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Rad-Thementouren im NATURPARK SÜDHEIDE

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Herausgeber Landkreis als Träger des Naturparkes Südheide und Bezug: Trift 26 · 29221 Celle · Tel. 05141/916-6064

Konzept: Landkreis Celle

Text: Landkreis Celle, Arbeitsgruppe Land & Wasser, (Prof. Dr. Thomas Kaiser, Florian Kobbe und Marcel Engwer)

Gestaltung: Marion Otto, Diplom-Designerin (Ottografik), Celle Cartoons: Isabelle Hartmann

Fotos: Dr. Reinhard Altmüller, Maren Bunge, Hans-Joachim Clausnitzer, Konrad Ebeling, Wolfram Ehrhardt, Hans-Heinrich Euhus, J. Hartmann, Bernwart Heckenberg, Rüdiger Hengst, Prof. Dr. Thomas Kaiser, Ute Leimcke-Kuhlmann, Harald Otto, Falk Prokop, Dr. Ira Richling, Dr. Reiner Theunert, John Oliver Wohlgemuth, Albert-König-Museum Unterlüß (Bianca Baer), Atelier Handwerk (Uwe Franzen), Gauß-Gesellschaft e.V. Göttingen (Dr. Axel Wittmann), Landkreis Celle, Museumsdorf Hösseringen, Niedersächsisches Forstamt Unterlüß, Schnickmann Landschaftsarchitekten, Stadt Bergen (Anne Ruhrmann), Teichwirtschaft Aschauteiche

1. Auflage 2012 10.000 Stück

Druck: MHD Druck und Service GmbH Harmsstraße 6 · 29320 Tel. 05052/91250 · www.mhd-druck.de

Touristische Lüneburger Heide GmbH · Außenstelle Hermannsburg Informationen: Am Markt 3 · 29320 Hermannsburg · Tel. 05052/6546 [email protected] · www.regioncelle.de

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Impressum

Alle in diesem Radwanderführer beschriebenen Touren lassen sich herunterladen von dem interaktiven Tourenportal www.region-celle-navigator.de

Die Naturschutzstiftung Celler Land unterstützt die Herausgabe der Broschüre durch die Bereitstellung von Bildmaterial.

Kartengrundlagen: Ausschnitte aus der Digitalen Topografischen Karte 1 : 50 000, vervielfältigt mit Erlaubnis des Herausgebers: LGLN, Landvermessung und Geobasisinformation – D 18937

Papier und Druck

Dieses Projekt wird mit Mitteln Natur erleben in des Europäischen Fonds für Niedersachsen EUROPÄISCHE UNION Europäischer Fonds für regionale Entwicklung gefördert. regionale Entwicklung

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Impressum...... S. 2 Rad-Thementouren im Naturpark Südheide ...... S. 6 Die Touren im Überblick ...... S. 8 Zeichenerklärungen ...... S. 10 Tour RT 1: Wo einst die Langbärte wohnten ...... S. 12 Tour RT 2: Große Heidetour ...... S. 18 Tour RT 3: Unterwegs zu den Gauß'schen Vermessungspunkten . . . S. 24 Tour RT 4: Durch Heide, Wald und Örtzetal ...... S. 32 Tour RT 5: Das „weiße Gold“ der Heide entdecken ...... S. 38 Tour RT 6: Wald – so weit das Auge reicht ...... S. 44 Tour RT 7: Wo sich Wasservögel und Teichkarpfen wohlfühlen . . . . S. 50 Tour RT 8: Magische Orte im Naturpark entdecken ...... S. 56 Tour RT 9: Durch Wald und Moor zum immergrünen Bach ...... S. 62 Tour RT10: Was mag sich unter den Hügeln verbergen ...... S. 68

Naturpark-Informationszentrum in ...... S. 74

Hintergrundinformationen zum Naturpark Südheide ...... S. 78 Tierwelt des Naturparkes Südheide ...... S. 80 Pflanzenwelt des Naturparkes Südheide ...... S. 82 Verwendete Literatur ...... S. 84

4 Inhalt

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Heidschnucken in der Oberoher Heide

Der Naturpark Südheide hält für seine Gäste ein gut ausgeschil- dertes Radwegesystem bereit. Darüber hinaus erschließen zehn durch Piktogramme gekennzeichnete Rad-Thementouren mit zusammen 424 Kilometern Länge die besonderen Sehenswürdig- keiten des Naturparkes. Innerhalb des Naturparkes geben Infor- mationstafeln nähere Auskünfte zu den Themen der Radtouren.

Nicht alle Wege sind komplett als Fahrradwege ausgebaut, so dass auch mal kürzere sandige Abschnitte auftreten, auf denen die natür- lichen Standortgegebenheiten der Südheide anschaulich werden.

Am Wegesrand laden mehrere Wanderparkplätze mit Sitzgelegen- heiten, Unterständen und im Sommer zusätzlich mit mobilen Toi- letten zur Rast ein. Mehr als 200 Ruhebänke und über 70 Schutz- rechts: Am Parkplatz hütten ergänzen das Angebot. In vielen Orten bieten Gaststätten „Gerdehaus“ und Cafés Einkehrmöglichkeiten. Im Naturpark Südheide sind über 60 Gastronomie- und unten: Parkplatz mehr als 230 Beherbergungs- „Am Lönsstein“ betriebe ansässig.

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Rad-Thementouren im Naturpark Südheide

Loher Teiche Die nachfolgend beschriebenen zehn Rad-Thementouren zeigen zehn Gesich- ter des Naturparkes Südheide und brin- gen den Radfahrgästen die Landschaft und ihre Tier- und Pflanzenwelt, die Geschichte des Raumes, die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Kultur der Region näher.

Bei der Auswahl der Wege wurde dar- auf geachtet, dass die komplette Vielfalt der Landschaften im Naturpark Südhei- de erlebbar wird und die Trassierungen mit den Belangen des Natur- und Land- schaftsschutzes verträglich sind. Viele private Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer haben sich bereit erklärt, durch ihr Gelände Radwege verlaufen zu lassen.

Mit einem besonnenen und rücksichtsvollen Verhalten in der Ackerland- Natur sollten alle Gäste ihnen dafür ihre Dankbarkeit zum Aus- schaft in der Südheide druck bringen.

Örtze bei Schlüpke

Herbststimmung Magischer Ort: im „Heide aus Lüßwald Lüneburg“

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1 Wo einst die Langbärte wohnten 2 Große Heidetour 3 Unterwegs zu den Gauß'schen Vermessungspunkten 4 Durch Heide, Wald und Örtzetal 5 Das „weiße Gold“ der Heide entdecken 6 Wald – so weit das Auge reicht 7 Wo sich Wasservögel und Teichkarpfen wohlfühlen Faßberg 8 Magische Orte im Naturpark entdecken 9 Durch Wald und Moor zum immergrünen Bach 10 Was mag sich unter den Hügeln verbergen 1

Hermannsburg 2

Bergen 10

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Faßberg

Unterlüß Hermanns- burg NATURPARK SÜDHEIDE 0 5 km 10 km N Eschede

8 Die Touren im Überblick

Unterlüß 6 5

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Eschede

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c GeoBasis/BKG/2010

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Die Piktogramme schildern vor Ort die Rad-Thementouren aus

Wo einst die Langbärte wohnten

Große Heidetour

Unterwegs zu den Gauß'schen Vermessungspunkten

Durch Heide, Wald und Örtzetal

Das „weiße Gold“ der Heide entdecken

Wald – so weit das Auge reicht

Wo sich Wasservögel und Teichkarpfen wohlfühlen

Magische Orte im Naturpark entdecken

Durch Wald und Moor zum immergrünen Bach

Was mag sich unter den Hügeln verbergen

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Zeichenerklärung

Zeichenerklärungen für die Karten

Standort · Startpunkt Jugendherberge

Tourenverlauf Campingplatz

Fahrtrichtung Tankstelle

Naturparkgrenze Museum

Spazierweg Gedenkstein · Denkmal

Naturschutzgebiet Hügel-, Großsteingrab

Parkplatz Wassermühle

Informationstafel Mühle

Mobile Toilettenkabine Magischer Ort

Behinderten-WC(Kabine) Tiergehege

Rastplatz Naturdenkmal

Unterstand Weitsicht

Wohnmobilstellplatz Segelflugplatz

Grillplatz Gastronomie am Weg

Spielplatz Gastronomie im Ort

Bademöglichkeit Bushaltestelle

Fahrradverleih/Reparatur Bahnhof

Bett & Bike-Betrieb

Heide Wald Gewässer Ort Grünland Teich Acker Grünfläche Moor

11 Wo einst die Langbärte wohnten

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Müden Unterlüß Hermanns- burg Natur erleben Länge der Tour: 26 km Eschede

Auf dieser Fahrradtour durch die abwechslungsreiche Landschaft der Südheide geht es auf eine Reise in die ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt. Die Menschen, die in dieser Zeit hier lebten, dürften zum germanischen Stamm der Langobarden gehört haben. Zumindest überliefern antike Quellen, dass dieser berühmte germanische Verband damals noch beiderseits der Niederelbe ansässig war. Der Name Langobarden bedeutet „die mit den lan- gen Bärten“. Wacholderheiden, Abbaustätten für Kieselgur und die Örtze sind weitere Höhepunkte dieser Fahrradtour.

Die Fahrradtour startet am Parkplatz „Gerdehaus“. Hier werden auf einer Infotafel die Langobarden vorgestellt, die nach der archäologischen Befundlage diese Gegend einst besiedelten. Etwa 500 m entfernt befindet sich die Informationstafel zur Fundstelle des so genannten Langobardengrabes(2)1 . Dabei handelte es sich um das Grab eines Reiterkriegers mit reichen Grabbeigaben. Es wurde im Jahr 1900 entdeckt und ausgegraben.

Weiter geht es auf der Tour entlang der Landes- straße 280 bis nach Oberohe. In diesem Gebiet wurde bis zum Ende des 20. Jahrhunderts Kiesel- gur abgebaut. Der Kieselgur-Erlebnispfad (3)2 erklärt die Kieselgurentstehung aus den Ablage- rungen von Kieselalgenschalen, die Geschichte des Abbaus und die wirtschaftliche Bedeutung des auch als Kieselerde bezeichneten Rohstoffes.

Durch den Als nächstes führt der Weg nach Norden zum Wacholderwald in Kieselgur- der Dübelsheide (4)3 . Der Wacholderbestand gilt als schönster abbau entstandener und größter Wacholderwald Niedersachsens. Er besteht aus Hun- Weiher derten von dicht aneinander gedrängten Wacholdern, die eine Fläche von etwa 20 Hektar einnehmen. Viele der Wacholder haben skurrile Formen, die besonders an nebligen Tagen geheim- nisvolle Gestalten entstehen lassen.

12 Die nächste Etappe der Tour führt in das kleine Heidedorf Wacholder- Schmarbeck (5)4 . In dem Ort sind noch mehrere historische Hei- wald in der Dübelsheide dehöfe mit altem Eichenbestand erhalten geblieben, die die cha- rakteristische Bauweise der Vier- oder Zweiständerhäuser aufweisen. So wie hier sahen vor einigen 100 Jahren die Dörfer in der gesamten Südheide aus.

Nachdem Faßberg erreicht ist, führt der Weg an der Erinnerungsstätte an die Schafstall in Luftbrücke Berlin vorbei (6)5 . Schmarbeck

Hinter Faßberg geht es durch Wald und Felder bis nach Poitzen. Hinter dem Dorf wird die Örtze überbrückt. Hier befindet sich der Fluss-Wald-Erlebnispfad (7)6 . Dieser Erlebnispfad erschließt das Örtzetal zwischen Hermannsburg und Poitzen mit naturnahen Heidebächen, einem See, viel Wald und Grünland. Am Wegesrand laden zahlreiche Mitmachstationen und Informations- tafeln zum genauen Hinsehen und Ausprobieren ein.

Über Müden 7 führt die Tour wieder zurück zum Ausgangspunkt.

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15 Wissenswertes

Die geretteten Das Reitergrab von Hankenbostel Fundstücke aus dem Lango- bardengrab Das Reitergrab von Hankenbostel ist eine Grabstätte aus dem befinden sich im 2. Jahrhundert. Sie wurde im Januar 1900 beim Abbau von Sand Landesmuseum in einer Anhöhe oberhalb des Sothrietbaches entdeckt. Leider ist Hannover der besondere archäologische Fund damals nicht mit der notwen- digen Sorgfalt dokumentiert und geborgen worden. Bei späteren Nachforschungen durch das ehemalige Provinzialmuseum Hannover konnte nur noch festgestellt werden, dass es sich dabei um ein Urnengrab gehandelt hat: „Auf und neben der Urne fanden sich außer sechs faustgroßen und einem größeren, anscheinend als Deckel verwendeten Steinen ein eisernes Schwert, zwei Lanzen- spitzen, ein Schildbuckel, eine ebenfalls aus Eisen hergestellte Schere, einige Kleingeräte und Reste einer Kasserolle“.

