„Lex Werder“ – Die Bremer Lösung Zur Polizeikostenbeteiligung an Kommerziellen Großveranstaltungen
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FORUM | Hermann /Buljevic, „Lex Werder“ – die Bremer Lösung zur Polizeikostenbeteiligung an kommerziellen Großveranstaltungen FORUM „Lex Werder“ – die Bremer Lösung zur Polizeikostenbeteiligung an kommerziellen Großveranstaltungen Von Dr. Tobias Hermann und Daniel Buljevic* I. Einführung II. Die Problemkreise der „Bremer Lösung“ Die Freie Hansestadt Bremen hat eine eigenständige Ermächti- 1. Polizeirechtliche Erstattungspflicht des Veranstalters gungsgrundlage geschaffen, um kommerzielle Großveranstalter Da in Bremen der Weg über die Einführung eines eigenständigen an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen. Anlass für diesen Gebührentatbestandes im BremGebBeitrG gewählt wurde,7 ist bundesweit diskutierten Vorstoß war das Anliegen des Bremer fraglich, ob nicht schon eine Verantwortlichkeit der DFL bzw. von Senats nicht auf den Mehrkosten für die Polizeieinsätze von ca. Werder Bremen auf polizeirechtlicher Grundlage in Betracht käme. EUR 300.000 pro sog. Risikospiel des SV Werder Bremen in der Sekundäransprüche aus Ersatzvornahme, unmittelbarem Zwang Fußball-Bundesliga sitzen zu bleiben.1 Um dieses Vorhaben in oder Sofortvollzug richten sich gegen die auf der Primärebene die Tat umzusetzen, wurde hierzu seitens der Bremischen Bür- für eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verantwortlichen gerschaft im Oktober 2014 eine Änderung des Gebühren- und Störer. Insofern besteht grundsätzlich eine Akzessorietät zwischen Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) mit Stimmen der Regierungs- Störereigenschaft und Kostentragungspflicht, wobei von diesem fraktionen beschlossen,2 nachdem zunächst noch eine Regelung Grundsatz z.B. beim Anscheinsstörer eine Ausnahme gemacht wird.8 in einer Rechtsverordnung für ausreichend gehalten wurde. Die Es stellt sich bereits die Frage, ob eine Ersatzvornahme in der Neuregelung ist am 08.11.2014 in Kraft getreten. Als Adressaten vorliegenden Konstellation überhaupt möglich ist. Voraussetzung eines etwaigen Gebührenbescheides kommen die Deutsche Fußball für eine Ersatzvornahme wäre die Verpflichtung, eine vertretbare Liga GmbH (DFL) sowie Werder Bremen in Betracht. Die DFL Handlung vorzunehmen, die durch einen anderen möglich ist hat bereits angekündigt, die Kostenbescheide im Innenverhältnis an Werder Bremen weiterzuleiten und sich dagegen rechtlich zur (§ 15 BremVwVG). Ein Kostenerstattungsanspruch des Veran- Wehr zu setzen.3 Der Deutsche Fußballbund entzog Bremen als stalters unter dem Gesichtspunkt der Ersatzvornahme würde Reaktion auf das Gesetzesvorhaben sogar das EM-Qualifikati- also voraussetzen, dass der Pflichtige zunächst im gestreckten onsspiel gegen Gibraltar im November 2014 und verwies auf Verfahren durch schriftlichen Verwaltungsakt dazu aufgefordert eine Vereinbarung der Innenministerkonferenz, von der Bremen wird, die Gefahrenquelle mit eigenen Mitteln zu beseitigen (§ 11 als einziges Bundesland abgewichen sei.4 I BremVwVG). Dabei liegt die Besonderheit vorliegend darin, Neben der gesellschaftlichen Fragestellung, ob es gerechtfertigt dass die Gefahrenquelle jedenfalls auch außerhalb des Stadions erscheint, einen