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Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre – Analyse der Filme Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara und Non stuzzicate la zanzara

DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des Magistergrades an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg Fachbereich Romanistik Gutachterin: Ao. Univ.-Prof. Dr. Kathrin Ackermann-Pojtinger

eingereicht von Eva Promegger

Salzburg, Oktober 2020

Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Inhaltsverzeichnis

Abstract ...... 3 1. Einleitung ...... 4 2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien ..... 7 3. Die Darstellung der Frau im italienischen Film ...... 10 4. Einordnung der Filme in die Geschichte des italienischen Kinos ...... 15 4.1 Vorgeschichte – Anfänge des italienischen Musikfilms ...... 19 4.2 Der italienische Musikfilm in den Fünfzigerjahren ...... 21 4.3 Nilla Pizzi – Sängerin und Schauspielerin ...... 23 4.4 Das Musicarello und die Sechzigerjahre ...... 23 4.5 Rita Pavone – Sängerin und Schauspielerin ...... 27 5. Analyse der Filme...... 28 5.1 Hypothesen vor der Sichtung der Filme ...... 31 5.1.1 Allgemeine Hypothesen ...... 31 5.1.2 Hypothesen aufgrund der Plakate/Cover ...... 34 5.2 Die Rolle der Sängerin...... 38 5.2.1 Der erste Auftritt ...... 38 5.2.2 Hürden auf dem Weg zum Erfolg ...... 50 5.2.3 Der große Erfolg und seine Folgen ...... 63 5.3 Klischee und Tradition vs. Innovation und Selbständigkeit der Frau...... 71 5.3.1 Caterina und Gardenio als Paar ...... 71 5.3.2 Geld und Ruhm als Gefahr für Caterina und Gardenios Beziehung ...... 73 5.3.3 Unterlegenheitskomplex der Männer ...... 76 5.3.4 Stilisierung der beiden Sängerinnen zu Märchenprinzessinnen ...... 77 5.3.5 Die Ehe als erstrebenswertes Ziel für Frauen?...... 81 5.3.6 Musikalische Klischees und die Zurschaustellung weiblicher Reize ...... 83 5.4 Einfluss von Zeit und Raum als bestimmendes Element für die Rolle ...... 86 5.4.1 Filmtypische Räume für Sängerinnen ...... 87 5.4.2 Für die Entstehungszeit der Filme typische Sängerinnen ...... 91 5.4.3 Gleichberechtigung der Rollen durch ihre Darstellung in Zeit und Raum ...... 95 5.4.4 Auswirkungen der realitätsnahen oder künstlichen Darstellung von Raum und Zeit ... 97 5.5 Analyseergebnisse ...... 103 6. Fazit ...... 106 7. Riassunto ...... 109 Bibliografie...... 113 Anhang ...... 122

2 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Abstract

Frauen sind im Italien der Fünfziger- und Sechzigerjahre in der Öffentlichkeit und in der Folge auch im Film nicht in gleichem Maße vertreten wie heute, sei es quantitativ oder durch die Darstellung in ihren Rollen. Ein kleiner Einblick in die soziopolitische und kulturhistorische Situation der italienischen Frauen bilden den Hintergrund, vor dem eine Bestandsaufnahme der bis zu den Sechzigern erfolgreichen Frauenrollen im italienischen Spielfilm vorgenommen wird. Die Protagonistinnen sowie einzelne weibliche Nebenrollen der drei Filme Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara und Non stuzzicate la zanzara werden in die italienische Kinogeschichte eingeordnet. Mit Hilfe der Figurencharakterisierung, der Analyse der Einflüsse früherer Musikfilme, Musicals, Biopics, filmischer fiktiver Musikerbiografien, sowie der genauen Betrachtung der Filmmontage, des filmischen Erzählens, des Einsatzes von Klischees und Traditionen sowie der Analyse von Raum und Zeit werden die Besonderheiten dieser Frauenrollen gezeigt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Hervorhebung von berufsspezifischen Aspekten der Sängerinnen, sowie dem Aufzeigen von innovativen Elementen und dem Vergleich der Rollen, denn dadurch wird deren Entwicklung im Laufe des Films und der Filmgeschichte sichtbar.

In Italy during the 1950s and 1960s, women were not as well represented in public and thus in film as they are today, neither quantitatively nor through the portrayal in their roles. A brief insight into the socio-political and cultural-historical situation of Italian women forms the background against which an inventory of the successful women's roles in Italian films up to the 1960s is made. The female protagonists as well as individual female supporting roles of the three films Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara and Non stuzzicate la zanzara will be placed in the history of Italian cinema. Special features of these female roles are shown through the help of a detailed description of the characters, the analysis of the influences of earlier music films, musicals, biopics, cinematic fictional musician biographies, as well as a close look at the film montage, the cinematic narrative, the use of clichés, traditions, space and time. Special attention is paid to highlighting professional aspects of the female singers, as well as showing innovative elements and comparing the roles, because this way the development of these in the course of the film and film history becomes visible.

3 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

1. Einleitung

Frauenrollen gibt es seit den Anfängen der Spielfilmproduktion. Interessant ist, wie sich diese im Laufe der Zeit verändern und welche Schauspielerinnen welche Rollen verkörpern. Es gibt viele Ansätze, die versuchen, die Beziehung der Frauen zum Kino zu analysieren. Diese Arbeit konzentriert sich auf die Beschreibung der Frauenrollen in Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre anhand dreier exemplarisch ausgewählter Filme. Es soll versucht werden, das Zustandekommen dieser speziellen Figuren zu erklären, um zu verstehen, welche Wirkung die Filme auf das damalige Publikum hatten.1 Die Wahl fiel auf Musikfilme, weil die Hauptfiguren positive, erfolgreiche, öffentlich sehr exponierte, von einem großen Publikum verehrte, vielleicht sogar nachahmungswürdigen und nachgeahmte Frauenrollen zeigen. Es scheint vielleicht utopisch und illusorisch oder sogar unrealistisch, wie sie in der damaligen Zeit unabhängig von den Männern selbstbestimmt ihr Leben führen. Trotzdem ist die mögliche emanzipatorische Vorbildwirkung hervorzustreichen, die solche Filmrollen bzw. auch deren Persönlichkeiten dahinter innehaben konnten. Auch heute stehen Pop- und Rock-Sängerinnen der Massenkultur für gewisse Frauenbilder, für starke unabhängige Frauen, aber nach wie vor auch für unselbstständige, von den Männern abhängige, Frauen. In dieser Arbeit wird analysiert, welches Frauenbild Nilla Pizzi in dem Film Ci troviamo in galleria im Jahr 1953 vermittelt hat, und im Vergleich dazu, welches Frauenbild Rita Pavone in dem Film Rita la zanzara und im zweiten Teil Non stuzzicate la zanzara in den Jahren 1966-67 vermittelt hat. Die genannten Filme sind inhaltlich vergleichbar, da in ihnen eine relativ junge Sängerin ihre ersten Erfolge feiert. Beide Geschichten beinhalten auch einen Mann, der die jeweilige Protagonistin liebt und an ihr musikalisches Talent glaubt. Beide Frauen haben eine weibliche Gegenspielerin mit konträrem Charakter, die ihnen den Weg zum Erfolg erschwert und beide Sängerinnen haben am Ende der Filme einen großen Auftritt. Bei den filmischen Darstellungen handelt es sich um außergewöhnliche Lebenssituationen. Es werden fiktive Figuren, „Sängerinnen“, gezeigt. Es handelt sich um eine im Spielfilm eher seltene Konstellation, weil die Schauspielerinnen im realen Leben auch Sängerinnen sind. Diese Figurenkonstellation kam zur Entstehungszeit der beiden Filme aber häufiger vor und

1 Cf. Pravadelli 2014, V-VI 4 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger war beim Publikum ziemlich erfolgreich. Die Frauen spielen eine Sängerin am Anfang ihrer Karriere, sie spielen eine Rolle, in der sie biografische Elemente teilweise wiedergeben oder umdeuten. Die filmische Umsetzung der beiden Lebensgeschichten weist einige Unterschiede zu ihrer Lebensrealität auf, auf die in der Arbeit genauer eingegangen werden soll. Die größten Abweichungen von der Biografie sind folgende: Beide Sängerinnen befinden sich am Anfang der Filme in einer fixen Gruppe von Künstler*innen, in Ci troviamo in galleria handelt es sich dabei um eine Varietétruppe, in den Zanzara-Filmen um eine Musikschule. Beide lernen im echten Leben ihre Ehemänner anders kennen als im Film dargestellt und beide haben am Anfang ihrer Karriere mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen, als im Film dargestellt wird. Auf den ersten Blick kann man die Filme sehr grob gefasst als Musikfilme bezeichnen. Eine mögliche Einordnung in Genre- oder Gattungsbezeichnungen, wie Musical, Commedia musicale, Commedia all’italiana, Musicarello, Kinofilm mit bewegtem Bild oder poetische Liedtexte sollen im Folgenden auch verglichen, voneinander abgegrenzt und deren Wirkung gezeigt werden.2 Kinofilme können ein sehr sensibles Messinstrument für gesellschaftliche Entwicklungen sein, da sie die Kultur einer Gesellschaft, die zur Drehzeit vorherrscht, reflektieren und sie gleichzeitig dazu beitragen, über gesellschaftliche Gegebenheiten reflektieren oder Handlungen der Filmfiguren nachahmen, indem die Kinobesucher*innen neue Ideen aus den Filmen aufgreifen. Zwischen den analysierten Filmen liegt eine Zeit, die in Italien als sehr produktiv und cineastisch erfolgreich gilt. Sie wird auch als „Goldenes Zeitalter“ des italienischen Films bezeichnet, da Filme entstehen, die noch heute international den Ruf haben, die besten italienischen Filme aller Zeiten zu sein. Zudem erlangen italienische Regisseure durch diese Filme und in diesem Zeitraum weltweiten Ruhm. Dazu zählen zum Beispiel Dramen wie Federico Fellinis (1960), Michelangelo Antonionis La notte (1961), Luchino Viscontis Il Gattopardo (1963), Marco Bellocchios Pugni in tasca (1965) oder der Italowestern Sergio Leones Il buono, il brutto e il cattivo (1966). Man könnte, auf Grund der ständigen auch unbewussten Verbindung der Entstehungszeit mit den Filmschaffenden, also dem*der Regisseur*in und den Schauspieler*innen, vermuten, dass die Filme die gesellschaftlichen sowie filmtechnischen Veränderungen dieser Zeit dokumentieren. Es stellt

2 Cf. 4. Einordnung der Filme in die Geschichte des italienischen Kinos 5 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger sich auch die Frage ob, dieses sogenannte „Goldene Zeitalter“ Einfluss auf die Musikfilme und die Frauenrollen nimmt.3 Der detaillierten Analyse der markanten Filmausschnitte geht eine kurze Einführung in die Entstehungszeit der Filme voran. Dann werden Hypothesen zu einem konservativen oder fortschrittlichen Frauenbild aufgezeigt, die sich aus heutiger Perspektive bezüglich der Filme aufstellen lassen und im Anschluss daran die Frauenrollen dahingehend analysiert. Denn Ziel der Arbeit ist es, das Bild der Frauen bzw. der Sängerin aus dem Jahr 1953 und das aus den Jahren 1966/67 zu vergleichen. Die Methoden der modernen Filmanalyse, darunter vorrangig die Figurencharakterisierung, die Analyse der Dialoge und Liedtexte, sowie die Analyse der eingesetzten Musik, die Analyse der Wirkung der Kameraeinstellungen, -blickwinkel und - bewegungen, und auch die Analyse der Figuren in Raum und Zeit, sowie die Analyse des Zusammenspiels zwischen Handlung und Figuren sowie Figuren und Publikum, sollen helfen, den Einsatz derartiger Rollen aus heutiger Sicht zu verstehen. Es sollen die Fragen geklärt werden, inwieweit die Filme das Leben der Sängerinnen oder die damaligen gesellschaftlichen Konventionen zeigen und ob die Rollen zu den damaligen Moralvorstellungen passen oder aus welchen Gründen sie davon abweichen.

3 Cf. Grewe/Di Stefano 2015, 5-16, Grazzini 1980, VII-VIII, Grazzini 1977, IX-XI, Bruni 2001, 262-263 6 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien

Obwohl ein derartiges Kapitel die Herausforderung birgt, komplexe gesellschaftliche Strukturen nicht zu verallgemeinern, und es schwierig ist, diese in wenigen Worten angemessen zu beschreiben, ist es im Rahmen dieser Arbeit trotzdem notwendig, zunächst einen Überblick über die damalige Situation zu geben, da die heutigen gesellschaftlichen und politischen Umstände von den damaligen abweichen. Die Emanzipation der italienischen Frau, besonders im öffentlichen Bereich, stellt gegenwärtig immer noch eine große Herausforderung dar, weil die theoretische Gleichstellung am Ende in der Praxis von einzelnen Menschen mit unterschiedlichen Geschichten, Prägungen und materiellen Möglichkeiten umgesetzt wird. Heute sind mehr Frauen in der Öffentlichkeit sichtbar als in den Fünfziger- und Sechzigerjahren und vor allem haben sich ihre gesellschaftlichen Positionen und Aufgaben geändert. Frauen treten nicht nur als Schauspielerinnen oder Sängerinnen auf, sondern als Politikerinnen, Firmengründerinnen oder etwa Aktivistinnen und sind keineswegs mehr auf den Haushalt beschränkt. Theoretisch stehen heute rechtlich gesehen allen italienischen Frauen, genau wie in vielen westlichen Ländern, alle Möglichkeiten offen. Die Entstehungszeit der hier analysierten Filme, 1953 und 1966/67, befindet sich allerdings noch vor markanten soziopolitischen Wendepunkten in der Geschichte Italiens.4 Auch wenn sich bereits um 1861 der Politiker und Journalist Salvatore Morelli unter anderem mit seinem Buch La donna e la scienza o la soluzione del problema sociale für die italienischen Frauen einsetzte, dauerte ihre gesellschaftliche Emanzipation länger als in anderen europäischen Ländern. 1877 setzte Morelli als Abgeordneter erstmals ein Gesetz zugunsten der Frauen durch. Sie wurden im bürgerlichen Recht als Zeuginnen anerkannt, zum Beispiel für Testamente. So bekamen Frauen einen Einblick in die Besitztümer der Familie.5 Eine zweite wichtige Persönlichkeit im Kampf um die Emanzipation der italienischen Frau ist zur Jahrhundertwende Annamaria Mozzoni. Sie sammelte Unterschriften für verschiedene Petitionen an das Parlament der konstitutionellen Monarchie und sie versuchte, innerhalb der italienischen sozialdemokratischen Bewegung ein Bewusstsein für die Gleichberechtigung der

4 Cf. Sarogni 2010, 145-146 5 Cf. Sarogni 2010, 135-138 7 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Geschlechter zu schaffen. Mozzoni erreicht bis zu ihrem Tod 1920 nur politische Niederlagen in den frauenrechtlichen Angelegenheiten. 6 Die Russin Anna Kuliscioff brachte ihren Lebensgefährten, den Abgeordneten Andrea Costa, dazu, im Parlament ein Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Frauen durchzusetzen. 1902 wurde Nachtarbeit für Frauen verboten, die Arbeitsstunden wurden auf täglich zwölf limitiert und ein einmonatiger Mutterschutz wurde eingeführt. Diese Regelung wurde noch bis nach den Weltkriegen so angewandt. Es gab in den Fabriken viele arbeitende Frauen, vor allem als zur Zeit der Weltkriege die Männer als Soldaten eingezogen wurden. Als danach viele Männer nicht zurückkehrten, wurden weiterhin die Frauen als Arbeitskraft gebraucht. Vor allem in Zentral- und Norditalien waren in den Fünfziger- und Sechzigerjahren circa 85 % aller Frauen berufstätig. So arbeitete auch die spätere Sängerin Nilla Pizzi in der Radiofabrik Ducati. Rita Pavone arbeitet ab ihrem zwölften Lebensjahr täglich circa neun Stunden in einer Hemdenfabrik, was sie als harte Arbeit bezeichnet. Beide Frauen zeigen also in ihrer Biografie einen kurzen Einblick in die Welt der vielen arbeitenden italienischen Frauen, die aber in den Fünfzigern und Sechzigern für die Öffentlichkeit trotzdem unsichtbar blieben, da sie in großen Fabriken verschwanden, nur früh morgens und spät abends auf der Straße waren und über das wenige Geld oft nicht selbst verfügen konnten.7 Nach dem Ersten Weltkrieg hatten die Frauen Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern, Universitäten, sie waren bekannte Dichterinnen, Malerinnen und eigentlich gesetzlich Besitzerinnen eines großen Anteils der Güter in Italien, auch wenn sie auf Grund der patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen noch selten darüber frei verfügen konnten. Trotz dieser Verbesserungen wurde ihnen das Wahlrecht nach wie vor verwehrt.8 Erst die Verfassung nach dem Zweiten Weltkrieg sieht die Gleichstellung von Mann und Frau vor. Die Frauen erhalten hier zwar das Wahlrecht, im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich aber noch viel patriarchalisches Gedankengut. Das heißt, das Patriachat nach römischem Vorbild ist zwar gesetzlich gesehen abgeschafft, trotzdem entscheidet der Ehemann oder der Vater über die Geschicke der Frau oder Tochter. Politiker und Juristen rechtfertigten sich damit, dass die neue Verfassung schwer umzusetzen sei. Erst 1956 wurde ein Gesetz zur gleichen Entlohnung veröffentlicht. In der Praxis ist das bis heute schwer umzusetzen und es gibt teils trotzdem große Unterschiede in der Bezahlung oder den Karrieremöglichkeiten zwischen

6 Cf. Sarogni 2010, 138-139, 145 7 Cf. Musi/Pozzi 2017, 17-19, Pavone/Targia 2015, 24-25, Sarogni 2010, 140, Barbagli et al. 2003, 34-39 8 Cf. Sarogni 2010, 141 8 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Frauen und Männern. 1963 erscheint ein Gesetz, dass die Kündigung der Frauen aufgrund einer Eheschließung verbietet und 1971 ein Gesetz zum Schutz der arbeitenden Mütter.9 Seit 1975 und der Reform des Familienrechts wird die Frau in Italien vor dem Gesetz als eigenständige Person angesehen. Sie ist unabhängig vom Vater oder Ehemann, denen sie vorher untersteht. Um das Jahr 1970 werden, wie in anderen westlichen Ländern, feministische Organisationen gegründet, die für die Rechte der Frauen und deren Gleichberechtigung einstehen.10 Seither hat sich viel verändert und auch in Italien hat sich die Situation der Frauen verbessert. In der vorliegenden Arbeit soll gezeigt werden, wie und ob Filme diese soziopolitischen Entwicklungen reflektieren oder möglicherweise schon vor den genannten Gesetzesänderungen darauf verweisen. Es stellt sich also die Frage, wie sehr die Frauenrollen der Fünfziger und Sechziger die keimende Emanzipation der Frauen zeigen oder ob vielleicht schon Anzeichen der 68er-Bewegung zu erkennen sind. Derartige Anzeichen könnte man in der Unabhängigkeit oder der Berufstätigkeit der Frauen sehen, auch der mehr oder weniger starke Einfluss der Männer, der Gesetze oder der Institutionen auf die Frauen könnte Hinweise darauf geben. Denn eine wirkliche Veränderung der Autoritätsverhältnisse kommt erst im letzten Drittel des 20. Jahrhundert zustande.11

9 Cf. Sarogni 2010, 139-143 10 Cf. Falanga 2012, 133-140, Rossi-Doria 2003, 12, L’art. 3 della Costituzione italiana 11 Cf. Barbagli et al. 2003, 7 9 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

3. Die Darstellung der Frau im italienischen Film

Der Einsatz von Frauen und Frauenrollen wandelt sich im Laufe der Geschichte des italienischen Films mehrfach. Dieser Wandel ist auf besondere Weise essentiell, weil er auch die Entwicklung der Gesellschaft reflektiert, indem er verschiedene mögliche Frauenrollen innerhalb der italienischen Gesellschaft, die Sichtweise der Männer auf die Frauen und die schrittweise Emanzipation der Frauen zeigt. Der Film nimmt sowohl soziopolitische Entwicklungen vorweg, zeigt ein veraltetes Bild oder manchmal zeigt er auch genau die Situation der Entstehungszeit. In Überblickswerken und Filmgeschichten werden seit Beginn des italienischen Films bis in die Sechziger vorwiegend die folgenden Frauenrollen beschrieben: die schüchterne Jungfrau, die leidenschaftliche Sünderin, die gehorsame Hausfrau und Mutter, die abhängige Arbeiterin, die vorgibt aus dem System ausbrechen zu wollen, die lustige Gefährtin und die junge Rebellin. In diesem Kapitel werden die Frauenrollen beschrieben, die es im Kino vor und während der Entstehungszeit der analysierten Filme gibt.12 Das Personal in Film- und Fernsehtexten steht immer in Bezug zu den jeweiligen Vorstellungen von Selbst und Identität sowie zu dem Wissen über Personen- und Rollentypisierungen, das im Rahmen spezifischer kultureller Kontexte in den lebensweltlichen Zusammenhängen zirkuliert.13 Zur Zeit des Stummfilms Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wird die Frau als von Leidenschaften geleitetes Wesen dargestellt. Entweder kann sie widerstehen und ist eine Art Jungfrau Maria oder sie verfällt den Versuchungen und wird zur Sünderin. Zur Zeit der ersten Tonfilme ist die Produktion vom Faschismus beeinflusst und es werden sehr traditionelle, gehorsame, kleinbürgerliche Frauenrollen verstärkt gezeigt. 1943 brechen zwei Filme mit diesem Frauenbild. Luchino Viscontis Ossessione und Vittorio De Sicas I bambini ci guardano zeigen Frauen, die aus ihrer Ehe und aus der Mutterrolle ausbrechen, um bei ihren Geliebten zu sein. Die Strömung des Neorealismus bewegt die Regisseure dazu, auch die Rolle der Frau in der italienischen Gesellschaft näher zu betrachten und sie nicht nur auf ihren Körper oder auf die Beziehung zu den Männern zu reduzieren.14

12 Cf. Mikos 2015, 51, Bruni 2001, 262-263 13 Mikos 2015, 51 14 Cf. Bìspuri 2015, 40-42, Biondi 1991, 55-56, 63-64, Grazzini 1980, VI 10 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Luigi Zampas L’onorevole Angelina (1947) und Viscontis Bellissima (1950) zeigen bereits starke Frauen, die sich in der Männerwelt durchsetzen, aber sie akzeptieren schließlich immer wieder die patriarchalischen Strukturen und fügen sich erneut in die Gesellschaft ein. In den Fünfzigerjahren gibt es vereinzelte Versuche, Frauenfiguren zu zeigen, die unabhängig agieren. Einzelne Filme, wie Luigi Comencinis Persiane chiuse und La tratta delle bianche aus den Jahren 1951-52 oder Giuseppe de Santis Un marito per Anna Zaccheo (1953), weisen auf die schwierige Situation der Frauen aus ärmlichen Verhältnissen hin. In Roberto Rossellinis Europa ’51 emanzipiert sich eine Frau aus bürgerlichen Verhältnissen von ihrem Ehemann und von der von ihr erwarteten Rolle in der Gesellschaft. Sie kommt dadurch aber schließlich in eine geschlossene Anstalt. Der Großteil der Frauenrolle in den Fünfzigerjahren zeigt Frauen, die gesellschaftliche Moralvorstellungen erfüllen wollen. Misserfolge in dieser Beziehung enden auch im Selbstmord(versuch), eine Wendung der Handlung, die noch bis in die Siebzigerjahre oft für Frauenrollen eingesetzt wird. In den Fünfzigern kommen in den Filmen die verschiedensten Frauenrollen vor, worauf schon die Filmtitel verweisen: Le ragazze di piazza di Spagna (Emmer, 1952), Siamo donne (Franciolini et al., 1953), Le ragazze di San Frediano (Zurlini, 1954), Le amiche (Antonioni, 1955) oder Belle ma povere (Risi, 1957). Laut Biondi sind alle Frauenrollen damals von den Obsessionen der einzelnen Regisseure geprägt. Aus heutiger Sicht interessanter, da es das langsame Fortschreiten der Emanzipation zeigt, ist aber, dass all diese Rollen zu einem gewissen Zeitpunkt der Handlung auf ihre existierende oder noch nicht existierende Beziehung zu einem Mann reduziert werden. Es herrschen tiefgehende Moralvorstellungen vor, wie beispielsweise, dass alle Frauen eigentlich dazu bestimmt sind, vorrangig Ehefrauen und Mütter zu sein, aus denen einzelne Figuren ausbrechen. Sie können diese aber nie komplett überwinden.15 Die Hauptrollen, die viele italienischen Frauen seit den Kriegstagen im wahren Leben übernehmen, also arbeiten gehen, die Familie ernähren oder Geschäfte führen, werden selten in Filmen gezeigt, so wie sie auch in offiziellen Dokumenten nicht aufscheinen.16 Sehr wohl spürbar ist die Rolle der Frauen als Publikum, da sie Geld in die Kinokassen spülen, und die Frauenrollen in den Filmen tragen zum Erfolg vieler Männerrollen der Komödien maßgeblich bei. So ergänzen zum Beispiel Franca Valeri oder Sophia Loren ihre Filmpartner ,

15 Cf. Bìspuri 2015, 40-42, Biondi 1991, 58-59, 63-64, 70, Grazzini 1980, V-VII 16 Der Film La ciociara von (1960) bildet hier eine Ausnahme. Er zeigt den Überlebenskampf einer Frau mit ihrer Tochter während und nach dem Krieg. Hier bleibt die Hauptdarstellerin unabhängig und eine Ehe oder Beziehung scheinen für sie kein Lebensziel zu sein. 11 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Vittorio de Sica oder perfekt. In Kombination mit den vielen Besucherinnen der Kinosäle, die wöchentlich mindestens eine Eintrittskarte lösen, steigern sie den wirtschaftlichen Erfolg der Filme.17 Welche Inhalte in Italien in Kinofilmen gezeigt werden, ist seit der Erfindung der Filmtechnik durch Gesetze und seit den Vierzigerjahren auch von einer staatlichen Behörde, der Direzione Generale dello Spettacolo, geregelt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden politische Inhalte, die sich gegen die Herrschenden wenden, oder Inhalte, die gegen die katholisch moralischen Vorstellungen sind, zensiert. Mit einem neuen Gesetz wird 1947 die Zensur auch nach der schwierigen Zeit des Faschismus wieder verstärkt aufgenommen. Nach wie vor werden zu sehr regierungs-, institutions- oder religionskritische Filme zensiert, deren Ausstrahlung verzögert oder ganz verboten. Zu diesem Zeitpunkt werden unter anderem auch Zentimeterangaben für Röcke und Ausschnitte oder Minutenangaben für Küsse und Umarmungen festgelegt. Bis Mitte der Sechzigerjahre wird diese Zensur relativ streng gehandhabt und es werden auch ausländische Filme dadurch gekürzt oder in Italien nicht gezeigt. Anfang der Sechzigerjahre erleichtern die Gesetze die freie Meinungsäußerung im politischen und ideologischen Sinn, das Zurückhalten von, im weitesten Sinne, sexuellen Inhalten auf Grund des Angriffs des öffentlichen Schamgefühls bleibt jedoch üblich. Trotz kontinuierlicher Lockerungs- und Verbesserungsversuchen der Gesetze, zum Beispiel in Folge der 68er-Bewegung oder der Einflussnahme großer italienischer Filmfestivals, und der de facto freieren Kinoszene Ende des zwanzigsten Jahrhundert, wird dem italienischen Kino erst 2004 per Dekret völlige Meinungsfreiheit zugesprochen, die den Schutz der Minderjährigen garantieren und von regierungsfernen kulturellen Autoritäten überprüft werden soll.18 In den Fünfzigerjahren schaffen es die Frauen im realen Leben und so auch die Filmfiguren noch nicht, von den Männern unabhängig zu werden. Aber es finden sich erste Möglichkeiten, die ihnen bedingte Freiheiten einräumen. Der wirtschaftliche Aufschwung wirkt sich zudem positiv auf die Frauen aus. Sie können kleinere Einkäufe unabhängig tätigen und es gibt leistbare Vergnügungsmöglichkeiten. So steht zum Beispiel der Kinosaal für einen wichtigen Treffpunkt für Frauen außerhalb ihres Zuhauses. Die Eintrittskarten sind erschwinglich und der Kinobesuch ist moralisch akzeptabel, auch ohne Männerbegleitung. Sie werden so in der Öffentlichkeit ein kleines Stück sichtbarer.19

17 Cf. Bìspuri 2015, 40-42, Pravadelli 2014, 14-15, Biondi 1991, 58-59, Stolzi et al. 1991, 50, Grazzini 1980, V 18 Cf. Bìspuri 2015, 18-20, Fantina 2003, 87-91, Vigni 2003, 74-75, Brunetta 1993, 35-41 19 Cf. Capussotti 2002, 417-419, Schifano 2016, 75, Bruni 2001, 262-263 12 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Die italienische Gesellschaft verändert sich im Laufe der Zeit und es formiert sich in den Jahren vor 1960 eine Kultur der Massen, die ihre Hoffnung in die aufsteigenden Jugendlichen setzt und sie als Metapher für den Wandel sieht. Symbole und Sprache trennen diese von den Erwachsenen oder von der altehrwürdigen Elite. In den Sechzigern etabliert sich dafür das Etikett der Jugendkultur. Junge Frauen bilden hierbei eine besondere Untergruppe. Die männlich geprägte Gesellschaft ermöglicht es jungen Frauen, viel Spielzeit in Kinofilmen einzunehmen. Zudem sind diese wiederum Vorbilder für die vielen Frauen im Publikum. Sehr oft ist das einzige Auswahlkriterium für Schauspielerinnen aber ihr Aussehen. Capussotti teilt diese Frauenkörper in drei Kategorien ein: die wohlgeformten, die alternativen und die neuen Figuren. Sie zeigt, welche Vorstellungen die Frauen rein durch ihr Äußeres mitteilen konnten. Zuerst werden bevorzugt die wohlgeformten Körper einer Sophia Loren oder Gina Lollobrigida gezeigt, die einerseits den wirtschaftlichen Aufschwung symbolisieren, andererseits eine stereotype Vorstellung der traditionellen nationalen Identität abzubilden scheinen, indem sie mütterlich und volkstümlich wirken. Silvana Mangano oder Lucia Bosè zeigen bald Alternativen auf. Beide sind durch Schönheitswettbewerbe in die Filmbranche gelangt. Durch eine drastische Gewichtsabnahme wollen sie später nicht mehr in diese traditionellen, ländlichen Rollen passen und spielen schließlich ernste Rollen oder moderne Frauen, die sich geschickt im Großstadtleben zurechtfinden. Einen Bruch mit den Traditionen zeigt schließlich 1957 die Rolle der Guendelina im gleichnamigen Film. Jacqueline Sassard spielt eine schlanke, fast noch kindliche Jugendliche und wird zum Idol für eine Generation von sogenannten Teenagern, ein Begriff, der sich 1957 auch in Italien für diese neue Jugendkultur durchzusetzen beginnt. Die Frauenrollen der Filme der Fünfziger rufen beim weiblichen Publikum Fantasien, Träume oder zumindest das Überdenken des Alltäglichen hervor und bereiten gröbere gesellschaftliche Veränderungen vor, die sich in den darauffolgenden Jahrzehnten zu feministischen Bewegungen formieren werden.20 In den Sechziger- und Siebzigerjahren schreitet die Emanzipation der Frauen fort und aufmerksame Regisseure zeigen komplexere, tiefgründigere Frauenfiguren in neuen Umgebungen. 1963 zeigt Mario Missiroli in La bella di Lodi eine zukunftsweisende Figur, eine freie, emanzipierte Frau, die sich nach ihren eigenen Vorstellungen in der Welt bewegt und unabhängig lebt. Schließlich beeinflusst auch die Bewegung der 68er die italienischen

20 Cf. Giachetti 2008, 35-50, Gundle 2007, xvi, xviii, Capussotti 2006, 78, Capussotti 2002, 420-432, Grazzini 1980, VII-VIII, Jones 2015, 110, 13 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Kinofilme. 1970 sieht man in Damiano Damianis La moglie più bella eine junge Sizilianerin, die die Hochzeit mit ihrem Verführer verweigert.21

21 Cf. Bìspuri 2015, 43, Giachetti 2008, 35-50 14 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

4. Einordnung der Filme in die Geschichte des italienischen Kinos

Für die weiblichen Hauptfiguren in den drei analysierten Filmen ist die Rolle der Musik im Film und in der Gesellschaft sehr wichtig. Durch die biografische Verknüpfung des Filminhalts und des Lebens der Schauspielerinnen und deren Auftritte im Film als Sängerinnen ist die Einordnung in ein präzises Genre schwierig. Bei den Liedern handelt es sich wiederum um lyrische Texte, das heißt eine weitere Gattung kommt ins Spiel. Der nun folgende kleine Überblick über die Filmgeschichte soll über die Entstehungsumstände dieser speziellen Filme aufklären. Der italienische Film des 20. Jahrhunderts gewährt Einblicke in die Geschichte und Kultur eines noch jungen Staates22, er wirkt als „Medium der gesellschaftlichen Selbstreflexion und der nationalen Selbstversicherung“23. Vor allem in den Sechzigerjahren hat das Kino viele Funktionen, unter anderem nimmt es eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Fronten ein. Es klärt auf, verändert Moralvorstellungen, gibt ideologische Unterstützung und hilft bei der Identitätsbildung. Die Spielfilme geben nun auch Randgruppen, Rebellen sowie den bekannten Stars aus anderen öffentlichen Bereichen eine kreative Bühne.24 Die Zeit um 1960 gilt einerseits als Blütezeit des Autorenfilms, in der berühmte Regisseure wie Antonioni, Fellini, Visconti, Pasolini oder Rossellini einzigartige Filmkunstwerke erschaffen, die weltweiten Ruhm erlangen. Andererseits floriert auch eine spezielle Form der Komödie im italienischen Film, die Commedia all’italiana25. Die hier analysierten Filme fallen nicht in diese Kategorie, sie enthalten aber wie die Commedia all’italiana italientypische Elemente, Verhaltensweisen und Bräuche. In den Filmen mit Rita Pavone treten bekannte Schauspieler der Commedia all’italiana auf und tragen so zum Charakter des Films und zur Berühmtheit bei. In Ci troviamo in galleria tragen berühmte Schauspieler des Theaters und früherer

22 Erst 1861 konnten die Gebiete der italienischen Halbinsel in einem Herrschaftsgebiet, dem Regno d’Italia, zusammengefasst werden. 23 Grewe/Di Stefano 2015, 9 24 Cf. Grewe/Di Stefano 2015, 9-12, 16, Gundle 2007, xviii, Grazzini 1977, IX-XI, XXX 25 In der Geschichte des italienischen Films gibt es eine besondere Art von Komödie. Einerseits zeigt sie typisch italienische Bräuche und Lebensweise, andererseits soll sie auch den Charakter der Italiener*innen widerspiegeln. Manche Forscher vermuten ihren Ursprung schon in römischer Zeit oder sehen ähnliche Komödien sogar bereits bei den Etruskern oder Oskern. Typisch für die Commedia all’italiana ist eine lockere Handlung und ein Lächerlichmachen der Menschheit, eingebettet in ein dramatisches Umfeld. Sie ist in den fünfziger Jahren aus dem Neorealismo rosa hervorgegangen. Dieser bewahrt den aufmerksamen nicht wertenden Blick auf die Realität, setzt aber auch schon lockere unbeschwerte Szenerien ein. Cf. Schifano 2016, 61-65, Bìspuri 2015, 30-31, 83-84, Giacovelli 2015, 7-20, D’Amico 2008, 152, Arcagni 2006, 27, 86 15 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Spielfilmkomödien zum Erfolg des Films bei. Chronologisch kann mit diesen Filmen folgende Entwicklung sichtbar gemacht werden. Einerseits sieht man in Ci troviamo in galleria, dass sich das Schauspiel in den Nachkriegsjahren und verstärkt in den Fünfzigerjahren von der Bühne zum Film verlagert. Die Komödie ist sehr erfolgreich, die musikalische Komödie ist sehr beliebt und in den Sechzigern entsteht daraus ein neues Genre, das „Musicarello“, zu denen man auch die Zanzara-Filme zählen kann, denn es gibt viele Gesangsauftritte, der Film richtet sich an ein jugendliches Publikum und sie sind in der Produktion günstiger als andere Filme der Zeit.26 Ganz allgemein könnte man Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara und Non stuzzicate la zanzara als Musikfilme bezeichnen. Da dieser Begriff sehr weit gefasst ist und auch Verfilmungen von Musiktheaterwerken, wie Opern, miteinbezieht, ist er allerdings zu ungenau. Für die vorliegenden Filme muss demnach eine engere Definition gefunden werden. Für das Genre des Musikfilms sollte die Musik im Spielfilm zumindest teilweise, also in Liedern oder Tanzszenen, eine dominierende Rolle einnehmen. Das heißt, an wichtigen Stellen des Films wird das Bild zweitrangig und untermalt die Musik, wie sonst umgekehrt. Im Genre des (Hollywood-)Musicals wird der Zuschauer mit Gesang und Tanz in eine andere, traumartige Welt entführt, die sich von der Ebene der realistischen Handlung mit Dialogen abhebt. In den Liedern wird die Handlung kommentiert, erklärt oder vorangetrieben. So geschieht es zum Beispiel auch in einigen Liedern der analysierten Filme, allerdings nicht in allen. Der Bezug zwischen der Dialogebene und den Liedern ist oft sehr weit hergeholt und die Handlung steht meistens still. Es ist zu vermuten, dass einfach die erfolgreichsten Lieder der Sängerinnen in den Filmen untergebracht werden wollten, oder auf volkstümliche Radiohits zurückgegriffen wurde, deren Erfolg schon erprobt war. Diese Vorgehensweise würde für die Genrebezeichnung „Musicarello“ sprechen. 27 [Musicarelli:] Filme für Teenager wurden in Zusammenarbeit mit der Musikindustrie vertrieben, um Musikern wie , […], Adriano Celentano, Al Bano, Romina Power und vielen anderen mehr Präsenz zu sichern und zugleich ihren Erfolg zu nutzen. Dieses Genre, das offensichtlich auf den Musicals mit und anderen beruhte, hatte großen Erfolg in Italien zu Beginn der 1960er Jahre und blieb mindestens bis zur Mitte der 1970er Jahre bestehen.28

26 Cf. Giacovelli 2015, 17-18, Arcagni 2006, 15-24, 121-124 27 Cf. Altman 1987, 59, Arcagni 2006, 15-24, 121-124, Maas/Schudack 2008, 12, 14 28 Manzoli 2008, 443 16 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Da dieser Begriff aber erst in den Sechzigern eingeführt wird, kann bei Ci troviamo in galleria noch nicht die Rede davon sein, obwohl die aus kommerziellen Gründen eingestreuten Lieder der berühmten Sängerin dafürsprechen würden. Die Besonderheiten des Musicarellos sollen mit den Zanzara-Filmen gezeigt werden, da es in den Sechzigern ein neues Genre des italienischen Musikfilms ist, dessen auffälligsten Merkmale die kommerziellen Lieder und die Nähe zur Jugendkultur und der Werbung sind. 29 Auf Grund der biografischen Bezüge zum Leben der Sängerinnen in den Filmen, die sich dort selbst spielen, könnte man an eine spezielle Form des Biopics, also ein biographical picture, einen biografischen (Spiel-)Film, denken. Es könnte sich also um eine weitere Untergruppe des Musikfilms, die Musikerbiografie, handeln, die das Lebensschicksal realer Persönlichkeiten der Musikgeschichte als Ausgangspunkt für oft dramatisch überhöhte Filmschilderungen nimmt.30 Diese Bezeichnung ist aber nicht voll zutreffend, da die Handlung doch von der fiktiven Geschichte getragen wird und nicht dazu dient, die Biografie der Sängerinnen abzubilden. Auch der komplette echte Name der Sängerinnen ist im Film bis auf den Vorspann nicht präsent. Für die drei analysierten Filme erscheint es also angebracht, bei der Bezeichnung Musikfilme, aber im engeren Sinne, zu bleiben, das heißt, es werden im Film Lieder vorgetragen und diese spielen eine große Rolle für die Handlung. Eingrenzen kann man die Definition dahingehend, dass es Filme über fiktive Musikercharaktere sind. 31 Auch in diesen Fällen ist die Musik von erheblicher Relevanz für die Handlung und wird deshalb für die Zuschauer dramaturgisch auffällig präsentiert. Während Biografien von der Illusion leben, die wahre Lebensgeschichte einer prominenten Persönlichkeit zu zeigen, spielen Filme mit fiktiven Musikercharakteren mit Stereotypen – „so sind Musiker“ -, die den Hintergrund für musikalisch attraktive Aufstiegsmärchen bilden, nach dem Motto: vom talentierten Niemand zum beliebten Superstar, oder die Basis für interessante dramatische Konstruktionen oder Gags liefern.32 Das heißt, die Musik beeinflusst die Handlung, die Figurencharakterisierung und schließlich die Wirkung des Films. Die Bezeichnung „Filme über fiktive Musikercharaktere“ trifft also am ehesten auf die analysierten Filme zu. Die Elemente des Biopics können aber nicht vollständig

