - Cap Blanc - Randa (hoch bis zu den Antennen) - Sencelles - Bunyola - Calvia. Magalluf, 27. Januar 200 km Die Strecke: Andratx - Soller - Pollensa - Inca - Palma und alles Gegenwind. Das nächste Mal machen wir diese Runde auf die andere Seite, aber dann sind die letzten 140 km sehr hart. Aber das waren sie heute auch. Das Hotel ist voll von englischen Pensionären, keine jungen Leute, nichts. Beim Essen stehen sie schön geordnete Schlange bis vor den Hoteleingang, keiner drängt sich vor und alle warten in seelenruhe, bis die Tür zum Esssaal geöffnet wird! Wie gut, dass wir immer einen reservierten Tisch haben und das Hotelpersonal uns immer separat hineinlässt. Wirklich guter Service für uns. Auch wenn das Essen für Leute ohne Zähne gemacht ist. Magalluf, 28. Januar 65 km Diesen Ruhetag habe wir bei allerschönstem Wetter genossen. In einem kleinen Restaurant in Peguera habe wir Bulli getroffen, er wanderte vor 30 Jahren hierher aus, und hat uns danach in Sant Elm zu einer Paellia eingeladen. Nach sechs Stunden in den Rennhosen und einigen Räubergeschichten kehrten wir dann mit vollen Mägen am Abend zufrieden ins Hotel zurück. Magalluf, 29. Januar 150 km Calvia - Establiments -Col de Soller - Puig Major - Inca - Palma Nach Palma hätte es bald noch Krieg gegeben! OK, es war unser Fehler, dass wir ein Rotlicht überfahren haben, aber dabei ist ein Autofahrer total ausgerastet, hat uns überholt und vor uns eine Vollbremsung gemacht. Und das drei mal, beim dritten mal konnte Sven Montgomery nicht mehr bremsen und knallte hinten ins Auto. Ein Glück für den Autofahrer, dass er den Mut nicht hatte, auszusteigen. Allerdings liessen wir ihn nicht mehr wegfahren bis die Polizei da war. Mit der Konsequenz, dass wir vom rabiaten Spanier wegen gefährlichem Verhalten im Strassenverkehr angeklagt wurden und er dafür von uns wegen Gefährdung von Laib und Leben. Jetzt bin ich mal gespannt, wie es weitergehen wird. Ach ja, Sven hat ein offenes Kinn und verschlagene Beine. Magalluf, 30. Januar 156 km Wir mussten den ganzen Tag dem Regen ausweichen, aber nass wurden wir nie und am Schluss schien sogar noch die Sonne. Wir übten noch etwa 30 km Mannschaftsfahren, es klappte noch nicht alles, aber eigentlich bin ich von dieser jungen Mannschaft überrascht. Wir rollten sehr gut, auch wenn noch keiner gute in Form ist. Es fällt aber auch keine ab, es scheint, ob alle ihre Hausaufgaben über den Winter gemacht haben. Magalluf, 31. Januar 125 km 1021 km in 33 Stunden, mit dieser Woche kann ich sehr zufrieden sein. Auch wenn es mir heute nicht mehr allzu gut ging, den ganzen Tag rauf und runter in einem zügigen Tempo, ich war nicht mehr der frischeste! Eigentlich wollten wir mehr machen, aber das Wetter spielte nicht mit, auch wenn wir nie ganz nass wurden. Vielleicht fällt jetzt der morgige Ruhetag ins Wasser, eine fünfstündige Ausfahrt in flachen Terrain wäre ideal. Wenn ich die Moral dazu aufbringe! Magalluf, 1. Februar 94 km Am heutigen Ruhetag fuhr ich drei Stunden gemütlich und flach. Jetzt endlich sind meine Beinmuskeln nicht mehr so hart. Das Training tat besser, wie drei Stunden Massage! So bin ich wieder fit für den eventuellen Gewaltsritt für morgen. Die Berggipfel hier auf Mallorca sind aber weiss und verschneit! Gestern bekam ich auf meinen Geburtstag noch eine Waage geschenkt. Sie zeigte 76 kg heute morgen an. Hoffentlich stimmt sie. Magalluf, 2. Februar 145 km Die neue Schaltung funktioniert perfekt. Aber wir drücken noch vielfach auf den falschen Knopf und verschalten uns so. Damit wir etwas mehr Fingerfertigkeit bekommen (und weil wir keine Fernseher in den Zimmer haben), organisierten wir eine PlayStation mit dem Spiel Herkules. Seit vier Tagen sind wir nun im dritten Level am Schluss blockiert. Dieses Ungeheuer dort, können wir einfach nicht überwinden. Könnte nicht jemand seine Kinder fragen, wie es dort weitergeht und uns die Lösung mailen? Magalluf, 3. Februar 167 km in 4 Std. 50 Min. Ein super Training, auch wenn ich weiss, dass ich noch nicht in Form bin. Letztes Jahr um diese Zeit war ich stärker, aber ich muss ja auch erst später gut fahren. Aber jeden Tag spüre ich die Fortschritte, die ich mache. Das gibt doch eine grosse Zuversicht auf diese Saison. Überhaupt, der ganzen Mannschaft rollt es gut. Auch wenn jetzt nach bald 10 Tagen jeder etwas leichter reizbar ist und die kleinen "Mödeli" des jeweiligen Zimmernachbarn langsam auf den Geist gehen. Aber so was ist normal. Morgen sollte jeder fünf Stunden alleine Trainieren, jeder für sich selber das Tempo anpassen und sich nicht immer nach den andern richten müssen. Und am Abend sollte jeder wenigstens einmal beim "Uno" gewinnen dürfen! Magalluf, 4. Februar 188 km Calvia - Palmanyola - Inca - Sa Callobra -Puig Major - Coll de Soller - Establiments -Calvia und jeden Berg voll gefahren. Heute waren wir eine homogene Truppe, auch wenn sie mich richtig verarscht haben. Bruno Boscardin hat vor dem Training ein Velokomputer auf meinen Wechsel programmiert und konnte so während dem ganzen Training auf diesem meine Gangschaltung aktivieren. Jedesmal, wenn ich in der Nähe von ihm war, schaltete er rauf und runter, wie es ihm gefiel, ich merkte leider nichts und verfluchte schon diese Mavicschaltung, die doch sonst immer so gut funktionierte! Was mit der heutigen Elektronik so alles möglich ist. Magalluf, 5. Februar 30 km Das war Erholung pur! Auch für den Kopf. Lockeres Ausfährtchen, ein Bad an der Sonne in einer einsamen Bucht und zurück im Hotel Schnitzel und Pommes mit einem, nein zwei Stück Kuchen. Das war die verdiente Belohnung für zehn Tage Seriosität. Jetzt freue ich mich auf das erste Rennen vom Sonntag. Magalluf, 6. Februar 100 km Der letzte Test auf dem Rennrad mit der Mektronic funktionierte super, das Schalten ist eine wahre Freude. Überhaupt, das Material für meinen Saisonstart ist top, das Wetter auch, und die Moral. Es kann eigentlich gar nichts schief laufen. Aber gespannt bin ich wie noch nie. Wie werden sich die neuen Regeln bewähren, in Sachen medizinische Betreuung? Jede Spritze, auch wenn sie nur Wasser beinhaltet oder sogar leer ist, wurde von unserem Mannschaftsarzt konsequent verboten. Und das ist nicht nur bei uns so. Hoffentlich halten sich auch möglichst alle Mannschaften daran! Nichts mehr mit Zuckerlösungen und so. Da werden einige Fahrer noch zu beissen haben. Magalluf, 7. Februar 1.Et. Trofeo Mallorca Erstes Rennen, erster Sturz, erste Schürfungen. Ich fühle mich schon wie mitten in der Saison. Aber ganz so schlimm wie Patrick Vetsch, der das Schlüsselbein schon gebrochen hat, traf es mich nicht. Eigentlich habe ich sehr wenig, obwohl ich zuunterst im Haufen lag. Dennoch fuhr ich nach dem Rennen, das nur 80 km lang war, nochmals 100 als Training. Magalluf, 8. Februar 2. Et. Manacor - Manacor 166 km Es war aalglatt, nass, viele Kurven, sehr gefährlich und sehr schnell, aber ich bin nie gestürzt, nicht so, wie viele andere. Zum Beispiel die vier Oncefahrer, die an der Spitze geführt haben und etwas zu schnell in eine Kurve fuhren, oder wie der Banestofahrer, der Kelme, der Euskadi, nochmals ein Banesto usw. die meinten, sie müssen mich in der Abfahrt an der Spitze des Gruppettos überholen. Ich überholte sie alle, als sie in den Kurven liegend ihr Knie hielten. Aber eben, wahrscheinlich sind sie alle noch jung.... Am Schluss kam ich übrigens mit sehr sauren Beinen im Feld ins Ziel. Magalluf, 9. Februar 3. Et. Soller - Port Soller 145 km Es wird schon sehr, sehr schnell gefahren. Ich erwischte aber sogar für kurze Zeit eine Spitzengruppe, auf der Fläche mit Rückenwind fuhren wir um die 60 - 65 km/h, ich war da völlig am Limit, die andern aber auch. Und eingeholt wurden wir trotzdem. Am Schlussberg auf den Puig Major erwischte ich dann das Gruppetto und wir kamen ziemlich gemütlich ins Ziel. Die 50 km, die ich schon vor dem Start gemacht habe, merkte ich am Schluss doch. Magalluf, 10. Februar 4. Et. Cala Millor - Cala Rajada 173 km Mir stinkt's gewaltig. All die alten Engländer im Hotel gehen mir auf den Geist. Am Essensbuffet drücken sie mir die Ellbogen in den Rücken, weil sie Angst haben, dass es nachher nichts mehr hat. Mit den Augen fressen sie mir schier den Teller leer, ich könnte ja etwas haben, was sie nicht gesehen haben. Am Morgenessen füllen sie heimlich ihr Gläschen mit Joghurt und lassen es in ihrem Handtäschchen verschwinden, ein Stück Brot wird aber auch noch aus dem Saal geschmuggelt. Der halbe Kaffe wird ausgeleert, damit noch etwas mehr Milch Platz hat.... Es ist Zeit, um in den Schnee nach Hause zurückzukehren. (Hier hat es heute auch wieder geschneit!) Magalluf, 11. Februar 5. Et. Palmanova - Palmanova 144 km Das einzig gute am heutigen Tag ist der neue Helm den ich bekommen habe. Er ist wirklich super, sitzt sensationell und verrutscht nicht einen Millimeter, auch das Design passt genau zu unserem Trikot. Und er belüftet so gut, dass es beinahe mein Tupe wegwindet, wenn ich fahre. Ehrlich, ich hatte die ganze Karriere noch nie einen so guten Helm wie jetzt von Time. Vielleicht schlafe ich heute noch mit ihm. Zihlschlacht, 13. Februar Ich bin wieder zurück im ewigen Schnee. Nur gut, dass ich jetzt ein wenig Erholung machen kann, das Trainieren ist momentan unmöglich. Heute gar nichts, morgen eine Stunde Rolle und dann sehen wir weiter. Zihlschlacht, 15. Februar Ich lerne immer dazu! Vor dem ersten Training draussen im Schnee, bereitete ich mein Velo fein säuberlich vor. Unter anderem klebte ich ein Messer an meine Pumpe, um bei einem eventuellen Platten den Collée von der Felge zu bringen (Unsere Mechs kleben die an, wie wenn man die nie herabreissen müsste!) Prompt fuhr ich schon nach 9 km auf der Felge, aber eben, mit Köpfchen, das