Fußballverein an Polizeikosten für Einsätze, die liegt, nämlich im Rahmen der An- und Abreise randalierender an einem anderem Ort als dem eigentlichen Veranstaltungsort Zuschauer. Außerhalb des Stadions, z.B. auf Bahnhöfen, hat der stattfinden zu beteiligen,5 sind die damit aufgeworfenen juris- Veranstalter (vorliegend Werder Bremen bzw. die DFL) jedoch tischen Fragestellungen genauso umstritten. Dies wird u.a. da- durch deutlich, dass der Gesetzgeber von seinem ursprünglichen * Tobias Hermann arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Cronemeyer & Grulert Rechtsanwälte in Hamburg und ist außerdem bundesweit Plan eine Kostenerhebung über eine bloße Rechtsverordnung als Rechtsdozent tätig. Daniel Buljevic ist Kandidat der Bremer CDU zu begründen, abgewichen ist und nunmehr eine eigenständige für den 18. Deutschen Bundestag und steht kurz vor Abschluss seines 1. Juristischen Staatsexamens. gesetzliche Grundlage im BremGebBeitrG geschaffen hat. Die 1 Die Risikospiele werden von der Innenbehörde festgelegt. Als Risiko- Vereine der Fußball-Bundesliga stehen in dieser Frage seit jeher auf spiel gilt insbes. das Nordderby gegen den Hamburger SV, wobei mit dem Standpunkt, dass die Kosten für derartige Einsätze aus dem einem Einsatz von bis zu 1.500 Beamten gegenüber ca. 120 Beamten bei normalen Spielen gerechnet wird. allgemeinen Steueraufkommen zu tragen sind. Schließlich handelt 2 Bremische Bürgerschaft, DS. 18/1502; DS. 18/1591. es sich bei der Gefahrenabwehr um eine klassische Staatsaufgabe 3 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 33 vom 17.08.2014, S. 9: und die Veranstalter üben zudem nur ihre Grundrechte aus. „DFL: Bremen will mit Krawallen Geld verdienen“, Interview mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFL Christian Seifert. Eine automatische Kostenfreiheit wird sich jedoch auch aus 4 http://www.dfb.de/news/detail/dfb-praesidium-vergibt-laender- den Grundrechten der Veranstalter nicht per se herleiten lassen, spiel-gegen-gibraltar-nach-nuernberg-61080/. 5 Siehe hierzu auch die mediale Diskussionen, bspw. in FAZ: http://www. da dem Gesetzgeber im Gebührenrecht ein erheblicher Gestal- faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/1700-risiko-fans- tungsspielraum zusteht.6 Welche grundsätzlichen rechtlichen fussballeinsaetze-kosten-38-millionen-euro-12730561.html oder Spiegel: Probleme die „Bremer Lösung“ über eine Änderung des Gebüh- http://www.spiegel.de/sport/fussball/bundesliga-bremer-regelung-zu- polizei-kosten-fragwuerdig-a-999432.html. renrechts mit sich bringt, soll in diesem Beitrag näher beleuchtet 6 Ausführlich dazu: Wahlen, Polizeikostenerstattung kommerzieller werden. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei die Reichweite des Großveranstaltungen, S. 63 ff. 7 DS 18/1502. sog. Vorteilsprinzips im Gebührenrecht sowie die Bestimmtheit 8 Näher dazu: Sailer, Haftung für Polizeikosten, in: Lisken/Denninger, der gesetzlichen Regelung. Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Rn. 50. 