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DAS KREUZ MIT DEN SPORTWETTEN – KÖNIG FUSSBALL WIRD ZUM UNTERTAN

ST. GALLEN GABET CHAPUISAT FCB UND KULTUR Taktik entschlüsselt Nicht nur Enfant terrible Burgeners Vision Es brauchte einiges, bis Pascal Schürpfs ­Karriere in Gang kam. Im Interview spricht der Publikums­liebling des FC Luzern über ­mangelndes Futter für den Kopf, Trainingsstreiks und sein geliebtes Image als «Stürchli». «Ich habe lange nicht wie ein Profi gelebt» Interview MÄMÄ SYKORA @maemae_sykora und DAVID MUGGLIN @davidmugglin Bilder JAKOB INEICHEN www.jakobineichen.ch PASCAL SCHÜRPF

Fangesänge für einzelne Spieler gibt es musste ich schon lesen, und ich sei ein gespielt, doch ausgerechnet da verletzte ich hat gewirkt. Nicht zum Fussball gehen zu Angriff nehmen. Aber da gab es ein Pro­ Und wie sieht eine Aufstiegsfeier im kaum noch. Du bist eine Ausnahme, für «Stürchli». Ich finde das so geil, wenn ich mich. Ich bin aber ehrlich genug, zu ­sagen, ­können, wäre das Schlimmste für mich blem: Die Aufnahmeprüfungen fielen Ländle aus? dich singen die Luzerner. Was bedeutet so etwas höre! (lacht) Stell dir vor, dieser dass es damals einfach nicht ­gereicht ­gewesen. Matura und Fussball unter einen ­immer auf den gleichen Termin wie die Wir wurden mit dem Touristenbähnli vom dir das? «Stürchli» macht noch ein Tor! Es gibt doch hat, die Konkurrenz war natürlich auch Hut zu bringen, ist wirklich nicht einfach, erste Europa­cup-Qualifikationsrunde, wo Stadion ins Zentrum gekarrt. Man kann Es hat mich selber überrascht. Ich kam ge­ nichts Schlimmeres! sehr stark. dafür muss man sehr, sehr viel investieren. ­Vaduz stets dabei war. Ich habe angerufen, nicht sagen, dass die Strasse dicht gesäumt rade von einer Verletzung zurück und aber die Uni Basel zeigte sich nicht ­flexibel. war. (schmunzelt) Dann kamen wir in ein hatte in den ersten Spielen getroffen, und Woher kommt dann dieses Ist es ratsam, sich als angehender Profi Wie sah das bei dir aus? Zudem wurde mir klargemacht, dass es Festzelt, da gab es eine Bühne und viel­ plötzlich singen die Fans dieses Lied. Und «Stürchli»-Attribut? im Hinblick auf die spätere Karriere Ich war in einer Sportklasse. Es gab Tage, da Pflichtstunden gebe, das war nicht mit dem leicht 100 Leute. Es war im kleinen, aber das für mich als Basler! Das hat mich sehr Der moderne Flügel sollte halt ein Wirbel­ nicht zu sehr als Fan einer Mannschaft ging ich am Morgen in die Schule, dann ins Profi­betrieb zu vereinbaren. Das finde ich herzlichen Rahmen. ­gefreut. Es ist offenbar auch sehr ver­breitet: wind sein, das ist mir klar. Aber es ist ja zu outen? Training, nach dem Mittagessen wieder in schade. Ich hätte gerne neben dem Sport Kürzlich war ich in Luzern brunchen,­ nicht so, dass ich nicht auch technisch be­ Heute gibt es so viele Wechsel, dass die die Schule und nochmals ins Training. Und noch etwas für den Kopf gemacht. Zuvor hast du mit dem FC Lugano die da sang hinter mir ein kleiner Bub: «Pasci, schlagen wäre, sogar beidfüssig. Bei mir Wurzeln nicht mehr so eine Rolle spielen. am Abend musste ich für eine Prüfung am irrwitzigste Challenge-League-Saison Pasci Schürpf …» Das war mega herzig. sieht es vielleicht manchmal komisch aus, Ich verschweige hier in Luzern auch nicht, kommenden Tag lernen. Bei diesem enor­ Deine ersten Schritte im Profifussball ­aller Zeiten erlebt. Jetzt weiss ich, was ich zu tun habe: Ich da kann der Fan auf der Tribüne durchaus dass ich zu Basel eine besondere Bezie­ men Aufwand ist es verständlich, dass sich machtest du bei Concordia Basel. Im O ja! Wir haben die ersten neun Spiele