Messer hervor und an die Arbeit. Immerhin hatte ich nach 15 Min endlich den alten Collée unten, ohne Messer wäre ich jetzt noch dran. Leider dachte ich nicht an die hohen Mavicfelgen, die ich sogar im Training fahre, das Ventil am Ersatzreifen war zu kurz! Die einzige Möglichkeit: den vollgepumpten Collée auf die Felge würgen. Das nächste mal gehe ich mit einem Rucksack voll Werkzeug trainieren. Zihlschlacht, 18. Februar Schon wieder 10 cm Neuschnee! Das Trainieren auf der Strasse ist wieder unmöglich. Mein Leben spielt sich auf der Rolle ab. Gestern hielt ich es immerhin eine Stunde aus. Eine Stunde mit Durchschnittlich 300 Watt, der angebliche Kalorienverbrauch 1127. Die einzige Abwechslung war das auftauchen von Dopingkontrolleuren zu Hause. Man sieht, auch in dieser Richtung unternimmt der Schweizer Verband etwas. Zihlschlacht, 19. Februar In Kürze geht's ab Richtung Süden, Marseille! Ich werde bei den Rennen Classic Haribo und Haut Var nicht gerade brillieren, aber wenigstens wieder einmal für längere Zeit auf dem Velo sitzen. Zihlschlacht, 22. Februar Und schon wieder schneit es! Immerhin war ich ja kurz an der Wärme, es tat richtig gut. Kurze Hosen, kurzes Trikot. Und für das, was ich letzte Woche trainiert habe, bin ich ganz zufrieden mit meinen Resultaten an den zwei Rennen. Bei der Haut Var stieg ich zwar nach der Verpflegung vom Rad, aber am ersten Berg, dem Tanneron, war ich gar nicht so schlecht, denn nach der Abfahrt waren wir nur noch etwa 50 Fahrer und ich immer noch dabei. Bei der Classic Haribo fuhr ich im Feld fertig (Aber den grossen Plastiksack voll Haribo - Schleckwaren brachte ich meinen Kindern). Heute gab es übrigens wieder eine Stunde Rolle. Zihlschlacht, 23. Februar Obwohl es wieder einmal nicht mein Tag war, zog ich mich noch gut daraus, so dass ich mit heute doch zufrieden bin. Begonnen hat es um halb zehn, nach genau 30 Min und 4 sec fing ich auf der Rolle einen Platten ein! Natürlich reparierte ich ihn sogleich, und da ich schon mal das Werkzeug in den Händen hatte, wechselte ich noch schnell die Schuhplatten vom Mountenbike auf die neuen Schuhe. Leider drehte ich da eine Schraube ab, ein Schuh also ohne Schuhplatten. Also einfüssig schnell zu einem Velomech, bevor ich mich mit dem Bike drei Stunden durch den Schnee kämpfte. Am Nachmittag bohrte ich noch zwei Löcher in die Kellerdecke in meinem neuen Haus, puffhhh, kein Licht mehr. Zum Glück war der Elektriker noch im Haus, er zog noch sofort neue Kabel durch die verbohrte Leitung ein. Mal schauen, ob ich morgen mehr Glück habe. Zihlschlacht, 24. Februar Meine elektronische Schaltung Mektronic funktioniert einwandfrei bei Regen, Schnee, Eis, Schneematsch, Schmelzwasser und Schneesturm. Ich habe alles heute ausprobiert, leider spielten meine Hände und Füsse nicht mit, so dass ich nach 50 km abbrechen musste. Siracusa (Sizilien), 26. Februar Trotz den angekündigten Flugverspätungen sind wir einigermassen pünktlich angekommen. Und man staune, obwohl wir über Mailand flogen, mit Gepäck! Das Rennen morgen wird aber sehr schwer, auf dem Streckenkärtchen sieht es auf alle Fälle sehr bergig aus. Jetzt brauche ich noch einen Tip von Komputerfachleuten. Ich möchte mich gerne als Netzwerkkoordinator oder so ähnlich ausbilden lassen. Kann mir da jemand einen guten Kurs oder gar ein Fernstudium empfehlen? Und auf was für Abschlüsse muss ich da achten, bestimmte Zertifikate oder Diplome, die mir später auch etwas nützen. Siracusa (I), 27. Februar Trofeo Pantalica 209 km Die ersten 100 km konnte ich das Rennen fahren, immer vorne und zwischendurch sogar noch etwas angreifen. Das gab Moral, aber dann nach 135 km hatte ich mein Pulver verschossen. Eine leichte Steigerung vom letzten Wochenende ist also zu verzeichnen. Morgen will ich unbedingt fertig fahren, aber eben, es hat einen Berg mit 800 Höhenmeter! Es wird hart, aber besser hier etwas leiden und 200 km fahren, als dann zu Hause wieder im Schnee viel trainieren zu müssen. Siracusa, 28. Februar Trofeo di Regione Siracusa, 205 km Ich fühle mich fast wie ein Sieger. Auf den Zusatzrunden konnte ich bei km 180 noch angreifen, nur kurz, aber immerhin. Und am langen Berg war ich immer in den ersten vierzig. Es gibt Moral, denn ich weiss, dass ich noch überhaupt nicht stark bin, und wenn die Form dann Ende April kommt.... Wir hatten Sonne! Meine Beine konnten das erste mal dieses Jahr etwas braun werden, bis jetzt waren sie immer so käsig weiss. Zihlschlacht, 3. März So langsam beginnt die züglete in mein neues Haus. Ich freue mich, bis ich dann vollständig darin wohnen kann. Aber vorher kommt noch der Start am Tirreno - Adriatico, wo ich die Nummer 1 tragen werde. Zum Glück ist hier endlich das Wetter besser geworden, so dass man auch mal richtig viel trainieren kann. Bergamo, 14. April Morgen beginnt die Bergamaskenrundfahrt, so wie sie sagen, bei Regen. Meine Form ist leider immer noch nicht so gut, aber morgen ist es flach und so werde ich mich irgendwie über die anstehenden 180 km kämpfen. Ich sollte gegenüber den jungen Fahrern in der Mannschaft doch ein Vorbild sein und so mit viel Moral am Start stehen. Mal schauen, ob ich das kann. Falls dieser Bericht endlich im Internet an sein Ziel finden sollte, läuft mein System endlich wieder optimal und die Berichte werden dann auch wieder regelmässiger von unterwegs erscheinen. Bergamo, 15. April 1. Et. Setimana Bergamaska Die ganzen 180 km Regen! Das Rennen selber war relativ locker, alles ganz flach und breite Strassen aber nach dem Wettkampf geht dafür die Arbeit richtig los. Zuerst einmal eine Viertelstunde längere Dusche, bis der ganze Sand wieder aus den Ohren und Augen gespült ist, die Beine wieder sauber geschrubbt sind usw. Der Helm sieht auch aus, als ob er von einem Bergwerkarbeiter stammt und von den schönen gelbroten Rennschuhen sprechen wir am Besten gar nicht. Auf alle Fälle, bei Regen die doppelte Arbeit nach dem Rennen. Bergamo, 16. April 2. Et. Setimana Bergamaska Und wieder heisst es Helm und Schuhe putzen! In den Bergen goss es aus allen Schleusen. So fuhr ich den zweitletzten Berg mit Regenschutz un 41 x 25 hoch (nicht weil ich langsam war, er war so steil!) Unten am ersten Berg nach 120 km griff ich sogar an, bezahlte es aber etwas später. Ich denke mal, dass ich am Schluss so den 35 Rang belege. Bergamo, 17. April 3. Et. Setimana Bergamaska Für einmal sind wir bis ins Ziel trocken geblieben. Meine Beine waren nicht schlecht über die ersten drei Berge, aber wie immer war der Letzte der Steilste und da kam ich wie gewohnt nicht mehr mit. Aber eigentlich läuft es nicht schlecht. Die Moral kommt ganz langsam wieder und ich kriege wieder freude am Velofahren. Zihlschlacht, 22. April Heute reisen wir an "mein" Rennen! Leider bin ich für das Amstel Gold Race noch nicht so brillant in Form wie letztes Jahr, aber es wird schon gut gehen. Denn schlecht fahren da, das kann ich gar nicht. Und mit der Startnummer eins an einem Weltcuprennen, das motiviert schon. Übrigens am Amstel schon das zweite mal. Das erste Mal wurde ich allerdings im entscheidenden Moment durch einen Defekt zurückgeworfen, ob mir die Startnummer dieses mal etwas mehr Glück bringt? Zihlschlacht, 25. April Berner Rundfahrt 200 km Die Startnummer 1 hat mir am Amstel Gold Race kein Glück gebracht. Nach 110 km wurde ich in einen Sturz verwickelt und landete in einem Schlammloch! Total verdreckt musste ich 15 km später auch noch das Velo wechseln, ein Pedal war so verschmutzt, dass es den Geist aufgab und bis ich das Feld 50 km später wieder eingeholt hatte, hatte ich mein Pulver verschossen. Ich kam zwar noch bis zum Keutenberg mit, aber dort haben sie mich endgültig abgehängt und wenig später gab ich auf. Nach dem Rennen sind wir dann noch nach Bern gefahren, wo heute die Bernerrundfahrt stattfand. Da hatte ich erstaunlicherweise gute Beine und kämpfte bis 20 km vor dem Ziel um den Sieg. Ich befand mich in einer 7-Mann Spitzengruppe mit dem Olympiasieger, Weltmeister und Schweizermeister. Leider "parkierte" es mich dann und bis ins Ziel wäre ich zu Fuss wahrscheinlich schneller gewesen als mit dem Velo. Der Doppelstart dieses Wochenende war wohl etwas viel. Zihlschlacht, 28. April 220 km, und das im Training! Ich bin richtig zufrieden mit mir. So kann an den nächsten Rennen ja fast nichts mehr schief gehen. Am 1. Mai in Frankfurt am Henningerturm werde ich mich versuchen, etwas zurückzuhalten um vielleicht erst im Finale etwas zu zeigen, denn am 2. Mai fahre ich Gippingen und für mich, wo in einer schweizer Mannschaft fahre, ist es doch ein wichtiges Rennen. Zihlschlacht, 30. April Reise nach Frankfurt! Hoffentlich haben wir auf der Autobahn keinen Stau. Aber da es im Moment gerade regnet, macht es mir nicht viel aus, wenn ich heute nicht zum Trainieren komme. Morgen werde ich hoffentlich einigermassen gute Beine haben. Zihlschlacht, 2. Mai Am Samstag beim Henningerturm in Frankfurt versteckte ich mich den ganzen Tag unauffällig im Feld, im Schlussprint wurde ich dann aber 800m vor dem Ziel etwas eingeklemmt und kam so nur noch etwa auf den 25. Rang. Am Sonntag beim GP Gippingen, wo ich eigentlich sehr gut fahren wollte, habe ich meine Kräfte schon in den ersten vier Runden verpufft und kam so am Schluss noch gerade mit dem Feld ins Ziel. Irgendwie muss ich an der nun beginnenden Tour de Romandie etwas schlauer fahren, um endlich ein zählbares Resultat zu erreichen. Genf, 4. Mai Prolog Tour de Romandie Ich bin gut auf die 5 km gestartet, war schnell unterwegs ohne schon am Limit angelangt zu sein und dennoch hat es mich nach 3 km "parkiert". Ich bin kaum noch ins Ziel gekommen. Das hat mir die Moral schon etwas genommen, vor allem, weil für unsere Mannschaft die