derStandard *    Deutsches Wahlfinish mit „Koalition wird schwieriger   SPD-Fan auf Youtube Seite 5 Interview mit ÖVP-Generalsekretär    „Steini-Girl“ Kopf des Tages Seite 40 werden“ Fritz Kaltenegger Seite 11  Sa./So., 26./27. September 2009 | Österreichs unabhängige Tageszeitung | Herausgegeben von Oscar Bronner | € 1 , 6 0

INTERVIEWSZUMMAUERFALLMIT: Joachim Gauck Hans-Dietrich Genscher Eduard Geyer Christoph Hein Diese Schwerpunktaus- Egon Krenz gabe beschäftigt sich mit dem Mauerfall. Der Jan Josef Liefers 20. Jahrestag ist erst am 9. November, die Mon- Monika Maron tagsdemos begannen aber im September. Und am Walter Momper Sonntag wird in Deutsch- land gewählt. Sven Regener Unsere Korresponden- tin Birgit Baumann hat vie- Klaus Wowereit le Interviews mit Zeitzeu- gen geführt. Von Klaus Staeck stammen die Pla- kate, die sich durch die Ausgabe ziehen. Rechts Wirtschaftsforscher: ironisiert er die Wieder- vereinigung anhand von Empörung über Bau einer Konjunktur erholt Ost-Bockwurst und West- Banane. Bettina Stimeder sich langsam war für Koordination ver- antwortlich, Rudi Reiterer Wien – Österreichs Wirtschaft hat und Stefan Fuhrer sorgten neuen Atomanlage im Iran aus Sicht der Wirtschaftsforscher für die Gestaltung. von Wifo und IHS die Talsohle er- AlexandraFöderl-Schmid, reicht und schwenkt auf einen fra- Chefredakteurin Härtere Uno-Sanktionen drohen – G-20 über Finanzreform einig gilen Wachstumspfad ein. Die Ge- fahr eines Rückfalls ins Minus se- hen sie nicht. 2009 werde das BIP Pittsburgh/Wien – Der Iran hat die am Rande des G-20-Gipfels in Pitts- tionen gegen den Iran seien nach deutlich sinken, aber 2010 sollte es Internationale Atomenergiebehör- burgh. Auch Frankreichs Präsident Bekanntwerden der Anlage wahr- um 1,0 Prozent aufwärtsgehen. de IAEO über die Errichtung einer Nicolas Sarkozy und der britische scheinlich. Bisher war nur eine Nicht ausgestanden ist die Krise HEUTE zweiten Urananreicherungsanlage Premier Gordon Brown attackier- Anreicherungsanlage in Natanz am Arbeitsmarkt: 2010 könnte es informiert. Führende westliche ten den Iran bei einem gemeinsa- bekannt. bereits 303.000 Arbeitslose geben. ErsatzfürRaketenschild Die USA wol- Staaten werfen Teheran nun vor, men Auftritt. Die Iran-freundli- Bei ihrem eigentlichen Thema, An den Abbau des Budgetdefizits len in Polen bis zu 50 Abfangrake- diesen Bau geheim gehalten zu ha- chen Staaten Russland und China der Erstellung neuer Finanzmarkt- müsse sich die Politik 2011 ma- ten gegen Kurz- und Mittelstre- ben. Teheran verletze damit seine äußerten sich besorgt. regeln, sind die G-20 am Freitag ei- chen. Für ein Auslaufen der Kon- ckenwaffen stationieren. Seite 5 internationalen Verpflichtungen, Bei der UN-Vollversammlung in nen Schritt weitergekommen. Sie junkturprogramme sei es zu früh. sagte US-Präsident Barack Obama New York hieß es, schärfere Sank- einigten sich auf höhere Eigenka- (red) Seite 18, Kommentar Seite 40 Mochovce-Hearings Bis 6. Oktober pitalpuffer der Banken, die ab 2012 kann jeder Österreicher Vorbehalte gelten sollen. Die Boni-Zahlungen gegen den Ausbau des tschechi- an Manager sollen sich künftig am KarrierenStandard schen AKWs einbringen. Seite 13 langfristigen Erfolg orientieren Seiten K 1 – K 23 Ungarn-Deal: ÖVP unter Druck und einer Aufsicht unterliegen. Bildung & Karriere Doping-Enthüllungen Die Causa Hu- Die G-20 wollen künftig ein ständi- Seiten K 24 – K 26 manplasma schlägt weitere Wel- ges Kontrollgremium der Weltwirt- len. Sogar regierungsnahe Kreise SPÖ schaltet in Oberösterreich Landesrechnungshof ein schaft bilden. Im Internationalen PostGraduateStandard sollen involviert sein. Seite 15 Währungsfonds sollen Schwellen- Seiten G 1 – G 11 Linz – Ein dubioses Geldgeschäft aus“, sagte er. Landeshauptmann länder wie China mehr Gewicht er- ImmobilienStandard „Ich bin UniCredit“ Der künftige des Landes Oberösterreich mit ei- Josef Pühringer (ÖVP) habe von halten. (red) Seiten 7 und 17 Seiten I 1 – I 6 Bank-Austria-Chef Willibald Cern- nem ungarischen Finanzdienst- dem Geschäft, über das es keiner- Kolumne Hans Rauscher Seite 39 Wortanzeigen S. 37, K 20 ko versteht sich gut mit den Italie- leister setzt die ÖVP kurz vor der lei Verträge gebe, nichts gewusst. Kommentar Seite 40 nern. Anders gefragt Seite 24 Landtagswahl am 27. September Die SPÖ bezweifelt das allerdings zusehends unter Druck. und hat einen Prüfungsantrag an Steirischer Herbst Das Kulturfestival Landesfinanzdirektor Josef Kren- den Landesrechnungshof gestellt. eröffnet mit einem Jahrmarkt der ner übernahm am Freitag die volle Auch Grüne, FPÖ und BZÖ fordern Ideologien. Man trifft Chaosfor- Verantwortung für den Deal: „Bit- Aufklärung. (red) scher und Waffenhändler. Seite 25 te leert den Schmutzkübel über mir Seite 9, Kommentar Seite 40

STANDARDS Kommissar Dietmar Veranstaltungen, Kino .... 29–31 und der letzte Anruf. Kommunikation, Blattsalat . . . 33 Dank an Khol NetBusiness, Wissenschaft . 34, 35 Irgendwer sollte Andreas Khol Nur Andreas Khol stand auf TV, Switchlist ...... 36, 37 einen Orden verleihen. Er hat und beantragte eine Abstim- 17:29. Bei der Polizei geht ein Notruf ein: „Hier ist Hilde Borsig. Helfen Sie Kunstmarkt ...... A 5 sich um die Republik verdient mung über Grasser. Sein Motiv: mir, mein Mann will mich umbringen! Ich ...“. Der Anruf bricht ab. 17:56. Reise, Spiele, Rätsel .... A 6 – A 8 gemacht. Er hat Karl-Heinz Gras- Der Mann schillert zu sehr für Polizeibeamte finden Frau Borsig im Schlafzimmer ihres Hauses – erwürgt. Sudoku ...... K 23 ser verhindert. Das war so: Vor eine christliche Partei. Das brach 18:21. Der Ehemann wird in einer Kfz-Werkstatt von Kommissar Dietmar ein paar Jahren, nach der verlo- den Bann. Schüssel erkannte, verhört. 18:25. Borsig sagt aus: „Auf dem Heimweg hatte ich gegen 17:15 einen WETTER renen Wahl 2006, wollte Wolf- dass der Widerstand gegen Gras- gang Schüssel im Abge- ser zu groß war, und zog Reifenplatzer – der Fahrer hinter mir war Zeuge. Ich rief die Werkstatt an Morgens ist es oft nebelig. Sonst hen noch Karl-Heinz zurück. und um 17:47 kam der Abschleppwagen. Wie hätte ich in der Zwischenzeit überwiegt am Wochenende der Grasser als Kronprinz RAU Khol ersparte damit heimkehren, Hilde ermorden und wieder zurückkommen sollen? Unser Haus Sonnenschein. Die Höchstwerte installieren. Als Vize- der Republik einiges, ist 16 km vom Pannenort entfernt!“ 18:29. Der Kommissar sieht sich Borsigs liegen bei 25 Grad. Seite 30 kanzler und Spitzenkandidat für denn Grassers Beliebtheit war Mercedes an. 18:35. Borsig wird unter Mordverdacht festgenommen. Warum? die nächste Wahl. Parteichef damals noch hoch, Krone und

wäre Molterer geworden – eine Österreich waren seine Jubel- ähtrFl:24.10.2009 Fall: Nächster

Nachrichten in Echtzeit auf Minuten. sechs ganze Für perfekt. war Alibi Ihr

Zeitlang. Dann hätte KHG über- organe. Viele Leute glaubten im- Borsig, Herr Tja, zurückkehren. rechtzeitig und umbringen Frau seine heimfahren, km/h 80 nommen. Es wäre in einer Sit- mer noch an ihn. Eine Schre- mit Panne einer trotz Borsig konnte So Notlaufeigenschaften. mit Reifen hatte Mercedes Der zung der VP-Granden fast durch- ckensvorstellung im Lichte gegangen. Es gab viel Skepsis, nicht nur der jüngsten Enthül- aber niemand traute sich, Schüs- lungen über Provisionen und sel offen zu widersprechen. Freunde. Danke, Andreas Khol.

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Links: Westberliner warten, bis die Mauer fällt. Als es so weit ist, fließt Sekt. Und das sei ein Verdienst der DDR- Sicherheitsorgane, meint Egon Krenz, der am 8. November 1989 dem vor der SED-Zentrale versammelten Volk erklären muss, wie es weitergeht. Fotos: dpa, Corbis/Turnley „Die Mauer ist nicht vom Himmel gefallen“ und in Afghanistan wieder im Standard: Da wird doch im Nach- Diese Frage lässt Krenz unbeant- „Zwiespältig“ ist für Egon Krenz, den letzten DDR- Krieg steht. Die DDR hat 1989 nicht hinein vieles einseitig verklärt. wortet. Gewalt verhindert, damit im ver- Krenz: Nein, solche Erinnerungen Staatsratschef, die Erinnerung an 1989. Er hält die einten Deutschland Soldaten am haben nicht in erster Linie etwas Standard: Was war besser in der Hindukusch ihr Blut vergießen. mit „Nostalgie“ zu tun. Sie entste- DDR als in der BRD? DDR noch heute für das bessere Deutschland. hen in der Auseinandersetzung Krenz: Dass die DDR bis heute der Über Mauertote und den großen Bruder Standard: Hätte die DDR länger be- mit den Realitäten von heute. Wie einzige deutsche Staat ist, der nie standen, wenn man früher Reise- in jedem Land, so gab es leider einen Krieg geführt hat – das ist für Sowjetunion sprach Birgit Baumann mit ihm. freiheit gewährt hätte? auch in der DDR Unrecht. Es ist mich die bedeutende historische Krenz: Glaube ich nicht. Die DDR aber bedauerlich, dass bestimmte Leistung der DDR. entstand im Ergebnis des Zweiten Meinungsmacher die DDR auf Es ist nicht einfach, Egon Krenz, Standard: Was war das Gefährli- Weltkrieges und des nachfolgen- Mauer, Stacheldraht und Frei- Standard: Warum waren die Men- der an der mecklenburg-vorpom- che? Die DDR-Bürger kamen ja alle den Kalten Krieges. Sie war auch heitsberaubung reduzieren. schen dann so unzufrieden, wenn merischen Ostseeküste lebt, zu in friedlicher Absicht zur Grenze. ein Kind der Sowjetunion. Als die alles so schön war? kontaktieren. Er gebe anlässlich Krenz: Eine falsche oder überhaste- Sowjetunion auf dem Sterbebett Standard: Das waren aber Fakten. Darauf antwortet Krenz nicht. des 20. Jahrestags des Mauerfalls te Entscheidung hätte Bürgerkrieg lag und die Gorbatschowführung Krenz: Die DDR war wesentlich keine Interviews, erklärt seine bedeuten können. Es bestand sogar hinter dem Rücken der DDR ihre mehr, und die Mau- Standard: Den Ein- Sprecherin. Doch dann ist er doch die Gefahr, dass die Großmächte in Bündnispartner aufgab, war auch er ist nicht vom Him- fluss der SED war bereit, mit dem Standard zu telefo- militärische Auseinandersetzun- das Schicksal der DDR besiegelt. mel gefallen. Kein „ vielen auch zu groß. nieren. Kritische Fragen jedoch be- gen hätten hineingezogen werden Geringerer als US- Als die Sowjetunion Auch dazu schweigt antwortet Krenz längst nicht alle. können. Schließlich beharrten die- Standard: Wann war Ihnen klar, Präsident John F. Krenz. se noch auf dem Vier-Mächte-Sta- dass das System zusammenbricht? Kennedy sagte 1961 auf dem Sterbebett Standard: Deutschland feiert den tus von Berlin. Als wir in der Nacht Krenz: Nach dem Treffen Gorba- über sie: „Keine be- lag, war auch das Standard: Das Spit- 20. Jahrestag des Mauerfalls. Wie zum 10. November die Grenzüber- tschows mit US-Präsident George sonders angenehme zelsystem der Stasi geht es Ihnen dabei? gänge öffneten, war Bush senior Anfang Dezember Lösung, aber eine Schicksal der DDR erwähnen Sie gar Krenz: Meine Empfin- dies weder dem sow- 1989 auf Malta. Noch am 1. Novem- Mauer ist verdammt besiegelt. nicht? Krenz: dungen sind zwie- jetischen Staatschef ber 1989 hatte mir Gorbatschow ge- noch mal besser als Egon Krenz Solange die spältig: Zweifelsfrei Michail Gorbatschow sagt, dass die deutsche Einheit ein Krieg.“ Sie mar- Archive des Bun- ist der 9. November noch den anderen nicht auf der Tagesordnung steht. kierte nicht nur eine desnachrichten- 1989 ein bedeutendes Verbündeten der DDR Ich vertraute ihm. Ich wusste da- deutsch-deutsche dienstes und ande- geschichtliches Da- bekannt, obwohl die mals noch nicht, dass seine Emis- Grenze, sondern war rer Geheimdienste tum. Die DDR-Füh- Errichtung der Grenz- säre sich bereits im Bundeskanz- weltweit einmalig: Systemgrenze“der Bundesrepublik nicht genauso rung hatte sich da- sperranlagen 1961 ein leramt in Bonn nach dem Preis, den zwischen Kapitalismus und Sozia- geöffnet sind wie die des Ministe- mals für den freien Beschluss aller euro- Moskau für seine Zustimmung zur lismus, Blockgrenze zwischen riums für Staatssicherheit, gibt es Reiseverkehr ent- päischen sozialisti- deutschen Einheit erhalten würde, Nato und Warschauer Vertrag. für eine solche Diskussion keine schieden. Eigentlich schen Länder war. erkundigt hatten. gleichen Bedingungen. sollte dieser Be- Dass am 9. November Standard: Menschen starben an der schluss am 10. No- 1989 Sekt und kein Standard: Wenn Sie heute zurück- Grenze. Lässt Sie das kalt? ZUR PERSON: vember in Kraft tre- Blut floss, ist in erster blicken – was waren die größten Krenz: Ich habe immer Tote und Egon Krenz (72) machte in der ten. Doch durch eine falsche Infor- Linie das Verdienst der Sicher- Fehler der DDR? Die Toten an der Verletzte an der Grenze bedauert. DDR-Jugendorganisation FDJ Kar- mation meines Politbürokollegen heitsorgane der DDR. Mauer? Das Wegsperren Anders- Jeder war einer zu viel. Doch ich riere. Von 1971 bis 1990 war er Günter Schabowski kamen am 9. denkender? wäre unehrlich, würde ich nicht Abgeordneter der Volkskammer, ab November 1989 abends bereits Standard: Die allwissende DDR- Krenz: Wir haben es nicht ver- hinzufügen: In der Zeit des Kalten 1973 Mitglied des Zentralkomitees sehr viele Menschen an die Gren- Führung war von dem Ansturm am mocht, unsere tatsächlichen Fort- Krieges, der dem Wesen nach der (ZK) der SED. 1983 wurde er zum ze. Da die Grenztruppen der DDR 9. November 1989 aber auch ziem- schritte im ökonomischen, sozia- Dritte Weltkrieg war, immer am ZK-Sekretär gewählt. Mit der Er- zu diesem Zeitpunkt aber noch kei- lich überrascht. len und politischen Bereich auch Rande eines möglichen Atomkrie- nennung zum Stellvertreter des ne Befehle zur Öffnung hatten, ent- Die Frage bleibt unbeantwortet als historische Fortschritte für je- ges, wäre eine einseitige Verände- Vorsitzenden des Staatsrates wur- stand damals eine äußerst gefähr- den Einzelnen deutlich zu ma- rung an dieser Grenze durch die de Krenz 1984 zum zweiten Mann liche Situation. Ich stand vor der Standard: Was ist das Zwiespältige chen. Erst jetzt, da es die DDR nicht DDR unmöglich gewesen. hinter . Am 18. 10. Gewissensfrage: Lassen wir den bei Ihren Erinnerungen? mehr gibt, wird vielen Ostdeut- 1989 versuchte die DDR-Führung Dingen freien Lauf, oder setzen wir Krenz: Ich hätte mir 1989 nicht im schen bewusst, was sie verloren Standard: Sie schreiben in Ihrem dem Zerfall gegenzusteuern. Hone- die bewaffnete Macht zur Grenzsi- Traum vorstellen können, dass haben: ein Land ohne Arbeitslosig- Buch „Gefängnisnotizen“ von „mei- cker wurde abgesetzt, Krenz folgte cherung ein? Wir haben uns gegen Deutschland schon wenige Jahre keit, ohne Obdachlosigkeit, ohne ner Mitschuld am Scheitern der ihm als Staatsratsvorsitzender und Gewalt entschieden. später im früheren Jugoslawien Bildungsnotstand. DDR“. Worin bestand diese? SED-Generalsekretär.

„Niemand hat Fast 15.000 Bei der größten Massenflucht in BRD und DDR Linksradikale Der ostdeutsche Funktionär die Absicht, Soldaten und der Geschichte der Mauer entkom- beschließen beetzen das Günter Schabowski öffnet Polizisten riegeln men 57 Personen durch einen ein neues Gelände bei einer Pressekonferenz eine Mauer zu die Übergänge nach Tunnel von Ost- nach Westberlin. Abkommen, dass „Lenné-Dreieck“ irrtümlich die Grenze zum errichten“, Westberlin ab. Insgesamt 136 Menschen werden Westberlinern jenseits der Westen. Auf die Frage, ab sagt der ostdeutsche U-Bahn- und bei Fluchtversuchen getötet. den Besuch Berliner Mauer im wann die gelockerten Staatschef S-Bahnverbindungen 75.000 Menschen kommen wegen von Verwandten „“ vor Gericht. Westen der Stadt. Reiseregelungen gelten werden unterbro- im Osten Als die Polizei sollen, antwortet er: auf die Frage der chen. erleichtert. den Grund räumen „Ab sofort, unverzüglich“. westdeutschen Bauarbeiter Erstmals werden will, fliehen Die westdeutschen Journalistin beginnen mit der auch die 182 Besetzer über Abendnachrichten Annamarie Doherr, Errichtung der Telefonverbin- die Mauer in den berichten daraufhin, die ob es bald zu einer Mauer – im dungen Teilung der Stadt DDR-Jargon zwischen Ost- Osten. Mauer sei offen. Noch am Berlin durch „antifaschistischer und Westberlin Die DDR-Führung selben Abend stürmen Grenzbalken geben Schutzwall“ wieder freut sich über den tausende DDR-Bürger über werde. genannt. hergestellt. Propaganda-Erfolg. die Grenze.

15. Juni 1961 12. /13. August 1961 5. Oktober 1964 20. Dezember 1971 20. Juni 1988 9. November 1989 ULBRICHT-SPRUCH MAUERBAU MASSENFLUCHT ENTSPANNUNG BESETZUNG MAUERFALL

Quellen: www.chronik-der-mauer.de (Bundeszentrale für politische Bildung; Berliner Zeitung); Fotos: dpa, Picture Desk, Reuters Sa./So., 26./27. September 2009 Thema:ThemaHerbst 1989 der Standard 3 ... und eine Nacht des Jubels in der deutschen Botschaft in Prag „Sie gaben alles auf, um frei leben zu können“

Am 30. September 1989 verkündet BRD-Außenminister Machtbereich. Aber zum Hans-Dietrich Genscher Einsturz gebracht wurde am 5. Dezember Hans-Dietrich Genscher (FDP) den DDR-Flüchtlingen in die Mauer von den Men- des Mauerfall-Jahres der Prager Botschaft, dass sie in den Westen dürfen. schen in der DDR, Polen, in Moskau. Den bewegenden Moment beschreibt er Birgit Baumann. der Tschechoslowakei, Foto: AP aber auch von der Revo- lution von oben, in Mos- Treuhand nach der Ermor- Standard: Ab wann Genscher: Es waren kau und in Budapest. dung des ersten Präsiden- war Ihnen 1989 klar, die Menschen, die ten Detlev Karsten Roh- dass die DDR nicht ihr Schicksal in die Standard: Wenn man wedder, und es gab auch mehr lange existieren Hand nahmen und zwanzig Jahre später zu- Fehler bei der steuerli- wird? Schon bei der versuchten, über Un- rückblickt: War es richtig, chen Förderung von In- Grenzöffnung zwi- garn, Polen und über dass die damalige Regie- vestitionen im Osten. Aber schen Österreich und Prag in den Westen rung sofort die Chance das ist Vergangenheit. Ungarn im Mai? zu kommen. Sie ga- zur Einheit ergriffen hat? Heute wissen alle, wir hat- Genscher: Im Septem- ben alles auf, um frei Genscher: Jedes andere ten eine getrennte Ent- ber 1988 hatte ich ein leben zu können. Es Verhalten wäre falsch wicklung über Jahrzehnte, Gespräch mit dem waren aber in ganz gewesen, denn es hätte aber nur eine gemeinsame sowjetischen Außen- besonderer Weise die bedeutet, dass die Bun- Zukunft. minister Eduard Sche- friedlichen Demons- desregierung den Men- wardnadse bei den UN tranten, die mit den schen in der DDR in ih- ZUR PERSON: in New York. Ich wies Rufen „Wir sind das rem Streben nach Frei- Hans-Dietrich Genscher darauf hin, dass im Sommer 1989 Volk“, „Wir sind ein Volk“, „Keine heit und Einheit die kalte Schulter Standard: Die Wiedervereinigung (82) war von 1969 bis 1974 deut- mit Massendemonstrationen in der Gewalt!“ das Ende der DDR einläu- gezeigt hätte. Ich hatte es ja vorher kam dann schnell. Wurde sie zu teu- scher Innenminister und danach DDR zu rechnen sei. Ich fügte hin- teten. Der Westen konnte mit der auch abgelehnt, die deutschen er erkauft? bis 1972 Außenminister – der am zu, es dürfe sich nicht wiederho- Politik der Ostverträge und der Botschaften in meinem Geschäfts- Genscher: Weder kam die Wieder- längsten dienende in Deutschland. len, was am 17. Juni 1953 in der KSZE stabile Rahmenbedingungen bereich für DDR-Flüchtlinge zu vereinigung zu schnell, noch wur- Von 1974 bis 1985 war er auch DDR geschah, als sowjetische Pan- schaffen für die revolutionären schließen, wie die DDR das ver- de sie zu teuer erkauft. Es gibt An- FDP-Chef. Heute ist er Ehrenvorsit- zer aus den Kasernen ausrückten Entwicklungen im sowjetischen langt hatte. lass zur Kritik an der Arbeit der zender der Liberalen. und auf deutsche Bürger schossen.

Standard: Wie reagierte die Sowjet- union darauf? Genscher: Schewardnadse sagte da- mals, nach Meinung des Kreml sei die DDR stabil, aber er wolle Mi- chail Gorbatschow berichten. Im Ihre Fotos, Videos und Musik jetzt auf Ihrem Fernseher. Mai 1989 sah man das in Moskau offensichtlich ähnlich wie ich. Die Massenflucht nach Ungarn und dann nach Prag und Warschau be- stätigte mich in meinen Erwartun- gen. Wann die Mauer fallen würde, konnte niemand voraussehen.

Standard: Wenn Sie an das Jahr 1989 zurückdenken, welcher war der bewegendste Moment für Sie? Genscher: Ganz sicher der Abend auf dem Balkon der deutschen Bot- schaft in Prag. Das war am 30. Sep- tember 1989. Tausende DDR- Flüchtlinge harrten dort im Garten aus und wollten nach West- deutschland weiterreisen. Hinter mir lag eine Woche schwierigster Verhandlungen am Rande der UN- Vollversammlung in New York – mit den Außenministern Eduard Schewardnadse und Oskar Fi- scher, also Moskaus und Ostber- lins. Dann hatte ich endlich ihr Ja zur Ausreise bekommen.

Standard: Als Sie dies vom Balkon der Botschaft aus den Menschen verkündeten, war der Jubel unbän- dig. War Ihnen da schon klar, wel- che Folgen dies haben würde? Genscher: Das erwartete ich schon, aber noch mehr erwartete ich – und auch hier hatte ich es richtig vor- hergesehen – lauten Widerspruch, als ich sagte, dass die Fahrt der Züge durch die DDR gehen würde.

Standard: Sie waren damals ge- sundheitlich schwer angeschlagen, hatten Herzrhythmusstörungen. Warum war es Ihnen so wichtig, per- sönlich zu den Menschen in der Bot- schaft zu sprechen? Genscher: Ich reiste selbst nach Prag, weil ich für die Menschen im Garten der Botschaft einer von ih- nen war. Ich hatte ja auch meine Heimat in der DDR verlassen. Ich konnte auch ihre Sorgen verste- aonTV hen, aber mir vertrauten sie auch, als ich sagte, es werde ihnen nichts geschehen. Das Fernsehen der Zukunft. Standard: War der Abend in Prag ein Wendepunkt? Genscher: Als die Ungarn am 10. Mit aonTV können Sie neben erstklassiger TV-Unterhaltung auf über 90 Sendern ab sofort auch September die Grenze nach Öster- Fotos, Videos und Musik vom PC auf Ihrem Fernseher genießen – einfach und kabellos. Und das Beste: reich öffneten, gab es noch heftigs- aonTV gibt‘s jetzt exklusiv für Telekom Austria Kunden 4 Monate gratis – inklusive Gratis-Herstellung!* ten Protest der DDR-Führung. Nur zwanzig Tage später stimmte die Weitere Infos und Bestellung unter www.telekom.at und 0800 100 100. DDR-Führung der Öffnung der Bot- * Aktion gültig von 15.09.2009 bis 31.10.2009. Für TA Bestandskunden entfallen die monatlichen Entgelte für das aonTV Basispaket für die ersten 4 Monate ab Herstellung (danach schaft in Prag zu. Das war eine monatlich € 4,90) sowie Herstellungsentgelte (SI bzw. Standardherstellung). Ausgenommen aonTV MediaBox um zusätzlich je € 1,90 pro Monat. Festnetzanschluss (POTS), aonPur Kehrtwendung. Nun war die Mau- Anschluss oder (A)DSL Zugangs-Leistung ab € 15,98 von Telekom Austria und aonTV-Herstellbarkeit vorausgesetzt. Mindestvertragsdauer 12 Monate. Bei Kündigung von aonTV vor Ablauf der MVD ist vom Kunden ein Restentgelt zu bezahlen. Es gelten die maßgeblichen AGB, LB und EB der Telekom Austria TA AG in der jeweils geltenden Fassung. Alle Entgelte inkl. er auf Dauer nicht zu halten. Ust. Vorbehaltlich Satz- und Druckfehler. Stand: September 2009.

Standard: Wer sind für Sie die „Hel- den“ des Jahres 1989? 4 der Standard Thema:ThemaHerbst 1989 Sa./So., 26./27. September 2009 Andersdenkende und Dissidenten in Ost und West „Von der Realität hat man im Theater erfahren“

Zwei Österreicher, die „hinübergegangen sind“, weil es ihnen zu Hause tatsächlich nicht gepasst hat: Harald Kleinschmid und Kurt Palm erinnern sich an ihre Jahre in Ostberlin. Markus Bernath moderierte das Gespräch.

Standard: Mit Bertolt Brecht ken- nen Sie sich ja beide aus. In einem seiner Stücke wird ein Schild ins Publikum gehalten, darauf steht: „Glotzt nicht so romantisch“. Haben Sie beide so auf die DDR geschaut? Kleinschmid: Ich wusste, was mir Schwarz-Rot- bevorstand, aber ich war 17. Da ist Gold, einem vieles ziemlich wurscht. Resopal-Welt Mir waren die 50er-Jahre in Öster- statt reich zu viel – meine Mutter war Österreich- mit meinem Stiefvater Arnolt Mief: Kurt Bronnen schon in Ostberlin, ich Palm (li.) und lebte mit meiner Oma hier, und die Harald wurde dann krank. Da wollten sie Kleinschmid mich in Ischl in ein Internat ste- testeten die cken. Da habe ich gesagt, ich gehe DDR aus – der lieber nach Ostberlin. eine in den Palm: Eine plausible Alternative! 80er-, der Kleinschmid: Was mich dazu so früh andere in den in die DDR brachte und später wie- 60er-Jahren. der hinaus, ist ein bekannter Aus- Foto: Heribert Corn spruch eines berühmten Mannes: „Wer in seiner Jugend nicht Kom- hat ja nie „Sowjetunion“ oder eigen, ich hab mir gedacht, ich lebe Mutter diese Kloschüssel in Rech- Überbau, diese Politkaste, die völ- munist war, der hat kein Herz, und „DDR“ gesagt. Ich hab in Wien kei- damit. Mir hat das gereicht, was ich nung zu stellen. lig unfähig war, die realen Verhält- wer im Alter immer noch Kommu- ne Chance gehabt zu arbeiten. Da- in der DDR gehabt habe. Ich bin Und dann zum Prenzlauer Berg: nisse richtig einzuschätzen. Orga- nist ist, der hat keinen Verstand.“ mals noch – viel schlimmer als auch hier in Österreich kein An- Sie sind, so sagen Sie, aus wider- nisatorisch hat sich die DDR be- Der große Einschnitt kam 1968 mit heute – war der gesamte Kulturbe- hänger des Konsumismus. ständischen Erwägungen, was völ- hauptet, sie war damals die fünft- der Niederschlagung des Prager reich in den Händen der SPÖ. Kleinschmid: Da muss ich ein biss- lig nachvollziehbar ist, aus Öster- größte Industrienation Europas. Frühlings. Da waren die Blüten- Kleinschmid: Sie müssen sich das in chen dagegenhalten. Sie waren ers- reich weggegangen. Aber in den Kleinschmid: Das haben sie immer träume, die ich vielleicht früher den 50er-Jahren vorstellen! Das tens privilegiert in der DDR – das 80er-Jahren war der Prenzlauer gesagt ... hatte, endgültig geplatzt. war Adenauer-Ära mit österrei- war ich genauso. Aber die DDR war Berg ein Hort des – na ja, Wider- Palm: Verglichen mit Bulgarien Palm: Ich war 20, als ich zum ers- chischem Antisemitismus. immer eine Mangelgesellschaft, stand ist vielleicht übertrieben … oder Rumänien war die DDR hoch- ten Mal in der DDR Palm: Und über das von den 50er- bis zu den 80er-Jah- entwickelt. Von der war. Ich bin mit 17 habe ich ein Buch ge- ren. Irgendetwas gab’s immer Standard: Schon materiellen Seite Kommunist geworden, schrieben. Über den nicht. Die ganze DDR-Gesellschaft auch der Dissidenz ... „ her hatte ich das Ge- auf dem Land, und Brecht-Boykott in beruhte auf einem Geben und Neh- Kleinschmid: Ja, zum fühl, das passt, und habe von daher eine Österreich, was viele men. Das Wort „Beziehungen“ war Teil, aber da gab es Die wollten mich da hätte es Entwick- gute Schulung im Wi- nicht hören wollten. großgeschrieben. auch eine Person wie in Ischl in ein lungspotenzial ge- derstand bekommen. Ich war 28, als das Palm: Sie waren gut organisiert. Ich Sascha Anderson in geben. Das Haupt- Buch erschien, woll- habe diese Subkultur am Prenzlau- der Szene am Prenz- Internat stecken. problem war die Standard: Widerstand te in Wien beim er Berg kennengelernt. In den Hin- lauer Berg – einer der Da bin ich lieber Politkaste, die den gegen wen? Theater arbeiten und terhöfen dort standen viele Häuser, wesentlichen Leute Marxismus dog- Palm: Sie können sich habe gesehen: Das wo die Besitzverhältnisse unklar der Stasi, für die er nach Ostberlin. – matisch interpre- vorstellen, in einem funktioniert nicht. waren und die Behörden eine Art seine Freunde und Eine plausible tierte und Phrasen Ort wie Timelkam – bei Ostberlin war für Besetzung tolerierten. Da gab es Bekannten bespitzel- Alternative! drosch. Was im Bronnen kommt Ti- mich eine Alternati- Konzerte, Ausstellungen, Mode- te. Mit dem herr- Neuen Deutschland melkam einmal in ei- ve. Ich habe mir ge- schauen. So lange sie nicht mit den schenden System je- Harald Kleinschmid, stand, hatte nichts nem Stück vor … dacht, schau dir das an. Dann er- Staatsorganen in Konflikt gerieten, denfalls hatte die Kurt Palm mit der Realität zu Kleinschmid: Ich komme aus Ot- hielt ich eine Einladung. Ich war hat man die Leute dort mehr oder Szene am Prenzlauer tun. Von der Reali- tensheim – da war es nicht besser. privilegiert, hatte keinen Pflicht- minder in Ruhe gelassen. Berg absolut nichts tät hat man im Palm: Kann man sich also vorstel- umtausch, konnte tun und lassen, Kleinschmid: Diese Hinterhöfe wa- am Hut. Theater erfahren. len. 1972 habe ich mich dieser Be- was ich wollte. Ich hätte jeden ren ja auch schon Ausdruck der Palm: Das ist richtig. Und ich muss wegung angeschlossen, weil ich sie Abend nach Westberlin fahren Mangelgesellschaft. Ich bin einmal dazu sagen, ich war damals, An-“ZU DEN PERSONEN: als sehr interessante radikale Alter- können, wenn ich gewollt hätte – umgezogen in Ostberlin und habe fang der 80er-Jahren, aus der Kom- Harald Kleinschmid (66) folgte native zu unserer Politik empfand. was ich nicht getan habe. die Kloschüssel mitgenommen, munistischen Partei schon ausge- 1959 seiner Mutter in die DDR, Einer der Sprüche damals war ja: Kleinschmid: Aber einkaufen waren weil in der neuen Wohnung keine treten – aus verschiedenen Grün- wurde Journalist und flüchtete 1970 „Wann’s euch da nicht passt, ihr Sie schon? war. Später, als meine Frau und ich den, aber ich würde mich nach wie mit seiner Frau. Kurt Palm (53) Kommunisten, geht’s nach Russ- Palm: Eigentlich selten. Ich wollte schon im Westen waren, haben die vor als Marxisten bezeichnen. Das lebte 1984 bis 1987 in Ostberlin land oder Ostdeutschland.“ Man das nicht. Da bin ich ein bisschen Behörden noch versucht, meiner Hauptproblem der DDR war der und arbeitete als Theaterregisseur. Die Österreicher halfen beim Schmuggeln Dissident Thomas Klingenstein musste die DDR verlassen, weil er zu kritisch war

Berlin – „Aus. Vorbei. Das ist das mann und Rudolf Bahro auf. Dass und lernt den österreichischen Die Angst vor Ende deiner Laufbahn in diesem er damit auch ins Visier der Stasi Pragmatismus kennen: „Wir sind dem DDR- Land.“ Erst 17 Jahre alt ist Thomas gerät, ist ihm klar. Und so beginnt zwar neutral, aber a bisserl helfen Regime Klingenstein, als ihm dies klar Klingenstein sein persönliches können wir schon.“ Von Botschaf- thematisiert wird. Der Ost-Berliner Schüler hat- Programm der Vorsichtsmaßnah- ter Hans Walser abwärts überneh- Thomas te sich 1978 geweigert, eine kriti- men: Er wohnt in verschiedenen men Mitarbeiter der österrei- Klingenstein sche Mitschülerin zu verraten. Das Wohnungen zur Untermiete. Er be- chischen Auslandsvertretung Ku- noch heute Studium der Japanologie wurde spricht Kritisches grundsätzlich rierdienste für Klingenstein und in seinen ihm daraufhin verwehrt, er durfte außerhalb der Wohnung. Selbst schmuggeln für ihn Post in den Bildern. Er nur als Aufsicht im Berliner Perga- dabei ist er immer auf der Hut: Westen. So kann der junge Mann lebt wieder mon-Museum arbeiten. „Man hat die Schere im Kopf und seine eigenen Gedichte und auch in Berlin, Doch das hält den jungen Mann überlegt immer, wem kann man et- die Korrespondenz anderer diesmal im nicht davon ab, kritisch zu denken. was erzählen.“ Nicht alleine, weil Schriftsteller nach Westdeutsch- Westen. „Es war eine sehr einsame Zeit“, er niemandem mehr traut, sondern land schaffen. Foto: sagt Klingenstein heute über diese auch, um Kontaktpersonen nicht Der Münchner Piper-Verlag ver- Christian Thiel Jahre zum Standard. „Damals gab auch noch selbst zu gefährden. öffentlicht seine Gedichte im Jän- es noch keine Oppositionsbewe- Diese „Disziplin“ sei „unglaub- ner 1981. Doch drei Monate zuvor Kreisky, protestieren. Daraufhin wieder in Berlin. Noch heute wir- gung, auch aus den Kirchen kam lich anstrengend und überhaupt wird Klingenstein verhaftet. „Man stellt ihn die DDR-Führung vor die ken die Repressalien des kommu- noch kein Widerstand. Nur einzel- nicht jugendgemäß“ gewesen, er- rechnet ja immer damit, aber als es Wahl: entweder Gefängnis oder nistischen Systems nach – jedoch ne Künstler und Intellektuelle mel- innert sich Klingenstein. Über eine dann so weit war, war es schon ein Ausreise für immer. Klingenstein nicht nur negativ. Klingenstein: deten sich zu Wort.“ ehemalige Mitschülerin bekommt Schock“, sagt er. Zahlreiche Künst- zögert keine Sekunde und verlässt „Wer die DDR in aller Härte ken- Klingenstein nimmt Kontakt zu Klingenstein Kontakt zur österrei- ler und Politiker, darunter auch die DDR im Februar 1981. nengelernt hat, der weiß Freiheit den Regimekritikern Robert Have- chischen Botschaft in Ost-Berlin Österreichs Bundeskanzler Bruno Er lebt in Paris und Japan, jetzt sehr zu schätzen.“ (bau) Sa./So., 26./27. September 2009 International der Standard 5 Polen soll Ersatz für US-Raketenschild erhalten Bis zu 50 Abwehrraketen ab 2011 oder 2015 geplant

Gabriele Lesser aus Warschau punkten für US-Streitkräfte in Po- len zu gehören. Nachdem US-Präsident Barack Daran insbesondere ist Polen ge- Obama erst vor wenigen Tagen das legen, das sich in der Nato nicht si- Aus für den Bau eines Abwehrsys- cher genug fühlt. Denn jeder An- tems gegen Langstreckenraketen in griff auf Polen würde in Washing- Polen und Tschechien erklärt hat- ton auch als Angriff auf die USA te, scheint es nun doch wieder Pla- gewertet und sofort geahndet wer- nungen für einen Raketenschild in den, so die Überlegung in War- Polen zu geben. Nur der große Ra- schau. Als potenzielle Feinde gel- dar in Tschechien scheint endgül- ten den Polen nach wie vor die tig vom Tisch zu sein. Dies zumin- Nachbarn im Osten. So titelte denn dest berichten die New York Times auch am Freitag die Tageszeitung und die Warschauer Gazeta Wy- Polska leicht hysterisch: „Russland borcza. übt den Krieg gegen Polen. Das Demnach sollen statt der bisher größte Manöver seit dem Ende des geplanten zehn Abfangraketen ge- Warschauer Paktes“. gen Interkontinentalraketen bis zu Am Montag fliegt der polnische 50 Abfangraketen des Typs SM-3 Vizeaußenminister Andrzej Kre- gegen Kurz- und Mittelstreckenra- mer zu offiziellen Verhandlungen keten in Polen stationiert werden. über den neuen Raketenschild in Und dies bereits ab 2011 oder 2015. die USA. Noch vor wenigen Tagen Als Standorte kämen nicht nur wie hatte Außenminister Radoslaw bisher geplant die Gemeinde Red- Sikorski eine Neuausrichtung der Im Wiedervereinigungstau- zikowo bei Slupsk (Stolp) an der Außen- und Verteidigungspolitik mel und in den Reden des deutsch-polnischen Grenze in Be- Polens angekündigt. Zwar sei es Wiedervereinigungsarchitek- tracht, sondern auch andere Orte nach wie vor ein vorrangiges Ziel, ten Helmut Kohl wurde das in Polen sowie mobile Abschuss- die USA als direkte Schutzmacht Kleingedruckte übersehen, rampen zu Lande und zu Wasser. ins Land zu holen. Zugleich solle fand Klaus Staeck. Den Berichten zufolge scheint Polen seine außenpolitischen Ak- zum Plan Obamas auch der Bau tivitäten aber verstärkt in die von einem oder mehreren Stütz- Strukturen der EU einbetten. Harter Kampf um Deutschlands Unentschlossene

So viele Unentschlossene gab es in Deutschland noch scheidet nach der Wahl aus dem Bundestagswahl in Deutschland am 27. Sept. 2009 nie. Um sie kämpfen alle Parteien bis zur letzten Minute Bundestag aus. 2010 soll die SPD Steinmeier auch zum Nachfolger Sitzverteilung im Bundestag 2005 an diesem Wahlsonntag. Ein Demoskop legt sich schon von Franz Müntefering als Partei- Grüne 51 61 FDP fest: Schwarz-Gelb siegt knapp, aber sicher. chef wählen. In dieser Doppelrolle könnte sich Steinmeier bis zur nächsten Wahl 2013 stark positio- SPD 222 Birgit Baumann aus Berlin kommt von Matthias Jung, dem nieren und dann als „starker 226 CDU/CSU Chef der Forschungsgruppe Wah- Mann“ der Sozialdemokraten die Linke 54 Die Beine lang, die Oberweite üp- len. Aktuelle Umfragen dieser Wo- Union angreifen. 614 Sitze pig. Lasziv räkelt sich eine junge che zeigten eine „knappe, aber si- Sollte es ganz schlimm kommen, Dame auf dem Rasen vor dem chere Mehrheit für Schwarz-Gelb“, kursiert noch ein anderes Gerücht Wahlergebnis 2005 Sonntagsfrage in Prozent Reichstag. Sie ist das „Steini-Girl“, erklärt er im Berliner Tagesspiegel. in der Hauptstadt: Steinmeier und 37 und es kommt noch besser: Auf der Der SPD hingegen sagt er ein Fias- Müntefering treten ab. Das Ruder 35,2 34,2 CDU/CSU Internetplattform Youtube trällert ko voraus. Sie werde „mit an Si- übernehmen die Parteilinken 35 „Steini-Girl“ ein Liedchen für cherheit grenzender Wahrschein- Klaus Wowereit (Berliner Bürger- 26 28 Stimmenanteile SPD 26 SPD-Kanzlerkandidat Frank-Wal- lichkeit“ das schlechteste Ergebnis meister) und Andrea Nahles (SPD- in Prozent ter Steinmeier – mit Reimen, die je- der Partei seit Bestehen der Bun- Vizechefin). Sie bereiten dann auf 17 den Konservativen dazu bringen, desrepublik erringen. Jung: „25 Bundesebene eine Koalition mit FDP 13 14 Linkspartei zu wählen, wenn das Prozent ist der obere Rand des den Grünen und mit der Linkspar- Grüne 9,8 8,7 11 Girl nur aufhört: „Weißes Haar und Möglichen für die SPD.“ tei vor. Kopf des Tages Seite 40 8,1 10 Silberblick, da machte es bei mir Offenbar plant man dort schon derStandard.at berichtet am 10 Linke gleich klick. Steini, Steini, du bist für den Fall eines Debakels. Die Sonntag in Echtzeit über die Wahlen. stark, du bist bereit. Steini, Steini, Bild-Zeitung schreibt, dass Stein- Topaktuelle Ergebnisgrafik, CDU/CSU SPD FDP Linke Grüne J ‘09 F M A M J J AS 17. 9. du bist geballte Männlichkeit.“ meier Fraktionsvorsitzender wer- Livebericht, Ansichtssachen auf Ausgedacht hat sich den Scherz, den soll. Der jetzige, Peter Struck, derStandard.at/Deutschland Quelle: APA, Institute über den sich mittlerweile unzäh- lige Deutsche amüsieren, ein Kölner Videopor- www.peugeot.at tal. Ob es der SPD auf Jetzt Peugeot 3008 Probe fahren und profitieren. den letzten Metern Für mehr Infos zum PEUGEOT etwas nützt, ist Peugeot 3008 einfach QR-Code scannen fraglich. Im Berli- oder SMS mit 3008 an ner Willy-Brandt- 0676/800918308 senden. Noch keine Reader- TESTIVAL Haus ist man je- Software? Einfach SMS mit CODE an 0676/800918308 denfalls „not amu- senden. Gebühren für sed“, dass Steinmei- Daten und SMS laut Ihrem Mobilfunkvertrag. er derart lächerlich gemacht wird. Steinmeier Wie alle Partei- auf T-Shirt: en kämpft die SPD „Steini-Girl“. bis zuletzt um jene Foto: Reuters Wähler, die sich noch nicht ent- schlossen haben. Das sind bei die- ser Wahl, auch infolge des zahmen Wahlkampfes, so viele wie noch nie. 35 Prozent von 60 Millionen Wahlberechtigten, schätzt Renate Fragen Sie Köcher, Chefin des Meinungsfor- nach dem schungsinstituts Allensbach. LEASING1) Die SPD marschierte am Freitag- nachmittag noch einmal zu einer CO2-Emission: 125–159g/km, Gesamtverbrauch: 4,7–6,7 l/100km Großkundgebung vor dem Bran- denburger Tor mit Steinmeier und JETZT PROBE FAHREN UND PROFITIEREN. Parteichef Franz Müntefering auf. Sonderserie Kunden- Die Grünen sind in den letzten Ta- vorteil: Limitierte Sonderserie inklusive: CD-Radio RD4, Klimaanlage, Alufelgen,Tempomat, Nebelscheinwerfer u.v.m. 308 gen durchgehend online und be- €3.000,– antworten im Internet jede Frage. Aktionspreis ab: €15.990,– „Legen Sie noch einen Zahn zu“, versuchte Kanzlerin Angela Mer- kel die CDU-Wahlhelfer zu moti- Angebot gilt für Privatkunden bei Kauf eines neuen 308 Lion Edition bei teilnehmenden Peugeot Händler-Partnern zwischen 03.09. und 31.12.2009 mit Auslieferung für Lagerfahrzeuge bis 31.12.2009, bei Werksbestellung bis vieren. Sie sollen an diesem Wo- 28.02.2010. Unverbindlich empfohlener, nicht kartellierter Richtpreis in Euro inkl. NoVA und MWSt. Symbolfoto. Aktionspreis inkludiert eine Beteiligung der teilnehmenden Peugeot Händler-Partner. 1) Gültig für Privat-Kunden chenende noch 1,5 Millionen Kon- bei Kauf eines neuen Peugeot 308, 36 Monate Laufzeit, mindestens 20% Eigenleistung vom Kaufpreis, 25% Restwert vom Kaufpreis, exkl. gesetzl.Vertrags- und Bearbeitungsgeb. Die Gesamtbelastung ist somit der Kaufpreis zuzüglich takte zu Bürgern herstellen. €120,– Bearbeitungsgebühr. Achtung: Das 0%-Leasing ist nicht kumulierbar mit anderen Aktionen sowie den Sonderserien dieser Modellreihe. Peugeot Bank ist ein Service der Banque PSA Finance Niederlassung Österreich. Ermutigung für Union und FDP 6 der Standard ** International Sa./So., 26./27. September 2009

