5-Ritzerau 2
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1 5. Die Herren von RITZERAU / von DUVENSEE (1222 – 1600+) Herkunft, Wappen und Familie: Die Herren von Ritzerau gehören zu den herausragenden Geschlechtern des askanischen Herzogtums Sachsen-Lauenburg. Sie nannten sich schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts nach ihrem Stammsitz D-23896 Ritzerau im Kirchspiel Nusse. Für die Annahme, dieser Stammsitz habe in D-17153 Ritzerow bei Stavenhagen gelegen 1 „Das im Amte Stavenhagen belegene Dorf Ritzerow hat seinen Ursprung demselben (Geschlecht Ritzerau) zu verdanken und ist dessen alter Stammsitz gewesen. Nachhero haben sie sich wohl im Lauenburgischen als im Holsteinischen ausgebreitet und verschiedene Güter daselbst erworben“ , gibt es kein stichhaltiges Argument. Zum einen war dieses Ritzerow Domanialdorf, bis es Herzog Wartislaw von Pommern 1276 an das Kloster Rühn verschenkte 2 bei dem es bis zur Säkularisation verblieb - einen Adelssitz, nach dem sich die Ritzerau hätten nennen können, hat es hier nicht gegeben -, zum anderen widerspricht es dem Gang der Kolonisation von West nach Ost. Schon Lisch stellte fest: „Für Mecklenburg, Vorpommern und Rügen ist aber eine Wanderung der Cultur von Westen gegen Osten hin eine nicht zu leugnende Thatsache“ 3. Eher ist es daher denkbar, dass wir es bei Ritzerow bei Stavenhagen mit einer Gründung der Ritzerau zu tun haben, die ja auch zum östlichen Mecklenburg und nach Pommern Beziehungen hatten 4. Über die Anfänge des ritzerauischen Geschlechts wissen wir nichts. Die jüngste Veröffentlichung, die das Geschlecht erneut in den Kreis der Raben/Raven-Geschlechter einordnet 5 erscheint schon wegen der nicht ausreichend dokumentierten Urkundenbelege recht spekulativ (siehe S. 36f). Von Weltzien ist offensichtlich älteren Überlieferungen (von Raven) gefolgt. Auf die Zufälligkeit des Leitnamens Raven-Corvus-Walrav läßt sich indes - bei zudem völlig verschiedenen Wappen - eine genealogische Verbindung der Ritzerau mit den Raven (Uckermarck), von Raben-Stück (Mecklenburg und Dänemark) und Raben von Pappenheim nicht begründen. Auffallend ist aber die große Nähe der Ritzerau zu den ersten Wackerbarth. So erscheinen im Ratzeburger Zehntenlehensregister um 1230 in einer eingeschobenen Urkunde über das Land Wehningen, dessen Zehnten dem Grafen von Dannenberg zustanden 6, Corvus et Conradus, milites de Raceburg . Bei einer Nennung in dieser Form muss man in aller Regel von einem engen Verwandtschaftsverhältnis ausgehen. Da wir aber wissen, dass der edelfreie Corvus von Ritzerau und Konrad von Lauenburg verschiedenen Sippen angehören, mag man daran denken, dass sie Halbbrüder gewesen sind. Soviel sich gesichert feststellen lässt, stammen die Ritzerau aus dem westfälischen Raum 7, wo der bei den älteren Ritzerau gebräuchliche seltene Vorname Walrav des öfteren begegnet 8. Schon Helmold von Bosau berichtet 9, dass der westfälische Bevölkerungsanteil bei der 1 Siebmachers Wappenbuch Band 18 (mit zum Teil recht fehlerhaften Angaben), LHA Schwerin: Genealogische Sammlungen, Kasten 11 von Pentz Nr. 532 2 PUB II, 762 3 Lisch „Herkunft des alten Adels in Mecklenburg“ S. 15 4 siehe Stammfolge XI-95, XII 103-105 5 von Weltzien, Bd. IV, 