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Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen Die 45. Monticola-Jahrestagung (11. – 17. Mai 2009) in Munster (Vogesen/Frankreich) Hubert Holland Tagungsgebiet Wirtschaftlich abhängig ist die Gegend nach Nach vielen Jahren waren wir im Jahr 2009 wie vor von Land- und Forstwirtschaft, zu- mit unserer Tagung wieder einmal in Frank- nehmend spielt aber auch der Tourismus eine reich. Nach 1979 (Bessans/Savoyen) war gewichtige Rolle. Berühmt gemacht indes dies überhaupt erst das zweite Mal. hat den Ort der kräftig riechende Münsterkä- Das Tagungshotel lag in Munster oder Müns- se. Die hierzu benötigte Milchwirtschaft hat ter, Hauptort des Munstertals und bekannt alpinen Charakter: Das Milchvieh verbringt nicht nur für den dort hergestellten Käse, den Sommer auf Almen und überwintert im sondern auch für die zahlreichen, über das Tal. Dies hat der Gegend auch den Beinamen gesamte Zentrum des Städtchens verteil- kleine Schweiz eingebracht. Die früher be- ten Storchennester, die bei Tagungsbeginn deutsame Textilindustrie ist heute ohne Be- schon reichlich mit Jungvögeln besetzt wa- deutung. ren. Munster selbst liegt zwar nur auf rund Hat man den - zu Fuß oder 400 m ü. M., nicht weit entfernt ist jedoch der mit dem Pkw - erreicht, befindet man sich steile Anstieg hinauf zur Passhöhe Col de la schon inmitten des Naturparks Ballons des Schlucht (1139 m), Ausgangspunkt für die , der bis über 1400 m hinaufreicht, z. Exkursionen entlang des südlichen Vogesen- B. Großer Belchen/ (1424 m), hauptkamms, der sog. Route des Crêtes. (1366 m), (1363 m), Munster liegt mit seinen rund 5.000 Ein- (1350 m), Rothenbachkopf (1316 wohnern im Département Haut-Rhin am m) und Soultzereneck (1302 m) entlang des Schnittpunkt zweier Täler, die sich hier zum Hauptkamms der Süd- oder Hochvogesen. Fecht- oder Munstertal vereinen. Die das Die Vogesen sind nicht nur geographisch, Tal durchfließende Fecht strebt dem etwa sondern auch geologisch ein Schwester- 20 km östlich von Munster gelegenen Col- gebirge des auf deutscher Seite gelegenen mar zu. Historisch ist die Stadt geprägt durch Schwarzwalds, Exkursionsgebiet der Jahres- die schicksalhafte Lage im Gebiet zwischen tagung 1981. Durch tektonisch bedingte An- Rhein und Vogesen, über Jahrhunderte pom- hebung als einheitliches Gebirgsmassiv ent- me de discorde, Zankapfel, zwischen Frank- standen, wurden die beiden Gebirgszüge erst reich und Deutschland, wobei der Vogesen- durch die Absenkung des Oberrheingrabens hauptkamm die alte Sprachgrenze bildet. im Tertiär vor rund 45 Mio. Jahren voneinan- Die Stadt schloss sich im 16. Jahrhundert der der getrennt. Typisch für die Südvogesen sind Reformation an, die aus dem 7. Jahrhundert die gerundeten Bergkuppen aus Granit („Bal- stammende, namengebende Benediktiner- lons“) mit zahlreichen Karseen, die die Glet- Abtei (lat. monasterium) wurde jedoch erst scher zurückgelassen haben, als sie nach der im Zuge der Französischen Revolution auf- letzten Eiszeit abschmolzen (z. B. Lac Blanc, gelöst. Lac des Truites oder Lac de Schiessrothried). Seite 13 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen

Oberhalb etwa 1250 m sind die Gipfel der Jean-Jacques Pfeffer geboten, der anhand Hochvogesen natürlich waldfrei, wobei die von Lichtbildern eindrucksvoll die Biotop- waldfreien Bereiche z. T. durch Beweidung veränderung durch Aufforstung veranschau- vergrößert wurden. Die Waldgrenze bilden in lichen konnte. der Regel Buchen, die infolge der im Kamm- Dr. Yves Muller, Entdecker des Sperlings- bereich herrschenden Windgeschwindigkei- kauzvorkommens in den Nordvogesen, refe- ten allerdings sehr kleinwüchsig sind. rierte über Brutbiologie und Populationsdy- Die schon traditionelle Tagesexkursion mit namik von Sperlings- und Raufußkauz und dem Bus ging unter ortskundiger Führung in wies auf die Verbindungen zwischen „sei- das ornithologisch hochinteressante Kaiser- ner“ Population des Sperlingskauzes und der stuhlgebiet auf der rechten, deutschen Rhein- des nördlich gelegenen Pfälzer Waldes in seite. Deutschland hin. Die Tagung wurde in Zusammenarbeit mit Johannes Denkinger schilderte seine nach- der Ligue pour la Protection des Oiseaux gerade detektivische Suche nach dem (LPO) ausgerichtet, die seit dem Jahr Weißrückenspecht im Schweizer Jura, wo- 2006 an einem Atlasprojekt für das Elsass bei insbesondere seine Lichtbilder von den und Lothringen arbeitet und dankbar ist für Spechtspuren an Bäumen kontrovers disku- alle Beobachtungsdaten aus den sonst we- tiert wurden. niger begangenen Hoch-Vogesen. Das Pro- Auf gewohnt lockere und unterhaltsame Wei- jekt, das ursprünglich nur die Jahre bis 2010 se erzählte schließlich Hartmut Meyer von ei- umfassen sollte, dauert für einige Vogelarten ner Reise der sächsischen Ornithologen nach noch an (Vorabauszüge unter http://www. Guatemala – garniert mit beeindruckenden odonat-alsace.org/atlas-cartes-oiseaux-ni- Fotos – aufgenommen im Digiscopy-Verfah- cheurs-alsace.php). ren unter den alles andere als einfach zu be- wältigenden Urwaldbedingungen. Dank Die Tagung wurde von Bruno Carrara, Ursi Exkursionen Bravo und Hubert Holland geplant und ge- Das Tagungsgebiet kann mit zahlreichen in- leitet. Größtem Dank sind sie Herrn Dr. Yves teressanten Exkursionsmöglichkeiten auf- Muller, dem Vorsitzenden der LPO Alsace, warten. Einige davon werden nachfolgend verpflichtet, einem ebenso ornithologisch beschrieben und für die im Anschluss abge- kompetenten wie hilfsbereiten Ratgeber in druckte Artenliste beziffert. allen Tagungslagen. Er gab wertvolle Hin- weise für Exkursionsziele und vermittelte 1. Stadtgebiet Munster und Umgebung den Kontakt zu den Referenten. Exkursionen Wie einleitend bereits erwähnt, prägt der leiteten vor Ort die Herren Wioland und Rit- Weißstorch mit seinen Nestern das Bild der ter. Weiter danken wir Herrn Christian Stan- Stadt Munster. Bedeutsam für das übrige Vo- ge aus Freiburg/Breisgau, der die Exkursion gelvorkommen sind die Lage an der Fecht ins Kaiserstuhlgebiet geführt hat. und die umgebenden Bergmischwälder, die von 380 m NN (Bahnhof Munster) rasch bis Vorträge auf über 800 m ansteigen. Die nächsten Gip- Einen äußerst interessanten Vortrag über fel sind im Süden der Petit Ballon (1272 m) in die Avifauna des Tagungsgebiets bekamen 6 km und im Westen das Hohneck (1363 m) wir von dem lokalen Raufußhuhn-Experten in 8 km Entfernung. monticola Nummer 104/2011 Seite 14