Tour de Romandie ein sehr wichtiges Rennen ist. Jetzt hoffe ich natürlich auf morgen, es wird schon besser gehen. Ich werde die Cosmic Carbon Räder montieren, die laufen am besten und schnellsten! Val de Travers, 5. Mai 1. Et. Tour de Romandie 169 km Es ging besser, viel besser! Ich war dreimal in einer Spitzengruppe und es ging eigentlich sehr gut. Einmal waren wir sogar nur gerade zwei Fahrer vorne, und beide vom Post Swiss Team! Am Schluss bin ich dann etwas eingegangen, aber es ist nicht so schlimm, ich bin mit mir und der Mannschaft zufrieden, auch wenn wir nichts gewonnen haben. Irgendwann werden auch wir etwas mehr Glück haben und etwas gewinnen. Wichtig ist für uns im Moment, dass wir uns zeigen und den Zuschauern etwas bieten können, dann verlängert eventuell auch die Post ihr Engagement im Radsport auf nächstes Jahr. Schön wäre es! Gruyères, 6. Mai 2. Et. Tour de Romandie 172 km Die Beine sind jetzt auch nach der Massage noch übersäuert und hart wie Stein. Nach einer 70 km langen Soloflucht wurde ich leider 20 km vor dem Ziel wieder eingeholt, aber ich glaube, dass ich ganz gut gefahren bin. Denn die Fahrer im Feld waren auch ziemlich kaputt, als sie mich einholten. Schade, dass ich nicht noch ein oder zwei Begleiter hatte, dann wären wir wesentlich weiter gekommen. Eine Schrecksekunde hatte ich heute auch noch. In einer schnellen Abfahrt überquerte ich einen Bahnübergang mit 80 km/h, er war nicht ganz eben und da hob es mir das Hinterrad sicher einen halben Meter in die Luft! Da hatte ich Glück und den Puls auf 200. Moudon, 7. Mai 3a. Et. Tour de Romandie 66 km Diese kurze Etappe war relativ friedlich, aber ich kam dennoch nicht vom Fleck. So ganz von gestern bin ich noch nicht erholt, aber das macht auch nichts, das Zeitfahren von heute Nachmittag gewinne ich nicht, ebensowenig die Bergetappe von morgen, aber dann, für die letzte Etappe muss ich schon nochmals etwas probieren. Im Zeitfahren fügte ich mir nicht unnötige Beinschmerzen zu, verlor so etwa drei Minuten, halb so schlimm. Dafür ist unsere junge Hoffnung, Sven Montgomery sehr stark gefahren und ist jetzt auf dem 11. Gesamtrang, Bravo! Veysonnaz, 8. Mai 4. Et. Tour de Romandie 158 km Irgendwann werden auch wir vom Post Swiss Team etwas Glück haben. Kurz vor dem Berg ist heute Sven gestürzt, und bis er dann endlich wieder im kleiner werdenden Feld Unterschlupf fand, hatten wir ganz schön viel Kraft verpufft. Aber ich freue mich wieder richtig jeweils auf den Start, meine Beine sind gut und die Moral auch. Es ist eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis ich endlich ein zählbares Resultat herausfahren kann. Vielleicht ja schon morgen auf der Schlussetappe, probieren werde ich es bestimmt. (Einfach nicht meinen Gegnern sagen) Zihlschlacht, 10. Mai Schnell den Koffer ausgepackt und die Wäsche gewaschen, denn morgen geht es schon wieder los. Ab ins Trainingslager in die Höhe nach Davos! Schliesslich will ich für die Tour de Suisse bereit sein, um endlich wieder einmal eine sehr gute Leistung zu zeigen. Mein Programm für die nächsten Wochen: zwei Wochen Trainingslager, dann die Deutschlandtour, Österreichrundfahrt und Tour de Suisse, und dann endlich wieder einmal zu Hause etwas Erholung machen. Weissfluhjoch Davos, 11. Mai Lawinenforschungsinstitut, 2663 m.ü.M. So, jetzt sind wir hier oben eingerichtet! Mit dem ganzen Gepäck, zwei Bahnvelos, meine Technogymrolle, ect. sind wir mit der Standseilbahn gut angekommen. Wir, das heisst, Philipp Buschor und ich, werden hier in der Höhe schlafen und einige male auf der Rolle trainieren, die richtigen, harten Ausfahrten werden wir rund um Davos machen, im Engadin oder im Rheintal, je nach Wetter. Da sind wir hier am richtigen Ort, hier hoch oben laufen sehr viele Wetterinfos zusammen und wir können so jederzeit den ganz genauen Wetterbericht, für die nächsten Stunden oder gar Tage, abrufen. Übrigens, wir erforschen hier nicht Lawinen, wie unser Gastgeber Bruno, wir sind wegen dem Höheneffekt hier, so dass wir im Sommer eine super Leistung liefern können (ohne Doping)! Weissfluhjoch Davos, 12. Mai Trainiert haben wir heute nicht sehr viel, sonst geht uns nach einigen Tagen die Luft aus. Aber zweieinhalb Stunden, Davos - Lenzerheide - Davos, haben wir trotzdem gemacht, so dass wir uns in den nächsten Tagen etwas steigern können. Jeweils um acht Uhr fahren wir mit der Standseilbahn talwärts, und um halb vier wieder den Berg hinauf. Ein Kompliment der ganzen Region Davos hier, extra wegen uns zwei Rennfahrern wird diese Bahn jetzt im Betrieb gehalten, Danke. Am Samstag werden wir den Aufstieg aber einmal zu Fuss bewältigen, wir können doch nicht in den Bergen sein, ohne zu wandern! Weissfluhjoch Davos, 13. Mai Lawinenforschungsinstitut 2663 m.ü.M. Für den zweiten Angewöhnungstag habe ich mit 4 Stunden schon etwas viel gemacht, aber ich musste doch das Wetter ausnützten. In der ganzen Schweiz hat es Überschwemmungen und regnet, aber hier habe ich wieder bei trockenen Strassen trainiert. Wir führen ein friedliches Leben hier oben abseits der Zivilisation. Es ist etwas übertrieben, denn wir haben ISDN - Anschlüsse, haufenweise Komputer und noch mehr Telefone und Messgeräte. Nur kochen müssen wir selber, aber dabei werden wir unterstützt vom sympathischen Hüttenwart Bruno und seiner Hündin Lea. Noch ein Nachtrag: Gestern gab es hier von einem Quadratmeter Schneefläche 110 Liter Schmelzwasser! Und der Luftruck beträgt 736 mbar, am Morgen hat es geschneit bei "warmen" 1 Grad. Weissfluhjoch Davos, 15. Mai Nachmittag Gestern fuhren wir vier Stunden im Regen und sind danach noch für eine Stunde auf 6400 m.ü.M. gestiegen. Das heisst, wir waren eigentlich nur in Davos und haben uns eine "Taucherglocke" übergestülpt, wo wir diese Höhe simulieren konnten. Da die Bergbahn nun zwei Tage nicht fahren konnte, schliefen wir in Davos "unten" (1550 m.ü.M.) und sind heute hier zu Fuss hinauf gestiegen. In zwei Stunden 1100 Höhenmeter und ca. 5000 Treppentritte entlang der Bahn. Jetzt, wenn die Fahrer des Giro's im Ziel sind, werden wir noch eine halbe Stunde Rollentraining machen. Weissfluhjoch Davos, 16. Mai Heute haben wir den Sonntag gebührend genossen. Ausschlafen bis acht Uhr, (länger kann man in dieser Höhe unmöglich schlafen, glaube ich). Danach haben wir nach einer kleineren Klettertour ein Mannschaftstrikot auf einen Wettermessmasten montiert und jetzt kommt dieses Trikot jeweils im Fernsehen. Wenn die Wetterbilder von Davos gesendet werden, da wo die automatische Kamera wendet, hängt ein Post Swiss Trikot in der Höhe! Trainiert haben wir nur noch gerade eine halbe Stunde auf der Rolle, aber morgen werden wir damit richtig loslegen. Das Alpenpanorama ist in diesem Wetter wirklich sehenswert. Weissfluhjoch Davos, 17. Mai Im Moment bin ich ziemlich kaputt. Nach einem 4-stündigen Training bin ich anschliessend noch hierher hinauf gelaufen. Sehr zügig und immer zwei Treppentritte miteinander, den unteren Streckenabschnitt in 35 Minuten, den oberen in 32, und das mit Wanderschuhen und Rucksack! Der Puls war meistens zwischen 150 und 160 Schlägen! Ein besseres Kraftausdauertraining gibt es wohl nicht. Ob das die nächste Trendsportart wird? Den Treppen der Bergbahnen nach die Hügel hinaufspeeden? Ich wäre da voll dabei, allerdings die Murmeltiere habe ich nur pfeifen gehört, ich hatte keine Zeit, ihnen nachzuschauen. Weissfluhjoch Davos, 18. Mai Es war gestern doch etwas viel, heute schlich ich nur so in der Gegend herum, so lange, bis es fünf Stunden gab. Dafür hat uns nachher der Hüttenwart mit einem feinen Riz Casimir verwöhnt! Beim Hinauffahren durften wir noch den Maschinenraum der Standseilbahn Parsenn begutachten, wirklich eindrücklich die ganze Maschinerie. Das Drahtseil, dass die Wagen zieht, ist im oberen Teil über 2 km lang und 12 Tonnen schwer. Weissfluhjoch Davos, 19. Mai Vier Stunden hart trainiert mit trockenen Strassen und nachher noch zu Fuss aufs Joch, im Regen und Schneetreiben! Ich bin rundum zufrieden mit meiner Leistung heute. Auch die Höhe scheint ihre Wirkung zu entfachen. Am ersten Tag beim Blutuntersuch hatte ich 8% junge, rote Blutkörperchen, ganz normal also, und gestern hatte ich davon schon 16 %, rund das Doppelte. Auch der Hämatokritwert erhöhte sich von 43 auf 45%. Es läuft im Moment also alles rund und motiviert für die nächsten Rennen wäre ich auch schon. Weissfluhjoch Davos, 20. Mai Den Ruhetag habe ich mir verdient und genossen habe ich ihn erst recht. Ich bin mit Philipp nochmals die 1100 Höhenmeter entlang der Bahn hinaufgelaufen, zügig, aber nicht gehetzt. Es ging schon wesentlich besser als das erst mal. Dafür hatten wir endlich mal Zeit, um die Arbeiten zu erledigen, die wir von zu Hause mitgenommen haben. Irgendwie ist man hier oben doch nicht so Leistungsfähig wie auf dem Flachland, man wird auch müde vom Nichtstun. Weissfluhjoch Davos, 21. Mai 19 cm Neuschnee um acht Uhr morgens und es schneit immer noch! Am Morgen fuhren wir mit der Bahn ins Tal, aber dort regnete es bei 4 Grad in strömen, also beschlossen wir, zu Fuss wieder zum Gipfel hochzusteigen. Den unteren Streckenabschnitt absolvierten wir in 33 Minuten bei Puls 160 und ca. 10 cm Schnee. Auf der oberen Hälfte hatten wir etwas mehr Mühe, zeitweise sackten wir über die Knie in den Schnee ein. Aber geschwitzt haben wir viel, also war es auch ein gutes Training. Vorhin absolvierte ich auch noch 45 Minuten auf der Rolle, um wenigstens die Beine wieder an eine drehende Bewegung zu gewöhnen. Wenn es beim nächsten Rennen eine Treppe eingebaut hat, könnte ich da sehr gut ein gutes Resultat machen! Noch ein Nachtrag: jetzt ist es 19:45 Uhr und ich komme mit Bruno gerade vom "Wetterablesen" zurück. Zuerst mussten wir den