KURZ GEMELDET Papst Benedikt in der Hochburg des Atheismus Vatikan/Prag – Bei seinem heute, Samstag, beginnenden dreitägigen Besuch in der Tschechischen Re- publik will Papst Benedikt XVI. nach Angaben des Vatikan auch Europas wachsende Säkularisie- rung ansprechen. Tschechien gilt als atheistische Hochburg Europas: Im 60 Prozent der 10,2 Mio. Einwoh- Stechschritt: ner sind konfessionslos. (APA, red) Paramilitärs beim Moskau reagiert scharf auf Exerzieren vor der großen Erklärung Polens zu 1939 Parade am Moskau/Warschau – Die Erklärung Tiananmen- des polnischen Parlaments zum Platz in Sowjet-Einmarsch am 17. Septem- Peking. ber 1939 „schadet ernsthaft der Diese Einheit Entwicklung normaler bilateraler soll am Beziehungen“, erklärte das russi- 1. Oktober die sche Außenministerium. Polens chinesische Parlament hatte am Mittwoch den Nationalflagge sowjetischen Überfall scharf verur- hissen. teilt und die Erschießung von mehr Foto: Reuters/Chan als 20.000 polnischen Offizieren als „Kriegsverbrechen mit Merk- malen eines Völkermords“ be- zeichnet. (dpa, red) Parade als Geburt einer Großmacht Bin-Laden-Botschaft an Chinas Volksarmee zeigt zum 60. Gründungstag der gestritten oder heruntergespielt rische Muskeln zu zeigen. Die die „europäischen Völker“ hatten. 1999 mussten sich auslän- Schlagkraft einer Armee entschei- Nikosia – Osama bin Laden hat sich Volksrepublik, was sie hat. Auf dem Tiananmen-Platz dische Beobachter bis zum Stich- de nicht darüber, ob ein Land zur mit einer neuen Botschaft zu Wort werden neueste Waffensysteme vorgeführt, Beobachter tag der Parade gedulden, zu der sie Bedrohung wird, sondern die Ver- gemeldet. Wie die auf die Beobach- befürchten eine offensivere Militärpolitik Pekings. mit Feldstechern und Notizbü- teidigungspolitik. Und die sei in tung islamistischer Websites spe- chern anrückten, um neu gezeigte China dem Frieden verpflichtet. zialisierte US-Firma SITE am Frei- Waffensysteme zu identifizieren. Die militärischen Briefings zei- tag meldete, richtete der Chef des Johnny Erling aus Peking reicht haben. Ohne zu übertreiben, 2009 nun informiert sie die Armee- gen aber auch, dass sich Pekings Terrornetzwerks Al-Kaida die können wir sagen, dass unsere Ar- führung, deren Etat 2009 um 14,9 Führung von ihrer alten Strategie fünfminütige Audiobotschaft an Chinas 2,3 Millionen Soldaten, zu mee jetzt starke Kampfkraft be- Prozent auf 50 Mrd. Euro steigt, der inlandsgebundenen Volks- die „europäischen Völker“. Laut denen 660.000 paramilitärische sitzt.“ Ziel sei nun, sie bis 2020 vorab, was sie „schon hat“. „An- streitkräfte und des „Volkskriegs“ „Welt Online“ fordert er indirekt Milizen kommen, sind ihrer Zahl vollständig zu mechanisieren und ders als 1999 blamieren sie sich entfernt hat und stattdessen ver- einen Abzug der europäischen nach die größte Armee der Welt. computerisieren. „Chinas Militär nicht“, meint ein europäischer Mi- stärkt auf den Ausbau von Raketen- Truppen aus Afghanistan – und Sie sollen vor Mitte des Jahrhun- spielt Einholen“ titelte Pekings litärexperte nach erster Übersicht. einheiten, Luftwaffe und Marine verweist auf die Anschläge in Ma- derts auch zu den schlagkräftigsten Global Times. Das Ausland werde, setzt. Die jüngste Pentagon-Analy- drid und London. (APA) Truppen weltweit gehören. Nach „über das, was es zu sehen be- Alles selbst entwickelt se über Chinas Militär stellt war- jährlich doppelstelligen Etatsteige- kommt, nicht glücklich sein“. Nach Angaben von „China News nend fest, dass China seine offen- rungen in der vergangenen Dekade Anlass ist der 60. Nationaltag der Service“ reichen die Systeme von siv einsetzbaren Waffen ausbaut GANZ verfügt die Armee heute über fast Volksrepublik am 1. Oktober. Pe- JL-2 Julong-Interkontinental-Rake- und jede Gelegenheit nutzt, um KURZ alle modernen Waffensysteme, wie kings Führer feiern ihn zum ersten ten über eine neue Generation von ihre Fähigkeiten zu Außenopera- +++ „Sünde“ Katholiken, nicht aber sie auch der Westen besitzt. Vertei- Mal seit zehn Jahren wieder mit ei- Jian-10 Kampffliegern und Hub- tionen zu verbessern. die katholische Kirche, hätten sich digungsminister Liang Guanlie: ner großen Militärparade. Selbst- schraubern bis zu Chinas fliegen- Innerchinesisch wird schon lan- an den Morden im KZ Jasenovac „Darunter sind viele, die dem Welt- bewusst drücken sich höchste Mi- den Frühwarnsystemen (AEWC), ge eine strategische Debatte darüber beteiligt und damit eine Sünde be- standard nahekommen oder ihn er- litärs die Klinke in die Hand, um mit denen es an die AWACS der geführt, ob, wie und wann Peking gangen, sagte Kardinal Josip Boza- auf Pressekonferenzen Details ih- USA anschließt. Eine der beabsich- sein Militär im globalen Wettbe- nić am Donnerstag beim ersten Be- Rückblende: rer gigantischen Waffenschau vor- tigten Botschaften: Peking hat die- werb einsetzen muss, um interna- such eines kroatischen Primas in Vor 20 Jahren im ab preiszugeben. 66 Minuten lang se Waffen ungeachtet der seit dem tionale See- und Transportwege zu der Gedenkstätte südöstlich von 1989 STANDARD werden 8000 Soldaten im Gefolge Tiananmen-Massaker 1989 erlas- schützen, den Zugang zu Ressour- Zagreb. +++ Wahlkampfstart Der Dienstag, 26. September 1989: von nuklearen Interkontinentalra- senen Exportembargos der USA cen zu sichern und im Süd- und heute beginnende Kongress der re- keten und Panzern im Stechschritt und Europa selbst entwickelt. Ostchinesischen Meer gegen Terri- gierenden britischen Labour Party „Flüchtlingsdrama am Tiananmen-Platz vorbeizie- 90 Prozent der 500 verschiede- torial-Konflikte gewappnet zu sein. in Brighton gilt als Wahlkampfstart heizt Spannung in der hen, der zugleich von 150 Kampf- nen Waffen und Ausrüstungen Die waffenstarrende Prestige- für die Unterhauswahlen (wahr- flugzeugen und Hubschraubern würden auf der Parade neu gezeigt, schau war Anfang 2009 noch um- scheinlicher Termin: 4. Mai 2010). ČSSR an“ überflogen wird. sagte General Gao Jianguo, Spre- stritten. Wegen der ungewissen +++Gespräch Nach seiner Rückkehr derStandard.at/Rueckblende Westliche Militärattachés zollen cher der Armee für die Parade. Er Folgen der Wirtschaftskrise wurde nach Honduras hat der gestürzte Die Standard-Faksimile-Seiten von 1989 sind ein der neuen Transparenz Beifall, mit wies Befürchtungen zurück, dass öffentlich gefordert, auf sie zu ver- Präsident Zelaya am Donnerstag Zeitgeschichte-Projekt in Zusammenarbeit mit der der sich die Generäle zu einer Auf- Peking nichts Gutes damit bezwe- zichten. Die Debatte wurde rasch erstmals einen Vertreter der Inte- Österreichischen Nationalbibliothek www.onb.ac.at rüstung bekennen, die sie lange ab- cke, der Welt so viele neue militä- unterbunden. rimsregierung getroffen. „Bitte lassen Sie Ihre Trabis zu Hause“ Momper Zwei Berliner Bürgermeister vergleichen ihren Job in der geteilten und vereinten Stadt (li.), Bürger- meister Birgit Baumann aus Berlin tionen eben nötig. Man darf nicht Momper: Es gab neben den Zustän- von 1989, vergessen, dass gerade nach dem digkeiten für die S-Bahn bis zur ist heute Sie sind beide Sozialdemokraten. Mauerbau viele Leute und Firmen Gaslaterne auch noch die inter- Berliner Sie wissen beide, was es heißt, Ber- die Möbelwagen packten und nach nationale Ebene. Man hatte Kon- Parlaments- lin zu regieren. Und dennoch gibt Westdeutschland gingen. takte zu den Westalliierten (USA, präsident, es wohl keine Bürgermeister, die Frankreich, England, Anm.) und Wowereit die Politik in „ihrer“ Stadt so un- Standard: Herr Wowereit, Sie wür- zur Sowjetbotschaft in Ostberlin regiert seit terschiedlich erlebten wie Walter den wahrscheinlich dennoch nicht sowie der SED-Führung in der 2001. Momper und Klaus tauschen wollen? DDR. Man musste auch permanent Fotomontage, Wowereit. Momper Wowereit: Der Mauer- erklären, warum Politik in Berlin Fotos: dpa war 1989 Bürgermeis- fall ist das Beste, was so läuft und nicht anders. Und mit ter von (West-)Berlin, dieser Stadt passieren der sowjetischen Seite überhaupt wurde man damit konfrontiert – se. Ein Nachbar rief an und sagte: Wowereit regiert heu- konnte. Aber natür- einen Kontakt zu haben, das war ja mit der eigenen Hilflosigkeit und „Mach mal den Fernseher an, die te die wiedervereinig- lich hatten wir für andere deutsche Landespoliti- mit der Willkür der Grenztruppen. Mauer fällt.“ Ich dachte erst, das sei te deutsche Haupt- Schwierigkeiten, als ker nicht üblich. Momper: Sehr unschön war diese ein Scherz. Aber dann habe ich na- stadt. der Standard Anfang der Neunzi- Wowereit: Heute ist Berlin dafür Situation des Eingemauert-Seins. türlich fasziniert vor dem Fernse- bat sie zum gemeinsa- gerjahre viele indus- der einzige Ort in Deutschland, wo Viele, die neu in die Stadt kamen, her gesessen. Am 10. November men Gespräch. trielle Arbeitsplätze Ost und West von Anfang an zu- gingen bald wieder, weil sie einen fingen wir sofort an, die Begrüßung weggefallen sind – sammenleben mussten. Da prall- Insel-Koller bekamen. Anderer- der DDR-Bürger zu organisieren. Standard: Herr Mom- durch das Kollabieren ten zwei Systeme aufeinander. Wir seits war Berlin zur Zeit der Tei- Momper: Ich war bei einer Preisver- per, tut Ihnen Kollege der DDR-Kombinate mussten ein Abgeordnetenhaus lung überschaubarer, es war ja nur leihung, als mich meine Mitarbei- Wowereit leid? Er re- und der hoch sub- schaffen, ein Verkehrssystem, ei- halb so groß. Und in jeder Him- ter ins Büro riefen. Trotz aller Freu- giert eine arme Stadt. ventionierten, nicht nen Wasserbetrieb. Leicht war das melsrichtung war Osten. Berlin de hatte ich schon einen Gedanken Sie aber konnten sich auf die Berlin- konkurrenzfähigen Westberliner anfangs nicht, es gab auf beiden war die einzige Großstadt mit im Kopf: Wie transportiert man Zulage des Bundes verlassen. Wirtschaft. Das war ein riesiger Seiten durchaus Unverständnis. Hauptstadt-Angebot, aber ohne diese Menschenmassen zwischen Momper: Ohne die ging es nicht. In Aderlass, und das aufzuholen ist Durchgangsverkehr. Ost und West hin- und her? Also einer Stadt, die so weit entfernt von ein langer Prozess. Der ist auch Standard: Welche Erinnerung ha- sagte ich im Fernsehen: Wir freu- Westdeutschland und zudem noch noch nicht abgeschlossen. ben Sie an die Mauer? Standard: Wie verlief Ihr persönli- en uns, dass Sie zu uns kommen. ungesichert war, wanderten viele Wowereit: Sie strahlte immer eine cher 9. November 1989? Aber bitte lassen Sie Ihre Trabis Schlüssel- und Zukunftsindus- Standard: Herr Momper, worin un- Bedrohung aus. Spätestens wenn Wowereit: Ich war damals Stadtrat zu Hause. Kommen Sie mit der trien ab. Dafür waren die Subven- terschied sich das Regieren? man die Stadt verlassen wollte, im Bezirk Tempelhof und zu Hau- U-Bahn und der S-Bahn. Sa./So., 26./27. September 2009 International der Standard 7 Urananreicherung: Teheran baut eine zweite Anlage Der Iran hat die Wiener ma warf dem Iran am Rande des G-20-Gipfels in Pittsburgh vor, die Atomenergiebehörde diese Anlage jahrelang geheim gehalten Woche davon informiert, zu haben. Teheran wolle offenbar dass in dem Land eine seine internationalen Verpflich- tungen nicht einhalten, sagte Oba- neue Urananreiche- ma. Das werde durch den Bau der rungsanlage errichtet wird. neuen Anlage unterstrichen. Ge- meinsam mit dem britischen Pre- Die USA werfen Teheran mier Gordon Brown und dem fran- Im Wahlkampf von 1980 Täuschung und mangelnde zösischen Staatschef Nicolas Sar- kämpften Helmut Schmidt Kooperation vor. kozy verlangte Obama von Tehe- und Hans-Dietrich Genscher ran, der IAEO umgehend Zugang Seite an Seite, um einen Er- zu der unterirdischen Anlage zu folg von Franz Josef Strauß Wien / New York – Der Iran baut eine verschaffen. Brown und Sarkozy zu verhindern. SPD und zweite Anlage zur Urananreiche- drohten in ihren Stellungnahmen FDP gingen als Sieger her- rung. Teheran habe die Internatio- in Pittsburgh ansonsten mit weite- vor. Danach wandte sich die nale Atombehörde (IAEO) Anfang ren Sanktionen gegen den Iran. Genscher-FDP vom großen der Woche über das Projekt infor- Die neue Anlage soll nach US- Regierungspartner ab. Ein miert, bestätigte deren Sprecher Diplomatenangaben nahe der den Misstrauensvotum 1982 be- Marc Vidricaire Freitag in Wien. Schiiten heiligen Stadt Ghom süd- endete die Koalition. Danach Die Islamische Republik habe den lich von Teheran liegen und soll kam die CDU von Helmut Chef der Behörde, Mohamed ElBa- demnach groß genug für etwa 3000 Kohl mit den Stimmen der radei, per Brief über die Existenz Zentrifugen zur Urananreicherung FDP an die Regierung. Denk- der neuen Anlage in Kenntnis ge- sein. Die Anlage sei wohl nicht vor würdig, fand Klaus Staeck. setzt. Nach iranischen Angaben be- nächstem Jahr betriebsbereit. Ein finde sich noch kein Atommateri- Diplomat ging von mindestens al in der Anlage. Die Re- sechs Monaten bis zu gierung in Teheran einer möglichen Inbe- habe erklärt, die Fabrik triebnahme aus. nur zur Herstellung Irans Atom-Unter- Erlässe Inzkos bringen Bosniens Serben in Rage niedrig angereicherten händler Said Jalili be- Urans für Atomkraft- kräftigte unterdessen werke zu benutzen. Die in einem Interview mit Republika Srpska will Hohe Repräsentanten wegen Verletzung des Besitzrechts klagen IAEO habe den Iran dem deutschen Nach- aufgefordert, ihr richtenmagazin Der Andrej Ivanji de facto und de jure unbeschränk- gen. Im Büro des RS-Premiers schnellstmöglich ge- Spiegel die Auffassung te Befugnisse geben, und erließ Milorad Dodik heißt es, dass sich nauere Informationen seiner Regierung, sein Sarajewo/Belgrad – Wenn in Bos- „rein technische“ Gesetze. Sie sol- Inzko nicht nur das fragwürdige zur Verfügung zu stel- Land habe das Recht nien und Herzegowina (BiH) ein len nach einer neunjährigen Debat- Recht genommen habe, sich über len und Zugang zu der Mohamed zur Urananreicherung Problem zwischen Bosniaken, Ser- te die Beendigung der internatio- das Dayton-Abkommen und die Anlage zu gewähren. ElBaradei wurde und werde es niemals ben und Kroaten nicht demokra- nalen Überwachung des innerhalb bosnische Verfassung zu stellen, Dem Schreiben zu- von den Iranern aufgeben. „Die Nut- tisch gelöst werden kann, dann Bosniens selbstständigen Distrikts sondern auch in Eigentumsfragen folge solle in der Anla- informiert. F.: AP zung der Atomenergie greift der internationale Hohe Re- Brčko ermöglichen. Gleichzeitig zu urteilen. ge Uran auf fünf Pro- muss für alle gewähr- präsentant mit seinem Machtwort beschloss Inzko Vorschriften zu Elektroprijenos BiH sei nämlich, zent angereichert werden. Das leistet sein“, sagte er. „Wir sind für ein. So war es nach der Unterzeich- ändern, die die Arbeit des 2003 ge- so die Begründung in der RS, eine wäre ausreichend, um damit Kern- weltweite Abrüstung. Aber wir nung des Friedensabkommens von gründeten Stromverteilers Elektro- Aktiengesellschaft. Der Haupt- kraftwerke zu betreiben. Für Nu- werden weiter Uran anreichern.“ Dayton 1995, anders ist es auch prijenos BiH regeln. Die Föderati- ausschuss besteht aus vier Vertre- klearwaffen ist eine Anreicherung Am 1. Oktober sollen in Genf Ge- heute nicht. Die Bosnien-Beauf- on ist an dem Unternehmen mit tern aus der Föderation, drei aus auf rund 90 Prozent notwendig. spräche zwischen dem Iran und tragten schritten ein, um den Zen- rund 52, die RS mit etwa 48 Pro- der RS und einem Ausländer. Laut Zwei IAEO-Diplomaten sagten der Sechser-Gruppe stattfinden. tralstaat zu stärken, der aus zwei zent beteiligt, entweder direkt oder Inzkos Beschluss sollen nun alle zur Nachrichtenagentur Reuters, Zu ihr gehören die fünf ständigen Entitäten besteht, die formal einen durch Kleinaktionäre. Entscheidungen mit einfacher den iranischen Angaben zufolge Mitglieder des UN-Sicherheitsrats hohen Grad an Eigenstaatlichkeit Letzteres löste eine derartige Mehrheit getroffen werden. Damit handle es sich um eine Pilotanla- – China, Frankreich, Großbritan- haben – der bosniakisch-kroati- Empörung in der RS aus, dass die solle die RS daran gehindert wer- ge, die noch nicht in Betrieb sei. nien, Russland und die USA –, so- schen Föderation und der serbi- serbisch-bosnischen Behörden be- den, ihr Kapital abzuziehen und Bisher befänden sich keine Zentri- wie Deutschland. Am Rande der schen Republika Srpska (RS). schlossen, nicht nur Inzko, son- eine eigene Firma zu gründen, ver- fugen zur Urananreicherung dort. UN-Generalversammlung in New Der jetzige Bosnien-Beauftragte, dern auch dessen Vorgänger, die in muten die bosnischen Serben. Die Nach Angaben aus US-Regie- York hieß es, schärfere Sanktionen der Österreicher Valentin Inzko, Bosnien rechtlich unantastbaren RS droht nun damit, alle Vertreter rungskreisen beobachten die Ver- gegen den Iran würden immer griff jüngst ebenfalls zu den soge- Hohen Vertreter, in ihren jeweili- aus gesamtbosnischen Institutio- einigten Staaten das Projekt seit wahrscheinlicher. (Reuters, red) nannten „Bonn Powers“, die ihm gen Herkunftsländern zu verkla- nen zurückzuziehen. Jahren. US-Präsident Barack Oba- Kommentar Seite 48

Israels Ex-Premier Olmert wegen Datei Bearbeiten Ansicht Chronik Lesezeichen Extras Hilfe

Betrugs vor Gericht http://www.myshopping.at/

Ben Segenreich aus Tel Aviv SEARCH

Die Kanzlei des Regierungschefs hat er schon vorzeitig geräumt, jetzt kämpft Ehud Olmert darum, dass er nicht in eine Gefängniszel- le einziehen muss. Dem bald 64- jährigen Olmert wurde am Freitag der zweifelhafte Ruhm zuteil, als erster israelischer Ex-Premier auf Partyhelm „Survivor“ Digicam „Pink“ Slip „Eat me!“ Shades „Classic“ der Anklagebank zu sitzen. Es sei „ein großer Tag für das Jus- Zwischendurch kannst Du jederzeit tizsystem“, hieß es in israelischen Medien. „Das Kriterium für einen Dein Studententicket online kaufen. Rechtsstaat ist nicht, ob es Korrup- http://shop.wienerlinien.at tion an der Spitze gibt, sondern ob es jemanden gibt, der gegen die Die Stadt gehört Dir. Korruption kämpft“, sagte Radio- Kommentator Mosche Negbi. Wandtrophäe „Kapitalhirsch“ Wiener Linien Studenten-Semesterticket Shisha „Dahab“ Im Mai 2008 wurde bekannt, dass Olmert in seiner Zeit als Bür- germeister von Jerusalem und spä- ter als Handelsminister vom US-

Geschäftsmann Morris Talansky e hohe Geldbeträge in bar angenom- g men hatte. Laut Olmert handelte es sich bloß um Parteispenden, für die keine Gegenleistung erbracht Discokugel „Party!“ Headphones „Superlative“ Hut „Bondi-Beach“ High Heels „Purple Flair“ wurde. Aber die Anklage spricht jetzt von Betrug, Unterlagenfäl- Deutsch | Kontakt | Impressum | AGB schung und Steuerhinterziehung in gleich drei Fällen. Bezahlte Anzei 8 der Standard International Sa./So., 26./27. September 2009 „Mann ohne Gedächtnis“ hatte Radeln wie ein Weltmeister Wiener Öffi-Ticket In den Straßen von Tokio Seattle/Wien – Edward Lighthart geistert seit Wochen als „Mann lieferten sich Radkuriere ohne Gedächtnis“ durch US-Me- ein Rennen nach dem dien, nun gibt es auch eine Spur anderen. Kein Wunder, nach Österreich. In den Taschen des 53-jährigen US-Bürgers wurde ging es doch um die angeblich eine Jahreskarte der heurige Weltmeisterschaft. Wiener Linien aus dem Jahr 2007 gefunden. Lighthart war am 30. Juli In der Branche der Boten Manche in Seattle in einem Park aufge- auf zwei Rädern gibt es Fahrrad- taucht, er wusste nicht, wer er ist starke Auftragsrückgänge. boten gingen und wie er dorthin kam. Auch zu bei der den 600 US-Dollar in seinen So- Weltmeis- cken und zum eingesteckten Öffi- Martin Kölling aus Tokio terschaft Fahrausweis aus Wien fiel ihm in Tokio nichts ein. Ärzte attestierten ihm Die Straßen sind glatt, frei von verbissen eine Amnesie. Schlaglöchern, die Autofahrer und ans Werk. Seine Identität konnte durch die Polizei zuvorkommend. Tokio 550 Kuriere Medienberichte geklärt werden, scheint wie gemacht für eine Fahr- waren am Bekannte erkannten ihn auf Fotos radboten-WM. Rund 550 Kuriere Start, wieder. Inzwischen kehren Light- aus zwanzig Nationen sind heuer gewonnen harts Erinnerungen zurück. Er genau zu diesem Anlass den wei- haben ein dürfte zuletzt als Kulturmanager ten Weg nach Japan gereist. Diese Japaner und tätig gewesen sein, spricht Eng- Woche war das große Finale. David einen Dänin. lisch, Französisch sowie Deutsch Beerli aus Basel, der selbst eine Foto: Kölling und lebte eine Zeitlang in Wien. Europameisterschaft mitorgani- Manche seiner eigenen Angaben siert hat, schwärmt: „Die Japaner den nach Ablauf der Zweieinhalb- Portland im US-Bundesstaat Ore- sind aber laut Seattle Times falsch. haben einen genialen Job gemacht, Stunden-Frist über die Ziellinie, gon. Im Alltag liefert er Gemüse für PANORAMA Der Fall erinnert an den „Piano es ist absolut perfekt organisiert.“ weil er sich leicht verschätzt hatte ortsansässige Bauern aus, wie ein Man“, der 2005 in der südostengli- Für das Hauptrennen hatten sich – und wurde disqualifiziert. Ter- Tagelöhner in China. Bei der WM Erste Impfstoffe gegen schen Grafschaft Kent aufgetaucht die Organisatoren etwas ganz be- min verpasst, Auftrag futsch, wie ist er als mehrfacher Meister im war. Wie sich herausstellte, war sonderes ausgedacht. Anders als in im richtigen Leben. Fahrradwettstehen bekannt. In Schweinegrippe genehmigt der klavierbegabte, junge Mann bisherigen WMs erhielten die Ku- dieser Disziplin ist höchste Körper- London/Wien – Die ersten Schwei- aus Deutschland. Er litt vorüberge- riere nicht mehr eine Liste mit Zie- Auch Kuriere in der Krise beherrschung gefragt: Es gewinnt, negrippe-Impfstoffe und gleichzei- hend an einer psychischen Erkran- len, die sie abklappern mussten. Die Kuriere sind ein buntes wer am längsten mit einem „Fixie“, tig ein Knalleffekt für das „Vakzin“ kung, seine Eltern hatten ihn schon Stattdessen sammelten sie in dem Völkchen: Akademiker, Künstler, einem Rad, das rückwärts fahren des US-Pharmakonzerns Baxter, gesucht. (simo) zweieinhalbstündigen Rennen Obdachlose – viele haben die Ar- kann, auf der Stelle stehen kann. auf dessen Lieferung Österreich ei- dreimal einen Packen Aufträge ein, beit einmal als Nebenjob angefan- Nach den ersten drei Minuten nen Vorvertrag abgeschlossen hat: Rückblende: die sie selbst nach Priorität und gen und sind dann süchtig gewor- muss man es einhändig, dann frei- Die Europäische Arzneimittel- Vor 20 Jahren im Strecke zu ordnen und dann aus- den. Die Krise und der Siegeszug händig, dann einfüßig und dann agentur empfahl am Freitag nur 1989 STANDARD zuliefern hatten. Gewinner wurde, des Internets treffen allerdings freifüßig schaffen. Heuer macht die Zulassung von zwei Impfstof- Mittwoch, 27. September 1989: wer das meiste Geld in der kürzes- auch die Radkuriere in den meis- ein Däne, der unter dem Spitzna- fen gegen die neue H1N1-Influen- ten Zeit einfuhr. „Das ist sehr nahe ten Ländern hart. Jene in Tokio ha- men „Jumbo“ bekannt ist, das Ren- za: „Focetria“ (Novartis) und „Pan- „Ausreisegarantie am Berufsalltag und für ein Ren- ben nach der Pleite der US-Invest- nen. Den Hauptbewerb der Herren demrix“ (GlaxoSmithKline – GSK). für DDR-Flüchtlinge in nen sehr anspruchsvoll, aber auch mentbank Lehman Brothers defti- entscheiden zwei Japaner für sich, Für das Baxter-Produkt müssen sehr attraktiv“, sagt Beerli. ge Auftragsrückgänge verzeichnet, bei den Frauen ist es eine Dänin. noch Fragen zur Herstellungsqua- Prager Botschaft“ Die Regeln sind hart wie der All- berichtet Masayuki Watanabe, der Für viele ist der Event selbst aber lität beantwortet werden. (red) derStandard.at/Rueckblende tag eines Kuriers. Auch Veteran seinen Job als Werbefotograf fürs wichtiger als das Ergebnis. Beerli Die Standard-Faksimile-Seiten von 1989 sind ein Beerli musste darunter leiden. Er Kurierdasein aufgegeben hat. sagt: „Ich habe wieder viele unter- Häftlinge berauschten sich Zeitgeschichte-Projekt in Zusammenarbeit mit der schoss im Finale der 70 besten Rad- Einer, der auch nach dem Job schiedliche Typen getroffen, die ei- Österreichischen Nationalbibliothek www.onb.ac.at ler und Radlerinnen zehn Sekun- süchtig wurde, ist Mike Cobb aus nes eint: die Liebe zum Fahrrad.“ mit „Schweinegrippe-Gel“ London – Häftlinge in britischen Ge- fängnissen betrinken sich offenbar mit alkoholhaltigem Schweine- grippe-Handwaschgel. Am selben „Seid friedlich, geht ruhig voran“ Tag, als das Gel erstmals in einem Gefängnis in Dorset ausgegeben wurde, zeigte ein Häftling Anzei- In Leipzig organisierte Christian Führer in der Nikolaikirche jene Montagsgebete, die das Ende der DDR einleiteten chen von Trunkenheit. Ein Vertre- ter der Gefängniswärter-Gewerk- Leipzig – Manchmal, wäre der Mauerfall schaft meinte: „Wenn im Gefäng- wenn Christian Führer undenkbar gewesen. nis etwas mit dem Namen ,Alko- durch den Seitenaus- Eine Figur der Zeitge- hol-Gel‘ verteilt wird, ist klar, was gang der Leipziger Ni- schichte ist er. Und passieren wird.“ (AFP) kolaikirche ins Freie dennoch: Nicht der tritt, hat er die Bilder 9. November war sein Urteil nach Mord an von damals gleich wie- Tag, sondern der 9. Ok- der im Kopf. „Da stan- tober, ein Montag. russischem Olympiasieger den sie, Tausende, alle Wie jeden Montag St.Petersburg – Fast fünf Jahre nach mit Kerzen in den in den Jahren zuvor der Ermordung des russischen Händen“, sagt er und hatte Führer in seiner Radsport-Olympiasiegers Dmitri deutet auf jenen be- Kirche zum „Frie- Neljubin ist der Täter in St. Peters- rühmten Platz, über densgebet“ gerufen. burg zu 18 Jahren Haft verurteilt den 20 Jahre danach Jahre zuvor war das worden. Die Richter sahen es als er- Touristen schlendern, Eis essen eine recht überschaubare Veran- wiesen an, dass der Angeklagte das oder die berühmte Kirche fotogra- staltung gewesen. „Doch dann, ab 33-jährige Opfer am 1. 1. 2005 im fieren. Dann hält er kurz inne und 1986 wurde das Brodeln in der Streit erstochen hat. (dpa lächelt. Ohne den ehemaligen Pfar- DDR immer lauter“, erinnert er rer der Leipziger Nikolaikirche sich im Gespräch mit dem Stalker als Tiefflieger über Standard . Nicht allein Christen kamen in seine Kirche, sondern dem Haus der Exfreundin immer mehr, die gegen Staat und Washington – Ein 51-jähriger Ame- Partei protestieren wollten, weil Auf Gewalt waren die DDR-Organe eingestellt, auf eine friedliche rikaner hat in Kalifornien seine sie sie nicht ausreisen ließen. Masse nicht. Pfarrer Christian Führer in der Nikolaikirche. Foto: AP ehemalige Freundin terrorisiert, 1989 war sein montägliches Ge- indem er mit einem Sportflugzeug Sarah bet bereits zu einer von der Staats- mokratiebewegung auf dem Tian- die Kirchentür. Menschen strömen im Tiefflug über ihrem Haus kreis- Wiener sicherheit misstrauisch beäugten anmen-Platz blutig erstickt. Aufzu- aus der Kirche auf den ohnehin te. Er wurde festgenommen. (dpa) Großveranstaltung geworden. Die geben, das Gebet abzusagen – das schon überfüllten Platz. „Seid Als die Mauer fiel, lag ich im Zufahrtswege zur Kirche wurden kommt für ihn jedoch nicht infra- friedlich, geht ruhig voran“, mahnt Bett und verschlief den blockiert, Autos nicht in die Leip- ge. Also tritt er – wie jeden Montag der Pfarrer noch. Die ersten setzen LEUTE historischen Moment, ziger Innenstadt gelassen. Trotz- – vor die Leute. Kirchenschiff wie sich in Bewegung, gehen Richtung weil ich weder Radio noch dem schlugen sich immer mehr Emporen sind überfüllt, junge Leipziger Ringstraße, ziehen mit Q Die italieni- Fernseher hatte. Leute durch. Menschen sitzen auf dem Boden. brennenden Kerzen an der Stasi- sche Frauen- Danachwar ich putzmunter Und Führer zitiert aus der Bergpre- Zentrale vorbei. Insgesamt sind es ministerin und bin sofort zur Mauer „Furchtbare Angst“ digt: „Selig, die keine Gewalt an- 70.000 – die größte nichtgenehmig- Mara Carfagna gedüst, um zu staunen. „Furchtbare Angst hatte ich am wenden, denn sie werden das Land te Demonstration, die es je in der (Bild) klagt Heute ist es schon wieder Morgen des 9. Oktober“, sagt Füh- erben.“ DDR gegeben hat. La Repubblica fast unwirklich, dass Ber- rer. Zwei Tage zuvor hatte die DDR Man merkt dem kleinen Mann, Es bleibt friedlich, den ganzen auf 900.000 lin geteilt war. Ich habe ihren 40. Geburtstag gefeiert und der stets mit Jeans und Jeansjacke Abend, die ganze Nacht lang, ob- Euro Schadenersatz. Die rö- heute direkt an der ehema- die Staats- und Parteiführung woll- auftritt, noch heute die Emotionen wohl tausende Einsatzkräfte vor mische Tageszeitung hatte dem ligen Grenze und im Ost- te sich die Proteste nicht länger bie- an. Die unendliche Erleichterung, Ort sind. Sie hatten den Befehl, ge- 33-jährigen Ex-TV-Showgirl Sex teil meine Restaurants. ten lassen und hart durchgreifen. dass die Menschen vor der Kirche gen gewaltsame Demonstranten ri- mit Regierungschef Silvio Berlus- Ein Gerücht nach dem anderen jag- ebenso wie die Kirchenbesucher goros vorzugehen. Auf die friedli- coni unterstellt. Foto: AP / De Luca Sarah Wiener, in Wien te durch die Stadt: Die Kranken- Kerzen in den Händen halten. che Masse waren sie nicht einge- Q Der italienische Modezar Giorgio aufgewachsen, kocht und häuser hätten ihre Blutkonserven „Wer eine Kerze in der Hand hat, stellt. Für Pfarrer Führer ist klar: Armani will nach seiner Genesung lebt seit 1986 in Berlin. aufgestockt, da mit vielen Schuss- signalisiert: Ich habe keine Hand „Die DDR ist an diesem Abend von einer durch Lebensmittelver- Foto: AP verletzten zu rechnen sei. Schließ- frei, um Steine zu werfen“, erklärt nicht mehr die gleiche wie am Mor- giftung ausgelösten Hepatitis nur lich hatten die Kommunisten ja er. Dann geschieht das „Wunder“. gen.“ Exakt vier Wochen später das Leben genießen. Seine Firma auch in China Anfang Juni die De- Nach dem Gebet öffnet Führer fällt die Berliner Mauer. (bau) will er nicht verkaufen. (red) Sa./So., 26./27. September 2009 Inland 9

Wiener Hearing zu Mochovce Chronik Seite 13 Joachim Gauck über die Wut im Volk Seite 10

derStandard.at/Inland „Bitte leert den Schmutzkübel über mir aus“ Ein Geschäft mit einem Wahlhelfer ungarischen Finanzer setzt für Josef Püh- die oberösterreichische ringer (vorn): Volkspartei gehörig unter NÖ-Landes- hauptmann Druck – sie lässt den Erwin Pröll, Landesfinanzdirektor die Christa Püh- ringer, ÖVP- Sache allein ausbaden. Chef Josef Dieser erteilt VP-Chef Josef Pröll, Minis- Pühringer die Absolution. terin Maria Fekter und Landesrat Jo- Kerstin Scheller sef Stockin- Markus Rohrhofer ger (v. re.). F.: APA/rubra Linz – „Ich war blauäugig und es war ein Fehler.“ Freitagmittag trat Laut einer Meldung bei der Polizei, so viele Akten am Schreibtisch lie- Pühringer keine Antworten zu dem bei der Raiffeisenlandesbank in ein sichtlich geknickter Landes- die dem Standard vorliegt, wurde gen.“ Geschäft geben konnte, will die Linz erhält. Auf jenem Konto lie- finanzdirektor in Linz vor die Pres- sogar der „Tatverdacht bei Partei- Prüfen wird den Deal nun auch SPÖ nun Aufklärung. Das Geschäft gen besagte 140 Millionen Euro se. Unmittelbar nach einem Ge- gegnern“ vermutet. Peinlicherwei- der Landesrechnungshof (LRH). ging im Mai 2009 über die Bühne: Steuergelder. Einzige Gegenleis- spräch mit Landeshauptmann Jo- se tauchten die Akten Freitagfrüh Den entsprechenden Antrag hat Das Land Oberösterreich erhält tung offiziell: Das Land darf das sef Pühringer (ÖVP) lag es an Josef wieder auf: auf dem Schreibtisch die SPÖ am Freitag beim LRH ein- von den Ungarn 4,6 Millionen Geld auf dem Konto bis Ende 2009 Krenner, heikle Fragen zu dem des Herrn Finanzdirektors: „Sie gereicht. Nachdem Landeshaupt- Euro, wenn „C-Trade“ das Ein- nicht anrühren. zweifelhaften Deal mit einem un- sind druntergerutscht. Ich hab halt mann und Finanzreferent Josef sichtsrecht auf ein Landeskonto Kommentar Seite 40 garischen Finanzdienstleister – derStandard berichtete – zu beant- worten. Befragt, wie es zu dem Kontakt mit der in Budapest ansäs- sigen Firma „C-Trade and Trust Rt.“ gekommen sei, merkte Kren- ner an: „Es hat mich ein Herr Hans Jürgen Jockers angerufen und ge- fragt, ob wir nicht irgendwo Geld veranlagt hätten. Da sind mir dann die 140 Millionen Euro bei der Raiffeisenlandesbank eingefallen.“ Was folgt, ist ein einmaliges Tref- fen im Büro Krenners, dann erhält Jockers eine schriftliche Ermächti- gung für eine Kontoeinsicht. Zu- sätzliche Verträge gibt es nicht. „Da war ich naiv“ „Anfragen für ein Zugriffsrecht habe ich in den letzten Jahren im-

mer zurückgewiesen. Im Fall der Demner, Merlicek & Bergmann ungarischen Firma war das Geld aber gesichert. Die Variante war neu und ich neugierig“, beteuert Krenner. Geprüft habe er die Firma seines potenziellen Geschäftspart- ners nie: „Da war ich sicher naiv.“ Den „Sicherungshinweisen“ des Finanzdirektors steht aber ein dem Standard vorliegendes Schreiben des besagten Herrn Jockers gegen- über: „... da wir keinerlei Zugriff auf das Kapital hatten, ist der Ver- such einer Geldmarktregulierung gescheitert.“ Krenner bleibt den- noch dabei: „Zugriffsrecht hatte immer nur das Land.“ Ob er sich je- mals gefragt habe, was denn nun „C-Trade and Trust Rt.“ von dem Oberösterreich-Deal habe – außer der versprochenen Zahlung von 4,6 Millionen Euro? Krenner: „Nein. Ich habe nur das Geld für das Land gesehen.“ Jetzt sei er „tief betroffen“, dass Pühringer „ange- patzt“ werde. „Es war meine Ent- scheidung. Bitte leert den Schmutz- kübel über mir aus.“ Dass die Nerven beim Landes- finanzer blank liegen, davon zeugt auch ein „Notruf“ Donnerstag- abend bei der Polizei. Krenner zeig- te einen Diebstahl an, man habe alle Unterlagen zum „Ungarn- Deal“ aus seinem Büro gestohlen. Ergebnis LT-Wahl 2003 in Oberösterreich Stimmenanteile in Prozent (Veränderung zu ’97 in Prozentpunkten)

43,4 (+0,7) 38,3 (+11,3) Manuela Rustler, OMV Raffinerie Schwechat e g

9,1 8,4 (+3,3) (–12,2) 0,8 (–3,1) www.omv.com

ÖVP SPÖGrüne FPÖ Andere

Quelle: APA Bezahlte Anzei 10 der Standard Inland Sa./So., 26./27. September 2009

Prammer verschärft KURZ GEMELDET Geheimhaltung Grüne kritisieren im U-Ausschuss „Equal Pay Day“-Kampagne Wien – Als „teure Imagekampagne Wien – Nationalratspräsidentin der Regierung“ bezeichnen die Barbara Prammer (SPÖ) hat die Grünen die „Equal Pay Day“-Initia- Geheimhaltungsvorschriften für tive zur Gehältertransparenz von den Untersuchungsausschuss ver- Frauenministerin Gabriele Hei- schärft. Laut ihrem Sprecher Ger- nisch-Hosek (SPÖ). Die SPÖ sei hard Marschall werden sämtliche mitverantwortlich für die „alar- an den Ausschuss übermittelten mierende Einkommenslage von Akten ab sofort als „Geheimakten“ Frauen“, sagt Grünen-Frauenspre- behandelt. Sie dürfen damit nicht cherin Judith Schwentner. Die Ini- mehr eingescannt und an die Par- tiative sei eine gute Idee, greife aber lamentsfraktionen verteilt werden. „viel zu kurz und ist damit zahn- FPÖ-Generalsekretär Harald Vi- los“. (APA) limsky reagierte empört: Eine „ver- nünftige Vorbereitung“ der Man- Uni 1: Rektorenchef findet datare sei so „nicht mehr möglich“. Anlass für Prammers Anordnung Ministeriums-Stil „schlecht“ ist die Veröffentlichung der auch an Jeder hat das Recht, seine Wien – Uni-Rektorenchef Chris- den U-Ausschuss übermittelten Meinung in Wort, Schrift toph Badelt kritisiert den „ausge- Autopsie-Ergebnisse des verun- und Bild frei zu äußern und sprochen schlechten“ Stil des Wis- glückten Kärntner Landeshaupt- zu verbreiten und sich aus senschaftsministeriums in Bezug mannes Jörg Haider (BZÖ) in News. allgemein zugänglichen auf die Leistungsvereinbarungen. Das BZÖ hatte den Verdacht geäu- Quellen ungehindert zu un- Die Aufteilung des 2,75-Milliar- ßert, die Dokumente könnten aus terrichten. Die Pressefreiheit den-Euro-Budgets auf die einzel- dem Parlament kommen. Dafür gibt und die Freiheit der Bericht- nen Hochschulen muss bis Jahres- es laut Marschall zwar keine An- erstattung durch Rundfunk ende ausverhandelt werden. Die haltspunkte, dennoch habe Pram- und Film werden gewähr- Budgetangebote des Ministeriums mer, „um jeden Verdacht auszuräu- leistet. Eine Zensur findet seien „in einem Ausmaß niedrig, men“, als „Sofortmaßnahme“ die nicht statt. Artikel 5, Absatz das uns sehr verwundert“, so Ba- Geheimhaltungsbedingungen ver- 1 des deutschen Grundgeset- delt. Es gebe Vorgaben des Minis- schärft. Die weitere Vorgehenswei- zes. Klaus Staeck denkt teriums, die „aus systematischer se will die Präsidentin mit den Frak- darüber nach – in einem wie auch inhaltlicher Sicht nicht tionsführern und dem Ausschuss- Plakat von 1979. gut“ seien. (APA) Vorsitzendem Martin Bartenstein (ÖVP) besprechen. (APA, nim) Uni 2: ÖH für Abschaffung aller Studiengebühren Wien – ÖH-Chefin Sigrid Maurer (Grüne und Alternative StudentIn- nen) möchte die Studiengebühren „Verdrängen ist keine gute Methode“ für alle Hochschultypen abschaf- fen. Thomas Wallerberger (Frakti- on Engagierter Studierender), stell- Unter Unrecht darf kein Schlussstrich Gauck: Nein, es war schon 1989 sollte anders sein als in der Aden- vertretender ÖH-Vorsitzender, klar, dass bedeutend mehr vorhan- auer-Ära nach dem Krieg. spricht von einer Ungleichbehand- gezogen werden, sagt Joachim Gauck. Er den als vernichtet ist. Damit mach- lung der Fachhochschulen, wo war in der DDR Pfarrer und Sprecher des te es Sinn, die Unterlagen zu ver- Standard: Die CDU war anfangs Studenten noch immer Gebühren wenden. Was weg ist, sind die Un- recht skeptisch. zahlen müssen, mit den Unis. Das „Neuen Forum“, nach der Wende Kopf der terlagen über die Auslandsspiona- Gauck: Viele, auch in der Bevölke- System mit Ausnahmeregelungen Behörde zur Aufarbeitung der Stasi-Akten. ge. Daher gibt es auch kaum etwas rung, sagten: Was nicht strafrecht- sei außerdem „sozial benachteili- Mit ihm sprach Birgit Baumann. über West-Deutsche, Österreicher lich relevant ist, muss dann ja auch gend“, sagt Wallenberger. (APA) oder Amerikaner. nicht aufgearbeitet werden. Aber das stimmt nicht. Schuld ist auch Neue „China-Connection“ Standard: Im Herbst 1989 flüchte- Standard: Was änderte sich in die- Standard: Wann haben Sie Ihre ei- eine politische Kategorie. Wir woll- ten zehntausende DDR-Bürger in sen Tagen konkret? gene Stasi-Akte zum ersten Mal ge- ten der unterdrückten Mehrheit im Wissenschaftsbereich den Westen. Hatten Sie auch mal Gauck: Vorher dachten viele DDR- sehen? der Bevölkerung Zu- Peking – Im Rahmen des Besuchs das Gefühl: Es reicht, ich gehe. Normalbürger: Ach, die von der Gauck: Das war im gang zum Herrenwis- von Wissenschaftsminister Johan- Gauck: Flucht hat es auch in mei- Opposition, die spinnen, die riskie- Sommer 1990. Dass sen ihrer einstigen nes Hahn (ÖVP) in China wurde an ner eigenen Familie gegeben, aber ren zu viel. Aber als die Staatsfüh- Verrat existierte, war Machthaber ver- der Beijing Jiaotong University ein für uns Oppositionelle war immer rung die Flüchtenden verhöhnte uns schon vorher klar schaffen. neues österreichisch-chinesisches klar: Wir bleiben im Land, weil wir und ihnen nachrief „Wir weinen gewesen. Aber ich war Forschungszentrum eröffnet. Die hier etwas verändern wollen. Aber euch keine Träne nach“, da ent- dann doch recht über- Standard: Was be- Zusammenarbeit hat Tradition: beeindruckt haben mich diese un- stand plötzlich Wut im Volk. rascht, was ich dort wegte Sie in den Jah- Zahlreiche heimische Unis und glaublichen Massen in der Prager auf 1200 Seiten lesen ren an der Spitze der Forschungseinrichtungen haben Botschaft schon. Da waren Famili- Standard: Sie führten Demonstra- konnte. Man wunder- Behörde am meisten? Abkommen mit chinesischen Part- en mit kleinen Kindern, die alles tionen gegen das Regime an. te sich, wer alles IM Gauck: Die unglaub- nereinrichtungen. (APA) aufgegeben hatten. Gauck: Diese Demos gingen ja über- (inoffizieller Mitarbei- lich große Rolle von all von den Kirchen aus. Da wir uns ter, Anm.) war. Angst. Wenn eine Franz Olah im Stephansdom Standard: War Ihnen klar, dass die- an Martin Luther King orientierten, Gesellschaft autoritär se Massenflucht der Auftakt zur Re- blieb alles friedlich. Das hat uns Standard: Warum ha- geführt wird, ist verabschiedet volution war? später geholfen, als es darum ging, ben Sie sich so für die Stasi-Auf- Angst ein Ratgeber der Menschen. Wien – Der frühere ÖGB-Präsident Gauck: Die hat uns vom Neuen Fo- die Stasi-Zentrale zu besetzen. Da arbeitung eingesetzt? und Innenminister Franz Olah rum insofern geholfen, als die Bot- gingen die neuen Kräfte der SED Gauck: Verdrängen ist keine gute Standard: Wie lange braucht (SPÖ) wurde am Freitag im Ste- schaften plötzlich auf fruchtbaren mit uns eine Art Sicherheitspart- Methode, das wissen wir doch aus Deutschland die Behörde noch? phansdom verabschiedet. Olah Boden fielen. Wenn Sie Jahrzehn- nerschaft ein. der Nachkriegszeit. Da kam dann Gauck: Eine Generation lang. war Anfang September im Alter te lang in einer festgefügten Macht- alles eine Generation später, bei Es werden jetzt noch jährlich zehn- von 99 Jahren verstorben. Am Frei- Ohnmacht-Konstellation leben, Standard: Dennoch gelang es der den 68ern, hoch. Darauf habe ich tausende Akten eingesehen. tagnachmittag wurde er in Baden dann können Sie sich gar nicht alten Führung, in letzter Minute viel schon als Abgeordneter der DDR- Viele Leute trauen sich erst jetzt. beigesetzt. (APA) mehr vorstellen, dass sich das än- Stasi-Material zu vernichten. Hat- Volkskammer verwiesen: Wir wol- dert. Sie hoffen einfach nur noch, ten Sie Sorge, dass Aufarbeitung len nicht vertuschen, wir wollen Standard: Viele junge Ostdeutsche dass der König milde ist. nicht mehr möglich sein könnte? keine Schlussstrichmentalität. Es glauben heute, die Stasi sei ein „nor- maler Geheimdienst“ gewesen. Gauck: Für sie ist das Spruchgut der Eltern maßgebend. Und das lautet: Früher war nicht alles schlecht. Da Alexander Vorarlberger ÖVP ist nun Single hat man natürlich ein unangeneh- Van der Bellen mes Déjà-vu und erinnert sich an die Generation, die erklärt: Bei Hit- Als die Mauer fiel, griff ich Sausgruber will allein regieren und sucht noch neues Regierungsmitglied ler gab es auch Vollbeschäftigung. zum Sekt. Die DDR wollte Das kennen Sie ja auch aus Öster- mich – einen Österreicher! Jutta Berger wenn wir die Verantwortung allei- Fragen hoffe er auf „breite Willens- reich. Insoferne kann der Österrei- – mal nicht aus Ostberlin ne übernehmen“. bildung“ im Landtag. Die ÖVP will cher den Original-Ossi gut verste- ausreisen lassen. Bregenz – „Das war schon okay, Der ÖVP-Chef hätte die Ankün- nicht nur allein regieren, sondern hen. Aber man muss schon sagen: Danach begannen die Mü- dass man uns eingeladen hat“, sag- digung noch gerne bis zur Partei- auch unter sich bleiben. Auf dem Das Areal der Aufgeklärten ist heu- hen der Ebene. te SPÖ-Vorsitzender Michael leitungssitzung am 12. Oktober vakanten siebenten Regierungssitz te schon viel größer. Heute ist Berlin immer Ritsch, nachdem er am Freitag kurz hinausgezögert, ein Ungeduldiger hätte Sausgruber lieber jemanden noch eine Reise wert, aber zu Gast im Büro des ÖVP-Landes- aus den eigenen Reihen hatte das aus den eigenen Reihen als einen ZUR PERSON: das Flair von Westberlin hauptmanns war. Das Ritual war Spiel aber durch eine Indiskretion unabhängigen Experten. Wen, wis- Joachim Gauck (69) war Pfarrer ist verlorengegangen. schnell erledigt. Herbert Sausgru- beendet. Die Alleinregierung habe se er noch nicht. Da Sausgruber am in Rostock und 1989 Mitbegründer ber trat, Michael Ritsch in Statis- sich nicht bereits am Sonntag, son- Wochenende mit den wichtigsten der Bürgerbewegung „Neues Alexander Van der Bellen, tenrolle an seiner Seite, vor die Me- dern erst „in den letzten Tagen“ ab- Parteivorständen reden will, dürf- Forum“. Nach der Volkskammer- Politiker, wurde in Wien ge- dien und gab bekannt, was in Vor- gezeichnet, versuchte Sausgruber te der Name bald durchsickern. wahl im März 1990 zog Gauck ins boren und lebte 1972, 1973 arlberg revolutionär, in anderen Vorwürfe zu widerlegen, er habe Die FPÖ, die Sausgruber wegen DDR-Parlament ein. Von 1990 bis und 1974 in Berlin. Jeweils Ländern schlicht logisch ist: Die nicht ernsthaft mit den Grünen antisemitischer Äußerungen ihres 2000 war er Bundesbeauftragter für Monate auch in den Jah- ÖVP, erneut mit absoluter Stim- verhandelt. Parteichefs Dieter Egger nicht für die Unterlagen des Staatssi- ren ’75 und ’76 und arbeite- menmehrheit (50,8 Prozent) ausge- Alleinregierung bedeutet für mehr in der Regierung haben will, cherheitsdienstes der ehemaligen te am Wissenschaftlichen stattet, wird erstmals seit 1945 Sausgruber nicht, „dass man von sieht eine Regierungsbeteiligung DDR. Die Bundesbehörde wurde Zentrum Berlin. Foto: Hendrich ohne Partner regieren. Es sei, so der Mehrheit im Übermaß Ge- weiter als „Wählerwillen“. bald nur noch „Gauck-Behörde“ Sausgruber, „richtiger und offener, brauch macht“. In wesentlichen Kommentar Seite 40 genannt. Foto: Christian Fischer Sa./So., 26./27. September 2009 Inland * der Standard 11

Volkspartei blickt trotz Verlusten optimistisch nach vorn – Pröll wird Grundsatzrede an die Nation halten Pröll will mutig „Wahrheiten ansprechen“ Rede des Finanzministers zur Budgetkonsolidierung

Wien – „Es reicht“, hatte der dama- lige Vizekanzler Wilhelm Molterer am 7. Juli 2008 verkündet. Eine gute Arbeit in dieser Bundesregie- rung sei mit der SPÖ nicht mehr Vor einem Jahr übernahm Josef Pröll von Wilhelm Molterer interimistisch die Geschäfte der Volkspartei. Foto: Reuters möglich. Etliche Wochen später musste Molterer die Geschäfte an Josef Pröll übergeben. Dieser war ab 29. September geschäftsführen- der Parteichef. Molterer zog sich „Es wird schwieriger werden“ zurück, heute ist er einfacher Ab- geordneter. Dazwischen lagen Neuwahlen. ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger chen. Wir haben uns letztendlich ge dieses Ergebnisses der Ton in der „Es reicht“, dachten sich offenbar entschieden: Wir übernehmen Koalition auch schärfer werden. viele ehemalige Wähler der ÖVP. rechnet mit einem schärferen Wind in der Koalition. Verantwortung – auch mit dem Ri- Kaltenegger: Ich bin nicht naiv, ich Laut einer Wählerstromanalyse Dennoch laufe für seine Partei alles gut – auch dank siko, dass es nicht gleich so gut lau- bin Realist. Es wird schwieriger des Instituts Sora waren bei der der besseren Ressorts, wie er zu Michael Völker sagt. fen wird. Es läuft seitdem für uns werden. Wir werden aber nicht sti- ÖVP 116.000 enttäuschte Wähler aber sehr gut, das haben alle Wahl- cheln oder uns in unserem Erfolg zu Hause geblieben. Vom direkten ergebnisse gezeigt. Das ist aber nur sonnen. Der Auftrag kann nur lau- Austausch mit der SPÖ profitierte Standard: Seit der Übergabe von möglich, wenn man auch kommu- ten: konsequent weiterarbeiten. diese im Saldo mit 21.000 Stim- Wilhelm Molterer an Josef Pröll niziert, dass es sich auch auszahlt, Wir müssen uns gegen die Auswir- men. Die ÖVP hatte vor allem an scheint es für die ÖVP besser zu lau- Verantwortung zu übernehmen. kungen der Wirtschaftskrise stem- das BZÖ (152.000) und in zweiter fen. Was macht den Unterschied? Gerade in Zeiten der Krise ist nicht men. Die Landtagswahlen werden Linie an die FPÖ (88.000) verloren. Kaltenegger: Vor einem Jahr hat das Anpatzen des politischen Geg- in einigen Wochen wieder verges- Seitdem hat die ÖVP mit Aus- Pröll interimistisch die Führung ners oder auch des Koalitionspart- sen sein, die Wirtschaftskrise wird nahme von Kärnten (plus 5,2) zwar der ÖVP übernommen – nach einer ners das Mittel zum Erfolg, son- noch einige Zeit andauern. Auch weiterhin Stimmen und Prozente durchaus schmerzlichen Nieder- dern das klare Signal: Wir wollen die SPÖ wird das so sehen. Nicht verloren, zum Teil aber deutlich lage bei der letzten Nationalrats- etwas bewegen, wir wollen etwas die parteipolitische Profilierung in weniger als die SPÖ. Bei der EU- wahl. Seitdem hat sich einiges ge- erreichen. Auch die Regierung ist der Koalition ist der Weg zum Er- Wahl reichte ein Minus von 2,7 tan. Pröll hat einen kurzen, aber populärer als noch mit Gusenbau- folg, sondern die Arbeit für Öster- Prozentpunkten immerhin für den präzisen Auftrag an mich gehabt: er und Molterer. reich. Aber da haben wir durch die ersten Platz, und in Vorarlberg Die ÖVP muss wieder kampagnen- Ressorts durchaus Vorteile. hielt die Volkspartei trotz eines Mi- fähig werden. Das haben wir er- Standard: Aber ist es nicht Ihre Auf- nus von 4,1 Prozentpunkten die ab- reicht. Wir haben eine klare Aufga- gabe, die Unterschiede zur SPÖ Standard: Wird es auch eine inhalt- solute Mehrheit. benaufteilung mit der Regierungs- möglichst klar herauszuarbeiten? liche Neupositionierung der ÖVP Pröll wird sich am 14. Oktober in mannschaft. Das sind die Krisen- Kaltenegger: Das ist jedenfalls mein geben? einer Rede an die Nation wenden. manager. Wir in der Partei trans- Job. Das werde ich auch tun. Unse- Kaltenegger: Ja. Die ÖVP wird sich Er wird dies in seiner Funktion als portieren die Arbeit unserer Regie- re Erfolge herauszuarbeiten und ein neues Grundsatzprogramm ge- Finanzminister tun, und der Event rungsmannschaft an die Funktio- die Unterschiede zu betonen. Was ben. Da geht es nicht um neue wird entsprechend inszeniert. Die näre und an die Wählerinnen und es mir leichter macht: Wir haben Ideen, es geht darum, die Grund- Rede widmet sich dem „Projekt Wähler. Die Europawahl war für jene Ressorts in der Regierung sätze der ÖVP zu definieren. Es ist Österreich“. Untertitel: „Die Zeit. uns die Nagelprobe, ob wir in der übernommen, wo auch wirklich et- gerade jetzt wichtig, Grundsätze zu Das Ziel. Die Chance.“ Lage sind, eine erfolgreiche Kam- was zu bewegen ist. Und Josef Pröll haben, darüber nachzudenken, ob „Um die großen Herausforde- pagne zu führen, und ob die ersten selbst hat das Schlüsselressort die auch passend sind und zu fra- rungen zu bewältigen, brauchen Anstrengungen gefruchtet haben. übernommen, das Finanzministe- gen: Was hat uns in diese Krisensi- wir die Bereitschaft, Fragen offen Das hat ja funktioniert. rium. Das ist in so schwierigen Zei- tuation gebracht? Nicht die Grund- anzusprechen und neue Wege an- ten der Dreh- und Angelpunkt jed- sätze, sondern der Mangel an zudenken“, sagt Pröll. VP-General- Standard: Richten sich die Kampa- weder Maßnahmen zur Krisenbe- Grundsätzen. Deswegen tun wir sekretär Fritz Kaltenegger kündigt gnen, die Sie entwickeln, gegen den wältigung. Da war viel Risiko da- uns jetzt diese Arbeit an. etwas großspuriger an: „Josef Pröll Koalitionspartner SPÖ? bei, aber es hat sich letztendlich wird mutig genug sein, Wahrheiten Kaltenegger:Nein. Wir hatten in der auch politisch ausgezahlt. ZUR PERSON: anzusprechen, mit denen wir uns ÖVP ja eine sehr intensive Diskus- Fritz Kaltenegger (38) ist seit beschäftigen müssen.“ Es gehe dar- sion geführt, ob wir überhaupt Re- Standard: Wo die eine Partei ge- November 2008 Generalsekretär um, wie Österreich in ein norma- gierungsverantwortung überneh- winnt, verliert die andere. Jetzt weiß der ÖVP. Der Kärntner war zuvor les Wirtschaftsleben zurückfinden men sollen oder ob das Wahlergeb- man noch nicht, was am Sonntag Kabinettschef des damaligen Land- kann. Pröll werde erstmals auch Fritz Kaltenegger will das Profil nis nicht auch ein Wink war, es in Oberösterreich herauskommen wirtschaftsministers Josef Pröll und die Eckpfeiler einer Budgetkonso- der ÖVP schärfen. Foto: Cremer einmal in der Opposition zu versu- wird, aber jedenfalls könnte als Fol- Direktor des ÖVP-Bauernbundes. lidierung offenlegen. (völ) Mit der nächsten Maschine von Warschau nach Berlin zurück Wie Kanzler Helmut Kohl den Mauerfall verpasste