für die dort regelmäßig rastenden Mornell- regenpfeifer, oder hinunter nach Osten zum Kleinen Hohneck (1289 m) will. In keinem Fall zu übersehen bzw. überhören sind da- bei jedenfalls die zahlreichen Pieper. In der Mehrzahl sind es hier Wiesenpieper, doch waren auch einzelne Bergpieper darunter. Im Bereich der Waldgrenze kommt der Baum- pieper hinzu. Wer es etwas sportlicher haben möchte, lässt das Auto am Col de la Schlucht stehen und begeht den etwas unterhalb des Kamms ent- Abb. 1: Munster – Stadt der Störche. Bild: H. Bohr langführenden, am Hohneck endenden Sen- tier des Roches (Alpenbraunelle), der stre- 2. Col de la Schlucht und Hohneck (Sentier ckenweise einen richtiggehend alpinen des Roches) Eindruck vermittelt. Für die Schulklasse aus Die D 417, die mit dem Wintersport- den Niederlanden war er möglicherweise so- ort Gérardmer auf der anderen Vogesensei- gar hochalpin... te verbindet, beginnt gleich hinter Muns- In einem Kar, eingerahmt von Kastelberg, ter stark anzusteigen und windet sich dann Hohneck und Kleinem Hohneck, liegt auf in langezogenen Serpentinen bis hinauf zur einer Höhe von 930 m der Lac de Schiess- Passhöhe, dem Col de la Schlucht (1139 m). rothried (Flussuferläufer). Biegt man, oben angekommen, nach Sü- den ab und folgt der sogenannten Route des 3. Hautes Chaumes und Lac Blanc Crêtes, gelangt man schon nach wenigen Ki- Wer vom Col de la Schlucht der Routes lometern zu der Abzweigung hinauf zum des Crêtes nicht nach Süden, sondern nach Gipfel des Hohneck, mit 1363 m der höchs- Norden folgt, fährt an den Hautes Chau- te Punkt des Vogesenkamms. Wer von hier mes entlang, einer Art Heidelandschaft mit aus zu Fuß weitergehen will, muß sich ent- niederem Strauchbewuchs und vereinzel- scheiden, ob er weiter nach Süden zum Kast- ten Bäumen, ideale Bedingungen also für elberg (1350 m), unter Ornithologen bekannt Baum- und Wiesenpieper, aber nicht nur für

Abb. 2: Vom Hohneck zum Kastelberg – im Vorder- Abb. 3: Am Taubenklangfelsen (Gazon du Faing). grund das Wormspel-Kar. Bild: N. Schöndorf Bild: N. Schöndorf Seite 15 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen diese. Wir selbst ließen die Autos am Gast- hof Gazon du Faing stehen und sind dann über den Taubenklangfelsen (Zippammer, Steinrötel, Steinadler überfl.) nach Norden (Zitronengirlitz) zum Lac Blanc (Wander- falke) gewandert.

4. Östliche Vorberge der Vogesen (Mont de Sigolsheim und Schlossberg bei Westhalten)

Abb. 5: Im Regen am Kaiserstuhl. Bild: H. Holland

– 1000 m). Alter Buchenwald (Hohltaube) wurde hier ebenso durchwandert wie Hei- den, die auch heute noch durch Beweidung offengehalten werden (Neuntöter).

6. Kaiserstuhl und Hirtzfelden im Rheintal Abb. 4: Blick hinunter ins Tal der Fecht. Der Kaiserstuhl, Überbleibsel eines tertiä- Bild: N. Schöndorf ren Vulkans und heute weitgehend von einer quartären Lössschicht bedeckt, liegt in der Im Gegensatz zu den bewaldeten Höhen der wärmsten Region Deutschlands und ebenso inneren Vogesen sind die Vorberge hin zum wie die unter 4. genannten Vorberge im Re- Rheintal ausgesprochen trocken und entspre- genschatten der Vogesen. Die größte Nord- chend andersartig ist die Vegetation. Kalki- Süd-Ausdehnung beträgt 15 km, die größte gen Untergrund weist etwa der 402 m hohe Ost-West-Ausdehnung 12,5 km. Der höchs- Mont de Sigolsheim nordwestlich von Col- te Punkt liegt bei 550 m, die mittlere Nie- mar auf (Wiedehopf). Weinbau wechselt sich derschlagsmenge beträgt zwischen 600 bis hier ab mit Niederwäldern (Flaum- und Trau- 700 mm. Aufgrund der geologischen und kli- beneiche, Edelkastanie). Auf den zum Teil verbuschten Wiesen wachsen seltene Arten wie Sichelblättriges Hasenohr, Kleine Wie- senraute, Büschel-Glockenblume, Aufrech- ter Ziest und Wilde Engelwurz. Daneben haben wir den Schlossberg (302 m) bei West- halten östlich von Rouffach besucht (Wiede- hopf, Zaunammer).