Weg von meterhohen Schneeverwehungen freischaufeln, dann auf den 30m entfernten Gipfel aufsteigen. Heute 43 cm Neuschnee, max. Windgeschwindigkeit 270 km/h, aktuell 160 km/h! Und ich wollte zuerst noch auf den Wettermasten steigen, um unser Trikot endlich herunterzuholen, das wir dort aufgehängt haben. Aber da es mich am Boden schon fast weggewindet hat, liess ich es bleiben. Hut ab, von all den Wetterleuten, die das täglich dreimal machen müssen! Auf dem Heimweg, 22. Mai Wir stehen schon lange im Stau. Die Autobahn ist überschwemmt und es regnet immer noch in strömen. Zu Beginn unserer Reise hatten wir bedenken, überhaupt vom Gipfel herunter zu kommen, über einen halben Meter Neuschnee auf den Geleisen der Bahn! Aber das Bähnchen hat sich bravourös durch die Verwehungen gekämpft und wir sind heil in Davos angekommen. Nur jetzt hapert es, Erdrutsche und Überschwemmungen behindern unser vorwärtskommen. Wie friedlich war es doch im Schnee heute morgen, als wir zuerst die Haustüre freischaufeln mussten, der Schnee lag bis zum oberen Türrahmen! Zihlschlacht, 24. Mai Ich bin etwas enttäuscht. Eigentlich dachte ich, das ich heute beim Rennen in Hegi ein gutes Resultat herausfahren kann. Dem war leider nicht so, anscheinend habe ich die Umstellung in die "tieferen" Regionen nicht so gut verkraftet, wie gemeint. Am Anfang, so die ersten zwei Stunden, war ich gut, danach hat es mich nach der Hälfte hingestellt. Ich hoffe nur, dass sich der ganze Aufwand vom Höhentrainingslager auch gelohnt hat. Berlin, 27. Mai So, ihr Deutschen, jetzt bin ich tatsächlich an Eurer Tour. Der erste Eindruck ist imposant, auf der Bühne der Mannschaftsvorstellung hätte mit all den Scheinwerfern auch ein Rockkonzert stattfinden können. Aber das ihr den Radsport nicht erfunden habt, wird klar, als ich das Programm studiert habe. Nächsten Mittwoch am Morgen 150 km (!!!!!!) und am Nachmittag ein Zeitfahren von fast 30 km! Scheint mir etwas übertrieben. Durch das Brandenburger Tor bin ich schon im Training gefahren, Berlin kann ich jetzt auch abhacken (ich meine, jetzt kann ich sagen, dass ich mal in Berlin war) Leipzig, 28. Mai 1. Et. Deutschland - Tour Es war eine schöne Etappe, die Strassen fast immer geradeaus, schön breit, Gegenwind und Sonne! Man konnte im Feld richtig schön mitrollen, ohne allzu grosse Beinschmerzen zu bekommen. Am Schluss fand ich mich plötzlich noch weit vorne, so weit, dass ich im Massensprint noch etwas mitmischte und so ungefähr auf den 11. Rang sprintete. Morgen kommt die einzige Etappe, die etwas nach Bergen aussieht, da hoffe ich auf ein gutes Resultat, probieren werde ich auf alle Fälle etwas. Wolfenbüttel, 29. Mai 2. Et. Deutschland - Tour Mein Velo hätte ich heute sehr billig verkauft. Irgendwas muss irgendwo gestreift haben, denn so schlecht wie heute kann ich doch gar nicht sein. Es schlug bös auf meine Moral, aber, auch dass muss gesagt sein, das Publikum hier sehr, sehr fair, ein riesen Kompliment! Wenn man gut wäre, wäre das Radfahren an diesem Rennen wirklich sehr schön, gute Strassen, super Organisation und die Strassen total verkehrsfrei. Nur eben, es wird manchmal etwas gar schnell gefahren, für mich jedenfalls. Bielefeld, 30. Mai 3. Et. Deutschland - Tour Die Telekom - Mannen sind stark gefahren, etwas dumm zwar aus meiner Sicht, und mit Pech am Schluss. Aber so ganz einverstanden bin ich nicht. Als Aldag und Ulrich 20 km vor dem Ziel gestürzt sind, hat sich das ganze Feld sehr fair verhalten und relativ lange gewartet, bis wenigstens Rolf wieder da war. Was ich dann nicht ganz begreife, dass Telekom dann noch voll für den Sprint von Zabel gefahren ist. Nichts gegen Zabel, aber wäre es nicht etwas fairer, den andern den Sprint zu überlassen? So als kleiner Dank? Denn das Feld hätte genau so gut beim Sturz zufahren können, und dann hätten sie nicht mal mehr den Leader! Dortmund, 31. Mai 4. Et. Deutschland - Tour Ob Eric Zabel nun den Caspar - Komplex hat? Es ist hart, dreimal zweiter hinter dem gleichen Fahrer zu werden und jedesmal etwas knapper! Mir ging es heute gar nicht schlecht, überhaupt, diese Rundfahrt ist die ideale Vorbereitung für die Tour de Suisse, immer relativ zügig, die Berge schnell und ein super Publikum, was will man mehr? Ach ja, und die Sonne scheint auch immer, wenn Engel reisen.... Koblenz, 1. Juni 5. Et. Deutschland - Tour Warum kann eine Mannschaft, die den Leader stellt, nicht intelligent radfahren. Mapei musste dem ganzen Feld zeigen, dass sie die stärksten sind. Pech für sie, sie konnten nicht bis zum Schluss durchhalten. Bin ich eingebildet, wenn ich denke, dass ich einer der intelligenteren Radfahrer bin? Wahrscheinlich schon, das wird doch jeder von sich denken! (aber bei mir ist es wahr ;-) Bensheim, 2. Juni 6a. und 6b. Et. Deutschland - Tour Das Zeitfahren bin ich voll gefahren, jetzt bin ich gespannt, wie gut oder schlecht ich war. Wenn ich auf die 30 km weniger als zwei Minuten verliere, bin ich zufrieden, wenn mehr, schlägt es mir auf die Moral. Leider ist jetzt auch noch mein Fernseher ausgestiegen und ich kann die letzten Fahrer nicht mehr schauen, weiss also nicht, wie schnell ich wirklich war. Meine Zeit von 37:51 Minuten finde ich gar nicht schlecht, aber wenn alle andern schneller waren..... Scheisse, jetzt können mich alle mal, warum bin ich nur so eine Wurscht? Zihlschlacht, 4. Juni Im Moment erhole ich mich von der Deutschlandrundfahrt. Es war eine sehr schöne Tour, aber auch immer sehr schnell und das merke ich deutlich in den Beinen. Die Muskeln schmerzen recht fest, aber als Vorbereitung war sie ideal. Die Berglein sehr intensiv, die Fläche immer schnell und die Finale sehr gut für die Tempofestigkeit. Jetzt gehe ich nach Österreich um die Berge zu trainieren und dann sollte an der Tour de Suisse eigentlich nichts mehr schiefgehen. Zihlschlacht, 6. Juni (Giro d'Italia 21. Et.) WIE KANN MAN NUR SOOO BLÖD SEIN! Wie kann man nur so egoistisch sein! Wie kann man sich nach dem Dopingskandal letztes Jahr noch steigern! So etwas werde ich wohl nie begreifen. Wie kann man dem Radsport noch mehr schaden und wie kann man auch noch den letzten Sponsor vertreiben? Einer hat es heute geschafft. Kompliment! Noch etwas Gutes zum Schluss, mein mittlerer Sohn (4) hat velofahren gelernt. Zum Glück gestern und nicht heute. Gröbming (A), 7. Juni 1. Et. Österreichrundfahrt Kurz und intensiv, steile Berge und schnelles Tempo. Die Beine waren nicht ganz so schlecht, aber nach den drei Erholungstagen nach der Deutschlandtour taten für heute nicht unbedingt gut. In den Bergen habe ich noch enorm Mühe aber auf der Fläche rolle ich schon stark, mal sehen, wie es weitergeht. Grossraming, 8. Juni 2. Et. Österreichrundfahrt Unter der Dusche war es am Schönsten. Aber kalt habe ich immer noch. Es begann auf den letzten 50 km zu regnen, danach stürzte ich, später musste ich das Velo wechseln, einen Platten fing ich auch noch ein, und alles mit kurzen Ärmeln bei 12 Grad. Es war nicht gerade ideal, aber eben. leben tue ich noch! Ried, 9. Juni 3. Et. Österreichrundfahrt Am liebsten hätte ich mein Velo zersägt! Und zwar schon am ersten Berg, am zweiten auch und auch nachher noch auf der Fläche! Irgend was musste an meinem Fahrrad gestreift haben oder hatte es Wasser in den Reifen? Leider habe ich nach dem Ziel nichts gefunden, es müssen doch meine Beine gewesen sein. Jetzt gibt es nur zwei Möglichkeiten, es geht so schlecht weiter oder es geht mir in einigen Tagen viel besser. (Ich hoffe nur, das zweite tritt endlich ein). Chiasso, 18. Juni 4. Et. Tour de Suisse 170 km Ich freue mich auf morgen, auf die langen Pässe, irgendwie bin ich überzeugt, dass ich da gar nicht so schlecht hochkommen werde. Dass ich heute im Pedrinate abgehängt werde, war mir eigentlich schon lange klar. Ich kann einfach nicht mehr lange im roten Bereich fahren, vielleicht bin ich ja schon zu alt? Aber eben, in den langen Aufstiegen muss man ja nicht so ganz intensiv fahren, und da bin ich wirklich auf mich gespannt, was ich morgen leisten werde.

RÜCKTRITT VON RADSPORT Hiermit möchte ich Euch über meinen Rücktritt als Radrennfahrer per Ende dieser Saison informieren und danke gleichzeitig für die Unterstützung während meiner Karriere. Den Entschluss, das Rennrad per Ende Saison, nach 13 Jahren als Profi, in die Ecke zu stellen, reifte während der aktuellen Tour de Suisse. Mein persönliches Potential ist als Radrennfahrer nicht mehr voll ausgeschöpft. Zuerst wollte ich mir neben dem Rennfahrerleben noch etwas Anderes aufbauen, doch ich bin der Meinung, dass Ziele nur mit 100%-igem Einsatz erreicht werden können. Darum habe ich entschieden, mich einer neuen beruflichen Herausforderung zu stellen. Ich danke meiner Familie, vor allem meiner Frau und meinen Kindern, die mich während der ganzen Zeit immer unterstützt haben und grosse Geduld für meine langen Abwesenheiten aufbringen mussten. Auch danke ich den Journalisten sowie der ganzen Presse für die faire Berichterstattung in all den Jahren meiner Karriere. Ebenso verdanke ich sehr viel meinen sportlichen Leitern und den verschiedenen Mannschaften, in welchen ich fahren durfte. Natürlich vergesse ich all die Sponsoren und Ausrüster nicht, die im Radsport investiert haben und von denen ich direkt oder indirekt sehr viel profitieren durfte. Vielen Dank und macht weiter so! Ich freue mich auf die verbleibenden Rennen und meine letzten sportlichen Ziele meiner Karriere. Gleichzeitig freue ich mich aber auch sehr auf die neue Herausforderung, welche mich bald erwarten wird. Ich werde sie mit dem gleichen Einsatz angehen, wie ich bis anhin die Rennen gemeistert habe. Noch weiss ich nicht genau, was ich nach Abschluss dieser Saison machen werde. Schön wäre es, wenn ich dem Radsport auf irgend eine Weise treu bleiben könnte, andererseits sehe ich es als grosse Chance, etwas ganz Neues in Angriff zu nehmen und Vieles dazu zu lernen. Es war eine fantastische Zeit im Sport, an die ich immer gerne zurückdenken werde. Ich bin aber überzeugt, dass eine ebenso interessante wie schöne Zeit folgen wird. Ich freue mich darauf. Grindelwald, 19. Juni 5. Et. Tour de Suisse 172 km Kurz zu heute: Ich bin sehr zufrieden, über die grossen Pässe bin ich auf den 45 Rang gefahren, gar nicht so schlecht für mich. Ein etwas mulmiges Gefühl habe ich jetzt schon, wo ich weiss, dass ich Ende Saison das Rad in die Ecke stellen werde. Vor allem weiss ich noch nicht, was ich dann machen werde. Aber wenn ich jeden Tag die Stelleninserate in der Zeitung lese, werde ich bis in einem halben Jahr wohl noch etwas finden. Was ich überhaupt noch nicht nachgedacht habe, was passiert mit meinem Tagebuch? Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn es einfach so aufhört. Ich weiss doch, dass sehr viele Leute es fast täglich lesen, was kann ich für sie machen? Ich werde mir wohl etwas einfallen lassen müssen! Meiringen, 20. Juni 6. Et. Zeitfahren 30 km Mein Entscheid, zurückzutreten war richtig. Heute im Zeitfahren wurde ich von 130 Fahrern sagenhafter 113. Klar, ganz voll war ich nicht gefahren, aber doch so, dass meine Beine höllisch weh taten. Morgen durchqueren wir mein Trainingsgebiet, da werde ich mir wohl etwas einfallen lassen. Mauren, 21. Juni 7. Et. Tour de Suisse 171 km Ich musste etwas mogeln, sonst wäre ich jetzt nicht mehr dabei. Die Etappe war sehr schnell und ich war einer der ersten, der abgehängt wurde. Danach fuhr ich einige male im Windschatten der nachfolgenden Mannschaftsautos, so dass ich mich noch ins Grupetto retten konnte. Ich war heute wirklich sehr schlecht, aber morgen geht es wieder besser, dass weiss ich genau. Zihlschlacht, 25. Juni Es tut mir leid, aber ich hatte in den vergangenen Tagen einfach keine Lust mehr, etwas zu schreiben. Dafür habe ich etwas mehr mit den Leuten gesprochen und etwas mehr den persönlichen Kontakt von Auge zu Auge gepflegt.So, gestern bin ich meine letzte Tour de Suisse Etappe in meiner Karriere gefahren, die 130. Es war ein etwas mulmiges Gefühl, aber sehr schön. Vor allem, weil wir auch noch durch meine Heimat gefahren sind, etwa 2 km von meinem Haus entfernt. Mit meinen Resultaten bin ich nicht so ganz zufrieden, aber es war dennoch für mich eine schöne TdS. Und ich kann jetzt sagen, ich habe diese Rundfahrt noch nie aufgegeben. Märstetten, 27. Juni Schweizermeisterschaften Ich bin total auf den Felgen. Das Rennen war von Anfang an schwer und schnell. Wir vom Post Swiss Team haben mannschaftlich ein sehr gutes Rennen geboten und mit Dani Schnider ein Fahrer auf das Podest gebracht. Wir hatten keinen so starken Fahrer wie Armin Meier, der verdient gewonnen hat. Ich bin mit meinem 15. Rang eigentlich auch zufrieden, mehr lag einfach nicht drin. Dafür konnte ich direkt nach der Zielankunft noch einen Helikopterflug ins Fernsehstudie absolvieren, war ein Erlebnis, im Gegensatz zum Interview nachher. Thema, war ja eigentlich klar, Doping. Zihlschlacht, 5. Juli Ich werde auch diese Woche nichts ins Tagebuch schreiben, schliesslich werde ich jetzt einige Tage in die Ferien verreisen. Aber nächste Woche geht es wieder weiter, mit Training und schreiben. Geniesst diese Zeit doch auch ein wenig ohne Komputer. Zihlschlacht, 12. Juli Die Ferien sind schon einige Tage vorbei, leider. Ich war inzwischen auch schon wieder fleissig und habe die Delegiertenversammlung des SRB beigewohnt, ebenso eine Sitzung der neu gegründeten internationalen Profigewerkschaft cpa. Nur zum Trainieren bin ich fast nicht gekommen! Aber jetzt nehme ich mit neuem, letzten Elan den Herbst in Angriff. Zihlschlacht, 19. Juli Ich war mit meinem Verein, dem RV Arbon, auf grosser Tour. Susten-, Grimsel- und Furkapass. Den Furka leider mit dem Auto, das Wetter war nicht gerade Ideal. Aber auf 5 1/2 Stunden habe ich es trotzdem gebracht. Die Moral zum Trainieren ist zum Glück zurück und die Form wird auch von Tag zu Tag ansprechbarer. Zihlschlacht, 22. Juli Vor dem heutigen Erholungstag hatte ich wieder fünf Stunden trainiert. Ich versuche im Moment diesen Rhythmus beizubehalten, 5 Stunden hartes Training, am nächsten Tag nur etwas locker, dann wieder fünf Stunden. Im Moment bin ich nach den langen Trainings noch recht kaputt, aber es kommt schon noch. Wegen meiner Zukunft weiss ich im Moment noch nicht genaueres, ich bin immer noch am etwas herumhören. Vielleicht braucht ja jemand genau so einer, wie ich es bin! Zihlschlacht, 26. Juli Acht Stunden über die Pässe Splügen, Maloja und Julier, wovon jedesmal die letzten fünf Kilometer doppelt. Das war hart und ich merke es auch ganz deutlich in den Beinen. Aber so war das Radfahren wieder einmal sehr schön und ich werde diese Nacht sehr beruhigt und zufrieden schlafen können. Zihlschlacht, 27. Juli Soo kaputt war ich heute gar nicht. Das heisst, ich kann morgen nochmals einen Fünfstünder reinziehen! Und dann bin ich froh, wenn ab dem 1. August die Rennen wieder losgehen werden. Nach der Wartenbergrundfahrt werde ich die Regiotour bestreiten. Ach ja, wir haben Familienzuwachs bekommen. Rambo, ein kleines Kätzchen. Nach seinem Charakter wurde sein Name ausgewählt. Zihlschlacht, 29. Juli Endlich konnte ich wieder mit Alex Zülle trainieren. Die Kilometer spulten wir ab, ohne es zu merken, da wir uns viel zu erzählen hatten. Schliesslich haben wir uns fast drei Monate nicht mehr gesehen. Als ich aber zu Hause ankam, schmerzten die Muskeln doch etwas. Zihlschlacht, 2. August Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen gestern. An der sehr schweren Wartenbergrundfahrt habe ich einen schlechten Eindruck hinterlassen. Es ging überhaupt nichts. Schon in der fünften Runde wurde ich abgehängt und etwas später gab ich auf. Das ist einfach nicht mein Rennen und der Formstand scheint auch nicht gerade gut zu sein. Darum habe ich heute wenigstens sehr gut trainiert und ich bin froh, dass in Kürze mit der Regio Tour wieder ein Etappenrennen beginnt. Freiburg (D), 3. August Kriterium Regio Tour Ich bin von mir selber am meisten überrascht! Das Kriterium war sehr hart, mehr als die Hälfte alle Fahrer hat es aufgegeben und ich spurte in den Wertungen so gut, dass ich am Schluss den siebten Rang belege! Hoffentlich habe ich aber für diese Tour nicht schon alle Körner verschossen! Vogtsberg, 4. August 1. Et. Regio Tour Der Start hier hat sich schon gelohnt. Ich habe schon wieder Selbstvertrauen gewonnen und auch die Freude am Rad fahren ist zurück gekehrt. Der Beste bin ich noch nicht, aber auch lange nicht der Schlechteste. Bei den kleinen Steigungen im Finale hatte ich jeweils noch Reserven und acht Kilometer vor dem Ziel wagte ich sogar einen kleinen Angriff. Natürlich haben sie mich dann wieder eingeholt. Vor zwei Tagen hatte ich noch grosse Angst, dass ich mit den ersten Abgehängt werde, es geht mir wirklich schon wieder sehr viel besser, vor allem im Kopf. Vogtsberg, 6. August 3. Et. Regio Tour Nach der Morgenetappe und dem kleinen Nickerchen vorhin hat mein Körper die Betriebstemperatur für das Zeitfahren in zwei Stunden noch nicht erreicht. Das wird sehr, sehr grosse Beinschmerzen geben, aber zum Glück nur gerade 15 km. Gestern kam ich übrigens im Grupetto ins Ziel und auch vorhin wurde ich beim letzten Berg 5 km vor dem Ziel abgehängt. Aber es ist nicht so schlimm, es gab noch sehr viel Fahrer hinter mir! Vogtsberg, 8. August 5. Et. Regio Tour Bin ich eine glosse Flühlingslolle? Der Kopf macht langsam wieder mit, die Moral für den Rest der Saison ist eigentlich nicht schlecht, nur die Beine machen noch nicht ganz mit. Mit einem seriösem Training in den nächsten zwei Wochen wird aber auch da eine Steigerung zu verzeichnen sein. Irgend ein Spitzenresultat wird doch wohl auch dieses Jahr noch drinliegen! Mein Rücken ist schon fast gut, aber eben nur fast. Im Training hatte ich gegen Alex Zülle und Philipp Buschor keine Chance, sie hängten mich an jeder Bodenwelle ab. Ob die Reuhmamittel schuld daran sind, die ich nehmen muss? Hoffentlich, denn so schlecht bin ich nun wirklich nicht. Zihlschlacht, 10. August Ich bin von einem Raubtier angefallen worden, so fest, dass ich nicht trainieren kann. Die ganze rechte Hand ist zerbissen und verkratzt, tiefe Bisswunden auch im Gesicht. Leider entwischte mir der Tiger nachher, aber wie ich herausgefunden habe, heisst er Rambo. Ach ja, draussen schifft es in strömen! Dunkle Sonne 1999 Als sich die Karawane aus den KutschenmitdenverstecktenPferden auf den Weg zur Huldigung der dunklen Sonne machte, ritt auch das Bleichgesicht Weisser Bauch mit seinem rollenden Pferd gegen Norden los. Weisser auch war noch nie bei so einer Huldigung dabei und freute sich dementsprechend. Leider hatte der grosse Manitu kein Gefallen an ihm und schickte ihm mit der Treffsicherheit eines fliegenden Adlerauges einen Stachel eines Stachelschweins vor sein rollendes Pferd. Der Mitluftgefülltehuf zischte wie die Fontaine des Grossenatmendenfisches, doch Weisser Bauch liess sich nicht beirren und tauschte ein neues Mitluftgefüllteshuf ein und setzte seinen Weg fort. Bereits dunkle Schatten waren auf der Sonne, als Manitu eine weinende Wolke Weisser Bauch in den Weg stellte. Weisser Bauch mit nassen Füssen wollte zu seinem Wigwam zurück, hielt sich aber in Feindesland auf und fand den Pfad zurück nicht sofort. Weisserbauchmitnassenfüssenundmüdenbeinen fand erst am Abend sein Wigwam mit seiner Squaw. Aber Weisserbauch war dennoch sehr zufrieden, schliesslich verlangte er seinem rollenden Pferd mehr als fünf Tagesmärsche ab. Hugh! Montmagny, 