Helmut Kohl, der „Kanzler der Ein- Kanzleramt zu bekommen. Als heit“, hat den Mauerfall eigentlich Kohl hörte, was passiert war, ent- verpasst. In jener Nacht vom 9. auf schied er: „Wir müssen nach Ber- den 10. November 1989 war er lin.“ Um 23 Uhr stieß Kohl mit nicht in Deutschland. „Wir sind am seinen engsten Mitarbeitern mit Vormittag des 9. November nach Krim-Sekt auf den Mauerfall an. Warschau geflogen, um einen lan- „Seine Stimmung war sehr nüch- ge geplanten Besuch tern und gefasst, wäh- bei der neuen Regie- rend wir Mitarbeiter rung zu machen“, erin- lachten und uns freu- nert sich der damalige ten“, sagt Teltschik. Vizechef des Kanzler- Aber der Kanzler habe amtes, Horst Telt- damals schon daran schik, im Gespräch mit gedacht, was jetzt auf dem Standard. Mit Deutschland und auf dem neuen Minister- ihn zukommen wer- präsidenten Tadeusz de. Tags darauf ging es Mazowiecki sollte das von Warschau nach deutsch-polnische Hamburg. Dort warte- 1998 geht die Kanzlerschaft Verhältnis auf eine te eine Militärmaschi- des Helmut Kohl auf ihr Ende neue Grundlage ge- ne der US-Streitkräf- zu. Die Ära Kohl wurde in stellt werden. „Kohl te, die Kohl nach Ber- der Zielgeraden vielfach als war wegen der Massendemonstra- lin flog, wo er auf einer Kundge- Phase der Stagnation be- tionen in der DDR und der Flucht- bung zu den Menschen sprach. Ein schrieben. Klaus bewegung aber sehr unruhig“, be- direkter Flug nach Berlin war da- Staeck kreiert das Bild dazu: schreibt Teltschik die Stimmung. mals noch nicht möglich, das war den Kanzler, der in dem Jahr Um 20 Uhr war ein großes Din- den Alliierten vorbehalten. (bau) zum Ehrenbürger Europas ge- ner angesetzt, das immer wieder Horst Teltschik wird am 2. 10. an kürt wurde, als entrückten von Nachrichten aus Berlin unter- der Konferenz der Akademie der Petrus im Himmel. brochen wurde. Schließlich gelang Wissenschaften – „Die Revolutio- es, eine Telefonleitung ins Bonner nen von 1989“ – teilnehmen. 12 der Standard Chronik Sa./So., 26./27. September 2009 „Wir sehen uns in einem besseren Land“

Das DDR-Regime stahl Erst nahm die Stasi ihre Eltern in Haft, dann kam Ines R. in Dresden die Ines ins Kinderheim: „Ich Kindheit. Ihre Familie war das Verräterkind.“ setzte alles ein für die Foto: Regine Hendrich Flucht in die Freiheit. Auf den Fall der Danach kam für Ines „der endlo- se Albtraum“: Abholung durch Ju- Berliner Mauer blickt gend-Beamte, Unterbringung im die erwachsene Ines Waisenheim am Weißen Hirsch, manchmal zurück im Zorn. dann zu einer Tante – und am Sil- vestertag 1983 dann „der Hammer“ (Ines): Sie musste endgültig ins Petra Stuiber Wilhelm-Piek-Heim in Radebeul bei Dresden ziehen. Wien – Ines R., Wahlwienerin, Fri- Sie teilte das Zimmer mit fünf seurin, Energiebündel, hat derzeit anderen Mädchen, um 6 Uhr wur- wenig Zeit für Erinnerungen. Ihre den sie geweckt, um 6.40 Uhr be- dreijährige Tochter besucht erst- gann die Schule. Wurde gekichert, mals den neuen Kindergarten in stand man nachts stundenlang al- Wien, das Herbstgeschäft beim lein auf dem Gang. Ines stand oft Szenefriseur brummt – alles ganz dort, und sie lernte viel – vor allem, schön stressig für eine Alleinerzie- ihre Angst und ihre Trauer zu ver- herin. Trotzdem: Wenn die 36-Jäh- bergen: „Ich war das Verräter- rige mal schnell eine Zigaretten- Kind.“ Von ihren Eltern hörte sie pause macht, sich kurz ausruht, kaum etwas – sie wusste nur, dass kommen wieder die Gedanken an beide in Haft waren. damals hoch. Manchmal werden sie mächtig, dominierend – dann „Roter Scheißdreck“ ist Ines mitten im Herbst 1989. Als sie eines Nachmittags foto- Damals, vor 20 Jahren, saß der grafiert werden sollte, weil ihre 16-jährige Friseur-Lehrling Ines, Tanten endlich, endlich einen angetan mit Nieten-Jeansjacke und Ausreiseantrag für sie gestellt hat- Depeche-Mode-Tolle, Abend für ten, versuchte sie ausnahmsweise, Abend vor dem kleinen Fernseher alles richtig zu machen: Sie mach- im Mädchenzimmer der elterli- nannte ihr Land „den Käfig“. Ines’ folgten ihrer Mutter, so schnell sie knurrte: „Stasi hinter uns.“ Ines er- te schnell ihre Hausaufgaben, chen Wohnung in Lörrach im Drei- Vater, ein ruhiger Mann, Taxifah- konnten, als plötzlich zwei Männer kannte den Mann in Zivil sofort, räumte ihren Schrank auf, strich länder-Eck von Baden-Württem- rer, stand hinter ihr. „Bei uns lief auf sie zutraten. Sie packten ihren das hatte sie in den vergangenen die Uniform glatt, machte sauber. berg. Sie schaute, sie rannte ins immer laut Udo Lindenberg“, erin- Vater am Arm und Ines an der Monaten geübt – harmlos ausse- Dann die Enttäuschung: Ines soll- Wohnzimmer zu den Eltern, sie nert sich Ines, „damit alle wussten, Schulter: „Hier geht’s nicht weiter, hende Feinde zu erkennen. te erst im Schul-TV Karl Marx und sagte: „Das gibt’s doch nicht.“ Im- was wir vom Regime halten.“ Die Staatsgrenze“, während ihre Mut- Die Demo fand Ines eigentlich Rosa Luxemburg sehen – erst da- mer wieder sagte Ines diesen Satz, kleine Ines bekam die gar nicht stil- ter in die bundesdeutsche Bot- langweilig – bis vor ihr ein Gewühl nach könnte sie „vielleicht“ zum rief ihn, brüllte ihn – bis zum 9. No- le Rebellion ihrer Eltern bald mit: schaft schlüpfte. Ines und ihr Va- entstand und ein Ziviler von ihrer Fotografen gehen. Da konnte sie vember 1989, als die Etwa, als sie bei den ter rannten zurück in die Pension Mutter ultimativ „Papiere, „aber ’n plötzlich nicht mehr, eine 11-Jäh- Grenzbalken hochgin- Pionieren wegen ihrer und warteten. Stunden später bisschen plötzlich“ forderte. Er rige ist schließlich auch nur ein gen und tausende zerknitterten Uni- kehrte die Mutter blass, aber opti- nahm Ines’ Mutter gleich mit. Ir- Mensch: „Ich schau mir euren ro- Menschen einander formbluse gerügt wur- mistisch zurück: „Ich habe mich gendwann schlug sich die Zehnjäh- ten Scheißdreck nicht an, ich will weinend in die Arme de, kein Halstuch hat- erkundigt“, sagte sie, „wir kommen rige zum Rand des Platzes durch, zu meiner Mama“, schluchzte sie. sanken. Während te, die Einzige war, die raus.“ Ines wusste, was das bedeu- prallte auf ihren Vater: „Sie haben Irgendwer, meint sie heute, müs- Rest-Deutschland im in Hosen erschien. tete. Was sie noch nicht wusste: Ab Mama!“ Der Vater erstarrte, drehte se damals doch Mitleid mit ihr ge- Freudentaumel lag, „Meine Mutter war diesem Tag wurden sie von der Sta- auf dem Absatz um und rannte weg. habt haben. Sie bekam ihre Fotos, konnte eine schmale eine Revoluzzerin“, si überwacht. Ines stand, wieder allein, verstört sie bekam ihren Ausreiseantrag – 16-Jährige vor ihrem sagt die erwachsene Der Tag, der alles veränderte, da. Irgendwann kam er doch wie- und im Juli 1984 durfte sie ausrei- Kinderfernseher nur Ines. „Dafür bewun- war ein strahlend schöner, warmer der, nahm sie an der Hand und sag- sen, nach Stuttgart, wo die Eltern eines denken: „Sie ha- dere ich sie, aber das Samstag, der 9. August 1983. Ines te: „Wir gehen zu ihr.“ „Zu ihr“, das bereits in einem Auffanglager auf ben mir die Kindheit war auch schwierig.“ und ihre Mutter fuhren zu einer war am großen Polizeirevier in der sie warteten – abgemagert beide, gestohlen.“ Wie schwierig, soll- „stillen Kundgebung“ zum Rund- Schießgasse. Dort wurden sie er- der Vater schneeweiß. Nur lang- „Sie“ hatten ihr te sich schon im Früh- kino auf der Prager Straße in Dres- neut getrennt, die Kinder kamen in sam ging es für die R.s aufwärts im sechs Jahre zuvor in der DDR die jahr 1983 weisen. Familie R. brach den. Alle waren dort, die einen einen eigenen Raum. Westen. Dann der Fall der Mauer, Eltern genommen, sie ins Kinder- überraschend zu einem Kurz-Ur- Ausreiseantrag gestellt hatten, „um Das Mädchen wartete zitternd, plötzlich bekamen Hunderttausen- heim gesteckt, sie ausgehorcht und laub nach Berlin auf. Ines spazier- gegen das Regime zu demonstrie- weinte, bangte. Plötzlich stand de, wofür Ines und ihre Eltern al- bespitzelt – da war Ines erst zehn te zwischen ihren Eltern Unter den ren“. Sie sollten den Vater treffen, Mama vor ihr, zwischen zwei Poli- les eingesetzt hatten. Sie sieht es Jahre alt, sie besuchte die Grund- Linden, als ihre Mutter plötzlich der direkt aus der Nachtschicht zisten. Sie umarmte die Tochter vor sich, als wär es gestern gewe- schule in Dresden-Cotta, wo sie ge- ihre Hand fallen ließ und losrann- kam. „Danach wollten wir einkau- ganz fest, küsste sie und sagte: „Wir sen. Ihr Zimmer in Lörrach, Depe- boren und aufgewachsen war. Ines’ te – so schnell, dass Ines nur ver- fen, ich hab mich schon gefreut.“ sehen uns wieder in einem besse- che Mode in ihren Ohren, das Un- Mutter, eine Industriefacharbeite- dattert schauen konnte. Ihr Vater Die Freude war ein wenig getrübt, ren Land.“ Dann war sie weg. Papa glaubliche im Fernsehen: „Ich hab rin, verabscheute das Regime, sie zischte, sie solle weitergehen. Sie als die Mutter in der Tramway sah sie nicht mehr. vor Wut geheult.“ Welt erschöpft – Stadt im Saft

Roman David-Freihsl stadtrat Rudi Schicker prangerte die „willkürliche Errichtung von Und aus. Jetzt leben wir auf Pump. Straßensperren“ an; da würden Diesen Freitag war der heurige „künstlich Hindernisse“ erzeugt, „Earth Overshoot Day“, der „Welt- was er „absolut nicht“ schätze. erschöpfungstag“. Sprich: Rein Wohlgemerkt: Das waren acht rechnerisch waren die Ressourcen Stunden, die der Ring gesperrt war. einer „nachhaltigen Welt“ an die- Also eine ähnliche Dimension wie sem Tag verbraucht. Der ökologi- ein Aufmarsch zum 1. Mai. Nun sche Fußabdruck, den die Mensch- gut, der ist ein Feiertag und ent- heit mit ihrem Lebensstil hinter- sprechend verkehrsberuhigt. lässt, passt längst nicht mehr auf Aber wie war das nochmal im diese Erde. verwichenen Jahr mit der großen Ein guter Anlass, sich noch ein- Fanzone während der Fußballeu- mal an die große Wiener Aufregung ropameisterschaft? Da war der dieser Woche zu erin- Ring gleich einen gan- nern: Denn neben dem FREISTADT zen Monat lang für „Welterschöpfungstag“ Autofahrer Sperrzone. – der nicht sehr viele in Aufregung Und im Gegensatz zur autofreien versetzt – gab es am Dienstag be- Aktion hatte die Stadtregierung da- reits den „autofreien Tag“. Und aus mals auch gleich großzügig die Im August 2000 wurde in diesem Anlass hatten ein paar Um- Ring-Bim eingestellt. Auch so ein Deutschland die Green Card welt- und Radorganisationen doch „künstliches Hindernis“ im Stadt- eingeführt, mit dem Ziel, glatt den Ring gesperrt. Um auf der verkehr – aber dieses hatte die SPÖ begehrte Arbeitskräfte, vor Fahrbahn zu feiern, die Stadt ohne mit Leidenschaft verteidigt. allem IT-Experten mit unbe- Gebrumm zu genießen und aufzu- Der ÖAMTC hatte nach dem „au- fristetem Aufenthaltsrecht zeigen, dass es in der Stadt ökolo- tofreien Tag“ vorgerechnet, dass ins Land zu holen. Diese – gisch vernünftigere Fortbewe- diese Ringsperre eine CO2-Mehrbe- umstrittene – Maßnahme gungsarten gibt als das Auto. lastung von 7,5 Tonnen gebracht wurde von Kanzler Gerhard ÖVP und FPÖ, die sich – wenn’s habe. Rechnet man das auf die Schröder bei der Cebit in grad passt – gerne das grüne Män- EURO-Fanzone um, käme man Hannover als Maßnahme im telchen umhängen, gingen in den (sehr großzügig gerechnet) auf ei- War for Talent angekündigt.

Saft. Und die Wiener SPÖ? Stellte nen zusätzlichen CO2-Ausstoß von Klaus Staeck fand das inspi- sich heldenmutig – gegen die Um- mindestens 450 Tonnen. rierend. weltschützer. Wollte damit rein gar Aber so einfach geht das nicht. nichts zu tun haben, und Verkehrs- Das wäre ja polemisch. Sa./So., 26./27. September 2009 Chronik der Standard 13 Zweifel am Sinn der Hearings zu Mochovce Bis 6. Oktober kann jeder Raum Mochovce für den Ausbau des AKWs, sagte Gianfranco Aqui- Österreicher Vorbehalte lanti, Vorstandsdirektor vom italie- gegen den Ausbau des nischen Mutterkonzern ENEL. Zu- AKWs in Mochovce dem entspreche das Kraftwerk al- len Sicherheitsstandards und der einbringen. Beim Ausbau sei durch den gestiegenen öffentlichen Hearing im Strombedarf notwendig. Man hoffe, dass die Veranstal- Rahmen der UVP in Wien tung, nicht für „protestmäßige Fra- „Wir können die Zukunft gab es Demos und die gen“ benutzt werde, sagte Daniela nicht dadurch sichern, dass Bitte um Fairness. Ziskova vom Umweltministerium. wir unser Land als einen Auch Sima hatte zuvor um eine kollektiven Freizeitpark or- „faire Diskussion“ gebeten. Ihr ganisieren.“ Das formulierte Gudrun Springer Standpunkt ist: „Die Sicherheits- Helmut Kohl in der Regie- mängel im Atomkraftwerk nur 160 rungserklärung vom 21. Ok- Wien – „Stopp AKW Mochovce“, Kilometer von Wien entfernt sind tober 1993. Das war die Re- „Pseudo-UVP bricht EU-Recht“, dramatisch, Wien liegt in der Kern- tourkutsche auf die Forde- „kein Schrottreaktor in der EU“. zone und ein atomarer Unfall hät- rungen der Opposition nach Global 2000, Greenpeace, das Anti- te dramatische Folgen“, so Sima. kürzeren Arbeitszeiten. Der Atom-Komitee und Resistance for 90 Minuten lang brachten die of- Plakatkünstler fand Kohls Peace waren am Freitag mit ihren fiziellen Vertreter des slowaki- Formulierung im Vergleich Plakaten bei der Wiener Techni- schen Staates und des AKW-Be- zur deutschen Realität eigen- schen Universität die ersten, die treibers technischer Daten vor, Si- artig und antwortete dem zum Ausbau des Atomkraftwerks multandolmetscher übersetzten. Kanzler mit diesem Blatt. Mochovce Stellung nahmen. Ab 13 Uhr stand der Festsaal der TU zur Anhörung oder Zuhörung Erörterung des Bauprojekts der Re- Dann hatten die Besucher die aktoren 3 und 4 im Rahmen der Möglichkeit, Fragen zu stellen. grenzüberschreitenden Umwelt- Eine Aktivistin von Global 2000, verträglichkeitsprüfung (UVP) zur ergriff als erste das Wort: „Es ist Lungenkranker Gambier kam auf die Saualm Verfügung. enttäuschend, dass aus einer An- AKW-Betreiber ist der slowaki- hörung schon wieder eine Zuhö- sche Versorger Slovenské Elektrár- rung geworden ist“, sagte sie – um Ministerium kündigt Schubhaftbetreuung von Caritas und Co: „Geschlossenes System“ ne (SE), der sich mehrheitlich im sogleich zu erfragen, wozu diese Besitz des italienischen Energie- UVP eigentlich stattfinde, was sie Irene Brickner gen, S. einen Wohnplatz in Wien und Flüchtlingsrechtsberatung konzerns ENEL befindet. Die bei- bringe, ob sie EU-konform sei. Ein zur Verfügung zu stellen, schildert „durch unabhängige NGOs“. Ende den Blöcke 1 und 2 sind seit zehn Vertreter des Umweltministeriums Wien/Klagenfurt – Nach einem seine Rechtsvertreterin Hedi Bin- August habe das Innenministeri- Jahren am Netz, wobei der Bau der versicherte, dass die slowakische Standard-Bericht untersucht die der vom Migratinnenverein St. um ohne Vorwarnung seinen lang- Blöcke 3 und 4 aus Geldmangel Gesetzgebung im Einklang mit dem Wiener Polizei, wie es dazu kom- Marx. Die Grundversorgungsquote jährigen Vertragspartner gekün- 1992 gestoppt wurde. Bis 2013 sol- Europarecht stehe. Die Öffentlich- men konnte, dass die lebensgefähr- in Wien sei übererfüllt, hieß es. digt und stattdessen den „Verein len nun aber auch diese beiden keit habe in einem Genehmigungs- liche, infektiöse Tuberkulose des Also wurde S. nach Kärnten ge- Menschenrechte“ beauftragt. Einheiten in Betrieb gehen – und prozess immer die Möglichkeit, Gambiers Yahyah S. (Name geän- bracht – und dort direkt auf die Dieser hat die Schubhaftbetreu- zwar mit einer Baubewilligung von eine Stellungnahme abzugeben – dert, Anm.) von den Amtsärzten in Saualm: 13 Kilometer von einer ung nunmehr in Tirol, Salzburg, 1986 – was immer wieder Wider- diese habe Empfehlungscharakter. der Wiener Schubhaft wochenlang Ortschaft und noch weiter vom Ober- und Niederösterreich und stand hervorruft. Genau das wurde im Laufe der Ver- nicht erkannt wurde. nächsten Lungenfacharzt entfernt. dem Burgenland inne. Sowie – be- anstaltung mehrmals kritisiert. Indes wurde bekannt, wie es mit reits länger – in Wien, wo die Haft- Angst vorm Risikoreaktor Eine Wassertechnikerin aus dem dem 24-Jährigen im Anschluss an Arztbesuch unter Bewachung bedingungen und die ärztliche Und Angst: Zwei Studentinnen Publikum erklärte, dass das gesam- seine Entlassung nach sechs Mona- Zu einem solchen Doktor sei er Versorgung im Fall des Gambiers wollen „den Risikoreaktor verhin- te Verfahren nicht so laufe, wie ten Spitalsbehandlung weiterging: zweimal pro Woche gefahren wor- S. und nach dem Tod eines Inders dern“. Eine Zuhörerin zeigte sich man es innerhalb der EU gewohnt Der immer noch kranke junge den, schilderte S. dem Standard: vor zwei Wochen besonders unter „geschockt, dass in der Diskussion sei. Außerdem biete der Fluss Mann, der wegen kleinerer Dro- „Wir wurden von Begleitern direkt Kritik stehen. seit 20 Jahren nichts passiert ist. Hron, an dem das Kraftwerksareal gendelikten vorbestraft ist, wurde ins Wartezimmer gebracht und wie- Unabhängige Schubhaftbetreu- Die Aktionen der Umweltschützer Mochovce liegt, nicht ausreichend in die vielkritisierte „Sonderan- der abgeholt. Spazierengehen oder ung habe auch die Aufgabe, Miss- sind dieselben – die Ansteckna- Wasservorrat – der zum Beispiel stalt“ für straffällig gewordene im Ort einkaufen war verboten.“ stände aufzuzeigen, sagte Diako- deln, die Info-Folder – nur die Un- für die Kühlung der Reaktoren not- Asylwerber auf der Kärntner Sau- Der Kärntner Flüchtlingsbeauftrag- nie-Direktor Michael Chalupka. ternehmen sind geschickter.“ wendig wäre. Die Technikerin war alm transferiert. Zurück nach Wien te Gernot Steiner (BZÖ) streitet eine Finde das nicht mehr statt, drohten Nach kurzer Begrüßung durch nicht die einzige, die das Forum in – wo er jetzt von der Tuberkulose- derartige Bewachung ab: „Für Arzt- „autoritäre Strukturen in einem ge- die Wiener Umweltstadträtin Ulli der TU nützte, um nicht nur Fra- fürsorge der MA 15 betreut wird –, besuche und Ähnliches gibt es auf schlossenen System“. Doch laut In- Sima (SP), Umweltminister Niko- gen zu stellen, sondern auch Ein- kam er nach zwei Wochen nur, der Saualm einen normalen Shuttle- nenministerium gaben beim Ver- laus Berlakovich (ÖVP) und einen wände zu referieren. weil ihm Unterstützer Geld für dienst ohne Securitys“. tragsentzug nur finanzielle Gründe Stellvertreter der slowakischen Re- Ob Einsprüche etwas bewirken Taxi und Bahnticket schickten. In Wien übten am Freitag Cari- den Ausschlag: „Es fand eine Aus- gierung, hatten Vertreter des AKW- können? „Ich glaube nicht, wenn Trotz intensiver Bemühungen tas, Diakonie und Volkshilfe Kritik schreibung statt, Caritas, Diakonie Betreibers und des slowakischen man so hört, was die Leute am Po- von Ärzten und Sozialarbeitern sei an der Streichung fast aller Förder- und Volkshilfe hatten nicht das Umweltministeriums das Wort. 87 dium so sagen“, meinte eine Besu- es Anfang September nicht gelun- gelder für Schubhaftbetreuung beste Angebot“, sagt Rudolf Gollia. Prozent der Bevölkerung seien im cherin und verließ den Saal.

Denkmäler jenseits der Reiterstatuen Unverbindliche Expertenberatung und Übernahme zur Auktion „Tag des Denkmals“: Am Sonntag präsentiert man österreichweit wieder das vielfältige kulturelle Erbe Historische Fahrzeuge, Motorräder und Automobilia Wien – Am Sonntag begeht man in tage Days kontinuierlich zu: 1993 zum Beispiel investierte vor zwei Programm wird vom Bundesdenk- jeden Donnerstag 14 – 18 Uhr im Palais Dorotheum Österreich wieder den „Tag des nahmen zehn Millionen Besucher Jahren knapp 1,1 Millionen Euro. malamt nebenbei – wenn auch mit Dorotheergasse 17, 1010 Wien Denkmals“. Der Begriff ist, gelinde in 21 Ländern das Angebot wahr, Die Situation in Österreich hin- viel Enthusiasmus – erstellt. So Terminvereinbarung erbeten gesagt, missverständlich. Denn es 2008 taten dies 40 Millionen in 49 gegen ist trist: Das vom Kulturmi- nimmt es nicht weiter Wunder, Michael Gross, Mobil 0664-133 90 09 geht nicht, wie mancher anneh- Ländern. Was auch mit Marketing- nisterium zur Verfügung gestellte dass im Vorjahr nur etwa 38.000 [email protected] men könnte, um irgendwelche Rei- maßnahmen zu tun hat: Belgien Budget ist verschwindend. Das Besucher gezählt werden konnten. www.dorotheum.com/sbg terstatuen oder Literatenbüsten, Für Sonntag liegen die Erwar- sondern um das kulturelle Erbe in tungen höher. Schließlich lautet seiner gesamten Breite: von der das Motto „Innovation und Kreati- Palästina – Kunst über die Architektur bis zu vität“. In Graz kann man mit der Perspektiven jenseits handwerklichen Fertigkeiten und 671, der weltweit ältesten noch in von Krieg und Krise Nahrungsmittelhilfe, Armutsverwaltung und mündlichen Überlieferungen. Betrieb stehenden Dampflok, fah- Entwicklungspolitik Man will aber nicht nur die Viel- ren, in Wien das Schützenhaus von 29. bis 30. September 2009, Diplomatische falt präsentieren, sondern auch die Otto Wagner besuchen, in Schwaz Akademie, Favoritenstraße 15a, 1040 Wien Aufmerksamkeit auf all das len- den spätgotischen Dachstuhl der Konferenz mit: ken, was verschwunden wäre, Kirche erklettern, in Freistadt die Leila Farsakh, University of Massachusetts Boston wenn man es nicht unter Schutz Unterwelt erforschen. Und in der Gerhard Pulfer, Aid Coordination – Palestine gestellt hätte oder pflegen würde. Kartause Mauerbach stehen Kalk- Rami Sublaban, Turkish Int. Cooperation and Die vom Europarat eingeführte Be- brennen, Freskomalen und Ziegel- Development Agency Samia Botmeh, Birzeit University zeichnung European Heritage Days schlagen auf dem Programm. Afaf Aqel Hamayel, In’ash al-Usra ist daher viel zutreffender: Das Insgesamt sind 200 Objekte zu- Ghassan Amayra, Welfare Association Wort „heritage“ beansprucht auch gänglich – davon allein 87 in Ober- Maysoon Al-Ramahi, Al-Khansa eine moralische Verpflichtung und österreich. Für jedes Bundesland Anmeldung: [email protected] bezieht selbstverständlich Land- gibt es einen eigenen Folder, alle Tel: 01/713 35 94-75 schaften und Regionen mit ein. Veranstaltungen findet man auf Weitere Informationen unter www.vidc.org 1991 ins Leben gerufen, nahm Am Tag des Denkmals kann unter anderem der spätgotische der Homepage des Bundesdenk- finanziert durch die die Bedeutung der European Heri- Dachstuhl der Pfarrkirche von Schwaz besichtigt werden. Foto: BDA malamts (www.bda.at). (trenk) 14 der Standard Chronik Sa./So., 26./27. September 2009 „Man muss aufhören, sich das schönzutrinken“

Sven Regener, Sänger von Element Of Crime und Autor Sven Regener: „Wir waren damals 20 bis („Herr Lehmann“), erzählt Karl Fluch, was ihm am 25 und haben hier Berlin der 1980er gefallen hat und warum er super Punk gemacht.“ Mauernostalgie und Kriegsgeschichten ablehnt. Foto: Christian Fischer

Standard: Sie sind geborener Bre- das ist eine Krise auf sehr hohem den Einstürzenden Neubauten, mer, wann kamen Sie nach Berlin? Niveau. Nick Cave zog nach Berlin ... Regener: Ich habe von 1985 bis Regener:... das war schon eine herr- 1997 in Kreuzberg gewohnt, vorher Standard: Wie sehr strapaziert das liche Zeit, aber es ist so wie in Son- drei Jahre in Schöneberg. Wegen Mauerfalljubiläum nun den Autor nenallee, dem Film von Leander David Bowie und Iggy Pop bin ich Regener? Haußmann, wo es am Ende heißt: da hingezogen – und weil ich da ’ne Regener: Ich habe wegen der Herr „Ich lebte in einem seltsamen Wohnung gefunden habe. Ich war Lehmann-Sause in den letzten Mo- Land, und es war die schönste Zeit einer der wenigen, die ihre erste naten 15, 20 Anfragen bekommen. meines Lebens. Denn ich war jung Wohnung nicht in Neukölln oder Diskussionsveranstaltungen, Dop- und verliebt.“ Das ist der Punkt. Moabit nehmen mussten. pelinterview mit einem von Wir waren damals 20 bis 25 und ha- Rammstein über Rockmusiker in ben hier super Punk gemacht, wa- Standard: Ihr 2001 erschienener Ost, der ganze Kack. Wahnsinnig ren jeden Abend besoffen – und am Roman „Herr Lehmann“ war ein interessant – aber so sehr dann nächsten Morgen wieder frisch! Bestseller der Wende-Literatur. Pa- auch wieder nicht. Es ist ja alles er- Ich war der König der Welt. Das rallel gab es die Ostal- forscht und doku- macht man halt eine Zeitlang, dann gie, die die Mauerzeit mentiert, wie das mit muss man sich aber auch etwas an- verklärte. der Rockmusik in Ost- deres überlegen, weil sonst wird es Regener: An der Mau- und Westberlin war. irgendwann tragisch. Wenn ich er war nichts Gutes. Da muss ich mich das an meinem 40. Geburtstag im- Und aus dem nicht auf meine alten mer noch mache, bin ich bisschen Schlechten kommt Tage hinsetzen – das peinlich. Es war weniger die Zeit, nichts Gutes. Man ist ja total peinlich. sondern das Alter. Aber in jeder muss aufhören, sich Und das wollte man ja Generation gibt’s dann ein paar, die das schönzutrinken. nie sein. So ein Vete- sagen, die jungen Leute haben es Mit Nostalgie ist da ran. Die Hose hoch- gar nicht mehr drauf. nichts zu machen. Es krempeln und zeigen: war nicht gut, aber es Hier ist mein Knie- Standard: Das sagen meist jene, die war trotzdem lustig. schuss von Stalin- es sich im Establishment gut einge- Wir hatten Spaß, weil grad. Echt nicht. richtet haben. wir jung waren. Es war immer Par- Wenn diese Typen ihre alten Regener: Und das nervt! Klar wol- ty und immer Kunst. Kriegsgeschichten erzählen und len alle wie die jungen Leute sein. sagen, die Jugend von heute sei to- Die haben die bessere Leber, die Standard: Wissen Sie noch, wo Sie tal abgeschlafft. Genau wie die al- schlankere Figur und können all waren, als die Mauer fiel? ten Kriegssäcke, als ich klein war. den Scheiß machen, den man sich Regener: Im Madonna, einer Bar an Das ist Scheiße. Das ist auch mei- selber nicht mehr traut. Das sind der Ecke Wiener Straße / Ohlauer ne Kritik an so Büchern wie Ver- heute dieselben Leute, die uns frü- Straße in Kreuzberg. schwende deine Jugend (ein Buch her vom Rasen gescheucht haben. über deutschen Punk der 1970er Standard: 20 Jahre nach dem Mau- und 1980er, Anm.). Standard: Weil da muss jetzt der erfall veröffentlicht „Der Spiegel“ Hund mal kurz ... ein Sonderheft über die Generation Standard: Aber für Nachgeborene erlebt, als er mit der Band Family zu sprechen“. So kann man natür- Regener: Ja, genau. Der braucht sei- Krise. Darin scheint das Krisenzen- ist es ja interessant zu lesen, was, 5 hier rüberkam und in der Villa lich auch Punkrock machen. Fehl- ne Ruhe, sonst klappt’s nicht. trum der Prenzlauer Berg zu sein. Ist sagen wir, der Peter Hein von Fehl- Kreuzberg am Wochenende den farben, alles super, aber man darf der Bezirk ein Abbild Deutschlands? farben über diese Zeit erzählt. wilden Mann machte. Am Montag das nicht so ernst nehmen, was ei- ZUR PERSON: Regener: Der Prenzlauer Berg ist Regener: Ach, der Peter Hein, der saß er dann wieder mit Vorzimmer- nem die Leute so erzählen. Sven Regener, geboren 1961, ist das Arschloch von Deutschland! war ja die ganze Zeit leitender An- dame bei Rank Xerox. Den konnte Sänger und Texter der Berliner Da wird alles reinprojiziert! Da gestellter bei Rank Xerox. Deshalb man ja gar nicht erreichen! Der Standard: Trotzdem war die Zeit Band Element Of Crime sowie scheint die Sonne niemals! Krisen- sind sie, glaub ich, damals nicht Uwe Bauer von unserer Band woll- pophistorisch interessant: wegen Autor der Romantrilogie „Herr kinder – geschenkt! Schauen Sie auf Tournee gegangen und haben te den mal anrufen, da hieß es nur, den drei Alben, die David Bowie in Lehmann“, „Neue Vahr Süd“ sich das hier einmal genauer an, sich getrennt. Ich hab ihn ja noch „der Herr Hein ist für Sie aber nicht Berlin aufgenommen hat, Iggy Pop, und „Der kleine Bruder“. KURZ GEMELDET

NIEDERÖSTERREICH PC neben dem Bett als Gefahr Sobotka sieht Sobotka-Bashing Land NÖ will Haltung von Videospielen schlecht für Kinder – wegen Schlafmangels Landes-Vize wundert sich über Kritik an Wohnservice Kampfhunden neu regeln St. Pölten – Nachdem ein dreijähri- Michael Möseneder schanzt. „Das ist ein wesentlicher Andrea Heigl können wir ruhig machen, mir ist ges Mädchen im September von Ratschlag für die Eltern. Die Hard- das egal.“ drei Pitbullterrieren angegriffen Wien – Ein halbes Jahr nach dem ware sollte nicht in den Kinderzim- Wien – „Ganz ehrlich: Vor ein, zwei Dass der Rechnungshof in Zu- worden war, erarbeitet das Land Amoklauf in Winnenden legte die mern stehen.“ Denn unabhängig Jahren hätte das niemanden inter- kunft auch Gemeinden prüfen soll, Niederösterreich eine neue Rege- Staatsanwaltschaft ihre Ermitt- vom Inhalt der Spiele wirke sich essiert.“ Wolfgang Sobotka, Nie- hält Sobotka nicht für besonders lung für das Halten sogenannter lungsergebnisse vor. Einer der Schlafmangel negativ auf die Ent- derösterreichs VP-Finanzlandesrat sinnvoll, weil damit Doppelgleisig- Kampfhunde. Laut ÖVP-Klubchef Schlüsse: Gewalttätige Computer- wicklung aus. und seit Februar Stellvertreter von keiten aufgebaut würden: „Die Ge- Klaus Schneeberger soll das Gesetz spiele, sogenannte Ego-Shooter, Für Olson überwiegen aber die Landeshauptmann Erwin Pröll, meindeaufsicht prüft schon bisher bereits im November beschlossen hätten den 17-jährigen Täter stark Vorteile der virtuellen Welten. wundert sich bisweilen über die die Gemeinden, und der Rechungs- werden. Vorgesehen ist auch eine beeinflusst, berichtete Der Spiegel. „Unsere Daten zeigen zum Bei- Aufmerksamkeit, die ihm zuteil- hof prüft die Gemeindeaufsicht.“ Beschränkung, wie viele Hunde ge- Wer damit den Zusammenhang spiel, dass Kinder nach Sportspie- wird. Jüngster Anlass ist ein Be- Der Mehraufwand einer doppelten halten werden dürfen. (APA) zwischen Computerspielen und len dann mehr Zeit beim wirkli- richt, in dem der Landesrech- Prüfung sei nicht zu rechtfertigen. Gewalt bestätigt sieht, ist aller- chen Sport verbringen. Auch das nungshof (LRH) das NÖ Wohn- FP klagt Karner WIEN dings zu voreilig: Der jüngste Interesse an Geschichte und Poli- service kritisiert, in dessen Beirat Amokläufer von Ansbach hatte tik könne durch Spiele wie Civili- Sobotka (ebenso wie ein rotes Pen- Sobotkas Parteifreund Gerhard Vergewaltigung und laut Ermittlern weder Gewaltspie- zation geweckt werden. dant) saß. Der Finanzlandesrat Karner, Landesgeschäftsführer der le noch -filme in seinem Zimmer. habe agiert wie in einem „Selbst- niederösterreichischen VP, muss Bettelzwang: 10 Jahre Haft Wie gefährlich nun das Abtau- Andere Wahrnehmung bedienungsladen“, warf ihm die sich indes mit den Blauen herum- Wien – Das Straflandesgericht Wien chen in virtuelle Welten ist, wird Darüber hinaus würden Kinder grüne Landtagsabgeordnete Helga ärgern. FP-Klubobmann Gottfried verurteilte am Freitag ein bulgari- derzeit auch bei einer Tagung im die Spiele teilweise anders wahr- Krismer vor. Echtes „Sobotka-Ba- Waldhäusl machte am Freitag eine sches Ehepaar zu jeweils 10 Jahren Rahmen der noch bis Sonntag dau- nehmen. Bei einem Spiel wie shing“ sei das, meint der Kritisierte. Drohung war und wird Karner kla- Haft. Beide haben Anfang 2008 ernden „Game City“ im Wiener Grand Theft Auto, bei dem der Spie- Inhaltlich ging es in dem Bericht gen. Dieser will nämlich einen zwei Mädchen nach Wien gelockt, Rathaus diskutiert. Der Beitrag von ler einen Gangster darstellt, der unter anderem um die Vergabe ge- „Gewinnspielschmäh“ der FP auf- zum Betteln gezwungen und verge- Cheryl Olson, Forscherin an der sich in der Unterwelt nach oben förderter Wohnungen, bei der der gedeckt haben: Diese soll Adressen waltigt. Das Urteil ist noch nicht Harvard Medical School, bietet da- kämpfen muss, gebe es durchaus Beirat ein Vorschlagsrecht hat. Die gesammelt und im Gegenzug Ver- rechtskräftig. (APA) bei interessante Zahlen – und Hin- Kinder, denen die Handlung Kriterien hält der LRH für schwer losungen von Gutscheinen ange- weise für besorgte Eltern. gleichgültig sei und die nur gern nachvollziehbar, es gebe keine kla- kündigt haben. Die Gewinner sei- NIEDERÖSTERREICH 1254 Kinder zwischen zwölf und mit dem Auto durch die Spielstadt re Gewichtung. Sobotka verteidigt en aber – entgegen der Ankündi- 13 hat sie für ihre im Buch Grand brettern. das im Gespräch mit demStandard: gung der FP – nie veröffentlicht Sexuelle Belästigung durch Theft Childhood veröffentlichte Herbert Rosenstingl vom heimi- „Sozialpolitik muss sich an Indivi- worden. Karner vermutet daher, Studie befragt. Eine wesentliche schen Familienministerium kann dualschicksalen orientieren“, fin- dass es keine Preise gebe oder gar Schulwart: Strafe reduziert Erkenntnis stellte sich schon zu der Gleichsetzung von Gewaltspiel det er, eine Gewichtung sei daher „Waldhäusl sich und ein paar sei- St. Pölten – Die Haftstrafe für jenen Beginn ein: 13-Jährige lieben zum mit realer Gewalt ebenso wenig ab- nicht möglich. „Transparenz be- ner Parteifreunde als Gewinner er- Schulwart, der 2008 Schüler im Großteil Spiele, die für ihr Alter gar gewinnen. „Aus Analysen verfüg- deutet nicht, dass Vergabe sozial wählt und so die Gewinne in die Bezirk Melk sexuell belästigt ha- nicht zugelassen sind, was aber barer Studien wissen wir zwar, treffsicher ist.“ eigene Tasche gesteckt hat“. ben soll, ist durch den Obersten keine große Rolle spiele, da der dass Mediengewalt negative Aus- Die Ausschreibungen der Wer- Die Justiz solle nun „dem System Gerichtshof (OGH) um insgesamt überwiegende Teil der Kinder die wirkungen hat.“ Allerdings: „Das be-Etats für das Wohnservice – in Karner einen Riegel vorschieben“, zwei Monate reduziert worden. Spiele nur zum Spaß spielt. trifft vor allem auf Problempersön- den Jahren 2007 und 2008 immer- findet Waldhäusl. Dessen Masche Laut ORF NÖ hat der Mann im Problematisch werde es aller- lichkeiten zu.“ Denn, gibt er zu be- hin über 600.000 Euro – seien kor- sei es, „mit Dreck um sich zu wer- Jänner 2009 berufen. Die OGH-Be- dings, wenn Buben und Mädchen denken, etwa die Hälfte der jungen rekt erfolgt, meint Sobotka. Dass fen, in der Hoffnung, dass irgend- gründung: Berühren von Kindern jede Woche dutzende Stunden mit Amokläufer hätte Erfahrung mit der LRH empfiehlt, „Vergleichs- etwas klebenbleibt“. Karner ließ am Gesäß stellt keineswegs eine ge- Gewaltspielen verbringen, allein Gewaltspielen – was dem Bevölke- und Alternativangebote einzuho- dazu ausrichten, er blicke dem Ver- schlechtliche Handlung dar. (APA) in ihrem Schlafzimmer ver- rungsschnitt entspricht. len“, lässt ihn relativ kalt: „Das fahren „sehr gelassen“ entgegen. 16 der Standard Sport Sa./So., 26./27. September 2009

13. November 1989: Die DDR- Kicker Ulf Kirsten (li.), Rico Steinmann (re.) und Teamchef Eduard Geyer sind siegessicher bei der Ankunft in Wien. 15. November 1989: Toni Polster (linkes Bild) besorgt per Elfer das 2:0 für Österreich gegen die DDR. Polster schießt auch das erste und das dritte Tor, das Team, trainiert von Josef Hickersberger, qualifiziert sich durch das 3:0 im Prater- Stadion (heute Happel-Stadion) als Gruppenzweiter hinter der Sowjetunion für die WM-Endrunde 1990 in Italien. Fotos: Jäger/APA/picturedesk.com, Votava „Und dann war der Kuchen gegessen“

Eduard Geyer war der letzte Standard: Welche Gefühle hatten die anderen abgehalten sind, woll- Standard: Im Endeffekt hat es ja ge- Sie im September 1990, beim letz- te wieder abreisen, ist aber doch ge- klappt mit Cottbus. Fußballteamchef der DDR, die ihr letztes ten Länderspiel der DDR, das in blieben und hat sich mit den zwei Geyer: Ja, aber es war mühsam. Ich Pflichtspiel in Wien gegen Österreich Brüssel gegen WM-Teilnehmer Bel- Toren gegen Belgien ein Denkmal habe von ganz unten angefangen. gien mit 2:0 gewonnen wurde? gesetzt. Es waren nur 14 Spieler in Ich hätte gerne eine Mannschaft mit 0:3 verlor. An dieses und an andere Geyer: Da wusste man schon, wo Brüssel, wir haben trotzdem ein trainiert, die im Europacup spielt. Begebenheiten erinnert sich Geyer im der Hase hinläuft. Die Gefühle hiel- gutes Spiel gemacht. Zuvor hatte Gespräch mit Benno Zelsacher. ten sich in Grenzen. Es war für ei- ich mit den Vereinstrainern ge- Standard: Jetzt sind Sie Privatier? nen Trainer, der nicht die große Po- sprochen. Wir brauchen die Spie- Geyer: Ich habe mich immer ge- litik sieht, eine komische Angele- ler fürs Punktspiel, sagten sie. Es wundert, dass man so faul sein Standard: Welche Erinnerung ist Geyer: Ja sicher. Es sind junge Leu- genheit. Ich habe viele Spieler, die war eine sehr miese Einstellung. kann. Aber zurzeit mache ich Ihnen geblieben vom Spiel gegen te, die haben vieles eben doch damals keine Rolle nichts. Und bin offen für alles. Österreich am 15. November 1989? falsch gemacht, aber grundsätzlich mehr spielten, zu- Standard: Sie per- Geyer: Die Erinnerung an eine ganz kann man viele Dinge verstehen. Es rück in die Mann- „ sönlich haben es ZUR PERSON: große Chance, zur WM zu fahren. ist ja auch einmalig, was da passiert schaft geholt und nach der Wende Der Dresdner Eduard Geyer (64) Und an die Enttäuschung, dass wir ist. Ich habe damals die Mann- die Parole ausgege- Du konntest, nicht so leicht ge- spielte 112-mal für Dynamo, wur- das nicht geschafft haben. Natür- schaft übernommen, wir hatten ben: Wir wollen uns was auch normal habt, als Trainer Fuß de 1986 Cheftrainer, 1989 Meister, lich hat diese Öffnung der Mauer drei zu sieben Punkte. Wir haben ordentlich verab- war, die Spieler zu fassen. Weil Sie erreichte das Uefa-Cup-Halbfinale. alles durcheinandergebracht. uns reingekämpft, ich bin noch in schieden. Wir haben als Teamchef auch Naturgemäß Informant der Stasi. die Türkei gefahren, hab Öster- jahrelang zusam- nicht mehr als Repräsentant des Letzter DDR-Teamchef von 1989 Standard: Hat der Schiedsrichter reich verlieren gesehen. Dadurch men gespielt, ge- erreichen. politischen Systems bis 1990. Nach der Wende ging er damals gut gepfiffen? hätte uns schon ein Remis gereicht, kämpft. Dann trin- gegolten haben? nach Ungarn, dann zu Sachsen Geyers: Dieser Werner, dieser Pole. um die Qualifikation zu schaffen. ken wir ein Bier zu- Eduard Geyer Geyer: Das ist doch Leipzig, gewann die 3. Liga, doch Irgendwie war das gekauft. Das war Ich weiß noch, wir waren in Leip- sammen, und es geht Pfeffer. Es war ja dem Klub wurde die Lizenz für die nicht mehr normal. Ich würde ihm zig in der Sportschule zur Vorbe- weiter. nicht nur im Fußball 2. Liga verweigert. 1994 übernahm heute noch nicht die reitung, dann kam das so, dass die Trainer er Cottbus, führte den Klub aus der Hand geben. Viel- mit der Maueröff- Standard: Wurde etwa Andreas der DDR keine Chance hatten in Regionalliga in die Bundesliga leicht war’s auch gar nung. Und dann war Thom, der als Erster offiziell ge-“Deutschland. Es gab eine unheim- (2000–2003). 2004 Beurlaubung. nicht mehr gewollt. der Kuchen gegessen. wechselt ist, von Dynamo Berlin liche Voreingenommenheit. Ich Gastspiel in Dubai, dann wieder Das wäre ja auch nach Leverkusen, einberufen? wusste, dass das zu Ende geht. Leipzig und Dresden. Dynamo komisch geworden, Standard: Wie schafft Geyer: Wie viele andere. Die meis- Aber als erfolgreicher Trainer brachte er in die 3. Liga. wenn wir uns qualifi- man es als Trainer, so ten haben abgesagt. Der Matthias dachte ich, das wird schon irgend- Entlassung 2008 nach Meinungs- ziert hätten, und dann eine Mannschaft zu- Sammer ist gekommen, sah, dass wie klappen. verschiedenheiten. Foto: Reuters die ganze Wendezeit, sammenzuhalten? man hätte gar nicht ge- Geyer: Zusammenhal- wusst, wie man damit ten ging schon noch. umgeht. Aber die Köpfe zu be- einflussen, ich denke, Standard: Dem öster- das hätte niemand ge- reichischen Fußballfan schafft. Du konntest, sind wohl die Pfiffe gegen den drei- was auch normal war, die Spieler fachen Torschützen Toni Polster in nicht mehr erreichen. Die Spieler- Erinnerung. vermittler, die da aufgekreuzt sind, Geyer: Mir auch. Der Toni ist ja ein haben sich benommen wie die sehr charmanter Kerl. Wenn ein Schweine, das muss ich sagen. Mann drei Tore macht, kann man ihn doch nicht auspfeifen. Das ist Standard: Beim 1:1 gegen Öster- für mich nicht nachvollziehbar. reich im Mai in Leipzig waren nur Auch dass der Schiedsrichter bei noch 20.000 Zuschauer im riesigen 0:0 schon zwei Elfmeter für uns Zentralstadion und pfiffen die eige- nicht gegeben hat, dann aber einen ne Mannschaft aus. Da war noch Ihr fragwürdigen Elfer für Österreich. Vorgänger Manfred Zapf verant- wortlich. Hat man noch an die Zu- Standard: Als Beobachter hatte kunft geglaubt, sportlich betrachtet? man den Eindruck, dass die Spieler Geyer: Wir sind immer gesteuert der DDR-Auswahl mit den Köpfen worden von der Sportführung. Der nicht mehr bei der Sache waren. Fußball hatte schlechte Karten. Er Geyer: Das war auch so. Ich war da- war zwar die Nummer eins im mals noch Trainer in Personal- Sport, aber die Leistung kam nicht union bei Dynamo Dresden und bei so, wie man sich das vorgestellt der Nationalmannschaft. Die sind hat. Beim Schwimmen, im Rudern, von überall auf die Spieler drauf- in der Leichtathletik, überall war Anfang der 1990er-Jahre er- gegangen, jeder wollte was vom die DDR Spitze. Im Fußball haben reichte die Zuwanderung in Kuchen abhaben. Wir hatten ja ge- wir zwar 1976 Olympiagold ge- Deutschland einen Höhe- nügend gut ausgebildete Fußbal- wonnen, aber es war schwer, sehr punkt. Als politische Reakti- ler. Die wurden kontaktiert, und kompliziert. Wir haben alles selber on gab es den „Asyl-Kom- andere Spieler wiederum sind in entwickelt. Dann sind die mit Vor- promiss“ von 1993, der den den Westen gefahren und haben schlägen gekommen. Die Zielstel- Zugang zu politischem Asyl sich angeboten für die Bundesliga. lung war ein Sieg gegen die Türkei. stark einschränkte. Klaus Es war eine bizarre Zeit, für einen Dann haben wir verloren. Aber Staeck ortet im politisch- Trainer eine sehr unangenehme. eine Qualifikation wird nicht in ei- konservativen Muskelspiel nem Spiel entschieden. Die Trai- eine Gartenzwerg-Mentalität Standard: Die Vermittler rannten ner haben das nie so gesehen. Die mit Brandgefahr. den Spielern nach und umgekehrt, Funktionäre haben das immer total auch in Wien? falsch eingeschätzt. Sa./So., 26./27. September 2009 Wirtschaft 17

Der neue Bank-Austria-Chef Anders gefragt Seite 24 Kathrin Röggla: Ich und die Mauer Seite 18

derStandard.at/Wirtschaft G-20 über vage Finanzmarktregeln einig Die G-20-Länder wollen ihre Banken zu mehr Eigenvorsorge gegen Finanzkrisen zwingen. Bei dem Gipfel in Pittsburgh gab es auch eine Einigung auf eine Reform bei den Stimmrechten im Währungsfonds.

