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Die Geschichte und Entwicklung der einzelnen Landkreise bis 1972 DIE ALTLANDKREISE WEILHEIM UND SCHONGAU

Inhaltsverzeichnis

3 Grußwort von Klaus Gast, Kreisheimatpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau

4 Das Landgericht Weilheim

13 Vorstellung Helmut Schmidbauer, Kreisheimatpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau

14 Kurze Geschichte der Staatsverwaltung im Alt-Landkreis Schongau

33 Grußwort von Bernhard Wöll, Kreisarchivpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau

34 Vom Landgericht zum Landkreis – Die Kreise Schongau und Weilheim 1803 bis 1972

44 Die Wappen der Altlandkreise

2 DIE ALTLANDKREISE WEILHEIM UND SCHONGAU

Klaus Gast, Diplomfi nanzwirt (FH) Kreisheimatpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau seit 2006, Mitglied des Kreistags

enngleich auch der Landkreis Weilheim-Schongau heute institutionell eine Selbst- Wverständlich keit geworden ist, so sind trotzdem – auch 40 Jahre nach der Gebietsreform – immer noch Unterschiede in den verschiedenen Teilen des Land krei ses erkennbar. Manche bedauern dies, ich nicht!

Denn diese Unterschiede sind doch wertvoll, und es ist meines Erachtens gut, dass jede Region Ihre Besonderheiten behält. Es geht ja nicht um Wertungen wie „besser“ oder „schlechter“, sondern um Individualität. In spricht man eben ein bisschen anders als in Prem, alte Häuser in Huglfi ng schauen ein bisschen anders aus als Häuser in . Aber gerade diese Vielseitigkeit darf nicht als Nachteil gesehen werden, sondern als Bereicherung. Vielfalt statt uniformistischer Gleichmacherei ist angesagt.

Gleichzeitig ist unser Landkreis aber auch Kern gebiet der historischen Kultur-Region Pfaff en- winkel. Und die gemeinsame christliche Kultur des bayerischen Oberlandes verbindet uns untereinan der und mit den angrenzenden Landkreisen un se rer Region. Diese wunderbare Heimatregion gilt es zu schützen und zu bewahren, damit auch unsere Kinder und Enkel sie noch so schön erleben dürfen. Als ehrenamtlicher Kreisheimatpfl eger – zuständig für Kunst und Kultur, Sprache, Tracht, Geschichte usw. – am Erhalt und einer gesunden Weiterentwick- lung unserer vielfarbigen Heimat mitarbeiten zu dürfen, ist eine grenzenlos große, aber auch wunderschöne Aufgabe.

Ich wünsche dem ganzen Landkreis Weilheim-Schongau und seinen Bürgern weiterhin eine gute Zukunft – in einem vielseitigen Landstrich, in dem es eine Freude ist, leben zu dürfen.

Ihr Klaus Gast

3 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

Das Landgericht Weilheim

von Kreisheimatpfl eger Klaus Gast

as herrlich gelegene, kulturell blühende und viele Menschen lebten und ihre Toten würdig Dtraditionsreiche Land, südlich von Ammer- bestatteten. Man denke nur an die Gräberfelder und Starnberger See, hin bis zu den Füßen der Vor- in Arnried, Etting, Marnbach, Fischen, Peißenberg, alpen, bildete über Jahrhunderte hinweg einen zu- Wilzhofen und viele mehr. Zu dieser Zeit durchzog sammengehörenden Lebensraum, der ab dem 13. bereits ein Netz von Verkehrswegen die Region, Jahrhundert als Landgericht (Pähl-) Weilheim auch fungierend als Handelsrouten für Metalle, Salz und verwaltungsmäßig gemeinsam organisiert war. andere Waren.

