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S t e l l u n g n a h m e

des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

zur Eingabe 02033/88/18 an den Niedersächsischen Landtag

Petent/in Wolfgang Baark 29471 betr. Planung und Bau einer Umgehungsstraße für Gartow und Sperrung der Gartower Hauptstraße für den Durchgangs- und Schwerlastverkehr

Der Petent fordert die Realisierung von Umgehungsstraßen von Gartow und Kapern und die Sperrung der Gartower Hauptstraße für den Durchgangs- und Schwerlastverkehr. Er begrün- det seine Forderung damit, dass sich die Verkehrsverhältnisse seit der Öffnung der inner- deutschen Grenze geändert haben und die Bundesstraße (B) 493 und die L 256 von überre- gionalem Durchgangsverkehr genutzt würden, darunter seien viele schwere LKW und Con- tainerzüge, aber auch schwerstbeladene Zugmaschinen der heimischen Agrarindustrie.

Der Vorschlag des Petenten für die Linienführung der Ortsumgehung (OU) Gartow umfasst eine südöstliche Verlegung der B 493 um Gartow zu umgehen sowie eine großräumige Ver- legung der Landesstraße (L) 256 bzw. der B 493 von westlich Gartow, südlich von Gartow und südlich an Nienwalde vorbei bis zur L 2 bei Bömenzien in Sachsen - Anhalt. Damit sollen Gartow und Kapern umgangen und vom durchgehenden Verkehr entlastet werden.

Zur Eingabe von Herrn Baark wird wie folgt Stellung genommen:

Vorhandene Situation Die B 493 verläuft von der B 191 östlich von Uelzen bis nach an der . Sie endet vor der Elbfähre in Schnackenburg; das Teilstück auf der anderen Elbseite bis zur B 195 in Brandenburg ist eine Landesstraße. Die Hauptstraße in Gartow im Landkreis Lüchow- ist Teil der B 493.

Die durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) auf der B 493 in der Ortsdurchfahrt (OD) Gartow betrug nach der Straßenverkehrszählung 2015 im Abschnitt westlich der Ein- mündung der L 256 3.080 Kfz/24h, davon 228 Kfz/24h Schwerverkehr (Kfz mit einem zul. Gesamtgewicht über 3,5 t). Östlich der Einmündung der L 256 auf dem Streckenabschnitt der B 493 nach Kapern war der DTV im Jahr 2015 1.385 Kfz/24 h (davon 134 Kfz/24h Schwerverkehr). Auf der L 256 im Abschnitt nördlich der Einmündung in die B 493 bis Gorle- ben wurden 2.400 Kfz/24 h (davon 190 Kfz/24 h Schwerverkehr) festgestellt. Seit dem Jahr 2015 sind auf diesen Straßen keine wesentlichen Verkehrssteigerungen zu verzeichnen.

Die mittlere Verkehrsbelastung auf Bundesstraßen in Niedersachsen (DTV) betrug im Jahr 2015 8.750 Kfz/24 h, der mittlere Schwerverkehr 854 Kfz/24 h. Es ist festzustellen, dass die Verkehrsbelastung in der Ortsdurchfahrt Gartow im Vergleich zu anderen niedersächsischen Bundesstraßen gering ist. Es handelt sich um keine stark befahrene Straße.

Durch den Neubau der A 39 von Wolfsburg nach Lüneburg und der Nordverlängerung der A 14 von Magdeburg über bis Schwerin sind keine wesentlichen Veränderungen 2

hinsichtlich der Verkehrsbelastung auf der B 493 in Gartow zu erwarten. Die Verbindung zwi- schen diesen beiden neuen Autobahnen erfolgt durch die neue B 190. Diese wird die sich zwischen den neuen Autobahnen ergebenden überregionalen Querverkehre aufnehmen.

Die Fahrbahn der B 493 in der Ortsdurchfahrt Gartow weist Schäden auf. Um die Straße zu erneuern und um die Verkehrssicherheit in der Ortsdurchfahrt zu verbessern, plant die Nie- dersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) eine Sanierung der B 493 in der OD Gartow. Die Bauarbeiten sollen im Jahr 2021 oder 2022 durchgeführt werden. Es ist vorgesehen, dass die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 2,2 km instandgesetzt wird. Des Weiteren soll die vorhandene Pflastergosse durch eine Gussasphaltgosse ersetzt wer- den. Im Zuge der Baumaßnahme soll die Einmündung der L 256 in die B 493 geändert wer- den, damit sie übersichtlicher und sicherer wird; Ziel ist die Reduzierung der Kfz-Geschwin- digkeiten im Einmündungsbereich. Weiterhin soll im Bereich eines Seniorenheims eine Que- rungshilfe (Fußgänger-Lichtsignalanlage) gebaut werden. Im Abschnitt zwischen Gartow (Quarnstedt) und Schnackenburg wurde die B 493 bereits im Jahre 2018 auf einer Länge von rd. 8,3 km erneuert.

