Dieter Landes

Angelbachtal

Ein fotografischer Streifzug durch Ort und Flur

mit Texten von Leonhard Dörfer

Hrsg. von der Gemeinde Angelbachtal

verlag regionalkultur

Grußwort des Bürgermeisters

Schöne Ansichten – schöne Aussichten. Die Gemeinde Angelbachtal hat beides zu bieten. Das präsentiert dieser Bildband in sehr anschaulicher Form. Angelbachtal ist eine Gemeinde, in der sich Geschichte und Tradition, aber auch Modernität und Lebensqualität begegnen. Dieser Bildband zeigt dies Seite für Seite. Ich bin Herrn Dieter Landes sehr dankbar, dass er die Initiative zur Erarbeitung dieses Bildbandes ergriffen hat. In mühevoller ehrenamtlicher Arbeit war er ungezählte Stunden mit der Kamera unterwegs, hat den Lauf der Jahreszeiten begleitet und den Wechsel von Sonne und Wolken, Licht und Schatten gekonnt genutzt. Jeder, der sich ein wenig für die Fotografie interes­ siert, weiß, wie viele Wege oft zu gehen sind, um d a s eine gute Foto zu sichern. Mein Dank gilt ferner Herrn Leonhard Dörfer, dessen Bild­ texte die Fotografien erläutern. Der Bildband wird sicher viele Menschen inspirieren, unsere lebens- und liebenswerte Gemeinde zu besuchen. Unseren Bürgerinnen und Bürgern wird er vielleicht den einen oder anderen neuen Betrachtungs­ winkel der bekannten Heimat vermitteln. Ich wünsche allen Betrachtern viel Freude beim Erleben dieses gelungenen Werkes.