Geprägt wurde diese einmalige Landschaft vor Als um 15 v. Chr. römische Truppen unter Tiberius rund 10.000 Jahren, als die – sich am Ende der und Drusus, den Adoptiefsöhnen des römischen Würm-Eiszeit zurückziehenden – Gletscher das Kaisers Augustus, das Land nördlich vor den Alpen Gelände modellierten und die Grundlage der so erreichten, und daraus die Provinz Rätien entstand, reizvollen Landschaft bildeten. Zu dieser Zeit ent- war eine mehrere Jahrhunderte alte Kultur der standen die hügelige Landschaft, langgezogene Kelten vorhanden, die aber bereits im Verfall war Drumlinfelder, die vielen Seen, Moosgebiete und und durch die römische Besetzung stark über- von Bächen durch fl ossenen gefälligen Täler. lagert wurde. Allerdings übernahmen die Römer beispielsweise die Namen von Bergen und Flüssen Vor ca. fünf bis sechs Tausend Jahren war das Ge- (Ammer, Isar und Loisach). biet so weit entwickelt, dass der Mensch in ersten Die römischen Militärs und die in ihrem Umfeld Siedlungen Fuß fassen konnte. So zum Beispiel lebenden Siedler richteten sich für rund 400 am (heute verlandeten) Jakobssee südlich von Jahre in unserem Gebiet ein. Sie bauten Straßen, Polling, wo eine Siedlung aus der Jungsteinzeit wie die im ersten nachchristlichen Jahrhundert nachgewiesen werden konnte. Das stark bewalde- entstandene Trasse vom Brenner nach te Land wurde zuerst an Lichtungen entlang von und legten Gutshöfe (villa rustica) an, wie sie in Gewässeradern besiedelt, dort waren am ehesten archäologischen Spuren noch teilweise nachweis- urbares Gelände und gute Lebensbedingungen zu bar sind, zum Beispiel in Oberhausen, fi nden. Diese frühen Siedlungen brauchten noch und . Provinzhauptstadt war Augsburg keine größere Verwaltungsorganisation, vielmehr (Augusta vindelicorum). waren sie sippenmäßig organisiert und die dünne Doch auch das scheinbar unbesiegbare Römische menschliche Besiedelung machte mehr auch nicht Weltreich war nicht endlos, und mit voranschrei- nötig. Zwischen den Siedlungsplätzen lagen große tendem Verfall dieses Imperiums ab dem dritten unwirtliche Waldgebiete, die trennend wirkten, nachchristlichen Jahrhundert wurden immer und so war der Außenkontakt über die Siedlungen weitere Gebiete dieses Reiches für Rom nicht mehr hinaus anfangs sicher sehr begrenzt. beherrschbar und deshalb nach und nach aufge- Deutlich dichter wurde die Besiedelung durch Men- geben. So zogen sich ab dem letzten Drittel des schen in der mittleren Bronzezeit, also zwischen ca. 3. Jahrhunderts nach Christus die Römer auch aus 1.800 und 1.200 v. Chr. Zahlreiche Gräberfelder aus dem Gebiet nördlich der Alpen zurück, als sie den diesen Jahrhunderten beweisen, dass hier schon nach Süden drängenden germanischen Völkern

4 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

Karte von Volker Linn aus: Helm Reinhardt, 750 Jahre Stadt Weilheim, 1987 Stöppel-Verlag Weilheim S. 32

