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Neujahrsblatt 2016 Sonderausgabe zum «Tag der Reppisch» Neujahrsblatt Dietikon 2016 / Sonderausgabe zum 2016 / Sonderausgabe Neujahrsblatt Dietikon

01 Neujahrsblatt_Cover _Rückseite_2016.indd 1 13.08.2015 11:42:45 Neujahrsblatt Dietikon 2016 69. Jahrgang

Die Reppisch – Ein Fluss und sein Tal

16 Beiträge über das Leben an der Reppisch, zusammengestellt von Helene Arnet, Hanns Bachlechner, Jean-Jacques Bertschi, Urs Hilfiker, Brigitte Hospenthal, Ringo Keller, Elisabeth Lüchinger, Peter Müdespacher, Thomas Pfann, Severin Schwendener, Pascal Sieber, Urs Spörri, Hans Peter Trutmann, Andreas Wolf.

Jahreschronik von René Stucki

Impressum Neujahrsblatt von Dietikon, 2016 Sonderausgabe zum «Tag der Reppisch», 5. September 2015 69. Jahrgang Herausgeber: Stadtverein Dietikon © Stadtverein Dietikon, 2015 Gestaltung: www.bbdesign.ch Auflage: 1200 Exemplare Gedruckt auf FSC-Papier

ISBN 978-3-9524418-1-7 ISSN 2235 - 4840

03-09 Neujahrsblatt_2016_Vorwort.indd 3 12.08.2015 14:06:11 Die Reppisch – ein Fluss und sein Tal Rote Stoff e, weisser Marmor Seite 108 Hélène Arnet Vom Wallfahrtsort Aus den Augen, zum Bauernhaus aus dem Sinn! Seite 028 Seite 118 Dietikon Elisabeth Lüchinger Ringo Keller Marmoriweiher

Urdorf

Bergdietikon Orchideen im Reppischtal Seite 050 Urs Hilfi ker

Birmensdorf Kunst an der Reppisch Seite 090 Hanns Bachlechner und Urs Spörri

Das Reppischderby Vorwort 006 in Dietikon Seite 130 Die Reppisch – natürlich, Thomas Pfann verbaut, revitalisiert Pascal Sieber 010 Die Reppisch – Kind der Eiszeiten Peter Müdespacher 020 An der schönen Brigitte Hospenthal 032 blauen Reppisch Es kreucht und fl eucht Seite 076 An den Gestaden Hans Peter Trutmann der Reppisch Andreas Wolf 042 Die Eiche und der Zauberer Severin Schwendener 068 Jahreschronik René Stucki 140 Bisher erschienene Neujahrsblätter 145 Unsere Gönnerinnen und Gönner 149 N Der Stadtverein 150

03-09 Neujahrsblatt_2016_Vorwort.indd 4 12.08.2015 14:06:12 INHALTSVERZEICHNIS 005 Die Reppisch – ein Fluss und sein Tal

Die Aumüli Ein Juwel in – ein Kulturmagnet traumhafter Umgebung Seite 124 Seite 060 Jean-Jacques Bertschi Peter Müdespacher

Wettswil Stallikon

Einblick in harte Zeiten Seite 096 Jean-Jacques Bertschi

Bonstetten

Aeugstertal

Wo ein Wille ist, ist … ein Weg

Seite 054 Türlersee Jean-Jacques Bertschi

Aeugst am

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«Nach Dietikon, der Stadt mit dörfl ichem Herzen, wirds ruhiger. Die Reppisch schlängelt sich meist unverbaut durchs Tal, gespeist vom Naturidyll des romantischen Türlersees.»

o stand es noch vor kurzem im Routenbeschrieb von Veloland.ch für den ersten Teil der Veloroute 51 Säuliamt–Schwyz. Heute ist der Be- Sschrieb für diese Route vom Limmattal Richtung Herz der Urschweiz schon etwas ausführlicher, aber noch immer eine mehrheitlich stimmige Zusammenfassung von Wesentlichem zum Reppischtal. «Ein riesiger Ran- gierbahnhof, ein kleines Bahnhöfl i der Spanisch-Brötli-Bahn von 1847 und die moderne Mutschellenbahn, die auf der Dorfstrasse bergwärts zuckelt: Dietikon, ein Dorf wird zur Stadt mit 23 000 Einwohnern. Entlang der Rep- pisch wirds ruhiger, das friedliche Gurgeln wird gelegentlich übertönt vom Geschützdonner des Militärs. Meist in Sichtweite der Veloroute: die noch weitgehend unverbaute, 25 km lange Reppisch. Im 6 km langen neu ge- schaff enen Ökokorridor zwischen Landikon und Gamlikon schlängelt sich

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der Bach besonders schön und bietet vielen seltenen Pfl anzen und Tieren Unterschlupf. Durch eine urzeitliche Naturkatastrophe entstand der in Moo- ren und Wiesen eingebettete Türlersee, ein idyllisches Naturparadies.»

Nicht mehr stimmig ist die Einwohnerzahl von Dietikon. 23 000 waren es Anfang 2009, über 25 000 sind es heute. Schon lange ist Dietikon die gröss- te Siedlung an der Reppisch. Hier, in der Nähe der Mündung in die , siedelten schon die Römer. Die Reppisch durchfl oss sogar das mit einer Mau- er umgebene Geviert des Gutshofs. Später ermöglichte die Brücke über die Reppisch, als unausweichlicher Teil des Weges zwischen Zürich und Baden, das Einziehen eines Zolls. Das Zollhaus steht noch immer neben der Brücke. Die Taverne zur Krone folgte – verbrieft als das erste rechtmässige Gasthaus im Limmattal. Die Wasserkraft ermöglichte den Betrieb von Mühlen.

Die Kreuzung der nutzbaren Wasserkraft der Reppisch mit dem wichtigen Handelsweg inmitten von (land-)wirtschafl ich nutzbaren Flächen war der Samen für das heutige Dietikon. Solches Kreuzen prägt auch heute noch überall das Reppischtal. Einerseits das grabende, talbildende Fliessen der

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Reppisch. Andererseits das menschgewollte Querstellen; sei es zum Beruhi- gen von zerstörerischen Kräften, zum nutzbringenden Aufstauen oder auch einfach als Brückenschlag. Sinnbildlich ist es eine Verbindung, ein Knoten, von Natur und Kultur.

Das Reppischtal ist kein Haupttal des schweizerischen Mittellandes. Die Reppisch zwängt sich irgendwo zwischen Reuss und Limmat durch die Land- schaft. Ihr entlang zu fahren ist nicht möglich. Es ist ein Glück für die Idylle, dass die Strasse über lange Strecken keinen Platz hat neben dem Fluss. Oft gilt das sogar für die Pfade. Etwa der Brüggliweg bei Dietikon. Eigentlich müsste er «Trittli-Brüggli-Weg» heissen. Ein Rauf und Runter entlang der Reppisch. Steile Hänge, unten angenagt von der Reppisch, oben immer mal wieder nachrutschend. Das Flussbett selbst ist hier teilweise harter, nackter Fels. Nicht Kies wie weiter unten und oben. Unzählige, kleinräumige Struk- turen bilden sich. Nicht nur in den Naturräumen, auch in der Landwirtschaft und den Siedlungen. Bilder: Lucas Neff, aus der Serie «wenigfarbenfotos.ch» aus der Serie Lucas Neff, Bilder:

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Es ist insofern nicht verwunderlich, dass sich zwei zürcherische Bezirke und zusätzlich auch noch die Aargauer Gemeinde Bergdietikon die Reppisch tei- len. Die Reppisch ist übrigens nicht nur über rund zwei Kilometer Grenzfl uss von Bergdietikon, sondern liegt auf mehr als einem Kilometer Länge ganz auf Aargauer Boden.

Der Verein Idee Reppisch hat den Tag der Reppisch vom 5. September 2015 initiiert. Gemäss seinen Statuten fördert er die Qualität des Natur- und Lebensraums Reppisch durch die Erhaltung und Entwicklung erstens der Naturnähe der Reppisch und ihrer Nebenbäche, zweitens der Landschaft und ihrer typischen Biotope und drittens der Erlebbarkeit des Kulturraums Reppisch, seiner Zeugnisse und Denkmäler. Der verbindende Tag der Rep- pisch ist bisher einzigartig. Noch nie hat es im Kanton Zürich einen Anlass gegeben, an dem zwei Bezirke zusammen einen solchen Tag durchführen. Das Dietiker Neujahrsblatt 2016 mit dem Thema Reppisch wird Teil dieser Verbindung, dieses geschichtlichen Knotens.

Nehmen Sie, liebe Leserin und lieber Leser, die Beiträge als Initialzündung für Ihre persönlichen Entdeckungen im Reppischraum und begegnen Sie so menschlichen, tierischen und pfl anzlichen Bewohnerinnen und Bewohnern!

Ganz herzlich bedanke ich mich bei allen Beteiligten für das Gelingen des Neujahrsblattes und für das Gelingen des Tages der Reppisch! Der Neu- jahrsblattkommission mit den Autorinnen und Autoren. Den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern bei Gestaltung, Lektorat, Druck und Buchbinderei. Für die unzähligen Spenden. Den privaten und institutionellen Organisatoren der Anlässe. Der Politik und den Behörden für die wohlwollende und tatkräf- tige Unterstützung.

Lucas Ne Präsident Stadtverein Dietikon

03-09 Neujahrsblatt_2016_Vorwort.indd 9 12.08.2015 14:06:15 010 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015

Geschichte eines Fliessgewässers: Die Reppisch – natürlich, verbaut, revitalisiert

Die Reppisch ist eines der ökologisch wertvollsten Fliessgewässer im Kanton Zürich. Ihren Ursprung nimmt sie im malerischen Türler- see, der eingebettet in eine reizvolle Landschaft am Fuss des Albis liegt. Mit ihren 25 Kilometern Länge und einem Einzugsgebiet von rund 70 Quadratkilometern gehört sie zu den mittel- grossen Fliessgewässern im Kanton Zürich. Foto: Hansjörg Egger, Uster Hansjörg Egger, Foto:

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 10 12.08.2015 15:42:17 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 011

1 Die Reppisch mäandriert auf dem Gemeindegebiet von Stallikon in ausladenden Bögen talwärts. So sehen natürliche, vielfältige und artenreiche Bachlebensräume aus.

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Oberes Reppisch- tal mit Blick in Richtung Süden. Der eiszeitliche Reussgletscher, vom Bildhinter- grund kommend, reichte bis an die bewaldeten Hügel- flanken rechts im Bild. Das Rep- pischtal blieb aber eisfrei und funktionierte als randglaziale Ent- 2

wässerungsrinne. Uster Hansjörg Egger, Foto:

Typische Prall- hang-Gleithang- situation. Bei Hochwasser schiesst das Was- ser in die steile Uferpartie (Prall- hang) und erodiert diese. Es bilden sich tiefe Kolk- becken. Auf der gegenüberliegen- den Seite (Gleit- hang) entstehen Kies- und Sand- 3 bänke. 4

Das dichte Wur- zelgeflecht alter Bäume ist der beste Uferschutz. Hier ist aber die ökologische Funk- tion interessant. Unter den Wur- zeln finden Fische Schatten, Schutz und häufig stilles Wasser – beste Voraussetzungen für eine Ruhe- pause.

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 12 12.08.2015 15:42:23 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 013

Text: Pascal Sieber Aber auch die Uferpartien natürlicher Das Reppischtal entstand als randliche Bäche und Flüsse sind äusserst wertvol- Entwässerungsrinne während der letzten le Biotope. Hochwasser gestalten den Eiszeit vor 20 000 Jahren. Die ausladen- Bachlauf um, frisch entstandene Kies- de, breite Zunge des Reussgletschers bänke oder erodierte Uferpartien können drang damals bis weit ins Mittelland vor von Pionierpflanzen immer wieder neu und lag als mächtiger Eisfladen zwischen besiedelt werden. Fliessgewässer gehören Lindenberg und Albis. Die Albiskette nicht zuletzt deshalb zu den artenreichsten

Foto: Hansjörg Egger, Uster Hansjörg Egger, Foto: wurde aber seitlich nicht überströmt, Lebensräumen überhaupt. Bei fachkun- sondern wirkte wie ein Riegel, so dass diger Pflege können sich zudem mannig- sich die jährlich wiederkehrenden faltige, bunte Feucht- und Magerwiesen Schmelzwässer entlang des Albis und etablieren. Die Reppisch in natürlicher des Üetlibergs eingruben und das Rep- Form ist damit nicht nur in der Längsachse pischtal bildeten (Abb. 2 ). Vernetzungselement für Lebewesen im Wasser und auf dem Land, sondern auch Die natürliche Reppisch – von der in der Querachse. Eiszeit zum mäandrierenden Bach Ihren natürlichen Charakter konnte die Die verbaute Reppisch – eingezwängt Reppisch bis heute weitgehend bewahren. und kanalisiert Insbesondere in der Gemeinde Stallikon Die Reppisch blieb vor Verbauungen und kann sie in ihrer ursprünglichen, mäand- Korrektionen nicht ganz verschont. Zu rierenden Form beobachtet werden. In Beginn des letzten Jahrhunderts wurde ausladenden Kurven strömt sie talwärts sie auf einigen Abschnitten eingeengt und (Abb. 1 ). Steile Uferabrisse und tiefe begradigt, um den Hochwasserschutz zu Becken im Bereich der Aussenkurven verbessern und Land zur Bewirtschaftung wechseln mit flacheren, sandig-kiesigen zu gewinnen. Mit Rundholzschwellen Partien ab (Abb. 3 ). Zuweilen sind die wurde die Eintiefung der Sohle verhin- Böschungen mit alten Bäumen verwach- dert (Abb. 5 ). Das Gewässerbett selber sen, deren Wurzeln schöne Unterstände wurde mit einer künstlichen Gerölleinlage für Fische bieten (Abb. 4 ). ausgebildet. Eine harte Steinpflästerung Natürliche Fliessgewässer sind daran am Böschungsfuss erstickte auch grösse- erkennbar, dass sie eine ausgesprochen re Kraftanstrengungen der Reppisch im grosse Vielfalt an morphologischen Struk- Keim. Die restliche Böschung war mit turen wie Stillwasserbereiche, Strom- einer Rasenabdeckung ausgelegt. So wurde schnellen, Flachwasserzonen oder ver- aus einem mäandrierenden Bach ein mo- schiedene Steingrössen aufweisen. Da- notoner Kanal (Abb. 6 ). Immerhin wurde durch werden die Gewässerlebensräume die Reppisch im Gegensatz zu vielen ande- sehr abwechslungsreich und interessant ren Bächen nicht künstlich tiefer gelegt. für Fische, Krebse und Kleinstlebewesen Dass die Reppisch im oberen Rep- – die sogenannten Makroinvertebraten. pischtal nicht durchwegs kanalisiert wurde,

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 13 12.08.2015 15:42:24 014 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015

verdankt sie der Tatsache, dass sie weitge- higkeit des Fliessgewässersystems Reppisch hend eingeschnitten durch das Reppischtal formuliert. fliesst und auch bei Hochwasser keine Eine grosse Chance zur Umsetzung grossflächigen Überschwemmungen verur- der im Natur- und Lebensraumkonzept sacht. Das angrenzende Landwirtschafts- aufgeführten Massnahmen bot sich 1999 land ist eher schattig und wenig produktiv, mit der amtlichen Neuvermessung in so dass sich aufwändige Schutzbauten Stallikon. Es ergab sich die Möglichkeit nur im Bereich zwischen Götschihof und einer neuartigen Landumlegung mit dem Gamlikon lohnten, wo das Terrain etwas hauptsächlichen Ziel, eine grosszügige flacher ist. Ein hartes Korsett bekam die Parzelle für die Reppisch auszuscheiden. Reppisch in Birmensdorf und in Dietikon, Mit der Landschafts- und Gewässer- um die angrenzenden Siedlungsgebiete zu schutz-Landumlegung Stallikon (LGLU) schützen. Ein anderer Grund für die Ver- konnten die Interessen von Landwirtschaft, bauungen lag in der Unterhaltszuständig- Forstwirtschaft, Landschaft und Gewässer- keit. Dort wo der Kanton für die Reppisch schutz unter einen Hut gebracht werden. verantwortlich war, wurde sie begradigt. Während landwirtschaftliche Produktions- Auf Gemeindegebiet von Stallikon blieb flächen zusammengefasst und arrondiert sie natürlich, weil sich die Gemeinde wurden, konnte für die Reppisch eine aufwändige bauliche Massnahmen nicht grosse, bis zu 40 Meter breite Parzelle ge- leisten konnte. sichert werden. Die Flächen in diesem sogenannten Ökokorridor werden heute Die revitalisierte Reppisch – eine durch die angrenzenden Bewirtschafter Erfolgsgeschichte als beitragsberechtigte Öko-Ausgleichs- Die ökologische Qualität der Reppisch flächen extensiv gepflegt. wurde früh erkannt. Im Naturschutz- Der Ökokorridor war letztlich auch Gesamtkonzept des Kantons Zürich vom die Basis für eine Vielzahl von Revitali- 20. Dezember 1995 wurde festgelegt, dass sierungsprojekten, welche in den Folge- für die Reppisch der Schutz, der Erhalt jahren umgesetzt werden konnten. Den und die Förderung von Lebensräumen Anfang machte 1998 der 1,5 Kilometer und Landschaft vorrangig zu gewährleisten lange Abschnitt zwischen Götschihof und sind. Damit sollten beeinträchtigte Bach- Hüsli (vgl. Nr. 1 auf der Karte S. 18), der abschnitte aufgewertet, dynamische Na- in den Jahren 1938/39 gemäss den damals turprozesse gefördert und die ökologische gültigen wasserbaulichen Richtlinien nach Durchgängigkeit wiederhergestellt werden. einem Einheitsprofil (vgl. auch Abb. 5 ) Dieser Auftrag der Kantonsregierung wurde begradigt worden war. Heute, über 15 nur drei Jahre später mit dem Natur- und Jahre nach der Revitalisierung, präsentiert Lebensraumkonzept Reppisch konkreti- sich die Reppisch wieder in einem natürli- siert. Für insgesamt 25 Abschnitte wurden chen Kleid (Abb. 7 ). Auch die unmittelbar Massnahmen zur Aufwertung und Wieder- anschliessenden Abschnitte zwischen der herstellung der ökologischen Funktionsfä- Aumüli und Gamlikon sind inzwischen

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Normalprofi l, gemäss welchem die Reppisch kanalisiert wurde, hier am Beispiel der Reppisch- korrektion von Gamlikon-Au 5 in der Gemeinde Stallikon (1938).

Die Reppisch un- terhalb des Weilers Landikon in der Ge- meinde Birmensdorf kurz nach der Korrek- tion 1947/1948. Die Rundholzschwellen verhinderten ein Ein- tiefen der Bachsohle. Der Böschungsfuss war hart verbaut mit sogenannten Moel- lons. Das Bild wurde am selben Standort 6 aufgenommen wie Abbildung 9. 7

Die revitalisierte Reppisch unter- halb der Siedlung Götschihof. Präch- tige Kopfweiden sind typisch für das Erscheinungsbild der Reppisch.

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Bei der Aumüli prä- sentiert sich die aus dem harten Korsett befreite Reppisch im noch frischen und etwas kahlen Kleid. Dadurch wird aber der Ökokorridor sichtbar, innerhalb dessen der Oberboden abgetra- gen wurde. Auf den so entstandenen Rohböden kann sich eine artenreiche und bunte Magerwiese 8 etablieren.

Dieselbe Perspektive wie in Abbildung 6, im Hintergrund der Weiler Landi- kon. Heute hat die Reppisch Raum zur Entfaltung. Im Bild- vordergrund rechts hat sie sich bereits in die Böschung «hineingefressen» und markiert so ihren gestaltenden 9 Anspruch.

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Nach der Revitali- sierung im Jahr 2007 wirkt das Flussbett noch unbewachsen. Dafür sind die viel- fältigen Strukturie- rungsmassnahmen gut sichtbar – im Vordergrund zwei Buhnen aus Steinen, gefolgt von einer Baumbuhne. Sie lenken die Strömung bei Hochwasser vom Ufer weg.

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 16 12.08.2015 15:42:39 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 017

wieder naturnah nach Revitalisierungen dern macht eine kurze Laichwanderung, in den Jahren 2007 bis 2009 (vgl. Nr. 2 und pflanzt sich fort und stirbt anschliessend. 3 auf der Karte). Die Flächen innerhalb Unterhalb des Waffenplatzareals ist des Ökokorridors wurden abhumusiert die Reppisch bereits zu einem kleinen (Abb. 8 ), das heisst, der Oberboden wurde Fluss angewachsen. Im Jahr 2007 wurde abgetragen und andernorts zur Bodenver- hier ein 400 Meter langer Abschnitt re- besserung wieder aufgeschüttet. Die nähr- vitalisiert (vgl. Nr. 5 auf der Karte). Diese stoffarmen Böden bilden eine vorzügliche Umgestaltung erfolgte als ökologische Unterlage für artenreiche Magerwiesen. Ausgleichsmassnahme für den Bau der Die künstlichen Ufer- und Sohlensiche- Westumfahrung Zürich (Abb. 10 ). Zum rungen wurden entfernt, die Reppisch darf Schutz der angrenzenden Werkstrasse sich nun wieder in begrenztem Rahmen wurden sogenannte Buhnen in die Bö- entfalten. schungen eingebaut. Mit Hilfe dieser quer Weiter bachabwärts auf Gemeinde- zur Fliessrichtung liegenden Einbauten gebiet Stallikon verläuft die Reppisch seit aus Steinen oder Holz wird das Wasser jeher in ihrem natürlichen, mäandrie- vom Ufer weggelenkt. Inzwischen haben renden Bett. Erst in Landikon wurde sich am Kopf dieser Buhnen ausgepräg- sie seinerzeit wieder begradigt. Etwas te, tiefe Kolke gebildet – ausgezeichnete unterhalb von Landikon im Bereich des Einstände für Fische. Weilers Schliffer konnte sie im Jahr 2010 aus ihrem engen Korsett befreit wer- Die wilde Reppisch – Hochwasser- den (vgl. Nr. 4 auf der Karte). Dank der alarm! grosszügigen Gewässerparzelle, welche im Wenige Kilometer weiter flussabwärts Zuge der Landumlegung für die Reppisch wird die Reppisch für kurze Zeit zum gesichert wurde, konnte hier ein ausge- Grenzfluss zwischen den Kantonen Zü- sprochen vielfältiger und dynamischer rich und Aargau. Hier beim Reppischhof

10 Gewässerlebensraum geschaffen werden wurde in den Jahren 2009 und 2010 ein (Abb. 9 ). Unter anderem wurden Struk- 1,2 Kilometer langer Abschnitt revita- turen gefördert, welche ein Ansiedeln des lisiert und hochwassersicher ausgebaut empfindlichen und seltenen Bachneun- (vgl. Nr. 6 auf der Karte und Abb. 11 ). auges ermöglichten. Dieses ist angewiesen Durch den Abbruch eines drei Meter auf ein feinkörniges, sandiges Sohlensub- hohen Wehrs und den Bau einer fisch- strat, in welchem die Larven über 20 Zen- gängigen Blockrampe konnte gleichzeitig timeter tief eingegraben drei bis fünf die Längsvernetzung verbessert werden. Jahre leben. Während dieser Zeit ragt nur Auslöser für diese Massnahmen waren die das Maul etwas ins strömende Wasser, um Hochwasserereignisse von 1994 und 1999, Schwebeteilchen aus dem Wasser zu filt- die zu erheblichen Schäden im Reppisch- rieren. Nach der Metamorphose schlüpft hof geführt hatten. Kurz vor der Reali- das Bachneunauge aus dem Sand. Es sierung trat am 8. August 2007 erneut nimmt aber keine Nahrung mehr auf, son- ein Hochwasser auf, welches zu grossen

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 17 12.08.2015 15:42:40 018 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015

Schäden am damals neu erstellten Bahn- Bewohner entlang der Reppisch in Dieti- hof Reppischhof der Bremgarten-Dieti- kon aus ihren Häusern fl üchten mussten. kon-Bahn führte (Abb. 12 ). Stege wurden weggerissen und hölzerne Dass die Reppisch auch sehr wild Brücken stark beschädigt. Der Wasser- sein kann, zeigte sie nicht nur an jenem stand war so hoch, dass man mit Schiff en 8. August 2007. Das älteste dokumentierte im Dorf herumfahren konnte. Das grösste Schadenhochwasser ereignete sich am Hochwasser in den letzten Jahren ereignete 17. September 1852. Ununterbrochene sich in Birmensdorf am 19. Mai 1994, bei Regenfälle über mehrere Tage führten zu dem ganze Dorft eile unter Wasser standen. Überschwemmungen in Dietikon und Schäden und Ungemach bringen Birmensdorf. In Dietikon wurde sogar ein Hochwasser aber nur für den Menschen. Haus weggespült. Das wohl folgenschwers- Für die Natur und für die Gewässerlebens- te Hochwasser der vergangenen 160 Jahre räume sind Hochwasserereignisse ein wah- geschah am 3. und 4. Juni 1878, als alle rer Segen. Dynamische Veränderungen wie zum Beispiel Laufverlagerungen, neue 6 Reppischhof Uferabbrüche oder frische Kiesbänke sind erst dann möglich, wenn die gestaltenden und formenden Kräft e des Wassers wirken können. Pionierpfl anzen wie die Birke, die Krause Distel oder verschiedene Weiden- 5 arten haben dadurch die Möglichkeit sich Birmensdorf R 4 zu etablieren. Die ständig sich verändernde E Vielfalt an Lebensräumen ist die Grund- Landikon P lage für unzählige Pfl anzen und Tiere. P Insofern sind die Bemühungen der letzten I Wettswil 20 Jahre zur Wiederbelebung der Reppisch am Albis S als grosser Erfolg zu sehen (Abb. 13 ). Sie C haben entscheidend dazu beigetragen, dass Stallikon H die Reppisch heute beinahe durchgehend 3 ein natürliches und unverbautes Fliess- Bonstetten T gewässer ist.

A 2 L Aumüli

1 Aeugstertal Übersicht über einen Teil des Einzugsgebiets der Reppisch mit den im Artikel vorgestellten Abschnitten, Türlersee Pascal Sieber ist Projektleiter beim AWEL, die in den letzten 20 Jahren Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Abt. Wasserbau. revitalisiert wurden. Fotos: AWEL

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Blick auf den Reppischhof mit der grosszügig wiederbelebten Reppisch kurz 11 nach Umsetzung der Massnahmen.

Überschwemmte Trafostation der Bremgarten- Dietikon-Bahn während des 12 Hochwassers vom 12. Mai 1999.

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Der grosszügige Ge- wässerraum erlaubt es der Reppisch (hier unterhalb des Waff en- platzes in Birmens- dorf) ihre Fliesswege wieder frei zu suchen. Der Übergang zum Umland ist fl iessend und bildet keine Barriere mehr für Pfl anzen und Tiere. Zudem sind die fl achen Ufer zugäng- lich für Erholungs- suchende.

10-19 Neujahrsblatt_2016_Reppisch verbaut_AWEL.indd 19 12.08.2015 15:42:43 020 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015

Geologie: Die Reppisch, ein Kind der Eiszeiten

Die Landschaft um Zürich zur Zeit der frühen Oberen Süsswassermolasse. Zeichnung von Beat Scheff old 1988, aus: Heinrich Jäckli, Geologie von Zürich 1989.

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Text: Peter Müdespacher Regen und Wind, Frost und Hitze setzten dem Gestein zu. Zuerst wurden die zu- Untergetaucht im Weltmeer oberst liegenden Kalkschichten abgetragen. Vor 100 Millionen Jahren lag unsere Ge- Die Flüsse transportierten die Trümmer gend tief unter den Wassern des Tethys- nord- und südwärts. Die Felsbrocken meeres. Der Meeresboden war in weiten wurden dabei zu Geröll, Kies, Sand, Silt Teilen von Senken und Gräben durchzo- und zuletzt Lehm gerundet und zerrieben. gen mit untiefen Hochzonen, in denen ein Riesige Mengen davon wurden in den reiches pflanzliches und tierisches Leben Tälern und an der Meeresküste abgelagert. pulsierte. Dort waren mehrere hundert Dieses Material nennt man «Molasse». Meter dicke Schichten von Kalk und Gips Mit der steigenden Auffaltung der Alpen abgelagert worden. In den tiefen Gräben wurden diese Schichten immer weiter aber setzten sich nur dünne Schichten von zugedeckt und zu hartem Gestein, Na- Silikaten ab. gelfluh, Sandstein, Mergel verdichtet. Der Meeresarm wurde schliesslich vollständig Ein Meer verschwindet aufgefüllt und zu Festland. Als Reaktion Der Kontinent Afrika lag 1000 Kilome- auf die Emporwölbung des Alpenkamms ter südlich, begann aber in gewaltigen senkte sich das nördliche Vorland stetig, Schüben nordwärts zu drücken und der sodass unser Gebiet immer nahezu auf Meeresboden legte sich dort, wo er dünn Meereshöhe blieb. In der Linthebene be- war, in Falten. Etwa 80 Prozent davon trägt die Dicke der abgelagerten Kies- und wurden dabei in die Tiefe gedrückt und Sandmassen heute über 4000 Meter. aufgeschmolzen. Die vorher ebenfalls untergetauchten widerstandsfähigen Das Meer kommt zurück Gebirgsklötze, die aus leichterem Kristal- In der weiteren Entwicklung stieg der linmaterial bestanden, wurden emporge- Meeresspiegel nochmals an und unser drückt und tauchten zuerst als Inseln aus Gebiet senkte sich um einige hundert den Fluten auf. Schliesslich entstand das Meter. Wieder bildeten sich auf dem zusammenhängende, aus parallelen Falten Meeresboden Sand und Kalkschichten, bestehende Gebirge, das die Alpen heute in denen sich auch viele Fossilien abla- von Südfrankreich bis nach Österreich gerten. Dann aber wurde unser Gebiet bilden. Nördlich dieses Gebirgszugs lag gehoben und endgültig Festland. noch immer ein schmaler Meeresarm. Unser Gebiet lag am Nordrand dieses Die subalpine Molasse Höhenzugs anfänglich noch unter dem Der Schub der Afrikanischen Platte erhöh- Meeresspiegel. te sich darauf erneut beträchtlich und wur- de von den Gebirgsmassen nach Norden Die Molassezeit weitergegeben, sodass die längst zu Stein Sobald die Gebirgsmassen aus dem Meer gewordenen Schuttschichten zerbrachen, aufgetaucht waren, setzte die Erosion ein: gekippt und einige Kilometer weit überein-

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andergeschoben wurden. Dabei entstanden der Ostschweiz auftürmte und heute die z.B die Rigi und der Speer, deren Schichten Säntiskette und die Churfirsten bildet. kühn in die Luft hinausstehen, entgegen Der Rhein musste ausweichen und floss der Lage während ihrer Sedimentation. zuerst durch das Walenseetal und das Diese Ereignisse führten auch zu Zürichseebecken. Veränderungen im Flussnetz, das dieses Alpenvorland aufgeschüttet hatte. Der Unser heutiges Flussnetz entsteht Rhein, der einst bei Sargans aus den Dann aber setzte der Schub der Afrikani- Alpen herausgeflossen war, hatte einen schen Platte zeitweise aus. Hinter der Sän- riesigen Schwemmfächer geschüttet. tiskette sackte das Gebirge in recht kurzer Er reichte vom oberen Bodensee bis ins Zeit über 2000 Meter ab und der Rheingra- Reusstal. Unser Gebiet lag an dessen ben Sargans – Bodensee entstand. Auch das Westrand. In dieser Zeit wurde auch von Gebiet von Bodensee und Untersee senkte Südost eine weitere Gesteinsmasse aus sich um etliche hundert Meter. Nördlich dem Kreidemeer herangeschoben, die von Basel, wo vorher der Schwarzwald sich schliesslich an den Molasseschichten und die Vogesen ein zusammenhängen-

Dietikon Die Obergrenze der Felsunterlage aus Melasse

—400— Isohypsen der Felsobergrenze

Molassse an der Oberfläche Urdorf oder in geringer Tiefe

Felsobergrenze 400 m Uitikon 350 m 250 m

Verlauf der Reppisch vor der Eiszeit

Verlauf der Reppisch Birmensdorf nacheiszeitlich

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des altes Gebirge gebildet hatten, brach eine mehrere Kilometer breite Scholle ein. Der Rheingraben entstand. Gleichzeitig hob sich der Alpenrand im Osten und der Rhein, der sich vorher gegen Osten der Donau zu entwässert hatte, floss nun nach Westen und der Nordsee entgegen. Damit war unser heutiges Flusssystem im Wesentlichen erreicht.

Das Tertiär Über etwa 20 Millionen Jahre herrschte in unserer Gegend eine ruhige Zeit mit kons- tantem und etwas wärmerem Klima als heute. Eine nur leicht nach Norden geneig- te, von Flüssen durchströmte und durch Seen und Wäldern gegliederte Landschaft Höherer (älterer) Deckenschotter am Uetliberg. war Heimat für viele Pflanzen und Tiere. Diese «Tertiär» genannte Epoche endete recht plötzlich vor etwa 2,5 Millionen die Eismassen mehrere hundert Meter Jahren. hoch. Der Rhein-Linth-Gletscher zum Bei- spiel überfloss die Höhe von Hombrech- Die Eiszeiten tikon und füllte das Glattal. Auf seiner Das Klima begann stark zu schwanken Westseite strömte das Eis bei Sihlbrugg ins und wurde generell bedeutend rauer. In Säuliamt, wo es sich mit dem Eisstrom des rascher Folge kühlte es sich so stark ab, Reussgletschers vereinigte und das ganze dass die Gletscher die Talsohlen erreichten Gebiet mit Eis bedeckte. und ins Flachland hinaus breite Eisströme schoben, die sich mit ihren Zungen in die Die heutigen Täler entstehen vorher noch untiefen Täler eingruben. Die In der vorletzten Eiszeit hobelten die Glet- Eiszeiten hatten begonnen. Mindestens 16 scher die Täler des Mittlellandes Dutzende müssen es gewesen sein. Abgelöst wurden von Metern tief aus der Molasse heraus. sie von Warmzeiten, in denen das Klima Reste der früheren Ablagerungen blieben zeitweise wärmer war als heute. dabei auf einigen Höhenzügen liegen, so Manche Kaltzeiten waren nur kurz und zum Beispiel die Nagelfluhfelsen auf dem die Gletscher blieben in den Tälern. In den Uetliberg und auf dem Heitersberg. Man letzten vier aber, vor allem in der vorletz- nennt sie Höhere Deckenschotter. Diese ten Kaltzeit bedeckten die Eismassen alle bildeten einst eine ziemlich geschlossene Erhebungen unseres Mittellandes bis fast Landoberfläche. Rhein-Linth-Gletscher nach Basel hinunter. In den Tälern lagen und Reussgletscher flossen im Gebiet von

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Rhein-Gletscher Maximale Eisausdehnung der letzten Vergletscherung (LGM)

Rückzugsstadium von Zürich Rhein-Linth-Gletscher

Türlersee

Reuss-Gletscher Kartenskizze der maximalen Eisausdehnung und des Zürichstadiums der letzten Eiszeit.

Urdorf zusammen. Als die Eismassen der Rigi entstand auch eine leichte Faltung, abschmolzen, blieb die Zunge des Reuss- parallel zum Alpenhang und damit quer gletschers längere Zeit bei Birmensdorf ste- zum Verlauf der Albiskette von Nord nach hen, rückte mehrmals ein wenig vor und Süd. Die unter der Albiskette liegenden schmolz dann wieder zurück. Dabei schob älteren Schichten wurden leicht schräg das Eis viel Schutt vor sich her und türmte gestellt. Als der seitliche Druck des Eises eine imposante Stirnmoräne auf, die das weg war, begann ein grosses Gesteinspaket Tal wie einen Wall abschloss. Der Glet- am Aeugsterberg auf Gips- und Lehm- scher-Seitenbach, die spätere Reppisch, schichten langsam südwärts zu gleiten und konnte nun nicht mehr direkt zur Limmat sperrte schliesslich das ganze Tal ab. Dieser fl iessen. Das Wasser wurde zu einem Wall staute das Wasser und der Türlersee grösseren See gestaut, bis es dann seitlich entstand. Das Wasser schuf sich durch das überlief und durch das Tälchen von Ru- Aeugstertal ein neues Bett. Auch der Gom dolfstetten der Limmat zufl oss. Während ist eine solche Rutschmasse. der vorletzten Eiszeit «Würm» schrammte der Gletscher auch die Hänge des Albis Die letzte Eiszeit «Würm» und grub sich seitwärts in die weichen In der letzten Eiszeit erreichte das Eis den Molasseschichten ein. Während der Über- Albiskamm nicht mehr. Der Gletscher schiebung der Molasse und der Bildung tieft e sich in der Mulde von Bonstetten –

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Wettswil ein und schüttete den schönen rade zum Fluss hinunterführen. Dieses Tal Moränenkranz, der von Wettswil über Bir- wurde also nie vom Eis durchflossen. mensdorf hinüber bis Lieli und Oberwil reicht. In dieser Zeit lag das Reusseis in Die Nacheiszeit Bremgarten bis 700 Meter hoch, überfloss Damals muss es einen zusammenhängen- den Mutschellen und vereinigte sich mit den See gegeben haben, der von Schlieren dem Eisstrom im Limmattal. Die Grenze über Zürich zum Walensee bis über Glarus zwischen den beiden Eismassen lag, wie hinauf, durch das Seez- und das Rheintal man an den Gesteinen in den Moränen bis nach Chur und talabwärts bis zum feststellen kann, ziemlich genau am Bodensee reichte. heutigen Lauf der Reppisch. Diese führte, In den Endzeiten der Vereisung gab vermutlich meistens subglaziär (unter dem es enorme Hochwasserereignisse. Bei Eis hindurch), ihr Wasser der Limmat zu, sommerlichen Starkniederschlägen wurden die dann bei Killwangen als stattlicher vom warmen Regen auf den riesigen Eis- Fluss aus dem Gletschertor austrat. flächen grosse Schmelzwassermengen Im Tal von Bonstetten lag das Eis freigesetzt. Auf den umliegenden eisfreien während dem Maximalstand etwa 200 m Gebieten war noch kein Wald, der einen hoch über dem Talboden. Das Wasser lief Teil des Wassers hätte speichern können. von diesem Eisstrom in mehreren Bächen Damit entstanden Hochwasserspitzen, wie seitwärts ab und sammelte sich in der heu- sie heute nicht mehr möglich sind, und tigen Reppisch. Diese war also ein grosser die imstande waren, ganze Moränenwälle Gletscher-Seitenbach, eine Sammelrinne, wegzuspülen und Seen und tiefe Gletscher- die das Wasser in einem reinen Flusstal täler mit diesem Material aufzufüllen. Nach quer durch den Höhenzug zwischen dem dem Abschmelzen der Eismassen waren Friedlisberg und dem Honeret Richtung viele Talflanken unterhöhlt. An vielen Orten Dietikon leitete. Dass diese Flussabschnitt lösten sich grosse Fels- und Erdmassen eine reines Flusstal (V-Tal) ist, erkennt und stürzten oder rutschten zu Tal. Dahin- man am besten vom Herrenberg aus. Man ter stauten sich die Flüsse und es entstanden sieht, dass die beiden Uferhänge völlig ge- grosse Seen. Im Glarnerland z.B. löste sich

Quellhorizont an der Reppisch: Das Reppischtal Mergelschicht als Wasserleiter. ist ein V-Tal.