Die geretteten Fundstücke befinden sich heute im Niedersächsi- schen Landesmuseum Hannover. Die Gegenstände sind Teil einer Ausrüstung für das Jenseits, mit der der hier beigesetzte Tote ein- geäschert worden ist. Dazu gehörten unter anderem Waffen, ein Trinkhorn und Teile eines römischen Trinkservices. Einige Fibeln zum Verschließen der Kleidung, eine silberne Gürtelschnalle und zwei wertvolle Reitersporen waren neben der Urne abgelegt.

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Wo einst die Langbärte wohnten

Der Tote war vermutlich ein wohlhabender und einflussreicher Mann. Die Angehörigen legten sein Grab abseits des allgemeinen Friedhofes an. Die Familie gehörte wohl zur Führungsschicht der damaligen Bewohner der Region. Antiken Quellen zufolge gehörte diese Bevölkerung zum germanischen Stamm der Langobarden. Langobarden und ihre Anführer eroberten viele Generationen später im 6. Jahrhundert weite Teile Italiens und gründeten dort ein Königreich. Vielleicht war der Tote aus dem Reitergrab von Hankenbostel einer ihrer Vorfahren

Der Wacholderwald in der Dübelsheide

Im Jahr 1980 erschien eine Beschrei- Heidschnucken bung der wichtigsten Naturdenkmale bei der Arbeit Niedersachsens. Danach befindet sich der schönste und größte Wacholder- wald des Landes in der Dübelsheide. Zur Zeit der Heidebauernwirtschaft galt der Wacholder als Weideunkraut, da er die Heidschnucken bei der Beweidung der Heideflächen behinderte. Die Schäfer sorgten dafür, dass der Wacholder nicht überhand nahm. Das Holz des Strauches diente nicht nur zum Heizen, sondern eignete sich auch hervorragend zum Räuchern von Fischen oder zum Drechseln. Die Beerenzapfen des Wacholders sind ein begehrtes Gewürz zur Verfeinerung von Sauerkraut und Sauerbraten. Auch sind sie der Rohstoff für die Herstellung von Gin. Im 19. Jahrhundert waren Wacholderbeeren ein wichtiger deutscher Export- artikel. Beispielsweise wurden 1880 90 000 Kilogramm Wacholderbeeren nach Frankreich geliefert.

Heute gilt der Wacholder als bestands- Reife bedroht. Die von ihm besiedelten nähr- Wacholder- beeren stoffarmen und lichten Standorte sind in der heutigen Kulturlandschaft nur noch selten zu finden. Wenn ein Wacholder in einem Kiefernwald steht, ist das meistens ein Wacholder- Zeichen dafür, dass sich an dieser Stelle wald in der früher eine offene Heidefläche befand. Dübelsheide

Im Volksglauben galt der Wacholder als Zauber- und Heilpflanze, beispielsweise als Spender von Leben und Gesundheit. Ein Zweig über der Haustür oder im Stall sollte vor Teufeln, Hexen und Geis- tern, aber auch vor Giftschlangen und Dieben schützen. Im Mittel- alter dienten Wacholderzweige zum Ausräuchern der Pesthäuser.

17 Große Heidetour

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Müden Natur erleben Unterlüß Hermanns- Länge der Rundtour: 39 km burg Abstecher : nach Hermannsburg: 3,5 km nach Müden: 2,1 km Eschede nach Unterlüß: 2,1 km

Misselhorner Die Fahrradtour verläuft innerhalb eines durch die Ortschaften Heide Faßberg, Hermannsburg und Unterlüß gebildeten Dreiecks und startet am Parkplatz „Misselhorner Heide“ am Beginn des Heidepanoramaweges 1 . Die Misselhorner Heide und das Tiefental südlich davon gehören zu den schönsten Heideflächen des Naturparkes Südheide.

Der Heidepanoramaweg macht an zehn informativen Stationen das Besondere der alten Kulturlandschaft erlebbar. Die Tour führt durch Kiefernwald zum nächsten Parkplatz „Am Eicksberg“ (3)2 . Von hier ist auch das landschaftlich besonders eindrucksvolle Tiefental zu erreichen, in dem früher Hermannsburger Missions- feste abgehalten wurden.

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Weiter geht es durch Waldgebiete bis nach Lutterloh. Hinter dem Dorf führt der Weg zum Parkplatz „Schillohsberg“ (4)3 . Gegen- über beginnt der HeideErlebnispfad „Schillohsberg“, der besondere Einblicke in die hiesige Kulturlandschaft vermittelt.

Nach weiteren zwei Kilometern Richtung Osten folgt die Tour den Spuren des berühmten Göttinger Mathematikers und Land- vermessers Carl Friedrich Gauß (5)4 , der im 19. Jahrhundert die Anhöhen der Südheide für seine Vermessungsarbeiten nutzte.

Die Reise geht weiter nach Norden durch Kiefern- wälder, bis sich der Wald zu größeren Heide- flächen (6)5 lichtet. Kurz darauf ist der Parkplatz „Oberohe“ 6 erreicht, der sich innerhalb eines ehemaligen Abbaugebietes für Kieselgur befindet. Der anschließende Kieselgur-Erlebnispfad (8)7 erklärt die Abbaugeschichte des als „Weißes Gold der Heide“ bezeichneten Bodenschatzes.

Der Weg führt anschließend nach Norden zum Wacholderwald Im Kieselgur- in der Dübelsheide (9)8 . Der Wacholderbestand gilt als schönster gebiet und größter Wacholderwald Niedersachsens.

Mit der nächsten Etappe der Tour wird Schmarbeck (10) 9 erreicht – ein typisches Heidedorf, in dem noch mehrere historische Höfe mit altem Eichenbestand erhalten sind. Nach Wunsch kann die Tour hier Richtung Gerdehaus abgekürzt werden.

Die reguläre Tour führt durch Faßberg an der Erinnerungsstätte an die Luftbrücke nach Berlin 10 vorbei .

Es geht durch Feldfluren und Waldgebiete bis zum Parkplatz „Gerdehaus“ (1211 . Hier werden auf einer Infotafel die Lango- barden vorgestellt, die nach der archäologischen Befundlage diese Gegend einst besiedelten.

Die nächste Etappe ist das Heidebauerndorf mit alten von Eichen umstandenen Höfen (1312 . Neben dem Feuerwehrhaus in der Weesener Straße steht ein historischer Treppen- speicher.

Der letzte Ort dieser Tour ist Hermannsburg. Das Heimatmuseum Weesener (14)13 zeigt Alltags- und Gebrauchsgegenstände dieser Gegend aus Bach bei Weesen früheren Zeiten. Gleich gegenüber befindet sich das Ludwig- Harms-Haus (15)14 , das erste Missionshaus der von Ludwig Harms 1849 gegründeten Hermannsburger Mission.

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21 Wissenswertes

Die Heidebauernwirtschaft

Die Heidebauernwirtschaft war ein landwirtschaftliches Bewirt- schaftungssystem, das auf den nährstoffarmen Böden der Lüne- burger Heide über Jahrhunderte funktionierte. Die Heidschnucken der Bauern weideten auf den gemeinschaftlich genutzten Heide- flächen. Einige Heideflächen wurden abwechselnd gemäht oder es wurden die Heideplaggen mit dem Humus abgeschlagen und als Einstreu in die Viehställe gebracht. Zusammen mit dem Kot der Schnucken wurde die Einstreu nach einiger Zeit auf den nährstoff- armen Ackerflächen verteilt, auf denen dank dieses Düngers Buchweizen und Roggen gediehen.

Auch der Wald diente dem Vieh seinerzeit als Weide. Jedoch verkleinerten sich die Waldflächen durch Holzeinschlag sowie durch den starken Verbiss durch die Weidetiere immer mehr. Die Waldweide bewirkte, dass keine jungen Bäume mehr nach- wachsen konnten. So verschwand der Wald schließlich bis auf wenige Reste. Das Heidekraut breitete sich an seiner Stelle groß- flächig aus, da es auf den nährstoffarmen Böden gute Keim- bedingungen vorfand.

Aus Heide wird Wald

Die größte Ausdehnung der Heideflä- chen wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht. Zu dieser Zeit war in vielen Gebieten der Lüneburger Heide bis zum Horizont fast nur Heide mit einzelnen Sandblößen zu sehen. Mancherorts ent- standen Wanderdünen und die Heid- schnuckenhaltung erbrachte nicht mehr die nötigen Erträge. Auch wurde nun Wolle aus Übersee eingeführt, so dass der Absatz der Heidschnuckenwolle stagnierte. Mit der Einführung des Mine- raldüngers ab 1870 vollzog sich schließ- lich ein tief greifender Wandel in der bäuerlichen Agrarwirtschaft der Lüne- Einst burger Heide. Die Heidschnuckenwirtschaft war nicht mehr rentabel, bedeckten so dass die ausgedehnten Heideflächen nach und nach ab der ausgedehnte Heideflächen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Kiefern aufgeforstet die Südheide wurden. So wurde aus der Lüneburger Heide ein Lüneburger Wald.

22 Große Heidetour

Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten viele Menschen die einzigartige Schönheit der Heide- landschaft und den besonderen Wert der Tier- und Pflanzenwelt dieses Lebensraumes. Es wurde nun versucht, die Reste der alten Kulturlandschaft aus der Zeit der Heidebauernwirtschaft zu bewahren. Gelungen ist das beispielsweise bei Schmarbeck, bei Nieder- und Oberohe, bei Gerdehaus, am Schillohsberg und in Am Eicksberg der Misselhorner Heide, wo noch ausgedehnte Heideflächen vor- handen sind.

Vierbeinige Landschaftspfleger

Um die Erhaltung der alten Heide-Kulturlandschaft kümmern sich ganze Herden vierbeiniger Landschaftspfleger – die Heidschnu- cken. Durch den Verbiss verjüngen die Schnucken die Heide. Heid- schnucken fressen auch andere Gehölze, die in der Heidefläche aufkeimen und diese ohne Beweidung innerhalb weniger Jahre in Buschland und Wald verwandeln würden.

Es wird vermutet, dass Heidschnucken von den auf Sardinien und Korsika beheimateten Mufflons abstammen. Heidschnucken waren einst von der Bretagne bis nach Sibirien verbreitet und blie- ben als Nutztierrasse vor allem in der Lüneburger Heide erhalten. In Norddeutschland lassen sich drei Rassen unterscheiden. Die weiße gehörnte Heidschnucke ist hauptsächlich im -Ems-Raum beheimatet. Die weiße hornlose Schnucke oder Moorschnucke kommt in den Moorgebieten im Raum Diepholz vor und die graue gehörnte Heidschnucke auf den trockenen Flächen der Lüneburger Heide.

Die Beweidung mit Heidschnucken erhält die Heide

23 Unterwegs zu den Gauß´schen Vermessungspunkten

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Natur erleben Müden Unterlüß Länge der Rundtour: 66 km Hermanns- Abstecher : burg nach Hermannsburg: 3,5 km nach Unterlüß: 2 km Eschede Steiler Anstieg zum Haußelberg (118 m )

Diese Fahrradtour folgt den Spuren des berühmten Göt- tinger Mathematikers und Landvermessers Johann Carl Friedrich Gauß, der im 19. Jahrhundert die Anhö- hen der Südheide für seine Vermessungsarbeiten nutzte.

Die Fahrradtour beginnt am Parkplatz „Heidesee“ in Müden und führt zunächst zum Parkplatz „Gerde- haus“ (1) 1 . Hier werden auf einer Infotafel die Langobar- den vorgestellt, die nach der archäologischen Befundlage diese Gegend einst besiedelten. In der Nähe befindet sich die Fundstelle des so genannten Langobardengrabes. Dabei handelte es sich um das Grab eines Reiterkriegers mit reichen Grabbeigaben.

Carl Friedrich Der Weg führt über einen kurzen, steilen Gauß Anstieg auf 118 m weiter durch Heide und Wald 1777 bis 1855 bis zum Gaußstein am Hausselberg (2)2 . Der Gedenkstein erinnert an die Leistungen von Gauß, der hier einen wichtigen Vermessungs- Gaußstein am punkt hatte. An der nächsten Station am Hausselberg Parkplatz „Kalte Hofstube“ 3)3 folgt die Tour weiter den Spuren des berühmten Mathe- matikers bis zum Gaußstein im Waldgebiet Breitenhorn 4 .

Weiter geht es durch ausgedehnte Waldgebiete, vorbei am Waldpädagogikzentrum Haus Siedenholz (5)5 bis zur Tielemanns-Eiche (6)6 . Von dort führt der Weg nach Dalle und weiter zu den Aschauteichen. Die Teichwirtschaft ( 7 ) entstand 1906. Hier werden Karpfen, Schleien, Hechte und Goldorfen gehalten und viele Wasservögel können beobachtet werden.