1995, S. 59-78 6 MUB I, 375 S. 376 7 Prange „Siedlungsgeschichte“, S. 276 8 WUB Bd. VII, Register S. 1599 in den Varianten Walram, Waleramus, Walrav, Walrabanus, Walrave- nus u. ä.; z. B. Walrauen sen. und jun, die 1215 in Nienover als Zeugen auftreten 2 deutschen Besiedlung des alten Polabenlandes von großer Bedeutung gewesen ist. So stammen ja u.a. die Schorlemer, die in der Kolonisationszeit einen bedeutenden Güterkomplex mit Wulfsdorf, Beidendorf, Blankensee und Schattin besaßen 10 , und die nachweislich schon im 12. Jahrhundert ins Land gekommen waren, eindeutig aus Westfalen. Sie standen nicht nur in Beziehung zu den Grafen von Arnsberg 11 , sondern auch zu den Edelherren von Lippe 12 . Gerade diese letztere Beziehung mag nicht zufällig sein, erscheinen doch auch im Lauenburgischen die Ritzerau, die ja ein den von der Lippe ähnliches Wappen führen, in Verbindung zu den Schorlemer. Das ritzerauische Wappen zeigt zuerst im Schild in rot auf weiß zwei unterwärts gezinnte Querbalken, die jedoch oberwärts und sägeförmig gekerbt sind 13 . Ab 1360 findet man dann konstant zwei Turnierkragen übereinander mit oben vier und unten drei Latzen. Die Helmzier zeigt auf einem Helm zwei Büffelhörner. Eine spätere Zutat sind je drei ausgestellte Fähnlein oder ohne Büffelhörner vier wachsende Fähnlein. Die Decken sind Rot und Silber 14 . Im Rheinland und in Westfalen kommt der Turnierkragen als selbständiges Symbol ebenfalls vor. So führten u.a. die bereits genannten von der Lippe aus Vinsebeck und Wintrup im Stift Paderborn ein Wappen mit zwei Turnierkragen 15 , das dem der Ritzerau fast entspricht. Im Laufe der Zeit erfuhr das ritzerauische Wappen dann verschiedene Verballhornungen. von RITZERAU: Wappenvarianten Ob die Ritzerau schon zum Kolonistenadel, zur ersten Schicht der grundherrlichen Lokatoren im Polabenland gehört haben oder aber - wie die Tralau-Krummesse - ihre Güter als bereits zum Teil kultiviert und deutsch-rechtlich organisiert gewonnen haben, lässt sich nicht entscheiden 16 . Aufgrund ihres ausgedehnten Güterbezirkes schon im ersten Drittel des 13 .Jahrhunderts, der allerdings 1222 noch nicht in dem Umfang urkundlich nachgewiesen ist, wie es Neuschäffer annimmt 17 , ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch die Ritzerau bereits im 12. Jahrhundert ins Land gekommen sind 18 , am ehesten dannim Gefolge Graf Adolfs I. von Dassel mit den Schauenburger Grafen. Wenn wir auch zunächst fast 9 Helmold I, 92 10 Biereye aaO S. 7; Prange aaO S. 276 11 WUB VII, 134, 136 12 WUB VII, 468 13 MUB, I, MUB I, 516; Crull in: MJb Bd. 52 Nr. 34, S. 56f 14 Masch / Milde H. 6, S. 102ff m. Tf. 11 Nr. 161-165; von Mülverstedt Tf. 47/48; von Weltzien IV, 62; Siebmacher Bd. 15 S. 14 m. Tf. 9 und Bd. 18, S. 134 m. Tf. 77 15 Fahne „Westfälische Geschlechter“ S. 280, 67, 218; ders. „Kölnische ... Geschlechter“ Bd. I., S. 251f, 317, 341, Bd. II, S. 178 16 Prange „Siedlungsgeschichte“, S. 265f 17 Neuschäffer „Gutshäuser ... um Lübeck“ S. 259 18 Prange „Siedlungsgeschichte“ S. 266 m. Anm. 394 3 nichts über das Geschlecht hören, so weist schon Biereye 19 darauf hin, dass der unter Herzog Albrecht I. von Sachsen genannte Walrawe (III) (Raven, Corvus) de Ritserowe unter Albrecht von Orlamünde