Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in (16. - 19. Jh.)

Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

Archäologische, dendrochronologische und dokumentarische Notizen

Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Der Inn ist ein Gebirgsfluss mit einer Gesamtlänge von möglich war, vertrat Peter W. Haider2 mit guter Begrün- über 500 km von der Quelle bis zur Einmündung in dung Ende der 90er Jahre die Auffassung, dass der Fluss die Donau, der mehr als 300 km durch Tirol fließt. Er schon in der römischen Kaiserzeit als Wasserweg zum wird hauptsächlich von den Zuläufen der Sanna, der Transport von Truppen und Gütern3 genutzt worden ist. Ötztaler Ache, der Sill, dem Ziller, der Brandenburger Folgt man den Aufzeichnungen bayerischer Klöster4, Ache und der Brixentaler Ache gespeist. Wegen der wurde der Hauptfluss Tirols ab dem 13. Jahrhundert schwankenden Pegelstände – im Frühjahr führt der Inn von Hall aus zum Transport von Wein und anderen wenig Wasser, seinen höchsten Wasserstand erreicht er Erzeugnissen mit Zillen, Plätten und Flößen genutzt. im Hochsommer – konnten Waren und Personen nur in Auch später diente der Inn als Handelsweg und als ein den Monaten März bis Mai sowie August bis November wesentlicher Zubringer für die Donau (vgl. den Beitrag befördert werden (siehe dazu auch die Beiträge von Kreibig in diesem Band). Die immer bedeutender wer- Manfred Kreibig, Florian Messner, Romedio Schmitz - Esser dende Flussschifffahrt führte zu teilweise massiven und Alexander Zanesco in diesem Band). Veränderungen im Innverlauf. Um den Hauptlauf des Flusses zu sichern, wurden die angrenzenden Höfe und Während der Dojen der Innschifffahrtsforschung, Fritz Gemeinden verpflichtet, das Ufer durch „Verarchen“ 5 zu Plaseller1, in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts noch festigen. Solche Verarchungen sind unter anderem auch annahm, dass eine Schifffahrt auf dem Inn in Tirol nur in auf Bildquellen des 16. Jahrhunderts, etwa im Schwazer seinem Unterlauf im ersten Jahrhundert nach Christus Bergbuch, zu sehen (Abb. 1 u. 8).

Abb. 1 Verarchungen des Innufers bei Schwaz 1556. Ausschnitt aus der Bildkarte „Alte Zeche“ des Kodex Dip. 856. (Quelle: Bartels / Bingener / Slotta 2006, 929).

2 Haider 1990, 5-24. 3 Für eine römische Schifffahrt spricht auch die in Innnähe gelegene römische Ziegelei in Angath vgl. Stadler / Spindler 2005, 463ff. 4 Stolz 1932, 81 m. Anm. 4. 5 Zur Etymologie des Wortes vgl. Schöpf 1985, 17 - 18; sowie: Schatz 1955, 28. Uferschutzbau, verarchen = Archen errichten, zu „Archen- 1 Plaseller 1938, 62 - 159. stecken“ vgl. Zanesco 2007, 246.