Frank Werner, Bürgermeister

Luftaufnahme Angelbachtal (Landes­vermessungsamt BW 2009) Angelbachtal

Die Gemeinde entstand 1972 im Zuge der Gemeindereform in Baden-Württem­ berg durch den freiwilligen Zusammen­ schluss der beiden Orte Eichtersheim und Michelfeld. Beide Dörfer wurden in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts im Lor­ scher Kodex erstmals urkundlich erwähnt. Die Lage des Ortes im oberen Tal des An­ gelbachs gab der neuen Gemeinde den Namen. Angelbachtal entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte am Schnittpunkt zweier bedeutender Verkehrswege von Die alten Wappen von Eichtersheim (links) Familie von -Hornberg – West nach Ost und Nord nach Süd, der und Michelfeld (Mitte) sowie das von blau und gelb, die gelben Wellenbalken heutigen Bundesstraßen B 292 und B 39. Angelbachtal (rechts). symbolisieren den Angelbach. Der zu­ nehmende Mond und die zwei gekreuzten Ursprünglich dehnte sich die Siedlung in Letzteres wurde 1985 vom Kulturausschuss roten Lilienstäbe, die das in Eichtersheim der Talsohle aus; inzwischen ist der Orts­ des Gemeinderates mit Unterstützung des ansässige Adelsgeschlecht von Venningen etter durch die Erschließung mehrerer Generallandesarchivs entworfen. führte, sind von den alten Wappen der Neubaugebiete die Hänge und Hügel hin­ Die Gemeindefarben sind – in Erinnerung beiden Orts­teile Michelfeld und Eichters­ aufgewachsen. Umgeben von ausgedehn­ an den früheren Michelfelder Ortsadel, die heim übernommen. ten Feldfluren, Weinbergen und Wald auf den Höhen zeigt Angelbachtal das typi­ sche Landschaftsbild des Kraichgaus. Das Ortsbild wird geprägt von den beiden barocken Kirchtürmen der evangelischen Kirchen und dem neuen Glockenturm der katholischen Kirche aus dem Jahre 1970. In beiden Ortsteilen sind die Herrschafts­ sitze der ehemaligen Grundherren noch erhalten. Im Schloss Eichtersheim mit dem sieben Hektar großen Park, der ehemali­ gen Residenz der Freiherren von Vennin­ gen, befinden sich heute die Gemeinde­ verwaltung, das Bürgermeisteramt, der Polizeiposten und ein Restaurant. Aus dem ehemaligen Schloss Michelfeld mit Hofgut der Freiherren von Gemmingen ist ein renommiertes Hotel mit Restaurant Deutschland und darüber hinaus bekannt. arbeitete als Advokat in Mannheim. Von geworden. Auch die Weingüter Lutz, Gmelin und Ber­ 1842 bis 1848 war er Abgeordneter der Die ehemalige Schlosskirche in Eichters­ tich bieten hervorragende Qualitätsweine. II. Badischen Kammer in Karlsruhe, danach heim aus dem Jahre 1782 beherbergt Ein reges Vereinswesen fördert das gesell­ avancierte er zu einem der bekanntes­ heute das Atelier des Bildhauers Profes- schaftliche Leben der Gemeinde und er­ ten Führer der Badischen Revolution 1848. sor h.c. Jürgen Goertz. Einige seiner öffnet der Jugend vielfältige Betätigungs­ Nach deren Scheitern emigrierte Hecker Kunstwerke sind im Schlosspark, auf dem felder. in die USA. Friedrich-Hecker-Platz und vor der katho­ Angelbachtal ist eingebunden in das aus­ Mit Eichtersheim untrennbar verbunden lischen Kirche zu sehen. gedehnte Netz der Radwanderwege im ist auch der 1844 in Karlsruhe geborene Vieles hat sich seit dem Zusammenschluss und hat selbst auf der Gemar­ Begründer der Anthropogeographie und verändert. Durch vom Land subventio­ kung ein eigenes Wanderwegenetz errich­ der Politischen Geographie, Friedrich Rat­ nierte Dorfentwicklungs- und Sanierungs­ tet, um Touristen und Erholungssuchen­ zel. Von 1858 bis 1862 verbrachte er seine programme sowie die Restaurierung den die Schönheit der Landschaft näher Lehrjahre als Apothekergehilfe in der al­ zahlreicher historischer Bauwerke ist das zu bringen. ten Schlossapotheke in Eichtersheim. Kurz Erscheinungsbild des Dorfes wesentlich Der Eichtersheimer Schlosspark mit sei­ vor seinem Tod setzte er mit der auto­ attraktiver geworden. Die Schlosskirche, nem alten Baumbestand lädt Besucher biographischen Schrift „Glücksinseln und das ehemalige Frh. Rentamt mit Marstall aus nah und fern zum Entspannen und Träume“ dem Dorf Eichtersheim und dem (1779) und die alte Apotheke (1754) am Verweilen ein. Hier findet der traditio­ Kraichgau ein literarisches Denkmal. Friedrich-Hecker-Platz bilden ein groß­ nelle Pfingstmarkt mit Schlossparkbe­ Dieter Landes hat im vorliegenden Bild­ artiges, im Kraichgau einmaliges Ge­ leuchtung, Feuerwerk, Konzerten und band mit großartigen Aufnahmen die bäude­ensemble. Ausstellungen statt, der sich zu einem markantesten Bauwerke wie auch male­ Ebenso sehenswert sind in der Haupt­ vielbesuchten Volksfest im Kraichgau ent­ rische Ansichten und stimmungsvolle Aus­ straße die evangelische Kirche, das ehe­ wickelt hat. blicke in die Umgebung festgehalten und malige evangelische Pfarrhaus, das so­ Im Frühsommer lockt die Diga-Garten­ damit ein abgerundetes Gesamtbild von genannte alte Rathaus (ehemaliges Frh. messe Tausende von Besuchern an. Angelbachtal geschaffen. Gerichtsgebäude mit Gefängnis, 1773) Ebenso ist seit Jahren das mittelalter­ und das Frh. Hofgut (1768). Alles wird ein­ liche Ritter­turnier mit dem historischen gerahmt von stattlichen Bauernhäusern Markt im August eine beliebte Großver­ Leonhard Dörfer und deren Toreinfahrten mit Rundbogen. anstaltung in Angelbachtal. Die Bevölkerung ist von 3384 Einwohnern 2011 begeht die Gemeinde den 200. Ge­ im Jahre 1972 auf heute nahezu 5 000 Ein­ burtstag ihres bedeutendsten Sohnes wohner gewachsen. Friedrich Hecker. Er wurde am 28. Sep­ Im Südosten dehnt sich ein Gewerbege­ tember 1811 als Sohn des Hofrats und biet aus, im Nordwesten haben sich drei Rechtskonsulenten Josef Hecker im frei­ Supermärkte angesiedelt, die auch von herrlichen Rentamt geboren. Nach dem Kunden der Nachbargemeinden ange­ Besuch der katholischen Schule in Eich­ nommen werden. tersheim wechselte er an das Lyzeum in Die erlesenen Weine des Reichsgrafen Mannheim, studierte Jura an den Uni­ und Marquis zu Hoensbroech sind in ganz versitäten und München und Blick von der Östringer Höhe auf den Ortsteil Eichtersheim, der sich in der Talsohle ausbreitet. Obst- und Nussbäume säumen die Feld­ wege und umrahmen das Dorf. Im Hintergrund der Grubenwald von Eschelbach; links am Horizont die Berge des Odenwalds. Blick vom Sonnenberg auf den malerischen Ortskern von Eichtersheim mit der evangelischen Kirche und dem Türm­ chen der ehemaligen Schlosskirche am Heckerplatz. Das Wasserschloss der Freiherren von Venningen, dessen älteste Teile aus dem Jahre 1596 noch erhalten sind, wurde um 1767 von Baron Carl Philipp von Venningen in eine barocke Dreiflügelanlage umgebaut. Der Weg führt über die steinerne Dreibogenbrücke in den Schlosshof mit dem zweiarmigen Treppenaufgang und dem Hauptportal. Über dem Hauptportal das Allianzwappen derer von Venningen mit zwei gekreuzten roten Lilienstäben auf Silbergrund und derer von Hutten mit zwei goldenen Schrägbalken auf rotem Grund.