29 Cf. Altman 1987, 59, Arcagni 2006, 15-24, 121-124, Maas/Schudack 2008, 12, 14, 30 Maas/Schudack 2008, 14 31 Cf. Altman 1987, 59, Chion 2002, 6, 1998, 5, Taylor 2002,12-23, Arcagni 2006, 15-24, 121-124, Maas/Schudack 2008, 12, 14, Königer 2015, 18-22 32 Maas/Schudack 2008, 14 17 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger außer Acht gelassen werden, da die Hauptdarstellerinnen nicht nur Schauspielerinnen waren, sondern auch Sängerinnen mit ähnlichen Karrieren wie im Film dargestellt. In der Analyse sollen die Filme deswegen auch auf Eigenschaften des Biopics, wie zum Beispiel ihren Status als Stars und die Ausschnitte aus der Biografie untersucht werden. 33 Arcagni34 sieht „Musical“ als den Oberbegriff für all die obengenannten Genres. Es scheint aber angebracht, in dieser Arbeit einen enger gefassten Musicalbegriff zu verwenden. Das heißt in den Filmmusicals, die hier als Referenz dienen, steht die Musik derart im Vordergrund, dass Lieder extra für die Aufführung oder den Film komponiert werden und sie zeigen eine realitätsfremde Traumwelt. Der Dialog steht im Hintergrund und die Handlung wird durch Lieder vorangetrieben. Beispiele dafür wären die klassischen amerikanischen Filmmusicals wie 42nd Street (1933), Singin‘ in the rain (1953), aber auch Jailhouse Rock (1957). Diese könnten eine Vorbildwirkung auf die hier analysierten Filme gehabt haben. Dahingehend sollen die langen Gesangs- und Tanzeinlagen der Sängerinnen in den drei Filmen analysiert werden.35 Die Besonderheiten und die Unterschiede zwischen Ci troviamo in galleria und den Filmen der Zanzara sind nicht nur durch die Entwicklung des Musikfilmgenres in Italien, sondern auch durch die Einflüsse der Musik und der Filme aus Amerika, England und Frankreich bedingt. Gründe dafür gibt es einige. Einerseits erweisen sich einige italienisch-französische Coproduktionen als Erfolge. Eine bekannte Komödie wäre beispielsweise Don Camillo (1952), ein bekannter Thriller wäre Delitto in pieno sole (1960). Andererseits waren französische Chanson-Sänger*innen auch in Italien bekannt und Vorbilder. In Ci troviamo in galleria versucht beispielsweise Sophia Loren als Marisa wie Edith Piaf zu singen. Der Einfluss der Pariser Varieté- und Revue-Szene zeigt sich in italienischen Filmen über Künstler*innen, die in Italien in diesem Bereich tätig sind. In diesen Filmen kommt meist auch eine Gruppe Tänzerinnen vor, die sich am Cancan orientiert, ein Bühnenschautanz, der im 19. Jahrhundert in Frankreich berühmt wurde. Ein Beispiel dafür wäre Luci del varietà (1950) und auch in Ci troviamo in galleria kommen derartige Tänzerinnen vor, hier orientieren sich die Tänzerinnen eher am Charleston, der in amerikanischen Musicals vorkam. Zudem imitieren damalige Sänger*innen und Schauspieler*innen wie Celentano, Mina und Rita Pavone mit ihrem Äußerlichen und im Musikstil internationale Jazz-, Pop- und Rocksänger*innen wie Bill Haley,

33 Cf. Altman 1987, 59, Chion 2002, 6, 1998, 5, Taylor 2002,12-23, Arcagni 2006, 15-24, 121-124, Maas/Schudack 2008, 12, 14, Königer 2015, 18-22 34 Cf. Arcagni 2006, 15 35 Cf. Altman 1987, 59, Chion 2002, 6, 1998, 5, Taylor 2002,12-23, Arcagni 2006, 15-24, 121-124, Maas/Schudack 2008, 12, 14, Königer 2015, 18-22 18 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Sarah Vaughan, Ella Fitzgerald, Elvis Presley, oder die Beatles. Zusätzlich erweist sich aus filmgeschichtlicher Sicht die Rivalität zu Hollywood und dem amerikanischen Film, die italienische Filmschaffende empfinden, als sehr produktivitäts- und kreativitätssteigernd. Amerikanische Filme wirken einerseits als positive oder negative Vorbilder und sollten andererseits künstlerisch oder durch den Publikumserfolg übertroffen werden, darum scheint es unvermeidbar, dass auch hier Elemente übernommen werden.36

4.1 Vorgeschichte – Anfänge des italienischen Musikfilms Die analysierten Filme reihen sich in die damals circa fünfzigjährige Geschichte des Musikfilms ein. Für die Produktion italienischer Musikfilme brauchte es am Anfang des Films einige technische Erfindungen sowie künstlerische und wirtschaftliche Entscheidungen. Seit der ersten Vorführung von Kinofilmen Ende des 19. Jahrhunderts wird auch Musik dazu dargeboten, wobei Schlagerlieder von Beginn an eine wichtige Rolle spielen.37 Bereits zu Stummfilmzeiten kann ein Zusammenhang zwischen Gesang und Film gefunden werden. Um 1905 ist aus amerikanischen Kinosälen bekannt, dass einzelne Pianisten aus marketingtechnischen Gründen auch Lieder, bevorzugt Schlager, zum Ausklang des Films und beim Wechseln der Filmrollen zum Besten gaben. So konnten sie sich von anderen Lichtbildhäusern abheben.38 Anfang des 20. Jahrhunderts wird es für die Filmemacher wichtiger, die willkürlichen Musikdarbietungen zu beenden und die passende Musik zu den Filmen zu finden. In Italien beauftragt Cines, als erste Filmgesellschaft, den Dirigenten Romeo Bracchini Musik speziell für das Kino zu komponieren. Um 1910 erklären sich damals bekannte Komponisten wie Pietro Mascagni oder Luigi Mancinelli bereit Filmmusik zu arrangieren. In den 1920er Jahren kann man von der Filmmusik als neuem Genre reden, dass bis heute große italienische Komponisten hervorbringt und Persönlichkeiten wie oder zu internationaler Berühmtheit verholfen hat. In den zwanziger Jahren entsteht auch ein Bewusstsein dafür, die

36 Cf. Crespi 2016, 146-151, Schifano 2016, 77-80, 86-87, Pavone/Targia 2015, 26-28, Arcagni 2006, 26-36 37 Anfangs handelt es sich um Livemusik von Pianisten, Organisten oder sogar Orchestern, selten werden diese von Platten ersetzt. Die Qualität der musikalischen Darbietung zum Stummfilm hängt vom Filmvorführungsort und von den Preisen der Eintrittskarten ab. Zuerst werden die Filme einem bürgerlichen, gut situierten Publikum gezeigt, danach in den Vororten und Jahrmarktzelten, wo die Musiker schlechter bezahlt werden oder durch Grammophone und einfache Drehorgeln ersetzt werden. Cf. Kreuzer 2001, 19-26 38 Cf. Checchi 2015, 58-59, Kreuzer 2001, 19-26 19 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Filmmusik zu vermarkten. Die Lieder aus den Filmen werden im Radio beworben und auf Platten aufgenommen als Hits verkauft.39 Bild und Ton gleichzeitig zu präsentieren, ist ein Ziel, das seit der Erfindung des Films besteht.40 Als erster US-amerikanischer synchronisierter Tonfilm gilt ein Film über einen Sänger, Crosslands The Jazz Singer (1927). Die enorme technische Innovation veranlasst die Filmemacher dazu, Überlegungen anzustellen, wie diese künstlerisch und wirtschaftlich am besten einzusetzen sei. Die Wahl fällt in den USA wie in Italien auf Gesangsdarbietungen im Film. Viele der ersten Tonfilme sind Musikfilme, das heißt die Musik und die Figur des Sängers oder der Sängerin erhalten bereits seit den ersten Tonfilmen eine wichtige Rolle. 41 Righellis La canzone dell’amore (1930) gilt als erster italienischer Tonfilm. In den Dreißiger- und Vierzigerjahren werden in Italien viele Filme produziert, in denen sich die Handlung um Lieder dreht. Manche verwenden sogar den Liedtitel als Filmtitel, so beispielsweise Mille lire al mese (1938) oder I pompieri di Viggiù (1949). In diesen ersten Musikfilmen finden sich Gesang, Tanz und Elemente des Revue-Theaters wieder. Eher selten finden diese Bausteine aber zu einem Gesamtbild zueinander und verfolgen mit verschiedenen künstlerischen Mitteln eine Handlung, so wie es die amerikanischen Filmmusicals bewerkstelligen. Der auf der Handlungsebene recht freie italienische Musikfilm wird kurz vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zum beliebtesten Genre der Italiener*innen. Er verhilft den Kinos zu Besucherrekorden und den Filmemachern zu guten Einnahmen. Die Kombination aus bewegtem Bild und angenehmen Texten, gesungen von wohlklingenden Stimmen, bietet dem Publikum willkommene Zerstreuung und lässt rund um den Gesang einen musikalischen Divenkult entstehen. Einerseits werden Opernsänger gefeiert, da die Verfilmungen der Opern des 19. Jahrhunderts in den Nachkriegsjahren sehr beliebt sind, und andererseits gefallen dem Publikum die Darbietungen der traditionellen melodischen neapolitanischen Lieder im Film. Stars der Oper waren zum Beispiel Tito Gobbi oder Gino Bechi. Einer der bekanntesten Namen für die Interpretationen des dramatisch-sentimentalen neapolitanischen Liedes ist Giacomo Rondinella. Die neapolitanischen Lieder sind besonders geeignet, da sie bereits in ihrer

39 Cf. Bìspuri 2015, 76, Kreuzer 2001, 46-47 40 Edisons Kinetofon hatte bereits 1895 Schläuche, die den*die Zuschauer*in Musik und Geräusche wahrnehmen lassen. Die technische Entwicklung gestaltet sich allerdings schwierig und es gelingt lange nicht, Musik und Dialoge synchron zum Film für ein saalfüllendes Publikum hörbar abzuspielen. Mikrofone, Aufnahmegeräte und Lautsprecher müssen für derartige Zwecke erst entwickelt werden. Warner Bros. und Western Electric kreieren das Nadeltonverfahren und schaffen es, 1926 das erste Mal Film und Schallplatte zu synchronisieren. Cf. Kreuzer 2001, 49-52 41 Cf. Altman 1999, 31-34 20 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger klassischen Ära, Ende des 19. Jahrhunderts bis circa 1920, in schriftlicher Form sehr weit verbreitet sind und viele Liebhaber in allen Gesellschaftsschichten haben. Es entsteht schon früh eine Art Kultur-Industrie, die bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts große Strahlkraft besitzt. Sie macht das neapolitanische Lied gleichzeitig zum Produkt der Hochkultur und der Massenkultur.42

4.2 Der italienische Musikfilm in den Fünfzigerjahren Während in den Fünfzigerjahren in Hollywood Filmmusicals produziert werden und große Verbreitung finden, kann dieses Genre in der klassischen Hollywood-Version in Italien nicht wirklich Fuß fassen, da andere Genres beim Publikum beliebter waren. Mischformen finden hingehen eher Gefallen. Aus der Tradition des Varieté-Theaters und der Theater-Revue entstehen auch in Italien Musicals.43 Das Varieté kann so gut wie alles zeigen und zieht seine Inspiration aus den Zirkusvorstellungen, zugeschnitten auf ein Provinzpublikum. Die Revue ist eine Weiterentwicklung des Varietés oder der Zwischenspiele und Vorauftritte bei der Aufführung von Theaterstücken. Die Revue zeigt auch klassische Theaterstücke und richtet sich eher an ein städtisches bürgerliches Publikum. Im Kino oder Fernsehen werden in Italien eher Mitschnitte von Theateraufführungen gezeigt als eigens für das Kino produzierte Musicals. Anfang der Fünfzigerjahre präsentiert sich das populäre Kino in verschiedenen Formen, Stilen, Genres und weist vor allem viele Überschneidungen zwischen den Genres und mit dem Theater auf. Zusammenfassend kann man feststellen, dass es damals in der italienischen Filmproduktion zwei starke Tendenzen gibt. Einerseits verwendet das Autorenkino, „il cinema d’autore“, die Musik eher im Hintergrund. Andererseits gewinnt die Komödie an Popularität. Sie nimmt eine spezielle italientypische Prägung an, „la commedia all’italiana“. Hier kann die Musik auch in vorderster Reihe stehen und es gibt in den Filmen viele Auftritte von bekannten und weniger bekannten italienischen Sängern und Bands. Die verschiedenen Ausprägungen des Musikfilms, seien es Musical44, Commedia musicale45,

42 Cf. Musi/Pozzi 2017, 33-39, Miceli 2016, 113, Careri 2014, 271-272, Sergi 2014, 111, Della Casa/Manera 2011, 13, Arcagni 2006, 27-32, Bassetti 2003, 218, Della Casa 2006, 9, Kreuzer 2001, 94-95, Spinazzola 1985, 55 43 Zum Beispiel von Garinei e Giovannini. Cf. Arcagni 2006, 11 44 Hier spielen die Musik und der Tanz die eigentliche Hauptrolle. 45 Eine Komödie mit beträchtlichem Anteil an Musik oder musikalischen Rollen. 21 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Melodramma musicale46, Film-rivista47, Favola musicale48 und ab 1960 das Musicarello49, bleiben beim italienischen Publikum sehr beliebt. Die Unterteilung des Genres „italienischer Musikfilm“ wird damals wie heute vorgenommen. Die Grenzen sind hier, vor allem aus heutiger Perspektive nicht immer klar. Aus damaliger Sicht spielt das Zugehörigkeitsgefühl der einzelnen Musiker*innen und Sänger*innen zu den verschiedenen Musikstilen sowie den dazu passenden Filmstilen eine große Rolle.50 Die unterschiedlichen Musikstile können im Film als Methode zur Figurencharakterisierung eingesetzt werden. Zum Beispiel werden gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Generationen aufgezeigt. In den Fünfzigern entsteht in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für Jugendkultur. Es scheint sich ein jugendliches Universum zu bilden, das sich von den Erwachsenen abgrenzt. Filmemacher zeigen dies im Kino. In Antonionis I vinti (1952) ist der gutbürgerliche Vater Musiker und spielt klassische Musik, während der rebellische Sohn vom amerikanischen Jazz, Boogie-Woogie und begeistert ist.51 Die italienische Musikszene und auch die Filmmusik wird in den Fünfzigerjahren fast bis zum Ende des Jahrzehnts von harmonischen melodiösen Klängen und schönen Stimmen dominiert. Zu den großen Stars der Melodie zählen zum Beispiel Claudio Villa, Luciano Tajoli, Achille Togliani und Nilla Pizzi52. Es existiert eine musikalisch sehr konservative Szene, die selbst Modugnos Gesten zu Nel blu dipinto di blu im Jahre 1958 als zu gewagt empfindet. Allerdings wirken das Kino und das Fernsehen als Möglichkeit der Verbreitung neuer Musikstile und Tendenzen. In der Mitte des Jahrzehnts gilt der Rock and Roll als wichtigster Einfluss aus den USA. Es eröffnet sich ein neuer Markt und so nehmen berühmte italienische Sänger*innen und Formationen italienische Versionen der Welthits auf oder sie lassen sich zu ähnlichen Kompositionen inspirieren. Trotz der neuen Einflüsse aus dem Ausland und dem Erfolg der jungen Sänger*innen kann der meist auch internationale Ruhm der Granden der „canzone italiana“ nicht so schnell verblassen und hält bei einigen, wie zum Beispiel bei Nilla Pizzi, noch mehrere Jahrzehnte an. 1953 tritt sie in Ci troviamo in galleria als ein für das Publikum

46 Hat romantisch-dramatische Handlung, mit musikalischen Rollen, beträchtlicher Anteil an Musik, die die Dramatik unterstreicht. 47 Die Verfilmung eines oder mehrerer Revue-Auftritte mit Einblick in den Backstage-Bereich und das Leben der Figuren. 48 Ein Märchen mit beträchtlichem Anteil an Musik, ev. auch ohne musikalische Rollen. 49 Cf. 4. Einordnung der Filme in die Geschichte des italienischen Kinos 50 Cf. Arcagni 2006, 11-30, Kreuzer 2001, 94-95 51 Cf. Capussotti 2006, 76, Capussotti 2002, 418 52 Sie ist der Star aus Ci troviamo in galleria. 22 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger bekannter Star auf und bleibt auch in den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern auf musikalischer Ebene und im Fernsehen sehr aktiv und erfolgreich.53

4.3 Nilla Pizzi – Sängerin und Schauspielerin Nilla Pizzi, geboren 1919, wächst in einfachen ländlichen Verhältnissen in einem kleinen Ort in der Nähe von Bologna, in Sant’Agata Bolognese, auf. Seit ihrer Kindheit singt sie und spielt gern Theater. In den Vierzigerjahren erreicht sie erste Berühmtheit durch das Radio, wo sie ältere und volkstümliche Lieder singt. Sie wird von der Rai unter Vertrag genommen, arbeitet mit dem Orchester zusammen und singt bald Lieder der damals erfolgreichsten italienischen Komponisten. 1951-52 gewinnt sie das erste und das zweite Festival della canzone italiana in San Remo mit dem Lied Grazie dei fiori und Vola colomba. Ihre Erfolge als Sängerin lassen sie in ganz Italien auftreten und eröffnen ihr neue finanzielle Möglichkeiten. Sie wird schließlich Königin, „regina della canzone italiana“, genannt. Ab den Sechzigerjahren tritt sie auch in den USA auf und betreibt einen eleganten Klub in Acapulco, der als Treffpunkt namhafter Künstler gilt. In den Achtzigern moderiert sie das Festival di San Remo und in den Neunzigern tritt sie in verschiedenen TV-Shows, beispielsweise Paolo Limitis È l’Italia che racconta… (1996) auf. Trotz zahlreicher Fernsehauftritte fühlt sie sich dort nicht angemessen aufgenommen, da sie kein Fernsehgenre findet, das zu ihr passt. Im Rückblick betont sie eher ihre Liebe zum Kino. Sie liebt es, vor der Kamera zu rezitieren und schätzt einige Regisseure und Schaupieler*innen sehr, unter anderem Sophia Loren und Carlo Dapporto, die mit ihr in Ci troviamo in galleria auftreten. In den Fünfzigerjahren spielt sie in einigen Kinofilmen mit, dort hat sie oft eine Singrolle. Ihre musikalische Karriere ist um einiges erfolgreicher als ihr schauspielerischer Einsatz. Sie veröffentlicht ab 1944 jedes Jahr mehrere Platten, Alben und Kompilationen. Die Musik bleibt immer ihre größte Leidenschaft, für sie und durch sie bereist sie die ganze Welt. Bis zu ihrem Tod 2011 gibt sie Konzerte, nimmt zahlreiche Lieder auf und vermarktet diese erfolgreich. Sie bleibt bis heute als Diva der canzone italiana in Erinnerung.54

4.4 Das Musicarello und die Sechzigerjahre I musicarelli […] I film italiani ambientati nel mondo della musica giovanile, coi cantanti di successo per protagonisti, sono un filone consistente della produzione anni ’60. Anticipati da

53 Cf. Della Casa/Manera 2011, 33-35, Arcagni 2006, 14, Della Casa 2006, 9, Capussotti 2006, 79-80, Musi/Pozzi 2017, 20-65 54 Cf. Musi/Pozzi 2017, 9-31, 39-42, 132-136, Della Casa/Manera 2011, 35, Calabretto 2003, 318 23 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

alcuni titoli significativi in coda ai ’50 (tra tutti, I ragazzi del juke-box, 1959), e prolungati da qualche epigono dei primi ’70, sono attraversati da una confusa tensione verso il nuovo, in sintonia con la forte spinta al cambiamento che caratterizza il decennio.55 Il nome risulta ricalcato su quello di 'Carosello', la rubrica di pubblicità televisiva che veniva trasmessa dall'emittente nazionale e i cui episodi vedevano spesso protagonisti gli interpreti più famosi di questo genere cinematografico.56 [Il musicarello] fa parte del settore della storia dell’industria cinematografica italiana comunemente identificato con il «basso costo». […] studiare il musicarello permette di fare i conti con un prodotto industriale.57 Als „Musicarello“ werden eigentlich erst Filme ab ca. 1960 bezeichnet, das dahinterstehende Konzept trifft teilweise aber auch schon auf Filme davor zu. Einen großen Anteil der Spielzeit nehmen die Lieder im Film ein. Diese werden von einem oder mehreren kürzlich erfolgreich gewordenen Stars gesungen. Indirekt werden auch neue Produkte der aufkommenden Konsumgesellschaft beworben, das wichtigere Ziel ist aber das Publikum mit der Pseudo- Lebensgeschichte des Stars gut zu unterhalten und zum Kauf der Platten zu animieren, um so mit geringerem filmischem Aufwand hohe Gewinne zu lukrieren. Diese Definition könnte nun zum Beispiel auch auf Filme wie Ci troviamo in galleria (1953) zutreffen. Die Bezeichnung kann aber nicht verwendet werden, da ein weiteres Kriterium zur Beschreibung der Musicarelli die Darstellung der Jugendkultur ist. Als erste Musicarelli gelten Juke-box, urli d’amore (1959), I teddy-boys della canzone (1960) oder Urlatori alla sbarra (1960) mit Mina und Adriano Celentano. Die Medien beginnen die Jugendlichen als neue Konsumenten zu identifizieren und wollen sich nun zielgerichtet an sie wenden. Diese neue Zielgruppe soll positiv angesprochen werden, indes möchte man die ältere Generation auch nicht komplett verstören oder abschrecken. In Ci troviamo in galleria geht es um die Randgruppe der Künstler, von denen einige erfolgreich werden. In Rita la zanzara (1966) und Non stuzzicate la zanzara (1667) ist das Augenmerk auf die große gesellschaftliche Gruppe der Jugendlichen gerichtet, die mehr Aufmerksamkeit einfordert. Eine erfolgreiche, Wettbewerbe gewinnende Schülerin lehnt sich mithilfe ihrer Kommilitoninnen gegen die Lehrer*innen und gegen die Eltern auf. Diese und vorherige Filme bringen den Gegensatz der Generationen zum Ausdruck.58

55 Dagrada 2001, 282 56 „Musicarello” in Della Casa 2004 57 Bisoni 2020, 8 58 Cf. Della Casa/Manera 2011, 11-14, Dagrada 2001, 282-283 24 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Das Musicarello ist für diese Arbeit besonders interessant, da es eine (auto-)biografische und dokumentarische Dimension aufzeigt. Diese Filme gewähren bis heute einen Einblick in eine besonders lebendige Zeit der Musik- und Filmgeschichte. Das Musicarello geht aus einer langen Tradition der Musikfilme in Italien hervor und stellt eine Art Höhepunkt dar, um dann in den Siebzigerjahren im Fernsehen als Wiederholungen und Neuproduktionen weiter zu leben. In diesen Filmen ist die Entwicklung Italiens sichtbar, von einem landwirtschaftlich geprägten Land zu einem Industriestaat, mit all ihren gesellschaftlichen Folgen. Der kommerzielle Aspekt der Musicarelli ist ständig präsent. Die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs wird gefeiert und davon sollen alle Zuschauer begeistert werden. Das heißt die Gegensätze zwischen den Generationen werden als überwindbar dargestellt, um auch die ältere Generation von der Weiterentwicklung der Gesellschaft zu überzeugen und zum Konsum zu bewegen.59 Der Begriff Musicarello leitet sich von den 1957-1977 üblichen Werbeeinschaltungen im Fernsehen, die sogenannten „caroselli“ ab. Manche der Schauspieler*innen treten zuvor in diesen Werbesketches auf und wiederholen die Slogans dann im Film auf ironische Art und Weise. Die Verbindung zu diesen Caroselli besteht auch, weil die Filme an sich eine Werbung für die darin enthaltenen Lieder waren. Die Sänger*innen spielen sich selbst oder eine idealisierte Version ihrer selbst. Es handelt sich um Komödien mit Happyend. Am Schluss finden die Liebenden zueinander, die Konflikte durch Eifersucht oder mit den Eltern lösen sich auf und der Sänger oder die Sängerin hat einen großen Auftritt im Fernsehen. Mit diesem einfachen Aufbau treffen sie in den Sechzigern den Geschmack eines großen Publikums und es werden sehr viele Musicarelli produziert. Einige feiern sogar Erfolge im Ausland. Dieses Jahrzehnt gilt aber allgemein als Blütezeit der italienischen Filmindustrie, so hatten die Produzenten eine große Auswahl an künstlerischen und finanziellen Mitteln, um erfolgreich Filme zu produzieren. Ein weiterer Faktor für den Erfolg der Musicarelli im Kino war die reglementierte Sendezeit für Musik im Fernsehen und das Fehlen eines Fernsehgeräts in vielen Privathaushalten. Das Kino war damals noch ein großer Publikumsmagnet und eine beliebte und moralisch akzeptable, da durch Zensur geregelte, Freizeitbeschäftigung, der auch Frauen bedenkenlos nachgehen konnten. Ins Kino gehen war seit den Fünfzigern vielleicht

59 Cf. Della Casa/Manera 2011, 8-9, 14, 19, 29, 42, Arcagni 2006, 11, 13 25 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger sogar die wichtigste Freizeitaktivität. Erst in den Siebzigerjahren macht das private Fernsehen dem Kino vermehrt Konkurrenz und die Besucherzahlen sinken in den Sälen.60 Der Generationenwechsel, der sich im Film sowie in der Musik im Italien der Sechziger bemerkbar macht, wird durch das Ausland beeinflusst. Die Musik wird vom US- amerikanischen Rock and Roll und englischen Beat beeinflusst. Das jugendliche Publikum rezipiert damit auch den mitschwingenden Lebensstil. Auf dem Musikfestival Cantagiro, das seit 1962 jährlich stattfindet, ist die Spannung zwischen den Generationen spürbar. Die Melodien der älteren Generation sind für ein viel breiteres Publikum bestimmt und so ist es aber auch der Musikfilm der Sechzigerjahre. Das Kino vereint die sogenannten Jungen mit den Alten und die ausländischen Einflüsse mit typisch italienischen Elementen. Das Einbringen der italienischen Geschichte, Lebensweise und Traditionen ist schon in den Fünfzigern ein erfolgreiches Mittel, um gegen die filmische Konkurrenz aus Hollywood zu bestehen. Im folgenden Jahrzehnt treten die gealterten Stars der Komödie und des Varietés, wie beispielsweise Totò, Nino Taranto, Peppino de Filippo oder Dolores Palumbo neben den neu- entdeckten Schauspieler*innen und Sänger*innen, wie zum Beispiel Gianni Morandi, oder Rita Pavone auf und verhelfen diesen wiederum zum Erfolg.61 Aus filmgeschichtlicher Sicht könnte man vermuten, dass die in den USA erfolgreichen Musicals die Musicarelli stark beeinflusst hätten. In der Bezeichnung „musicarello“ findet sich nicht nur das italienische Wort „musica“, sondern durch die zwei „ll“ liegt auch das engl. „musical“ nahe. Es lassen sich zwar Ähnlichkeiten erkennen, die Musicarelli sind aber keine Musicals im amerikanischen Sinn. Allein schon durch die Drehorte und die Darstellung der Familienverhältnisse oder gesellschaftlicher Hierarchien sind die Musicarelli sehr auf das italienische Publikum zugeschnitten. Die Filme über die Zanzara weisen einen relativ hohen Musicalcharakter auf, da die Handlung durch die Liedtexte nicht nur illustriert wird, sondern auch manchmal vorangetrieben wird. Gleichwohl tragen die Kostüme dazu bei. Während in Ci troviamo in Galleria wirklich auffällige Kostüme nur auf der Bühne getragen werden, gibt es in den Filmen der Zanzara Bühnenkostüme, die in Alltagssituationen getragen werden. Die Kleidung trägt zwar zur Charakterisierung der Figuren bei, versetzt das Publikum aber in eine Bühnenwelt. Im zweiten Teil Non stuzzicate la zanzara, ist der Musicalcharakter noch stärker

60 Cf. Grewe/Di Stefano 2015, 16, Della Casa/Manera 2011, 11-14, 23, 38, Gundle 2008, 263, Arcagni 2006, 13, 84, Capussotti 2002, 419 61 Cf. Della Casa/Manera 2011, 13-20, 38-40, 44, Arcagni 2006, 13-14, Della Casa 2006, 10 26 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger ausgeprägt, hier singt und tanzt Rita zum Beispiel mit Soldaten im Schweizer Garde-Kostüm oder mit Kindern im Cowboy-Kostüm.62

4.5 Rita Pavone – Sängerin und Schauspielerin Rita Pavone wird mit nur 17 Jahren beim Festival der Unbekannten in Ariccia als Sängerin entdeckt und vom 35-jährigen Teddy Reno, vormals Sänger, zu dem Zeitpunkt bereits Manager, unter Vertrag genommen. Mit Gianni Morandi präsentiert Rita Pavone die Jugendfernsehshow Alta Pressione im damals neuen zweiten Kanal der Rai. Ihre schauspielerischen Qualitäten zeigt Rita Pavone im mehrteiligen Fernsehfilm Il Giornalino di Gian Burrasca (1964), in dem sie einen Jungen spielt. Die Regie führt Lina Wertmüller. In Rita la figlia americana spielt sie an der Seite von Totò, dem zwar gealterten, aber immer noch sehr berühmten Komiker. Ihre ersten großen Hauptrollen hat sie in Rita la Zanzara (1966) und im zweiten Teil Non stuzzicate la zanzara (1967). Im selben Jahr spielt sie noch zwei weitere Hauptrollen in Stenos La feldmarescialla und Baldis Little Rita del west. Ihre Hitsingles werden im Radio gespielt und sie tritt in den Fersehshows Stasera Rita (1965) und Studio Uno (1662- 1966) auf, wo sie eine öffentlichkeitsverträgliche Version der Jugendkultur repräsentiert. Im Jahr 1968, während in Italien die soziokulturellen Verhältnisse im Umbruch sind, heiratet Rita Pavone den neunzehn Jahre älteren Teddy Reno. Ihre Liebesgeschichte lässt sich in den Grundzügen in den Filmen der Zanzara wiedererkennen und wird mit großem medialem Interesse von der Öffentlichkeit verfolgt. In den Siebzigerjahren kurbelt Rita Pavone ihre Karriere im Ausland an und versucht, sich in Italien ein Image als Cantautrice aufzubauen. Sie startet in den Zweitausender Jahren auch eine politische Karriere und kandidiert für den Senat63. Als Sängerin bleibt sie bis heute aktiv, veröffentlicht Platten und tritt nach wie vor in Fernsehshows64 auf.65

62 Cf. Arcagni 2006, 11-13 63 Sie kandidierte 2006 für die Partei Per l'Italia nel mondo von Mirko Tremaglia, wurde aber nicht gewählt. Cf. La Repubblica, 05.03.2006 64 u.a. 2016 als Kandidatin bei Ballando con le stelle, 2020 als Kandidatin beim Festival di Sanremo. Cf. Rai.it 65 Cf. Brioni 2017, 414-427, Pavone/Targia 2015, Arcagni 2006, 130-132, Della Casa/Manera 2011, 38, 40, 89- 91, 101 27 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

5. Analyse der Filme

Gerade die Komplexität des Nebeneinanders verschiedener Zeichenarten im Medium Film macht die Analyse schwierig und spannend zugleich. Das Zusammenspiel von bewegtem Bild, Sprache und Musik ergibt ein künstlerisch dynamisches Gefüge, das sich einer Vielfalt von Lesarten öffnet.66 Film- und Fernsehtexte sind über den Inhalt und die Repräsentation mit gesellschaftlichen Diskursen verbunden. In der Analyse dieser Aspekte kann herausgearbeitet werden, wie sich Filme und Fernsehsendungen im sozialen und diskursiven Feld einer Gesellschaft verorten.67 Sie können die Wirklichkeit reflektieren, aber sich auch allein durch die Auswahl des Dargestellten mit der Wirklichkeit auseinandersetzen.68 Die zu analysierenden Filme fallen in ein spezielles Genre, das des Musikfilms, genauer gesagt das der musikalischen Komödie und das des Musicarellos, zudem sind es Filme über fiktive Musikercharaktere. Ci troviamo in galleria steht alleine, Rita la Zanzara (1966) allerdings gilt als einziges Musicarello mit weiblicher Hauptrolle, das auch einen zweiten, inhaltlich gut verbundenen Teil hat, namens Non stuzzicate la zanzara (1967). Die Hauptfigur entwickelt sich im zweiten Teil weiter, da sie sich im ersten Teil in der einigermaßen geschützten Umgebung der Schule behaupten muss und im zweiten mit ihren Eltern und der Möglichkeit der Berufstätigkeit konfrontiert wird. Dies ist hier auch von Interesse, denn es zeigt, inwieweit die Frauenrolle selbstständig oder abhängig ist.69 Das Hauptaugenmerk der Analyse soll auf den Frauen in den Hauptrollen liegen. Erstens lassen sich figurale, auktoriale, implizite und explizite Methoden der Figurencharakterisierung nach Pfister, Beil, Kühnel und Neuhaus erkennen, die auch im Theater verwendet werden.70 Es soll gezeigt werden, ob die Charakterisierung durch die Figur selbst oder die Nebenfiguren, also figural, erfolgt oder durch eine Figur eines „allwissenden Erzählers“, also auktorial, stattfindet. Der allwissende Erzähler ist eigentlich ein Begriff aus der Erzähltextanalyse, den Pfister71 für das Theater-Drama anwendet und den Beil, Kühnel, Neuhauser72 für den Spielfilm adaptieren.

66 Cf. Kessler 2014, 116, Mikos 2015, 97-99 67 Mikos 2015, 97 68 Cf. Mikos 2015, 97-98, Micheli 1991, 7 69 Cf. Della Casa/Manera 2011, 151-152, Arcagni 2006, 13, 84, 137-144 70 Cf. Figurencharakterisierung nach Beil et al. 2016, 254-258, Mikos 2015, 155-177, Pfister 2001, 240-265, Hartmann 2009, 39 71 Cf. Pfister 2001, 262 72 Cf. Beil et al. 2016, 254 28 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Dabei handelt es sich um eine Erzählperspektive, die Innen- und Außenwelt der Figuren kennt und diesbezüglich im Vergleich zu den Figuren und Zuschauer*innen einen Wissensvorsprung hat. Die explizite auktoriale Figurencharakterisierung erfolgt durch sprechende Namen, die implizit auktoriale durch die Figurenkonstellation im Film und die Konfiguration in der Szene oder durch indirekt charakterisierende Namen. Die figurale Figurencharakterisierung ist einerseits explizit und dabei diskursiv, also verbal. Hier ist interessant, ob die Figur über sich selbst spricht, also im Eigenkommentar, oder ob andere über sie sprechen, also im Fremdkommentar. Andererseits kann die figurale Charakterisierung implizit und präsentativ durch Gestik, Mimik und das Äußere der Figur gezeigt werden. Außerdem kann die Figurencharakterisierung mimetisch oder diegetisch sein, das heißt sie kann durch Äußerlichkeiten oder durch die filmische Erzählweise dargestellt werden.73 Zweitens können Analysemethoden des Biopics angewendet werden, wenn es sich auch nur um Biopics im weitesten Sinn handelt, nämlich um fiktive Teilbiografien.74 Die Besonderheit besteht darin, dass sich die Sängerinnen selbst spielen und der dargestellte Karrierebeginn Großteils erfunden ist. Ihr Aufstieg zu Berühmtheiten wird wenig faktentreu, wenig glaubwürdig und sehr idealisiert dargestellt, da beispielsweise die Hürden im Film sehr leicht zu überwinden sind. Das heißt, es stehen doch die Unterhaltung und die Werbewirkung im Vordergrund. Die Darstellung einer fiktiven Biografie muss nicht, kann aber die Entstehungszeit reflektieren. In den analysierten Filmen wird besonders die Entwicklung der Unterhaltungsmedien deutlich.75 Es handelt sich, drittens, um eine Art Werbefilm, der den Verkauf der Platten ankurbeln und somit den Geschmack des Publikums treffen will.76 Beide Sängerinnen sind zu der Zeit, als die Filme im Kino gespielt werden, einer großen Öffentlichkeit bekannt. Die Spielfilme stellen dem Publikum die Frauen nun noch einmal neu vor. Die analysierten Filme zeigen die Entwicklung junger Sängerinnen zum Star. Im Vergleich mit den Biografien werden die Elemente der Inspiration für die Filme deutlich werden. Die Gegenüberstellung eines Films vom Anfang der Fünfzigerjahre mit einem aus der Mitte der Sechzigerjahre soll auch mögliche gesellschaftliche Veränderungen aufzeigen. Selbstverständlich handelt es sich um zwei einzigartige Künstlerinnen, deren Persönlichkeit

73 Cf. Beil et al. 2016, 254-256, 314-319, Mikos 2015, 118 74 Cf. Definition des Biopics nach Taylor 2002, 20-23, Authentizität im Biopic nach Königer 2015, 12-22, Pseudobiografien nach Neale 2000, 61 75 Cf. Königer 2015, 17 76 Cf. Mikos 2015, 232 29 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger auch in den Rollen, die sie im Film verkörpern, durchscheint. Das heißt, dass sie beispielsweise Bewegungsmuster bei Gesangsauftritten nicht so leicht ablegen können. Es werden eventuelle Unterschiede in der Darstellung ihrer Rollen im Film herausgearbeitet und die Gründe dafür eruiert. Nilla Pizzi und Rita Pavone hatten vor diesen Filmen zwar schon ein wenig schauspielerische Erfahrung, sie wurden aber auf Grund ihrer sängerischen Fähigkeiten für diese Rollen ausgewählt. Das heißt, sie sind eigentlich keine „Berufsschauspieler“ im Sinne Kracauers77, die sich an verschiedene Rollen gut anpassen können, denn sie spielen keine grundverschiedenen Rollen in ebenso unterschiedlichen Filmen. Sie fallen eher in den Bereich des „type casting“78, das heißt, dass sie eine Rolle spielen, die ihrem eigenen Charakter ähnelt oder sich aus ihm entwickelt. Es wurde ein weiblicher Star, der im Film mehrmals singend auftritt, gesucht. Das spricht für die damalige Zeit und lässt Pizzi und Pavone den amerikanischen Hollywoodstars nahekommen, die auch mit „type casting“ ausgewählt wurden, wie beispielsweise Greta Garbo oder John Wayne. In den Filmen sieht man auch Elemente des „Bühnenschauspielers“79, der beispielsweise viele Gesten einsetzt, um seine Figur zu charakterisieren, da sein Gesicht nicht in Nahaufnahme gezeigt werden kann. Beide Darstellerinnen haben als Jugendliche erste Erfahrungen im Theater gemacht und stehen auch als Sängerinnen oft auf einer Bühne, haben also auch eine gewisse Bühnenprofessionalität entwickelt. So zeigen sie im Film etwa bei Musiknummern und bei Alltagsszenen sich wiederholende Gesten, die ihre Figuren charakterisieren. Nilla Pizzi macht zum Beispiel als Caterina Lari elegant gleitende Handbewegungen beim Singen und Sprechen. Diese heben Sie von den anderen sich hektisch bewegenden Figuren ab und zeigen ihre Größe als Star. Pavone macht als Rita la Zanzara öfter eine lange Nase, die für ihre freche ungehorsame Figur steht. Diese Überzeichnungen der Figuren, die Konstruiertheit der Handlung und das Fehlen der Natürlichkeit nach Kracauer80 ist wiederum typisch für das Genre der Filme, in dem es schwer möglich ist, die Figuren natürlich wirken zu lassen, da allein schon die vielen Gesangsdarbietungen in einem Musikfilm oder Musicarello für eine echte Person unnatürlich sind.81 Die Einbettung der Geschichten in das übergeordnete Genre der Komödie, lässt den Regisseur*innen sowie den Schauspieler*innen seit jeher mehr Freiheit in der Darstellung,

77 Cf. Kracauer 2006, 144 78 Beil et al. 2016, 53 79 Beil et al. 2016, 52 80 Cf. Kracauer 2006, 136-138 81 Cf. Beil et al. 2016, 52-54 30 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger abgesehen von den Einschränkungen der damaligen Zensur, die aber alle Genres betreffen. Das Genre der Komödie kann sich in viele Subgenres, wie Slapstick-Komödie82, Liebeskomödie, Parodie83, Satire84, Farce85, schwarze Komödie86 und andere untergliedern und es ist durchaus üblich, dass sich in einem Film auch Elemente verschiedener Subgenres wiederfinden, wie das auch in den analysierten Filmen der Fall ist. Zentrale Elemente des Musicarellos, wie zum Beispiel eine simple Handlung, ein Happyend, Gags oder Slapstick-Einlagen überschneiden sich mit vielen Varianten der Komödie. Eine gewisse Abfolge oder Figurenkonstellation ist nicht vorgegeben, bis auf die Erwartungshaltung der Zuschauer*innen auf ein Happyend. Diese wird erfüllt, der restliche Film ist speziell rund um die Darstellung der Sängerin und ihrer Lieder aufgebaut.87

5.1 Hypothesen vor der Sichtung der Filme 5.1.1 Allgemeine Hypothesen Die Analyse der Filme erfolgt aus heutiger Sicht. Auf Grund der vorhergehenden Recherchen kann man vor der Vision der Filme von den folgenden Hypothesen in Bezug auf die Frauenrollen in den Filmen ausgehen. Da es in den damaligen musikalischen Komödien und Musicarelli nicht viele Frauen in Hauptrollen gibt, könnte man meinen, dass diese etwas Besonderes an sich haben. Als heutige*r Zuschauer*in vermutet man allein schon deswegen innovative Rollen, die aus dem damaligen klassischen Frauenbild ausbrechen, wie beispielsweise freche unabhängige Mädchen, selbstständige erfahrene Frauen, die auch in der Männerwelt mitreden können oder ehrgeizige Karrierefrauen, die über ihr Geld frei verfügen können. Da die Filme aber noch vor größeren sozialen Umwälzungen88, wie die Reform des Familienrechts 1975, gedreht wurden, erwartet man sich auch viele klassische Rollen, wie zum Beispiel die Hausfrau, das Mauerblümchen, das dumme Blondchen oder die Unschuld vom Lande. Als Pendant dazu erwartet man sich von den Männern ebenso klassische Rollen, wie beispielsweise den strengen Hausherren, den Familienvater, den verehrten Schönling oder den Don Juan. Solch klassische oder stereotype Rollen können einerseits den Zeitgeist reflektieren oder parodieren, andererseits können sie in der Komödie untereinander leicht

82 z.B. die Komödien von Charlie Chaplin 83 Eine Parodie zeigt die Handlung anderer Filme, oder Teile daraus, in humoristisch verzerrter Form. 84 Eine Satire übt auf humoristische Weise Kritik, zum Beispiel an der Gesellschaft. 85 Eine Farce zeigt extrem übertriebene, absurde oder extravagante Situationen. 86 Der Humor einer schwarzen Komödie basiert auf der lustigen Darstellung eigentlich tragischer Inhalte. 87 Cf. Beil et al. 2016, 236, Giacovelli 2015, 5-7, 14-20, Koch 1988, 36 88 Cf. 2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien 31 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger gegeneinander ausgespielt werden und die Handlung wird lustig, zum Beispiel könnte ein Don Juan durch die Liebe zu einem Mauerblümchen zu einem anderen Leben bewegt werden oder die Hausfrau könnte sich durch Streik im Haushalt gegen den dominanten Hausherrn durchsetzen. Wenn man die Chronologie der Entstehungszeiten der einzelnen Filme betrachtet, könnte man vermuten, dass die Frauenrollen der Sechziger innovativer und selbstständiger sind als die der Fünfziger.89 In Bezug auf die Entstehungszeit hat ein*e heutige*r Zuschauer*in bezüglich der Frauenrollen viele Vorurteile und Klischeevorstellungen. Dies ist einerseits den klischeehaften Darstellungen in den Filmen aus der Zeit geschuldet, andererseits gelten damals tatsächlich noch unterschiedliche Gesetze für Mann und Frau, die das gesellschaftliche Zusammenleben regeln. Es ist also zu vermuten, dass zum Beispiel die noch gesetzlich geregelte Abhängigkeit vom Vater oder Ehemann gezeigt wird, dass eine Hochzeit und eine Ehe die eigentlichen Ziele der Frauenrollen sind. Trotz der möglichen innovativen und außergewöhnlichen Rollen, die die beiden Sängerinnen als im echten Leben erfolgreiche, sehr in der Öffentlichkeit stehende Stars einnehmen könnten, wäre es möglich, dass im Film die männlichen Figuren die weiblichen schließlich doch in den privaten Bereich zurückdrängen. Eine derartige Entwicklung könnte dann auch äußerlich an für damalige Verhältnisse anständigerem und züchtigerem Auftreten sichtbar gemacht werden. Deshalb ist vor der Sichtung der Filme davon auszugehen, dass viele geschlechtertypische Berufe zu sehen sein werden, wie Hausfrauen, Direktoren, Sekretärinnen, Fahrer, und ähnliche, wobei man im künstlerischen Bereich mehr Frauen erwartet als in anderen beruflichen Bereichen, da die Schauspielerei, Singen oder Malen auch akzeptable weibliche Hobbys waren. Es ist zu vermuten, dass diese klassischen Rollenbilder am Äußerlichen der Darsteller, an den Gesprächen und an den Beziehungen untereinander im Film sichtbar werden. Auch Gestik, Mimik und die gezeigten Emotionen könnten im Film typische Frauenrollen unterstreichen. Frauen gelten in der europäischen Gesellschaft als emotionaler, also würde man zum Beispiel ein vor Liebeskummer weinendes Mädchen erwarten. Es wäre möglich, dass sich die Sängerinnen von diesen Klischees abheben, einerseits da sie im Type-Casting-Verfahren ausgewählt wurden und vielleicht gar nicht anders können, da sie im echten Leben bereits unabhängig sind, andererseits, weil für sie auf Grund ihrer Biografie selbstständigere Rollen maßgeschneidert werden, da sonst die Authentizität leidet.

