Steinadler, Steinrötel Und Alpenbraunellen in Den Vogesen Die 45
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monticola Nummer 104/2011 Seite 12 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen Die 45. Monticola-Jahrestagung (11. – 17. Mai 2009) in Munster (Vogesen/Frankreich) Hubert Holland Tagungsgebiet Wirtschaftlich abhängig ist die Gegend nach Nach vielen Jahren waren wir im Jahr 2009 wie vor von Land- und Forstwirtschaft, zu- mit unserer Tagung wieder einmal in Frank- nehmend spielt aber auch der Tourismus eine reich. Nach 1979 (Bessans/Savoyen) war gewichtige Rolle. Berühmt gemacht indes dies überhaupt erst das zweite Mal. hat den Ort der kräftig riechende Münsterkä- Das Tagungshotel lag in Munster oder Müns- se. Die hierzu benötigte Milchwirtschaft hat ter, Hauptort des Munstertals und bekannt alpinen Charakter: Das Milchvieh verbringt nicht nur für den dort hergestellten Käse, den Sommer auf Almen und überwintert im sondern auch für die zahlreichen, über das Tal. Dies hat der Gegend auch den Beinamen gesamte Zentrum des Städtchens verteil- kleine Schweiz eingebracht. Die früher be- ten Storchennester, die bei Tagungsbeginn deutsame Textilindustrie ist heute ohne Be- schon reichlich mit Jungvögeln besetzt wa- deutung. ren. Munster selbst liegt zwar nur auf rund Hat man den Col de la Schlucht - zu Fuß oder 400 m ü. M., nicht weit entfernt ist jedoch der mit dem Pkw - erreicht, befindet man sich steile Anstieg hinauf zur Passhöhe Col de la schon inmitten des Naturparks Ballons des Schlucht (1139 m), Ausgangspunkt für die Vosges, der bis über 1400 m hinaufreicht, z. Exkursionen entlang des südlichen Vogesen- B. Großer Belchen/Grand Ballon (1424 m), hauptkamms, der sog. Route des Crêtes. Storkenkopf (1366 m), Hohneck (1363 m), Munster liegt mit seinen rund 5.000 Ein- Kastelberg (1350 m), Rothenbachkopf (1316 wohnern im Département Haut-Rhin am m) und Soultzereneck (1302 m) entlang des Schnittpunkt zweier Täler, die sich hier zum Hauptkamms der Süd- oder Hochvogesen. Fecht- oder Munstertal vereinen. Die das Die Vogesen sind nicht nur geographisch, Tal durchfließende Fecht strebt dem etwa sondern auch geologisch ein Schwester- 20 km östlich von Munster gelegenen Col- gebirge des auf deutscher Seite gelegenen mar zu. Historisch ist die Stadt geprägt durch Schwarzwalds, Exkursionsgebiet der Jahres- die schicksalhafte Lage im Gebiet zwischen tagung 1981. Durch tektonisch bedingte An- Rhein und Vogesen, über Jahrhunderte pom- hebung als einheitliches Gebirgsmassiv ent- me de discorde, Zankapfel, zwischen Frank- standen, wurden die beiden Gebirgszüge erst reich und Deutschland, wobei der Vogesen- durch die Absenkung des Oberrheingrabens hauptkamm die alte Sprachgrenze bildet. im Tertiär vor rund 45 Mio. Jahren voneinan- Die Stadt schloss sich im 16. Jahrhundert der der getrennt. Typisch für die Südvogesen sind Reformation an, die aus dem 7. Jahrhundert die gerundeten Bergkuppen aus Granit („Bal- stammende, namengebende Benediktiner- lons“) mit zahlreichen Karseen, die die Glet- Abtei (lat. monasterium) wurde jedoch erst scher zurückgelassen haben, als sie nach der im Zuge der Französischen Revolution auf- letzten Eiszeit abschmolzen (z. B. Lac Blanc, gelöst. Lac des