Religion Und Revolution Autor: Dieter Knippschild
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Religion und Revolution Autor: Dieter Knippschild Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................................................................. 1 Die Entstehung der freireligiösen Bewegung ...................................................................................... 2 Repressionen von Kirche und Staat ...................................................................................................... 3 Die Begründer der freireligiösen Bewegung ........................................................................................ 7 Graf Eduard von Reichenbach .......................................................................................................... 7 Johannes Ronge ................................................................................................................................ 8 Robert Blum .................................................................................................................................... 9 Die Revolution von 1848 und ihre Protagonisten .............................................................................. 11 Einleitung 2018/19 jährt sich zum 170 Male die Revolution von 1848/49. Die Ereignisse damals sind für unseren Staat und unsere Demokratie auch heute noch von Bedeutung. Bei der Betrachtung der diversen Publikationen, die die damaligen Geschehnisse würdigen, fiel mir auf, dass eine Bewegung, die im erheblichen Maee an der damaligen Entwicklung und den Geschehnissen Anteil hatte, so gut wie überhaupt nicht von den etablierten historischen Wissenschaften erwähnt wurde. Nun ist die Geschichte natürlich nie in Vollständigkeit darstellbar. Historiker sind einfach gezwungen zu selektieren und kategorisieren. Doch dies hat natürlich Auswirkungen auf die Darstellung und Interpretation. Hinzu kommt, dass auch Historiker nicht dagegen gefeit sind, Geschichte aus dem Blickwinkel ihrer Zeit zu betrachten. Dies alles kann dazu führen, dass harte Schnitte gemacht, Teilbereiche ausgegrenzt oder aus unserer heutigen Situation heraus interpretiert werden. So leben wir in einer sich zumindest scheinbar zunehmend säkularisierenden Welt. (Dies ist eine eurozentristische Betrachtungsweise. In anderen Teilen der Welt sieht es ganz anders aus.) Unser Staat will z.B. die Trennung von Kirche und Staat vollzogen haben. Allein daran dürfte bereits Zweifel angebracht sein. Es ist aber die offizielle Darstellungsweise. Diese Vorstellungen von getrennten Wirkungsmöglichkeiten von Kirche und Staat beeinfussen natürlich auch die oormen unseres Denkens und unsere Interpretation des Daseins. Dies trifft natürlich auch auf unsere heutigen Historiker zu, die diese Vorstellungen bei der Betrachtung und Interpretation historischer Vorgänge oft übertragen. Da gibt es dann die Sektion politische Geschichte auf der einen Seite und die Religions- bzw. Kirchengeschichte auf der anderen Seite. Während für weite Teile der Geschichte die Verquickung der beiden Machtsäulen Kirche und Staat akzeptiert wird, weil sie einfach augenfällig ist, zieht man bei der Betrachtung der Neuzeit und der neueren Geschichte, wo sich diese Säulen etwas differenzierter akzentuieren, plötzlich einen harten Trennungsstrich. Und so kann es passieren, dass bei der Betrachtung eines so bedeutenden Ereignisses, wie es die Revolution von 1848/49 für Deutschland ist, einfach eine ganze Bewegung, die auf die Vorgänge einen eminenten Einfuss hatte, verlorengeht, weil sie in der falschen Schublade landete und dort der Nichtachtung verfiel, weil sie der Religions- bzw. Kirchengeschichte zugeordnet wurde. Ich meine hier die Bewegungen der Lichtfreunde und der Deutschkatholiken, die sich –manchmal noch unter weiteren Namen – später zur Bewegung der oreireligiösen zusammenschlossen. So teilte mir zum Beispiel ein Kollege mit, der in seiner mündlichen Lehrerprüfung die Revolution von 1848/49 thematisierte, dass ihm die Bezeichnung Deutschkatholizismus nicht bekannt sei. In der historischen Literatur spielt diese Bewegung z. Zt. ebenfalls kaum eine Rolle. So findet sich in dem Biographischen Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49, hrsg. von der Historischen Kommission, Deutschkatholizismus höchstens als Konfessionsvermerk wieder. Überprüfungen ergeben zudem, dass die Zugehörigkeit zur Bewegung teilweise nicht zur Kenntnis genommen oder die Zugehörigkeit einer Person zum Vorparlament ignoriert wurde. Aus neuerer Zeit sind mir nur zwei Publikationen bekannt: Der Dokumentenband von oriedrich Wilhelm Graf, der so erfolgreich war, dass ich meine Ausgabe vom Grabbeltisch fischen konnte, und eine Dissertation mit einer regionalen Untersuchung, die 1991 im Druck erschien. Ansonsten gibt es nur