5. Boenlesgrab am Fuße des Petit Ballon Sehr abwechslungsreich war die von Guy Ritter geführte Exkursion unterhalb des Pe- tit Ballon um das sog. Boenlesgrab (900 m Abb. 6: Vom Hohneck nach Westen. Bild: H. Holland monticola Nummer 104/2011 Seite 16 matologischen Bedingungen ist der Kaiser- Während der Tagung wurde die Art am stuhl mit über 30 Arten einer der Orte Eu- 13.05. im Bereich Gazon du Faing/Lac des ropas mit der größten Orchideenvielfalt. Truites von mehreren Beobachtern gesehen. Ornithologisch bekannt ist er für das beacht- Es ist denkbar, dass es sich hierbei um das- liche Vorkommen des Bienenfressers sowie selbe Individuum gehandelt hat. das national bedeutende Restvorkommen des Wiedehopfs. Unser Besuch war leider beein- Triel trächtigt durch die zum Teil sintflutartigen Anders als die gegenüberliegende deutsche Regenfälle, dennoch gelangen sehr schöne Seite der Rheinebene, wo er höchstwahr- Beobachtungen. scheinlich ausgestorben ist, beherbergt das Auf dem Weg zwischen Munster und dem Elsass eine stabile Population des Triels, der Kaiserstuhl, aber noch auf französischer Sei- zwischen Sélestat und noch mit ge- te, liegt das Örtchen Hirtzfelden, das uns mit schätzten 80 bis 90 Paaren brütet (Sané 2004). seinem bekannten Triel-Vorkommen gelockt An maßgeblichen Unterschieden zur deut- hat. schen Rheinseite werden diskutiert: Nieder- schlagsmengen, Steinigkeitsgrad der Felder, Agrarstruktur (Parzellengröße, Feldwege- Ausgewählte Vogelarten netz) und die Art und Inten si tät der landwirt- schaftlichen Nutzung (Hölzinger et al. 2001). Steinadler Wir haben den Triel am 16.05. in einer Kies- Der Steinadler brütet nicht im Exkursionsge- grube bei Hirtzfelden gesucht und 2 Ex. in biet, kann aber auf seinen Streifzügen, die er dem danebenliegenden Maisacker gefunden von den nicht zu fernen Alpen aus nach Nor- (B. Carrara, U. Bravo, A. Lüscher, R. Surber, den unternimmt, gelegentlich auch in den I. und W. Ott, H. und A. Denoth). Das glei- Vogesen beobachtet werden. che Paar wurde am 17.05. auf der Heimreise Während der Tagung gelangen gleich meh- noch von anderen Tagungsteilnehmern gese- rere Beobachtungen. So wurde bereits am hen (C. Lunczer, H. Pelchen) 13.05.2009 1 Ad. im Bereich der Hautes Bemerkenswert ist in diesem Zusammen- Chaumes gesichtet (M. Eggenschwiler, F. hang der Bericht von H. Pelchen über gro- Niederwolfsgruber), am 14.05. dann 1 Ad. ße Ansammlungen dieser Art in der elsässi- und 1 Immat. im Bereich des südöstlich von schen Rheinebene aus dem Herbst der Jahre Munster gelegenen Dumbuhlkopfes (B. Car- 2002 bis 2005: rara, M. Eggenschwiler, A. Lüscher u. a.). „Aus diesem Anlass soll hier noch nachträg- Das am gleichen Tag vom Hohneck aus be- lich von drei solcher Ansammlungen jeweils obachtete immat. Ex. (K. Gugg, E. und P. um den 3. Oktober berichtet werden, für die Güntert) war möglicherweise mit dem vorer- damals von unserem Freund Dr. Hartmut wähnten identisch. Ebenhöh Hinweise eingeholt worden wa- ren: 2002 auf abgeernteten Kartoffelfeldern Wanderfalke zwischen Maisfeldern westlich von Nieder- Für das Elsass wird der Bestand nach der Er- hergheim insgesamt 28 Vögel, darunter min- hebung in den Jahren 1999 – 2002 mit 40 bis destens drei juvenile; 2003 bei der Kapelle 50 Brutpaaren angegeben, wobei die Voge- westlich von Niederentzen insgesamt 37 Vö- sen einen Verbreitungsschwer punkt bilden gel, einer sitzend in 50 Meter Nähe; 2005 (Dronneau 2007). wieder westlich von Niederhergheim auf Seite 17 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen einem gepflügten Acker 51, in einem nahen am östlichen Rand der Vogesen. Im Bereich Stoppelfeld 6 und nachmittags im Stoppel- des Kaiserstuhls befindet sich ein bedeuten- feld bei Bilzheim noch 4, also insgesamt 61 der Rest des deutschen Vorkommens. Der Vögel, davon schätzungsweise 10 % juveni- Brutbestand betrug dort im Jahr 2006 dank le. Es gelingt allerdings auch im Fernrohr umfangreicher Schutzmaßnahmen (z. B. ver- kaum, aus 300 Meter Entfernung exakt Alt- ringerter Pestizideinsatz, künstliche Nisthöh- und Jungvögel zu unterscheiden.