15. August Gansingen 170 km Wenn mir vor dem Start jemand gesagt hätte, dass ich zweiter werde, wäre ich glücklich gewesen. Aber jetzt im Nachhinein bin ich mit mir nicht so ganz zufrieden. Den Sprint habe ich total versaut, viel zu lange gewartet. Der Sieg war eigentlich ein Muss. Aber eben, ich war wohl etwas über meinen Verhältnissen gefahren und am Schluss hat es in den Beinen schon etwas "gekrämpfelet", und Routine in den Sprints habe ich dieses Jahr nicht gerade. Aber es geht aufwärts mit mir, und das gibt doch Moral für die kommende Tour du Limousin. Limoges (F), 16. August Wir sind die ganze Strecke im Wohnmobil gereist. Als nach einem Tankstopp der Benzinzeiger schon nach 20 km wieder im roten Bereich war hielten wir an, um das Leck zu finden. Wir merkten dann aber bald, dass unser Masseur den Diesel in den Frischwassertank eingefüllt hatte! Da war uns auch sofort klar, warum es seit einiger Zeit im Auto drinnen nach Benzin stank. Bravo! Trélissac (F), 17. August 1. Et. Tour du Limousin 180 km Ich bin fast auf den Knien ins Ziel gekommen. Den ganzen Tag auf und ab, Gegenwind und 100 km zu acht in einer Spitzengruppe. Leider hatten wir nie mehr als 2 1/2 Minuten Vorsprung und so haben sie uns 15 km vor dem Ziel eingeholt (und gleich stehengelassen). Aber die ganze Schinderei dauert genau noch zwei Monate. Am 16. Oktober habe ich das letzte Rennen in Arbon, mit anschliessend einem grossen Fest. Es dürfen alle kommen, die wollen! Nähere Infos folgen irgendwann noch. Brive, 18. August 2. Et Tour du Limousin 170 km Ich habe die Kilometer gezählt bis ins Ziel und die Tage bis zum 16. Oktober. Den ganzen Tag nur auf und ab, kein einziger Meter flach, rauhe Strassen, die nur aus Löchern bestanden haben, bis ich die nicht mehr gespürt habe und alles im schlechten Wetter! Ich hätte das Velo weit fortschmeissen können. Immerhin hatte ich noch einen guten Moment. Wir vom Post Swiss Team mussten einer 15er Gruppe hinterherführen und als wir nach einer kleinen Abfahrt nur noch zu dritt waren, sind wir zugefahren und die Minute Rückstand auf die Spitze aufgeholt. Drei Fahrer von der Post !! Die Spitze ist dann 30 Minuten vor dem Feld ins Ziel gekommen, ich war übrigens nach einer Explosion wieder zurück im Feld. Guéret, 19. August 3. Et. Tour du Limousin, 185 km Nichts neues, die gleichen Strassen, der ähnliche Parcour, nur die Beine sind noch schlechter geworden. Jetzt muss ich nur noch meinen Sportlichen Leiter überzeugen, dass im Hinblick auf die Meisterschaft von Zürich ein Start morgen zur letzten Etappe nichts mehr bringt. Dass dafür die Erholung viel mehr nützten würde! Das werde ich wohl noch fertig bringen. Zihlschlacht, 24. August Die Züri-Metzgete ist neben mir vorbeigelaufen, ohne dass ich irgendwelche Chancen gehabt habe, leider! Aber gewonnen hat ein ganz starker, auch wenn er nicht so bekannt ist. Zihlschlacht, 25. August Man staune, meine Seiten unter www.jaermann.ch sind in Betrieb! Sie sind noch nicht fertig, aber einiges kann man tatsächlich anschauen. Das Tagebuch wird noch bis Ende Karriere hier bleiben, der Rest hat gezügelt. Zihlschlacht, 27. August Irgendwie ist mein Rücken noch nicht besser. Gestern musste ich nach wenigen Kilometer training wieder nach Hause zurückkehren. Ich habe mir vor einigen Tagen den Rücken "erkältet", wahrscheinlich, und jetzt bewege ich mich wie ein alter Mann. Ich kann kaum meine Socken anziehen. Jetzt hoffe ich eigentlich nur, dass es so schnell wieder weggeht, wie es gekommen ist. Zihlschlacht, 28. August Ich war doch tatsächlich bei meinem Hausarzt, der mich schon fast kuriert hat. Aber bei der langen Spritze, die er mir in der Hüftgegend reingeputz hat, hatte ich natürlich Schweissausbrüche. Aber jetzt geht es schon ganz gut und dem Velofahren scheint nun nichts mehr im Wege zu stehen. Zihlschlacht, 30. August Es geht tatsächlich schon fast wieder perfekt. Aber vielleicht habe ich es schon wieder etwas übertrieben. Am Samstag fuhr ich ein Gentleman-Paarzeitfahren dass mein Partner und ich auf dem 8. Rang abschlossen, von 100! (Die Zeiten wurden aber ausgelost) Und gestern nahm ich an der Pascal Richard Classic teil. Es war echt "dä Plausch" mit über 1000 Hobbyfahrer auf eine Ausfahrt zu gehen. Endlich war ich wieder einmal einer der Stärksten! Zihlschlacht, 31. August Es tut etwas weh, dass ich das Rennen in Canada heute abgesagt habe, aber der achtstündige Flug wäre für meinen Rücken nicht gerade ideal gewesen. So gehen mir halt die Niagara-Fälle den Bach hinunter. Jetzt muss ich mal schauen, welche Rennen ich hier noch fahren kann. Zihlschlacht, 1. September Am Morgen bei der Elektro-Therapie verkündete ich noch grossspurig, dass ich nun überhaupt nichts mehr spüre, aber danach auf dem Velo war es sofort wieder da. Aber es wird schon noch gehen, schliesslich will ich doch noch ein gutes Resultat, bevor ich aufhöre. Ich beginne nun, relativ schnelle Einheiten zu trainieren, um wenigstens in den verbleibenden Rennen noch eine gute Falle zu machen. Zihlschlacht, 2. September Die Credit Suisse und die Winterthur Versicherungen ziehen sich aus dem Radsport zurück! Ein herber Schlag für unseren Sport hier in der Schweiz. Ein bisschen begreife ich es ja, aber dass sie nun das ganze Geld in den Fussball und den Reitsport hineinstecken, geht mir etwas gegen den Strich. Sind denn die alle "sauber"? Bei diesem Entscheid müsste es man meinen, aber ich zweifle... Auf alle Fälle, Danke trotzdem, dass wir in der vergangenen Zeit deren Unterstützung erfahren durften. (Mein Konto bei der Post wird garantiert bleiben....) Zihlschlacht, 4. September Das erste mal in meiner Karriere, wo ich trainieren will und nicht darf. Ich spüre nach dem Training sofort meinen Rücken wieder und jetzt muss ich warten, bis wirklich alles gut ist. Eine nicht ganz befriedigende Situation. Wegen meinem zukünftigen Beruf ist auch noch nichts fest. Ich bin mich am erkundigen, wegen einer Ausbildung als Marketingplaner oder Webpublisher. Am liebsten würde ich beides machen. Zihlschlacht, 5. September Ich danke mal allen Lesern, die auch jetzt noch mein Tagebuch lesen. Sportlich läuft ja nicht sehr viel. Auch heute war ich noch nicht im Training, ich habe etwas Angst, wieder zu früh zu beginnen. Dafür habe ich jetzt endlich mal einen Familientag mit meinen Kindern und meiner Frau gemacht. So konnte ich etwas ausschalten und nicht immer nur an das Velo oder meine Zukunft denken. Sobald ich da etwas neues erfahre, melde ich es natürlich als erstes hier. Ich werde in den nächsten Tagen auch noch meine Seiten hier etwas optimieren. Wenn ihr dazu noch einige Wünsche habt... Zihlschlacht, 6. September Der Martergürtel ist um den Bauch geschnürt, die Kabel angeschlossen und die Elektroden an der richtigen Stelle platziert. Langsam dreht die Arztgehilfin am Schalter immer mehr auf. ...20 ...40 ....60 ...100 ... 150 ...200 ...220 Volt, ein Stromstoss und meine Haare stehen in alle Richtungen, der Rücken schwarz verbrannt und in meinen Zehen nur noch ein kleines Zucken! Na ja, so schlimm ist es eigentlich nicht, es sind ja auch nur etwa 15 mA. Zihlschlacht, 7. September Ich war immerhin eine Stunde locker auf dem Velo, ohne dass ich meinen Rücken gespürt habe. Ab morgen kann ich schon wieder etwas mehr machen. Ich weiss gar nicht mehr, was ich noch schreiben soll. Wenn man keine Rennen fährt, geht einem der Stoff schnell aus. Immerhin, morgen wird sich vielleicht einiges hinsichtlich meiner Zukunft klären, warten wir's mal ab und mehr dann eben morgen. Zihlschlacht, 8. September Ich war heute ohne irgend welche Beschwerden eine Stunde zügig mit dem Velo unterwegs, also alles OK. Morgen werde ich das Pensum verdoppeln. Ich habe mich übrigens für einen Weiterbildungskurs als WebPublisher angemeldet. Ich werde also auch etwas Richtung Internet unternehmen. Für die Gestaltung und Unterhalt von Veloseiten nehme ich Aufträge an ;-) aber erst im Neuen Jahrtausend, wenn ich schon etwas gelernt habe. Der Kurs beginnt am 25. Oktober. 9.9.99.999.9.99.9999.999.99.9.9.99.99 Für die 75 km habe ich etwas mehr als zwei Stunden gebraucht, was einen sagenhaften Schnitt von 34 km/h entspricht, im Training! Normalerweise bin ich zufrieden, wenn wenn der Tacho zu Hause zwischen 30 und 31 anzeigt. Aber jetzt ist nichts normal. Morgen fahre ich die Runde über den Ruppen, ein Berg von 8 km und das ganze ergibt genau 90 km, mein Ziel einen Schnitt von 32 km/h. Jeden Tag schnell und immer ein bisschen weiter.... Zihlschlacht, 10. September Der Schnitt heute : 33,8 km/h, also weit über meiner Vorgabe! Nur, jetzt bin ich total auf den Felgen und meine Beine fühlen sich wie nach einem schweren Rennen. Aber es tut gut, auch wenn ich am Berg nicht vom Fleck kam. Ach ja, der junge hübsche Kerl auf den Plakaten, die Werbung für den Sonntagsblick machen, ist übrigens mein Bruder. Ich habe schön blöd aus der Wäsche gekuckt, als ich ihn auf einer Plakatwand sitzend den Blick lesen sah. Zufälle gibt's. Zihlschlacht, 12. September Anstatt zu trainieren habe ich mich heute meiner Familie und meinen Seiten hier etwas gewidmet. Merkt man wenigstens, dass die Ladezeiten etwas schneller geworden sind? Zihlschlacht, 13. September Heute fuhr ich wahrscheinlich meinen Rekordschnitt im Training: 34,3 km/h und ganz alleine! Leider darf man das nicht überbewerten, denn in Form bin ich gar nicht und die Strecke war auch mehrheitlich flach, aber immerhin 104 km. Zihlschlacht, 14. September Ich hätte so viel zu tun und viel trainieren sollte ich auch noch. Aber irgendwie ist die Luft da etwas draussen, auch wenn ich immer noch schnell unterwegs bin, der Kopf ist aber schon im nächsten Jahr. Und wenn ich ganz ehrlich bin, freue ich mich auch den 17. Oktober, wenn ich