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eine Gebirgsmasse vom Glärnisch und es ausgelöscht worden. Nach der Eiszeit entstand ein See, der von Schwanden bis sind wohl schon früh Jäger und Sammler Linthtal reichte. Irgendwann brach dieser auf ihren Wanderungen durch das Tal aus, sei es durch einen Bergsturz, der eine gezogen. Vor etwa 7000 Jahren aber war Flutwelle auslöste, oder ein Erdbeben. es soweit. Erste Sippen wurden sesshaft. Der Seeausbruch übersäte das ganze Tal Sie waren die ersten Bauern und besiedel- bis in die Linthebene hinunter mit einer ten zuerst die Ufer der Seen. Sie rodeten 4 bis 8 Meter hohen Schuttschicht und den Wald, begannen Felder anzulegen erzeugte eine Flutwelle, die in Zürich noch und Vieh zu halten. Sie verstanden es, 12 Meter hoch war. Auch Gletscherseen Werkzeuge und Waffen herzustellen, konnten ausbrechen, wenn warmes Re- und sie lernten auch, wie man aus Lehm genwasser Eisbarrieren durchbrach. Diese Töpfe und Schalen formen und brennen Ereignisse zerteilten den vorher zusam- kann. Später siedelten sie auch auf den menhängenden See rasch. Terrassen an den Talrändern, sicher vor Überschwemmungen und in der Nähe Die Nacheiszeit im Reppischtal der Quellen, die ihnen das Wasser lie- Das Zungenbecken von Wettswil – Bon- ferten und später die Kraft der Bäche für stetten wurde zu einem grösseren See, in Mühlen und Sägewerke. dem sich mit der Zeit ein reiches Leben entfaltete. Die Klimaerwärmung führte Das Bergwerk Riedhof dazu, dass nun der Wald an den Hängen Die Sümpfe und Wälder der Molassezeit emporwuchs und an den Ufern sich ein wurden an vielen Orten teilweise einige Gürtel aus Buschwerk und Schilf entwi- hundert Meter hoch vom Schutt der Eis- ckelte. Schliesslich verlandeten die weniger zeiten zugedeckt. Dieses Moränenmaterial tiefen Becken und wurden zu Sumpfgebie- ist wegen seines Lehmanteils wasser- und ten. Unsere heutige Pflanzen- und Tierwelt luftdicht. Die darunter liegende Schicht entwickelte sich. Noch einige Male ver- aus Holz und Torf war anfänglich meh- schlechterte sich das Klima für einige hun- rere Meter dick. Durch den hohen Druck dert Jahre. Ab und zu überschwemmte die wurde sie entwässert und dabei wandelte Reppisch das Tal. Dann aber war es soweit. sich alles Pflanzen- und Tiermaterial Wärmeliebende Pflanzen wuchsen an den langsam in immer reiner werdende Kohle sonnigen Hängen und im Tal verlandeten um. Es entstand das im Hügel des Gottert die Tümpel und die Moore wurden zu entdeckte Kohlenflöz. Diese 15 bis 45 Zen- Auenwäldern. Eine geschlossene Pflanzen- timeter dicke Schicht zieht sich unter dem decke verhüllte das Tal. ganzen Hügel durch. Es ist eine Braun- kohle, welche einen guten Heizwert hat Der Mensch erscheint und deshalb in Kriegszeiten als begehrtes Ob es vor der letzten Eiszeit schon Men- Brennmaterial abgebaut wurde. Da sie schen im Reppischtal gab, wissen wir aber einen recht hohen Schwefelgehalt nicht. Ihre Spuren wären von der Eiszeit aufweist, bilden sich bei ihrer Verbren-

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Suter, Hans/Hantke, René (1962): «Geologie des Kantons Zürich», (S. 140) Zürich», (S. «Geologie des Kantons (1962): René Hans/Hantke, Suter, Reppischtal und Zungenbecken von Bonstetten—Wettswil von Südwesten. Vom waldbedeckten, geschlossenen Moränenrand umrahmt, das Zungenbecken des Maxi- malstands des Reussgletscher-Lappens. Die Reppisch umfliesst das Becken in weitem Bogen und hat sich in der Hoch- und Nacheiszeit tief in die Molasseschichten am Albishang eingeschnitten. In der Bildmitte das Zungenbecken von Wettswil und unterhalb dasjenige von Aesch. Flugaufnahme Militärflugdienst Dübendorf.

nung aggressive Gase, die die Öfen und weise durchfeuchtete Hänge gleiten lang- Rauchrohre stark angreifen. sam talwärts. Auch das Tal als Ganzes wird Eine ältere und deshalb etwas tiefer sich weiter verändern, müssen wir doch liegende Kohleschicht zieht unter dem dereinst mit einer neuen Eiszeit rechnen. Zimmerberg und dem Albis hindurch. Sie Dann werden die Eismassen wiederum wurde im Bergwerk Käpfnach ebenfalls ganze Hügelzüge wegschieben, das Tal tief vorwiegend in Kriegszeiten abgebaut. Im ausräumen und beim Zurückschmelzen Reppischtal ist sie aber nirgends an der wieder neue Moränen liegen lassen, die Erdoberfläche aufgeschlossen. später zu den Hügeln dieser Landschaft werden. Geologie findet immer statt Alle geologischen Prozesse laufen auch

heute ab, zwar langsam, aber stetig. Am Peter Müdespacher ist pensionierter Lehrer am Seminar für Pädagogische einen Ufer wird Kies und Sand ange- Grundausbildung in Zürich (heute PHZH) und Hobby-Geologe. Er erteilt Kurse, organisiert und leitet Exkursionen, vorwiegend an der Volkshoch- schwemmt, am anderen frisst sich der schule Dietikon. Von 1962 bis 2000 hat er diese Institution geleitet und betreut auch Bach in die Steilwand ein. Mehrere zeit- heute noch eine grössere Zahl von Kursen.

20-27 Neujahrsblatt_2016_Geologie.indd 27 12.08.2015 16:06:19 Die ehemalige Kirche St. Georg: Vom Wallfahrtsort zum Bauernhaus

Text: Elisabeth Lüchinger bedient. Der «Kilchstieg», der Weg von Die ehemalige Reppischtal-Kirche wur- Urdorf ins Reppischtal, deutet darauf de als Wallfahrtsstätte am Verbindungs- hin, dass Gläubige aus Urdorf diese weg zwischen Mutschellen und Zürich Kirche besuchten. Im 16. Jahrhundert erbaut und 1173 erstmals urkundlich wurde sie im Anschluss an die Reforma- erwähnt. Der Weiler Unter Reppischtal tion profaniert und gelangte in Privat- besitzt damit ein bedeutendes Bau- besitz, nämlich an die Familie Oggen- denkmal. Sicherlich war im Mittelalter fuss (bis 1839). Sukzessive wurde die der Achse durchs Reppischtal grössere ehemalige Kapelle umgebaut, südseitig Bedeutung zugekommen, deshalb wohl erweitert und für bäuerliche Zwecke auch die Existenz einer romanischen genutzt. Der ehemalige Sakralbau in Kirche mit Friedhof. seiner Grundform mit Schiff, Chor Die Kirche, dem Heiligen St. Georg und Sakristei – wenn auch verbaut – – Schutzpatron der Kreuzritter und ist erhalten geblieben. 1936 wurde Soldaten – geweiht, wurde am 26. April der östliche Teil des Bauernhauses 1173 vom Gegenpapst Calixtus III. zugunsten eines Neubaus vollständig dem Kloster St. Blasien im Schwarz- abgetragen und dabei die Überreste wald bestätigt. Um 1370 gehörte sie zur des ehemaligen Chores und der Sakris- Pfarrei Dietikon und wurde von dort tei zerstört.

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1 Weiler Unter Rep- pischtal, Westansicht. Die ehemalige Kirche St. Georg befi ndet sich im grauen Gebäude.

2 Rundbogiges Tür- gewände des ehemaligen Kirchenportals.

3 3 Kaum zu glauben: In diesem Haus versteckt sich das «Juwel».

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4 Beim Ausbau der Kirche zum Wohn- Die Kirche St. Georg im Weiler haus wurde ein Boden für zwei Kammern Unter-Reppischtal mit Vorraum eingebaut. 5 Runder, vermauerter Abschluss des ehemalige Chorbogens. Sakristei

Das heutige Bauernhaus ist ein zwei- ehemaliger Chor bis dreigeschossiges, zweiteiliges Haus. Im älteren Westteil, der in nachrefor- matorischer Zeit südseitig durch Küche und Stube erweitert wurde, sind grosse Teile der Umfassungsmauern des ehemaligen Kirchenschiffs aus Erdgeschoss dem 12. Jahrhundert enthalten. Etwas versteckt hinter einem Schopfanbau von 1891 ist an der Westfassade das alte rundbogige Türgewände des Kirchen- portals erhalten geblieben. Ebenso der romanische Chorbogen an der Ost- wand, das Südportal und ein roma- nisches Fenster in der Südmauer des ehemaligen Kirchenschiffs, die inner- Ostwand Südwand innen halb des Gebäudes liegen und von aussen nicht zu sehen sind. Mit dem Entstehen des Wa enplatzes Zürich-Reppischtal ist das Gebäude ins Eigentum des Kantons Zürich über- gegangen. altes Mauerwerk Westansicht Quelle: K. Heid, Chronik Gemeinde Urdorf 1949, «Die einstige Kirche St. Georg in Unter-Reppischtal», Zürcher Chronik Nr. 4, 1959; 2. Bericht späteres Zürcher Denkmalpflege, Kantonale Denkmalpflege Mauerwerk Elisabeth Lüchinger, Ortschronistin Urdorf, Vorstandsmitglied der Heimatkundlichen Vereinigung Urdorf Fotos: ZVG

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Gehe Jn Dein Kämmerlein Wie Genug hat der Weisse Dass Sei Dir als Ein Himmel an dem Kleinen und Wehnigen Darin Du lesen solst Er wird Ein süssen Schla haben auch Bätten und Betrachten und kein Inwendigen schmerzen Berüwen Deine Sünd Empfi nden und lehren die Welt verachten

Diese Wandsprüche in der südlichen Kammer der einstigen Kirche St. Georg wurden vermutlich von Bewohnern angebracht.

Graf Rudolf von Habsburg und der geschenkte Gaul

Die mit dem Reppischtal verbundene Sage in der dortigen Klosterkirche hält dieses aus dem Jahre 1266 ist in Chroniken des Tre en mit der Vorhersage der Königswahl 14. Jahrhunderts und auch in Gilg Tschudi’s von 1273 fest. «Chronicon Helveticum» aufgezeichnet: Der Priester soll später Kaplan beim Der spätere König Graf Rudolf von Erzbischof von Mainz geworden sein und Habsburg (1218 –1291) ritt auf dem Weg man weiss, dass der Erzbischof bei der von seiner Burg nach Zürich über den Kaiserwahl seinen ganzen Ein uss geltend Mutschellen. Beim Reppischtal packte machte, um die Fürsten für Rudolf von ihn die Lust zur Jagd. Da traf er in einer Habsburg zu gewinnen. Aue einen Priester, der zu einem Kranken So hatte Rudolf von Habsburgs from- gehen wollte, um ihm das Sakrament zu me Tat im Reppischtal Auswirkungen auf reichen. Weil der Bach aber angeschwollen die Auserwählung der Dynastie für das und die Brücke fortgerissen worden war, kaiserliche Herrscheramt (heute würde überliess ihm der Graf sein Pferd. Der man wahrscheinlich von Bestechung Priester brachte es am nächsten Morgen sprechen). Was wohl aus den Habsburgern mit grossem Dank zurück und erhielt es geworden wäre, hätte Rudolf damals im vom Grafen als Geschenk. Reppischtal den Priester nicht getro en? Später kehrte Graf Rudolf beim Kloster Berühmt wurde die Sage durch Fahr ein, wo ihm eine Nonne grosse Ehre Schillers Ballade «Der Graf von Habs- für die Habsburger voraussagte. Ein Fresko burg».

28-31 Neujahrsblatt_2016_Kapelle im Reppischtal.indd 31 12.08.2015 16:06:56 32-41 Neujahrsblatt_2016_Flora_Fauna_Hospenthal_Zuber.indd 32 Foto: Albert Krebs aber manmussesschützen Es kreuchtundfleucht, Buntes Leben entlangderReppisch bestimmt! Mitnichten! Einzweiter Blicklohnt sichganz Nichtganz.Sielesennichtweiter? Bettlektüre? Text: BrigitteHospenthal rung», «Wertung» und«Schlussbericht» «Inventarisie- Titel wie«Projekt», mitWörtern Trockenbindung zubringenist. auchsein ersten BlickmitdemTag derReppisch inVer- seltsames Wesen undnichts,wasaufden undumfasst(nämlich A4) 229Seiten. Ein einen ganzenZentimeter dick.ErhatFormat Gross undfett liegterda,schwarzundweiss, 1 .

12.08.2015 14:12:10 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 033 Foto: Michael Gerber Foto:

Links: Der nachtaktive Feuersalamander schlüpft unter Umständen bei einer Zählung Vielfältige und bunte Welt tagsüber durch die (Zähl-)Maschen. Die Arbeitsgruppe Reppisch (AGR2) doku- Rechts: Der Eisvogel braucht steile mentierte 1997 in ihrem Inventar, dass die und unbewachsene Anrisse, in die er Welt entlang der Reppisch eine vielfältige seine Bruthöhlen gräbt. und äusserst bunte ist. Ins Visier nahm sie Vögel, Amphibien, Reptilien, Libellen und die jeweilige Vegetation. Gefunden hat sie feld schliessen lässt. Sie sind auf intakte einen unglaublichen Reichtum an Fauna Lebensräume angewiesen. Nistplätze und und Flora, aufgezeichnet aber auch, wie Nahrung müssen ausreichend vorhanden fragil und gefährdet diese Vielfalt ist, und sein. dass es grosse Schutzbemühungen braucht, Der Eisvogel lässt sich an langsam um sie zu bewahren. fliessenden oder stehenden Gewässern nieder. Er braucht gute Sichtverhältnisse, Eisvogel, Wasseramsel und Co. da er ein Stosstaucher ist, und ein reiches Eisvögel und Wasseramseln sind soge- Angebot an Kleinfischen. Er bevorzugt nannte Indikatorarten: Arten, deren Sitzwarten von mindestens eineinhalb Me- Vorkommen auf ein sehr geeignetes Um- tern über Boden. Seine Bruthöhlen gräbt

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Das Nahrungsangebot ist für angrenzenden, stehenden Kleingewässer den Eisvogel zu dürftig. sind als Laichgewässer sehr wertvoll. Ins- gesamt konnten sechs Amphibienarten festgestellt werden. Vier davon gelten auf der Alpennordseite als gefährdet. er in steile und unbewachsene Anrisse. Der Feuersalamander lebt vor allem Der Eisvogel ist gesamtschweizerisch in der Nähe von unverbauten Wald- oder stark bedroht. An der Reppisch wurde Wiesenbächen, das heisst nicht direkt er bei den Kartierungen vereinzelt be- an der Reppisch, sondern entlang der obachtet. In den Sommermonaten hielt Seitenbäche. Er ist nachtaktiv (dieser er sich ausschliesslich in natürlichen Umstand verfälscht u.U. eine realistische oder naturnahen Teilen der Reppisch Zählung) und verbirgt sich tagsüber un- auf. Diese finden sich vor allem in den ter feuchtem Laub, in Höhlen oder Spal- Gemeinden Stallikon, Birmensdorf und ten. In der Schweiz gilt er als gefährdet. Urdorf. Anfang der 90er Jahre wurde Immer mehr Bäche verschwinden und der gesamte Bestand des Eisvogels im somit auch die idealen Lebensbedingun- Kanton Zürich auf sechs Brutpaare ge- gen für den gelb-schwarzen Gesellen. An schätzt. Um seine Brutplätze zu fördern, der Reppisch konnte er 1990/91 noch an müssen vermehrt Steilwände an Fliess- fünf Standorten nachgewiesen werden. gewässern geschaffen werden. Dass der Die Gelbbauchunke mit ihrem cha- Eisvogel an der Reppisch aber weiterhin rakteristischen Ruf konnte im Gebiet des nur vereinzelt gesichtet wird, hängt eher Waffenplatzgeländes beobachtet werden. damit zusammen, dass die Reppisch für Sie ist zwar im ganzen Kanton Zürich ihn ein zu dürftiges Nahrungsangebot verbreitet, aber nicht häufig. Sie liebt die bereithält. Wärme und braucht zum Laichen flache Die Wasseramsel lebt an schnell Wassertümpel, die sich rasch erwärmen. fliessenden Gewässern und baut ihr Nest Im Sommer sucht sie feuchte Landver- in unmittelbarer Nähe zum Wasser. Sie stecke in offenen Bereichen, während sie bevorzugt Brücken und nimmt dort auch sich im Winter in dichten Gebüschen gerne von Menschenhand zur Verfü- oder gar im Wald versteckt. gung gestellte Unterschlüpfe an. An der Der Grasfrosch (braun, nicht grün, Reppisch fand sich durchschnittlich wie sein Name vermuten liesse) gilt zwar ein Brutpaar pro eineinhalb Kilometer als nicht gefährdet, findet sich aber nur in Flusslänge. natürlichen oder naturnahen Abschnitten der Reppisch, vorwiegend in der Ge- Feuersalamander, Gelbbauchunke meinde Stallikon. An diversen Orten sind und Grasfrosch die Wanderkorridore der Grasfrösche Die Reppisch selbst hat zwar als Am- bekannt. Die ungefährlichen Korridore phibien-Laichgewässer an Attraktivität (entlang von Seitenbächen) gilt es zu verloren. Aber die an die Reppisch schützen und weiter auszubauen.

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Amphibien sind ziemlich stur und Gefährliche Korridore können mit so- genannten U-Profilen, die beidseits der nehmen Hilfe nicht immer an. Strasse in den Boden gelegt und durch mehrere Unterführungen miteinander verbunden sind, entschärft werden. Allerdings sind die Amphibien ziemlich nicht annähernd beziffern. Viel Idealis- stur und nehmen die Hilfe über einen mus und die Überzeugung, ein wichtiges Umweg nicht immer an. Daher stellt Instrument für die Zukunft zu schaffen, man vor Amphibienzäunen auch oft liessen die UmweltschützerInnen diesen Kübel auf, die in den Boden gegraben Rieseneinsatz leisten! werden. Am Morgen trägt man die Tiere, Vier KartiererInnen zum Beispiel die über Nacht hineingefallen sind, dann erfassten und beschrieben die zur Cha- sicher im Kübel über die Strasse auf die rakterisierung der Flussmorphologie andere Seite. wichtigen Merkmale auf Erfassungskar- ten im Massstab 1:5000. Die Beschaf- Blaue Flügel und äusserst prächtig fenheit des Flusses hat einen grossen Die Blauflügel-Prachtlibelle kommt Einfluss auf die Fauna und Flora. Die verhältnismässig zahlreich vor in Ab- KartiererInnen untersuchten dazu schnitten, die sowohl gut besonnt als Merkmale wie: Hat das Flussbett Sand- auch schattig sind und wo das Wasser oder Kiesbänke? Ist es lehmig oder langsamer fliesst. Beim Gewässerunter- erdig? Wie viele Steine ragen aus dem halt muss dies berücksichtigt werden. Wasser? Ist die Sohle betoniert oder Leichtes Verwachsen, das den Fluss des gepflastert? Hat es Schwellen oder Ram- Wassers nicht zu fest behindert, ist wich- pen, und wenn ja, wie hoch sind sie? tig. Maschinelle Bachreinigungen sind Wie ist deren Gefälle? Ist die Strömung zu unterlassen. Die Blauflügel-Pracht- gleichmässig, ruhig, gering, stark oder libelle bevorzugt fliessendes, eher kühles ständig kleinräumig wechselnd? Gibt Wasser. Da sie im Kanton Zürich einen es Still- oder Drehwasser? Ist das Verbreitungsschwerpunkt hat, kommt Ufer mit Beton verbaut oder sichern der Reppisch diesbezüglich eine beson- es Wurzeln des Ufergehölzes oder dere Bedeutung zu. Hochstauden? Welche Neigung weist es auf? Ist die Uferlinie gerade oder Immenser personeller und springt sie unregelmässig vor und zeitlicher Aufwand zurück? Gibt es Unterspülungen oder An den Kartierungen, die 1990/91 ent- Anrisse? Wie sehen die Mündungsbe- lang der ganzen Reppisch (ca. 25 km!) reiche von Seitenbächen aus? Wie sind durchgeführt worden sind, haben insge- die Pfeiler bei Brücken beschaffen? Ih- samt 22 Personen tatkräftig und (wie oft nen schwirrt bereits der Kopf? Das war bei solchen Projekten) ehrenamtlich mit- allerdings nur ein Teil aller Aspekte, die gewirkt. Der zeitliche Aufwand lässt sich festgehalten wurden.

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Die wärmeliebende Gelbbauch- unke verschafft sich mit ihrem charakteristischen Ruf Gehör. Arten, ihre Anzahl und momentane Tä- tigkeit auf einer 1:5000-Karte aufgeführt. Nahrungs- und Schlafplätzen galt ein besonderes Augenmerk. Für die Sommerkartierung (März bis Juni 1991) notierten die Feldornitholo- gInnen alle Vögel, die sich durch re- Weitere Beispiele gefällig? vieranzeigendes Verhalten, wie singende Die Kartierung der Vögel nahmen vier Männchen oder futtertragende Vögel, als ausgewiesene FeldornithologInnen der ein- wahrscheinliche Brutvögel bemerkbar zelnen Natur- und Vogelschutzvereine vor: machten. Auch hier nahmen sie fünf bis Für die Winterkartierung (Oktober sieben Begehungen vor. 1990 bis Februar 1991) wurde dafür jeder Und ganz im Alleingang absolvier- einzelne Abschnitt der Reppisch fünf bis te ein ausgewiesener Libellen-Kenner sieben Mal auf seiner ganzen Länge abge- die Erfassung der Libellen entlang der schritten! Innerhalb eines beidseitig je ca. gesamten Reppisch und, wo möglich, der 30 m breiten Streifens wurden sämtliche angrenzenden kleinen Feuchtgebiete!

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Dicker Massnahmenkatalog intensiv sind, und grossen, umfassenden Zu guter Letzt listete die AGR Dutzende Massnahmen, die kosten- und landinten- von möglichen Massnahmen gemeinde- siv sind. weise zusammengefasst auf. Dabei wurde Das Verfassen des Berichts über- unterschieden zwischen kleinen Mass- stieg dann ganz klar die ehrenamtliche nahmen, die durch den Werkdienst einer Tätigkeit und musste in Auftrag gegeben Gemeinde ausgeführt werden können, werden. mittelgrossen Massnahmen, die kosten-

Unterwegs an der Reppisch: Augenschein 2015

Walter Zuber, Präsident des Vereins von weitem ist ein intensives Quaken des Naturnetz Unteramt und Ideengeber für Seefroschs zu vernehmen. Im Wasser wu- den Beitrag im Dietiker Neujahrsblatt, seln Heerscharen von Kaulquappen umher. lädt die Schreibende ein, einen Vormittag Läuft man von dort gegen den Strom der lang verschiedene Reppischabschnitte zu Reppisch entlang, sieht man sehr ein- begehen. Nach mehreren Tagen Regenwet- drücklich, wie sich der Fluss im renaturier- ter zeigt sich für diese Exkursion die Sonne ten Teil seinen Lauf gesucht hat. Die vom schon am frühen Morgen. Zuber, der einer tagelangen Regen überschwemmten Ge- der vier Feldornithologen bei der Kartie- biete sind noch deutlich erkennbar. Kleine rung war, hat ein offenes Ohr für sämtliche Tümpel sind zurückgeblieben. Es gibt Fragen. Das andere Ohr ist zweifelsohne steile, wenn auch nicht sehr hohe Anrisse. das «Ornithologen-Ohr». Während die Das Wasser fliesst in der Kurve auf der Schreibende begeistert durch die Land- einen Seite rasch und sprudelnd, auf der schaft stapft, staunt und Fragen stellt, anderen gemächlicher. Eindrücklich auch hält Zuber immer wieder inne, führt den eine Kopfweide, lange Jahre nicht geschnit- Feldstecher an die Augen, um im Grün ten und mit einem fulminanten Stamm rundherum nach den Vögeln zu suchen, «gesegnet», die im Zuge der Renaturierung die er aus all dem Gezwitscher herausge- «auf den Stock gesetzt» (d.h. komplett hört hat: Blaumeise, Mönchsgrasmücke, abgeschnitten) wurde und üppig austreibt. Zaunkönig usw. Diese allein bietet mit ihrer Vielfalt an Beim ersten Halt in Birmensdorf, im Moosen, Spalten und Ritzen ein Univer- Gebiet Schliffer, befindet sich links der sum für viel Kleingetier. Weiter oben dann Reppisch ein für Amphibien künstlich der Kon- trast: die Reppisch so belassen, angelegter Weiher. Leuchtend stechen die wie vor der Renaturierung: gerade und das Gelben Schwertlilien ins Auge und schon Ufer mehr oder weniger befestigt.

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Autobahnbau als Chance seitig der Reppisch grosszügige Puffer- In Landikon wurde die Reppisch schon zonen ausgeschieden werden sollten. beim Bau der Zuglinie ins Säuliamt (vor Beide Empfehlungen wurden umgesetzt. rund 150 Jahren) unter dem Bahndamm Seit 2008 ist dieser Reppischabschnitt ein hindurch in einen Tunnel gezwängt. Wei- Teil des Öko-Korridors Reppisch³, der ter oben befand sich ein Wehr, welches auf dem Gemeindegebiet von Stallikon mit seiner Höhe ein unüberwindbares die Reppisch auf ca. sechs Kilometern Aufstiegshindernis im Flusslauf bildete. begleitet. Und jahrelang sollte sich dort die Baustel- Steht man heute an dieser Stelle, kann le für den Üetlibergtunnel breitmachen. man sich fast nicht vorstellen, dass vor Dass ein solcher Eingriff in die Natur, wie nicht allzu langer Zeit Bagger die Szenerie der Autobahnbau, sich hier zu einer Er- dominierten: Eine üppige Gras- und Blu- folgsgeschichte mausern würde, übertraf menlandschaft bietet sich dem Betrachter. die kühnsten Erwartungen von Walter Die Reppisch rauscht tief unten in ihrem Zuber. Die AGR schlug anstelle des Wehrs Bett. Den Tunnel unter dem Bahndamm eine dynamische Gewässerführung ohne hindurch hat man mit Schwellen versehen, Aufstiegshindernisse vor und dass beid- so dass der Wasserfluss verlangsamt wird.

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Links: Nicht grün, wie man es aufgrund seines Namens erwarten könnte, der Die Wasseramsel fliegt keck durch den Grasfrosch ist braun! Tunnel, statt hoch über dem Bahndamm Rechts: Die Blauflügel-Prachtlibelle sich in die Lüfte zu schwingen! Und in den braucht Plätze, die sowohl sonnig als überall anzutreffenden grossen Asthaufen auch schattig sind. vermutet Zuber Ringelnattern, die sich an der Sonne wärmen. In der Nähe des Tennisplatzes Stal- likon sind zwei Angestellte des AWEL übrigens als der Libellen-Kenner der Gewässerunterhalts an der Arbeit. Sie AGR. Er hilft zurzeit bei einem weiteren pflegen partiell die Gehölze entlang Libellen-Inventarisierungsprojekt im der Reppisch und bekämpfen Problem- Thurgau mit. pflanzen. Werden in einem Abschnitt alle Sträucher auf den Stock gesetzt, erkennt Geborstene Drainage bringt Orchideen man diesen Pflegeeingriff auch später, hervor da «durchs Band» alle nachgewachsenen Anfang der 90er Jahre wurde im Schleetal Sträucher die gleiche Höhe aufweisen. (Stallikon) ein neues Naturschutzgebiet Einer der beiden Männer entpuppt sich von ca. fünf Hektaren Wiesland mit Obst-

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Im Gebiet Schliffer (Birmensdorf) sieht man die gelben Schwertlilien schon von weitem leuchten. Anfang an die Pflege der steilsten Partien. Unter Mithilfe zahlreicher HelferInnen wird einmal im Jahr «gheuet». Manchmal braucht der Naturschutz auch die Hilfe des Zufalls. An zwei Stellen barst die unterirdische Drainage, die das Wasser abführte. Die Flächen vernäss- bäumen ausgeschieden. Das Schleetal ten mehr und mehr. Im Zeitraum von war ein landwirtschaftlicher Kleinbetrieb, über 20 Jahren entstanden an Stelle von bewirtschaftet in vierter Generation von Mähwiesen neue, kleine Feuchtgebiete. der Familie Nievergelt. Die damals prak- Diese bringen seit rund zehn Jahren auch tizierte extensive Bewirtschaftung durch Orchideen hervor: Fuchs-Knabenkraut die Familie war Ende der 80er Jahre nicht und Fleischroter Fingerwurz. Zeitlebens mehr gesichert. Die Unter-Schutz-Stellung pflegte die Bauernfamilie ein kleines ermöglichte das Weiterführen der natur- Flachmoor direkt neben der Reppisch. nahen Nutzung des Kleinbetriebs. Der Zum Zeitpunkt der Exkursion im Mai Verein Naturnetz Unteramt übernahm von sieht man vom Wanderweg her die

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blauvioletten Blüten, nichtsahnend, dass es sich um eine seltene Iris handelt: die 1 Projekt Reppisch Inventarisierung und Wertung eines Fliess- Sibirische Schwertlilie. gewässers im Kanton Zürich: Schlussbericht/ Seit 1997 hat sich an der Reppisch Arbeitsgruppe Reppisch (AGR); viel zu Gunsten der Natur getan. Walter Thomas Aeberhard. Zürich, 1997. 229 Seiten Verfasst im Jahr 1997, dokumentiert der Be- Zuber hat zahlreiche weitere Beispiele «auf richt akribisch den Ist-Zustand der Naturwerte Lager». Danach gefragt, was er persönlich des Lebensraums Reppisch, inventarisiert in als grössten Erfolg in Erinnerung behalten den Jahren 1990 und 1991. Vom Türlersee bis zur Mündung in die Limmat (etwa 25 km) wur- habe, denkt er kurz nach und meint dann: den Vögel, Amphibien, Reptilien, Libellen, die «Die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten Vegetation, die Beschaffenheit und die Nut- in der AGR. Dieses gemeinsame Ziel vor zung des Ufers inventarisiert: um biologisch Augen und das Wissen, dass viele der vor- wertvolle Gewässerabschnitte zu sichern und entwicklungsfähige aufzuwerten und mitein- geschlagenen Massnahmen umgesetzt, ja ander zu vernetzen. Der Bericht listet konkrete teilweise sogar übertroffen wurden, macht Massnahmen auf, wie Private, Gemeinden, enorm Freude. Welche Riesenarbeit wir regionale und kantonale Ämter dies umsetzen können. Darüber hinaus entstand eine ca. 200 alle damals geleistet haben, habe ich erst Dias umfassende Foto-Dokumentation, die später realisiert.» Die AGR löste sich nach die damalige Reppischlandschaft abbildet. getaner Arbeit auf. Die einzelnen regiona- len Naturvereine arbeiten weiter bei den 2 Arbeitsgruppe Reppisch (AGR) Umsetzungen mit, werden auch beige- 22 Natur- und VogelschützerInnen, Mitglieder aus sieben lokalen BirdLife-Vereinen, bildeten zogen und informiert. Wo immer etwas 1990 die Arbeitsgruppe Reppisch (AGR). Ihr im Gebiet der Reppisch verändert wird, Ziel war es, gemeinsam das «Projekt Rep- sind die Naturvereine möglichst schon im pisch» durchzuführen. Bereits früher hatten Vorfeld dabei, damit ihre Anliegen in die sich einzelne Natur- und Vogelschutzverei- ne mit dem Lebensraum Reppisch befasst, Projekte einfliessen können. jedoch immer nur innerhalb der eigenen Gemeindegrenzen. Das Ziel, diese Einzel- Wie die Exkursion an die Reppisch gezeigt aktivitäten zu koordinieren und gemeinsam Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten, hat: mit eindrücklichen Ergebnissen! führte zur AGR.

3 Öko-Korridor Reppisch Die Schreibende bedankt sich sehr herzlich In Stallikon und Sellenbüren wurde auf beiden Seiten der Reppisch eine Uferzone (20 – 50 m bei Walter Zuber, der nicht mit seinem breit) ausgeschieden und mit dem Fluss zu Wissen und seiner Begeisterung geizte. einer einzigen Gewässerparzelle zusammen- Ersteres floss in den Beitrag ein, Letzteres gelegt: dem Öko-Korridor. Diese Landumle- gung im Kanton Zürich hat Pioniercharakter: war ungemein ansteckend! Sie dient allein der langfristigen Erhaltung und ökologischen Aufwertung der Reppisch. Die Uferabschnitte und angrenzenden Wie- Schriftliche Quellen: Schlussbericht «Projekt Reppisch»; Flyer «Öko- sen werden hauptsächlich durch Landwirte Korridor Reppisch Stallikon« (Gemeinde Stallikon/Baudirektion Kanton Zürich) gepflegt. So kann sich eine reiche Tier- und Pflanzenwelt entwickeln. Diese Gebiete sind Brigitte Hospenthal ist Bibliothekarin BBS und Journalistin. Sie lebt mit ihrer Familie in Dietikon für die Freizeitnutzung verboten.

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Auf Pilzexkursion Der Morgen beginnt An den vielversprechend: Gestaden der Nach ein paar feuch- Reppisch ten, aber milden Herbsttagen ver-

steckt sich zwar die

Sonne noch hinter

dem Honeret und ein

paar Nebelschwaden

hängen über

der Reppisch, über

unseren Köpfen

verspricht jedoch

der blaue Himmel

bereits einen

schönen Tag.

Grüner Knollenblätterpilz Tobias Liechti Tobias

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Text: Andreas Wolf bezeichnen, ist nur der Fruchtkörper eines Ideale Voraussetzungen für einen gemütli- viel grösseren Lebewesens, des wirklichen chen Pilzler-Spaziergang an den Gestaden Pilzes. Dieses sogenannte Myzel ist ein der Reppisch, zumal die Schontage (1. bis kompaktes Geflecht von feinsten Fasern, 10. Tag jeden Monats) vorbei sind und das versteckt im Holz, im Boden oder in wir früh losziehen. Am Bahnhof Dietikon anderen Substraten lebt. Die Fruchtkörper besteigen wir das BDWM-Bähnli, um es werden bei guten Bedingungen gebildet, um fünf Minuten später am Reppischhof wieder Sporen für die Ausbreitung zu produzieren. zu verlassen und uns der Pilzsuche zu widmen. Viele Pilzarten sind gefährdet Nun stehen wir also da, die Hauptstras- Rund 5000 Grosspilzarten gibt es in der se im Rücken, den Honeret vor uns, und Schweiz, wovon jedoch nur etwa 3000 genü- marschieren in Richtung Waffenplatz. gend gut untersucht sind, um ihre Gefähr- Die 500 Meter dem Waldrand entlang dung beurteilen zu können. Von diesen gilt lassen genug Zeit für erste Expertisen über jedoch rund ein Drittel als gefährdet und die heutige Ausbeute. An der Reppisch steht somit auf der roten Liste. Hauptgründe angekommen, bestaunen wir den vor ein sind das Verschwinden der Lebensräume paar Jahren revitalisierten Bachabschnitt. (magere Wiesen und Weiden, Moore, dickes Hier hat die Reppisch etwas von ihrem Totholz), der erhöhte Nährstoffeintrag über urprünglich zur Verfügung gehabten Platz die Luft und mechanische Bodenbelastun- zurückbekommen und kann die Landschaft gen. mitgestalten. So sieht das Bachbett hier Im Frühling hätte man in diesem Be- nach jedem Hochwasser etwas anders aus reich der Reppisch gute Chancen, Morcheln und bedrohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten zu finden – vorzugsweise unter Eschen. haben wieder eine Heimat gefunden. Aber auch wir werden fündig! Am Wald- Pilze gehören bekanntlich weder zu rand ist eine Gruppe von Glimmer- und den Tieren noch zu den Pflanzen, sondern Schopftintlingen(Coprinus micaceus resp. bilden ein eigenes Reich in der Biologie. Coprinus comatus) aus dem Boden geschos- Und was wir normalerweise als Pilz» sen, von welchen jedoch nur zweitere essbar

Wulstiger Lackporling Fichtensteinpilz Tobias Liechti Tobias

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sind. Und auch bei denen interessieren wir vorsichtig aus dem Boden und decken das uns bloss für diejenigen Exemplare, welche Myzel bei der Bruchstelle mit etwas Laub den Hut noch geschlossen haben. Denn zu, damit es weniger vertrocknet. Ob- haben sie ihn einmal geöffnet, zerfliesst er wohl Eierschwämme auf den ersten Blick bald tintenartig. Dies kann übrigens auch den Lamellenpilzen zugeordnet werden bei jungen Exemplaren geschehen. Manch könnten, gehören sie, wie übrigens auch einem passiert der Anfängerfehler, die die Totentrompete (Cratellus cornucopioi- Tintlinge über Nacht im Kühlschrank zu des), zu den Leistlingen. Die sogenannten deponieren um am nächsten Tag anstatt den Leisten sind dicklicher und flacher als schönen Pilzen eine schwarze Sauce vorzu- Lamellen, bei gewissen Arten gar runzlig. finden. Aber: Übung macht ja bekanntlich Nur ein paar Meter daneben entdecken den Meister. Dieses Sprichwort trifft beim wir einen der gefürchtetsten Pilze unserer Pilzlen mindestens ebenso zu wie bei ande- Breitengrade: Der Grüne Knollenblätter- ren Freizeitbeschäftigungen! pilz (Amanita phalloides) ist jährlich für mehrere Vergiftungsfälle verantwortlich, Erste Mühen werden bald belohnt da er immer wieder mit anderen, essbaren In der Zwischenzeit blinzeln vom Rep- Pilzarten verwechselt wird. Deshalb gilt pischtal her die ersten Sonnenstrahlen beim Pilzsammeln die Grundregel: Immer durch das noch immer satte Blattgrün und mit allen gefundenen Pilzen in die Pilzkon- wir stechen in den Wald. Zu Beginn ist die trolle oder an einen Bestimmungsabend Steigung nur leicht, bald wird das Terrain des Pilzvereins! Dann steht einem feinen aber steiler und beschwerlicher. Doch Essen ohne anschliessendem Bauchweh bald zeigt sich, dass sich die Mühe gelohnt nichts mehr im Weg. hat: Durch das Unterholz leuchten gelbe Nun wird es wieder etwas weniger steil Geschöpfe. Beim Näherkommen bestätigt und wir biegen Richtung Norden ab. Das sich die erste Vermutung: Eierschwämme Unterholz ist teilweise so dicht, dass wir uns (Cantharellus cibarius)! Zwar nur ein paar den Weg gut aussuchen müssen. Ab und zu wenige, aber doch ein erster Höhepunkt treffen wir auf ein paar Mehlräslinge(Clito - unseres Pilztages! Wir drehen die Pilze pilus prunulus), weisse Lamellenpilze, die