89 Cf. 2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien 32 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Weitere Hypothesen beziehen sich auf den Einfluss des Ortes und der Zeit auf die Frauenrollen in den Filmen. Ein zentraler Ort für Sängerinnen ist die Bühne. Eine Hypothese ist, dass die Sängerinnen im Film durch erfolgreiche öffentliche Auftritte immer selbstbewusster werden und dadurch auch im privaten Bereich selbstständiger werden. Die Frauenrollen könnten sich im Laufe der Spielzeit entwickeln. Auf Grund des Genres kann ein*e Zuschauer*in natürlich auch von vielen Liedern ausgehen. Es ist zu vermuten, dass diese dann auch passend zum Geschehen eingesetzt werden und beispielsweise die Unabhängigkeit oder Rebellion der Frauenrollen unterstreichen. Zusätzlich erwartet man sich viel Spielzeit und Handlung auf der Bühne, um diesem Ort die angemessene Wichtigkeit für die weibliche Figur zu verleihen. Die Zeit im Sinne von Entstehungszeit der Filme hat mit der damaligen Mode wiederum sicherlich die Kostüme beeinflusst. Vermutlich werden damit typische oder untypische Frauenrollen verstärkt und die Figurencharakterisierung verdeutlicht. Die Hauptdarstellerin in den Fünfzigern könnte traditioneller gekleidet sein, also z. B. mit Kleid oder Rock, als die in den Sechzigern, hier erwartet man sich mehr Hosen bei der Hauptdarstellerin. Eine letzte Hypothese, die in allen Analysepunkten mitbedacht werden sollte, betrifft die Regie der Filme. Nicht nur auf Grund des späteren Entstehungsdatums, sondern auch auf Grund der weiblichen Regie der Zanzara-Filme durch Lina Wertmüller ist zu erwarten, dass hier mehr innovative und emanzipatorische Anstöße als in Ci troviamo in galleria von Mauro Bolognini aus den Fünfzigern gezeigt werden. Lina Wertmüller arbeitet an den Zanzara-Filmen, nachdem sie bereits erfolgreich I basilischi (1963) und Questa volta parliamo di uomini (1965) veröffentlicht hat. Beide Filme zeigen damals aktuelle italienische Bezüge, diese könnte man sich auch in den Zanzara-Filmen erwarten. Ci troviamo in galleria hingegen ist Bologninis erster Film. Seine Lehrmeister waren die Regisseure Luigi Zampa und Luchino Visconti, aber auch seine Mitarbeit 1952 bei den französisch-italienischen Produktionen L’ora della verità von Jean Delannoy und Naso di cuoio von Yves Allégret hat ihn beeinflusst. Die Filmkritiker bezeichnen ihn später als konservativen Ästheten, der außer dem Blick auf die Gegenwart auch immer ein Auge auf die Vergangenheit hat. So könnte man sich also eine klassische Sicht aus der Männerwelt erwarten und eher weniger emanzipatorische Frauenrollen.90 In der folgenden Analyse ist nun also zu klären, wie das Image als Star der musikalischen Frauenrollen und wie ihre gesellschaftliche Rolle tatsächlich im Film dargestellt wird. Es sollen

90 Cf. Bocchi/ Pezzotta 2008, 21-25, 37-39, Canova 2003, 257, Brunetta 1993, 292, Spagnoletti 1988, 101-103, Miccichè 1975, 297-303, Haberlik 2010, 23-24 33 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Antworten auf die Fragen gefunden werden, ob Klischeevorstellungen erfüllt und traditionelle Rollenbilder gezeigt werden, oder ob man innovative, unabhängige, selbstständige Frauen sehen wird. Schließlich soll herausgefunden werden, inwiefern die Zeit, der Ort und die Regie die Frauenrollen beeinflusst.

5.1.2 Hypothesen aufgrund der Plakate/Cover Die Filmplakate aus der Zeit verleiten in unterschiedlicher Weise zu derartigen Hypothesen.

Abb. 1: Plakat Ci troviamo in galleria (Version 1) Auf dem ersten Plakat sind die Frauen direkt im Vordergrund in Szene gesetzt. Die Antagonistin steht im Zentrum und links oben die Protagonistin. Die männliche Hauptrolle steht im Hintergrund, sieht auf die vorderste Frauenrolle herab und zieht die Augenbraue hoch. Seinen Blick könnte man als despektierlich interpretieren und somit vermuten, dass er oder die Männer im Film überhaupt, falls er sie repräsentiert, die Frauen geringschätzen. Es könnte sein, dass die Männer im Film den Frauen nicht wirklich ihren Erfolg zugestehen. Aus der Darstellung am Plakat wird deutlich, dass der Körper Sophia Lorens im Vordergrund für ihre Rolle als „Marisa“ wichtig ist und für Nilla Pizzi links oben als „Caterina Lari“ zweitrangig

34 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger ist. Durch den Rahmen wirkt Caterina Lari auch weniger der Szene zugehörig. Sie scheint sich von der Situation abzuheben, als stünde sie über den Dingen. Ihr Erfolg scheint unabhängig von Geschlechterrivalitäten. Marisa steht vorne und hält ihr Kinn selbstbewusst hoch, Caterina Lari hält es hingegen demütig tief. Es stellt sich die Frage, ob ihre Rollen im Film also unterschiedlich emanzipiert sein werden und ob Marisa alles macht, was sie will und bekommt, was sie will und Caterina vielleicht nicht. Insgesamt wirkt das Plakat sehr widersprüchlich und macht das Publikum neugierig. Der Titel Ci troviamo in galleria sagt eigentlich noch nichts über Caterinas oder Marisas Tätigkeit als Sängerinnen oder Varieté- Sternchen, also Varieté-Künstlerinnen, aus. Das damalige Publikum kannte natürlich Sophia Loren schon aus anderen Filmen und Nilla Pizzi war als erfolgreiche Sängerin bekannt, wobei die Rosen eines ihrer erfolgreichsten Lieder Grazie dei fiori in Erinnerung rufen, mit dem sie 1951, zwei Jahre zuvor, das erste Festival di San Remo gewonnen hatte. Durch die Positionierung auf dem Plakat ordnet der*die Zuschauer*in vielleicht Nilla Pizzi als gar nicht zur Handlung gehörend ein. Vielleicht denkt er*sie, dass die Geschichte von Marisa und Gardenio handelt, die sich bei einem Konzert von Nilla Pizzi treffen.

Abb. 2: Plakat Ci troviamo in galleria (Version 2)

35 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Das zweite Plakat vermittelt einen anderen Eindruck. Hier scheint es, als sei der Mann, Carlo Dapporto als Gardenio, die Hauptrolle und die weiblichen Rollen seien zu seiner Verehrung eingesetzt, rechts Nilla Pizzi als „Caterina Lari“, links Sophia Loren als „Marisa“. Dieses Bild bestätigt eher die Hypothese des traditionellen Rollenbilds und die Annahme, dass in den Fünfzigern natürlich die Männer das Sagen hatten, erfolgreich waren und die Frauen ganz glücklich darüber waren. Die Filme aus den Sechzigern suggerieren auf Grund ihrer Plakate bzw. Film-Cover ein innovativeres Frauenbild, da die Hauptfiguren anders angeordnet sind und die Nebenfiguren durch ihre Mimik andere Reaktionen zeigen.

Abb. 3: Plakat Rita la zanzara Wie in Abbildung 1 ist eine Frau, die Protagonistin, größer dargestellt als die männlichen Figuren, aber, anders als im ersten Bild, wirkt sie durch die Matrosen-Uniform sehr burschikos. Sie befindet sich wie Nilla Pizzi in der zweiten Abbildung in einer Art Rahmen und wirkt dadurch abgehoben und sie steht etwas über den anderen Figuren. Von Letzteren ist sie aber nicht vollkommen losgelöst, da ihr Arm in deren Richtung zeigt. Ausgehend von diesem Coverbild könnte man die Hauptdarstellerin als der Handlung zugehörig, aber als unter den anderen Figuren als auffällig bezeichnen. Sie streckt die Zunge Richtung Publikum, nicht direkt den anderen Figuren, entgegen und zeigt, wie sie sich im Film verhalten wird, frech, gegen die

36 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Regeln und wie ein Junge. Die restlichen abgebildeten Figuren zeigen unterschiedliche Reaktionen auf sie. Der junge Mann ganz oben wirkt eher neutral und verschlafen. Das ist im Film Paolo, der Gesangslehrer. Die junge Dame, Paolos Freundin, wirkt verträumt und eher beeindruckt von der Radfahrerin. Der Koch scheint überrascht. Ein älterer Herr wirkt erbost, das ist im Film der Schulamtsleiter der Region. Ein weiterer älterer Herr wirkt resigniert. Als Zuschauer*in könnte man meinen, die Hauptdarstellerin wird im Film sehr unabhängig und selbstbewusst sein. Sie hat ihr eigenes Fortbewegungsmittel, sie wird keine Regeln respektieren und alles machen, was sie will, auch das, was damals für Mädchen in ihrem Alter nicht vorgesehen war. Von Musik und Tanz ist allerdings noch nichts erkennbar, wobei das damalige Publikum den Namen Rita Pavone schon wegen ihrer Lieder und aus dem Fernsehen kannte. Das Plakat für den zweiten Teil der Zanzara-Filme verrät noch mehr über scheinbar unabhängige Frauenrollen.

Abb. 4: Plakat Non stuzzicate la zanzara Hier scheint es auf den ersten Blick nur um Musik und Tanz zu gehen und um zwei weibliche Hauptdarstellerinnen. Rechts ist Rita und links ihre Mutter zu sehen. Sie scheinen große Stars zu sein, während sie von den anderen Figuren aus der Ferne bejubelt und verfolgt werden. Die Männer sind klein und im Hintergrund. Auch wenn es vielleicht mehr sind als am Plakat

37 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger des ersten Zanzara-Films, sind sie hier unterrepräsentiert und wirken durch ihre Miniaturdarstellung unwichtig. Die Figuren hinten sind so klein, dass man nicht mit Sicherheit erkennen kann, ob es sich bei der Dame im Auto um eine Braut handelt. Das wäre wiederum ein Klischee, mit dem man in einem Film aus dieser Zeit schon rechnen würde, da ein klassisches Happyend einer Komödie eine Hochzeit zeigen kann.

5.2 Die Rolle der Sängerin Um die Frauenrollen in den drei Filmen besser zu verstehen, sollen im Folgenden die entscheidenden Wendepunkte in den Filmen analysiert werden. Diese sind vor allem der erste Auftritt im Film bzw. der erste Auftritt auf einer Bühne, danach müssen die Protagonistinnen auf ihrem Weg zum Erfolg einige Hürden überwinden, bis sie schließlich am Schluss einen großen Auftritt haben.

5.2.1 Der erste Auftritt Beide Darstellerinnen, Nilla Pizzi und Rita Pavone, spielen in den analysierten Filmen Sängerinnen. Im echten Leben sind sie bereits berühmte Stars. Im Film wird dieser erfolgreiche Aufstieg nun unterschiedlich dargestellt. Schon die Ausgangspunkte sind sehr verschieden. Der ältere Film bedient sich einer komplizierten Version der Präsentation der weiblichen Hauptfigur, während der jüngere die klassische Version verwendet, wie die folgende Analyse zeigt. Der Anfang ist für jeden Spielfilm ein wichtiger Moment und sagt bereits viel über den Film aus. Im besten Fall erfüllt er mehrere Aufgaben gleichzeitig, führt die Zuschauer*innen in die Thematik ein, erzeugt Spannung, wirft Fragen auf und schafft Interesse für die darauffolgende Handlung. Die Figuren werden eingeführt, meist auch die Hauptfigur. Kommt der*die Protagonist*in oder eine der Hauptfiguren darin nicht vor, hat das auch eine Bedeutung für die Charakterisierung der Figur, da es ihren besonderen Status in der Figurenkonstellation betont.91 Die drei Musikfilme zeigen zwei sehr unterschiedliche Sängerinnen mit verschiedenen Musikstilen. Dieser Unterschied ist gleich zu Beginn der Filme erkennbar. Während Rita la zanzara aus den Sechzigerjahren auf einen klassischen Einstieg baut, der dem Zuschauer alle wichtigen Eckdaten der Hauptfigur vermittelt, wird in Ci troviamo in galleria das Erscheinen

91 Cf. Mikos 2015, 117, Bernardi 2010, 151, Hartmann 2009, 23-32, Taylor 2002, 247, Micheli 1991, 33-42, 82 38 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger der Hauptfigur hinausgezögert. Im Anschluss werden hier nun spezielle Aspekte der Einführung der Hauptfigur erläutert.

5.2.1.1 Der verzögerte erste Auftritt Caterinas im Film Ci troviamo in galleria Die Technik der verzögerten Einführung ist eine effiziente Methode, um die Erwartung des Publikums an den ersten bezeichnenden Auftritt der Hauptfigur zu steigern. Es werden circa fünfzehn Minuten von der klassischen Spielfilmlänge von 90 Minuten dazu verwendet, zuerst fast alle anderen Figuren einzuführen. Die Situation wird erklärt, das heißt eine Truppe Varietékünstler, angeführt von der männlichen Hauptfigur Gardenio, plant Auftritte und ist dabei nicht besonders erfolgreich. Erst als eine Bühne zur Verfügung steht, tritt Nilla Pizzi als Caterina Lari auf. Ihr makelloser Gesang wird noch verstärkt durch den Gegensatz zum vorangegangenen schlechten Bühnenprogramm. Die Truppe wird ausgepfiffen, erntet nie Applaus, höchstens Tomaten im Gesicht und Buh-Rufe. Es handelt sich zwar auch für Caterina nur um eine Provinzbühne, trotzdem wird sie dort schon als großer Star gefeiert. Das Publikum applaudiert und bewundert sie. Hier steht sie am Anfang ihrer Karriere und ist etwas schüchtern. Eigentlich ist sie Kellnerin. Das Publikum muss sie durch Zurufe und das freundlich gemeinte Pfeifen ihrer Melodie dazu auffordern, auf der Bühne zu singen.92

5.2.1.2 Biografische Bezüge beim ersten Auftritt der Caterina zu Nilla Pizzi Schon bei ihrem ersten Auftritt können Parallelen zum Leben Nilla Pizzis gezogen werden, auch sie kommt aus der Provinz und tritt in ihrer Karriere zunächst auf kleinen Bühnen auf. Man könnte meinen, hier beginnt im Film das Biopic, aber in der nächsten Szene ist zu sehen, dass die Geschichte abweicht. Caterina Lari will sich der Varieté-Truppe anschließen, davon ist in Nilla Pizzis Lebens nichts bekannt. Pizzi trat um 1940 vor dem Militär auf und im Radio. Dass sie allerdings vor den ersten Auftritten nervös war, spielt sie im Film so, wie es auch in ihrer Biografie steht.93 „Mi ritrovai sul palco, tremante come una foglia […]“94 Das Image als Star, dass sich Caterina Lari im Film aufbaut, ist umso schwieriger zu erreichen, da sie in die Leiter des Erfolgs sehr weit unten einsteigt. Sie ist eine Kellnerin in einem kleinen Provinzort. Die Figurencharakterisierung der Caterina ist in ihren ersten beiden Szenen (16:05- 22:36) gleichzeitig auktorial, figural, explizit, implizit, diskursiv, präsentativ, visuell, auditiv,

92 Cf. Taylor 2002, 254-259 93 Cf. Musi/Pozzi 2017, 20-23 94 Musi/Pozzi 2017, 20 39 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger objektiv, mimetisch und diegetisch.95 Eine auktoriale Charakterisierung sieht man in der Namensgebung und eine auktorial-diegetische in der Figurenkonstellation und der Figurenkonfiguration in den Szenen. Der Name „Caterina“ ist ein recht gewöhnlicher Name christlichen Ursprungs. Er unterstreicht ihre einfache Herkunft. Der Nachname „Lari“ scheint auch nichts Besonderes an sich zu haben. „Lari“ ist ein Ortsteil der Kleinstadt Casciana Terme Lari in der Toskana. Allerdings wird aus der Kombination, Caterina Lari, ein durchaus klingender Name. Die Vokale „a“ und „i“ kommen in ihrem ersten Liedtext auch gleich vor: „nana, nani“. Es handelt sich um eine volkstümliche Melodie, die in Variationen in vielen Liedern vorkommt, und diese Strophe wird auch als Einschlaflied für Kinder verwendet. Es könnte so eine Verbindung zwischen der echten Person, dem Star Nilla Pizzi, und der sich aus ihr entwickelten fiktiven Musikerfigur hergestellt werden. Die Figurenkonfiguration der ersten beiden Szenen verstärkt Caterinas Starcharakter. Sie steht allein im Scheinwerferlicht die anderen Figuren umkreisen sie schon, bevor sie auf der Bühne steht. Das Publikum überlässt ihr die Bühne und hört ihr zu. Im Gegensatz dazu packen einige Zuschauer Gardenio und seine Truppe und schmeißen sie hinaus, was wieder das Startum der Caterina unterstreicht. Als Caterina auf der Bühne steht, bleiben sie zuerst still und singen dann mit.

5.2.1.3 Kameraeinstellungen des ersten Auftritts der Caterina Die halb-subjektiven Kameraeinstellungen aus der Sicht einer Figur der ersten Szene (16:27- 20:50) und deren Wechsel verstärken auch den Eindruck, dass Caterina eigentlich von Anfang an ein Star ist. Aus der Perspektive der Totale, aufgenommen aus der Sicht von Gardenio von der Bühne aus, wechselt die Einstellung zum Bareingang. Von dort aus fährt die Kamera im Schritttempo an Caterina heran. Der*die Zuschauer*in hat den Eindruck, eine Person aus dem Publikum zu sein, die Caterina abholt, um zu singen. Dann ist noch einmal kurz Gardenio auf der Bühne zu sehen, diesmal vom Blickwinkel des Publikums aus. Die folgenden Halbtotalen mit leichter Obersicht bzw. leichter Untersicht wechseln zwischen Caterina im Publikum, umkreist von Verehrern, und Gardenio allein auf der Bühne hin und her. Der Blickwinkel ist immer noch der einer Person aus dem Publikum. Als Caterina auf der Bühne ist, fährt die Kamera näher heran und widmet ihr in der Nahaufnahme die volle Aufmerksamkeit. Diese wird nur unterbrochen von Totalen ins jubelnde Publikum, das Zustimmung und Bestätigung

95 Cf. 5. Analyse der Filme und „Figurencharakterisierung“ nach Beil et al. 2016, 254-258, Mikos 2015, 155-177, Pfister 2001, 240-265 40 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger kundtut. Beim zweiten Lied sieht man Caterina zuerst auf der Bühne in der Totalen und dann nähert sich die Kamera wieder in einer langsamen Fahrt bis die Sängerin in der Nahaufnahme zu sehen ist. Hier fallen die eigentlich kleinen, aber wie Sternchen glitzernden Ohrringe auf, da der Hintergrund grau und in sehr gedeckten Farben gehalten ist. Diese könnten ein Hinweis darauf sein, dass sie später im Film selbst ein Sternchen des Showbusiness werden wird oder eben darauf, dass Nilla Pizzi im echten Leben bereits ein Star ist.

5.2.1.4 Caterina die „Unschuld vom Lande“? Durch Caterinas Kleidung, Make-up, Haare, Mimik und Gestik findet eine objektive, mimetische, implizit präsentativ visuelle Charakterisierung statt. Sie trägt ein schlichtes schwarzes Kleid. Es ist relativ hochgeschlossen und der Rock geht über die Knie. Ihre Haare sind der damaligen Mode entsprechend eher kurz, dunkel und gelockt. Wahrscheinlich durch eine Dauerwelle sind sie schön in Form gebracht, aber nicht sehr auffällig, auch andere Frauen im Publikum haben ähnliche Frisuren. Passend dazu ist das Make-up sehr dezent. Auch hier wird also der Eindruck einer einfachen jungen Frau vom Lande verstärkt. Ihre Mimik und Gestik vor dem Auftritt unterstreichen diese Charakterisierung. Sie macht zuerst ein überraschtes Gesicht, als sie von einigen Männern hinter der Bar angesprochen wird, dann möchte sie sich nicht an der Hand nehmen und auf die Bühne führen lassen. Schließlich geht sie aber doch mit und lächelt dann ein bisschen schüchtern, aber höflich und freundlich. Die figurale, explizit diskursive Charakterisierung durch Eigenkommentar verstärkt auch dasselbe Bild und vor allem ihre Angst vor der Bühne. Sie sagt: „No, io con tutto il pubblico non canto. No, lo sai che ho paura”, dann „Che figura che facciamo? Non è possibile” und will wieder hinter die Bar zurück (16:28-16:50). Dass sie aber nicht vollkommen schüchtern ist, lässt ihr allererster Satz vermuten (16:27). Da sagt sie sehr bestimmt: „Lasciatemi in pace, eh!“ Von Gardenio wird sie im Fremdkommentar charakterisiert, indem er sagt: „Caterina, ma chi è questa Caterina?” Auch Marisa, ihre spätere Antagonistin und Sep, der Komponist und Choreograf, wiederholen die Frage und fügen ein „Ma chi la conosce?“ hinzu. Das unterstreicht die Tatsache, dass Caterina Lari in der Künstlerwelt noch völlig unbekannt ist, wenn sie von einer jungen Expertin und einem älteren Fachmann nicht erkannt wird. Die figural auditive Charakterisierung durch die Intonation dieser Fragen und die erwartungsvolle Haltung in der Stimme der drei Figuren zeigt deren Interesse und verweist bereits auf Caterinas Potential. Letzteres ist dem Publikum schon bewusst, da es vorher applaudiert.

41 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Die zwei vorgetragenen Lieder charakterisieren die Figur der Caterina implizit, figural, präsentativ und auditiv einerseits als volkstümlich, andererseits als professionelle Sängerin. Sie singt zwei berühmte Lieder, die damals auch von anderen Sängern aus dem Radio bekannt waren. Es handelt sich um Nannì, 'Na gita a li Castelli, geschrieben 1926 in römischem Dialekt von Franco Silvestri, einem bekannten Theaterkomponisten der Zeit, und das zweite Lied Quanno staje cu mme, ist von Nino Oliviero 1952 in neapolitanischem Dialekt geschrieben. Die Lieder sind auch in Caterinas Version dialektal gefärbt und unterstreichen so die Volkstümlichkeit ihrer Figur. Im Kontrast dazu steht die Tatsache, dass neapolitanische Lieder damals hohes Ansehen genossen und von jedem*r großen Sänger*in interpretiert wurden. Das heißt, der Vortrag dieses Liedes spricht auch für Caterinas Professionalität und ihren Mut, sich mit den größten Sänger*innen messen zu wollen, und weniger für die eigentliche Schüchternheit ihrer Figur. Das erste Lied Nannì, 'Na gita a li Castelli von Franco Silvestri spricht für Caterinas Potential im Revue-Theater-Business und ist ein indirekter Vergleich mit einem damaligen großen Star dieses Milieus namens Wanda Osiris. Die Sängerin und Tänzerin Wanda Osiris war die Protagonistin eines der erfolgreichsten italienischen Revue-Theater Piroscafo giallo (1937), dessen Komponist Franco Silvestri war, derselbe, der auch Nannì, 'Na gita a li Castelli geschrieben hatte. Wanda Osiris gilt als Diva und als das Symbol der glorreichsten Revue- Auftritte. Durch die Erwähnung ihres Namens könnte der*die Zuschauer*in Caterina mit Osiris vergleichen oder der Name des Stars könnte Glanz und Glamour auf die Filmfigur übertragen. Im 15-minütigen Vorspann für Caterina in Ci troviamo in galleria fällt der Name „Wanda Osiris“ sicher nicht zufällig in einem Gespräch des Komponisten Sep mit Gardenio. Carlo Dapporto, der Gardenio spielt, ist außerhalb des Films auch Revue-Schauspieler und ist zum Beispiel im Film-Musical I pompieri di Viggiù (1949)96 mit Wanda Osiris aufgetreten. Allein die Erwähnung des Namens Wanda Osiris ruft dem*der Zuschauer*in eine Fülle an Bildern der großartigen Revue-Theater-Zeit in den Dreißiger- und Vierzigerjahren in Erinnerung. 97 Mit der Darbietung des Liedes Nannì, 'Na gita a li Castelli verweist nun die Figur der Caterina auf ihre Starqualitäten hin, die auch durch ihre Körperhaltung und ihre Stimme unterstützt werden. Diese sind sehr professionell, da sie sehr aufrecht, selbstsicher und mit ruhiger

96 In diesem Film spielt Carlo Dapport die gleiche Charlie Chaplin Imitation des Monsieur Verdoux wie in Ci troviamo in galleria. Cf. Faldini/Fofi 2011, 90 97 Cf. Faldini/Fofi 2011, 88, 90, „Menzio, Anna” in Pangaro 2009 Dizionario Biografico degli Italiani, Treccani, Arcagni 2006, 35, Fantina 2003, 167, „Macario, Erminio” in Sapori 1993, Enciclopedia Italiana, Treccani 42 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Atmung auf der Bühne steht. Hier scheint die Sängerin Nilla Pizzi durch und wird ihrer Figur der unerfahrenen Caterina nicht wirklich gerecht. Da im Film aber nicht gezeigt wird, dass Caterina vor ihrem ersten Auftritt Gesangsunterricht erhält, nimmt der*die Zuschauer*in an, dass sie ein Naturtalent ist. Ihre Mimik und vor allem Gestik, wie die gerade Körperhaltung und die langsamen dem Singen angepassten Handbewegungen relativieren die vorherige Charakterisierung. Sie stellen auf implizit präsentative Weise ihre Aussagen von vorhin, zum Beispiel, dass sie nicht singen möchte, in Frage. Es ist möglich, dass damalige wie heutige Zuschauer*innen, auf Grund der Erwartungen an das Genre, das heißt professionell dargebrachte Musik zu hören, nicht bemerken, wie widersprüchlich die Figur der Caterina eigentlich ist.

5.2.1.5 Caterinas erster Kontakt zu Gardenio Eine auditive, auktoriale Charakterisierung erhält die Figur der Caterina durch ein musikalisches Motiv. Als sie auf der Straße mit Gardenio spricht, erklingt im Hintergrund leise gepfiffen das Motiv ihres Liedes. Als würde sich der*die Kinozuschauer*in mit Gardenio an den grandiosen Auftritt erinnern. Es könnte aber auch das Publikum sein, das immer noch die Melodie pfeift. Gardenio nimmt sie mit Freuden in seine Truppe auf. Er und die anderen haben das Potential erkannt und charakterisieren sie im Fremdkommentar. Sep, der Komponist und Choreograf, meint weinerlich und den anderen gegenüber vorwurfsvoll: „Però, avete sentito come canta quella, eh…” (20:55). Und er wirft der Opernsängerin Aganta vor, dass sie niemals so gut sein wird: „Prima di cantare come lei, devi morire e rinascere!“ Allerdings scheint an dieser Stelle des Gesprächs zwischen Gardenio und Caterina auch durch, dass sie vielleicht doch nicht so schüchtern und hilflos ist. So wie die beiden von der Kameraeinstellung in Szene gesetzt werden, begegnen sich die beiden auf gleicher Ebene. Gardenio hat sein auffälliges Bühnenkostüm gegen einen unspektakulären grauen Anzug gewechselt. Sie stehen vor dunklem Hintergrund in halbnaher Einstellung nebeneinander (21:21-21:45). Dann sieht man kurz die lamentierenden Truppenmitglieder. Daraufhin wird das Gespräch zwischen Caterina und Gardenio konkreter und auch die Kamera nähert sich. Diese Art Verhandlung um Caterinas Aufnahme wird im Schuss-Gegenschuss-Verfahren aus einer amerikanischen Einstellung gezeigt. (20:01-22:36) Diese Kameraeinstellungen ist zwar recht gängig, durch den Inhalt des Gesprächs, das nach den eigenen Fingern Greifen der Figuren und Gardenios spielen mit der Wasserflasche und der Zigarette entsteht trotzdem eine gewisse Anspannung und

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Ernsthaftigkeit. Zusätzlich scheint Gardenio etwas nervös hin- und herzusteigen. Caterina drückt zwar auch mit der einen Hand die Finger der anderen, wirkt aber trotzdem ruhiger als Gardenio, weil sie fest auf ihren Beinen steht und die Hände auch einmal nach unten hängen lässt. Gardenio meint nun bewundernd, aber verhalten: „Lei ha una discreta voce. Potrei far‘ molto per lei! Eh..“ (22:05). Einerseits möchte er durch seine Aussagen wie ein großer Theaterproduzent wirken, andererseits gibt er aber schließlich doch zu, dass die Truppe Geld für die Rückfahrt nach Rom braucht und dreht dabei an seiner Wasserflasche, eine Geste, die seine Figur unsicher wirken lässt. Es ist Caterina, die die Spannung im Gespräch auflöst, indem sie anbietet, die Rückfahrt zu bezahlen. So wird sie für Gardenio sofort zum unersetzbaren neuen Mitglied der Truppe und er blüht auf, was sich in der nostalgisch fröhlichen Musik widerspiegelt.

5.2.1.6 Ritas erster Auftritt im Vergleich zu Caterinas Mit derartigen anfänglichen Schwierigkeiten muss die Figur der Rita Santangelo in Rita la zanzara, dem Film von 1966, weniger kämpfen. Ritas Hürden auf dem Weg zum Erfolg sind weniger materieller, sondern emotionaler und gesellschaftlicher Natur. Caterina Laris Figur wird vom Publikum ab dem ersten Auftritt verehrt, ist also gesellschaftlich akzeptiert, sogar erwünscht. Die Figur der Rita muss sich im Film diese Akzeptanz einer breiteren Öffentlichkeit erst erarbeiten. Wie bei Caterina werden auch bei Rita viele Methoden der Figurencharakterisierung ausgeschöpft. Wir finden in der ersten Szene wieder eine auktoriale, figurale, explizite, implizite, diskursive, präsentative, visuelle, auditive, objektive, mimetische und diegetische Figurencharakterisierung, wenn auch bei der Figur der Rita unterschiedlich stark eingesetzt. Im Vergleich zur Figur der Caterina bekommt sie keinen Vorspann, der bei Caterina den späteren Diven-Charakter anklingen lässt, wobei die dahinterstehende Sängerin Nilla Pizzi tatsächlich eine Diva war. Der Einstieg der Figur der Rita la zanzara im Film passt eher zu der Figur, die Rita Pavone zuvor im Fernsehen, beispielsweise im Studio Uno moderne Rock-Lieder singend und tanzend, und im vorhergehenden Fernsehfilm Gian Burrasca (1964- 1965) dargestellt hat. Gian Burrasca zeigt unter der Regie von Lina Wertmüller einen frechen Jungen, der ständig Streiche spielt, die Eltern und die Schwestern ärgert. Auf ihre gute Zusammenarbeit im Erschaffen dieser Figur bauen die beiden Frauen nun während der Produktion der Zanzara-Filme auf.98

98 Cf. Pavone/Targia 2015, 117-126, Spagnoletti 1988, 103 44 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

So unterschiedlich die beiden Frauenfiguren in den Filmen auch scheinen mögen, so ähnelt sich doch der Aufbau der Filme. Denn als schließlich beide einen ersten Auftritt mit Saalpublikum bekommen, nämlich Caterina im Provinztheater und Rita in einem Nachtklub, müssen beide eine Art „trial scene“99 überstehen. Eigentlich ist das eine Technik des Biopics, die aber auch gut in den hier beschriebenen Filmen funktioniert, in dem bei dieser Bewährungsprobe die Nebenfiguren durch ihre Reaktionen die Hauptfigur charakterisieren und das filmische Publikum die Leistung der Stars würdigt und so das außerfilmische spiegelt.100

5.2.1.7 Biografische Bezüge beim ersten Auftritt der Figur Rita zu Rita Pavone Der biografische Bezug zur Person Rita Pavone ist am Anfang von Rita la zanzara weiter hergeholt als bei Nilla Pizzi. Natürlich hatte Rita Pavone freche Auftritte und trug rockige Lieder mit kratziger Stimme vor, allerdings besuchte sie nie eine Musik- oder Gesangsschule, und schon gar kein teures Privatgymnasium mit Internat, wie in der ersten Szene zu sehen ist. Rita Pavone kam aus einfachen Verhältnissen und trat erstmals im Ferienlager der Fiat- Mitarbeiter-Kinder auf eine Bühne. Ihren ersten wirklichen Auftritt hatte sie bei einer Veranstaltung für Kinder im Teatro Alfieri in Turin, auch von Fiat organisiert. Ihr Vater arbeitete bei Fiat und brachte seine Tochter dazu, zu singen. Er unterstützte sie auch bei Auftritten bei Talentwettbewerben und auf zweitklassigen Bühnen in Turin und Umgebung. Rita Pavone war in ihrer Kindheit durchaus, ähnlich wie es der Film zeigt, von vielen Kindern umgeben, vor allem aber von ihren vier Brüdern. In der ersten Szene des Films Rita la zanzara wird diese Tatsache sehr stilisiert dargestellt. Die Filmfigur Rita singt inmitten tanzender Mädchen, diese führen eine professionelle Choreografie auf. Somit unterstreichen sie eher den Musicalcharakter des Films und können nicht wirklich als biografische Anspielung gedeutet werden. Sie untermalen die Gesangsvorstellung der Hauptfigur namens Rita Santangelo. Die spielenden und tanzenden Mädchen in Schuluniform zeigen dem*der Kinobesucher*in die Situation, in der sich die Hauptfigur befindet. 101

99 Cf. Custen 1992, 186-192 100 Cf. Königer 2015, 97-98 101 Cf. Pavone/Targia 2015, 11-21 45 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

5.2.1.8 Kameraeinstellungen und erste Figurencharakterisierung der Rita Der Einstieg in den Film Rita la zanzara und die Einführung der Hauptfigur ist für das Kino klassisch, da in der ersten Szene Rita und ihre Umgebung vorgestellt werden. Die erste Einstellung in der Totale zeigt das ganze Schulgebäude, zunächst noch ohne Menschen, als wäre es ein Bühnenbild, es ist der wichtigste Handlungsraum, in dem sich die Figuren im Film hauptsächlich bewegen werden. Die Fassade des Schulgebäudes erscheint groß und altehrwürdig auf einem Hügel, betrachtet aus der Untersicht, zugleich wirkt es idyllisch, durch den Park, der es umgibt, durch die Ruhe und durch das schöne Wetter. Es wirkt auch ein wenig wie ein Bühnenbild eines griechischen Freilufttheaters. All das unterstreicht das gediegene Ambiente, zu dem die Figur der Rita im Kontrast steht. Gleich darauf, in den ersten Sekunden des Films, erscheint die Hauptfigur Rita. Hier wechselt die Einstellung von halbnah auf amerikanisch und dann auf nah für das Gespräch, und so leitet die Kamera das Augenmerk auf die zwei Hauptfiguren. Die erste Charakterisierung der Rolle der Rita erfolgt implizit, figural, präsentativ, visuell, objektiv und mimetisch. Sie wird in ihrer Schuluniform gezeigt, während sie einem Lehrer einen Streich spielt. Sie schüttet Sägespäne über ihn. Sie ist also sehr kindlich und ungezogen. Diese Charakterisierung wird bestätigt durch den figural expliziten Fremdkommentar des Lehrers, dieser meint: „Ma come si permette? Si comporti educatamente, mocciosa!“ Sie wird also abgestempelt als „Rotzgöre“. Das darauffolgende Lied bestätigt dieses Bild ihrer Figur. Im Lied steckt ein expliziter Eigenkommentar der Figur. Sie singt: „Io divento come una zanzara”, das heißt, sie wird also unangenehm bleiben. Die präsentativ visuelle Charakterisierung der Figur geht in der Szene noch weiter. Während sie das Lied singt, schießt sie kleine Pfeile auf den Lehrer.