freiwillig Sport treiben kann und nicht "muss". Zihlschlacht, 15. September Endlich fahre ich am Wochenende wieder Rennen. Ich freue mich darauf, auch wenn es nur nationale sind und am andern Ende der Schweiz in Genf liegen. Viel Hoffnung auf ein gutes Resultat habe ich nicht, aber es sind immerhin Rennen. Zihlschlacht, 17. September Ich komme eben aus der Dusche, wo ich nun endlich auch noch mein linkes Bein rasiert habe. Nach dem Training hatte ich nämlich nur das recht, danach ist es mir verleidet. Ich glaube, das ist die Arbeit, die ich als Radprofi am meisten hasse, obwohl - wenn sie frisch rasiert sind habe ich eigentlich sehr schöne Beine, vor allem schöne Waden. Da könnte ich noch einige Frauen in den Schatten stellen! Eigenlob stinkt eigentlich, aber ich habe wirklich nicht eine einzige Krampfader, auch nicht nach 13 Jahren als Radprofi. (Was für ein schei... Eintrag heute, aber die Wahrheit) Zihlschlacht, 19. September Genfer Kantonsrundfahrt, 140 km So, das war's !! Ich bin mein letztes Velorennen als Profi gefahren (wenn man vom Velonagelfäscht absieht). Ich bin nun Ex-Profi! Und es ist komisch, ich fühle gar nichts spezielles dabei. Ich bin richtig froh, dass es vorbei ist und ich mich neuen Aufgaben zuwenden kann. Ich freue mich auf morgen, wenn ich überhaupt nichts trainieren muss. Vielleicht gehe ich etwas joggen, oder mit dem Mountenbike, aber nur so viel, dass die Beine nicht schmerzen. Wenn ich das nächste mal aufs Velo sitze garantiert ohne Regenschutz (wenn die Sonne nicht scheint, gehe ich sicher nicht) und ohne Bidon (wenn ich Durst habe, sitze ich in ein Restaurant). Ob das jetzt nur grosse Sprüche sind, weiss ich selber nicht, gespannt bin ich schon, wie es in zwei, drei Monaten ist. Etwas komisch ist es nun doch etwas, 1250 mal als Profi die Startnummer montiert und jetzt soll Schluss sein..... Zihlschlacht, 21. September Ich bin "pensioniert" und lebe das Leben eines Rentners! Ich habe heute meine zwei alten Colnago Velos ausgegraben und wieder schön geputzt und fahrbereit gemacht. Erst als ich fertig war, merkte ich, dass ich nächstes Jahr gar nicht zwei Renner brauche. Und jetzt, soll ich eines Verkaufen? Das C40 ist praktisch neu, nur gerade drei Rennen bin ich voriges Jahr gefahren damit und das Stahlvelo ist auch mit Shimano DurAce bestückt und hat mich durch viele Rennen begleitet. Morgen werde ich mein jetziges Velo reinigen, so dass es dann wettbewerbslike ist, aber wenn ich es so betrachte, es ist wirklich eine super Maschine. Soll ich es behalten und das Colnago verschenken...... Versprochen ist versprochen. Komisch, früher hat mir das ganze Material überhaupt nichts bedeutet und jetzt, wo ich fertig bin damit, interessiere ich mich plötzlich dafür. Zihlschlacht, 22. September Kaum im Ruhestand und schon bin ich wieder reaktiviert worden. Nächsten Sonntag muss ich nochmals ein Rennen fahren. Also, dass es nun endgültig ist, am 16. Oktober werde ich auf der Strasse das letzte mal eine Startnummer montieren und bis dahin bin ich noch Profi, basta. Jetzt bin ich halt ein Ex - Exprofi. Die Frage ist nur, ob ich jetzt wegen nächstem Sonntag nochmals trainieren soll oder nicht. Lassen wir das Wetter morgen entscheiden! Zihlschlacht, 23. September Das Wetter war schön, entschieden habe aber doch ich. Immerhin habe ich nun auch mein MTB geputzt und startklar gemacht. Jetzt stehen drei gereinigte Velos im Keller und alle drei ohne Kette, sie waren viel zu rostig. Zihlschlacht, 24. September Ich träume wieder von einem neuen Komputer und von einem Flachbildschirm und von ...... Ich war an der Komputermesse ORBIT in Basel, die mir einmal mehr den Kopf verdreht hat. Was es nicht alles gibt?! Aber morgen werde ich selbstverständlich wieder auf's Velo, schliesslich fahre ich noch Rennen. Zihlschlacht, 25. September Ich hing fast den ganzen Tag nur am Telefon, Journalisten und Mannschaftskollegen. Wir haben aus der Presse erfahren, dass die Post unseren Mannschaftsmanager geschasst hat. Und im Moment weiss keiner so recht, wie es weitergeht. Sicher ist, dass die Post weiterhin Sponsor und die Mannschaft bestehen bleibt, die Frage ist nur, mit wem... Zihlschlacht, 26. September Mein "letztes" Rennen heute viel buchstäblich ins Wasser. Es musste wegen Überschwemmungen der Maggia abgesagt werden. Leider erst, nachdem ich um fünf in der Früh aufgestanden und 250 km mit dem Auto gefahren bin und dann kehrtum wieder alles nach Hause. Auf dem Velo war ich nicht, viele Kilometer habe ich und mein Stahlesel aber trotzdem gemacht. Zihlschlacht, 27. September Leider weiss ich noch nicht mehr, was jetzt mit dem Post Swiss Team ganz genau abläuft. Dass es weiterhin bestehen bleibt, das ist ganz klar, nur wissen die Fahrer leider noch nicht, wer es nächstes Jahr leiten wird. Aber ich denke mal, die Post wird da schon eine gute Lösung finden. Auch mit unserem Verband sind wir schweizer Profis (deren Prädident ich bin) im Moment in den Zeitungen. Wir haben etwas "knatsch", dass deren Versprechungen hinsichtlich der WM Mannschaft sich plötzlich in Luft aufgelöst haben. Wir haben dazumal gefordert, dass wir drei Masseure von Profiequipen mitnehmen können, jetzt, zwei Wochen vor der WM ist wieder alles hinfällig geworden. In gewissem Sinn bringe ich etwas Verständis dafür auf, wenn der Verband wegen der "Güselsackaffaire" keine Masseure der Profis nehmen will und eine harte Linie gegen den Dopingmissbrauch durchziehen will, aber das hätten sie uns schon im Juni sagen können und nicht erst jetzt. Man sieht, auch wenn ich keine Rennen fahre, es läuft immer etwas. Zihlschlacht, 28. September nichts neues Zihlschlacht, 29. September Morgen betätige ich mich endlich wieder mal etwas körperlich, auch wenn es nur bei einem Wohnungsumzug helfen ist. Aber ich denke mal, dass ich schon in wenigen Tagen mit dem Lauftraining beginnen werde. Besser gesagt, ich gehe aus Freude etwas joggen. Und wenn die Beine schmerzen, dann laufe ich etwas gemütlich. Wieder mal etwas mehr an die frische Luft in den Wald würde mir jetzt schon gut tun. (nach zwei Tagen im "Büro"). Wenn ich es mir so überlege: Nur ein Bürojob könnte hart werden. Ich bewundere alle Leute, die den ganzen Sommer in einem klimatisierten Büro arbeiten müssen und nie so richtig an die Sonne oder in den Regen kommen. Das kann nämlich auch ganz schön sein. Zihlschlacht, 30. September Ich habe endlich wieder einmal geschwitzt, nicht auf dem Velo, aber immerhin beim zügeln. Auch warte ich jetzt sehnsüchtig auf meinen neuen Komputer mit Windows NT. Damit ich diese System auch noch kennen lerne. Wenn es hier einige Tage nichts neues zu lesen geben sollte, bringe ich mein ISDN Modem nicht zum laufen, oder sonst etwas klappt nicht. Denn ohne Hacken wird die Installation kaum vor sich gehen. Zihlschlacht, 1. Oktober Endlich habe ich mal einen sehr guten Artikel über EPO im Radsport gelesen. Das Magazin Tour erlaubte mir, den Artikel auch auf meinen Seiten zu veröffentlichen. Vielen Dank. Es lohnt sich, ihn zu lesen. Zihlschlacht, 3. Oktober Es hat sich in den letzten Tagen einiges verändert. Mein neuer Komputer läuft nun unter Windows NT, alles selber eingerichtet und sogar die ISDN Karte brachte ich ohne Probleme zum laufen. Gestern heiratete mein Mannschaftskollege Guido Wirz seine Melanie. Kurt Bürgi wird neuer Manager des Post Swiss Team! Da bin ich gespannt, wie er das machen wird, hoffen wir das Beste! Und unsere alte Mannschaftsleitung ist auf der Suche nach neuen Sponsoren, wenn alles klappt, gibt es nächstes Jahr also nun zwei Teams. Zihlschlacht, 5. Oktober Ich bin wieder einmal etwas im Stress. Mein Fest zum Abschied am 16. Oktober gibt noch etwas zu tun, mein neues Netzwerk zwischen den Computern läuft nicht und die Kinder wollen jetzt in den Ferien auch etwas von mir. Beruflich weiss ich zum Teil auch, was ich machen werde und da gibt es auch schon etwas Arbeit, aber mehr darüber in zwei Tagen. Man sieht, langweilig wird es mir auf keinen Fall. Zihlschlacht, 6. Oktober So, ich weiss nun ,was ich nächstes Jahr machen werde! Ich werde meiner treuen Internetfangemeinde treu bleiben und die Tour de Suisse auf dem Netz betreuen. Ich kann so meine eigenen und natürlich auch Eure Gedanken und Wünsche verwirklichen und so die Gestaltung der erfolgreichsten Radveranstaltungsseiten (hoffentlich) in die Hände nehmen. (Tönt wieder etwas bluffig, ist aber wirklich mein Ziel). Also, wenn ihr Wünsche und Ideen habt, unbedingt jetzt mailen, jetzt kann ich sie noch einfliessen lassen (wenn ich sie gut finde :-). Das erste Muster läuft unter www.tds.ch oder www.tour-de-suisse.ch . Zihlschlacht, 8. Oktober Endlich habe ich wieder eine Möglichkeit, meine Seiten zu publizieren. Manchmal bin ich ein Dooofi! Zihlschlacht, 10. Oktober Fast hätte ich diesen Tag nicht überlebt und ich wäre an einer Herzattacke gestorben! Nichtsahnend schaltete ich mein Autoradio an: "3 km vor dem Ziel folgende neun Fahrer an der Spitze," als ich dann auch die Namen Camenzind und Zberg hörte, wusste ich, dass wieder ein Schweizer Weltmeister werden würde. Mein Puls war auf diesen letzten Kilometer genauso hoch, wie bei den Rennfahrern. Schade, dass dann leider nicht Marcus Zberg gewonnen hat, aber so ist der Radsport. Mit dem Resultat bin ich trotzdem sehr zufrieden (auch weil kein Italiener auf dem Podest stand). Aber wie immer an einer WM: Hut ab vor allen Fahrern, die es überhaupt ins Ziel geschafft hatten. Zihlschlacht, 13. Oktober Gestern hatten wir eine Rennfahrersitzung in Mailand, um den groben Kurs unserer internationalen Profigewerkschaft zu bestimmen. Viel weltbewegendes kam aber nicht heraus. Die Rennfahrer denken nicht sehr weit und jeder schaut nur auf seinen Vorteil. Etwas hat es mir bestätigt, was ich aber schon wusste: Mein Rücktritt war das Richtige, 110 prozentig! Zihlschlacht, 14. Oktober Ich habe schlecht geschlafen und mir dreht sich alles im Kopf. Wahrscheinlich stehe ich immer noch unter Schock! Gestern war ich an einem Test- und Infonachmittag für eine Ausbildung als Programmierer. Ohne ernsthaftere Ambitionen, und dann, von 300 getesteten Personen haben 25 bestanden und diese haben einen Ausbildungsplatz und Job auf sicher. Und ihr dürft mal raten, ich bin doch bei diesen 25! Und was soll ich nun machen! Immerhin, meinem Ego tat es sehr gut, aber wie weiter... Zihlschlacht, 17. Oktober Das Fest ist vorbei und ich bin jetzt "pensioniert"! Den Nagel schlug ich übrigens kerzengerade in den Galgen und das Velo hängt auch noch sehr gut. Aber meine Gefühle haben sich in keiner Art und weise geändert, zwischen vorher und nachher. Der Saal, wo wir das Fest abgehalten haben, sah sehr, sehr gut aus. Alle meine gewonnenen Leader-, National- und Mannschaftstricot meiner Profikarriere hingen ausgestellt im Saal, über 70 Stück! Ein bisschen Stolz bin ich auf meine Vergangenheit schon. Die Gewinner des Velonagelfäscht: 1. Preis (Velo) Widrig Josef, Sarganserstr.49, 7310 Bad Ragaz 2. Preis (Velodrom) Schär Larissa, Alpenblickstr.1, 9320 Arbon 3. Preis (Rundflug) Y. Felix, Sonnenhalde 7, 9553 Bettwiesen 4. Preis (Velobekleidung) Selb Regula, Holdernstr. 