5 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

nicht mehr genug Widerstand entgegensetzen n. Chr.) oder Herrsching beweisen, dass das Gebiet konnten. Funde römischer Münzschätze (zum nicht unbewohnt blieb, sondern recht schnell baju- Beispiel in Marnbach und Peißenberg) sind Zeugen warische Siedlungen an die Stelle der vorherigen der Unruhe, die germanische/alemannische Ein- traten. Gleiches bezeugen Gräber in den Kirchen fälle in die römische Provinz verursachten und die von Wielenbach und Weilheim (St. Pölten), die aus lange währende Ordnung der Römerverwaltung der Zeit bald nach 700 stammen. durcheinander brachten. Mehr und mehr wurden Das frühe Mittelalter war in unserem Gebiet ge- die Gutshöfe aufgegeben und verlassen, danach prägt durch systematische Klostergründungen, die von den eindringenden Siedlern zerstört. – neben der strategischen Anlage – für die christ- Im Rahmen einer Verwaltungsreform unter Kaiser lich/kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Diocletian (284 -305 n. Chr.) wurde die Provinz des Landes eine wichtige Rolle spielten. Durch Raetien der „italischen Präfektur“ zugeschlagen die frühen Klostergründungen in , und fünfzig Jahre später in prima (im Schleh dorf, Polling oder wurden die Wesent lichen der heutigen Schweiz) und Raetia Grundlagen gelegt, dass unsere Kulturlandschaft secunda (dem Vor alpen land mit Augsburg als der Kern des sogenannten oberbayerischen Pfaff en- Hauptstadt) geteilt. winkels werden konnte. An dieser mittels Klostergründungen forcierten Ein Großteil der römischen Bevölkerung dürfte nun Landesentwicklung waren die Herzöge der Agilol- in seine Stammlande südlich der Alpen zurück- fi nger wesentlich beteiligt. Herzog Tassilo II. – um gekehrt sein, während sich die germanische Bevöl- den sich viele klösterliche Gründungsberichte kerung ausbreitete und das Land in Besitz nahm. ranken – wurde diesbezüglich quasi legendär. Erst Bajuwarische Friedhöfe wie in (um 550 ab ca. 700 wird das Christentum beherrschende

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6 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

Religion, in römischer Zeit waren Christen hier Vogteirechte über Kloster Polling und Wessobrunn, wohl eher nur vereinzelt verbreitet. Neben den zusammengefasst im „Ampt ze Wilheim“ – war Klöstern waren ein halbes Jahrhundert lang die der Besitz der Andechser ziemlich geschlossen adligen Eigenkirchen von Bedeutung. Erst ab den und zentral organisiert. Im Jahre 1208 wurden die Jahren nach 1200 gab es eine richtige Pfarrorgani- Andechser Herzöge aber der Mitwisserschaft an sation, unabhängig von adligen Herrschaften. der Ermordung König Philipps angeklagt und so folgte auf den stetigen Aufstieg dieser Familie ein Eine für die Landesentwicklung in unserem Gebiet jäher Absturz. Die Andechser verloren nun ihre ebenfalls wichtige Institution war in der Zeit des Hoheitsgebiete, die die Wittelsbacher Konkurren- 8. und 9. Jahrhunderts die – historisch nicht leicht ten in ihre Herrschaft bringen konnten. fassbare – Adligenfamilie der Huosi, die auch gera- de als Kloster(mit-)gründer in Erscheinung trat. Mit dem Aussterben der Andechser 1248 wurde Die Grafschaften wurden nun anstelle der bishe- das Gebiet nun endgültig Wittelsbacher Macht- rigen stammesherzoglichen Herrschaftssystems bereich und sollte dies über Jahrhunderte hinweg die neuen Organisationseinheiten, insbesondere auch bleiben. Nachdem jetzt fast das ganze als diese Grafschaften ab der Jahrtausendwende Gebiet in einer Herrschaft vereint war, konnte die erbliche Lehen wurden und sich somit strukturell Organisation der Verwaltung für dieses ganze und territorial verfestigten. Gebiet neu und systematisch aufgebaut werden. Im Mittelalter verdichtete sich die Besiedelung Jetzt erst wurde – wie überall im Wittelsbacher weiter, und in mehreren Phasen wurden neue Macht bereich – eine von Beamten getragene Rodungsgebiete errichtet. Man erkennt sie oft am Land gerichts ordnung eingerichtet. Dieses Land- Namensbestandteil – „Ried“. gericht (mit Sitz des Landrichters im Schloss Pähl) Nach den einschneidenden kriegerischen Zeiten entsprach territorial ziemlich der ursprünglichen zwischen 800 und 955, als ungarische Heere Grafschaft der Andechser, ragte also zwischen den immer wieder in deutsches Gebiet vordrangen und beiden großen Gewässern Ammer- und Starnber- dabei vieles der nachrömischen Ordnung vernich- ger See relativ weit nach Norden und im Süden teten (weshalb uns auch viele Informationen über bis zum Kochelsee, ist aber nicht mehr genau in diese Zeit verloren gegangen sind), kristallisierte seinen Grenzen fassbar. Im Osten verlief die Grenze sich die Familie der Grafen von Diessen- wohl entlang des West ufers des Starnberger Sees als neue beherrschende Macht heraus. Diese Gra- und dann entlang des Singerbachs zur Loisach, das fen konnten das ganze Gebiet zwischen Ammer- spätere Klostergericht Benediktbeuern einschlie- und Starnberger See bis zu den Alpen in ihren ßend. Die Westgrenze des Landgerichts ist noch Herrschaftsbereich bringen. Weitere Territorien weniger eindeutig feststellbar, während die Grenze von Franken bis zur Adria konnten die Andech- südlich Weilheims ziemlich der späteren Grenze ser Grafen um dieses oberbayerische Kernland entsprechen dürfte, ist sie ab der Höhe Peißenberg dazugewinnen, so dass sie ab 1180 als Herzöge unklar und die Abgrenzung zum wel fi schen bzw. von Andechs-Meranien (Meranien ist die Region später staufi schen Einfl uss bereich schwer nach- Istrien an der Adriaküste) eine herausgehobene weisbar. Intern war das Gericht auf geteilt in fünf Stellung besaßen und den Wittelsbacher Herzögen Schergenämter, nämlich Pähl, Eberfi ng, , durchaus ebenbürtig waren. Während die Wittels- Neufahrn und einer sogenannten „Fliegenden bacher in unserem Gebiet nur Streubesitz hatten Grafschaft“. Das Schergenamt Pähl bildeten die – nämlich Besitzungen in 28 Siedlungen sowie die Besitzungen im Raum zwischen Würmtal und Andechs. Das Amt Antdorf dürfte das ehemali- ge Herrschaftsterritorium der ausgestorbenen Grafen von Antdorf umfasst haben. Die anderen