5.2.1.9 Symbolkraft von Ritas Rolle und der ersten Szene Diese erste Szene kann symbolisch interpretiert werden. Der Lehrer steht für das gesellschaftliche Establishment der Zeit und Rita für die Gruppe der rebellierenden Jugendlichen. Das heißt für Ritas Rolle der Sängerin im Film, dass sie auf dem Weg zum Erfolg diese gesellschaftliche Hürde überwinden muss. Der Lehrer verkörpert aber auch die emotionalen Hürden, die Rita überwinden muss. Ihre erste Aussage zeigt indirekt, dass sie in ihn verliebt ist. Rita entschuldigt sich und sagt: „Non era per Lei. Io a Lei non l’avrei mai fatto, perché Lei mi è molto, ma molto simpatico.”102 Auch die Tatsache, dass sie sich entschuldigt,

102 dt. Das war nicht für Sie. Ich hätte Ihnen das nicht angetan, weil Sie mir wirklich sehr, sehr sympathisch sind. 46 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger zeigt, dass sie den Lehrer mag. Bei einem anderen hätte sie das Geständnis wahrscheinlich nicht gemacht, sondern wäre unerkannt geblieben. Schließlich unterstreicht die Entschuldigung aber auch wieder ihre kindliche Art. Denn ein Annäherungsversuch durch einen Streich wäre eher Kindern zuordnen. Ritas kindliche Art wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass sie den anderen Mädchen die Hand gibt und im Kreis mit ihnen tanzt. Der*die Zuschauer*in wird folglich neugierig gemacht und er*sie erwartet eine Entwicklung der Hauptfigur im Laufe des Films, um ihre Ziele zu erreichen, wie eine professionelle Sängerin zu werden und den Mann ihrer Träume zu bekommen. Die Zuseher*innen fragen sich, ob sie es schaffen wird, ob sie ihren Musikstil ändern wird und ob sich ihre Persönlichkeit zu der einer erwachsenen Frau entwickeln wird. 103 Der provokante Einstieg in medias res versetzt den Zuschauer direkt in die Handlung. Die Bilder und der kurze Dialog sprechen für den ganzen Film und dessen Figuren. Somit wird der Haupthandlungsstrang in der ersten Minute des Films noch vor dem Aufscheinen des Titels exponiert. Auch der Musikstil der Sängerin wird gleich vorgestellt. Es handelt sich um rockige, moderne Musik der Jugendkultur der Sechzigerjahre. Auch das steht im Kontrast zum Bühnenbild, das eher klassische Musik erahnen ließe. Die Hauptfigur ist im weiteren Verlauf der Szene provokant, lustig, überdreht und laut. Diese Eigenschaften werden durch den Gegensatz zum ruhigen, geradlinigen, perfekt angelegten Park des Bühnenbildes noch verstärkt. Der Titel des Films ist homonym mit dem des ersten Liedes: Rita la zanzara.

5.2.1.10 Bedeutung von Ritas Namen Eine handelt sich um eine auktoriale, diegetische Charakterisierung durch die Namensgebung und die Figurenkonfiguration in den Szenen. Als ersten Namen der Figur erfahren wir, dass sie „Signorina Santangelo“ heißt. Ihr Name „heiliger Engel“ steht also auch im Kontrast zu ihrem Verhalten. Die auktoriale Charakterisierung wird durch die explizit und implizit figurale relativiert. Weiters steht die implizit figural mimetische Charakterisierung in sich im Widerspruch. Die Schuluniform ist hochgeschlossen, frisch gebügelt und mit dem Hemd eher konservativ, sie sollte für gutes Benehmen stehen. Im Kontrast dazu steht Ritas provokante Mimik. Sie zieht eine Schnute, rollt die Augen und reißt den Mund weit auf, als sie mit dem Lehrer spricht. Ritas Nachname könnte aber auch mit der Regisseurin in Verbindung gebracht werden, denn einer der Vornamen Lina Wertmüllers ist Arcangela. So lässt sich vermuten, dass

103 Cf. Hickethier 2012, 56-61, Pfister 2001, 252 47 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger die provokante Figur der Rita auch an der innovativen Lebenseinstellung der Filmemacherin orientiert ist, die sich beruflich in einer Männerdomäne durchsetzt und anfänglich gegen den Willen des Vaters Filme dreht. 104 Mit dem Beinamen der Zanzara verbindet der*die Zuschauer*in sofort alle unangenehmen Eigenschaften der Steckmücke mit dem Mädchen in der Hauptrolle. Sie sagt es auch explizit im Lied. Sie wird ihr Opfer verfolgen und peinigen. Die Kamerabewegung verläuft parallel zur Verfolgungsjagd der Zanzara. Beide verleihen ihrem Opfer somit eine gewisse Wichtigkeit, Rita la Zanzara dem Lehrer und die Kamera der Hauptfigur Rita. Dank der Kamerabewegung nähert sich der Blick der Zuschauer*innen langsam dem Eingang der Schule, da sie die über die Stufen tanzende Rita verfolgt. Dort erwartet sich der*die Zuschauer*in dann, nach dieser Einleitung mit viel Gesang und Tanz, eine konkretere Handlung.

5.2.1.11 Bedeutung der Liebe und Karriere für die Frauenrollen Die Grundzüge der Handlung, das heißt, eine junge Sängerin möchte erfolgreich werden und findet im Film auch die Liebe ihres Lebens, sind bei Ci troviamo in galleria (1953) und Rita la zanzara (1966) ab den Szenen mit dem ersten Auftritt der weiblichen Hauptfigur zu erkennen. Der musikalischen Karriere und der Liebe scheint in den Filmen aber unterschiedlich viel Gewicht beigemessen zu werden. Beim ersten Auftritt der Caterina ist klar, dass sie eine Karriere als Sängerin anstrebt. Sie möchte sich der Truppe anschließen, um beruflich voranzukommen, deswegen spricht sie Gardenio an. Die Bewunderung, die sie ihm gegenüber ausdrückt, ist professioneller Natur und gilt der ganzen Truppe. Sie sagt mit bewunderndem Tonfall: „Come invidio la vostra arte!“. Es wirkt so, als fände Caterina Gardenio sympathisch, sie berührt in auch am Arm, ihre Liebesbeziehung entwickelt sich allerdings erst später. Beim gemeinsamen Proben scheinen sich die romantischen Gefühle Gardenios für Caterina zu entwickeln. Explizit und figural zeigt das seine Figur, indem er sich extra ein frisches Hemd ausleiht. Noch könnte aber immer noch nur Eigennutz für seine Karriere dahinterstecken, da auch der Heiratsantrag sehr spontan kommt. In dieser Szene (39:37) möchte Gardenio nur verhindern, dass Caterina die Truppe verlässt. Caterina ist aber sehr positiv überrascht, glücklich und willigt sofort ein. Die implizit präsentative Charakterisierung ihrer Figur zeigt Caterinas strahlendes Gesicht. Die Frage, die sich hierbei stellt, ist, ob sie nun glücklich über

104 Cf. Haberlik 2010, 23, Spagnoletti 1988, 103 48 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger den Antrag ist, oder darüber, dass sie nun fixer Bestandteil der Truppe ist, die sie immer noch als Karrieresprungbrett sieht. Die Figur der Rita hat diesbezüglich von Anfang an andere Prioritäten. Im ersten Auftritt zeigt sie, dass sie in den Lehrer verliebt ist. Erst danach singt sie. Das Singen dient vorrangig dazu, ihre freche, kindliche Figur zu charakterisieren. Dass sie eine musikalische Karriere anstrebt, kann der*die Zuschauer*in hier noch nicht erkennen. In einer späteren Szene (8:00-11:00) wird gezeigt, dass in der Schule klassisches Ballett und Gesang unterrichtet wird. Durch die explizite präsentative figurale Charakterisierung kann der*die Zuschauer*in erahnen, dass die Hauptfigur der Rita implizit vielleicht eine professionelle Karriere anstrebt. Sie scheint eine sehr ambitionierte Schülerin zu sein. Sie steht immer in der ersten Reihe und scheint besser als die anderen zu tanzen und zu singen. Im ersten Viertel des Films verfolgt Rita ihren Gesangslehrer Paolo, weil sie in ihn verliebt ist. Sie durchsucht seine Sachen und findet Noten für einen Jéjé-Song. Davon ist sie positiv überrascht. Sie findet auch ein Portrait einer Sängerin mit Widmung für Paolo. Hier sagt sie neidvoll: „Beata te!“. Das wirft die Frage auf, ob sie neidisch auf die Karriere oder die mögliche Beziehung der Sängerin mit Paolo ist. Ob Rita eine musikalische Karriere anstrebt, wird also immer noch nicht explizit gesagt. Als Rita schließlich in den Klub kommt (30:31), in dem Paolo und seine Freundin auftreten, entschließt sie sich spontan auch aufzutreten. Das ist dann eigentlich erst ihr erster wirklicher Auftritt vor Publikum im Film. Bei den vorherigen durchwegs klassischen oder melodisch-klassischen Liedern, bis auf La zanzara am Beginn, waren die Kinobesucher das Publikum. Als sie nun mit moderner Musik vor dem Filmpublikum auftritt erhält sie sofort Applaus. Beim Lied handelt es sich um Strong love, das im Erscheinungsjahr des Films durch die englische Spencer Davis Group bekannt wurde. Das Talent der Hauptfigur wird bestätigt und das Kinopublikum erhält mit dem Filmpublikum ein Vorbild, das dazu animieren soll, auch diesen Musikstil von Rita zu mögen. Hier können Rita, die Filmfigur, genauso wie Rita Pavone, die echte Sängerin, gemeint sein. Die positive Verstärkung des Images eines Stars der Figur der Rita findet auch durch die Charakterisierung durch die expliziten Fremdkommentare der anderen Figuren statt. Wie bei Caterina Lari in Ci troviamo in galleria sind die anderen Figuren positiv überrascht und fragen: „Ma chi è quella!” Das markiert den Anfang ihrer Karriere. Bei Rita ist es vor allem Paolo, die männliche Hauptfigur, der sagt: „È straordinaria!“ und „È fantastica!“ Seine Begeisterung gilt also zuerst ihrem Talent. Er verliebt sich später in sie. Bei Rita verhält es sich genau umgekehrt. Sie verliebt sich vorher in ihn und findet dann erst seine Performance auf der Bühne

49 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger hervorragend. Tatsächlich handelt das Lied auch von einem lyrischen Ich, dass sich schwer verliebt hat, denn die ersten Liedzeilen sind: „Strong love is what you've got, and I can't get no sleep”. Liebe und Karriere hängen bei den weiblichen Hauptfiguren der zwei Filme zusammen. Es können diesbezüglich wenige Parallelen gezogen werden, denn sie setzen unterschiedliche Prioritäten. Beide beginnen mit einem erfolgreichen ersten Auftritt auf der Bühne, der von Applaus gekrönten ist. Beide erhalten beim ersten Auftritt die Bewunderung für ihr Talent von der männlichen Hauptfigur. Der erste Auftritt von Rita ist aber eher zufällig und sie tritt eigentlich nur auf, weil sie ihren Schwarm verfolgt und beeindrucken möchte, wohingegen Caterina schon vorher nach Möglichkeiten gesucht hatte, eine professionelle Sängerin zu werden, wie sie zu Gardenio in ihrem ersten Gespräch sagt: „Mh… se sapessi, ci ho pensato tante volte, ma mi si è mai presentata l’occasione!“ Ihr eigentliches Ziel ist also eine musikalische Karriere. Der Charakter der beiden Figuren ist auch vollkommen unterschiedlich, Caterina ist anfangs schüchtern, Rita ist selbstbewusst und riskiert viel. Deswegen wäre zu erwarten gewesen, dass die Frauenrolle aus den Sechzigern die Karriere vorne anstellt. Es verhält sich in den Filmen aber genau umgekehrt.

5.2.2 Hürden auf dem Weg zum Erfolg Nachdem beide weiblichen Hauptdarstellerinnen ihre Karriere mit einem grandiosen ersten Auftritt starten, werden ihnen auf dem Weg zum Erfolg einige Steine in den Weg gelegt. Caterina kämpft eher mit finanziellen Problemen, während Rita mit emotionalen und gesellschaftlichen Problemen beschäftigt ist. Gemeinsam haben die beiden Figuren, dass sie eine weibliche Gegenspielerin haben, die äußerlich und im Charakter völlig gegenteilig zu sein scheint. Beide Figuren überwinden aber schließlich diese Hürden, teils durch harte Arbeit, teils durch Zufälle, Tricks, Hilfe von höheren Instanzen und von den Nebenfiguren.

5.2.2.1 Marisas Starcharakter im Vergleich zu Caterinas in Ci troviamo in galleria Der Figur der Marisa, Caterinas Antagonistin, wird zu Beginn des Films sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Sie tritt vor Caterina auf und wirkt dadurch so, als wäre sie der Star des Films. Wie Caterina präsentiert auch Marisa bei ihrem ersten Auftritt ihre

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Qualitäten105. Im Gegensatz zu Caterina, bei welcher der Fokus auf dem schönen Gesang liegt, liegt dieser bei ihrer Gegenspielerin auf ihrer Sinnlichkeit und ihrem schönen Körper. Caterina will zunächst nicht auf die Bühne106, Marisa hingegen tritt auch in Alltagsszenen des Films auf, als wäre sie auf einer Bühne. Das Bühnenbild, die Hintergrundmusik, die Kameraeinstellungen, die Figurenkonfiguration und die Figurencharakterisierung unterstreichen diesen Effekt. Marisas erste Bühne ist die Einkaufspassage in der ersten Sequenz, wobei es sich um eine Studioaufnahme in Cinecittà handelt (1:55-7:35), da der Boden sehr einheitlich hellgrau und sauber ist und auch die Wände eine einheitliche grau- beige Farbe haben, die relativ ordentlich mit Plakaten beklebt sind und sonst noch keinen Schmutz oder Schadstellen aufweisen. Durch das künstliche erzeugte Ambiente hat eine derartige Studioaufnahme viel gemeinsam mit einer Theaterbühne. Durch das kleine Orchester im Hintergrund bekommt die Bühne noch ein wenig Varieté- oder Revuecharakter und in dieser Szenerie tritt Marisa nun wie ein Star auf. Ihre ersten Schritte macht sie dort, wie auf einem Laufsteg, in hohen Absätzen. Sie wirkt sehr selbstsicher, keineswegs schüchtern wie Caterina, denn sie trägt das Kinn hoch und die Handtasche lässig über die Schulter gehängt. Ihr Erscheinen wird mit tangoähnlicher Musik markiert, die plötzlich beginnt, nachdem vorher nur leise Gesprächsgeräusche im Hintergrund zu hören waren. Das Akkordeon in der Begleitstimme spielt schwungvoll und dazu setzt eine Geige ein, die auf Grund ihrer säuselnden über die Saiten gestrichenen Töne und der Instrumentenform als sinnlich gelten kann. Das heißt, die Situation, in der Marisa auftritt, verstärkt ihre figurale Charakterisierung als sinnlicher Star. Diese erfolgt zuerst implizit präsentativ, auditiv und visuell, denn auch ihr Körper hat, wahrscheinlich durch ein Korsett, eine Geigen- oder Sanduhrform. Dieser schöne Körper107 wird von den anderen Figuren bemerkt, sie geben ihr Raum, die Männer drehen sich nach ihr um und pfeifen. Diese Pfiffe stehen für ihre Bewunderung, sie reduzieren sie aber auch auf ihren Körper. Marisa reagiert mit einem gleichgültigen Blick und einem abschätzigen „Hm!“, das einerseits das Verhalten der Männer tadelt, und andererseits zeigt, dass Marisa mehr Beifall erwartet, als den von ein paar wenigen Männern in einer Einkaufspassage. Sie scheint sich schon zu diesem Zeitpunkt als Star zu fühlen. Diese Stelle erfüllt somit die Erwartungen des ersten Plakats von Ci troviamo in galleria, in dem Marisa im Mittelpunkt

105 Cf. 5.2.1. Der erste Auftritt 106 Cf. 5.2.1. Der erste Auftritt 107 Cf. 2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien 51 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger steht. Zudem verstärkten die Mittel der filmischen Diegese ihren Auftritt als sinnlicher Star. Das heißt, die Kamera widmet ihr Aufmerksamkeit, indem eine Kamerafahrt ihre Gangrichtung verfolgt, dann bleibt die Kamera stehen und lässt Marisa herangehen, bis sie in der Halbnahen stehenbleibt. In dieser Einstellung sieht man noch besser, dass sie auffälligen, großen, glänzenden Schmuck trägt, lange gelockte rote Haare und einen tiefen Ausschnitt hat. Sie hebt sich von den anderen Figuren durch ihr Äußeres ab. Die Männer tragen beige-grau-braune Kleidung und viele Frauen auch. Die Frisuren der anderen Frauen sind ebenfalls schlichter. Die Opernsängerin unter Gardenios Freunden trägt auch ein rotes auffälliges Kleid, diese hat aber nicht Marisas wohlgeformten Körper. Im Gegensatz dazu scheint Caterina mit ihrem schwarzen Kleid bei ihrem ersten Auftritt äußerlich eine beliebige Frau aus dem Publikum zu sein, sie defiliert nicht wie Marisa in aufreizenden Kleidern. Caterina hebt sich durch ihre schöne Stimme von den anderen ab, dadurch scheint Caterina der anständigere Star zu sein, oder einfach in einer anderen Kategorie zu kämpfen. Die figurale Charakterisierung Marisas erfolgt durch Gardenios Fremdkommentar auch explizit diskursiv, indem er Marisa das Stichwort gibt, das wiederum wie ein Titel für ihren Auftritt wirkt, denn er sagt: „una bella soubrette“ (3:50). In einer Theater-Revue war eine Soubrette die weibliche Protagonistin, diese konnte gut singen und tanzen, zusätzlich entsprach ihr Aussehen den damaligen Schönheitsvorstellungen. Wanda Osiris108 war ein derartiger Star und Vorbild für Frauen wie Marisa. Während die Verbindung der Figur der Caterina zum großen Bühnenstar Wanda Osiris nur etwas kompliziert, durch ein dargebotenes Lied, hergestellt werden kann, fällt der Name der Diva in den ersten Szenen mit Marisa just in dem Augenblick, als sie mit Gardenio das Café betritt. Die Konnotationen des Glamourösen, die der Name des Stars beim*bei der Zuschauer*in auslöst, soll auf die Figur der Marisa abfärben. Die Figur der Caterina kann dagegen nicht so gut mit Wanda Osiris verglichen werden, da der Fokus ihrer künstlerischen Aktivität im Film auf dem Gesang liegt. Marisa hingegen würde gerne tanzen, singen und durch ihr auffälliges Äußeres als Gesamtkunstwerk erscheinen, ganz im Sinne von Wanda Osiris. Passenderweise nennen Sep und Gardenio Marisa eine „Diva“ (32:08), als sie beim Auftritt keine Änderungen akzeptieren will. Indirekt nennt Gardenio auch Caterina eine Diva, als er meint: „Ah, tutte queste dive!“ (32:11). Auch Marisa sagt zu Gardenio: „Che fa la tua vedette internazionale? Fa la diva?” und Gardenio bestätigt mit: „Sì, fa la diva perché può farlo, è una grande cantante!” Die Charakterisierung der Figur der

108 Cf. „Menzio, Anna” in Pangaro 2009 Dizionario Biografico degli Italiani, Treccani, Fantina 2003, 167 52 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Caterina selbst widerspricht allerdings der der expliziten Fremdkommentare der anderen Figuren, die sie eine Diva nennen. Caterina kommt zu diesem Auftritt keineswegs wie eine Diva, denn sie kommt mit der Straßenbahn, die sieben Mal stehen geblieben ist. Das heißt, dass die Tram defekt war oder das Caterina nicht wusste, wie lang sie zum Theater braucht, da ihre Figur doch vom Stadtleben keine Ahnung hat. Als Gardenio dann fragt, warum sie kein Taxi genommen hätte, meint sie ganz bescheiden: „Ma avevo solo mille lire.“ Gardenio antwortet: „E con questo!” Darauf sagt Caterina: „Ma erano le ultime!” (33:44-34:09) Marisa verhält sich in dieser Szene viel mehr wie eine exzentrische Diva, denn sie stolziert im Glitzeroutfit umher, summt ihr Lied, will nicht auf die Bühne, wenn der Moment nicht perfekt ist und schaut sich im Spiegel an. Auch die implizit auktoriale Figurencharakterisierung durch den Namen „Marisa Chanel“ verweist auf ihren Künstler- oder Starcharakter. Sehr wahrscheinlich handelt es sich, zumindest beim Nachnamen, um einen Künstlernamen, wie bei „Wanda Osiris“, diese hießt eigentlich Anna Menzio. Damalige wie heutige Zuschauer*innen kennen den Namen „Chanel“ sicher als den eines berühmten Pariser Modehauses. Vielleicht verbinden sie damit auch dessen revolutionäre Designerin Coco Chanel, die schon vor den Zwanzigerjahren Mode für junge emanzipierte Frauen entwirft und seit den Dreißigerjahren Hollywoodstars stilvoll ausstattet.109 Caterinas Laris Name ist dagegen unspektakulärer, keineswegs international oder revolutionär, so ist auch ihr Star-Charakter anfänglich noch etwas geringer. Das zeigt auch ihr Stichwort zum Auftritt, denn es ist lediglich ihr Vorname, keine spezielle Rolle wie bei Marisa. Die Tatsache, dass Caterina nicht gleich in eine Kategorie eingeordnet wird, weist aber auch darauf hin, dass sie sich von der Truppe und vom Revue- oder Varieté-Theater abhebt. Das spricht wiederum für den Karriereverlauf ihrer Figur und auch für den biografischen Bezug zu Nilla Pizzi. Bevor die beiden Frauenfiguren allerdings Erfolge feiern können, werden sie zu Rivalinnen, da sie beide in Gardenios Show auftreten sollen.

5.2.2.2 Caterinas und Marisas emotionaler Charakter Caterinas naive Schüchternheit110 und Marisas selbstbewusste Leidenschaft für die Bühnenkunst zeigt sich in Ci troviamo in galleria in der expliziten und impliziten figuralen Charakterisierung, das heißt, dass dank ihrer verbalen Reaktionen und ihrer Mimik und Gestik

109 Cf.,“Menzio, Anna” in Pangaro 2009 Dizionario Biografico degli Italiani, Treccani, Charles-Roux 2005, 288- 294, 316-321 110 5.2.1.4. Caterina die „Unschuld vom Lande“? 53 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger gegenüber den anderen Figuren der*die Zuschauer*in mehr vom emotionalen Charakter der beiden Frauenrollen erfährt. Oft sind es Gespräche mit der männlichen Hauptfigur, die viel preisgeben. Wie Caterina in ihrer ersten Szene, wird auch Marisa von Gardenio explizit im Fremdkommentar charakterisiert. Bei Caterina hält er sich zurück111, zu Marisa sagt er ganz direkt: „Marisa, Marisona bella, la più affascinante soubrette del mondo!” Mit der Endung „- ona“ an ihrem Vornamen will Gardenio ihre Persönlichkeit vergrößert, mit dem Superlativ will er ihr artistisches Talent betonen und seine Bewunderung ausdrücken, er will sich aber auch gutstellen, denn er braucht nicht nur ihre künstlerische, sondern auch ihre finanzielle Unterstützung. Dieser Umstand ist Marisa bewusst, denn sie versteckt, schon bevor sich Gardenio nähert, ihre wahrscheinlich wertvolle Halskette. Das zeigt, dass Marisa erfahren ist. Sie ist auch selbstbewusst und scheint ihre Karriere gezielt zu verfolgen. Gardenio ist ihr dabei keine Hilfe, deswegen sagt sie mit bestimmtem Ton: „Garde‘ cambia strada!“ Marisa reagiert negativ, mit genervtem Gesichtsausdruck lässt sie Gardenios Bewunderung über sich ergehen. Sie reagiert erst wieder gelassener, wobei sich ihr Gesicht entspannt, als er ihr erzählt, dass er mit einer scheinbar wichtigen Persönlichkeit über sie gesprochen habe. Schließlich hat sie dann doch den Anflug eines Lächelns für Gardenio übrig. Caterina reagiert hingegen positiv, naiv und unerfahren auf Gardenios bewundernde Worte. Sie spielt ihre sängerischen Fähigkeiten herunter und verleiht Gardenio einen besonderen Höflichkeitstitel, indem sie sagt: „No, che cantante, commendatore!“ In ihrer ersten Begegnung meint Gardenio unter anderem: „Lei potrebbe avere delle grandi soddisfazioni [cantando]” und “se volessi, potrei far’ molto per lei” (22:16). Daraufhin ist Caterina begeistert und überrascht und reagiert mit: „Davvero?“ (22:17), möchte in die Truppe aufgenommen werden und bietet an, die Rückfahrt zu bezahlen. Das zeigt, dass sie im Showbusiness unerfahren ist und trotz der schlechten Aufführung Gardenios an seine Fähigkeiten glaubt. Zusätzlich zu ihrer Naivität wirkt Caterina ängstlich, hilfsbereit, gutmütig und ehrfürchtig. Die Figur der Marisa steht zu ihr im Kontrast, denn sie wirkt selbstsicher, aufbrausend, impulsiv, furchtlos, heuchlerisch und hinterlistig, wie die explizit und implizit figurale Charakterisierung zeigt. Caterina bietet Gardenio von sich aus Geld an, während Marisa sich an den Kopf greift, Gardenio damit für verrückt erklärt, als sie hört, dass Gardenio das Geld für die zu organisierende Show von ihr haben will. Marisa sagt passend zu ihrer Geste: „Ma tu sei malato in testa! Stavolta non caccio manco una lira!” Sie lässt sich aber doch überreden und ruft einen

111 5.2.1.5. Caterinas erster Kontakt zu Gardenio 54 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Freund an, der ihr Geld geben soll. Hier ist sie im Gegensatz zu ihrem Umgang mit Gardenio überfreundlich und sagt schwärmerisch: „Ciccio, so‘ Marisa, Marisuccia tua!“ und „non ci possiamo vedere solo per far‘ due chiacchiere?“ Sie verniedlicht mit dem Diminutiv ihren Vornamen und versucht mit List, ihre Reize möglichst erfolgversprechend bei ihrem Liebhaber einzusetzen. So zögert sie es hinaus, den wahren Grund ihres Anrufs zu nennen. Ob Marisas Zuneigung zu Ciccio nur des Geldes wegen geheuchelt ist, bleibt im Film offen. Durch Marisas römisch-neapolitanische Intonation könnte man sie allerdings auch als etwas volkstümlich bezeichnen. Diesen Widerspruch in ihrer implizit präsentativ auditiven Figurencharakterisierung empfindet der*die Zuschauer*in nicht als störend, da es sich hier auch um einen biografischen Verweis auf die Schauspielerin Sophia Loren handelt, deren erfolgreiche künstlerische Karriere und Stil möglicherweise auf die Figur der Marisa abfärben sollten. Als Marisa tritt sie furchtlos und selbstsicher, erhobenen Hauptes auf die Bühne, auch wenn Gardenio kurz vorher Tomaten ins Gesicht geworfen wurden (10:06). Sie stolziert mitten auf die Bühne und ist, als der Star der Nummer, von den anderen Tänzerinnen umringt, die extra für sie Platz gemacht haben. Sie erhält noch einmal zusätzlichen Applaus, bewundernde Pfiffe und Zurufe aus dem Großteils männlichen Publikum. Sep sorgt kurz vor diesem Auftritt für eine explizit figurale Charakterisierung im Fremdkommentar, indem er zu den anderen Tänzerinnen sagt: „Non coprire Marisa! Quella è matta, dai!“ (10:25) Diese halten sich nicht an die Empfehlung und Marisa reagiert in ihrer aufbrausenden, impulsiven Art, indem sie eine Kollegin zur Seite stößt und die andere gleich von der Bühne. Sie hat keine Angst vor Gardenios Rügen, im Gegenteil, sie bleibt in gerader Körperhaltung und sagt ihm von sich überzeugt: „T’avevo detto che non volevo quelle due in compagnia!“ (12:04-12:34) Caterina ist Gardenio gegenüber ehrfürchtig, dankbar, ängstlich und bescheiden. Sie ist mit Gardenio per Sie, während Marisa mit ihm per du ist. Während den Proben für die neue Show erhält Caterina von Gardenio ein Ballkleid und reagiert mit: „Io sono commossa! È troppo!“ und „Davvero La ringrazio, Signor Ignazio!“ Sie ist nicht nur dankbar und höflich, sondern scheint sich schon ein wenig anzunähern, da sie ihn nicht mehr „commendatore“ nennt, sondern „Signor Ignazio“, denn das ist sein bürgerlicher Vorname. Vor dem Auftritt scheint sie aber zu viel Angst zu haben, sie hält ihr Gesangstalent für zu gering und meint daher: „È inutile. La ringrazio molto per il vestito, ma temo che non servirà. Ho paura.” (30:15-30:50)

5.2.2.3 Konfrontationen zwischen Marisa und Caterina

55 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

In Ci troviamo in galleria stehen sich Antagonistin und Protagonistin in direkter und indirekter Konfrontation gegenüber. Die impulsive Figur der Antagonistin Marisa sieht als erste ihre Rivalität. Nach ihrem ersten Zusammentreffen meint Marisa zu ihren Künstlerkolleginnen: „Ehi, ragazzi, guardate Gardenio con quella che ci ha rovinato lo spettacolo” (21:46) Dieser explizite Fremdkommentar qualifiziert Caterina zu einem Problem für Marisas Bühnenkunst. Der Tonfall ihrer Stimme klingt neugierig und eifersüchtig. Diese Eifersucht treibt sie später dazu, das Kleid von Caterina in einem unbeaufsichtigten Moment zu zerreißen, da Gardenio ihren ersten Auftritt in der Show nicht angemessen umsetzen will, aber Caterina ein neues Kleid schenkt. In der Ballkleid-Szene (29:12-30:40) vermischen sich für den*die Zuschauer*in die biografischen Informationen der Darstellerinnen mit denen der Figuren. Es stellt sich die Frage, ob es wirklich Marisa ist, die sich gegen Caterina behaupten will, oder vielmehr Sophia Loren, die Nilla Pizzi zeigt, dass sie sängerische Qualitäten und einen schönen Körper hat. Marisa sitzt im schwarzen Negligé auf dem Bett, präsentiert ihre Reize und singt La vie en rose, das sie gleichzeitig auf einer Platte von Édith Piaf hört. Dieses 1945 veröffentlichte Lied hat es in den Folgejahren zu globalem Ruhm geschafft und wurde in alle großen Sprachen der Welt übersetzt und von vielen Sängern in verschiedenen Versionen gesungen. Die zweite Übersetzung war La vita è rosa und wurde 1948 von Nilla Pizzi gesungen.112 Marisa wird im Verlauf des Films immer offensiver. Gleich nachdem Caterina mit Gardenio über das Ballkleid und das Singen gesprochen hat, will Marisa mit ihm reden. Im Gegensatz zu Caterina geht sie nicht nach draußen. Sie will ihn vor Caterina zur Rede stellen oder ihn bloßstellen. „Gardenio, amore, posso entrare? Potrei parlarti anch’io?” (31:24) sagt sie in heuchlerisch süßem Tonfall, was wieder ihre Eifersucht Caterina gegenüber verdeutlicht. Dann schlägt sie einen ernsten Tonfall an, bindet sich dabei den Morgenmantel fest zu, stützt die Arme in die Hüften und konfrontiert ihn direkt mit: „A lei hai fatto il vestito. E io che cosa mi metto?“ (31:34) Die Gesten unterstreichen Marisas aufbrausende Art und sie scheint zu explodieren, bis Gardenio ihr schließlich eine Stiege für ihren Auftritt verspricht. Es ist anzunehmen, dass der*die damalige Zuschauer*in wahrscheinlich wusste, dass Marisas Idol Wanda Osiris für solche Auftritte berühmt war. Später im Film (1:13:12) sagt Marisa zu Gardenio, dass sie Wanda Osiris auf der Bühne von einer Treppe herabsteigen gesehen habe und dass das der Grund für ihre Berufswahl gewesen sei.

112 Cf. Musi/Pozzi 2017, 142, Rosteck 2015, 217-221 56 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Caterina ist ab Marisas Eintreten in den Raum nicht mehr im Bild und scheint dadurch wieder einmal nicht auf Marisa zu reagieren. Auch als sie kurze Zeit später das zerrissene Kleid in der Kabine vorfindet, verdächtigt sie niemanden, sondern hat in ihrer naiven Art nur Angst vor ihrem Auftritt, der so natürlich noch schwieriger scheint. Ihre Mimik und Gestik unterstreichen ihren emotionalen Zustand, indem sie zittert, ihre Hände zusammen auf ihr Kinn drückt, einen krummen Rücken macht und blinzelt, als würde sie gleich zu weinen beginnen (35:58). Caterina beteuert bis zum Schluss, dass sie sehr viel Angst habe, lässt sich aber doch von Gardenio auf die Bühne bewegen, vielleicht aus reiner Gutmütigkeit, da er zu ihr sagt: „Dai, vai, salverai la baracca!“ Caterinas Auftritt und Gardenios Verhandlungen können die Truppe dann wirklich vor gröberen Schäden bewahren. Die Kameraeinstellungen sind bei den eben beschriebenen Szenen oft sehr gängige, bei Gesprächen zeigt die Kamera die Personen in der Halbnahen, soll man die Kostüme sehen geht sie in die Halbtotale, soll der Gesichtsausdruck sichtbar sein geht die Kamera kurz in die Nahaufnahme. Es finden keine auffälligen Kamerafahrten oder Zooms statt. Der Blickwinkel ist auch nicht ungewöhnlich, hingegen könnte der gezeigte Bildausschnitt eine weitere Funktion haben. Caterina und Marisa werden fast nie gemeinsam im Bild gezeigt, was für ihr Konkurrenzverhalten stehen kann. Da sie es nicht auf einer Theaterbühne aushalten, sollen sie auch auf der cineastischen Bühne nicht auf einem Bild zu sehen sein. Die einzige Ausnahme bildet die Stelle, als Caterina ihr zerrissenes Kleid mit allen betrauert und sich Marisa zwischen Gardenio und Caterina drängt, um die Bühne zu verlassen. Caterina schaut Marisa hier nur nach und zeigt keine besondere Reaktion. Es kommt schließlich bis zu dem Zeitpunkt zu keiner direkten Konfrontation der Protagonistin mit der Antagonistin, da sich Caterina dem von Beginn an entzieht und Marisa sich eher an Gardenio und schließlich an Caterinas Kleid abreagiert. Caterina wird nach den ersten beiden Auftritten mit der Truppe vom Radio angeworben, wo sie dann auch bleibt und so überlässt sie Marisa vorerst den Platz des Stars in der Truppe.

5.2.2.4 Ritas gesellschaftliche und musikalische Hürden Ritas Hürden zum Erfolg manifestieren sich weniger in der Antagonistin, sondern mehr in den gesellschaftlichen Strukturen und Moralvorstellungen. Diese werden in Rita la zanzara symbolisch als die Regeln der Schule dargestellt. Rita will mehr vom Leben und sie will Teil der Jugendkultur sein, so liest und schreibt sie mit anderen Schülerinnen die Zanzara-Zeitung. Die

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Entdeckung der Schülerzeitung ist eine große Hürde in Ritas musikalischer Karriere, denn sie sollte den Musikpreis der Schule verliehen bekommen. Aufgrund des Vorfalls wird ihr diese Ehre fast verwehrt. Hinzu kommt, wenn sie von der Schule verwiesen worden wäre, könnte sie von zuhause aus nicht mehr an dem im Fernsehen übertragen Musikwettbewerb teilnehmen. La zanzara steckt im Titel des Films, ist Ritas Beiname und ist der Name einer Schülerzeitung im Film. Das damalige Publikum hat sicherlich sofort die Anspielung auf die gleichnamige Studentenzeitung aus Mailand verstanden, die im selben Jahr wie der Film für Aufregung sorgte. Kritiker behaupten, dass der Film ernste gesellschaftspolitische Sachverhalte wie das Erscheinen dieser Zeitung verharmlose, indem er sie in einen lustigen Kontext versetze.113 Tatsächlich wird die Zeitung im Film als „giornaletto“, also mehr als Heftchen, wenn nicht gar als Comicheftchen bezeichnet und auch der Inhalt wird heruntergespielt. In der Professorenkonferenz meint der Älteste in der Runde: „Le nostre alieve hanno scritto un giornaletto in cui argomenti sono ‘come depilasi [sic] le gambe’, ‘come immbellisi[sic] l‘epidemide[sic] chi patati[sic]’ e ‘come fare questa lotta giapponese a calci.”(26:30) In der echten Zanzara-Zeitung, die auch nicht nur aus einer Seite bestand, ging es um viel ernstere Themen, wie das sexuelle Verhalten der Student*innen, die sexuelle Aufklärung der Schüler*innen oder Rechte der Jugendlichen. Die Zeitung wurde auch nicht aus einer Laune dreier Schülerinnen geschrieben, so wie es im Film erscheinen mag, sondern auf Grund echter gesellschaftlicher Missstände, die Student*innen und Schüler*innen festgestellt hatten und gegen die sie in Massen in Mailand auf der Straße protestierten.114 Dennoch ist zu bedenken, dass die lächerlich gemachte Zeitung im Film auch zu weniger schwerwiegenden Konsequenzen führt. Im Vergleich zur echten Zanzara-Zeitung, die zur polizeilichen Festnahme dreier Studenten und zu Razzien an den Universitäten führte, wurden die drei verantwortlichen Schülerinnen im Film nur auf das Zimmer geschickt. In der folgenden Konferenz in Anwesenheit der Schülerinnen wird die Zeitung zwar noch einmal als „molto grave“ und „indegno“ (1:14:50) bezeichnet, die Schülerinnen werden aber keineswegs suspendiert, wie angedroht (1:12:50), sondern von allen Vorwürfen freigesprochen. Dies geschieht durch die Direktorin selbst, denn diese erhält während der Konferenz einen Liebesbrief ihres früheren Verehrers. Daraufhin verliert sie die Fassung, greift sich an die Brust

113 Cf. Crespi 2016, 146-154, Della Casa/ Manera 2011, 151 114 Cf. Crespi 2016, 153-154, Giachetti 2008, 66-68, Schiavi 2016, De Poli 1966, Online Dokumente des Liceo Parini 58 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger und schreit: „E hanno ragione […]”, ganz außer sich erklärt sie etwas leiser und ohne ausschweifende Argumente: „Scusate, volevo dire, bisogna capirle […] ognuno ha diritto a sognare il suo ragazzo! Assolte! Assolte! Assolte!”(1:15:05) Mit dieser Aussage nähert sich die Direktorin auch sprachlich den Jugendlichen, denn „suo ragazzo“ zählte damals noch zu den neuen Redensarten, wie „il mio compagno“ oder „si è messa insieme“, die den gesellschaftlichen Umbruch reflektierten und „mio fidanzato/marito“ oder „si è accasata“ ergänzten oder ersetzten. 115 Durch diesen emotionalen Aufschrei macht sich die Direktorin angreifbar und zum möglichen Gespött ihrer Lehrer*innen, so wie sie auch die Institution, oder die Gesellschaftsschicht, für die sie steht, als nicht mehr ernst zu nehmen darstellt. Das heißt, es wird im Film nicht nur die Zanzara-Zeitung verunglimpft, sondern auch die Gesellschaft lächerlich gemacht, die die Zeitung kritisiert oder es wird zumindest deren Doppelmoral aufgezeigt. Das heißt, die Professorinnen finden einige Passagen der Zeitung auch lustig oder interessant und verurteilen die Zeitung scheinbar auf Grund überholter Prinzipien. In der Nacht testen sie das Hausmittel gegen Falten und am Tag bezeichnen sie die Zeitung unter anderem als „oltermodo oltraggioso“ (1:12:50). Diese Aussage zeigt aber auch, dass Ritas teils kindlicher Humor eine Hürde auf dem Weg zum Erfolg in der Welt der Musik und in der Liebe ist. Indem sie sich über die Professorinnen lächerlich macht, erschwert sie sich den Weg zu größeren Auftritten. Die für sie lustigen Streiche sind ein zentrales Element, um sie als rebellische Jugendliche zu charakterisieren, aber auch um das Publikum zu unterhalten, da es an diesen Stellen oft zu Slapstick-Einlagen kommt. Das Gegenteil scheint bei Ci troviamo in galleria vorzuherrschen, wo die Ernsthaftigkeit der weiblichen Hauptfigur ein zentrales Charakterisierungsmerkmal ist. Dort haben alle anderen Figuren lustige Slapstick-Einlagen, nur Caterina bleibt ruhig, ernst und elegant, wie es zu einer hochgeschätzten Diva passt. Rita hingegen macht sich zudem bei ihrem angebeteten Professor durch ihre Streiche unbeliebt, denn er sagt unter anderem zu ihr, als sie allein am Gang sind: „È sempre stata lei a fare tutti questi scherzi da deficente. […] Alla sua età è solamente ridicola, quando è che si decide di crescere un po‘? Se non di statura, per lo meno di cervello?“ (1:29:35) An dieser Stelle spielt Rita verlegen an den Knöpfen ihrer Uniform und macht das einzige Mal im Film einen ernsthaft besorgten Gesichtsausdruck, der in Richtung weinerlich geht. Es stellt sich also die Frage, ob ihr die Liebe mehr bedeutet als die Musik oder ob sie einfach von ihrem musikalischen Talent so überzeugt ist, dass sie sich hierbei