der muss Tore schiessen, sonst singen sie nicht den Eindruck bekommen, dass es mir an hung habe. Wichtig ist, dass man mit dem manche entscheiden, mehr auf den Fuss­ Gegen­satz zu den Jahren danach ­hattest Rückrunde gewonnen, waren zehn Runden mehr. (lacht) Technik fehle. Hier in Luzern kommt mir alten Verein abschliesst. Das dauerte bei ball zu setzen. du dort viele Einsätze, bis der Verein vor Schluss 14 Punkte voraus. Und dann entgegen, dass Werte wie Wille und Kampf mir lange. Mit Vaduz hatte ich oft komische in Konkurs ging. Wäre deine Karriere kam der Knick, es war wie verhext. Wir ver­ Die Fans haben gewisse Erwartungen hochgehalten werden. Und weil man sieht, Spiele gegen den FCB, weil ich mir ­immer ­anders verlaufen, wenn du hättest blei- loren sechs Mal in Serie, unter anderem 0:6 an euch Spieler. Wenn die nicht erfüllt dass ich immer alles gebe, komme ich hier sagte, ich müsse doch jetzt besonders gut ben können? zu Hause gegen Servette. Es war echt kurios. ­werden, verschaffen sie ihrem Ärger Aus- gut an. spielen. Auch das hat mich gehemmt. Es Das habe ich mir noch nie überlegt. Dieses Keiner hat extra Fehler gemacht, da war druck, indem sie euch zum Beispiel mit schwang immer die Hoffnung mit, wieder erste halbe Profijahr war schon sehr prä­ nichts Dubioses dabei, es ging ganz einfach lauwarmem Bier bewerfen, wie beim Von deiner Postur wärst du ja prädesti- zum FCB zurückkehren zu können. Solche «Ich finde das gend, denn zum ersten Mal gab es Reaktio­ überhaupt nichts mehr. Cupspiel in Kreuzlingen letzten Sommer. niert, vorne im Zentrum zu spielen. Überlegungen sind hinderlich. Sobald ich so geil, wenn nen auf meine Leistungen. In der U21 des Muss man das hinnehmen, oder soll man In der Jugend bin ich noch nicht so in die mir diese Hoffnung nicht mehr ein­redete, FCB traf ich fast jedes Wochenende, das rief Danach bei Aarau solltest du eineinhalb sich wehren? Zweikämpfe gegangen, ich bin gerne auf konnte ich freier aufspielen. Das sah man ich als ‹Stürchli› kein grosses Echo hervor. Dann bei Congeli Jahre bleiben. Dazu kam es aber nicht. Fans dürfen sauer sein, sie dürfen auch die Seite ausgewichen. Auch auf dem Flü­ ja auch bei meinen letzten Spielen gegen hörte ich plötzlich auch negative Reaktio­ Da war René Weiler unser Trainer. Ich war pfeifen, wenn wir schlecht spielen. Aber gel gelangen mir im Nachwuchs doch Basel.­ (lacht) bezeichnet­ werde! nen, wenn ich mal einen Ball verloren hatte. nicht zufrieden mit meiner Situation und dass Spieler persönlich beleidigt oder gar ­einige Tore, also kann die Position nicht Stell dir vor, dieser Es hätte mir sicher gutgetan, das eine ganze sah keine Chance auf Einsätze. angegangen werden, das geht gar nicht. so falsch sein. (Anm.: Schürpf erzielte in Wie sind deine Gefühle heute gegenüber ‹Stürchli› macht Saison zu erleben. Das Bier bekam ich mitten ins Gesicht, 80 Spielen 57 Tore für die U21 des FC Basel.) dem FCB? Dabei sagte doch Weiler, du seist sein nachdem ich eine Chance nicht genutzt Wenn Leute zu mir kommen und sagen: noch ein Tor!» Vom FC Basel wurdest du dann immer Wunschspieler? hatte. Im Moment reagierte ich nicht, nach Du hast mal gesagt, du seist zu beein- «Jetzt gehts gegen Basel, denen willst du es wieder ausgeliehen. Wie hast du das Er sagte mir auch, dass er mir Vertrauen dem Spiel wollten die Fans, dass ich für druckt gewesen, als du beim FCB in die sicher zeigen!», dann sage ich nur: «Hört empfunden? schenken würde. Allerdings hielt ­dieses eine Aussprache zu ihnen gehe. Ich wollte erste Mannschaft gekommen bist. doch auf!» Ich hatte so eine schöne Zeit in Die Leihgeschäfte