Für eine Umgehung von Gartow ist festzustellen, dass ein solches Vorhaben aufgrund der vorliegenden Daten, insbesondere aufgrund der geringen Verkehrsbelastung, fachtechnisch derzeit nicht begründet ist. Es gibt für das Land im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung auch kein Recht zur Planung einer Ortsumgehung im Zuge einer Bundesstraße, da das Vor- haben im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz des Bundes ist, nicht enthalten ist.

Umgehungsstraßen können erforderlich werden, wenn in Ortsdurchfahrten erhebliche Ver- kehrsengpässe sowie auffällige Sicherheitsdefizite vorliegen und die Belastungen der Anlie- ger deutlich gemindert werden müssen. Die Notwendigkeit einer Umgehung muss auf Grundlage der Verkehrsbelastung zweifelsfrei nachgewiesen sein. Denn nur, wenn für die Bürger eine ausreichende Entlastungswirkung erzielt werden kann, lassen sich die durch eine Neubaumaßnahme verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft sowie die vom Steu- erzahler aufzubringenden Kosten rechtfertigen.

Zukünftige Planung einer Umgehungsstraße Zukünftig könnten Umstände eintreten oder Gründe vorliegen, die die Planung und Realisie- rung einer Umgehungsstraße von Gartow erforderlich machen. Der Neubau bzw. die Verlegung von Landesstraßen wurde bereits Mitte der 1980er Jahre von Land eingestellt. Eine Änderung dieser Situation ist in den nächsten Jahren nicht zu er- warten. Eine OU Gartow könnte somit nur als Bundesstraßenumgehung realisiert werden.

Nach den Bestimmungen des Grundgesetzes planen und bauen die Länder die Bundesfern- straßenvorhaben in der Auftragsverwaltung für den Bund. Das Bundesministerium für Ver- kehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ermittelt für die Verkehrswege des Bundes die länger- fristig erforderliche Entwicklung der Infrastruktur und stellt die vorgesehenen Maßnahmen im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) dar. Auf der Grundlage des BVWP – Teil Straße beruht der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der als Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) des Bundes die gesetzliche Grundlage für den Neubau oder für größere Ausbau- vorhaben von Bundesautobahnen und Bundesstraßen bildet.

Planungen für neue Bundesstraßen dürfen vom Land nur aufgenommen werden, wenn das entsprechenden Vorhaben im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen enthalten ist und dort 3

das Planungsrecht vom Bund durch eine entsprechende Dringlichkeitseinstufung des Projek- tes („Vordringlicher Bedarf“ (VB) oder „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ (WB*)) gegeben ist. Dies ist bei der OU Gartow nicht der Fall.

Es ist davon auszugehen, dass ab ca. 2027 der Bund mit den Vorbereitungen für eine Fort- schreibung bzw. Neuaufstellung eines neuen Bundesverkehrswegeplans beginnen und dann auch die Länder zur Meldung von Bundesstraßenprojekten auffordern wird.

Sofern die Projektidee einer OU Gartow im Zuge der B 493 von den Gemeinden, durch de- ren Zuständigkeitsbereich die neue Straße führen soll, sowie dem Landkreis Lüchow-Dan- nenberg befürwortet wird und damit vor Ort Konsens für eine Verlegung der B 493 besteht, kann das Projekt in eine landesinterne Vormerkliste der Projekte für die Fortschreibung des BVWP aufgenommen werden.

Im Vorfeld des nächsten BVWP würde dann geprüft werden, ob das Projekt vom Land dem BMVI für den nächsten BVWP gemeldet werden kann. Dazu würde die NLStBV unter Be- rücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und der Umweltverträglichkeit eine Planungskonzeption mit einer fachtechnisch machbaren Linienführung („Meldelinie“) erarbeiten. Im Anschluss würde geprüft werden, ob das Vorhaben den Kriterien des Bundes für BVWP-Maßnahmen entspricht. Bei entsprechender Eignung der Maßnahme würde das Land die Projektdaten dem BMVI übermitteln.

Das BMVI bewertet die von den Ländern angemeldeten Vorhaben im Rahmen der Aufstel- lung des neuen BVWP. Danach entscheidet der Deutsche Bundestag im Gesetzgebungs- gang für das Fernstraßenausbaugesetz, ob das Projekt in den Bedarfsplan für die Bundes- fernstraßen aufgenommen und mit Planungsrecht versehen wird.

Wenn das Projekt mit dem neuen Bedarfsplan das Planungsrecht erhalten hat, Personalkap- azitäten bei der NLStBV zur Verfügung stehen und die erforderlichen Finanzmittel für Dienst- leistungen Außenstehender gegeben sind, kann vom Land ein Beginn der konkreten Pla- nung für die Ortsumgehung in den Blick genommen werden.

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass mit dem BVWP und dem Bedarfsplan generell nur über das „Ob“ der Maßnahme und nicht über den Streckenverlauf entschieden wird. Die Meldeli- nie zum BVWP oder der vom Petenten vorgeschlagene Verlauf sind nur erste Projektideen. Generell gilt, dass die Linienführung grundsätzlich erst in den konkreten Planungsstufen (Li- nienplanung, Raumordnung, Linienbestimmung, Entwurfsplanung und Planfeststellung) unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, der anerkannten Verbände und der Bürger fest- gelegt wird.

