Willkommen Im Westen
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17./18. August 2019 / Nr. 33 www.katholische-sonntagszeitung.de Einzelverkaufspreis 2,60 Euro, 6070 Mit dem Rollstuhl Weihbischöfe nehmen Vor 400 Jahren: Erstmals (fast) zum Papst an Prayerfestival teil Sklaven in Nordamerika Auf die Kraft seiner Arme kam es an, Weihbischof Marian Eleganti (links) In solch eisernen Fes- als Manuel Giuge von Vene- aus Chur besucht seit Jahren das seln wurden die Skla- dig nach Rom pilgerte: Der Prayerfestival in Marienfried. Mit ven aus Afrika in alle 33-Jährige legte die 500 Kilo- Weihbischof Florian Wörner zele- Welt verschi t. 1619 meter mit dem Rollstuhl zu- brierte er eine Heilige Messe begann ihr Leid als billige Arbeitskräfte der nord- rück (Foto: Galgano). Seite 7 (Foto: Niedermair). Seite 13 amerikanischen Siedler (Foto: KNA). Seite 2/3 Vor allem … Willkommen Liebe Leserin, lieber Leser im Westen it der lapidaren Notiz des MFarmers John Rolfe über underte DDR-Bürger nutzten das „Paneuropäische Picknick“ den Kauf von „20 Negern“ be- Hvor 30 Jahren für die Flucht in den Westen: Bei der Friedens- gann vor 400 Jahren die Sklave- demonstration an der österreichisch-ungarischen Grenze nahe rei in Nordamerika (siehe Seite 2/3). Das Land der Freiheit und der Stadt Ödenburg war am 19. August 1989 symbolisch für unbegrenzten Möglichkeiten drei Stunden das Grenztor geö net. Die Massen ucht setzte eine verlor seine Unschuld. Es dauer- Kettenreaktion in Gang, die mit dem Fall des Eisernen Vorhangs te fast 250 Jahre, bis mit dem re- endete. 30 Jahre später kann die einstige Grenze zwischen Ost und publikanischen Präsidenten Ab- West mit dem Fahrrad erkundet werden. Seite 28 raham Lincoln die Verachtung für Menschen anderer Hautfar- be allmählich beendet wurde. Nicht zu vergessen: Das Wohler- gehen der Neuansiedler gründe- te von Anfang an auf der Un- terdrückung, ja Ausrottung der Ureinwohner. Ob eine Mauer den Indianern hätte helfen kön- nen, die Scharen weißer Ein- wanderer aufzuhalten? Kaum. Gleichwohl setzt US-Präsident Donald Trump zum Schutz vor illegal Einreisenden auf ein Mauerwerk. Ähnliche Versuche gab es schon vor 2000 Jahren bei den Römern und ihrem wohlbe- wachten Limes gegen die Barba- ren. Auf Dauer vergeblich. Auch dem Eisernen Vorhang war kein Erfolg beschieden. Er el vor 30 Jahren (siehe Seite 5 und 28). Allerdings darf er für sich in Anspruch nehmen, dass er nicht aus-, sondern eingrenzte. Und damit dem ganzen Ostblock den Charme eines großen Frei- luft-Gefängnisses verlieh. Ihr Johannes Müller, Chefredakteur Foto: dpa 2 THEMA DER WOCHE 17./18. August 2019 / Nr. 33 VOR 400 JAHREN Als der Mensch zur Ware wurde Per Kauf von „20 Negern“ durch einen Farmer begann die Sklaverei in Nordamerika Sie wurden gequält und mit härtes- Die Versklavung trieb wie ein Mo- ten Strafen zum Gehorsam genötigt. tor aus menschlichen Körpern Anders als etwa in der antiken Wirtschaft und Reichtum an. Nicht Gesellschaft wurde die Sklaverei in sicher ist, ob sich das Wort „Sklave“ den USA von Anfang an mit Rasse- ethymologisch tatsächlich von „Sla- unterschieden begründet. Und nicht ve“ ableitet. Jedenfalls wurden im nur der Süden fand Gefallen daran. Mittelalter zahlreiche