Gaußstein am Breitenhorn

24 Der Weg verläuft anschließend überwiegend durch Fel- der und erreicht östlich von Eschede den Wählberg und damit den dritten Vermessungspunkt in der Südheide, bekannt als Magischer Ort „Schöne Aussichten“ (8)8 am Rande einer Kiesgrube. Es handelt sich dabei um eine Installation des Hannoveraner Künstlers Wolfgang Jeske. Anschließend geht es zum Naturpark-Informations- zentrum 9 im Bahnhof von Eschede. In der spannend inszenierten Dauerausstellung gibt es Interessantes und Wissenswertes zum Naturpark Südheide zu erfahren.

Über Rebberlah und die Wildecker Teiche geht es durch Kiefern- Magischer Ort wälder zum Angelbecksteich (10)10 . Das Gewässer, dem bei Wald- „Schöne Aus- sichten“ am brand auch die Funktion eines Feuerlöschteiches zukommt, liegt Vermessungs- malerisch am Fuße einer ausgedehnten Heidefläche und verfügt punkt am über einen barrierefreien Rundwanderweg mit Infotafeln zur Wählberg Heidelandschaft und ihren Bewohnern.

Vom Parkplatz „Am Eicksberg“(11)11 , der nächsten Station, ist das landschaftlich besonders eindrucksvolle Tiefental zu erreichen, in dem früher Hermannsburger Missionsfeste abgehalten wurden. Ein Gedenkstein an diese Feste liegt am Wegesrand.

Es geht weiter zum Parkplatz „Misselhorner Heide“ 122 ), der den Beginn des Heidepanoramaweges bildet. Die Misselhorner Heide, wie auch das Tiefental, gehören zu den schönsten Heide- flächen des Naturparkes Südheide. Die letzte Etappe führt schließ- lich über Weesen und Müden zurück zum Ausgangspunkt.

Heidesee in Müden

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Wissenswertes

Die Gaußsteine

Carl Friedrich Die beiden Gaußsteine auf der Höhe Gauß 1829 des Breithorns und auf dem Haussel- berg befinden sich an den ehemaligen trigonometrischen Punkten des Mathe- matikers Johann Carl Friedrich Gauß, der im 19. Jahrhundert die Anhöhen der Südheide für Vermessungsarbeiten nutzte. 1820 beauftragte König Georg IV. ihn mit der Vermessung des König- reiches Hannover. Gauß war damals Professor der Astronomie und Direktor der Sternwarte an der Universität Göttingen.

Der Mathematiker nutzte für seine Arbei- ten die markanten und weithin sicht- baren Anhöhen der Südheide, beispiels- weise den Gipfel des 118 m hohen Hausselberges. Dieser stellte einen von drei Dreieckspunkten dar, zu denen auch der Falkenberg bei Wardböhmen (150 m über Meeresniveau) und der nördlich davon gelegene Wilseder Berg (169 m über Meeresniveau) gehörten. Ein weiteres Dreieck bildete der Hausselberg mit dem Falkenberg und dem Breithorn (117 m über Meeresniveau), auf dem ebenfalls ein Gedenkstein errichtet wurde, der auch ein Anlaufpunkt dieser Tour ist.

Gaußsches Um auf den Höhenpunkten Vermessungsarbeiten durchführen Heliotrop, und diese untereinander anpeilen zu können, bedurfte es einer mit dem C. F. Gauß die freien Sicht zwischen den Punkten. Bei der heutigen Bewaldung Landvermes- des Geländes wären diese Arbeiten gar nicht möglich gewesen. sungsarbeiten An Stelle des Waldes in der Südheide herrschte zu Zeiten durchführte von Gauß noch Heide- vegetation vor. Aber teilweise mussten auch seinerzeit schon für die Vermessung Sicht- schneisen in vorhan- Netzkarte der Südheide dene Wälder geschla- von C. F. Gauß gen werden.

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Unterwegs zu den Gauß`schen Vermessungspunkten

Gauß zu Gast in der Südheide

Während der Vermessungsarbeiten auf dem Hausselberg wohnte Gauß für zehn Tage auf dem Hof von der Ohe in dem kleinen Dorf Oberohe nordöstlich seiner Arbeitsstätte. In einem Brief an seinen Freund Dr. Olbers berichtet er über die einfachen Lebensverhält- nisse der damaligen Landbevölkerung:

„...Dort lebte eine Familie, deren Haupt Peter Hinrich von der Ohe zur Ohe sich schreibt, dessen Eigentum vielleicht eine Quadrat- meile groß ist, dessen Kinder aber die Schweine hüten. Manche Bequemlichkeit kennt man dort gar nicht, zum Beispiel einen Spiegel, einen Abort oder dergleichen.“

Das Tiefental

Die Eiszeit hat in die Misselhorner Heide ein tiefes Trockental gegraben, das Tiefental. Diese markante Landschafts- erscheinung ist für Hermannsburg von besonderer geschichtlicher Bedeutung. Hierher wanderte um 1860 Ludwig Harms, Gründer der Hermannsburger Mission und Hermanns- Tiefental burger Pastor, während des Missionsfestes Ende Juni mit seiner Gemeinde und den Gästen und bezog die Landschaft in seine Predigt ein.

Ludwig Harms berichtet, warum er seine Gäste hierher führte: „Ein Grund war, dass den Festgästen die Sonne ein bisschen afrikanisch auf den Kopf brennen sollte, damit die Brüder in Afrika es nicht allein heiß hätten.“ Beim Erreichen des Tiefentales stellte Ludwig Harms fest: „Mit uns zugleich kamen von allen Höfen rings umher Scharen von Pilgern hergezogen. (…) An dem Abhange des kahlen Berges fand ich denn endlich Platz (…) [und] unabsehbare Scharen lagerten an beiden Abhängen und auf der Sohle des Tales und ließen aus vieltausendstimmigen Kehlen hier unter dem blauen Dom des Himmels dem Herrn der Heer- scharen ihren Lob- gesang erschallen.“

Historische Darstellung einer Predigt von Pastor Ludwig Harms 1853 im Tiefental

31 Durch Heide, Wald und Örtzetal

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Unterlüß Hermanns- Natur erleben burg Länge der Tour 40 km Abstecher : Eschede zum Forsthaus Kohlenbach: 0,7 km

Die Fahrradtour führt durch das landschaftlich reizvolle Örtzetal, verläuft auf den Spuren der Salzsieder aus historischen Zeiten und durchquert ausgedehnte Waldgebiete. Auch die einst in dieser Region vorherrschende Heidelandschaft kann stellenweise noch erlebt werden. Die Strecke verläuft in weiten Teilen auf dem vom Arbeitskreis „Historisches Eversen“ ausgearbeiteten „Historischen Rundwanderweg rund um Eversen“, der an zahlreichen Stationen mit Infotafeln ausgestattet ist.

Die Tour startet am Rathaus Hermannsburg und führt zunächst Richtung Oldendorf zu einer Infotafel über die Natur im Örtzetal (1) 1 . Wei- ter geht es durch Oldendorf (2)2 . Am südlichen Ortsrand liegt das Haus der Natur (3)3 am Wegesrand. In den Sommermonaten ist es sonntags nachmittags geöffnet. Es bietet Infor- mationen über die Natur der Umgebung und die Arbeit des Naturschutzbundes Deutschland.

Der Fischotter Parallel zur Örtze geht es durch Wald und Felder nach Eversen (4)4 . jagt in In dem Heidedorf mit historischem Ortskern beginnt der Rund- der Örtze nach Fischen wanderweg des Arbeitskreises „Historisches Eversen“. Von hier führt der Weg in das Nachbardorf Sülze (5)5 , das seinen Namen von einer ehemals hier vorhandenen natürlichen Salzquelle hat. Eine Salzsiederei ist an diesem Standort seit dem Mittelalter belegt. Das Afrikamuseum ist eine weitere Attraktion des Ortes mit interessanten Ausstellungsstücken aus dem fernen Kontinent. Eine Besichtigung ist auf Anfrage möglich.

Nächster Anlaufpunkt ist die Einzelhofanlage Twießelhop (6)6 . Hier wurde ab 1626 Salz- sole gesiedet, die über Holzlei- tungen von Sülze herbeige- schafft wurde. Der Weg führt

32 über die Örtze zum Rittergut Feuerschützenbostel (77 ). Der Örtzebrücke Name stammt von der Familie v. Feuerschütz, die zum ersten Mal bei Schlüpke im Jahr 1430 urkundlich erwähnt wurde und hier ihren Sitz hatte. Die Endung Bostel kommt von Burstel und bedeutet Bauernstelle.

Es geht weiter durch den südlichen Ortsteil von Eversen bis nach Altensalz- koth (8)8 . Das Dorf war einst, wie der Name verrät, ebenfalls ein Standort der Salzsieder. Von hier führt der Weg nach Osten zum ehemaligen Forsthaus Kohlenbach (9)9 . Nun geht es in nörd- licher Richtung zu einem weiteren Ein- zelhof, der ehemaligen Oberförsterei Miele (10)10 .

Als nächstes wird der 86 Meter hohe Citronenberg erreicht (11)11 . Heidefläche Von hier führt der Weg durch ausgedehnte Waldgebiete zum bei Severloh Angelbecksteich (12)12 mit malerischer Heidelandschaft, einem Gedenkstein zur Waldbrandkatastrophe von 1975 und dem barrierefreien Rundwanderweg mit Infotafeln zur Heidelandschaft.

Zurück in Hermannsburg besteht die Möglichkeit, das Heimat- museum 13 und das Ludwig-Harms-Haus zu besichtigen.

Gedenkstein an die Waldbrand- katastrophe in der Heide

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Wissenswertes

Die Örtze, ein naturnaher Heidefluss

Die Örtze fließt innerhalb eines breiten Talraumes, der gegen Ende der Saaleeiszeit durch Schmelzwasser in die sandig-kiesigen Glet- scherablagerungen eingetieft wurde. Das Quellgebiet der Örtze besteht aus mehreren Quellsümpfen auf dem Gelände des Truppen- übungsplatzes Munster-Nord. Das Gewässer fließt in südliche Richtung und mündet östlich von Winsen in die . Aufgrund des gleichbleibend kühlen Wassers handelt es sich bei der Örtze um einen so genannten sommerkalten Heidefluss. Der starke Zustrom von Grundwasser ist die Ursache für dieses Phänomen.

Das in weiten Teilen naturbelassene Flussbett der Örtze zeichnet sich durch zahlreiche Flussschleifen aus. Steilufer, Vertiefungen sowie ein Wechsel aus Kies- und Sandbänken sind kennzeichnend für den Strukturreichtum. Das Wasser der Örtze ist von guter Qua- lität. Der angrenzende Talraum weist noch viele feuchte Wiesen und Wälder auf. Diese Bedingungen sind Voraussetzung für eine artenreiche Flora und Fauna. So wachsen auf den feuchten Stand- orten beispielsweise noch Orchideen wie das Breitblättrige Kna- benkraut sowie Sumpfdotter- blumen, Sumpf-Schwertlilien und die Kuckucks-Lichtnelke. Eisvogel und Fischotter fühlen sich an der Örtze ebenfalls wohl, da sie in dem fisch- reichen Heidefluss ausreichend Nahrung finden. Besondere Fisch- und Rundmäulerarten, die als Zeiger für ein gesundes Gewässer stehen, sind Bachforelle, Bachneunauge und Groppe. Örtze Breitblättriges Das Flusssystem der Örtze ist Knabenkraut aufgrund seiner hohen öko- Sumpfcalla logischen Bedeutung heute Bestandteil des europäischen Kuckucks- Schutzgebietsystemes Natura Lichtnelke 2000. Bachforelle

Groppe

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Durch Heide, Wald und Örtzetal

Salzsieden in

Bei der Suche nach einem Standort für die Siedestellen zur Salzgewinnung war nicht der Gewinnungsort der Sole aus- schlaggebend, sondern die Verfügbar- keit von Torf als Brennstoff. Nachdem die Moore um Sülze, wo sich die Sole- quelle befand, ausgebeutet waren, mussten neue Torflagerstätten erschlos- sen und die Salzsiede dorthin verlegt werden. So entstanden die ersten Salz- kathen im heutigen Altensalzkoth. Diese mussten mit der Sole aus Sülze versorgt werden. Ausgehöhlte Baum- stämme, die Stück für Stück zusammen- gesetzt wurden, bildeten eine Versor- gungsleitung zwischen der Solequelle und dem Verarbeitungsort. Dabei musste auch die Örtze überquert werden.

Bevor mit dem Sieden begonnen wurde, musste die Sole einge- Siedehaus der dickt werden, um die Salzkonzentration zu erhöhen. In einem Saline Sülze, Zeichnung Gradierwerk von 200 m Länge, 7 m Höhe und 5 m Breite rieselte von 1821 die Sole durch dichtgepackte Weißdornzweige. Zuvor musste sie mit einem Schöpfwerk in die Höhe verfrachtet werden, um sie von oben in das Gradierwerk einleiten zu können. Während des Rie- selvorganges verdunstete ein Teil des Wassers und die eingedickte Sole war bereit zum Sieden. Dieses Vorgehen sparte Zeit und vor allem Brennstoff, da das Verkochen der höher konzentrierten Salz- lösung auf diese Weise viel schneller vonstatten ging.