Truites oder Lac de Schiessrothried). Seite 13 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen Oberhalb etwa 1250 m sind die Gipfel der Jean-Jacques Pfeffer geboten, der anhand Hochvogesen natürlich waldfrei, wobei die von Lichtbildern eindrucksvoll die Biotop- waldfreien Bereiche z. T. durch Beweidung veränderung durch Aufforstung veranschau- vergrößert wurden. Die Waldgrenze bilden in lichen konnte. der Regel Buchen, die infolge der im Kamm- Dr. Yves Muller, Entdecker des Sperlings- bereich herrschenden Windgeschwindigkei- kauzvorkommens in den Nordvogesen, refe- ten allerdings sehr kleinwüchsig sind. rierte über Brutbiologie und Populationsdy- Die schon traditionelle Tagesexkursion mit namik von Sperlings- und Raufußkauz und dem Bus ging unter ortskundiger Führung in wies auf die Verbindungen zwischen „sei- das ornithologisch hochinteressante Kaiser- ner“ Population des Sperlingskauzes und der stuhlgebiet auf der rechten, deutschen Rhein- des nördlich gelegenen Pfälzer Waldes in seite. Deutschland hin. Die Tagung wurde in Zusammenarbeit mit Johannes Denkinger schilderte seine nach- der Ligue pour la Protection des Oiseaux gerade detektivische Suche nach dem (LPO) Alsace ausgerichtet, die seit dem Jahr Weißrückenspecht im Schweizer Jura, wo- 2006 an einem Atlasprojekt für das Elsass bei insbesondere seine Lichtbilder von den und Lothringen arbeitet und dankbar ist für Spechtspuren an Bäumen kontrovers disku- alle Beobachtungsdaten aus den sonst we- tiert wurden. niger begangenen Hoch-Vogesen. Das Pro- Auf gewohnt lockere und unterhaltsame Wei- jekt, das ursprünglich nur die Jahre bis 2010 se erzählte schließlich Hartmut Meyer von ei- umfassen sollte, dauert für einige Vogelarten ner Reise der sächsischen Ornithologen nach noch an (Vorabauszüge unter http://www. Guatemala – garniert mit beeindruckenden odonat-alsace.org/atlas-cartes-oiseaux-ni- Fotos – aufgenommen im Digiscopy-Verfah- cheurs-alsace.php). ren unter den alles andere als einfach zu be- wältigenden Urwaldbedingungen. Dank Die Tagung wurde von Bruno Carrara, Ursi Exkursionen Bravo und Hubert Holland geplant und ge- Das Tagungsgebiet kann mit zahlreichen in- leitet. Größtem Dank sind sie Herrn Dr. Yves teressanten Exkursionsmöglichkeiten auf- Muller, dem Vorsitzenden der LPO Alsace, warten. Einige davon werden nachfolgend verpflichtet, einem ebenso ornithologisch beschrieben und für die im Anschluss abge- kompetenten wie hilfsbereiten Ratgeber in druckte Artenliste beziffert. allen Tagungslagen. Er gab wertvolle Hin- weise für Exkursionsziele und vermittelte 1. Stadtgebiet Munster und Umgebung den Kontakt zu den Referenten. Exkursionen Wie einleitend bereits erwähnt, prägt der leiteten vor Ort die Herren Wioland und Rit- Weißstorch mit seinen Nestern das Bild der ter. Weiter danken wir Herrn Christian Stan- Stadt Munster. Bedeutsam für das übrige Vo- ge aus Freiburg/Breisgau, der die Exkursion gelvorkommen sind die Lage an der Fecht ins Kaiserstuhlgebiet geführt hat. und die umgebenden Bergmischwälder, die von 380 m NN (Bahnhof Munster) rasch bis Vorträge auf über 800 m ansteigen. Die nächsten Gip- Einen äußerst interessanten Vortrag über fel sind im Süden der Petit Ballon (1272 m) in die Avifauna des Tagungsgebiets