Totentrompete Stockschwämmchen

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nach Mehl oder Camembert riechen und Nach einem kurzen Abstieg sind wir zu- gute Speisepilze sind. Auf abgestorbenem rück am Reppischhof und gehen jetzt Holz wachsen immer wieder Birnen- weiter in Richtung Dietikon. Dafür queren Stäublinge (Lycoperdon pyriforme), die wir die Bernstrasse und nehmen Kurs auf sich in jungem Zustand gut als Mischpilze den Brüggliweg. Auf der gegenüberliegen- eignen. Sobald das Fleisch innen braun den Strassenseite wurde vorletzten Winter ist, sind sie jedoch zäh und ungeniessbar. massiv Wald gerodet und wir fragen uns, Wenn die Sporen reif sind, geht in der welche Auswirkungen dies auf unsere Pilze Mitte ein Loch auf und bei Berührungen hat. Wir kommen zum Schluss, dass eine entweicht jeweils eine Sporenwolke. Wie Totalrodung für die ansässigen Pilze sicher der Birnen-Stäubling wachsen wie bereits nicht förderlich ist, zumal Fahrspuren dar- eingangs erwähnt viele Pilzarten auf Tot- auf hinweisen, dass mit schweren Maschi- holz. Sie nehmen eine wichtige Rolle im nen gearbeitet wurde. Die damit verbunde- Nährstoffkreislauf ein, indem sie abgestor- ne Bodenverdichtung ist für viele Pilzarten benes Holz zersetzen und so die darin ein- schädlich. Zudem entsteht mit einer Total- gebauten Nährstoffe freisetzen und wieder rodung immer auch ein neues Klima, das für andere Pflanzen verfügbar machen. Sonnenlicht kommt auf einmal überall auf den Boden und trocknet ihn viel schneller Der König macht sich rar aus. Es ist also davon auszugehen, dass vie- Der Fund des Königs der Pilze, des Steinpil- le vor der Rodung vorhandene Pilzarten in zes, bleibt uns diesen Morgen im Honeret den nächsten Jahren nicht mehr so häufig verwehrt, obwohl er hier an gewissen vorkommen werden. Die Jahrhundert- Stellen unter Eichen (Sommersteinpilz, stürme «Lothar» und «Vivian» haben aber Boletus reticulatus) und unter Nadelbäumen auch gezeigt, dass ein Extremereignis für (Fichtensteinpilz, Boletus edulis) vorkommt. Pilze durchaus förderlich sein kann. Auf Dafür finden wir noch Herbstlorcheln(Hel - den Sturmflächen konnte sich eine weit vella crispa). Sie sind zwar nicht essbar, aber vielfältigere Waldflora einstellen als in den ihre Wulste sind immer wieder interessant Fichtenbeständen vor den Stürmen. Da- zum Anschauen. durch und durch das viele liegen gelassene

Semmelstoppelpilz Schopftintling

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Totholz nahm auf den Sturmflächen auch Reppisch rauschen. Wagemutige können in die Artenvielfalt bei den Pilzen zu. diesen Steilhängen zwischen Reppisch und Brüggliweg mit etwas Glück an Kiefern die Baum und Pilz Krause Glucke (Sparassis crispa) finden. Ihr Auch auf unserer Strassenseite wurde ge- Erscheinungsbild erinnert auf den ersten holzt, jedoch mit Mass, und Totholz wurde Blick an einen Naturschwamm. Mit bis stehen und liegen gelassen. Der Zun- zu 40 cm Durchmesser gehört sie zu den derschwamm (Fomes fomentarius) und eindrücklichsten Pilzen der Schweiz und andere Porlinge, die darauf angewiesen sind, schmeckt vorzüglich. Einziger Wermut- danken es mit ihren grossen Fruchtkörpern, stropfen: Bevor man sie verspeisen kann, die aus den abgestorbenen Baumstämmen muss sie meist mühselig gereinigt werden, hufeisenförmig herauswachsen und das da sich in den Hohlräumen oft Insekten Auge das ganze Jahr hindurch erfreuen. Das und Schnecken verstecken. Hutfleisch des Zunderschwamms wurde Am heutigen Tag sind wir nicht für die früher übrigens mit einer Salpeterlösung Steilborde der Reppisch ausgerüstet, vertei- getränkt und wegen der guten Glimmeigen- len uns somit in der Fläche darüber und fin- schaften zum Feuerentfachen benutzt. Der den schon bald verschiedene Täublingarten. einzige in jungem Stadium essbare Baum- Täublinge sind relativ einfach zu bestim- porling ist der Schwefelporling (Laetiporus men, da sie brüchige Lamellen und Stiele sulphureus), der an lebenden Laubholzstäm- haben. Kostet man dann eine Fingerspitze men wächst und auch im Siedlungsgebiet davon, ist bald klar, ob sie essbar sind oder immer wieder gefunden werden kann. Zur nicht. Ungeniessbare Täublinge sind scharf Verspeisung muss er aber erst abgekocht und brennen auf der Zunge, man speit sie werden. Danach kann er in dünne Scheiben gerne wieder aus (z. B. Speitäubling, Russula geschnitten und wie ein Schnitzel zubereitet emetica). Auf der Zunge milde Täublinge werden. sind gekocht geniessbar und schmecken Unser Weg entfernt sich nun von der vor allem in Pilzmischgerichten. Wir finden Bernstrasse und es wird etwas ruhiger. Und diverse Exemplare des Speisetäublings bald hört man linkerhand in der Tiefe die (Russula vesca) und des Frauentäublings

Speisemorchel Judasohr Tobias Liechti Tobias

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(Russula cyanoxantha). Dazwischen wächst selben Baumarten vorkommen. Die Pflan- die Herkuleskeule (Clavariadelphus pistilla- zen können dank den Pilzen Wasser und ris), die zwar wegen ihres zähen und bitter Mineralsalze besser aufnehmen, dafür erhält schmeckenden Fleisches nicht geniessbar, der Pilz von der Pflanze Zucker. Daneben aber dank ihrer speziellen Form doch im- gibt es auch noch saprobe Pilzarten. Diese mer wieder einer Beachtung würdig ist. zersetzen Wurzeln, Blätter und anderes organisches Material und spielen damit eine Selten und gefürchtet sehr wichtige Rolle im Ökosystem, indem Wir gehen weiter auf dem Brüggliweg sie gebundene Nährstoffe wieder verfügbar Richtung Grunschen. Unterwegs finden wir machen. an abgestorbenen Baumstrünken Stock- In der Zwischenzeit sind wir in der schwämmchen (Kuehneromyces mutabilis) Grunschen angekommen. Beim Marmori- und den Gemeinen Hallimasch (Armillaria weiher entdecken wir wieder Schopftint- ostoyae). Beides sind gute Speisepilze, und linge (Coprinus comatus) und ein paar da sie meist in grösseren Gruppen vorkom- Täublinge (Russula sp.). Unsere Körbe sind men, ist trotz der geringen Hutmasse das aber fast voll und vielleicht finden wir ja Pilzkörbchen bald voll. Der Hallimasch noch etwas Neues. Kurz darauf wissen wir, muss vor dem Weiterverarbeiten gut dass unsere Intuition richtig war. Auf der abgekocht und das Wasser weggegossen Wiese zwischen Marmoriweiher und Rep- werden. Er gehört zu den parasitierenden pisch sehen wir ein paar Feldchampignons Pilzarten und ist im Forst gefürchtet, da (Agaricus campestris)! er auch lebende Bäume befällt und zum Jetzt sind wir endgültig im Siedlungs- Absterben bringen kann, indem er ihnen gebiet angekommen. Rechts und links der den Saft anzapft. Parasitierende Pilze sind Reppisch führt nun ein geteerter Weg an in der Schweiz aber eher die Ausnahme. Wohnblöcken vorbei. Doch Siedlung heisst Die meisten Pilzarten sind sogenannte keinesfalls keine Pilze. Wird ein Rasen nicht Mykorrhizapilze und gehen eine Symbiose gedüngt, können auch hier durchaus diverse mit Pflanzenwurzeln ein. Dies erklärt auch, Pilzarten vorkommen. Wir entdecken an weshalb gewisse Pilzarten immer bei den- einer alten Weide nochmals eine Schwefel-

Mehl-Räsling Krause Glucke

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porling (Laetiporus sulphureus) und am Haben Sie Lust auf mehr? Wegrand eine Gruppe von Schopftintlin- gen (Coprinus comatus). Unsere Pilzkörb- Möchten Sie Pilze nicht nur virtuell, sondern chen sind jetzt aber endgültig gefüllt und hautnah kennenlernen? Gerne heissen wir interessierte Personen an einem unserer jeder trägt wohl die maximal erlaubte Bestimmungsabende oder einem unserer Menge von einem Kilogramm Pilzen nach Anlässe willkommen. Die Daten und weitere Hause. Informationen zum Verein finden Sie unter www.pilzverein-dietikon.ch. Beim Restaurant Krone geht deshalb Bei einer Teilnahme an den Exkursionen ein Teil unseres Grüppchens zufrieden sind wir für eine Anmeldung bei Andreas ihres Weges, während wir noch den Rest Wolf, 079 724 95 75, [email protected] der Reppisch bis zur Limmat in Angriff dankbar. Die Bestimmungsabende sind für alle auch unangemeldet offen. nehmen. Die Pilzkontrollstelle von Dietikon, Berg- dietikon, Rudolfstetten, Geroldswil und Oetwil Zum Schluss: En Guete! befindet sich an der Bremgartnerstrasse 42 in Dietikon und ist von Ende August bis Ende An einer absterbenden Birke entdecken wir Oktober jeweils am Mittwoch von 18:30 bis den Birkenporling (Piptoporus betulinus), 19:30 Uhr und am Samstag und Sonntag von einen gefürchteten Parasiten, der im Holz 18:00 bis 19:30 Uhr geöffnet. eine Braunfäule erzeugt und den Baum nach wenigen Jahren zum Absterben bringt. An der selben Birke wächst auch ein Aus- Wir sind nun am untersten Teil der Rep- tern-Seitling (Pleurotus ostreatus). Dieser ist pisch angekommen und nähern uns dem jung sehr wohlschmeckend, wird deshalb Einfluss in die Limmat. Auch hier werden kultiviert und kann auch im Lebensmittel- wir nochmals fündig: Ein Judasohr (Au- geschäft gefunden werden. ricularia auricula-judae) wächst an einem Etwas Flussabwärts finden wir am Fusse Pfaffenhütchen und ein prächtiges Exem- einer Blutbuche den Wulstigen Lackporling plar von einem Beringten Schleimrübling (Ganoderma adspersum), wiederum ein Pa- (Oudemansiella mucida) auf einer Rotbu- rasit, der diverse geschwächte Laubbäume che. Beide sind essbar und finden eine gute befallen kann. Verwendung in einem Mischpilzgericht. Wir setzen uns auf ein Bänkchen mit Blick auf die revitalisierte Limmat und Beringter Schleimrübling schauen auf einen erfolgreichen Morgen zu- rück: Wir haben 21 verschiedene Pilzarten

Tobias Liechti Tobias gefunden, wovon 13 essbar sind, und unsere Körbe sind alle prall gefüllt, so dass einem abendlichen Festschmaus nichts mehr im Wege steht!

Andreas Wolf ist dipl. Umweltnaturwissenschaftler ETH, Naturpädagoge und Präsident des Pilzvereins Dietikon und Umgebung.

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An der Reppisch in Dietikon Grünblättriger Gelbe Koralle Schwefelkopf Ramaria aurea vorkommende Pilzarten Hypholoma fasciculare Diverse Täublinge Ziegelroter Schwefelkopf Russula sp. Hypholoma lateritium Habichtpilz An der Reppisch in Dietikon gibt es weit über Maronenröhrling Sarcodon imbricatus hundert verschiedene Pilzarten Imleria badia Spaltblättling Mönchskopf Schizophyllum commune Infundibulicybe geotropa Auf dieser Seite haben wir die Häufigsten Krause Glucke aufgelistet. Die vollständige Liste können Sie Diverse Risspilze Sparassis crispa Inocybe sp. bei [email protected] bestellen. Netzstieliger Stockschwämmchen Hexenröhrling Kuehneromyces mutabilis Suillellus luridus Morchelbecherling Nordischer Porling Disciotis venosa Climacocystis borealis Violetter Lacktrichterling Samtfuss Krempling Laccaria amethystea Tapinella atrotomentosa Wiesenchampignon Nebelgrauer Trichterling Agaricus campestris Clitocybe nebularis Fichtenreizker Roter Gallerttrichter Lactarius deterrimus Tremiscus helvelloides Kleiner Waldchampignon Mehlräsling Agaricus silvaticus Clitopilus prunulus Diverse Milchlinge Erdritterling Lactarius sp. Tricholoma terreum Diverse Egerlinge Gesäter Tintling Agaricus sp. Coprinellus disseminatus Spitzschuppiger Falscher Pfifferling Schirmling Hygrophoropsis aurantiaca Orangebecherling Glimmertintling Lepiota aspera Aleuria aurantia Coprinellus micaceus Fuchsiger Trichterling Spitzschuppiger Lepista flaccida Fliegenpilz Faltentintling Schirmling Amanita muscaria Coprinopsis atramentaria Echter Reizker Lepiota aspera Lactarius deliciosus Grüner Knollenblätterpilz Schopftintling Violetter Rötelritterling Amanita phalloides Coprinus comatus Pfefferröhrling Lepista nuda Chalciporus piperatus Perlpilz Diverse Haarschleierlinge Gepanzerter Rasling Amanita rubescens Cortinarius sp. Flaschenstäubling Lyophyllum loricatum Lycoperdon perlatum Scheidenstreifling Totentrompete Parasol Amanita vaginata Craterellus cornucopioides Birnenstäubling Macrolepiota procera Lycoperdon pyriforme Gemeiner Hallimasch Schwarzblauender Röhrling Graubraune Armillaria ostoyae Cyanoboletus pulverulentus Honiggelber Hallimasch Speisemorchel Armillaria mellea Violetter Gallertbecher Samtfussrübling Morchella esculenta Ascocoryne sarcoides Flammulina velutipes Eichhase Diverse Helmlinge Polyporus umbellatus Sommer-Steinpilz Spindeliger Rübling Mycena sp. Boletus aestivalis Gymnopus fusipes Judasohr Rotpustelpilz Auricularia auricula-judae Fichten-Steinpilz Frühjahrslorchel Nectria cinnabarina Boletus edulis Gyromitra esculenta Schwefelporling Flockenstieliger Laetiporus sulphureus Diverse Boviste Herbstlorchel Hexenröhrling Bovista sp. Helvella crispa Neoboletus luridiformis Birken-Porling Piptoporus betulinus Mairitterling Semmelstoppelpilz Beringter Schleimrübling Calocybe gambosa Hydnum repandum Oudemansiella mucida Austern-Seitling Pleurotus ostreatus Safranschirmling Diverse Saftlinge Stinkmorchel Chlorophyllum rachodes Hygrocybe Phallus impudicus Wulstiger Lackporling Ganoderma adspersum Kupferroter Gelbfuss Diverse Schnecklinge Rehbrauner Dachpilz Chroogomphus rutilus Hygrophorus sp. Pluteus cervinus Anis-Tramete Trametes suaveolens Herkuleskeule Graublättriger Diverse Faserlinge Clavariadelphus pistillaris Schwefelkopf Psathyrella sp. Abgestutzte Keule Hypholoma capnoides Eispilz Clavariadelphus truncatus Pseudohydnum gelatinosum rot = giftig!

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Pyramiden- Hundswurz Gemeinde Urdorf (Wa enplatz) (Anacamptis pyramidalis). Orchideen im Reppischtal

In der Schweiz sind 76 Arten bekannt – vom Tiefl and bis ins Hochgebirge. Am orchideenreichsten sind die Kalkgebiete der Voralpen und des Juras. Im Mittelland sind Orchideen grundsätzlich selten.

Text und Bilder: Urs Hilfiker nur gerade zehn ziehen sauren Untergrund Die übrig gebliebenen Vorkommen liegen vor. Basische Böden entstehen auf karbonat- grösstenteils im Wald; einige nden sich haltigem Gestein, wie frischem Bachschutt auch in Feuchtgebieten und an Trocken- aus den Voralpen, Meeresmolasse oder standorten. Eines dieser Gebiete sind die Kalk. Zudem brauchen die meisten Arten Biotope im Reppischtal. Speziell die auf warme oder zumindest mittelhelle Standor- Urdorfer Gemeindegebiet gelegenen Wäl- te. Orchideen sind konkurrenzschwach, vor der auf dem heutigen Wa enplatzgelände. allem im Wurzelbereich. Deshalb wachsen sie bevorzugt auf mageren Böden, weil dort Wissenswertes über Orchideen der Bewuchs nicht dicht ist. Die allermeis- Orchideen kommen vom nassen Moor bis ten sind mehrjährig und darauf angewiesen, zum sturmgepeitschten Felsgrat vor. Spe- dass man sie solange stehen lässt, bis sie zialisten wachsen im dunkeln Fichtenwald Reservesto e in ihre Speicherorgane ein- sogar ohne Blattgrün, andere gedeihen an gelagert haben. Sonst hungern sie aus. Für heissen Felsen, auf Kieswegen oder in mär- das langfristige Überleben müssen sie auch chenha en Moospolstern. Es scheint fast, versamen können. Auf der Wiese geschieht als gäbe es für jeden mageren Lebensraum das etwa ab August, im Wald ab September/ eine darauf spezialisierte Orchideenart. Oktober. Eine der besonderen Eigenheiten Alle P anzen stellen gewisse Anforde- der Orchideen ist ihre «Zusammenarbeit» rungen an einen Standort, damit sie dort (Symbiose) mit den Bodenpilzen (Mykorr- keimen, wachsen und sich vermehren hiza). können. Die meisten Schweizer Orchideen- Orchideensamen enthalten kein Nähr- arten lieben basische bis neutrale Böden, gewebe, von dem der Keimling leben kann,

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Pyramiden- Hundswurz (Anacamptis pyramidalis).

Die Blüten der Ragwurzarten – hier der Bienen- Ragwurz (Ophrys apifera) – verleiten Insekten mit ihrem Aussehen und ihren Duftsto en zur Bestäubung.

In den Biotopen des Wa enplatz- geländes gedeihen 15 verschiedene Orchideenarten.

bis er durch Photosynthese selber Nähr- hen Mineralsto e, die die Bodenpilze mit sto e produziert. Sie sind deshalb bereits ihrem feinen Fadenge echt (Myzel) besser für die Keimung, aber auch fürs spätere aufschliessen können. Wachstum meist auf im Boden vorhande- Einzelne Orchideenarten können nur ne spezielle Pilze angewiesen. Diese liefern von ganz bestimmten Insekten bestäubt Nährsto e, die sie zum Teil von Waldbäu- werden. Sie versuchen sie mit Du sto en men beziehen. Später geben die Orchideen oder Nahrungsangeboten anzulocken. den Pilzen Kohlenhydrate zurück, die sie Dabei gibt es «Täuscherblumen», die zwar durch Photosynthese gewinnen, und bezie- starken Du verströmen, aber dann den

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Eine Gruppe des Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) in den Wäldern des Urdorfer Reppischtals.

Gast um den Nektar betrügen (weil sie Massnahmen zum Schutz und gar keinen produzieren). Ragwurzarten zur Förderung von Orchideen locken Insektenmännchen an, indem sie Viele Orchideenvorkommen sind heute ihnen durch Sexuallocksto e, Blüten- bereits erloschen oder drohen ohne Hilfs- musterung oder pelzige Behaarung ein massnahmen einzugehen. Einige Orchide- Weibchen vortäuschen. Lebt kein geeig- enarten entwickeln sich nur ganz langsam. neter Bestäuber in der Nähe, blüht die Von der Keimung bis zur ersten Blüte kann Orchidee zwar wunderschön, produziert es beim Frauenschuh bis fünfzehn Jahre aber keine Samen. Die Abhängigkeit von dauern. Schon deshalb brauchen sie beson- geeigneten Pilzen und Bestäubern könnte deren Schutz. Für die P ege der Biotope ist mit ein Grund sein, warum Orchideen so es unumgänglich, die Standortansprüche selten sind. der einzelnen Arten genau zu kennen. Als Ausgleich zu diesen speziellen Nicht jede Art kann an jedem Ort leben. Ansprüchen wurden Orchideen mit einer Aufgrund ihrer besonderen Lebensweise e zienten Verbreitungsstrategie ausgestat- wachsen Orchideen auch an einem seit tet. Orchideen produzieren extrem grosse langem bekannten Standort nicht jedes Jahr. Mengen ganz kleiner Samen (100 000 Bei einigen Arten, wie zum Beispiel dem Stück wiegen ca. 1 Gramm), die durch den Bienenragwurz, kommt es besonders nach Wind über grosse Distanzen verbreitet intensiven Blühjahren zu Ruhephasen. werden können. Damit wird die Chance Bei erloschen geglaubten Vorkommen grösser, dass ein Same an einen günstigen keimen plötzlich wieder neue Exempla- Standort gelangt . Deshalb gelingen Aussaat re, wenn sich die Standortbedingungen und Verp anzung o nicht. verbessern, und andere können erlöschen,

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Richtung ist, wenn Orchideen zwar noch ausschlagen, aber nicht mehr blühen. Dann geht es nicht mehr lange, und sie sind ganz verschwunden.

Die Orchideen des Urdorfer Reppischtals Anlässlich des erst kürzlich erstellten Inven- tars des Orchideenvorkommens auf dem Wa enplatzgelände Reppischtal konnten ins- gesamt 15 Orchideenarten festgestellt wer- Hybride der den. Darunter auch der seltene Frauenschuh Purpurorchis mit und der Bienenragwurz. Um den Fortbe- der Helmorchis (Orchis militaris stand dieser landesweit streng geschützten x purpurea). Juwelen der Natur zu gewährleisten, sind besondere Anstrengungen seitens der Nutzer (Militärpersonen und Zivilisten) sowie der wenn die Bedingungen nicht mehr optimal Bewirtscha er (Feld und Wald) erforderlich. sind – z. B. wenn sich im Wald die Lichtver- Die ersten Gespräche mit den Verantwortli- hältnisse durch dichteren Kronenschluss, chen haben bereits stattgefunden. aufwachsenden Jungwuchs oder Über- wucherung durch Brombeeren verschlech- Urs Hilfiker war langjähriger Präsident des Natur- und Vogelschutz- tern. Ein deutlicher Hinweis in diese vereins Urdorf und Verfasser des Orchideeninventars im Reppischtal

Natur- und Vogelschutzverein Urdorf (NVU) Die Erhaltung der Natur als von rund 700 Nistkästen in und Verbänden sowie lokalen Ganzes sowie der Schutz von Dorf und Wald Behörden bestehenden und die ■ Pfl ege und Unterhalt von Dank der Zusammenarbeit Scha ung von neuen, ver- Naturreservaten in enger zwischen Verein und Gemein- netzten Lebensräumen Zusammenarbeit mit den debehörden, den guten bilden die Grundlage für die Gemeindewerken Kontakten zu Landwirten, Entfaltung einer vielfältigen ■ Durchführung von ornitho- Förstern etc. und der Bevöl- Tier- und Pfl anzenwelt. logischen Kursen für Jugend- kerung konnten wertvolle Der Natur- und Vogelschutz- liche und Erwachsene Lebensräume für gefährdete verein Urdorf (NVU) organi- ■ Förderung des Naturschutz- Tier- und Pfl anzenarten siert unter anderen folgende gedankens bei Schülern erhalten bleiben. Anlässe: ■ Vertretung in der Natur- ■ Vogel- und pfl anzenkund- und Umweltkommission der Natur- und Vogelschutz- liche Exkursionen auf dem Gemeinde verein Urdorf (NVU) Gemeindegebiet und in der ■ Zusammenarbeit mit 8902 Urdorf ganzenSchweiz regionalen, kantonalen und 044 734 44 66 ■ Reinigung und Unterhalt nationalen Organisationen [email protected]

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Der Götschihofweg: Wo ein Wille ist, ist ein … Weg

Ausser man tut es, lautet ein Wahlspruch, der den Finger auf das Wesentliche legt: «Nöd lafere, lifere!» Der Elternverein insieme Limmattal & Amt, der sich seit 1972 tatkräftig für die Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung einsetzt, hielt es im Frühling 1996 an der Zeit, sich an ein grosses Projekt zu wagen, auch um die Ö entlichkeit besser mit den Anliegen der ehrenamtlichen Selbsthilfe vertraut zu machen.

Text: Jean-Jacques Bertschi wo viele Menschen mit schweren Beein- Man befragte die Eltern mündlich und trächtigungen leben, aus eigener Kra und schri lich, sammelte  eissig Ideen und setzt mit eigenen Mitteln durch einen sicheren, sich schliesslich mit der Sti ung Solvita rollstuhlgängigen Weg entlang der Reppisch (Standorte in den Bezirken Dietikon und für alle Bewohner aufzuwerten. Genau A oltern) zusammen. Man kam überein, das fehlte bisher; denn die Überquerung das Wohnheim Götschihof im Aeugstertal, der stark befahrenen Reppischtalstrasse,

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der Hauptverkehrsader durchs enge Tal, leuchtete allgemein ein. Man wünschte viel war äusserst risikoreich. Danach stand für Erfolg und versprach Unterstützung aus langsame Spaziergänger und Rollstuhlfahrer allen Bevölkerungskreisen. zwar ein Velostreifen zur Verfügung, aber Die Ernüchterung folgte auf dem Fuss. den galt es mit der Landwirtscha , mit An zahlreichen, teils völlig unerwarteten Velo- und Tö ifahrern aller Gattungen und Orten lauerten schier unlösbare Probleme: weiteren Mitbenützern zu teilen, was nicht Dur e man wertvolles Ackerland in der immer ungefährlich war und viel Betreu- Talsohle für einen rollstuhlgängigen Weg ungspersonal erforderte. parallel zur Reppisch opfern? Würde die Landbesitzerin, die «Sti ung Schweizeri- Begeisterung und lauter sche Nationalspende für unsere Soldaten Rückschläge und ihre Familien» (SNS), den benötigten Eine kleine Projektgruppe machte sich ho - Landstreifen überhaupt verkaufen? War nungsfroh ans Werk. Sie arbeitete so inten- ein asphaltierter, weithin sichtbarer Weg in siv am «Grossprojekt Götschihofweg», dass einem landscha lich emp ndlichen Ent- darob sogar das Jubiläum zum 25-jährigen wicklungsgebiet angesichts der bestehen- Bestehen des Vereins verpasst wurde! Über- den Au agen gesetzlich zulässig bzw. mit all traf der Verein auf Wohlwollen: Die Idee vernün igen Mitteln realisierbar? Woher sollte das viele Geld für den 560 Meter Die stabile langen Weg und die benötigte Brücke Brücke über beim Übergang zum Wohnheim kommen? die Reppisch führt vom Längere Zeit  og der Ball zwischen Land- Wohnheim wirtscha , Landscha sschutz, Gewässer- auf den Weg. bau und Elternverein hin und her. Zweifel kamen auf. Würde die gute Idee am Ende an den Interessenkollisionen und gesetz- lichen Hürden zerbrechen? Wie liessen sich die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beteiligten bloss unter einen Hut bringen?

Das Erfolgsrezept: Klein beigeben, gross herauskommen Die Hilfe kam für einmal mitten aus der Man wünschte kantonalen Verwaltung: Christian Göldi, der sich beim Amt für Abfall, Wasser, viel Erfolg, versprach Energie und Lu (AWEL) mit Wasserbau Unterstützung aus beschä igte, bekam Wind von der überzeu- genden Idee und begann mit dem ihm eige- allen Bevölkerungs- nen Flair für unlösbare Aufgaben ein Paket kreisen. oder besser einen «Deal» zu schnüren. Er

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müsste für alle beteiligten Parteien unter erklärte sich deshalb bereit, sich  nanziell Zähneknirschen gerade noch akzeptabel auch am Weg zu beteiligen, wenn dieser sein. Göldi brachte zusätzlich die Interessen breit genug sei, um die Bewirtscha ung der der Reppisch ein, eines der längsten natur- Reppisch mit dem üblichen Maschinenpark nahen Gewässer im Kanton Zürich: Der zu gewährleisten. Göldi fand auch hier Fluss sollte gleichzeitig massvoll revitalisiert eine Lösung, indem der Weg zur Häl e werden. In der Folge führte Christian Göldi asphaltiert (also sichtbar) und zur Häl e Gespräche mit kantonalen Amtsstellen befestigt (also überwachsen) sein sollte. Mit und überzeugte den Landscha sschutz, diesem Paket setzte man sich mit der Land- einen schmalen Weg in Verbindung mit der besitzerin SNS, vertreten durch Präsident erwünschten Revitalisierung zu akzeptieren. Hans Rosenberger und den Pächter des Dieser sollte auch nicht in die Hauptstras- Götschihofs, an einen runden Tisch. Der se einmünden, um zu verhindern, dass Pächter tat sich nach wie vor sehr schwer neuer Durchgangsverkehr entlang der mit dem Verlust an gutem Ackerland. Göldi Reppisch entstünde. Die Revitalisierung war beschwichtigte: Er brauche doch bloss eini- schliesslich im Interesse des Kantons. Der ge Meter, um der Reppisch mehr Auslauf zu geben. Präsident Hans Rosenberger hörte geduldig zu. Plötzlich erhob er seine kernige Verein insieme zur Förderung Stimme: «So, jetzt nehmt ihr beiden ein geistig behinderter Menschen Bündel Fähnchen mit und steckt die neuen Limmattal und Amt Grenzen der Grundstücke gemeinsam ab. Der Elternverein, wie er im Unterschied zur Eure Lösung ist unsere Lösung!» Gesagt, Stiftung Solvita oft genannt wird, wurde am 3. Juli 1972 im «Frohsinn» Schlieren von getan. Der Durchbruch war gelungen. Dem betro enen Eltern als Selbsthilfe gegründet. Weg stand nichts mehr im Weg. Es war eine Zeit des Aufbruchs. Die Mitglie- der legten überall Hand an und machten sich nützlich. 1976 entstand aus derselben Quelle Eine Welle der Begeisterung im der Sport- und Freizeitclub für Behinderte Säuliamt Amt und Limmattal. Er bietet regelmässi- Jetzt brachen alle Dämme. Der «Anzeiger ge Trainings, Lager und Sportanlässe. Der Verein insieme unterstützt einerseits die im Bezirk A oltern» unterstützte den betro enen Eltern durch Auskünfte, Tre s Elternverein insieme wohlwollend durch und Fortbildung und o eriert ein ergän- die breite Bekanntmachung des «Verkaufs» zendes Freizeitprogramm für Menschen von Laufmetern des Götschihofwegs an mit einer geistigen Behinderung. Er führt einen Tre in Dietikon und verfügt über Bevölkerung, Firmen, Behörden, Schul- «die andere Musikband» noi insieme. Bei klassen, Vereine zu jeweils 125 Franken. der Vertretung der Interessen geht es u.a. Diese Zahl hatte der Verein aufgrund um die schulische Integration, die berufl iche Grundausbildung und die Lebensqualität seines geplanten Kostenanteils von im Alter. Der Verein insieme ist Mitglied 60 000 Franken errechnet. Die symboli- bei insieme Kanton Zürich und insieme schen Laufmeter gingen weg wie «frische Schweiz. www.insieme-plus-sport.ch Weggli», kaum hatte Regierungsrat Hans Hofmann persönlich am 30. April 1998 den

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Wohnen und Arbeiten auf dem Götschihof: Links die Gärtnerei und die gestalterischen Ateliers, rechts das Wohnheim.

Das Wohnheim der Stiftung Solvita mit seinen luftigen Balkonen und hellen Räumen.

Stiftung Solvita Urdorf Die Stiftung Solvita wurde Behinderung. Heute gehört die bildung, Umschulung, Arbeit 1974 von den 25 Gemeinden Stiftung Solvita mit ihren über und Wohnen. Zur Stiftung der heutigen Bezirke Dietikon 600 Arbeitsplätzen und einem gehören: das Service-Zentrum und A oltern als «Eingliede- Umsatz von gegen 30 Millio- in Urdorf (Produktions- und rungs- und Dauerwerkstätte nen Franken zu den bedeu- Dienstleistungszentrum), das Limmattal und Knonaueramt» tenden Sozialinstitutionen der Wohnheim in Urdorf (Wohn- gegründet. Der bezirksüber- Schweiz. Rund zwei Drittel der heim mit Arbeitsplätzen), greifende Zusammenschluss Arbeitsplätze sind Menschen der Götschihof in Aeugstertal war eine Neuheit. Während mit Behinderung vorbehal- (Wohnheim mit Arbeitsplät- man sofort eine provisorische ten. In der Solvita fi nden zen), die Heilpädagogische Werkstatt für 30 Menschen Menschen mit einer geistigen, Schule Limmattal in Dietikon erö nete, plante man zügig körperlichen, psychischen (Tagessonderschule). und erfolgreich an einer Insti- oder mehrfachen Behinderung www.solvita.ch tution für 100 Menschen mit Raum und Heimat für Aus-

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Startschuss für die Spendenaktion gegeben. Kostensteigerungen. Am Ende belief sich Der Zuspruch aus der Bevölkerung war die Schlussrechnung für den Anteil des überwältigend: 130 000 Franken kamen Vereins insieme auf 130 000 Franken und zusammen! Im Verlauf der Tie auarbei- war bis auf den letzten Franken durch ten ergaben sich einige Komplikationen, Spenden gedeckt. Schwein gehabt oder so führte die Verankerung der Brücke im höhere Fügung? unsicheren Untergrund und die Einhal- Am 26. Juni 1999 konnten die stabile tung der Anforderungen an ihre Ausge- Brücke und der 560 Meter lange, zwei staltung (Hochwasser) zu erheblichen Meter breite Weg, welcher den Windungen der munter sprudelnden Reppisch tal- abwärts folgt, der Sti ung Solvita im Stiftung Schweizerische National- Rahmen eines Volksfests übergeben wer- spende für unsere Soldaten und ihre den. Der Findling bei der Brücke mit den Familien (SNS) Namen der unzähligen Spender erinnert «Die Schweizerische Nationalspende» (SNS), seither an ein gelungenes Gemeinscha s- gegründet 1918, ist eine private Stiftung mit Sitz in Bern. Sie untersteht der Aufsicht werk, an dem die ganze Region mitgewirkt durch das Eidgenössische Departement hat. Der Kiwanis-Club Knonaueramt des Innern. Ihr Zweck ist die Förderung liess es sich nicht nehmen, entlang dem der «leiblichen, sittlichen und seelischen» rollstuhlgängigen Weg an lauschigen Plätz- Wohlfahrt der schweizerischen Armeeange- hörigen und deren Familien. chen bequeme Ruhebänke einzurichten. Dort kann man sich in Ruhe hinsetzen und Die SNS wirkt hauptsächlich in zwei Rich- sich dem Treiben in und um die Reppisch tungen: Das Wohl der Armee widmen. Und im Sommer die Füsse baden. Sie unterstützt Bestrebungen und Un- ternehmungen, die das Wohl der Armee, Ein Lehrstück, zur Nachahmung einzelner Truppenteile oder der Angehörigen der Armee im Allgemeinen zum Ziel haben. empfohlen Wer die vielen glücklichen Gesichter bei der Individuelle Hilfe Einweihung gesehen hat, kann kaum ver- Sie unterstützt Angehörige der Armee und stehen, weshalb das gemeinnützige Projekt deren Familien, die durch den Militärdienst in Schwierigkeiten geraten sind. Die SNS so lange am berühmten Faden hing. Und übernimmt keine Unterstützungsaufgaben, doch war der Erfolg allein der Bereitscha zu denen Bund, Kantone oder Gemeinden jedes einzelnen Beteiligten zu verdanken, gesetzlich verpfl ichtet sind. Ebenso wenig sollen freiwillige Unterstützungswerke die eigene Position etwas zurückzunehmen, eingeschränkt werden. einen Anteil Verzicht einzubringen: Der Pächter überliess dem Bach Land, Christian Unter den Liegenschaften im Besitze der SNS befi ndet sich auch der Gutsbetrieb Göldi hielt sich bei der Weite der Schlaufen Götschihof im Aeugstertal. Das Wohnheim des Bachbetts zurück, der Verein akzeptierte der Stiftung Solvita steht auf dem Land die Befestigung des Wegs für die Bewirt- des Götschihofs scha ung der Reppisch, der Landscha s- www.schweizerischenationalspende.ch schutz tolerierte das schmale Asphaltweg-

54-59 Neujahrsblatt_2016_Götschihofweg.indd 58 12.08.2015 16:17:42 So, jetzt nehmtTAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 59 ihr beiden ein Bündel Fähnchen mit!

Gefahrlos in freier Natur: Der rollstuhlgängige Weg erfüllt viele Wünsche.

lein in der emp ndlichen Landscha . Am rund um die Reppisch als Drehscheibe zur Schluss gehörten alle zu den Siegern; denn Verfügung, wenn es um Kon iktlösungen der Götschihofweg bildet mit «seiner» zwischen Interessengruppen geht. Der VIR Reppisch ein gelungenes Ganzes, wo sich trägt die Idee des «erfolgreichen Teilver- Menschen mit einer Behinderung gefahrlos zichts» weiter. Landwirte und Amtsstellen, in der freien Natur bewegen können. Natur- und Heimatschützer, Sporttreibende Die positive Erfahrung dieses echten und Familien, Hundefreunde und Moun- und tragfähigen Kompromisses führte 1999 tainbiker, Jäger und Fischer können mit unmittelbar zur Gründung des bezirks- ihren Problemen an den «VIR» gelangen übergreifenden Vereins Idee Reppisch (www.reppisch.ch). (VIR). Der Vorstand besteht jeweils aus drei aktiven Mitgliedern des Kantonsrats. Jean-Jacques Bertschi, Bildungsfachmann aus Wettswil und langjähriges Mitglied im Kantonsrat, ist seit 1993 Präsident von insieme Sie stellen sich der ansässigen Bevölkerung Limmattal & Amt. 1999 gründete er den Verein Idee Reppisch.

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Der Türlersee: Ein Juwel in traumhafter Umgebung

Heute entspringt die Reppisch dem Türlersee, fliesst hinunter zur Aumühle

und von dort weiter nach Norden bis Birmensdorf. Dort wendet sie sich nach

Westen und zwängt sich durch den engen Talabschnitt zwischen Honeret und

Hohbühl, wendet sich beim Reppischhof wieder nach Norden, um schliesslich

in Dietikon in die Limmat zu münden.

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Kleines Bild: Bergsturzgebiet oberhalb des Türlersees. Grosses Bild: Am Südufer des Türlersees.

die vom Gletscher zurückgelassenen stei- len Talflanken instabil. Links und rechts der Reppisch gerieten die Hänge ins Rut- schen, denn noch war der Boden unge- schützt und kein Wald bremste den Regen, keine Wurzeln hielten die Erde zusammen und keine Humusschicht saugte das Was- ser auf, um es später langsam abzugeben.

Der See entstand Wenn dann ein so grosses Gesteins- und Schuttpaket auf durchnässten, schräg gestellten Mergelschichten lag, wie dies am Aeugsterberg der Fall war, dann be- gann das Ganze bald einmal abwärts zu gleiten und sich auch in mehrere Pakete aufzuteilen. Die Rutschmasse von etwa

Fotos: Peter Müdespacher Fotos: 40 Millionen Kubikmetern füllte das ganze Tal etwa 100 Meter hoch auf und staute die Reppisch zu einem See auf. Anfänglich Text: Peter Müdespacher lag sein Spiegel noch einige Meter höher Gleich nebenan, in Aeugst, Affoltern, als heute. Der Ausfluss erfolgte durch den Hedingen, fliessen die Bäche westwärts Hexengraben Richtung Herferswil in die in die Jonen und entwässern sich bei der Jonen und bei Jonen in die Reuss. Ortschaft Jonen in die Reuss. Das war Weil das Schuttpaket vom Aeugster- nicht immer so. berg langsam weiter talabwärts glitt und Als nach der letzten Eiszeit die vorher sich setzte, senkte sich die Schwelle am See tiefgefrorenen Böden auftauten, wurden und das Wasser begann wieder ins alte Tal

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Kleines Bild: Die junge Reppisch. Grosses Bild: Die Uferwege sind gepflegt.