In eisernen Pfannen wurde die Sole über dem Feuer solange gekocht, bis das Wasser verdunstet war und reines Salz in der Pfanne zurückblieb. Um für das Feuern genügend Torf heranschaffen zu können, waren 60 bis 80 Mann mit Torfstechen beschäftigt. Die luftgetrockneten Torfsoden wurden auf speziell angefertigten Flachkähnen über Kanäle direkt bis zur Siedestelle transportiert. Das fertige Salz kam als Speise- und Pökelsalz in den Handel.

Willi Witte, der letzte Flößer auf der Örtze, um 1900

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Das „weiße Gold“ der Heide entdecken

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Unterlüß Hermanns- burg Natur erleben Länge der Tour: 22 km Eschede

Die Fahrradtour führt durch das ehema- lige Kieselgurabbaugebiet Oberohe und zum Kieselgur-Erlebnispfad im Ferien- park Heidesee. Dort wird allerhand Wissenswertes über diesen eher unbe- kannten, aber vielseitig verwendeten Bodenschatz vermittelt. In der Land- schaft selbst finden sich kaum noch Spuren von den einstigen Tagebauen. Die Seen sind größtenteils zugewach- Am Rande des sen, Kiefernwälder und Heidelandschaft prägen das heutige Bild. Kiesegur- Wie die Kieselgurgruben aus der Sicht des Malers Albert König Abbaugebietes befinden sich aussahen, wird neben weiteren Informationen über Kieselgur in mehrere der interaktiven Ausstellung „Kunst – Kieselgur – und Kulturge- Heideflächen schichte“ im Albert-König-Museum in Unterlüß gezeigt.

Die Tour beginnt am Parkplatz „Oberohe“. Von hier aus geht es durch das ehemalige Kieselgur-Abbaugebiet Neuohe. Zahlreiche Abbaugruben unterschiedlicher Größe sind über das Gebiet verteilt und heute teilweise mit Wasser gefüllt und naturnah In Folge des Kieselgurabbaus bewachsen. Innerhalb der offenen Landschaft ist daher nur noch entstanden ein Teil des einstigen Abbaugebietes zu erleben. Zahlreiche weitere mehrere Weiher, Abbaugruben befinden sich in den Wäldern von Wiechel. die heute an skandinavische Seen erinnern Vorbei an wunderschönen Heideflächen 1 , die traditionell von einer gehüteten Heidschnuckenherde gepflegt werden, führt der Weg weiter bis zum Parkplatz „Kalte Hofstube“ (3)2 . Hier wird über den Mathematiker und Landvermesser Johann Carl Friedrich Gauß infor- miert, der im 19. Jahrhundert die Anhöhen der Südheide für seine Vermessungsarbeiten nutzte und an

38 dessen Leistungen zwei Gedenksteine erinnern.

Im weiteren Verlauf der Tour führt der Weg an dem HeideErleb- nispfad „Schillohsberg“ (4)3 vorbei, auf dem es Offensichtliches und Verbor- genes über die Kulturlandschaft Heide zu entdecken gibt. Die Heide am Schil- lohsberg ist eine landschaftlich sehr reiz- volle Heidefläche mit hügeliger Oberflä- che, Wacholdern, Birken und umrahmt von Kiefernwald. Etwas später geht es durch den Franzosengrund und vorbei am Waldpädagogikzentrum Ostheide Haus Siedenholz( 5)4 .

Zurück in Unterlüß bietet sich das Albert-König-Museum mit Lichter Birken- der Kieselgur-Erlebnisausstellung als Programmpunkt an (6)5 . wald am Rande der Hier werden die naturwissenschaftlichen Fakten über die Kieselgur Heideflächen als einst bedeutendem regionalen Bodenschatz sowie die künstle- von Oberohe rische Bearbeitung des Themas vor allem durch den Maler Albert König präsentiert. Die interaktive Ausstellung zeigt in eindrucks- voller Weise die Geschichte des Kieselgurabbaus. Von hier aus führt die Tour durch Unterlüß nach Oberohe zum Kieselgur-Erlebnispfad (6)6 . Dieser befindet sich zum Teil inner- halb des frei zugänglichen Ferienparks Heidesee und schildert die Geschichte des Kieselgurabbaus. Die einstigen Gebäude des Kieselgurwerkes Oberohe sind heute zu Zeitzeugen geworden. Der Naturbadesee ist eine ehemalige Kieselgurgrube und die heutige „Funball-Halle“ ein originaler Brennschuppen aus der Zeit des Kieselgurabbaus.

Mikroskopische Aufnahme der Kieselgur

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Wissenswertes

Kieselgur

Mikroskopische Mit der Bezeichnung Gur (von gären) Aufnahme der wurde früher eine „feuchte, aus dem Kieselgur Gestein ausgärende Masse“ beschrie- ben. Kieselgur entstand durch die Abla- gerung mikroskopisch kleiner fossiler Schalenreste von Kieselalgen (Diatomeen), die vor mehreren hunderttausend Jahren während der Zwischeneiszeiten in Gewässern lebten. Aus den Ablagerungen entstanden mehrere Meter mächtige Sedimentschichten. Diese Schichten bildeten ursprünglich den Grund der Gewässer. In der Folgezeit wurden die Schichten von Sand überdeckt. Die fossilen Schalenreste der Kie- selalgen bestehen überwiegend aus Siliziumdioxid und besitzen eine sehr poröse Struktur. Damit ist das Material in der Lage, relativ große Mengen an Feuchtigkeit aufzunehmen. Daraus ergeben sich zahlreiche industrielle Nutzungsmöglichkeiten, die schon im 19. Jahrhundert zum Abbau der Kieselgur führten.

Kieselgur- gemälde von Albert König, 1881 – 1944

Die Kieselgurgruben

Als die Kieselgur zufällig beim Graben eines Brunnens im Jahre 1836 bei Niederohe entdeckt wurde, lagen die Höfe dort noch sehr weltabgeschieden inmitten großer Heideflächen. Ein Lüne- burger Chemiker, dem eine Probe dieser weißen Erde geschickt wurde, meinte verächtlich: „Dat olle Tüg is tau niks tau bruken.“ Es wurde sogar versucht, das weiße Mehl zum Backen von Pfann- kuchen zu verwenden, die aber sehr schwer verdaulich und unge- nießbar gewesen sein sollen.

42 Das „weiße Gold“ der Heide entdecken

Verwendungsmöglichkeiten für die Gur wurden erst einige Jahre später erkannt. Der Kaufmann Berkefeld, Begründer der Filter- fabrik in Celle, erwarb einen Teil der Lagerstätten und eröffnete 1869 sein erstes Werk in Niederohe. Um 1930 gab es im Raum Unterlüß insgesamt sechs Werke. Kieselgur fand nun eine viel- seitige Verwendung beispielsweise bei der Herstellung von Trink- wasserfiltern, für die sichere Lagerung von Nitroglyzerin, zur Klärung bei der Bier- und Weinbereitung sowie für Reinigungs- mittel, Puder und Pasten.

Die Kieselgur war von Kiesen und Sanden der vorletzten Eiszeit mit einer Mächtigkeit von 4 bis 10 m überdeckt, die erst entfernt werden muss- ten, bevor die Kieselgur im Tagebau abgebaut werden konnte. Die Kieselgurlagerstätten wer- den in drei Ablagerungsschichten unterteilt: Die „Weiße Gur“ ist die oberste Schicht. Sie lagert stellenweise auch unmittelbar unter der Erdober- fläche. Mit drei bis fünf Prozent enthält sie sehr wenig organische Bestandteile. In den Anfangsjahren wurde nur Mikroskopische die „Weiße Gur“ abgebaut. Später wurden dann die „Graue“ und Aufnahme der Kieselgur die „Grüne Gur“ abgebaut, denen durch die Technik des Brennens die organischen Bestandteile entzogen werden konnten. Die unterste Schicht, die „Grüne Gur“, enthielt mit 36 % den höchsten Anteil organischer Bestandteile und befand sich im Bereich des Grundwasserspiegels.

Um die „Grüne Gur“ gewinnen zu können, musste das Wasser ständig abgepumpt werden. Anfänglich kam es durch Einleiten des extrem sauren Grubenwassers in den nahegelegenen Sothriethbach zum Fischsterben. Um dem entgegen zu wirken, wurde das Grubenwasser vorher in Becken geleitet und durch Zugabe von Kalk und Soda neutralisiert. Jedoch trugen die hohen Wasserhaltungskosten mit dazu bei, dass der heimische Kieselgur- abbau unrentabel und eingestellt wurde, da die Gur günstiger eingeführt werden konnte. Endgültig endete der Abbau in Norddeutschland im Jahre 1994.

Durch Kieselgurabbau entstandener Weiher

43 Wald – so weit das Auge reicht

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Unterlüß

Hermanns- burg Natur erleben Länge der Tour: 24 km Eschede

Die Fahrradtour führt durch Teile des alten und seit jeher riesigen Lüßwaldgebietes. Nur wenige der natürlichen Buchenwälder der Südheide haben die Zeit der Waldübernutzung und der Auf- forstungen mit Nadelholz überlebt. Einer dieser seltenen alten Buchenwälder befindet sich am Lüßberg. Ein Teil dieses Waldes wurde 1974 als Naturwaldreservat ausgewiesen. In diesem „Urwald von morgen“ überlässt der Mensch den Wald sich selbst. Ein weiterer Höhepunkt der Tour ist das Museumsdorf Hösseringen, welches das ländliche Leben der letzten Jahrhunderte in der Lüneburger Heide zeigt.

Die Tour beginnt am Parkplatz „Lüßwald“. Hier befindet sich der Ausgangspunkt des Wald-Erlebnispfades „Der Urwald im Lüß“ sowie eine Informationstafel mit Wissenswertem zum Lüßwald.

Die erste Station ist das von den Niedersächsischen Landes- forsten ausgewiesene Naturwaldreservat (1)1 . Hier darf sich der Wald ohne jegliche menschliche Nutzung naturnah zu einem Urwald entwickeln und dient als Rückzugs- raum für seltene Tiere und Pflanzen. Auf dem benachbarten Lüßberg wurde ein Gedenkstein an eine schwere Sturmkatastrophe errichtet. Quimburga ist der Name eines Orkantiefs, das am 13. November 1972 über Mitteleuropa zog. Wegen der enormen Schäden, die dieser Orkan in Niedersachsen hinterließ, wurde das Ereignis auch als „Niedersachsenorkan“ bezeichnet. Im Lüßwald bei Unterlüß richtete der Sturm besonders großen Schaden an. Ein Gedenkstein Der Weg führt weiter durch den Wald bis zum Waldgeschichts- weist auf den 130 m hohen pfad Schooten (2)2 . Hier wird der Wandel von Ackerbau und Lüßberg hin Forstwirtschaft in der Lüneburger Heide veranschaulicht.

44 Nächste Station ist das Museumsdorf Hösse- ringen (3)3 . Am Landtagsplatz des ehemaligen Fürstentums Lüneburg befindet sich seit 1975 das Freilichtmuseum der Lüneburger Heide. Das Museumsdorf zeigt auf 12 Hektar Fläche in 26 eingerichteten Gebäuden das ländliche Wohnen und Arbeiten in der Zeit von 1600 bis 1900.

Die Tour führt anschließend durch das Dorf Hösseringen und weiter bis zu einem Aussichts- turm zwischen Hösseringen und Räber 4(4). Der Turm wurde als Träger von Sende- und Emp- fangsanlagen für den Mobilfunk errichtet. In etwa 32 Meter Höhe befindet sich eine Aussichts- plattform, die herrliche Ausblicke gewährt. Der Turm wurde aus roten Klinkern gebaut, die spe- ziell für dieses Bauvorhaben gebrannt wurden.

Am Ortsrand von Räber geht es über den kleinen Bach Räber- Museumsdorf spring (5)5 , der hier zu einem Teich angestaut wurde. Ein Bohlen- Hösseringen: steg führt durch das Feuchtbiotop und weiter auf den Räber- Schmied bei springweg. der Arbeit

Hufbeschlag Auf dem Rückweg verläuft die Tour entlang der Bahntrasse Ham- burg – Hannover durch das Kiefernwaldgebiet Ketzloh (6)6 und über Unterlüß zurück zum Ausgangspunkt.

Herbst- stimmung im Lüßwald

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47 Wissenswertes

Der Lüß als altes Waldgebiet

Während viele Wälder in der Südheide auf ehemaligen Heidestandorten wachsen, die erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder im 20. Jahrhundert aufge- forstet wurden, handelt es sich beim Lüß um ein altes Waldgebiet. Es findet bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als königlicher Bannforst Erwähnung, in dem der Holzeinschlag verboten war. Auch in den Karten der Kurhannoverschen Landesaufnahme aus den Jahren 1777/78 sind große Waldflächen eingezeichnet. Der große zusammenhängende und überwiegend unzer- schnittene Wald prägt das Landschaftsbild der Region.