111 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Uferverbauung Die beiden analysierten Piloten wurden am ehemaligen oberen Ende wohl in einem Fließgewässer aberodiert und die erhaltenen Reste schließen dort jetzt unregel- Archäologische Zeugnisse einer solchen Verarchung in mäßig geformt ab, das untere Ende blieb hingegen Volders verdanken wir der Aufmerksamkeit eines Tisch- gut erhalten. Beide Piloten wurden am unteren Ende lermeisters (Abb. 2). Bei Aushubarbeiten im Jahre 1971 in Form eines vierseitigen, teilweise leicht schiefen für den Neubau der Werkstatt des Engelbert Erler, (geb. Pyramidenstumpfes zugearbeitet. Die jeweiligen 1930 auf der Grundstücksnummer 220 / 2)6 in Volders unteren Abschlussflächen sind leicht rechteckig und sind in einer Tiefe von 3,50 m unter dem natürlichen weisen mit Seitenlängen von 7,5 / 7 x 6,5 cm (Pilot Gelände eine Anzahl an Rammpfählen7 mit Eisenschu- 1) und 8 / 7,5 x 6,5 / 6 cm (Pilot 3) nahezu die gleiche hen freigelegt worden. Die Pfähle waren etwa mittig Größe auf. Zur Herstellung wurden jeweils Lärchen- in der Baugrube, ab der nördlichen Aushubwand bis bäume (Larix decidua Mill.) verwendet und an den ca. zur Hälfte des geplanten Kellergeschosses, in einem Pilotenresten konnten Jahrringserien mit 134 (Pilot 1) Abstand von 2,0 - 2,5 m angeordnet. Das Ende bildeten und 74 (Pilot 3) Werten erarbeitet werden (Abb. 3c). zwei rechts und links aus der Reihe versetzte Holzsteher. Aufgrund der Bearbeitung sowie der Verwitterung Aus der Erinnerung wurde auch die ursprüngliche Lage blieb jedoch an keinem der beiden Reststücke Splint- der Rammpfähle ungefähr ermittelt (Abb. 3a, b). Von den holz, beziehungsweise die Waldkante erhalten. ursprünglich acht geborgenen Exemplaren haben sich Die letzten Jahrringe der Serien datieren 1429 (Pilot 1) bis 2005 noch fünf erhalten. Von diesen wurden zwei und 1370 (Pilot 3). Die Ergebnisse stellen jeweils einen dokumentiert (Abb. 4 - 5), um die Form und Schmiede- terminus post quem für die Schlägerung der beiden technik des Pfahlschuhes und der verwendeten Nägel Lärchen dar. Geht man von einer zeitgleichen Holzge- besser beurteilen zu können. Außerdem wurde das winnung aus und berücksichtigt zumindest 30 Jahrrin- Institut für Geografie (Labor Dendrochronologie) gebe- ge für das fehlende Splintholz an der Probe Pilot 1 so ten, für die zwei Rammpfahlreste entsprechende Daten ist eine Baumschlägerung und in weiterer Folge Verbau- zu erheben. ung ab ca. 1460 möglich.

Abb. 3a: Skizze Lage der Piloten auf dem Grundstück von Engelbert Erler. (Dokumentation: A. Blaickner, Institut für Archäologien, ).

Abb. 2: Engelbert Erler, Volders vor den Pilotenresten auf seinem Grundstück. (Foto: H. Stadler, Volders).

6 Bei der Besprechung im Herbst 2005 hat Herr Engelbert Erler fünf Stück der entdeckten Rammpfahlreste dem Institut für Archäologien der Universität Innsbruck zur wissenschaftlichen Untersuchung über- geben. Herrn Erler wird an dieser Stelle für die Informationen zur Be- fundung und für die Überlassung der Gegenstände für eine weitere wissenschaftliche Bearbeitung herzlich gedankt. 7 Klotz u. a. 2000, 109ff.

112 Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

Abb. 3b: Lage der Piloten aus dem 15. Jh. n. Chr. auf einer Flugaufnahme von 1953. (Quelle: Bundesvermessungsamt).

Abb. 3c: Jahrringserien der beiden untersuchten Piloten. (Grafik: K. Nicolussi, Institut für Geographie).

113 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Abb. 4: Pilot 1 mit Schuh und Nägeln aus Eisen. (Dokumentation: A. Blaickner, Institut für Archäologien, Innsbruck).

114 Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

Abb. 5: Pilot 3 mit Schuh und Nägeln aus Eisen. (Dokumentation: A. Blaickner, Institut für Archäologien, Innsbruck).

115 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Abb. 6: Lage der Piloten aus dem 15. Jh. auf einer Flussbaukarte von 1820. (Quelle: Moser 2002, 165).

Abb. 7: Schiffe am Inn bei Volders 1556. (Quelle: Bartels / Bingener / Slotta 2006, 932).

116 Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

Es wird angenommen, dass es sich bei den oben beschriebenen Resten um Teile der Uferverbauung des Inns im 15. Jahrhundert handelt, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass an der Fundstelle auch der Volderer Bach von Nord nach Süd in den Inn entwässert (Abb. 6). In einem Ausschnitt des Schwazer Bergbuches von 1556 kann man im Bereich von Volders keine Ufer- verbauung ausmachen, wohl aber erkennt man zwei größere Schiffe und ein Beiboot (Abb. 7).