198 | NordÖR 5/2015 Hermann /Buljevic, „Lex Werder“ – die Bremer Lösung zur Polizeikostenbeteiligung an kommerziellen Großveranstaltungen | FORUM keinerlei Befugnisse zur Ausübung von Ordnungsgewalt. Ihm mit der Schaffung eines Gebührentatbestandes in der Kostenverord- wäre die Beseitigung der Gefahr daher rechtlich unmöglich. nung für die Innere Verwaltung (InkostV).21 Dies sollte sich jedoch Auf der Primärebene wäre weiterhin zu überlegen, ob der Veran- im Laufe der Auseinandersetzung mit diesem Thema ändern.22 stalter überhaupt polizeipflichtig ist. In Betracht kommt hier eine Dennoch soll der Vollständigkeit halber in der gebotenen Kürze Inanspruchnahme als sog. „Zweckveranlasser“. Der Zweckveran- dargelegt werden, welche rechtlichen Probleme die ursprünglich lasser ist ein umstrittener Unterfall der Polizeipflichtigkeit des Ver- vorgesehene „Bremer Lösung“ mit sich brachte. Um das Vorhaben haltensstörers.9 Verhaltensstörer ist nach der herrschenden Theorie der Beteiligung an Polizeikosten durchzusetzen, wurde zunächst eine der unmittelbaren Verursachung grundsätzlich nur derjenige, der bei Änderung des Gebührenrechts in § 4 I Nr. 2 BremGebBeitrG und wertender Betrachtung die Gefahrengrenze überschreitet und damit in § 13 I BremGebBeitrG mit der jeweiligen Streichung des Wortes als zeitlich letztes Glied der Kausalkette die unmittelbare Ursache „überwiegend“ von der Bremischen Bürgerschaft beschlossen.23 für den Eintritt der Gefahr setzt.10 Dies wären vorliegend die randa- Dies allein stellt noch keine taugliche Grundlage für die Erhebung lierenden Zuschauer. Der „Zweckveranlasser“ stellt eine Ausnahme von Gebühren in oben genannter Weise dar. Daher wollte der Senat von der unmittelbaren Verursachung dar. Als solcher wird derjenige auf Grund dieser Änderung des Gebührenrechts einen Gebühren- verstanden, der die Gefahr bzw. Störung subjektiv bezweckt11 oder tatbestand in die InkostV aufnehmen.24 dessen Verhalten die Störung zwangsläufig nach sich zieht.12 Fraglich Auf dieser Grundlage sollten dann entsprechende Gebühren- ist, ob ein Veranstalter von Fußballspielen hierunter zu fassen ist. Eine bescheide erlassen werden.25 Die grundsätzliche Ermächtigung solche mittelbare Verantwortlichkeit könnte damit begründet werden, des Senats für die Schaffung von Gebührentatbeständen in der dass sich die Gefahren, welche von Teilen des Publikums (beispiel- InKostV ergibt sich aus den §§ 3 I,26 II, 4 und 12 BremGebBeitrG haft einer Hooligan-Gruppe) ausgehen, als zwangsläufige Folge der i.V.m. § 3 Nr. 1 InKostV. 13 Veranstaltung eines Bundesligaspiels darstellen. Der Veranstalter Es stellt sich diesbezüglich jedoch die Frage, ob ein auf Grundlage müsste sich in diesem Fall das störende oder gefährdende Verhalten von § 3 I BremGebBeitrG durch den Senat festgesetzter Gebühren- Dritter zurechnen lassen, auch wenn ihm dieses unerwünscht ist14 und er sogar besondere Maßnahmen zur Gewaltprävention ergreift. 9 Siehe dazu § 5 Abs. 1 BremPolG: „Verursacht eine Person eine Gefahr, so Eine solche Ausdehnung der Polizeipflicht ist jedoch im Hinblick sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.“ auf die damit verbundenen Eingriffe in die Berufs- und Eigen- 10 OVG Hamburg, DÖV 1983, 1016 (1016); OVG Münster, NVwZ 1985, 355 (355); Schoch, JuS 1994, 932, (932, Fn. 10 m.w.N.); ablehnend: Erbel, JuS tumsfreiheit des Veranstalters abzulehnen, weil anderenfalls jede 1985, 257 (261 ff.). Veranstaltung dieser Art bereits eine Polizeipflichtigkeit begründen 11 VGH München, DVBl 1979, 737 f.; Selmer, JuS 1992, 97 (99 ff.).