Der Wolf Der Lüß war Teil eines noch größeren Waldgebietes, das sich beginnt, die nördlich von Celle über den Klosterforst Miele und den Bereich Lüneburger Heide wieder Eschede, über Unterlüß und Hösseringen bis nach und vor zu besiedeln die Tore Lüneburgs erstreckte. In diesen weitläufigen Wald- gebieten hat die Forstwirtschaft eine lange Tradititon. Noch heute besteht trotz aller Verwaltungsreformen und Zusammenlegungen von Verwaltungseinheiten das Forstamt der Niedersächsischen Landesforsten in Unterlüß.

Für die Tierwelt stellen die ausgedehnten und nur wenig zer- schnittenen Waldgebiete wertvolle Lebensräume dar. So ist der Lüß unter anderem für seine starken Rothirschbestände bekannt. In den weitab von menschlichen Siedlungen gelegenen Wäldern brütet der seltene und störungsanfällige Schwarzstorch. Auch der Wolf streicht vereinzelt wieder durch die Wälder und findet mit Rehen und Hirschen seine natürliche Jagdbeute vor.

Naturwaldreservate

Naturwaldreservate, wie eines im Lüßwald zu finden ist, sind Wäl- der, die aus der Nutzung herausgenommen wurden. Das heißt, dass kein Baum gefällt und auch kein Baum gepflanzt wird. Der Mensch verzichtet auf jeglichen Eingriff und der Wald kann sich so entwickeln, wie er es in der Vergangenheit vor dem Auftreten und Wirken des Menschen über Jahrtausende getan hat.

Dies stellt eine Besonderheit in unseren forstwirtschaftlich

48 Wald – so weit das Auge reicht

genutzten Wäldern dar, in denen die Der Zunder- Bäume lange vor dem Ende ihrer natür- schwamm besiedelt lichen Lebenserwartung gefällt werden. absterbende Rotbuchen können bis zu 300 Jahre, Buchen Eichen gar bis zu 800 Jahre alt werden. An dieses hohe Alter haben sich im Laufe der Evolution viele Tierarten ange- passt. So gibt es Käferarten, für die Eichen erst ab einem Alter von 120 Jah- Auch liegendes ren als Lebensraum in Frage kommen. Totholz wird Andere treten erst auf, wenn sich der von Pilzen Baum seinem Lebensende nähert und besiedelt viel Totholz als Lebensraum für die Lar- ven zur Verfügung steht. Der Schwarz- specht ist beim Höhlenbau auf alte Rot- buchen mit einer gewissen Stärke ange- wiesen. Buchen in Wirtschaftswäldern erreichen diese Dimensionen häufig nicht.

Typisch für ein Naturwaldreservat sind aber nicht nur uralte dicke Bäume. Das gleichzeitige Vorkommen von Bäumen aller Alterstufen ist für einen naturnahen Wald charakteristisch. Bricht ein Baumriese aus Altersschwäche zusammen, erreicht plötzlich viel mehr Licht den Wald- boden und junge Bäume können austreiben. Während diese wachsen und immer größer werden, besiedeln allerlei Tiere die auf dem Boden liegenden Überreste des Baumriesen und Pilze zersetzen ihn langsam. Die dabei frei werdenden Nährstoffe stehen den jungen Bäumen für ihr Wachstum wieder zur Verfügung. Damit schließt sich der Der seltene Kreislauf des ungestörten Werdens und Vergehens, der für das Hirschkäfer lebt in alten Eichen- Waldökosystem so bedeutsam ist. Mischwäldern des Lüßwaldes

Der Rothirsch durchstreift die Wälder des Lüß

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Wo sich Wasservögel und Teichkarpfen wohlfühlen

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE

Hermanns- burg Natur erleben Länge der Tour: 32 km Eschede

Die Fahrradtour führt durch die ausgedehnte Wasserlandschaft der Aschau- und Loher Teiche sowie durch die umgebenden Wälder zwischen Eschede und Unterlüß. Eine vielfältige Tier- welt lädt im Aschauteichgebiet zu interessanten Beobachtungen ein, da die Teichwirtschaft außer den Zuchtfischen auch anderen Tierarten Lebensräume bietet. Insbesondere die arten- reiche Vogelwelt stellt eine Besonderheit dar und hat zur Luftbild der Einstufung des Gebietes als europäisches Vogelschutzgebiet Aschauteiche geführt, das Bestandteil des Schutzgebietssystemes Natura 2000 ist. Im Herbst sorgt die Hirschbrunft in der Umgebung von Starks- horn für spannende Tierbeobachtungen.

Die Fahrradtour beginnt am Parkplatz „Aschauteiche“ an der Teichwirtschaft Aschauteiche. Wasservögel, Frösche und Libellen finden hier ebenso ein Zuhause wie die Teichfische. Es bietet sich die Möglich- keit, eine Stärkung mit frisch geräucherten Fischen einzunehmen.

Teichfrosch und Schwarzstorch leben an den Aschauteichen

50 Ein kleiner Abstecher führt zur ersten Station der Fahrradtour, zu einem Aussichtsturm (1)1 an einem der Aschauteiche, der die störungsfreie Beobachtung von Wasservögeln ermöglicht. Es geht weiter mitten durch das Teichgebiet, wo sich noch andere interessante Aus- blickmöglichkeiten bieten (2)2 .

Der weitere Verlauf der Tour führt durch die Orte Lohe und Dalle bis in das Waldgebiet Lünsholz. Hier steht die Tielemanns- Blick über die eiche (3)3 am Wegesrand, die aufgrund ihres hohen Alters als Aschauteiche Naturdenkmal geschützt ist.

Nächste Station ist der Parkplatz „Lüßwald“ (4)4 , der den Aus- gangspunkt des Walderlebnispfades „Der Urwald im Lüß“ bildet. Interessierte können von hier aus einen Abstecher zu den verschie- denen mit Informationstafeln versehenen Stationen des Wander- pfades machen.

Es geht nun durch Unterlüß und anschließend in die Waldgebiete Breitenhorn und Siedenholz. Der Name Siedenholz leitet sich ab vom Tiefen Holz. Hier führt der Weg am Waldpädagogik- zentrum Ostheide Haus Siedenholz 5 vorbei, eine Bildungs- stätte der Niedersächsischen Landesforsten. Das ehemalige Forst- haus stammt aus dem Jahre 1818.

Die Tour führt weiter nach Starkshorn (6)6 , wo sich im Herbst eine besondere Attraktion bietet. Hier halten alljährlich Rothirsche ihre Brunft ab. Bei diesem lautstarken und spektakulären Ereignis liefern sich die Hirsche in geringer Entfernung zu den beobach- tenden Menschen ihre Duelle und werben um die Gunst der Hirschkühe.

Die letzte Station der Fahrradtour ist das Naturpark-Informations- zentrum Südheide in Eschede (7) 7 . Durch das Zentrum des Ortes führt der Weg zum Ausgangspunkt der Tour zurück.

Graugans- Familie

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53 Wissenswertes

Die Teichwirtschaft

Die Ursprünge der Aschau- und Loher Teiche gehen auf das Jahr 1898 zurück. Die Teichwirtschaft Aschauteiche entstand 1906 auf ehemaligen Wiesen, die zeitweilig vom Wasser des Heidebaches Aschau überrieselt wurden (Rieselwiesen). Andere Teiche sind aus Moor oder Wald hervorgegangen. Wenn die Gewässer abgelassen sind, kommen in einigen Teichen die alten Baumstubben noch heute zum Vorschein.

In den Teichen werden vor allem Karpfen, Schleie, Hecht und Goldorfe gehalten. Die Fische wachsen in der Regel über drei Jahre zu Besatz- und Speisefischen heran. Die Goldorfe dient als schmückendes Element für den Gartenteich. Auch eine Krebszucht besteht.

Hechte Die Tierwelt der Teiche

Neben den Zuchtfischen leben in und an den Teichen zahlreiche weitere Tierarten. Dazu gehören Gründlinge, Rotaugen, Stich- linge, Bitterlinge und Teichmuscheln. Von den Fischen profitieren Wasservögel. Häufig ist der Graureiher zu sehen, gelegentlich auch der auf- fällige rein weiße Silberreiher. Mit Glück kann auch mal ein Schwarzstorch erspäht werden. Neben den zahlreichen Tauchern und Enten gilt die Beobachtung des im Gebiet brütenden Rot- halstauchers als besonderer Höhepunkt. Der pfeilschnelle Eisvogel ist hier regelmäßiger Nahrungsgast und zur Zugzeit findet sich der Fischadler ein. Auch der Seeadler ist hin und wieder zu sehen.

Schwarzstorch Auffällig ist an den Teichen das laute Quaken der Teichfrösche. Deutlich versteckter leben die Ringelnatter und die nur zur Laich- zeit im Frühjahr an den Gewässern erscheinende Erdkröte. Die Kaulquappen dieser Krötenart weisen ein Hautsekret auf, was sie weitgehend davor schützt, von den Fischen gefressen zu werden. Knoblauchkröte und Moorfrosch können dagegen nur in Rand- bereichen der Teichanlagen mit dichter Verlandungsvegetation leben, weil die Kaulquappen hier vor dem Fraßdruck der Fische geschützt sind.

54 Wo sich Wasservögel und Teichkarpfen wohlfühlen

Viele Teiche werden im Winter abgelassen, damit der Schlamm durchfriert und sich zersetzen kann. Hier können nur Libellen überleben, die entweder als Ei im Schlamm oder in Pflanzen überwintern oder die als ausgewachsene Tiere die kalte Jahreszeit überdauern. Daher sind typische Arten die Winterlibelle sowie einige Binsenjungfern und Heidelibellen. Sumpf- schwertlilie

Wasserpflanzen

Auf dem Wasser mancher Teiche schwimmen die Blätter der gelb blühenden Teichrose und der weiß blühenden Seerose. Am Ufer wachsen unter anderem Sumpf-Schwertlilie und Sumpf- Calla. Erstere verdankt ihren Namen den schwertförmigen Blättern, letztere wird wegen der ungewöhnlichen Form ihres Blütenstandes mit einem großen weißen Hochblatt auch „Schweinsohr“ genannt. Der Wasserschierling mit seinen weißen Blütendolden ist so giftig, dass das ehemalige Preußische Polizeigesetz seine Ausrottung forderte. Heute ist er eine so seltene Uferpflanze, dass es die wenigen noch vorhandenen Bestände zu schützen gilt.

An das zeitweilige Trockenfallen der Teiche haben sich ein paar sehr unscheinbare Pflanzen angepasst. Ihre Gelbe Samen können über viele Jahre am Gewässergrund überdauern, Teichrose um dann beim Trockenfallen des Teichbodens schnell zu keimen, zu blühen und neue Samen zu produzieren. In den Aschauteichen erscheint so in manchen Jahren die Sand-Binse. Sie galt im Land- kreis Celle als ausgestorben, bis im trockenen Sommer 1992 einige Teiche trocken lagen und die Pflanze auf den Teichböden zu Hunderten wuchs und blühte.

Im abgelasse- nen Teich sind noch die Baumstubben des früheren Waldes zu erkennen

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Magische Orte im Naturpark entdecken

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Unterlüß Hermanns- burg Natur erleben Eschede Länge der Tour: 50 km

Lachendorf

Auf der Fahrradtour durch die abwechslungsreiche Landschaft um Eschede, Beedenbostel und geht es zu neun Magischen Orten, die von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern gestaltet und mit Installationen versehen wurden. Dabei werden die Geschichte des Ortes oder andere besondere Begebenheiten thematisiert und in phantasievoller Weise künstlerisch umgesetzt.

Die Fahrradtour beginnt am Bahnhof in Eschede. Das Naturpark-Informationszentrum Südheide (1)1 mit seiner spannend inszenierten Dauer- ausstellung lädt zu einem Besuch ein. In der Albert-König-Straße befindet sich der erste Magische Ort „Die Drei von der Kreuzung“ (22 . Die Skulpturengruppe von Manfred Bo- finger erinnert an drei Eschedeer Dorforiginale.

Auf dem Weg nach Beedenbostel führt die Tour am Galgenberg zwischen Habighorst und Burghorn vorbei. Es handelt sich dabei um die alte Richtstätte der Amtsvogtei Beedenbostel.

„Die Geschworenen“ (3)3 von Bernd Moenikes stellen sieben Dorfgeschworene als Skulp- turengruppe dar, die an die regionalgeschichtliche Bedeu- tung Beedenbostels als Haupt- ort des Grethinggaues und als Landtagsplatz erinnern.

Die „Hochzeit im Himmelreich“ (4)4 , eine Installation aus Birkenstämmen des Umwelt- künstlers Klaus Meier-Warneboldt, setzt am idyllischen Zusammenfluss von und ein Landschaftszeichen.

56 Hans Gierschks Klanginstallation „Jasper slutt den Schmalloh tau“ (5)5 lässt im Schmar- loh südlich von Eldingen flüsternde Steine eine volkstümliche Legende aus der Südheide erzählen.

Die Fotoinstallation „Paarweise“ (6)6 von Marion Gülzow erinnert an das Ende des legendären Schweinekrieges zwischen Eldingen und Steinhorst. Sie ist Teil der Dauerausstellung im Gasthaus Bangemann in Bargfeld.