bekamen 6 km und im Westen das Hohneck (1363 m) wir von dem lokalen Raufußhuhn-Experten in 8 km Entfernung. monticola Nummer 104/2011 Seite 14 für die dort regelmäßig rastenden Mornell- regenpfeifer, oder hinunter nach Osten zum Kleinen Hohneck (1289 m) will. In keinem Fall zu übersehen bzw. überhören sind da- bei jedenfalls die zahlreichen Pieper. In der Mehrzahl sind es hier Wiesenpieper, doch waren auch einzelne Bergpieper darunter. Im Bereich der Waldgrenze kommt der Baum- pieper hinzu. Wer es etwas sportlicher haben möchte, lässt das Auto am Col de la Schlucht stehen und begeht den etwas unterhalb des Kamms ent- Abb. 1: Munster – Stadt der Störche. Bild: H. Bohr langführenden, am Hohneck endenden Sen- tier des Roches (Alpenbraunelle), der stre- 2. Col de la Schlucht und Hohneck (Sentier ckenweise einen richtiggehend alpinen des Roches) Eindruck vermittelt. Für die Schulklasse aus Die D 417, die Colmar mit dem Wintersport- den Niederlanden war er möglicherweise so- ort Gérardmer auf der anderen Vogesensei- gar hochalpin... te verbindet, beginnt gleich hinter Muns- In einem Kar, eingerahmt von Kastelberg, ter stark anzusteigen und windet sich dann Hohneck und Kleinem Hohneck, liegt auf in langezogenen Serpentinen bis hinauf zur einer Höhe von 930 m der Lac de Schiess- Passhöhe, dem Col de la Schlucht (1139 m). rothried (Flussuferläufer). Biegt man, oben angekommen, nach Sü- den ab und folgt der sogenannten Route des 3. Hautes Chaumes und Lac Blanc Crêtes, gelangt man schon nach wenigen Ki- Wer vom Col de la Schlucht der Routes lometern zu der Abzweigung hinauf zum des Crêtes nicht nach Süden, sondern nach Gipfel des Hohneck, mit 1363 m der höchs- Norden folgt, fährt an den Hautes Chau- te Punkt des Vogesenkamms. Wer von hier mes entlang, einer Art Heidelandschaft mit aus zu Fuß weitergehen will, muß sich ent- niederem Strauchbewuchs und vereinzel- scheiden, ob er weiter nach Süden zum Kast- ten Bäumen, ideale Bedingungen also für elberg (1350 m), unter Ornithologen bekannt Baum- und Wiesenpieper, aber nicht nur für Abb. 2: Vom Hohneck zum Kastelberg – im Vorder- Abb. 3: Am Taubenklangfelsen (Gazon du Faing). grund das Wormspel-Kar. Bild: N. Schöndorf Bild: N. Schöndorf Seite 15 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen diese. Wir selbst ließen die Autos am Gast- hof Gazon du Faing stehen und sind dann über den Taubenklangfelsen (Zippammer, Steinrötel, Steinadler überfl.) nach Norden (Zitronengirlitz) zum Lac Blanc (Wander- falke) gewandert. 4. Östliche Vorberge der Vogesen (Mont de Sigolsheim und Schlossberg bei Westhalten) Abb. 5: Im Regen am Kaiserstuhl. Bild: H. Holland – 1000 m). Alter Buchenwald (Hohltaube) wurde hier ebenso durchwandert wie Hei- den, die auch heute noch durch Beweidung offengehalten werden (Neuntöter). 6. Kaiserstuhl und Hirtzfelden im Rheintal Abb. 4: Blick hinunter ins Tal der Fecht. Der Kaiserstuhl, Überbleibsel eines tertiä- Bild: N. Schöndorf ren Vulkans und heute weitgehend von einer quartären Lössschicht bedeckt, liegt in der Im Gegensatz zu den bewaldeten Höhen der wärmsten Region Deutschlands und ebenso inneren Vogesen sind die Vorberge hin zum wie die unter 4. genannten Vorberge im Re- Rheintal ausgesprochen trocken und entspre-