nie erwähnt ist und daher wohl von ihm nicht belehnt war. Da aber bereits 1222 ein Hartwicus (I) de Riczerowe, der seinem Rufnamen nach zur Familie gehört 20 , bezeichnenderweise bei Bischof Brunward von Schwerin (1194-1238) genannt ist 21 , wird diese bereits schon länger im Lande ansässig gewesen sein. Vielleicht war ihr der bedeutende Lehnsbesitz an der Nordwestgrenze der Grafschaft Ratzeburg zu Holstein mit der Verpflichtung übertragen worden, diesen Grenzabschnitt der Grafschaft zu schützen 22 . Ihre Stellung gründet sich auch hier an der Beteiligung am Landesausbau. In dem ursprünglich zur Grafschaft Ratzeburg gehörenden Land Ratzeburg war mindestens jedes der 1230 vorhandenen Dörfer im Auftrag des Landesherrn angelegt worden, doch wurden hier in weitaus stärkerem Maße als etwa in der Sadelbande Adlige als Lokatoren am Siedlungsausbau beteiligt. Wohl ähnlich wie wir es von Marquard von Stenwer in Wagrien kennen 23 , dürften auch im Lauenburgischen Adlige als Lokatoren mit einem geschlossenen größeren Gebiet belehnt worden sein, über das sie die Grundherrschaft mit der Niederen Gerichtsbarkeit sowie Zehntrechte und auch Erträge aus der Hohen Gerichtsbarkeit erhalten haben 24 . Zudem dürfte auch im Land Ratzeburg eine Hufe, nämlich die vom Adligen ursprünglich selbst bewirtschaftete, Bedefreiheit genossen haben. Von den um 1230 erkennbaren größeren zusammenhängenden Gebietskomplexen im Land Ratzeburg der Grönau, Karlow/Stove, Parkentin, Ritzerau, Salem, Schorlemer und Krummesse dürften mindestens die der Grönau, Karlow, Ritzerau, Salem und Schorlemer auf Lokatorentätigkeit dieser Familien zurückzuführen sein 25 . Schon früh finden wir die Ritzerau auch unter den Burgmannen auf der herzoglichen Burg in Ratzeburg 26 . Aufgrund des Umstandes, dass die ersten Urkunden, in denen das Geschlecht genannt ist, mecklenburgische Urkunden sind, werden die Ritzerau auch der mecklenburgischen Ritterschaft zugerechnet. Dieser Umstand hat denn wohl auch zu der Fehleinschätzung geführt, das Geschlecht stamme aus Ritzerow bei Stavenhagen 27 . Wie wir es auch bei anderen Geschlechtern der Kolonisationszeit erkennen können (z.B. bei den SCHORLEMER, SCHACK), gehören auch die Ritzerau zu den ursprünglich edelfreien Geschlechtern 28 . Als „viri nobiles“ bildeten sie die niedrigste Stufe des Fürstenstandes 29 . Der Träger war Kleinfürst und Chef einer adligen Großsippe. Da aber das kolonisierte Land nur als Lehen verteilt wurde, verschwanden die meisten kleinen Edelherren im Laufe der Kolonisation schnell dadurch, dass sie durch das Lehensverhältnis ihren freien Fürstenstand einbüßten und sich in den gewöhnlichen niederen Lehnsadel einreihten. Wir werden dies auch bei dem edelfreien Walrav (I) von Ritzerau sehen. Nach ihrer Einschmelzung in den niederen Lehensadel finden wir die Ritzerau dann als Lehensträger der Grafen von Holstein, Schwerin und Ratzeburg, der Herzöge von Sachsen-Lauenburg und Mecklenburg, der Bischöfe von Ratzeburg und Schwerin, zuletzt der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf und der Könige von Dänemark. Vor allem in Sachsen-Lauenburg spielte das Geschlecht im 19 Biereye „Zehntenlehenregister“ S. 11 20 Prange „Siedlungsgeschichte“ S. 264 Anm. 385 21 MUB I, 280 22