Personelle Und Institutionelle Übergänge Im Bereich Der Brandenburgischen Medienlandschaft“
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Ariane Mohl Gutachten für die Enquete-Kommission 5/1 des Brandenburger Landtags „Personelle und institutionelle Übergänge im Bereich der brandenburgischen Medienlandschaft“ I. Einleitung S. 2 II. Institutionelle Übergänge in der Brandenburger Presselandschaft S. 6 1.1. Die Entwicklung der DDR-Presse bis 1989 S. 6 1.2. Der Strukturwandel der Presse nach der friedlichen Revolution S. 11 1.3. Der kurze „Zeitungsfrühling“ S. 16 1.4. Die Neuordnung des Zeitungsmarktes durch die Treuhandanstalt S. 20 1.5. Die Entwicklung der Presselandschaft nach der Privatisierung S. 29 2. Institutionelle Übergänge im Rundfunk S. 34 2.1. Der Rundfunk in der DDR S. 34 2.2. Der DDR-Rundfunk während der friedlichen Revolution S. 37 2.3. Die Arbeit der „Einrichtung“ S. 40 2.4. Die Neuordnung des Rundfunks in den neuen Bundesländern S. 43 2.4.1. Die Gründung des ORB S. 47 2.4.2. Die gescheiterte Fusion S. 56 2.4.3. Vom ORB zum RBB S. 59 III. Personelle Kontinuitäten in der Brandenburger Medienlandschaft S. 62 3.1. Stasi-Aufarbeitung bei der Märkischen Allgemeinen S. 64 3.2. Stasi-Aufarbeitung bei der Märkischen Oderzeitung S. 70 3.3. Stasi-Aufarbeitung bei der Lausitzer Rundschau S. 74 3.4. Stasi-Aufarbeitung beim Oranienburger Generalanzeiger S. 79 3.5. Stasi-Aufarbeitung bei den Potsdamer Neuesten Nachrichten S. 80 3.6. Stasi-Aufarbeitung im ehemaligen DDR-Rundfunk S. 86 3.7. Stasi-Aufarbeitung bei ORB und RBB S. 87 4. Der Umgang mit den „SED-Journalisten“ S. 102 IV. Schluss S. 120 I. Einleitung Die Bewertungen könnten unterschiedlicher nicht sein: Für die einen haben die ehemaligen DDR-Medien die ostdeutsche Bevölkerung durch ihre Berichterstattung behutsam an die De- mokratie und die soziale Marktwirtschaft herangeführt. Die in der DDR sozialisierten „Medi- enmacher“, so die Vertreter dieser These, hätten sich in den vergangenen zwanzig Jahren ge- meinsam mit den Lesern auf den Weg in eine neue Gesellschaft gemacht und dabei selbst einen inneren Wandel vollzogen. Die Ost-Medien seien den ehemaligen DDR-Bürgern hilf- reiche und treue „Begleiter in einer schwierigen Umbruchzeit“ gewesen. 1 Für die anderen steht fest, dass von einem wirklichen Wandel insbesondere im Bereich der Presse nicht die Rede sein könne. Die ehemaligen SED-Bezirkszeitungen, so etwa Elisabeth Noelle-Neumann, seien ein „retardierendes Element der politischen Entwicklung“ gewesen. Die in ihr tätigen Journalisten hätten aufgrund ihrer eigenen früheren Verstrickung in die SED-Diktatur die Wahlerfolge der PDS regelrecht herbeigeschrieben und so das Zusammen- wachsen von Ost und West nach Kräften verhindert. 2 Vordergründig betrachtet ist der Transformationsprozess der ehemaligen DDR-Medien er- folgreich verlaufen. Die Treuhandanstalt hat mit dem Verkauf der ehemaligen SED- Bezirkszeitungen die eigenen ökonomischen Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen. Zeitungsleser in Ostdeutschland konnten zu jeder Zeit auf die ihnen vertrauten Blätter zu- rückgreifen und sich über das Geschehen in der Region informieren. Reibungslos ging auch die „Abwicklung“ des ehemaligen DDR-Staatsrundfunks über die Bühne. Trotz des enormen Zeitdrucks, unter dem auf dem Gebiet der ehemaligen DDR mit dem Aufbau öffentlich- rechtlicher Rundfunkanstalten begonnen wurde, mussten die Fernsehzuschauer und Radiohö- rer in den neuen Bundesländern zu keinem Zeitpunkt auf ein eigenes Rundfunkprogramm aus ihrer Heimat verzichten. Jenseits dieser rein funktionalen Ebene des Medienwandels stellt sich indes die Frage, ob diese Transformation des ostdeutschen Rundfunk- und Pressewesens mit einem personellen und institutionellen Neubeginn einherging, oder ob dort nicht doch mehr beim Alten geblieben ist, als uns im Sinne einer pluralen Medienlandschaft lieb sein kann. Dieses Gutachten beschäftigt sich mit den „Personellen und institutionellen Übergängen im Bereich der brandenburgischen Medienlandschaft“. Im Mittelpunkt des ersten Teils der Studie steht die Frage, ob für das Land Brandenburg von einer wirklichen „Medienwende“ oder gar 1 Meyen, Michael: Denver Clan und Neues Deutschland. Mediennutzung in der DDR, Berlin 2003, S. 218. 