sind natürlich schon Vertrauen nicht sehr lange: Im ersten aber ein Zeichen setzen und habe dann Es ärgert mich immer noch, dass ich da­ Basel, habe vier Meistertitel und drei Cup­ sinnvoll, weil man so zu Einsätzen kommt. Spiel wurde ich nach einer Halbzeit aus­ über Instagram klargestellt, welche Gren­ mals so war. Mit mir kamen auch Shaqiri siege erlebt – auch wenn ich kaum gespielt Gleichzeitig bist du aber auch irgendwie ge­ gewechselt, danach sass ich acht Spiele auf zen es für mich gebe. Damit wollte ich und Granit Xhaka hoch, die waren deutlich habe. Der FCB hat mir den ersten Profi­ Im Alter, wo die Maturaprüfungen fangen, wenn du wieder hörst: «Du gehst der Bank. Durch diese Versprechungen mich auch schützend vor meine Mitspieler frecher als ich. Wenn Alex Frei den Ball ver­ vertrag gegeben, ich bin dem Verein nur ­anstehen, ist man ja bereits an der jetzt ein paar Monate dahin, danach kriegst hatte ich Erwartungen, und diese wurden ­stellen, was sie sehr geschätzt haben. Die langt hat, haben sie geschossen, die liessen dankbar. Die Chance habe ich bekommen, Schwelle zur ersten Mannschaft. du bei uns wieder eine Chance.» nicht erfüllt. meisten Fans ebenso. Beim nächsten Cup­ sich nichts sagen. Wenn Alex mir gerufen ich habe sie nicht genutzt. Ja, das ist eine extrem intensive Phase. Und match gegen Wohlen habe ich dann ein Tor hat, habe ich alles versucht, ihm den Ball es gibt auch Kollisionen. Ich habe ­sogar Manchmal kommts nicht einmal zu Kann man wirklich Erwartungen haben ­gemacht und später mit den Fans ein Bier zuzuspielen. Du hast die Matura gemacht. Damit meine eigene Maturafeier verpasst! Auf ­dieser Chance. Wie bei . im Fussball? getrunken. Seither ist nie mehr so etwas bist du unter Fussballern eine grosse dem Weg mit dem FCB ins Trainings­ Er hat mir direkt gesagt, dass er mich beim Mir wurde jedenfalls sonst nie so konkret vorgefallen. Warum hast du das gemacht? Ausnahme. lager erhielt ich einen Anruf von meinem FCB nicht braucht. Das war das Beste, was etwas versprochen. Vielleicht war ich auch Ich bin aus der Stadt Basel, meine Fami­ Dass es bei mir geklappt hat, verdanke ich Klassen­lehrer, der mir mitteilte, dass ich be­ er machen konnte. In dem Moment war noch zu grün hinter den Ohren, dass ich Welche Kritik nimmst du dir denn zu lie ist FCB-Fan, meine Freunde waren auch meinen Eltern. Ich hatte oft keine standen hatte. Da musste ich gleich meinen es hart, aber es war ehrlich und direkt, so ­alles für bare Münze genommen habe. Da Herzen? FCB-Fans, ich war FCB-Fan. Und plötz­ Lust auf die Schule, suchte Ausreden. Dage­ ersten Apéro für das Team bezahlen. (lacht) habe ich es am liebsten. Also wollte ich musste ich auf die harte Tour lernen, dass Das Schlimmste für mich ist, wenn gesagt lich spielte ich Jungspund in einem Team gen wusste meine Mutter ein einfaches Mit­ ­einfach Spielpraxis sammeln. Bei Lugano, man im Fussball nicht allen Versprechun­ wird: «Der Schürpf gibt nicht alles.» Über mit Chipperfield, Streller und Frei! Das tel. Sie sagte jeweils: «Gut, du musst nicht Hattest du einen Studiumswunsch? Bellin­zona, Vaduz und Aarau spielten wir gen Glauben schenken sollte. Ich bin dann vieles andere kann ich schmunzeln. Ich hat mich anfangs sicher gehemmt. ­Unter in die Schule gehen. Aber dann gehst du Ja, ich wollte Sport studieren. Später, als stets um den Aufstieg, mit Vaduz hat es jedenfalls einfach nicht mehr ins Training sei langsamer als ein Fünftliga-Torhüter, Thorsten Fink habe ich dann aber doch oft am Abend auch nicht ins Training.» Das ich bei Vaduz war, wollte ich das dann in dann endlich geklappt. gegangen.