Frank Herrmann Deutschland und anderen europäi- Von oben András Szigetvari schen Ländern seit Anfang 2007. herab Beim in der Öffentlichkeit popu- begrüßt Pittsburgh/Wien – Der Gastgeber lären Thema Bonuszahlungen wol- Michelle amüsiert sich prächtig. Gerade len die G-20 Zusatzvergütung Obama den kommt Jacob Zuma, der Präsident nicht mehr an kurzfristigen Gewin- italienischen Südafrikas, auf dem roten Teppich nen, sondern am nachhaltigen Er- Premier auf ihn zugelaufen. Zuma möge folg der Bank ausgerichtet sehen. Berlusconi. doch bitte die Weltwirtschaft ret- Neben Bonus- soll es auch Malus- Barack ten, ruft ihm Barack Obama zu, und regeln bei Misserfolgen geben. Obama zwar „bis morgen“. Im Glashaus Eine von Frankreich und Deutsch- schaut zu. des botanischen Gartens von Pitts- land geforderte Bonus-Obergrenze Foto: EPA burgh steigt die Gipfel-Gala, ein scheiterte allerdings. Abendessen der Staats- und Regie- Eine Reform wurde auch beim punkte verschieben (siehe Wissen). wegen der mangelnden Unterstüt- rum, das erst im November 2008 rungschefs, dessen Klima Insider Internationalen Währungsfonds Profitieren würden China und In- zung durch die Staaten nicht um- aus der Taufe gehoben wurde, wird hinterher als überraschend harmo- (IWF) verkündet. Aufstrebende dien, Frankreich und Großbritan- gesetzt worden, und nun werde be- die G-8 de facto ersetzen. Er wird nisch, ja aufgekratzt beschreiben. Volkswirtschaften sollen im IWF nien wären die Verlierer. reits die Reform der Reform be- eine ständige Einrichtung, „das Anderswo in der Geisterstadt künftig ein stärkeres Mitsprache- Kritische Worte dazu kamen schlossen, sagte ein IWF-Vertreter entscheidende Forum der interna- Pittsburgh, von 4000 Polizisten recht haben. Die Stimmrechte im prompt aus Washington: Bereits dem Standard. Ein Sieger der Ta- tionalen Wirtschaftskooperation“, und Soldaten so hermetisch abge- IWF sollen sich um fünf Prozent- eine 2008 beschlossene Reform sei gung sind die G-20 selbst: Das Fo- hieß es im Weißen Haus. riegelt wie eine Dritte-Welt-Metro- pole nach einem Militärputsch, wird deutlich, dass die Harmonie BEZAHLTEANZEIGE ihre Grenzen hat. Vor der blauen Wand eines sterilen Saals stellt sich Timothy Geithner hinter ein Arbeitsmarktservice nutzt das Know-how von Siemens und amsbg: schmales Pult und redet Tacheles. „Wir Amerikaner haben zu viel ge- kauft und zu wenig gespart, das kann so nicht weitergehen. Der Welthandel muss besser ausbalan- ciert werden.“ IT des AMS zählt zu den China und Indien profitieren Das war vor allem in Richtung der Exportweltmeister Deutsch- land und China gedacht, denen die effektivsten Systemen Europas USA vor Gipfelbeginn vorwarfen, den amerikanischen Markt mit ih- ren Produkten zu überschwem- Im Bereich der Arbeitsvermittlung Für die ganzheitliche IT-Unterstüt- men. ist IT schon lange nicht mehr weg- zung des AMS sorgt die Arbeitsmarktser- Dennoch vermeldeten die G-20 zudenken. Effiziente Informations- vice BetriebsgmbH & Co KG (amsbg). noch vor dem offiziellen Ende der verarbeitung, schneller Datenaus- Auf der einen Seite stellt sie umfassende Konferenz einige Durchbrüche, tausch und bürgerorientierte eSer- Lösungen und Dienstleistungen zur Ver- auch wenn die Übereinkommen vices sind nur einige Beispiele für fügung, auf der anderen Seite entwickelt zum Teil vage blieben. Beschlüsse die vielen Anforderungen, die an sie als strategischer Partner die Systeme zeichneten sich bei der Finanz- das AMS im Rahmen seiner Aufga- des AMS kontinuierlich weiter. „Ge- marktregulierung ab. So sollen die ben am österreichischen Arbeits- meinsam mit unserer Siemens-Tochter Eigenkapitalvorschriften für Ban- markt gestellt und von diesem auch amsbg sorgen wir dafür, dass die Kern- ken bis Ende 2012 verschärft wer- auf höchstem Niveau erfüllt wer- prozesse des AMS dank unserer Techno- den. Die Institute müssten dann – den. Dabei nützt das AMS spezifi- logiekompetenz und internationalen abhängig von ihrer Größe und ih- sches Know-how über die Prozesse Erfahrung reibungslos ablaufen“, so Dr. ren Risiken – mehr eigenes Geld von Arbeitsmarktservices und mo- Albert Felbauer, CEO Siemens IT Solu- vorhalten. Auch die USA könnten derne Systeme von Siemens IT Solu- tions and Services CEE. schärfere Vorschriften umsetzen. tions and Services. Die IT des AMS Bereits seit 1994 stellt die amsbg Die USA würden sich damit dem wird seit vielen Jahren durch die Lösungen und Dienstleistungen für „Basel II“-Abkommen anschlie- Siemens-Tochter amsbg unterstützt, mittlerweile mehr als 5.000 Anwende- ßen, sagen Diplomaten. Es gilt in Kerngeschäfte und die Prozesse rinnen und Anwender des AMS zur werden so optimiert. Verfügung. Um die Organisation des Das Arbeitsmarktservice ist das füh- AMS mit einer umfassenden EDV- WISSEN rende Dienstleistungsunternehmen am Foto: AMS/Petra Spiola Lösung zu unterstützen, wurde durch Arbeitsmarkt in Österreich. Das AMS das Projekt AMS2000plus eine moderne vermittelt Arbeitskräfte auf offene Stel- Selbstbedienungsservices sollen die Arbeitssuche noch unkomplizierter machen. und flexible IT-Landschaft im gesamten Wer beim IWF len und unterstützt die Eigeninitiative AMS integriert. AMS2000plus umfasst von Arbeitsuchenden und Unterneh- neben Hardware, Software, Betreuung, bestimmen darf men durch entsprechende Beratung, Host-Services und modernen Client- Information, Qualifizierung und finan- Server Architekturen auch die Integra- Die Stimmgewichtung im In- zielle Förderung. Als Dienstleistungs- tion von Internet/Intranet-Technolo- ternationalen Währungsfonds unternehmen des öffentlichen Rechts gien, E-Mail und Selbstbedienungsser- (IWF) hängt von bestimmten trägt das AMS wesentlich zur Verhü- vices für die Kunden des AMS. Alle makroökonomischen Krite- tung und Beseitigung von Arbeitslo- Applikationen und Anwendungen wer- rien ab und errechnet sich sigkeit in Österreich bei. Zur Unter- den im Wiener Rechenzentrum der nach einer recht komplexen stützung aller Geschäftsprozesse wurde amsbg betrieben. Formel. Jeder Staat, der dem mit Siemens ein verlässlicher Partner IWF beitritt, erhält eine Quo- gefunden. Innovativer und verlässlicher Partner te zugewiesen. Die Höhe der für den Öffentlichen Bereich Quote richtet sich nach der IT-Full-Service-Provider des AMS Ob Arbeitsmarktservices oder Steuer- Höhe des Bruttoinlandspro- „Die Anforderungen an unsere IT sind wesen, Haushaltsmanagement, Sicher- duktes des jeweiligen Staates enorm. Es gibt eine Vielzahl an Infor- heit, Rechtssprechung, Bildung oder (bestimmt die Quote zu 50 mationen aus eigenen operativen Syste- Gesundheitsversorgung – in all diesen Prozent), der Offenheit seiner men sowie aus externen Daten der Sozi- Bereichen wird die öffentliche Verwal- Märkte (30 Prozent), der Höhe alversicherungsträger oder des Bundes- tung künftig noch dienstleistungsorien- der Währungsreserven und rechenzentrums. Dabei ist es wichtig, tierter, effizienter und kostengünstiger der Schwankungen beim Au- dass unsere Mitarbeiter Arbeitsmarkt- agieren. Siemens IT Solutions and Ser- ßenhandel. Auf Grundlage daten top-aktuell, schnell, in der not- Foto: Siemens Foto: AMS/Petra Spiola vices hat im Rahmen zahlreicher Pro- dieser Quote wird jedem Staat wendigen Detailtiefe und interaktiv zur Dr. Albert Felbauer, Dr. Johannes Kopf, jekte Institutionen des Öffentlichen Be- einerseits eine Stimmgewich- Verfügung gestellt bekommen, um effi- CEO Siemens IT Solutions Mitglied des AMS-Vorstands: reichs dabei unterstützt, Prozesse zu tung zugewiesen. Anderer- zient agieren zu können“, sagt Dr. and Services CEE: vereinfachen, Abläufe zu beschleunigen seits bildet die Quote auch Johannes Kopf, Mitglied des AMS-Vor- und somit mehr Bürgernähe wie auch die Basis für die Errechnung „Um effizient agieren zu können, ist es der sogenannten Sonderzie- stands. „Gleichzeitig ist es oberste Prio- „Gemeinsam mit unserer Siemens- wichtig, dass unsere Mitarbeiter Ar- spürbare Kostensenkungen zu erreichen. hungsrechte (SZR). SZR sind rität für bestmögliche Kundenservicie- Tochter amsbg sorgen wir dafür, dass beitsmarktdaten top-aktuell, schnell, „Als erfahrener IT-Dienstleister ist Sie- eine eigene IWF-Währung, rung zu sorgen – sowohl was unsere die Kernprozesse des AMS reibungslos in der notwendigen Detailtiefe und mens Partner für Beratung, Prozessde- mit der die Mitgliedsstaaten Services für Arbeitsuchende als auch ablaufen.“ interaktiv zur Verfügung gestellt be- sign, Implementierung und Outsour- handeln können. (szi) unsere Angebote für Unternehmen be- kommen.“ cing-Projekte im öffentlichen Bereich“, treffen.“ sagt Felbauer. 18 der Standard Wirtschaft Sa./So., 26./27. September 2009 Lohnverhandlungen von Wirtschaftskrise überschattet Arbeitslosigkeit bremst Aufstieg aus der Talsohle

Wirtschaftsforscher sehen Konjunktur weltweit das Ende der Krise nahen BIP-Wachstum zum Vorjahr in % und keine Gefahr eines 2008 2009 2010 herben Rückschlags. Doch Welt gesamt USA 3,1 am Arbeitsmarkt sind die 2,0 0,4 1,0 Turbulenzen noch lange -1,2 nicht ausgestanden. Ab -2,7 2011 gehöre das Defizit EU-27 Japan gesenkt und gespart. 0,9 0,6 0,5 -0,7 Wien – Es ist ein Aufstieg mit einem -4,0 schweren Rucksack. Karl Aiginger -5,5 sieht für Österreichs Wirtschaft die Welthandel* China Talsohle durchschritten. Doch auf * real 9,0 dem Weg bergauf zehre die steigen- 7,0 7,5 de Arbeitslosigkeit ebenso an den Kräften wie die wachsende Staats- 2,8 2,0 verschuldung. Temporär könne es Mit einem Handshake zwischen Metallgewerk- Metaller sind traditionell die Ersten, die verhan- Rückschläge geben, und auch 2011 schafter Rainer Wimmer (li.) und dem Chefver- deln, ihr Abschluss gilt als richtungsweisend für werde die Konjunktur nicht gerade handler der Arbeitgeber, Hermann Haslauer, ha- die anderen Branchen. Die Gewerkschaft will ei- explodieren, zeichnet der Chef des ben am Freitag die Kollektivvertragsverhandlun- nen Abschluss nahe zwei Prozent, die Arbeitge- Wirtschaftsforschungsinstituts die gen für die rund 170.000 Beschäftigten in der berseite unter Hinweis auf die schwierige Situa- Bilder eines fragilen Aufschwungs. -12,0 österreichischen Metallindustrie begonnen. Die tion vieler Betriebe deutlich weniger. Foto: AP/Zak Die Arbeitslosigkeit erreiche ih- ren Höhepunkt in Österreich viel- Quelle: APA, Wifo leicht erst in zwei Jahren, sagt auch Bernhard Felderer, Leiter des Insti- schaft. Die hohen Lohnabschlüsse tuts für Höhere Studien. 90.000 Ar- des Vorjahres, die geringe Inflation KURZ GEMELDET Finanzspritze für Minibetriebe beitslose mehr soll es nach Berech- und Steuerreform hätten die Haus- nungen der Experten heuer und im haltseinkommen belebt. Für heuer Sberbank: Weiterverkauf kommenden Jahr geben. Nach ös- sehen die Institute den Privatkon- Förderbank AWS senkt Zinsen für ERP-Kleinkredite terreichischer Definition werde die sum real um ein Viertelprozent zu- von Opel-Anteilen möglich Arbeitslosenquote 2009 auf gut 7,4 legen, 2010 um ein halbes Prozent. Berlin – Die russische Sberbank Wien – Mit einigen Wochen Ab- Eine Anhebung der Obergrenze und 2010 auf 8,3 Prozent zulegen. Viel aufzuholen gibt es bei Inves- schließt einen Verkauf ihres An- stand zu dem auf die Notwendig- von 30.000 Euro je Antrag sei noch Im kommenden Jahr könnten da- titionen und im Export. Erstere re- teils am deutschen Autobauer Opel keiten der Industrie zugeschnit- „in Diskussion“. Von den gesamten mit bereits mehr als 300.000 Öster- duzieren sich heuer um sechs Pro- nicht aus. „Wir sind sehr daran in- tenen Unternehmens-Liquiditäts- 600 Mio. Euro des ERP-Fonds sind reicher ohne Job dastehen. Aigin- zent, Letzterer um 15 Prozent, und teressiert, unseren Anteil an einen stärkungsgesetz (ULSG) können etwa 50 Mio. Euro für diese Aktion ger warnt davor, Abstriche bei den sie fallen damit auf das Niveau vor industriellen Partner weiterzuge- jetzt auch Klein- und Mittelbetrie- vorgesehen. für den Arbeitsmarkt geschnürten vier Jahren zurück. Im nächsten soll ben“, sagte Sberbank-Chef German be (KMU) auf Hilfe rechnen. Dies Nicht mangelnde Liquidität sei Entlastungspaketen zu machen. es im Export wieder aufwärts gehen. Gref am Freitag. Alternativ könnte freilich nur, wenn es ihnen vor der derzeit das Hauptproblem der Wifo und IHS rechnen für heuer Von den Gefahren der Inflation ein Verkauf der Opel-Beteiligung Krise gut gegangen ist und nicht KMU, sondern die mangelnde Bo- mit einem realen Rückgang des BIP sei man im Augenblick ebenso weit an die russische Staatsbank VEB in die Gefahr besteht, dass sie früher nität, sagte Sagmeister. Deshalb be- von 3,4 bzw. 3,8 Prozent. Es ist der entfernt wie von jenen der Deflati- Betracht kommen. (Reuters) oder später doch krachen, sagte mühe man sich auch im Bereich stärkste Einbruch in Österreich seit on, sagt Aiginger. Aufgrund höhe- Wirtschaftsminister Reinhold Mit- der Überbrückungsfinanzierung der Nachkriegszeit. So hart wie be- rer Rohstoffpreise dürfte die Teue- Schröder: Nabucco nur mit terlehner am Freitag bei der Prä- um Erleichterungen. So sei daran fürchtet falle das Minus dennoch rung 2010 jedoch leicht anziehen. sentation des Hilfspakets. gedacht, die Mindest-Eigenkapital- nicht aus, zudem sei es geringer als Den Rückzug der helfenden Hand iranischem Gas machbar So senkt die Förderbank AWS quote – derzeit acht Prozent – zu etwa in Deutschland. Für 2010 er- des Staates halten Wifo und IHS für Astana – Der frühere deutsche Bun- (Austria Wirtschaftsservice) ab 1. senken. Um wie viel, ließen Mitter- warten die Wirtschaftsforscher ein verfrüht. Höhere Steuern seien zu deskanzler Gerhard Schröder hält Oktober den Fixzinssatz für Klein- lehner und Sagmeister offen. Wachstum von real einem Prozent. vermeiden: Gespart werden solle die von der EU zur Umgehung kredite, die aus Mitteln des ERP- Erleichtert werden soll auch Eine Rückkehr ins Minus sehen ab 2011 – dann in erster Linie bei Russlands vorangetriebene Gaspi- Fonds vergeben werden, von 2,0 die Unternehmensgründung. Laut die beiden nicht: Ein herber Rück- Gesundheit, Pensionen und Pflege. peline Nabucco unter Federfüh- auf 1,5 Prozent. Gleichzeitig soll Plan könnte die seit Jahren heftig schlag sei unwahrscheinlich, auch Offiziell vorbei ist die Rezession rung der OMV nur mit Ressourcen die Durchlaufzeit verkürzt wer- diskutierte „GmbH light“ Anfang wenn es einzelne schwache Quar- in Frankreich: Im zweiten Quartal aus dem Iran für machbar. Bisher den. Statt wie bisher in drei Wo- 2010 umgesetzt werden. Ein Ge- tale geben könne. Nicht täuschen legte das BIP um 0,3 Prozent zu. In gebe es ausreichend Gas für die von chen sollen die Antragsteller, so- setzentwurf, den das Justizminis- lassen dürfe man sich jedoch von Deutschland hat die Hoffnung auf Gazprom geplanten Leitungen fern alle notwendigen Unterlagen terium erarbeitet, soll Ende Okto- mancher Euphorie an den US-Bör- ein Ende der Krise laut Gfk die Ver- Nord Stream und South Stream, eingereicht wurden, innerhalb von ber vorliegen. Mitterlehner hofft, sen, meint Felderer. Derzeit spieg- braucherstimmung auf den höchs- nicht aber für Nabucco, sagte 14 Tagen über die Ablehnung oder dass das Ministerium dem Wunsch le dort vieles nicht die realen inter- ten Wert seit Juni 2008 getrieben. Schröder in der kasachischen Annahme des Antrags informiert der Wirtschaft nachkommt und die nationalen Entwicklungen wider. Die USA werden, so Wifo und IHS, Hauptstadt Astana. (APA) werden, sagte AWS-Geschäftsfüh- Mindesteinlage von 35.000 Euro In Österreich bleibt vor allem der ab 2010 wieder um ein bis 1,7 Pro- rer Bernhard Sagmeister. auf 10.000 Euro senkt. (stro) private Konsum Rückgrat der Wirt- zent wachsen. (vk) KommentarS.40 Mayr-Melnhof Holz eröffnet größtes Sägewerk Russlands Wien – Die steirische Mayr-Meln- hof Holz hat das gemeinsam mit Hochegger verkauft PR-Agentur der russischen Immobilien- und Baustoffgruppe LSR errichtete Sä- Kathrin gewerk nahe St.Petersburg nun of- Anteile gehen an Burson-Marsteller – Buwog-Verkauf: Groteske um Einweisungsrecht Röggla fiziell eröffnet. Die Investitions- kosten für das mit einer Fläche von Wien – „Vielleicht ist er schon auf scheinlich“. Hochegger hält laut das Einweisungsrecht verlangt; der Als die Mauer fiel, war ich 24 Hektar größte Sägewerk Russ- seinen Latifundien in Brasilien“, Firmenbuch 45 Prozent an der Hol- Bund lehnte aber ab. Auch im end- weit weg, mindestens in lands belaufen sich auf 80 Mio. vermutet ein Branchenkollege, der ding, Bruder Paul 40,2. Die übrigen gültigen Kaufvertrag mit der Immo- Algerien oder dabei, mei- Euro. 470 Mitarbeiter werden am von Hotels und anderen Invest- 4,8 Prozent neben Trummer gehö- finanz war das Recht enthalten. nen Führerschein zu ma- neuen Standort beschäftigt. (APA) ments in Südamerika wissen will: ren Michael Stempel. Warum? „Das war dem nachträgli- chen. Peter Hochegger und sein Bruder In der Causa Buwog sind nun die chen Verhandlungsgeschick von Danach muss monatelang Karten bei Porr Paul verkaufen ihre Anteile an der Behörden am Zug; die Umstände Dr. Mantler (Finanzministerium; die Hölle los gewesen sein PR-Agentur Hochegger an Burson des Buwog-Verkaufs 2004 kochen Anm.) zu verdanken“, erklärte in Berlin, zwischen Ost- werden neu gemischt Marsteller, ein internationales PR- wieder hoch. Der Rechnungshof Heinrich Traumüller in einem RH- party und Westmuffelig- Wien – Die Kapitalerhöhung um Netzwerk im Besitz des Werberie- (RH) zeigte 2007 Ungereimtheiten Unterausschuss dazu. Mantler da- keit war alles möglich. 83,5 Mio. Euro bei der Porr, über sen WPP. Hochegger Com ist laut auf. Im Fokus: Kärnten verzichtete gegen nannte seinen Kollegen Heute ist es ein Medien- die die türkische Renaissance- Branchenmagazinen mit 11,2 Mio. vor dem Verkauf auf ein Vorkaufs- Traumüller den „führenden Kopf“ ereignis mit festgefahrener Gruppe mit zehn Prozent eingestie- Euro Honorarumsatz die zweit- recht (RH: „Es ist zu vermuten, dass beim Buwog-Verkauf. Siegermentalität, dessen gen ist, hat Folgen: Die B&C-Stif- größte PR-Agentur Österreichs. das Land wusste, wer Bestbieter Das Finanzministerium be- reale Entsprechung stän- tung will den Syndikatsvertrag der Peter Hochegger und Ex-FPÖ-Po- war“), der Bund gab im Februar schrieb Traumüllers Rolle so: Er dig fortrutscht – schon so alten Großaktionäre (VIG und Ort- litiker Walter Meischberger (Freun- 2005, nach dem Buwog-Verkauf, habe „die Entscheidung über die lange weggefegt auch die ner) auflösen. Die Vienna Insuran- de von Ex-Minister Karl-Heinz sein „Einweisungsrecht“ auf. Aufhebung der Einweisungsrechte Träume auf einen anderen ce Group zeigt sich verwundert. Grasser) haben wegen unversteuer- Dabei war die Verzichtserklä- mitgetragen. Aufgrund des reich- Sozialismus, dass es ter Honorare (9,6 Mio. Euro) aus rung des Bundes laut parlamenta- haltigen Angebots am Wohnungs- schwerfällt, sich daran zu dem Verkauf der Buwog Selbstan- rischer Anfragebeantwortung 2007 markt bestanden keine Bedenken, erinnern. GANZ zeige erstattet. Der Rückzug der bereits „im Vertragswerk, das der die Versorgung der Bundesbe- KURZ Hocheggers aus ihrer PR-Holding Anbotlegung zugrunde lag“ veran- diensteten mit Buwog-Wohnungen Kathrin Röggla, Autorin, +++ Öffis Die Wiener Linien ordern habe mit diesem „Geschäftsfall“ kert, weil sie der „Kaufpreisopti- auslaufen zu lassen.“ wurde in Salzburg gebo- 20 U-Bahn-Züge bei Siemens. +++ nichts zu tun, sagt Geschäftsführer mierung“ diente. Traumüller avancierte im Herbst ren, studierte ab 1992 und Oasen Die Schweiz wurde von der und Zehn-Prozent-Gesellschafter Die CA Immo (bis zur letzten 2004 mit Unterstützung von Fi- lebt in Berlin. Foto: H. Corn grauen Liste der Steueroasen ge- Dietmar Trummer. Ein neuer Name Runde Bestbieter) hatte am 26. nanzminister Grasser zum Vor- nommen. für die Agentur sei „nicht unwahr- April 2004 daher den Verzicht auf standsmitglied der FMA. (fid, gra) 24 der Standard Interview Sa./So., 26./27. September 2009 „Ich bin UniCredit“ Willibald Cernko, nächster Der künftige Generaldirektor Bank-Austria-Chef, tritt an, der Bank Austria, Willibald „Willi“ Cernko, hat ein Faible: um dem Projekt seinen Eigentümer UniCredit. europäische Kundenbank Ein Satz, so sagt er, brachte ihn vom Schulabbrechen über die alles unterzuordnen. Golanhöhen an die Bankspitze: Was dabei von der BA „Ich mach das.“ Foto: R. Hendrich übrigbleibt (alles), wie er sich mit den Italienern versteht (prima) und wer Cernko: Auf den Genussmenschen weist meine Figur hin. Ich koche für ihn edel, kämpferisch gern Bodenständiges, und, bevor und sensibel ist (Pferde), Sie fragen, nicht nur italienisch, eruierte Renate Graber. sondern ich kann auch Schweins- braten gut. Ich ess ihn auch gern.

Standard:Ihre Frau ist Pianistin, sie Standard: Sie trinken aber lieber zitiert gern Jean Sibelius: „Über Mu- burgenländischen Roten als italie- sik spricht man am besten mit einem nischen Roten ... Bankdirektor, weil Künstler reden Cernko: Ja. nur übers Geld.“ Gilt der Umkehr- schluss auch? Standard: ... es heißt, Sie seien der Cernko: Er hat eine gewisse Richtig- SPÖ beigetreten, im Lauf Ihrer Kar- keit. Wobei: Wenn ich mich über- riereplanung. schätze, bezeichne ich mich als Cernko: Bin ich nicht. musikalisch halbgebildet. Standard: Weil wir beim Lebensstil Standard: Weil Sie erst spät in die Klassik, Neuer Musik. Die Idee ist schon 53. Aber ich fühle mich wie Standard: Kurz gesagt, Sie lassen sind: Warum halten Sie sich, mit Ih- Musik eingeheiratet haben? mit dem Künstler Gustav Kuhn 52. Jedenfalls bin ich kein Mann die Eigentümer nicht gegen Türen rem Freund RZB-Vorstand Strobl ge- Cernko: Ja, das magische Datum: 12. verbunden und getragen vom des vorauseilenden Gehorsams. laufen, sondern öffnen sie. meinsam, vier Rennpferde? September 2002, da habe ich mei- Grenzen-Ausloten, Ausbrechen Ich geb auch nicht auf vor Hürden, Cernko: Was ist mein Job? Ich ver- Cernko: lch bin vom Lebewesen ne Frau kennengelernt. aus dem normalen Kulturbetrieb. ich bin eine Kämpfernatur. Mir ist antworte die Bank in Österreich Pferd fasziniert. Pferde haben mit meine Karriere nicht zugeflogen, und Osteuropa und habe die Inte- Erobern, Zivilisation zu tun, sind Standard: Am 13. September hat Standard: Sie selbst sind nie ausge- ich hatte damals eine Familie mit ressen des Eigentümers wahr- und edel, kämpferisch, sehr sensibel. Ex-Bank-Austria-Chef Randa Ge- brochen, haben vor 25 Jahren in der drei Kindern, musste Geld verdie- ernst zu nehmen. Ich muss und burtstag, einer Ihrer Förderer. Creditanstalt begonnen und sind nen. Ich wusste: Ich kann etwas, will dem Projekt einer europäi- Standard: Cubacandy war lang das Cernko: Das habe ich dabei nicht be- sehr zielstrebig hinaufgeklettert. ich will – und da bin ich beruflich schen Kundenbank alles unterord- beste Rennpferd Österreichs, Sie ha- rücksichtigt. Cernko: Stimmt so nicht. Ich habe aufs Gas gestiegen. Da, wo andere nen. Und die Bank Austria soll ei- ben ihn selbst ausgesucht ... Dinge gemacht, die man in einer drei Wenn und Aber sagten, habe nen wesentlichen Beitrag dazu lie- Cernko: Wir mussten ihn einschlä- Standard: Der 1. Oktober 2009 wird normalen Laufbahn eines General- ich gesagt: „Ich mach das.“ fern. So einfach ist das. fern. Er ist im Dezember verun- das nächste magische Datum? Da direktors nicht findet. Ich war glückt. In Italien auf der Rennbahn. werden Sie Bank-Austria-Chef. Schulabbrecher, fünf Jahre beim Standard: Die Italiener machen Standard: Sehen Sie sich als Uni- Cernko: Ja, auch magisch. Militär, war auf den Golanhöhen. auch viel, greifen in der BA immer Credit- oder Bank-Austria-Banker? Standard: Ausgerechnet. Sie haben In der Sechsten habe ich mich vom stärker durch, auch via Divisionali- Cernko: Ich bin UniCredit. Und ich drei Reitpferde, Rennpferde, leben Standard: Klingt nicht begeistert. bischöflichen Knaben- sierung. Werden Sie der bin Chairman der Bank Austria, die im großen Penthouse: Passt alles gut Cernko: Doch, meine Arbeit ist mir seminar in Graz ge- letzte Chef einer Bank Teil einer Gruppe mit starken re- zum Bank-Generaldirektor ... wichtig, hatte für mich immer ei- trennt und gewechselt; Austria sein, die für gionalen Wurzeln ist, und all das Cernko: Das hat damit gar nichts zu nen hohen Stellenwert. Das haben in der Siebenten habe ANDERS Österreich und Osteuro- ist kein Widerspruch. tun, andere haben andere Hobbys, manche nicht so gern gesehen. ich beschlossen: Es GEFRAGT pa zuständig ist? und die Reitpferde gehören meiner reicht mit der Schule. Cernko: Nein. Die Zu- Standard: Sie haben eine heiße Zeit Frau. Weil sie wegen ihrer Hände Standard: Ihre erste Frau? Dann ging ich durch die Willibald Cernko, ständigkeit zu ändern vor sich: Nächste Woche dürfte die nicht vom Pferd fallen soll, haben Cernko: Zum Beispiel. Läuterung des Bundes- designierter ist heute kein Thema, Entscheidung fallen, dass die BA wir nur charakterfeste Pferde mit Bank-Austria-Chef heers; als ich keinen wird morgen keines kein Kapital vom Staat nimmt, Sie stabilem Nervenkostüm. Standard: Sie hatte aber auch vier Entfaltungsspielraum sein. Niemand denkt müssen mit den Madoff-Geschädig- Kinder großzuziehen. in dieser Riesenorganisation mehr daran. Und alles, was zum Projekt ten klarkommen, und in der Causa Standard: Pferde, die besseren Cernko: Stimmt. Aber ich bin halt sah, holte ich Matura und Ausbil- Divisionalisierung auf den Tisch rund um Spekulationsgeschäfte in Menschen? ein Ehrgeiziger, ein Fleißiger. dung nach. kommt, wird hier in diesem Haus, Oberwart laufen Ermittlungen. Cernko: Das würde ich so nicht sa- in diesem Vorstand beschlossen. Cernko: Heiß? Ich nenne das He- gen. Aber man bekommt von ihnen Standard: Und sicher der erste BA- Standard: Und landeten in der Rie- rausforderungen. Wie immer unse- das zurück, was man gibt. Chef mit eigenem Plattenlabel ... senorganisation Creditanstalt. Standard: Es heißt aber, Sie reagie- re Entscheidung zum Bankenpaket Cernko: Ich bin nur Minderheitsbe- Cernko: Ja, und hatte immer Frei- ren schneller auf die Wünsche der nächste Woche auch ausfällt, wir Standard: Im Gegensatz zum Bank- teiligter. Da geht es nicht um Ge- raum. Bis heute habe ich nicht er- UniCredit als Noch-BA-Chef Ham- werden unsere Kapitalbasis auf je- geschäft? schäft, sondern um Lust an Kultur, lebt, dass jemand mit einer rele- pel. Agieren Sie pragmatisch nach den Fall stärken. Cernko: Das ist eine Graber’sche In- vanten Entscheidung kommt und dem Motto „Wer zahlt, schafft an“? terpretation. sagt: „So ist es.“ Das werde ich auch Cernko: Sicher nicht, so läuft das Standard: Wie peinlich ist es, dass ZURPERSON in Zukunft nicht erleben. nicht. Ich bin hier kein Unter- einer der Vorstände der Banken- Standard: Letzte Frage: Worum schriftenonkel, ich will mitarbei- ÖIAG Fimbag, Adolf Wala, Madoff- geht’s im Leben? Willibald Cernko (53) wuchs Standard: Vielleicht antizipieren ten und habe gelernt, die Wünsche Geschädigter ist? Er war Kunde der Cernko: Der Einsicht gemäß zu le- mit Mutter und vier Ge- Sie, was man von Ihnen will. Man- des Eigentümers zu akzeptieren. Es Bank Medici, an der die BA die ben, dass Geld allein nicht alles ist. schwistern in Knittelfeld auf, che Ihrer Beobachter sagen, Sie sei- ist jedem freigestellt, ob er dabei Sperrminorität hielt. sein Vater war 1967 verun- en willfährig gegenüber den jeweili- sein will; auch mir. Ich habe in der Cernko: Madoff ist der größte Be- glückt. 1985 kam er zur CA. gen Eigentümern der Bank. Ob CA- UniCredit riesige Möglichkeiten trugsfall, den die Welt je sah. Die Schmidt-Chiari schickte ihn Übernahme durch die Bank Austria, gesehen und wurde nie enttäuscht. US-Aufsicht hat fünfmal geprüft, in den Osten, CA-Käufer Ran- Verkauf an die HVB oder an UniCre- Ich schätze die UniCredit wahnsin- niemand sah das Problem. Und je- da förderte ihn, ab 2003 war er dit, Sie seien stets schnell auf der nig, weil sie, wie ich, sehr konse- der, der in Hedgefonds investiert, im BA-CA-Vorstand, 2005 in Seite der Macht gestanden. quent ist. Ich hätte beruflich jeder- weiß, dass das kein Sparbuch ist. Eva UniCredit-Gremien. Als HVB- Cernko: Ich bin jetzt 52 ... zeit etwas anderes tun können. Menasse Vorstand sanierte er das deut- Standard: Ihre Kunden wussten sche Retailgeschäft, am 1. Ok- Standard: Sind Sie nicht 53? Standard: Was denn? nicht, dass alles bei Madoff landet. Als die Mauer fiel, war ich tober beerbt er Erich Hampel. Cernko: Lassen Sie mich doch aus- Cernko: Der Markt ist relativ groß Cernko: Wir sind überzeugt, dass neunzehn und lebte unter reden ... Oh, tatsächlich, ich bin und interessant. wir unsere Aufklärungspflichten der beklemmenden Vor- erfüllt haben. Weil manche anders stellung eines jederzeit denken, müssen wir uns letztlich möglichen Atomkrieges. einer Gerichtsentscheidung stel- Danachwar ich zu blöd und len. Zu Oberwart: Wir sehen keine zu träge, um, wie so viele strafrechtliche Relevanz, führen andere, sofort in den Zug aber Vergleichsgespräche mit Kun- zu steigen und nach Berlin Montagsgespräch 28. 9. 2009, 19.30 Uhr den, die sich schlecht beraten füh- zu fahren, was ich bis heu- len. Wissen Sie, falsche Zukunfts- te bereue. einschätzungen sind zwar bedau- Heute ist es fast unwirk- Der Bundes-Effekt der Herbstwahlen erlich, aber es wird sie immer ge- lich, dass diese Mauer je ben. Mit Historikerblick in die Ver- existiert hat, denn es gibt gangenheit ist alles einfach. sie (fast) nur noch als Stra- ßenmarkierung und auf Standard: Die häufigste Banker- den historischen Stadtplä- Foto: uibk Ausrede der Gegenwart. nen für Touristen, wäh- Foto: Newald Foto: APA/OTS Foto: APA/Tatic Cernko: Aber die letzten Jahre vor rend aus zwei Berlins min-

Foto: Robert Newald der Krise ging es doch nur bergauf, destens ein Dutzend ge- der Begriff Risiko wurde immer worden sind – genauso kleiner geschrieben. Wir alle woll- viele Farben hat heute ten am Erfolg teilhaben, alle woll- mein damals schwarz- Barbara Wicha Werner Beutelmeyer Reinhold Gärtner Kurt Palm Moderation: ten das schnelle Geld machen. graues Lebensgefühl. Politologin Meinungsforscher Buchautor über Autor und Gerfried Sperl Uni Salzburg Populismus, Regisseur DER STANDARD Uni Innsbruck Standard: Apropos Geldmachen. Eva Menasse, Autorin, Ihr Sohn Leonard ist einer der bes- geboren in Wien, lebt seit ten österreichischen Köche, Sie 2003 in Berlin. Foto: Peitsch Ort: Haus der Musik, Seilerstätte 30/Eingang Annagasse, 1010 Wien. Freier Eintritt derStandard.at/Events selbst sind bekennender Genuss- mensch, kochen auch gern ... Sa./So., 26./27. September 2009 Kultur 25

Arnulf Rainer feiert sein Museum Seite 26 Krise als Dauerzustand: 20 andere Jahre Seite 32

derStandard.at/Kultur „Kein Hellseher, sondern politischer Beobachter“

Klaus Staeck gehört seit fast vier Jahrzehnten zu den profiliertesten politischen Plakatkünstlern Deutschlands. In seinem Lebenslauf und seiner künstlerischen Arbeit spiegelt sich die deutsch-deutsche Geschichte.

Alexandra Föderl-Schmid Zur Kunst kam der studierte Ju- rist als Autodidakt, er gestaltete Berlin – Von seinem Schreibtisch Postkarten. Heute umfasst sein aus überblickt Klaus Staeck den Werk rund 300 Plakate und zahl- Pariser Platz und sieht zum Bran- reiche Fotos, die in mehr als 3000 denburger Tor. Dass er seit mehr Ausstellungen präsentiert wurden. als drei Jahren als Präsident der Bekannt wurde Staeck Anfang der Akademie der Künste an diesem 70er-Jahre durch seine satirische historischen Platz sein Büro hat, Auseinandersetzung mit der Poli- hat Symbolkraft. Staeck ist 1938 in tik. „Ich war immer politisch, und Pulsnitz in der DDR geboren, in der ich hatte immer das Ziel, eine grö- Industriestadt Bitter- ßere Öffentlichkeit zu feld aufgewachsen. erreichen. Das ging „Wenn man bis zum mit Grafiken nicht. Da 18. Lebensjahr wo dachte ich mir: War- lebt, ist man geprägt um nicht Plakate?“ für sein Leben.“ Damals habe es auch In der DDR habe er die Tendenz gegeben, das Widersprechen Kunst auf die Straße gelernt, aber rasch be- zu tragen. griffen, dass er hier Seine erste Plakat- keine Zukunft habe. aktion 1971 zum Dü- Die Flucht sei damals rer-Jahr in Nürnberg noch einfach gewe- (Zum Konterfei der Seine satirische Auseinandersetzung mit Politik provoziert. Seit der Wiedervereinigung setzt sich Klaus sen. „Man setzte sich alten Frau die Frage: Staeck häufig mit deutschen Befindlichkeiten auseinander, wie diese Standard-Ausgabe zeigt. Foto: AP in den Zug und kam „Würden Sie dieser nie wieder.“ Er fuhr nach Heidel- Frau ein Zimmer vermieten?“) Die SPD will euch eure Villen im entstanden sind, wundert sich Der 71-Jährige kann noch immer berg. Die halbe Schulklasse sei da- führte zu mehr als zweihundert Tessin wegnehmen!“ Als „Bonner über seine Weitsicht: „Ich bin kein staunen über sich und die Welt um mals, 1956, in den Westen gegan- Anrufen bei der Stadtverwaltung. Bildersturm“ ging jene Aktion vom Hellseher, ich bin ein politischer ihn. Das kommt auch in den bissi- gen. Die Konsequenz war: Seine „Das war eine gute Werbung. Und 30. März 1976 in die deutsche Ge- Beobachter. Das war absehbar.“ gen Kommentaren zum wiederver- Brüder durften die Oberschule von dem Tag an war klar, das ist schichte ein, als Unionsabgeordne- Der Mauerfall hat ihn dagegen einigten Deutschland zum Aus- nicht besuchen. „Das hat mich ge- eine Chance, die es für die Kunst te, darunter der spätere Bundes- völlig überrascht. „Wer behauptet, druck. Dass er 2006 zum Präsiden- piesackt. Sie haben mir das aber zu nutzen gilt.“ Ein halbes Jahr spä- tagspräsident Philipp Jenninger, er habe das kommen sehen, lügt.“ ten der einzigen Ost-West-Akade- nie vorgeworfen.“ Die Treffen der ter habe es die erste Klage von der im Haus der Deutschen Parlamen- Er sei an jenem 9. November 1989 mie mit 370 in- und ausländischen Geschwister in Prag und Warschau CDU gegeben. tarischen Gesellschaft in Bonn Pla- in Leipzig gewesen mit einer Dele- Mitgliedern gewählt wurde, hat seien vom Geheimdienst beobach- Aber auch mit der SPD setzt sich kate von den Wänden rissen. gation des damaligen nordrhein- ihn überrascht. „Was sind das für tet worden, habe er später aus den Staeck kritisch auseinander. 1972 41-mal wurde inzwischen ver- westfälischen Ministerpräsiden- Zeiten, in denen ein Satiriker zum Staatssicherheitsakten erfahren. sorgte er im Bundestagswahlkampf sucht, Plakate und Postkarten ju- ten Johannes Rau. „Wir sind dage- Präsidenten gewählt wird?“ Die Erfahrungen in der DDR und für Furore mit seinem Plakat mit ei- ristisch verbieten zu lassen. Wer sessen und haben am Abend Fern- nach seiner Ankunft in der Bun- ner Villa am Berg und der ironi- seine Plakate zur Finanzkrise sieht, sehen geschaut und gedacht, das der Standard Webtipp: desrepublik haben ihm gezeigt: schen Parole: „Deutsche Arbeiter! die bereits vor sechs, sieben Jahren ist unglaublich.“ www.klaus-staeck.de „Man muss sich einmischen.“ Das hat er getan, fast sein ganzes Leben lang. 1960 trat er in die SPD ein und sieht sich selbst als „überzeugter Linker“. Nachsatz: „Als Sozialde- Ein Tempel für Nackte, Denker und Waffenhändler mokrat.“ Deutsch-deutsches Gerede Steirischer Herbst schickt seine Gäste bei der Eröffnung auf eine spannende Reise mit Experten und Gauklern Seitdem er aus der DDR wegge- gangen war, kämpfte Staeck gegen Colette M. Schmidt Theater im Bahnhof und raumla- ein Kranführer, der Tod, der Kar- bild für das, was Intendantin Vero- die Teilung in zwei deutsche Staa- borberlin, wo man suchte und ten mit Fragen nach dem eigenen nica Kaup-Hasler Stunden später ten: „Ich habe immer gesagt: Das ist „Wenn man zu viel liebt und alles fand. Etwa die Philosophin Isolde Ableben austeilt, ein Insolvenzbe- in ihrer Eröffnungsrede als die Rol- ein unnatürlicher Zustand, wenn verzeiht, läuft man in die Irre“, er- Charim, die an einem langen Tisch rater, ein Chaosforscher und die le der Kunst gerade in der Krise be- ich meine Mutter nicht sehen oder klärt Franz Schuh zurückgelehnt ihrem Kollegen Andreas Leo Find- Performancekünstler united sorry, schreibt: „Sie lässt Unterschiedli- zu einer Beerdigung eines Ver- in seinem Fauteuil einer Dame im eisen gegenübersaß und ihm sowie die sich nackt auf dem Boden rä- ches, scheinbar Unvereinbares ne- wandten fahren kann.“ So hat er Dirndl, die ihm gegenübersitzt. zum Teil am Boden hockenden Zu- keln. Man kann sich auch massie- beneinander gelten, kann mehr- sich schon 1963 als Jusstudent en- „Man muss wissen, wie viel Liebe hörern ihre Definition des „demo- ren oder von Gudrun Gut und Tho- deutig gesellschaftliche Konflikt- gagiert und einen Studentenaus- ein Mensch braucht“, fährt er fort. kratischen Subjektes“ erklärte. mas Fehlmann Musik auflegen las- felder testen, ohne sich in Recht- tausch mit Leipzig organisiert – kri- Die Dame nickt. Man unterhält sich Viele sitzen hier mehr als eine sen und einen Waffenfachhändler haberei üben zu müssen.“ tisch beäugt von den eigenen Ge- bei Weißwein und Salzbrezeln in halbe Stunde lang und horchen ge- kennenlernen. Dieser erklärt seriös, Kaup-Hasler erklärt auch die nossen: „Es gab immer nur einem Stoffkubus über Kinder- bannt zu. Man reißt sich los, weil warum die Desert Eagle, eine israe- Zweideutigkeit des diesjährigen deutsch-deutsches Gerede, aber erziehung. Auf Sofas verteilt sitzt man weiß, dass es noch so viel zu lische Militärpistole, „keine typi- Festivalmottos All The Same – „als konkrete Aktionen waren nicht er- ein Teil des Publikums der Eröff- sehen gibt: etwa den Einbrecher- sche Damenpistole ist“, während Gleichgültigkeit, als Desinteresse wünscht.“ nung des Steirischen Herbstes. könig, der 30 Jahre im Gefängnis sie einem schwer in der Hand liegt. bis hin zur Gleichberechtigung als Seine Brüder, Mutter und Groß- Dort schob man sich am Don- saß und auf die Frage, ob sich Ein- Was nach Messeständen für In- Utopie und Alltagsforderung“. Sie mutter wollten just am Tag des nerstagabend in der Helmut-List- brechen finanziell gelohnt hätte, tellektuelle und Künstler klingt, ist schließt mit einem Flaubert-Zitat: Mauerbaus, am 13. August 1961, Halle durch 24 solcher Boxen, die jovial meint: „Eigentlich nicht. eine Sammlung von Haltungen, „Vielleicht war meine Gleichgül- ebenfalls das Land verlassen. Weil nur durch Stoffwände voneinan- Weil, wennsd’ in Häfn gehst, ghört Ideologien und Behauptungen, die tigkeit nur ein Übermaß an Begier- sie sich verspätet hatten, kam ih- der getrennt waren. Tempel der des ganze Geld dem Anwalt“. In zum Hinterfragen einladen, nach- de.“ Für Wissbegierige war der nen aber die Bauarbeiter dazwi- Vernunft hieß die vier Stunden weiteren Boxen warten eine Wahr- denklich machen oder einfach Tempel jedenfalls ein vielverspre- schen, und sie mussten umkehren. durchlaufende Installation vom sagerin, ein Homöopathiehasser, amüsieren. Der Tempel ist Sinn- chender Festivalauftakt.

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Ferdinand Georg Waldmüller, Kinder schmücken denKonskribierten Hut (Ausschnitt), eines 1854, Öl aufAuktion Holz, 7. 55,5 Oktober x 44 cm, WIEN VORARLBERG 26 der Standard Kultur Sa./So., 26./27. September 2009 Rainer, verloren im Marmor-Mausoleum Seit Donnerstag hat Arnulf Rainer in seinem Geburtsort Baden ein eigenes Museum: Im ehemaligen Frauenbad wird nach achtmonatiger Renovierung zum Auftakt sein vielfältiges Frühwerk gezeigt.