Ob es in Volders auch eine Anlegestelle aus Holz für die Innschiffe gegeben hat, wie wir sie aus dem 16. Jahr- hundert unter anderem in Schwaz (Abb. 8) kennen, ist noch offen.S tolz8 berichtet von Fähren und Urvar als Vorläufer der Brücke, wobei für das benachbarte Mils Abb. 9: Holzfähre aus der Zeit von 1913 zwischen sogar schon für das Jahr 1135 eine solche erwähnt wird. und . (Foto: A. Witting, Pfaffenhofen) Wie diese Fähren damals im Detail ausgesehen haben, ist uns unbekannt. Dass man aber in Tirol noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts mit Fähren aus Holz den Folgt man den erhaltenen Bildquellen, dann hat man Inn überquert hat, beweist ein Foto9 von 1913 (Abb. 9), Schiffsverbände11 bei Fahrten innaufwärts mit bis zu das eine solche Überfahrt von Pettnau nach Flaurling im 20 Pferden und mehr gezogen, wobei wir auch hier Oberinntal zeigt. wieder auf das Schwazer Bergbuch12 erfolgreich als bild- liches Dokument zurückgreifen können (Abb. 10). Um den Tieren einen sicheren Tritt entlang des Flusses zu ermöglichen, wurden entlang der Ufer sogenannte Trei- delwege angelegt, die, soweit sie nicht durch spätere Verbauungen beeinträchtigt wurden, auch eine be- sonders erfolgsträchtige Funderwartungszone für die Zukunft bilden. Eine Fahrt mit dem Schiff von Hall bis Kufstein dauerte im 19. Jahrhundert fünf Stunden. Für dieselbe Strecke innaufwärts wurden bis zu fünf Tage benötigt. Neben Handelswaren – insbesondere für die Bergbaugebiete13 wie Schwaz – sind auch Zivilpersonen befördert worden, unter anderem im Rahmen von Wall- fahrten (vergleiche auch den Beitrag von Manfred Kreibig in diesem Band). Abb. 8: Verladestelle aus Holz am Innufer bei Schwaz 1556. Ausschnitt aus der Bildkarte „Alte Zeche“ des Insbesondere für das Militär war der Fluss ein bedeu- Kodex Dip. 856 (Quelle: Bartels / Bingener / Slotta tender, sicherer und rascher Nachschubweg. So wurden 2006, 929). 1532 in Hall etwa 20.000 Italiener und Spanier auf 45 Schiffe14 verladen und nach Wien befördert, um das Heer Kaiser Karls V. im Kampf gegen die Türken zu verstärken. Doch wieder zurück nach Volders. Nur zu gerne wüssten wir, wo sich genau die Uferlinie des Inns in römischer Zeit befunden hat. Archäologische Zeugnisse sprechen dafür, dass sie nördlich unterhalb der west - ost führen- den Flussterrasse, auf der sich das frühmittelalterliche Gräberfeld10 befand, geführt haben könnte. 11 Zu den verschiedenen Bezeichnungen der Schiffstypen im 17. Jh. vgl. Vangerow 2009, 40 - 42. 12 Zu Beispielen aus dem 16. Jh. vgl. Bartels / Bingener / Slotta 2006, Taf. 922 - 940; zu Beispielen aus dem 17. Jh. vgl. Merian 1649; zu Rit- zungen auf einer Hüttentür der Stieralm in aus dem Jahre 1854 mit der Darstellung eines Schiffszuges vgl. Beitrag Kreibing in 8 Stolz 1932, 75. diesem Band. 9 Das Foto wird Herrn Anton Witting, Pfaffenhofen verdankt. 13 Kiessling 2004, 95ff. 10 Stadler u. a. 2007. 14 Vgl. Beitrag Messner in diesem Band.

117 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Abb. 10: Ausschnitt aus der Bildkarte „Falkenstein“ des Kodex Dip. 856 mit einem Schiffszug innaufwärts auf der rechten Bildseite. (Quelle: Bartels / Bingener / Slotta 2006, 686, Abb.13).