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Wie kam das an? Trainerwechsel hast du auch einige er- Hat denn ein Captain wirklich Es war jedenfalls keine gute Idee. (schmun- lebt. Mit hat der FCL Verantwortung? zelt) Schliesslich gehörte ich noch dem prompt die ersten vier Spiele der Rück- Klar, über den Münzwurf. (lacht) Im Ernst: FC Basel, und dort hatte man gar keine runde gewonnen. Was läuft da ab in der Man kann damit einen Spieler schon in Freude. Sie hätten wohl meinen Vertrag Mannschaft? eine Rolle wachsen lassen. Bei uns zum Bei­ auflösen können, was sie zum Glück nicht Vielleicht müsste man wirklich alle sechs spiel sind jetzt Marius Müller und ­Lucas gemacht haben, aber ich wurde in die U21 Monate den Trainer wechseln. (lacht) Nein, Alves Assistenzcaptains. Das ist super, dass zurückversetzt. natürlich nicht, aber der Effekt ist nicht man sie so darauf vorbereitet, Teamleader von der Hand zu weisen. Wenn ein neuer zu werden, im Hinblick darauf, dass der­ Wie verlief die zweite Begegnung mit ­Trainer kommt, läuft das Training gleich einst Schwegler und ich nicht mehr ­dabei René Weiler, als er FCL-Trainer wurde? ein bisschen anders, jeder gibt vielleicht sein werden. Bei Alves habe ich das Ge­ (überlegt) Lustig. Und spannend. Ich bin noch etwas mehr. fühl, das habe ihm einen kleinen Boost Profi genug und hatte ein anderes Standing. verschafft, weil er spürt, dass man auf Ich hatte zuvor immer gespielt und meine ihn zählt. Das ist der wichtige Effekt einer Tore gemacht. Das Erste, was er mir sagte, Captain­binde. Mir muss man keine Binde war: «Ah, du hast ja doch einige Tore er­ geben, um mir eine Rolle zuzuweisen, ich zielt.» Jedenfalls konnten wir uns arrangie­ «Ich bin so ­ hatte meine Rolle bereits. ren, und für mich stand ohnehin der Erfolg erzogen worden,­ des Teams im Vordergrund. «11 Freunde müsst ihr sein», heisst es ja. dass ich viel Wert Stimmt das überhaupt? Muss ein Team Welche Trainer gefallen dir? auf Zwischen­ besser miteinander auskommen als die Mir persönlich helfen Trainer, die mit­ Arbeitskollegen in einem Büro? gehen, die Emotionen zeigen. Ich spiele für menschliches (überlegt) Im Fussball schaut schlussend­ den Verein, für die Mannschaft, aber auch lege. Das fehlt lich doch jeder für sich. Es ist schwierig für den Trainer. Ein Trainer, der mitlebt, und aufwendig, ein Klima zu schaffen, in gibt einer Mannschaft zusätzliche Energie. mir ­manchmal im dem sich alle wohlfühlen, aber es lohnt Es muss aber positive Energie sein. Wenn ­Fussball.» sich. Wenn es einem gut geht, dann spielt er einer den ganzen Match schweigend auf besser, und wenn alle besser spielen, dann der Bank sitzt, ist das nicht so mein Fall. gewinnt man, und wenn man gewinnt, fühlen sich alle besser. Ich bin so erzogen Eine Stammtischkritik nach Nieder­lagen worden, dass ich viel Wert auf Zwischen­ ist ja oft, der Trainer habe die Mann- Gäbe es auch andere Möglichkeiten, menschliches lege. Das fehlt mir manchmal schaft nicht motivieren können. Braucht das zu erreichen, ohne den Trainer zu im Fussball. Bis zu einem gewissen Grad das ein Team wirklich? wechseln? ist das auch nachvollziehbar. Wenn deine Wenn man damit meint, dass der Trainer Ich wüsste nicht, wie. Wobei man sagen Karriere vorbei ist, hast du so und so viel vor dem Spiel eine feurige Ansprache hält muss, dass dieser Effekt oft auch nicht auf dem Konto und so und so viele Titel ge­ und das Team dann mehr geht, dann nein. lange anhält. Als Thomas Häberli den wonnen, aber das zählt jeder für sich. Es Das ist nicht das Wichtige. Man motiviert FC Luzern übernahm, schlugen wir YB 4:0. ist nicht so, dass man das alles mit der glei­ eine