überzufliessen. Die junge Reppisch schnitt sich in den Schutt ein und der See wurde wesentlich kleiner. Er hatte einst bis in die Höhe von Vollenweid gereicht. So entstand dieser wunderschöne Himmelsspiegel, der von Riedwiesen und Wald umsäumt ist und von vielen Men- schen als Erholungsraum aufgesucht wird. Eine wunderbare Flora und Fauna hat sich hier entwickelt, Moorwiesen und Schilf- gebiete umsäumen die ringsum unverbau- ten Ufer. Die Lage an der Schwelle vom Sihltal zum Reppischtal kanalisiert den umsäumt von Weiden, Erlen und Eschen. Wind, sodass fast immer ein Lüftchen Nach Gewittern aber schwillt der junge weht. Ausser den wenigen Häusern von Fluss jeweils mächtig an, obwohl der See Türlen sind keine Siedlungen in der Nähe. einen schönen Teil der Niederschläge Das Wasser ist deshalb weitgehend sauber, aufnimmt und ein wirksames Ausgleichs- auch wenn ein gewisser Eintrag von Schad- becken ist. Deshalb trocknet der Bach in stoffen vorhanden ist. Man hat deshalb Trockenzeiten nie ganz aus. Dies war seit an der tiefsten Stelle des Sees eine Pumpe jeher wichtig für die Reihe von Mühlen, installiert, die im Winter sauerstoffreiches die flussabwärts die Wasserkraft der Rep- Oberflächenwasser in die Tiefe bringt. pisch nutzten. Mehrere Bäche aus der Ebene und vom Albis herunter speisen den See. Der Eine geschützte Naturlandschaft Ausfluss ist die Reppisch, anfänglich ein 1934 wurde der Türlersee-Schutzverband träges, dann aber munter strömendes gegründet. Man hatte erkannt, welch bescheidenes Bächlein, das sich in vielen bedeutendes Kleinod diese Gegend ist und Windungen durch die Wiesen schlängelt, wollte sie vor schädlichen Einflüssen und

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vor der Spekulation bewahren. 1944 erliess Eine Gruppe von Aufsichtspersonen wacht der Kanton Zürich ein Bauverbot rund darüber, dass die Spielregeln eingehalten um den See. 2001 wurde die heute gültige werden. Wenn man dem See entlanggeht, Schutzverordnung erlassen. So soll die ein- erkennt man, dass diese Landschaft ge- zigartige Tier- und Pflanzenwelt vollum- pflegt und mustergültig unterhalten wird. fänglich erhalten werden. Dazu ist Pflege notwendig. Ohne die Ausholzung von Der Türlersee, das geheimnisvolle Büschen und diverse Sicherungsmassnah- Gewässer men würden die Wiesen den Ufern entlang Wie viele solche Gewässer hat auch bald zu Wald werden. Die Wege müssen der Türlersee die menschliche Fantasie gepflegt, die Wiesen und das Schilf gemäht angeregt. In den Wäldern und Tobeln am werden. Immer wieder müssen auch die Ufer hausten die Geister. Sturm und Nebel, Ufer und die Wege von den Abfällen der Wellen und Hochwasser beschäftigten die Besucher «befreit», Feuerstellen gesäubert Leute, die dort wohnten. So ist es auch kein und mit Holz versorgt und beschädigte Wunder, dass eine Sage über die Entste- Wegweiser ersetzt werden. hung des Sees erzählt wird:

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«Wo jetzt der See liegt, war einst ein wollte das Tor schliessen. Jetzt erkannte die grosser, schöner Bauernhof. Der Besitzer Tochter den Verrat. Sie stiess einen Schrei hatte eine einzige, bildhübsche Tochter. aus und verwünschte ihren Vater. Dies blieb dem jungen Schlossherrn auf Da fuhr ein gewaltiger Blitz vom Him- der Schnabelburg nicht verborgen. Er mel herab. Die Erde bebte. Eine riesige verliebte sich in die Schöne und suchte Kluft tat sich auf und der schöne Hof mit sie mit allen Mitteln zu erobern. Als ehr- all seinen Tieren und Feldern versank dar- bares Mädchen aber wies sie ihn stets ab. in. Am Morgen lag dort, wo das Bauerngut Deshalb vereinbarte der Ritter mit dem gewesen war, ein tiefer blauer See.» Soweit Vater des Mädchens, er solle ihr wunder- die Sage. bare Dinge versprechen, wenn sie mit ihm Auch vom Egelsee und anderen um Mitternacht auf die Burg komme. Das Gewässern existieren ähnliche Sagen. Sie Mädchen liess sich überreden und als es sind gute Beispiele, wie die Menschen in mit dem Vater auf der Burg ankam, öffnete alter Zeit das Tun ihrer Oberen erlebten. der Ritter selbst das Tor. Er packte das So viele Edle vergassen alle ihre ritterlichen Mädchen, zog es in die Burg hinein und Tugenden, wenn sie vom Eros oder der

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Kleines Bild: Der Chindlistein in Aeugst. Grosses Bild: Der Türlersee vom Westen.

auch Vrene hiess und mit dem Vreneli des Vrenelisgärtli in Verbindung gebracht wird, jener Schneehalde am Glärnisch, die einst ihr Garten war und der wegen ihres Geizes im ewigen Schnee versank, bis ihn heute der Klimawandel im Sommer wieder aper werden lässt. Auch die Kriemhilde besass einen wunderbaren Garten oberhalb des Sees, den sie mit ihrem Mann und einer Toch- ter zusammen pflegte. Diese beiden beschenkten manchen Wanderer mit Habgier gepackt wurden. Viele Leute aber Früchten, Blumen oder Kräutern, was glaubten, mit Verwünschungen die Schick- Kriemhilde nicht gerne sah. sale ihrer Peiniger beeinflussen zu können, Nach Jahren ertrank der Mann im und der Wunsch, dass die Frevler dereinst See und von da an behielt Krimhilde all ein hartes Schicksal treffen werde, liess sie die Schätze aus ihrem Garten. Barbara an solche Sagen festhalten. Hutzl-Ronge1 leitet aus vielen Sagen und Vergleichen die Vermutung ab, dass dieser Der Hexengraben hiess einst Garten ein Rosengarten gewesen sein Kriemhildengraben muss. Rosengärten waren meist Fried- Das Gebiet des Türlersees gilt als bedeu- höfe oder wichtige Kultstätten und darauf tender Kraftort. Der ehemalige Auslauf des deutet die Flurbezeichnung Ros(s)weid Sees Richtung Herferswil wird heute als oberhalb von Aeugst hin. Es ist eine sehr Hexengraben bezeichnet. In alten Karten schön gelegene Wiese mit Sicht auf die aber heisst er noch Kriemhildengraben. Alpenkette und auch auf das Vrenelisgärtli. Hier soll die geheimnisvolle Kriemhilde Am Rand des nördlichen Abhangs liegt gehaust haben, die nach anderen Quellen der Chindlistein, ein rundlicher Nagelfluh-

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Kleines Bild: Vrenelis Gärtli in den Glarner Alpen. Grosses Bild: Der Türlersee vom Osten, mit dem Aeugsterberg.

brocken, den der Reussgletscher in der letzten Eiszeit hergebracht hat. Er hat etwa 3 Meter Durchmesser und wiegt etwa 20 Tonnen. Da liegt es nahe, diesem mysti- schen Ort religiöse Bedeutung zuzuschrei- ben. Ein heiliger Ort, ein Richtplatz, ein Versammlungsort, eine Grabstätte scheint hier gewesen zu sein. Aus einer Spalte im Chindlistein sollen die Kinder entsprungen sein, erklärte man einst den Kindern. Auch eine Stätte, wo der Ahnen gedacht wurde, sei der Stein gewesen. Südwestlich oberhalb liegt der Gallenbüel. War hier wohl eine den Kleinalbis, der den See von dem Dörf- Richtstätte oder war hier ein tiefer Brun- lein Herferswil trennte, zu durchstechen nen, aus dem die Leute mit einem galgen- und so das Wasser des Türlersees auf dessen förmigen Hebel die Wassereimer aus der Felder strömen zu lassen. In kurzer Zeit Tiefe emporzogen? hatte Vrene den Berg schon fast durchstos- sen. Sie hatte dem Teufel aber schwören Vrene und das Vrenelisgärtli müssen, dass sie dabei keinen Laut von sich Eine weitere Sage erzählt von einer Vrene. geben dürfe. Doch als sie sah, dass ihr Plan Auch sie pflegte in der Gegend von Aeugst gelingen werde, stiess sie einen Jauchzer einen sehr schönen Garten und besass aus. Nun wurde sie von einem Sturmwind dazu ein grosses Gebiet darum herum. gepackt und durch die Luft gewirbelt. Sie Weil sie immer mehr wollte, geriet sie mit landete auf dem Schneefeld am Glärnisch, ihren Nachbarn in Zwist und diese nah- dem Vrenelisgärtli, und erstarrte zu einer men ihr alles weg. Felssäule. Bis heute schaut die so Verbannte Um sich zu rächen, verband sie sich mit über das Land zum Aeugsterberg hinüber, dem Teufel. Dieser verlieh ihr die Fähigkeit, wo einst ihr Garten lag.

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So ist dieser See seit jeher im Leben der Menschen, die in seiner Umgebung Der Türlersee wohnten, bedeutsam gewesen. Er spielte in ihrem Erleben und Empfinden eine wich- tige Rolle. Und wir, die wir an seinem Ufer zu Gast sind, erleben eine Landschaft, die zu den Unberührtesten unseres Kantons gehört und uns eine Fülle von Bildern, Geräuschen, Gerüchen und Erlebnissen schenkt. Höhe über Meer: 643 m ¹ Barbara Hutzl-Ronge: Magisches Zürich. ISBN3-03800-205-4. Fläche: 49 ha Wanderungen zu Orten der Kraft. Stadt und Kanton. Wanderung Türlersee. Maximale Tiefe: 22 m Der See liegt je zur Hälfte auf Peter Müdespacher ist pensionierter Lehrer am Seminar für Pädagogische Grundausbildung in Zürich (heute PHZH) und Hobby-Geologe. Er erteilt den Gemeindegebieten Aeugst und Kurse, organisiert und leitet Exkursionen, vorwiegend an der Volkshoch- Hausen am Albis. schule Dietikon. Von 1962 bis 2000 hat er diese Institution geleitet und betreut auch heute noch eine grössere Zahl von Kursen.

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Die Eiche und der Zauberer

Text: Severin Schwendener war einmal ein wunderschönes Tal. Die Wiesen waren grün und sa ig, im Herbst glühte auf den Äckern gol- den der Weizen. Durch dieses Tal  oss ein Bach. Er Esentsprang ganz oben in einem See, der eingebettet zwischen Hügeln lag und durch sein klares Wasser weitherum Bekanntheit erlangt hatte. Der Bach verliess diesen See, nahm weitere Bäche in sich auf, schwoll an, wurde zum Fluss. Durch steile Schluchten bahnte er sich seinen Weg immer weiter nach unten, bis er am Ende das Tal verliess und sich in einen weiteren, noch grösseren Fluss ergoss. In grauer Vorzeit hatten die Tiere und P anzen im Tal einen gro- ssen Streit. Es ging darum, dass jeder möglichst viel Platz, Licht und Wasser für sich selbst beanspruchte. Sie stritten sich verbissen, bis sie auf die Idee kamen, einen Kompromiss zu  nden, der jedem seinen Platz im Leben zuwies, und alle berücksichtigte. Das war eine wahre Herkulesaufgabe! Denn all die Bewohner der Wälder, Wiesen und

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Weiden waren sehr unterschiedlich und hatten ganz eigene Vorstel- lungen von der idealen Welt. Da war zum einen die grosse Eiche, die in den Wäldern hauste. Sie war besonders stark, ein Rückgrat der Gesellscha , ihr war es vergönnt, Hunderte von Jahren zu leben. Wie viele Alte war auch die Eiche von besonderer Gelassenheit geprägt. Sie hatte Kriege, Hungersnöte, Dürren und Gewitter erlebt, sie hatte gesehen, dass auf jeden Sturm wieder die Sonne folgt. «Immer mit der Ruhe, es wird sich schon alles richten», brummte die Eiche deshalb meistens, wenn die anderen Waldbewohner irgendetwas ändern wollten.

nicht alle Lebewesen hatten so viel Zeit wie die Doch Eiche. Zum Beispiel das Mäuschen. Klein und  eissig wieselte es durch die Wälder, sammelte Körner oder stibitzte ab und zu aus der prall gefüllten Speisekammer des Eichhörnchens. Weil das Mäuschen so hektisch war, lebte es weniger lange als die Eiche. Natürlich war die Maus viel ungeduldiger als die Eiche und drängte entschieden auf Massnahmen, wenn ihr etwas nicht ge el. Es dauerte daher lange, bis ein Kompromiss gefunden war – sehr lange, sogar die Eiche war dieser Ansicht! – aber am Ende hatten sich alle Bewohner des Tals, alle Tiere und sämtliche P anzen, geeinigt. Jeder bekam seinen Platz im Leben. Die Schwächsten und Sensibelsten wurden von den anderen unterstützt, während den Starken und Schwachen Aufpasser zur Seite gestellt wurden, damit sie sich brav an die Regeln hielten. Auf diese Weise war jeder von anderen abhängig, und von jedem waren andere abhängig. So fühlte sich jeder wichtig und gebraucht, jeder konnte pro tieren, musste aber auch für das grosse Ganze Opfer bringen. Gemein- sam sorgten sie dafür, dass alle sich an die Regeln hielten, und dass vertrieben wurde, wer das nicht akzeptierte. Später kamen Menschen in dieses Tal, die sich an der intakten Natur erfreuten und gut von ihr lebten. Die Menschen waren  eissig und wurden immer wohlhabender. Sie bekamen Lust, die Welt ausserhalb ihres Tals zu erkunden. Darum packten sie ihre Ko er und reisten in die Welt hinaus. Den Menschen ausserhalb des Tals erzählten sie von der Schönheit ihrer Heimat. Jetzt wollten auch andere Menschen an einem derart schönen Ort leben oder mit den Bewohnern dort ergiebigen Handel treiben. So strömten immer mehr Menschen in dieses Tal, Menschen, die essen, trinken, wohnen, reisen und sich entspannen

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wollten. Sie begannen, ihre Dörfer auszuweiten, immer zahlreicher strömten sie in die Wälder, sägten Bäume um oder jagten die Be- wohner des Waldes, um sie zu essen. Die Menschen wussten nichts vom grossen Kompromiss und forderten mehr Platz für sich als die anderen. Sie wollten mehr pro-  tieren, als sie selber zu geben bereit waren. Die anderen Bewohner des Tals wurden durch diese abrupte Änderung überrascht, einige liessen sich vom schlechten Beispiel der Menschen verfüh- ren und benahmen sich selber egoistisch. Die ungeduldigen Mäuse vermehrten sich massenha , bis es zu einer Plage kam. Der Fluss wurde wütend, weil die Menschen ihn mehr und mehr einengten und seine Ufer verbauten. Er schwoll an, über utete Äcker und Strassen und beschädigte das, was die Menschen in ihren Kellern einlagerten. Doch viele konnten sich nicht wehren. Im Wald hatten es sich die zahlreichen Lebewesen gemütlich eingerichtet, jeder war mit seinem Platz in der Welt zufrieden und hatte sich so daran ange- passt, dass er gar nichts anderes mehr konnte, als auf diesem Platz zu stehen. Als nun gi ige Gase aus den Siedlungen der Menschen in die Wälder drangen, als saurer Regen auf sie herabregnete und kreischende Sägen Schneisen ins einst üppige Grün rissen, hatten die Bewohner des Waldes dem nichts entgegenzusetzen und einige wurden krank. Auch in den sa igen Wiesen, auf den farbenfrohen Kiesbänken und an den sonnigen Böschungen wurden Bewohner krank, doch die Menschen sahen das nicht, sie dachten nur an ihren eigenen Pro t. Doch auch den Menschen drohte Ungemach. Unbemerkt war nämlich noch jemand mit ihnen ins schöne Tal gekommen: die böse Hexe. Die Hexe kannte die Schwächen der Menschen, und es war ihr eine Freude, Zwietracht und Unglück zu verbreiten. Nun ging sie hin und verführte die Menschen mit Blumen. Neuen, exotischen, wunder- schönen Blumen. Die Menschen waren dankbar und liebten die Hexe, nie zuvor hatten sie so prächtige Blumen und ausgefallene P anzen gesehen. Was die Menschen nicht bemerkten: die Blumen

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und P anzen, welche die Hexe ihnen gab, stammten aus allen Ecken der Welt, nie zuvor waren sie im schönen Tal gewesen. Viele der neuen P anzen waren nicht in der Lage, im schönen Tal zu überleben. Sie erfroren im Winter oder gingen ein, wenn ne- ben ihnen eine Buche stand, die viel schneller wachsen konnte und sie mit ihrem Schatten erdrückte. Die Menschen wurden traurig, denn sie hatten Freude an den schönen Blumen und sie begannen, grossen Aufwand zu betreiben, um die emp ndlichen Gäste aus aller Welt zu retten. Sie deckten sie zu, nahmen sie im Winter in ihre Häuser oder säten jedes Jahr aufs Neue P anzen an, die schon im Winter wieder sterben würden. Die P anzen und Tiere des Waldes nahmen die neuen Bewohner des Tals mit Argwohn zur Kenntnis, man kannte sich nicht, sprach keine gemeinsame Sprache und die Alteingesessenen fürchteten, dass sich die Neuankömmlinge nicht an ihre gemeinsamen Regeln halten würden. Diese Befürchtungen waren keineswegs unbegrün- det. Denn die neuen P anzen hatten keine Ahnung vom grossen Kompromiss. Dort, wo sie herkamen, gab es ähnliche Regeln, waren auch sie eingebunden in ein feines Netz aus Abhängigkeiten. Den frechsten unter ihnen waren die stärksten Aufpasser zur Seite gestellt worden, genauso wie den frechen Bewohnern im schönen Tal. Doch die Hexe war wieder einmal besonders bosha , sie verschenkte freche P anzen an die Menschen, ohne ihnen auch die Aufpasser zu geben, welche diese frechen Wesen im Zaum halten konnten. Und die Aufpasser aus dem schönen Tal, die waren so mit ihren eigenen frechen P anzen beschä igt, dass sie nicht auch noch auf die Neu- ankömmlinge aufpassen konnten.

frechen P anzen und Tiere von ausserhalb des Tals Die merkten bald, dass keine Aufpasser sie mehr unter Kontrolle hatten, und sie nutzten das ohne Gnade aus. Sie begannen, überall zu wuchern. Eine besonders schöne gelbe Blume p asterte ganze Landstriche zu, andere  elen über Waldränder, Lichtungen und Blumenwiesen her. Sie wuchsen in Gärten und überall dort, wo die Menschen gerade nicht hinsahen. Die verführerische Ambrosia streute Pollen in die Lu , welche die Menschen krank machten, der heimtückische Riesenbärenklau lockte die Bienen an und verbrann- te spielende Kinder mit seinem Sa . Ein besonders böser Genosse unterhöhlte Strassen, Wege und Dämme und bildete ein so dichtes grünes Blätterdach, dass alle anderen darunter erstickten.

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Die Menschen stellten bald fest, dass etwas nicht mehr in Ordnung war. Denn diese frechen P anzen wucherten nicht nur überall, sie verdrängten auch mehr und mehr all jene Bewohner des Tals, die schon immer dagewesen waren, die den Menschen lieb geworden wa- ren und von denen sie lange Jahre pro tiert hatten. Die Menschen be- gannen, die frechen P anzen auszureissen, sie mähten sie ab, immer und immer wieder. Doch die Frechen lachten nur. Kaum waren die Sensen verschwunden, trieben sie neue Blütenstände aus und streuten Pollen in die Lu . Auf jeden Versuch, sie auszurotten, reagierten sie mit weiterer Verbreitung. Die Verzwei ung der Menschen wuchs, denn die Frechen verstanden es hervorragend, die Menschen für ihre Zwecke einzuspannen. Sie klebten an den Rädern ihrer Fahr- zeuge und verbreiteten sich auf diese Art sogar noch schneller, als sie es auf sich allein gestellt gekonnt hätten. Wenn die Menschen einige von ihnen ausgraben wollten, liessen sie sich abschwemmen oder stürzten sich wagemutig von ihren Anhängern und begannen sofort an anderen Orten erneut zu wuchern. Andere überzogen das ganze Tal mit ihren Samen und liessen sich nieder, wo immer sich die Gelegenheit bot. «Wir müssen die Wälder retten», schrien die Menschen aufgeregt, «unsere Wiesen verarmen!» Die Imker waren besorgt, denn ihre Bie- nen starben, und die Fischer waren verzweifelt, weil es immer weni- ger Fische gab. «Es gibt keine Schmetterlinge mehr» , jammerten die Menschen in den Dörfern und p anzten den Sommer ieder an, der die Schmetterlinge anlockte. Doch der Sommer ieder war von der Hexe ins Tal gebracht worden, er lockte zwar die Schmetterlinge an, liess aber ihre Raupen verhungern. So verstärkte sich das Problem sogar, immer mehr Men- schen waren betro en. Der Weinbauer  uchte über eine freche Fliege, die in seine Trauben stach und den Wein zu Essig machte; und der Bauer litt unter einem speziellen Gras, das seine Äcker verseuchte.

Wehklagen der Menschen mischte Ins sich jenes der P anzen und Tiere in den Wäldern, denn ihnen ging es immer schlech- ter. Irgendwann erkannte die alte Eiche, dass sich dieses Problem nicht einfach aussitzen liess. Sie ging zum Zauberer und bat ihn um Hilfe.

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«Mach, dass diese frechen P anzen verschwinden», sagte sie be- sorgt. «Sonst sind bald wir es, die verschwinden müssen!» Der Zauberer musste lange nachdenken, denn der Au rag war der schwierigste, den er je erhalten hatte. Er wälzte seine Zauber- bücher, fragte den Druiden um Rat, doch nirgendwo fand er eine Patentlösung. In Ermangelung einer perfekten Lösung versuchte er zu improvisieren. Er schickte den Glyphosat-Gi zwerg zu den Menschen, damit er mit seinem Zaubertrank die frechen P anzen vergi e. Er tat es, doch die Menschen schrien erbost auf. «Dann sterben unsere Frösche!», monierten sie, «dann trinken wir gi igen Zaubertrank mit unserem Wasser!» Also p  der Zauberer den Glyphosat-Gi zwerg wieder zurück und schickte stattdessen den Bagger-Kobold aus. Er sollte die frechsten der schlimmen P anzen ausbaggern und sie tief in einer Deponie entsorgen. Das Vorhaben funktionierte, doch die Menschen waren wieder nicht zufrieden. «Das ist furchtbar teuer», beklagten sie sich, «wie sollen wir das bezahlen?» Auch der Bagger-Kobold war darum keine Lösung und dur e nur dort arbeiten, wo es wirklich wichtig war. Währenddessen bedeckten die frechen P anzen immer grösse- re Flächen, während die böse Hexe weiter ihrem teu ischen Werk nachging. Gross war das Wehklagen, als sämtliche Krebse im See einer schlimmen Pest erlagen, einer Krankheit, welche die Hexe aus Nordamerika geholt hatte. O waren die Menschen selbst die- jenigen, welche den grössten Schaden anrichteten. Die Fischer holten Boote, die zuvor auf ande- ren Seen benutzt worden waren, ins schöne Tal. Doch an den Booten klebten Muscheln, diese vermehrten sich ungeheuerlich und verwandelten den schlammigen Seegrund in eine Kalkwüste, auf der nichts wachsen konnte und an der sich die Badenden die Füsse blutig schnitten. Ausserdem brachten zahlreiche Menschen aus ihren Ferien Souvernirs nach Hause, Palmen, Samen und Blumen, die plötzlich auch in den Wiesen wuchsen. Oder sie kau en Tiere und liessen sie in den Weihern oder Wäldern frei, ohne zu bemerken, dass sie damit alles noch schlimmer machten. Jahrelang versuchte der Zauberer, das Problem zu lösen, doch es wurde eher schlimmer. Die Hexe brachte immer neue Bewohner ins Tal, während andere, Alteingesessene, beschlossen, dem Tal den

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Rücken zu kehren, weil es ihnen hier nicht mehr ge el oder sie schlicht keinen Platz zum Leben hatten. Die Menschen beklagten dies und verstärkten ihre Bemühungen, doch das alles war teuer und brachte keinen durchschla- genden Erfolg. Schliesslich brach unter den Menschen Streit aus und sie zankten sich darüber, ob das alles überhaupt noch Sinn machte oder gerechtfertigt war. Überhaupt waren sich die Menschen alles andere als einig: Sie setzten eine Schildkröte in den Weihern aus, welche den Laich der Fische und Frösche frass, doch wenn der Zau- berer die Schildkröte töten wollte, beschimp en sie den Zauberer als Mörder und vertrieben ihn.

Ende seiner Weisheit ging der Zauberer zur alten Eiche. Am Er lehnte sich an ihren Stamm und seufzte. «Ich habe alles probiert», sagte er. «Aber ich konnte euer Problem nicht lösen.» Die Eiche war natürlich schwer enttäuscht, die Bewohner des Waldes hatten alle ihre Ho nungen in den Zauberer gesteckt. Aber starrsinnig, wie die alte Eiche nun mal war, weigerte sie sich, jetzt schon aufzugeben. «Es muss doch eine Lösung geben!» stellte sie vehement fest und knackte zur Bestätigung ihrer Absicht mit den Ästen. «Früher hatten wir doch die Frechen auch im Gri !» «Aber diese Frechen haben wir gekannt, sie haben sich an den Kompromiss gehalten», wandte der Zauberer ein. «Wir brauchen einen neuen Kompromiss», antwortete die Eiche, plötzlich lag die Lösung des Problems vor ihr. «Einen Kompromiss, den auch die Menschen unterschreiben. Einen, der uns wieder Platz zum Leben und Lu zum Atmen gibt. Auch unsere Bäche und Flüsse brauchen wieder mehr Raum. Gemeinsam können wir die frechen P anzen und Tiere vertreiben oder sie dazu zwingen, die Regeln des Kompromisses ebenfalls zu respektieren. Aber die Men- schen müssen zuerst uns wieder respektieren!» Der Zauberer seufzte. Daran hatte er auch schon gedacht, aber die Menschen hatten ihn nur ausgelacht. Er verabschiedete sich von der Eiche und ging zurück zu den Menschen, denen er die ungelieb- te Botscha übermittelte. Einige Menschen lachten höhnisch, andere waren bereit, sich an einen Kompromiss zu halten. Wieder andere wollten nur vortäuschen, sich daran zu halten, um so die anderen Bewohner des Tals zu übertölpeln. Die Menschen stritten ziemlich

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lange, es herrschte grosse Uneinigkeit. Doch der Zauberer redete viel auf die Menschen ein, erklärte ihnen die Zusammenhänge, warb für einen neuen Kompromiss. Mit Erfolg. Mittlerweile sind die Men- schen dabei, mit der Eiche einen neuen Kompromiss auszuhandeln. Sie geben dem Fluss mehr Platz, sie bringen Licht in die Wälder, sie überlassen besonders schöne Landscha en speziellen P anzen und Tieren. Und sie reissen mit viel Aufwand die frechen P anzen aus, die sie von der Hexe bekommen und selbst im Tal verbreitet haben. Allein, ob und wann die Bewohner des Tals die Bemühungen der Menschen anerkennen und mit ihnen und den neuen Bewohnern gemeinsam einen neuen Kompromiss eingehen, das kann nicht dieses Märchen erzählen. Diese Geschichte wird erst in der Zukun erzählt werden. Von – wen wundert s – einer knorrigen alten Dame tief in den Wäldern des Tals: der alten Eiche.

Severin Schwendener arbeitet in der Sektion Biosicherheit des Kantons Zürich. Von ihm sind bisher 5 Kriminalromane erschienen. Illustrationen: Rolf Brönnimann

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An der schönen blauen Reppisch

Vom Baden, Schlittschuhfahren, Spazieren, Flössen, Fliegen und Reiten in Dietikon

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Text: Hans Peter Trutmann zu «Meitschi u Giele». Zudem wollte der Einen Walzer mit diesem Titel sucht man Housi partout nur mit französischen An der vergeblich! Noch fehlt auch eine Ode oder Karten jassen, was bei vielen Dietikern Hymne an die Reppisch! Wo bleiben nur Kopfzerbrechen und Furcht vor einer unsere komponierenden und dichten- Blamage auslöste. den «Goldfische»? Von den gestaltenden Ungeschmälert blieb bis heute der Künstlern Dietikons hat sich der am Rep- hohe Stellenwert des Badens im Egelsee, pischufer aufgewachsene Bruno Weber nur ist der Fussmarsch dorthin oder die (1931 – 2011) wiederholt mit der Darstel- steile Anfahrt mit dem Velo in sommer- schönen lung dieses Bachs beschäftigt. Mit Recht, licher Hitze noch immer mühsam. Zum denn die Reppisch gehört im Kanton Volksbad konnte sich diese Idylle im Wald Zürich zu den naturnahesten Fliessge- deshalb nie entwickeln. Der kleine See wässern und ist seit langem bedeutend blieb immer fortgeschrittenen Schwim- sauberer als die Donau in Wien. mern und Einzelgängern vorbehalten. Seit wann badet man überhaupt in Der 1895 mit Pickel, Schaufel und der Reppisch? Das weiss man nicht. Die Schubkarren erstellte Marmoriwei- blauen sommerlichen Abkühlungsversuche im her war nach einigen Jahrzehnten arg fliessenden Wasser gibt es sicher seit verschlammt und sumpfig, das stehende Jahrhunderten. Im Gegensatz zur Limmat Wasser immer etwas grün und braun. war sie um 1950 keine Kloake, früher Man hatte um 1950 grösste Mühe, die aber schon. Dass die Kinder im abgele- eingesunkenen Füsse aus dem weichen genen Gebiet der Reppisch stundenlang Bodenbett zu ziehen. Auf beiden Seiten ohne Aufsicht herumstrolchten, liess bei des Weihers erstreckte sich ein Gürtel von Reppisch vielen Eltern ungute Gefühle und Angst Schilf und «Kanonenputzern», sodass der aufkommen. an die Grundschen-Röhre anschliessende Bekannt ist, wann die vielen Bade- Kanal eigentlich der einzige Zugang für plätzli an der Reppisch in Dietikon fast die Badelustigen bildete. schlagartig ihre Attraktivität einbüssten: Das Tummeln in der Limmat war im Juli 1948, nach der Eröffnung des in Anbetracht der Wirbel und starken Schwimmbads Fondli. Die Familie des aus Strömungen gefürchtet und die Qualität dem Kanton Bern zugezogenen Bade- des Wassers um 1950 bedenklich. Die- meisters Hans Stettler kassierte bei den tikon litt häufig unter dem Gestank des Vom Baden, Schlittschuhfahren, Jugendlichen den Eintritt von 20 Rappen. Flusses. Die wenigen Schwimmer wurden Spazieren, Flössen, Fliegen und Reiten Der für uns ungewohnte, laute und bo- immer wieder von Fäkalien begleitet. Der denständige Dialekt des unermüdlichen Wettinger Stausee machte einer Jauche- in Dietikon Pfeifenrauchers Housi (Hans) Stettler grube Konkurrenz. Die gefangenen Fische kratzte anfänglich recht in den Ohren. mussten vor dem Verzehr monatelang ge- Im Fondli waren damals ganz neue wässert werden. Fast alle Eltern verboten Sprachmelodien zu hören. Die Dietiker den Kindern strikte die Benützung der Mädchen und Buben wurden über Nacht Limmat. Noch heute ertrinken dort jedes

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Jahr einige Schwimmer. Weniger gefähr- ser der Reppisch zufrieden. Aber einige lich, aber ohne jeden Charme ist der 1857 Oberdörfler hielten dem unchlorierten erstellte Limmat-Kanal (sog. Unterwas- und nahrhaften Reppischwasser auch ser) unterhalb des EKZ. nach Eröffnung des Schwimmbads im Das Baden im Schäflibach und in Fondli die Treue. der ehemaligen Kiesgrube Bockhorn am Natürlich interessierten sich die Meienweg war eine Notlösung. Buben in der Reppisch oft auch für das Für die Reise zum prächtigen Ter- Fangen von grösseren Fischen. Diese ver- rassen-Schwimmbad Baden (eröffnet steckten sich aber bei Annäherung sofort im Sommer 1934) musste grundsätzlich in den Schlupfwinkeln unter den vielen ein Bahnbillett gelöst werden, und der Steinen und mussten mit den Händen längere Fussmarsch ab Bahnhof Wettin- erspürt und dann gepackt werden. Dabei gen war auf dem heissen Trottoir kein wurden die suchenden Finger manchmal Vergnügen. Billett, Eintritt und das Glace von einem Krebs gebissen, was nicht so beim Ausgang rissen ein grosses Loch lustig war. Auf dem Heimweg versteckte ins kleine Portemonnaie. Die Sekundar- man die gefangenen Fische aus Angst vor schüler fuhren bis Sommer 1948 per Velo Polizeikontrollen in der Badehose. und sogar mit dem Lehrer an der Spitze Am Wochenende wurde an den Ba- vereinsmässig nach Baden. Der ab 1934 in deplätzen der Reppisch oft eine einfache Dietikon wirkende Karl Klenk entfaltete Mahlzeit mit viel Rauchentwicklung auch auf diesem Gebiet viel Initiative. zubereitet. Zur sicheren Entwicklung des Die Dietiker gaben sich bis Sommer Feuers trugen die weissen Meta-Tabletten 1948 wohl oder übel mit dem Gratiswas- viel bei.

Beim 1925 in Baltenswil erbauten Stauwehr für den Langmatt-Kanal entstand ein beliebter Badeort.

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Unterhalb der Frohlich-Filiale Langmatt baden heute nur noch hübsche Hundedamen.

Vom Schlittschuhfahren Reppisch in Frage. Finanzielle Durststre- Zum Schlittschuhfahren eignete sich die cken sind in Dietikon uralt! 1925 musste Reppisch ab Grundsche nur beschränkt, bereits der Vorstand des Verkehrsvereins auch wenn sie früher in strengen Wintern ein teures Projekt eines Zürcher Ingenieurs stellenweise tragfähige Eisflächen aufwies. ablehnen. 1936 rief der Verein eine Bade- Am ehesten fand man eine solche bei anstaltkommission ins Leben. 1940 glaubte der sogenannten Roose (Schlittelhang man fest an die rasche Realisierung eines an der Mühlehaldenstrasse) und bei der Bades in der Grundschenwiese. Aber der Austrasse. Das holprige Eis war aber Bund lehnte auf Grund der Kriegsbeschrän- immer wieder von grösseren Steinen kungen die Bewilligung für die Lieferung unterbrochen und nicht gefrorene Stellen von Eisen ab, sodass die Pläne für den bildeten gefährliche Löcher. Ideal fürs Betonbau ins Wasser fielen. 1943 verhinder- Eishockeyspielen war die grosse Fläche te die «Marmori» als Wasserkonzessionärin des Marmoriweihers, das Bockhorn war den Bau einer Badeanlage in der Reppisch. nur eine Notlösung. Der Weg zum Egelsee Der Verein lancierte dann die Idee einer oberhalb von Bergdietikon war im Winter Badi auf dem Gelände der ehemaligen recht mühsam und oft lag auf dem Eis eine Kiesgruben im «Hofacher», aber die dicke Schneeschicht. Anwohner der Siedlung und der Gemein- derat hatten schwere Bedenken wegen der Baupläne für Reppisch-Badi zu erwartenden Lärmbelästigung. Bereits in ihrem Gründungsjahr 1906 verlangte die SP den Bau eines Schwimm- Vom Baden: «S'Balti» bads in Dietikon. Diesem Anliegen nahm Hier befand sich der höchstgelegene sich dann vor allem der 1913 gegründete Badeplatz auf Dietiker Gebiet. «Balti» war Verkehrsverein (seit 2012 Stadtverein Dieti- in Dietikon eine gebräuchliche Abkürzung kon) an. Während Jahrzehnten setzte er sich für den ganz in der Nähe gelegenen Weiler unentwegt für eine Badeanstalt ein. Aus Baltenschwil, Gemeinde Bergdietikon. Spargründen kam als Standort vor allem die Das Gebiet trägt auch den Flurnamen

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Roosmatt. Dort wurde etwa ab 1925 in der Ruheplatz. Auch die Unterdörfl er scheu- Reppisch gebadet. Eines schönen Tages ten den Weg zu dieser Bademöglichkeit tauchte ein Chef der Strickgarnzwirne- nicht. Die etwas erfahrenen und mutige- rei Froehlich auf und befahl den Buben, ren Schwimmer starteten zur Abwechs- sofort zu verschwinden. Als sie dazu keine lung am Kanalbeginn und schwammen Anstalten trafen, warf er in seiner Wut die Richtung Fabrik Langmatt. Sie befanden am Ufer deponierten Hosen, Hemden und sich damit auf Aargauer Gebiet, unter- Schuhe in die Reppisch. Da kamen rasch querten nach hundert Metern die kleine die grösseren Burschen den Kleinen zu Brücke der Langmattstrasse und kamen Hilfe und warfen den Chef samt Kleidern bald zu einer zweiten Brücke, die den auch in die Reppisch. Er zog es dann vor, Landwirten von der Strasse her den Zu- nicht mehr im «Balti» aufzutauchen. Dort gang zu den oberhalb des Kanals liegen- vergnügten sich auch viele Eltern mit ihren den Wiesen ermöglichte. Diese Brücke schulpfl ichtigen Kindern. Am Sonntag ist noch immer erhalten. Manch jüngerer musste man früh eintreff en, um noch Spaziergänger hat sich dort wohl schon einen sonnigen Platz zum Ausbreiten der Gedanken gemacht, weshalb ein solches Wolldecke zu ergattern. 1925 liess die im Bauwerk mitten in einer Wiese steht. Die Wiesenthal (Baltenschwil) produzieren- verschlammten schrägen Betonplatten de Zwirnerei Froehlich (1886 gegrün- des Kanals erschwerten den Schwimmern det) eine Filiale im Gebiet «Langmatt» das Aussteigen und die gegen das Kanal- erstellen. Sie nannte sich ursprünglich ende (vor dem Dönibach) immer dichter Eisengarn AG. Um im grossen Fabrik- werdenden Schlingpfl anzen blockierten gebäude unterhalb der Strasse Strom zu in gefährlicher Weise Arme und Beine. erzeugen, wurde damals ab «Balti» ein Im Ortsplan Dietikon von 1994 ist langer Kanal auf der linken Reppisch- dieser Kanal erstaunlicherweise noch seite ausgehoben und an dessen Ende eingezeichnet. Er wurde jedoch bereits in eine unterirdische Zuleitung zur Turbine den Jahren nach 1960 zugeschüttet. Einige verlegt. Das am Anfang des Kanals errich- Jahre zuvor hatte die Firma Froehlich die tete massive Stauwehr in der Reppisch Baumwollproduktion in der «Langmatt» ermöglichte eine dosierte Wasserzufuhr eingestellt. Aus Kostengründen liess man in die Filiale Langmatt. Heute sind in der die Kanalbrücke mitten auf der Wiese Uferböschung der Reppisch bei genauer stehen. Die Textilproduktion im Haupt- Betrachtung noch zwei gegenüberliegende gebäude der Firma Froehlich wurde 1994 Mauerreste des Wehrs erkennbar. Ober- aufgegeben. halb dieser massiven und einstellbaren Im «Balti» wird noch heute ab und zu Sperre staute sich das Wasser oft bis auf gebadet, wobei für die Jungen vor allem zwei Meter Höhe, sodass man vom Wehr die volle Lautstärke der Transistorradios aus gefahrlos Sprünge in die Tiefe wagen ganz wichtig ist. Die benachbarte Hanni konnte. Der ansteigende Blätterwald auf Hürzeler und ihr Hund können davon ein der rechten Bachseite war ein idyllischer düsteres Liedlein singen.