7 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

drei Schergenämter Neufahrn, Eberfi ng und die zen annähernd so festgelegt, wie sie bis zum Ende „Fliegende Grafschaft wurden als bestehende des 18. Jahrhunderts bestehen blieben. Jedoch Organisationen aus der Andechser Grafschafts- vermochte es das Klostergericht Benediktbeuern Organisation übernommen. immer mehr, sich langsam aus dem Verband des Landgerichtes herauszulösen und eine zuneh- Neben diesen landesfürstlichen Ämtern bestanden mend selbständige Verwaltungseinheit zu werden. noch ältere Herrschaftsbezirke von hochfreien Dies gipfelte im Jahre 1785 in der Verleihung des Adelsgeschlechtern, die in engem Verhältnis als „Blutbann“ bezeichneten Rechtes zur Aburteilung Verwandte und/oder Vasallen der Andechser Gra- schwerer Verbrechen, womit das Klostergericht fen gestanden haben. Dies waren besonders die faktisch völlig selbständig geworden war. Edlen von Weilheim und die Herren von Iff eldorf Die Landrichter und Pfl eger repräsentierten in bzw. die Grafen von Eschenlohe als Nachfolger der ihrem Gerichtsbezirk alle Staatsgewalt, die vom Letztgenannten. Fürsten ausging. An Stelle einer neuzeitlichen Die anfangs etwas unklaren Grenzen wurden mit Gewaltenteilung waren hier Legislative, Exeku- der Zeit klarer umrissen und die Herrschaftsorga- tive und Rechtsprechung in einer Hand geballt. nisation nach und nach intensiviert und präzisiert. Auch für militärische Angelegenheiten war der Um 1270 wurde im westlichen Territorium aus Landrichter zuständig. Unter der langen Reihe der Burg und dem Bereich der Vogtei der Landrichter und Pfl eger blieb, als besonders des Klosters Wessobrunn ein Gericht Landsberg interessante Persönlichkeit, der auch als Literat geschaff en, damit wurde die nördlich von Polling auftretende Hans Heselloher aus dem ausgehen- gezogene Grenze entlang der Ammer bis zum den 15. Jahrhundert in Erinnerung. Ammersee fi xiert. Sechzig Jahre später gründete War ursprünglich der Sitz des Landrichters im Kaiser Ludwig der Bayer 1330 im Süden des Land- Schloss Pähl (wohl schon aus der Zeit der Grafen gerichtes das Klostergericht Ettal. Es erhielt neben von Andechs), wurde nach Erwerb des Schlosses dem Ammergau auch Teile des Amtes Antdorf in Weilheim 1505 der Sitz dorthin verlegt. Dieses zugeschlagen und aus dem Nachlass der ausge- Schloss – ursprünglich Sitz der edelfreien Herren storbenen Grafen von Eschenlohe das Murnauer von Weilheim – wurde nun zur Verwaltungszent- Gebiet. Später wurde daraus das dem Kloster Ettal rale für den ganzen Gerichtsbezirk. Der Name des unterstellte Gericht Murnau.