21, 8572 Berg TG 5. Preis (Nachtessen) Hagen Sandro, Otmarstr.4, 9323 Steinach 6. Preis (Trikot) Sennhauser Paul, Lohstr.6, 8580 Amriswil 7. Preis (TdS) P.Miller, Im Höfli 363, 9213 Hauptwil 8. Preis (Velohelm) Zweifel Hans-Rud., Müslenstr.7, 8597 Landschlacht 9. Preis (Kindersitz) Dal-Pra Charlotte, Rössliwiese 3, 9403 Goldach 10. Preis (Rucksack) G.Müller, Kehlhof, 9323 Steinach Herzliche Gratulation, und ihr werdet sofort benachrichtigt. Zihlschlacht, 19. Oktober Ich bin fast etwas enttäuscht, seit das Velo am Nagel hängt, hat sich noch gar nichts verändert. Noch nicht eine Sekunde schwelgte ich in den Erinnerungen von früher! Zihlschlacht, 21. Oktober Ich habe gerade alle meine Tricot wieder im Kasten versorgt. Im ganzen besitze ich 73 verschiedene Leibchen, die ich mindestens einmal an einem Rennen getragen habe! Ich bin schon etwas Stolz darauf! Ich habe mir auch überlegt, ob ich just auf den 1. Januar 2000 eine neue Homepage präsentieren soll, mit dem ganzen Vermächtnis und meinen Erringrungen als Radsportler, so als Geschenk für mich. Denn im neuen Jahrtausend werde ich für die Öffentlichkeit kein Tagebuch mehr schreiben! (Als kleiner Trost werde ich noch vier Nächte am 6-Tage Rennen von Zürich hinter den Derny-Maschinen starten) Zihlschlacht, 27. Oktober (was, schon!!) So, ich schreibe wieder einmal was. Aber wenn ich ehrlich bin, ohne grosse Moral. Das Velofahren liegt schon sooo weit zurück. Ich bin vollends mit andern Sachen beschäftigt. Der Webpublisher-Kurs könnte noch ganz nahrhaft werden, aber es ist ja recht so. Für das Web der Tour de Suisse bin ich auch immer etwas am werkeln. Aber die Seiten, die bis jetzt veröffentlicht sind, sind alle nur provisorisch, kleine, wichtige Miteilungen für die Presse. (Die Seiten darf man nicht als meine Meisterwerke verstehen, aber im Moment geht es nur gerade um den Inhalt....) Wenn ich daran denke, dass ich in Kürze wieder etwas trainieren sollte.... Ach ja, das Post Swiss Team unter dem neuen Manager Bürgi lässt keinen Stein mehr auf dem andern, jetzt kommen auch noch neue Sportliche Leiter. Kurt Steinmann war immerhin drei Jahre meine Mannschaftskollege als Profi, und ich wünsche ihm nun in seiner neuen Aufgabe viel Glück. Zihlschlacht, 30. Oktober Ich habe eine super Moral, aber nicht zum Velo fahren. Immerhin, am Montag sollte ich wieder für einen Monat in die Rennhosen, wenn das nur gut kommt! Zihlschlacht, 2. November ICH WAR TRAINIEREN !! Sehr widerwillig, aber ich war, auch wenn es nur 45 Minuten auf der Rolle gewesen ist. Aber für die Derny-Rennen auf der Rennbahn muss ich schon noch etwas trainieren. Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag eine Stunde auf die Rolle, um die Tritttechnik zu beherrschen und davor und nachher jeweils Liegenstützen, soviel ich kann. Denn wenn man auf der Bahn mit 60km/h in die Kurve jagt, macht man bei jedem Bogen von den Fliehkräften eine Liegestütz. Bei der 250m Bahn in Zürich sind das pro Kilometer 8, suma sumarum auf 20 km 160. Mein Gott, heute schaffte ich gerade mal 20 Stück! Ob das Training bis ende November reicht! Zihlschlacht, 3. November 30 Min auf der Rolle mit 2*5 Min. Trittfrequenz von 120. Davor lediglich 16 Liegenstützen, das würde gerade mal für 2 km reichen. Das ist die Tagesausbeute von heute. Das Ziel meines "Trainingsprogramms": Mit möglichst wenig Aufwand in kurzer Zeit eine passable Form zu erreichen. Mein Glück ist, dass die Rennen jeweils an drei Tagen gerade mal 20 km lang sind, d.h. eine Fahrzeit von ca. 25. Min. und im Finale etwa 40 Min. So nützt es nicht viel, wenn ich den Fettstoffwechsel trainiere, zuviel Aufwand und zuwenig ertrag. Also trainiere ich nur den Bewegungsablauf und etwas Intensität. Das kann man zusammen auf der Rolle machen. Kraft sollte ich doch noch genug haben. Zihlschlacht, 8. November Mein Trainingseifer hat schon wieder böse nachgelassen. Nicht mal die Liegenstützen habe ich gemacht. Dafür habe ich um so mehr Elan in der Schule, ist wirklich sehr spannend, und über das Internet habe ich schon sehr viel gelernt. Sogar die und ect. kann ich schon beinahe auswendig. Wir arbeiten schliesslich immer noch mit dem Notaped und es ist noch nichts mit Frontpage oder so ähnlichem Zeug. Zihlschlacht, 15. November Mein Trainingseifer ist etwa so, wie beim Tagebuchschreiben, sehr grosse Lücken! Nur für die Schule sieht es ganz anders aus, zum Glück! Zihlschlacht, 21. November In einer Woche beginnt das 6-Tage Rennen und ich war noch nie auf der Bahn in diesem Jahr. Es ist aber nicht meine Schuld, denn die Bahn in Zürich war für die Velofahrer noch gar nie offen! So konnten wenigstens auch die andern noch nicht trainieren und auf der Strasse hat es immer noch Schnee bei einer sau Kälte. Das gibt ein Spektakel, wir Strassenfahrer ausser Form und überhaupt nicht gewohnt, immer nur im Oval herumzufahren. Zihlschlacht, 24. November In der ewigen Rangliste aller Profis bin ich auf dem 422. Rang von 9120 Fahrern. Was soll ich sagen? Ich bin sehr zufrieden, denn schliesslich war es mein Ziel, am Ende meiner Karriere unter den ersten 430 zu erscheinen! Zürich, 1. Dezember 01.30 Uhr Ich bin richtig stolz auf mich. Klasse ist Klasse! Mit sehr wenig Aufwand lief es mir im Derny-Rennen eigentlich sehr gut. Auch die Überwindung zu Beginn war kleiner als angenommen. Nach vier Runden auf der Holzbahn von Örlikon fand ich mich schon zurecht und trainierte vor dem Rennen noch eine Stunde hinter dem Motorrad. Und ich muss sagen, das Rennen selber gefiel mir recht gut, aber das Training..... Jetzt freue ich mich auf morgen und dann natürlich auf Freitag Nacht, wo ich das allerletzte Rennen als Profi fahren werde. Zürich, 2. Dezember 10.30 Uhr Ich bin jetzt wieder lebendig. Gestern nach dem Rennen, das um Mitternacht fertig war, hatten wir Strassenfahrer noch ein kleineres Fest. Es war sehr lustig, aber eben, für heute Abend werden uns dafür die Beine um so mehr Schmerzen. Am Rennen selber läuft es mir gar nicht so schlecht, auch wenn ich zweimal von der Rolle fiel.Und ehrlich gesagt, die Wettkämpfe auf der Piste gefallen mir sehr gut, ich hätte da eigentlich schon viel früher beginnen sollen. Zürich, 3. Dezember 13.00 Uhr Ich schlafe jeden Tag etwas länger und gehe dafür etwas später ins Bett. Unser Rennen startet aber auch immer später und wird immer länger. Heute haben wir 120 Runden und vor 4 Uhr morgens wird es auch nicht, bis ich im Bett bin. Aber meine "Mini"-Form ist doch noch überraschend. Heute Abend werde ich doch tatsächlich mein allerletzter Start in meiner Karriere haben. Soll ich nachher noch mein Velo auf die Bahn nageln? Zürich, 5. Dezember Ich hatte einen sehr schönen Abschied auf der Bahn, ist noch total unter die Haut gefahren! Aber jetzt endlich, all meine körperlichen Bewegungen sind von jetzt an Hobby! Meine Sportkarriere ist nun endgültig vorbei. Zihlschlacht, 23. Dezember 1999 Dies wird wahrscheinlich mein letzter Tagebucheintrag sein. Das Trainieren und Rennen fahren ist schon so weit weg, da habe ich nicht mal mehr Lust, Euch zu informieren. Ich möchte mich aber bei Euch allen ganz gross bedanken, dafür dass Ihr mein Tagebuch gelesen habt, für die hunderten von Mails die ich bekommen habe, teils Kritik, und der grösste Teil mit Aufmunterungen und Anregungen. Meine Seite wurde etwa 150'000 aufgerufen, und das macht mich natürlich auch stolz, dank Euch. Zum Teil wurden sie ins Japanische und Englische übersetzt, Ich habe das Tagebuch immer gerne geschrieben (und sonst stand einfach nichts drin) aber jetzt, wo ich keine Rennen mehr fahre, habe ich auch kein Bedürfnis mehr, es weiter zu führen. Ich werde mich so auch etwas aus der Öffentlichkeit zurückziehen und meine Privatsphäre etwas mehr pflegen. Dem Internet und dem Radsport werde ich jedoch mindestens im Projekt www.tour-de-suisse.ch weiterhin treu bleiben. Meine neuen Seiten, werden aber nicht auf den 1. Januar fertig werden, wie ich versprochen habe, ich hatte einfach keine Zeit und andere Projekte waren einfach wichtiger. Alle meine Leadertrikots sind eigentlich schon digitalisiert, auch alle meine Autogrammkarten, ich müsste alles nur noch etwas zusammenstellen, aber eben.... Ich wünsche Euch allen schöne Festtage und ein erfolgreiches neues Jahr. Vielleicht treten wir im Zusammenhang mit der Tour de Suisse wieder in Kontakt.

Euer Rolf Järmann