2 einer „Medienrevolution“ gesprochen kann. Um diese Frage beantworten zu können, werden die medienpolitischen Entscheidungen von damals nachvollzogen. Anhand der Verkaufspoli- tik der Treuhandanstalt, aber auch der Strategie der westdeutschen Verlage, soll die Entwick- lung der ehemaligen SED-Bezirkszeitungen sowie der Blockparteipresse beschrieben werden. Berücksichtigung finden auch die Zeitungsneugründungen, die es im Land Brandenburg gab, sowie die Entwicklung der DDR-Zeitschriften. Im Rundfunk war die sogenannte „Einrichtung“ unter Leitung von Rudolf Mühlfenzl die In- stitution, die die Weichen für die weitere Entwicklung im Bereich von Radio und Fernsehen gestellt hat. Die Gründung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den neuen Bun- desländern wurde wesentlich von den jeweiligen Landesregierungen bestimmt. Untersucht wird in diesem Zusammenhang die Frage, ob es bei der Privatisierung und Neugründung der öffentlichen Rundfunkanstalten in Brandenburg im Vergleich zu den anderen neuen Ländern Unterschiede und Besonderheiten gab. Während der erste Teil des Gutachtens sich also mit den Strukturen der Brandenburger Medi- enlandschaft beschäftigt, befasst sich der zweite Teil mit der nicht minder bedeutsamen Frage nach dem Umgang mit dem journalistischen Personal. In den Blick genommen werden hier nicht nur Redakteure, die zu DDR-Zeiten für das MfS tätig waren, sondern auch die Journali- sten, die bereits vor dem Mauerfall in ihrem Beruf tätig waren und ihr Handwerk am „Roten Kloster“, der Kaderschmiede des systemtreuen Journalismus in der DDR, gelernt haben. Hier geht es darum zu klären, welche personellen Kontinuitäten in der Brandenburger Medienland- schaft bestehen und welche Auswirkungen diese auf die Berichterstattung hatten und haben. Während der Medienwandel in Ostdeutschland sowohl für den Bereich der Presse als auch für den Rundfunk in der Fachliteratur umfangreich beschrieben und analysiert worden ist, gibt es auch mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung kaum Publikationen, die sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung im Land Brandenburg auseinandersetzen. Wertvolle Informationen konnte die Gutachterin aus Gesprächen mit den (ehemaligen) Chefredakteuren der verschiedenen Tageszeitungen in der Mark ziehen. Wie es zur Gründung des ORB kam, konnte hauptsächlich anhand der Plenarprotokolle des Brandenburger Landtags, aber auch auf der Grundlage von persönlichen Gesprächen mit (ehemaligen) Mitarbeitern des Senders gut nachvollzogen werden. Als enorm mühselig erwies sich die Suche nach Interviewpartnern für den zweiten Teil des Gutachtens, in dem es um die personellen Kontinuitäten in der Brandenburger Medienland- 2 Noelle-Neumann, Elisabeth: Ist eine Mauer von Medien gebaut? Warum sich Deutsche Zeit für Deutschland nehmen müssen. Vortrag vor der Jahresmitgliederversammlung der WIR-Initiative am 1. Dezember 1993 in Frankfurt/M. 3 schaft geht. Hier war die Gutachterin mangels einschlägiger Fachliteratur auf die freiwillige Mithilfe der Chefredaktionen, Geschäftsführer, Intendanten und Redakteure angewiesen. Dies sollte, wie sich bald herausstellte, zum Problem werden. Fast alle Chefredakteure verwiesen, so sie denn überhaupt für ein persönliches Gespräch zur Verfügung standen, auf die aus ihrer Sicht problematische Tatsache, dass die (Landes-) Politik sich unzulässigerweise in die Be- lange privater Medienunternehmen einmische. Symbolisch kommt diese Haltung in einem am 10. März 2010 veröffentlichten Kommentar des stellvertretenden MAZ-Chefredakteurs Lo- thar Mahrla zum Ausdruck, der durch das Gutachten und die darin enthaltenen „guten Ratschläge“ die Unabhängigkeit der Presse bedroht sieht. 3 Freundlicherweise erklärte sich die MAZ-Chefredaktion trotz dieser Bedenken zu einem persönlichen Gespräch bereit. Für die MOZ und die Lausitzer Rundschau konnten die ehemaligen Chefredakteure Claus Detjen so- wie Peter Stefan Herbst als Interviewpartner gewonnen werden. Auch Johannes Weberling, der an der Stasi-Aufarbeitung in beiden Häusern federführend beteiligt war, erklärte sich so- fort zu einem Hintergrundgespräch bereit. Für die Potsdamer Neuesten Nachrichten äußerte sich Michael Erbach, für den Oranienburger Generalanzeiger (OGA) der ehemalige Ge- schäftsführer und OGA-Mitbegründer Udo Merz. RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein gab der Gutachterin ebenso ausführlich wie kundig Auskunft über die Entwicklung bei ORB und RBB. Nicht als Gesprächspartner zur Verfügung stand hingegen der ehemalige MAZ- Herausgeber Alexander Gauland. Dies ist ausgesprochen bedauerlich, da nur er detailliert Auskunft über die Stasi-Aufarbeitung bei der Märkischen Allgemeinen hätte geben können. Allgemein lässt sich feststellen, dass die Auskunftsbereitschaft bei diesem Themenbereich nicht übermäßig groß ist. Selbst die vergleichsweise harmlose Frage nach der personellen Zusammensetzung der verschiedenen Redaktionen zu Beginn der neunziger Jahre brachte einige Zeitungen offenbar an die Grenze ihrer Recherchefähigkeiten. Lediglich die MAZ und der RBB machten hier Angaben. Nicht minder schwierig gestaltete sich der Versuch, mit Ta- geszeitungs- oder Rundfunkredakteuren ins Gespräch zu kommen. Viele angefragte Journali- sten, die in der SED waren, aber auch einige Quereinsteiger aus der DDR- Bürgerrechtsbewegung oder den alten Bundesländern, wollten sich lieber nicht zum Klima in ihrer Redaktion und ihren persönlichen Erfahrungen befragen lassen. Offensichtlich ist es für viele in den Brandenburger