115 Cf. Crespi 2016, 153-154, Giachetti 2008, 40 59 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger keine Sorgen machen braucht. Im Gegensatz zu Caterina Lari in Ci troviamo in galleria wird Rita vor einem Gesangsauftritt nie ängstlich dargestellt. Rita wird sehr selbstsicher gezeigt, obwohl sie auf Grund der geheimen Auftritte ihres Professors und der strengen Lehre in ihrer Schule davon ausgehen könnte, dass moderne Musik nicht bei allen Gesellschaftsschichten im Publikum ankommt und sie so auch auf unliebsame Reaktionen treffen könnte. Ritas Sicherheit wird dadurch verstärkt, dass diese Gruppe der Menschen, die moderne Musik verachten könnten, in Rita la zanzara recht ungefährlich dargestellt wird. Denn zusätzlich zur Direktorin machen vor allem das Verhalten und die Aussagen des alten, weißhaarigen, schnurrbärtigen Professors die gesellschaftliche Gruppe, für die er steht, lächerlich. Anfänglich disqualifiziert er sich sogar selbst für ein Urteil, in dem er meint: „Tanto io sono ormai retrogrado.“ (26:30) Dieser Professor wendet sich dann, nach patriarchalischer Manier, für ein qualifiziertes Urteil an einen männlichen Kollegen, erhält aber keine Antwort. Schließlich sagt er: „Altro che matriarcato, questo è il prodromo dell’apocalisse!” Er scheint es ernst zu meinen, doch seine Gestik Mimik und Redensart machen seine Auftritte lustig. Er hat einen starken Akzent aus Apulien, er setzt seine Brille dauernd auf oder ab, weil er mit oder ohne ihr nichts sieht, er macht grammatikalische Fehler und verwendet seltsame Wörter, von denen einige extrem fachsprachlich, veraltet oder erfunden sind, wie „epidemide [sic]“ statt „pelle“, „di prole“ oder „coccové/caccavé“ statt, wahrscheinlich, „karatè“. Mitte der Sechzigerjahre stehen Figuren wie dieser alte Professor für die „adulti“, die Erwachsenen, gegen die sich die „giovani“, die Jugendlichen wie etwa Rita, auflehnen. Erstere stehen für althergebrachte Traditionen und Bräuche und sind unter anderem oft nicht einverstanden mit den neuen Musikstilen und den damit einhergehenden Tanz- und Kleidungsmoden. Zu einer angeblichen Professorin des Konservatoriums sagt Rita auch einmal deutlich, wofür ihre Schule steht, nämlich: „Facciamo musica seria, mica jéjé, il maestro odia lo jéjé, […] qui si studia solo musica classica, il maestro è così serio.” (1:03:30) Daraus könnte man schlussfolgern, dass Rita in dem Moment noch keinen Zuspruch der führenden Gesellschaftsschicht zu der Musik, die sie eigentlich machen möchte, findet. Sie bekommt auch nicht die Möglichkeit, sie einem größeren Publikum, als das des Nachtklubs oder ihrer Mitschülerinnen, vorzutragen. Erst die Teilnahme am Ende des Films am „Festival della notte napoletana“, das im Fernsehen übertragen wird, kann ihr diese Bühne bieten. Zuvor kann sich Rita an der Prämierung ihrer Fähigkeiten in der klassischen Musik erfreuen, obwohl es bei der Preisverleihung in der Schule nicht wirklich um sie zu gehen scheint. (1:25:50) Denn der

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Provinz-Landesschulrat, auch weißhaarig und schnurrbärtig, hat bei der Preisverleihung Schwierigkeiten, sich an Ritas Namen zu erinnert. Er erinnert sich aber sehr schnell an viele große männliche Namen der Oper, wie Bellini, Puccini, Rossini, Caruso oder Tamagni. (1:26:00) Er weiß schließlich nicht nur Ritas Namen nicht mehr, sondern auch nicht mehr, wofür sie einen Preis erhält. Die Halbtotale ins Publikum (1:25:50) zeigt auch, dass die Zeremonie nicht von weitreichender Bedeutung sein kann, denn es ist Großteils aus den Schülerinnen zusammengesetzt. Nur in den ersten beiden Reihen sitzen elegante ältere Damen und zwei Männer, das könnten die Eltern sein. Es fällt auf, dass Ritas Eltern nicht erwähnt werden, so scheint es, als hätte sie keine Verbindung zur Welt der Erwachsenen und wirkt so mehr wie eine freie Heldin für die Jugendlichen, ohne familiäre Verpflichtungen.116

5.2.2.5 Ritas Antagonistin „La Bonfanti“ Ritas Hürden zum Erfolg in Rita la zanzara finden in der Figur der „Bonfanti“ nur eine Projektionsfläche. Denn im Gegensatz zu Marisa in Ci troviamo in galleria wird Bonfantis Charakter in Rita la zanzara nicht sehr ausführlich beschrieben, denn sie bekommt wenig Spielzeit, keinen Vornamen und wird Großteils durch Fremdkommentare Ritas oder der anderen Figuren charakterisiert. Im Gegensatz zu Caterina sucht Rita, wo es ihr möglich ist, die direkte Konfrontation. Die Regeln der Schule und der Gesellschaft kann sie nur indirekt umgehen, indem sie sich in der Nacht hinausschleicht und inkognito auf einer, unter jungen Leuten angesagten, Bühne auftritt. Ihre Mitschülerin Bonfanti hingegen kann sie direkt zur Rede stellen und wird dabei auch handgreiflich. „La Bonfanti“ tritt das erste Mal als Mitglied des Chores auf, in dem Rita die beste Stimme zu sein scheint. (10:46) Sie gibt vor, sich zufällig den Freundinnen von Rita zu nähern. Diese wollen ihr nicht zeigen, dass sie die Zanzara-Zeitung lesen, denn sie trauen ihr nicht. Rita charakterisiert sie explizit als Spitzel der Professoren, indem sie sagt: „Secondo me, soffia ai professori.“ Auf diese Art wird La Bonfanti auktorial durch die Figurenkonfiguration einerseits als Teil der Gruppe andererseits als Ausgeschlossene charakterisiert. Auch die Tatsache, dass sich beim Nachnamen und nicht beim Vornamen genannt wird, grenzt sie von den Freundinnen Ritas ab. In diesem Nachnamen ist eine weitere implizit auktoriale Charakterisierung zu finden. Bonfanti scheint sich aus „buono“ und „infante“ zusammen zusetzten. Es ist zwar ein recht gängiger Name in Norditalien, trotzdem hat er durch die

116 Cf. Della Casa/Manera 2011, 39 61 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Wortbedeutung auch etwas nobles, denn Infant war der Adelstitel eines Prinzen. Bonfanti ist auch der Name einer eleganten Dame aus dem Norden im Film I basilischi von 1962 derselben Regisseurin. (50:40) Diese Tatsachen würden für die gehobene Gesellschaftsschicht sprechen, aus der die Schülerin zu kommen scheint. Sie würde somit in das gehobene Ambiente, das die Schule repräsentiert, passen. Die Gründerin der Schule ist eine „Contessa Adeleide“, das Gebäude ist gut ausgestattet, hat eine schöne Gartenanlage und teilweise barocke Räumlichkeiten. Etymologisch geht der Name möglicherweise auf einen Glückwunsch für ein Kind zurück, darum kann „Buon infante“ auch einfach nur „gutes Kind“ heißen. Somit kann er für die Figur bedeuten, dass sie alles macht, was ihr die Erwachsenen sagen. Sie wirkt also folgsam, während Rita im Kontrast dazu rebellisch ist.117 La Bonfantis implizit präsentativ optische Figurencharakterisierung zeigt durch die Schuluniform einerseits die Zugehörigkeit zu der gleichen Gruppe der Schülerinnen wie die Protagonistin. Andererseits wirkt sie durch die Haare schon beim ersten Auftritt etwas mädchenhaft konservativer als Rita und ihre Freundinnen, denn sie hat schulterlange Haare die ordentlich rechts und links mit zwei Bändchen zusammengebunden sind. Ritas Freundinnen, die die Zeitung lesen, haben im Gegensatz zu Bonfanti glatte offene Haare und einen modischen Kurzhaarschnitt wie Rita. La Bonfantis emotionaler Charakter wird durch die Figurenkonfigurationen ihrer Szenen und die implizit präsentative Figurencharakterisierung als kindlich, selbstsüchtig und ihren Mitschülerinnen als illoyal beschrieben, denn sie stiehlt die Zanzara-Zeitung, gibt sie den Professoren und lässt in ihrer zweiten Szene kein anderes Mädchen schaukeln. (1:16:05) Im Gegensatz dazu sorgt Rita dafür, dass es die ganze Klasse gut hat, indem sie zum Beispiel den eingeschlafenen Professor nicht weckt und so alle machen können, was sie wollen (09:30), oder für die Mitschülerinnen ein Lied zum Besten gibt (59:00) und sie spielt auch Charlie Chaplin für sie (1:05:24). Rita wirkt an der Stelle, als sie Bonfanti für den Verrat bestraft (1:16:00), erwachsener und fast männlich durch ihren entschlossenen breitbeinigen Gang und die langen Hosen. Ritas Freundinnen tragen auch Hosen, aber als Kontrast dazu hat La Bonfanti ein hellrosa Röckchen an, in dem sie vor Rita flüchtet. Die Verfolgungsjagd „la caccia alla Bonfanti“(1:16:00) ist mit schneller Orchestermusik unterlegt, die an schnell reitende Pferde erinnert. Diese Musik verdeutlicht den Ernst der Lage und lässt die Zuschauer*innen mitfühlen. Die Musik wird langsamer und dann fröhlicher, just in dem Augenblick als Rita ihren

117 Cf. De Felice 1980, 229 62 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Gerechtigkeitssinn beweist. Wie eine gerechte Heldin will sie allein gegen La Bonfanti kämpfen, denn drei gegen eine wäre unfair. Daraufhin setzt sie aber ihre Karatekenntnisse ein und ihre Gegnerin geht sofort zu Boden, diese wirft noch recht unbeholfen mit den herumliegenden Tontöpfen, bis sie sich ergibt. Es scheint so als würde Rita im Park der Schule schon von den anderen Mädchen erwartet, denn als die Kamera den Park mit den spielenden und badenden Mitschülerinnen zeigt, ist das Bild mit der Zanzara-Melodie unterlegt, allerdings brav in der Klavierversion. Diese Melodie ist Ritas Erkennungsmelodie, welche die zwei Szenen verbindet, und gleich darauf hören die Mädchen ein Pfeifen und wissen, dass das nur Rita sein kann. Um den Mitschülerinnen ihren Sieg mitzuteilen und um zu zeigen, wie sie mit Verräterinnen umgeht, erniedrigt sie La Bonfanti vor allen anderen. Diese muss laut sagen: „Sono una sporca spia, non vi dovete mai più fidare di me, perché sono un verme” und muss bekleidet in den Teich vor der Schule springen. Rita demonstriert in Rita la zanzara offen ihre Position der Anführerin vor den anderen Figuren. Diese Position hat in Ci troviamo in galleria keine weibliche Figur, die Protagonistin hält sich meist zurück und wird selbst eher von der Handlung mitgerissen. Die Figur der Rita ergreift oft die Initiative und versucht mit sämtlichen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln in allen Lebenslagen erfolgreich zu sein. Dabei ist eine illoyale Mitschülerin scheinbar kein großes Problem.118

5.2.3 Der große Erfolg und seine Folgen Nachdem beide Protagonistinnen einige Hürden überwunden haben, kommt es am Ende des Films zu einem großen öffentlichen Auftritt. Ein augenscheinlicher Unterschied zwischen den Filmen ist die mediale Umsetzung dieser Auftritte, denn während in den Fünfzigern noch die Bühne eines vollbesetzten großen römischen Theaters für diesen Auftritt reicht, handelt es sich in den Sechzigern um ein ausverkauftes Theater mit Live-Übertragung im Fernsehen. Große Unterschiede finden sich auch in den Musik-, Tanz- und Kleidungsstilen. Gemeinsamkeiten finden sich in der Bedeutung des Auftritts für die Karriere und die Beziehung der Frauenrollen.

5.2.3.1 Caterina Lari auf der Bühne des Sistina in Rom Caterina Lari wiederholt am Ende von Ci troviamo in galleria eigentlich ihren ersten Auftritt mit dem Unterschied, dass alle Rahmenbedingungen besser sind. (1:22:30) Sie kommt wieder

118 Cf. Beil et al. 2016, 164-165 63 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger scheinbar zufällig auf die Bühne, denn sie beteuert vorher, nicht auftreten zu wollen. Sie wird wieder vom Publikum mit ihrem Vornamen auf die Bühne gerufen und trägt wieder Quanno staje cu mme vor, das sie auch beim ersten Mal gesungen hat. Durch die Verwendung des gleichen Liedes wird gezeigt, dass Caterina für einen größeren Erfolg scheinbar nur eine größere Bühne brauchte. Durch die gleiche räumliche Disposition und eine ähnliche Figurenkonfiguration wird der Aufstieg zur Diva gut sichtbar. Im Unterschied zum ersten Mal ist ihr Kleid viel glamouröser, das Theater und das Publikum viel größer und die Innenausstattung viel schöner, denn es handelt sich um keine Provinzbühne, sondern um das bekannte Sistina in der Hauptstadt Rom. Zusätzlich hat sie sich mit der Varieté-Truppe versöhnt, indem sie ihr zu einem spektakulären Auftritt verholfen hat. Bei ihrem ersten Auftritt war Caterina eine Konkurrentin der Truppe. Dieses Mal bezahlt Caterina der Truppe nicht nur eine Fahrkarte, sie nimmt viel von dem Geld, das sie durch ihren Erfolg verdient hat, in die Hand, um auch ihrem Mann und ihren Freunden einen großen Auftritt zu ermöglichen. Indirekt sorgt sie so auch dafür, dass ihre Antagonistin ihren ersehnten Auftritt von einer Treppe herab, wie Wanda Osiris, erhält. Kurz vor der letzten Show kommt es noch einmal zu einer direkten Konfrontation der beiden weiblichen Hauptrollen. (1:13:56) Nachdem sie sich im mittleren Drittel des Films aus dem Weg gegangen sind, scheinen sie nun versöhnt zu sein. Dafür sprechen ihre Mimik und Gestik, denn Caterina lächelt und greift nach Marisas Händen und sie wirken beide froh, sich zu sehen. Marisas Figur scheint während der Vorbereitungen zur Show eine Verwandlung durchgemacht zu haben, statt aufbrausend impulsiv ist sie nun ganz ruhig und entschuldigt sich, dass sie Caterina bei den Aufnahmen stört. Sie trägt ein hochgeschlossenes Kleid und einen Anhänger mit einem Kreuz. Als sie leise zu sprechen beginnt, wirken ihr Tonfall und ihre Argumente ehrlich und so, als hätte sie wirklich das erste Mal im Film Angst. Ihr alter Charakter ist aber nicht völlig verschwunden, denn spätestens als sie Caterina ein Kompliment zum Pelz macht, bemerkt der*die Zuschauer*in, dass Marisa von ihr einen Gefallen haben möchte. Sie sagt dann auch ganz offen, dass sie möchte, dass Caterina in der Show singt. Der Ernst des Gespräches wird durch den Tonfall der beiden Figuren, durch deren Nahaufnahmen und das Fehlen einer Hintergrundmusik verstärkt. Die Sängerin hört ihre Bitte an, scheint aber, im Unterschied zu Marisa, mit ihrem Mann unversöhnlich zu sein und verweigert den Gefallen. In diesem Augenblick bricht Marisas eigentlicher Charakter wieder durch, denn sie beschimpft Caterina wüst, unter anderem als „carogna“ (1:15:12), als Aas, und drückt ihren Arm bei Seite.

64 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Ihre wohlerzogene Art ist also doch nur aufgesetzt. Caterina bleibt dagegen, wie immer, ruhig, doch in ihrer Absage entschlossen. Sie fügt aber auch hinzu, dass schließlich alles gut gehen wird. Dieses „Andrà bene, vedrai“ (1:15:18) kann bedeuten, dass sie immer noch an Gardenios Fähigkeiten glaubt oder, dass sie einfach die Überraschung für ihren Mann nicht verraten will. Denn am Ende singt sie doch im Sistina. Die Gegenüberstellung mit der Figur der Marisa zeigt schon vor der letzten Show, zu welcher selbstbewussten, eleganten Diva sich Caterina im Film entwickelt hat. Sie ist nicht mehr ängstlich, reagiert auf Marisa, bleibt aber ruhig und ist mit dem Pelz sehr teuer gekleidet. Das Happyend wird schließlich perfekt, indem sich Caterina auch noch mit ihrem Mann versöhnt. Dieses Ende des Films zeigt, dass es Caterina wirklich „vom talentierten Niemand zum beliebten Superstar“119 geschafft hat. Wie es einem großen Star gebührt, bekommt sie vor ihrer musikalischen Darbietung eine kleine Ansprache mit Dank und Ankündigung ihres Auftritts. Ein Scheinwerfer, dem das Publikum nachschaut, setzt sie dann in Szene und begleitet sie auf die Bühne. Das Publikum applaudiert und steht auf, das heißt, sie ist auch in Rom ein bekannter, beliebter Star, nicht nur in ihrem kleinen Heimatort. Caterina hat auch an Selbstvertrauen gewonnen, im Gegensatz zu ihrem ersten Auftritt muss sie nicht mehr von Männern aus dem Publikum zum Auftritt begleitet werden, sondern das macht auf elegante Weise ein Scheinwerfer. Die Ansprache Gardenios unterstreicht Caterinas grandiosen Aufstieg, denn er erzählt vom Theater, in dem sie zum ersten Mal gesungen hat, und macht es noch kleiner als es war, indem er sagt: „un teatrino piccolo piccolo [sic] con quattro panche messe in fila“. (1:23:50) Außerdem erwähnt er, dass sie nur „la ragazza del bar“ war und keineswegs eine professionelle Sängerin. Im Augenblick der Ansprache hingegen ist das ihr Beruf und die Leute kennen Caterina Lari aus dem Radio. Caterinas implizit präsentativ visuelle Figurencharakterisierung verstärkt ihre Stellung als Star und als elegante Diva. Sie trägt ein glänzendes Kleid mit einem glitzernden durchsichtigen Umhang, glitzernde Armbänder und Ohrringe. Letztere sind denen des ersten Auftritts ähnlich, nur größer. Das begleitende Orchester ist auch größer, den beim ersten hört man einzelne Instrumente, beim zweiten hingegen einen vollen Klang mehrerer Instrumente pro Melodiestimme. Für die Figur der Caterina schließt sich der Kreis, denn sie und alle anderen Figuren scheinen am Ende des Films glücklich zu sein, wie es bei einem Happyend sein sollte. Das zeigen die

119 Maas/Schudack 2008, 14 65 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Figuren, indem sie fröhlich lachen, den Applaus genießen, sich an den Händen halten und sich gemeinsam verbeugen. Da der Film hier endet, weiß der*die Zuschauer*in nicht, ob dieser große öffentliche Auftritt Caterina zu anderen Engagements verholfen hat und ob sie nun mehr Live-Konzerte geben wird, aber es scheint gut möglich, auf Grund des tosenden Applauses. Für die bereits berühmte Sängerin Nilla Pizzi hatte der Film zur Folge, dass die Lieder, die sie im Film darbot, 1953-54 zusätzlich zu vielen anderen auch auf Platte aufgenommen wurden und der Film eine gute Werbung für den Verkauf dieser Platten war.120

5.2.3.2 Ritas erster Fernsehauftritt Der Schlussauftritt in Rita la zanzara bedeutet für Rita den Start einer großen Karriere und macht sie offiziell von der talentierten Schülerin zur professionellen Sängerin. Der live im Fernsehen übertragene Auftritt ist bedeutsam, sowohl für die Figur der Rita Santangelo, die einen Plattenvertrag bekommt, als auch für die echte Sängerin Rita Pavone, die ihre Lieder in diesem Film bewerben kann und damit den Plattenverkauf ankurbelt. Außerdem kommt es noch zu einem weiteren Film Non stuzzicate la zanzara, in dem die Handlung fortgeführt wird. Dieser wäre ohne den Erfolg des ersten nicht möglich, genauso wie die Handlung des zweiten Films ohne den ersten nicht möglich wäre. Das Fernsehen spielt mittlerweile in Italien eine große Rolle und ist unter anderem auch für die Verbreitung der Jugendkultur verantwortlich, wenn es Auftritte, wie den Ritas, überträgt. Genauso werden die Jugendlichen durch das Fernsehen beeinflusst und zum Beispiel zum Plattenkauf angeregt. Diese Tatsachen werden im Film nicht nur durch das Konzert thematisiert, sondern auch durch das Fernsehgerät, dass vor dem Bankett der Professor*innen eingeschalten ist und durch das Gespräch der alten Professoren, von denen einer einen Artikel über den Einfluss des Fernsehens auf die Jugend geschrieben hat. Dem Fernsehen wird also eine gewisse Wichtigkeit beigemessen und diese Tatsache macht Ritas Auftritt noch bedeutender. Ritas Teilnahme am Festival della notte napoletana erfordert viel Vorbereitung. Sie besorgt Schlafmittel und überredet das Personal der Schule, die Professoren damit zu betäuben, um mit ihren Mitschülerinnen heimlich zum Festival gehen zu können. Schließlich setzt sie Paolos Exfreundin Lida mit einem Karateschlag außer Gefecht und verpackt sie in eine Kiste, die nach Rio de Janeiro gehen soll. Das heißt, dass sie allerhand Tricks anwendet, lügt und handgreiflich

120 Musi/Pozzi 2017, 152-154 66 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger wird. Das spricht für ihren rebellischen Charakter und unterscheidet sie grundsätzlich von Caterina der Protagonistin in Ci troviamo in galleria, obwohl auch Caterina ihren letzten Auftritt lange vorbereiten muss. Caterina Lari findet dafür allerdings einen eleganten, legalen und friedlichen Weg. Sie bezahlt einfach einen Produzenten, der Gardenio anbietet, seine Show zu finanzieren. So unterschiedlich die beiden Sängerinnen sein mögen, beim Schlussauftritt geben beide ihr Bestes und zeigen dem Publikum mit dem gesungenen Lied, ihrer Kleidung, ihrer Gestik und Mimik, wofür sie stehen. Caterina ist eine große Diva, Rita hingegen möchte eine rebellische Jéjé-Sängerin sein. Während Caterina als Diva allein die ganze Bühne beansprucht, singt Rita vor einer Band, die aus langhaarigen Männern besteht, und einer Gruppe wild tanzender Mädchen und Burschen. Zudem verstärkt Ritas implizit präsentativ visuell figurale Charakterisierung ihr Image als Rebellin. Sie trägt eine Perücke mit langen offenen Haaren, einen weiß schwarz gestreiften kurzen Rock und dazu passend gestreifte Stiefel, eine sehr auffällige und ungewöhnliche Aufmachung, die sich stark von ihrer konservativen Schuluniform abhebt. Zusätzlich unterscheidet sich Rita äußerlich stark von den Damen in der ersten Reihe des Publikums, diese tragen längere Kleider, Hut und Perlenkette und machen zuerst einen überraschten Gesichtsausdruck, applaudieren dann aber auch, eine Reaktion die damals nicht immer so stattfand, denn Ritas Aufmachung, Tanz- und Gesangsstil war durchaus ein Skandal für die Konservativen der italienischen Gesellschaft. Der Film wirkt dadurch so, als wolle er dieser gesellschaftlichen Gruppe die neue Musik oder überhaupt die Jugendkultur näherbringen oder erklären.121 Unterschiedlich wie die Kleidung sind auch die Musikstile von Caterina und Rita. So gehen die Filme mit der Zeit und Mode. Ritas Festival heißt zwar Festival della notte napoletana, es sind aber erstmals auch moderne Rock- oder Jéjé-Songs von jungen Künstlern zugelassen. Die Figur der Caterina singt mehr als zehn Jahre zuvor ein neapolitanisches Liebeslied am Filmende. Diese Lieder scheinen beim Festival della notte napoletana auch noch vertreten zu sein, aber auch Ritas neue Musik kommt beim Publikum gut an. Dies bezeugen die erfreuten Gesichter, der Applaus während des Liedes und der explizite Fremdkommentar des Produzenten Teddy Reno, der im Publikum sitzt. Zu seiner Sitznachbarin sagt er: „Brava! Questa è formidabile, è fantastica! Aspetta qui, voglio offrirle un contratto!” (1:39:10) In einem zweiten Fremdkommentar zum Angestellten aus Ritas Schule sagt Teddy Reno: „Formidabile! È la

121 Cf. Della Casa/Manera 2011, 35 67 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger migliore cantante che abbia mai sentito!” und gleich darauf sagt er zu Rita: „Brava! Brava! Formidabile! Venga da me alla fine dello spettacolo! La aspetta una grossa carriera!” Teddy Reno spielt sich hier selbst, denn er war es, der Rita Pavone 1962 beim Festival degli Sconosiuti in Ariccia entdeckt und nach ihrem dortigen Sieg engagiert. Im Film erhält Rita vom Koch der Schule noch einen weiteren positiven Fremdkommentar, der das Festival im Fernsehen sieht. Dieser meint: „È scatenata questa ragazzina, ma è simpatica! È uno spettacolo!” Das heißt, auch ein älterer Herr, wie er, der im Laufe des Films neapolitanische Lieder anstimmt, kann Gefallen an Ritas Musik finden. 122 Abgesehen von der am englischen Beat-Stil inspirierten elektrisch-instrumentalen Unterlegung geht es im Liedtext um das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Jugendlichen, denn Rita singt in der ersten Person Plural „Abbiamo un riff“ (1:38:20). Das Lied ist auch die Titelmelodie der Jugendsendung Studio one, in der Rita Pavone im Filmjahr aufgetreten ist. So passt das Lied zur Filmfigur und zur echten Rita. Die Zeile „ed invece questo riff vuol dire, voglio bene a te“ (1:38:45) zeigt, dass es auch um Freundschaft oder sogar Liebe geht. Auch Paolo, Ritas angebeteter Gesangslehrer, sieht deren Auftritt im Fernsehen. Er erkennt sie und hastet sofort zurück zur Konzerthalle. In diesem Augenblick ist noch immer nicht klar, ob er sie als die Sängerin im Nachtklub, oder auch als seine Schülerin Rita erkannt hat. Auch der Barmann fragt: „Ma chi è?“, aber dieses Geheimnis wird bis zum Schluss nicht gelüftet. Paolo schreit nur, dass er sie, „lei“, erkannt hat und ist vor Freude ganz außer sich, dass sie sein Lied singt. Ritas und Caterinas Methoden sind sehr unterschiedlich, trotzdem verfolgen sie beide gleiche Ziele und dabei sind ihre Karriere und ihre Liebesangelegenheiten eng verknüpft. Im Unterschied zu Caterinas letzten Auftritt in Ci troviamo in galleria ist Ritas Darbietung nicht ganz der Schlusspunkt des Films. Beide Sängerinnen finden auf Grund des letzten Konzerts zu ihrem Partner, doch Rita scheint der Liebe noch etwas mehr Gewicht zu verleihen, da sie durch die Verfolgungsjagd von Paolo zu ihren Auftritten gekommen ist und beim Festival auch Paolos Lied vorträgt. Es scheint ihr zu gefallen, aber sie tut es auch, um Paolo zu gefallen. Rita nimmt die Gelegenheit, sofort einen Plattenvertrag bei Teddy Reno zu unterschreiben, nicht gleich wahr, denn sie flüchtet vor Paolo. So kommt es nach dem Festival noch zu einem kleinen Nachspiel, indem Paolo Rita verfolgt, und als er sie schließlich im Vergnügungspark Edenlandia erwischt, macht er ihr einen Heiratsantrag. Diese zusätzlichen Szenen lassen das Konzert als

122 Cf. Pavone/ Targia 2015, 47-58 68 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Mittel zum Zweck erscheinen und die Musik verliert gegenüber der Liebesgeschichte an Bedeutung. Außerdem bleiben somit am Ende des Films einige Fragen offen, zum Beispiel ob Rita Paolo tatsächlich heiratet, denn sie hat nicht eindeutig geantwortet, sondern nur Paolo geküsst. Es ist auch unklar, ob Rita einen Plattenvertrag unterschreiben wird, ob Rita weiter zur Schule gehen wird, ob Paolo weiter als Lehrer arbeiten wird oder ob Rita Eltern hat, die mit einer derartigen Hochzeit einverstanden wären. All diese Fragen könnten einerseits für die Kinobesucher unwichtig sein, da sie einfach von den Liedern und Rita Pavones Auftritten begeistert sein könnten, die Handlung als zweitrangig empfinden und so vielleicht einfach von einem positiven Ausgang aller Angelegenheiten der Protagonistin ausgehen. Andererseits könnten diese Fragen die Kinobesucher aber auch dazu motivieren, den zweiten Teil dieses Musicarellos zu sehen, nämlich Non stuzzicate la zanzara.

5.2.3.3 Ritas zweiter großer Auftritt Der zweite Teil der Zanzara-Filme, Non stuzzicate la zanzara, führt inhaltlich die Erfolgs- und Liebesgeschichte Ritas und Paolos fort und diese endet, nach einigen Hürden, wieder in einem großen Auftritt im Fernsehen. Diesmal besteht der Fernsehauftritt, statt aus einem Lied, aus mehreren Liedern in mehreren Musikstilen und mit verschiedenen Tänzen und Kostümen. Der Show kommt noch mehr Bedeutung zu als bei Ritas erstem Fernsehauftritt, da sie auch für Ritas Eltern wichtig ist. Ihre Mutter tritt sogar darin auf und im extrem exklusiven, internationalen, reichen und einflussreichen Saalpublikum sitzen Leute, die für ihren Vater existenzbedrohend sein könnten. Außerdem könnte diese Show Rita helfen, international bekannt zu werden. Zusätzlich erhält die Show auch mehr Bedeutung im Film, da ihr mehr Spielzeit zugesprochen wird, anstatt rund drei Minuten (1:38:00-1:41:18) circa zwölf Minuten (1:21:00-1:33:50). Zudem unterbricht die Montage des Films ihre Lieder nicht, indem sie zeigt, was andere Figuren machen, sondern lässt sie immer im Bild, während sie ihre Lieder singt. Wie im ersten Film charakterisieren die Reaktionen und die positiven Fremdkommentare der anderen Figuren Rita zu einem erfolgreichen Star. Der Musikproduzenten, Teddy Reno, sagt vor Ritas Auftritt: „È andato tutto benissimo. […] Certo, se a questo punto dello show ci fosse stata Rita, sarebbe stata tutto un’altra cosa.” (1:26:33) Als er sie dann sieht, ist er überglücklich. Nach der Show erhält Rita Applaus und die einflussreiche Marchesa Filangeri sagt zu Ritas Vater: „Ah, comandante non sa la felicità di questa rivelazione! Come ha fatto a

69 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger tenerci segreti questi due tesori!” (1:33:33) Mit den „zwei Schätzen“ meint sie Rita und ihre Mutter. Die zweite TV- Show zeigt dem internationalen Fernseh- und Saalpublikum, welch vielseitige Sängerin Rita ist, da sie verschiedene Musik und Tanzstile beherrscht. Das bedeutet für die Figur eine künstlerische Weiterentwicklung, denn im ersten Zanzara-Film zeigt sie viele der anderen Musikstile nur in ihren Traumsequenzen, beispielsweise die Imitationen von Carmen Miranda oder Mina, oder vor den Mitschülerinnen, wie die Chaplin-Imitation. Ritas Charakter und die Liebesgeschichte mit Paolo entwickelten sich hingegen nicht stark weiter. Rita ist weiterhin sehr selbstbewusst, rebellisch und verfolgt kompromisslos ihre Ziele, denn es macht ihr nichts aus, auch ihrem Vater zu widersprechen, wie sie im ersten Teil den Professor*innen widersprochen hat. Bei beiden Filmen nimmt sie es kämpferisch mit den Konsequenzen ihres Handelns auf. Ritas Vater versucht bis zum Schluss, sie am Auftritt zu hindern, aber Rita entwischt ihm und tritt auf. Paolo weiß auch bei dem zweiten Auftritt bis kurz vor Beginn nicht, dass Rita seine Kompositionen singen wird. Ihre Liebesgeschichte hat sich insofern ein wenig weiterentwickelt, indem sie am Ende offiziell vor den Eltern verlobt sind. Diese Sichtweise mag recht konservativ erscheinen, es wird aber der romantischen Szene am Schluss weniger Spielzeit als im ersten Film beigemessen, rund eine Minute (1:34:50-1:35:50). So scheint es bei alleiniger Betrachtung des Schlusses, als wäre Ritas Rolle als professionelle Sängerin schließlich wichtiger. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass in Non stuzzicate la zanzara während des ganzen Films einige romantische Szenen vorkommen und Rita dadurch oft die Rolle des verliebten Mädchens zukommt. Die letzte Szene ist nur der Schlusspunkt dieser Liebesgeschichte, die eng mit den musikalischen Karrieren der beiden Künstler verwoben ist. Der zweite Film zeigt wieder ein relativ offenes Ende, denn es wird nicht aufgelöst, ob Paolo und Rita heiraten und ob Rita einen Plattenvertrag unterschreibt. Der*die Zuschauer*in kann nur anhand der Symbolkraft der Bilder und der positiven musikalischen Untermalung Vermutungen anstellen. Er*Sie sieht, wie Paolo und Rita einen Berghang hinunterlaufen, sich küssen und den ersten Sonnenaufgang des neuen Jahres anschauen. Das könnte für den Beginn einer wunderbaren gemeinsamen Zukunft stehen.

70 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

5.3 Klischee und Tradition vs. Innovation und Selbständigkeit der Frau Alle drei Filme zeigen Frauenrollen, die einerseits Klischees und Stereotype bedienen, andererseits aber auch innovativ und emanzipiert sind. Die Unterschiede zwischen den Filmen und deren Frauenrollen werden vor allem bei der Betrachtung der Beziehung zwischen Frau und Mann und deren beruflichen Alltag deutlich. In vielerlei Hinsicht ist die Beziehung zwischen Caterina und Gardenio in Ci troviamo in galleria aus den Fünfzigern innovativer als diejenigen aus den Zanzara-Filmen in den Sechzigern. Im ersten Film genießen die Frauenrollen künstlerische und soziale Freiheiten, die in den letzteren eher schwierig zu erreichen scheinen. Detailanalysen werden zeigen, inwiefern hier ein möglicher emanzipatorischer Rückschritt dargestellt wird, obwohl sich gesellschaftliche Bedingungen in der italienischen Gesellschaft geändert haben könnten. Im Folgenden werden auch mögliche Gründe für die Verwendung gewisser traditioneller Stereotypen oder innovativer Figuren beschrieben.

5.3.1 Caterina und Gardenio als Paar Der*die Zuschauer*in erhält in Ci troviamo in galleria nur Einblick in das Beziehungsleben der beiden Hauptfiguren, andere Partnerschaften kommen kaum vor. Dieses Alleinstellungsmerkmal lässt den*die Zuschauer*in keine Vergleiche ziehen und zeigt so im Film keine Widersprüche oder Kritik an ihren Beziehungsmodell. Dadurch wirkt es, als wäre ihre Ehe eine damals alltägliche, obwohl sie das wahrscheinlich nicht war. Zum Beispiel müsste traditionell der Mann die Frau zuerst ansprechen, das geschieht im Film umgekehrt. Caterina spricht Gardenio an, wenn auch wegen seiner künstlerischen Fähigkeiten. Auch Gardenio umwirbt Caterina dann zuerst wegen ihres sängerischen Talents, obwohl er für sie mehr macht als für andere Künstlerkolleginnen, denn er leiht sich ein Hemd, kauft ihr ein Kleid und stellt ihren Namen am Plakat für die Show gleich unter seinen, vor den anderen. Das heißt, er möchte ihr schmeicheln, aber auch ihr Talent betonen. Auf den Filmplakaten123 für Ci troviamo in galleria herrscht eine vergleichbare Anordnung der Namen der Darsteller*innen als im Show-Plakat im Film. Es könnte eine bildästhetische Entscheidung sein, aber der Name Carlo Dapporto steht auf den Filmplakaten neben Nilla Pizzi, das macht sie gleichberechtigter als die Namen am Show-Plakat im Film, wo der weibliche Name unter dem männlichen steht. Da sie die Protagonisten sind, sind ihre Namen größer und in roter Schrift, sowie auch Sophia Lorens

123 Cf. Abb. 1 und 2 71 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Name, die als weiterer Star im Film auftritt und deswegen auf dem Plakat im Vordergrund steht. Bei dem Gespräch über das Plakat für die Show hält Gardenio Caterina an den Schultern und es entsteht der Anfang einer möglichen Kussszene. Das heißt, hier würde der Mann ganz traditionell die Initiative ergreifen, sie werden aber von Marisa unterbrochen. Das ist einerseits nötig, um die Frauenrollen gegenüberzustellen, andererseits waren Küsse noch von der Zensur durch die Behörde, damals der Direzione Generale dello Spettacolo, limitiert. Aus heutiger Perspektive mögen Paare in den Filmen der Fünfzigerjahre dadurch sehr keusch wirken, das war aber von den Regisseur*innen vielleicht gar nicht so vorgesehen, sondern sie wurden dazu gezwungen.124 Die Hochzeit von Caterina und Gardenio kommt eher zufällig zustande, ohne klassischen Heiratsantrag. Nicht bei Kerzenlicht und schönem Essen, sondern plötzlich, nach der Show sagt Gardenio zum Produzenten, dass Caterina seine Verlobte sei, um zu verhindern, dass dieser die Truppe ohne Bezahlung entlässt. Tittoni, der Produzent, fragt Caterina: „Ma è vero quello che dice lui?“ (19:14) Caterina gibt sich an dieser Stelle unterwürfig, aber auch gefasst und sagt: „Sì, se lui vuole.“ Gardenio antwortet, wie man es sich von einer jungen Frau erwarten würde. Er sagt: „Sì!“ und ist außer sich vor Freude. Dadurch, dass Caterina Gardenio eine indirekte Frage stellt und ruhig bleibt, übernimmt sie so eigentlich den traditionell männlichen Part. Wieder eher untypisch findet die Hochzeitsfeier recht unspektakulär statt, denn in einer Komödie könnte eine große Hochzeit ein pompöses Happyend ergeben. Innovativ ist auch, dass Caterina die Hochzeitsfeier nicht kommentiert. Eigentlich wäre das Heiraten ein klassisches Frauenthema, dass man sich in einem Film dieser Zeit erwarten würde. Im Gegenteil, im Film ist die Hochzeit sogar so unwichtig, dass die Zeremonie nicht gezeigt wird, nur die kleine Hochzeitsreise, der Ausflug in den Park mit den Freunden aus der Varietétruppe. Einzig die Erzählerstimme bedient die Klischee-Vorstellung der Zuschauer*innen, indem sie sagt: „Caterina, come tutte le ragazze, aveva sognato un matrimonio splendido.“ (39:55) Diese Erzählerstimme hat aber bereits am Anfang des Films die Figuren ironisch beschrieben, darum muss diese Aussage hier auch nicht der Wahrheit entsprechen. Caterina macht nämlich ein fröhliches Gesicht und die Kussszene wird wieder, wahrscheinlich zensurbedingt, nur angedeutet.