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Langmatt Marmoriweiher Ein eigentlicher Name fehlt für diesen leitete. Mit einem Platz. Etwa zweihundert Meter unter der Schieber konnte die Einmündung des Dönibachs taucht in einer Wassermenge für den Lichtung ein ehemaliges sonniges Bade- Kanal geregelt werden. plätzli auf. Der Mauervorsprung diente als Dieser Platz war sicher willkommene Sitzgelegenheit. Dort kam ab 1915 benutzt und das Kanalwasser von der Fabrik in der wurde sicherheitsmäs- Blanka Probst. Langmatt aus einer unterirdischen Röhre sig als völlig harmlos wieder zur Reppisch. An diesem Ort traf eingestuft . Viele Klas- man nur wenige Badelustige an. Es waren sen der Primarschule suchten bei heissem eher Erwachsene, die etwas Ruhe suchten Wetter in der Turnstunde mit ihrem Lehrer und Lektüre bei sich hatten. Eine kleine die Grundsche auf und wurden dort einem Steinmauer machte es möglich, sich im der beiden Badeorte zugewiesen. gestauten Reppischwasser in Kauerstellung Am 26. August 1932 ertrank im Meitli- abzukühlen. bedli gegen 17 Uhr bei kaum meterho- hem Wasserstand die knapp zehnjährige S’Meitlibedli Blanka Probst, deren Eltern und Geschwis- Es befand sich am rechten Ufer etwa ter im grossen Haus an der Bergstrasse 10 150 Meter unterhalb der oben erwähnten in Dietikon wohnten. Im Erdgeschoss Langmatt. Dort begann die Grundsche, befand sich die Kolonialwarenhandlung wo ein kleines Stauwehr (noch heute Jakob Fehr-Uetz, die später von der Familie erkennbar) ein Grossteil des Reppischwas- Probst weitergeführt wurde. Off enbar sers in einen schmalen Kanal Richtung sprang Blanka in erhitztem Zustand ins

Das Meitlibedli um 1918 und im heutigen Zustand.

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Das Buäbäbedli ist schon lange nur noch ein Rinnsal. Im Grundschenrank konnte ein Köpfler gewagt werden.

Wasser und erlitt einen Schlaganfall. Es In Ermangelung eines richtigen Schwimm- dauerte recht lange, bis der «Pulmotor» gürtels banden sich Mädchen oft mit einer des Samaritervereins Dietikon an Ort und Schnur eine grosse, leere und möglichst Stelle war. Trotz mehrstündigen Bemü- luftdicht verschlossene Maggi-Büchse an hungen von Dr. med. J. Schärer konnte das den Bauch oder an den Rücken, um etwas Mädchen nicht ins Leben zurückgerufen Auftrieb zu bekommen. werden. Für die Eltern und die Geschwis- ter ein schwerer Schicksalsschlag! Der S’Buäbäbedli tragische Todesfall beeinträchtigte jedoch Die Ausführungen in der Ortsgeschichte die Attraktivität des Meitlibedlis nur vor- Dietikon (S. 196) sind ungenau. Dieser übergehend. Platz lag nicht in der Reppisch, sondern im Immer wenn sich diesem von vielen oben erwähnten schmalen Zuleitungskanal Gebüschen abgeschirmten Plätzli Kna- zum Weiher. Seit langem steht dort am ben näherten, begannen die Mädchen steilen Weg von der «Roose» hinunter zur ein Zeter- und Mordiogeschrei, um die Grundsche eine kleine Brücke. Man kann Neugierigen zu vertreiben. Hatte man sich heute kaum mehr vorstellen, dass der keine Badehose bei sich, stieg man in der Wasserstand dort ein richtiges Baden und Unterhose ins Wasser. Schwimmen zuliess. Aber auf der rund Wer sich keinen Korkgürtel leisten 150 Meter langen Strecke zwischen Brüggli konnte, nahm um 1930 eine Kopfkissen- und Röhre lernten bis 1948 unzählige Bu- hülle von zu Hause mit, tauchte sie ins ben schwimmen. Die Eisenröhre über die Wasser, drehte sich möglichst rasch um die Reppisch wurde 1927 anstelle des früheren eigene Achse, um Luft in die voll geöffnete Holzkanals errichtet. Bis 1975 war der Hülle zu bringen und legte sich sorgfältig Zugang zur Fussgängerbrücke ob der Röhre auf diese improvisierte «Schwimmblase». mit zwei abgeschlossenen Eisentoren und

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Stacheldraht versperrt. Aber das Eindringen «Strandbad». Im 19. Jahrhundert sprach ins meterhohe Eisenrohr, etwa 30 Meter man vom «Bumbacher-Wehr». Balz Bum- lang, war via Buäbäbedli in Kauerstellung bacher aus Spreitenbach hatte die Mühle möglich. Heute ist der Zugang auf beiden 1836 vom Kloster Wettingen erworben, be- Seiten durch ein Gitter gesperrt. An heissen trieb sie bis 1890 und verkaufte das Areal Nachmittagen herrschte in der Röhre eine 1895 der Firma Schmidt & Schmidweber Mordshitze, und das Vorwärtskommen auf für ihr Marmorwerk, das sich seit einem dem sandigen Boden war eine mühsame Jahr auf dem späteren «Scheller»-Areal Sache. Dazu kam noch die Angst, die Röhre befand. Ab 1880 wurde bei diesem Wehr könne infolge des Übergewichts brechen eine Riesenarbeit in Angriff genommen: oder ein plötzliches Hochwasser würde Das Reppischbett wurde in jahrelanger, sehr sie völlig auffüllen. Das Glücksgefühl war aufwendiger und kostspieliger Arbeit rund gross, wenn man endlich heil am Ende acht Meter tiefer gelegt, und zwar auf einer der Tunnelröhre angelangt war und sich Länge von gut zwei Kilometern, bis zur wieder im Sonnenlicht aufrichten konnte. SBB-Brücke. Bund und Kanton leisteten da- Man kam sich als kleiner Held und mutiger bei finanzielle Unterstützung. Der Abschnitt Grundschenpionier vor. von der Bahnbrücke bis zur Limmatein- mündung war bereits 1847 im Zusammen- Grundschenrank hang mit einer Überschwemmung und Hundert Meter nach der von Bernhard einem Bahnunglück aus Sicherheitsgründen Wiederkehr, Land- und «Ochsenwirt», 1846 tiefer gelegt worden. Dietikon litt während erstellten kurzen, aber eleganten Brücke in Jahrhunderten immer wieder stark unter der Grundsche (Richtung Langmatt) wird Hochwassern. Man könnte in Anspielung die Reppisch geologisch zu einem scharfen auf Paris fast sagen «Fluctuat nec mergitur» Rank Richtung Norden gezwungen, was (Es wird von den Wellen geschlagen, geht das Wasser gelegentlich zu einem lustigen aber nicht unter). Diese Versenkung der im- Gurgeln verführt. Der Wasserstand ist dort mer etwas unberechenbaren Reppisch war noch immer recht hoch. Am linken Ufer zweifellos notwendig, führte aber optisch zu machen sich in der schluchtartigen Kurve einem Verlust an Romantik. Das Gewässer einige mächtige Felsen breit. Sie waren fliesst seit 1880 sozusagen im Keller oder im als Sprungbretter sehr geschätzt. Da aber Untergeschoss durchs Dorf. Der Dietikon die Sonnenstrahlen infolge der mächtigen jahrhundertelang prägende Bach ist so weit- Böschung am Nachmittag keinen Zugang gehend aus dem Gesichtsfeld geraten und zu diesem Plätzli fanden, suchten die Buben die hübsche Baumkulisse an beiden Ufern bald wieder einen wärmeren Ort in der fehlt ab dem Wehr in der Grundsche völlig. Nähe auf. Das «Strandbad» unter der Röhre wurde nur von älteren Kindern benutzt und «Strandbad» (unter der Röhre) war praktisch die einzige Möglichkeit, den Leicht übertrieben bezeichnet eine An- damals äusserst beliebten Autoschlauch als sichtskarte von 1940 diesen Badeort als Badeplausch zu verwenden. Viele Primar-

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Diese Ansichtskarte von 1940 trägt die kühne Aufschrift «Strandbad an der Reppisch».

schüler zogen ab 1945 am Mittwoch- oder benötigte, kam dem Überlauf am Ende der Samstagnachmittag hoff nungsvoll von Röhre Bedeutung zu. Der Wasserfall aus Garage zu Garage und bettelten um einen der unterirdischen Leitung brachte optische alten Schlauch, den man gerade aufpumpen und akustische Bewegung ins «Strandbad». liess. Anna Peterhans-Muntwyler und Vermochte diese Leitung das Wasser nicht Kaspar Egger im Schönenwerd schickten die mehr zu schlucken, fl oss es am Ende der Buben nicht einfach fort. Sie nahmen sich Röhre zusätzlich über die breite Terrasse die Mühe, in der Garage etwas Brauchbares in die Reppisch. Auf der Ansichtskarte zu fi nden. Es war Prestigesache der Buben, sind diese beiden Überlaufmöglichkeiten über Schläuche verschiedener Grösse zu gut ersichtlich. Bei niedrigem Wasserstand verfügen. Lästig war beim Tragen und beim im Weiher diente die ganze Fläche der Benutzen im Wasser das steife Metallventil, gemauerten Ablauft errasse den Badenden das oft Beine und Rücken drangsalierte. als willkommener Liege- und Schlafplatz. Besonders wagemutigen Burschen Auch für Mücken, Bremsen, Wespen, gelang es, bei der kleinen Treppe Zugang Hummeln, Hornissen und Libellen recht zur Röhrenbrücke zu fi nden und von dort attraktiv. In der benachbarten ansteigenden aus einen Sprung in die Untiefe hinzule- Wiese sprangen die Heuschrecken, zirpten gen. Ernst Suhner (1927 – 2009) von der die Grillen, und hinter dem Teppich des Bahnhofstrasse riskierte sogar häufi g einen Wasserfalls schwirrten Wasseramseln mit Köpfl er ab Röhre, obwohl der Wasserstand hastigen Flügelschlägen an der Wand. der Reppisch dort meist nur einen Meter Aufregung gab es in der Grundsche erreichte. mitten im Zweiten Weltkrieg an einem Wenn die «Marmori» wenig Was- heissen Sonntagnachmittag, als plötzlich ser bzw. Strom für ihre Fräsmaschinen etwa 20 Polen laut singend in einer mili-

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tärischen Marschkolonne eintrafen. Sie entledigten sich rasch ihrer Kleider und vergnügten sich füdli- blutt in der Reppisch. Die in der Grundsche ihre Kleinkinder betreuenden Mütter waren ob diesem Gelegentlich wurde auch oberhalb des Inseli-Stauwehrs gebadet. Anblick recht schockiert und mussten zweimal hin- schauen, um ihren Augen zu trauen. Die in jenes von Fräulein Müller, Betreiberin des einem Lager in Bergdietikon internierten Bahnhofkiosks. Polen befanden sich auf einem geführten Spaziergang. «Sidewindi» Die Dietiker Kanuten, allen voran Unterhalb der ehemaligen Spinnerei, Schweizermeisterin Madeleine Zimmer- «Sidewindi» genannt, floss das Wasser des mann und ihr Gatte Werner, trainierten Marmoriweihers entlang einer längeren oft am Abend im «Reppisch-Strandbad», Mauer wieder in die Reppisch zurück. also unter der Röhre, aber es war dort nur Dort errichteten die in diesem Quartier ein bescheidener Rundlauf mit dem Boot wohnenden Wasserratten (Carlotti, Wie- möglich. derkehr, Schweizer, Stauffer, Trottmann) Hundert Meter nach dem Wasserfall, oft einen massiven Damm aus Steinen etwas unterhalb des damals schmalen und sogar ein kleines Sprungbrett. Die Fusswegs zum Marmoriweihers lagen Mauer war einen Meter lang, anderthalb zwei durch Büsche versteckte Tümpel, hoch und erstreckte sich über die ganze die ein Paradies für Kaulquappen Bachbreite. Das Wasser musste sich einen («Mölche») und Frösche waren. Wenn Weg über die Staumauer suchen. Es dau- die Frösche nach einigen Wochen dann erte nicht lange, bis ein missgelaunter im Garten aus dem mit Wasser gefüllten Arbeiter des Reppischwerks (Firma Konfitürenglas sprangen, schlugen alle Pieper) an der Bergstrasse auftauchte, unverzüglich den Weg Richtung Grund- weil die Turbine infolge des gesunkenen sche ein. Hoffentlich sind sie dort auch Wasserstands nicht mehr richtig arbeitete. angekommen! Seine geharnischte Reklamation hatte Etwas unterhalb des «Strandbads» zur Folge, dass die Buben zähneknir- befand sich auf der rechten Seite der schend das improvisierte Badeparadies breite Abhang, der sogenannten Roose, verliessen, zumindest vorübergehend. Für wo im Winter bei Schnee ein vielbesuch- den Abbau der Mauer waren sie natürlich tes Schlittel- und Skigebiet zur Verfügung gar nicht zu haben. Zur Entfernung der stand. Nur ein kleineres Häuschen störte Wassersperre bei der «Sidewindi» muss- dabei an der Mühlehalde ein bisschen, ten dann die «Reppischwerke» mehrere

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Männer nach oben schicken, die sich die Regulierungsvorrichtungen (Schleuse) damit einige Stunden beschäftigten. am linken Reppischufer (oberhalb der Inselibrücke) gut erkennbar. Der Kanal «Inseli» führt seit Mai 1963 kein Wasser mehr und Das heute noch erhaltene Doppeleinfa- wurde zugedeckt. In der Vertiefung unter- milienhaus an der Oberen Reppisch halb des Stauwehrs badeten vor allem die strasse 50 trägt den Namen Inseli, weil Kinder aus der Oberdorf-, der Oberen es früher bei Hochwasser oft von allen Reppisch- und der Zelglistrasse. Auch Seiten nicht trockenen Fusses erreichbar oben am Wehr wurde im Duft der vielen war. Die Karte des Dorfes Dietikon von Lindenbäume ab und zu gebadet. Viele 1666 zeigt, dass sich die Reppisch dort Oberdörfler lernten dort schwimmen, un- teilte. Der linke Arm vereinigte sich bei ter geduldiger Anleitung der Mutter und der untern Brücke (Zollhaus) wieder mit natürlich ausgerüstet mit einem klobigen dem rechten. Der im 19. Jahrhundert Korkgurt. errichtete Kanal konnte weitgehend das Unten am «Inseli» stellten die Buben schon bestehende westliche Bachbett am linken Ufer eine kleine Hütte aus benützen. Es wurde beim Inseli ein Stau- Ästen und Laub auf, wo man sich umzie- damm errichtet, der das Reppischwasser hen konnte. Als sich dort eines Tages eine im gewünschten Ausmass in den Kanal grössere Schlange blicken liess, trennte zum Fabrikareal wies. Noch heute sind man sich fluchtartig vom linken Plätzli

Beim Inseli-Stauwehr begann auf der linken Seite der Fabrikkanal, der sich bei der Zollhausbrücke wieder mit dem Reppischlauf vereinigte.

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und von der Hütte. Das Inseli wurde von Route für die kurzen Sprünge von Stein den Badenden auch zunehmend gemie- zu Stein. Es war Prestigesache, dabei den, weil dort Glasscherben herumlagen. nicht mit dem Wasser in Berührung zu kommen. Man verliess das Bachbett erst «Zollhausbrücke» wieder beim «Färberhüüsli» und erreich- Ein etwas geheimer Badeplatz von etwa te das Zentralschulhaus via Bühlstrasse, fünf Metern Länge befand sich um 1950 allerdings doch meist mit nassen Schu- unterhalb der «Zollhausbrücke» auf der hen und Socken. Aber man freute sich rechten Bachseite gegenüber der ehema- bereits auf den Spass des Zurücksprin- ligen Wirtschaft «Reppischbrücke» bzw. gens in der Reppisch Richtung Oberdorf. der Schuhmacherei Marchetto. Links, Neuerdings kann man im Som- auf etwa gleicher Höhe, floss das beim mer bei warmem und schönem Wetter «Inseli» gefasste Kanalwasser nach 700 gelegentlich Mütter mit ihren Kindern Metern wieder in die Reppisch zurück. sehen, die in Badehosen und passendem Es verbreitete oft einen unangenehmen Schuhwerk von der Vorstadtstrasse bis Geruch. Der kleine Platz wurde fast zur Grundsche hinauf mitten im Rep- ausschliesslich von den in der Nähe woh- pischbett spazieren. Den Kindern sagen nenden Buben (Wiesmann, Hedinger, solche Exkursionen im Feuchtgebiet sehr Peyer, Huber, Caflisch) als Treff benützt. zu! Einmal eine andere Perspektive auf Dank den nahrhaften Abfällen aus der Dietikon! Es gibt im Reppischgraben nahen Metzgerei am Flussufer wiesen die weder Autos, Zebrastreifen, Kreuzungen, Fische dort eine gute Länge und pralle Rotlichter noch Velofahrer. Eine Vorstufe Bäuche auf. Ein Spezialist für den Fisch- zum Naturparadies! fang war Heiri Caflisch (*1938), dem es immer wieder gelang, mit gezielten Vom Flössen Würfen von Schiefersteinen Fische zu Bei höherem Wasserstand wurde um treffen und für kurze Zeit bewegungs- 1945/1950 beim Badeplatz Inseli unter unfähig zu machen, sodass sie behändigt Anleitung von Röbi Zimmermann werden konnten. (Getränkehandlung) rasch ein Renn- floss zusammengestellt. Dazu genügten Vom Spazieren zwei Bretter, auf deren Oberseiten zwei Das Reppischbett wurde um 1940 zur Autoschläuche mit Stricken befestigt Sommerzeit bei niedrigem Wasserstand wurden. Die Schläuche dienten als oft von Mädchen und Buben aus dem Auftrieb und als Sitzplätze. Das Floss Oberdorf als alternativer Schulweg ge- mit zwei Passagieren bekam den Namen wählt. Man stieg bei der oberen Brücke einer damals vom Weltkrieg her bekann- («Metzgerstube») zum Bach hinunter ten Rakete: V 2. Sie schoss mit beträcht- – auch heute sieht man noch etliche licher Geschwindigkeit vom «Inseli» uralte Steintreppen am Reppischbord – Richtung Färberhüsli, Zollhaus, Vorstadt, und wählte dann eine möglichst ideale Antoniloch, Limmat. Blieb die Rakete

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Der unterste und etwas geheime Badeplatz befand sich bei der Zollhausbrücke.

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ärgerlicherweise an einem Stein oder am Uferbord oder auf dem Brüggli Anlauf Uferbord hängen, sorgte der hinten auf und liessen sich auf dem Luftweg über dem Lastwagenschlauch sitzende «Zimi» die ganze Reppischbreite tragen. Die mit einer Stange sofort für neuen Schub sichere Landung bedingte ein zeitgerech- und die richtige Laufbahn. In Sichtweite tes Loslassen der Äste und verlangte Mut, der Limmat bzw. des EKZ-Kanals musste Geschicklichkeit und Entschlusskraft. rechtzeitig ein starkes Bremsmanöver Die dort wohnhaften Familien Koch und in Gang gesetzt werden. Am linken Ufer Portmann machten sich häufig Sorgen wurde die V 2 dann sorgfältig in ihre Be- wegen diesem gefährlichen Sport der standteile zerlegt. Die beiden Passagiere Schulpflichtigen. Milda Koch forderte die trugen diese dann auf ihren Schultern Schulpflege schriftlich auf, energisch ge- wieder für die nächste Mission zum gen diese «Fliegerei» einzuschreiten. Klei- Inseli zurück. nere und etwas weniger mutige Schüler Schon vor 60 Jahren gab es in Dieti- sahen von einem Flug über die Reppisch kon Mädchen mit Initiative und Wage- ab und begnügten sich mit dem Reiten mut. Maria Huber und Valeria Casanova auf den Ästen am Uferbord. Aber auch nahmen eines heissen Tages rasch dort hätte ein Absturz böse Folgen haben entschlossen die V 2 in Betrieb, kamen können. Eines schönen Tages wurden die dabei immer mehr in Fahrt und be- riesigen Weiden gefällt oder stürzten aus fürchteten schon, bis zum Stauwehr von Altersgründen um, was die Flieger und Wettingen nicht mehr anhalten zu kön- Reiter natürlich betrübte. nen! Valeria konnte kaum schwimmen. Mit knapper Not gelang die Landung vor Der Verfasser dankt für informative der Limmateinmündung. Die Mädchen Gespräche: hatten dann aber einige Hemmungen, Josef Binder, Emilia Bräm-Casanova (Fried- in der Badehose das halbe Dorf mit zwei lisberg), Dr. Sebastian Brändli (Zürich), Ardo Carlotti, Ida und Bruno Casanova, Valeria Brettern und zwei Autoschläuchen zu Eichenberger-Casanova (Bergdietikon), Ruedi durchqueren. Ein ungewohnter Anblick! Engeli (Hombrechtikon), Heiri Fischer, Paul Ganzoni, Hugo Gerosa, Oswald Grendelmeier, Vom Fliegen und Reiten Josef Hinder (Fotos Ortsmuseum), Meinrad (Gögi) Huber, Hedy Kegele-Wiederkehr, Am linken Ufer standen beim Reppisch- Walter Kunz, Ruth Lamprecht-Wiederkehr brüggli (gegenüber dem Färberhüsli) (Oetwil), Arnold Locher-Besson, Arthur während Jahrzehnten mächtige Trauer- Portmann, Elsa Bucher-Rebsamen (Zürich), Werner Schweizer, August Schelbert, Urs weiden mit langen, starken und beweg- Spörri (Bergdietikon), Hilda Ungricht-Hüsler lichen Ästen. Sie animierten Buben und (Urdorf), Martin Wiesmann, Kurt Zgraggen Mädchen zum sogenannten Reiten oder (Fahrweid). Fliegen. Sogar von der Schule heimkeh- rende Mädchen mit kräftigen Armen Der in Dietikon aufgewachsene Jurist Hans Peter Trutmann beschäftigt und Unternehmungslust packten mutig sich unablässig mit der lokalen Geschichte und hat sein Wissen in einigen Neujahrsblättern zu Papier gebracht. Er schreibt auch regel- ein paar lange Weidenäste, nahmen am mässig für die Zeitschrift «Limmatpost».

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Kunstgalerie Bachlechner Kunst an der Reppisch

Was hat uns dazu bewogen, eine Kunstgalerie samt Skulpturenpark – in dieser einzigartigen Idylle – vor den Toren der Stadt Zürich zu erö nen?

Text: Hanns Bachlechner Der «Wiesenthalpark» mit seinen ein- zigartigen Gebäuden (Wohnhaus und Pferdestallung der ehemaligen Strick- garn-Zwirnerei A. Fröhlich im Wiesental hat sich geradezu aufgedrängt, um hier ein Kunstbijou zu etablieren.

Viel Geschichte in den Gebäuden ge Stallung aufmerksam gemacht. Bereits Lange Zeit standen die Gebäude leer, bis nach einem ersten Augenschein sahen der gesamte Gebäudekomplex (Wohnhaus, wir das Potenzial dieses über 150-jährigen Stallung und Fabrik) von Anton Steiner aus Gebäudes. Es brauchte einiges an Vorstel- Bremgarten käu ich erworben wurde. Viele lungsvermögen, wie das Ganze nach einer Ideen gab es, was hier im Wiesental zu rea- gründlichen Renovation aussehen könnte. lisieren wäre. Der Entscheid, im ehemaligen Mit Ausnahme der Aussenwände wurde das Wohnhaus ein Gesundheitszentrum zu Gebäude vollständig neu errichtet. Mittler- machen, war richtig. Auf der Internetseite weile sind Hanns und Béatrice Bachlechner des Gesundheitszentrums kann Folgendes Eigentümer der Pferdestallungen. nachgelesen werden: «Gut möglich, dass Sie in unserem Die ganze Welt im Wiesental Gesundheitszentrum schon eine heilende Im Innenbereich und im Skulpturenpark Wirkung verspüren, wenn Sie über die sind sämtliche zeitgenössischen Stilrich- Schwelle treten. Denn unsere Praxis im tungen vertreten, von  gurativen Skulptu- Grünen begeistert Besucher auf den ersten Blick: Sie fühlen sich wie zuhause «Wenn man anfängt, eine Galerie und kommen auf andere Gedanken. Damit ist der erste Schritt getan.» aufzubauen, schart man die Leute Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wurden um sich, von denen man inspiriert wir durch einen Kollegen auf die ehemali- werden möchte.» Hanns Bachlechner

90-95 Neujahrsblatt_2016_Bachlechner.indd 90 12.08.2015 14:22:13 Der Zahn der Zeit: Aufschwung und Niedergang

Text: Urs Spörri Aus der eidgenössischen Fabrikstatistik von 1895 geht hervor, dass an der Reppisch

Oben: Die ehemaligen Idyllisch gelegen, ein Textilbetrieb bestand. Es handelte sich Pferdestallungen der die Gebäude der dabei um die spätere Strickgarnzwirne- Strickgarn-Zwirnerei «Froehlich Wolle»: Die Fröhlich beherbergen grossen Fabrikhallen rei Froehlich im Wiesental, die seit 1868 heute die Kunstgalerie links sind zu Klein- bestand und von Franz Reinhard Froehlich Bachlechner. wohnungen umgebaut gegründet wurde. Auf dem Grundstück war worden. Daneben, in den vorher eine Sägerei betrieben worden. Der Bäumen versteckt, die ehemalige Sägerei stete Wasserfl uss war entscheidend für und die späteren die Standortwahl, nur so konnten die Ma- Stallungen, wo man schinen angetrieben werden. Dieser Vorteil heute die Kunstgalerie Bachlechner findet. wurde durch die Anlage eines Weihers Rechts hinten im noch verbessert, der über Nacht aufge- Wald das Gesundheits- füllt wurde. Das Wasser trieb tagsüber die zentrum. Ansichtskarte, ca. 1920. Turbinen an. Zunächst wurde eine Baumwollreis- serei gebaut. Die aus den USA importierte und zu Ballen gepresste Baumwolle wurde nach dem Reissen in andern Betrieben weiterverarbeitet. Die Nachfolger von Franz Reinhard Froehlich, sie führten den Betrieb ab 1883 als «Gebrüder Froehlich»,

richteten eine Spinnerei und Zwirnerei für OrtsmuseumFotos: Dietikon

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ren bis hin zu dekonstruktiven Objekten in allen ihren Facetten, andererseits wird sowie Installationen aller Art. man vertraut gemacht mit dem «whos who» in der Kunstszene. Internationale Künstler Der Standort im «Wiesenthalpark» Seit jeher widmen wir uns international – angrenzend an die Reppisch – ist einma- und national arrivierten Künstlern aus lig; ein wahrer Kra ort, eine Idylle mit ei- dem In- und Ausland. Über 40 Künstle- nem einmaligen Ambiente. Hier kann man rinnen und Künstler aus der Schweiz, noch Natur pur erleben. Viele bekannte Deutschland, Frankreich, Italien, Öster- Künstler, unter anderen Bruno Weber reich, USA, Asien, Polen, Schweden, und Max Gubler, haben sich o an der Sambia usw. sind hier vertreten. Reppisch aufgehalten und da ihre ersten Wegen der Kompaktheit des Skulp- Werke gescha en. turenparks bekommen die Besucher Wir sind überzeugt, dass nach Ab- einen hervorragenden Überblick über schluss aller Bauarbeiten im Wiesental die Vielfältigkeit der Gegenwartskunst den Besuchern weiterhin eine Ausstellung in einem einzigartigen Ambiente entlang der Reppisch präsentiert werden kann. «Niemandem muss gefallen, was ich mache, niemand muss mögen, Kunst und Natur pur was an der Wand hängt.» Die Galerie ist auch mit den ö entlichen Hanns Bachlechner Verkehrsmitteln gut erreichbar. Im Bahnhof

90-95 Neujahrsblatt_2016_Bachlechner.indd 92 12.08.2015 14:22:15 Strickgarn ein. AB 1890 wurde australische und neuseeländische Wolle verarbeitet. Das Maschinen- und Handstrickgarn wurde in der ganzen Schweiz abgesetzt und vorwiegend zu Pullovern und Socken ver-

Links: Der Wasserkanal, arbeitet. Die Froehlich-Wolle, wie sie bald Dank der Kompaktheit der die ehemalige einmal genannt wurde, war ein bekanntes des Skulpturenparks Sägerei mit Wasser erhalten die Besucher versorgte. Er wurde und beliebtes Qualitätsprodukt. Nach dem einen hervorragenden 2007 während den Zweiten Weltkrieg, zwischen 1945 und Überblick über die Renovationsarbeiten 1955, erlebte die Firma einen starken Auf- Vielfältigkeit der zugeschüttet. schwung. In Deutschland und Dänemark Gegenwartskunst in allen ihren Facetten. wurden neue Märkte erschlossen, da die dortige Industrie nicht mehr leistungsfähig Mitte: war und man aufgrund der harten Winter Im Innenbereich und im Skulpturenpark auf warme Bekleidung angewiesen war. sind sämtliche zeit- Um 1950 war eine maximale Beleg- genössischen Stil- schaft erreicht: 70 Frauen und eine Hand- richtungen vertreten, von fi gurativen voll Männer arbeiteten für die dritte Gene- Skulpturen bis hin ration der Eigentümer der Fabrik, Arthur zu dekonstruktiven Froehlich-Müller und Arnold Locher-Froeh- Objekten sowie lich. Verköstigt wurden die Arbeitskräfte in Installationen. der betriebseigenen Kantine, dem heutigen Restaurant «Al Ponticello», vormals ge- nannt «Suppentopf». Die Lebensgewohn- heiten änderten in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Das Stricken war

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Mission – Statement – Philosophie der Kunstgalerie Die Kunstgalerie wurde im Jahr 2000 in Weiningen/Zürich gegründet. 2008 erfolgte der Standortwechsel von Weiningen nach Bergdietikon in den Wiesentalpark. Das Profi l der Galerie im Wiesental- park umfasst Ausstellungskonzeptionen mit der Leidenschaft zu ganzheitlichen, philosophischen, refl exiven und geistig nachhaltig fordernden Auseinanderset- zungen. Es geht nicht um Lautes oder Schnell- bzw. Kurzlebiges, sondern vielmehr um Poesien der Stille und Reduktion, welche Rätsel für das eigene geistige Weiter- kommen aufgeben – ein Bedürfnis unserer Gesellschaft, welches verstärkt Platz sucht.

15-Jahr-Jubiläum 2015 feiern wir somit das 15-Jahr Jubiläum mit verschiedenen, dem Anlass entspre- Dietikon wechselt man ins «Bremgarten- chenden Events. Im Juni starteten wir bähnli» und steigt bei der Station Reppisch- mit der Ausstellung «Kunst heute in Austria», einer umfangreichen Werkschau hof aus, geht ca. 150 Meter retour, wechselt von österreichischen Künstlerinnen und auf die linke Strassenseite und folgt einem Künstlern. Das Patronat dieser Ausstel- breiten Waldweg entlang der Reppisch, lung wurde von der österreichischen Botschaft, Bern, unter S.E. Jürgen Meindl nach ca. 150 Metern erreicht man den übernommen. «Wiesenthalpark». Schon dieser Spaziergang entlang Tag der Reppisch am Samstag, der Reppisch ist ein Genuss für Jung und 5. September 2015 Dieses Fest passt natürlich wunderbar in Alt und leicht machbar. Mit Leichtigkeit unser Jubiläumsjahr. Der Skulpturenpark könnte der Reppisch entlang ein Natur- ist bespielt mit internationalen Skulp- Lehrpfad errichtet werden. Mit etwas teuren und Plastikern. Im Innenbereich sehen wir die laufenden und permanenten Glück begegnet man Eisvogel, Buntspecht, Wechselausstellungen mit Bildern, Gra- Dachs, Fuchs, Marder, Reh, Zitronenfalter, fi ken, Kleinskulpturen, Objekten etc. von Pfauenauge, Weissling, Milan, Fischreiher, bekannten Schweizern bzw. Künstlern aus ganz Europa, den USA und Asien. Kolkrabe, Wildtaube, Eichelhäher, Elster, Am Tag der Reppisch greifen Kinder Rotkehlchen, Zaunkönig, Eichhörnchen, selbst zu Pinsel und Farbe, zudem darf Frosch, Kröte, Feuersalamander, Natter, man einem Bildhauer bei der Arbeit über Eidechse und vielen weiteren Tieren. die Schultern gucken. Für das leibliche Wohl wird natürlich auch gesorgt. Hanns Bachlechner ist Inhaber der Kunstgalerie Bachlechner

90-95 Neujahrsblatt_2016_Bachlechner.indd 94 12.08.2015 14:22:16 nicht mehr alltäglich, die Wohnungen wa- ren zunehmend besser beheizt, so dass der Absatz einbrach. Der Zusammenbruch des Ostblocks und die damit verbundene Ö - nung der Grenzen für Handelsgüter hatten

Der Ort eignet sich Die traurigen Überreste für die Schweizer Textilindustrie weitrei- sehr gut, um Malkurse des Wasserteichs, chende Folgen, da im Ausland günstiger und Workshops durch- der für die Energiever- zuführen oder einem sorgung entscheidend produziert wurde. 1994 entschloss sich Maler oder Skulpteur war. Hinten im Bild die Familie Locher, die das Unternehmen bei der Arbeit zuzu- das Stauwehr. Die damals in vierter und fünfter Generation schauen. gesamte Anlage wurde führte, zu einem Wechsel in die Dienst- 2007 abgebrochen. leistungsbranche. Für einige Jahre wurde das «Info-Center für Sicherheit, Wärme und Energie» in den ehemaligen Fabrikhal- len betrieben. Einige Jahre später wurde das ganze Areal verkauft. In der ehemali- gen Fabrikantenvilla befi ndet sich nun ein Gesundheitszentrum, die frühere Pfer- destallung beherbergt eine Kunstgalerie mit Wohnung. Die ehemaligen Fabrikhallen wurden in Kleinwohnungen umgebaut.

Quelle: «Grenzen überschreiten» von Patrick Zehnder, erschienen im Chronos-Verlag, 2003 Urs Spörri war von 1968 bis 2008 Gemeindeschreiber von Bergdietikon, anschliessend noch vier Jahre im Gemeinderat. Er ist Vorstandsmitglied des Stadtvereins Dietikon und setzt sich für kulturelle Belange in Dietikon und Bergdietikon ein.

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Lehrreiche Kombination: vom Bergbau-Museum mitten in den Berg Das Bergwerk Riedhof – Einblick in harte Zeiten

Wer eine Gegend sucht, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, liegt zwischen Götschihof und Gottert nicht falsch. Hier trifft er auf den mit wuchtigen «Holzträmeln» bewehrten Eingang des Bergwerks Riedhof.

Text: Jean-Jacques Bertschi ihren Jungen im warmen Stollen des Unter Tag erzeugen Fels und Licht geheimnisvolle Effekte. Die Schienen der Stollenbahn führen in Gottert überwintert. Allerdings schätzt sie einer eleganten Kurve, vorbei an einem solche Besuche wenig. Trotz strengem Handwerk blickt man in den 40er Jahren in viele glückliche Gesichter. alten Überkopflader, mitten in den Berg hinein und wecken die Neugier des Wan- Die Suche nach dem schwarzen Gold derers. Tatsächlich verdanken wir es dem Ueli Wenger befasst sich seit langem vergleichsweise jungen Verein «Bergwerk mit Bergwerken. Viele Berichte vom Riedhof» und seinem harten Kern arbeit- Bergbau aus früheren Jahrhunderten samer Bergknappen, dass dieses historische gibt es dazu nicht. Am ehesten noch von Kohlenbergwerk zugunsten der ganzen (des Schreibens kundigen) Geistlichen Bevölkerung wiederentdeckt, neu erschlos- und Reisenden. 1994 sticht ihm in einem sen und sorgfältig in Stand gestellt wurde. Zeitungsbericht das Stichwort «Koh- Sonst wäre wohl in nicht allzu ferner Zeit lenbergwerk Riedhof» in die Augen. Er ganz in Vergessenheit geraten, dass hier beginnt mit Nachforschungen «vor der noch im letzten Kriegswinter 1944/1945 Haustür». Im «Anzeiger des Bezirks Tag und Nacht bis zu 300 Bergleute in Affoltern» findet er einschlägige Beiträge einem weit verzweigten Stollennetz von von Willy Hug. Ältere Leute bestätigen mehreren Kilometern schufteten, um der ein früheres «Bergwerk im Reppischtal» unter dem kargen Kriegsregime darbenden und nennen mehrere Orte. Es finden Industrie die bitter nötige Energie (sprich sich einige, allerdings verschüttete und Braunkohle) zuzuführen. überwachsene Anhaltspunkte. Da stösst Ach ja, und der Füchsin könnte man Kollege Rainer Vogt im Zürcher Staats- wirklich gute Nacht sagen, wenn sie mit archiv auf Dokumente zum Kohlenabbau

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Unter Tag erzeugen Fels und Licht geheimnisvolle Effekte.

Trotz strengem Handwerk blickt man in den 40er Jahren in viele glückliche Gesichter.

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um den Üetliberg. Als im Frühling 1999 Aeugst die ungenutzte Zivilschutzanlage das neue Zwilliker Ortsmuseum mit einer beim Götschihof, in Sichtdistanz zum Sonderausstellung zum «Kohlenbergwerk Bergwerk, für ein Bergbau-Museum Riedhof» eröffnet wird, lichten sich die zur Verfügung. Dabei zählt sie auf die Schleier. Freiwilligenarbeit der Initianten rund um Wilfried Leutert hat vor der Museum und Bergwerk. Am 15. Mai 2002 Schliessung 1947 im Bergwerk noch wird der Verein gegründet, unterstützt selber beim Kohlenabbau mitgeholfen. von der Gemeinde und aus Fachkreisen Und: Er hat Aufzeichnungen und Skizzen der Geologie und Historik. Was daraus dabei! Gemeinsam mit dem Regionalhis- geworden ist, können wir heute dankbar toriker Willy Hug kommen die Nachfor- bestaunen. schungen zum Kohlenbergwerk Riedhof jetzt richtig ins Rollen. Bei der Literatur- Kohle und Kohlenbergwerke suche stösst auch Rainer Kündig zu der im Kanton Zürich? aktiven Gruppe. Er ist Geschäftsführer Im Kanton Zürich sind mehrere Kohlen- der Schweizerischen Geotechnischen vorkommen bekannt. Einzelne wurden in Kommission an der ETH und wohnt in Mangelzeiten auch abgebaut. Einerseits der Region. 2001 stellt die Gemeinde findet sich jüngere Schieferkohle bei

Gespannt und neugierig: Wer möchte da nicht «einfahren»? «Verkehrsadern» im Bergwerk: Hauptstollen mit Holzabstützungen, Weichen und Geleisen.

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Dürnten, Gossau und Wetzikon. Ande- flöz in den Stollen des Bergwerks Riedhof rerseits tritt im Tösstal und rund um die erreicht eine mittlere Mächtigkeit von Albiskette ältere Kohle in der Molasse 25 Zentimetern. Der grossräumige Ver- auf, die vor rund 17 Millionen Jahren lauf des Kohlenflözes im Riedhof wurde entstanden ist. Nur Käpfnach bei Horgen letztmals mittels Sondierbohrungen in und Riedhof im Aeugstertal haben wirt- den Kriegsjahren 1943 bis 1945 unter- schaftliche Bedeutung erlangt. Riedhof sucht, so im Feldenmas, beim Hedinger war deutlich kleiner, aber während des Weiher, am Aeugsterberg, in Türlen und Zweiten Weltkriegs recht wichtig und Tüfenbach. Das Flöz Riedhof liegt rund weitherum bekannt. 350 Meter über demjenigen von Käpf- Das Bergwerk Riedhof liegt in der nach. Die Braunkohle des Riedhofs ist oberen Süsswassermolasse, deren Ge- also jünger, aber ähnlich ausgebildet. steinsserien hauptsächlich aus Mergeln, Sandsteinen und Kalken bestehen und Die Entdeckung – Abbau einen Ablagerungszeitraum von 11 bis von 1786 bis 1814 19 Millionen Jahren umfassen. Die 1786 bessert der Bauer Felix Schneebeli Gletscher der letzten Eiszeiten gaben der den Weg vom Gut Wolfen auf den Müh- Gegend ihre heutige Gestalt. Das Kohlen- leberg aus. Dabei gräbt er das Kohlenflöz

Gespannt und neugierig: Wer möchte da nicht «einfahren»? «Verkehrsadern» im Bergwerk: Hauptstollen mit Holzabstützungen, Weichen und Geleisen.