Anne Katrin Feßler Publikums (1951); längst passé je- ner Akt der Verzweiflung – der Baden – Erklärungen zu seinem trotz des traurigen Verlusts vieler Werkkosmos hat Arnulf Rainer im Bildwerke auch von entschlosse- Laufe seiner 1949 beginnenden ner Courage zeugt –, bei dem Rai- Karriere viele und stets bereitwil- ner fast 100 Ölbilder vernichtete lig gegeben: „Meine Kommentare (1954). Lange her auch die Bilder- sind keine wichtigen genuinen Äu- verbrennungsaktion von 1957. ßerungen, sondern Tricks und Ge- Heut tobt er nicht mehr mit sich brauchstexte, um noch schlimme- und anderen, sondern blickt inte- ren Interpretationen anderer zu- ressiert und aus Distanz auf seine vorzukommen“, bekannte Rainer. alten Bilder; lernt sich selbst dabei Allerdings schon 1979 in einer sogar neu kennen. häufig und jüngst in Baden aber- mals zitierten Selbstbevorwortung. Wahrlich schwerer Anfang Am Donnerstagvormittag in Ba- Ob er bei der Hängung der ers- den, wo das lange erwartete Rai- ten Ausstellung im eigenen Muse- ner-Museum seine Tore öffnete, um, die das Frühwerk zwischen wirkt der bald 80-jährige Künstler 1949 und 1961 recht uninspiriert gut gelaunt, jedoch recht stumm präsentiert, dabei war? „Ich kann und sich damit begnügend, knapp meine Werke nicht hängen. Ich und präzise das Konzept des neu- halte mich bei der Hängung vom en Hauses, das „kein klassisches Haus fern. Ich bin immer unzufrie- Museum“ sei, zu umreißen. den.“ – Unzufrieden? Im aktuellen Denn gesprochen wurde an die- Fall durchaus verständlich. Gut drauf: Arnulf Rainer kasperlt im einzigen – einem White Cube am nächsten kommenden – annähernd sem noch jungen Tag „an dem sich Aller Anfang ist schwer titelt man funktionierenden Raum des Museums mit frühen Übermalungen in Tusche und Ölkreide. F.: APA/Fohringer alle kulturinteressierten Augen auf in Baden. Das ist zu bemerken. Baden richten“ ohnehin schon Zweifel überwiegen, ob es besser Rainers existenzieller künstleri- Saal noch einmal vom Bodenni- lation zu verwachsen. Manch herr- viel. Hymnisch handeln Landes- werden kann. Warum? Zwar ist die scher Auseinandersetzungen mit veau aus, darf man die Werke aus liche Arbeit findet sich in die Ecke herr und Stadtfrau die Weltoffen- Adaptierung der klassizistischen Leben und Tod ein höchst unpas- der Büßersicht betrachten. Als gezwängt: zwischen einer Tür- heit Niederösterreichs ab. Das „Ba- Bausubstanz von der Architekten- sendes Setting. kleiner Wurm, oder wie? öffnung auf der einen und einem den nun in einem Atemzug mit gemeinschaft Lottersberger-Mess- Man könnte diese Form der In- Einige monumentale Blickach- Feuerlöscher auf der anderen New York genannt wird“, war ih- ner- Dumpelnik in der Tat sehr sen- szenierung fast als absichtliches, sen gewährt der Saal des Frauen- Seite. Die generell plumpe Anhäu- nen zwei Millionen Euro für die sibel gemacht, die Materialien für aber böses Spiel begreifen: In den bads, obgleich die gefleckte Mar- fung technischer Notwendigkeiten bauliche Adaptierung des ehema- Einbauten mit Bedacht gewählt. Saal des Karolinenbades führt ein moroberfläche Rainers Überma- nimmt andernorts sogar unfreiwil- ligen sogenannten „Frauenbades“ Aber wer hatte die Idee, aus einem mit Glas gerahmter Steg, von dem lungen in Ölfarbe – darunter die lig komische, installative Züge an. wert. Danke Niederösterreich, das Bad ein Museum zu machen? man mit erzwungenem Respektab- Grüne Übermalung mit Flammen- Und zur Frage, was man aus dem Land mit der Wohlfühlatmosphäre Marmor bis weit hinauf zur De- stand auf großformatige Leinwand- ecke (1956/58) – recht stumpf wir- historischen Bad anderes hätte ma- für all die bunten Künstlerhunde! cke, tiefe Becken und massive, bilder, tiefschwarze, in die Tiefe ken lässt. Fürchterlich die hängen- chen können als ein Museum? Ei- Und: Danke, Rainer, für 42 ge- raumgreifende Wandvorlagen, die saugende Übermalungen blickt. In de Einzelhaft von Rainers (zwei- nen exklusiven Ort römischer Ba- schenkte Werke! auf das Repertoire des antiken der Ferne, verdeckt durch schon felsfrei wunderbaren) grafischen dekultur, zum Beispiel. Rainer ist großzügig und milde. Tempelportikus zurückgreifen, erwähnte Marmor-Monströsitäten, Blättern in den Kabanen des Hau- „Aller Anfang ist schwer“, Ausstel- Lange vorbei die Zeit spontaner lassen noch am ehesten an ein auch zwei kleinformatige rote ses. Sie scheinen mit den kleinen, lung bis März 2010, tägl. außer Di, Beschimpfungen des „verrotteten“ Mausoleum denken. Trotz Arnulf Übermalungen. Betritt man den beengenden Kammerln zur Instal- 10 bis 18 Uhr, Josefspl. 5, Baden Das Ende des Frontalunterrichts Sag mir leise, was ich meine Mit dem Mauerfall stieg Techno zur globalen Bewegung auf Das DDR-Theater als Erblast für das „Regie-Theater“

Christian Schachinger ren Coverfoto eine halb geschälte len gehendes Arsenal von party- Ronald Pohl geachtet wurde, als Theatertheore- Speisegurke: „Ostzonen-Gabi im wütigen Feierabend-Schichtlern tiker aber verpönt war, galt ein Wien – Der deutsche Musiker und Glück: Meine erste Banane!“ vorhanden. Diese wollten gern und Berlin/Wien – Als im Herbst 1989 windschiefer, bürgerlich verrot- Schriftsteller Thomas Meinecke Die am 1. Juli 1989 erstmals mit regelmäßig und mehrere Tage im tausende bürgerrechtsbewegte teter Realismus als ästhetische beklagt in seinem aktuellen, im nur gut 100 Leuten gefeierte Love Block nicht mehr im Alltag funk- Menschen auf die Straße gingen, Norm. Nautilus-Verlag erschienenen Ge- Parade in (West-)Berlin war nur die tionieren. um ihre Unzufriedenheit mit der Wer darauf verzichtete, die viel- sprächsband Die Bundesrepublik Vorstufe. Richtig groß wurde die Die fröhliche wie kurzfristige sklerotischen Greisenherrschaft fachen „Widersprüche“ der Auf- Deutschland den Herbst 1989 damals noch in ihren bescheide- Umstellung vom gesellschaftli- der SED zu bekunden, da zündeten bauarbeit (fehlende Demokratie, spitzfindig wie vermutlich nicht nen Anfängen steckende Techno- chen Frontalunterricht der DDR nicht von ungefähr die Theater am Gängelung, schlechte Versorgung) ganz unrichtig als jene Zeit, in der Bewegung erst mit dem Mauerfall. auf anonymen wie gleichmacheri- schnellsten. „Die Unterhaltungs- als nicht so schlimm darzustellen, gleich nach dem Mauerfall aus Das Motto „Drei Tage wach“ ver- schen West-Hedonismus der gern künstler der DDR“ verabschiede- der galt, höflich gesprochen, als dem Osten „noch mehr Nazis“ in dankt sich demnach nicht nur vor auch illegalen und in verlassenen ten geharnischte Resolutionen. Außenseiter – oder war zumindest den Westen gekommen seien. dem Wehrdienst ins alte Westber- volkseigenen Fabrikshallen zele- Einzelne Theater hielten Ver- schwer vermittelbar. Spätere Welt- Mit den aus dem Realsozialis- lin geflüchteten zukünftigen Stu- brierten Techno-Partys mit ihren sammlungen ab; laufende Probe- künstler wie Heiner Müller oder mus flüchtenden Unbelehrbaren dienabbrechern, Klein- und Le- anfangs das Starprinzip ablehnen- arbeiten wurden um Diskussions- Einar Schleef wurden zeitweise kam dann allerdings auch eine benskünstlern. Die aus dem den DJ-Protagonisten sorgte auch runden erweitert. Ganze Betriebs- mundtot gemacht. Manche Thea- Welle von Leuten, die das Feld ei- Schwäbischen oder Baden-Würt- für eines: Die Verhältnisse mach- belegschaften schlossen sich den termacher wie Adolf Dresen, wie ner damals längst in die Breite der tembergischen zugezogenen Kreuz- ten sich notwendiger- Demonstrationen an. Jürgen Gosch oder der Brecht- (westlichen) Realpolitik ausstrah- berger konnten schon von den spä- weise locker. Die ostdeutschen Meisterschüler Peter Palitzsch zo- lenden Popkultur entscheidend ten 1960er-Jahren herauf die Nacht Zehn Jahre später Theaterschaffenden, gen es ihrerseits vor, dem Arbeiter- verändern sollte. Unter den frühen perfekt zum Tag machen. ballerten sich am Hö- gewohnt, sich auf den und Bauernstaat freiwillig den Rü- Gästen war etwa auch die legendä- Der entscheidende Durchbruch hepunkt von Techno untersten Kreislei- cken zu kehren. re, damals vom Satiremagazin Tita- Berlins und damit gleich ganz 1,5 Millionen Besu- tungsebenen mit dem Es gehört daher zu den Pointen nic unfreiwillig zur frühen Ikone Deutschlands zur Techno-Welt- cher auf der Love Pa- Kunstdiktat bankrot- der deutsch-deutschen Nach- der deutsch-deutschen Verbrüde- zentrale kam damals allerdings mit rade das Kurzzeitge- ter Staatssozialisten kriegsgeschichte, dass die forma- rung gebastelte „Ostzonen-Gabi“. den Ossis. Hier war unvermutet dächtnis weg. Der Os- herumzuschlagen, len Errungenschaften bedeutender Diese verzehrte auf einem legendä- nicht nur ein von null in die Vol- ten war inklusive sogen die neue Auf- Ex-DDR-Künstler sich tief in die „Modernisierungsver- bruchsstimmung be- westliche Theaterlandschaft ein- lierern“ im Westen an- gierig in ihre Nüstern. prägten. Manche meinen sogar, das gekommen. Die hedo- Ihre Standesvertre- übel beleumundete „Regietheater“ nistischen wie zart ter waren es gewohnt sei ein Abfallprodukt jener Repu- anarchistischen An- gewesen, mit konfu- blikflüchtlinge, die ihre Verschlüs- fänge waren laut Lehrplan des Ka- zianischem Eifer über die Maßga- selungstechniken auf kapitalisti- pitalismus in eine durchgeplante ben der „Staatskunst“ zu diskutie- schen Bühnen weiter verfeinerten. Freizeitwirtschaft übergegangen, ren. Wer Theater machte: Stücke Spätestens in den 1980ern er- das „Geschäft“ des Techno ein mil- schrieb oder inszenierte, wer spiel- setzten die DDR-Bühnen dem Pu- lionenschweres geworden. te, ausstattete – der musste damit blikum jene Foren, auf denen öf- Heute gelten die vorzugsweise rechnen, kontrolliert und ideolo- fentliche Kritik hätte geübt werden im ehemaligen Osten stehenden gisch reglementiert zu werden. Das können. Assoziativer Anspie- Clubs wie das Berghain als be- System gestand seinen Künstlern lungsreichtum half mit, im Licht liebtes Wochenend-Shangri-La für Privilegien zu; im Gegenzug fühl- der Überwachungslampen den eine globale Meute von Party-Kin- ten sich die Theaterschaffenden „Klartext“ zu ersetzen. Jedes auf dern, die sich ihren gesellschaftli- ihrerseits dazu verpflichtet, den der Bühne gesprochene Wort besaß chen Kurzzeitausstieg leisten kön- Aufbau des „Sozialismus“ bera- zweierlei Wertigkeit: Es sprach nen. Geschlafen wird am Sonntag tend zu unterstützen. aus, was es sagte. Es reichte aber während des Rückflugs nach New Das DDR-Theater kann man sich auch hinab in die Bezirke des Un- York, Paris, Tokio. Hartz IV bleibt. daher getrost als ein nationales ausgesprochenen. Nach der „Wen- Und die Verballermannisierung ei- Consulting-Unternehmen vorstel- de“ zerriss das dicht gewobene Von der Anarchie der frühen Tage nach dem Mauerfall zum global ver- ner kurz aufregenden Auflehnung len. Weil Bertolt Brecht seit den Netz der DDR-Theater ruhmlos. Es markteten Freizeitunternehmen: Techno aus Berlin. Foto: dpa ebenso. 1950er-Jahren als Praktiker zwar fehlte schlicht – am Geld. Sa./So., 26./27. September 2009 Kultur der Standard 27 „Dann sind wir Helden, für „Es war so ein abscheulicher Bau“

einen Tag“ Der australische David Bowies Musiker und Produzent großartige Berlin-Trilogie Mick Harvey, langjähriger Wegbegleiter Karl Fluch von Nick Cave, erzählt Karl Fluch von den Als David Bowie 1981 für die Ver- filmung von Christiane F.s auto- 1980ern, in denen er in biografischen Aufzeichnungen Wir der Mauerstadt Berlin lebte Kinder vom Bahnhof Zoo sein Lied und Platten aufnahm. Heroes samt gelecktem „L“ als Hel- den auf Deutsch vortrug, war das für ihn eine Abschlussarbeit. Zwi- Standard: Sie sind Anfang der schen 1977 und 1979 nahm der 1980er-Jahre mit Nick Cave und der Brite die Alben Low, Heroes (1977) Band The Birthday Party von Aus- und Lodger (1979) auf, die als Ber- tralien in die Pop-Metropole London lin-Trilogie im Bowie-Katalog er- übersiedelt – nur um von dort wei- fasst sind. Es sind seine bis heute ter nach Berlin zu ziehen. Von au- vielschichtigsten Arbeiten. ßen betrachtet eine seltsame Ent- Bowie lebte damals zusammen scheidung. mit Iggy Pop im Westberliner Be- Harvey: Als wir mit der Birthday zirk Schöneberg. In der Mauerstadt Party 1981 erstmals in Europa wollte er einerseits seine Drogen- spielten, waren wir auch in Berlin. abhängigkeit überwinden, ande- Wie bei so viele Leute damals ent- rerseits führte ihn sein Interesse an stand sehr schnell eine Beziehung deutschen Bands wie Kraftwerk, zu der Stadt. Wir trafen einfach Can oder Neu!, an denen auch sein jede Menge ähnlich denkender Freund, der Produzent Brian Eno Leute, waren die ganze Nacht aus Mick Harvey: „Berlin gilt – wie New York – als Stadt, die niemals schläft. Im Gegensatz zu New York interessiert war, nach Berlin. Mit und hatten eine fantastische Zeit. kann ich das für Berlin bestätigen.“ Foto: Mute Rec. Eno arbeitete Bowie auf allen drei Was uns sofort klar wurde, war, in seiner Berliner Zeit entstande- dass Berlin jene kulturelle Mi- wenn man Plätze oder Objekte be- ten bot, weil es eine Art staatenlo- weiß aber, dass jede Menge Speed nen Alben zusammen. schung und Lebendigkeit besaß, trachtet, die sich nicht allein vom se und – wie Sie sagen – isolierte im Umlauf war. Später erfuhr man Allen ist die experimentelle die wir in den zwei Jahren in Lon- Rechteck einer Kamera einfangen Stadt war. Das bestimmte unleug- aus Stasi-Akten, dass dieses aus Soundforschung und Enos Interes- don so vermisst hatten. Berlin wur- lassen. Die Mauer war unvorstell- bar, was dort kulturell vor sich DDR-Laboren stammte. Ansonsten se an Ambient Music anzuhören. de sehr schnell eine zweite Heimat. bar, und das muss sie jetzt wohl ging. Aber Berlin war ja während musste man nur bis fünf Uhr mor- Bowie zählt Low heute zu einer der Ich glaube, wir diskutierten schon auch wieder sein. Es war so ein ab- des gesamten 20. Jahrhunderts ein gens in den Bars rumhängen, dann besten Arbeiten seiner Karriere. am nächsten Tag, auf unserem Weg scheulicher Bau! Es ist schwierig, radikales kulturelles Zentrum. Es lernte man schnell jeden kennen. Aber nicht nur Enos visionäre nach Amsterdam, ob wir nicht die Mauer jemandem zu beschrei- besaß also immer eine Anzie- So auch Wim Wenders, er hat uns Energie waren dafür verantwort- dorthin umziehen sollten. Schon ben, der sie nie gesehen hat. Ich hungskraft für Leute, die sich da- ganz einfach gefragt, ob wir mit lich, auch die Stadt an der Stahlbe- um unser Seelenheil willen! glaube, ich habe das auch noch nie mit identifizieren konnten. Und ihm arbeiten wollen würden. tonnarbe des Kalten Kriegs prägte versucht. das setzt sich ja bis heute fort, es die Atmosphäre der Alben. Vor al- Standard: Wie wurden reflektiert scheinbar immer noch Standard: Und wie haben Sie die lem in Instrumentals wie Neuköln Sie denn in Berlin Standard: Mit Nick den Zeitgeist, und der war wohl da- Einstürzenden Neubauten kennen- (sic!), A New Career In A New Town empfangen? Cave und den Bad mals ganz speziell. gelernt, deren Sänger Blixa Bargeld oder Weeping Wall, mit denen Eno Harvey: Sehr gut, wir Seeds haben Sie in Gitarrist der Bad Seeds wurde? und Bowie die Isolation und die hatten im September Berlin einen Neuent- Standard: Weshalb das Berlin der Harvey: Das war in einem Nacht- klaustrophobische Stimmung der 1981 bereits die Berli- wurf des Blues gewagt. 1980er gerne mit dem New York der- club in Amsterdam. Einige der Stadt einfingen. ner Band Malaria in Wären da nicht die selben Zeit verglichen wurde. Frauen von Malaria haben mich Das sind Arbeiten zwischen Be- den USA getroffen, US-amerikanischen Harvey: Das stimmt, zumindest was vorgestellt. Sie haben mich igno- klemmung und Schönheit, zwi- was zu allen mögli- Südstaaten nahelie- die Lebendigkeit der Stadt und ihre riert. Zumindest in dieser Nacht. schen „No Future“ und „nix schei- chen Kontakten führ- gender gewesen? Kunstszene betrifft. Berlin gilt au- ßen“. Stücke, in denen der Zeit- te, als wir im Novem- Harvey: Ich glaube, ßerdem – wie New York – als Stadt, ZUR PERSON: geist der Umbruchstimmung zur ber dann dort spiel- Nicks Faszination am die niemals schläft. Im Gegensatz Mick Harvey wurde 1958 in der Zeit der Punkrevolution mit- ten. Als wir Mitte Blues kam von einer zu New York kann ich das für Ber- australischen Kleinstadt Rochester schwingt, in der alles sich zu än- 1982 zurückkamen, Quelle in ihm selbst. lin bestätigen. geboren. In der Schule lernte er dern schien – nur nicht die Mauer. hatten wir schon jede Berlin hat wahr- Nick Cave kennen und begann mit Heroes, das zweite der drei Al- Menge Freunde und Plätze zum scheinlich eine europäische Ge- Standard: Berlin besaß eine üble ihm in Bands zu spielen. Der Mul- ben – wie am Cover vermerkt ist: Schlafen. Das war mehr, als wir schmacksnote hinzugefügt, und Drogen-Reputation, das autobio- ti-Instrumentalist war lange musi- „Recorded at Hansa by the Wall, von London behaupten konnten. ich möchte sie nicht missen. grafische Buch „Wir Kinder vom kalischer Kopf von Nick Cave and Berlin“ –, wartet mit dem Titelsong Bahnhof Zoo“ von Christiane F. war the Bad Seeds. Daneben hat er mit auch mit einem der erfolgreichsten Standard: Erinnern Sie sich noch, Standard: Wie empfanden Sie die Pflichtlektüre einer Generation, die Simon Bonney die Band Crime & Stücke Bowies auf. Ein Liebesdra- wie es war, als Sie das erste Mal die damalige Isolation Berlins, und wie Autorin war mit den Einstürzenden The City Solution betrieben, ma an der Mauer, angesiedelt zwi- Mauer gesehen haben? wichtig war sie für die Musikszene? Neubauten bekannt, Sie haben bald mehrere Soloalben aufgenommen schen Hoffnung und Aussichtslo- Harvey: Ja, ich war bereits 1980 dort Harvey: Sie war immens wichtig! mit dem Regisseur Wim Wenders und Musiker wie Robert Forster sigkeit: „I, I remember, standing, by gewesen, als Tourist! Die Mauer Berlin war ein Schmelztiegel, der zusammengearbeitet. Alles und je- von den Go-Betweens produziert. the wall, the guns, shot above our entsprach so gar nicht dem geisti- unzufriedenen Europäern Zu- der schien sich zu vermischen. Zu Beginn des Jahres hat er die heads, and we kissed.“ gen Bild, das ich von ihr hatte. Ein flucht vor dem eigenen nationalen Harvey: Was Drogen betrifft – keine Bad Seeds aus persönlichen und Gänsehaut, immer noch. durchaus übliches Phänomen, Hader und Voreingenommenhei- Ahnung, war nie mein Ding. Ich beruflichen Gründen verlassen. Schlüsselszenen am Schlagbaum JETZT NEU IM BUCHHANDEL Erhard Stackl 1989 Jan Josef Liefers stand am 9. November 1989 im Osten auf der Bühne und feierte wenig später in Westberlin Sturz der

Birgit Baumann Liefers ist noch nicht besonders Oberstleutnant vom Grenzüber- und „viele Möglichkeiten“ im Kopf. Diktaturen elektrisiert: „Das klang nach Ord- gang Bornholmer Straße, sieht sich Zunächst schlägt er sich bis Kreuz- Stress und Hektik. Das ist das Ers- nung, es war überhaupt noch nicht kurz vor 23 Uhr mehreren tausend berg durch, um mit Freunden zu te, woran sich der Schauspieler Jan klar, was dann losbrechen würde.“ Ausreisewilligen gegenüber. Aus feiern. Westgeld hat er keines. Egal, Josef Liefers (Tatort) erinnert, Denn die Grenzposten hatten ande- Sorge, die Situation könnte eska- in dieser Nacht werden alle wenn er an seinen persönlichen 9. re Informationen: Erst ab vier Uhr lieren, befiehlt er ohne Rückspra- Ostdeutschen eingeladen. Doch November 1989 zurückdenkt. „Ich früh sollte die neue Regel gelten. che mit seinem Vorgesetzten: „Wir schon in der ersten Nacht hört er war am Abend in meiner Wohnung Nach der Vorstellung sitzt Lie- fluten jetzt.“ Dann geht der Schlag- auch kritische Töne. Ein türkischer und schon in Eile, weil auf dem fers noch mit baum hoch. Gemüsehändler klagt: „Hoffentlich Weg ins Deutsche Theater“, sagt er Freunden in der Kurz vor Mitter- kehren die Ossis nicht alle zurück. zum Standard. Kurz vor dem Weg- Theaterkantine. nacht bricht auch Die kaufen ja nicht, die schauen gehen schaltet er noch den Fernse- Sie wissen noch Liefers auf, um sei- nur.“ Für Liefers ist diese Szene ein her ein. Dort läuft eine dieser end- nicht, dass drau- ne Freunde zum Vorgeschmack auf viele Missver- losen Politpressekonferenzen. Für ßen gerade die Grenzübergang ständnisse, die im deutsch-deut- den 9. November sind Neuigkeiten DDR zusammen- Friedrichstraße zu schen Verhältnis noch folgen soll- zum Reisegesetz angekündigt. Lie- bricht. Denn direkt bringen. „Schon ten: „Die DDR-Bürger dachten, sie fers: „Der übliche Polit-Jargon.“ nach der Presse- auf halbem Weg bekämen mit der Wiedervereini- Doch an diesem Abend ist ir- konferenz stehen kamen wir kaum gung einen Platz an der Sonne“, gendetwas anders. Unter dem die ersten Ostberli- noch vorwärts“, er- meint er, „aber dort waren die Plät- Druck der Demonstrationen will ner an den Grenz- innert er sich. An ze schon von Wessis besetzt.“ 300 Seiten, Hardcover, € 21,90 die SED verkünden, dass Bürger übergängen, und einen Mann erin- Er selbst bleibt nach dem Mau- leichter Privatreisen in den Westen minütlich werden nert sich Liefers erfall nicht lange im Osten, 1990 Erhard Stackl hat die Wende miterlebt beantragen können. Das Wort hat es mehr. „Sofort“, besonders gut: wechselt er ans Thalia-Theater in und erzählt sie nun nach in einem Politbüro-Mitglied Günter Scha- hat Schabowski ge- „Der lief perma- Hamburg. Aber in den folgenden fesselnden Geschichten-Buch. bowski. „Ab wann?“, will der italie- sagt, also bitte, so- nent über die Wochen fährt er oft nach Westber- Kleine Zeitung nische Journalist Ricardo Ehrmann fort hoch mit den Grenze. Und er lin. „Ich wollte cool sein und war Zwischen Diktatur und Widerstand: wissen. „Das tritt nach meiner Schlagbäumen! rief: ‚Ich kann es bemüht, hektische Flecken zu ver- Eine überzeugende Neuerscheinung analysiert das Ende des kalten Kenntnis ... ist das sofort ... unver- Die Grenzer sind nicht glauben!‘“ meiden“, sagt er. „Stundenlang lief Krieges. züglich“, antwortet Schabowski völlig überrascht. Die Mauer fiel, Jan Josef Liefers selbst hatte ich einfach durch Westberlin, Falter und sichert sich damit seine fünf Der Druck wächst. Liefers reiste und feierte. plötzlich „große kaufte ein Eis oder eine Banane. www.czernin-verlag.com Minuten in der Weltgeschichte. Harald Jäger, Foto: AP Erleichterung“ Und tat so, als sei es ganz normal.“ 32 der Standard Kultur Sa./So., 26./27. September 2009 „Die Ostdeutschen haben 20 andere Jahre erlebt“ Monika Maron widmet ihr neues Buch einer ostdeutschen und letztlich gesamt- deutschen Wirtschaftsgeschichte. Warum die Ostdeutschen ein schlechtes Image haben, aber dennoch krisenfester sind, bespricht sie mit Bettina Stimeder.

1981 schrieb Monika Maron ihren hat die Geschichte vor 100 Jahren, Debüt-Roman Flugasche. Im Zen- weil es dort billige Energie gab. Ein trum stand B – für Bitterfeld, „die Chemiestandort braucht viel Ener- schmutzigste Stadt Europas“, ver- gie. Jetzt wird dort wieder Energie seucht von den Chemiebetrieben, produziert, aber die verträglichste, die sich hier schon Anfang des 20. die man sich zurzeit denken kann. Jahrhunderts angesiedelt hatten, Damals – Anfang des vorigen Jahr- vor allem, weil sie billige Braun- hunderts – zogen ein paar Männer kohle als Energiequelle vorfanden. aus Berlin dahin und begründeten Jetzt hat Monika Maron, die 1987 den Chemiestandort. Im Jahr 2000 Kultur gegen Gewalt, Kultur die DDR als Andersdenkende ver- kamen wieder ein paar Männer aus als politische Maßnahme – lassen hat, wieder in Bitterfeld re- Berlin und gründeten Q-Cells, ein damit hat Klaus Staeck sich cherchiert. In ihrem Buch Bitterfel- kleines Unternehmen mit vierzig selbst ein Plakat gemacht der Bogen. Ein Bericht (Fischer-Ver- Arbeitsplätzen. Aber wenn die So- und darin den Hinweis ver- lag, 2009) beschreibt sie, wie aus larenergie die Welt verändern soll, packt, dass Kultur aus einer dem Symbol für die herunterge- muss in großen Mengen produziert Sprühdose kommen kann. wirtschaftete DDR-Industrie samt werden, dann muss ein Unterneh- verseuchtem Boden, verpesteter men wachsen, um konkurrenzfähig Luft und desolatem Kommunalle- zu bleiben, es braucht Geld. Q-Cells ben ein Vorzeigeprojekt geworden ging an die Börse. Standard: Welche Rolle spielte aus lichen Autos, keine Reisen um die hatten, die habe ich irgendwie be- ist. Sanierte Böden, saubere Luft, Ihrer Sicht die Treuhand? Welt. Wenn einer mehr hatte, merkt und habe mir die Leute vom eine Seenlandschaft und vor allem Standard: Hatte man einen anderen Maron: Da ist nach der Wende si- konnte man immer sagen: „Ja, der Hals gehalten. – Q-Cells. Der Solarzellenhersteller Umgang mit Krisen schon zu DDR- cher einiges schiefgelaufen. Aber ist in der Partei, der kriegt’s, ich bin war seit seiner Gründung 2000 in Zeiten gelernt? die Treuhand war notwendig. nicht in der Partei, ich krieg’s eben Standard: Was ist mit dem Recht den Folgejahren in die Riege der Maron: In der DDR haben sie gelernt Sonst hätten sich die Seilschaften nicht.“ Und jetzt muss man Dinge auf Aufklärung? Weltmarktführer aufgestiegen. Die zu improvisieren. Und nach der die Pfründe gesichert, und wir hät- aushalten, die eben nicht gerecht Maron: Offizialdelikte müssen na- Väter des Erfolges waren der mar- Einheit ist den Ostdeutschen erst ten hier vielleicht Zustände wie in sind, oder sich wehren. Ohne zu türlich sowieso aufgeklärt werden. xistische Techniker Reiner Lemoi- einmal ihr ganzes Leben um die Russland. verzweifeln. Selbst für die Leute, Aber aus dem Bedürfnis nach Auf- ne und seine gleichgesinnten Kol- Ohren geflogen. Neue Geschäfte, die es jetzt schlecht treffen, ist es klärung hat sich zeitweilig eine re- legen Paul Grunow und Holger neue Straßenschilder, neue Mar- Standard: Bildet diese Sentimenta- ja immer noch kein Elend, wie man gelrechte Jagd-Stimmung entwi- Feist auf der technischen Seite und ken, neue Versicherungen, alles lität, die Ostalgie, ein emotionales Elend auf der Welt kennt. Sie leben ckelt. Wenn einer wirklich so ein der Ex-McKinsey-Mann Anton Mil- neu. Den Westdeutschen nicht. Die Gegengewicht zum Schlechtreden nicht viel schlechter, als sie früher Schweinehund war, dass die Öf- ner auf der Geld-Seite. Die Berliner Ostdeutschen haben 20 andere Jah- der DDR? gelebt haben. fentlichkeit es erfahren sollte, hät- Ingenieure wollten die Welt mit ih- re erlebt. Auch darum fühlen sie Maron: Direkt nach der Wende wur- te ich es richtig gefunden, wenn die rem Know-how verbessern. „Scheiß sich krisenerprobter. de alles schlechtgeredet. Dann kam Standard: Wie hat sich der politi- Leute, die es betroffen hat, darüber auf den Kommerz. plötzlich die Nostalgie. Was ich sche Druck in den Monaten vor dem selbst hätten entscheiden können. Lass uns was Richtiges Standard: Und so eine überhaupt nicht verstehe, ist die November 1989 aufgebaut? Diese Informationen wurden auch machen!“, lautete die Geschichte reicht Behauptung vieler, dass ihnen ihre Maron: Ich bin ja 1988 nach Ham- zur Ware, Akten wurden auf dem Devise von Reiner Le- nicht, um die neuen Biografie weggenommen worden burg gegangen und habe alles ein Markt angeboten. Aufklärung war moine. Um was Rich- Bundesländer nach wäre. Dieser Zusammenhang geht wenig aus der Distanz wahrgenom- notwendig, aber mit welchem Ziel tiges zu machen, der Wende an den mir nicht auf. Warum soll die eige- men. Man hat die Veränderungen und welchem Motiv, das war nicht brauchte man jeman- Westen anzuschlie- ne Biografie abhängig sein von der in der Sowjetunion gesehen. Die immer ganz klar. den, der die Sprache ßen? Existenz eines Staates. Von einer Jugend floh durch das Loch im un- des Geldes spricht. Maron: Nein, und sie Landschaft, einer Stadt, die ausge- garischen Zaun. Und dann fiel die- Standard: Sie haben ja Theaterwis- Eben Anton Milner. hinkt immer noch storben ist – das schon, aber so? Ein ser Satz: „Auf die können wir auch senschaft studiert, haben in der Fa- Jetzt aber hat die Er- hinterher. Was mich feindliches Gebilde bricht in sich verzichten.“ Das hat Honecker ge- brik gearbeitet, wurden später Wirt- folgsgeschichte einen ärgert, ist das bis heu- zusammen, und das soll eine Bio- sagt. Das haben die Eltern nicht er- schaftsjournalistin. Warum nicht Knick. Die Krise hat Q- te verzerrte Bild von grafie infrage stellen? Vorher hätte tragen. Die konnten nämlich auf Kultur? Cells und Bitterfeld den Ostdeutschen, man das behaupten können, als die ihre Kinder nicht verzichten. Da Maron: Das wäre naheliegend gewe- eingeholt. Der Kurs die entweder als PDS- Menschen ihrer Verantwortung hat’s dann allen gereicht, und sie sen. Aber am Theater wurden da- der Q-Cells-Aktie ist von 80 Euro Wähler, Hartz-IV-Empfänger oder enteignet waren, dann konnte man sind auf die Straße gegangen. Die- mals so viele Produktionsstücke Anfang 2008 auf zehn gesunken. Im als Rechtsradikale durch die Me- davon sprechen. Die Biografie ser Satz war entscheidend. Und gespielt, dass ich dachte, ich küm- August wurden 500 Mitarbeiter dien geistern. Die Leute, die ich hier bleibt erhalten, vielleicht mehr, als dann fiel noch ein Satz von Michail mere mich lieber um das Original. entlassen. gefunden und beschrieben habe, die Betreffenden es wollen. Gorbatschow (beim Staatsbesuch Nachträglich erwies sich die Ent- sind Leute, die ihr Geschäft gegen Ich kann verstehen, dass Men- am 6. Oktober 1989 in Berlin, scheidung für die Wirtschaft als Standard: Wie reagieren die Bitter- große Widerstände durchboxen schen, die es schlecht oder gar Anm.): „Wer zu spät kommt, den sehr hilfreich. Ich dachte damals, felder auf das – vorläufige – Ende mussten, wie die Maschinenbauun- nicht gepackt haben, die nicht ge- bestraft das Leben.“ Als man hof- für die Künstler, die Intellektuel- der DDR-Erfolgsstory? ternehmerin (in Bitterfelder Bogen), lernt hatten, Verantwortung für fen konnte, diesmal würden die len ist die DDR schlecht, aber für Maron: Der Osten fühlt sich krisen- die einfach niemand ernstgenom- sich zu tragen, auch jetzt schwer Russen nicht die Panzer auffahren, die Arbeiter ist sie gut. Für die Ar- fester, in einem gewissen Sinne so- men hat und deren Geschäft jetzt verstehen, welcher Teil in ihrer war das natürlich eine Ermuti- beiter war sie aber mindestens so gar überlegen. Sie sind Krisen ge- floriert. Diese Leute gab es von An- Verantwortung lag und liegt. Sie gung. Danach befand sich das gan- schlecht, wenn nicht noch wohnt, vor der Einheit und nach fang an. Mit denen hätte man sich verstehen nicht, warum der eine es ze Land in einem seltsamen Zu- schlechter. der Einheit auch. Das habe ich verbünden müssen. Warum man schafft und sie selbst nicht. Die Un- stand der Auflösung. Nichts galt Die Bedingungen, unter denen während der letzten zwei Jahre bei die medial so untergehen hat las- gleichheit auszuhalten ist schwer. mehr. die gearbeitet haben, die Gänge- meinen Recherchen in Bitterfeld- sen, ist unverständlich. Es war wie Die Welt ist nicht gerecht. lung. Deutsche Ingenieure, die Wolfen beobachten können. Man nach 1945. Es gab die Eroberten, Standard: Haben Sie selbst Einsicht konnten ja was und mussten die- hat gemerkt, wie die Krise sich an- und es gab die Befreiten. Aber das Standard: Also doch ein Erbe des in Ihre Stasi-Akten genommen? sen Schund produzieren. Das hab kündigt und letztlich doch zu- öffentliche Bild von den Ostdeut- Lebens im Kollektiv? Maron: Ja. Aber ich habe keine ich alles in diesen sechs Jahren ver- packt. Q-Cells ist dennoch eine Er- schen war ganz undifferenziert. Das Maron: Ja. Die Ungleichheit war Überraschungen erlebt. Die fal- standen. Sonst hätte ich vielleicht folgsgeschichte, in der sich mehre- war für das Zusammenwachsen vorher nicht so zu spüren. Alle hat- schen Töne von Leuten, die sich immer noch geglaubt, den Arbei- re Kreise schließen. Angefangen nicht unbedingt förderlich. ten das gleiche nicht. Keine ordent- mir aus solchen Gründen genähert tern ginge es gut. Mehr als nur Ostalgie

Die meisten DDR-Produkte sind heute zwar nur mehr etwas für Nostalgiker, aber einige der Marken finden sich auch heute noch in den Supermärkten: so etwa die Spreewaldgurken, der Rotkäppchen-Sekt, der Bautzner Senf und die Halloren- Schokokugeln. Die Club Cola, das antiimperialistische Gegenstück zur Coca-Cola, lässt sich übers Internet bestellen. Ganz ausgesorgt haben die VEB- Zünder. Fotos: AP, Hersteller, Archiv Sa./So., 26./27.9.2009 Kommunikation 33

Übertölpelt vom Iran Hans Rauscher Seite 39 Josef Haslinger: Damalige und neue Irrtümer Seite 39

derStandard.at/Etat Kurze Frage, enorme Wirkung Der Journalist Riccardo Ehrman fragte bei einer Presse- konferenz am 9. November Politbüro-Mitglied Günter Schabowski nach der Reisefreiheit. Mit der Antwort „ab sofort“ war der Mauerfall offiziell proklamiert.

Gerhard Mumelter mieren“ so Ehrman, dessen Eilmel- dung nur fünf Worte hatte: „Cadu- „Fragen“, wehrt Riccardo Ehrman to il muro di Berlino“ (Berliner ab, „sind nie wichtig. Antworten Mauer gefallen). „Da rief mich der dagegen können den Lauf der Ge- Chefredakteur an und fragte erregt: schichte verändern.“ Es war der „Bist du verrückt?“ heute 80-jährige Journalist, der auf Die Frage entsprang aber keiner der „berühmtesten Pressekonfe- spontanen Eingebung. „In den elf renz der Geschichte“ (Der Spiegel) Jahren in Ostberlin hatte ich mir ei- die alles entscheidende Frage stell- nige Quellen erschlossen. Offiziell te. Zu der am 9. November 1989 um war ja nichts zu erfahren“, erzählt 18 Uhr einberufenen Konferenz Ehrman. Der Rat, nach der Reisere- kommt der Korres- gelung zu fragen, kam pondent der italieni- vom Chef der DDR- Die Westberliner konnten schen Nachrichten- Nachrichtenagentur die Mauer mit Spott deko- agentur Ansa zu spät, ADN, Günter Pötsch- rieren, die Ostberliner weil er keinen Park- ke. Auch die Meldung mussten das anderswo tun. platz findet. „Alle von Erich Honeckers Um die Unterschiede im Stühle waren besetzt. Herzattacke sei ihm deutsch-deutschen Frechsein Also setzte ich mich zugespielt worden. darzustellen, gab es für aufs Podium zu Füßen „Ich habe sie aller- Klaus Staeck bei diesem von Politbüromitglied dings nicht veröffent- Plakat aus dem Jahr 2001 Günter Schabowski, licht, weil es unmög- kein besseres Sinnbild. der die Pressekonfe- lich war, eine offiziel- renz leitete“, schildert le Bestätigung dafür Ehrman. Die DDR- zu erhalten.“ Ehrman, Führung stand unter der einer jüdischen Druck, zwei Tage vorher war Mi- Familie aus Lemberg entstammt nisterpräsident Willi Stoph nach und heute in Madrid lebt, wurde für MEDIENJOURNAL Böse, gaaanz böse Massenprotesten zurückgetreten. die Frage („einer der besten Mo- „Wirtschaftsblatt“ lagert „Ich habe mich eine Stunde lang mente meines Lebens“) mit dem Die Zonen-Gaby im Satiremagazin „Titanic“ immer wieder gemeldet, doch Bundesverdienstkreuz belohnt. Journalisten später aus Schabowski hat mich ignoriert. Die Der frühere Bundeskanzler Wil- Wien – „Die Ressourcen reichen Wien – Scharfe Satire muss auch Pressekonferenz war fast beendet, ly Brandt kleidete den historischen nicht aus“: So erklärte Wirtschafts- schnell sein: Das deutsche Satire- als er sagte: ,Jetzt erteilen wir un- Auftritt in vier Worte „Kurze Fra- blatt-Vorstand Hans Gasser dem Be- magazin Titanic ließ im Herbst serem italienischen Freund das ge, enorme Wirkung“. triebsrat, dass er die meisten Redak- 1989 nichts anbrennen und veröf- Wort‘.“ Ehrman machte Scha- teure am 1. 1., drei Monate später fentlichte auf seiner Novemberaus- bowski mit einer Frage zur Reise- als geplant, in Tochterfirmen ohne gabe nebenstehendes Cover: Die freiheit nervös: „Er antwortete sie- Journalistenkollektivvertrag ausla- Zonen-Gaby, die sich über ihre ers- ben Minuten lang und las aus ei- gern will. Die Belegschaft drohte te Banane freute, wurde rasch zum nem Beschluss des Ministerrats mit Streik – der kommt im werbe- Klassiker und erfreut Berlin-Tou- vor, der Privatreisen ins Ausland schwachen Jänner billiger. (fid) risten bis heute als Postkartensujet. gestatten sollte. Ich fragte „Ab wann?“, und er sagte „Sofort“. Neuer TV-Sender für Wien Zonen-Gaby der Politik Keiner der Journalisten begriff, Weniger erfreut war die linke dass die Antwort die Öffnung der kommt nun im Dezember Berliner Politikerin Gabriele Zim- Mauer bedeutete. „Ich war wohl Wien – Wien TV, das neue Anten- mer, die sich zehn Jahre später der Einzige, der es sofort verstan- nenprogramm eines Kabelfernseh- ebenfalls Zonen-Gaby nennen las- den hatte. Fast alle hatten die Sen- machers aus Niederösterreich für sen musste. Und natürlich gab es sation im Bürokratenjargon des die Hauptstadt, kommt am 1. De- jede Menge Entrüstung, weil man Zentralkomitees nicht mitbekom- zember, vorerst mit zwei Stunden sich ja über Geknechtete nicht lus- men. Außer mir lief nur noch der neuem Programm pro Woche, rund tig machen darf. Die Satire aber, die ständige Vertreter der Bundesre- Günter Schabowski bei der Pres- um die Uhr wiederholt. (fid) darf das, und die muss das dürfen! publik in Ostberlin aus dem Saal, sekonferenz am 9. November derStandard.at/Medien Punkt. He he! (flu) um Bundeskanzler Kohl zu infor- 1989: Reisen? Ab sofort! Foto: dpa

Günter Traxler ackern. Als ob der Ärmste mit sei- ner Vertreibung vom Ball nicht aum fällt der Name Jörg Hai- schon genug durchmachte! Die der, landet sein Träger auch Lebensstil Society-Lady weiß als moderne Kschon auf dem Titelblatt Frau, was los ist. Durch Globali- von „News“. Das hat jahrzehnte- dieswöchige Nummer Reklame nicht um Quoten, versichert die ständnis, das ist nicht zu billigen“, sierung, Internet und Handy haben lange Tradition, mag er diesseits für den Internet-Anbieter ge- Bregenzerin. „Da ich zurzeit Single empörte sich FP-Justizsprecher wir ein anderes Weltbild. Unsere oder jenseits des Jordans wan- sext.at, wo bereits 11.000 Österrei- bin, fehlt mir das. Doch um auszu- Peter Fichtenbauer, den die wahr- Großeltern mussten sich nicht da- deln. Ganz Unrecht hat Schwester cher Sex-Dates ver- und ersteigern. gehen und einen Mann kennen zu haft obszöne Grenzüberschreitung mit auseinandersetzen, wie man Ursula Haubner nicht, wenn sie Es handelt sich dabei um ein viel lernen, fehlt mir oft die Zeit.“ seines Vorarlberger Parteikolle- mit Asiaten oder Arabern korrekt diesmal in „Österreich“ jammerte: diskreteres Unternehmen als um Das Wandeln auf ungewöhnli- gen nicht im geringsten gestört umgeht, verriet sie „Östereich“. Das war doch alles schon bekannt. die diesbezüglichen Auktions- chen Pfaden scheint eine aleman- hat. „Ich bin nahezu geschockt.“ Das wirkt sich auf deren Enkel Mit diesen Magen-Promillen gau- häuser Wlaschek oder Lugner, nische Eigenheit zu sein, wie auch Nicht nur geschockt, auch noch vorteilhaft aus: Meine Buben müs- kelt man Menschen etwas vor. wobei von Letzterem nicht be- die Landtagswahlen ergeben ha- nahezu! sen aber nicht jeden Erwachsenen Aber vom Vorgaukeln hat das Ma- kannt ist, ob er im Bett immer Py- ben. Im Falle der Bregenzerin, der Grüne und Schwarze wollen mit einem Diener begrüßen. Auch gazin mit Haider stets gut gelebt, jama trägt, dafür umso bekannter, sich ebenfalls von „News“ mobili- ich musste meine Großeltern mit da konnte man sich diesmal den wie sein Kommunikationsbedürf- sieren lassen und forschen nach, einem Knicks begrüßen. Aber ich Titel Jörg Haider: Die Obduktion nis trautes Beisammensein unter- ob Teile der Auktionen unter beste- finde es sehr schön, wenn meine umso weniger entgehen lassen, miniert. Der Richard hat nur mehr hende Straftatbestände fallen. Der Söhne wissen, wie sie einem höher als die Gelegenheiten spärlicher über die Quoten gesprochen. Er ist BZÖ-Moralist Ewald Stadler ver- gestellten Menschen richtig gegen- werden dürften. Denkbar wäre sehr mediengeil, vertraute eine mutet überhaupt gleich: „Diese übertreten. eventuell noch: Jörg Haider: Die gewisse „Bambi“ „Österreich“ an. Form der Feilbietung könnte unter Wenn das Dienern und Knick- Seligsprechung, oder, aber dann Daher: Aus für Lugner! Umständen unter das Sklaverei- sen demnächst auch auf Straßen wohl ultimativ: Jörg Haider: Die Das kann einer Frau bei ge- verbot fallen.“ Nur die SPÖ weiß und in Büros heimisch wird, Himmelfahrt. Nur für den Fall, sext.at nicht widerfahren. Jasmin wieder einmal die Mehrheit der dann hat das Buch eingeschla- dass Stefan Petzner aufgrund ei- etwa, eine attraktive und selbstbe- zum Ausgehen oft die Zeit fehlt, Bevölkerung grundsätzlich hinter gen. Stil-Tipp 29 mag im Lande ner vagen mündlichen Angabe von wusste Frau, gehört zu jenen Men- werden nicht nur Bieter, sondern sich und hält sich zurück. der institutionellen Vergesslich- Dr. Haider evtl. auch von drüben schen, die in Sachen „Liebe“ eher auch Politiker aktiv, die zu viel In diesen moralischen Sumpf keit zum Erfolg beitragen: Sich noch einmal eine Verschwörung auf ungewöhnlichen Pfaden wan- Zeit haben. Mit Argusaugen wollen plumpst gerade rechtzeitig der Namen zu merken, fällt vielen vorgaukelt, wäre als „News“-Titel deln. Denn die 41-Jährige verstei- Politiker ab sofort Sex-Auktionen bahnbrechende Knigge Lebensstil, schwer. Sollte es Ihnen auch so ge- denkbar – Jörg Haider: Die Exhu- gert Sex-Dates im Internet, und im Internet beobachten, nachdem mit dem die Opernball-Lady sich hen, sagen Sie gleich: „Tut mir mierung. zwar unter dem Künstlernamen NEWS sie darauf aufmerksam ge- anschickt, über die Gemarkung leid, mir ist der Namen entfallen.“ Das Magazin ist aber auch für „Engeljasmin“. „Es ist so toll, dass macht hat. „Für diese Grenzüber- der Oper hinaus das Feld von Tut mir leid, wie hieß gleich die Neuerungen offen. So macht die klar ist, es geht nur um Sex“, und schreitung fehlt mir jedes Ver- Thomas Schäfer-Elmayer zu be- Autorin? 34 der Standard Wissenschaft Sa./So., 26./27. September 2009 Wendehälse und blaue Listen Was passierte eigentlich nach 1989 mit der Wissenschaft im Osten? Der Historiker Mitchell Ash untersucht am Beispiel der DDR, wie man nach 1989 die Forschung abwickelte, und zieht eine zwiespältige Bilanz.

Klaus Taschwer der Regel darstellt, zum anderen ist Ash angesichts zehntausender be- Wien – Angela Merkel war eine von troffener Wissenschafter grund- ihnen, Tom Rapoport ein anderer. sätzlich eher an strukturellen Fra- Wie insgesamt rund 32.000 andere gen interessiert, wenn es um die Forscher arbeiteten die beiden in ostdeutsche Forschung vor und den 1980er-Jahren an Instituten nach 1989 geht: Welche Diszipli- der Akademie der Wissenschaften nen und Forschungsinstitutionen der DDR. Rapoport war am Zentral- waren am stärksten vom politi- institut für Molekularbiologie, die schen Umbruch und der „Abwick- Diplom-Physikerin Merkel am lung“ begriffen? Welche Bereiche Zentralinstitut für Physikalische der Wissenschaft blieben auf der Chemie tätig, wo sie 1986 auch pro- Strecke? Lässt sich dieser Wissen- movierte. schaftswandel mit jenem nach Was nach 1989 aus Angela Mer- 1945 vergleichen? kel wurde, weiß man. Weniger be- Der aus den USA stammende kannt ist, wie es 1989 mit Tom Ra- Wissenschaftshistoriker forscht poport weiterging. Und was ge- seit den 1990er-Jahren über das schah eigentlich mit den Instituten (forschungs-)politisch brisante der ostdeutschen Akademie der Thema. Erst kürzlich war er wieder Wissenschaften? Sie wurden, so in Berlin, um im Bundesarchiv Ak- wie es der Einigungsvertrag vor- ten zur Ent- und Abwicklung der sah, Ende 1991 völlig aufgelöst. DDR-Wissenschaft zu studieren. Zum Teil wurden sie Das Erstaunliche: in Trägerschaft ande- „Die ostdeutschen Der Historiker Mitchell Ash beschäftigt sich seit den 1990er-Jahren mit der deutsch-deutschen Wissen- rer Organisationen Dokumente aus der schaftsgeschichte. Foto: Corn wie der Max-Planck- Zeit kurz vor 1989 Gesellschaft überführt sind viel besser zu- tik waren kaum betroffen.“ Auf der aufgelassenen Akademie-Instituten Wissenschaftern nach politischen oder unter neuem Na- gänglich als die west- Ebene der Universitätsstrukturen sind viele auch strukturell inno- Strukturbrüchen üblich – kam je- men wiedergegründet deutschen“, so Ash. hingegen sei es nach 1989 zu einer vative Einrichtungen hervorgegan- denfalls nicht auf“, sagt Ash im – sowie wie das Zen- Apropos: „Ver- vollständigen „Verwestlichung“ gen: besonders die sogenannten Vergleich etwa zur Situation nach tralinstitut für Mole- westdeutschung“, gekommen: Der in der DDR starke Blaue-Liste-Institute, die in der 1945. Angesichts der Dimensionen kularbiologie, aus das sei das Schlüssel- Mittelbau wurde geschwächt, und Leibniz-Gesellschaft zusammen- des wissenschaftlichen Aderlasses dem das Max-Del- wort für das Schick- die Mitarbeiter auf den unteren gefasst sind.“ mag die kollektive Verbitterung brück-Center ent- sal der DDR-Wissen- Hierarchieebenen erhielten nur Auf rein personeller Ebene fällt freilich auch ihre Gründe haben. stand. Tom Rapoport schaft nach 1989. Es mehr zeitlich begrenzte Dienstver- die Bilanz allerdings bitter aus. Al- Schließlich verloren ja nicht nur forschte dort bis 1995, gelte freilich nicht träge. lein von den Forschern an den vor- tausende Akademie-Forscher und ehe er als Professor für für alle Bereiche glei- maligen Akademie-Instituten ver- noch mehr Uni-Angehörige ihre Zellbiologie an die Harvard-Uni- chermaßen: „Nach Disziplinen be- Veraltete Strukturen loren mehr als 10.000 ihren Job. An Jobs, sondern noch mehr Fachkräf- versität in die USA wechselte. Das trachtet, waren – wie nicht weiter Und da gibt es ein weiteres Para- den vormaligen DDR-Unis blieben te, die im F&E-Bereich der Indus- machte seine Karriere zu einer der verwunderlich – die politiknahen doxon: Die Übertragung der west- noch mehr Doktoren und Dozen- trie tätig waren. nicht allzu häufigen Erfolgsge- Fächer wie die Philosophie, die Ge- deutschen Uni-Strukturen ließ für ten, die vielfach wissenschaftlich Deutschland müsse ziemlich schichten, die man gerne über das schichtswissenschaft oder die Ju- einige Jahre vergessen, dass diese positiv evaluiert worden waren, reich sein, meinte der Berliner His- Schicksal von DDR-Wissenschaf- risdiktion am stärksten betroffen.“ Strukturen selbst längst veraltet auf der Strecke: „Viele von ihnen toriker und Journalist Götz Aly in tern nach 1989 erzählte. In diesen Bereichen wurden ganze und reformbedürftig waren. gingen mit gerade einmal 50 in den diesem Zusammenhang einmal Mitchell Ash, Professor für Institute geschlossen und/oder mit Die deutsch-deutsche Einigung Vorruhestand oder die schlecht be- sarkastisch, um sich den Verzicht neuere Geschichte an der Uni Personal aus dem Westen besetzt. führte laut Ash aber gerade auch in zahlte Pension“, so Ash. „Viele da- auf all diese DDR-Wissenschafter Wien, hält von dem Beispiel nicht „Es gab auch Ausnahmen“, so Ash: den neuen Bundesländern zu insti- von zogen sich in Bitterkeit und die leisten zu können. Dieser Einschät- allzu viel: zum einen, weil Rapo- „Geisteswissenschaften wie etwa tutionellen Innovationen im Gefol- innere Emigration zurück. Allzu zung kann auch Ash einiges abge- port eben eher die Ausnahme von die Germanistik oder die Afrikanis- ge der Wende. „Vor allem aus den viel Reflexivität – wie sonst unter winnen. LABOR Mars im Süden Gamma-Licht aus Entdeckte Urahnen mit Eis 2002 wurde eine besondere Entdeckung gemacht: Washington – So weit im Süden wie „Starburst“-Galaxie Forscher fanden einen sieben Millionen Jahre alten noch nie haben US-Wissenschaf- ter auf dem Mars Eis entdeckt. Internationale Forscher entdecken Gammastrahlung Schädel. Auch 1912 glaubte man in England Mithilfe einer Kamera einer US- an einen Sensationsfund – aber dem war nicht so. Raumsonde entdeckten die Wis- senschafter das Eis in mehreren Innsbruck – Einer internationalen Reimer. NGC 253 sei die am südli- Kratern, die kürzlich durch Me- Forschergruppe, darunter der chen Himmel in dieser Hinsicht in- Gudrun Springer lich an ihm ist, sind seine Zäh- teoriteneinschläge entstanden wa- Innsbrucker Astrophysiker Olaf teressanteste Galaxie. Im Gegen- ne: Sie sind kleiner als die eines ren. (AFP) Reimer, gelang der Nachweis, dass satz zu unserer Milchstraße habe Frage: Wie alt sind die ältesten den Schimpansen. „Starburst“-Galaxien Gammalicht sie in ihrem Zentrum ein kleines Vorfahren des Menschen zugeord- Unfruchtbar aussenden. In 119 Stunden Beob- Gebiet mit einer hohen Sternenent- neten Knochen, die man bisher ge- Frage: Hat schon einmal jemand achtungszeit zwischen 2005 und stehungsrate, wie aus Beobachtun- funden hat? Forscher mit einem angeblichen durch Umweltgifte 2008 konnten sie mit den H.E.S.S.- gen im sichtbaren, Infrarot- und Antwort: Im Jahr 2001 fanden Fund reingelegt? London – Forscher vermuten, dass Teleskopen in Namibia zum ersten Radiobereich bekannt sei, erklär- Forscher einen sieben Millionen Antwort: Ja. 1912 wurde ein hormonell wirksame Chemikalien Mal hochenergetische Gamma- te der Astrophysiker. Die Studie Jahre alte Schädel, der laut Wis- Schädel in einer Kiesgrube in die Entwicklung der männlichen strahlung aus einem Sternenent- des Teams ist in der jüngsten Aus- senschaftern vormenschliche Südengland gefunden, der die Geschlechtsorgane schädigen und stehungsgebiet einer Spiralgalaxie gabe von Science Express erschie- Merkmale aufweist. Der Sensa- Wissenschaft vor ein großes Rät- möglicherweise auch zu Hoden- messen. nen. tionsfund besteht aus einem sel stellte. Der Fundschädel krebs beitragen. (AP) „Starburst“-Galaxien sind große Die vier H.E.S.S.-Teleskope in recht gut erhaltenen hat Platz für ein ver- Sternensysteme, in deren Zentrum Namibia führten schon zu einigen Hirnschädel, zwei gleichsweise stattli- Geburtsstätten zahlreicher massi- wichtigen Entdeckungen, u. a. zum Bruchstücken von Un- ches Gehirn geboten, ver Sterne liegen. Diese explodie- Nachweis von Galaxien mit akti- terkiefern und drei allerdings gehörte ein ren später als Supernovae. In den ven Kernen im Gamma-Licht. Zähnen. Er wurde in affenartiges Unterge- Überresten dieser Supernovae Die H.E.S.S.-Kollaboration be- Zentralafrika, im Nor- biss dazu. Ein einzig- werden Teilchen zu sehr hohen steht aus mehr als 150 Forschern. den des Tschad ge- artiger Fund? Der so- Laurids Energien beschleunigt. „Es zeigte Namensgeber war der Innsbrucker macht. Der Urahne genannte Piltdown Ortner sich, dass diese Strahlung, wie vor- Viktor Franz Hess: Er wies als Ers- wurde Toumai ge- Man stellte sich Jahr- hergesagt, tatsächlich aus der Re- ter die kosmische Strahlung nach nannt und hat die Entwick- zehnte später als Fälschung her- AlsdieMauerfiel, waren wir gion höchster Supernova-Aktivität und erhielt dafür 1936 den Nobel- lungsgeschichte des Menschen aus. Ein Unbekannter hat sich uns alle in Europa noch von NGC 253 stammt“, erklärte preis für Physik. (APA, red) ganz schön durcheinanderge- dafür ganz schön angestrengt: Er nie so nah wie damals. bracht. Bis dahin galt Ostafrika hatte an den Schädel eines mo- Danach war es Schwer- als „Wiege der Menschheit“. dernen Menschen einen Orang- arbeit, zusammenzufügen, 1974 waren in Äthiopien Kno- Utan-Unterkiefer montiert und was zusammengehört. chenfunde gemacht worden, die dieses mit abgefeilten Schim- Heute ist es wieder so weit, 3,2 Millionen Jahre alt waren. pansenzähnen bestückt. dass nationalistische Klein- Sie wurden einer Frau zugeord- Die nächste Ö1-Kinderuni am kariertheit das große Gan- net, die man Lucy nannte. Sonntag um 17.10 Uhr widmet ze verschleppt. sich dem Thema „Gibt es Leben Frage: Wie sah Toumai aus? im All? Über grüne Männchen Laurids Ortner wurde in Sternen- Antwort: Der Schädel sieht dem und andere Außerirdische“. Linz geboren. Der Archi- Explosion eines Schimpansen ähnlich. Am Samstag im Standard. tekt und Hochschulprofes- im Zentrum Toumai, was „Hoffnung auf Le- sor lebt und arbeitet in der ben“ heißt, hatte auch in etwa der Standard Webtipp: Berlin und Wien. Foto: Corn „Starburst“- das gleiche Gehirnvolumen wie http://oe1.orf.at Galaxien ein Schimpanse. Was mensch- www.kinderuni.at Foto: gamma Sa./So., 26./27. September 2009 NetBusiness der Standard 35

Wo T-Mobile-Chef Robert Chvátal an einer Kreuzung in Prag am 17. November 1989 mit tausenden Studenten den falschen Weg ging, aber die richtige Richtung einschlug. Gedenktafel an einem Universitätsgebäude: „Wer – wenn nicht wir? Wann – wenn nicht jetzt?“ Foto: spu Was das Fass in Prag zum Überlaufen brachte 1989 demonstrierte der spätere Chef von T-Mobile Austria, Robert Chvátal, als Student gegen das kommunistische Regime. In Prag führte er dieser Tage den Standard auf den revolutionären Pfad.