Carl Philipp von Venningen (1728–1797) war mit Maria Anna von Hutten zu Stolzenberg (†1781), einer Großnichte des Speyerer Fürstbischofs Franz Christoph von Hutten, verheiratet. Das Schloss ist seit 1980 das neue Rathaus von Angelbachtal. Im Innern blieben die wunderschöne barocke, mit reichem Schnitzwerk ver­ sehene Eichentreppe, das heutige Trau­ zimmer und ein Kachelofen im Original erhalten. Bilder von der Hecker-Ausstellung im Treppenhaus des Rathauses:

Oben links: Porträt von Friedrich Hecker als Mannheimer Rechtsanwalt von 1838. Friedrich Hecker war der Sohn des Frh. Rentamtmanns Josef Hecker und dessen Ehefrau Wilhelmina, geborene von Lüder. Er wurde in der ehemaligen Schlosskirche getauft und besuchte die katholische Schule in Eichtersheim bis 1820. Oben Mitte: Utensilien der Freischärler beim Heckerzug von Konstanz nach Kandern im April 1848: schwarz-rot-goldene Fahne, Trommel, Kampfsensen und Heckerhut. Oben rechts: Offenburger „Revolutionäre“ zu Besuch in Angelbachtal. Unten links: Glasmosaik mit Heckerhut. Der sogenannte „Heckerhut“ – ein schwarzer Filzhut, geschmückt mit einer schwarz-rot-goldenen Kokarde und langen Fasanen­federn – war ein sichtbares Zeichen des politischen Widerstands gegen die Feudalherrschaft.