Menschen aus Während die Sklaven dort meist Osteuropa verschleppt und – vor schwere Fronarbeit leisten mussten, allem in der islamischen Welt – ver- wurden sie in den nördlichen Ko- sklavt. lonien vor allem als Hauspersonal Auch die afrikanischen Gesell- beschäftigt. schaften wurden seit dem siebten In den fast 400 Jahren der atlan- Jahrhundert von immer neuen tischen Sklaverei kamen etwa zehn Raubzügen arabischer Menschen- bis zwölf Millionen verschleppte händler heimgesucht. Unterstüt- Schwarzafrikaner lebend in Amerika zung erhielten sie von afrikanischen an. Vier bis fünf Millionen wurden Stammesfürsten. Viele der Opfer in die Karibik gebracht, 3,5 bis 5 überlebten die Gefangennahme, die Millionen nach Brasilien. Eine halbe Verschleppung vom Inneren Afrikas Million wurde in die USA verkauft. an die Küsten und schließlich die 1860 lebten dort vier Millionen grausamen Strapazen der Schiffs- Sklaven. fahrt nicht. Nach der Entdeckung Amerikas Im Osten verschleppt entwickelte sich der transatlantische Sklavenhandel zum Dreieckshandel: Der Kölner Historiker Michael Europäische Schiffe fuhren an die Zeuske betont in seinem Buch Küste Westafrikas, um dort Waren „Sklaverei. Eine Menschheitsge- gegen Menschen einzutauschen, schichte …“, dass es Sklaverei schon die dann in Amerika verkauft wur- seit den Anfängen der Menschheit den. Von dort aus fuhren Schiffe gibt. Ob bei Ägyptern oder Rö- zurück nach Europa, beladen mit mern, ob bei Mayas oder Arabern: Produkten wie Zucker, Kaffee oder Jesuiten verkauften Sklaven Im 21. Jahrhundert hat die katholische im Wert von heute über 3,3 Millionen Das Sklavenmuseum auf der ehemaligen Sklaveninsel Gorée im Senegal erzählt Kirche in den USA nicht nur den Kampf USDollar konnten die Schulden der von der grausamen Jagd auf die afrikanischen Einwohner durch weiße Kolonisten. Das gegen den Missbrauch von Kindern Universität getilgt und deren Existenz kleine Foto erinnert an die Visite durch Papst Johannes Paul II., der das Museum bei aufgenommen. Wichtig ist den Bischö gesichert werden. seiner Senegalreise im Jahr 1992 besuchte. Foto: KNA fen auch der Kampf gegen den Rassis In dem Schreiben „In supremo apos mus. Denn sie wissen, dass Priester, tolatus“ bezeichnete Papst Gregor XVI. Bischöfe und Ordensgemeinschaften am 3. Dezember 1839 den Sklaven „Gegen den 20. des Monats Au- Schon Spanier und Portugiesen einst nicht nur Sklaven besessen ha handel als Verbrechen und drohte mit gust kam zu uns ein niederländi- hatten afrikanische Sklaven nach ben, sondern auch aktiv in den Skla Kirchenstrafen. Die amerikanischen sches Kriegsschiff, von dem wir 20 Süd- und Mittelamerika und in die venhandel verwickelt waren. Bischöfe bezogen das Verbot nur auf Neger kauften.“ Der Satz, den der Karibik verschifft, wo sie auf Zucker- Nachdem vor 400 Jahren die ersten die Situation anderswo. Auch nach Tabakfarmer John Rolfe im Jahr rohrplantagen schuften mussten. In Sklaven in Nordamerika eintrafen, Abschaffung der Sklaverei waren die 1619, vor 400 Jahren, notierte, den Südstaaten der späteren USA wurden sie auch von Katholiken er Schwarzen noch lange nicht als gleich markiert den Beginn der Sklaverei verfestigte sich die Sklaverei erst standen und