Die Volderer Brücke wurden auf der Suche nach älteren Brückenresten aus Holz in Osttirol taucharchäologische Untersuchungen an der sogenannten Spitalsbrücke in Lienz erstmals in Forschungen zur Geschichte von Brücken sind in Tirol Tirol schon 199918 erfolgreich durchgeführt. Dabei konn- bisher vor allem von historischer und technischer Seite15 ten 35 senkrecht im Wasser erhaltene Brückenpfähle, betrieben worden, und gerade die Stadt Innsbruck wäre ein Ost - West liegender Pfahl sowie ein behauener ja durch ihren Namen dafür prädestiniert. Trotzdem sind Balken aufgenommen werden. Elf Pfahlproben aus Holz archäologische Erkenntnisse nach wie vor dem Zufall wurden per Hand abgeschnitten und für die Dendrobe- überlassen, wie die Entdeckung von Steinfundamen- probung abgegeben. Die Vermessung und Dendroda- ten16 der Innbrücke von Innsbruck im Jahre 2016 zeigt. ten ergab zwei Vorgängerbrücken aus dem 14. Jahrhun- dert und Reparaturphasen aus dem 17. Jahrhundert19. Einen Sammelband, wie ihn etwa das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 2011 herausge- Der bei der Karlskirche in Volders über den Inn führende geben hat und in dem auch eine Brückenarchäologie17 Übergang dürfte wohl in Holz errichtet worden sein und thematisiert wird, gibt es in Tirol noch nicht. Wohl wird erstmals 1322 in einer Rechnung des Zöllners am Lueg erwähnt. In diesem Schriftstück wird wegen der Absperrung der Straße und dem Abbruch der Brücke 15 Zur Brücke im Mittelalter vgl. u.a. Maschke 1978, 9 - 39; zu Tiroler Brücken Aschaber u. a. 2010. 16 http://www.tt.com/panorama/11176892-91/sensationsfund- in-innsbruck-mittelalterliche-br%C3%BCcke-entdeckt.csp 18 Reitmaier 1999, 919; ders. 2000, 14 - 15. Zugriff: 10.03.2017. 19 Die Dendrodaten werden dem Institut für Geografie der Universi- 17 Weski Brückenarchäologie 2011, 15 - 20. tät Innsbruck, Kurt Nicolussi verdankt.

118 Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

dem Gericht Rettenberg die Pacht erlassen20. Wann Schiffsunglücke an der Volderer dieses Bauwerk errichtet wurde bzw. in welcher Bau- Innbrücke technik, ist unbekannt.