“ len) wieder etwa 70 Brutpaare (Brandt et al. Es handelt sich hierbei um einen bekannten 2008). Sammelplatz im Bereich der Hardt, wo sich Wir hörten ihn auf einem Zwischenstopp z. B. schon Ende August 2005 80 Triele auf- während der Anreise am 10.05. auf dem gehalten haben (Dronneau 2007). Mont de Sigolsheim (N. Schöndorf und H. Holland) und sahen 1 bzw. 2 fliegend am Flussuferläufer 16.05. am Schlossberg (B. Carrara; A. Lü- Für den Flussuferläufer scheint im Elsass scher). Am 15.05. führte uns Christian Stan- seit einigen Jahren kein Brutnachweis mehr ge zwischen Leiselheim und Bischoffingen gelungen zu sein (Dronneau 2007). (Kaiserstuhl) zur Bruthöhle und es gelang Während der Tagung wurden 2 Flussuferläu- eine Sichtbeobachtung (A. Bossert). fer am Lac de Schiessrothried auf 930 m be- obachtet (H. Bohr und H. Holland). Es muss Bienenfresser davon ausgegangen werden, dass es sich hier- Jedenfalls seit den 1990er Jahren hat der Bie- bei um rastende Individuen gehandelt hat. nenfresser auch den Bereich des Kaiserstuhls wieder besiedelt. Wichtig hierfür sind trocke- Steinkauz ne und warme Monate Mai bis Juli (mittlere Im Gebiet des Kaiserstuhls brütet der Stein- Lufttemperaturen von mindesten 14° C und kauz mittlerweile mit 55 bis 60 Paaren. Im mittlere Niederschlagssummen von höchs- südlichen Elsass konnten im Jahr 2008 36 tens 300 mm). Bis 1996 wuchs der Bestand Brutpaare festgestellt werden. Dank der auf über 50 Brutpaare an (Rupp et al. 1996), Schutzbemühungen vor allem in Form von im Jahr 2005 waren es ca. 150, im Jahr 2006 mardersicheren Nisthöhlen – so brüten etwa dann wieder nur etwa 100 Brutpaare (Brandt im südlichen Elsass 72 % der Paare in sol- et al. 2008). chen Nisthilfen – konnten in den Jahren seit Dank der Führung von Christian Stange sa- 2003 die Bestände auf beiden Seiten des hen wir am 15.05. im Rahmen der Kaiser- Rheins stabilisiert, zum Teil sogar ausge- stuhlexkursion trotz strömenden Regens baut werden (http://www.birdlife.ch/d/pro- mindesten 6 Exemplare. jekte_ch_arten_steink.html). Wir hatten anlässlich der Kaiserstuhl-Exkur- Bergpieper sion am 15.05. die Möglichkeit, einen auf Der Bergpieper brütet im Bereich der Voge- einem Holzstoß sitzenden Steinkauz einge- sen mit 30 bis 40 Paaren, allein etwa 10 da- hend vom Bus aus zu beobachten und zu fo- von im Bereich des Hohnecks (Dronneau tografieren. 2007). Wir hatten auf mehreren Exkursionen Sicht- Wiedehopf beobachtungen, so 1 nahrungssuchend am Der Wiedehopf ist noch regelmäßiger Brut- 11.05. Hohneck (H. Holland), 1 singend am vogel der trockenen Hänge im Regenschatten 13.05. auf dem Gazon du Faing und 1 eben- monticola Nummer 104/2011 Seite 18 falls singend am 14.05. am Hohneck (jew. Steinrötel M. Eggenschwiler). Für den Steinrötel liegt lediglich aus dem Jahr 1991 ein gesicherter Brutnachweis für Alpenbraunelle das Gebiet vor. Sichtbeobachtungen aus jün- Die Alpenbraunelle wird zwar regelmäßig gerer Zeit fallen in die Jahre 1982, 1986, im Bereich des Hohnecks und den angren- 1987, 1991, 1993, 2004 und 2005 (Dronneau zenden Talkesseln auch zur Brutzeit gese- 2007). hen, Brutnachweise sind aber schwierig zu Während der Tagung gelang die Beobach- erbringen. Eine Ausnahme bildet aus jünge- tung von einem Paar am 13.05. unterhalb des rer Zeit ein Paar mit einem gerade flüggen Taubenklangfelsens/Gazon du Faing (E. und Jungvogel am 29.06.1999 im Hohneck-Mas- P. Güntert). Einmal ertönte