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an. Seine Freude ist gross; denn Kohle gute Stube im «Säuliamt» mit der ist zur Zeit der Industrialisierung ein Braunkohle des Riedhofs beheizt wird … wichtiger Rohstoff. Freude und Glück 1794 hat die Eselei ein Ende. Die Tiere sind jedoch von kurzer Dauer, da ihn müssen ziehen lernen – Karren im Som- der Kanton Zürich kurzentschlossen mer, Schlitten im Winter. Trotzdem erzielt enteignet und den Abbau selber an die das Bergwerk Riedhof nie eine bleibende Hand nimmt. 1787 wird ein erster Stollen Rendite. Nur wenn das Feuerholz sehr Richtung Gottert aufgefahren. Er folgt teuer ist, lohnt sich der Abbau vorüberge- dem Flöz in gerader Linie etwa 200 Meter hend. Auch der Versuch, die umliegenden in den Berg. Beidseitig wird in kleinen Schmiedemeister mit der einheimischen Kavernen und Seitenstollen Kohle gewon- Kohle zu bedienen, bringt keinen Erfolg. nen. Die ausgeräumten Kavernen füllt 1814 verkauft der Staat die Bergwerks- man mit dem «Berg» (mit anfallendem gebäude für 192 Franken und überlässt unnützem Schutt) wieder auf. 1794 wird das Land im Jahr 1866 der Zivilgemeinde ein zweiter Stollen vorgetrieben. Er ver- Aeugstertal … gratis. läuft parallel in den Berg und verbessert Als Fazit der ersten Abbauperiode dank mehreren Querschlägen die Luft- bleiben rund 500 Meter Stollen, eine zirkulation im Stollensystem. Noch arbei- Förderleistung von 1000 Tonnen Braun- ten nur wenige Bergleute im Riedhof. kohle und ein aufgelaufenes Defizit von Der Abbau findet unregelmässig statt; 8900 Franken. denn die möglichen Preise liegen weit unter den Gestehungskosten. Mangelzeiten – Abbau von 1917 bis 1921 Esel und Eseleien Im Verlauf der Industrialisierung trei- Als Hauptabnehmer gilt die Ziegelei ben immer mehr Dampfmaschinen die in Kappel am Albis, die unter anderem Transmissionen an. Der Kohlenverbrauch schöne Biberschwanzziegel herstellt. Um steigt markant an. In der Mangelzeit wirtschaftlicher zu produzieren, kauft der gegen Ende des Ersten Weltkriegs erinnert Riedhof für den Transport Esel ein. Sie man sich an die Braunkohle im Riedhof. sollen so abgerichtet werden, dass sie die 1917 unterzeichnen 16 Personen aus der Kohle selbstständig, also ohne Eseltreiber, näheren Umgebung eine Vereinbarung auf Packsätteln nach Kappel transportieren zur Erschliessung und Ausbeutung des können. Die «Erfinder» haben ihre Rech- Kohlenlagers und beteiligen sich mit einer nung allerdings ohne den Wirt gemacht: Einlage von je 200 Franken. Damit ist die Die Bauern und Kinder entlang des Wegs Kohlenbergwerkgesellschaft Aeugst ge- treiben allerlei Schabernack mit den stör- gründet. Bezüglich Abbau und Rentabilität rischen Vierbeinern und betrachten sie im gehen die Meinungen freilich auseinander. kalten Winter gar als Selbstbedienungs- Ein Gutachten von Geologieprofessor laden. So kommt es, dass in jener Zeit an- Albert Heim rät von der Wiederaufnahme stelle des Ziegeleiofens in Kappel manch des Abbaus «sowohl aus geologischen wie

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aus wirtschaftlichen Gründen» ab. Sicher ben wie das Bergwerk Riedhof. Diesmal könne man noch etwas Kohle gewinnen, ist die Beurteilung (wohl der Not gehor- solange «Mut und Geld» vorhanden seien. chend) positiv. Alles muss schnell gehen: Angesichts der pessimistischen Beurtei- Als Konzessionäre zeichnen die namhaften lung steht der Abbau unter keinem guten Firmen Gebrüder Sulzer AG und Georg Stern. Das Bergwerk verkommt schrittwei- Fischer AG. Für den Abbau zählt man auf se zum Spekulationsobjekt und wechselt die professionelle Erfahrung der Bergleu- mehrfach den Besitzer. Im Februar 1919 te aus dem Eisenbergwerk Gonzen bei übernimmt schliesslich die «Firma A. Sargans. Dort wird Führungspersonal Walch’s Witwe, Baugeschäft» aus Zürich verpflichtet und technisches Material be- den Abbau. stellt. Die geologische Überwachung und Ende 1921 schliessen sich die Stol- Planung überträgt man Armin von Moos lenportale ein zweites Mal. Gesamthaft aus Zürich, einem erfahrenen Fachexper- resultieren aus dieser Abbauperiode ten. Schon im Winter von 1941 auf 1942 1218 Tonnen Braunkohle. Die Stollen sind die Stollen wieder geöffnet! sind auf 750 Meter ausgeweitet worden. Bis zu 30 Arbeiter haben im Riedhof Moderne Abbautechnik mit Beschäftigung gefunden. Das Defizit der professionellen Abbaugruppen Betreiber ist auf rund 100 000 Franken Von der Abbaustrecke bohrt und sprengt angewachsen! In den Plänen spiegelt sich man zunächst im Mergel über der das unkoordinierte und unprofessionelle Kohle. Die herausgesprengten, unnützen Vorgehen beim Anlegen der Stollen: Sie Schuttmassen dienen zum Versatz in den wurden kreuz und quer vorgetrieben, ausgebeuteten Gebieten oder werden meist dem stärksten Flöz folgend. auf Deponien in der nahen Umgebung gekarrt. Danach wird der «Kohlentisch» Kriegswirtschaft – Abbau (die Oberfläche des Flözes) gereinigt. von 1942 bis 1947 Die Gewinnung der Kohle erfolgt meist Im Zweiten Weltkrieg gerät die Schweizer mit Abbauhämmern und Druckluft. Industrie in einen gravierenden Versor- Auch elektrische Bohrmaschinen sind im gungsengpass. Die Armee ist voll mobi- Einsatz. Trotz allem fällt vielerorts noch lisiert, die Grenzen geschlossen, Bahn- sehr viel Knochenarbeit mit Schrämhaue transporte von Kohle aus Deutschland und Brecheisen an. Die gebrochene Kohle unterbrochen. In der Stahlindustrie ist wird in eine niedrige Kiste mit kleinen man für die kriegswichtigen Fabriken drin- Rädern verladen, zum Stollen gezogen gend auf Kohle als Brennstoff angewiesen. und dort in Rollwagen verschoben. Die Auch Textil- und Lebensmittelfabriken Abbauhöhe variiert zwischen 60 und 80 leiden unter der prekären Versorgungs- Zentimetern. Normalerweise erfolgt der lage. Die eigenen Kohlenvorkommen sind Abbau bis an die Abbaustrecken. Sicher- plötzlich überlebenswichtig. Geologen des heitspfeiler belässt man nur längs der Bundes überprüfen bekannte Kohlengru- Stollen. Unter der Leitung der Gonzener

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Rechts unten ist auf diesem Bild ein letzter Kohlenflöz erkennbar. Anschauliches Bergbau-Museum: So machte sich ein gut ausgerüsteter Bergmann an die Arbeit.

Bergleute (Steiger, Mineure etc.) rekru- Schienenleger, meist von einem Schlosser tiert man Personal in den Dörfern des oder Schmied angeführt. Auf den perma- Unter- und Oberamts und bildet es im nent verlegten Schienen des Hauptstollens Bergwerk Riedhof in den Grundlagen des verkehrten die schweren Stollenzüge mit Bergbaus aus. zwei Diesellokomotiven. Derselbe Arbeits- ablauf wurde auch in den Nebenstollen Der Alltag «im Stollen» angewandt. Ihr Durchmesser betrug Aus den Schilderungen von Armin von jedoch bloss zwei Meter. Abstützungen Moos kennen wir die Abläufe aus der wurden nur wenn nötig errichtet. Auch effizienten, dritten Abbauphase sehr genau: wurden die Schienen nur provisorisch Vor Ort in den Stollen arbeiteten aus Si- verlegt. Links und rechts dieser Stollen cherheitsgründen nur kleine Gruppen mit bohrten die kleinen Teams Abbaukaver- einem Mineur, einem Hauer und ein bis nen. Sie wurden – meist etwa 15 Meter zwei «Handlangern». Bereits beim Vortrieb tief – mit einem Kleinstollen geöffnet. des Hauptstollens (Durchmesser rund Zuhinterst sprengte man dann T-förmig 2,5 Meter) wurde die anfallende Kohle weiter, und zwar wiederum etwa 15 Meter. verwertet. Im Hauptstollen sicherte man Der eigentliche Abbau begann erst hier, die ganze Decke mit Holz. Dafür war rückwärts in der Richtung zum Stollen. der Bergzimmermann mit zwei bis drei Die Bohreisen für die Sprenglöcher waren Handlangern zuständig. Es folgten die 160 Zentimeter lang, die Arbeitshöhe im

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Rechts unten ist auf diesem Bild ein letzter Kohlenflöz erkennbar. Anschauliches Bergbau-Museum: So machte sich ein gut ausgerüsteter Bergmann an die Arbeit.

Abbaustollen nur knapp einen Meter hoch. Berginnern grosse Kavernen. Dort werden Die Sprengungen erfolgten jeweils kurz die Geleise mittels Weichen doppelspurig vor 12 Uhr mittags und 12 Uhr nachts. In geführt. In die «Bahnhöfe» münden auch der folgenden Stunde konnte, während des die Geleise der Nebenstollen. Für Spreng- Schichtwechsels, der Staub mit grossen Be- stoff, Bohrhämmer, Bohreisen, Stütz- und wetterungsventilatoren aus dem Bergwerk Bauholz wird an beiden Hauptpunkten ein geblasen werden. Zwischenlager errichtet. Von hier trans- portiert die Stollenlok die schweren Koh- Ein Grossbetrieb mit «Rangier- lenwagen in die Klauberei. Auch ein Teil bahnhöfen» des ausgesprengten Schutts muss zu den Allein zwischen September 1942 und oberirdischen Deponien gelangen. Zwi- September 1945 wird eine Fläche von schen diesen Transporten verschiebt man 75 000 Quadratmetern abgebaut und mit Flachwagen Tannenstämme, Balken 24 600 Tonnen Kohle gefördert und und Bretter in den Vortriebsbereich. Bei abtransportiert. Das ist nur möglich, den Einfahrten vom Haupt- in die Neben- weil man mit ausgeklügelter Technik stollen befinden sich überall Drehscheiben. zu Werke gegangen ist: Der Richtstollen Auf diesen Scheiben werden die «Hunde» und der Gottert-Stollen sind zu Haupt- und die kleine Lok in die gewünschte Rich- stollen ausgebaut worden. In beiden tung gedreht, da der Radius der Kurven für Stollen sprengt man etwa 200 Meter im normale Schienen und Wagen zu eng wäre.

96-107 Neujahrsblatt_2016_Bergwerk.indd 103 12.08.2015 16:29:57 Auf dem detailtreuen Plan von Ende 1945 erkennt man Zugang, System, Fortschritt und 104 Ausmass des Abbaus. Götschihof-, Riedhof- und Gottertstollen (von links nach rechts) erschliessen den Kohlenfl öz. Zunächst beutet man «naheliegende» Vorkommen (hellgrün) aus. 1943 arbeitet man sich systematisch vor (hellblau). 1944 steht der südliche Abschnitt (orange), 1945 der nördliche (violett) im Fokus. 7 Kilometer Stollen bedienen nun eine beeindruckende Gesamtfl äche.

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Verein Bergwerk Riedhof Der «Verein Bergwerk Riedhof» wurde 2002 in Aeugst am Albis gegründet. Er hat etwa 170 Mitglieder, wovon ein Dutzend periodisch im Bergwerk arbeitet. Einige sogar über längere Zeit einen vollen Tag pro Woche. Der Verein will die Erinnerung an ein regional bedeutendes Indust- riedenkmal erhalten. Das Bergwerk Riedhof war während des Zweiten Weltkriegs neben Käpfnach Horgen das zweitgrösste Kohlenbergwerk im Kanton Zürich. Zum Bergwerk gehört das Bergbaumuseum. Erst sein Besuch ermöglicht es, das Geschehen rund um den Berg in Ansätzen zu verstehen. Vier Mal im Jahr öff net der Verein Museum und Bergwerk kostenlos für die ganze Bevölkerung. Bezahlte Führungen in grösseren und kleineren Gruppen (Schulklassen ab 4. Primar, Firmenausfl üge, Vereine) mit Museumsbesuch, Einblick ins Bergwerk und Apéro sind nach Absprache zu vielen Zeiten möglich. Eine Führung dauert 2½ Stunden und wird von zwei Bergwerkführern begleitet. Der Verein fi nanziert seine Tätigkeit aus dem Erlös der rund 50 Führungen pro Jahr.

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Willkommene Hilfe durch Internierte der Chef von Wilfried Leutert war Rumä- Der Kohlenmangel in der Schweiz wird ne. «Fachlich war er gut, aber sprachlich 1943 immer grösser. Die Produktion gabs schon Probleme!», meint Wilfried des Bergwerks Riedhof muss dringend Leutert. gesteigert werden. Die meisten Männer Das Leben auf dem «Campus» war im arbeitsfähigen Alter sind jedoch im kein Honiglecken, aber so rege und be- Aktivdienst. Dafür kommen Monat für triebsam wie in einem Bienenstock. Viele Monat mehr Internierte in die Schweizer Einrichtungen waren rudimentär und Lager. Für den Riedhof ein Glücksfall, provisorisch. Man wollte ja keinen Schön- denn einige dieser jungen und kräftigen heitspreis, sondern Kohle gewinnen! Die Männer aus östlichen Staaten sind echte Unterkünfte im Aeugstertal, die sanitären Profis mit bergmännischen Kenntnissen. Einrichtungen und die Kantine in den Ba- Schnell trifft man praktische Lösungen. racken konnten den Ansturm nicht mehr Auf der Lohnliste der Betriebsgesellschaft bewältigen. In Spitzenzeiten waren 260 bis Riedhof sind deshalb zahlreiche Russen, 300 Leute an der Arbeit! In aller Eile wurde Polen, Tschechen und Rumänen vermerkt. die Fabrik deshalb in eine zweckmässige Sie ziehen die Arbeit im Riedhof dem ein- Unterkunft umgebaut. Fest angestell- tönigen Lageralltag vor. Einzelne schaffen tes Personal kochte in einer modernen es zum Mineur oder Gruppenführer. Auch Küche für die Bergleute. Die Dusch- und

Vor dem Stolleneingang steht dieser alte Überkopflader – einst modernste und hilfreiche Technik.

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Schlafräume waren einfach, aber sauber. von Braunkohle minderer Qualität wird Jedenfalls sei es dort besser gewesen als in in Zeiten von Not und Mangel greifbar. einigen Privatunterkünften, meinten kriti- Die gebündelten Anstrengungen vieler sche Stimmen. Denn oft seien die überzäh- Partner brachten für kurze Zeit viel Leben ligen Betten auf den Bauernhöfen doppelt und Industrie ins obere Reppischtal. In Tat vermietet worden. Der Leintuchwechsel und Wahrheit sind wir heute nicht minder war ja nicht staatlich beaufsichtigt und die abhängig von der Energiezufuhr. Hiess es Bettwäsche daher öfters mit gebrauchten früher «Aus Kohlen macht man Kohle», Kohlensäcken vergleichbar … Der fiebrige gilt dies in der Neuzeit eher für Erdöl, Bergbau brachte überhaupt einige Unruhe Erdgas und Strom. ins beschauliche Säuliamt. Vor allem nach dem Zahltag. Da sollen sich jeweils einige Die Natur übernimmt wieder Bergleute in den Beizen bis nach Affoltern Das Bergwerk Riedhof, welches die pe- hinunter als betrunkene Randalierer und riodischen Besucher und seine gepflegte Schläger gebärdet haben. «Pensionierung» zu geniessen scheint, kümmert sich nicht um solche Erwägun- Die fulminante Schlussperiode gen. Der Bergbau ist Episode. Dank der bleibt in Erinnerung Öffnung des Stolleneingangs ist das stillge- 1947 wurde das Bergwerk Riedhof als pro- legte Bergwerk inzwischen allerdings auch duktiver Betrieb geschlossen. Gemessen zu einem begehrten Aufenthaltsort für die an der Kohlenförderung in Tonnen sticht Tierwelt geworden. Vor allem in rauen Vor dem Stolleneingang steht dieser alte Überkopflader – einst modernste und hilfreiche Technik. die Bedeutung der dritten Abbauperiode Winterzeiten. Die Füchsin und ihre Jungen heraus: Allein 1942 – 1945 wurden 28 877 kennen sie schon. Fledermäuse lieben die Tonnen Braunkohle gefördert. In der Vorzüge der dunklen und ruhigen Ecken ersten Abbauphase waren es 1000, in der nicht minder. Und da sind Heerscharen zweiten 1218 Tonnen gewesen. Insgesamt von Fröschen aller Art, welche gerne im also deutlich über 30 000 Tonnen. 1945 milden und berechenbaren Klima der überstieg die Produktion des Bergwerks Stollenwelt überwintern. Wenn es wärmer Riedhof sogar für kurze Zeit jene des wird, setzen sie zum grossen Schwimmen «grossen Bruders» Käpfnach in Horgen. an, lassen sich im Ablaufrohr ins Freie Und das Stollennetz erreichte letztlich eine treiben und machen sich auf zur nahen Gesamtlänge von über sieben Kilometern! Reppisch. Heute spielen die wirtschaftlichen Motorenlärm, Sprengungen, Press- Überlegungen und die Prioritäten der lufthämmer – alles Geschichte. Landesversorgung keine Rolle mehr, wenn sich interessierte Besuchergruppen im Bergbau-Museum und danach an Ort und Stelle im Stollen umsehen. Die aktive Ge- schichte des Bergwerks unterstreicht das Quellen: Broschüre und Webseite des Vereins, www.bergwerk-riedhof.ch Jean-Jacques Bertschi aus war einst im westfälischen Auf und Ab des Bergbaus in Zeiten von Ibbenbüren über 1000 m unter Tag. Umso mehr bewundert er die Initia- tiven rund um den Riedhof. Ueli Wenger stand ihm beim Bericht mit Rat Krieg und Frieden. Die Bedeutung selbst und Tat zur Seite.

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Die Industrialisierung entlang der Reppisch in Dietikon Rote Stoffe, weisser Marmor

Text: Hélène Arnet Reppisch-Hallen befinden (Bergstrasse 23). Wenn die Reppisch sich im Unterdorf rot Die sehr unterschiedliche Wasserkraft der färbte, wussten die Dietiker, dass in der Reppisch konnte nur mit Hilfe von Kanälen Rotfarb eine Lieferung roten Tuchs fällig sinnvoll genutzt werden. war. Und die Frauen vertagten ihren Gang ins Waschhaus beim unteren Reppischsteg, Auf Spurensuche: Im Garten des Orts- denn das Gebräu aus Kuhmist, Öl und museums Dietikon steht ein Säulen- Krappwurzel, welches die Fabrik in den sockel mit einem verwitterten Fisch- Bach einleitete und die Stoffe türkischrot relief der Unteren Mühle aus dem leuchten liess, hätte ihrer Wäsche zuge- 14. Jahrhundert. Auf Bildern der Mar- setzt. morfabrik findet man die Obere Mühle Die Rotfarb war der erste Fabrikbetrieb integriert: an ihren Ursprung erinnert Dietikons. Sie befand sich am nördlichen das Wappen auf dem Türsturz, der sich Dorfrand, wo die Reppisch eine natürliche ebenfalls im Ortsmuseum befindet: Insel bildete; «Zwischen beiden Bächen» Es zeigt unter der Jahrzahl 1760 die genannt. Dietikon war seit 1847 mit der Meerjungfrau des Klosters Wettingen Spanischbrötlibahn erschlossen, die Indust- und das Wappen des damaligen Abtes rialisierung kam aber nur zögerlich in Gang. Peter Kälin. Ansonsten sind die beiden Während um die Mitte des 19. Jahrhunderts Mühlen spurlos verschwunden. im Zürcher Oberland Fabriken bereits zum Alltag gehörten, war Dietikon noch ein be- Die Obere Mühle, auch Hätschenmühle schauliches Bauerndorf mit ein paar kleinen genannt, wurde bereits 1257 im Kaufbrief Gewerbebetrieben für den Hausgebrauch. erwähnt, mit dem das Kloster Wettingen von den Habsburgern das Kirchenpatronat Die Obere und die Untere Mühle über Dietikon erstand. 1691 kaufte das Zwei Mühlen waren lang die einzigen grös- Kloster Wettingen die Obere Mühle. Um sie seren Betriebe, die von der Wasserkraft herum entstanden einige Nebenbetriebe: des Baches Gebrauch machten: Die Obere eine Gipsmühle, eine Öltrotte (seit 1628), Mühle (Bergstrasse 61) und die Untere eine Gerberei (1719) und die Sydewindi. Mühle, die dort stand, wo sich heute die Diese Seidenspinnerei betrieb auf Klein-

108-115 Neujahrsblatt_2016_Industriealisierung.indd 108 12.08.2015 16:32:38 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 0109 Fotos: OrtsmuseumFotos: Dietikon Rotfarb um 1898 auf der damaligen Reppischinsel (heute Reppischwerke AG). Barbara Hanhart-Solvio (1805 – 1895), die Gattin des Rotfarb-Fabrikanten. Um 1860. Johannes Hanhart-Solvio (1803 – 1875), der 1849 die Rotfarb kaufte und danach zum Erfolg führte. Um 1860.

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1 Fotos: OrtsmuseumFotos: Dietikon

1 Das Portal der Oberen Mühle (mit dem Velo von Karl Heid), welche in die Marmori einbezogen wurde. Auf dem Türsturz das Wappen des einstigen Besit- zers, des Klosters Wettingen (Meerjungfrau) und des beim Wiederaufbau der abgebrannten Mühle (1760) amtierenden Abtes Peter Kälin. Um 1961.

2 Sydewindi, die schon als Nebenbetrieb zur Oberen Mühle bestand. Hier wurden Seidenstoff e gewoben. 1961, kurz vor dem Abbruch.

3 Der ehemalige Tröckniturm der Rotfarb auf dem Areal der Reppisch-Werke Dietikon RWD. Er brannte 1993 ab.

4 Seit dem Jahr 2000 sind die Hallen der Rep- pisch-Werke Dietikon RWD keine Fabrik mehr.

4 Quelle Foto: Urs Fischbacher Quelle Foto:

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stadt-Niveau jenes lukrative Gewerbe, wel- beherrschte das komplizierte Verfahren ches die Stadt Zürich zum europäischen perfekt, mit welchem Tuch leuchtend rot Zentrum des Seidenhandels machte. gefärbt wurde. Und er war ein gewiefter Die Obere Mühle wurde 1890 aufgege- Geschäftsmann obendrein. Das saubere ben – wegen Wassermangels. Der Dietiker Reppischwasser, welches für das Läutern Journalist Jakob Grau (1883 – 1968) hat sie der Stoffe unabdinglich war, führte ihn noch in Betrieb erlebt. Er schreibt in seinen nach Dietikon. Bereits 1855 beschäftig- Erinnerungen: te die Rotfarb 44 Beizer und Färber. Die «Wie ein riesiger Markstein stand am Ende Dorfkinder wurden für den Taglohn von des Dorfes die alte Mühle mit der grossen fünfzig Rappen als «Hängebuben» einge- Scheune. Von oben fiel das Wasser auf das spannt. Sie schleppten die nassen Stoffballen knatternde Mühlrad, neben dem unter der zum «Tröckniturm» und hängten sie dort hölzernen Kanalrinne hindurch ein Fussweg auf. Die Tücher der Rotfarb waren von so den Hätschen hinauf gegen die Gyrhalde hoher Qualität, dass sie auch ins Ausland führte. Wie oft haben wir als Buben dem sich exportiert wurden. Die Firma Hanhart langsam drehenden Mühlrad zugeschaut war mit ihren «türkischroten» Stoffen und und uns darob nass tropfen lassen, dieweil trendig bedruckten «Mouchoirs Indiennes» drinnen in der Mühle das monotone ‹Gib 1873 auch an der Weltausstellung in Wien abe! Gib abe!› klapperte.»¹ präsent. 1868 beschwerte sich allerdings die Gemeinde beim Kanton über die in die Die Untere Mühle war weniger gross und Reppisch abgeleiteten Färbereiwasser. Der weniger alt. Erstmals erwähnt wurde sie Kanton reagierte pragmatisch: Man solle die 1351 als Besitz des Klosters Wettingen. Abwässer erst unterhalb des Dorfes in die Auch um diese Mühle entstanden Neben- Reppisch leiten – oder besser gleich in die betriebe: eine Säge, eine Hanfreibe, eine Limmat. Gipsmühle und ab 1801 eine Tabakstampfe, in der wohl Schnupftabak gerieben wurde. Boomjahre 1836 wurde in der Unteren Mühle eine Sieben Jahre nach der Firma Hanhart nahm Kattundruckerei eingerichtet.² in der Grünau an der Limmat die Baum- wollweberei Syz ihren Betrieb auf. An der Rotfarb Reppisch gab es unweit der unteren Rep- Auf dem Areal der Unteren Mühle beginnt pischbrücke (heute Bergstrasse 9) wieder um die Mitte des 19. Jahrhunderts der eine Mühle, im Reppischhof führte Eduard Wandel Dietikons vom Bauerndorf zum Landis eine Leinen- und Baumwollzwirne- Industrieort. Den Anfang machte die rei und 1862 ging im Wiesental (heute Textilindustrie, als Johannes Hanhart-Solvio Bergdietikon) eine Mühle in Betrieb, welche 1849 das Areal kaufte und die Rotfarb zu 1886 zur Strickgarn-Zwirnerei Fröhlich um- einem blühenden Unternehmen führte. gerüstet wurde. Entlang der Reppisch be- Hanhart war einer der wenigen standen seit 1854 zudem eine Spinnerei und Rotfärberei-Fachmänner des Landes. Er eine Sägerei in Aeugstertal, in Birmensdorf

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gab es zu der Zeit zwei Textilfabriken und zehn Stunden. Wer morgens zu spät 1873 eine Eisenwarenfabrik, welche 1888 kam, riskierte die Busse eines halben zur ersten Glühlampenfabrik der Schweiz Taglohns.⁴ wurde. Und im Dietiker Oberdorf wurden schon bald Marmorblöcke zugeschnitten. Giesserei Koch und RWD Laut den Autoren der Dietiker Orts- Die Familie Hanhart verkaufte 1905 die geschichte hat die Gemeinde zwischen Rotfarb an Hans Koch, der dort eine 1890 und 1910 eine Wachstumsphase wie Giesserei und Armaturenfabrik einrichtete. nie zuvor erlebt – und wie seither nie mehr.³ Sein bester Kunde war die Wagons-Fabrik Zwischen 1888 und 1910 stieg die Bevöl- Schlieren, die von seinem Bruder Josef kerungszahl von 1919 auf 4493 Personen. geleitet wurde. Koch war ein findiger Geist: Auch die Bevölkerungsstruktur änderte So ersann er eine der ersten Zeichen- sich markant: 1888 betrug der Ausländer- maschinen, welche nach dem Ersten Welt- anteil 5 Prozent, 1910 bereits 25 Prozent. krieg in Produktion ging und ein Renner Und nur noch zehn Prozent der Dietiker wurde. Später kam eine Schreinerei dazu, in arbeiteten in der Landwirtschaft. der Schülerpulte gefertigt wurden. Zeitweise Glaubt man Jakob Grau, verarbeitete arbeiteten 400 Personen in dem von Koch die Bevölkerung diesen Wandel gut: patriarchalisch geführten Betrieb. Die Krise «Die ‹Fremdarbeiter› machten sich ausneh- der 1930er Jahre setzte der Firma schwer mend gut mit unseren dörflichen Gepflogen- zu, so dass die Koch AG 1943 einen Käufer heiten vertraut, waren wohl gelitten, und suchte. Das Inserat in der NZZ erwähnt manche Dorfschöne, die bisher vergeblich auf explizit die «eigene Wasserkraft». Der einen Freier gewartet hatte, kam glücklich Preis betrug 300 000 Franken. Der Käufer unter die Haube.» hiess Willi Pieper, der die Firma in Rep- pisch-Werke Dietikon RWD umbenannte Spurensuche: Im Garten des Orts- und Schul- und Büromöbel sowie Türen- museums hängen zwei Glocken. Die und Trennwände herstellte. In der RWD kleinere läutete ab 1854 die Arbeits- wurden erstmals Spanplatten mit Kunststoff tage in der Rotfarb ein und aus. Die beschichtet, was bei der Möbelherstellung grössere gehörte zur Weberei Syz an einem Quantensprung gleichkam. Seit 1990 der Limmat. Die Fabrikglocken stehen haben sich die RWD sukzessive zu einem für die neue Epoche, welche durch Immobilien-Unternehmen entwickelt. In die Industrialisierung in Dietikon den Reppisch-Hallen wird heute nichts anbrach und den Alltag vieler Einhei- Handfestes mehr produziert. Die Fabrik ist mischer umkrempelte. Als Bauern und zur Eventhalle geworden. Handwerker waren sie zumeist arm, doch noch Herr über ihre Zeit. Nun Spurensuche: Am oberen Spickel der richtete sich ihr Leben nach der Uhr einstigen Reppischinsel, wo Hanharts des Fabrikdirektors. Feierabend war im «Lustgarten» lag, ist noch der Kanal- Sommer nach zwölf, im Winter nach einlauf und der Auslauf-Schieber er-

108-115 Neujahrsblatt_2016_Industriealisierung.indd 112 12.08.2015 16:32:42 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 113 Foto: OrtsmuseumFoto: Dietikon Die Giesserei von Hans Koch auf dem Areal der heutigen Reppisch-Werke Dietikon RWD. 1921.

108-115 Neujahrsblatt_2016_Industriealisierung.indd 113 12.08.2015 16:32:44 114

1 Fotos: OrtsmuseumFotos: Dietikon

2 1 Steinhauer in der Werkstatt der Marmori um 1925.

2 Der Traktor Berna des Marmorwerks im Oberdorf (heute Bereich Bergstrasse 61). Am Steuer sitzt Johann Sommer. Um 1925.

3 Die Francis-Turbine der Marmori wird nach dem Abbruch der Fabrik ausgegraben. 1962.

4 Die Francis-Turbine der Marmori steht heute im lauschigen Gärtchen des Färberhüslis (Ecke Obere Reppischstrasse/Bühlstrasse). Kaum jemand weiss wohl noch, dass sie einst die Sägerei der Marmori antrieb.

3 4 Foto: Helene Arnet Foto:

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halten. Die Giebel der Shedhalle bei Dorfbild. Der Marmor kam aus Deutsch- den Reppisch-Hallen erinnern an die land, Frankreich und Belgien per Bahn Rotfarb. Der markante «Tröckniturm» nach Dietikon, weisser Marmor aus Carrara fiel in der Nacht auf den 28. Mai 1993 in Italien, Granit meist aus dem Tessin. einem Grossbrand zum Opfer. Nun ste- Fuhrleute transportierten die Blöcke bei der hen Wohnblöcke da. Auf der anderen Krone über die Brücke, wo sie mit «Schuss» Bachseite, in der Laube des Färber- den Niveau-Unterschied zur Strasse über- hüslis, dient eine Francis-Turbine als wanden. Dabei sei, so erzählt man, einmal Abstellplatz für Blumentöpfe. Sie trieb ein Steinblock in der Gartenwirtschaft des einst die Säge der Marmori an. «Freihofs» gelandet. Menschen kamen bei dieser Rutschpartie nicht zu Schaden.⁵ Marmori Heinz Eckert, der die Marmori noch Aus Jakob Graus Jugenderinnerungen: in Betrieb erlebt hatte, nimmt uns im «Eines Tages hörte die Mühle auf zu klap- Neujahrsblatt 1976 auf eine Betriebsbesich- pern, und später drehten sich auch in der tigung mit: Sidewindi die Spulen und Haspeln nicht «Italienische Vollgattersägen, ausgerüstet mit mehr. Es hiess, eine grosse Marmorindustrie bis zu 30 Sägeblättern, zersägten die Mar- werde sich etablieren und zur Gewinnung morblöcke. (…) Die Marmorsteine benetzte der Wasserkraft würden die Mühlematten man an der Sägestelle mit nassem Quarz- in einen Weiher verwandelt. Ein Weiher, ein sand (…) Mit Gips befestigten die Arbeiter kleiner See, das war für uns eine Sensation. die Steine am Boden, damit sie nicht davon Und in der Tat: Es wurde gemessen und rutschten. Bei einem Vorschub von ausgesteckt, und etwa 100 Arbeiter kamen, 60 bis 70 Millimeter pro Stunde dauerte es um grosse Erdbewegungen auszuführen (…). einige Zeit, ja Tage, bis ein Block in verschie- Das alte Mühlewehr in der Grundschen lag dene Plattendicken getrennt war.» zu tief; das Wasser musste weiter oben gefasst werden und wurde in einem Kanal über die Manchmal blockierten die Sägen, dann habe Reppisch in den Weiher geleitet. (…) Das war das ganze massive Haus zu zittern begonnen, im Jahr 1895.» was die Arbeiter, die in den oberen Stock- werken wohnten, nicht selten aus dem Schlaf 1895 kaufte die Zürcher Firma Schmid & rüttelte. Denn gesägt wurde auch nachts. Schmidweber das Areal der stillgelegten Am Reppischufer waren Steinhauer und Oberen Mühle. Um die Leistung der Tur- Steinpolisseure am Werk und unterhalb des bine zu erhöhen, wurde das Wasser weiter Weihers war das grosse Steinlager, zuhinterst oben gefasst, und um den Wasserfluss zu re- der Ausschuss. Es heisst, es seien Leute von gulieren, hob Schmidweber mit Beteiligung weither mit Handwagen angereist, um sich Kochs einen Weiher als Ausgleichsbecken unverfroren zu bedienen, wenn sie für ihre aus. Bis zu 100 Arbeiter waren in der Mar- Gartenrabatte oder die Waschküche Stein- mori beschäftigt und die Steintransporte platten brauchten. Auch soll es unter den vom Bahnhof zur Fabrik gehörten bald zum Heimkehrern aus dem «Schwyzerhüsli» oder

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dem «Bergli» Kraftproben mit «Steinheben» Gebäuden des Landes, so etwa am Kunst- gegeben haben, bei denen manche Platte – haus und der Universität Zürich, aber auch und hin und wieder auch ein Knochen – zu an der Hofburg in Wien. Für das Waren- Brüche ging. haus Jelmoli lieferte die Marmori den edlen 1933 streikten die Arbeiter der Mar- Stein namens Grand Mix Napoleon. mori, weil der Fabrikdirektor ihnen die Löhne um zehn Prozent kürzen wollte. Ein Spurensuche: An Stelle der Marmo- gelernter Marmorist verdiente damals 1.60 ri steht heute ein rotes Hochhaus, bis 2.03 Franken/Stunde. Die Wogen gingen in der kleinen Wiese des hinteren hoch, der Gemeinderat und die kantonale Wohnblocks liegen wie Findlinge zwei Einigungskommission schalteten sich ein. Steinquader, die wohl noch von der Der Fabrikbesitzer drohte, die Firma zu Marmori stammen. In dem von Bü- schliessen. Eine Einigung kam erst nach schen überwucherten Areal nebenan drei Monaten zustande. Doch war die gol- sind aus Marmorplatten gepflasterte dene Zeit der Marmori vorbei. Mauern übrig geblieben, welche einst Der Journalist Grau hat nicht nur den die Farbrikantenvilla Schmidtweber Aufstieg, sondern auch den Niedergang umgaben. Und im Gestrüpp müsste der Marmori, der letzten grossen Dietiker noch das Wasserschloss zur Turbine Reppisch-Fabrik, miterlebt: der Marmorsäge zu finden sein, welche «Mehr und mehr begann sich die Situati- wir beim Färberhüslis entdeckten. on zu wandeln. Eisengerippe, gestampfter In der Grunschen sehen wir Fassung Beton, Glas, Durisol und andere Baustoffe und Kanal, welche das Wasser dem gewannen die Oberhand und drängten Weiher zuführten. Unter der Brücke Granit, Marmor und sogar Sandstein in neben dem Wasserfall hängt das Rohr, den Hintergrund. Der Beruf der Steinhauer in dem der Kanal über die Reppisch wie auch Stukkateure befindet sich auf dem geleitet wird – zu Jakob Graus Zeiten Aussterbeetat. Marmor als Wandbekleidung strömte das Wasser noch in einem kommt vielleicht noch für Vorhallen in Holzkännel über den Bach, denn die Bankgebäuden in Frage, und statt Granit tuts Brücke wurde erst 1961 erstellt. Der Schleuderbeton auch. Mit einem Wort, die Marmoriweiher sieht aus, als ob er neue Sachlichkeit triumphiert. Da kann es schon immer da gewesen wäre. nicht wundern, dass die Existenz der Mar- mor- und Granitindustrie immer schwerer ¹ Die Limmat und das Dorf Dietikon. Die Jugenderinnerungen wurde.» des Jakob Grau, Hrsg. Heinz Lüthi, Altberg-Verlag, 2001 ² Zur Unteren Mühle und der Rotfarb/Koch/RWD: Neujahrsblatt von Dietikon 1982, Autor: Aloys Hirzel ³ Dietikon: Stadtluft und Dorfgeist, Von der Marmori ist kein Stein auf dem an- Hrsg. Stadt Dietikon, Chronos-Verlag 2003, S. 135 – 140 und S. 291f ⁴ Fabrikordnung der Weberei Dietikon (1893). dern geblieben: 1962 wurden alle Gebäude Aus Dietikon: Stadtluft und Dorfgeist, Seite 135 ausser die Fabrikantenvilla abgebrochen. ⁵ Zur Geschichte der Marmori (1895 – 1962): Neujahrsblatt von Dietikon 1978, Autor: Heinz Eckert 1990 kam auch diese weg. Dafür finden wir Hélène Arnet ist promovierte Historikerin und arbeitet als Journalistin Steine aus der Marmori an repräsentativen beim «Tages-Anzeiger».

108-115 Neujahrsblatt_2016_Industriealisierung.indd 116 12.08.2015 16:32:47 TAG DER REPPISCH, 5. SEPTEMBER 2015 117 1 Foto: OrtsmuseumFoto: Dietikon

1 Die Marmori (heute: Bereich Bergstrasse 61 bis 69) im 2 Überblick. Links am Rand das Gebäude der Oberen Mühle. Die Reppisch fl iesst hinter den Gebäuden durch. Die Sägerei wird durch einen Kanal aus dem Marmoriweiher betrieben. Um 1925.

2 Die von Gestrüpp überwucherten, aus gesägten Marmor- platten zusammengesetzten Mauerresten, umgaben einst die Fabrikantenvilla Schmidtweber. Sie wurde 1990 abgebrochen.