Der nächste Magische Ort befindet sich bei der Marweder Was- sermühle in dem renaturierten Heidebach Lutter. Dort hockt „Die Heide aus Lüneburg“ (7)7 , eine Wasser- skulptur von Petra Förster.

Die Heidjer haben seit der Steinzeit eine besondere Beziehung zu scharfkantigen und runden Natursteinen. Marion Gül- zow setzt sich mit der interaktiven Steinskulptur „Die Wunschsteine von Endeholz“ (8)8 mit diesem Thema auseinander. Die Installation befindet sich am nördlichen Ortsrand von Ende- holz.

Die Suche nach dem untergegangenen Dorf Hohenbostel nördlich von Scharnhorst, einer so genannten Dorf- wüstung, wird durch das Windspiel „Hohen- bostel“ (9)9 von Wulf Nolte beflügelt.

„Schöne Aussichten“ (10)10 hat Wolfgang Jeske zwischen Eschede und Scharnhorst am Rande einer Sandgrube mit einer Aussichts- kanzel inszeniert. Er thematisiert die Pionierleistung von Carl Friedrich Gauß an einem historischen Vermessungs- punkt, der im 19. Jahrhundert von Gauß im Rahmen der Landesvermes- sung eingerichtet wurde.

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Magische Morgen- stimmung

Vier Magische Orte

Schöne Aussichten

Auf dem Wählberg, wo bis vor kurzem Sand abgebaut wurde, ist 1822 von Carl Friedrich Gauß ein Stein gesetzt worden, der einen trigonometrischen Vermessungspunkt kennzeichnete. Der Profes- sor der Astronomie und Direktor der Sternwarte der Universität Göttingen wurde vom damaligen König Georg IV. beauftragt, das Königreich Hannover zu vermessen. Er nutzte für seine Arbeiten die markanten und weithin sichtbaren Anhöhen der Südheide. Der Hannoveraner Künstler Wolfgang Jeske stellt in seiner Installation mit dem Aussichtsturm den Bezug zur Ausblickfunktion der Anhöhen zum Anpeilen weiterer Vermessungspunkte her. „Die liegende Acht“ am Grunde der Sand- grube, die vom Turm aus zu sehen ist, steht als Symbol für das Arbeiten mit Zahlen, womit sich der Mathematiker Gauß ein Leben lang beschäftigte.

„Die liegende Acht“ Hohenbostel

Nördlich von Scharnhorst wird die Lage des wüst gefallenen Dorfes Hohenbostel vermutet. Warum die mutmaßliche mittel- alterliche Siedlung aufgegeben wurde, ist nicht überliefert. Denk- bar sind wirtschaftliche Zwänge, Kriegsauswirkungen, Naturereig- nisse oder staatliche Willkür. Zur endgültigen Klärung der offenen Fragen können nur archäologische Untersuchungen vor Ort bei-

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Magische Orte im Naturpark entdecken

tragen. Der in Boye bei Celle lebende Künstler Wulf Nolte setzte sich in einem phantasievollen Windspiel mit dem Thema auseinander. Der Blick durch die Installation führt auf das geschichts- trächtige Feld. Die Rahmen aus alten Eichen- balken symbolisieren das vergangene Alte, die bunt lackierten Aluminiumplatten stehen im Kontrast dazu für das Moderne.

Windspiel „Hohenbostel“ Heide in der Lutter

In Marwede sitzt das Mädchen Heide im Wasser der Lutter. Zur Heideblüte bekommt sie einen liebevoll gefloch- tenen Heidekranz auf ihr Haupt gesetzt, im Winter eine wärmende Wollmütze. Die Dorfbewohner küm- mern sich um ihre Heide. Die Marwe- „ Heide aus der bringen so zum Ausdruck, welche Lüneburg“ Bedeutung der Platz, an dem Heide im Wasser sitzt, für den Ort hat. An dieser Stelle stand seit dem Jahr 1438 eine Mühle. Bis in die 1960er Jahre hinein wurde mittels Wasserkraft Korn und Öl gemahlen und Holz gesägt. Das im Wasser sitzende Mädchen Heide ist eine Kunstinstallation der Braunschweiger Künstlerin Petra Förster. Das Thema Heide als Landschaft, Vorname und Pflanze setzte sie so auf interessante Weise um.

Die Wunschsteine zu Endeholz

Zu einer Zeit, in der die Menschen von Eiszeitgletschern und deren Fracht aus Skandinavien noch nichts ahnen konnten, suchten sie nach einer Erklärung für die oft in Gruppen auftretenden Findlinge. Sie bedienten sich schnell magischer Wesen wie Riesen, Zwerge „Die Wunsch- oder Feen. Angesichts dieser Herleitung wundert es nicht, dass die steine von Steinsammlungen für die Menschen magische Orte darstellten. Endeholz“ Seit dem Jahr 2001 nimmt die Kunstinstallation „Die Wunschsteine von Endeholz“ der Künstlerin Marion Gülzow die Geschichten der sagenumwobenen Findlinge und Steine der Umgebung auf. „Wer seiner ganz persönlichen Wunscherfüllung näher kommen will, sammle denn aus den Steinen der Umgebung die nötige Menge und werfe sie in die Kisten, ent- sprechend der Säulenfüllung. Sind Freude und Ernst- haftigkeit dabei im Spiel, werden die Wünsche sicher irgendwann einmal in Erfüllung gehen.“

61 Durch Wald und Moor zum immergrünen Bach

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Unterlüß Natur erleben Hermanns- burg Länge der Nord-Tour 31 km Abstecher: 5,5 km Länge der Süd-Tour 28 km Eschede Abstecher: 0,6 km

Die in einen Nord- und einen Südteil untergliederte Fahrrad- tour verläuft auf dem Lutter- Radwanderweg zwischen Weyhausen und Jarnsen. Beschilderte Stationen infor- mieren über erfolgreiche Natur- schutzarbeit.

Die nördliche Tour beginnt am Wanderparkplatz Bargfeld (S1)S1 an einem naturnahen Bewaldetes Teich. Der Bach (S2)S2 hat durch Torf gebräuntes Bachtal der Lutter Wasser. Bei dem ehemaligen Fischteichgebiet nordöstlich von Bargfeld (S3) S3 werden die ökologischen Nachteile der Teichwirt- schaft erläutert.

Die nächste Station (N3)N3 behandelt die Lebensraumansprüche der seltenen Flussperlmuschel. Stromaufwärts (N2)N2 kann mit Glück der Schwarzstorch beobachtet werden.

An der Ahrbeck (N8)N8 können die Folgen einer Wiedervernässung des Bachtales in Augenschein genommen werden. Bei der Mühle in Marwede (N7) N7 werden die positiven Auswirkungen des Stau- wehrrückbaus auf die Gewässertierwelt erläutert.

Die nächsten Stationen bei Schelploh stellen typische Bewohner naturnaher Bäche vor. Dies sind die Groppe (N9)N9 und das Bach- neunauge (N1N10 . Die Ahrbeck (N1)N1 wurde im Rahmen des Natur- schutzgroßprojektes Lutter renaturiert. Es geht nun zum Quell- gebiet der Lutter bei Weyhausen (N11N11 , wo sich wieder ein arten- reiches Moor entwickelt. Der Weg führt zurück über Weyhausen, Schelploh und Marwede Richtung Süden zu einem Moorwald bei Endeholz (N6)N6 .

62 Hier lebt der seltene Laub- frosch. Etwas weiter südlich ist ein renaturierter Abschnitt der Lutter zu sehen (N5)N5 . Schließlich geht es an die Lutter nördlich von Bargfeld (N4)N4 . Hier wird ein Vergleich zwischen Entwässerungsgra- ben und naturnahem Bach gezogen.

Die südliche Tour startet ebenfalls in Bargfeld und führt zu den oben beschriebenen Renaturiertes Stationen 1)S1 , (S2)S2 und (S3)S3 . Anschließend führt der Weg zu einem Bachtal der Lutter Aussichtsturm am Postmoor S4 . Die Tour geht weiter über Eldingen nach Luttern. Bei Luttern wird Grabenwasser in Schilfklärbecken (S5)S5 gereinigt, bevor es der Lutter zufließt. Am Zusammenfluss von Lutter und Lachte (S6)S6 im Jarnser Himmelreich kann der Eisvogel bei der Fischjagd beobachtet werden. Bei der Hohnhorster Mühle (S7)S7 und bei Eldingen (S8)S8 sind noch Stauwehre vorhanden, welche die Wanderung von Fischen behindern. An der nächsten Station sind Kopfweiden (S9)S9 zu sehen, die einer Vielzahl von Tierarten Lebensraum bieten. Im Schäfermoor (S10S10 findet der seltene Moorfrosch optimale Lebensbedingungen vor. Die Stations- punkte (S11S11 und (12)S12 entsprechen (N5)N5 und (N4)N4 .

Eine reich bebilderte Broschüre des Landkreises Celle liefert viele weitere interessante Informationen zum Lutter-Radwanderweg (Bezug: Landkreis Celle, Amt für Umwelt und ländlichen Raum, Trift 28, 29221 Celle, Tel. 05141/916-6602). Außerdem bietet ein Internet-Navigator (www.region-celle-navigator.de) Hintergrund- informationen zu den Touren.

Lutter mit üppiger flutender Wasser- vegetation

63 Nordtour N1 N11

N10 N1

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0 1000 2000 Meter N S8 64 Südtour S1 N2

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65

Wissenswertes

Das Naturschutzgroßprojekt Lutter

Im Vordergrund des Naturschutzgroßprojektes Lutter, das zwi- schen 1989 und 2008 realisiert wurde, steht das Fließgewässer- system der Lutter, dessen Einzugsgebiet sich über rund 15.000 Hektar erstreckt.

Bachforelle Die kiesige Bachsohle der Lutter hat eine hohe ökologische Funktion, da sie Lebensstätte zahlreicher seltener Arten ist. Um die kiesige Bachsohle zu erhalten oder wieder herzustellen, wurden an den Zuflüssen der Lutter so genannte Sandfänge gebaut, die die Lutter davor schützen, dass Sand aus den landwirt- Elritze schaftlich genutzten Flächen der Umge- bung über Entwässerungsgräben in den Bach gelangt. Erosionsgefährdete Äcker wurden zudem aus der Nutzung genommen. So wurden Sand- und Nährstoffeinträge in den Bach auf ein ökologisch verträgliches Maß reduziert.

Um die Möglichkeit für Wassertiere, vom Mündungsbereich bis in die Quellregion eines Baches zu wandern, wieder herzustellen, wurde unter anderem das für Wassertiere unüberwindbare Lutter- wehr der Mühle in Marwede zurückgebaut. Fische und andere Wasserorganismen können nun unge- hindert ihren natürlichen Wanderwegen folgen.

Im Laufe des letzten Jahrhunderts wur- den manche Gewässerabschnitte der Lutter begradigt und ausgebaut. Um nasse Flächen bewirtschaften zu kön- nen, wurden Entwässerungsgräben angelegt. Im Zuge des Naturschutzgroß- Groppe projektes wurden verbaute Abschnitte wieder naturnah ent- wickelt, Entwässerungsgräben verschlossen und die Gewässer- unterhaltung eingestellt. Damit können sich nun wieder natur- nahe Verhältnisse einstellen. Deutlich zunehmende Bestände bei zahlreichen Arten – beispielsweise Elritze, Bachforelle, Flussperl- muschel, Moorfrosch, Grasfrosch, Kranich und Waldwasserläufer – zeigen, dass die Maßnahmen erfolgreich waren.

66

Durch Wald und Moor zum immergrünen Bach

Die Flussperlmuschel

Die Flussperlmuschel ist der heimliche Schatz der Lutter. Versteckt sitzen die Muscheln am kiesigen Grund. Sie ernähren sich von Kleinstlebewesen, die sie aus dem Wasser des Baches filtern. Gelangt dabei ein Fremdkörper in die Muschel, der nicht mehr ausgeschieden werden kann, kann sich eine Perle bilden. Es heißt, in etwa jeder tausendsten Muschel sei eine Perle zu finden.

Die Flussperlmuschel ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die nach europäischem Recht streng geschützt ist, so dass die Perlen- suche nicht mehr zulässig ist. Der Bestand ist in den letzen 150 Jahren so stark zurückgegangen, dass die in der Lutter lebenden Exemplare den letzten verbliebenen Bestand des norddeutschen Tieflandes darstellen. Ursache für den Bestandesrückgang war vor allem der Sandeintrag in die Fließgewässer. Durch die Übersan- dung der Kiesbänke sind viele Muscheln erstickt. Auch die Bach- forelle, ein typischer Fisch klarer, sauberer und nährstoffarmer Fließgewässer, benötigt die Kiesbänke zum Laichen.