Helmut Spudich aus Prag zur Hauptstraße die genehmigte Gedenkveranstaltung eine uner- Der 17. November 1989 war ein laubte Richtung nahm: Der Zug bog sehr grauer Tag in Prag, wo es in an der Na slupi nach rechts zur Alt- dieser Jahreszeit schon sehr kalt stadt ab, weg vom Friedhof, zur sein kann. Auf einem Platz vor der Karlsbrücke und zum Wenzels- Karls-Universität am Albertov (Al- platz. Und dann, erzählt Chvátal, berthof) in der Neustadt, abseits ereignete sich etwas Außerge- des Zentrums, hatten sich einige wöhnliches: „Immer mehr Men- hundert Studenten versammelt. schen schlossen sich den Studen- Die dissidente „Gruppe unabhän- ten an, ganz gewöhnliche Leute“, giger Studenten“ hatte zum Geden- bis aus dem Studentenprotest eine ken an Jan Opletal aufgerufen: 50 allgemeine Demonstration wurde. Jahre davor war der Medizinstu- Das spätere Symbol der „samtenen dent hier von den Nazis bei einer Revolution“ erklang immer lauter: Demo erschossen worden. Die Demonstranten rasselten mit Den Kommunisten galt nach ih- ihren Schlüsseln, „Zeit für das Re- rem Putsch 1948 Opletal als Frei- gime, zu gehen“. heitsheld, sein Gedenktag war der Als die Menge gegen sieben Uhr 17. November. „1989 abends beim Natio- war voller Bewegung, naltheater zum Wen- Gorbatschow hatte Pe- zelsplatz abbog, zo- restroika und Glasnost gen Chvátal und seine verkündet, in Ungarn damalige Freundin Kanadische Zeitungsberichte über DDR-Flüchtlinge in der westdeutschen Botschaft in Prag zogen den Aus- zerfiel die kommunis- Irene weiter die Mol- tauschstudenten Robert Chvátal zurück in die Heimat – mitten in die „samtene Revolution“. F.: AP/Endlicher tische Partei, in Prag dau entlang zum hatten DDR-Bürger in Bahnhof. „Wir wohn- Chvátal war erst im Oktober es keinen Sinn mehr hat, das Land immer viel auf Achse war, nach- der BRD-Botschaft Zu- ten außerhalb der 1989 wieder in die ČSSR zurück- zu verlassen, weil man plötzlich dem das möglich wurde.“ flucht genommen“, er- Stadt und wollten den gekehrt: Als einer der wenigen Stu- Teil der Geschichte ist.“ Während Den Tschechen, sinniert er, wäre innert Robert Chvátal, Zug erreichen.“ So denten, die über die auch in Prag andere Streiks organisierten, es im Kommunismus „halbwegs damals Wirtschafts- verpasste er wenige erlaubte Austauschorganisation brachten ihm Englisch- und Lage- gut gegangen, wirtschaftlich, in der student, heute T-Mobi- Minuten später, wie Aisec ein Praktikum im Westen ab- kenntnisse einen Job als Assistent Bildung, der Krankenversorgung. le-Austria-Chef, an die die Polizei kurz vor solvieren durften, war er zuvor in bei CNN. „Die sind zufällig bei ei- Darum waren wir später dran als Zeit. dem Wenzelsplatz die Vancouver. „Ich kannte ein paar nem Interview auf mich gestoßen Ungarn oder Polen. Öffentlicher „Die unabhängigen Studenten Demonstration gewaltsam stoppte Leute bei der Sozialistischen Stu- und haben mich angeheuert. Ich Protest ist nicht Teil unserer Kul- hatten zum Gedenken an Opletal und auf die Studenten an der Spit- dentenunion. Die fanden es zwar dachte zuerst, das wäre eine frei- tur, wir sind nicht die großen Re- aufgerufen, und da die Kommunis- ze des Zuges einprügelte. seltsam, dass Aisec-Studenten lie- willige Hilfe, aber sie zahlten mir volutionäre.“ Was ihm der Besuch ten Opletal immer für ihre Propa- „Das ist der Anfang vom Ende, ber nach Brüssel als nach Moskau hundert Dollar am Tag. Nach zwei an dem Ort, wo alles vor 20 Jahren ganda gebraucht hatten, konnten habe ich daheim meinen Eltern ge- gehen wollten, weil man es so nie Monaten habe ich mir um das Geld anfing, heute bedeutet? „Ich bin sie das nicht ablehnen“, erklärt sagt, zuerst waren es nur 500 oder an die Spitze schaffen würde. Aber ein Apartment gekauft.“ Eine „un- sehr dankbar dafür, dass ich einen Chvátal. Zum ersten Mal ist er, 20 600 Studenten, dann haben sich sie halfen mir dabei, die nötigen glaubliche Gelegenheit“, erinnert Moment der Geschichte physisch Jahre später, für den Standard Massen gewöhnlicher Menschen Genehmigungen zu bekommen.“ er sich, „man traf alle die Leute, die erlebt habe. Wenn man etwa in hierher zurückgekehrt. Den Stu- angeschlossen“, sagt Chvátal. Die Als im August ostdeutsche Bür- später wichtig wurden“. Großbritannien lebt, hat sich in denten war erlaubt worden, zu Gewalt brachte das Fass zum Über- ger begannen, Zuflucht in der Bot- Als CNN abzog heuerte ihn die diesen 20 Jahren auch einiges ver- Opletals Grab zu pilgern; hingegen laufen: Nach Gerüchten über den schaft der BRD in Prag zu suchen, BBC an, „mit dem Geld konnte ich ändert, aber sie haben noch immer waren Altstadt und der mehrere Ki- Tod eines Studenten, die sich spä- berichtete darüber Kanadas Tages- reisen, nach Venezuela und Chile“, die Queen. Wenn ich manchmal lometer entfernte Wenzelsplatz, ter als falsch herausstellten, „grün- zeitung Globe & Mail. „Mein Boss eine Chance, die sein Großvater nie Leute höre, wie sie sich über die- im Prager Frühling 1968 ein zen- dete sich zwei Tage später das Bür- sagte: ,Schau mal, was bei dir da- hatte. „Er hatte eine Leidenschaft ses oder jenes beschweren, muss traler Ort des Protests, verboten. gerforum, mit Leuten wie Havel, heim passiert. Du solltest absprin- für Reisen, aber er schaffte es nur ich lachen, weil sie nicht wirklich Fast schon in der Dämmerung Dienstbier und Klaus“. Am 21. No- gen.‘ Aber dann hätte ich meine Fa- einmal nach Wien, danach reiste er wissen, was richtiges Leid ist.“ machte sich der studentische Ge- vember füllte sich der Wenzels- milie nie wieder gesehen.“ nur mehr mit dem Finger auf der denkzug auf den Weg zum Ehren- platz mit abertausenden Menschen „Als ich zurückkam, lag der Um- Karte, sagte meine Mutter. Ich habe der Standard Webtipp: grab Opletals. Bis an der Kreuzung mit klimpernden Schlüsseln. bruch in der Luft. Man begriff, dass es für ihn wettgemacht, weil ich http://bit.ly/YfwMd

Der Original Game Boy, die Was uns 1989 elektrisierte: Der Poqet PC war das erste erste und bis heute IBM-kompatible PC „Subnotebook“, der erfolgreichste Handheld- Der Macintosh SE/30 war der erste mit MS-DOS und zwei AA-Batterien Spielkonsole von Nintendo. Mac mit 1,4-Megabyte-Diskette, zwei betrieben wurde. Die Batterielaufzeit Prozessoren machten ihn vor allem für konnte Wochen reichen. Grafikaufgaben sehr bliebt.

Der Intel i486 DX Prozessor packte erstmals über eine Million Der Compaq LTE Transistoren auf einen Chip und zählte zu den ersten Das Motorola MicroTAC, 340 war multitaskingfähig. Erste PCs A4-großen „Notebooks“, Gramm schwer, leitete die Ära mit dem Chip kosteten rund 3kg schwer, bereits mit Fest- der Klapphandys und sehr 6000 Dollar. platte und Modem ausgestattet. kleinen Taschentelefone ein. Fotos:Fotos: Hersteller 36 der Standard TV/RadioFernsehen/Radio Samstag Sa./So.,Samstag, 26./27. 26. September 2009

Ostafrikas, wurde angesichts rezenter politischer Entwicklungen im Land SWITCH und den Folgen der globalen Wirt- Er machte die Bilder, schaftskrise auf den Stand eines Entwicklungslands zurückgeworfen. LIST Kinder sind am schlimmsten betroffen. Eine Reportage über Straßenkinder FÜR SAMSTAG zwischen Essenssuche auf Müllbergen und Prostitution. Und über Hilfsgelder, die alle sahen Redaktion TV: Doris Priesching die in dunklen Kanälen versickern. Switchlist: Benjamin Koffu Bis 19.45, Arte Der TV-Journalist 15.40 FILM 20.15 FILM Siegbert Schefke Die schwarze Tulpe (F 1963, Christian- Dirty Dancing (USA 1987, Emile Ardo- Jaque) Graf Guillaume de Saint Preux lino) Im Feriencamp gehört Wasserme- schmuggelte die ersten (Alain Delon) führt ein Doppelleben: Er lonentragen zum fast schon verruchten TV-Bilder der überfällt als maskierter Wegelagerer Zeitvertreib: fröhlicher, biederer Unter- seine Standesgenossen. Im Volk gilt er haltungsfilm mit romantischen Tanz- Montagsdemonstrationen mit dem Spitznamen „die schwarze szenen, der zum Kultstreifen der 80er- Tulpe“ als neuer Robin Hood. Als er Jahre wurde. Mit Patrick Swayze. auf abenteuerliche Weise Gefahr läuft, enttarnt und verhaftet zu Bis 21.50, ORF 1 in den Westen. werden, startet er einen Rollentausch Siegbert Schef- mit seinem Bruder, Edelmann Julien 22.05 FILM Dem Standard erzählte er ke, observiert (auch Delon), der in der Französischen Ocean’s Twelve (USA 2004, Steven So- seine Geschichte. von der Stasi Revolution für das Volk kämpft und derbergh) Der zweite Coup der selbster- und heute. dem Grafen zum Verwechseln ähnlich nannten Nachfolger von Sinatras Rat sieht. Bis 17.30, 3sat Fotos: Robert- Pack: George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon geben sich als die besten Diebe Peter Illetschko Havemann- 15.40 FILM ihrer Zeit. Trotzdem hinterließen sie Gesellschaft (BStU- Herr des Wilden Westens (Dodge City, im ersten Teil deutliche Spuren: Der Berlin – Irgendwann einmal über- Kopie), Schefke USA 1939, Michael Curtiz) Ein aus der Kasinobesitzer, den sie letztes Mal um riss sogar der Stasi-Oberkomman- Armee entlassener Cowboy (Errol Millionen und Julia Roberts brachten, dant, wie der Journalist Siegbert ten. „Wir hatten Schiss.“ Die bei- „Als ich zurückkam, nahm man Flynn) akzeptiert nach langem Zögern will sein Geld zurück. Bis 0.05, ORF 1 die Sheriffswürde von Dodge City und Schefke ihn an der Nase herumge- den Journalisten versuchten es mir die dort gekauften Bücher befreit die aufsteigende Viehmetropole 22.05 FILM führt hatte. Das war aber erst im eine Woche später, am 9. Oktober, weg.“ Schefke war, seit er ARD-Fil- von Betrügern und Mördern. Groß an- Léon – Der Profi (USA/F 1994, Luc Bes- Frühjahr 1990, die Berliner Mauer noch einmal. Diesmal kletterten sie me über Städtezerfall und Umwelt- gelegter, kurzweiliger Western mit klas- son) Das Märchen vom Killer mit dem war längst gefallen. Anfang Okto- auf den Turm der Reformierten verschmutzung in der DDR drehte, sischem Thema und viel Elan – eine weichen Herz: Léon tötet Menschen ber 1989 war Schefke aus dem Kirche und filmten von dort die De- ein rotes Tuch für die Führung im frühe Farbproduktion Hollywoods. professionell, eines Tages rettet er die Bis 17.20, WDR zwölfjährige Mathilda vor dem Tod, der Fenster seiner Wohnung am Prenz- monstration. „Ich sah vom Turm Arbeiter- und Bauernstaat. Was Rest ihrer Familie wird von korrupten lauer Berg gestiegen und über die aus vis-à-vis auf den Dächern Sta- ihn nicht daran hinderte, für die 17.10 PORTRÄT Polizisten hingerichtet. Mathilda will Dächer geklettert, um den Stasi- si-Agenten. Und sagte zu Aram: linksalternative taz zu schreiben. Mein Leben Udo Jürgens komponierte im sich rächen und bittet Léon um Hilfe. Agenten vor seinem Haus zu ent- Wenn wir die sehen können, kön- Sein Pseudonym: Sieglinde Schaf. Laufe seiner musikalischen Karriere Bis 0.05, Puls 4 kommen. Er hatte ein paar Straßen nen die uns auch sehen.“ Als sie Ab und zu lag dann ein Zettel im mehr als 1000 Titel: unter anderem für weiter den Trabi eines Freundes genug Material hatten, erkundete Briefkasten. „Der Oberstleutnant Shirley Bassey und Sammy Davis jr. 1.55 FILM Anlässlich seines 75. Geburtstags lässt Stirb langsam 2 (Die Hard 2, USA 1990, genommen und war der Sohn des evange- will Sie zum Verhör sehen.“ Einer die Dokumentation den nicht altern Renny Harlin) Bruce Willis als Polizist mit seinem Mitstreiter lischen Pfarrers die der Stasi-Männer stellte dann Fra- wollenden Entertainer zu Wort kom- McClane in brenzligen Situationen. Aram Radomski nach Lage. „Wir dachten, gen, einer beobachtete den Journa- men und über Kindheit, Karriere, per- Diesmal gilt es, einer bis an die Zähne Leipzig zu den Mon- dass die Stasi vor der listen, „und hinter einem Spiegel sönliche Höhepunkte und Rückschläge bewaffneten Terroristengruppe prak- tagsdemonstrationen Kirche wartet.“ Da standen auch noch welche“. Gegen erzählen. Bis 18.00, Arte tisch im Alleingang das Handwerk zu legen. Willis wiederum versteht das gefahren. „Wir wollten war aber niemand. Ende des Verhörs dann der zyni- 19.00 REPORTAGE seine: Selbst strenge Cineasten müssen das filmen und das Schefke und Radoms- sche Kommentar des Gegenübers: Kenia: Kein Geld für die Kinder Kenia, da einsehen, dass Actionkino ein Kul- Band in den Westen ki suchten mit dem „Ich glaube Ihnen kein Wort, aber einst leistungsfähigste Volkswirtschaft turgut sein kann. Bis 3.50, ORF 1 schaffen. Damit alle se- brisanten Bildmateri- Ihre Berichte sind rund.“ hen, was sich in der al im Gepäck das Wei- 50 Jahre alt und Redakteur beim DDR abspielt“, sagt te. Mit Spiegel-Redak- Mitteldeutschen Rundfunk, ist Schefke heute zum teur Ulrich Schwarz Schefke heute ein Teil deutscher Standard. Westjour- war „ein vages Zeit- Geschichte. Dankbar ist er, dass es nalisten hatten näm- fenster“ für die Über- damals nicht so viele Sender wie lich keinen Zugang gabe des Bandes ver- heute gab. „So entgingen kaum je- mehr zu Leipzig. einbart – in einem Hotel. In dessen mandem unsere Bilder.“ Journalis- Das war am 2. Oktober. „Das Re- Drehtür traf man sich schließlich. ten hätten daher 1989 auch „3000 gime wollte die Demonstrationen Schefke übergab das Band, „und Prozent mehr Macht gehabt als noch runterspielen und offiziell Ulli steckte es in die Unterhose, ob- heute“. Alle fünf Jahre erzählt er den Eindruck vermitteln, dass da wohl er diplomatischen Status und nun das Abenteuer von den ersten sich nur ein paar Betrunkene tra- nichts zu befürchten hatte“. So ka- TV-Bildern der Montagsdemons- fen.“ Doch es waren gut 30.000 men die ersten Aufnahmen von trationen. Manchmal ärgert er sich, Menschen, „ganz und gar nicht be- den Montagsdemonstrationen zum dass damals „viele Journalisten aus soffen“. Schefke und Radomski Fernsehsender ARD. Feigheit nichts machten“, und gingen mit, trauten sich aber nicht, „Wir hatten schon so genug von wünscht sich, dass auch heute an- die Kamera, die sie vom Bürger- der Gängelung“, resümiert Schef- derswo der Mut zum Durchbruch rechtler Roland Jahn erhalten hat- ke. Und erzählt von Reisen nach kommt. Aber das wäre eine neue TEX RUBINOWITZ ten, auszupacken und einzuschal- Ungarn und ihrem traurigen Ende. Geschichte.

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September September 2009 2009 TV/RadioFernsehen/Radio Sonntag der Standard 37

Spitzenkandidaten. Auf Grundlage der aktuellsten Hochrechnungen werden SWITCH Konsequenzen und mögliche neue Re- gierungskonstellationen Themen sein. Moderation: Thomas Baumann und Ni- LIST kolaus Brender. Bis 21.00, ARD, ZDF FÜR SONNTAG 20.45 FILM Schau mich an! (Comme une image, F Redaktion TV: Doris Priesching 2004, Agnés Jaoui) Die unscheinbare Switchlist: Benjamin Koffu Gesangsstudentin Lolita (Marilou Ber- ry) steht im Schatten ihres berühmten 9.05 MATINEE Vaters und ringt um dessen Zuneigung. a.viso Der Kulturguide gibt einen Aus- Ètienne Cassard (Jean-Pierre Bacri), ein blick auf den Steirischen Herbst 2009, berühmter Schriftsteller, ist allerdings einen Einblick zu Kasimir und Karoline zu sehr mit sich, seinem Ruhm und ei- (Ödön von Horváth) am Tiroler Landes- ner momentanen Schaffenskrise be- theater und stellt den Flamenco-Sänger schäftigt, als dass er sich seiner Tochter Diego El Cigala vor. Bis 9.30, ORF 2 zuwenden könnte. Gesellschaftskomö- die mit traurig-komischen Situationen 9.40 FILM und Dialogen. Bis 22.30, Arte Und immer lockt das Weib (Et Dieu créa la femme, F 1956, Roger Vadim) Roger Va- 21.50 WAHLSPEZIAL dim, Frankreichs Regisseur der leichten ZIB 2 Spezial: Wahlen in Oberösterreich Muse, entdeckte Brigitte Bardot und und Deutschland Wahlergebnisse, Live- formte sie, wie man so sagt, zu einem Schaltungen, Reportagen, Analysen Star: Sie spielt das Mädchen Juliette, und Gespräche mit Politologen. Mode- eine Waise, leidenschaftlich, männer- ration: Armin Wolf. Bis 22.25, ORF 2 erregend, liebebegehrend, frauenzerstö- 1989 gibt es außer dem rend. Bis 11.30, Tele 5 22.15 FILM Mauerfall noch den Die Weisheit der Krokodile (The Wisdom 200. Geburtstag der Französi- 11.05 MAGAZIN of Crocodiles, GB/USA 1998, Po-Chih Le- schen Revolution zu feiern. Pressestunde Wifo-Chef Karl Aiginger ong) Das Verschwinden mehrerer jun- Klaus Staeck nutzt das über aktuelle Konjunkturprognosen, ger Frauen in London gibt Rätsel auf. Arbeitslosigkeit, Budgetdefizit und ver- Mediziner und Vampir Steven (Jude Datum für ein Klagelied über frühten Optimismus. Die Fragen stellen Law) wirkt verdächtig, doch nachwei- Konsumerismus, Müllberge, Georg Wailand, Kronen Zeitung, und sen kann man ihm nichts. Anne (Elina eine zerstörerische Waltraud Langer, ORF. Bis 12.00, ORF 2 Löwensohn) weckt in ihm Gefühle, Industriegesellschaft und erstmals Skrupel. Abseits aller Genre- menschenfeindliches urbanes 12.00 MAGAZIN klischees. Bis 0.00, Das Vierte Hohes Haus Patricia Pawlicki präsen- Leben. Das Gemälde tiert: 1) Ausweg: Die SPÖ auf der Suche 22.25 DISKUSSION von Eugène Delacroix nach einem klaren wirtschaftspoliti- Im Zentrum Ingrid Thurnher diskutiert „Die Freiheit führt das Volk“ schen Profil. 2) Ansturm: auf die öster- mit den Klubchefs der Parlaments- ist nicht mehr als ein reichischen Universitäten seit Abschaf- parteien über Ergebnisse und Folgen flüchtiges Flimmern auf fung der Studiengebühren. 3) Abstell- der Wahlen in Oberösterreich und einem Bildschirm. gleis: Die ÖBB und defizitäre Neben- Deutschland. Bis 23.30, ORF 2 strecken. Bis 12.30, ORF 2 0.15 FILM 12.30 MAGAZIN Natural Born Killers (USA 1994, Oliver Orientierung 1) Papst Benedikt XVI. be- Stone) Umstrittener Thriller um Juliette sucht Tschechien. 2) „Zauber des Schö- Lewis und Woody Harrelson als strate- SAMSTAG SONNTAG nen“ beim Philosophicum Lech. 3) In- gisch agierendes Mörderteam, um RADIO-TIPPS szenierte Erlöserrolle? Michael Jack- Macht und Missbrauch der Presse und 9.05 FEATURE 14.05 PORTRÄT sons „Moonwalk in die Ewigkeit“. Medien- und Gewaltgeilheit der Gesell- Hörbilder: Wer lebt, stört. Private Klimastrategien Erkenntnisse Menschenbilder Die Pianistin Elisabeth Leonskaja, als Tochter Bis 13.00, ORF 2 schaft. Bis 2.05, NDR über Konsequenzen fortschreitender Klimaveränderungen russischer Eltern in Tiflis geboren, lebt seit über dreißig Jah- werfen Fragen nach Zusammenhängen zwischen Alltag, ren in Wien. Ein Porträt der Ausnahmekünstlerin über ihr 20.15 DISKUSSION 0.15 FILM Konsum und den ökologischen Folgen auf. Bis 10.05, Ö1 Leben mit der Musik. Bis 14.55, Ö1 Berliner Runde In der Elefantenrunde Das Verfahren ist eingestellt (I 1971, Da- zur deutschen Bundestagswahl disku- miano Damiani) Rassiger Mafiakrimi 14.00 HÖRSPIEL 18.00 WAHLEN tieren Angela Merkel (CDU), Frank- mit Franco Nero als unbescholtenem Killerradio Weil der Fernseher den Geist aufgibt, muss ein Abendjournal Eine von mehreren Sondersendungen zu den Walter Steinmeier (SPD), Guido Wes- Bürger, der in den Mühlen der Justiz Ehepaar sich mit einem Krimihörspiel im Radio begnügen. Wahlen in Oberösterreich und Deutschland. Reaktionen und terwelle (FDP), Oskar Lafontaine (Die buchstäblich zermalmt wird. Von Andreas Renoldner mit Peter Simonischek, Brigitte Kar- Ausblicke auf künftige Mehrheitsverhältnisse und mögliche Linke) sowie einer der beiden grünen Bis 1.55, BR ner, Heinz Marecek und Wolfgang Böck. Bis 15.00, Ö1 Koalitionen. Bis 18.30, Ö1

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HEUTE, 20.15 UHR, ORF 1 Bezahlte Anzei ����� E ��� ����� ������� ������������ ������ ������������� ��� ����� ����� ����� ��� ���� ����� EJ �������� ������ ��������� ���� ������ ��� ����� ��� ����� ����� ��������� � ���������� �� ������ ������ ������� ������� ����� ����� ������� ����� ���� ����� ��� ���� John und Jane Smith leben in ���������� ��������� ����� ���� ������� ��� ���� ��� ���� ������ ����� ��������� ���������� glücklicher, beschaulicher ����� J ������� � ������ ��� �������������� � �������� ������ ��� ���� ���������� MR. AND Alltagsroutine. Doch die ein- ��� ������ ������ ����������� ��������� ���������� ����� �������� ����� zelnen Ehepartner führen ein ��� ������� ��������� ����� �� ������� ��������� ����� ����� ��������������� ������ ���� ��������� �������� ��� ����� ��� ����� EJ ��� ������ ������ ����� ��� ��� ���� �� ����� �������� MRS. 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p BILDUNG p KINDERBETREUUNG p Business-Links www.diekinderei.at ONLINE-ADRESSEN Wir betreuen Kinder auf Hochzeitsfeiern (und anderen p BERUFSAUSBILDUNG Erwachsenenfesten) im Raum Wien. Kontakt: ¤ 0664/5256062 oder [email protected] www.naikido.at SHIATSU – Beruf mit Zukunft Tag der offenen Tür: www.infinum.at 3.Oktober 2009, Shiatsu – Einführungstag: 4.Oktober NEUE SCHULE FÜR IHR KIND? Individualität, persön- 2009, Informationsabend zur Ausbildung: 8.Oktober liche Betreuung, Kleingruppen, Leistung, Freude WWWissenswert. 2009 (19 Uhr), Ausbildungsbeginn: 24.Oktober 2009 am Lernen – PRIVATSCHULE inFINUM 38 der Standard Kommentar der anderen Sa./So., 26./27. September 2009 Das neue Bionade-Biedermeier LESERSTIMMEN AUA-Sanierung wird hart Nach dem Mauerfall war Christiane Rösinger Betrifft: Lufthansa lässt weiteren lebt seit 1988 in Berlin Jobabbau bei AUA offen in Berlin alles neu, dann und sieht, wie sich die der Standard, 24. 9. 2009 15 Jahre lang vieles Stadt in zwei Jetzt haben wir den Salat: Nach Richtungen entwickelt: dem Verscherbeln unserer einsti- improvisiert. Heute gibt es die Party-Stadt und die gen stolzen Fluglinie AUA an die eine neue Gemütlichkeit, Hochburg für Lufthansa fallen mehr Arbeitsplät- die den Anhängern Yuppie-Eltern. ze dem Sparstift zum Opfer als bis- her angenommen. Aktuelle Pläne des romantischen sehen vor, dass bis Ende 2010 bis Antikapitalismus ein merweise noch Brachflächen, auf zu 1500 Stellen wegfallen. Mit dem denen improvisierte Clubs für ei- „Auffangen“ der Lauda Air vor ei- wenig unheimlich ist. nen Sommer entstehen, die frühe- nigen Jahren hat sich die AUA ren Ausgehbezirke aber meidet übernommen (500 Millionen Euro Christiane Rösinger* man. kostete das). Jetzt bekommen sie In Berlin Mitte hat die Turn- die Rechnung präsentiert, und as ganze Jahr schon wird in schuhladendichte und Ballermani- Herr Lauda kann noch höhnisch Berlin auf das Mauerfalljubi- sierung des Ausgehlebens über- über diesen Notverkauf spotten. Dläum mit den immer glei- hand genommen, im ehemaligen Schöne Helden haben wir heutzu- chen Bildern vom November 1989 Schriftsteller- und Arbeiter-Bezirk tage! Mag. Günther Schreiber hingewiesen, sodass man als Zeit- Prenzlauer Berg wurde die Bevöl- per Internet zeugin der eigenen Erinnerung kerung praktisch ausgetauscht. schon gar nicht mehr traut. Die Der Bezirk wird heute von der neu- Angst vor falschen Leuten? Historiker beklagen ja auch gern, en soziologischen Spezies der Yup- Betrifft: „Kritik nach Irans Attacken dass sich Zeitzeugen meistens ir- pie-Eltern dominiert. Diese in den gegen Israel“ und „Vom Kaiserhaus ren und später erfahrene Fakten letzten Jahren massenweise aus in die Präsidentenvilla“, mit der Erinnerung mischen. Mir Westdeutschland zugezogenen der Standard, 25. und 18. 9. 2009 bleibt als Zeitzeugin der Maueröff- akademisch Besserverdienenden Was soll man von der Regierung nung vom 9. November das Bild der pflügen mit dem Statussymbol Österreichs halten, die einerseits vielen Ostberliner, die im Bezirk „800-Euro- Kinderwagen“ majestä- bei einer antiisraelischen und an- Kreuzberg über die Oberbaumbrü- tisch über die Gehwege und strah- tisemitischen Rede des undemo- cke gekommen waren in Erinne- len das Bewusstsein der durch Re- kratischen Herrn Ahmadi-Nejad in rung. Zu Hunderten versammelten produktion erlangten moralischen der Uno-Vollversammlung nicht sie sich an der Straßenecke vor der Überlegenheit aus. Biolädchen, den Mut hat, mit anderen europäi- Glasfront einer Dönerbude und be- schadstoffarme Kinderspielzeuglä- schen Delegationen den Saal zu staunten den Dönerverkäufer, der tischen Antikapitalismus als dos- eingenisteten improvisierten Bars den, vegane Eisdielen und kusche- verlassen, obwohl uns immer wie- mit einem langen Messer den tojewskilesende edle Werktätige und illegalen Clubs gewähren. Po- lige Kakau- und Kindercafés be- der versichert wird, dass von die- Fleischkegel abschabte. Am nächs- idealisiert hatte – dabei waren sie lizei und Bürokratie hatte andere stimmen nun das Bild des Bezirks, sem Regime keine Gefahr ausgeht ten Tag hatten die geschäftstüchti- zum großen Teil noch spießiger als Sorgen, da mussten Straßen gebaut für den das passende Bonmot (was sicher nicht auf Israel zu- gen Kreuzberger Türken schon Ba- die Westdeutschen und wollten so und Buslinien zusammengeführt vom „Bionade-Biedermeier“ ge- trifft); andererseits aber die sich nanenstände an den Übergangs- schnell wie möglich die D-Mark, werden. Jede Woche öffneten neue prägt wurde. seit 90 Jahren demokratisch ver- stellen aufgebaut. Wiedervereinigung und Helmut Clubs und Bars, an bizarren Orten, haltende Familie Habsburg so Große Euphorie herrschte an Kohl. das Ausgehen war eine Schnitzel- *Christiane Rösinger ist Musikerin fürchtet, dass man ihr bis heute die diesem trüben Novemberabend auf Erst einmal hatten die Berliner jagd, mit der man sich gleichzeitig (Lassie Singers), Autorin vollen Rechte eines österrei- den Straßen, man alles doppelt: zwei die neue Stadt, den unbekannten („Das schöne Leben“, 2008) und chischen Staatsbürgers verweigert. quetschte sich in ir- Fernsehtürme, Bür- nahen Osten aneignete. Journalistin („Taz“, „Tagesspie- Friederike Habsburg-Lothringen gendwelche Autos germeister, Zoos, drei Sogar heute gibt es wundersa- gel“, „FAZ“). 9400 Wolfsberg und fuhr in einer un- Universitäten, drei ausgesprochenen Ver- Opern. Und die West- abredung zum Kur- berliner hatten ein fürstendamm, alle Umland, man konnte hupten, und im Radio aus der Stadt rausfah- liefen ununterbro- ren! Für die Ausgeh- chen Berlinsongs. gesellschaft aber wa- Aber die Berliner ren die Neunziger das neigen zur Nörgelei. goldene Zeitalter Ber- Erstaunlich schnell, lins. schon nach zwei Ta- In Berlins Mitte gen, waren die West- standen viele Häuser berliner genervt, von ihren alten, leer, die anscheinend niemandem neuen Nachbarn, von den dichten gehörten – die jüdischen Eigentü- Menschentrauben vor den Schau- mer waren von den Nazis enteignet fenstern, den langen Schlangen der worden, nach dem Krieg wurden Begrüßungsgeldabholer an den die Häuser Staatseigentum der Sparkassen, denn vollen U- und S- DDR, und es dauerte teilweise 15 Bahnen. Aber auch ich war bald Jahre, die in alle Welt verstreuten enttäuscht von den DDR-Bürgern, Erben der Besitzer ausfindig zu ma- die ich als Anhängerin des roman- chen. So lange ließ man die dort Cartoon: Rudi Klein (www.kleinteile.at) ERRATA Schlampige Verhältnisse Wir beschäftigen uns heute mit Ge- Straße gehen. In der vergangenen schichte, blicken wir also zurück. Woche geschah dies auch in Wien. Viele sind sich ja der Tatsache, Zwei Gruppen protestierten – Ver- dass dieser Karl der Kühne „der treter der Initiative Stop the Bomb Großvater von Karl V. war, nicht und, ganz unabhängig von diesen, mehr vollumfänglich bewusst“, die Gemeinschaft zur Unterstüt- schrieben wir zur Ausstellung im zung für die Rechte aller IranerIn- Kunsthistorischen Museum Wien. nen. Die zweite Kundgebung konn- Genau genommen war er der Ur- te auch auf prominente Redner wie großvater – zwischen ihm und Karl Alexander Van der Bellen verwei- V. gab es die Ehen seiner Tochter sen, von den Grünen war die Demo Maria mit Maximilian I. und da- aber eben nicht organisiert. Aham- nach von Philipp des Schönen mit di-Nejad hat leider nicht reagiert, Johanna der Wahnsinnigen. wie wir erkennen konnten. Wie schwierig die Ausflüge in Nachrichten der Kategorie „Zu die Welt der Museen sein können, schön, um wahr zu sein“ fanden erwies sich auch im Bericht über wir jedoch anderswo. Alt werden die Art-brut-Ausstellung „Kopf- und jung bleiben, der Erfüllung füßler und Mondfrau“. Der Direk- dieses Wunsches könnten österrei- tor des Gugging-Museums heißt chische Forscher entscheidend nä- 180 Kilometer Akten wurden Johann Feilacher, nicht Anton. hergekommen sein. Wir erfuhren im Ministerium für Staats- Der Wermutstropfen im Artikel, von der möglichen Existenz eines sicherheit nach 1989 sicher- mit dem der Abschluss der Um- immunologischen Jungbrunnens, gestellt. 1991 wurde das strukturierungsarbeiten im Wiener erkannten den Sensationsgehalt Stasi-Unterlagen-Gesetz Belvedere rapportiert wurde: Das und setzten die Nachricht ohne verabschiedet. Jeder Bürger untere Schloss wurde vom Archi- weitere Befassung der daran arbei- durfte ab Jänner 1992 Ein- tektenteam Kuehn Malvezzi adap- tenden Forscher in die Welt. Das sicht nehmen. Die Akten- tiert, nicht jedoch auch die Oran- war selbstverständlich keine wis- Akribie, die viel Platz in der gerie. Für deren Erneuerung zeich- senschaftliche Veröffentlichung. politischen Diskussion nach net Susanne Zottl verantwortlich. Diese ist der wissenschaftlichen der Wende einnahm, Eine Erneuerung anderer Art ha- Gemeinde vorbehalten, Details fol- war Klaus Staeck ein Plakat ben Menschen im Sinn, wenn sie gen also später. Otto Ranftl wert. gegen Mahmud Ahmadi-Nejad, Leserbeauftragter den im August offiziell installier- [email protected] ten iranischen Präsidenten, auf die [email protected] Sa./So., 26./27. September 2009 Kommentar der anderen der Standard 39 Ein Aufbruch ohne Abschluss Das Gewonnene ist verblasst. Das Verlorene schwelt und neue Irrtümer inmitten von al- ter und neuer Protzigkeit eingenis- als offene Wunde. Aber wer sagt denn, dass das, was im tet haben. Was bislang fehlt, ist die Herbst ’89 begonnen wurde, schon zu Ende gebracht ist? Gelassenheit. Der Wunsch, die Josef Erinnerungen eines Teilzeit-Leipzigers. DDR zum Verschwinden zu brin- Haslinger: gen, ist zu einer Zwangsneurose „Was die geworden. An den Veränderungen Menschen des Josef Haslinger* onstruppen wahrgenommen zu im Stadtbild ist das ablesbar. Die Herbstes ’89 werden wie meine westdeutschen nicht gerade abwechslungsreiche erreicht em Herbst ’89 verdanke ich Kollegen. Es ist keine Frage, dass DDR-Architektur wird durch eine haben, ist ein einen Verlust von Illusionen bei der Neuverteilung der Möglich- Glasarchitektur ersetzt, die längst Gewinn an Dund ein seither nicht zum keiten in diesem Land die ansässi- zum Markenzeichen der neuen politischer Stillstand gekommenes Grübeln gen Menschen die Benachteiligten Einfallslosigkeit geworden ist. Freiheit. darüber, was noch eine vertretbare waren. Ich erlebe Leipzig, seit ich Als ich in den Achtzigerjahren Ein Gewinn Gesellschaftsperspektive sein hier bin, als eine sich neu formie- vom DDR-Schriftstellerverband an Sicherheit könnte. Wie lassen sich persönli- rende Stadt. Die Veränderungen, das erste Mal durch den Arbeiter- ist es nicht. che Freiheit und soziale Verant- die oft mit dem Verlust des Arbeits- und Bauernstaat kutschiert wurde, Das hat der wortung des Staates in ein gedeih- platzes und dem Zwang zu einer war mir schleierhaft, warum die Wende liches Verhältnis zueinander brin- völligen Neuorientierung in den mir zugeteilten Begleiter in der den Glanz gen? Der Herbst ’89, das war nicht Lebensvorstellungen einhergin- Stadt Leipzig so ins Schwärmen ge- genommen.“ einfach nur jener Prozess, der zur gen, mögen für viele Alteingesesse- rieten. Während auf der Ge- Foto: Corn Erweiterung der Bundesrepublik ne mindestens genauso irritierend sprächsebene historische Namen durch neue Bundesländer führte. gewesen sein, wie in den Fünfzi- wie Liebknecht, Goethe, Leibniz, gen Blätter, auf denen manche ist aus dem Schneider, denn er hat Die Wiedervereinigung war bloß gerjahren für die Bauern der Druck, Bach und Mendelssohn wie Glanz- Buchstaben deutlich lesbar, ande- das Glück, dass über ihn eine Sta- der spezifisch deutsche Beitrag zu sich einer LPG anzuschließen. stücke herumgereicht wurden, wa- re nur erahnbar waren. Die wespen- si-Akte existiert. Ich wollte ihm einer viel umfassenderen Bewe- Für mich hat es von Anfang an ren in der augenscheinlichen nest-Anthologie kam nicht zustan- schon nahelegen, sich bei denen, gung, die 70 Jahre nach der Okto- etwas Aufregendes gehabt, einer Wirklichkeit nur zerbröckelnde de, sie wurde von den politischen die diese Akte angelegt haben, zu berrevolution ein ganzes Gesell- historischen Umbruchsituation alte Häuser und Plattenbauten zu Ereignissen des Herbstes ’89 über- bedanken. schaftssystem zum Einsturz ge- beizuwohnen, zusehen zu können, sehen. Für meinen zugegebener- rollt. Aber der Mann, der mir da- Was die Menschen des Herbstes bracht hat. wie eine ganze Innenstadt neu ge- maßen oberflächlichen Blick von mals so sympathisch wie hilfreich ’89 erreicht haben, ist ein Gewinn Ganz konkret jedoch verdanke staltet wird. Auch wenn zwischen- außen, der das spannungsreiche war, sollte bald von Wolf Biermann an politischer Freiheit. Ein Gewinn ich dem Herbst ’89 einen Anruf aus durch immer wieder der politische Geistesleben der Stadt nicht kann- einen Beinamen bekommen, den er an Sicherheit ist es nicht. So wie Leipzig, der zu einer gründlichen Mut und die ökonomische Kapazi- te, ragte einzig Kurt Masurs neues nie wieder richtig los wurde. Bier- man die politische Freiheit zu Veränderung meines Lebens füh- tät eingebrochen sind, sodass das Gewandhaus in seiner eigenwilli- mann nannte ihn Sascha „Arsch- schätzen lernt, wenn man sie nicht ren sollte. Von Wien kommend hat- Gesamtgebilde nicht einem genia- gen Form aus dem tristen Anblick loch“ Anderson. Er war ein Stasi- hat, so mag es auch mit der sozia- te ich das Glück, nicht so eindeu- len Wurf gleicht, sondern einem heraus. Spitzel. len Sicherheit sein. Und das hat tig als Proponent der neuen Invasi- Sammelsurium, in dem sich alte Ernst Schwarz, der Mann, dem Wenn ich heute meine damali- der Wende den Glanz genommen. ich meine damalige Lesereise zu gen Kontakte zu den Menschen der Das Gewonnene ist verblasst, das verdanken hatte, war, so stellte DDR überblicke, dann Verlorene schwelt als HANSRAUSCHER sich später heraus, um meine Zu- muss ich mir einge- offene Wunde. Aber kunft besorgt. Er stand im Dienste stehen, dass es mir wer sagt denn, dass von Markus Wolf. Naiv, wie ich da- nur ganz selten ge- das, was im Herbst ’89 mals war, naturgemäß ohne mich lang, die politisch ge- begonnen wurde, Übertölpelt von für naiv zu halten, muss ich mich steuerte Ebene der Be- schon zu Ende ge- fragen, welcher Art meine Bezie- gegnungen zu verlas- bracht ist? Die Men- Ahmadi-Nejad hungen zu diesem Land heute wä- sen. Für jemanden, schen am gesell- ren, wenn es die Wende nicht ge- der mit dem Spitzel- schaftlichen Reich- Die Welt hat korrekten Kollegen ham Öster- geben hätte. system leben gelernt tum zu beteiligen und bei der UN-Ge- reichs UNO-Delegierten wäh- Nachdem ich im Sommer 1989 hat, sieht die Sache si- ihnen Schutz zu bie- neralversamm- rend der Rede vom Ahmedi- aus den USA zurückgekommen cher anders aus als für ten, ohne sie politisch lung soeben Nejad net den Saal verlassen. war, machte ich mich daran, eine jemanden, der sich zu gängeln, das wäre zwei große Recht hams. Weil diesmal war Ausgabe der Zeitschrift wespen- der Totalität dieses doch noch eine Per- Auftritte von fast olles, was er gsagt hat, völ- nest über die neuesten Entwicklun- Systems erst im Nach- spektive, ein würdi- wichtigen Füh- lig richtig“. gen der DDR-Literatur zusammen- hinein bewusst wurde. Ein in der ger Abschluss für jenen Aufbruch, rern der soge- Für das, was Ahmedi-Nejad zustellen. Zu diesem Zwecke traf DDR nicht unbedeutender Dichter der im Herbst ’89 mit fast spieleri- nannten Ent- sagte, gibt es den Fachausdruck ich einen mittlerweile im Westen sagte neulich zu mir: Weißt du, scher Leichtigkeit den linken Tota- wicklungsländer erlebt. Liby- „sekundärer Antisemitismus“: lebenden Dichter vom Prenzlauer Kollege, das mit der Stasi ist so eine litarismus kippte. ens Muammar al-Gaddafi hielt Israel ist auch nicht besser als Berg, der mir den blassen 5. Durch- Sache. Wenn über einen Bericht er- eine seine endlosen, wirren Re- die Nazis und natürlich gibt es schlag einer Samistad-Ausgabe stattet wurde, war man sicher blöd *Der österreichische Schriftsteller, den, indem er nicht nur Impe- eine jüdische Weltverschwö- von neuer Lyrik überreichte. Ich dran. Aber noch blöder dran war („Opernball“, „Phi Phi Island“) rialismus, Kolonialismus und rung. Die Krone hat schon ein hatte damals in den USA gerade be- man, wenn kein Bericht erstattet ist seit 1996 Professor für die westliche Hegemonie an- paar Jahre auf antisemitische gonnen, mich mit Computern zu wurde. literarische Ästhetik am prangerte, sondern auch vor- Untertöne verzichtet (viel- beschäftigen, umso kostbarer wirk- Vielleicht kann man das als Be- Deutschen Literaturinstitut schlug, den UN-Sitz nach Wien leicht, weil sie einen entspre- ten diese dünnen, fast durchsichti- teiligter so sehen, und der Kollege Leipzig. oder Peking zu verlegen, weil chenden Prozess gegen den ihn der Jetlag nach New York Standard und mich verloren ganz wuschi gemacht habe. hat). Jetzt wird sie wieder ke- er iranische Präsident cker. und Quasi-Diktator Mah- Warum, um Himmels willen, Dmud Ahmadi-Nejad wie- sind die Österreichischen Dele- derum lieferte ein klassisches gierten bei so etwas sitzen ge- Muster der antisemitischen blieben? Die offizielle Erklä- Weltverschwörungstheorie ab, rung eines unglücklich wirken- indem er Israel erstens des den Außenministers Spindeleg- „Völkermords“ an den Palästi- ger: Man habe versucht, in der nensern bezichtigte und zwei- EU unter schwedischem Vor- tens von „einer kleinen Min- sitz eine Linie zu finden: Wenn derheit“ sprach, die „Politik, der Ahmedi-Nejad wieder den Kultur und Wirtschaft in wei- Holocaust und das Existenz- ten Teilen der Welt durch kom- recht Israels leugnet, dann ge- plizierte Netzwerke beherrscht hen wir aber echt hinaus. und eine neue Form der Skla- eider war der iranische verei schafft“. Präsident so schlau, dies Man kann dabei ins Grübeln Lnicht zu tun, sondern kommen: Wenn das das Stärks- eben zum sekundären Antise- te ist, was die Dritte Welt an mitismus zu greifen. Die Deut- Führungspersönlichkeiten zu schen haben das begriffen: EU bieten hat, dann wird eine hin oder her, gerade wir dürfen neue, gerechtere Weltordnung so etwas nicht hinnehmen. Die noch einige Zeit auf sich war- Österreicher, die genauso eine Wenn sich die Objekte von ten lassen. So drückte es auch Verantwortungslast aus der Ge- Spott, Satire und politischer der deutsche SPD-Außenminis- schichte haben, drucksten Kunst freiwillig und absicht- ter Frank-Walter Steinmeier (wieder) herum. Man habe eh lich selbst entlarven, ver- aus: „Dieser Präsident ist eine nur mindere Botschaftsräte hi- lieren die Spötter, Satiriker Schande für sein Land.“ neingesetzt; und die hätten und politischen Künstler Die deutschen Delegierten nicht gewagt, selbstständig ihre Bühne. Bei Big-Brother- standen denn auch bei dieser nach der Situation zu entschei- Brei und Feldbusch-Spinat Passage des iranischen Präsi- den, lautet jetzt die Ausrede. stößt Klaus Staeck an seine denten auf und verließen den Ein Triumph heimischer Grenzen. Hier – in diesem Saal. Einige andere Länderver- Staatskunst. Wir wollten eh Plakat aus dem Jahr 2000 treter gingen mit. Die Österrei- tapfer sein (in Grenzen) und –gibt es nichts mehr zu ent- cher blieben sitzen. dann halt sich der net an unse- larven, was das Publikum Die Krone , bzw. ihr „Herr re ausgeklügelte Strategie. Was nicht schon bis zum Über- Strudl“, findet das super: „An- sollst machen? druss kennt. ders als viele ihrer politischen [email protected] 40 der Standard Kommentar Sa./So., 26./27. September 2009

IRANSURANANREICHERUNG Logische Sanktionen Gudrun Harrer

nstelle einer Bewegung im Atomstreit, die US-Präsi- dent Barack Obama bis Ende September anvisiert hat- Ate, gibt es nun also eine zweite iranische Urananrei- cherungsanlage. Bei aller Aufregung ist die Überraschung im Grunde genommen gering: Teheran hat nicht verheim- licht, sein Programm weiter ausbauen zu wollen, und Ex- perten tippten stets auf einen zweiten Standort, geschützter als das aus der Luft gefährdete Natanz. Ob nun eine Anlage wirklich „heimlich“ ist, würde im Normalfall davon abhängen, ob das betroffene Land Melde- pflichten unter seinem „Safeguards“-Abkommen mit der In- ternationalen Atomenergiebehörde (IAEO) verletzt hat. Un- ter dem Zusatzprotokoll, das der Iran aber nicht ratifiziert hat, sollten Informationen über neue Anlagen der IAEO zu einem sehr frühen Zeitpunkt übermittelt werden. Wie weit die Fabrik jedoch wirklich gediehen ist und ob, wie der Iran behauptet, noch keine Zentrifugen aufgestellt wurden, weiß man nicht, solange kein Inspektor dort war. Im Fall Iran ist jedoch eine höhere Instanz involviert: Der Uno-Sicherheitsrat hat Teheran wiederholt aufgefordert, die Urananreicherung zu suspendieren. Einmal mehr zeigt das iranische Regime, dass es darauf pfeift. Die logische Reakti- on der internationalen Gemeinschaft wären härtere Maß- nahmen, verschärfte Sanktionen. Aber auch wenn diese der iranischen Wirtschaft verstärkt wehtäten, kämen sie für das Regime nicht ungelegen: Der „Beweis“, dass die Welt dem Iran eine Technologie verweigern will, die alle anderen ha- ben dürfen, wäre innenpolitisch unendlich nützlich. Schwarz-Grün auf dem Prüfstand ALLEINREGIERUNGINVORARLBERG In Oberösterreich wird auch über Koalitionsvarianten in diesem Land entschieden Keine Angst vor neuem Team Alexandra Föderl-Schmid ten, deutlich zu machen, worin ihr ei- grüne Parteispitze in diesem Wahl- Jutta Berger gener Kurs und ihre Leistungen in der kampf engagiert hat. n der Endphase wurde der Wahl- geräuschlos funktionierenden Landes- Auf Bundesebene nicht registriert etzt hat er sich endlich getraut. Es ist heraus: „Die Volks- kampf in Oberösterreich doch noch regierung bestand. Dabei haben sie wurde, wie stark sich Heinz-Christian partei wird voraussichtlich die Landesregierung alleine Ispannend: Ein – vorsichtig ausge- durchaus gute Sachpolitik geleistet. Strache im oberösterreichischen Wahl- Jstellen“, kündigte Landeshauptmann Herbert Sausgruber drückt – ungewöhnliches Finanzge- Aber ob das von den Wählern honoriert kampf eingeschaltet hat. Er besuchte an. Fünf Tage hat der ÖVP-Chef rumgedruckst. Dann schäft des Landes sorgt kurz vor dem wird, ist eine der zentralen Fragen an selbst kleine Landgemeinden, trat sogar rutschte ihm in die revolutionäre Ansage auch noch „vo- Urnengang für Aufregung. Durch ein diesem Wahlsonntag. in Wildparks auf. Die Ausgangslage für raussichtlich“. Sausgruber geht die neue Zeit vorsichtig an: Geschäft mit einem ungarischen Fi- Für die Grünen in ganz Österreich die FPÖ ist angesichts des Absturzes Die Tradition einer Koalition ohne Notwendigkeit wiegt für nanzdienstleister geriet die Partei des geht es bei diesem Urnengang um sehr auf 8,4 Prozent bei der vergangenen ihn zu schwer, er will sich nicht dem Vorwurf der Macht- Landeshauptmanns, die ÖVP, in ein viel: Zwei Drittel der Grün-Wähler in Wahl diesmal gut, dieses Ergebnis lässt gier aussetzen. Schließlich hat die ÖVP seit 1945, obwohl schiefes Licht. Die Vorwürfe der SPÖ, Österreich nennen eine mögliche Re- sich leicht übertreffen. ohne Proporzzwang und meist mit absoluter Mehrheit aus- dass 140 Millionen Euro Landesgeld für gierungsbeteiligung als Wahlmotiv. In Oberösterreich geht es nicht nur gestattet, mit SPÖ und FPÖ oder, wie die letzten 35 Jahre, Spekulationen herangezogen wurden Schaffen sie den Einzug in Oberöster- um die Hackordnung in der Bundesre- nur mit der FPÖ regiert. „Bürgerlicher Weg“ nannte man das. und es sich um dubiose Praktiken han- reich nicht mehr, dann fallen die Grü- gierung, sondern auch für die Opposi- Herbert Sausgruber hat im Wahlkampf, als er wegen an- delt, sind nicht bewiesen, bringen aber nen im aktiven politischen Geschehen tionsparteien um viel. Es geht auch da- tisemitischer Äußerungen des FPÖ-Spitzenkandidaten eine Bewegung in den Wahlkampf. Immer- wieder um eine Stufe zurück. Deshalb rum, welche politischen Koalitionen in weitere FPÖ-Regierungsbeteiligung ausschloss, eine muti- hin zehn Prozent der rund eine Million ist es erstaunlich, wie wenig sich die diesem Lande möglich sind. ge, wenn auch überfällige Entscheidung gefällt. Man hat ihn Wahlberechtigten waren kurz vor dem auch deshalb wiedergewählt. Nun sollte er nicht Angst vor Urnengang noch unentschlossen. der eigenen Courage bekommen. Auch wenn der FPÖ- Dass dann die Unterlagen zu der Cau- DESTAGES freundliche Wirtschaftsbund mit den Muskeln spielt und ei- sa am Donnerstagabend für gestohlen KOPF nen bläulichen Unternehmer in die Regierung reklamiert. erklärt und Freitagfrüh überraschen- Sausgruber könnte seine letzte Legislaturperiode mit ei- derweise auf dem Schreibtisch des Lan- er Druck ist wieder Kasimirs Oma ren eineinhalbjährigen nem Schritt in die Zukunft beginnen und sein Team erneu- desfinanzdirektors wiederauftauchten, enorm, obwohl ihre Enkel Kasimir zu sehen. ern; sich Menschen in die Regierung holen, die nicht nur wirft Fragen auf. Ob Landeshauptmann DChancen diesmal bäckt gern Stiefsohn Daniel zeigte brav ihr Pensum abarbeiten, sondern über den Tag hinaus- Josef Pühringer tatsächlich nichts von außer Frage stehen. Bei sie diesen Sommer erst- denken. Der Wahlkampf hat gezeigt: Vorarlberg braucht ak- der Sache gewusst hat, wird auch erst der Wahl 2005 musste Ribiselkuchen mals bei den Wagner- tive Integrationspolitik, braucht visionäre Politikerinnen nach der Wahl geklärt werden können. Angela Merkel um ihre Festspielen in Bayreuth. und Politiker, die rechten Hetzern keine Chance lassen. Ob es bei dem Geschäft mit rechten erste Kanzlerschaft ban- So viel Offenheit ist Dingen zugegangen ist, werden die gen, so knapp nur lag die neu im Hause Merkel. Finanzmarktaufsicht und der Rech- Union vor der SPD. Am Auch verblüffte die Kanz- nungshof zu klären haben. morgigen Sonntag ist das lerin mit einer Liebeser- KONJUNKTUR n der erwarteten Reihenfolge, ganz anders. Entspannt klärung für ihren Ehe- ÖVP vor SPÖ, werden auch die kann Merkel dennoch mann Joachim Sauer, ei- Aim Raum stehenden Vorwürfe nicht sein. Jetzt soll end- nen Chemie-Professor, Das Schlimmste ist vorbei nichts ändern. Dadurch gab es zumin- lich die schwarz-gelbe der nur selten in Erschei- dest ein Thema im Wahlkampffinish. Wunschkoalition mit der nung tritt: „Ohne ihn Günther Strobl Ansonsten haben Parteien und Spit- FDP klappen. könnte ich den Job gar zenkandidaten in diesem Wahlkampf Es wäre die Krönung nicht machen.“ Er stehe er Boden sei erreicht, das Schlimmste überstanden, sa- kaum versucht, mit Themen zu punk- ihrer Laufbahn, deren ihr zur Seite, und sie sei gen die Wirtschaftsforscher. Wir glauben es gern. Ein ten. Alle Parteien beklagten sich über Stationen jedem halb- auch „sehr stolz darauf, DJahr Krise ist wahrlich genug. Genug für die vielen Be- den schlechten Stil der Mitbewerber – wegs politisch interes- dass er ein erfolgreicher triebe, deren Auftragspolster weggeschmolzen sind wie Glet- und trugen selbst dazu bei. So wurde sierten Deutschen heute Wissenschafter ist“. scherzungen in Zeiten des Klimawandels. Genug für die vie- der SPÖ auf einem Flugblatt unterstellt, so geläufig sind wie El- Eis und Kuchen mag len Arbeitslosen, die den Job verloren haben, weil es für sie dass sie ein Wahlrecht für alle Auslän- tern der deutsche Ferien- Angela Merkel streute Merkel nicht so gern, aber sprichwörtlich nichts mehr zu tun gab. Genug aber auch für der wolle. Ein Impressum fehlte, kalender. Pfarrerstochter, am Weg ins Kanzleramt ihr Volk erfuhr auch, dass die Psyche der Gesellschaft, die angesichts der permanenten schließlich wurde die ÖVP als Urheber protestantisch, Physike- Privates ein. Foto: Reuters sie dennoch gerne bäckt, Krisenstimmung schon fast depressiv geworden ist. ermittelt. Aber auch SPÖ- und FPÖ- rin, zum zweiten Mal ver- zuletzt einen Ribiselku- Wir glauben also schon aus Selbstinteresse gern, dass das Kandidaten geizten nicht mit verbalen heiratet, aus dem Osten, chen. Ihr Faible für Kohl- Schlimmste vorüber ist, und klammern uns an jeden Stroh- Untergriffen. Dass diese Formen von früher Helmut Kohls „Mädchen“, dann rouladen kannte man schon. halm, der irgendwo aus dem ungustiösen Krisenbrei heraus- Dirty Campaigning in einem Landtags- Umweltministerin, CDU-Generalsekre- Wer jetzt glaubt, dass Merkel, die bei sticht. Aber Vorsicht: Wenn das Schlimmste hinter uns ist, wahlkampf so häufig vorkamen, war tärin, CDU-Vorsitzende, Kanzlerin. ihrem politischen Aufstieg einige heißt das noch lange nicht, dass die Krise an sich vorbei ist. ein Novum in Österreich. Schnörkelloser geht es kaum. männliche Konkurrenten einfach hin- Das wird wohl noch ein paar Jährchen dauern. Überraschend dagegen war, dass die Doch in diesem Wahlkampf passier- ter sich ließ, auch zu Hause die Hosen Um das zu erfassen, reicht ein Blick auf den Arbeitsmarkt. erste schwarz-grüne Koalition auf Lan- te noch etwas anderes. Die Deutschen anhat, irrt. Hat die Putzfrau frei, wird Unter dem Eindruck der schwersten Rezession, die die Welt desebene kaum ein Thema im Wahl- durften die private Merkel ein bisschen das Saubermachen im Hause Mer- in moderner Zeit erfasst hat, werden unter Garantie zehn- kampf bildete. Die ÖVP behielt sich die besser kennenlernen. Zufall war das kel/Sauer „redlich geteilt“. Dann, so tausende weitere Jobs verlorengehen. Jobs, die in Erwartung Option für ein Bündnis auch mit der natürlich keiner, vielmehr Gegenstrate- Merkel, mache man auch alles andere einer raschen und substanziellen Erholung der Wirtschaft FPÖ offen, die Grünen ob der Enns wa- gie zu einem von SPD, Grünen und Lin- genau aus: „Wer wann welche Wasch- durch Kurzarbeitsmodelle oder andere kreative Leistungen ren peinlich darauf bedacht, nicht all- ken entworfenen Schreckensszenario: maschine anstellt, die Wäsche auf- bisher noch gehalten wurden. Die Betonung liegt auf „noch“, zu sehr in die Nähe des Koalitionspart- dass es unter einer schwarz-gelben Re- hängt.“ Beim Einkaufen hat Merkel je- denn selbst die Optimisten unter den Wirtschaftsforschern ners gerückt zu werden. Die oberöster- gierung sehr kalt und unsozial wird. doch gerne den gleichen Überblick wie sehen noch keine substanzielle Erholung der Konjunktur. reichischen Grünen unter Rudolf Also präsentierte sich Merkel auch beim Regieren und verrät, dass sie ih- Erst bei einem Wirtschaftswachstum um die drei Prozent Anschober, die im Vergleich zu den als begeisterte Oma und liebevolle Ehe- rem Mann freitags immer einen Zettel entstehen neue Jobs. Das Schlimmste ist zwar vorbei, aber Parteifreunden in Wien bürgerlich wir- frau. Wenn die Söhne ihres Mannes schreibt. „Und dann kauft er fürs Wo- schlimm ist es immer noch. ken und agieren, hatten Schwierigkei- vorbeikämen, freue sie sich immer, ih- chenende ein.“ Birgit Baumann