124 Cf. Fantina 2003, 87-91, Vigni 2003, 74-75 72 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Innovativ an Caterinas Rolle ist hier auch, dass sie völlig unabhängig zu sein scheint, denn sie kann Gardenio spontan heiraten, ohne dass dieser bei ihrem Vater um die Hand anhalten muss. In Non stuzzicate la zanzara will der junge Paolo durchaus das Einverständnis des Vaters einholen, obwohl das Paar bereits gemeinsam geflüchtet ist und im Vergleich zu Ci troviamo in galleria vierzehn Jahre vergangen sind, sich die Zensur zu lockern beginnt und die Gesellschaft verändert hat.125

5.3.2 Geld und Ruhm als Gefahr für Caterina und Gardenios Beziehung Der Vater oder der Ehemann entscheiden in Italien bis Anfang der Siebziger Jahre über das Schicksal der Frauen, so auch über deren Erwerbstätigkeit oder Vermögen.126 Ci troviamo in galleria zeigt 1953 mit den zwei wichtigsten Frauenrollen, Caterina und Marisa, also zwei sehr fortschrittliche Figuren. Beide arbeiten und können scheinbar ihr Geld selbst ausgeben. Marisa stellt sich selbst dadurch über die anderen Truppenmitglieder und meint: „Beh, ci sono novità e a me non fate sapere niente? Vi siete scordati quando io con le mie risorse personali aiutavo a tutti quanti?” (1:12:55) Caterina kommentiert ihren Verdienst hingegen mit keinem Wort. Auch als Marisa meint: „Ti sei sistemata?“ (1:14:12), lächelt sie nur geschmeichelt. Dass sie es nicht explizit bejaht, mag auf ihren schüchternen Charakter zurückzuführen sein. Durch die implizit präsentativ visuelle Figurencharakterisierung ist Caterinas guter finanzieller Status aber offensichtlich. Denn bei ihren Auftritten mit dem Radioorchester trägt Caterina jedes Mal anderen Schmuck und ein anderes schönes Kleid, unter anderem auch ein pompöses Ballkleid. Als sie einen besonders schönen Pelz trägt, singt sie das Lied ‘O ciucciariello (51:00), das von einem Eselchen handelt, der kontinuierlich seinen Karren zieht. Das könnte symbolisch auch für Caterinas Arbeit beim Radio stehen, mit der sie nach und nach viel Geld verdient und dieses für Kleider, Schmuck und sogar ein Auto ausgibt. Gardenio arbeitet inzwischen auch beim Radio, aber es scheint, als hätten die beiden Figuren die Geschlechterrollen getauscht. Denn er arbeitet nur dort, weil seine Frau mit den männlichen Autoritäten einen Vertrag für sie beide vereinbart. Die Situation erinnert an Ärzte, die ihre Frauen als Sprechstundenhilfe einstellen oder große Manager, die für ihre Frauen oder Freundinnen einen kleinen Sekretärinnen-Posten finden, nur dass hier die Frau in der höheren

125 Cf. Missero 2017, 122-123 126 Cf. 2. Soziopolitische und kulturelle Situation der Frauen Mitte des 20. Jahrhunderts in Italien 73 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Position ist. Bei dieser Verhandlung ist Caterina kaltblütig, selbstbewusst und spielt ihre weibliche Abhängigkeit vom Ehemann gegen die Radioleitung aus. Ein Herr fragt: „Scusi, ma lui [Gardenio] cosa c’entra?”, darauf Caterina: „Come che c’entra? È mio marito.“ und der Herr sagt: „Ma per ora non ci interessa.” also antwortet Caterina: „Ah no, allora non posso nemmeno io. Andiamo via.“ (45:56-46:05) Vor den Verhandlungen beim Radio sieht man, dass Caterina am Anfang der Ehe durchaus eine klassische Frauenrolle übernimmt, denn sie pflegt ihren Mann, nachdem er vom Publikum mit einem Apfel beworfen wurde. Caterina kühlt ihm das Auge und tröstet ihn. Nachdem sie durch das Radio berühmt geworden ist, übernimmt Caterina aber den traditionell männlichen Part der Beziehung. Sie verdient das Geld und erhält dadurch den hohen Lebensstandard der beiden, der zum Beispiel ein Dienstmädchen vorsieht. Durch ihre Arbeit ist sie aber auch ständig unterwegs und kann mit einflussreichen Leuten sprechen. Sie hat dadurch auch sehr wenig Zeit für ihren Ehemann, der ihr das übelnimmt und sich deswegen wie eine eifersüchtige Ehefrau verhält. (57:05-58:10) So sprechen die beiden eigentlich in vertauschten Rollen. Er wartet zuhause im Wohnzimmer auf sie und wirft ihr vor, dass sie sich nicht mehr sehen, weil sie nur noch anderen Verpflichtungen nachgeht. Gardenios untergeordnete Position in der Beziehung wird durch die bildliche Anordnung der Szene verstärkt. Caterinas Körper nimmt mehr Bildfläche ein und die Bildschärfe ist für ihre Figur perfekt. Die Kamera verfolgt Caterinas Bewegungen, Gardenio hingegen sitzt unter der stehenden Caterina und die Kamera fokussiert ihn nicht, sein Bildbereich ist unscharf. Durch den Spiegel sieht der*die Zuschauer*in sogar eine Verdoppelung der Figur der Caterina, die dadurch die Szene dominiert. Ein wichtiger emotionaler Moment an dieser Stelle ist die Erinnerung an den Hochzeitstag. Hier zeigt die Kamera Ignazio in der Nahaufnahme (57:44), so ist seine Mimik gut sichtbar, die die Wichtigkeit dieses Jahrestages verstärkt. Die Kamera in dieser halbsubjektiven Perspektive, nimmt ihn sozusagen in die Pflicht, wie es Caterina macht, die annimmt Gardenio habe den Jahrestag vergessen. Gardenio scheint dann wieder die traditionelle Männerrolle zu übernehmen, denn er möchte Caterina anlässlich des Hochzeitstages zum Essen ausführen. Später stellt sich allerdings heraus, dass auch hier Caterina die Rechnung übernehmen hätte müssen, und da sie nicht kommt, essen und trinken Gardenio und seine Freunde nichts. Nach dieser Unterhaltung im Wohnzimmer muss Caterina wieder ins Radiostudio, wobei es hier wirkt, als hätte sie einen Fahrer, der schon von dem Haus auf sie wartet. In anderen

74 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Szenen sieht man aber auch, wie sie selbst fährt, was damals eine absolute Neuheit war und als für eine Frau unangebracht gesehen werden konnte.127 Die darauffolgende komische Szene im Wohnzimmer untergräbt wieder Gardenios Männlichkeit, aber auch Gardenios Stolz als Künstler, denn es ruft Alberto Sordi an und dieser möchte wissen, ob er mit „casa Lari“ verbunden ist (58:10). Es ist zwar in Italien üblich, dass die Frau den Nachnamen behält, der Hausname ist traditionellerweise aber der des Mannes. Und so besteht auch Gardenio darauf, dass der Anrufer mit „casa Panizza“ verbunden sei und er „Ignazio Panizza, in arte Gardenio“ sei. Alberto Sordi nennt Gardenio schließlich „Signor Lari“, da er von seiner Mutter gelernt habe, dass der Mann den Namen der Frau annimmt. Diese Aussage wäre wohl sehr fortschrittlich und ist hier scherzhaft zu verstehen, unter anderem da Alberto Sordi der bekannteste Star der Commedia all’italiana ist und hier eine seiner Rollen andeutet.128 Gardenio wäre gerne der führende Part in der Ehe, doch Caterina hält bis zum Schluss die Zügel in der Hand und übernimmt so eigentlich die männliche Rolle. Um sich mit ihrem Mann versöhnen zu können, verheimlicht sie ihm aber, welche Hebel sie für ihn in Bewegung setzt. Das heißt, die Figur der Caterina durchläuft nicht nur künstlerisch einen Karriereaufstieg, sondern auch einen sozialen Wandel von der naiven Unschuld vom Lande zur versierten Großstädterin, die nun in höchste Kreise Einfluss nehmen könnte. Denn als Gardenio durch sein Verhalten Probleme im Fernsehstudio bekommt, ist sie es, die den Präsidenten ausfindig macht und ein gutes Wort für ihn einlegt. Als sie dann versteht, dass Gardenio auf einer Theaterbühne auftreten will, bezahlt sie den Produzenten. Innovativ ist an ihrer Figur, dass sie bei den Verhandlungen mit den wichtigen Männern keine übertriebenen weiblichen Reize oder verführerische Sprache, wie Marisa, anwendet, sondern mit den Männern auf Augenhöhe zu sein scheint. Dem Radio- und Fernseh-Präsidenten trägt sie ihre Bitte kurz und bündig vor und beschließt das Gespräch mit einem Handschlag. (1:06:13) Auch den Theaterproduzenten Tittoni spricht sie höflich und bestimmt in der Bar an, für einen Geschäftsabschluss möchte sie alles ernsthaft im Büro verhandeln. (1:09:52) Beide Male verhält sie sich so, wie das ein Mann für seine Frau auch machen hätte können. Das heißt, Caterina bleibt stets scheinbar gleichberechtigt und bedient hier mit ihrem Verhalten keine weiblichen Klischees. Diese innovative Frauenrolle ist möglich, da auch die männliche

127 Cf. Capussotti 2006, 77 128 Cf. Barbagli et al. 2003, 8 75 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Hauptrolle traditionelle gesellschaftliche Konventionen nicht vehement durchsetzt und am Schluss eine moderne starke Frau an seiner Seite akzeptiert.

5.3.3 Unterlegenheitskomplex der Männer Sowohl in Ci troviamo in galleria als auch in Non stuzzicate la zanzara leiden die männlichen Hauptfiguren an einem Unterlegenheitskomplex. Die Frauenrollen ergreifen die Initiative, zeigen für damalige Verhältnisse männliches Verhalten und sind vor allem in ihrer Karriere erfolgreicher als die Männerrollen. Beide Figuren sind auch gesellschaftlichem Druck ausgeliefert, dem Gardenio länger Stand hält als Paolo. Es scheint also auch hier der ältere Film innovativer zu sein. Gardenio erträgt recht lange seine für ihn erniedrigende Arbeit beim Radio, bei der er zum Beispiel Töne nachahmen muss und sich künstlerisch nicht entfalten kann. Er lässt sich auch gehässige Kommentare der Kolleg*innen gefallen, die da meinen: „Duro, eh, il mestiere di marito di una celebre cantante!“ Bei einer gemeinsamen Autofahrt, bei der Caterina fährt, klagt Gardenio ihr sein Leid und sagt ihr seine geheimsten Gedanken: „Quando uno spettacolo va male e usciamo tutti dal teatro, io faccio finta di ridere, ma il cuore c’è l’ho piccolo come una noce.”(55:10) Anschließend kommt Gardenio ins Fernsehen und erträgt, dass man ihm Torten ins Gesicht wirft und er scheußliche Medizin vor der Kamera trinken muss. In der Einkaufspassage verärgert ihn ein Bauchredner, der andeutet, dass er vom Geld seiner Frau lebe. Gardenios Schmerzgrenze scheint aber damit erreicht zu sein, dass Caterina nicht zum Essen anlässlich ihres Jahrestages kommt. Hier schreibt er ihr eine Nachricht und verlässt sie mit den Worten: „Cara moglie celebre, […] Non mi andava più né di fare un [alla radio o in TV] né di fare il principe consorte, perciò me ne vado da casa e riprendo la via del vecchio palco scenico.“ (1:07:00) Am Ende des Films akzeptiert Gardenio aber, dass einige Menschen, wie der Theaterproduzent, wissen, dass seine Frau alles Nötige für seine Show organisiert hat, solange er vor dem großen Saalpublikum bezeugen kann, dass er derjenige war, der Caterina in diesem kleinen Provinzort entdeckt hat. So kann er seine gesellschaftliche Ehre wahren und ist gleichzeitig glücklich, wieder mit seiner Frau vereint zu sein. Im Vergleich dazu hält Paolo in Non stuzzicate la zanzara nicht viel gesellschaftlichen Druck aus. Paolos Rolle ist musikalisch innovativ, aber in sozialen Angelegenheiten konservativ. Er tut mutig den ersten Schritt, küsst Rita und fragt sie, ob sie ihn heiraten will. Als er aber auf

76 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger der Flucht nicht sicher ist, wo und wovon sie leben sollen, ruft er Ritas Vater an. (07:22) Paolo kann aus seiner traditionellen Männerrolle nicht ausbrechen, da er sich moralisch, auch als ihr Lehrer, verpflichtet fühlt, die Regeln der Gesellschaft einzuhalten. Das heißt, bei Problemen wählt er doch den traditionellen Weg, auch wenn das für seine Partnerin unangenehm ist. Denn Rita hingegen wäre gern nach London geflüchtet und hätte versucht, sich dort als Sängerin durchzuschlagen. Sie wird hier von Paolo übergangen und so zerstreiten sich die beiden auch, da sie bei ihren modernen Ansichten bleibt. Daraufhin wirbt Paolo um Rita, in dem er Romeo nachahmt, einen Balkon hochklettert und ihr ein Lied schreibt. Das heißt, durch sein Verhalten macht er sich auch selbst zu dem Traumprinzen, der er später nicht sein will. Die implizit präsentativ visuelle Figurencharakterisierung verstärkt sein Prinzenimage. Denn durch seinen Umhang, die mit Efeu bewachsene Säule und die Tatsache, dass Ritas Elternhaus ein Schloss ist, wirkt Paolo wie ein Prinz. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass er zum abhängigen Prinzgemahl, „il principe consorte”, wird, in Non stuzzicate la zanzara sehr gering, da es nur während eines Gesprächs mit dem Produzenten Teddy Reno in den Raum gestellt wird. (48:30) Im Vergleich zu Gardenio leidet Paolo also fast nicht unter Ritas Rolle als Star. Im Gegenteil, er erhält sogar ein gutes Angebot von Teddy Reno, weil Rita vorher einen Vertrag verweigert hat. Paolo erlebt keine Nachteile, da seine Karriere ziemlich erfolgreich verläuft, im Gegensatz zu Gardenios, und er beschließt, Berufliches und Emotionales zu trennen. Für Rita hingegen bleiben Karriere und Liebe verbunden und machen so ihre Rolle emotionaler und damit traditionell weiblicher.

5.3.4 Stilisierung der beiden Sängerinnen zu Märchenprinzessinnen Vor allem in Non stuzzicate la zanzara aber auch in Ci troviamo in galleria erfolgt eine an unterschiedlichen Stellen mehr oder weniger stark ausgeprägte Stilisierung der Protagonistinnen zu Märchenprinzessinnen, die unter anderem den Unterlegenheitskomplex der Männer auslöset, aber auch gezielt für Werbezwecke eingesetzt wird. So wird ein konservatives Konzept zu einer innovativen Medientechnik, denn das Medium Film verwendet eine alte Erzähltechnik, stattet sie mit adäquatem Bild- und Tonmaterial aus und versucht so, die Zuschauer*innen zu unterhalten, um ihnen etwas zu verkaufen. Abgesehen von einem künstlerischen haben die hier analysierten Filme auch einen kommerziellen Anspruch, der über den Verkauf von Eintrittskarten hinausgeht. Das entspricht dem Zeitgeist des wirtschaftlichen Aufschwungs nach den Weltkriegen, der auch die Filmindustrie erfasst hat. In

77 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger diesen Filmen sind die angepriesenen Produkte in erster Linie die Platten mit den Liedern der Sängerinnen, es finden sich aber auch Produktplatzierungen von Getränken wie Campari.129 Der Einsatz von Märchen in der Werbung eignet sich gut, da schon ein Motiv, hier die Prinzessinnengeschichte, oder ein Erzählschema, hier zum Beispiel das Festhalten der Prinzessin durch den Vater im Schloss und der umwerbende Prinz, ausreicht, um beim Publikum Erinnerungen an die ganzen Geschichten und die damit verbunden Emotionen und „Lebenslösungsversuche“130 hervorzurufen. Das heißt, die Analogien zu Märchen helfen dem Film, die Handlung zu erzählen und gleichzeitig Produkte zu verkaufen.131 In Ci troviamo in galleria hat die Darstellung der Diva, Caterina Lari, viel gemeinsam mit einer Märchenprinzessin, da sie mit scheinbar nur guten Eigenschaften präsentiert wird, so also das märchentypische Gute verkörpert. Die negativen Eigenschaften, die eine Diva auch haben kann, wie Überheblichkeit, Egoismus, Exzentrismus, verkörpert die Antagonistin Marisa. Caterina hingegen kommt nicht absichtlich zu spät, ist immer höflich und hilfsbereit. Ihre implizit präsentativ visuelle Figurencharakterisierung trägt mit elegantem Schmuck und perfektem Make-up zum Prinzessinnenimage bei, sowie indem sie ein Tüllballkleid mit großen Silber glitzernden Sternen (41:16), ein hellrosa Ballkleid mit großer Rose (52:27) und am Ende ein grünes Ballkleid mit glitzerndem Umhang trägt. Die Figur der Rita entwickelt sich von einem frechen Mädchen, dass sich in Rita la zanzara wie ein Junge verhält und Streiche spielt, zu einer Märchenprinzessin in Non stuzzicate la zanzara. Die Szenenbilder, die Figurenkonstellation und ihre figurale Charakterisierung zeigen viele Analogien zu bekannten Märchen, wie Aschenputtel, Dornröschen oder Rapunzel, und dies geschieht in noch konkreterer Weise als in Ci troviamo in galleria, wo mit einem allgemeinen Prinzessinnenimage der Caterina gearbeitet wird. Als Rita im zweiten Zanzara-Film zuhause ankommt, fährt ihr Wagen vor einem Schloss vor und eine Harfe, als sehr altes Instrument, in der Hintergrundmusik verstärkt den Eindruck, in eine Märchenwelt einzudringen. Die Szenerie und die Figuren verstärken den märchenhaften Charakter dieses Abschnitts des Films, denn das Schloss hat mittelalterlich anmutende gezackte Türme und es ist von alten Bäumen umgeben. Ritas Vater, die Soldaten und der Kommandant, den sie begrüßt, tragen eine gelb-violette Uniform, die sehr an die Schweizer Garde erinnert, die 1506 gegründet wurde. Ritas Vater ist zwar General, doch durch seine

129 Cf. Crespi 2016, 130-140, Corsi 2003, 144-148, 152-156 Valentini 2003, 103-104, 112-114 130 Imdal 2017, 146 131 Cf. Imdahl 2017, 52-53, 145-146, Meyer 2010, 248-249 78 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Funktion als Leiter seiner eigenen Militärschule wirkt er wie ein König, der seine Soldaten befehligt und zudem seine kleine Prinzessin beschützt, wobei Rita wirklich 1,53 Meter groß ist, was zu ihrem kindlichen Aussehen beiträgt. Da er geografisch und in seinen Idealen fern der realen Gesellschaft lebt, wirkt er wie eine Märchenfigur. Diese Charakterisierung beginnt durch Ritas explizite Fremdkommentare, denn sie sagt: „I suoi ideali sono quelli del Cinquecento“ (7:38) und „Vive perennemente in costume“ (7:44). Sein strenger und altmodischer Charakter wird bei seinem ersten Auftritt nicht nur durch seine implizit präsentativ visuell figurale Charakterisierung durch das Kostüm, also sein langer Umhang, die Pumphose, die große Barett-Mütze und seinem roten Barbarossa-Bart, sondern auch durch die Hintergrundmusik verstärkt, denn es ertönt eine schnelle Bläser-Fanfare. Ritas Vater versucht, sie in ihre Rolle als seine kleine Prinzessin zurückzuführen, denn er lässt sie ihre Mütze, ein „berretto da capellone“ abnehmen, obwohl die Mütze die gleichen Farben wie die Uniform seiner Soldaten hat und Rita somit auch als zu ihm gehörig charakterisiert. 132 Rita kommt im Schloss an und trifft die von ihr verhassten Tanten. Diese weiblichen Figuren könnten, wenn sie auch abgewandelt werden, ihre Inspiration im Aschenputtel-Märchen finden. Letzteres dient seit dem 18. Jahrhundert als Vorlage für Bühnenstücke, Opern und Anfang des 20. Jahrhundert für Filme. Zur Drehzeit müsste beispielsweise der Zeichentrickfilm Cinderella von Walt Disney von 1950 oder der Musicalfilm The glass slipper von 1955 dem Publikum bekannt gewesen sein. Rita hat zwar keine Stiefmutter und zwei Stiefschwestern dafür aber drei Tanten, die sie ehrfürchtig begrüßen soll (11:49) und die ihr beim Essen verbieten wollen, knuspriges Brot zu kauen.(19:00) Die Tanten wollen von Rita auch Respekt und Bewunderung für ihr Konzert mit Streichinstrumenten. (21:10) Rita lässt sich allerdings nicht in die Art von Prinzessinnenrolle drängen, die ihr Vater für sie vorgesehen hätte, und rebelliert dagegen. Sie widerspricht ihm mit deutlichen Worten „Non mi pare papà!“ (20:05), schließlich muss sie sich aber doch entschuldigen und gehorcht somit ihrem Vater. Ein Vorbild für diese anfänglich rebellische Prinzessinnenrolle könnte auch die Protagonistin der Sissi-Trilogie sein, die 1955-1957 mit Romy Schneider verfilmt wird. Dazu würde auch Ritas implizit präsentativ figurale Charakterisierung in der Balkonszene mit Paolo passen. Abgesehen von der Anspielung auf Shakespeares Romeo und Julia, das auch auf altem italienischen Märchenstoff gründet, trägt Rita hinter dem Balkon einen weißen Umhang und in ihrem Wach-Traum, der über ihrem Kopf eingeblendet wird, ein weißes weit ausladendes

132 Cf. Beil et al 2016, 255-257, 282, Krieg 1960, 16, Renner 1965, 65-66 79 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Ballkleid, einen kronenartigen Kopfschmuck, einen Schleier, darunter ein großes Haarteil und Paolo eine weiße Uniform mit gelben Bändern. Wie sie dann gemeinsam tanzen, erinnert die Szene sehr an Sissi und Franz‘ Hochzeit in Sissi die Junge Kaiserin. Die Farbe Weiß wird in Non stuzzicate la zanzara noch einmal für die Protagonistin und deren Mutter eingesetzt. Sie unterstreicht das Image der Prinzessin, steht aber auch für die Unschuld der weiblichen Figuren. Ritas Vater verurteilt Ritas Flucht aus dem Schloss, bezeichnet sie als ungehobelte Anarchistin und beschuldigt ihre Mutter, an der schlechten Erziehung Schuld zu haben. Daraufhin beschließt auch die Mutter ihn zu verlassen. In der nächsten Szene (1:13:28) sitzt Rita mit weißem Mantel neben weiß gekleideten Männern in einem weißen Schlitten, der mit Pferden durch eine weiße Winterlandschaft gezogen wird. Dieses Bild und auch das Lied Sempre più su vermitteln positive Stimmung und bestätigen die Richtigkeit von Ritas Entscheidung. Ritas Weg scheint gerechtfertigt, ist allerdings so unrealistisch dargestellt, wie es auch in Märchen oft passiert, denn der*die Zuschauer*in weiß nicht, mit wessen Hilfe oder Geld Rita plötzlich vom Schloss in der Schweiz nach Sestriere kommt. Ähnliches gilt für Ritas Mutter, denn auch sie erscheint plötzlich an der Hotelrezeption in Sestriere im weißen Wintermantel mit weißer Pelzkapuze. (1:17:00)133 Die rechtfertigende Darstellung der Protagonistin und deren Helferin, ihrer Mutter, könnte bei dem Zuschauer*innen eine „sympathetische Identifikation“134 hervorrufen. Die Heldin und ihre Gehilfen sind zwar nicht perfekt, aber die Beweggründe für ihr Verhalten werden verständlich gemacht. Das könnte sich positiv auf den Plattenverkauf nach dem Kinobesuch auswirken, da die Sängerin mit der Filmfigur in Verbindung gebracht wird. Zudem findet in den Zanzara-Filmen eine Art der „Personalisierung der Konflikte“135 statt. Ritas Vater und die alten Lehrer in der Schule stehen für die alte konservative Geisteshaltung und Rita die Schülerinnen und Ritas Mutter für eine neue innovative emanzipatorische. Die Personalisierung des Konfliktes bezieht die Zuschauer*innen emotional in das Geschehen ein und ermöglicht eine Identifikation, die hier auch konsumanregend sein kann. Ebenso erfüllen Musicarelli wie diese dadurch ihren Anspruch darauf, die italienische Gesellschaft zusammenzuführen und vor einer zu großen Spaltung der Fronten bewahren zu wollen.136

133 Cf. Beil et al. 2016, 51-52 134 Beil et al. 2016, 267 135 Beil et al. 2016, 270 136 Cf. Beil et al. 2016, 267, 270 und 4. Einordnung der Filme in die Geschichte des italienischen Kinos 80 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

5.3.5 Die Ehe als erstrebenswertes Ziel für Frauen? Ob eine Beziehung oder sogar eine Ehe ein erstrebenswertes Ziel ist, wird in den Dialogen in Ci troviamo in galleria nicht thematisiert, sie scheint eher eine praktische Notwendigkeit zu sein, denn Gardenio bindet so eine talentierte Künstlerin an seine Truppe und Caterina sieht diese Truppe als Karrieresprungbrett und als Möglichkeit, fern ihres provinziellen Heimatortes in der Hauptstadt Fuß zu fassen. Diese Darstellung scheint den Zeitgeist und die Vorstellung einiger Frauen der Fünfzigerjahre zu treffen, denn auch Nilla Pizzi fühlt sich zwar in tiefer Freundschaft mit ihrem ersten Ehemann verbunden, heiratet ihn damals aber aus praktischen Gründen, einfach um frei zu sein und mehr von der Welt zu sehen als ihren kleinen Heimatort.137 Ihre Antagonistin im Film, Marisa, wird gezeigt, als wäre sie noch einen Schritt weiter, denn sie scheint emotional frei und ohne gesellschaftlichen Druck zu leben. Sie hat keine feste Beziehung und zeigt auch keine Ambitionen, zu heiraten. Ihr Opfer, das sie für ihr Dasein als ungebunden lebende Tänzerin bringt, ist allerdings, dass sie von ihrer Familie keine Zustimmung dafür bekommt, wie sie einmal kurz bemerkt: „Aggj‘ perdut‘ a pace in famiglia“ . (1:13:12) Durch die zwei wichtigsten Frauenrollen zeigt Ci troviamo in galleria pragmatische und relativ innovative Ansichten zu Beziehung und Ehe. Dagegen scheinen die neueren Zanzara-Filme konservativere Ansichten zu vertreten, denn hier hören die Zuschauer*innen vom ältesten Professor der Schule klassisch patriarchalische Äußerungen zur Rolle der Frau, hier der Schülerinnen. Letztere seien: „ […] delle signorine, ragazze illibate, che domani saranno spose, saranno madri, possibilmente di prole”. (1:13:45) Dieser Lehrende spricht damals noch für einen großen Teil der italienischen Gesellschaft, die erwarten, dass Frauen heiraten und sich später zuhause um die Kinder kümmern. Doch zeigen auch die Zanzara-Filme einige Anti- Vorbilder, wie die plötzlich freizügig gekleidete Direktorin, für die konservativ gesinnten Frauen im Publikum. Unter dem Deckmantel der Komödie können alle drei Filme provokative Inhalte und innovative Beziehungskonzepte als harmlosen Spaß serviert. Sie bringen das Publikum zum Lachen, aber regen es vielleicht auch zum Nachdenken an. So zeigt Ci troviamo in galleria die untypische Ehe zwischen Caterina und Gardenio, in der der Mann eigentlich den Part der Frau übernimmt. Bei Rita und Paolo steht das Thema der Hochzeit nur selten im Vordergrund, denn ihre musikalische Karriere scheint Priorität zu

137 Cf. Musi/Pozzi 2017, 15-16 81 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger haben. Im ersten Teil verloben sie sich am Ende des Films und im zweiten Teil findet dann auch noch keine Hochzeitsfeier statt, sondern sie finden über ein großes Konzert wieder zueinander. Das einzige Ehepaar in den Zanzara-Filmen wird mit Ritas Eltern gezeigt, also die Generation vor der der Protagonisten, und diese repräsentieren keinesfalls ein erstrebenswertes oder perfektes Bild. Die Ehegatten scheinen vollkommen verschiedene Interessen zu haben und lehnen die Lebensweise des jeweils anderen ab. Ritas Mutter fügt sich dem traditionellen Frauenbild, zieht also nach der Hochzeit, wie es Brauch ist, zur Familie des Gatten, im Film sind das die drei alten Tanten. Ritas Mutter hat durch diesen Schritt ihr komplettes vorheriges Leben aufgegeben und ist nun unglücklich, denn sie lebt seither isoliert auf dem Schloss, in dem ihr nur ein kleines Zimmer im Dachboden zugesprochen wird, das sie selbst gestalten kann und wo sie die Truhe ihrer Mutter, also Ritas Oma aufbewahrt. Ritas Vater steht nicht nur seiner Militärschule vor, sondern möchte auch seine Familie mit strenger Hand anführen. Ab dem ersten Auftritt der Eheleute in der ersten Szene in Non stuzzicate la zanzara ist für die Zuschauer ersichtlich, dass beide ein völlig unterschiedliches Lebenskonzept haben. Der Vater kommandiert auf einem Pferd reitend seine Soldaten und die Mutter füttert weiße Tauben, mit denen sie spricht. Die Tanten informieren den Vater über die Aktivitäten der Mutter, die sie nicht billigen, und es folgt eine der vielen strengen Ansprachen des Vaters, der möchte, dass sich seine Frau standesgemäß verhält. Ritas Mutter gibt sich ihm gegenüber immer unterwürfig, entschuldigt sich und erklärt ihre Handlungen, doch wenn sie unbeaufsichtigt ist, macht sie mit ihren Aktivitäten weiter, das heißt, dass sie am Anfang des Films heimlich rebelliert, bis sie sich schließlich im letzten Drittel des Films, motiviert durch ihre Tochter, offen gegen ihren Mann stellt und ihn verlässt. Diese Elemente der Handlung könnten durch die Biografie der Regisseurin inspiriert sein, denn ihr Vater stammt von einem Schweizer Adelsgeschlecht ab, soll gutmütig aber autoritär gewesen sein, Wertmüller widersetzte sich ihm offen, ähnlich wie Rita im Film, und ihre Mutter ließ sich nach circa drei Jahrzehnten Ehe scheiden.138 Am Ende von Non stuzzicate la zanzara finden die beiden Eheleute auf Grund der positiven Reaktionen auf Ritas Auftritt wieder zusammen. Der Vater, der im Film symbolisch für die ultrakonservative Gesellschaftsschicht steht, sieht ein, dass er falsch liegt, da ihn einflussreiche Adelige für den Auftritt von Rita und ihrer Mutter loben. Folglich scheinen auch

138 Cf. Barbagli et al. 2003, 48, Maerker 1988, 40-41, Spagnoletti 1988, 103 82 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger innovative Ideen und Verhaltensweisen für die konservative Gesellschaftsschicht akzeptabel, wenn sie von höheren Machtpositionen befürwortet werden. Zudem erweckt der Film den Eindruck, dass das engstirnige Verhalten des Vaters ein Rückschritt sei, da die Generation vor Ritas Eltern als viel aufgeschlossener angedeutet wird. Ritas Mutter erzählt, dass es Ritas Oma nicht verboten war zu tanzen, zu singen und Spaß zu haben, als Beweise hat sie auch viele schrille Kleider von ihr aufbewahrt. Auch eine ältere Generation scheint also, nach Ciceros Prinzip der prudentia senescentis139, eine valide Quelle für Ratschläge an die damals aktuelle Gesellschaft zu sein, wobei die eine spezielle Gruppe, die der Ultrakonservativen, welche die Tanten repräsentieren, nicht mehr berücksichtigt werden soll. So meint der Vater am Ende: „Le [zie] ho mandate al diavolo.“ (1:34:20)

5.3.6 Musikalische Klischees und die Zurschaustellung weiblicher Reize Grundsätzliche musikalische Klischees des Musikfilms, wie das häufige Singen und Tanzen, erfüllen alle drei Filme. Die zwei Protagonistinnen erfüllen auch die Erwartungen an den musikalischen Zeitgeist, wobei Rita noch mehr als die gerade modernste Musikrichtung zeigt. Sie beweist sich in beiden Filmen als äußert wandelbare Sängerin und Tänzerin. Während Nilla Pizzi in Ci troviamo in gallerina mehr sich selbst spielt, wenn sie auf der Bühne steht und singt, zeigt Rita von klassischer Musik über melodische neapolitanische Lieder bis englisch- amerikanische Pop-Rock-Beat-Songs viele verschiedene Musikrichtungen. Bei der Aufführung der vielen Cover-Versionen schlüpft sie mit Kostüm und Make-up komplett in die Rolle des künstlerischen Vorbilds. Beide Sängerinnen verfolgen das Ziel, ihr Publikum möglichst gut zu unterhalten, wobei sich Nilla Pizzi auf ihre Erfolge durch die Siege beim Festival di San Remo und ihre allgemeine Berühmtheit verlässt und Rita Pavone in ihrer Musicarello-Rolle möglichst viele Gesellschaftsschichten ansprechen möchte, um den Film gut zu vermarkten.140 In Ci troviamo in galleria wird die Zurschaustellung der weiblichen Reize im Tanz vom Gesang abgekoppelt. Jede der beiden Künste kann sich auf einem hohen Niveau entfalten, ohne dass eine die andere positiv oder negativ beeinflusst, das heißt, die Figur der Caterina riskiert nicht, billig zu wirken, indem sie ihren Körper zur Schau stellt, und Marisa kann ihren Tanz und das Kostüm perfektionieren, ohne zu riskieren, dass sie als noch unerfahrene Sängerin bloßgestellt wird. So trägt Caterina bei ihrem letzten großen Auftritt ein zwar elegantes, einer Diva

139 Cf. Cato maior de senectute 140 Cf. Della Casa/Manera 2011, 150-150, 159, Bocchi/ Pezzotta 2008, 47 83 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger würdiges, Kleid, das aber ziemlich weit geschnitten ist und so weder Taille oder Ausschnitt übermäßig betont. (1:25:19) Marisa hingegen setzt auf Ihren Körper und zeigt dabei vollen Einsatz. (1:19:00-1:22:19) Sie trägt, wie das erste Filmplakat vermuten lässt, ein enganliegendes langes Kleid mit einem Schlitz, der ihr ganzes Bein inklusive Strumpfband frei legt, oben formt es einen schönen Ausschnitt mit den Trägern um den Hals. Weitere Accessoires sind hohe Sandalen, eine Zigarette mit langem Stiel, glitzernde Diamantarmbänder, eine schwarze Federboa und spitze Federn im hochgesteckten Haar. Gardenio kann ihr für diesen Auftritt ihren Traum von einer Treppe wie die von Wanda Osiris erfüllen, von der sie herabsteigt und an deren Fuß sie dann mit einem circa zwanzig Tänzer*innen starken Ensemble ihre Nummer aufführt. Die gesamte Aufführung entspricht somit einem der unbedingten Ansprüche an ein damaliges erfolgreiches Revuetheater, wenn man dem Produzenten Tittoni glaubt, der sagt: „Oggi in una compagnia di rivista ci devono essere dodici negri [sic], una soubrette svedese e un coreografo americano minimo, se no, non interessa.” (23:05) Diese Ausdrucksweise wäre heute nicht mehr angebracht, im Film wird damit hervorgehoben, dass beim damaligen Publikum nur echte dunkelhäutige Menschen Erfolg hatten, keine schwarz bemalten, wie sie Gardenio versucht hat, zu präsentieren. Bei der, mit damaligen Standards gemessenen, qualitativ hochwertigeren letzten Aufführung im Film kämpfen zwei der oberkörperfreien muskulösen Männer darum, mit Marisa tanzen zu dürfen. Das hebt den Status Marisas als begehrenswerte Femme fatale hervor. Der Sieger tanzt dann sehr eng und körperbetont mit ihr. Diese Darbietung einer übertriebenen Darstellung einer Kolonialszene unterstreicht Marisas luxuriösen, wilden und scheinbar zügellosen Sex-Appeal. Caterinas und Marisas Kostüme lassen trotz unterschiedlichem Schnitt eine farbliche Ähnlichkeit erkennen, denn beide sind in einem glänzenden Grünton gehalten, Marisas ist eher dunkler in Richtung Schwarz und Caterinas eher heller in Richtung Grau. Das könnte am Ende des Films, da sie die Rivalität überwunden haben, für ihre Verbundenheit in der Truppe und in der Kunst stehen, wenn sie auch unterschiedliche Ausprägungen vertreten, so verbindet sie doch die Musik. In den Zanzara-Filmen findet keine derartige Teilung der künstlerischen Fähigkeiten statt. Fast die gesamte sängerische und tänzerische Leistung konzentriert sich auf die Protagonistin. Abgesehen von ihr erhält nur Ritas Schwarm und später Verlobter Paolo in jedem Film einen kurzen Gesangsauftritt.

84 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Ritas erstes Lied La Zanzara, Strong love oder das Schlusslied Ge-ghe-ge erfüllen die Erwartungen an das Klischee der jugendlichen Sängerin, die wie andere, darunter Adriano Celentano in Dolce vita und anderen Filmen an vorderster Front, ihre Texte sozusagen herausschreit, auf der Bühne wild herumspringt und von damals moderner Rock- oder Beat- Musik begleitet wird. Rita zeigt als Schülerin im Unterricht aber auch klassische Lieder wie Va, pensiero, sull’ali dorate, den Gefangenenchor, aus der Oper Nabucco oder Noi siamo zingarelle aus der Oper La Traviata, beide von Verdi. Als Schülerin in ihrer Freizeit singt sie am Hafen von Neapel das romantische Qui ritornerà, das der italienischen Musica leggera, also Popmusik der Zeit, zuzuordnen ist, und das neapolitanische Passione, an dem sich bekannte Tenöre seit den Dreißigerjahren versuchen. Ungewöhnlich für ihre Rolle als Schülerin und für ihr Aussehen als androgyne Jugendliche zeigt Rita in ihren Tag- oder Wach-Träumen auch sehr körperbetonte, erotisch-laszive Sängerinnenrollen. Mehrmals träumt Rita in den Zanzara-Filmen davon, statt der kleinen Schülerin eine großgewachsene Femme fatale, eine erwachsene, Männer verführende sexy Frau zu sein. So imitiert sie in ihren Träumen Marilyn Monroe und singt I wanna be loved by you, ein Klassiker von 1959 in Some like it hot (43:43), Mina und singt die romantische Ballade Se domani von 1964 (56:30) und Carmen Miranda, von der sie Chica chica boom singt und mit einem großen Ensemble Samba tanzt, das aus dem Musical That Night in Rio von 1941 stammt. In diesen Träumen möchte sie den Männern und ganz besonders Paolo gefallen, der in diesen Szenen verzückt zuschaut oder sie am Flügel begleitet.141 Während die Caterina in den Fünfzigerjahren den Gesang von übertriebener körperlicher Darstellung abgrenzt, erfüllt die Figur der Rita in einigen Auftritten das Klischee der sexy Frauenrolle, die vom männlichen Publikum erwartet wird und bei diesem gut ankommen soll. Rita ist also durch ihre Gesangsauftritte einerseits modern und emanzipatorisch und andererseits verfällt sie doch in weibliche Stereotype.

141 Cf. Della Casa/ Manera 2011, 151-152 85 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

5.4 Einfluss von Zeit und Raum als bestimmendes Element für die Rolle In der Analyse ist es wichtig, die verschiedenen räumlichen und zeitlichen Rahmen herauszuarbeiten, um ihrer spezifischen Funktion für Inhalt und Repräsentation der Film- und Fernsehtexte auf die Spur zu kommen. Dabei müssen zwei Ebenen berücksichtigt werden. Auf der ersten Ebene geht es um den konkreten Film- und Fernsehtext als Repräsentationssystem, auf der zweiten Ebene geht es um den Film und Fernsehtext in den zeithistorischen Bezügen seiner Entstehung. 142 In den drei analysierten Filmen sind beiden Ebenen wichtig, einerseits wird Zeit und Raum im Films dazu eingesetzt, die Frauenrollen zum Beispiel als Sängerinnen zu charakterisieren, durch die zeitlich begrenzten Auftritte auf einer Bühne, andererseits charakterisieren die Entstehungszeit und der -ort die Sängerinnen, denn es handelt sich um italienische Bühnen in den Fünfziger- beziehungsweise den Sechzigerjahren. Spielfilme, Fernsehfilme und Serien, die an einem Ort der sozialen Realität spielen, unterscheiden sich dahin gehend, dass sie den Ort einerseits lediglich als unspezifische städtische Kulisse benutzen, ihn andererseits aber auch mit seiner Spezifik in die Handlung integrieren können. Zahlreiche Filme spielen an mehreren Orten, weil die Protagonisten auf der Flucht, der Reise oder der Suche sind.143 Raum und Zeit sind im Film immer ein gestalterisches Element, so sind auch Ortswechsel in den drei Filmen von Bedeutung für die Frauenrollen, denn sie sind beide auf der Suche nach der Lebensweise, die zu ihnen passt. Jeder gezeigte Ort im Film hat seine eigenen Spielregeln, beispielsweise kann sich Rita im Internatszimmer anders verhalten als im Unterricht. So haben Raum und Zeit imaginäre, wie zum Beispiel gesellschaftliche, oder physische Grenzen, deren An- oder Abwesenheit die Protagonistinnen einengen, sie ungezwungen leben lassen oder deren Überschreitung für die Rolle eine Entwicklung bedeutet. Die Heldin kann sich so beweisen und zeigen, wie sie sich den Erfolg am Ende verdient. So betritt Caterina trotz ihrer Angst den Raum der Bühne und wird dort schließlich vom Radio entdeckt. Rita hingegen riskiert ihre Suspendierung aus der Schule, damit sie abends im Klub auftreten kann und mit dem Musikstil, den sie dort vorträgt, wird sie schließlich bekannt. Bei der Darstellung der verschiedenen Räume werden Gegensätze sichtbar, deren starke Ausdruckskraft die Spielfilme für sich nutzen. 144

142 Mikos 2015, 108 143 Mikos 2015, 107 144 Cf. Beil et al. 2016, 279, Aichinger 2008, 281-287 86 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Erzählräume geben mit ihrer Logik und ihren Spielregeln das Szenario, in dem sich Schicksale von Figuren entfalten können. Umgekehrt werden sie durch das, was sich in ihnen abspielt, mit bestimmten Bedeutungen ausgestattet.145 Diese reziproke Beziehung wird systematisch eingesetzt und führt auch zur Identifikation von genretypischen Orten, zum Beispiel erwartet der*die Zuschauerin, dass ein Western in der Prärie inmitten Nordamerikas spielt. Genauso erwartet er*sie von einem Musikfilm Auftritte auf einer Bühne.146

5.4.1 Filmtypische Räume für Sängerinnen In Ci troviamo in galleria und in den Zanzara-Filmen ist vor allem die Bühne ein genretypischer Raum, der gleichzeitig den Film und die Figuren charakterisiert. Es muss sich dabei nicht immer um die sprichwörtlichen Bretter, die die Welt bedeuten, handeln, es werden in den Filmen auch andere Orte, wie Einkaufspassagen, Pflanztische im Glashaus oder Bäume als Bühne verwendet, folglich mit anderer Bedeutung für den Film und die Figur, die auftritt.