dabei auch der sif (Dronneau 2007). Bereits am 12.07.1997 Gesang des Männchens. Soweit erkennbar war am Hohneck ein Nest mit 3 Eiern ent- (ornithologische yahoogroup „obsalsace“) deckt worden, das aber am 09.08.1997 auf- handelt es sich um die einzige Steinrötel-Be- gegeben war. Es handelt sich hierbei erst um obachtung zwischen 2005 und heute. den zweiten Brutnachweis für das Gebiet. Der erste gesicherte Nachweis stammt aus Ringdrossel dem Jahr 1979 (Dronneau 2003). Das regelmäßige Brutgebiet der Ringdrossel Auch während der Tagung wurden Alpen- in den Vogesen ist auf die höchsten Berei- braunellen gesehen: 2 sich verfolgende am che beschränkt (Hautes Chaumes mit 1250 14.05. südlich des Hohnecks im Wormspel- im Norden bis Grand Ballon mit 1424 m im Talkessel (M. Eggenschwiler) und 1 am glei- Süden). chen Tag nördlich des Hohnecks unterhalb Während der Tagung wurde die Ringdrossel der Martinswand (J. Denkinger, H. Meyer, am 13.05. von mehreren Teilnehmern im Be- M. Köppe, P. Rittmann, R. Strohmeier und reich des Gazon du Faing/Hautes Chaumes H. Holland). (K. Gugg, P. Rittmann), des Hohneck und am 14.05. am Col de la Schlucht (B. Carrara, U. Steinschmätzer Bravo, L. und P. Albert, M. Eggenschwiler) Die Hochvogesen beherbergen eine stabile gehört. Steinschmätzerpopulation von 6 bis 9 Paa- ren. Im Jahr 2005 brüteten 5 – 6 Paare im Zitronengirlitz Bereich des Hohnecks und jeweils 1 Paar auf Als Ursachen für den starken Rückgang des dem Kastelberg und dem Rothenbachkopf. Zitronengirlitzes in den vergangenen Jah- Hinzu kam ein weiteres mögliches Brutpaar ren, der die Population des Schwarzwaldes auf dem Gazon du Faing (Dronneau 2007). ebenso betrifft wie die der Vogesen, werden Folgende Beobachtungen gelangen während für die deutsche Seite u.a. ein Habitatverlust der Tagung: 10.05.: 5 (3 + 2) in Hirtzfel- infolge einer veränderten landwirtschaftli- den (B. Carrara, U. Bravo, N. Schöndorf, H. chen Nutzung der Bergweiden, Klimaver- Holland); 11.05.: 1,1 am Hohneck (B. Carra- schiebungen aber auch ein nachlassender ra, U. Bravo, H. Holland); 13.05.: 2 Ex. am Besiedlungs druck aus den vormals starken Taubenklangfelsen/Gazon du Faing; 14.05: inneralpinen Vorkommen diskutiert. Be- 1 M am Hohneck (M. Eggenschwiler), 1 W fürchtet wird ein vollständiges Erlöschen am Taubenklangfelsen/Gazon du Faing (C. dieser Populationen schon im nächsten Jahr- Gasser). zehnt (Förschler et al. 2010). In den Voge- Seite 19 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen sen beträgt der Rückgang, der hier schon ab Zippammer Mitte der 1980er-Jahre spürbar geworden Der Bestand der Zippammer wird in den ist, „99 %“ (J.-J. Pfeffer 2006 unter http:// Vogesen auf etwa 575 Brutpaare geschätzt, fr.groups.yahoo.com/group/obsalsace/mes- davon 500 Paare auf Aufforstungsflächen, sage/8830). Noch in den 1970er-Jahren wa- 50 Paare auf Brachwiesen und 25 Paare im ren spätsommerliche Trupps von 100 bis 200 Bereich der felsigen Abbrüche entlang des Vögel im Bereich der Weiden vor allem der Vogesenhauptkamms (Pfeffer et al. 2002; mittleren Höhenlagen offenbar keine Selten- Dronneau 2007). Es werden dabei nicht nur heit. Als weitere mögliche Ursachen für den milde, trockene Bedingungen, sondern auch dramatischen Bestandsrückgang werden hier raue, feuchte Gebiete akzeptiert. Angesichts die sehr harten Winter 1984/85 und 1985/86 der Verschiedenartigkeit dieser Biotope, die sowie das „Waldsterben“ erwogen (J.