Impressum: Herausgeber: Oscar Bronner; Geschäftsführung: Mag. Wolfgang Bergmann; Chefredaktion: Oscar Bronner, Dr. Alexandra Föderl-Schmid (geschf.); Chefs vom Dienst: Dr. Eric Frey, Erhard Stackl, Bettina Stimeder. der Standard Leitende Redakteure: Dr. Gudrun Harrer, Thomas Mayer, Otto Ranftl; Eigentümerin/Medieninhaberin, Verlagsort, Redaktions- und Verwaltungsadresse: Standard Verlagsgesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Herrengasse 19–21; Hersteller, Herstel- lungs- und Erscheinungsort: Goldmann Zeitungsdruck Ges.m.b.H.,3430 Tulln, Königstetter Straße 132; Telefon: (01) 531 70, Fax-DW: Redaktion: 131, Anzeigen: 249, Abo: 330; E-Mail-Adressen: [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected]; Internet: http://derStandarddigital.at; Abo-Preise Inland (in Klammern für Studierende/Schüler) jährlich: € 318,– (192,–), monatlich: € 27,90 (17,50), für einzelne Wochentage – pro Tag und Jahr: € 61,50,– (37,–); Abo-Service: 0810/20 30 40 (Ortstarif); Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs 1 Urheberrechtsgesetz: © Standard Verlagsgesellschaft m.b.H., Art-Copyright: VBK, Wien, DVR 554219; Reichweite: MA 2008: 5,5 %, 383.000 Leser; ÖAK-geprüfte Auflage. Dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verpflichtet. SEITEN 6 & A 7 REISE A Berlin & Niedere Tauern

Samstag, 26. September 2009

Interview Der Schriftsteller Christoph Hein über das Selbst- verständnis der deutschen Literatur in Ost und West. S. A 3

Architektur Kalte Platte, warmge- macht: Wie nach dem Mauerfall im deutschen Osten gebaut wird. S. A 4

Kunstmarkt Gelungenes Debüt: Die Art Albertina lockt mit Qualität und vielseitigem Angebot. S. A 5

Reise Ein Besuch im Berliner Stasi- Museum anlässlich des Mauerfalljubi- läums. S. A 6

Spiele Schach: Eine Erinnerung an Joseph „Black Death“ Blackburne. Bridge, Kreuzworträtsel. S. A 8

Bücher I Die Stadt, die immer wird: Zwei Bildbände über den Wandel der Berliner Architektur. S. A 9

Bücher II Ein Vers – zu sagen, wie es war: Die Lyrik der DDR in einer neuen Anthologie. S. A 10

Bücher III Aus einem vergangenen Land: Zehn empfehlenswerte Bücher zum Thema 1989. S. A 11

Ein Mensch im Bild Die ostdeutsche Schriftstellerin Else Buschheuer über das Leben des unverstandenen Erich von Stroheim. S. A 12

Eine Grußkarte vom großen Vorsitzenden Erich Honecker: Es war der letzte Parteitag, den 12. sollte die SED nicht mehr erleben. Foto: Claudia Frank Irgendwann ist es passiert und wenn es etwas gibt, das Clau- den Parteimitgliedern, und ‚uns‘“, dem per Einheitsvertrag festgeleg- sogar vom Mädchen- in den Jun- Die Wende traf die dia geformt hat in ihrem Leben, sagt Claudia, „wir wussten, dass öf- ten „Beitritt“ übernommen – über- gentrakt, weil sie das spannender ostdeutschen Geschwister dann diese Überzeugung: Man hat fentlich nicht alles gesagt und ge- haupt, sagt Claudia, sei Beitritt ein fand, und niemanden störte es. sie nicht gefragt, und niemand fragt werden durfte.“ Gleichzeitig diskriminierendes Wort. Mitte 1991 aber wurde plötzlich Claudia (16) und Ronald nach der Wende hat sich für ihre gab es auch die Einbindung ins Der Sommer 1989 war bestimmt alles anders. Der Direktor begrüß- (11) zu unterschiedlichen Erfahrungen interessiert. System und eine klare Erziehung. von Unsicherheit, Zehntausende te die Schüler nach den Sommer- Im Jahr 1989 war Claudia 16. Sie Das „Auferstanden aus Ruinen“ verließen über Ungarn und die Bot- ferien mit den Worten „Willkom- Zeitpunkten ihres Lebens. besuchte die 10. Klasse der Poly- war Claudias feste Überzeugung. schaften in Prag und Warschau die men am Gymnasium in Ryleck“. Genauso unterschiedlich technischen Oberschule Heinz Sie übernahm kleine Funktionen DDR. „Wir fragten uns wirklich, Über die Ferien hinweg war der ge- Gronau in Berlin Hohenschönhau- im institutionalisierten DDR-Kin- was passiert, wenn jetzt alle gehen? samte Schultyp, auf dem Claudia entwickelten sich nachher sen, und Claudias Weg war klar: deralltag, war „Freundschaftsrats- Wer bleibt überhaupt noch hier?“ sich befand, abgewickelt worden, ihre Biografien. Maschinenbau studieren, das hat- vorsitzende“ bei den Pionieren, Claudia wäre nicht gegangen. Sie samt Bezeichnung IVA. Rund zwei te sie angegeben, als sie 1988 für und 1986, die große Ehre, nahm sie beendete die 10. Klasse in ihrer Drittel der Lehrer waren ausge- Von Andrea Roedig das Abitur „delegiert“ wurde. Sie 13-jährig an der Pionierdelegation Oberschule und wechselte dann tauscht und meist durch Lehrkräf- war kein Kaderkind, ihre Eltern zum 11. Parteitag der SED teil, ein 1990 für die zwei- te aus dem Westen Was einen sofort anspringt, ist die nicht in der Partei, allerdings wa- großes Ding. Sie hat die Zeitung jährige Abiturstufe „Ohne Wende wäre sie ersetzt. Claudia er- Energie. Nicht totzukriegen. Viel- ren Claudia und ihr viereinhalb von damals aufgehoben, die Dan- nach Halle an ein nie auf diese Art Schule innert sich, wie ihr leicht ist es der für die Region ty- Jahre jüngerer Bruder Mitglieder kesschreiben und eine Grußkarte „Institut für die Vor- Tschechisch-Leh- pische Pragmatismus. Die sprich- bei den Pionieren, der Jugendorga- des Parteivorsitzenden Erich Ho- bereitung auf das gekommen. Doch dies rer weinend auf den wörtliche „Berliner Schnauze“ be- nisation der DDR. Erst Jungpionier, necker. Es war der letzte Parteitag, Auslandsstudium“ waren die Jahre eines Stufen der Schul- steht ja aus mehr als Reden, sie ist dann Thälmannpionier, dann FDJ den 12. sollte die SED nicht mehr (IVA). Ohne Wende Intermediums, nicht mehr haustreppe saß, den ein bodenständiger Kampfgeist, (Freie Deutsche Jugend), so war die erleben. Als sie von dem Großer- wäre sie niemals auf Osten, noch nicht ganz Ausweisungsbe- ein proletarischer Stolz: Sich bloß Stufenleiter. eignis zurückkehrte, diese Art Schule ge- scheid in der Hand, nicht beirren lassen. Ihr Herren Ansonsten waren so erinnert sie sich, kommen, eine Ka- Westen, eine Zeit, heiße zurückgeschickt in habt uns nüscht zu sagen. Und so die Franks die typi- hat ihre Klassenleh- derschmiede der Eisen zu schmieden. sein Herkunftsland. klingen auch ihre Sätze: „Wenn ihr sche Familie dazwi- rerin sie ängstlich be- Diplomaten- und Das war der meint, ich sei blöd, nur weil ich ein schen. Man sah West- grüßt, als sei Claudia Technikerausbildung für Kinder Punkt“ der Politisierung. „Wir wa- Mädchen bin, habt ihr sowieso fernsehen, wie alle, auf dem besten Weg aus Parteibuchfamilien. Doch dies ren Opposition“, sagt Claudia, „wir schon verloren.“ der Vater, Ingenieur zu „denen“, den Ka- waren die kurzen Jahre eines Inter- waren nicht nett zu den Westleh- Claudia Frank redet. Sie redet bei den Berliner Me- dern. „Die war auf Li- mediums, nicht mehr Osten, noch rern, die wir für wenig qualifiziert viel, lange, reflektiert, als wolle das tallhütten- und Halb- nie“, wird ihr Bruder nicht ganz Westen, eine Zeit, heiße hielten.“ Die Schüler demonstrier- jetzt alles noch mal raus. Sie redet, zeugwerken, schimpf- im Rückblick sagen. Eisen zu schmieden, nicht nur in ten, wirkungslos natürlich, gegen wie viele reden würden, wenn man te zu Hause aufs Sys- Es dauerte, bis das, der großen Politik. Noch lief alles die Abwicklung ihrer Schule, und sie ließe, etliche Millionen Stim- tem, beschwerte sich was „Wende“ wirk- im alten Muster. Der ideologische in Claudia empörte sich der Ge- men mit ihren zerrissenen, oft we- über Materialengpäs- lich bedeutete, bei Rahmen an der Schule war gelo- rechtigkeitssinn, es verfestigte sich nig beachteten Biografien. „Die 20 se und Knebelverträge den Leuten ankam. ckert, Fächer wie Geschichte und ihr vehementer Zorn: „Wir sind Jahre nach 89 werden nicht ge- mit der Sowjetunion. Rasant allerdings war Gesellschaftskunde dümpelten un- nicht gefragt worden.“ samtgesellschaftlich diskutiert“, Claudias Mutter, als Sekretärin an der Prozess: Nicht ein Jahr später sicher dahin, doch die übrige fach- Zur Wut auf den übergriffigen sagt Claudia. Es gibt da eine Ein- der Bauakademie weniger mit den waren die Deutsche Währungs- liche Ausbildung blieb bei dem ho- Westen und eine Vereinigung, von heitsversion über die Einheit, und Problemen der Produktion kon- union (Juli 1990) und die Deutsche hen Niveau der alten Eliteanstalt. der Claudia sagte „das ist nicht die Leute meinen, wenn sie den frontiert, beschwichtigte und war Einheit (Oktober 1990) vollzogen, Claudia mochte diese Schule. Fort meine Veranstaltung“, kam die Film Das Leben der Anderen an- besser auf den Staat zu sprechen. und 40 Jahre DDR fast vollständig von zu Hause und in einem der IVA nachträgliche Enttäuschung über schauen, hätten sie etwas begrif- „Wir machten schon die klare zu nichts „abgewickelt“. Kaum angegliederten Internat unterge- das DDR-System. Zum ersten Mal fen. Nichts haben sie begriffen, Unterscheidung zwischen ‚denen‘, eine DDR-Erbschaft wurde bei bracht, fühlte sie sich frei. Sie zog i Fortsetzung auf Seite A 2 Album A 2 Irgendwann ist es passiert Samstag, 26. September 2009

i Fortsetzung von Seite A 1 hörte Claudia vom Stalinismus, zum ersten Mal begriff sie, was sie alles nicht gelernt hatte, zum ers- ten Mal sah sie die Bilder von Sta- lin unretuschiert, nämlich mit Trotzki daneben. „Zu begreifen, wie sehr man manipuliert wurde, war schockierend – ich hatte die- sen Leuten vertraut, ich hatte an all das geglaubt, den sozialistischen Staat, den Antifaschismus.“ Inzwischen war den Schülern der ehemaligen IVA klar, dass sie nicht mehr im Ausland studieren würden, dass die geplanten Karrie- ren nicht einzuhalten waren. Clau- dia fand, sie brauche Wissen, um sich neu orientieren zu können; und weil im Osten die Sozialwis- senschaften erst im Aufbau waren, schrieb sie sich an der Berliner Frei- „Was ich erlebt habe, war wohl ein Kulturschock“: Claudias Weg von den DDR-Pionieren zur NGO-Afrika-Expertin und Grün-Wählerin. Foto: Claudia Frank en Universität für Politikwissen- schaft ein. So betrat sie den Wes- Und dann ist da noch der Bru- gleichzeitig in die Pubertät gewech- in der Zeit auch gehenlassen, und habe nicht mitbekommen, wie ten, der „emotional Feindesland“ der, Ronald. „Ich bin nicht so selt. Auch an seiner Schule gab es am 14. Oktober 1997, das Datum mein Bruder rechts geworden ist“, für sie war, als komplett fremdes scharf darauf, ihn nach Politik zu Lehrerwechsel und eine Lehrplan- weiß er noch, hat er die Schule und sagt Claudia. Irgendwann ist es Terrain: „Von den 800 Erstsemes- fragen“, sagt Claudia und: „Ich änderung, doch die Umstrukturie- das Abitur abgebrochen. passiert, irgendwann, als sie weg- tern des Faches kamen nur sieben fand es schwierig, zu denken, dass rung verlief weniger drastisch als gegangen ist und er da blieb. Oppo- aus Ostdeutschland.“ Diese sieben ich einen Bruder habe, der rechts bei Claudia, seine Oberschule war Sie gehören hier nicht hin nenten sind beide Geschwister, po- interessierten sie nicht. Sie interes- ist.“ Sie hat Angst, dass es schlimm keine ehemalige Kaderschmiede. Ronalds politische Meinung hat litisiert durch die Erfahrung von sierte sich für Widerstand in der sein könnte mit seinem Rechts- Die alten Lehrer wurden durch jun- sich langsam entwickelt, verfes- Entwertung. Dennoch würden sie BRD, für die Geschichte der RAF, Sein. „Sehen Sie sich meine ge, meist DDR-Lehrer, ersetzt und tigt. Anfangs war es ein Interesse, keiner Partei beitreten. Sie wirken für die autonome Szene, die Frau- Schwester an“, sagt Ronald. Viel- verschiedene Schulen zusammen- er hat viel gelesen, und mit spätes- wie diametral auseinanderstreben- enbewegung, die westdeutsche An- leicht schämen sich beide fürein- gelegt. Auch seine Eltern, sagt Ro- tens 21 hatte er die Überzeugun- de Pfeile einer gemeinsamen Ach- tifa. Doch das Gefühl, eine Exotin ander. Es klingt trotzdem, als möge nald, hätten nach der Wende „gut gen, die er jetzt öffentlich sagen se, unterschieden in der Art und zu sein, verließ sie nicht, denn die Ronald seine Schwester, nur kann die Kurve gekriegt“, er habe jeden- will: Deutschland hätte nach der Richtung des Protests. Warum ging West-Opposition gegen den Wes- er sie nicht verstehen. falls keine Spannungen bemerkt. Wende die Chance gehabt, eine na- ihre Entwicklung in so entgegenge- ten war nicht ihre, und eigentlich Nach einem Modell der DDR- Der Pubertierende interessierte sich tionale Demokratie zu werden, setzte Richtungen? Biografien sind wollte immer noch niemand so ge- Generationen, das die Soziologen für das Übliche: Disco, Mopeds, mit doch das ist eindeutig verpasst. komplexere Gebilde, Geschlecht nau wissen, woher sie kam. Ihr Thomas Ahbe und Rainer Gries ent- Freunden herumhängen. Jetzt herrscht nur noch Beliebig- spielt eine Rolle für die Art der Le- Land war wie abgebrannt. wickelt haben (Geschichte der Ge- Erst nach 1990 hat er von Ausch- keit, Multikulti und Mischmasch. bensentwürfe, ebenso die Psyche Claudia probierte vieles im Ver- nerationen in der DDR und in Ost- witz gehört. An die antifaschisti- Man braucht aber etwas eigenes, und die Familiengeschichte. Die such, Außenseitertum durch ge- deutschland, 2007), wären Claudia sche Erziehung in der DDR kann er und das Eigene ist die Nation, das soziologische Biografieforschung, sellschaftliches Engagement zu und Ronald, Jahrgang 1973 und sich kaum erinnern, dafür war er zu Volk. Ronald macht einen klaren die in mehreren Generationen lindern. Doch erst 1995 fand sie 1978, die typischen Wende-Kinder, jung, und von Auschwitz war nicht Unterschied zwischen Pass-Deut- denkt, kann zeigen, dass Kinder in ASA, einem entwicklungspoliti- „leistungsorientiert, pragmatisch, die Rede, aber „heute wird man ja schen und ethnisch Deutschen. Es Konflikte wiederaufnehmen, die schen Austauschprogramm, den zugleich verunsichert über die ei- damit zugebombt“. Um 1993 her- gibt ihm zu viele Muslime in Ber- zwischen Eltern und Großeltern Rahmen, in dem sie sich richtig genen Wurzeln und Zukunft“. um hat er zum ersten Mal die Fah- lin, er hat nichts gegen andere Völ- schwelten (Gabriele Rosenthal, fühlte. Mit einem Stipendium ging Doch Claudia ist noch auf der ne der Freien Arbeiterpartei (FAP) ker, aber sie gehören hier nicht hin. Biografieforschung im Diskurs, sie, mittlerweile 21, für ein halbes Schwelle zur vorangegangenen gesehen, einer rechtsextremen Or- Was heute in den Schulen läuft, ist 2005). Jahr nach Kamerun und wurde vor- „entgrenzten Generation“, die, so ganisation, die später verboten nicht normal, selbst Deutsche kön- Claudias und Ronalds Biografien her auf den Auslandseinsatz vorbe- Ahbe/Gries, „die Wende zum bio- wurde. Die Fahne gefiel ihm und nen nicht mehr richtig Deutsch. erklären sich auch aus einer Ausein- reitet. Erst durch die ASA-Trai- grafisch besten Zeitpunkt“ erlebte, die passenden Armbinden dazu Das Holocaustmahnmal in Berlin andersetzung mit der Geschichte nings begriff Claudia, die sich als weil sie bald einen Studien- oder auch. Ästhetisch war das, und er hat er nicht besucht, aber er hofft, Deutschlands. Nur, so scheint es, fast einzige Weiße in Kamerun Lehrabschluss nach westlichen mag, sagt er, „die verbotenen dass sich da beim Herumhüpfen beziehen sie sich dabei auf ver- ähnlich fühlte wie als Ostdeutsche Normen absolvieren und ins neue Früchte schon gern“, die Bösen im mal jemand den Hals bricht und schiedene historische Epochen. Es im Westen, was mir ihr geschehen System einsteigen konnte. Es war Film findet er immer besser als die man das Ding aus Sicherheitsgrün- gäbe noch viel zu fragen, um her- war: „Was ich nach ’89 erlebt habe, offensichtlich auch für die Jünge- Guten. Irgendwann 1994, da war er den schließen muss. „Sehen Sie auszufinden, warum die Wende war wohl ein Kulturschock.“ ren essenziell, wann im eigenen Le- 16, hat ihn jemand zu Kamerad- die Hose, die ich anhabe?“, fragt er. den Geschwistern so Unterschied- Claudia arbeitete noch weitere benslauf einen ’89 erwischte. schaftsabenden mitgenommen. 70 „Das ist eine Zimmermannshose, liches „entdeckte“, warum Claudia Jahre ehrenamtlich für ASA, „in Ronald war zur Zeit der Wende bis 80 Mann versammelten sich da und die trage ich, weil es die nur sagt, sie habe durch ’89 „vom Stali- der DDR hatte ich ja gelernt, Posi- 11 Jahre alt, und sein Weg ins Ver- in einem Saal und sagen SA-Lieder, bei uns gibt. Man sagt immer die nismus“ erfahren, für sie ein Syno- tionen und Verantwortung zu einigte Deutschland „der Chef der FAP Nazis hätten gleichgeschaltet, aber nym für die Täuschung durch die übernehmen und daraus auch An- war anders als der „Die Wende brachte war ja ein tieri- es ist die westliche Konsumkultur, DDR, während Ronald sofort an- erkennung zu ziehen.“ Sie schrieb seiner Schwester, den ersten Walkman, scher SA-Fan“. die die Menschen gleichschaltet.“ gibt: „Ohne Wende hätte ich von ihre Diplomarbeit zum kollektiven passiver vielleicht. Diese Lieder hat Ronald macht sich Sorgen um die Auschwitz nichts erfahren, ich hät- Gedächtnis des deutsch-polni- Für ihn war es weni- alle kauften einen vom Ronald zum ersten Globalisierung und um seine te alles das nicht gelesen und ge- schen Verhältnisses, arbeitete für ger ein Suchen und Begrüßungsgeld, seiner Mal gehört, er be- Schwester, mit welchen Menschen wusst“. Auschwitz – das Wort eine grüne Bundestagsabgeordne- Kämpfen als ein Fin- war rot, das weiß Ronald hielt lose Kontakte, die umgeht. Sie hat ein komisches schillert, wenn er es ausspricht, ir- te, später für verschiedene Nicht- den. Vielleicht wur- noch. Stufenlos sei er mehr nicht, er ist Verhältnis zu ausländischen Män- gendwo zwischen Abwehr und Fas- regierungsorganisationen als Refe- de er auch gefunden nie Mitglied gewe- nern, „ich verstehe gar nicht, wie zination. rentin für Friedensfragen und als von etwas. Aber er vom Ost- ins Westsystem sen, er ist kein Ver- man so liberal sein kann, wenn man Was wäre gewesen, wenn? Wenn Afrika-Expertin. Heute ist sie Koor- hat, wie Claudia, gewechselt. einsmensch. „Ich gleichzeitig emanzipiert sein will.“ es keine Wende gegeben hätte? dinatorin der Arbeitsgruppe Tschad diese Energie, die bin politisch fest- Nachdem er 1997 die Schule ab- Kaum vorstellbar. „Mit 21 verhei- in Berlin. sich in Politik umsetzt. Dass seine “gelegt, aber ich lasse mich nicht gebrochen hatte, jobbte Ronald bei ratet und mit 25 geschieden, frühe Zu Hause ist Claudia die Linke. Schwester plötzlich weg war aus festlegen.“ einer Tankstelle, ging zur Bundes- Mutterschaft“, beschreibt Claudia Die Franks sind mehr oder weniger seinem Leben und der Plattenbau- Einen Knacks hat es Ronald ge- wehr, die ihn schwer enttäuschte, den üblichen Weg für DDR-Frauen. gut über die Wende gekommen, wohnung in Hohenschönhausen, geben, als die Familie 1995 in ein „ein Luschenhaufen“, machte da- Maschinenbau-Ingenieurin wäre zwar mit beruflichem Abstieg, aber im 13. Stock, wo man prima alle eigenes Haus nach Falkensee bei nach eine Ausbildung zum Dru- sie geworden, nach Tschechien ge- ohne Arbeitslosigkeit. „Mein Vater Westprogramme empfangen konn- Berlin zog. Die Schüler im Gymna- cker, arbeitete aber nie in seinem gangen, und sie hätte sich sicher ist Pragmatiker“, sagt Claudia, Bit- te, war höchstens schlimm, weil sium dort waren „linke Konsorten, gelernten Beruf. Seit vier Jahren ist engagiert für eine Erneuerung des terkeit über den Verlust der DDR jetzt die Helferin im Fach Mathe- Rastalocken und so“, und weil Ro- er als Spüler in einer Großküche Sozialismus. Ohne Wende? Ronald zeigt eher die Mutter. Es gab Aus- matik fehlte. Ansonsten störte es nald ein altes Kriegerdenkmal sau- angestellt, „Steward nennt man das weiß nicht so recht. Ein Systemträ- einandersetzungen, denn Claudia ihn nicht. „Ich hab kein gutes und bergemacht hatte, war er gleich als heute.“ Die Arbeit ist hart, aber das ger wäre er nicht geworden, aber si- war punkig, trug Rastalocken und kein schlechtes Verhältnis zu ihr“, Rechter verschrien. Er fand keine Geld stimmt. Irgendwann müsse er cher hätte er sein Abitur gemacht besuchte Antirassismuscamps, so schätzt Ronald es ein. Freunde unter denen, die für ihn was anderes machen, auf Dauer und hätte einen technischen Beruf während sich in der Familie, so Die Wende brachte den ersten „Dorftrottel“ waren. „Die fanden gehe das nicht. Aber so leistungs- ergriffen. „Vielleicht wäre ich Um- fand sie, eine eigenartige Verände- Walkman, alle kauften einen vom Berlin scheiße, ich fand ihr Drecks- orientiert wie seine Schwester sei weltaktivist geworden“, sinniert er. rung der Gespräche bemerkbar Begrüßungsgeld, seiner war rot, das nest scheiße.“ Am Wochenende er nicht, „mir fehlt ein Ehrgeiz zu Umweltschutz ist das Einzige, wor- machte, als existiere da ein gehei- weiß Ronald noch. Stufenlos sei er fuhr er zu den alten Freunden in bestimmten Zielen.“ Ronald wählt auf er sich mit seiner Schwester po- mer Konsens, der nicht ihrer ist. vom Ost- ins Westsystem und die Stadt. Er hat sich, wie er sagt, NPD, Claudia die Grünen. „Ich litisch einigen könnte.

Andrea Roedig, geb. in Düsseldorf, ist promo- vierte Philosophin, sie arbeitete als freie Auto- rin in Berlin und leitete dort von 2001 bis 2006 die Kulturredaktion der Wochenzeitung Freitag. Seit 2007 lebt und arbeitet sie in Wien. Foto: P. Steinkellner

IMPRESSUM: Redaktion: Christoph Winder (Leitung), Mia Eidlhuber (Titel, Mensch im Bild), Stefan Gmünder (Literatur), Tanja Paar (Reise). Mitarbeiter: Wojciech Czaja, Ute Woltron. Sekretariat: Esther Hecht. Layout: Armin Karner, Claudia Machado-Handsur, Lukas Adelinger. Bruder Ronald bricht die Schule ab, spült heute Teller, wählt NPD und unterscheidet zwischen Pass-Deutschen und ethnischen Deutschen. Foto: Frank E-Mail: [email protected] Samstag, 26. September 2009 Interview Album A 3 „Damit das Bild vollständig wird“ eine Wirtschaftsordnung geben, dass zum Beispiel die USA nicht Schriftsteller Christoph die vermutlich sehr kapitalistisch mehr die Führungsmacht für alle Hein über DDR-Literatur, sein wird, aber mit mangelnder De- Zeiten sein werden, hätte als mokratie gut zurechtkommt. Wir Wahnsinniger gegolten. Heute Schriftsteller im Westen erleben Vergleichbares in China, deutet sich an, dass China oder In- und die Akzeptanz wo es eine rigide Parteiführung dien in kurzer Zeit diese Rolle gibt, die aber den Kapitalismus übernehmen werden. Die Welt einer gemeinsamen ungestört wirtschaften lässt. Da dreht sich, wir werden noch weite- deutschen Geschichte. sind die bürgerlichen Freiheiten re Überraschungen erleben. auf brutale Art eingeschränkt. Die- Von Adalbert Reif se Gefahr besteht auch für Europa. Standard: Wie gehen Sie selbst mit Ihrer DDR-Vergangenheit um? Wir- Standard: Welche Gedanken be- Standard: Kann es sein, dass ken Erfahrungen bis heute nach? wegten Sie, als vor 20 Jahren die Deutschland seit der Wiedervereini- Hein:Das sind Erfahrungen, die wir DDR verschwand? gung unter einem Legitimationspro- als Sozialisierung beschreiben. Die Hein: Am 9. November 1989 war blem leidet und sich deshalb jede Prägungen, die mit den 50er-, 60er- mir klar, dass die DDR verschwin- positive Bezugnahme auf die DDR und 70er-Jahren der DDR zu tun den würde. Nur, wie so ein Staat verbietet? haben, auch mit dem kleinen Aus- tatsächlich aufhört zu existieren, Hein: In dem Moment, in dem die flug nach Westberlin, wo ich drei der lange das Leben von Menschen Wirtschaft runter- und die Arbeits- Jahre das Gymnasium besuchte, bestimmt hat, war für mich schwer losenzahlen raufgehen, ist der Ver- sind bestimmend für mich – ob ich vorstellbar. Der Zerfall des russi- weis auf einen Staat, in dem es kei- es will oder nicht. Monika Maron schen Imperiums wird die nächs- ne Arbeitslosigkeit gab und große hat kürzlich gefordert, wir sollten ten 50, vielleicht 200 Jahre bestim- soziale Sicherheit herrschte, fatal. aufhören, von DDR-Literatur zu men. Nach dem Ende der Sowjet- Und: Der Wettbewerb sprechen, sondern sie union setzte die Globalisierung zum Kapitalismus vor dem Hintergrund ein. Die Einteilung der Welt in eine hatte zur Folge, dass dessen, dass die DDR Erste, Zweite und Dritte Welt war die DDR viel liberaler Ergebnis der gemein- obsolet geworden. Es gibt nur noch war als andere sozia- samen deutschen Ge- eine Welt. Der Kapitalismus begriff listische Staaten. Sie schichte war, als das als Erster und versucht es zu konnte nicht nach Be- deutsche Literatur ak- nutzen – mit fatalen Folgen für ihn lieben mit ihren Bür- zeptieren. selbst. Die Globalisierung wird erst gern umspringen. Als zu einem Schlusspunkt kommen, etwa in der Bundesre- Standard: Inwieweit wenn es wirklich kein Gebiet der publik die Fünf-Tage- haben sich DDR- Erde mehr gibt, in dem man nicht Woche eingeführt Schriftsteller als deut- preiswerter produzieren kann als wurde, war der Druck sche Schriftsteller ver- in dem vorhergehenden. auf die DDR so stark, standen? dass sie sie irgend- Hein: Die Autoren, Standard: Der DDR-Bürgerrechtler wann auch einführen musste, ob- mit denen ich Umgang hatte, Hei- Friedrich Schorlemmer schrieb: wohl sie wirtschaftlich dazu nicht ner Müller, Peter Hacks, Christa „Mit Ende des Sowjetsystems verlie- in der Lage war. Wolf, Stefan Heym, Günter de Bru- ren die westlichen Demokratien im- yn, Volker Braun, verstanden sich mer mehr das Gleichgewicht zwi- Standard: Sie haben die Einladung immer als deutsche Autoren. Einen schen bürgerlichen und sozialen der Bundesregierung zu einer Veran- Autor, der sich nur als DDR- Hein galt als „Pfarrersohn, der in den Westen abgehauen war“, weil er bis Freiheitsrechten. Das rührt inzwi- staltung zum 60-Jahr-Jubiläum des Schriftsteller verstanden hätte, zum Mauerbau ein Westberliner Gymnasium besuchte. Foto: Adalbert Reif schen an die Grundfragen des Grundgesetzes ausgeschlagen und könnte ich nicht nennen. Wie ich Rechtsstaates, der nicht zuletzt von das mit der Ausgrenzung von DDR- mir andererseits nicht vorstellen tur für die Menschen in der DDR? von mir sehr geschätzten Autor, der Akzeptanz seiner Bürger lebt.“ Künstlern in der Ausstellung „60 Jah- kann, dass sich ein Günter Grass Traten die Leser diesen Büchern oft den man in Ost- und Westdeutsch- Sehen Sie diese Gefahr? re – 60 Werke“ im Berliner Gropius- oder Martin Walser als BRD- mit Misstrauen gegenüber? land sehr schätzte, der aber mitt- Hein: Die Gefahr sehe und fürchte Bau begründet. Steht hinter dieser Schriftsteller versteht. Hein: Diese Haltung kenne ich. Es lerweile in West und Ost in Verges- ich. Gerade jetzt durch die Krise, Ausgrenzung Methode? kam vor, dass man der Lizenzlite- senheit geraten ist, das ist Johan- die erst angefangen hat, weil die Hein: Ich denke schon. Es ist die Standard: Wie würden Sie die lite- ratur aus dem Westen besondere nes Bobrowski. Aber ich bin zuver- Regierung eine Billion Euro dru- Haltung von Ideologen einer Ge- rarische Darstellung der DDR in der Aufmerksamkeit schenkte oder be- sichtlich, dass eine andere Genera- cken ließ. Das Geld muss irgend- sellschaft und nicht von der Gesell- Post-Wende-Literatur bewerten? stimmte DDR-Autoren nicht oder tion ihn wieder entdecken wird. wann durch Leistung oder Inflati- schaft selbst. Diese Art von Aus- Vermittelt sie ein realistisches Bild? ungern las. Es kam auch vor, dass on unterfüttert werden. Wie dann grenzung entspringt lediglich dem Hein: In einigen Punkten schon. Es man von DDR-Autoren übermäßig Standard: Wird es, wenn sich die eine Bevölkerung reagiert, dafür Geist der alten Kalten Krieger. Die gibt unterschiedliche Bücher und viel erwartete, weil wir keine nen- gegenwärtigen Hysterien gelegt ha- gibt es verheerende Gesellschaft ist da- Sichtweisen. Ich kannte früher nenswerte Presse hatten. Es wurde ben, zu einer neutraleren Wahrneh- Beispiele. Nach „Vielleicht wird dieser von gelangweilt. auch ältere Kollegen, die erschro- von ihnen das erwartet, was die mung von DDR-Literatur kommen? dem Jahr 1929 folg- ostdeutsche Teil irgend- cken waren und sagten, sie hätten Presse nicht lieferte. Man dachte, Hein: Da bin ich sicher. Die Ausei- te vier Jahre später wann weniger als Belas- Standard: „Jede ein anderes Bild. Ihnen sei die DDR in den Büchern Wahrheit zu fin- nandersetzung mit der DDR be- das Jahr 1933. Und Fälschung der Ge- viel freundlicher entgegengekom- den, Bücher hatten einen überho- stimmt noch das Leben, wenn auch das war nicht auf tung, mehr als Reichtum schichte zerstört men als mir, dem Pfarrerssohn, der hen Stellenwert. Aber das waren nicht so stark, wie Medien das Deutschland be- empfunden werden. Heute Freiheit“, schrieben in den Westen abgehauen war. Es falsche Gewichte, die durch die po- glauben. Vielleicht wird dieser ost- schränkt. Der Na- ist das Problem, dass die Sie in „Aber der kann nur hilfreich sein, wenn wir litische Situation entstanden. deutsche Teil irgendwann weniger tionalismus, der Jungen verschwinden, zu- Narr will nicht“. noch mehr Facetten bekommen, als Belastung, mehr als Reichtum Antisemitismus ist Gilt das für die Ma- damit das Bild vollständiger wird. Standard: Fast 20 Jahre nach dem empfunden werden. Heute ist das in vielen europäi- rück bleiben die Alten. nipulation histori- Ende der DDR wurde der Roman Problem, dass die jungen ver- schen Ländern, scher Tatsachen? Standard: Hans Mayer sagte über „Rummelplatz“ des verstorbenen schwinden, zurück bleiben die al- auch in den USA, virulent und Hein: Auf“ jeden Fall. Aber es be- Ihren 1989 erschienenen Roman Werner Bräunig, der in der DDR ten. Was sich zeigt, ist eine merk- wird lediglich durch den deut- steht kein Grund zu Nervosität. Je- „Der Tangospieler“, aus ihm wür- nicht erscheinen durfte, wiederent- würdige demografische Entwick- schen Exzess gestoppt. Der Kapita- der Staat versucht zu zeigen, dass den künftige Generationen sehen, deckt. Wird es in Zukunft noch zu lung: Es sind vor allem junge Frau- lismus noch nicht wieder ganz bei er der beste ist. Alles vor ihm gilt wie man in diesem Land gelebt, ge- manchen Wieder- oder Neuentde- en, die verschwinden. Zurück sich. Ihm ging es wunderbar, als er nicht mehr. Er selbst wird noch litten und gelogen habe. ckungen aus DDR-Zeiten kommen? bleibt eine männliche, frauenlose auf der anderen Seite ein sozialis- 1000 Jahre bestehen. Diese Haltung Hein: Ich würde keinesfalls ein ein- Hein: Die Frage ist nicht zu beant- Jugend, was kein gutes Zeichen für tisches Weltreich hatte. Da befand hatte die DDR auch. Da tritt aber zelnes Buch als gültig für eine be- worten. Da können wir uns in fünf- die Zukunft ist. Da entsteht etwas er sich im Wettbewerb. Dann brach doch dieses Goethe’sche Diktum stimmte Zeit oder Region benen- zig Jahren noch einmal darüber Dumpfes. Das hatten wir schon dieses Reich weg. Der Kapitalis- ein, dass alles, was auf dieser Welt nen. Wir haben nie erlebt, dass ein unterhalten. Den wahrscheinlich einmal in Deutschland. mus konnte nur noch expandieren entsteht, auch zugrunde geht. Wir Buch alles abgedeckt hat. größten Prosaautor des 20. Jahr- und wurde maßlos. Maßlosigkeit erleben durch die Globalisierung hunderts las zu seinen Lebzeiten Christoph Hein, geb. 1944 in Schlesien, studierte war immer der Anfang vom Ende. enorme Veränderungen. Jeder, der Standard: Welche Bedeutung hatte keiner: Franz Kafka. Bei den DDR- in Leipzig und Berlin Philosophie. Seit 1979 ist Das kann drohen. Dann wird es vor 20 Jahren angedeutet hätte, die in der DDR entstandene Litera- Autoren erinnere ich nur an einen er Schriftsteller, Übersetzer und Essayist.

Vergangenes Wochenende war Prinzip besteht sie darin, den ter finnischer Nirosta-Beere (ner- ten, die sich lieber unwohl als ich mit meiner Frau in einem Wellnessgästen eine Dauerbetüd- venstärkend; bringt die Hoden ins wohl fühlen, etwas getan werden Wellnesszentrum. Wellnesszen- delung mit heilsamen Pflanzen, Gleichgewicht). sollte – etwa durch die Einrich- tren sind in Österreich nicht ausgleichenden Düften, wohligen In der Vital-Bar fanden wir ei- tung neuer Unwellnesszentren, schwer zu finden, im Gegenteil. Klängen und Bademänteln zuteil nen Wasserkrug mit grünen und die für das maximale Unbehagen Kaum hat man die Wiener Stadt- werden zu lassen. Weil der Well- roten Wackersteinen vor (durstlö- der Gäste sorgen. grenze hinter sich gebracht, be- nessgast in seiner Beschränktheit schend; beruhigend für den Typisches Angebot: Morgens DA MUSS ginnt eine flächendeckende Kom- nicht durchschaut, was alles an Zwölffingerdarm). Nachdem wir ein Marquis-de-Sade-Müsli mit fortzone vom Neusiedler bis zum Gutem für ihn getan wird, erör- uns in der Sauna einen tadschiki- ranziger Milch und geraspelten MAN DURCH Bodensee, die mit einer weltweit tern die Wellnesszentrenbetreiber schen Yak-Butter-Aufguss ge- Glasscherben; Letal-Bar mit ver- einzigartigen Wellnesszentren- gerne in Broschüren oder Speise- gönnt hatten (harmonisierend für sifft gefülltem Wasserkrug (Keh- Die Krisenkolumne von dichte aufwartet. Österreich ist so karten die gesundheitsfördernden das Kniescheiben-Chakra), richt, Zigarrenstummel). Abends Christoph Winder etwas wie das Epizentrum der Wirkungen ihres Angebots. schlossen wir den Tag mit einer dann eine Tasse Schierlingstee globalen Wellnessbewegung. So Zum Frühstück gab es einen Panflöten-Klangmassage ab, die und wechselseitiges Versohlen in well wie in Österreich kann man Dinkelstängel, nach einem Rezept unser Yin und Yang perfekt ins der strengen Kammer, um die Ein Müsli vom Marquis sich anderswo gar nicht fühlen. von Hildegard von Bingen geba- Lot brachte. Danach fühlten wir letzten Reste von Frohsinn auszu- Die Idee der Wellness ist nicht cken (gut für den Gehörgang; uns so well wie selten. treiben. Eine etwas schräge Ge- de Sade. Österreich sehr präzis, dafür wird sie umso stärkt die großen Zehennägel), Ich frage mich, ob nicht auch schäftsidee. Aber warum sollte als (Un)Wohlfühlland. enthusiastischer propagiert. Im und ein Müsli mit handgepflück- für die Zielgruppe der Masochis- man es nicht einmal versuchen? Album A 4 Architektur Samstag, 26. September 2009

Bauen in den neuen deutschen Bundesländern: Das Spektrum reicht von der Glasvitrine für Wartburg und Trabant bis zur Revitalisierung von Plattenbauten. Fotos: Werner Huthmacher, Jean-Luc Valentin Kalte Platte, warmgemacht Bauen nach dem chen Baukultur engagiert und setzt sich vor allem auf die demografi- Vorsichtig wurden die unge- 1989 ist der Bevölkerungsschwund die qualitative Latte mittlerweile sche Entwicklung jenseits des ehe- nutzten Plattenbauten bis auf den in der Gemeinde Leinefelde-Wor- Mauerfall: Neben ein paar recht hoch an“, erklärt Architekt maligen Eisernen Vorhangs. Denn Rohbau entkernt und um einige bis gestoppt. Nach Auskunft des Glanzstücken zeichnet Ansgar Schulz, „ich traue mich so- seit der Wiedervereinigung haben Räume und ganze Stockwerke re- Architekten gibt es sogar erste An- gar zu behaupten, dass die öffentli- mehr als 1,7 Millionen Einwohner duziert. „In manchen Projekten ha- zeichen dafür, dass sich im Laufe sich die neue ostdeutsche chen Projekte in Sachsen derzeit zu den Bundesländern im Osten den ben wir mehr rückgebaut, in ande- des nächsten Jahres gleich eine Architektur vor allem den besten Deutschlands zählen.“ Rücken gekehrt. Das entspricht ei- ren weniger“, sagt Forster, „durch Handvoll neuer Betriebe ansiedeln Zu verdanken sei dies nicht nur nem Rückgang um ein knappes die modulare Bauweise der Platten wird. „Das Gröbste scheint über- durch den Rückbau alter den Architekten, sondern auch den Zehntel. Das zentral gelegene Bun- ist das alles nicht so kompliziert. standen“, so Forster. Plattenbauten aus. exakten Ausschreibungsunterla- desland Sachsen-Anhalt ist um gar Man schweißt den Bewehrungs- gen und den sorgfältig zusammen- 15 Prozent geschrumpft. stahl los und löst die Platte aus dem Bauen mit dem Erbe der DDR Von Wojciech Czaja gesetzten Jurys. „Qualität ist nicht In der Regel zeichnet sich der Job Verband.“ „Hübsche Projekte wie die Lehr- nur eine Frage des Bauens, sondern des Architekten darin aus, etwas Durch die Metamorphose konn- sammlung für historische Fahrzeu- auch des wirtschaftli- Neues zu schaffen. In ten in den letzten zehn Jahren vie- ge in Zwickau sind wichtige Mit der DDR, da starben auch Wart- chen und politischen einigen, vom Bevölke- le unterschiedliche Bautypologien Leuchttürme einer Architektursze- burg und Trabant. Heute sieht man Wollens.“ rungsschwund beson- entwickelt werden. Das bauliche ne“, fasst Andreas Denk zusam- die drolligen Gefährte aus dünnem Das klingt nach ei- ders stark betroffenen Spektrum reicht von der bunten men, „doch wie sich herausstellt, Blech und baumwollverstärktem nem geradezu vorzüg- Gebieten ist es jedoch Häuserzeile über loggienbestückte besteht die eigentliche und spezi- Phenoplast auf Deutschlands Stra- lichen Zeugnis, ge- umgekehrt. Promi- Reihenhäuser bis hin zu frei ste- fische Bauaufgabe der Post-DDR im ßen nur noch selten. Umso schmu- spickt mit lauter Ein- nentestes Beispiel ist henden Stadtvillen. behutsamen Rückbau und in der cker erscheint daher die Lehr- sen. Doch sind die die 16.000 Einwohner „Entgegen der landläufigen Mei- intelligenten Revitalisierung alter sammlung für historische Fahrzeu- vergleichsweise jun- zählende Stadt Leine- nung, dass mühsame Sanierung und ungenutzter Bausubstanz.“ Es ge an der Westsächsischen Hoch- gen Blüten zeitgenös- felde-Worbis in Thü- aufwändiger sei als Abbruch und zeuge von gegenseitigem Respekt, schule Zwickau. Als wäre die Zeit sischen Bauens auf ringen. Da viele Plat- Neubau, ist es uns gelungen, die al- das bauliche Erbe der DDR zu er- stehengeblieben, sind darin einige dem Gebiet der ehe- tenbauten leerstan- ten Plattenbauten um rund 900 halten und mit heutigen Mitteln der wildesten Kreationen germani- maligen DDR tatsäch- den und zu hässli- Euro pro Quadratmeter zu revitali- bestmöglich zu transformieren, so scher Automobilindustrie ausge- lich so prächtig wie chen Hausleichen in sieren“, sagt Forster, „Wohnraum- Denk. „Der Stadtumbau in Leine- stellt. Das Schönste daran: Wenn von Insidern darge- der Stadt mutierten, beschaffung um diesen Preis ist felde ist ein gutes Beispiel dafür.“ es der Unterricht verlangt, rückt stellt? „Leuchttürme moderner Ar- musste die hohe Schule der Archi- nicht nur wirtschaftlich, sondern Selbst wenn die dunkle Ära der man den zwölf Exponaten, statt ih- chitektur und Initiativen, die zu di- tektur mit den ihr zur Verfügung auch sinnvoll, was Deutschen Demo- nen lediglich mit Samthandschu- versen Höchstleistungen anspor- stehenden Mitteln darauf reagie- den Ressourcenver- „Die Bevölkerung kratischen Republik hen und gebührendem Respekt zu nen, gibt es in den neuen deutschen ren: mit Abrissbirne, Bagger und brauch betrifft.“ in den neuen Bundes- zu Ende ist, dürfe begegnen, mit Schraubenschlüssel Bundesländern zur Genüge“, er- Kalkül. Einziges Problem ländern schwindet. In man nicht außer und Wagenheber zu Leibe. klärt Andreas Denk, Chefredakteur am preisgekrönten Acht lassen, dass Die Lehrsammlung Zwickau, ein der Zeitschrift der architekt, die mo- Leinefelde, amputierte Stadt Rückbauprogramm: einigen Gebieten schaf- diese 40 Jahre trotz Projekt des Leipziger Architektur- natlich erscheint und vom Bund Ein solcher Pionier, der sich der Da die massiven fen die Architekten daher all ihrer Schatten- büros Schulz & Schulz, wurde vor Deutscher Architekten (BDA) he- Amputation alter Bausubstanz an- Stahlbetonplatten nichts Neues, sondern seiten für eine ganze knapp einem Jahr fertiggestellt. rausgegeben wird, und zählt auf: genommen hat, ist Architekt Ste- kaum Eingriffe zu- Generation identi- Seitdem wurde der 1,1 Millionen UFA-Kinopalast Dresden (Coop fan Forster aus Frankfurt am Main. lassen, müssen die bauen mit Abrissbirne, tätsstiftend waren. Euro teure Bau mit dem Preis des Himmelb(l)au, 1998), Universitäts- „Es ist kein Zufall, dass wir als Bewohner mit all Bagger und Kalkül. Dass man den Palast Architekturforums Zwickau 2009 bibliothek der BTU Cottbus (Herzog westdeutsches und somit emotio- den damit verbun- der Republik auf der und dem best architects 10 award & de Meuron, 2005) oder die erst nell distanziertes Büro mit dem denen Problemen leben. Größtes Berliner“ Museumsinsel abgerissen ausgezeichnet. Kein Wunder. Ein- kürzlich fertiggestellte Überda- Rückbau von Plattenbauten begon- Manko ist der Schallschutz. Bei ei- hat, ist dem ausgebildeten Archi- gepfercht zwischen gesichtslosen chung für das Dresdner Residenz- nen haben“, erklärt Forster. Die ner monatlichen Miete von vier tekturhistoriker ein Rätsel. Institutsgebäuden und DDR-Plat- schloss (Architekt Peter Kulka, Ostdeutschen hätten damals noch Euro pro Quadratmeter sei ein der- „20 Jahre später tauchen aus dem tenbauten der übelsten Sorte, ist 2009). viel zu viele Berührungsängste ge- artiges Zugeständnis allerdings Nichts eingebildete Menschen auf, die zweispurige Schatzkammer habt. „Als wir unser Vorhaben das verkraftbar, meint der Architekt. zerstören einen Teil der Geschich- nicht nur ein überaus angenehmer Was tun mit dem Plattenbau? erste Mal präsentiert haben, mein- Heute ist Leinefelde, das vor 20 te, aus der man wertvolle Lehren Zeitgenosse heutiger Tage, son- „Doch viel wichtiger als die sin- ten die Stadtpolitiker und Bewoh- Jahren noch im Schatten der nahe- für die Zukunft ziehen könnte, und dern auch ein wertschätzendes gulären Spitzenbauten erscheint ner, das sei unwirtschaftlich und gelegenen Mauer vor sich hindös- wenden sich wieder alten, preußi- Loblied auf die Fünfziger und mir der Grundtenor, der in der neu- technisch nicht möglich.“ Die Zeit te, zu neuem Leben erwacht. Statt schen Idealen zu. Ist die Rekon- Sechziger. Man werfe nur einen en ostdeutschen Architekturszene und weit über 20 Preise und Aus- graubrauner Plattenbauwüste wie struktion des Stadtschlosses wert- Blick auf den stählernen Schrift- herrscht“, sagt Denk, „und der ist zeichnungen – darunter auch der zu Honeckers Zeiten gibt’s gesund- voller als der Palast der Republik?“ zug Forum Mobile. Eleganter kön- angesichts der widrigen Umstände World Habitat Award 2007 – belehr- geschrumpften Wohnbau im knal- Ein derartiger Umgang mit der Ver- nen Buchstaben nicht hängen. mehr als positiv.“ Die Widrigkeit, ten die Einwohner von Leinefelde lig bunten Farbenkleid. Das Kon- gangenheit entzieht 15 Millionen „Der Freistaat Sachsen ist in Sa- von der hier die Rede ist, bezieht eines Besseren. zept trägt Früchte: Erstmals seit Deutschen ihren Boden. Album A 6 Reise Samstag, 26. September 2009 Samstag, 26. September 2009 Reise Album A 7