Mannschaft, indem der Trainer auf Da merkt man, welche Energie kurzzeitig chen Gruppe erreicht hat. Ich versuche aber ­jeden eingeht – natürlich nicht nur direkt fliesst. stets, diesem Mangel an Zwischenmensch­ vor dem Spiel. Aber diese Motivationsreden lichem entgegenzuwirken. wie in Sportfilmen, die gibt es nicht, und Und wie kann es ein Trainer schaffen, sie würden wohl auch nicht wirken. die Spannung länger hochzuhalten? Woher kommt dein Gespür dafür? Wichtig ist, dass er mal bei einem Spass da­ Ich würde sagen von meiner Mutter. Wenn Von Christian Gross kennt man die Ge- bei ist, aber das auch so macht, dass weiter­ ich mit ihr in Basel Tram fahre, entsteht oft schichte, wie er mit Bryan-Adams-Songs hin alle Respekt haben. Diesen Spagat hat ein Gespräch mit drei, vier Leuten, die wir und seinen Ansprachen die Champions- zum Beispiel in Vaduz über gar nicht kennen. Sie ist sehr offen, das hat League-Erfolge des FCB heraufbeschwo- drei Jahre gut hinbekommen. sie mir vererbt. Ich bin auch ein sehr har­ ren hat. Merkst du einen Unterschied zu moniebedürftiger Mensch. Wenn es Leute der neueren Trainergeneration? Auch du zählst zu den Spassmachern. um mich hat, die schlecht von mir denken, Nicht nur die Trainer haben sich verändert, Geht das gut mit den Erwartungen an dann lässt mich das nicht kalt. Ich will dem sondern auch die Spieler. Bei Christian dich als Teamleader zusammen? entgegenwirken, darum gehe ich immer Gross beispielsweise wurde im Abschluss­ Das habe ich damals auch Thomas ­Häberli auf Leute zu, auch wenn ich manchmal training das Hinten-Herausspielen geübt, gefragt, als er mich zum Captain machen ­wenig zurückbekomme. Bei einigen ­stosse da musste ich nur links und rechts ­laufen, wollte. Ja, ich bin ein Teamleader, aber ich an Grenzen. Mittlerweile kann ich angreifen durfte ich nicht. Im zweiten Teil ich bin auch der Spassvogel, habe es mit ­damit umgehen. Früher konnte ich nicht gab ich den Linienrichter. Das könnte ­allen gut. Und ich geniesse diese Rolle. Die ­ver­stehen, warum mir einer ablehnend man sich heute nicht mehr vorstellen, das ­Verantwortung als Captain habe ich dann ­begegnet, obwohl ich dem ja nichts getan ­würden die Jungen nicht mitmachen. schliesslich gerne übernommen. habe. Wie bei einer normalen Firma gibt es

40 Pascal Schürpf * 15. Juli 1989 in Basel

Spiele Tore 2007–09 FC Basel U21 61 47 2009–14 FC Basel 21 3 2009 FC Concordia Basel (Leihe) 15 5 zudem auch in jedem Team solche, die es der Zeit aber geht es einfacher. Das ist über­ 2011 FC Lugano (Leihe) 16 2 nur als Job ansehen. Alles, was darüber hin­ all so. Es gurkt einen vielleicht an, das Bad 2012 FC Aarau (Leihe) 11 0 ausgeht, interessiert sie weniger. zu putzen, aber wenn man mal loslegt und 2012 FC Basel U21 17 10 sieht, wie es danach glänzt, dann macht 2013 AC Bellinzona (Leihe) 15 6 Und es gibt Spieler jeden Alters, aus man weiter. So ist es auch bei den Zusatz­ 2013–17 FC Vaduz 102 25 verschiedenen­ Kulturen … trainings. Diese Möglichkeiten habe ich 2017– FC Luzern 102 29 Darum versuche ich immer, die Sprachen lange nicht genutzt. der ausländischen Spieler zumindest ein bisschen zu lernen. Sogar Koreanisch habe ich mir ein wenig zugelegt. Das hilft sehr, wenn man auf die Neuankömmlinge zu­ geht, sie versucht, etwas herauszulocken. Ich merke, dass das einigen sehr guttut. «Ich muss zugeben: Man darf nicht vergessen: Für viele ist das Ich schaue sehr mir das gefallen. Eher nicht einer jener die erste Station fernab von zu Hause, das Jobs, bei denen weniger Planungssicherheit ist keine einfache Situation. selten Fussball.» herrscht, wie Trainer oder Sportchef. Ich wünsche mir irgendwann mal eine ­Familie. Kommt