ausgebeutet. Louis Wil berechtigt anerkannt. Erst 1920 wurde in Nordamerika. nach und nach: Anfangs standen die liam DuBourg (1766 bis 1833), Bischof ein Priesterseminar für junge Männer Afrikaner weißen Siedlern gleich, im Gebiet von Louisiana, besaß zum afroamerikanischer Herkunft einge 1607 hatten 143 britische Aben- die durch ihre Arbeit die Schifffahrt Beispiel Sklaven. Er versorgte die Vin richtet. teurer an der Ostküste Nordameri- aus Europa abzahlen mussten. zentiner in Missouri mit Sklaven und Die Zahl der Bischöfe afroamerikani kas Jamestown, die erste dauerhafte Mit der Expansion der Tabak- half ihnen, weitere zu kaufen. scher Herkunft ist bis heute im unteren Siedlung der Briten in der neuen und Baumwollplantagen und dem Im Frühjahr 2016 berichtete die „New zweistelligen Bereich. Insofern war es Welt, gegründet. Indianerangriffe, Ende des Bürgerkriegs in England York Times“, dass die hoch angesehe bemerkenswert, dass Papst Franziskus Krankheiten und Hunger: Erst, als 1651, der zu einem Rückgang briti- ne JesuitenUniversität Georgetown am 4. April – dem 51. Jahrestag der es den Siedlern gelang, Tabak anzu- scher Auswanderer führte, schritt die 1838 ihr Überleben nur dem Verkauf Ermordung von Martin Luther King Jr. bauen und nach England zu expor- Entrechtung der Afrikaner immer von 272 Sklaven – Frauen, Männer und – Wilton Gregory zum Erzbischof von tieren, war das Überleben im späte- weiter voran. Zwar gab es Gesetze, Kinder – verdankte. Organisiert wurde Washington DC ernannte. Er ist der ren Virginia gesichert. Der Mangel die den Sklaven gewisse Rechte zusi- das Geschäft von zwei Jesuiten, den erste AfroAmerikaner, der das Haupt an Arbeitskräften ebnete dann der cherten. Doch nur allzu oft waren sie Präsidenten der Schule. Mit dem Erlös stadtBistum leitet. KNA Sklaverei den Weg. der Willkür ihrer Herren ausgesetzt. 17./18. August 2019 / Nr. 33 THEMA DER WOCHE 3 Baumwolle. Auch Deutsche waren beteiligt: 1682 gründete der Gro- ße Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620 bis 1688) die Afrikanische Compagnie, um mit einer kleinen Flotte in das Sklaven- geschäft einzusteigen. Rund 25 000 Menschen wurden erworben. Päpste mahnten stets Dass das unmenschliche Treiben letztlich abgeschafft wurde, hatte unterschiedliche Gründe: Immer wieder, mehrfach schon im 15. Jahrhundert, lehnten Lehrschreiben verschiedenster Päpste mit Nach- druck die Sklaverei ab. Im nörd- lichen Amerika waren es dann vor allem bekennende Christen, die sich für ein Ende einsetzten. Andere argumentierten, dass es sich finan- ziell nicht mehr lohne, Sklaven zu halten. 1807 verbot Großbritannien zu- nächst nur den Sklaven-Handel; 1833 trat ein umfassendes Verbots- gesetz in Kraft. Die USA erklärten Sklaverei nach dem Bürgerkrieg 1865 für verfassungswidrig. In Bra- silien wurde sie erst 1888 offiziell Sklaven auf der Plantage von James Hopkinson auf Edisto Island im US-amerikanischen South Carolina. Die Photographie von aufgehoben. Christoph Arens Henry P. Moore entstand 1862, als die Nordstaaten die Abschaffung der Sklaverei erklärten. Foto: akg Ein sehr beliebtes Geschenk Von wegen Männersache: Frauen waren tief verwickelt in die Sklavenhaltung Eine Historikerin hat nachgewie-