Links: Ministerium für Staatssicherheit, heu- te Stasi-Museum; r. o.: Ein alpines Mauerblümchen Erich Mielkes Büro; unten: Zornige Bürger besuchten das Stasi- Am Triebenfeldkogel hat der schauen, mit einem guten Fernglas kann Gebäude nach dem man die Kraxler auch beobachten. Mauerfall und entlu- Wanderer gute Chancen, Gämsen Bereits die Anfahrt vom Wirtshaus Brod- den ihre Wut auf das und Steinadler zu beobachten. jäger an der Straße über den Triebener Tau- System an den Akten. ern durch das Triebental schafft die richtige Foto: Bladt / ullstein Bild / Stimmung für diese geruhsame Tour. Die picturedesk (2), Gideon Von Bernd Orfer Mendel / Corbis Bergerhube am Ende der Fahrstraße ist im- Der Triebenfeldkogel in den östlichen Nie- mer noch der Treffpunkt von Wanderern deren Tauern steht im Schatten der wesent- und Kletterern, die den Trubel meiden und lich höheren und bekannteren Erhebungen die stille Schönheit in den Niederen Tauern in der näheren und weiteren Umgebung – suchen. Wenig besuchte und kaum überlau- der Trägerverein des Museums in seiner fi- wie Großer Bösenstein, Hengst, Triebenko- fene Ziele gibt es zahlreich in der Gegend, nanziellen Existenz bedroht war. Man konn- gel oder Gamskögel – und wird daher relativ die keinen Vergleich zu bekannteren Regio- te sich dann doch mit dem Hausherrn, dem wenig aufgesucht. Er hat aber dem Bergwan- nen zu scheuen braucht. Land Berlin, gütlich einigen. derer einiges zu bieten. Dazu gehört eine Verhält man sich entsprechend ruhig, hat Bei allem gebotenen Historikerernst herrliche, abwechslungsreiche Urgesteins- man eine gute Chance, Gämsen zu beobach- kommt bei Kaffee und Kuchen im sogenann- landschaft, die liebliche Moaralm, nicht zu- ten; während der Almsaison mischen sich ten „Casino“ doch noch ein wenig „Good-bye letzt eine trotz der relativ geringen Höhe die Tiere unter die Kühe. Auch die um die- Lenin“-Stimmung auf im unveränderten überraschend schöne Aussicht. se Jahreszeit fetten Murmeltiere sind gar Ambiente der Gediegenheit der 1950er-Jah- Vom höchsten Punkt schweift der Blick zu nicht selten. Glückspilze erspähen auch ei- re mit niedrigen Fauteuils und Tischchen, den Eisenerzer Alpen, zum Gesäuse und zu nen Steinadler, der seine Beute vor allem in dem Mielke, Wolf und Kader-Konsorten den Haller Mauern, zur Bösensteingruppe unter den Murmeltieren sucht. Da die einen erfolgreichen Arbeitstag mit Hochpro- und zum einem Teil der Seckauer Alpen. Der Hirschbrunft eingesetzt und damit die Jagd- zentigem von der Krim, aus Russland, viel- bei den Kletterern beliebte Gamskögelgrat saison begonnen hat, ist es selbstverständ- leicht auch aus Schottland oder der Cham- lässt sich in seiner gesamten Länge über- lich, dass man auf den markierten Wegen pagne ausklingen haben lassen. bleibt und das Gebiet nur am hellen Tag auf- An anderen Orten muss sich Berlin mehr sucht. anstrengen, das andere Deutschland zu evo- WANDERKARTE Die Tour: Von der Bergerhube im hinte- zieren, das Touristen sehen wollen. Nach Moartörl ren Triebental steigt man auf der roten Mar- 1989 wurde umgegraben und abgerissen, die 1884 m 1714 m kierung zunächst auf einer Forststraße, spä- Bausünden der DDR eliminiert. Was da tat- Triebenfeldkogel N ter auf einem Steig in etwa 1¼ bis 1½ Stun- sächlich eine Sünde war und ob nicht das den zur Moaralm, an. Nun wird es etwas stei- eine oder andere, das nach der Wende ge- Moaralm ler, die Markierung führt zum Moartörl, wo 1539 m baut wurde, die viel größere Sünde ist, dis- Brandnerkogel man sich nach links wendet und auf einem kutieren die Berliner gern und viel. schmalen – stellenweise durch Heidelbeer- 1786 m dickicht führenden – Pfad zum höchsten Fest der Freiheit Punkt des Triebenfeldkogels gelangt. Geh- Aber Berlin ist erfinderisch und versucht, zeit ab Moaralm eine Stunde. das Beste draus zu machen – zumindest für Der Rückweg erfolgt auf der Anstiegsrou- den Tag des 20. Jubiläums des Mauerfalls. te, ab der Moaralm kann man auch auf dem Die Mauer, die es nicht mehr gibt, wird für Hintertriebental Ausschnitt breiten Güterweg ins Tal wandern. diesen Tag nachgebaut und zu Fall gebracht. Königsbachhube STEIERMARK Für das „Fest der Freiheit“ am 9. Novem- 1198 m Gesamtgehzeit 4 1/4 bis 4 1/2 Stunden, Höhendiffe- ber werden 1000 mauerhohe Domino-Stei- Bergerhube renz 700 Meter. Hütte auf der Moaralm bei guten Ver- ne, die von internationalen Künstlern, Schü- hältnissen oft bis Oktober bewirtschaftet. Sonst kein lern und Studenten bemalt wurden, vom Stützpunkt. ÖK25V Blatt 4214-Ost (Johnsbach). Potsdamer Platz bis zum Reichstag aufge- stellt. Bürgermeister Wowereit wird den ers- ten Stein kippen. Und dann ist die Freiheit nicht mehr aufzuhalten. Auch die Luxuskategorie der Berliner Ho- emirates.at Alles original Stasi-Pflanzen tellerie gedenkt – auf komfortablem Niveau. Das Berliner Ritz Carlton etwa, an der ge- Wer diesen Herbst Berlin Personals der berüchtigten Institu- Zeit erinnern, als man noch dach- Charme einer polnischen Provinzbank. schichtsträchtigen Adresse Potsdamer Platz, tion. te und einander versicherte, dass Uwe Hillmer führt die Besucher über die bietet Nostalgikern bis Ende des Jahres ein besucht, hat den Wind der Um die 20.000 „offizielle Mitar- man das Richtige getan hatte und Stufen des sonnigen, über alle Stockwerke „Remember the Wall“-Package an: Gorba- Geschichte um die Nase: beiter“ trugen hier Akten über die dass jeder Staat Mitarbeiter, wie verglasten Treppenhauses an den Pflanzen- tschow-Cocktail, ein originales Stück der Bürger der DDR zusammen, werte- man selbst einer sei, notwendig trögen vorbei („Alles original Stasi-Pflan- Berliner Mauer, Ticket fürs Mauermuseum, ein Lüftchen Mauerfall- ten Ton- und Filmdokumente aus, braucht. Und man mag sich schon zen“) ins Zentrum der Macht, in das Büro kleine ostalgische Überraschungen einge- Jubel und eine steife Brise sortierten alles, was die „inoffiziel- gar nicht erinnern, dass man in den von Erich Mielke, dem letzten Stasi-Chef. bettet in ein kulinarisches Angebot, das gar len Mitarbeiter“ vulgo Spitzel he- Monaten und Jahren nach 1989 Spätestens dort würde man nichts mit Volksküche, aber al- DDR-Vergangenheit. ranschafften, bastelten an Überwa- feststellen musste, dass man das Machtentfaltung erwarten, les mit französischer Esskultur Ernten Sie günstige chungszubehör und hielten sich Unrichtige getan hatte und dass weitläufige Gänge, respekt-ge- zu tun hat. Den spektakulären Von Bettina Stimeder für die Elite des Arbeiter- und Bau- diese Arbeit in dem neuen bietende Sitzungssäle, einen Ausblick von den Hotelzim- ernstaats. Und viele wohnen im- Deutschland nicht so hoch angese- Schreibtisch, der die Position mern auf die neue Architektur Angebote. „Wenn angemeldete Besucher mer noch hier, in den Wohnblocks hen war. des Subjekts dahinter deutlich der einstmals größten Baustelle Buchen Sie jetzt die Emirates kommen, bitte ich sie immer, die rund um die Normannenstraße. Und Uwe Hillmers Arbeit ist macht. Weit gefehlt. Popelige Europas gibt es sowieso ganz- Leute draußen auf der Straße nach Wenn sie an der bieder wirken- folglich die unangenehmste, die Gardinen, mit Polyester bezo- jährig. Herbst Specials. dem Weg zu fragen. Die werden den Architektur der 1950er-Jahre sich die Anrainer vorstellen kön- gene Sitzmöbel, die dekaden- Lässt man das Auge über die Flug ab dann garantiert in die falsche Rich- (eher Plattenbau als staatstragen- nen. Sein Job ist Aufklärung. Wie typisch furnierten Kästen, hin- Skyline schweifen, bleibt man Economy Class Wien tung geschickt oder kriegen gar kei- des Monumentalgebäude) vorbei- die Staatssicherheit funktioniert ter denen sich allerdings die immer wieder an schwebenden Dubai ¤ 398 Hin und zurück ne Antwort.“ Uwe Hillmer, Vor- gehen, würdigen sie die langge- hat, wie viele Akten, Geruchspro- Panzerschränke befinden, in roten Ballons in Pfeilform hän- Bangkok ¤ 588 standsmitglied im Trägerverein streckten Bürohausblöcke kaum ben etc. katalogisiert wurden, wel- denen die wesentlichen Er- gen. Sie weisen Touristen den Johannesburg/Kapstadt ¤ 710 p. P. ab der Forschungs- und Gedenkstätte, eines Blickes. Als würden sie sich che Spionagetechnologien entwi- kenntnisse aus den Millionen Weg an Orte, die eine besonde- Normannenstraße, Ruschestraße einfach nicht mehr damit beschäf- ckelt wurde, wer was wusste und Akten gesammelt waren, die re geschichtliche Rolle spielen. inkl. Steuern und Gebühren, Business Class begrenztes Sitzplatzangebot 103, Haus 1, vulgo Stasi-Museum tigen wollen, was hier vor 1989 – noch wichtiger – wer was nicht aneinander geschlichtet eine Strecke von Etwa an die Gedenkstätte Berliner Mauer an € im Berliner Stadtteil Lichtenberg, passiert war, als hätten sie verges- wissen durfte. Das zu vermitteln ca. 150 Kilometern ergeben hätten. Der der Bernauer Straße, wo gelungene und miss- Dubai ¤ 1848 149 Shanghai/Peking ¤ 2043 amüsiert sich dann still und leise sen, dass in den Tagen nach dem ist seine Mission. Er macht das mit Brandstifter war ein Biedermann. lungene Fluchtversuche dokumentiert sind. Tel: 0900 12 12 33 und ein wenig bitter. Denn er sitzt Mauerfall die Motoren der Reiß- einer Gründlichkeit, die jene Tou- Einziger „Prunk“ sind die West-Fernseh- Die roten Pfeile lenken ab von der kosmopo- Johannesburg/Kapstadt ¤ 2260 (0,39 €/min) mit seinem Museum, dem ehema- wölfe durchbrannten, weil in der risten, die sich in Berlin einen zeit- geräte. „Man wollte ja schließlich die West- litischen Silhouette. Sie sehen aus wie Ruf- ligen Ministerium für Staatssicher- Eile ganze Aktenkonvolute reinge- geschichtlichen Vergnügungspark Nachrichten ohne Flimmern und Rauschen zeichen. Und sie rufen: Aufgepasst! Berlin First Class heit der DDR in der Normannen- stopft worden waren. Man mag erwarten, ernüchtert zurücklässt. konsumieren“, meint Uwe Hillmer mit mil- ist eine moderne Weltstadt, aber auch ein Dubai ¤ 2698 straße, mitten im Wohnbezirk des sich wohl auch nicht mehr an die Das Entree des Hauses hat den dem Sarkasmus. Der schnell in Bitterkeit Brennpunkt der Weltgeschichte! Wie recht www.airmalta.com Delhi/Bombay ¤ 2812 umschlägt, wenn er etwa erzählt, wie vor sie haben. Sydney/Melbourne ¤ 3798 nicht allzu langer Zeit die Abflussrohre im zweiten Stock in Profi-Manier blockiert wur- www.stasi-museum.de Fly Emirates. Keep discovering. FreizeitFenster den, wodurch so schwere Wasserschäden in www.mauerfall09.de Plafonds und Fußböden entstanden, dass www.mauermuseum.de

Von 1. bis 4. Oktober wird in der Das Ritz Carlton in Berlin steht qua- Stadt eine Geschichte erzählt. Die bis si auf der Mauer. Das nimmt das 15 Meter großen Puppen spielen ein Haus am Potsdamer Platz zum An- AVIVA**** make friends TOSKANA Drama vom Sich-Verlieren, Getrennt- lass, zeitgeschichtlich Interessierten und/oder Hotel für Singles & Alleinreisende Appartements sein und Sich-Wiederfinden an den Lebensfreude - Kommunikation - Ostalgikern ein „Remember the Wall“-Special TENUTA DELLE ROSE prädestinierten Berliner Orten: Unter den Linden, anzubieten. Die Berliner Nacht fängt mit einem Freundschaft ab € 88,- Exklusive Wohnungen mit Pool, www.hotel-aviva.at Fitness & Bibliothek zu vermieten. Potsdamer Platz und Brandenburger Tor. 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Das Straßentheater Mauer dem Architekten die Hand geführt. Innen eine andere Art und Weise Die Plattform Offener Tee ab 20g, findet im Rahmen der spielzeit’europa (die Thea- dagegen spielt der internationale Fünf-Sterne- Reisen zum Jahreswechsel: durch das Leben zu gehen. in der Wochendausgabe kein Mindestmengenzuschlag. ter- und Tanzsaison der Berliner Festspiele) statt. Luxus mit Spa und Brasserie (eine antiquarische Kilimanjaro, Ruwenzori, für Ihr Angebot. Und: Kannen, Dosen, Zubehör... Außerdem gibt es zwischen Oktober und Dezem- wurde in Frankreich abgebaut und puzzleartig Namibia, Mexico, Ecuador NEU:Wien,Westbahnstr. 12 ber Sylvie Guillem, das Tanztheater Wuppertal im Ritz Carlton wieder zusammengesetzt) alle INFOS und KATALOGE Wien, Margaretenstr. 82 Informationen und Bestellungen: Tastea Kostbare Teespezialitäten Pina Bausch und Robert Lepage zu sehen. Stückeln. 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An die Dichtung im ge- Ihr wahrer Souverän ist unter den – so unerhört, so einzigartig wohl- 1 (1) Wolf Haas DDR“ verewigt die Poesie teilten Land erinnern, das heißt: beschriebenen Bedingungen aber gelungen sind. Der eine druckte in Der Brenner und der liebe Gott den Blick auf das Jürgen-Sparwas- das Proletariat, in dessen „Interes- Sinn und Form ab; der andere, die Hoffmann und Campe, € 19,50 des Arbeiter-und-Bauern- ser-Tor von 1974 lenken. Das End- se“ sie gefälligst so zu schreiben ha- Hände vom Schamottofen noch 2 (2) Alfred Komarek Polt Staates. Der Tendenz ergebnis lautete damals bekannt- ben, dass der Kombinatsarbeiter nicht sauber, schrieb Registratu- Haymon, € 17,90 lich: DDR – BRD 1:0. auch nach Schichtschluss kapie- ren eines buchstäblich untröstli- 3 (10) Henning Mankell nach überwiegt bei Doch man muss genauer nach- ren kann, was in einer Gedichtstro- chen Subjekts, gegen das sich die Daisy Sisters Zsolnay, € 25,60 weitem das Gelingen. schauen. Die auf Parteilichkeit ver- phe vor sich geht. Naturkräfte verschworen zu haben 4 (–) Roberto Bolano pflichtenden Zwänge der DDR sind DDR-Lyrik tendiert daher nicht schienen. Es führen nahezu belie- 2666 Von Ronald Pohl das trockene Brot jener Dichter, die nur unter dem Eindruck von Über- big viele Wege zum gelungenen Hanser, € 30,80 5 (4) Thomas Glavinic von Anfang an zwei Bedingungen vater Bertolt Brecht zur Gedicht! Das Leben der Wünsche Wer über das lyrische Schaffen der zu erfüllen haben. Erstens: Mit der epigrammatischen Wenn man wäh- Hanser, € 22,10 6 (6) Gerhard Roth Deutschen Demokratischen Repu- Vernichtung des Nazi-Regimes Knappheit. Schmuck- rend der Gründungs- Die Stadt blik (1949–1990) ohne auftrump- wird in der industriell struktur- und Füllwörter sind jahre allerlei anver- S. Fischer, € 21,60 fende Gebärde Rechenschaft able- schwachen Osthälfte Deutsch- bürgerlicher Deka- dauten Rilke liest, so 7 (–) Thomas Raab Der Metzger geht fremd gen will, der wird heutigen Tages, lands ein völlig neuartiges Feld ge- denzkram. Der „For- kann man sich im- Piper, € 19,50 den neuen, famosen Band Lyrik der sellschaftlicher Praxis geschaffen. malismus“-Vorwurf merhin auf das spä- 8 (8) Daniel Glattauer DDR vor Augen, auf mehrerlei Wei- Man erlebt die Moderne. Man be- wird recht bald zum terhin Geglückte Alle sieben Wellen Deuticke, € 18,40 se Abbitte leisten müssen. sitzt nur leider nicht die erforder- Totschlagargument. freuen: Der von 9 (–) Helmut Krausser Im Arbeiter-und-Bauern-Staat lichen Produktionsmittel, um den Die Folgen einseiti- Heinz Ludwig Ar- Einsamkeit und Sex und Mitleid wurde nicht nur bienenfleißig, Fortschritt für alle in gleicher Wei- ger Verknappung lie- nold und Hermann Dumont, € 20,60 10 (7) Peter Henisch sondern meistens sogar regelkun- se vernünftig erlebbar zu machen. gen freilich auf der Korte unter Zuhilfe- Der verirrte Messias dig gedichtet. Mehr noch: In den Dichter, die das staatseigene Ex- Hand. Dort, wo DDR- nahme emsigen Stu- Deuticke, € 25,60 besten Gedichterzeugnissen des periment leidlich empathisch be- Lyrik formelhaft wird, dentenfleißes edier- „anderen“ Deutschland bekundet gleiten, dürfen sich des Wohlwol- leidet sie unter akutem te Band geht streng Sachbuch sich eine Sprachlust, die alle be- lens der Einheitspartei SED und ih- Vitaminmangel. Sie ist dann gera- chronologisch und in Wahrheit gar 1 (3) William P. Young kannten Einschreibungen, darun- rer Kulturdezernenten vorläufig – dezu spektakulär schlecht. Wir nicht qualitätsheischend vor. Wolf Die Hütte ter die Zwangsverpflichtung auf wenigstens bis zur Proklamation kommen zu Punkt Nummer zwei: Biermann, den sie 1976 hinaus- Allegria, € 17,40 das stark einseitige, „sozialisti- des „Bitterfelder Weges“ 1964 – si- Schlechte gesellschaftliche Vo- warfen, wusste schon tief in den 2 (–) Wolfgang Schüssel Offengelegt sche“ Weltbild, mit vielfach ver- cher sein. Die Autorinnen und Au- raussetzungen – die doch niemals Sechzigern: „Die Gegenwart ... ist Ecowin, € 24,– blüffender Leichtigkeit transzen- toren sind auch wirklich treue Par- offen ausgesprochen werden dür- mir der bittre Anfang nur, schreit / 3 (–) Alexander Waugh diert. Und, ja: AutorInnen wie teigänger. Ulbrichts System stellt fen – erzeugen mitunter schlechte Nach Veränderung ...“ Das Haus Wittgenstein S. Fischer, € 25,70 Kirsch, Braun, Hilbig oder Bo- sie unter Kuratel. Aber: Man för- Verse. Doch allein aus diesem Um- Gedichte aber, die nur der Vor- 4 (–) Rüdiger Safranski browski schlagen das Gros der zeit- dert die Schreiber. Sie fühlen sich stand ließe sich noch nicht erklä- griff auf letztlich paradiesische Goethe & Schiller gleich in der Bundesrepublik täti- irgendwie wertgeschätzt. ren, warum so viele Gedichte – von Verhältnisse sind, können gar Hanser, € 22,10 5 (1) Eckart von Hirschhausen nicht „glücken“. Sie sind authenti- Glück kommt selten allein scher Ausdruck von Mängeln, die Rowohlt, € 19,50 6 (5) Michael Winterhoff es zu überwinden gilt. Man kann Warum unsere Kinder Tyrannen werden hellauf lachen: „Moskau!! Wie frei Gütersloher Verlagsanstalt, € 18,50 das klingt, / wie das jubelt und singt 7 (4) Andreas Salcher Der verletzte Mensch ...“, dichtete Kurt Huhn in den Ecowin, € 19,95 1950ern. Andere wieder glaubten 8 (–) Sarah Wiener feststellen zu müssen: „In Bonn hat La Dolce Wiener Droemer, € 19,95 Deutschland aufgehört zu sein ...“. 9 (7) Susanne Scholl Der Witz liegt in der Nennung des Russland mit und ohne Seele Autors: Rudolf Bahro durchlebte Ecowin, € 22,– 10 (9) Dalai Lama XIV wenige Jahre später ein lupenrei- Meine spirituelle Autobiographie nes Dissidentenschicksal. Diogenes, € 23,60 Es gibt freilich Verse aus der Feder Volker Brauns („Sächsische WIEN: Berger: 1010, ÖBV-Buchhandlung: 1010, a-punkt: 1010, Leporello: 1090, Bücherstube Baumann: 1190, Dichterschule“), die – mit einem Posch: 1070; BURGENLAND: Nentwich: 7000 unmodernen Wort gesprochen – Eisenstadt; NIEDERÖSTERREICH: Schmidl: 3500 Krems, schlechthin inkommensurabel Winter: 3400 Klosterneuburg; OBERÖSTERREICH: Dim: 4910 Ried; SALZBURG: Motzko: 5017 Salzburg; STEIER- sind, die bleiben werden. Nur im MARK: Leykam: 8600 Bruck;KÄRNTEN: Kärntner BH.: Gelingen – wie späterhin auch bei 9020 Klagenfurt; VORARLBERG: Brunner: 6900 Bregenz Papenfuß-Gorek oder Grünbein – wird deutlich, dass gesellschaftli- che Bewegungen auch dann, wenn amazon.de Belletristik sie ins Abseits drängen, Energien freisetzen. Die Dichter benützen 1 Volker Klüpfel, Michael Kobr diese; sie wissen die Wiederverei- Rauhnacht Piper, € 18,50 nigung dann auch kaum zu schät- 2 David Nicholls zen. Gesagt, wie es wirklich war – Zwei an einem Tag das haben jeweils nur sie. Kein&Aber, € 23,50 3 Cecelia Ahern Zeit deines Lebens „Lyrik der DDR“. Anthologie, herausgegeben Krüger, € 17,50 von Heinz Ludwig Arnold und Hermann Korte. Nahezu beliebig viele Wege führten zum gelungenen Gedicht: Einer der bedeutendsten Vertreter der DDR-Lyrik war € 24,95 / 450 Seiten. S. Fischer, Frankfurt am amazon.de Sachbuch Wolfgang Hilbig mit seinen Registraturen eines buchstäblich untröstlichen Subjekts. Foto: Peter Peitsch, peitschphoto.com Main 2009 1 Hape Kerkeling Ich bin dann mal weg Malik, € 20,50 2 Heike Groos Ein schöner Tag zum Sterben Krüger, € 19,50 3 Waris Dirie Wüstenblume Droemer/Knaur, € 9,20 Vom Fremdgehen der Geschichte den „Genossen Soldaten“ im DDR- Hensel steht allein in ihrer Vorle- vollsten Dienstboteneingang der Zwei Sammelbände Militärdienst vorzufinden, oder ei- sung über antikes Versmaß. Und Geschichte“. Demokratie, keine bieten ein vielstimmiges nen Brief Kathrin Schmidts, die Katja Oskamps literarisches Ich Herrschaft des Volkes, sondern acht Jahre lang SED-Mitglied war geht in Kuba fremd, während zu ihre „Selbstbeherrschung“. und heterogenes Bild und dem System „revolutionäre Hause ein ganzes Land fremdgeht. Beide Bücher rennen in ihrer der Teilung Deutschlands Energie“ zuführen wollte. Heute Vielstimmigkeit, ihrem Oszillieren beharrt sie darauf, sich dafür zu „Nationaler Gesindetrakt“ zwischen Historie und Literatur und des Mauerfalls schämen, Erinnern sei bei ihr so, Francks Sammelband Grenz- gegen die Verdichtungen der Wis- Neue am 9. November 1989. wie wenn ein „Beil einschlägt“. Ro- übergänge stellt die Jahrzehnte des senschaft, gegen die Ödnis der bert Menasse – ja, auch er – erin- Lebens mit der Grenze zur Debatte Schulbuchphrasen an. Sie indivi- Von Alois Pumhösel nert an die Olympischen Spiele und bekommt heterogene Antwor- dualisieren, versinnlichen die Bücher 1964 in Tokio, wo noch eine ge- ten. Sie selbst kam als Kind in den Mauer. Gleichzeitig schälen sie die Die Mauer ist in unzähligen Ge- samtdeutsche Mannschaft antrat Westen, in eine Welt, die sie als alte Zeit der Trennung noch einmal schichten zerfallen. Julia Franck (wie übrigens auch 1956 und 1960) feindlich empfand, in der sie ihre aus der Sphäre der Nostalgie, kla- und Renatus Deckert haben sie ein- und trifft einen Konrad-Otto, der Ostherkunft verheimlichte. Sie gen die Überheblichkeit des Wes- im gesammelt, zumindest jene, die in die Wiedervereinigung schon im konnte die Euphorie der Wessis tens an oder stemmen sich gegen den Köpfen der Schriftsteller ge- Namen trägt, der BRD-Kanzler Kon- 1989 kaum verstehen. Thomas sensationalistische Gedenkkultur. landet sind. In ihren Büchern ha- rad Adenauer und DDR-Minister- Brussig beschreibt die dumpfe Un- Wer weiß, woher die Freude am Le- Herbst. ben sie die literarischen Wegbe- präsident Otto Grotewohl vereint. erbittlichkeit des Überwachungs- sen der Texte rührt. Vielleicht ist gleiter des geteilten Deutschland Dem nichtsahnenden Alter Ego staats anhand eines absurd-komi- es die Sicherheit, zu wissen, dass Online bestellen: noch einmal zusammengerufen, Jürgen Beckers erklärt ein alter schen Observationslehrgangs. Ro- alles nur vorläufigen Charakter um sie um die Grenze kreisen zu Mann unter Tränen, dass der Krieg ger Willemsen nimmt der Freude hat, vorbei und halbwegs gutgegan- www.thalia.at lassen und ihres Falls zu gedenken. nun endgültig aus wäre. Mit dem über die Wiedervereinigung ihre gen ist. Die Nacht, in der die Mauer fiel Nichtsahnen, dem Verschlafen- Blauäugigkeit: Wo der Osten un- heißt der Band Deckerts, in dem er haben, dem Sich-nicht-erinnern- vorbereitet auf den Kapitalismus „Die Nacht, in der die Mauer fiel“. Hrsg. v. Re- zum Tag des Mauerfalls am 9. No- Können wird generell gern gelieb- trifft, wird die ehemalige DDR in natus Deckert. € 9,20 / 239 S. Suhrkamp, 2009 vember 1989 in den Erinnerungen äugelt: Katja Lange-Müller war der Zeit nach dem Mauerfall zum Bücher, Papier, Medien kramen lässt. Um Uwe Tellkamp beim Mauerfall gerade auf dem Klo „nationalen Gesindetrakt“, das „Grenzübergänge“. Hrsg. v. Julia Franck. im trostlosen Zusammensein mit und hat sich übergeben. Kathrin Brandenburger Tor zum „pracht- € 20,60 / 281 Seiten. Fischer, 2009 Samstag, 26. September 2009 Bücher Album A 11 Aus einem vergangenen Land Vor, nach und während der Wende: Eine Auswahl lesenswerter Bücher zum Thema 1989

Chronik des Revolution im Das glücklichste Erinnern für eine Über Grenzen realen Absurden Rückblick Volk der Welt gute Zukunft und Hunde s ist die Kombination von it einem Spaziergang am m Tag, als die Mauer fiel, in Offizier der Nationalen augt Ideologie als Diszipli- Bild und Text, die den Morgen des 4. November waren die Deutschen das Volksarmee salutiert am nierungsmodell? Wie tota- Reiz dieses Buches aus- 1989 im Ostberliner glücklichste Volk der 13. November mitten in litär ist das deutsche Ge- macht. Und vermutlich Stadtteil Prenzlauer Berg Welt“, schreibt der Kölner Berlin vor mir, als wäre es schichtsbild nach dem auch die Person des Foto- beginnt Paul Schulmeis- Verleger Alfred Neven das Normalste der Welt“, Mauerfall? Hängt die fort- Egrafen. Manfred Uhlenhut hat un- Mter, der langjährige Deutschland- ADuMont im Vorwort zu dem von Eheißt es, noch nachträglich ver- Tdauernde Krise der Linken mit ter anderem für das DDR-Fernse- korrespondent des ORF, sein ihm herausgegebenen Band Mein wundert, in einer Fotolegende in 1989 zusammen? Ist die Situation hen gearbeitet. Was mag er wohl Buch über die „Wende-Zeiten“. 9. November. Das Buch, ein „Oral Der Weg zur Einheit, einem Erin- im heutigen China vergleichbar empfunden haben, als er das Es war der Tag der großen De- History“-Projekt, versammelt nerungsband von Richard von mit der osteuropäischen vor 20 Ende des Staates dokumentierte, monstration in der Hauptstadt der Zeugnisse von 27 Menschen, die Weizsäcker. Der deutsche Ex-Prä- Jahren? Und literarischer: Wie ist der ihm gewiss nicht verhasst DDR, fünf Tage vor dem Mauer- alle am 9. November, dem Tag des sident (von 1984 bis 1994) hält es nun genau, das Verhältnis zwi- war? In Verbindung mit Berichten fall. Doch das war an diesem Mor- Mauerfalls, geboren wurden. Die Rückschau auf die Geschehnisse schen Herr und Hund bezie- und Äußerungen von Akteuren gen noch längst nicht absehbar. Geburtstagskinder stammen aus des November 1989 und nimmt hungsweise zwischen Herr und und Zeitzeugen entfalten die Bil- Gegen die Vorstellung von der unterschiedlichsten Gegenden seine Erinnerungen darüber hi- Knecht. Antwortversuche auf die- der jedenfalls ihre besondere Wir- „Unvermeidlichkeit“ der Ge- und Berufen; einige sind wohl be- naus zum Anlass, die deutsche se Fragen plus Thesen und Essays kung, die oft ins Absurde, Grotes- schichte hat Schulmeister dieses kannt wie der Schauspieler Mar- Geschichte von 1945 an bis zur zum Themenkomplex Dilemma ke, Surreale reicht. „Von der Sow- Buch geschrieben. Er schildert tin Schwab oder der Politiker unmittelbaren Gegenwart Revue 89 sind in der aktuellen Nummer jetunion lernen heißt siegen ler- Schlüsselsituationen mit zu- Björn Engholm. Ex-Außenminister passieren zu lassen: „Gute Zu- der Zeitschrift Wespennest nach- nen“, sagte DDR-Parteichef Egon nächst ungewissem Ausgang, die Hans-Dietrich Genscher regt in ei- kunft braucht klare Erinnerung.“ zulesen (Autoren u. a.: Daniela Krenz auf einer Kundgebung am er selbst erlebt hat oder zu denen ner Nachbemerkung an, den Mau- Als Gegengift zum deutschen Dahn, Wolfgang Müller-Funk, 10. November 1989 – drei Wo- er kompetente Interviewpartner erfall als Inspiration für eine glo- Nationalismus und seinen fatalen Thomas Venclova und Slavenka chen vor seinem Rücktritt. Und aus heutiger Sicht befragte, da- bale Verantwortungspolitik zu historischen Folgen sieht von Drakulić). Ein sehr empfehlens- daneben das Bild von einem ver- runter Wolfgang Schäuble und verstehen: „Wir leben weltweit so Weizsäcker das Engagement in werter Um- und Ausblick, der lorenen Schuh im Horst Teltschik, eng zusammen wie der EU: „Wir su- weit über die Niemandsland vor den damaligen Be- nie zuvor.“ chen die Nation in deutsch-deut- der Mauer. rater Helmut Kohls. Christoph Winder Europa.“ sche Grenze Josef Kirchengast Erhard Stackl Christoph Winder reicht. Alfred Neven DuMont Stefan Gmünder Manfred Uhlenhut (Fo- Paul Schulmeister, (Hg.), „Mein 9. November. Richard von Weizsäcker, tos), „Als die Mauer fiel“. „Wende-Zeiten“. € 21,90 / Der Tag, an dem die Mauer „Mein Weg zur Einheit“. Wespennest, „Dilemma € 20,60 / 96 Seiten. Kne- 270 Seiten. Residenz, fiel“. € 19, 95 / 216 Seiten. € 19.90 / 223 Seiten. 89“ (Heft 156). € 12,– / sebeck, München 2009 St. Pölten / Salzburg 2009 DuMont, Köln 2009 C. H. Beck, München 2009 104 Seiten. Wien 2009

Wie es Prags Nach dem Das Ende einer Intimes Zeugnis Biografie einer KP-Bonzen sahen Aufbruch ratlos deutschen Partei der Wende Halbstadt n diesem Band mit wissen- ls „Aufbruch“ und als ein as Jahr 1989 war auch ieser Fotoband ist sicher tadtbiografien gibt es schaftlichen Beiträgen über „zentrales Ereignis“ des der Anfang vom – relativ ein sehr intimes Zeugnis nicht wenige, „Halbstadt- Vorgeschichte und Verlauf 20. Jahrhunderts hat rasanten – Ende der der Wende. Diese Ge- biografien“ sind seltener. der „Samtenen Revolution“, ORF-Journalist Peter Fritz Staatspartei SED, die die schichten aus einem ver- Wilfried Rotts Buch Die die sich im November und den Mauerfall als junger Geschicke der DDR seit gangenen Land ermögli- Insel ist eine solche: Auf IDezember 1989 in der damaligen ARedakteur in Berlin selbst erlebt. D1949 dirigiert hatte: Der Histori- Dchen durch ganz persönliche Süber 450 Seiten schildert Rott, ČSSR abgespielt hat, sticht einer In seinem Buch beschreibt er, ker Andreas Malycha und Ex- Sichtweisen einen authentischen Ex-Redakteur beim Sender Freies heraus. Hohe KP-Funktionäre von warum die damalige Bundesregie- FAZ-Redakteur Peter Jochen Win- Blick auf Ostdeutschland. Die Berlin und Kolumnist der FAZ damals sprechen darüber, was ih- rung von Helmut Kohl (CDU) die ters haben die Geschichte der 1990 gegründete und heute re- und Welt, die bizarre Geschichte, rer Meinung nach zum Kollaps Einheit danach so schnell voran- „Sozialistischen Einheitspartei nommierte Fotoagentur Ostkreuz den seltsamen politischen Status des Systems führte: unzureichen- trieb und staunt über die Biogra- Deutschlands“ von den Grün- präsentiert aus ihren Beständen und das partikuläre Kulturleben de Reaktion auf geänderte Um- fien der Ostdeutschen: Fast alle dungsvätern (Ulbricht, Grote- erstklassige Fotoserien der besten Westberlins von 1948 bis 1990. stände (Gorbatschow!) und Flü- von ihnen, konstatiert er, hatten wohl, Pieck) bis zu den letzten DDR-Chronisten (Sibylle Berge- Rott hat das Buch auch aus per- gelkämpfe in der Partei um die zwei Leben: eines vor dem Mauer- Mohikanern (Honecker, Krenz) mann, Werner Mahler, Harald sönlicher Betroffenheit geschrie- Nachfolge Gustáv Husáks. Re- fall und eines danach. Fritz, der verfolgt. Naturgemäß spielt das Hauswald u. a.) über Menschen, ben: darüber, dass die Erinnerung formfreudigere Kommunisten hät- heute als ORF-Büroleiter wieder Vorbild der SED, die „Schwester- Moden und Lebensentwürfe im an die „Insel“ Westberlin, das ten dabei auch mit der Staats- in Berlin arbeitet, schlägt auch partei“ KPdSU, eine wichtige Rol- DDR-Alltag. Wunderbar ergänzt „dritte Deutschland“, das weder sicherheit konspiriert. Deren Chef den Bogen ins Deutschland von le. Ob sich die PDS/Die Linke in werden diese Bild-Geschichten Bundesrepublik war noch DDR, Alojz Lorenc wird an anderer 2009 und sieht die Deutschen rat- Zukunft zu einer stabilen demo- durch die auch sehr persönlichen zunehmend verlorengeht. Aber, Stelle verdächtigt, den brutalen los: Finanzkrise, Pensionsfragen, kratischen Linkspartei entwickeln Erzählungen von begnadeten so resümiert Rott am Ende seiner Polizeieinsatz gegen eine Studen- ihre Stellung in der Welt. 20 Jahre kann, meinen die Autoren, werde Schreibern aus dem damaligen detailreichen Darstellung, „Ge- tendemo am 17. November 1989 nach dem Mauerfall und 60 Jahre in erster Linie von ihrem Umgang Osten wie Alexander Osang, Ingo schichte vergeht nicht mit denen, in Prag angeordnet zu haben, um nach Gründung der Bundesrepu- mit der SED-Vergangenheit ab- Schulze oder Marcus Jauer – über die Teil von ihr waren, schon gar die Parteispitze zu blik hat Europas hängen. verpassten Mauerfall, Fluchtträu- nicht im Fall von diskreditieren. größte Wirtschaft Christoph Winder me und die Westberlin.“ Erhard Stackl erneut große Pro- Rückkehr in Christoph Winder bleme zu lösen. Andreas Malycha, Peter die Gegenwart. Perzi/Blehova/Bachmai- Birgit Baumann Jochen Winters, „Die SED. Mia Eidlhuber Wilfried Rott, „Die Insel. er (Hg.), „Die Samtene Geschichte einer deut- Eine Geschichte West-Ber- Revolution“. € 58,10 / 324 Peter Fritz, „Der ratlose schen Partei“. € 18,00 / Ostkreuz, „Ostzeit“, lins. 1948–1990“. Seiten. Peter Lang Verlag, Riese“. 22,95 € / 208 Sei- 480 Seiten. C. H. Beck, € 39,80 / 304 S. € 25,00 /478 Seiten. Frankfurt am Main 2009 ten. Ueberreuter 2009 München 2009 Hatje Cantz 2009 C. H. Beck, München 2009 Album A 12 Ein Mensch im Bild Samstag, 26. September 2009 Vorbei, verweht, nie wieder Er selbst spielt gern seine Hauptrollen: Gockel mit Monokel, Untugendbolde. Eine große Karriere scheint ihm in die Wiege gelegt. Aber sie kommt nicht. Else Buschheuer über Erich von Stroheim.

1948 schreibt Erich von Stroheim aus Frankreich an seinen Agenten Paul Kohner in Hollywood: „Ich las in der Kolumne der alten Petze Par- sons, dass Billy mich die Rolle ei- nes verrückten Filmregisseurs spie- len lassen will ... Er liebt seine Schauspieler typgetreu. Das stimmt doch, oder?“ In den folgenden sehr ausführlichen Passagen bewirbt sich Stroheim leidenschaftlich um die besagte Rolle, er führt seine „Wir brauchten Geldsorgen an und schmeißt seinen keine Dialoge – angeblich großen französischen wir hatten Ruhm in die Waagschale, er Gesichter“: schmeichelt und scherzt und trägt In Sunset Boule- Kohner launige Grüße an „Witty Bil- vard (links) ly“ Wilder auf, er versucht, die Gage spielte von hochzutreiben und versäumt nicht, Stroheim eine einen Erste-Klasse-Flug für sich Persiflage auf und seine Frau („mein Freitag“) so- sich selbst, wie ordentliche Spesen für die Rei- einen Regisseur, se nach Hollywood zu verlangen. der keiner mehr Man einigt sich. Erich von Stroheim war. Das, was reist für die Dreharbeiten ein letz- Stroheim groß tes Mal nach Hollywood. macht, ist 1950 kommt Billy Wilders Sun- gleichzeitig das, set Boulevard in die Kinos. Erich was ihm von Stroheim spielt darin Max von schadet: Mayerling, den Chauffeur und But- das Monströse, ler einer alternden Hollywood- das Entlarvende, Diva, von dem sich nach und nach das Radikale. herausstellt, dass er früher ihr Ent- Bild: Sunset Boulevard decker, Regisseur und Ehemann war. Er wird mit dieser Rolle für den Oscar nominiert werden. te angesehen.“ Vielleicht kriegt er wird ein katastrophaler Misserfolg das korrekte k. u. k. Salutieren üben, Grosz des Kinos, „the man you love Ein herzzerreißendes Foto. Es hier schon diese teuflische Lust, – heute existiert nur die verstüm- er zeigt sich selbst in Korsett mit to hate“. Doch was Stroheim groß zeigt Mayerling alias Stroheim mit den Vorhang wegzureißen. „Einige melte Fassung und gilt dennoch als Strumpfbändern (rausgeschnitten), macht, ist gleichzeitig das, was ihm kahlem Kopf und Vatermörder vor werden sagen, ich hätte die Nei- cineastisches Meisterwerk. The beim Pickelausdrücken (rausge- schadet: das Monströse, das Ent- einem elegant gedrechselten Trep- gung, das Schmutzige zu sehen“, Merry Widow, Stroheims nächster schnitten). Für Orgienszenen ließ larvende, das Radikale. Er selbst pengeländer, er hebt die Hörmu- wird er später sagen. Aber noch ist Film – auch dieser heute nur ver- Stroheim Prostituierte engagieren. spielt gern seine Hauptrollen: schel des Telefons mit einem wei- er 24 und kennt keine Menschen- stümmelt zu sehen, wird Stro- Wurde in einer Szene Kaviar geges- Lumpen, Gockel mit Monokel, lüs- ßen Handschuh ans Ohr, stocksteif seele. Über seine Eltern, einen heims größter kommerzieller Er- sen, dann echter. terne Untugendbolde. Eine große steht er da, huldvoll lauscht er dem Strohhutfabrikanten aus Wien und folg. Er macht nun The Wedding Karriere scheint ihm in die Wiege Anrufer, die Mundwinkel verächt- eine Wäscherin aus Prag, beide March – den Film, der heute, weil Flaubert des Kinos gelegt. Aber sie kommt nicht. lich heruntergezogen. Seine Hal- Mitglieder der Jüdischen Gemein- er ihn nach dem Krieg in Frank- Als Stroheim 1943 den Feldmar- Und dann ist das Leben fast vor- tung ist tadellos, sein Benehmen de, wird er lebenslang schweigen. reich neu schneiden konnte, am schall Rommel in Billy Wilders bei, und er spielt Max von Mayer- formvollendet. Aber diese Traurig- Stroheim jobbt in New York als ehesten sein Werk vertritt. Fünf Gräber bis Kairo spielt, ver- ling, einen verletzten, verlorenen keit. Zu dem jungen Drehbuchau- Luftballonverkäufer, als Kellner, Stroheim ist detailversessen, ob- langt er, dass in dem Fotoapparat, 64-jährigen Mann, der nachts im tor, gespielt von William Holden, als Stallknecht. Schließlich geht er sessiv und maßlos. Er bestellt ech- den er um den Hals trägt, auch ein stillen Kämmerlein Fanbriefe an sagt Mayerling im Film, in den frü- nach Kalifornien, wird Statist und te Uniformen in Wien. Er dreht in Film ist. Der etwas begriffsstutzi- seine Herrin schreibt, damit sie hen Tagen des Kinos habe es drei erregt die Aufmerksamkeit des The Wedding March sechs Wochen gen Zasu Pitts gibt er in Greed die sich noch begehrt fühlt. Ein gebro- große Regisseure gegeben, D. W. Stummfilmregisseurs D. W. Grif- an einem Kuss, lässt tausende Ap- Regieanweisung, sie solle Sex mit chener, bulliger, stiernackiger alter Griffith, Cecil B. de Mille und ihn, fith – vorerst mit seinem Look: „Sie felblüten aus Wachs fertigen und an Goldmünzen haben. Walter Byron, Mann, der hoch gepokert, der alles Max von Mayerling. da, mit ihrem komischen Haar- einem Baum befestigen, er baut für den Hauptdarsteller von Queen verloren hat. Das Vitale, das Ener- schnitt ...“ Stroheim hat sich stili- Foolish Wives Monte Carlo nach, er Kelly lässt er an Gloria Swansons gische ist weg. Das diabolische Das alte Österreich als Fetisch siert: rasierter Kopf, Stehkragen, baut für Merry-Go-Round den Wie- Schlüpfer riechen (rausgeschnit- Funkeln in den Augen, die Ver- Stroheim spielt in Sunset Boule- weiße Handschuhe, , Monokel, za- ner Prater nach, er will – obwohl die ten). Eine Einstellung in Foolish führwut, die Siegeslust, alles weg. vard eine Persiflage auf sich selbst. ckiger Schritt. Er gibt den uname- Filme stumm sind – Klingeln, die Wives, an der Hunderte von Statis- Er ist ein Schatten seiner selbst, er Wie bitter. Und er spielt an der Sei- rikanischen Barbaren. Das alte wirklich klingeln, sonst flippt er ten beteiligt waren, lässt er noch- hat bessere Tage gesehen, er denkt, te von Gloria Swanson, die eben- Österreich wird, mitten in Holly- aus, er lässt Statisten drei Tage lang mals drehen, weil einer der Palast- ich bin nicht, ich war. „Sie waren falls eine Persiflage auf sich selbst wood, Stroheims Fetisch. „Sonst wächter keine weißen Handschu- ihrer Zeit immer zehn Jahre vor- spielt und die überdies zwanzig wäre ich in der Menge untergegan- he trug. Den Baron aus The Merry aus“, hat Wilder einmal zu ihm ge- Jahre zuvor seine „Queen Kelly“ gen“, sagt er später. Widow macht er zum Schuhfeti- sagt, und Stroheim soll geantwor- war und ihn damals als Regisseur „Ich schlug die Hacken zusam- schisten (rausgeschnitten), die tet haben: „zwanzig.“ Er kam zu „wegen ständiger Unstimmigkei- men und machte eine Verbeugung Gardesoldaten des Palastes müs- früh, und nun ist es zu spät. ten“ gefeuert hatte – was Stroheim wie noch nie in meinem Leben. Für sen seidene Unterhosen mit dem Freilich, er hält sich immer noch wiederum nicht davon abhält, Wil- Sie, Mr Griffith, arbeite ich für ein Monogramm der kaiserlichen Gar- aufrecht. Er spielt seine Rolle mit der vorzuschlagen, dass er als May- Schinkenbrot pro Tag“, sagte Stro- Sophie de tragen – obwohl sie immer voll Verve. Er hat sie lebenslang geübt, erling im Film Gloria Swanson ge- heim. Stroheim ist Statist, dann Rois bekleidet zu sehen sind. In Greed sie sitzt tief: Die Tradition, die Kon- nau diesen seinen Stummfilm, Schauspieler, dann Griffiths Assis- zwingt Stroheim seine Schauspie- vention, die Pose. So wird er acht „Queen Kelly“ vorführt und dass er tent und Berater. Schließlich wird Alsdiemauerfiel, war ich zu ler bei sengender Hitze in der Salz- Jahre später sterben. Die Tragik ist, auch im Film der Regisseur dieses Laemmle, der Hollywood-Produ- hause am radio und dach- wüste des kalifornischen Death dass Stroheim/Mayerling sich Film ist. Swanson spielt einen Star, zent, auf ihn aufmerksam. Stro- te: weihnachten zu den el- Valley, in den schmutzigen, ver- nicht nur zeit seines Lebens unver- der keiner mehr ist, und Stroheim heim schlägt ihm ein Filmprojekt tern fahren kannst du ver- schwitzten Klamotten zu bleiben, standen fühlte, sondern dass er tat- spielt einen Regisseur, der keiner vor, das in den Dolomiten spiele gessen, das wird ein rie- auch in den Drehpausen. In The sächlich unverstanden war. Das al- mehr ist. „Wir brauchten keine (von denen Stroheim wusste, dass senstau auf der transit- Wedding March, als er als Prinz von les, auch sein Wissen darum, dass Dialoge – wir hatten Gesichter.“ Laemmle sie liebte) und nur 5000 strecke. Wildeliebe-Rauffenburg eine hum- er gescheitert ist, kann man sehen Vorbei, verweht, nie wieder. Dollar koste. Laemmle unter- Danach bin ich dann trotz- pelnde Erbin heiraten muss, auf diesem Bild. Knapp 40 Jahre zuvor, vor fast schrieb den Vertrag auf der Stelle. dem gefahren, und es war schreibt Stroheim in den Zwi- hundert Jahren, am 14. November Blind Husbands kostet zwar nicht, dann auch genauso. schentitel: „What is a little limp – 1909, hatte sich Erich Stroheim wie von Stroheim versprochen hat, Heute ist es viel besser, es with 20 millions?“ Der Produzent auf der „Prinz Friedrich-Wilhelm“ 5000 Dollar, sondern 42.000, aber gibt keinen stau mehr. Louis B. Mayer soll Stroheim sogar Else Buschheuer, nach New York eingeschifft. In der er spielt eine Million ein. Sein einmal niedergeschlagen haben – geb. 1965 in Sach- Neuen Welt traf er auf Prüderie zweiter Film, The Devil’s Passkey, Sophie Rois wurde in er hatte Mae Murray, seine Titel- sen, wuchs als und Puritanismus. „Alle waren tu- ist auch erfolgreich, heute aber ver- Ottensheim geboren, stu- heldin aus The Merry Widow, belei- Sabine Knoll in der gendsam, deswegen waren alle schollen bis auf ein paar Standbil- dierte am Wiener Rein- digt. DDR auf. Nach der glücklich.“ Niemand sprach von der. In Foolish Wives, seinem drit- hardt-Seminar und arbei- „Ich bin nie faule Kompromisse Wende arbeitete Sex, von Scheidung, von Ge- ten Film, tobt Stroheim sich ob der tet seit 1987 in Berlin, seit eingegangen“, sagt Stroheim über sie als freie Jour- schlechtskrankheiten. „Eine Frau, Vorschusslorbeeren richtig aus. Er 1993 im Ensemble der Stroheim, „ich habe immer die nalistin für Zeitungen und im Fernsehen. die ein alkoholisches Getränk zu pfeift auf die Vorgaben der Studios Volksbühne. F.: Thomas Aurin Wahrheit gesagt, wie ich sie sah.“ Sie lebte von 2001 bis 2005 in New York sich nahm oder in der Öffentlich- – und fliegt bei der nächsten Pro- An Labels hat es nie gefehlt: der City, seit 2000 erschienen insgesamt vier keit rauchte, wurde als Prostituier- duktion (Merry-Go-Round). Greed Flaubert des Kinos, der George Romane. Sie lebt heute in Leipzig.