3 Als wäre er schon immer da gewesen: Der Marmoriweiher.

3 Quelle Fotos: Urs Fischbacher Quelle Fotos:

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Kläranlage in Birmensdorf Aus den Augen aus dem Sinn – irgendwo läuft ja die Sauce hin!

Glücklicherweise gehört diese Denkweise in unseren Breitengraden der Vergangenheit Wenn zum Beispiel am Abend der Strom an. Dabei sah dies vor wenigen Jahrzehnten ausfällt, lässt sich das Problem mit einer ganz anders aus. Vielerorts wurden Fäkalien, Taschenlampe oder einer Kerze lösen. Unrat und selbst Chemikalien ungereinigt Schwieriger ist es, ohne Wasser auszu- via Gewässer entsorgt. kommen, denn ohne Flüssigkeit verkürzt sich die Lebenszeit drastisch. Wichtig ist Text: Ringo Keller aber auch die Qualität des zu konsumie- Leider gibt es heute noch verantwor- renden Wassers. Ist es belastet, kann es bei tungslose Mitmenschen, die der Umwelt Mensch und Tier zu Krankheiten führen. zu wenig Sorge tragen und so gesunde In unseren Breitengraden kann man Lebensräume nachfolgender Generationen bedenkenlos den Wasserhahn ö nen und aufs Spiel setzen. Nach wie vor gelangen Wasser von höchster Qualität geniessen bewusst oder unbewusst diverse Abfälle oder es sonst wie verwenden. Gemäss den in die Kanalisation und dann glücklicher- gesetzlichen Grundlagen und der Infra- weise in eine Kläranlage. Dort werden die struktur wird dieser Standard ermöglicht. diversen Sto e mühsam mechanisch oder Ebenso wichtig ist die Reinigung des biologisch herausge ltert und fachgerecht via Kanalisationsnetz zur Kläranlage ge- entsorgt. langenden, belasteten Abwassers. Es stammt unter anderen aus dem Haushalt, Ohne Wasser kein Leben aus der Industrie, dem Gewerbe, der Stras- Bereits vor Jahrhunderten stritten sich senentwässerung und von Vorplätzen. Es Philosophen, ob nun das Wasser, das sind Bestrebungen im Gang, behandelte Glück, die Sittlichkeit oder andere Werte Abwasser wieder direkt dem Kreislauf das höchste Gut sei. zuzuführen. Zu unserer allgemeinen Glückseligkeit Sicher kann man gut schlafen mit tragen, wie bei der «Maslowschen Bedürf- einem Kilo Gold oder einem gewinnbrin- nispyramide», verschiedene Faktoren bei. genden Aktienpaket einer  orierenden Die Arbeitsplatzsicherheit, private Pro- Firma unter dem Kop issen. Aber überle- bleme und das allgemeine Wohlergehen ben kann man damit nicht. Auch wenn gehören heute o zu den Sorgen unserer das notwendige Kleingeld vorhanden Mitmenschen. Gewisse Probleme lassen ist, kann man kein Wasser kaufen, wenn sich, wenn auch mit Aufwand, lösen. keines vorhanden ist.

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Deshalb ist es wichtig, mit dem knappen Gut Wasser sorgfältig, haushälterisch und bewusst umzuge- hen. Dies heisst auch, dem ver- brauchten Wasser, dem sognannten Abwasser, höchste Priorität einzuräu- men. Das Abwasser muss also durch geeignete Anlagen wieder in sauberes Wasser umgewan- delt werden. Dieser Kreislauf wird in der Kläranlage sichergestellt.

Was hat die ARA mit der Reppisch zu tun? Oben: Vorklärung mit Biologie. Von der Abwas- Unten: Sehr romantisch. Aber für die Klärmeister eine grosse Herausforderung. ser-Reinigungs-An- lage (ARA) in Birmensdorf  iesst das bedienen und warten. gereinigte Abwasser in die idyllische, renaturierte Reppisch und von dort noch Planung ist wichtig viel weiter. Deshalb ist es von allerhöchster Es muss aber auch bereits bei der Planung Wichtigkeit, dass das eingeleitete, gerei- von neuen Siedlungsgebieten mit den nigte Wasser von einwandfreier Qualität Verantwortlichen der ARAs Kontakt auf- ist. Tägliche interne Laboruntersuchungen genommen werden. Gerade bei grösseren und ihre Überprüfung durch das Amt für Siedlungsgebieten mit Strassen und Plätzen Abfall, Wasser, Energie und Lu (AWEL), fällt ja nicht nur Abwasser im herkömm- sind enorm wichtig. Richtigerweise lichen Sinn an. Regenwasser, Strassenab- erhöhen immer präzisere Messgeräte mit wasser usw. sind  emen. Durch Retention minimalen Toleranzen die Anforderungen und Rückhaltebecken muss gewährleistet an die Anlagen und die Mitarbeiter, die sie werden, dass bei grossen Unwettern oder

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Gewittern die ARA nicht auf einen Schlag Bereits 1964 bildete sich eine Kläranlagen- überlastet wird und an und für sich sau- kommission der politischen Gemeinden beres Wasser unnötigerweise durch eine Aesch, Bonstetten, Stallikon, Uitikon, Reinigungsanlage geschickt wird. Wir Wettswil und Birmensdorf. Das Ziel war sprechen hier von Trennsystemen und der Bau und der Betrieb einer gemeinsa- Mischsystemen. Da sind die Gemeinden men ARA im Reppischtal unterhalb von durch laufende Überprüfungen ihres GEP Birmensdorf. Das Wasser  iesst ja nach (Genereller Entwässerungsplan) in der wie vor von oben nach unten. Im Jahr 1969 P  i c h t . schlossen sich die erwähnten Gemeinden Unter Abwasser versteht man das zu einem Zweckverband zusammen. Es Regenwasser von Dach und Grundstück wurde ein Projekt genehmigt und die sowie das verschmutzte Brauchwasser aus nötigen Baukredite gesprochen Nach einer Feuchträumen wie WC, Waschmaschine Bauzeit von rund 21 Monaten konnte die etc. Anlage am 2. Juli 1973 provisorisch in Betrieb genommen werden. Von den an- Trennsystem, Mischsystem geschlossenen Gemeinden mussten, durch Das Wasser wird durch den Anschluss die Geogra e gegeben, sehr lange Sammel- an eine ö entliche Kanalisation ent- kanäle erstellt werden. sorgt. Regenwasser lässt sich auch für die Der damalige Chef des Amts für Ge- Gartenbewässerung sammeln. Sinnvoll wässerschutz und Wasserbau Ch. Maag ist auch, es versickern zu lassen, um die schrieb damals unter anderem: «Die ARA Kanalisation zu entlasten. In Bezug auf Birmensdorf ist die zweiundachtzigste im das Regenwasser unterscheidet man zwei Kanton.» Abwassersysteme: Die Anlage wurde, mit einfacher Rei- Beim «Mischsystem» wird das nigungsleistung, bereits für 23 000 Einwoh- Regenwasser mit dem übrigen Abwasser nergleichwerte ausgelegt. Die Kosten zur zusammen in die Kanalisation geleitet. Erstellung beliefen sich inklusive Zulauf- Beim «Trennsystem»  iesst das Re- kanäle auf rund 11,510 Millionen. genwasser in einen eigenen Kanal oder wird durch eine Sickergrube ins Erdreich Erster Ausbau 1986 geleitet. In der damaligen Vorlage an die Stimm- Das heisst, wo immer möglich, ist ein bürger wurde folgende Erweiterung Trennsystem zu planen. beantragt. Die ARA Birmensdorf muss in Bezug auf die Schlammbehandlung Geschichte der Kläranlage in (Hygienisierung) und die Ab ussqualität Birmensdorf (Nitri kation und Phosphatfällung) bis Um im Weiteren das lange Wort Kläranla- 1990 bis bzw. 1993 den gesetzlichen Erfor- ge nicht mehr zu verwenden, verwende ich dernissen angepasst werden. Dies bedingt ab sofort ARA. Das ist die Abkürzung für einerseits den Bau einer Pasteurisierungs- Abwasser-Reinigungs-Anlage. anlage und eines weiteren Stapelbehälters

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für den Schlamm. Andererseits müssen weitere Reinigungs- becken erstellt werden. Ebenso sind die bestehenden Anlageteile den neuen Erfordernis- sen anzupassen. Die Kreditsumme belief sich auf 11,2 Mio., von denen eine Sub- vention von ca. 2,9 Mio. von Bund und Kanton getragen wurde. Die eigentlichen Betriebskosten betrugen damals für die Zweckverbands- gemeinden rund 450 000 Franken pro Jahr. Damals konnte der Klärschlamm Oben: Es hat kaum Platz zwischen den sich im Betrieb befi ndlichen Anlageteilen. noch zur landwirt- Unten: Kein Irrgarten, sondern die Auslaufkanäle der neuen Nachklärbecken. scha lichen Verwer- tung auf die Felder ausgebracht werden. wurden auch andere Engpässe in der Anlage behoben. Die Bauzeit dauerte rund Zweiter Ausbau zwei Jahre. Im Jahre 1999 erfolgte der Spatenstich für ein weiteres Ergänzungsprojekt mit einem Wieder eine Baustelle Investitionsvolumen von 8,1 Mio. Mit die- Anlässlich einer Urnenabstimmung vom sem Projekt wurde die Kläranlage, gestützt 3. März 2013 wurde von der Bevölkerung auf eine Erhebung der prognostizierten Be- der angeschlossenen Gemeinden erneut völkerungsentwicklung, bis 2015 gesichert. ein Kredit von rund 25,6 Mio. für einen Schon damals wurde davon gesprochen, Ausbau bewilligt. Dieser Ausbau ist in den dass das Ausbringen des Klärschlamms Jahren 2014 bis 2018 geplant und läu auf die Felder verboten würde, was dann im Moment auf vollen Touren. Wie oben auch bald der Fall war. Mit diesem Ausbau beschrieben, wurde die bestehende Anlage

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für einen Planungshorizont bis 2015 inkl. Regenbecken und der Nachklär- gebaut. Die Bevölkerung im Einzugsgebiet becken können der heutige Sandfang, das der ARA hat während den letzten Jahren Sandwäschergebäude und die Zulauf- stärker zugenommen als erwartet, was sich kanäle zu den Vorklärbecken abgebrochen auch in der Zulau elastung widerspiegelt. werden. Im frei werdenden Bereich wird Die biologische Reinigung verfügt nur das neue Betriebsgebäude erstellt. In dieser noch von Reserven von ca. 5 Prozent. Zeit bleibt das heutige Betriebsgebäude Das Ausbauziel wurde für das Jahr in Betrieb. Nach Fertigstellung des neuen 2035 auf 33 000 Einwohner festgelegt. Der Betriebsgebäudes können das alte Betriebs- Ausbau wurde in 3 Etappen eingeteilt. gebäude und das Regenbecken abgebro- chen werden. So kann der Platz vor der Erste Etappe Schlamm-Muldenhalle und damit der Der dringendste Handlungsbedarf in Be- Manövrierplatz vergrössert werden. zug auf die ARA besteht bei der mechani- schen Reinigung und beim Regenbecken. Dritte Etappe Die Rechenanlage hat ihre Lebenserwar- Zur Steigerung der biologischen Reini- tung erreicht und muss baldmöglichst gungskapazität wird der ganze Becken- ersetzt werden. Aufgrund der gewählten block, bestehend aus Vorklär- und Belüf- Anlagendisposition müssen die neuen tungsbecken, um einen Meter erhöht. Nachklärbecken gebaut werden, bevor Dabei wird auch der Frischschlamm- die bestehenden angepasst und damit schacht und der Zulau ereich zu den die neuen Rechen- und Sandfanganla- Vorklärbecken angepasst. Die Becken- gen erstellt werden können. Im Zuge des erhöhung erfolgt Strassenweise, das Neubaus der Nachklärbecken werden auch heisst, dass jeweils eine Abwasserstrasse das neue Regenbecken und der Werklei- in Betrieb bleibt, während die andere tungsgang zwischen Biologie und Nach- umgebaut wird. Zur Reduzierung der klärung gebaut. Die Gebläse-Station wird Frischschlammmenge und zur Entlas- vom heutigen Standort im UG neben dem tung des Vorklärbeckens wird im Erdge- Pasteurisierungs-Gebäude in den neuen schoss des Pasteurisierungsgebäudes eine Werkleitungsgang neben die Belü ungs- Überschussschlamm-Entwässerung (inkl. becken versetzt. Parallel dazu wird der Vorlagebehälter) erstellt. Sie wird zweck- neue Zulau anal und das Trennbauwerk mässigerweise vor der Aufstockung des erstellt. In dieser Zeit bleiben die beste- Beckenblocks realisiert, da während der hende mechanische Reinigung und die Aufstockung nur ein Vorklärbecken mit biologische Reinigungsstufe unverändert entsprechend geringerer Schlamm- in Betrieb. abscheidekapazität in Betrieb ist. Der Zeit- punkt für die Ausführung der Etappe 3 Zweite Etappe ist abhängig von der Belastungszunahme Nach der Fertigstellung und Inbetriebnah- und dem Erreichen der Kapazitätsgrenze me der neuen mechanischen Reinigung der biologischen Stufe.

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Zopf und Co.

Die Anlage muss weiterhin 24 Stun- den im Betrieb sein und die vom Gesetz- geber vorgegebene Reinigungsleistung gewährleisten. Ein wesentlicher Aspekt bei der Um- setzung des Ausbaus der ARA Birmens- Die Pumpe meldet Alarm. Wir nennen das Zopf. Hat aber dorf ist die Gewähr- Da muss ja wohl etwas nichts mit der Backware zu tun. verstopft sein! Da gelangen wohl wieder viele leistung des Betriebs Sachen ins Abwasser, die nicht der Kläranlage und dahin gehören. die Einhaltung der Reinigungsleistung Was sicher nicht ins Abwasser gehört

während den Bau- ■ Speisereste, organische Abfälle, Verpackungen aller Art. arbeiten. Der ge- ■ Bratöle, Bratfette, Öl aus Fritteusen plante Bauablauf ■ Säuren, Gifte, Lösungsmittel, Maschinenöle, Farbreste ■ Windeln, Binden, Präservative, Wattestäbchen, Rasierklingen garantiert den vor- Strümpfe, Unterwäsche schri sgemässen ■ Katzenstreu, Zementwasser, Zigarettenstummel Betrieb während den Diese Abfälle belasten die Kanalisation, können zu Schäden in den gesamten Umbauar- Pumpwerken und in der ARA führen und erschweren die Abwasserreinigung. beiten. Die Erweite- rungsbauten der ARA Birmensdorf können zu einem grossen Teil unabhän- Abklärungen. In diesem Bauprojekt wird gig vom Betrieb der bestehenden Anlage lediglich der Platzbedarf für eine weiter- auf unbebauten Flächen resp. im Bereich gehende Reinigungsstufe ausgeschieden. von nicht mehr verwendeten Anlagetei- Die Planung der Ausführungen ist nicht len erstellt werden. Dennoch sind einige Projektbestandteil und erfolgt zu einem Betriebsprovisorien notwendig, welche in späteren Zeitpunkt. den Kosten eingerechnet wurden.

… und wie weiter Die Rahmenbedingungen zur Erstellung einer weitergehenden Reinigungsstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen Ringo Keller ist Gemeinderat in Birmensdorf und sind zurzeit noch Gegenstand politischer Präsident des Zweckverbands Kläranlage

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Über 700 Jahre lebendige Geschichte Wer vom Bezirkshauptort Aff oltern am Albis ins obere Die Aumüli Stallikon Reppischtal wechseln will, muss – ein Kulturmagnet den Übergang beim «Müliberg» bewältigen. An diesem Orts- namen lässt sich die Tradition und die regionale Bedeutung der Aumüli gut aufzeigen: Obwohl die Mühle noch zwei Kilometer entfernt ist und einen halbstündigen Fussmarsch vorbei am Götschihof und am Wolfenhof erfordert, macht der Name des Passes bereits auf die Drehscheibe Aumüli aufmerksam.

Text: Jean-Jacques Bertschi Die Schlüsselrolle der Mühlen Vergessen wir die heutigen, komfor- Es ist für unsere Generationen kaum tablen Verkehrsachsen im Reppischtal! vorstellbar, welch zentrale Rolle die vielen In der Blütezeit der Aumüli mussten Mühlen auf dem Lande spielten. Munte- schmale, stotzige Wege und Fusspfade re Wasserräder prägten fast überall das zwischen Stallikon, Bonstetten, Wettswil, Dorfb ild. Kein Wasserlauf ohne Mühle. Aeugst, dem Aeugstertal und der Buchen- Allein zwischen Reuss und Albis sind egg genügen. Sie waren gerade so breit über ein Dutzend Mühlen nachgewiesen. und fest, «das ein Ross zwen Müt Kernen In Birmensdorf, Sellenbüren und Stalli- zu Ruggen trägen möge». Anders ausge- kon; in Aesch, Hedingen und Aff oltern; drückt: Der Transport von Getreide- und in Hausen, Riff erswil, Mettmenstetten, Mehlsäcken durch Lastpferde im Verkehr Maschwanden; in Obfelden, Ottenbach mit der Mühle war die Messlatte. und Jonen. Der Begriff «Mühle» war über

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Über 700 Jahre lebendige Geschichte

Blick in die Sägerei: Wasserräder dienten als Antrieb für Maschinen aller Art.

Jahrhunderte praktisch gleichbedeutend Im Zuge der Industrialisierung kam der mit «Antrieb» oder «Maschine». Dank «Mühlentechnologie» nochmals eine der Wasserkraft liess sich an Ort und Stel- besondere Rolle bei der Herstellung le Energie gewinnen und direkt einsetzen. von Elektrizität zu. Doch vieles davon In der Regel war jedes Mühlenrad auf können wir heute nur noch erahnen, einen Hauptzweck ausgerichtet: Da gab denn längst sind die meisten Mühlen es Getreidemühlen (mit Relle, Stampfe (und viele der nachfolgenden Turbinen) und Reibe), Sägemühlen, Rindenmühlen, ersetzt. Von einst 7000 vorindustriellen Lohmühlen, Textilmühlen, Ölmühlen, Mühlen seien heute noch rund 70 in Hammerschmieden, Papiermühlen, Betrieb, sagen die Mühlenfreunde. Umso Pulvermühlen, Kalk- und Gipsmühlen. dankbarer sind wir für die prächtige Die Aumüli wies in ihrer Blütezeit fünf Aumüli von Stallikon, die allen Stürmen Wasserräder auf! getrotzt hat.

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Schon die alten Römer … der überdachte Bretterlagerschopf und der Aufbau und Funktionsweise der Mühlen gepflegte Bauerngarten. Der Weiler ist vor in der Antike sind uns aus griechischen längerer Zeit als Bestandteil der Landschaft und römischen Quellen vertraut. Die Albiskette – Reppischtal ins Inventar der Herstellung von Wasserrädern war schon Landschaften und Naturdenkmäler von früh verbreitet und wurde weitergegeben. nationaler Bedeutung aufgenommen Bei den Römern dominierte der Typ worden. der «hinterschlächtigen, durch starken Stiftung und Verein Pro Aumüli Aufschlag des Wassers angetriebenen Stallikon ist es zu verdanken, dass diese an- Schussräder». In Hagendorn bei Cham spruchsvollen Haupt- und Nebengebäude (also ganz in der Nähe) entdeckte man dauernd in Stand gehalten und mit Leben 1944 Überreste von drei Wasserrädern erfüllt werden. Wasserrad, Mahlraum und einer römischen Mühle. Bereits im Jahr Sägerei stehen im Zentrum. Aber sehr viel 764 wird die Mühle von Weisslingen mehr an kostbarem Brauchtum und Tra- bei Winterthur auf einem Pergament dition hat in der Aumüli inzwischen eine erwähnt. Die Aumüli ist jünger: Sie lässt kulturelle Heimat gefunden: Schmiede, sich mit Sicherheit bis ins Jahr 1328 zu- Mostpresse, Brennerei – um nur einige zu rückverfolgen – also fast 700 Jahre! Dabei nennen – sollen erhalten und funktions- profitieren wir vom Aufkommen der tüchtig hergerichtet werden. Schriftlichkeit. Die Testamentsvollstre- cker von Chorherr Rüdiger Schwend, der Heinzelmännchen schaffen Wunder! soeben einen Altar für die Wasserkirche Heerscharen von Helfern und Helferinnen, gestiftet hatte, überschrieben der Altar- grosszügige Spenden, kulante Handwerker pfründe am 16. Mai 1328 «jährlich 3 Mütt und das kantonale Amt für Denkmalschutz Kernen von der Mühle zu Tägerst bzw. in sorgen seit gut 15 Jahren gemeinsam dafür, der Au». Natürlich bestand die Aumüli dass die hohen Kosten für diese Perle am schon vor dieser ersten nachweislichen Oberlauf der Reppisch immer wieder Erwähnung. Wie viele Jahre, Jahrzehnte irgendwie geschultert werden können. Der oder gar Jahrhunderte das sind, wissen Virus sitzt: Berichte über die jeweiligen wir leider nicht. Bauetappen, die neuen Ziele, die möglichst originalgetreuen Renovationen … und die Der Weiler Aumüli: reichhaltig, kunstvolle Zusammensetzung geeigneter lebendig und echt Arbeitsteams könnten Bände füllen. Viele Die schmucken Bauernhäuser der Aumüli Arbeiten und Projekte richten sich getreu liegen heute links der Reppisch an der nach dem Grundsatz: «Ein Haus überlebt, Querverbindung von der Buchenegg nach wenn es einen trockenen Kopf und trocke- Bonstetten. Auch dem schnellen Betrachter ne Füsse hat.» fällt das stimmige Ensemble auf: die Mühle Der grösste Dank für diese unerschöpf- mit Wasserrad und Sägerei, die wuchtige liche Freiwilligenarbeit liegt wohl in den Scheune mit Auffahrt, der Wagenschopf, leuchtenden Augen der Ämtler Schulklas-

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sen auf ihrem «Trip in die Vergangenheit» mit einem Schieber so reguliert wurde, und kommt von den Hundertschaften dass die Mühlen im Reppischtal entspre- begeisterter Besucher an öffentlichen chend ihrem Bedarf mit Wasser versorgt Anlässen. Jung und Alt von fern und nah. wurden. Die Aumüli besitzt von alters her Nicht selten schwelgen die älteren Semes- ein verbrieftes Wasserrecht zur Nutzung ter in Nostalgie, während die Jungspunde des Reppischwassers. Bauklötze staunen, was alles passieren Es ist ein unschätzbarer Vorteil, dass muss, bis das begehrte Aumüli-Dinkelmehl die Aumüli in ihrer langen Geschichte in seiner unvergleichlichen Qualität vor- immer genutzt und dadurch erhalten liegt. Wer kennt schon die vielen sorgfältig wurde. Natürlich wechselten die Prioritä- dosierten, fein aufeinander abgestimmten ten: mal Müllerei, mal Forst- und Land- Arbeitsgänge? Wem sagen die Fachbegriffe wirtschaft, mal Vieh- und Pferdezucht. Trimelle, Elevator, Separator, Rölle, Rendel, Ähnliche Entwicklungen gelten für den Trieur, Rüttelschuh und Flachsichter wirk- Gewässerschutz: In unserer Zeit liegt der lich etwas? In der Aumüli lernt man sie Schwerpunkt auf einer für Flora und Fauna kennen und verstehen. naturnahen Nutzung des Reppischwas- sers. Wer hat nun Vorrang: Mühle oder Der Wasserkrieg an der Reppisch Bach? Dieser Zielkonflikt trieb Reinhard Mühlen sind ans Wasser gebaut. So weit, so Möhrle (1927 – 2012) aus Sellenbüren, gut. Im Falle der Aumüli besteht kaum Ge- den unermüdlichen Förderer der Aumüli, wissheit, wo sich das Flussbett in früheren fast zur Weissglut. Seine Vision war es, den Zeiten genau befand. Richtig ist, dass die traditionellen Betrieb der Mühle (Getrei- Wassermenge beim Ausfluss des Türlersees demehl mahlen und Holz sägen) mit der

Verein und Stiftung Pro Aumüli, Stallikon

Der Verein Pro Aumüli Stal- zu den Aufgaben des Vereins die Gelder zu diesem Zweck likon wurde 1995 ins Leben zählt die Information der bereitzustellen. Die Bau- gerufen. Er hat die Aufgabe, Öffentlichkeit, z.B. durch die kommission des Stiftungs- die Liegenschaft zu betrei- Herausgabe der Aumüli-Mit- rats ist für die Vorberei- ben und zu erhalten. Die teilungen. Deshalb sucht tung und Begleitung der Vereinsmitglieder erbringen der Verein freiwillige Helfer Renovationsabschnitte im Zuge der Renovation wie Schreiner, Schlosser, zuständig. Ein sehr grosser viele Eigenleistungen. Die Dachdecker, Maurer, Gärtner, Teil der Arbeit wird von den Organisation des jährlichen Büroleute, Event-Manager, Vereinsmitgliedern in Fron- Mülitags, von Führungen Mechaniker, Zimmerleute, arbeit geleistet. mit Apéro und weiterer Müller, Säger und Allrounder. Die Mietverwaltung Veranstaltungen sind eine Die Stiftung Pro Aumüli sowie die Zusammenarbeit gute Gelegenheit, die Mühle Stallikon ging 1998 aus dem mit AWEL und Denkmal- einer breiten Öffentlichkeit Verein hervor und befasst pflege gehören ebenfalls zu zeigen und für Spenden- sich mit der Renovation der zu den Aufgaben des Stif- gelder zu werben. Ebenfalls Liegenschaft bzw. damit, tungsrats. www.aumueli.ch

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1 Das Wohnhaus mit Bauerngarten, links davon Oberwasserkanal und Sägerei. 2 Die Aumüli als Mekka für altes Hand- 2 werk: Der Hufschmied an der Arbeit. 3 Das Wasser des Kanals (rechts) treibt das oberschlächtige Wasserrad an. Links Inzwischen hat sich ein guteidgenössischer davon der gedeckte Anbau der Sägerei. Kompromissvorschlag durchgesetzt, der 4 Herbstlicher Blick von der Reppisch auf für den neutralen Beobachter durchaus den stattlichen Weiler Aumüli. Sinn macht: Der 250 Meter lange Ober- 5 Am Mülitag kann man sehr viel lernen – lauf bis zum oberschlächtigen Wasserrad generationenübergreifend. wurde prächtig restauriert. Desgleichen der 175 Meter lange Unterlauf zurück zur vertraglich zugesicherten Wassermenge Reppisch. Das «Streichwehr» (oder die aus der Reppisch vollwertig aufzunehmen, «Wuhr») an der Reppischtalstrasse macht wenn möglich unter dem alten Regime es möglich, den Abfluss des Reppischwas- der Türlerseeregulierung. Er stützte sich sers unter genau definierten Bedingungen voll auf das «ehehafte» (auf ewig angelegte) so zu leiten, dass die traditionelle Mühle Wasserrecht der Aumüli. Auch die heutigen mitunter «in Originalbesetzung» laufen Behörden hätten dieses ohne jeden Abstrich kann. Ein Elektromotor sichert den Betrieb zu respektieren und zu gewährleisten. zu allen anderen Zeiten und entlastet So setzte er um die Jahrtausendwende damit den Bach, der ja manchmal recht Himmel und Hölle in Bewegung, beharrte wenig Wasser führt. mit aller Kraft auf dem verbrieften Wasser- recht, gelangte via einen Zürcher Standes- Die Aumüli als Flaggschiff am herrn sogar an den schweizerischen Bun- Schweizer Mühlentag desrat – es half alles nichts. Die Interessen Mit Recht sind die Mitglieder des «Un- der Reppisch als naturnahem Fliessgewässer terstützervereins» stolz auf das Erreichte: wurden letztendlich höher gewichtet als «Das Wasserrad ist das Herz der Mühle, das das vorgelegte Wasserrecht. Alle Kompro- Mahlwerk seine Seele!» Dank den Laien- missvorschläge scheiterten. Schliesslich zog müllerkursen in der Aumüli kann das alte sich Reinhard Möhrle verbittert zurück. Handwerk vor Ort erhalten werden und das Seine grossen Verdienste um die Kultur- Mehl der Aumüli (Dinkel und Emmer) ist schönheiten in der Region überdauern diese inzwischen ein richtiger Verkaufsschlager. schmerzhafte Periode jedoch bei Weitem. Dessen Qualität bestaunten 2012 auch die

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sechs Müllerlehrlinge der Swissmill, welche geswerk, ihre «Hobbys» und ihre Volkskul- Gelegenheit erhielten, ihr zukünftiges tur werden lebendig. Der Tag ist ein Publi- Handwerk und ihr erworbenes Können für kumsrenner! Weil das ganze Ambiente eine einmal auf einer hundertjährigen Anlage fassbare und nüchterne Echtheit ausstrahlt, unter Beweis zu stellen. Das steingemahlene taucht der Besucher in die Wirklichkeit Mehl konnte es mit dem heutigen, mit mo- einer vergangenen Zeit ein und lässt sich auf dernsten Stahlwalzen hergestellten durchaus einer faszinierenden Zeitreise treiben. Die aufnehmen. Weberinnen lassen den Webstuhl rattern. In den letzten Jahren ist die Aumüli Die Klöpplerinnen zeigen ihr grosses Ge- für die Region, ja teils über die Schweizer schick. Der Hufschmied beschlägt das Pferd Landesgrenze hinaus zu einem eigentli- im Hof. Unter dem Vordach geht es darum, chen Kulturmagnet geworden. «Viel mehr den Flachs zu brechen, zu hecheln, zu riffeln als eine Mühle» wäre wohl ein passendes und zu spinnen. Die «Wöschwiiber aus dem Prädikat. Diesen Ruf haben sich die Betrei- Sihltal» machen derweil mit kräftigen Ober- ber durch die von Jahr zu Jahr ausgebaute armen grosse Wäsche an der frischen Luft. und perfektionierte Präsenz am Schweizer In der Sägerei entstehen neue Bretter … und Mühlentag erworben. Die Vereinigung natürlich wird in der Mühle Getreide Schweizer Mühlenfreunde sorgt mit dem gemahlen. Marktstände bieten Hofprodukte beliebten «Swiss Mill Day» seit 2001 dafür, und lokale Spezialitäten an. Von Zeit zu Zeit dass alljährlich am Samstag nach Auffahrt dringen Jodellieder und Alphornklänge «alle Mühlen tief drunten am Bach klap- ans Ohr. Für den Verein Pro Aumüli ist der pern». Neunzig historische Anlagen gab Tag eine grossartige Gelegenheit, einem es 2015 landesweit zu besichtigen. 25 000 interessierten Publikum die im vergangenen Mühlenfreunde nehmen jeweils teil – bei Jahr erzielten Fortschritte an Ort und Stelle jedem Wetter. aufzuzeigen … und neue Mitglieder für Die Aumüli hat ihre aussergewöhnliche den Verein und seine wertvolle Freiwilligen- Einbettung in den original erhaltenen Wei- arbeit zu gewinnen. Heinzelmännchen sind ler dazu genutzt, innerhalb und ausserhalb bekanntlich immer willkommen. der historischen Gebäude gelebtes Brauch-

tum und eindrückliches Handwerk an der Quellen: Mitteilungen des Vereins Pro Aumüli Stallikon 1998 – 2014 Arbeit zu zeigen. Der anstrengende Alltag Webauftritt Vereinigung Schweizer Mühlenfreunde Jean-Jacques Bertschi aus Wettswil am Albis erkundete die Aumüli im der Menschen auf dem Land, ihr hartes Ta- Gespräch mit Fredi Hofmann vom Verein Pro Aumüli Stallikon.

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Spitzensport auf der Reppisch «Fürs Reppisch-Derby war halb Dietikon auf den Beinen» Foto: zVg Foto:

Das Reppisch-Derby ist in vielen Köpfen der Dietikerinnen und Dietiker noch präsent. der Fall: Latenter Wassermangel machte Vor knapp sechs Jahrzehnten fand das die Durchführung des Rennens jeweils zur Zitterpartie, im Verlauf der Jahre musste erste Kanu-Rennen auf der Reppisch statt das Reppisch-Derby wegen tiefem Wasser- und hatte danach über lange Zeit einen stand einige Male abgesagt werden. Andere festen Platz im Terminkalender der Schwei- Umstände sorgten aber für einen fixen Platz des Derbys in der Agenda der Kanu- zer Wildwasserfahrer. ten. Viele von ihnen gehörten nämlich zur Schweizer Elite der Wildwasserfahrer und Text: Thomas Pfann gleichzeitig waren sie Mitglieder des Ka- Für die grosse Beliebtheit des Reppisch- nu-Clubs Dietikon KCD. An den Rennen Derbys waren verschiedene Faktoren ver- im Reppischtal trainierten und brillierten antwortlich. Nicht, dass der Fluss – oder sie und waren national und international das Flüsschen – von Birmensdorf her- erfolgreich. kommend mit tosender Wucht durch Am 12. April 1959 meldeten sich Dietikon rauschte. Eher das Gegenteil war 17 Teilnehmer zum ersten Reppisch-Der-

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Der junge Kurt Zimmermann passiert das «Fröhlichwehr» am Reppisch-Derby 1971.

by. Der Fluss präsentierte sich einmal mehr erfahrenen Teilnehmern gelang es nicht als besserer Bach, die arme Reppisch litt immer, ohne Bodenberührung oder gar ei- also schon bei der Premiere an Wasser- nem Taucher die Strecke zu meistern. Die not. Trotzdem standen oben beim Start zahlreichen Kurven und vielen kleineren eigentliche Cracks des Kanusports bereit. Wasserfälle verlangten von den Fahrern Insbesondere der KCD schickte seine bes- ten Kanuten ins Rennen, darunter Robert Inhelder, Heinz Grobat, Werner und Ma- Von 1959 bis 1971 markierte deleine Zimmermann. Letztere gewann an das Reppisch-Derby jeweils den Kanu-Slalom-Weltmeisterschaften im österreichischen Steyr die Bronzemedaille den Beginn der nationalen im Einer-Kajak-Team der Frauen und Wildwassersaison. war später Coach der Schweizer National- mannschaft. Unter anderem trainierte sie auch den siebenfachen Schweizermeister höchste Konzentration. Auch die wilde Na- Edi Paul, ebenfalls Mitglied des KCD. tur am Flussufer half oft mit, die ungestü- me Fahrt der Kanus zu bändigen. Äste und Ohne Bodenberührung geht es fast nicht Gestrüpp wickelten sich manchmal um Im Gegensatz zum Kanu-Slalom galt das die Paddel, und die Rennfahrer blieben im Reppisch-Derby von Beginn weg als ein Gehölz stecken. Bei der Grunschen-Wiese Abfahrtsrennen. Die Aufgabe war, so erreichten die Kanuten nach einem rund

Foto: zVg Foto: schnell wie möglich die rund sechs Kilo- 20-minütigem Ritt auf den Wellen das Ziel. meter lange Strecke hinter sich zu bringen, Von 1959 bis Anfang der 70er Jahre die Fahrer suchten sich die schnellste feierte das Reppisch-Derby grosse Erfolge. Route selbst. Gewassert wurden die Boote Der frühe Austragungstermin Ende März jeweils im Reppischtal unterhalb der heu- oder Anfang April bedeutete gleichzeitig tigen Kaserne. Danach ging es mehr oder der Beginn der Wildwassersaison. Für die weniger geruhsam flussabwärts, bis dann Durchführung des Rennens zeichnete stets nach der Bremgartenbahn-Unterführung der Kanu-Club Dietikon verantwortlich. die ersten Schwierigkeiten warteten. Kleine Die Vorbereitungen für das Derby waren Furten oder Untiefen brachten die Kanu- jedes Jahr gross, denn während eines ten nicht aus der Ruhe, jedoch wurde der Jahres veränderte sich die Umgebung der zahme Bach nach dem Reppischhof zum Reppisch regelmässig. «An verschiedenen eigentlichen Fluss. Im Abschnitt nach der Stellen mussten Steine mühsam aus dem Firma Soudronic bis zum Marmoriweiher Fluss geräumt werden, damit die Kanus erwarteten die Rennfahrer anspruchsvolle nicht auf Grund liefen», erinnert sich Passagen und Hindernisse. Das «Fröhlich- Kurt Zimmermann, Mitglied der Dietiker wehr» wurde mit einer wasserüberspülten Kanufahrer-Dynastie und selber Spitzen- Holzrutsche überwunden und bedeutete fahrer in den 70er und 80er Jahren. «Die das eigentliche «Pièce de résistance». Selbst Boote bauten wir damals grösstenteils

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noch selber aus Glasfaser und Polyester. Wasser sorgte. «Wenn es auf der Reppisch Das spröde Material ging sehr schnell in von oben und unten ‹füechtelet›», titelte die Brüche, wenn man aus Versehen einen die «Limmat Zeitung» (LiZ) vom 30. März Stein rammte.» An den Reppischufern 1987. An diesem regnerischen Sonntag im wuchs das Gestrüpp wie wild, so dass ein April erlebte das traditionsreiche Rennen die 17. Aufl age. Gleichzeitig feierte der Dietiker Kanu-Club seinen 30. Geburts- Das «Fröhlichwehr» tag – eine optimale Ausgangslage also, die mit der wasserüberspülten Wildwasserfahrer aufs Nass zu schicken. Und nass war es tatsächlich – von allen Holzrutsche war Seiten und in rauen Mengen. Klagten das «Pièce de résistance». die Organisatoren in früheren Jahren ihr Leid wegen tiefem Flussgang und Was- sermangel, sorgte der Regen für mehr als Kontrollgang dem Fluss entlang mit Säge genug Fahrwasser. Der Start befand sich und Messer vor dem Rennen unumgäng- wiederum zwischen Birmensdorf und dem lich war. Reppischhof. Im Gegensatz zu früher war Das Publikum strömte in grosser dieses Gelände nun nicht mehr so einfach Menge zum Wildwasserrennen, der Sport- zugänglich, wie der LiZ-Journalist Eric anlass war ein Volksfest. Und obwohl das Zeller damals treff end schrieb: «Wo sonst Reppisch-Derby zum Swiss-Cup gehörte die Rekruten der Füsilierschulen durch den und lange Zeit von nationaler Bedeutung Morast kriechen, fl uchen und wild um sich war, stand Spass und Plausch genauso schiessen, herrschte an diesem Sonntag für auf dem Programm wie die sportlichen einmal eine friedliche Stimmung. Kanu- Ambitionen der Teilnehmenden. Der Was- ten aus der ganzen Schweiz waren damit sermangel machte den Organisatoren des beschäft igt, ihre Boote von den Anhängern KCD aber regelmässig zu schaff en, so dass abzuladen und sich auf des Rennen vorzu- 1972 auf die Durchführung des Derbys bereiten.» erstmals verzichtet werden musste. Die Das nationale Teilnehmerfeld umfasste Organisatoren suchten nach Alternativen wie in früheren Jahren von engagierten und führten 1978 ein Slalomrennen auf Hobbyfahrern bis zu Elitekanuten alles, der Limmat durch. Der Anlass konnte sich was sich während sechs Kilometer auf aber nicht etablieren, so dass der nationale Wildwasser halten konnte. Die Verhältnisse Kanurennsport in Dietikon vorerst einmal präsentierten sich als anspruchsvoll, die zum Erliegen kam. grossen Abstände der einzelnen Fahrer zeigten deutlich, dass auch ein Fluss im Un- «Füechtele» von oben bis unten terland durchaus in der Lage war, die Spreu Es dauerte 12 Jahre, bis das Reppisch-Der- vom Weizen zu trennen. Die Cracks des by aus dem Dornröschenschlaf erwachte KCD vermochten vorne mitzumischen, die und erneut für spannende Action auf dem Siege gingen aber sowohl bei den Damen