Und die Muschel wiederum benötigt die Bachforellen. Denn bevor sich die jungen Muscheln am Grund der Lutter niederlassen, nisten sie sich für etwa zehn Monate in die Kiemen der Bachforel- len ein und wachsen dort geschützt zu jungen Muscheln heran. Dank der Maßnahmen des Naturschutzgroßprojektes haben sich die Flussperlmuschelbestände sehr positiv entwickelt. Die Lutter beherbergt mit über 10.000 Tieren das einzige sich intakt selbst vermehrende Vorkommen Europas in einem genutzten Einzugsge- Flussperl- biet. Besonders erfreulich ist die große Anzahl an Jungmuscheln. muscheln

67

Was mag sich unter den Hügeln verbergen?

NATURPARK Faßberg Tour SÜDHEIDE Hermanns- Unterlüß burg

Bergen Ackerland Natur erleben zwischen Länge der Tour: 43 km Hohenbacken- Eschede berg und

Die archäologische Fahrradtour veran- schaulicht mehr als 5.000 Jahre Sied- lungsgeschichte der Südheide. Die Gegend um Hermannsburg und Bergen weist besonders fruchtbare Böden auf. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gerade hier eine besondere Häufung an vorgeschichtlichen Denkmälern zu fin- den ist. An verschiedenen Stationen des Weges liegen Hügelgräber aus der Bronzezeit und ein rekonstruiertes Großsteingrab aus der Jungsteinzeit. Die einst in der offenen Landschaft errichteten monumentalen Grabbauten prägten das Bild der damaligen Kultur- landschaften, in denen schon Viehher- den gehütet wurden und sich bereits erste Heideflächen entwickelten. Weitere Höhepunkte dieser Fahrradtour sind der Gedenkstein an Hermann Löns auf dem mit Heide bewachsenen Wiet- zer Berg und das Örtzetal mit dem Fluss- WaldErlebnispfad.

Hügelgrab bei Die Fahrradtour startet am Wietzer Berg (1)1 . Hier befindet sich Bonstorf ein Gedenkstein an den berühmten Heidedichter Hermann Löns. In die Heide eingebettet liegen einige flache Hügelgräber aus der späten Jungsteinzeit. Vor Bonstorf führt der Weg an einem bronze- zeitlichen Grabhügelfeld vorbei (2)2 , welches teilweise unter- sucht wurde. Eine Infotafel erläutert die archäologischen Gra- bungsergebnisse.

Am Grauenberg bietet sich von der Anhöhe herab eine schöne Aussicht auf Hermannsburg (3)3 mit seinen vielen Kirchtürmen.

68 Als nächstes führt der Weg Museum zum Großsteingrab bei Sid- Römstedt- haus in Ber- dernhausen (4)4 . Das etwa gen 4.000 Jahre alte Grab wurde nahe seines ursprünglichen Standortes rekonstruiert. Eine Tafel informiert über die Gra- bungsergebnisse.

Von der Jungsteinzeit geht es wieder in die Bronzezeit. Nörd- lich von Wohlde liegt ein Grab- hügelfeld mit 45 Gräbern (5)5 . Die Ergebnisse der Ausgrabun-

gen und die in den Gräbern Ausstellung im gefundenen Gegenstände werden in der archäologischen Ausstellung Museum des Museums Römstedthaus in Bergen (6)6 präsentiert. Römstedthaus

In Wohlde führt der Weg zu einer Informationstafel, die über die Geschichte des Wall- fahrtortes am ehemaligen Standort der Wallfahrts- kirche (7)7 berichtet. Weiter geht es durch die Gemarkung Hünenburg (8)8 . Als Hünen wurden früher Riesen bezeich- net, die in Märchen in der Lage waren, gewaltige Bauten wie Großsteingräber oder auch Burgen zu errichten. Ob es tatsächlich Informations- eine Hünenburg gegeben hat, ist allerdings nicht überliefert. tafel des Fluss- Wald-Erlebnis- pfades Bei Oldendorf wird anhand einer Tafel die Entstehung des Örtzetales (9)9 erklärt . In Her- mannsburg laden das Ludwig- Harms-Haus und das Heimat- museum zu einem Besuch ein (110 0.

Auf dem FlussWaldErlebnis- pfad11)11 entlang der Örtze laden zahlreiche Mitmachsta- tionen und Informationstafeln zum genauen Hinsehen und Ausprobieren ein. Von Müden führt der Weg zurück zum Ausgangspunkt.

69 4

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0 1000 2000 Meter N

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71 Wissenswertes

Rekonstruktion eines Großstein- grabes bei Siddernhausen

Hügel- und Großsteingräber der Vorzeit

Am Wietzer Berg sind vermutlich gegen Ende der Jungsteinzeit (etwa 2000 v. Chr.) fünf Grabhügel errichtet worden. Den Toten wurden Beigaben wie steinerne Streitäxte und verzierte Tonbecher mit in das Grab gegeben.

Zwischen Backeberg und Bonstorf zeu- gen sechs Hügelgräber von einem Fried- hof, der zum Ende der Jungsteinzeit und zu Beginn der Bronzezeit angelegt wurde. Auf einer Informationstafel sind die Ausgrabungsergebnisse zu einem Grabhügel dargestellt, das sich auf einer benachbarten Ackerfläche befand. Aus Feldsteinen wurde der Grundriss des Hügelgrabes rekonstruiert. Der Grabhü- Aus gel war von einem Steinkranz eingefasst. Die Erdaufschüttung über- Feldsteinen deckte eine Holzkammer, in der ein Mann bestattet war. Als Beiga- rekonstruierter Grundriss eines ben waren ein Tongefäß, ein Beil, ein Schwert und ein Dolch aus Hügelgrabes Bronze in das Grab gelegt worden. Im nördlichen Randbereich des Hügels war eine Frau mit bronzenen Trachtbestandteilen bestattet worden. Die bronzenen Beigaben sind bezeichnend für die ältere Bronzezeit in der Lüneburger Heide (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.).

72

Was mag sich unter den Hügeln verbergen?

In den gleichen Zeitraum sind auch um die 45 Grabhügel nördlich von Wohlde einzuordnen. Die Toten wurden hier in Baumsärgen aus ausgehöhlten Eichenstämmen beigesetzt, die mit Erdreich überdeckt wurden. Eine ringförmige Steinsetzung bildete eine Art Umfassungsmauer. An Stelle der Stein- setzung erfolgte die Einfassung gelegentlich auch durch aufgeschichtete Heideplaggen. In der archäologischen Ausstellung des Römstedthauses werden die Ergebnisse der Ausgrabungen und die in den Gräbern gefundenen Gegenstände präsen- tiert.

Die älteste Grabanlage der Tour ist das Großstein- grab bei Siddernhausen, dessen Reste 1977 auf einem Acker auf dem Steinberg ausgegraben wurden. Mit den originalen Findlingen wurde die Grab- kammer in einiger Entfernung wieder aufgebaut. Der Ausgrabungsbefund ergab, dass die Grab- kammer aus 20 bis 24 Tragsteinen und etwa acht Decksteinen bestand. Die Freiräume zwischen den Trag- und Deck- Steinzeitliche steinen waren mit einem Trockenmauerwerk verschlossen. Wahr- Fundstücke in der scheinlich war die gesamte Anlage ursprünglich von einem Erdhügel Ausstellung im bedeckt. Großsteingräber wurden vor etwa 5000 Jahren in der mitt- Römstedthaus leren Jungsteinzeit errichtet. Nach heutigen Erkenntnissen sind es Gräber einer sesshaften Bauernbevölkerung. Diese Anlagen dienten vermutlich mehreren Generationen als Grabstätte. Auch hier wur- den den Toten Trachtschmuck, Tongefäße und steinerne Gerätschaf- ten für das Weiterleben nach dem Tode mitgegeben.

Der Lönsstein

Hermann Löns (1866 bis 1914) gehört zu den bekanntesten deutschen Schriftstellern. Er arbei- tete unter anderem in Hannover als Journalist bei einer Tageszeitung, wo er vom freien Mitarbeiter zum Chefredakteur aufstieg. Der Journalistenbe- ruf diente ihm jedoch nur als Broterwerb, wäh- rend die Nebentätigkeit der Schriftstellerei seine eigentliche Passion war. Er besuchte regelmäßig die Lüneburger Heide, in der er Ruhe und Inspiration für seine zahl- Hermann-Löns- reichen Werke fand, aber auch die Natur erforschte. Die Romane Denkmal auf dem „Der letzte Hansbur“ (1909), „Dahinten in der Heide“ (1910) und Wietzer Berg „Der Wehrwolf“ (1910) waren seinerzeit sehr erfolgreich. Im Jahre 1921 stellte der Deutsche Jägerbund auf dem Wietzer Berg bei Müden den Lönsstein im Gedenken an den Schriftsteller auf.

73 Naturpark- Informationszentrum in Eschede

Faßberg

Unterlüß Hermanns- burg NATURPARK SÜDHEIDE

Eschede

Bahnhof Im Bahnhofsgebäude von Eschede informiert eine Dauerausstel- Eschede lung über den Naturpark Südheide. Die Ausstellung erstreckt sich über drei Räume und eine Fläche von etwa 150 Quadratmetern. Die Landschaftsformen, die Flora und Fauna sowie die Kulturge- schichte des Naturparkes stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Anhand anschaulicher Beispiele werden die Auswirkungen der Klimaveränderung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ver- deutlicht. Die Ausstellung ist in den Bahnhofsbetrieb integriert, so dass das Bahnhofsgebäude gleichzeitig seine Funktion als Servicecenter und Wartehalle erfüllt.

Übersicht

74 Raum 1: Historische Heidebauernwirtschaft

Hier wird der Naturraum der Lüneburger Heide vorgestellt und die Entstehungsgeschichte dieser alten Kulturlandschaft erläutert. Die Heidelandschaft ist keine Naturlandschaft, sondern entstand erst durch die intensive Einflussnahme des Menschen. Maßgeb- lichen Einfluss hatte dabei die Heidebauernwirtschaft. Im Verlauf der Ausstellung wird vermittelt, wie das System der Heidebauern- wirtschaft zusammenbrach und zur Übernutzung und regelrech- ten Verwüstung ganzer Landstriche führte. Es wird der Bogen zur Gegenwart gespannt und gezeigt, mit welchem Aufwand die noch bestehenden Heideflächen gepflegt werden müssen, um nicht zu vergrasen oder zu verbuschen.

Die Fotos auf den Seiten 75 – 77 zeigen Arbeitsmodelle

75

Raum 2: Wasser im Naturpark Südheide

Dieser Raum ist wie die Unterwasserwelt eines Heidebaches gestaltet. Aus der Perspektive der Wasserbewohner kann diese Welt erkundet werden.

Im vorderen Teil des Raumes werden die naturbelassenen Gewäs- ser, die es in der Südheide vielerorts noch gibt, inszeniert. Als Bewohner dieses Lebensraumes werden unter anderem Fluss- perlmuschel, Schwarzstorch, Fischotter und Eisvogel vorgestellt. Wie der Nährstoffkreislauf im Bach funktioniert, ist ein weiteres Thema. Im hinteren Teil des Raumes geht es um die Auswirkungen historischer und aktueller Wasserbaumaßnahmen auf die ökolo- gischen Abläufe am und im Gewässer.

Der Nachbau einer Flussperlmuschel lädt die Besucherinnen und Besucher ein, in der Muschelschale Filme über die Flussperlmuschel zu verfolgen

76 Naturpark-Informationszentrum in Eschede

Raum 3: Landschaftselemente des Naturparks Südheide

In diesem Raum werden die fünf wichtigsten Landschaftsformen des Naturparks vorgestellt und ihre Verteilung im Raum darge- stellt. Dabei handelt es sich um Wald, Heide, Grünland, Moor und Fließgewässer. Ein weiteres Thema ist der Klimawandel, in dessen Folge zahlreiche Pflanzen- und Tierarten aus südlicheren Gefilden in der Südheide Einzug halten. Silberreiher und Bienenfresser sind nur zwei Vertreter dieser Arten. Wie Wälder und Moore Kohlen- stoffdioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und über lange Zeit- räume binden, wird ebenfalls dargestellt.

77 Der Naturpark Südheide

Der seit 1964 bestehende Naturpark Südheide erstreckt sich auf etwa 480 km2 über den Nordosten des Landkreises Celle. Das Gebiet ist als Landschaftsschutzgebiet Südheide geschützt. Außerdem befinden sich hier mehrere Naturschutzgebiete und Flächen des europäischen Schutzgebietssystemes Natura 2000.

Die Landschaft des Naturparkes wurde von den Eiszeiten geformt. Das Gebiet war während der Elster- und Saale-Kaltzeit verglet- schert. Das heutige Relief entstand größtenteils während der Saale-Kaltzeit, die eine flachwellige Grundmoräne hinterließ. Das jüngere Drenthe-Stadium schuf im Nordosten des Naturparkes und nordwestlich davon markante End- moränen mit zum Teil fast mittelgebir- gig anmutendem Relief. Hier befindet sich mit dem 130 m hohen Lüßberg der höchste Punkt des Naturparkes. Die Schmelzwässer der Gletscher bauten südlich davon mächtige Sander auf. Verbreitet kam es zur Aufwehung von Flugsanden. Im Anschluss an die Eis- zeiten bildeten sich in Geländemulden Heidefläche im Nordteil des Naturparkes Hoch- und Niedermoore. An der Örtze bei Wolthausen liegt mit etwa 36 m Geländehöhe der tiefste Punkt des Naturparkes.