5.4.1.1 Caterinas klassische Bühnen Mit dem Wechsel der verschiedenen Bühnen, auf denen die Sängerinnen auftreten, wird die Steigerung der Berühmtheit gezeigt. Caterina tritt zuerst auf einer Provinzbühne auf, die sehr einfach ausgestattet ist. Das Bühnenbild zeigt Blumen und ein volkstümliches Haus, das vermutlich nicht eigens für die Varietétruppe hergestellt wurde, sondern womöglich von einem vorhergehenden volkstümlichen Theaterstück erhalten blieb, das Mikrofon funktioniert nicht und insgesamt ist alles sehr beengt. Es gibt wenig Platz für die Musikanten und Schauspieler, der Orchestergraben ist mit Stühlen improvisiert, zwei Tänzerinnen kleiden sich direkt hinter dem Vorhang an, der aus einem beige-braunen einfachen Stoff besteht. Auch der Publikumsraum für circa hundert Zuschauer*innen ist sehr einfach, denn es gibt nur eine Ebene, die Leute stehen oder sitzen auf einfachen Holzbänken und die Wände wirken abgegriffen, nicht wie frisch gestrichen. Zusätzlich tragen die Zuseher*innen Alltagskleidung, nur sehr wenige Männer tragen eine Krawatte. (18:19)147 Caterinas zweite Bühne ist schon etwas größer und schöner, denn es gibt mindestens drei Vorhänge, wenn auch nach wie vor in unauffälligen Pastellfarben Hellblau, Beige und Grau.

145 Aichinger 2008, 287 146 Cf. Beil et al. 2016, 279, Mikos 2015, 107 147 Cf. Mikos 2015, 107 87 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Der Publikumsraum scheint frischgestrichen zu sein, wenn er auch wieder nur circa hundert Zuschauer*innen fassen kann, so gibt es doch außer dem Parterre einen Balkon oder ersten Rang, eine Tür ist mit Stuck verziert, der Orchestergraben ist durch eine Mauer abgetrennt und es sind mehr Männer mit Anzug und Krawatte zu sehen als bei der ersten Bühne. Auch technisch scheint diese Bühne besser ausgestattet zu sein, da mehrere Seilzüge und Scheinwerfer zu sehen sind. Das Licht eines speziellen Scheinwerfers wird hier erstmals kreisrund um Caterina gebündelt und lassen sie trotz des zerrissenen Kleides wie einen Star wirken. (39:43) Caterina macht Karriere beim Radio und auch hier wird die Studiobühne immer schöner. Der Raum verändert sich an sich nicht, aber die Requisiten und Figuren in ihm. Es steigt die Anzahl an Musikern, die auf Hochglanz polierten Instrumenten spielen und auch die Kleidung der Figuren wird immer eleganter. Anfangs trägt ein Großteil der Musiker Hemden, Krawatten oder Fliegen, am Ende der Radiostudiosequenz tragen alle vornehme schwarze Abendanzüge mit Fliege. Auch Caterina trägt zuerst ein einfaches Kostüm, später ein glänzendes, dann einen Pelz und am Schluss ein ausladendes Ballkleid. (44:00-52:51) Caterinas Studio wirkt auch auf Grund des Gegensatzes zu Gardenios Studio besonders groß und schön. Er muss in einem engen, kleinen, schlecht beleuchteten Raum mit dicker brauner Schallisolierung mit zwei Kolleg*innen von einem Zettel ablesen, während Caterina beim Singen die Arme ausbreiten kann und das Studio sehr gut beleuchtet ist. (49:29) Dieser Effekt wird auch auf Grund des Blickwinkels der Kamera erzeugt. Gardenio wird im Studio in einer amerikanischen Einstellung auf Augenhöhe des*der Zuschauers*in gezeigt, während die Kamera in Caterinas Studio am Schluss zurück- und nach oben in eine Totale fährt, sodass der Blickwinkel der Zuschauer*innen entsteht, die in einem großen Konzertsaal im ersten Rang sitzen. Der Vergleich der Räume ist durch eine Raffung der Zeit und das scheinbare parallele Ablaufen der Handlungsstränge der Protagonisten möglich. Ab- und Aufblenden ermöglichen zeitliche Ellipsen zwischen Caterinas Auftritten. Zudem ist Gardenios Auftritt inmitten derer seiner Frau und der*die Zuschauer*in sieht in der Zwischenzeit den Flur des Tonstudios, von dem aus beide Figuren in die jeweiligen Aufnahmeräume gehen.148 Die letzte Bühne, auf der Caterina auftritt, ist die des Teatro Sistina in Rom, das auch heute noch große Aufführungen veranstaltet. Seine damalige Größe und Bedeutung wird im Film bereits vor den ersten Aufnahmen im Sistina erklärt. Gardenio verlangt am Telefon von Titoni,

148 Cf. Mikos 2015, 107 88 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger dieses spezielle Theater und der Produzent fragt außer sich: „Il che?“ und ergänzt: „3000 posti.“ Das Ausmaß dieser Forderung wird von der Kameraführung verstärkt, die aus einer Halbnahen in eine Nahaufnahme von Titoni heranfährt, auch die immer höher werdenden Tonleiterübungen von Gardenios Vermieterin im Hintergrund erhöhen die Spannung im Gespräch. Aufgelöst wird diese durch die Zusage Titonis und Gardenio wiederholt glücklich und entspannt: „Il Sistina, il Sistina“ und fügt hinzu: „Pagherò il conto.“ (1:11:20-1:11:50) Diese Bühne ist nun im Vergleich zu den vorhergehenden viel besser ausgestattet und hebt somit auch die Qualität des Dargebrachten. Nicht nur Caterina wird auf dieser Bühne gefeiert, auch die anderen Truppenmitglieder trainieren härter und liefern einen besseren Auftritt ab als auf den kleineren Bühnen, denn ihre Show soll zum Ambiente passen. Diesmal sind die Bühne und der Publikumsraum um viele Meter größer, die Technik auf dem neuesten Stand, der Orchestergraben groß genug, um viele Musiker zu fassen und es gibt ein riesiges Parterre und mindestens zwei ebenso ausverkaufte Ränge. Das Publikum trägt elegante Abendgarderobe, passend zum schönen Theater, das elegante Tapeten, mehrere Eingänge und vor allem auf der Bühne einen großen roten Vorhang aus dickem Velourstoff mit langen glitzernden Kordeln hat. Die schönste Bühne ist für das große Finale, in dem alle glücklich zueinander finden, reserviert.149 In Ci troviamo in galleria fällt auf, dass Caterina nur auf klassischen Bühnen singt, das heißt die Bühne im Theater oder die im Tonstudio, das unterstreicht auch ihren Charakter als traditionelle Sängerin, die ihre Kunst des Gesangs nicht mit anderen Künsten vermischt. Denn wenn sie singt, tanzt oder schauspielert sie nicht, sie scheint ganz auf die perfekte Tonlage und gute Aussprache konzentriert zu sein. Ihre Auftritte sind, außer dem ersten, alle geplant und man sieht, wie sie sich darauf vorbereitet. Dies steht im Gegensatz zu den Auftritten von Rita in den Zanzara-Filmen, die jedes Mal scheinbar spontan passieren und als Bühne den gerade verfügbaren Raum verwenden.

5.4.1.2 Ritas klassische Bühnen Rita tritt auch auf klassischen Konzertsaalbühnen auf, aber den Großteil der Lieder singt sie an eher ungewöhnlichen Orten, wie dem Park vor der Schule, der Hafenmole in Neapel im ersten Teil oder beispielsweise sogar einer Baumkrone im zweiten Teil. Diese Tatsache verleiht dem Film einen Musicalcharakter, der Hollywoodproduktionen nahekommt.

149 Cf. Mikos 2015, 107 89 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Durch die Möglichkeit der Zuordnung des Films zum Musicalgenre lassen sich viel mehr Lieder und Gesangsstile der Sängerin im Film unterbringen und somit bewerben. Das oftmalige Fehlen einer klassischen Bühne verändert auch das Verhältnis der Sängerin zum Publikum. Wo Caterina immer ein Saalpublikum hat, von dem sie bestärkenden Applaus bekommt, hat Rita oft nur das Kinopublikum, das während des Liedes den Blickwinkel eines Konzertpublikums übernimmt, oder den einer einzelnen Person, die eine Platte der Sängerin hört. Heutzutage wären einige von Ritas Gesangsauftritten im Film mit Musikvideos vergleichbar, wo es auch wieder um die einzelnen Zuhörer*innen geht, die nach Möglichkeit für diesen individuellen Musikkonsum bezahlen. Somit zeigt der Film, dass sich der Musikkonsum in Italien, wie auch in der restlichen westlichen Welt, verlagert. Die Sänger*innen performen nicht mehr nur für eine Gruppe von Menschen, müssen also nicht mehr so wie Caterina oder auch die dahinterstehende Nilla Pizzi eine Masse begeistern, umherschauen, um die vielen Reaktionen zu sehen und mit den Gesten quasi alle gleichzeitig umarmen, sondern mit dem gesteigerten Verkauf von Tonträgern sollen die Sänger*innen in den Sechzigerjahren auch jede*n einzelne*n in der Masse ansprechen, der die Musik alleine zuhause hören möchte. Passend dazu spricht Rita in ihrem Erfolgssong, dem Geghegé, auch den*die einzelne*n Zuhörer*in per Du an, in dem sie singt: „Io dico a te (geghe geghe geghegè), e tu dici a me (geghe geghe geghegè), facciamo insieme geghegè”. Trotz der Unterschiede zu Ci troviamo in galleria wird in den Zanzara-Filmen auch die Steigerung der Berühmtheit durch die unterschiedlichen Bühnen gezeigt, wobei die klassischen Konzertbühnen mit Saalpublikum zum Einsatz kommen. Rita erhält das erste Mal Beifall, als sie im Nachtklub auftritt. Diese Bühne ist klein und wirkt improvisiert, da noch Kabel eingesteckt werden müssen und die Dekoration aus Alufolie, Fahrradteilen und Drähten besteht. (30:00) Rita tritt dort zuerst auf einer Nebenbühne auf, erst beim zweiten Mal geht sie auf die größere Hauptbühne. (48:00) Wie Caterina tritt Rita am Ende des ersten Films auf einer großen, gut ausgestatteten Bühne eines eleganten Konzertsaals auf. Es gibt große Umkleidekabinen, einen modernen Eingangsbereich, durch den Menschen in Abendgarderobe in den Saal strömen. Die Räumlichkeiten so wie die Bühne sehen gepflegt aus und sind mit Grünpflanzen und Blumen geschmückt. Im Saal sitzt das Publikum in geordneten Reihen und auch die Bühne ist aufgeräumt, technisch gut ausgestattet und die Musiker stehen bereit, um Rita zu begleiten. Die Dimensionen der Bühne und die Halbtotalen in das Publikum lassen einige tausend Zuschauer*innen vermuten, was im starken Gegensatz

90 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger zum ersten Auftritt im vielleicht fünfzig bis hundert Personen fassenden Nachtklub steht. Tatsächlich handelt es sich beim Konzertsaal um das Teatro Mediterraneo in der Mostra d’oltremare in Neapel, das circa achthundert Sitzplätze hat. Auch das Festival della canzone napoletana hat in den Fünfziger- und Sechzigerjahren mehrmals dort stattgefunden.150 (1:36:15-1:41:00) Im zweiten Zanzara-Film gibt es noch weniger Auftritte auf realen Bühnen als im ersten Teil, eine Tatsache, die den märchenhaften Traumweltcharakter eines Musicals sehr verstärkt. In der Mitte des Films wird Rita spontan auf die Bühne geholt, als man sie im Carnaby-Club als die mysteriöse Sängerin des Festivals erkennt, dabei wird sie aber nicht gezeigt, wie sie singt, sondern erst nach der Unterhaltung mit Teddy Reno kommt wieder eine Gesangsszene, die die Zuschauer*innen erneut in die Gedankenwelt der Rita entführt und die auch ohne Applaus endet. (46:28) Den Applaus des Saalpublikums erhält Rita in Non stuzzicate la zanzara erst am Ende des Films nach ihrem Auftritt in der Fernsehshow. Der Zeitpunkt und die Einmaligkeit machen diesen Applaus umso bedeutender und unterstreichen den Erfolg der Sängerin. (1:33:18)

5.4.2 Für die Entstehungszeit der Filme typische Sängerinnen Ob die Figuren Caterina oder Rita typisch für die Entstehungszeit der Filme sind, zeigt einerseits ihre implizit präsentativ figurale Charakterisierung durch ihre Kostüme, Make-up und Haare, die bei beiden sehr authentisch sind, und andererseits ihre Gesangsauftritte, die den jeweils gängigen Musikstilen des Zeitgeistes entsprechen. In Ci troviamo in galleria kommt die Protagonistin nach Rom und sucht, wie so viele damals, ihr Glück in der Hauptstadt. Es gibt zu der Zeit in Rom eine aktive, aber ärmlich lebende Künstlergemeinde, genauso wie es im Film am Anfang in der Einkaufspassage gezeigt wird. Einige dieser Schauspieler*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen, Allround-Künstler*innen und viele mehr, schaffen es tatsächlich zu einer größeren Bekanntheit. Somit spielt Caterina eine dieser besonderen Talente, die entdeckt werden und schließlich von ihrer Kunst leben können.151 Für die Entstehungszeit von Ci troviamo in galleria ist auch typisch, dass die Sängerin Caterina in einer Varietéshow auftritt, die damals im Theater, wie im Kino gerne gesehen sind. Perfekt

150 Cf. „Teatro Mediterraneo” auf der Offiziellen Homepage der Mostra d’Oltremare 151 Cf. Buovolo 2008, 470-474 91 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger wie ihre Outfits scheint die Figur der Caterina ihre Entstehungszeit zu reflektieren, denn auch der Regisseur Mauro Bolognini scheint laut seiner Biografien an dem Film zu arbeiten, da diese Art der Filme, Musik und Schauspielerei damals angesagt ist.152 Während Caterina, die nur italienische und neapolitanische Lieder sowie in der Probe ein spanisches Lied singt, noch sehr in der italienischen Musiktradition zu verorten ist, ist die Figur der Rita, wie auch die Sängerin Rita Pavone, die auch auf Englisch und Portugiesisch singt, stark international beeinflusst. Auch das entspricht dem Zeitgeist und zeigt die Entwicklung, in der sich Italien zwischen den Fünfziger- und Sechzigerjahren befindet. Rita Pavones Karriere scheint einen für die Sechzigerjahre typischen Verlauf zu nehmen, denn sie wird bei einem Festival entdeckt, hat dann mehrere Fernsehauftritte und spielt schließlich in einem Musicarello mit. Einen ähnlichen Karrierestart hatte unter anderem Rita Pavones TV-Kollege Gianni Morandi. In diesem Sinne wird ein ähnlicher Verlauf für die Filmfigur der Rita nachgezeichnet.153 Das Spezielle am Erfolg der Figur der Caterina, wie auch für Nilla Pizzi ist, dass sie es als Frau so weit schafft, da es zu ihrer Zeit viel mehr erfolgreiche männliche Sänger und Schauspieler gibt. Zudem möchte die Figur der Caterina und die Sängerin Nilla Pizzi mit dem Film ihre Marke oder ihr Image als talentierte, schöne, aber anständige Diva verkaufen. Ritas Erfolg als Filmfigur, sowie als reale Persönlichkeit, ist etwas komplizierter zu interpretieren. Denn einerseits ist sie Interpretin und Spiegel der gängigen Moden und Musikstile, andererseits ist sie auch unter den damals berühmten Sängerinnen eine spezielle Persönlichkeit, da sie dieses kindliche, androgyne Aussehen hat, das sie in den Zanzara-Filmen repräsentiert und kommentiert. In den Filmen träumt sie davon, ein verführerischer Vamp zu sein, bleibt aber auf der Ebene der Realität im Film ein jungfräuliches Mädchen, dem schließlich verziehen wird und das auch die Zustimmung seiner Eltern zu seiner Musik und Beziehung erhält. Diese Zustimmung steht symbolisch für die Zustimmung der Gesellschaft und diese ist nur möglich, da ihre Musik und ihre Auftritte im Vergleich zu anderen weiblichen Sängerinnen in Italien, wie Mina, Brunetta oder Patty Pravo, als nicht sehr übertrieben unmoralisch oder zu grenzüberschreitend angesehen werden. Ein plausibler Grund dafür ist, dass Rita Pavone erst damit beginnt, amerikanischen Rock and Roll und englischen Beat zu interpretieren, als diese in den Ursprungsländern so wie in Italien eine gewisse Institutionalisierung erreicht hatten.

152 Cf. Bocchi/ Pezzotta 2008, 42 153 Cf. Kouvarou 2015, 78 92 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Rita singt mainstreamtauglich und familienfreundlich zu ziemlich harmonischer Rock-Musik. Sie imitiert zwar internationale Vorbilder, lässt sich bei diesen aber auch von älteren international bekannten Musicals und Sängern wie Al Jolson inspirieren und zeigt immer wieder auch traditionell italienische Lieder, Melodieteile oder Singstile. So wird Ritas Musikstil im Film und im echten Leben eigentlich zu dem, was man heute als Pop-Musik bezeichnet.154 Rita ist im Film einerseits eine typische Jugendliche, die Grenzen austestet und gegen ihre Eltern rebelliert, wie es damalige und heutige Jugendliche tun. Ein gewisses androgynes Aussehen entspricht dem damaligen Zeitgeist, wie beispielsweise die Berühmtheit der jungen Catherine Spaak zeigt, einer französisch-italienische Schauspielerin, die 1960 mit fünfzehn durch ihre Lolita-Rolle in Dolci inganni von Alberto Lattuada international berühmt wurde. In Rita la zanzara wird der Name dieser Schauspielerin als Spitzname für eine Lehrerin verwendet, die das komplette Gegenteil einer jugendlichen Lolita ist, was einen humoristischen Effekt ergibt und gleichzeitig die Protagonistin von Catherine Spaak abgrenzt. Ritas androgyne Jugendliche wirkt im Gegenteil zu Spaaks ersten Rollen nicht verführerisch, sondern ist eine burschikose, einfach kindlich komödiantische Rolle, in der sie auch mit Buben Cowboys spielt oder mit Soldaten marschiert. Die Beziehung zwischen Rita und dem Gesangslehrer nimmt zwar in den Zanzara-Filmen viel Zeit in Anspruch, das Paar bleibt dort aber keusch und erhält die Erlaubnis der Eltern. Die skandalöse Liebesbeziehung der Sängerin Rita Pavone mit dem neunzehn Jahre älteren verheirateten Produzenten Teddy Reno, der im Film gemeinsam mit Rita sich selbst spielt, wird in Italien erst kurz nach der Veröffentlichung der Zanzara-Filme bekannt. Damals wie heute sind derartige Nachrichten über Rock- und Popstars für die Klatschpresse besonders interessant, dahingehend ist Rita Pavone ein typischer Star, der mit dem Vater und der halben Familie zerstritten ist und eine gesellschaftlich unmoralische Beziehung vor den Altar bringt. Im Gegensatz zum Film wurde Rita Pavones Privatleben dieser Jahre gesellschaftlich nicht akzeptiert und verurteilt. Es konnte in der Presse so darstellt werden, als sei nicht nur die Musik sondern auch ihr Privatleben von dem der amerikanischen Stars, wie beispielsweise Jerry Lee Lewis oder Elvis Presley, die beide Minderjährige heirateten, beeinflusst, wenn auch Ritas Skandale aus heutiger Sicht weit weniger dramatisch wirken, als die anderer internationaler Stars der Zeit. Trotzdem haben in Zeitschriften veröffentlichte Skandale durch die Aufmerksamkeit, die sie erregen, damals wie heute eine große Werbewirksamkeit, die den Stars auch nützen können

154 Cf. Kouvarou 2015, 89-91 93 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger und Ritas Plattenverkauf sogar angekurbelt haben könnten, da ihre Musik doch eher wenig skandalös und für den Verkauf an die breite Masse geschrieben war.155 Durch diese Überlegungen wirken beide Figuren wie typische Sängerinnen in ebenso dem Zeitgeist entsprechenden Filmen. Caterina und Rita scheinen stimmige Figuren zu sein, wobei Ritas letzte Fernsehshow für heutige Zuschauer*innen doch recht verstörend wirkt. Wird in Ci troviamo in galleria die Technik des Blackfacings als überholt dargestellt, da die weißen schwarz bemalten Schauspieler lächerlich gemacht werden, so dient eben diese Technik doch vierzehn Jahre später für den spektakulären Schlussauftritt des Stars des Films in Non stuzzicate la zanzara. Das italienische Publikum scheint sich damals nicht daran zu stören, da die Einnahmen des Films im Jahr der Veröffentlichung im guten Mittelfeld liegen, wenn man sie mit den anderen im selben Jahr veröffentlichen Filmen vergleicht. Heutzutage wäre diese Art der Schauspielerei in einem ähnlichen Kontext nicht mehr denkbar, aber auch für die Sechzigerjahre, in denen gesellschaftlich in der westlichen Welt viel bewegt wird und es beispielsweise in den USA bereits die Black Power Bewegung gibt, wirkt es, wenn nicht verstörend, dann zumindest überholt oder veraltet und scheinbar eher ungeeignet für einen jungen rotblonden aufstrebenden weiblichen Star, der zuvor im selben Film und im ersten Teil der Zanzara-Filmen von ganz anderen Vorbildern, wie beispielsweise Marylin Monroe oder Sissi geträumt hat. Trotz alldem scheint die junge Sängerin Rita am Ende von Non stuzzicate la zanzara auf eine alte Schauspieltechnik zurückzukommen. Blackfacing ist vor allem in Nordamerika im 19. Jahrhundert in sogenannten Minstrel Shows erfolgreich, in denen weiße Schauspieler die Lebensumstände der Sklaven in den Südstaaten nach ihren nicht immer authentischen und abwertenden Vorstellungen darstellen. Um 1900 wird Blackfacing auch erfolgreich in Broadway-Musicals eingesetzt und trägt zum Erfolg des ersten amerikanischen Tonfilms The Jazz Singer (1927) bei. Non stuzzicate la zanzara hat einen starken Musicalcharakter und scheint durch den letzten Auftritt der Protagonistin seine künstlerischen Wurzeln in Amerika zu verankern, einerseits durch das Blackfacing, den Stepptanz, aber auch zum Beispiel durch das Performen des Songs Bye bye baby, der ursprünglich aus dem Broadway Musical Gentlemen Prefer Blondes stammt und im gleichnamigen Film von Marilyn Monroe gesungen wird. Kouvarou sieht in Rita Pavones Auftritten im Film oder auf anderen Bühnen das Einwirken der nunmehr erfolgreichen italienischen Musikindustrie, die Elemente der Musik und Kultur anderer Länder, vor allem der USA, imitiert, adaptiert, absichtlich oder

155 Cf. Buovolo 2008, 470-474, Kouvarou 2015, 89-91, Pavone/ Targia 2015, 189-209 94 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger unabsichtlich parodiert, interpretiert und auch versatzstückartig zu eigenen Zwecken zusammensetzt, ohne dabei zu sehr auf die Bedeutung der Elemente im jeweiligen Land oder der jeweiligen Kultur zu achten und nur darauf bedacht ist, einem möglichst breiten italienischen Publikum zu gefallen. Mit dieser Erklärung wird es vielleicht ein wenig plausibler, dass in Ritas Darbietung Marilyn Monroes Part mit, aus heutiger Sicht paradoxerweise, Blackfacing gespielt wird. Auch das Tanzen mit dem Regenschirm, berühmt aus dem Musical Dancing in the rain, wird gezeigt, bei dem Rita eine Imitation der weißen Shirley Tempels in Blackfacing zeigt. Zudem singt Rita den aus verschiedenen Musicals bekannten Hit The Birth of Blues, der mit Musicals und männlichen Sängern beider Hautfarben verbunden wird, wie beispielsweise Sammy Davis Jr. oder Bing Crosby Jr. Als Abschluss singt sie den internationalen Hit Gimme some loving der britischen Spencer Davis Group, der zur Zeit des Films gerade aktuell ist, und tanzt dazu den damals modernen Shake. Als typisch italienisch, das in den Grundzügen bis heute gilt, kann also in diesem letzten Auftritt Ritas gesehen werden, dass sie in einer spektakulären TV-Show verschiedenste Musik- und Tanzrichtungen und andere Einflüsse des Showbusiness vermischt, um für ein breites Publikum den Moment zu zelebrieren.156

5.4.3 Gleichberechtigung der Rollen durch ihre Darstellung in Zeit und Raum Ein wichtiges Thema, für das sich vor allem feministische Bewegungen in den Sechzigerjahren einsetzten, ist die Gleichberechtigung der Geschlechter. Diese kann auch anhand des Films aus den Fünfzigerjahren analysiert werden, tritt aber in den Filmen aus den Sechzigern verstärkt auch durch die Darstellung der Figuren in Raum und Zeit auf.

5.4.3.1 Räumliche und zeitliche Gleichberechtigung in Ci troviamo in galleria In Ci troviamo in galleria nimmt zwar die männliche Hauptrolle in der Erzählung eine unterlegene Position ein, dies dient aber dazu, um Komik zu erzeugen. Betrachtet man die Spielzeit der männlichen und der weiblichen Rollen, so ist diese ziemlich ausgeglichen, wenn Caterina auch später im Film auftritt, so erhält sie doch viel Zeit, in der sie ihre Lieder darbietet und dabei vor der Kamera im Mittelpunkt steht und nicht unterbrochen wird. Den Rest der Zeit stehen die Figuren entweder abwechselnd oder gleichzeitig vor der Linse.

156 Cf. Loewy “Blackface” 2017, Kouvarou 2015, 84-93, Sammond 2015, 11, Parigi 2001, 124, Fantina 2003, 166, Miccichè 1975, 302-303 95 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Gleichberechtigt scheint im Film auch die Zeit, in der die beiden Figuren Single sind und in der sie verheiratet sind, denn die Hochzeit findet fast genau in der Mitte zu Minute 39:55 statt. Passend zur spielzeitlichen Gleichberechtigung findet sich auch eine, die die Herkunfts- oder Wohnräume betrifft. Gardenio wohnt in einer einfachen Pension, in die Caterina auch einzieht, als sie sich der Truppe anschließt. Sie scheint aber auch vorher aus einfachen Verhältnissen zu kommen, da sie in einer unspektakulären Bar arbeitet. Nach der Hochzeit, als beide bessere Gagen bekommen, wohnen beide in einer schönen Wohnung. Eine örtliche Trennung kommt schließlich mit dem Streit und hier wird Gardenios Unterlegenheit und Karriererückschritt auch mit den Orten, die er besucht und bewohnt, gezeigt, denn er wohnt wieder in der alten Pension und sucht erneut in der Einkaufspassage nach Arbeit. Den schönsten Ort im ganzen Film, das Teatro Sistina, füllen dann wieder beide Figuren aus, als sie sich dort versöhnen.

5.4.3.2 Räumliche und zeitliche Gleichberechtigung in den Zanzara-Filmen Betrachtet man beide Filme, fällt auf, dass Rita und Paolo die Wohnräume tauschen und sich gemeinsam im Arbeitsraum, also der Bühne, aufhalten. So wird die Bühne zu dem Ort, an dem sie durch die Musik zueinander finden und den beide quasi gleichberechtigt für ihre Tätigkeit als Sänger*in nützen. Das scheint allerdings nur quasi gleichberechtigt, da Rita mehr Gesangszeit erhält, weil sie bereits vor dem Film als Sängerin berühmt ist, was dem Erfolg des Films zuträglich ist, und zwar singen kann, sich aber beruflich eher auf die Schauspielerei konzentriert. Die Wohnräume werden auf gewisse Weise gleichmäßig auf die Rollen verteilt, wobei aber die Chronologie des Tausches die weibliche Rolle in eine gesellschaftlich höhere Position hebt, denn Rita ist im ersten Teil eine Internatsschülern und schläft mit anderen Schülerinnen in einem Zimmer, Paolo kommt im zweiten Teil in eine ähnliche Situation, als er sich in die Militärschule von Ritas Vater schwindelt und mit den anderen Soldaten in einem Schlafsaal schlafen muss. Umgekehrt wohnt Paolo im ersten Teil in den altehrwürdigen Mauern der Musikschule, in der er als Lehrer respektiert werden sollte. Als Gegenstück dazu wohnt Rita im zweiten Teil in einem Schloss, in dem sie von Paolo respektvoll und einer Prinzessin würdig behandelt wird. So geht im zweiten Teil durch den Ortswechsel auch die Machtposition auf die Frauenrolle über, denn obwohl Rita von ihrem Vater eingesperrt wird, kennt sie doch die Gegebenheiten des Schlosses und hat sowohl ihre Mutter als auch die Soldaten auf ihrer Seite.

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Die auffälligste Szene, die an Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau denken lässt, ist Rita und Paolos erste Sequenz in Non stuzzicate la zanzara, denn sie spielen quasi eine Rolle doppelt. Sie tragen die exakt gleiche Kleidung, einen dunkellila Anzug mit Kappe, machen die gleichen Bewegungen und Gesten, während Rita teilweise in der Szene oder im Hintergrund singt. Offensichtlich soll hier dargestellt werden, dass sie durch ihre Liebe eins werden und der Raum und die Zeit zeigen ihren Weg durch dick und dünn. Sie sitzen Hand in Hand am Wasser, dann laufen sie durch den Wald, umarmen sich, werfen beide die Kappen in die Luft, hüpfen am Strand entlang, sitzen an einem Boot und schließen beide die Augen. (4:05-7:11) Dadurch, dass die Figuren mehrmals in der Totalen auf weiter Flur ohne andere Menschen gezeigt werden, wirken sie allein auf der Welt, doch das scheint ihnen auszureichen, da sie glücklich sind. Diese Sequenz dauert ungefähr so lange wie Ritas Lied Questo nostro amore, aber durch das Einblenden verschiedener Orte mit den gleichen Schauspielern scheint die Zeit unendlich zu sein, wie auch die Melodie und der Liedtext unterstreichen. Durch die Darstellung des Raumes und der Zeit, den Partnerlook und das Liebeslied werden die männliche und die weibliche Hauptrolle gleichberechtigt dargestellt, so wie es sich vielleicht so mancher fortschrittliche Geist der damaligen Zeit gewünscht hätte. Das Lied endet und es bricht quasi die Realität in Form von Dunkelheit und Regen auf die beiden herein, während sie besprechen, wie sie nun ihr gemeinsames Leben beginnen wollen und feststellen, dass Ritas Vater nicht einverstanden sein wird. Nach überwundenen Schwierigkeiten findet diese Anfangssequenz ein Pendant in der Schlussszene, wo sich die zwei wieder umarmen und dieses Mal fast die gleiche Kleidung tragen, nämlich weiße Mäntel. Als kleines Zeichen der jeweiligen Individualität trägt Rita eine weiße Pelzkappe und Paolo eine schwarze Hose. Die Kamera zeigt sie aber wieder in der Totalen in einer weiten weißen Schneelandschaft, wo beide den Hang herunterrutschen und schließlich den Sonnenaufgang anschauen, der symbolträchtig für ihre positive gemeinsame Zukunft steht.

5.4.4 Auswirkungen der realitätsnahen oder künstlichen Darstellung von Raum und Zeit Grundsätzlich wird von einer Komödie, zu dessen Genre die beiden Filme zuzuordnen sind, nicht erwartet, dass es Held*innen geben muss, die einen besonders tiefen Fall erleben, wie das bei einem Drama der Fall wäre, das heißt, die Handlung kann auch aus dem alltäglichen Leben gegriffen sein. Tatsächlich finden sich in beiden Filmen viele lustige Szenen, die in realitätsnahen Alltagssituationen spielen. Eine Gruppe Schülerinnen, die den Lehrer*innen

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Streiche spielt, oder die Situation, dass unprofessionelle Tänzerinnen ihre Rivalitäten auf der Bühne austragen, ist auch in der Realität zu erwarten. Folglich wäre ein großer künstlerischer Erfolg der Protagonistinnen nicht für das Filmgenre notwendig und so könnte auch die Darstellung des Raumes und der Zeit realitätsnah bleiben. An dieser Stelle ist allerdings der Einfluss der Musik zu bedenken. Sei es Hintergrundmusik, im Film live gespielte oder gesungene Musik, sie ist es, die in den Filmen ein künstliches Ambiente erzeugt, das im Kontrast zur Realität der Zuschauer*innen steht. Dieser Effekt zeigt sich in den analysierten Filmen chronologisch gesehen immer mehr, in Ci troviamo in galleria am wenigsten und im zeitlich neuesten Film Non stuzzicate la zanzara am meisten. Die Musik, also das Singen in Verbindung mit dem Tanzen, findet in den Filmen immer in speziellen Räumen, zu gewissen Zeitpunkten und mit genau bemessener Dauer statt, die hauptsächlich den Musicalcharakter des Films unterstützen und in ihnen Alltag und Utopie vermischen.157

5.4.4.1 Realität und Traumwelt in Ci troviamo in galleria Ci troviamo in galleria spielt ausschließlich im Künstlermilieu, also sind sängerische und tänzerische Darbietungen erwartbar, das heißt ein gewisses Maß an künstlichem Bühnenbild oder überzeichnetem Schauspiel ist Teil der Realitätsebene des Films. Einige Stellen sind hingegen auf eine andere Art und Weise künstlich, so dass eine Entfernung und an manchen Stellen sogar eine Entfremdung aus der Realität erzeugt wird. In der Szene der Hochzeitsreise entsteht zum Beispiel ein Anflug von märchenhafter Traumwelt, da der Kontrast zu den Räumen der Filmrealität ziemlich groß ist, obwohl es sich paradoxerweise um eine realitätsnahe Darstellung handelt. Eine der seltenen Totalen zeigt einen Teich, auf dem sie rudern, inmitten der Natur der Parklandschaft, fernab der Welt der Bühnen, die Erzählerstimme aus dem Off spricht erklärend wie ein auktorialer Erzähler eines Märchens, und auch dadurch, dass Gardenio Caterina Giulietta nennt und so auf Romeo und Julia anspielt, werden die Zuschauer in eine märchenhafte Welt entführt. Der Kontrast zur sonstigen Realität der Figuren wird durch das Licht verstärkt. Das Sonnenlicht lässt die ganze Szenerie hell erstrahlen, es ist viel heller als die Bühnenlichtverhältnisse, die einzelne Scheinwerfer auf die Auftretenden richtet und das Publikum im Dunkeln lassen. Obwohl an diese Stelle die Figuren selbst lachen und nicht das Publikum über sie, holt sie ihre Lebenswelt der Bühne schnell ein, denn sie sprechen schon wieder vom Auftritt, den sie am gleichen

157 Cf. Pollach et al. 2003, 7-8, Streiter 2003, 213-214 98 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Abend noch absolvieren müssen. Die Erzählerstimme beschließt die märchenhafte Szene mit dem Schlusssatz: „E questo era stato lo splendido matrimonio di Caterina con il più grande attore di tutti i tempi“, während im Hintergrund sanfte Orchestermusik eingespielt wird.

5.4.4.2 Realität und Traumwelt in Rita la zanzara In Rita la zanzara kommt zwar eine Musikschule vor, in erste Linie sind es aber junge Schülerinnen, die auch anderem Unterricht folgen müssen und die Protagonistin konzentriert sich mehr auf ihre Zuneigung zu einem Lehrer als auf ihre Karriere als Sängerin. So betrachtet, befinden sich die klassischen Gesangsstunden auf der Ebene der erwartbaren Realität, aber die Auftritte im Nachtklub sind schon etwas realitätsferner. Das ist auch auf Dekoration, Beleuchtung und auf die Kostüme der Figuren zurückzuführen. Nur im Nachtklub und auf der Fernsehbühne am Schluss sind die Dekoration und die Kostüme in schwarz-weißen geometrischen Mustern gehalten. Die Figuren werden so mit diesem speziellen Raum eins und dieser Raum mit seiner Dekoration steht symbolisch für die neue Art Musik zu machen, was zudem der Mode der damaligen Zeit entspricht. Vereinzelt sitzen im großen Saal des Festivals della notte napoletana auch Frauen mit Kleidern, die dieses schwarz-weiß karierte Muster haben. Das könnte für deren Musikgeschmack oder für die Zugehörigkeit zu diesem Musikstil sprechen. Gesangseinlagen, die weniger zu Ritas Rolle als kindliche Schülerin passen, wie die Monroe-, Mina- und Carmen-Miranda-Imitationen, werden in Rita la zanzara in klar abgegrenzten künstlichen Räumen gezeigt, denn Rita singt in ihren Tagträumen. Diese Träume haben eine geschlossene Raum-Zeit-Struktur, da ihr Anfang und Ende klar gekennzeichnet sind. Nach Deleuzes Theorie158 der Zeit-Bilder, fallen sie unter die Traumbilder und dabei unter explizite Träume. Markiert durch eine Großaufnahme von Ritas Gesicht mit einem in die Ferne schweifenden oder nachdenklichen Blick, futuristische Synthesizer-Klänge und eine Unschärfeblende verlässt der*die Zuschauer*in an diesen Stellen die Ebene der Realität des Filmes und taucht in Ritas Gedankenwelt ein, in der sie verschiedene andere Künstler*innen imitiert. So kann der*die Zuschauer*in mit ihr träumen, sich verschiedene Nummern anschauen und ihr Image in der Filmrealität als kindliche Schülerin bleibt besser erhalten. Auch der Wiedereintritt in die Eben der Realität ist durch eine Unschärfeblende, Synthesizer-Klänge,

158 Cf. Deleuze 1991, 78-94 99 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger einen Seufzer Ritas und Aussagen wie: „Magari fosse così e invece niente…mbeh…“ gekennzeichnet. (58:00) 159 Wenn auch einige Gesangsauftritte später im Film abgegrenzt sind, so trägt Rita die ersten Lieder Rita la zanzara, Qui ritornerà und Quanto sei antipatico im Musicalstil vor, das heißt, dass sie plötzlich in einer Alltagssituation vor der Schule zu singen beginnt, sie der Lehrer Paolo scheinbar nicht hört und die anderen Schülerinnen in einer Choreografie spielen und tanzen. Beim zweiten Lied fahren ihre Klasse und sie mit dem Rad nach Neapel, wo die Straße ungewöhnlicherweise autofrei ist und ein derartiger Gesangsauftritt scheinbar keine Zuschauer*innen anzieht. Das dritte Lied singt sie schließlich allein in Paolos Zimmer, während sie sein Porträt anschmachtet. In diesem intimen Raum verleiht Rita ihren Emotionen durch ihren Gesang kraftvoll Ausdruck und spricht vielleicht so mancher verliebten Zuschauerin aus der Seele, wie es auch die Intention vieler amerikanischer Musicals, wie beispielsweise in Singin‘ in the rain, aber auch der italienischen Komödien ist. Eine derartige Szenerie scheint in den Jahren der Musicarelli beliebt zu sein, zum Beispiel singt Caterina Caselli im Film Perdono aus dem Jahr 1966 auch allein in ihrem Schlafzimmer aus Liebeskummer das Lied Puoi farmi piangere. In Rita la zanzara werden also Elemente sichtbar, die sich an den amerikanischen Musicals orientieren, in denen sich Filmrealität mit einer Fantasie- oder Traumwelt vermischen. Am Ende des Films wird ein konkreter Ort der außerfilmischen Realität, nämlich Edenlandia, ein Vergnügungspark in der Nähe des Konzertsaals, für eine unrealistische Szene eingesetzt. Dieser Park steht für eine Phantasiewelt und genau dort macht der Lehrer seiner Schülerin einen Heiratsantrag und sie küssen sich. Der Ort scheint einerseits passend für die wenig alltägliche Szene, andererseits verweist er bereits auf die ganz spezielle Traumwelt, die später im zweiten Zanzara-Film dargestellt wird.160

5.4.4.3 Traumwelt und ein wenig Realität in Non stuzzicate la zanzara Während im ersten Zanzara-Film die beiden Ebenen der Filmrealität und der Träume noch mehrmals durch den starren Blick der träumenden Rita eingeleitet und durch Unschärfeblende getrennt dargestellt werden, sind sie im zweiten Film weitgehend eins. Außer der Szene, in der Rita allein am Klavier sitzend davon träumt, Prinzessin Sissi zu sein, gibt es keine speziellen Blenden mehr, wie an dieser Stelle die Überblendung, sondern Rita

159 Cf. Beil et al. 2016, 281, 294-295, Büttner 2003, 229-232, Deleuze 1991, 78-94 160 Cf. Ott/ Koebner 2014, 9 100 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger singt und tanzt vor allem plötzlich in einer Alltagsszene. Laut Deleuze entsteht gerade durch den Tanz die Traumwelt, die für Musicals typisch ist. Ritas Tanz in der Choreografie mit anderen Figuren, abseits der klassischen Bühne, steigert den Musicalcharakter des zweiten Zanzara-Filmes im Vergleich zum ersten. Ein Beispiel wäre der Tanz mit den Kindern, die Cowboys spielen. (40:20) Ungewöhnliche Kostüme sind nicht mehr für spezielle Orte reserviert, sondern verteilen sich im ganzen Film, so auch die Cowboy-Kinder, die nur in dieser Szene vorkommen. Ein Farbcode ist auch ein typisches Element des Musicals. Deleuze geht so weit, dass nicht nur die Tanzszenen in einem Musical implizite Träume und somit spezielle scheinbar unendliche Räume mit eigenem scheinbar unbegrenztem Verhältnis der Zeit sind, sondern das ganze Musical eine einzige Traumwelt sein kann. Die Darstellung geht in Non stuzzicate la zanzara in diese Richtung, doch es finden sich zwischendurch auch realistische Spielfilmszenen mit Italienbezug ohne Musik und Tanz, wie die anfängliche Restaurantszene von Rita und Paolo (8:26), ihre Unterhaltung in seinem Wagen (56:33) oder Ritas Unterhaltung an der Rezeption in Sestriere (1:15:55). Diese kleinen Szenen stellen letztlich kleine Anker in einer dem Publikum bekannten Realität dar, denn ein Großteil des Films wirkt tatsächlich wie ein einziger impliziter Traum à la Deleuze, also ohne montagetechnische oder schauspielerische Einleitung, sondern dem unmerklichen Verschwimmen der fiktiven Realität mit der Traumwelt. So zum Beispiel ist der Farbcode für die magische Welt des zweiten Teils gelb-violett. Wie im ersten Teil ist es wieder ein starker Farbkontrast, wenn er auch gegenüber weiß-schwarz etwas entschärft wirkt. Dies könnte darauf verweisen, dass, wenn Rita im ersten Teil eine ganze Schule und die breite Öffentlichkeit beim Konzert von sich überzeugen konnte, sie das im zweiten Teil auch mit ihrer Familie kann.161 Die Farben von Kostümen und Orten zeigen in Non stuzzicate la zanzara nicht nur die damalige Mode, sondern auch gegenseitige Zugehörigkeiten. Rita und Paolo tragen als Liebespaar beide violett. Ritas Vater und seine Soldaten tragen eine gelb-violette Uniform, so gehören Rita und Paolo von Anfang an durch das Violett zu ihm. Allerdings als Rita allein mit ihrem Vater nachhause fahren muss, trägt sie einen gelben Rollkragenpullover, was ihr Zugehörigkeit zum Vater unterstreicht und als er sie abholt, muss sie auch demonstrativ die gelb-violett gestreifte Kappe „da capellone“, wie sie ihr Vater bezeichnet, abnehmen. Dasselbe Gelb von Ritas Rollkragenpullover findet sich in den Decken des Schlafsaals der Soldaten wieder, in dem strenge Disziplin herrschen sollte.