Sperrung der Gartower Hauptstraße für den Durchgangs- und Schwerlastverkehr Nach den Regelungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbe- hörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus sachlichen Gründen beschränken oder verbieten. Gem. § 45 Abs. 9 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrsein- richtungen jedoch nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwin- gend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Ver- kehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in der StVO ge- nannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

Ob die Voraussetzungen für Verkehrsbeschränkungen vorliegen, haben die jeweils zuständi- gen Straßenverkehrsbehörden grundsätzlich in eigener Zuständigkeit zu prüfen und letztlich, 4

auf Basis der vor Ort gewonnenen Erkenntnisse, über die Anordnung von Beschränkungen des fließenden Verkehrs zu entscheiden.

Auf klassifizierten Straßen (zu denen auch Kreisstraßen zählen) hat das Interesse des flie- ßenden Verkehrs besonderes Gewicht, weil diese Straßen ihre Aufgabe, dichten Verkehr auch über längere Entfernungen zügig zu ermöglichen und das übrige Straßennetz zu ent- lasten, nur erfüllen können, wenn möglichst wenig Verkehrsbeschränkungen vorhanden sind. Nach ihrem Widmungszweck dienen gerade die klassifizierten Straßen der Aufnahme der überregionalen Verkehrsströme.

Bundesstraßen sind integrale Bestandteile des Bundesfernstraßennetzes und dienen nach ihrem Widmungszweck der Aufnahme der überregionalen Verkehrsströme. Auf diesen Stra- ßen hat daher das Interesse des fließenden Verkehrs besonderes Gewicht, weil diese Stra- ßen ihre Aufgabe, dichten Verkehr auch über längere Entfernungen zügig zu ermöglichen und das übrige Straßennetz zu entlasten, nur erfüllen können, wenn möglichst wenig Ver- kehrsbeschränkungen vorhanden sind. Im Rahmen des Gemeingebrauchs dürfen alle Kraft- fahrzeuge, die die vorgeschriebenen Maße und Gewichte einhalten, diese Straßen befahren.

Gerade Bundesstraßen wie die B 493 haben eine überregionale Verbindungsfunktion, so dass auf diesen mit einem höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen ist. Es besteht zwar zum Schutz der Anwohner solcher Straßen unter bestimmten engen Voraussetzungen auch die Möglichkeit, Verkehrsbeschränkungen z.B. in Form von nächtlichen Geschwindigkeitsbe- schränkungen oder in speziellen Einzelfällen auch sogar Durchfahrtverboten anzuordnen. Insbesondere Lieferverkehre für die regionalen Unternehmen wären von solchen Durchfahrt- verboten allerdings ausgenommen.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg als zuständige Stra- ßenverkehrsbehörde zu prüfen hat, ob eine Sperrung der Gartower Hauptstraße für den Durchgangs- und Schwerlastverkehr erfolgen kann. Dabei hat der Landkreis die rechtlichen Vorgaben und Grundsätze für Bundesstraßenverkehre zu berücksichtigen. Nach den hier vorliegenden Informationen kann derzeit eine Sperrung für den Durchgangs- und Schwer- lastverkehr nicht in Betracht gezogen werden.

Fazit:  Für eine Umgehung von Gartow gibt es derzeit keine fachtechnische Begründung. Des Weiteren ist für eine Bundesstraßenumgehung zurzeit kein Planungsrecht gegeben. Pla- nungen dürfen deshalb vom Land nicht begonnen werden.  Das Land kann die OU Gartow in eine landesinterne Vormerkliste für den neuen BVWP aufnehmen, wenn der Landkreis und die betroffenen Gemeinden dies befürworten. Im Vorfeld des nächsten BVWP würde dann geprüft werden, ob das Projekt vom Land dem BMVI für den nächsten BVWP gemeldet werden kann.  Das BMVI bewertet zu gegebener Zeit alle von den Ländern gemeldeten Projekte im Rahmen der Aufstellung eines neuen BVWP. Danach entscheidet der Deutsche Bun- destag abschließend im Gesetzgebungsgang für das Fernstraßenausbaugesetz über das Planungsrecht für die Bundesstraßenumgehung.  Ein Beginn der konkreten Planung für die Ortsumgehung kann erfolgen, wenn das Pla- nungsrecht gegeben ist, die Personalkapazitäten bei der NLStBV zur Verfügung stehen und die erforderlichen Finanzmittel für Dienstleistungen Außenstehender für die NLStBV verfügbar sind.  Nach den hier vorliegenden Informationen kommt derzeit eine Sperrung der Gartower Hauptstraße für den Durchgangs- und Schwerlastverkehr nicht in Betracht. Dies hat aber der Landkreis Lüchow-Dannenberg als zuständige Straßenverkehrsbehörde zu prüfen.