Die Region des Naturparkes Südheide wird gegenwärtig zu etwa 80 % von Wald bestimmt. Hier dominieren von der Waldkiefer gebildete Waldbestände. Besonders im Nordteil des Naturparkes sind einige größere Heideflächen vor- Grünland ist vor allem in den Bachtälern zu finden handen, in den übrigen Teilen treten Heiden kleinflächig oder saumartig ent- lang von Wegen auf. Grünland ist besonders in der Örtzeniederung zu finden. Ackerland überwiegt bevorzugt auf den etwas ertragreicheren Stand- orten westlich der Örtzeniederung, um Eschede und um Eldingen.

Früher befanden sich am Rande des Örtzetales ausgedehnte offene Dünen

78 Der Naturpark Südheide

Über den Naturpark verteilt treten an verschiedenen Stellen kleinere Hoch- und Übergangsmoore auf, von denen das Bornriethmoor südlich von Olden- dorf die größte Flächenausdehnung erreicht.

Die Fließgewässer des Naturparkes, ins- besondere Örtze mit und sowie Lachte mit Aschau Heidemoor bei Altensalzkoth und Lutter, stellen als so genannte Heidebäche Gebiete von bundesweiter Bedeutung für den Naturschutz dar. Bemerkenswert sind außerdem größere Fischteichanlagen, die nordöstlich von Eschede zu finden sind.

In den letzten 250 Jahren hat sich der Raum des Naturparkes Südheide von einer weitgehend offenen Heideland- schaft zu einer Waldlandschaft gewan- Ein naturnaher Heidebach delt. Noch um 1780 lag der Heideanteil bei etwa 80 %. Aber bereits um 1900 waren große Teile des Naturparkes auf- geforstet. Dieser Trend setzte sich im 20. Jahrhundert fort.

Zwergstrauchreicher Kiefernwald

Wasseramsel Die Lutter ist ein besonders naturnaher Bach

79 Blaumeise

Rothirsch

Die Wälder des Naturparkes werden unter ande- rem von Hirsch und Wildschwein besiedelt. Raufußkauz Nachts gehen verschiedene Fledermausarten in ihren Jagdrevieren auf Beuteflug. Zu den heimi- schen Raubtieren gehören Baummarder und Fuchs. Neuerdings streift auch der Wolf wieder vereinzelt durch den Raum. Unter den Vögeln sind insbesondere verschiedene Eulen wie Raufußkauz und Sperlingskauz erwähnenswert. Nur schwer zu entdecken sind der in alten Eichenbeständen lebende Hirschkäfer und der an Trauermantel Waldlichtungen fliegende Trauermantel.

In dem sauberen Wasser der Heidebäche leben unter anderem Bachforelle, Elritze, Groppe und Bachneunauge. Eine besondere Rarität stellt die Flussperlmuschel dar. An den Ufern fliegen Blau- flügel- und Gebänderte Prachtlibelle, Grüne Flussjungfer und Zweigestreifte Quelljungfer. Fischotter, Schwarzstorch und Eisvogel nutzen die Bäche als Jagdrevier. In den vernässten Bach- Hirschkäfer niederungen brüten Kranich und Waldwasserläu- fer. Moor- und Grasfrösche bilden große Laichge- meinschaften. Die Ringelnatter findet hier ihre Nahrung. An Bächen mit altem Waldbestand ist der versteckt lebende Feuersalamander zuhause.

80

Tierwelt des Naturparkes Südheide

Die Teiche sind unter anderem Lebensraum von Rothalstaucher und Haubentaucher sowie von Reiher-, Tafel-, Krick- und Knäkente. Neben dem Graureiher taucht seit einigen Jahren der schnee- weiße Silberreiher immer häufiger an den Tei- chen auf. Größere Gewässer werden von See- und Fischadlern als Jagdgebiet genutzt.

Die Heideflächen werden unter anderem von dem dämmerungsaktiven Ziegenmelker, dem oft auf Wacholdern sitzenden Raubwürger und der fließende Wald-Heide-Übergänge bevorzugen- den Heidelerche besiedelt. Auch sind hier Zaun- Eisvogel und Waldeidechse zu finden. In den Mooren brü- tet die versteckt lebende Bekassine, auch Him- melsziege genannt. Am Rande der Moore haben Kreuzotter und Schlingnatter ihren Lebensraum.

Das Grünland wird unter anderem von Kiebitz und Braunkehlchen besiedelt. Aurorafalter flie- gen über den Feuchtwiesen und im Sommer sind die Rufe von Sumpfschrecke und Sumpfgrashüp- Blauflügel-Prachtlibelle fer zu hören.

Neben Feldhase und Reh sind typische und inzwi- schen selten gewordene Arten des Ackerlandes Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche. Während der Zugzeit sind regelmäßig Steinschmätzer zu beob- achten und Kraniche lassen sich zum Teil in gro- ßen Trupps zur Rast nieder. Zauneidechse

Reh

Wildschweinbache mit Frischlingen

81

Im Landkreis Celle wachsen über tausend ver- schiedene Farn- und Blütenpflanzen. Das sind etwa 60 % aller in Niedersachsen vorkommen- den Arten.

Auf den bodensauren Waldstandorten des Naturparkes finden sich Europäischer Sieben- stern, Heidelbeere und Preiselbeere. Wacholder Arnika künden davon, dass die Kiefernwälder früher einmal offene Heiden waren. Die Bäche und Flüs- se begleiten Auwälder unter anderem mit dem Wechselblättrigen und Gegenblättrigen Milz- kraut sowie dem Echten Springkraut. In den besonders nassen Erlen-Bruchwäldern wachsen Walzen-Segge, Sumpffarn, Bittersüßer Nacht- schatten und Sumpf-Calla. Ende der 1990er Jahre sind die Bartflechten in die Wälder der Süd- Preiselbeere heide zurückgekehrt und weisen auf eine verbes- serte Luftqualität hin. Dichte Flechtenbestände befinden sich besonders auf Lärchen, die als schmale Streifen entlang der Kiefernwälder gepflanzt wurden.

In den sommerkalten Heidebächen und -flüssen gedeihen auf hohe Wasserqualität angewiesene flutende Pflanzen. Auf quellnahe Abschnitte ist das Vorkommen des Bach-Quellkrautes und der Heidelbeere

Wasser-Hahnenfuß

Flutenden Moorbinse beschränkt. Stromabwärts folgen unter anderem Flutender Hahnenfuß und Wechselblütiges Tausendblatt. Ufer werden häu- fig von farbenprächtigen Hochstauden unter anderem mit Zottigem Weidenröschen, Gilbwei- derich, Blutweiderich und Mädesüß eingenom- men. Zeitweilig trocken fallende Teichböden der Fisch- Siebenstern teiche werden von den winzigen Pflanzen des

82 Pflanzenwelt des Naturparkes Südheide

Dreimännigen und des Wasser- pfeffer-Tännels dicht besiedelt. Auch lassen sich hier Pillenfarn und Braunes Zyperngras fin- den.

Die Hoch- und Übergangsmoo- re beherbergen zahlreiche Hun- gerkünstler unter den Pflanzen, Glockenheide die sich speziell an die nährstoffarmen Verhältnisse dieser Wuchsorte angepasst haben. Dazu gehören der Rund- blättrige und der Mittlere Sonnentau sowie der Kleine Wasserschlauch, die einen Teil der benötigten Nährstoffe durch den Fang kleiner Insekten gewinnen. Daneben sind hier unter anderem verschiedene Heidegewächse wie die Rosmarinheide, die Glockenheide, die Moosbeere und die Rauschbeere vertreten. Mineralischen Wassereinfluss zeigt die gelbblühende Moorlilie an. Das ebenfalls in den Hoch- und Übergangsmooren wachsende Torfmoos-Kna- benkraut (eine Orchidee) hat den Schwerpunkt seiner weltweiten Verbreitung in Deutschland. Es wird daher als endemische Sippe für Deutschland bezeichnet.

Die Sandheiden des Naturparkes beherbergen unter anderem die leuchtend gelb blühenden Arten Behaarter und Englischer Ginster sowie Niedrige Schwarzwurzel. Auf dem Heidekraut rankt vereinzelt eine schmarotzende Besenheide Pflanze, die Quendel-Seide (auch Teufelszwirn genannt). Nur noch sehr selten sind die Bärentraube und der Keu- len-Bärlapp in den Heiden zu finden.

Das Grünland in den Bachtälern wird zum Teil noch von Sumpfdotterblume, Faden-Binse und Wasser-Greiskraut und sogar von Orchideenarten wie dem Gefleckten und Breitblättrigen Knabenkraut besiedelt. Im Örtzetal um Hermannsburg ist der auffällige Quendel-Seide Schlangen-Wiesenknöterich zuhause. Im Ackerland lassen sich vereinzelt Kornblume, Sand- und Saatmohn sowie Saat-Wucherblume entdecken. Deutlich seltener sind Acker- Löwenmaul, Acker-Steinsame und Lämmersalat. Geflecktes Knabenkraut

83

Die fachlichen Aussagen im vorliegenden Rad-Tourenführer beruhen insbesondere auf den nachfolgend aufgelisteten Quellen. ALPERS, P., BARENSCHEER, F. (1952): Celler Flurnamenbuch. - Schriften des Niedersächsischen Heimatbundes e. V., Neue Folge 20: 196 S.; Celle. ALTMÜLLER, R., DETTMER, R. (1996): Unnatürliche Sandfracht in Geestbä- chen - Ursachen, Probleme und Ansätze für Lösungsmöglichkeiten. - Infor- mationsdienst Naturschutz Niedersachsen 16 (5): 222-237; Hannover. ALTMÜLLER, R., DETTMER, R. (2000): Erste Erfolge beim Arten- und Bio- topschutz für die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera L.) in Nie- dersachsen. - Natur und Landschaft 75 (9/10): 384-388; Stuttgart. ALTMÜLLER, R., DETTMER, R. (2006): Erfolgreiche Artenschutzmaßnah- men für die Flussperlmuschel Margaritifera margaritifera L. durch Reduzie- rung von unnatürlichen Feinsedimentfrachten in Fließgewässern. - Infor- mationsdienst Naturschutz Niedersachsen 16 (5): 192-204; Hannover ANSULL, O. (2010): Himmel, welch ein Land! - Celler Hefte 7/8: 185 S.; Celle. BORGER-KEWELOH, N., HANGEN, H., HEEGE, E., LAMSCHUS, H., LOCH- MANN, H., LÜCK, J, MUSSMANN, M., SAMEL, I. (2001): Museumsführer Niedersachsen Bremen, 7. Auflage. - 449 S.; Bremen. BRUNS, A. (Red.) (1966): Der Landkreis Celle - Geschichte, Landschaft, Wirtschaft. - 323 S.; Oldenburg i. O. CLAUSNITZER, H.-J. (1983a): Der Einfluß unterschiedlicher Bewirtschaf- tungsmaßnahmen auf den Artenbestand eines Teiches. - Natur und Land- schaft 58 (4): 129-133; Köln. CLAUSNITZER, H.-J. (1983b): Zum gemeinsamen Vorkommen von Amphi- bien und Fischen. - Salamandra 19 (3): 158-162; Bonn. CLAUSNITZER, H.-J. (2001): Auswirkung von Naturschutzmaßnahmen auf Libellen und Lurche: Ökologische Verbesserung an Bächen durch Rückbau von Teichen. - Natur und Landschaft 76 (4): 145-151; Stuttgart CLAUSNITZER, H.-J. (2010): Amphibien, Fische und Amphibienschutzge- wässer. - Rana 11: 28-36; Rangsdorf. DETHLEFS, M., KAISER, T. (2000): Kehren die Bartflechten zurück? - Beob- achtungen aus der Südheide. - Beiträge zur Naturkunde Niedersachsens 53 (1): 22-29; Peine. DEUTSCHER BUND FÜR VOGELSCHUTZ (Hrsg.) (1989): Naturschutz im Celler Land. - 153 S.; Celle. DÜLL, R., KUTZELNIGG, H. (2005): Taschenlexikon der Pflanzen Deutsch- lands. - 577 S.; Wiebelsheim. EICKENRODT, E. (Hrsg.) (1984): Pflanzen und Tiere im Landkreis Celle. - 286 S.; Celle. FRIEDRICH, E. A. (1980): Naturdenkmale Niedersachsens. - 272 S.; Hanno- ver. GRIES, J. (1988): Samtgemeinde Eschede in alten Ansichtskarten. - Celle. GABAIN, E. (1913): Bilder aus der Südheide. - 135 S.; Hamburg. GABAIN, E. (1922): Forst Lüß und Breitenhees in der Lüneburger Heide. - Norddeutsche Heimatbücher 2: 48 S.; Hamburg.

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Verwendete Literatur

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