Der bauliche Zustand gab im Laufe der Jahrhunderte Vor allem die Joche der Brücke waren in den vergange- mehrmals Anlass zur Kritik. So weilte 1452 der Haller nen Jahrhunderten mehrmals Ursache von schweren Stadtbaumeister Hans Sewer in Volders um sie zu inspi- Schiffsunfällen, wobei wohl die Unachtsamkeit der zieren, denn sie sollte wegen ihres desolaten Zustandes Schiffsmeister oder menschliches Versagen eine Haupt- erneuert werden21. Etwa 400 Jahre später wird in einem rolle gespielt haben dürften. weiteren Bericht aus dem Jahre 1802 wieder auf die Bau- fälligkeit der Brücke verwiesen22. Schriftliche Quellen zu diesen Ereignissen finden sich vor allem in Totenbüchern, Chroniken, Epitaphen und Die Volderer Innbrücke war im Laufe ihrer Geschichte späteren Gendarmerie - und Polizeiberichten. Aber auch sowohl für den Durchzugsverkehr als auch in Kriegs- Mirakelbücher und Votivtafeln, die als Dank für eine Er- zeiten von großer und strategischer Bedeutung. Bei rettung nach einem Schiffbruch gestiftet wurden, sind den Freiheitskämpfen im Jahr 1809 wurde die Brücke für diese Forschung ergiebig. Ein sehr frühes Exemp- abgetragen, um das Übersetzen der feindlichen Solda- lar ist für den Passauer Rentmeister Bernhard Vorster ten zu verhindern. Die älteste Abbildung von der Brücke überliefert, der 1521 ein Schiffsunglück bei Schärding in Volders, die bisher bekannt war, ist ein Kupferstich am Inn26 überlebte und dessen Votivtafel in Alt - Ötting, aus dem 17. Jahrhundert, auf dem man einen Holzbau Bayern aufbewahrt wird. erkennen kann (Abb. 11). Ein besonders Unglück ereignete sich am 16. Septem- Die so wichtige Verbindung über den Inn wurde 184723 ber 1608, als ein Schiff mit dem Tiroler Landesfürsten neu errichtet und ist auf einem Gemälde von Heinrich Maximilian III. dem Deutschmeister von Innsbruck nach Bartinger (1881 - 1875) zu sehen, auf dem ein Schiffsun- Wien gegen ein Joch der Innbrücke fuhr und kenterte. glück an der Volderer Brücke24 von 1851 dokumentiert Dabei ertranken 14 Personen in den Fluten27. Ein Epitaph wird. Glaubt man diesem Bild, dann handelt es sich um an der Totenkapelle der Pfarrkirche von Schwaz schil- eine Konstruktion aus Stein und Holz mit zwei Jochen dert das Unglück und erinnert an einen erzherzoglichen (Abb. 12). Küchenjungen namens Pankraz Carl. Egg28 nimmt auf- grund des landesfürstlichen Wappens an der Tafel an, Dieses Bauwerk ist 1942 durch einen Neubau ersetzt worden. Ende des Zweiten Weltkrieges plante eine SS - Einheit25 die Volderer Innbrücke zu sprengen, wobei zwei Soldaten der deutschen Wehrmacht während einer kurzen Kampfhandlung getötet wurden. Ihr end- gültiger Abbruch erfolgte im Zuge des Autobahnbaues am Ende der 1960er Jahre. Die nun bestehende Brücke überspannt seit 1969 den Inn und die Autobahn.

Abb. 11 Ansicht der Innbrücke aus Holz bei der Karls- 20 Stolz 1932, 79 m. Anm. 2. kirche mit Servitenkloster in Volders. Kupferstich 21 Beimrohr 2002,163. 17. Jh. (Foto: K. Wurzer, Volders). 22 Beimrohr 2002,169. 23 Beimrohr 2002, 173. 24 Das Original befindet sich im TLMF unter Inv. Nr. Gem. 3336 Innsbruck. 26 Rohr 2007, 397 m. Anm. 701. 25 Chronik des Gendarmeriepostens Volders: Eintragung vom 27 Egg 2003, 129. 3. 5. 1945. 28 Egg 2003, 130.

119 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

dass sie von Maximilian III. in Auftrag gegeben wurde. ist undatiert und sie werden heute gut gesichert und Warum lediglich dieser Küchenjunge (Bäckergehilfe) gewartet im Dorfwidum (Pfarrhaus) aufbewahrt34. und nicht auch alle anderen bei diesem Ereignis zu Tode Gekommenen mit Namen hier Erwähnung finden, Mit der Errichtung der Eisenbahn von Kufstein nach müsste noch erforscht werden. Für den 9. September Innsbruck im Jahre 1858 ging die Innschifffahrt zu Ende. 1612 wird ein ähnlicher Unfall29 berichtet, an dem 1873 fuhr das letzte Frachtschiff und 1892 die letzte 14 Personen beteiligt waren, Silbergeschmeide verloren Plätte von Hall den Inn abwärts und unfallfrei auch an ging und drei Personen in den Fluten starben. der Volderer Brücke vorbei.