161 Cf. Deleuze 1991, 85-89 101 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Ritas Mutter hingegen hat sich ihren persönlichen Rückzugsort weiß-violett gestreift eingerichtet. Als sie Rita dort besucht, trägt sie komplett weiße Kleidung, die sie kurz für ein weiß-violettes Kostüm der Mutter eintauscht und so mit der Welt der Mutter eins wird. Sie verlässt den Raum aber wieder in der weißen Kleidung, die sie einerseits ihrer Mutter zugehörig kennzeichnet, wobei eben nicht vollständig, da das violett fehlt, und zusätzlich charakterisiert sie Weiß als rein und unschuldig, wenn sie dann in der nächsten Szene Paolo trifft, der wie Romeo auf dem Balkon um sie wirbt. Eine dunkle Version des Gelbs der Armee von Ritas Vater kommt noch einmal am Schluss zum Einsatz. Der zugebundene Schlafsack, in dem er seine Tochter fesselt, um sie vom Auftritt fernzuhalten, und das Kostüm einer Tante sind gelb. Als Rita dann auf der Bühne steht, sind ihre Kostüme gelb und violett, abwechselnd einfärbig, gestreift und kariert, wie auch der Hintergrund der Bühne. Durch die positiven Reaktionen im Publikum versöhnen sich die Eltern und sitzen nebeneinander, wo der Vater Violett und die Mutter Weiß trägt, was signalisieren könnte, dass die Ansichten der Mutter gesiegt haben. Ein derartiges Farbkonzept passt nicht zu einem realistischen Familienleben und verstärkt den künstlichen Aspekt des Filmes und hierbei den eines Musicalfilms. Durch die schrillen Kostüme und die spezielle Szenerie der Militärschule werden die Zuschauer*innen gleich am Anfang des Films auf einen schrillen Musicalfilm eingestimmt, der in Ritas Schlussauftritt seinen Höhepunkt findet. Eine weitere Annäherung an das Genre des Musicals und die zunehmende Darstellung des ganzen Filmes als Traumwelt zeigt die noch offenere Struktur der Räume im zweiten Zanzara- Film. Während Rita bereits Strategien überlegen muss und mit den anderen Schülerinnen und den Bediensteten darüber diskutieren muss, wie sie aus dem geschlossenen Raum der Schule entkommen kann, steht ihr in Non stuzzicate la zanzara die Welt mehr oder weniger offen. Das Schloss ist zwar ein geschlossener Raum, doch sie hat einen geheimen Ausgang, der in die Stadt führt, sie kann jederzeit ausreiten, die Soldaten helfen ihr von Anfang an, auch wenn sie gegen ihren Kommandanten, also Ritas Vater, handeln und Rita kann schließlich auch schier mühelos aus dem Gefängnis im Turm entkommen. Einerseits spricht diese Darstellung für eine emanzipierte Protagonistin, die sich selbst ihren Weg bahnt, also nicht vom Prinzen aus dem Turm gerettet wird, andererseits aber auch für eine unrealistische Traumwelt, in der sich die Hauptdarstellerin unbeschränkt bewegen kann.

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5.5 Analyseergebnisse Nach detaillierter Analyse der verschiedenen Aspekte der Rollen der beiden Frauen lässt sich feststellen, dass es sich gleichzeitig um oft unerwartet innovative so wie gleichzeitig auf eine seltsame Weise konservative Rollen handelt. Im beruflichen Leben als Sängerinnen sind sie nicht ungewöhnlich, denn sie passen durch ihren Musikstil und ihr Auftreten zur jeweiligen Entstehungszeit. Auch der Aufbau der Handlung ist nicht ungewöhnlich, denn beide Sängerinnen werden zufällig auf der Bühne von Produzenten entdeckt und werden bis zum Schluss des Films karrieretechnisch erfolgreich, so bewahrheitet sich eine erwartbare Handlung einer fiktiven Künstler*innenbiografie, die den Aufstieg vom niemand zum Star zeigt. Entgegen aller Erwartungen sind allerdings die Hürden zu diesem Erfolg bei beiden unterschiedlicher Natur. Caterina schafft es scheinbar, ohne gesellschaftliche Hürden großen Ruhm zu erlangen, obwohl der Film in einer Zeit spielt, in der viel mehr Männer als Frauen in der Öffentlichkeit und auf Bühnen standen. Auch die Kernbesetzung der Varieté-Truppe, der sie sich anschließt, bestätigt diese Wahrnehmung, da sie sich ebenfalls aus mehr Männern als Frauen zusammensetzt. Auch in Caterinas Privatleben werden keine gesellschaftlichen Schwierigkeiten und sehr wenig Kritik an ihrem Lebenswandel gezeigt. Das liegt auch daran, dass sich Caterina immer als die unterwürfige Ehefrau zeigt und Gardenios Entscheidungen akzeptiert. Zusätzlich werden Situationen, in denen Caterina Gardenios Zustimmung gebraucht hätte, wie das Kaufen oder Mieten der Wohnung oder der Autokauf, nicht gezeigt, also erlebt der*die Zuschauer*in Caterina als selbstbewusste Frau, die selbst Geld verdient und ausgibt, wenn sie will. Keiner erwartet von ihr, dass sie Aufgrund der Ehe Hausfrau werden sollte, wie es dem Zeitgeist hätte entsprechen können. Diese Tatsache ist aber auch den begrenzten finanziellen Mitteln Gardenios geschuldet und somit kehren sich die eigentlich anzunehmenden gesellschaftlichen Rollen der beiden Ehepartner um, denn er ist auf ihre erfolgreichen Auftritte angewiesen und schafft es bis zum Schluss nicht, komplett von ihr unabhängig zu werden. Die wenige Kritik, die Caterina erfährt, erwächst aus dem Neid der Künstlerkolleginnen, es werden im Film diesbezüglich keine Journalisten, Zeitungsartikel oder öffentliche Institutionen gezeigt, die zusätzlich ihren Lebenswandel hätten kritisieren können. Stattdessen erhält Caterina vom Publikum und den verschiedenen Produzenten Applaus und Zustimmung, das heißt, dass auch die Perspektive und der Fokus der Darstellung dazu beitragen, Caterinas Erfolg und Lebenswandel zu billigen.

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Ritas Rolle in den Zanzara-Filmen ist im Vergleich zu Caterinas oft konservativer, denn auch im Wissen, dass es ihre Karriere verhindern könnte oder sie diese sogar aufgeben müsste, will Rita alles tun, um mit ihrer großen Liebe zusammen zu sein. Diese Erkenntnis wird in der Mitte des zweiten Teils deutlich, als sie einen Vertrag ausschlägt, der ihre Beziehung gefährden hätte können. So wäre Rita fähig, einen konservativen Weg wie ihre Mutter einzuschlagen, der sich allerdings im Film als ungünstig erweist und fast zur Trennung des Ehepaars führt. Zusätzlich ist bei genauerer Betrachtung der vorgetragenen Musikstücke auch erkennbar, dass Ritas Musikstil durch die vielen klassischen Lieder oder die Imitation des Musicalstars Chaplin keineswegs immer innovativ ist. Paradoxerweise zeigt also die Figurencharakterisierung der Caterina aus 1953 eine eigenständigere freier lebende Frau als die der Rita aus 1966/67, die unselbstständiger, eingeschränkter und konservativer gezeigt wird. Die Darstellung des Raumes und der Zeit relativiert einige Aussagen der vorhergehenden Analyse, da deren Symbolkraft, die im Film gezielt eingesetzt wird, nicht außer Acht gelassen werden darf. Caterina wirkt durch die klassischen Bühnen und ihre ein oder mehrere Lieder lang dauernden Auftritte dort etwas konservativer als ihre Figur eigentlich ist. An diesem für die Öffentlichkeit einsichtigen Ort singt sie alte oder neue klassisch-melodische Lieder, die keineswegs andeuten, dass sie Auto fährt oder in Eigeninitiative den Chef des Medienunternehmens sprechen will und kann. Der konservative Aspekt ihrer Persönlichkeit wird also vom großen Saalpublikum mit Applaus bestärkt, während der private innovative Aspekt im Film beiläufig und mit wenigen Figuren gezeigt wird. Die Analyse des Raumes und der Zeit in Ci troviamo in galleria zeigt auch, dass die Hauptfiguren gleichberechtigt dargestellt werden, auch wenn ihre Aussagen oft darauf abzielen, gewohnte gesellschaftliche Machtverhältnisse aufrecht zu erhalte. In den Zanzara-Filmen eröffnet die Analyse des Raumes und der Zeit neue Dimensionen, da beide Filme mit beiden Elementen wie in einem Musical arbeiten. Das heißt, dass Orte mehr Symbolkraft erhalten als in anderen Spielfilmen und die Figuren in ihnen mit ihnen verbunden sind. Durch Musik und Tanz werden Traumwelten erschaffen, in denen zum Beispiel die Gefühle der Figuren intensiver dargestellt werden können, mit denen aber auch die Beziehung zwischen den Figuren indirekt kommentiert werden kann. Im zweiten Teil werden weniger realitätsnahe Darstellungen gezeigt als im ersten Teil. Dadurch verliert der Film ein wenig die Verbindung zur Lebenswelt der Zuschauer*innen, kann aber vor allem durch das Farbkonzept

104 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger ein stimmiges Bild der Beziehungen der Figurenkonstellation zeichnen und sein Publikum fast in einer einzigen großen Show mitreißen.

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6. Fazit

Filmgeschichtlich gesehen markieren Ci troviamo in galleria und die Filme über die Zanzara jeweils das Ende und den Höhepunkt eines zu seiner Zeit populären Genres. Der erste Film steht am Ende des Avanspettacolo, Revue- oder Varietétheaters, dass schon von der Theaterbühne in den Kinofilm gewandert ist, die beiden anderen stehen am Ende der Musicarelli-Ära. Die Filme bauen auf den Erfolgen und Erfahrungen aus den vorhergehenden Filmen des Genres auf und bringen gerade durch ihre weiblichen Hauptrollen noch einmal eine spezielle musikalische und schauspielerische Leistung hervor und betonen so die jeweils berühmteste Form des Musikfilms Anfang der Fünfziger- und Mitte der Sechzigerjahre. Die Filme reflektieren ein Stück Musikgeschichte und zeigen Entwicklungen der italienischen Gesellschaft. Denn nach musikalischen Komödien wie Ci troviamo in galleria setzt sich Mitte der Fünfziger der Rock and Roll auch in Italien durch, also ein völlig anderer Musikstil im Vergleich zu den klassisch-melodischen Liedern der vorher gängigen Musikfilme. Dadurch entwickeln sich diese weiter und es erscheinen die ersten Musicarelli mit neuen modernen Musikdarbietungen und internationalen Einflüssen, die auch in den Zanzara-Filmen zu sehen sind, jedoch nicht ohne auch wieder bereits bekannte traditionelle Lieder einzustreuen, auch um eine breite Publikumsschicht zufriedenstellen zu können. Wenn auch die Handlung vieler Filme zu dieser Zeit nicht in die Tiefe geht, so birgt sie doch vor allem in den drei analysierten Filmen versteckte und offene Anspielungen auf die damals aktuelle Situation des italienischen gesellschaftlichen Lebens. Es ist also umso spannender zu sehen, dass die Protagonistin in den Fünfzigern indirekt innovativ dargestellt wird und direkt als dem Mann ergebene Ehefrau und im Gegensatz dazu die Protagonistin der Sechziger direkt als innovativ und gegen die männerdominierte Gesellschaft provokativ eingestellt dargestellt wird, während sie sich indirekt konservativ verhält und auf Wunsch des Partners auch in patriarchalischen Verhältnissen leben würde. Die Figuren der Protagonistinnen sind angelehnt an die Biografien der Sängerinnen, hierbei ist es interessant, welche Elemente daraus entnommen werden, denn diese sind vor allem positiv, wie etwa der künstlerische Erfolg. Es scheint, als sollen die Filme fast durchgängig ein positives Unterhaltungsambiente vermitteln, da dramatischere Hürden aus dem Lebensweg der Hauptdarstellerinnen, wie große finanzielle Probleme oder die Missbilligung durch Freunde oder Familie, ausgespart oder verharmlost werden. Gegen die Umsetzung eines

106 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger faktentreuen Biopics spricht möglicherweise auch die Tatsache, dass die damaligen Zuschauer*innen bereits viele Informationen über das Leben der Künstlerinnen aus der Presse und dem Fernsehen hatten und dadurch mehr an der Musik interessiert waren. Zusätzlich versucht die Musikindustrie, ein möglichst vorteilhaftes Bild der Sängerinnen zu vermitteln, nicht zuletzt auch um die Platten besser zu bewerben und zu vermarkten. Die Filmsequenzen aus den Zanzara-Filmen, in denen die Lieder dargeboten werden, können als Vorläufer der heutigen Musikvideos gesehen werden, und weisen in dieser Funktion auch einen ästhetischen Reiz auf. Im direkten Vergleich wird der große Unterschied in der Darbietung eines Liedes in den Fünfzigern und in den Sechzigern deutlich. Ist zuerst fast nur die Stimme wichtig, da die Musik auch eher für ein Radiopublikum gedacht ist, werden in den Sechzigern auch die Bewegung, der Tanz, und die Szenerie im Hintergrund der Sängerin wichtig. Reicht für Nilla Pizzi, alias Caterina im Film, ein elegantes Abendkleid für ihren Auftritt, so zeigt Rita Pavone zusätzlich zur modischen Kleidung auch eine einstudierte Choreografie und achtet auf spezielle Bühnengegebenheiten, beispielsweise fährt sie sogar Rad, während sie singt. In gleichem Maße, wie der Zeitgeist die Darbietung der Musik beeinflusst, ist die Komik ein wichtiges Element. Während in Ci troviamo in galleria noch viele Witze aus eigentlich traurigen Tatsachen entstehen, wie der Armut der Künstler, so verlagern sich diese tragisch-komischen Elementen in Rita la zanzara auf die Nebenfiguren, die aus Schauspielern bestehen, die aus dem Variteté-Theatermilieu kommen oder zumindest in der Commedia all’italiana erfahren sind. Zum Beispiel scheinen der Koch und der Page auf die Arbeit im Internat angewiesen zu sein und ertragen deswegen so manche Demütigung. Dem steht die Komik in Non stuzzicate la zanzara gegenüber, die Großteils von der Protagonistin ausgeht, und es handelt sich nun meistens um unbeschwerte Slapstickeinlagen, wie Skifahren zu wollen, ohne es gelernt zu haben. Somit wird nicht nur die Handlung, sondern auch die Komik nach und nach oberflächlicher, was wiederum dazu beiträgt, das Filmerlebnis zu einem unbeschwerten Vergnügen für Alt und Jung, Mann und Frau oder die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen oder Schichten zu machen. Aus heutiger Sicht ist es schwierig zu sagen, welchen Eindruck die Filme schließlich wirklich beim Publikum hinterlassen haben, denn die Verkaufszahlen können die tatsächlichen Gefühle der Menschen nur bedingt wiedergeben. Ebenso ist es nicht möglich, aus heutiger Sicht

107 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger private Diskussionen zu rekonstruieren, die diese Filme und die darin gezeigten Frauenrollen vielleicht ausgelöst haben. Zu den Personen im Regiesessel, Lina Wertmüller und Mauro Bolognini, ist festzuhalten, dass es mehrere Biografien gibt und viele Kritiken sich auch auf ihren persönlichen Einfluss auf die Filme beziehen. Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara und Non stuzzicate la zanzara in deren Gesamtwerke einzuordnen, wäre im Hinblick auf die Entwicklung der Frauenrollen interessant, würde jedoch eine genaue Analyse zusätzlicher Filme erfordern, was den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde. Die hier analysierten Filme haben gezeigt, dass sie oberflächlich vor allem durch den Inhalt vergleichbar sind, sich aber durch den Charakter der Protagonistin, den Musikstil, die Darstellung von Klischees und Traditionen, sowie den Einfluss von Raum und Zeit deutlich unterscheiden. Abschließend kann durch die Analyse dieser Aspekte aber nicht klar festgestellt werden, ob die Frauenrollen eine fortschreitende Emanzipation der Italienerinnen widerspiegeln, da diese jeweils nur in einzelnen privaten oder beruflichen Teilbereichen in der Handlung sichtbar wird und die dargestellten lebensweltlichen Ausgangspunkte der Sängerinnen doch zu unterschiedlich scheinen. Eben diese könnten aber auch Überlegungen zur Entwicklung der italienischen Gesellschaft rechtfertigen. Die Emanzipation der Frau scheint in den Fünfzigern als Notlösung gesellschaftlich akzeptabel zu sein, denn Caterina holt schließlich in Ci troviamo in galleria eine ganze Theatertruppe aus der Armut. Da Rita in den Filmen der Sechzigerjahre aus einer wohlhabenden Familie kommt, muss sie mit ihrer Musik kein Geld verdienen und tritt scheinbar rein aus der Freude am Singen heraus, oder um ihrem Schwarm zu imponieren, auf. So scheint die Gesellschaft bei besserer wirtschaftlicher Lage, wie der Aufschwung der italienischen Wirtschaft in den Sechzigern nahelegt, zurück in den Hafen des altbekannten Patriarchats zu rudern. Letzteres scheint zwar nun offen für neue Tendenzen und moderne Musik zu sein, ist aber in den Grundzügen noch vorhanden, so wird es in den Zanzara-Filmen durch Ritas Vater, der am Ende ihre Musik gutheißt, und durch Paolos und schließlich auch Ritas Ansichten zu ihrer Beziehung angedeutet.

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7. Riassunto

In questo lavoro si intende analizzare i ruoli delle donne nei film musicali italiani degli anni Cinquanta e Sessanta attraverso i film Ci troviamo in galleria del 1953, Rita la zanzara del 1966 e Non stuzzicate la zanzara del 1967. Una breve panoramica sulla situazione socio-politica e storico-culturale in Italia mostra che le donne in quegli anni non sono ben rappresentate in pubblico, così come lo sono oggi. Il cinema rispecchia la società ed indica che anche in quell’ambito, sia quantitativamente sia attraverso la rappresentazione dei loro ruoli, le donne non sono presenti allo stesso livello dei colleghi di sesso maschile. Un inventario dei ruoli femminili di successo dei lungometraggi italiani fino agli anni Sessanta permette di inquadrare nella storia del cinema italiano gli specifici ruoli delle protagoniste e di alcuni ruoli femminili di supporto dei tre film analizzati qui. Oltre alla storia cinematografica, anche le biografie delle cantanti, che hanno un ruolo di primo piano in questi film, sono considerate fonti per la trama delle pellicole. L’analisi comporta diverse ipotesi alimentate da un lato dai diversi punti di vista degli spettatori provenienti da una società cambiata negli ultimi sessant’anni e dall’altro lato dalle immagini dei vari film dell’epoca in questione, che hanno creato stereotipi, miti e cliché. Le ipotesi vengono formulate in modo generale e in modo specifico ispirandosi alla presentazione dei film con poster o immagini da copertina. Queste ipotesi guidano l’analisi del ruolo della cantante, dell’influsso di cliché, delle tradizioni comparate a l’innovazione e l’indipendenza delle donne nei film, nonché del potere della rappresentazione del tempo e dello spazio come elementi determinativi per i ruoli femminili. Con l'aiuto della teoria della caratterizzazione dei personaggi, con l'analisi dell’impiego delle tecniche dei film musicali, dei musical, dei biopic, delle biografie di musicisti fittizi cinematografici, nonché con uno sguardo attento al montaggio del film, alla narrazione cinematografica, al preciso uso dei cliché, delle tradizioni, della musica dal vivo e in secondo piano e l'analisi dello spazio e del tempo narrativo, vengono mostrate le peculiarità di questi ruoli femminili. Particolare attenzione è rivolta a mettere in evidenza gli aspetti professionali delle cantanti, così come a sottolineare gli elementi innovativi e a confrontare i ruoli, in quanto ciò rende visibile il loro sviluppo nel corso dei film e nella storia del cinema. Per quanto riguarda la storia del cinema italiano, Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara e Non stuzzicate la zanzara segnano nei rispettivi decenni la fine e il culmine di un genere popolare.

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Il primo film marca la fine dell'avanspettacolo, del varietà o della rivista, già migrato dal teatro al cinema. I film sulla zanzara invece segnano la fine dell'era dei musicarelli. I film si basano sui successi e sulle esperienze dei precedenti film del genere e fanno emergere, soprattutto attraverso le loro protagoniste, ancora una volta una speciale realizzazione musicale e recitativa, sottolineando così la forma più famosa del cinema musicale all'inizio degli anni Cinquanta e a metà degli anni Sessanta. I film riflettono un pezzo di storia della musica e mostrano gli sviluppi della società italiana. Cioè dopo le commedie musicali come Ci troviamo in galleria, il rock and roll ha cominciato a prendere piede in Italia a metà degli anni Cinquanta, uno stile musicale completamente diverso rispetto alle canzoni classico-melodiche dei film musicali noti precedentemente. Così sono apparsi i primi musicarelli presentando al pubblico musica moderna e influenze internazionali, che si possono vedere anche nei film della zanzara, ma in questi intercalano di nuovo le canzoni tradizionali per soddisfare un vasto pubblico. Anche se la trama di molti film dell'epoca non va in profondità, i tre film analizzati contengono allusioni nascoste e aperte alla situazione allora attuale della vita sociale italiana. È quindi tanto più emozionante vedere che la protagonista degli anni Cinquanta viene presentata indirettamente innovativa e viene ritratta direttamente come una moglie devota al marito. Al contrario, la protagonista degli anni Sessanta è ritratta direttamente come innovativa e provocatoriamente opposta alla società dominata dagli uomini, mentre indirettamente si comporta in modo retrogrado e vivrebbe anche in condizioni patriarcali se il suo partner lo volesse. I personaggi delle protagoniste si basano sulle biografie delle cantanti, ed è interessante vedere quali elementi ne sono tratti, in quanto sono per lo più positivi, come il successo artistico. Sembra che i film siano quasi sempre destinati a trasmettere un'atmosfera di intrattenimento positivo, poiché gli ostacoli più drammatici nella vita delle cantanti protagoniste, come i problemi finanziari o la disapprovazione di amici o familiari, vengono omessi o minimizzati. Si sospetta che gli spettatori a quel tempo avessero dalla stampa e dalla televisione già molte informazioni sulla vita degli artisti e fossero quindi più interessati alla musica. Questo fatto parla contro la realizzazione di un vero biopic, bensì per la produzione di film musicali o musicarelli ispirati alla personalità delle cantanti. Inoltre, l'industria musicale dell’epoca cerca di trasmettere un'immagine il più possibile vantaggiosa delle cantanti per promuovere e commercializzare meglio dischi ed altri prodotti.

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Le sequenze dei film della zanzara, in cui vengono presentate le canzoni, possono essere viste come precursori dei video musicali di oggi, e in questa funzione hanno un ulteriore fascino estetico. Nel confronto diretto, la grande differenza fra gli anni Cinquanta e Sessanta nella presentazione di una canzone nel film diventa chiara. Mentre prima è importante quasi solo la voce, dato che la musica è destinata più ad un pubblico radiofonico, negli anni Sessanta il movimento, la danza e lo scenario sullo sfondo del cantante diventano importanti. Per Nilla Pizzi, alias Caterina nel film Ci troviamo in galleria, basta un elegante abito da sera per un’affascinante entrata in scena, mentre Rita Pavone nei suoi film mostra una coreografia oltre all'abbigliamento alla moda e presta attenzione alle condizioni del palcoscenico, come quando va in bicicletta per le strade di Napoli mentre canta. Nella stessa misura in cui lo spirito dei tempi influenza l'esecuzione della musica, anche la comicità, che è un elemento importante nella commedia, cambia. Mentre in Ci troviamo in galleria molte battute sono ancora create da fatti in fondo tristi, come la povertà degli artisti, in Rita la zanzara questi elementi tragicomici sono spostati sui personaggi secondari, che sono costituiti da attori che provengono dall'ambiente teatrale del varietà o almeno hanno interpretato ruoli nella commedia all'italiana. Per esempio, il cuoco e l’aiutante sembrano materialmente non poter far a meno del lavoro in collegio e quindi subiscono molte umiliazioni per tenere il posto. D'altra parte, gli elementi comici in Non stuzzicate la zanzara si basano in gran parte sulla protagonista, e si tratta per lo più di uno slapstick leggero, come voler andare a sciare senza averlo imparato. Così, non solo la trama, ma anche gli elementi comici diventano gradualmente più superficiali, il che a sua volta contribuisce a rendere l'esperienza del film un piacere spensierato per vecchi e giovani, uomini e donne, o per i più variegati gruppi o classi sociali. Dal punto di vista odierno è difficile dire quale sia stata l'impressione dei film sul pubblico dell’epoca, perché i dati di vendita possono riflettere solo parzialmente i sentimenti reali delle persone. Inoltre è impossibile ricostruire le discussioni private che questi film e la relativa rappresentazione delle donne possano aver scatenato. Per quanto riguarda i registi, Lina Wertmüller e Mauro Bolognini, va notato che esistono diverse biografie e molti critici fanno riferimento anche alla loro influenza personale sui film. Classificare Ci troviamo in galleria, Rita la zanzara e Non stuzzicate la zanzara considerando la loro opera completa sarebbe interessante per quanto riguarda lo sviluppo dei ruoli femminili,

111 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger ma richiederebbe un'analisi precisa di tutti i film dei registi in questione, che andrebbe oltre le possibilità di questo lavoro. I film qui analizzati hanno dimostrato che sono superficialmente paragonabili soprattutto in termini di contenuti, ma che si differenziano in modo significativo per il carattere delle protagoniste, lo stile della musica, la rappresentazione di cliché e tradizioni, l'influenza dello spazio e del tempo. In conclusione, però, l'analisi di questi aspetti non permette di stabilire chiaramente se i ruoli delle donne riflettono la progressiva emancipazione delle italiane, in quanto nella trama questa è visibile solo in ambiti privati o professionali individuali, e i punti di partenza delle cantanti nella loro vita sembrano troppo diversi. Però sono proprio queste diverse provenienze delle cantanti che potrebbero giustificare anche considerazioni sullo sviluppo della società italiana. L'emancipazione delle donne negli anni Cinquanta sembra essere socialmente accettabile come soluzione di necessità, perché nel film Ci troviamo in galleria la protagonista Caterina porta un'intera compagnia teatrale fuori dalla povertà. Poiché Rita proviene da una famiglia benestante nei film degli anni Sessanta, non deve guadagnare soldi con la sua musica e può esibirsi solo per la gioia di cantare o per impressionare l’uomo amato. Così, quando la situazione economica della società migliora, come suggerisce il continuo sviluppo dell'economia italiana degli anni Sessanta, gli individui sembrano rientrare nel porto del noto patriarcato. Anche se quest'ultimo ormai accoglie nuove tendenze e si apre alla nuova musica, le sue caratteristiche di base sono ancora presenti, come indicato nei film della zanzara dal padre, che alla fine però approva la musica moderna, e dal punto di vista di Paolo e Rita sulla loro relazione.

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121 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Anhang

Sequenzanalysen Ci troviamo in Galleria

00:00 Exposition 00:00 Titel, Casts, 2:00 Zusammentreffen der Theatertruppe, (4:24 „Wanda Osiris“), 4:40 Organisation der Tournee, inklusive Geldbeschaffung, 8:00 Zusammenkunft vor den Autobussen, kurz vor der Abfahrt 8:36 Auftritte der Truppe 8:38 Auftritt Gardenio, 10:38 Auftritt Marisa, 12:38 Rausschmiss, 13:13 Bus bleibt hängen, 14:00 Auftritt Agata, 15:06 Auftritt Gardenio 16:29 Caterina 16:16 Publikum applaudiert vorher und nachher, Caterina singt Nannì, Rausschmiss, 22:00 Caterina wird in die Truppe aufgenommen 22:37 Neues Projekt mit Caterina 22:37 zurück in der Gallerie, 24:02 WG der Künstler, 24:58 Caterina probt Quizás, quizás, quizás, 29:11 Marisa probt La vie en rose, 31:44 Auftritt, 36:58 Auftritt Caterina mit Grazie dei fior, 39:24 plötzliche Verlobung 39:55 Gardenio und Caterina im Radio 39:55 Hochzeit und Bootsfahrt, Erzählerstimme, 41:06 Talentscouts engagieren Caterina für Radio, 42:38 erster Auftritt Caterina im Radiostudio Ho gli occhi tuoi, 49:18 erster Auftritt Gardenio im Radiostudio, 51:00 Caterina live Auftritt im Radio mit Publikum, singt Cherie, Duska, ´O ciucciariello, Gigolette, 52:54 Gardenio Hörspiel, 54:22 Caterina fährt Gardenio mit dem Auto nach Hause 55:18 Gardenio im Fernsehen 55:18 Gradenio wird mit Torte beworfen, alte Kollegen sehen ihn in der Bar im Fernsehen, 57:06 am Hochzeitstag bricht Caterina früh auf, 58:16 Anruf von Alberto Sordi, 1:00:20 Gardenio und Freunde in der Gallerie, 1:02:27 Fernsehaufnahme mit Ciporil-Erfinder, 1:04:30 Jahrestags-Essen ohne Caterina, 1:06:09 Caterina rettet Gardenios Karriere, 1:06:44 Caterina kommt mit Auto zum Restaurant, liest Gardenios Brief 1:07:21 Gardenio und Caterina finden wieder zusammen (un mese dopo) 1:07:25 Neuanfang mit alter Truppe, Gardenio trifft Freunde und den Produzenten, 1:09:06 Caterina in der Bar, erkundigt sich nach Gardenio, arrangiert guten Auftritt für ihn, 1:10:30 Produzent telefoniert mit Gardenio, 1:11:53 die Nachricht des Engagement verbreitet sich in der Gallerie, Erzähler kommentiert, (1:13:05 „Wanda Osiris“), Marisa erklärt ihre Teilnahme, 1:13:55 Marisa will Caterina zum Auftritt mit der alten Truppe überreden, 1:15:32 Auftritt im Sistina, 1:16:38 Caterina im Radiostudio 1:16:57 Erfolg und Happyend 1:16:57 Auftritt Gardenio, freut sich über Applaus, 1:19:00 Auftritt Marisa, 1:23:05 Auftritt Caterina aus dem Parterre, Gardenio bedankt sich, 1:25:15 Caterina singt Quanno staj cu mmé, 1:27:22 Verbeugung, FINE

122 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Rita la zanzara 00:00 Rita 00:00 Titanus präsentiert, 1:00 Bild der Schule, Rita schüttet Sägespäne über Professor/Paulo/Beethoven, 2:00 Rita singt La zanazara 2:51 In der Schule 2:51 Koch und Page sprechen über Professoren, schwarze Katze, 5:59 wecken Paulo auf, 7:00 Paulo bemerkt Scherze der Schülerinnen, 7:58 Tanzstunde mit Rita, geht in Gesangsunterricht über, singen Va, pensiero von Verdi, 9:30 Paolo schläft ein, 10:33 Schülerinnen lesen La zanzara, vertrauen Bonfanti nicht, 11:30 Professorinnen kommen, 12:22 Paolo klebt am Sessel, 14:05 Sportunterricht Radfahren mit Vesuv-Panorama, Rita singt Non piangere 18:05 Rebellisches Verhalten in der Schule 18:05 Schulleitung entdeckt Zeitschrift La zanzara, Paolo schläft, 19:25 Mädchen hören über Rohr zu, 20:55 Rita entdeckt versteckte Kleidung und Fotos von Paolo, 22:05 Rita singt Antipatico, 24:40 Mädchen überfallen Pagen, stehlen Kleidung, 26:34 Professoren Konferenz, 27:55 Rita in Hosenrolle verfolgt Paolo 19:08 Im „Piper“-Club 19:08 Paolo singt als Rock-Sänger/Urlatore, 30:49 Rita singt als Jéjé-Sängerin, 33:53 Rita flüchtet, überwindet Hindernis-„Commendatore“ (aus Musicarello Nessuno mi può giudicare, hier Statistenrolle von Gino Bramieri) 35:15 Verwirrungen der Liebe 35:15 Neffe entschuldigt sich bei Onkel Carmelo, 38:00 Rita spricht mit Neffen/Pagen, 39:10 Rita spricht mit Carmelo, 41:41 Rita plant Streich mit Mädchen, Brief an Professorin Luigia, 43:30 Rita träumt sie sei Marilyn Monroe, um Paolo zu gefallen, singt I want to be loved by you (aus: Some like it hot, Männer in Frauenrollen), 45:30 Paolo und Rita tanzen zum ersten Mal zusammen, Melodie von Quanto sei antipatico, 47:10 Rita singt Ciao, erklärt Liebe, 49:12 Paolo spricht über Rita, singt gut, verliebt sich, Lida hat keine Stimme, 51:20 Rita hört versteckt zu und ist glücklich, 52:30 alle Prof. werden durch Lärm wach, Rita zieht Nachthemd an und spielt Schlafwandlerin, Paolo und Tante stürzen in Teich, 56:45 Rita träumt Mina zu sein, singt E se domani 58:10 Paolos Freundin Linda 58:10 Musikunterricht, Rita singt La sai troppo lunga, 1:02:30 Linda beschwert sich bei Paolo, Paolo hat Ideale, beunruhigt wegen Festival, 1:03:58 Rita „Facciamo musica seria, mica jéjé“, 1:05:00 Verschwörung im Glashaus, 1:06:05 Rita spielt Charlie Chaplin, 1:07:00 Paolo segelt mit Linda in der Bucht von Neapel, Rita singt Passione (Chiù luntana mi stai) 1:10:57 Zeitung la Zanzara 1:10:57 zurück in der Schule, Rita und zwei andere werden beschuldigt, Zanzara geschrieben, vor Prof.-Kommission, 1:15:10 Luigia erhält Liebesbrief, verhindert Ausschluss, verteidigt Liebe, 1:16:00 Mädchen rächen sich an Bonfanti, Rita prügelt sich mit ihr im Glashaus, 19:11 fröhliche Mädchen spielen im Garten, Bonfanti muss sich selbst bestrafen 1:20:35 Auswirkungen der Zanzara 1:20:35 Rita stellt sich als Sambatänzerin in der Schule vor, 1:23:00 Prof. Luigia unterzieht sich einer Ganzkörperbehandlung in der Maison du beauté, 1:25:00 männliche Professoren glauben, Luigia ist verrückt, 1:25:50 Rita erhält Preis für die Musik 1:27:50 Das Festival und Happyend 1:27:50 Rita und Carmelo mischen Schlafmittel ins Essen, sie geht zum Festival della notte napoletana, 1:34:00 Peppino kommt zu Luigia, 1:36:15 Paolo und Sängerin streiten, sie wird sein Lied nicht singen, Rita mit Freundinnen und Pagen entführen Sängerin, 1:37:33 Rita singt Paolos Lied: il Geghegè, (junge Sängerinnen neu zugelassen), Paolo sieht sie im TV in Bar, läuft zu ihr, 1:40:43 Teddy Reno steht hinter dem Vorhang und erkennt Ritas Talent, 1:41:08 Rita gibt Paolo eine Ohrfeige, sie rennt weg, er folgt ihr (in Edenlandia), er erkennt, wer sie ist und fragt sie trotzdem, ob sie ihn heiratet, FINE

123 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Non stuzzicate la zanzara

00:00 Ritas Eltern 00:00 der Vater hält Rede vor neuen Kadetten seiner Militärschule, ähneln Schweizer Garde, sprechen mit deutschem Akzent, 1:50 die Mutter füttert Tauben, Vater ist mit ihrer Wohltätigkeit nicht einverstanden 3:40 Rita und Paolo 3:40 Rita und Paolo fahren Auto, Rita singt Questo nostro amore, sie machen Ausflug ans Meer, 6:55 sie küssen sich unter Regenschirm, Paolo will mit Vater sprechen, Rita will nach London flüchten, 8:20 Paolo bringt Rita im Restaurant zu Vater, Rita fühlt sich verraten 10:20 Im Schloss 10:20 sie fahren vor ihr Schloss, Rita ist froh Mutter zu sehen, die Tanten weniger, 13:45 Rita spielt Kommandanten einen Streich, singt und tanzt mit Soldaten zu La Svizzera, 17:14 Paolo spricht in Bar mit Kadetten-Anwärter Wolfgang, nimmt seinen Platz ein 19:00 Aufkommender Widerstand im Schloss 19:00 wegen zu lautem Kauen spricht Streit aus, Rita widerspricht dem Vater, TV ist verboten, Tanten spielen klassische Musik, 23:03 Paolo wird als Rekrut aufgenommen, zettelt Rauferei im Schlafsaal an, 25:28 Rita besucht Mutter im Dachboden, hat sich einen Rückzugsort geschaffen, Rita möchte aus dem Schloss flüchten, sie singen/tanzen den Shake, 31:11 Paolo bricht aus Kaserne aus, besucht Rita, gibt ihr Una notte intera, 37:40 Paolo exerziert, 39:19 spielt Cowboys mit Kindern, singt Due non fa tre, 43:00 R&P treffen sich im Rittersaal 46:25 Verwirrungen der Liebe 46:25 R&P gehen in den Carnaby Club, 48:10 Teddy Reno bietet Rita einen Vertrag an, Paolo soll Sekretär werden, gemeinsam Karriere machen scheint unmöglich, Paolo tanzt mit anderer, Rita singt Tu guardi lei, 53:00 Rita reitet, Paolo versucht, sie zurückzugewinnen, 56:22 Paolo erzählt von seiner TV-Show zu Silvester in Sestriere, Paolo lernt Mutter kennen 58:45 Das Ende der Herrschaft des Vaters 58:45 Professorin aus Ritas Schule besucht Eltern, erzählt von Ritas Flucht aus der Schule, Rita muss in den Kerker, sie stellt Vater ein Ultimatum, 1:02:22 Rita bricht aus, 1:05:45 Rita sabotiert, „teert und federt“ Vaters Schule und ruiniert Inspektion, für Zulassung als anerkannte Militärschule, 1:09:03 Rita und Wolfgang brechen nach Sestriere auf, Mutter widerspricht Mann und folgt Rita 1:13:30 Spaß im Schnee und Happyend 1:13:30 Rita singt auf Pferdeschlitten im Schnee Sempre più su, 1:15:56 Rita ignoriert Produzent Teddy R. an Rezeption, sie sucht Paolo, 1:16:20 die Sängerin von Paolos Band sitzt am Flughafen fest, Ritas Mutter kommt an, 1:17:28 Teddy und Rita fahren Ski, Paolo findet sie auf der Piste, 1:18:44 das Festival beginnt, Vater entführt Rita, 1:21:16 Auftritt der Mutter im TV erntet großen Applaus, 1:26:30 Rita kommt in letzter Sekunde, absolviert langen Auftritt, sie und die Bühne verwandeln sich mehrmals, 1:33:25 Vater erkennt Erfolg, Eltern versöhnen sich, 1:34:50 Paolo und Rita küssen sich vor Sonnenaufgang, FINE, Casts

124 Diplomarbeit: Frauenrollen in italienischen Musikfilmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre Eva Promegger

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.

Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht als Diplomarbeit eingereicht.

Salzburg, am 15.10.2020 ______

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