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Eine ganze Seite mit Bildern wird dem 21. Reppisch-Derby gewidmet. «Bezirks-Anzeiger Dietikon», 26. März 1991

Nationalteams, äusserte sich gegenüber der LiZ folgendermassen: «Die Strecke des Reppisch-Derbys ist wunderschön, land- schaft lich reizvoll und technisch ausgespro- als auch bei den Herren an die Konkurrenz chen anspruchsvoll. Im oberen Teil werden aus der ganzen Schweiz. Am Schluss des an die Kondition hohe Ansprüche gestellt, neu auferstandenen Wasserspektakels wa- unten kommen nur gute Techniker schnell ren alle zufrieden, auch die Zuschauer, die genug durch. Das Reppisch-Derby kann allerdings wegen des Hundewetters nicht nur ein kompletter Fahrer gewinnen, das allzu zahlreich erschienen waren. macht das Rennen umso spannender.» Edy Zürcher, in den 80er Jahren Zum 19. Wettkampf 1989 strömten wieder Elitefahrer des KCD und Mitglied des viel mehr Zuschauer ans Wildwasser-Ren-

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nen als zwei Jahre zuvor. «Es war wie früher. Kommentare zu Ohren. Das LT beschrieb Fürs Reppisch-Derby war halb Dietikon es so: «Mit manchmal furchterregenden auf den Beinen und verteilte sich entlang Flüchen und unter ständigem Gepolter der der Reppisch», erinnert sich Urs Duc. Er Steine unter dem Kanu steuerten sie den hatte als damaliger KCD-Präsident und schmalen Schiffsrumpf durch die wenigen Kanäle, welche genügend Wasser für die Durchfahrt boten.» Mit furchterregenden Vor allem das berühmt-berüchtig- Flüchen steuerten sie den te «Fröhlichwehr» und die Holzrutsche schien die Fähigkeiten einiger Bootsleute schmalen Schiffsrumpf besonders arg herauszufordern. Einige durch die wenigen Kanäle. unterschätzten die Anfahrt an den kleinen Wasserfall und trieben plötzlich kopfüber im kühlen Reppischwasser nach unten. mehrfacher Schweizermeister im Kanufah- Auch wurden einige der Anfänger von den ren für das Revival des Rennens gesorgt. kurze Zeit später gestarteten Profis auf die «Das Reppisch-Derby hat sich etabliert», Seite gedrängt und überholt, was böse Wor- bestätigte auch das «Limmattaler Tagblatt» te und kühle, aber unfreiwillige Bäder zur (LT). «Früher als ‹Kanu-Cross› verschrieen, Folge hatte. Gewonnen wurde das Rennen hat sich der traditionelle Wettkampf im Ka- in der Elite-Kategorie vom Jurassier Roland lender der Schweizer Wassersportler in den Juillerat, der Dietiker Edy Zürcher belegte letzten drei Jahren zum stets mit Spannung den 4. Rang. erwarteten Saisonauftakt entwickelt.» Dar- um säumten Hunderte von Kanubegeister- Ritt übers Wasser im Taxi ten den sonst verträumten Fluss zwischen Spitzenleistungen und fröhliche Taxi- Birmensdorf und Dietikon. Zwar beklagte fahrten prägten das 21. Reppisch-Derby man wieder einen etwas tiefen Wasserpegel 1991. Für den Start gemeldet hatte sich und selbst das öffnen der Schleusen beim auch das Kanu-Kader für die Olympi- Ausfluss des Türlersees half nur wenig, da- schen Spiele 1992 in Barcelona. Insgesamt mit die Kanuten immer genug Wasser unter 48 Konkurrentinnen und Konkurrenten dem Kiel hatten. Genau genommen hatten nahmen das Reppischwasser unter den die Abfahrtsboote aus filigranem Fiberglas Bootsrumpf und sorgten für ein ordentli- mit ihrer Zigarrenform natürlich keinen ches Wettkampspektakel. Eine besondere Kiel, dafür einen erheblichen Tiefgang, Attraktion hatten sich die Organisatoren was umso mehr Fingerspitzengefühl und des Kanu-Clubs neben den Festbeizen Fahrtechnik erforderte. Für die Spitzen- und Wurstständen zusätzlich ausgedacht: fahrer kein Problem – sie meisterten die Über die legendäre Rutsche beim «Fröh- zahlreichen Untiefen mit Bravour. Seitens lichwehr» durften für einmal auch die- der Ungeübten kamen den Zuschauern jenigen fahren, die mit Kanus sonst nichts

laut Augenzeugen weniger schmeichelhafte am Hut hatten. Vorerst nutzten mutige Wettingen MartinFoto: Gysel, Kanuclub

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Kinder die exklusive Taxifahrt und wag- satoren des Rennens gegenüber dem ten den wilden Ritt über die Wasserrut- «Bezirksanzeiger Dietikon» bestätigten: schbahn. Erst nachdem die Erwachsenen «Die Spitzenfahrer sind nicht mehr bereit, gesehen hatten, dass die Kleinen die Fahrt ihre Boote am Wettkampf zu ruinieren.» problemlos überlebten, wagten sie sich Obwohl es den Organisatoren gelang, für auch aufs Boot – allerdings nur zögerlich einen Mehrabfluss von Wasser aus dem und nur wenige von ihnen. Türlersee während des Rennens zu sorgen, Schliesslich behielt trotz allen Bemü- schrumpfte das Teilnehmerfeld kontinu- hung, das Reppisch-Derby weiterzuführen, ierlich – der grosse Aufwand lohnte sich das Wasser die Oberhand. Besser gesagt: nicht mehr für den Anlass. Anfang der das fehlende Wasser. Der zu niedrige 90er Jahre fand das letzte Reppisch-Derby Wasserstand hatte jeweils zur Folge, dass statt. Seither wird die Reppisch nicht mehr die Kanus bei der kleinsten Abweichung wettkampfmässig befahren, bietet aber vom Idealkurs auf Steine aufliefen und nach wie vor eine gute Möglichkeit, sich Schaden nahmen. Immerhin kostete ein für ein Rennen vorzubereiten – wenn man Kanu bis zu 3000 Franken – ein durchaus genügend grosse «Stromschnellen» findet kostspieliges Problem, wie die Organi- und sie meistern kann.

Noch immer wagen Kanuten

Foto: Martin Gysel, Kanuclub Wettingen MartinFoto: Gysel, Kanuclub den wilden Ritt auf der Reppisch, wenn sie genug Wasser führt.

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Kanufahren einst und heute: Auf der Reppisch unterwegs Foto: Martin Gysel, Kanuclub Wettingen MartinFoto: Gysel, Kanuclub

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Eine Reppischfahrt bedeutete schon immer Sport und Abenteuer zugleich. Die Strecke ist auch heute noch beliebt bei den Kanu-Clubs – vorausgesetzt, es gibt genug Wasser unter dem Boot.

Text: Thomas Pfann Die Reppisch wird auch nach den le- gendären Reppisch-Derbys mit Booten befahren. Allerdings ist für die Fahrt von Birmensdorf bis Dietikon einiges tech- nisches Rüstzeug vonnöten, wie Viktor Walter vom Kanu-Club Dietikon (KCD) bestätigt: «Für blutige Anfänger ist die Reppisch nicht besonders geeignet. Wenn es zu wenig Wasser hat, läuft man Gefahr, aufzulaufen. Und wenn sie Hochwasser führt, zeigt sie sich schnell als reissender Fluss.» Zwar wurden die Passagen beim «Fröhlichwehr» etwas entschärft und die Kurven unterhalb des Brüggliwegs zeigen sich zahmer als auch schon. Dennoch for- dert die Reppischfahrt viel Geschick und erweist sich noch immer als sportliche Herausforderung. Die klassische Tour mit dem Kanu endete jeweils in der Grunschen, unmittel- bar an der Südseite des Marmoriweihers. Aber die Reppisch fliesst weiter talwärts, durchquert Dietikon, wo der ursprüngliche Dorfkern am besten erhalten geblieben ist, unterquert mehrere Brücken und duckt sich schliesslich auf einer rund hundert Meter langen Strecke unter der Überlandstrasse und dem Rangierbahnhof durch. Am idylli- schen Flussdreieck von Limmat, Limmatka- Die heiklen Stellen stehen noch bevor: Wildwasserfahrer nal und Reppisch vereinen sich die grössten beim Reppischhof. Dietiker Gewässer.

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Die rund zwei Kilometer vom Marmo- grossen Stufen im Fluss im Griff hatte. «Die riweiher bis zur Limmatmündung sind Reppisch haben wir ständig gehegt und weit weniger romantisch als der natürliche gepfl egt, haben Slalom-Stangen aufgehängt Oberlauf durchs Reppischtal. Das heisst und die gröbsten Hindernisse entfernt», aber nicht, dass sich Kanuten auf diesem blickt Urs Duc, ehemaliger Kanu-Schwei- Abschnitt nicht schon versucht hätten – und zermeister und KCD-Präsident in den 80er ihre Boote bis ganz ans Ende der Reppisch Jahren, zurück. «Der Fluss hatte für uns steuerten. Das war schon früher so, erinnert einen sehr hohen Stellenwert.» sich Kanu-Legende Kurt Zimmermann: «Einige meiner Kanu-Kollegen wohnten Lieber Auf dem Wasser als in der Schule auch an der Reppischstrasse. Wir waren In Kurt Zimmermanns und Urs Ducs Zeit, eine richtige Clique. Kaum hatte es rgenug in den 70er und 80er Jahren, lebte der Strömung, liessen wir die Kanus zu Wasser Dietiker Kanusport von einer engagierten und fuhren los.» Dabei waren die Jungs internen Konkurrenz. «Wir waren sehr auch auf dem Flusslauf neben den Rep- ambitioniert und suchten den Erfolg.» pischwerken und mitten in Dietikon Rich- Medaillen und Podestplätze an nationalen tung Vorstadt unterwegs. Um zu trainieren, oder gar internationalen Wettkämpfen bugsierten die jungen Wildwasserfahrer krönten den sportlichen Einsatz. Einige ihre Boote mit dem Velo zu den schwierigs- der Kanuten zogen das Wasserfahren der ten Passagen, damit man die kleinen und Schule vor und gingen – als schwer krank gemeldet – heimlich zum Training auf die Reppisch. Das ging auch mal schief zwi- schendurch, erzählt Kurt Zimmermann:

Fotos: K. Zimmermann

Keiner zu klein, ein Kanute zu sein. Bilder von der Reppisch aus den 70er Jahren.

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Ruppiger Start: Die Kanu- fahrer werden buchstäblich ins Wasser geworfen.

«Einer der ‹Kranken› paddelte einmal auf Gewässer in der ganzen Schweiz und quicklebendig an seinen Klassenkamera- auch im Ausland. den vorbei, weil diese die Zeichenstunde vom Klassenzimmer ans Reppischufer Manchmal ist es wie in einer Schlucht verlegt hatten.» Ab und zu trifft man auf der Reppisch auch Noch immer sind Kanu-Begeisterte Kanufahrer von ausserhalb Dietikons an. manchmal auf der Reppisch anzutreff en. Martin Gysel, Präsident des Kanuclubs «Leider hat es oft zu wenig Wasser, genau Baden-Wettingen, befuhr den Dietiker wie früher», sagt Viktor Walker. Nach Fluss schon mehrmals. Ihm gefällt die Fahrt starkem Regen jedoch, wenn die Reppisch durchs Reppischtal gut, obwohl auch er die brodelt, sind die Mitglieder des KCD auch Probleme kennt, die auf die Kanuführer heute noch spontan für eine Fahrt auf dem und Boote lauern: «Manchmal rumpelt es Fluss zu haben. Regelmässiges Training schon stark, wenn der Rumpf die Steine ist nach wie vor wichtig, wenn man das berührt. Eine Fahrt auf der Reppisch kann Wildwasserfahren beherrschen will. Dazu recht materialintensiv sein.» Dafür entlöhnt führt der KCD jeweils am Mittwoch auf der der wilde Charakter, den der Wasserlauf Limmat das Sommertraining durch. Bei stellenweise bietet. «Nach dem Reppischhof normalem Wasserabfl uss bieten die Flüsse bis zur Grunschen fühlt man sich zeitweise im Limmattal ein vielseitiges Angebot für wie in einer einsamen Schlucht.» Kanu- und Kajakfahrer. Im Anschluss an Wer das Abenteuer Reppisch mit dem die Bootsfahrten wird jeweils der Grill Kanu erleben will, muss also gut trainiert angefeuert, man plaudert übers Kanufahren sein. Und auf der Hut, denn der optimale oder andere Dinge des Alltags. Anstelle der Wasserstand ist plötzlich da und hält jeweils

Fotos: K. Zimmermann Renngruppe von früher sind heute beim nur ein paar Stunden. Kanu-Club Tourengruppen aktiv. Auch organisiert der Verein regelmässig Ausfl üge Thomas Pfann ist Journalist und Redaktor und wohnt in Dietikon.

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Jahreschronik Neujahrsblatt 2016 Oktober 2014 – Juli 2015 Zusammengestellt von

René Stucki, lic. phil. hist. Anton Scheiwiller Fotos: Kunst der Stadt Dietikon: Gemälde von Bruno Weber

Oktober 2014 Millau» mit 13 Punkten ausgezeichnet, 03. Mit mehr als 11 000 Unterschriften nämlich die «Taverne zur Krone» und die will das Komitee zur Rettung des Bruno- Chinaküche Luo beim Restaurant Ochsen. Weber-Parks die endgültige Schliessung des Lebenswerks von Weber verhindern. 07. Auch Kunst kann sich in Dietikon Die Petition wurde eingereicht in der sehen lassen. Im Dietiker Gemeinderats- Hoffnung, dass der Kanton Aargau den saal werden 45 Werke ausgestellt, die sich Skulpturenpark auch weiterhin finanziell im Besitz der Stadt befinden. Gezeigt unterstützt. werden Werke lokaler Künstlerinnen und Künstler wie zum Beispiel von Gody Fäsch, 07. In Dietikon lässt es sich gut essen. Bruno Weber, Gaby Hübscher, Arnold Gleich zwei Restaurants wurden im «Gault Dürst, Petra Burek und Christa Jordi-Frey.

15. Die Internationale Martin Luther Stiftung zeichnet Dietrich Pestalozzi, Prä- sident des Verwaltungsrats der Pestalozzi + Co. AG, für seine Unternehmercourage mit der Lutherrose aus. Pestalozzi nehme als Unternehmer in vorbildlicher Weise seine gesellschaftliche Verantwortung wahr. Die Lutherrose ist eine Reproduk- tion eines Glasfensters aus der Erfurter Augustinerkirche.

27. Weiterhin herrscht Ebbe im Dietiker Finanzhaushalt. Nur dank dem kantonalen 13 Gault-Millau-Punkte für die «Krone» Dietikon: Finanzausgleich von rund 51,1 Mio. Fran- Blick in die Brasserie. ken (13 Mio. aus dem Übergangsausgleich

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sowie 38,1 Mio. aus dem Ressourcenaus- verkaufen, reagierte das Dietiker Parla- gleich für Gemeinden mit schwacher ment umgehend und reichte eine Motion Steuerkraft) rutscht das Budget 2015 nicht ein, um den Verkauf zu verhindern. Diese massiv in die roten Zahlen. Der Steuerfuss wurde aber im Gemeinderat abgelehnt, bleibt weiterhin auf dem Maximalwert von woraufhin Gemeinderätinnen und -räte 124 Prozent. ein überparteiliches Komitee bildeten, um eine Volksinitiative zu lancieren. Gesagt, getan. Innerhalb zweier Wochen kamen so November 2014 rund 600 Unterschriften zusammen, die 04. Lichtblick für die weitere Zukunft des dem Stadtrat noch vor Weihnachten hätten Bruno-Weber-Parks. Mit der Kunsthisto- überreicht werden sollen. rikerin Isabelle Cart, dem Rechtsanwalt Doch kaum wurde das Einreichen Roland Kuhn und der Ökonomin Barbara der Volksinitiative angekündigt, teilte die Wiegand konnte ein neuer Stiftungsrat Ehrat Immobilien AG auf ihrer Website gefunden werden. mit, dass sich der «Alte Bären» bereits in ihrem Besitz befinde. Sie plane im «Alten 10. Der Seniorenrat feiert sein 20-jähriges Bären» sechs Mietwohnungen zu erstellen. Bestehen. Einst als politische Stimme der Der Stadtrat dementiert umgehend den Senioren gedacht, umfasst er heute eine Verkauf, bestätigt aber tags darauf über- breite Palette an Aktivitäten, wie zum raschend den definitiven Verkauf, wohl Beispiel Lesezirkel, Schulklassenbegleitung wissend, dass noch eine Volksinitiative oder ‹Senioren helfen Senioren›. gegen den Verkauf hängig ist. Dement- sprechend harsch fallen die Reaktionen auf dieses politisch unverständliche Handeln des Stadtrats aus: «Affront», «ethisch ver- werflich», «stillos», «fehlender politischer Anstand».

Januar 2015 14. Tod von Walter Baumli, geb. 1927, der seit einigen Jahren in Gwinden (Bergdieti- kon) wohnte. Er war ein guter Kenner des alten Dietikon und trug den Übernamen «Zwätschge».

Dezember 2014 21. Käthi Steffen-Hirzel, geb. 1957, ist Polittheater oder Hickhack um den «Alten verstorben. Sie hat sich wiederholt für Bären». Als der Stadtrat im Mai ankündig- gemeinnützige Aufgaben zur Verfügung te, den «Alten Bären» an einen Investor zu gestellt.

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23. Abzockern geht es an den Kragen. ersetzt Romer daraufhin seine Werbe- Gegen einen Immobilienbesitzer, der von blache mit einer Blache, die zum Büro- einem Sozialhilfebezüger eine überrissene kratieabbau in der Sicherheitsabteilung Miete verlangt hat, reicht die Stadt Dieti- aufruft. kon Strafanzeige wegen gewerbsmässigen Wuchers ein. März 2015 05. An der konstituierenden Sitzung des Februar 2015 Gemeinderats wird Cécile Mounoud 07. Im September 2013 wurde das 3 Mio. (CVP) zur Gemeinderatspräsidentin ge- Franken teure Projekt «Generationenpark» wählt, zum 1. Vizepräsidenten Jörg Dät- an der Urne mit 62 Porzent Nein-Stimmen wyler (SVP) und zum 2. Vizepräsidenten verworfen. Nun plant der Stadtrat, den Martin Romer (FDP). Stadtpark Kirchhalde weniger umfangreich und mit der Hälfte der ehemals vorgesehe- 23. Nur ein Jahr nach seinem Abstieg steigt nen Kosten zu sanieren. der Handballclub Dietikon-Urdorf wieder in die 1. Liga auf. 10. Die «Stadtrat Dietikon Immobilien AG» macht auf ihrer Website Werbung in eigener Sache: «Wir planen kurzsich- April 2015 tig. Wir verkaufen ohne Rücksicht auf 01. Schreckensmo- Verluste. Wir ruinieren Ihre Stadt.» Das ment für die Mieter Ganze entpuppt sich im Nachhinein als des 80 Meter hohen Fasnachts-Schabernack, ausgeführt wohl Limmat Tower. Beim vom überparteilichen Komitee, das vergeb- Bau wurde verges- lich versucht hatte, den Verkauf des «Alten sen, in den obersten Bären» zu verhindern. Zudem ziert eine zehn Etagen einen Blache derselben Firma mit der Aufschrift Lift einzubauen. «Totalliquidation» die Fassade des «Alten Glücklicherweise Bären». entpuppt sich das Ganze als April- 27. Je früher ich Werbung mache, desto scherz. mehr Stimmen hole ich mir als Kan- tonsratskandidat, dachte sich wohl der 04. Heute öffnet der Bruno Weber-Park FDP-Gemeinderat Martin Romer und wieder seine Tore. Der neue Stiftungsrat hängte an die Fassade seines Kinos kurzer- hat ambitiöse Pläne: In den nächsten hand eine Wahlblache. Doch er hatte die 3 Jahren soll die Sicherheit des Parks über- Rechnung ohne die Sicherheitsabteilung prüft und der Erhalt der Infrastrukturen gemacht. Diese pfiff ihn kurzerhand über gesichert werden; in 7 Jahren die Gebäude die Hochbauabteilung zurück. Aus Ärger saniert und ein neues Beleuchtungskon-

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beim Bahn- hof. In ei-nem Postulat verlangt die SVP, das ehemalige Prestige- projekt entweder abzubrechen oder es ei- ner neuen Nutzung zuzuführen. Die Aus- lastung des Velohauses sei zu gering und Geheimnisvolle Wesen bevölkern den Bruno-Weber-Park erfülle daher seinen Zweck nicht mehr.

zept für Nachtführungen umgesetzt und in 21 Jahren der 6-Tage-Betrieb eingeführt Mai 2015 sein und der Skulpturenpark unter Denk- 03. Der Unternehmer und Politiker Dr. malschutz stehen. Josef Wiederkehr übernimmt von Dietrich

06. Die «Tischlein-deck-dich»-Abgabestel- le feiert den 10. Geburtstag. Wöchentlich erhalten rund 180 Menschen, die am oder unter dem Existenzminimum leben, Le- bensmittel. Allein im Jahr 2014 wurden so über 22 Tonnen Lebensmittel abgegeben.

08. Mit dem Projekt «Chamäleon» sollen zwischen dem Zentralschulhaus, der Schöneggstrasse und der Bremgartner- strasse multifunktionale Gebäude erstellt Dietrich Pestalozzi (links) gratuliert seinem Nachfolger werden, die dem permanenten Raum- Dr. Josef Wiederkehr. problem der Stadt Abhilfe schaffen. Die Überbauung würde Platz bieten für Schule, Pestalozzi das Präsidium des Industrie- Verwaltung, Kultur und Gewerbe. Die Idee und Handelsvereins Dietikon (IHV). zu diesem Projekt stammt von den Ge- meinderäten Lukas Neff (Grüne), Manuel 30. An der Vernissage «Rosinen aus dem Peer (SP) und Reto Siegrist (CVP), die im Museumskeller» können im Ortsmuseum Gemeinderat ein entsprechendes Postulat die schönsten Reliquien – wie zum Beispiel eingereicht haben. alte Limmattaler Karten oder Schreib- maschinen – aus dem eigenen Archiv 21. Einst als Symbol für ein modernes Die- bestaunt werden. Die Ausstellung dauert tikon, nun bis im Dezember. ein Stein des Anstos- ses: das Juni 2015 Velohaus 04. Wechsel im Verein Theater Dietikon.

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Simone Neff übernimmt das Präsidium (konkret: Tetrachlorethen). Ohne eine Ver- von der abtretenden Irene Brioschi. einbarung, wer die Kosten für die eventu- 06. Die Sichlete, einst ein Erntedankfest, elle Entfernung der Altlasten zu tragen hat, wird im Oktober zum 36. und letzten Mal will die Stadt den Platz nicht übernehmen. stattfinden. Ausser im Jahr 2007 fand das Traditionsfest seit 1978 regelmässig statt. Grund für diesen Entscheid ist die immer Juli 2015 grösser werdende Schwierigkeit, aktive 05. Der heisse Juli beschert dem Freibad Nachwuchsmitglieder zu finden. Fondli einen neuen Besucherrekord: 5300 Eintritte. Damit wurde erstmals die 10. Der Blechverarbeiter Koenig Feinstahl 5000er-Marke geknackt. gibt bekannt, dass er seine Produktion in Dietikon im Frühjahr 2016 einstellen 11. Tod von Pfarrer Alois Baur, geb. 1927. Er hat von 1960 bis 1993 als Vikar

zVg und Pfarrer (St. Josef) in Dietikon gewirkt und dann seine seelsor- gerische Tätigkeit im Rahmen seiner ge- sundheitlichen Möglichkeiten in Amriswil TG weitergeführt.

12. Die Dietikerin Cindy Kubiatowicz holt sich an der Tischfussball-Weltmeis- terschaft in Wien den Weltmeistertitel im Damen-Doppel und den Vize-Weltmeis- Die Guggi-Häxe bei der Arbeit... tertitel im Einzel.

wird. 16. Die Hitzewelle der vergangenen Wochen lässt auch den Wasserverbrauch 12. Zum 20-jährigen Bestehen veranstalten der Stadt Dietikon massiv in die Höhe die Guggi-Häxe auf dem Dietiker Kirch- schnellen: waren es im Juli 2014 noch platz ein zweitägiges Fest. Markenzeichen 6 Mio. Liter Wasser pro Tag, sind es heuer der Fasnachtsgruppe ist unter anderem der 9 Mio. Liter. selbstgestrickte violette Schal.

23. Knatsch um den Rapidplatz. Die Halter AG möchte den westlichen Teil des Platzes endlich der Stadt Dietikon übergeben, doch die will nicht. Grund dafür sind die in der Westhälfte vorhandenen Altlasten

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Bisher erschienene Neujahrsblätter

1948 «Landeskunde vom Limmattal»; 1957 «Hasenburg und Kindhausen, von Dr. H. Suter. (vergriffen.) die Burgen am Hasenberg»; von Karl Heid. (vergriffen.) 1949 «Orts- und Flurnamen von Dietikon»; von Karl Heid. (vergriffen.) 1958 «Geschichte der Waldungen von Dietikon»; von Karl Heid. 1950 «Die öffentlichen Verkehrsbetriebe von Dietikon», I. Teil: Post, Telegraph, 1959 «Der Weinbau im mittleren Limmat- Telephon und Zoll; von Karl Heid. tal»; von Rolf Buck. (vergriffen.) (vergriffen.) 1960 «Die Sekundarschule Dietikon– 1951 «Die öffentlichen Verkehrsbetriebe Urdorf»; von Karl Heid und Jakob Grau. von Dietikon», II. Teil: Die Limmattal- (vergriffen.) Strassenbahn; von Karl Heid. (vergriffen.) 1961 «Hundert Jahre Wasserkraftnutzung 1952 «Der Übergang der Franzosen über der Limmat in Dietikon»; von H. Wüger. die Limmat am 25. September 1799»; (vergriffen.) von Robert Müller. (vergriffen.) «Zweiundvierzig Jahre Schuldienst in Dietikon»; von Elsa Schmid. (vergriffen.) 1953 «Glanzenberg»; Bericht über die Ausgrabungen von 1937 bis 1940; 1962 «Limmat und Reppisch»; von Karl Heid. (vergriffen.) von Karl Heid. (vergriffen.)

1954 «Beiträge zur Dietikoner Dorfchro- 1963 «Das alte Gewerbe von Dietikon»; nik. Erlebtes und Erlauschtes. Ein alter von Karl Heid. (vergriffen.) Dietikoner kramt seine Jugenderinner- ungen aus»; von Jakob Grau. (vergriffen.) 1964 «Die Burg Schönenwerd bei Dietikon»; von Karl Heid. (vergriffen.) 1955 «Siedlungsgeschichte von Dietikon»; von Jakob Zollinger. (vergriffen.) 1965 «Repertorium zur Urgeschichte Dietikon und Umgebung»; von Karl Heid. 1956 «Die Taverne zur Krone in Dietikon»; (vergriffen.) von Karl Heid. (vergriffen.)

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1966 «Karl Heid zum 70. Geburtstag.» 1977 «Industrielle Entwicklung des Bau- Festschrift (Verlag Stocker-Schmid, erndorfes Dietikon»; von Oscar Hummel. Dietikon). (vergriffen.) 1978 «Geschichte von Pfarrei und 1967 «Sagen, Sitten und Gebräuche Pfarrkirche St. Agatha in Dietikon»; Dietikon und Umgebung»; von Karl Heid. von Eduard Müller/Thomas Furger. (vergriffen.) 1979 «Geschichte der Bahnhöfe von Dieti- 1968 «Die öffentlichen Verkehrsbetriebe kon»; von Oscar Hummel. von Dietikon», III. Teil. Die BDB; von P. Hausherr und Karl Heid. (vergriffen.) 1980 «Geschichte der Ortsparteien von Dietikon»; (Autorenkollektiv). 1969 «Aus der Geschichte des Feuer- löschwesens von Dietikon»; von Max Siegrist. 1981 «Guggenbühlwald und Gigelibode»; (vergriffen.) von Karl Klenk.

1970 «Planung Zentrum Dietikon 1969»; 1982 «Zwischen beiden Bächen»; von Auszug aus dem Bericht der Planungs- Aloys Hirzel. kommission Dietikon. 1983 1971 «Dietikon im Wandel der Zeit; «150 Jahre Volksschule Dietikon»; 1830 – 1890»; von L. Wiederkehr. von Karl Klenk, Walter Mühlich und Dr. Herbert Strickler. 1972 «Dietikon im Wandel der Zeit; 1890 – 1920»; von L. Wiederkehr. 1984 «Von Handwerksburschen und Vaganten»; 1973 «Die Festung Dietikon im Zweiten von Heinrich Boxler. Weltkrieg»; von Oscar Hummel. 1985 «85 Jahre Berufsschule Amt und 1974 «Monasterium Varense – Das Kloster Limmattal Dietikon»; von Max Siegrist. Fahr im Limmattal»; von Oscar Hummel. 1986 «Vom Cementstein zum Dörfliquar- 1975 «Werden und Wachsen der refor- tier»; von Oscar Hummel. mierten Kirchgemeinde Dietikon»; von C. H. Pletscher und Peter Müdespacher. 1987 «Entstehung und Entwicklung der Jugend-Musikschule Dietikon»; von Karl 1976 «Die Geschichte der Marmori – 1895 Klenk. bis 1962»; von H. Eckert. (vergriffen.) 1988 «Schweizer Auswanderung in die Sowjetunion»; von Barbara Schneider.

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1989 «Erste urkundliche Erwähnungen 1999 «Dietikon und die Abtei Wettingen»; von Dietikon (1089 und 1259)»; von Dr. Max Stierlin. von Robert Müller. 2000 «Die Bürgergemeinde Dietikon»; 1990 «Dietikon im 17. Jahrhundert»; Autoren: Wolfgang R. Felzmann, Thomas von Robert Müller. Furger, Eduard Gibel, Josef Huber, Oscar Hummel, Dr. Bruno Maier. 1991 «Auszug aus der amtlichen Sammlung der älteren eidg. Abschiede»; 2001 «Das Spital Limmattal und von Robert Müller. seine Geschichte»; von Paul Stiefel und Professor Dr. Hansjörg Kistler. 1992 «100 Jahre Stadtmusik Dietikon»; von Friedrich W. Klappert. 2002 «Baukultur Dietikon. Inventar der Bauten mit architektonischer Qualität»; 1993 «Römischer Gutshof in Dietikon»; von Prof. Dr. sc. techn. Bernhard Klein. von Christa Ebnöther. 2003 «Das Flugfeld Dietikon/Spreiten- 1994 «Dietikons Zentrum: Vergangenheit bach»; von Dr. Hans Peter Trutmann. – Gegenwart – Zukunft»; von Hans «Dietikon, mit anderen Augen gesehen»; Rauch, Sylvain Malfroy, Ueli Zbinden, von Helmut Ziegler. Gesamtredaktion Hélène Arnet. 2004 «Einblicke in die Geologie unserer 1995 «Dietikon nach dem Ersten Gegend»; von Peter Müdespacher. Weltkrieg, 1918 bis 1920»; von Karl Klenk. 2005 «Destinazione Dietikon. Italienisch- 1996 «Dietikon um 1895»; Autorenkollek- sprachige Zuwanderer und ihr Leben tiv: Josef Hinder, Paula Jucker, Alfons in Dietikon» sowie «Kurzbiografien Kübler, Alfred Kugler, Dr. Alice von südländischen Familien in Dietikon»; Maier-Hess, Dr. Bruno Maier, Robert von Dr. Hans Peter Trutmann. Müller, Carl Heinrich Pletscher, Werner Scholian, Max Wiederkehr. 2006 «Die Stadthalle Dietikon»; Autorenteam: Max Fürst, Josef Hensler, 1997 «150 Jahre Eisenbahn im Limmattal»; Oskar Schildknecht, Xaver Schnüriger, Autoren: Walter Süss, Ruedi Wanner, Reto Siegrist, Max Zumbühl. Walter Eckert, Theodor Fischbach, Ernesto Lehmann, Oscar Hummel (Jahreschronik). 2007 «Entstehung, Alltag und Ende des Josefsheimes. Geschichte des Kinder- 1998 «Presselandschaft Limmattal»; heimes in Schlieren/Dietikon 1902 – 2006»; von Erich Eng. «50 Jahre Neujahrsblatt von Urs Hardegger (lic. phil.), mit Bei- Dietikon»; von Oscar Hummel. trägen von Johannes Felber, Germain

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Mittaz, Sr. Johanna-Maria, Claudio Bertschi, Urs Hilfi ker, Brigitte Hospenthal, Cimaschi, Dr. Hans Peter Trutmann. Ringo Keller, Elisabeth Lüchinger, Peter Müdespacher, Th omas Pfann, 2008 «Die Schüler sind im Bild»; Severin Schwendener, Pascal Sieber, Schulfotos zwischen 1874 und 2002; Urs Spörri, René Stucki, Hans Peter von Dora Müller, Josef Hinder, Trutmann, Andreas Wolf. Dr. Hans Peter Trutmann.

2009 «Ritter und Burgen in und um Dietikon»; von Walter Trippel.

2010 «Fuhrhalter und Kutscher, ihre Familien, Wirtschaft en und Kiesgruben»; von Dr. Hans Peter Trutmann.

2011 Zur Geschichte der «Krone» und der Familie Gstrein»; von Karl Heid, Th omas Furger, Hans Bohnenblust.

2012 «Die Ärzte Wyss und ihre Nachfolger in Dietikon»; von Pit Wyss und Dr. Hans Peter Trutmann.

2013 «33 alte Wirtschaft en in Dietikon, 100 Jahre Verkehrsverein (Stadtverein) Dietikon»; von Dr. Hans Peter Trutmann, Michael Blattmann, Georges Künzler, Lucas N e ff.

2014 «Dietikon – Vorwärts marsch!»; von R. Müller, H. Tiefenbacher, J. Wiederkehr, J. Zehnder. Vergriff ene Neujahrsblätter können im Ortsmuseum Dietikon antiquarisch 2015 «Ein kleines stilles Leuchten aus erworben werden. Dietikon»; von Dr. Hans Peter Trutmann Die älteren Neujahrsblätter können 2016 «Die Reppisch – ein Fluss und sein auf unserer Homepage Tal», Sonderausgabe zum überregionalen www.stadtverein.ch heruntergeladen Tag der Reppisch; Autorenteam: Helene werden. Arnet, Hanns Bachlechner, Jean-Jacques

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Die folgenden Personen und Firmen unterstützen die Herausgabe des Neujahrsblattes 2016 mit einem Beitrag von Fr. 300.–.

Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Römisch-katholische Kirchgemeinde AWEL, Kanton Zürich Bahnhofplatz 3, 8953 Dietikon Walcheplatz 2, 8090 Zürich Schleuniger Elektro bbdesign Dorfstrasse 30, 8903 Unterengstringen Kornhausstrasse 49, 8037 Zürich Siedlungsgenossenschaft Eigengrund Gemeinde Bergdietikon Letzigraben 39a, 8003 Zürich Schulstrasse 6, 8962 Bergdietikon Yvonne Siegrist Paul Brunner AG Oberdorfstrasse 2, 8953 Dietikon Zürcherstrasse 144, 8953 Dietikon Regula & Jean Stauber Forster Maler und Bodenbeläge GmbH Breitistrasse 8, 8953 Dietikon Bremgartnerstrasse 21, 8953 Dietikon Silvana und Paul Stehrenberger Hensel AG Ziergärtlistrasse 9, 8953 Dietikon Elektrotechnisches Unternehmen Beckenhofstrasse 62, 8042 Zürich W. und L. Urech Studackerstrasse 3, 8953 Dietikon Simone & Lucas Neff Bremgartnerstrasse 124, 8953 Dietikon Bauunternehmung Joseph Wiederkehr AG Poststrasse 27b, 8953 Dietikon Neidhart + Schön AG Dorfstrasse 29, 8037 Zürich Dr. P. und E. Wiederkehr Egelseestrasse 7, 8953 Dietikon Metanoia-Verlag H. + W. Dormann, Obere Reppischstrasse 31 8953 Dietikon Die Mobiliar Versicherungsgesellschaft, Zentralstrasse 19 8953 Dietikon Gabriele Olivieri Oberdorfstrasse 32, 8953 Dietikon Dietrich Pestalozzi Wir bedanken uns auch ganz herzlich für die Mühlehaldenstrasse 124, 8953 Dietikon vielen kleineren Beiträge, die uns für die Pro- Ursula und Gebi Portmann duktion des Neujahrsblatts gespendet wurden! Hätschenstrasse 7, 8953 Dietikon Reppisch-Werke AG Bergstrasse 23, 8953 Dietikon Kontakt für Unterstützung im nächsten Jahr: Präsident Stadtverein, Lucas Neff, Bremgartnerstrasse 124, 8953 Dietikon, P 043 322 54 75, [email protected]

Für Fragen, Kritik, Anregungen und Wünsche bezüglich Neujahrsblätter wenden Sie sich bitte an Rolf Brönnimann, Hasenbergstrasse 34, 8953 Dietikon, Tel. 044 741 09 12, [email protected]

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Der Stadtverein Dietikon besteht aus Neujahrsblätter über 400 Mitgliedern. Der Verein Seit 1948 erscheint jedes Jahr ein Neu- fördert das Erreichen folgender Ziele: jahrsblatt von Dietikon. Mitte November Erforschen, bewahren und verbreiten findet jeweils die Vernissage statt. der Ortsgeschichte, Ortskenntnis Bezug von aktuellen und früheren und Ortskultur sowie die Pflege des Neujahrsblättern, soweit nicht vergriffen, gesellschaftlichen Lebens in Dietikon. im Ortsmuseum oder bei Michael Blattmann, Vorstadtstrasse 26, Veranstaltungen 8953 Dietikon, Tel.: 043 317 89 13. Die aktuellen Veranstaltungen finden Sie unter folgendem Link: Weitere Aktivitäten sind www.stadtverein.ch • Organisation und Durchführung der Bundesfeier Ortsmuseum • Organisation der Grenzbegehungen Die Kommission für Heimatkunde betreut mit den Nachbargemeinden von das Ortsmuseum mit seinem Archiv, dem Dietikon Depot und den laufenden Ausstellungen. • Generalversammlung mit Tagesausflug Dazu gehören auch die militärischen und Besichtigung einer historischen Anlagen der Limmatstellung von 1939/45. Sehenswürdigkeit Öffnungszeiten sonntags 10.00 – 12.00 und 14.00 – 16.00 Uhr; ausser während den Der Verkehrsverein ist politisch und Schulferien und an Feiertagen. Gruppen- konfessionell neutral. Neue Mitglieder besuche sind auf Anfrage möglich. nehmen wir gerne auf. Der Jahresbeitrag Kontakt: Dora Müller, Tel.: 044 741 03 29, beträgt Fr. 30.– für Einzelmitglieder, Museum Tel.: 044 740 48 54 Fr. 40.– für Ehepaare und Fr. 50.– für juristische Personen. Stadtführungen Planen Sie einen Geburtstag, Vereins- Kontakt oder Firmenanlass? Die Stadtführer- Interessentinnen und Interessenten Innen zeigen und kommentieren auf wenden sich an: einem Rundgang durch Dietikon Be- Maya Herzig, Sekretariat SVD sonderheiten aus alter und neuer Zeit. Feldstrasse 1, 8953 Dietikon Wir stellen Ihnen gerne einen Rundgang Tel.: 079 223 40 47 nach Ihren Wünschen zusammen. [email protected] Kontakt: Catherine Peer, Tel.: 044 740 27 83, Lucas Neff, Präsident SVD, [email protected] Bremgartnerstrasse 124, 8953 Dietikon, Tel.: 043 322 54 75 [email protected]

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