Auch für die spätere Barockzeit ist ein größeres Schiffs- unglück an der Volderer Brücke überliefert. In einem Schüleraufsatz30 aus dem Jahre 1924 wird eine Kollision eines auf dem Inn abwärts fahrenden Schiffes bei der Karlskirche geschildert, bei der viele Wallfahrer ihr Leben lassen mussten. Am 10. August 1790 pilgerten zahlreiche Gläubige aus dem Tiroler Unterland zur Pfarr- kirche Wilten in Innsbruck, um das Fest Maria Himmel- fahrt zu feiern. Für ihre Heimfahrt entschieden sich die Pilger, mit einem Schiff die Rückkehr in ihre Gemeinden anzutreten. Bei der Volderer Brücke geschah das folgenschwere Unglück. Wie der Bericht weiter ausführt, fuhr das Boot aus Fahrlässigkeit des Kapitäns gegen einen der Brückenpfeiler und kenterte. Von den mehr als 60 Personen an Bord fanden 40 - 50 Wallfahrer in den Fluten den Tod. Nur 18 - 20 von dieser Gruppe konnten sich an das Ufer retten. Die meisten der verunglück- ten Personen stammten aus den Gemeinden Schwaz, St. Margarethen, dem Zillertal, Jenbach, Münster, Wiesing und Eben. In den Totenbüchern31 sind einzelne verunglückte Wallfahrer aus der Pfarren Wiesing (2), Münster (9), Radfeld (7) und Kramsach (1) dokumentiert. Über das Hinscheiden des einzigen Sohnes solle sich der alte Thumerbauer Martin Ederegger aus Radfeld so ge- grämt haben, dass er nach 14 Tagen ebenfalls verstarb.

Ein Schiffsunglück bei der Volderer Brücke ohne Todesfolge aus dem Jahr 1851 schildert uns ein Bild von Martin Bartheimer (Abb. 11). Zu sehen ist ein Schiff, das sich an einem Pfeiler verheddert hat, sowie Pferde und Menschen, die sich ans Ufer gerettet haben.

Auch der Erhalt der reich verzierten Helmbarten32 der Volderer Sakramentswache wird einem Schiffsunglück zugerechnet. Nach Trapp33 sollen die Stangenwaffen und eine Partisane als Strandgut eines Schiffsunfalles nach Volders gekommen sein. Heute verfügen die Par- tisaner aus Volders über sieben Helmbarten aus dem Jahr 1558 und zwölf aus dem Jahre 1564, die Partisane

29 Egg 2003, 130. 30 Freundliche Mitteilung des Herrn Alfons Putzer, Ortschronist in Münster; über diesen Unfall berichtet auch Egg 2003, 130. 31 Vgl. Totenbücher Radfeld, Münster, Kramsach, Wiesing. 32 Stadler 2004, 19 - 30, 35 - 64; 33 Trapp 1956, 107; Moser 2002, 74 - 48. 34 Stadler 2004, 19.

120 Uferverbauung und Unfälle an der Innbrücke in Volders (16. - 19. Jh.)

Abb. 12: Schiffsunglück an der Volderer Innbrücke 1851 von Heinrich Bartinger (1818 - 1875). (Original: TLMF Innsbruck).