einige Verbands- und oestschriften, die nur begrenzt vertrieben wurden. Wer sich genauer informieren will, muss auf Literatur zurückgreifen, die bis zum Beginn das 1. Weltkriegs entstand und von Verbandsmitgliedern verfasst wurde. Diese Literatur ist nur noch in wenigen Bibliotheken greifbar. Ich möchte nun aber die These aufstellen, dass es zur Revolution von 1848/49 nicht nur ein Vorspiel gab. Es gab eine regelrechte Generalprobe, die aber deshalb heute nicht in ihrer Bedeutung erkannt wird, weil sie sich scheinbar im religiösen Bereich abspielte. Übrigens gilt hier auch die alte Regel unter umgekehrten Vorzeichen. Es heiet: Eine misslungene Generalprobe ergibt eine gute Premiere. Hier war es so, dass nach einer halbwegs gelungenen Generalprobe die Premiere letztendlich misslang. Immerhin hatten die Proben gezeigt, dass das Stück Niveau hatte und so wurde es immer wieder leicht umgeschrieben und auf anderen Bühnen auf den Spielplan gesetzt, bis es sich schlieelich etablieren konnte. Doch die Kenntnisse von der Bedeutsamkeit der ersten Probebühne gingen, wie festgestellt, zwischenzeitlich fast verloren. Denn die Reaktionen auf die Revolution trafen auch diese "religiöse" Bewegung, da ein Teil ihres führenden Personals identisch war mit führenden Persönlichkeiten der Revolution. So wurde sie – zumindest als Institution, die übrigens heute noch in Restbeständen existiert, – massiv verfolgt und fast zur Bedeutungslosigkeit reduziert. Andererseits gingen im kulturellen, sozialen und politischen Bereich viele Anstöee von dieser Bewegung aus, die auch noch unser heutiges Leben beeinfussen. Doch was kann eine scheinbar religiöse Bewegung für einen Einfuss auf eine politische Revolution haben? Die Entstehung der freireligiösen Bewegung Jetzt zu dem eigentlich historischen Thema. Die freireligiöse Bewegung entstand natürlich nicht aus dem Nichts, sondern war die oolge einer gesellschaftlichen Entwicklung. Vielfach wird auch heute insbesondere von Politikern darauf verwiesen, dass unsere soziale und auch staatlich institutionelle Existenz durch die christlich-abendländische Tradition geprägt ist. Das ist so richtig, wie es gleichzeitig falsch ist. Unsere politische und soziale Kultur ist weitaus intensiver durch das Gedankengut der Aufklärung geprägt, die sich zwar auf christlich-abendländischer Basis entwickelte, aber auch im Gegensatz dazu. Die Auswirkungen der Aufklärung manifestierten sich auffällig im politischen Bereich: Erklärung der Menschenrechte Volkssouveränität Demokratisierung. Weniger wird der Bereich der religiösen und geistigen Emanzipation zur Kenntnis genommen, obwohl beide sich nicht nur gleichzeitig entwickelten, sondern auch meist von derselben Personengruppe getragen und forciert wurde. Bei der damals vorherrschenden Verquickung von Staat und Kirche ist dies auch nicht verwunderlich. Bei allen Gegensätzen und Machtspielen stützten sich Staat und Kirche gegenseitig, da ein Einbruch in die Machtstrukturen der einen Institution auch immer sofort die andere Institution tangierte. Die Ideen der Aufklärung, die Individualrechte und die Beteiligung des Bürgers am politischen und gesellschaftlichen Geschehen fanden ihre erste Umsetzung im oreiheitskampf der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung, dann in der französischen Revolution. Mit den napoleonischen Kriegen wurde zumindest ein Teil dieses Gedankenguts quer durch Europa getragen und die Herrschenden mussten, um Napoleon militärisch besiegen zu können, Teile des Systems übernehmen und zumindest kurzfristig in Reformen einwilligen. Nach dem Sieg über Napoleon versuchte man in Deutschland und auch im übrigen Europa, groee Teile dieser Reformen wieder zurückzunehmen. Durch entsprechende Maenahmen konnte man zwar die reaktionären Strukturen teilweise wiederherstellen, doch das Gedankengut war damit nicht aus den Köpfen der Menschen zu entfernen, selbst wenn man mit Zensurmaenahmen immer wieder versuchte, die Weiterverbreitung zu verhindern. Hier sei insbesondere auf die Karlsbader Beschlüsse verwiesen. Wer Individualrechte, Bürgerbeteiligung, Rechtssicherheit, gar einen Verfassungsstaat wünschte, befand sich automatisch in Opposition zu den herrschenden Strukturen. Die realexistierenden Staatsformen wurden philosophisch und politisch attackiert und in Zweifel gezogen. Eine Opposition formierte sich, wobei sie teilweise in einem halblegalen Raum agierte. Dies geschah noch in anderen oormen, als wir sie heute gewöhnt sind. Politische Parteien in der heutigen oorm gab es noch nicht. Es entstanden informelle Zirkel, die sich in oorm von Korrespondenz-, Publikations- und Lesekreisen formierten. Hier seien der "Hallgartenkreis" des liberalen Adam von Itzstein (Sitz Ingelheim) oder die "Seeblätter" des Josef oickler aus Konstanz erwähnt. In der Illegalität organisierten