es vor, dass mal jemand mit Dazu passt eine Arbeit, bei der schneller ­einem ausländischen Teamkollegen Köpfe rollen, nicht so gut. Im Sportbereich in dessen Heimat in die Ferien reist? jedoch würde ich gerne bleiben. ­Bessere Reiseführer findet man ja nicht. Was hat diese Wende bewirkt? Während der Karriere ist es leider nicht ein­ Ich war zwar früh schon Profi, wie ein Profi Dann bleibt dir mehr Zeit, um Fussball fach. Aber für danach habe ich mir das fest gelebt habe ich aber lange nicht. Noch zu schauen. vorgenommen. Kwang-ryong Pak (Anm.: bei ­Vaduz habe ich vor dem Training Ich muss zugeben: Ich schaue sehr ­selten heute beim FC St. Pölten), mit dem ich in ­einen ­Kaffee ­getrunken und bin danach so Fussball. Wenn, dann Schweizer ­Fussball, ­Basel und Vaduz spielte, sagte ich ­immer, schnell wie möglich heim. Bis zu meiner da sehe ich gerne, was meine ehe­maligen dass ich mal mit ihm nach Nord­korea Ver­letzung. Erst dann habe ich angefangen, Teamkollegen machen. Dann finde ich wolle. Ich tausche mich immer wieder mit richtig zu arbeiten. Und plötzlich ging es die Spiele spannend. Bei EM und WM bin ihm aus. Ansonsten überleben im Fuss­ aufwärts. Immer dann, wenn ich besonders ich auch dabei. Aber sonst? Wenn unsere ball nur wenige Freundschaften. Er ist sehr viel zusätzlich gemacht habe – also Kraft­ ­Jungen jeweils von Spielern schwärmen, schnelllebig. Wenn ein Mitspieler wech­ training, bessere Regeneration und so wei­ die sie in der Champions League gesehen selt, trifft man sich nicht mehr regelmässig. ter –, ist es mir am besten gelaufen. Es ist haben, dann kenne ich die oft nicht einmal. Schliesslich hat man auch Freunde neben keine ­Garantie, aber man sieht es auch bei dem Fussball, denen man Zeit widmen will. anderen. Von Cédric Itten weiss ich, dass Womit beschäftigst du dich sonst? er auch viel neben dem Platz macht, den In den Ferien lese ich gerne auch mal ein Du bist 30. Zu Bayern München wirst du ­Effekt sieht man nun. Buch, die Krimis von Adler-Olsen zum wahrscheinlich nicht mehr wechseln. Beispiel. Zu Hause sehr selten. Aber jetzt Kannst du es nun gemütlicher nehmen? Gibt es auch Jüngere, die zu wenig habe ich gerade eine neue App entdeckt, Das Gegenteil ist der Fall, weil ich so lange machen? «The Blinkist». Da werden jeden Tag Sach­ wie möglich im Fussball bleiben will. Wenn Ich sehe vor allem, dass die viel bessere themen von Experten zusammengefasst. ich keinen Zusatzaufwand auf mich nehme, Möglichkeiten haben und diese auch Heute zum Beispiel war es «Syrien verste­ dann leidet meine Leistung, und plötz­ ­nutzen. Was die alles schon machen in hen», manchmal sind es auch Themen aus lich braucht man den Schürpf dann nicht ­jungen Jahren mit unserem Konditions­ der Medizin oder der Technik. Man ist so­ mehr. Es hilft mir auch, dass ich mich woh­ trainer! Es ist kein Zufall, dass immer wieso zu viel am Handy, da kann man diese ler fühle, stämmiger, fitter … ­wieder junge Spieler hochkommen, die Zeit nutzen, um etwas Sinn­volles zu kon­ extrem­ parat­ sind. sumieren. Meine Freundin (SRF-Mode­ Bist du so eitel? ratorin ­Jennifer Bosshard, die Red.) weiss ja Nicht besonders. Aber diesen Ehrgeiz, mich Irgendwann werden sie deinen Platz ein- so viel, da muss ich etwas auf­h olen, damit zu verbessern, den habe ich noch immer in nehmen. Was kommt dann? ich nicht mehr so oft höre: «Das muss man mir. Klar, anfangs ist es schwierig, frei­willig Ich habe ausgesorgt. (lacht) Spass beiseite: doch wissen!» Jetzt kann ich endlich auch mehr Aufwand auf sich zu nehmen. Mit Wenn sich etwas im Fussball ergibt, würde mal auftrumpfen.(lacht) •

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