-J. Pfef- sich auch in anderen Regionen des Verbrei- fer 2010 unter http://fr.groups.yahoo.com/ tungsgebiets feststellen lässt und die jeden- group/obsalsace/message/17302). falls zum Teil auch mit einem unterschied- Während der Tagung gelang am 13.05. auf lichen Zugverhalten zu korrelieren scheint, dem Gazon du Faing eine Beobachtung von wird in diesem Zusammenhang sogar über zwei flugrufenden Zitronengirlitzen (H. Hol- eine unterschiedliche genetische Disposi- land), einer sang am selben Tag im gleichen tion der Populationen nachgedacht (Schu- Bereich (M. Eggenschwiler). phan 2011). Uns gelang am 13.05. am Taubenklangfel- Zaunammer sen/Gazon du Faing die Beobachtung von Die Zaunammer bevorzugt sonnenexponierte zwei Zippammern, von denen eine sang (M. Hänge mit eingestreuten alten Obstbäumen, Eggenschwiler, H. Holland u. a.). Am glei- Sträuchern und Gebüschgruppen, z. B. in ex- chen Tag wurde eine weitere Zippammer un- tensiv bewirtschafteten Weinbergen (Hölzin- terhalb der Passstraße zum Col de la Schlucht ger 1997). Im Elsass brütet die Zaunammer etwa 400 m vor der Passhöhe gesehen (U. in einem schmalen Band am Fuß der Voge- Bravo, H. Holland). sen zwischen Wasselonne-Hohengoeft im Norden bis Guebwiller-Rouffach im Süden Zusammenfassung sowie südlich von Mulhouse in der Vorberg- Die 45. Jahrestagung wurde in Munster am zone (Bergmann et al. 2003). Das Brutvor- Fuße der Vogesen ausgetragen. Dieses el- kommen zieht sich dann das Rheintal hinun- sässische Städtchen liegt auf knapp 400 m ter bis zu den Vorbergen des Pfälzer Waldes NN, die Gipfel der sog. Hochvogesen mit in Deutschland (Haardtrand im Landkreis bis zu 1424 m (Großer Belchen) sind von Südliche Weinstraße). hier aus jedoch schnell zu erreichen. Mit Während der Tagung wurde am 16.05. eine durchschnittlich 45 Teilnehmern war es eine singende Zaunammer am Schlossberg bei eher kleine Tagung. Diejenigen jedoch, die Westhalten in typischem Bioptop gesehen und gekommen waren, trugen am Ende eine Lis- gehört (B. Carrara, U. Bravo, A. Lüscher, R. te von über 100 Arten zusammen, darunter Surber, I. u. W. Ott, H. u. A. Denoth). Unge- „Hochgebirgsarten“ wie Steinadler, Stein- wöhnlich ist dagegen die Beobachtung einer rötel und Alpenbraunelle. Die Exkursionen singenden Zaunammer aus der unmittelbaren führten in die nähere Umgebung von Muns- Umgebung von Munster im Bereich des Dum- ter, an und auf die Gipfel der Hochvoge- buhlkopfes am 14.05. (M. Eggenschwiler). sen, die östlichen Vorberge sowie, mit dem monticola Nummer 104/2011 Seite 20

Bus, in das auch ornithologisch sehr attrak- verbreitung und Bestand der Zaunammer tive Gebiet des Kaiserstuhls auf deutscher (Emberiza cirlus) in Südbaden. Natur- Seite. schutz südl. Oberrhein 4: 1 – 10. Brandt T., Jülch C., Wasmer K. (2008): Der Résumé Kaiserstuhl in Baden-Württemberg: Vo- Le groupe de travail s‘est réuni en 2009 gelleben auf einem erloschenen Vulkan. pour son assemblée annuelle à Munster dans Falke 55: 125 – 128. les Vosges. Cette ville alsacienne est située Dronneau C. (2003): Notes d‘ornithologie à 400 m seulement mais les sommets des alsacienne n° 4: de novembre 1997 à oc- Hautes-Vosges (jusqu‘à 1424 m le Grand tobre 2001. Ciconia 27: 1 – 28. Ballon) sont juste à côté. Avec 45 partici- Dronneau C. (2007): Notes d‘ornithologie pants l‘assemblée était plutôt petite mais à alsacienne n° 5: de novembre 2001 à oc- la fin on avait amassé plus de 100 espèces tobre 2005. Ciconia 31: 49 – 82. d‘oiseaux dont plusieurs „espèces de la hau- Förschler M. I., Dorka U. (2010): Citril finch te montagne“ comme l‘Aigle royal, le Monti- (Carduelis citrinella) faces extinction at cole de roche et l‘Accenteur alpin. On a ob- the northern edge of its distribution. Alau- servé aux environs de Munster, le long de la da 78: 130 – 136. route des crêtes, dans les contreforts de l‘est Hölzinger J. (1997): Die Vögel Baden-Würt- des Vosges et en Allemagne dans la région tembergs: Bd. 3.2 Singvögel 2. Ulmer du Kaiserstuhl. Verlag, Stuttgart. Hölzinger J., Boschert M. (2001): Die Vö- Abstract gel Baden-Württembergs: Bd. 2.2 Nicht- In 2009 the working group met in Munster/ Singvögel 2. Ulmer Verlag, Stuttgart. Vosges for its annual conference. This Alsa- Pfeffer J.