121 Harald Stadler, Karl Wurzer und Kurt Nicolussi

Literaturverzeichnis Schatz 1955 Schatz Josef, Wörterbuch der Tiroler Mundarten = Schlern - Schriften 119 (Innsbruck 1955). Aschaber u.a. 2010 Schöpf 1985 Aschaber Martin / Günter Guglberger / Karl Sporschill, Schöpf Josef, Tirolisches Idiotikon (Vaduz 1985). Brücken in Tirol (Innsbruck 2010). Stadler u.a. 2007 Bartels / Bingener / Slotta 2006 Stadler Harald, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Bartels Christoph / Bingener Andreas / Slotta Rainer, „1556 Volders, Augasse (Nordtirol). Kommentierter Katalog Perkwerch etc.“, Das Schwazer Bergbuch. Der Berg- der beigabenführenden und 14C-datierten Gräber. In: bau bei Schwaz in Tirol im mittleren 16. Jahrhundert Harald Stadler (Hrsg.), Forschungen zum frühmittelalter- (Bochum 2006). lichen Gräberfeld von Volders, Augasse (Nordtirol), Bd. 1, Beimrohr 2002 Nearchos Sonderheft 15 (Innsbruck 2007) 12 - 57. Beimrohr Wilfried, Die Volderer Brücke. In: Heinz Moser, Stadler 2008 Volders, eine Wanderung durch drei Jahrtausende Stadler Harald, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von (Volders 2002) 163 - 174. Volders, Augasse, und sein Beitrag zur Frühgeschichte Egg 2003 Tirols. In: Jan Bemmann / Michael Schmauder (Hrsg.), Egg Erich, Ertrunken im Inn. In: Tiroler Heimatbl. 4, 2003, Kulturwandel in Mitteleuropa; Langobarden - Awaren - 129 - 131. 12 - 13, 134 - 135. Slawen. Akten der Internationalen Tagung in Bonn vom Haider 1990 25. bis 28. Februar 2008 = Kolloquien zur Vor- und Früh- Haider Peter W., Gab es während der römischen Kai- geschichte 11 (Bonn 2008) 491 - 513. serzeit eine Innschifffahrt auf Tiroler Boden? In: Tiroler Stadler 2004 Heimat 54, 1990, 5 - 24. Stadler Harald, Die Trabantenhelmbarten und -partisane Kiessling 2004 von Volders in Tirol im waffengeschichtlichen Kontext. Kiessling Rolf, Der Inn als Wasserstraße. Beobachtungen In: Heimatkundliche Bl. 10, 2004, 19 - 30, 35 - 63. zur Versorgung des Schwazer Bergbaureviers im 15. Stadler / Spindler 2005 und 16. Jh. In: Wolfgang Ingenhaeff / Johann Bair (Hrsg.), Stadler Harald / Spindler Konrad, Die römische Ziegelei Wasser Fluch und Segen (Bruneck 2004), 95 - 115. von Angath in Tirol. In: Fritz Krinzinger (Hrsg.), Synergia. Klotz/Coop/Taylor 2000 Festschr. Friedrich Krinzinger (Wien 2005) 163 - 196. Klotz E.U. / Coop M.R. / Taylor R.N., Zum Tragverhalten Stolz 1932 von Rammpfählen. In: Vorträge der Baugrundtagung Stolz Otto, Zur Verkehrsgeschichte des Inntales im 2000 in Hannover, 18.-21. September 2000, 109 - 116. 13. und 14. Jahrhundert. In: Veröffentlichungen des Maschke 1978 Museum Ferdinandeum (H. 12. Jg. 1932), 69 - 109. Maschke Erich, Die Brücke im Mittelalter. In: Die Stadt am Trapp 1956 Fluß. Historische Zeitschrift 224, 1978, 9 - 39. Trapp Oswald, Trabantenhelmbarten König Ferdinands Merian 1679 und Erzherzog Karls von der Steiermark. In: Veröff. d. Merian Matthias, Topographia Provinciarum Museum Ferdiandeum 36, 1956, 101 - 108. Austriacaru(m), Austriae Styriae, Carinthiae, Carniolae, Vangerow 2009 Tyrolis etc (Frankfurt 1679), 81 - 82. Vangerow Hans - Heinrich, Schiffstypen, Schiffsmaße, Moser 2002 Schiffsbesatzungen und Schiffsladungshöchstgewich- Moser Heinz (Hrsg.), Volders. Eine Wanderung durch drei te auf der Donau, dem Inn und der Salzach im 16. und Jahrtausende (Volders 2002). 17. Jahrhundert. In: Verhandlungen des Historischen Reitmaier 2000 Vereins für Oberpfalz und Regensburg Bd. 149, 2009, Reitmaier Thomas, Die Spitalsbrücke in Lienz. In: triton 37 - 42. newsline, 2000, 14 - 15. Weski 2011 Reitmaier 1999 Weski Timm, Brückenarchäologie. In: Bayerisches Lan- Reitmaier Thomas, Taucharchäologische Untersuchun- desamt für Denkmalpflege (Hrsg.), Brücken in Bayern. gen an der Spitalsbrücke in Lienz. In: Fundberichte Ös- Geschichte, Technik, Denkmalpflege. Denkmalpflege terreichs 38, 1999, 919. Themen Nr. 2 (Parsdorf 2011) 15 - 20. Rohr 2007 Zanesco 2007 Rohr Christian, Extreme Naturereignisse im Ostalpen- Zanseco Alexander, Kat. Nr. 6.6. Rammpfahl. In: Romedio raum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn Schmitz - Esser, Der Taler um 1500. Eine Haller Münze der Neuzeit (Köln / Weimar / Wien 2007). zwischen Arm und Reich. Haller Münzblätter 9 - 11, 2007, 245 - 246.

122