-J., Gilot F. (2002): Statut du Bruant tian village is located at 400 m above sea fou (Emberiza cia) dans les Vosges Haut- level only but the summits of the so-called Rhinoises. Ciconia 26: 65 – 74. High-Vosges (up to 1424 m the Grand Bal- Rupp J., Saumer F. (1996): Die Wiederbe- lon) are nearby. With 45 participants the siedlung des Kaiserstuhls durch den Bie- conference was rather small but more than nenfresser (Merops apiaster). Naturschutz 100 species could be counted as identified südl. Oberrhein 1: 83 – 92. at the end, among them such „high moun- Sané F. (2004): L‘Oedicnème criard (Bur- tain species“ as Golden Eagle, Rock Thru- hinus oedicnemus) en Alsace: effectif en sh or Alpine Accentor. We watched in and 2004. Ciconia 28: 25 – 34. around Munster, along the Summits of the Schuphan I. (2011): Habitat-Strukturen und Vosges, between the eastern outliers of the populationsdynamische Parameter einer Vosges and in Germany in the Kaiserstuhl Population der Zippammer (Emberiza region. cia): Nutzbare Basisdaten für zukünftige Zippammer-Managementpläne. Vogelwar- Literatur te 49: 65 – 74. Bauer H.-G., Bezzel E., Fiedler W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuro- Hubert Holland pas. Aula Verlag, Wiebelsheim. Karl-Christ-Straße 30 Bergmann F., von Eisengrein W., Gabler E., 69118 Heidelberg Hüttl J., Schneider F. (2003): Brutzeit- E-Mail: [email protected] Seite 21 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen

Artenliste achtungen siehe oben im Abschnitt „Ausge- Die Artenliste folgt dem „Kompendium der wählte Vogelarten“. Vögel Mitteleuropas (Bauer et al. 2005), 1 = Stadtgebiet Munster und Umgebung wiedergegeben auch in monticola 10: 23 – 2 = Col de la Schlucht und Hohneck ein- 39. Die Nummern entsprechen den eingangs schließlich Lac de Schiessrothried beschriebenen Exkursionen. Es fehlen Da- 3 = Gazon du Faing/Hautes Chaumes und tumsangaben, da die einzelnen Exkursionen Lac Blanc von unterschiedlichen Beobachtern an un- 4 = Östliche Vorberge der Vogesen terschiedlichen Tagen durchgeführt wurden. 5 = Boenlesgrab Zu genaueren Angaben von wichtigen Beob- 6 = Kaiserstuhl und Hirtzfelden

Exk. 1 Exk. 2 Exk. 3 Exk. 4 Exk. 5 Exk. 6 Stockente Reiherente Jagdfasan Haubentaucher Kormoran Graureiher Weißstorch Wespenbussard Steinadler Sperber Rotmilan Schwarzmilan Mäusebussard Baumfalke Wanderfalke Turmfalke Blässhuhn Triel Kiebitz Flussuferläufer Mittelmeermöwe Straßen-/Haustaube Hohltaube Ringeltaube Türkentaube Kuckuck Steinkautz Mauersegler Bienenfresser Wiedehopf monticola Nummer 104/2011 Seite 22

Exk. 1 Exk. 2 Exk. 3 Exk. 4 Exk. 5 Exk. 6 Wendehals Grünspecht Schwarzspecht Buntspecht Kleinspecht Pirol Neuntöter Elster Eichelhäher Tannenhäher Dohle Saatkrähe Rabenkrähe Kolkrabe Blaumeise Kohlmeise Haubenmeise Tannenmeise Sumpfmeise Weidenmeise Heidelerche Feldlerche Uferschwalbe Rauchschwalbe Mehlschwalbe Schwanzmeise Waldlaubsänger Fitis Zilpzalp Teichrohrsänger Mönchsgrasmücke Gartengrasmücke Dorngrasmücke Wintergoldhähnchen Sommergoldhähnchen Kleiber Waldbaumläufer Gartenbaumläufer Zaunkönig Star Wasseramsel Misteldrossel Seite 23 Steinadler, Steinrötel und Alpenbraunellen in den Vogesen

Exk. 1 Exk. 2 Exk. 3 Exk. 4 Exk. 5 Exk. 6 Ringdrossel Amsel Wacholderdrossel Singdrossel Grauschnäpper Steinrötel Braunkehlchen Schwarzkehlchen Rotkehlchen Nachtigall Hausrotschwanz Gartenrotschwanz Steinschmätzer Alpenbraunelle Heckenbraunelle Haussperling Feldsperling Baumpieper Wiesenpieper Bergpieper Gebirgsstelze Bachstelze Buchfink Gimpel Girlitz Grünfink Stieglitz Zitronengirlitz Bluthänfling Grauammer Goldammer Zaunammer Zippammer