Das sich ursprünglich weit nach Norden ausdeh- nende Landgericht Pähl/Weilheim wurde im Laufe des 14. Jahrhunderts durch die Gründung des Landgerichts erheblich eingeschränkt. Allerdings blieb die Grenze zwischen den beiden Landgerichten bis zum Ende der alten Gerichtsver- fassung off en. Mit der Abtrennung des Starnberger Gerichtsbezirks und den obengenannten Verände- rungen im Verwaltungsterritorium waren die Gren-

Pfl egschloss Weilheim, heute Finanzamt; Kupferstich von Michael Wening, 1701

8 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

Landgerichtes wurde nun auch in Landgericht Nachdem die Klostervorsteher meist aus Familien Weilheim umgeändert. Die Stadt Weilheim war des Umlandes stammten, war die Bindung zwi- schon vorher wirtschaftlicher Mittelpunkt für das schen Herrschaft und Volk intensiver als in anderen sehr landwirtschaftlich und ländlich geprägte Gegenden, in denen adlige Herrschaften die Oberland. Dafür waren die Wochen- und Jahrmärk- Obrigkeit stellten. Außerdem waren die Klöster te in Weilheim von besonderer Bedeutung. In der auch sozial tätig, in der Krankenversorgung, im Stadt selbst entwickelte sich ein Bürgertum, das Betreiben von Schulen und in der Hilfe in Notfall- – neben typischen Handwerkern und Kaufl euten – situationen. Deshalb waren die Bauern und Bürger insbesondere in der Barockzeit als Kunsthand- im altbayrischen Weilheimer Land auch nicht für werker und Künstler für die vielen umliegenden die Ideen der Betreiber der Bauernkriege zu gewin- Klöster des Pfaff enwinkels tätig war. Gemeinsam nen, die von Westen her die Staatsordnung ge- mit den Stuckateuren aus Wessobrunn prägten sie waltsam revolutionieren wollten. Die Folge war das die Glanzzeit der barocken Kunst, die weit über das Stoppen der aus dem Allgäu herüber kommenden Landkreisgebiet hinaus strahlte. Über 3000 Schlös- kriegerischen Übergriff e im Jahre 1525 auf dem ser, Kirchen und Klöster in Mitteleuropa wurden Hohen Peißenberg. von ihnen gebaut oder ausgestaltet. Die Weilheim umgebenden Klöster wiederum Außerhalb Weilheims selbst war das Gebiet über- waren neben geistlichen Zentren auch kulturelle wiegend von der Landwirtschaft und den sie beglei- und wissenschaftliche Leuchttürme, die mit ihrem tenden Handwerken wirtschaftlich geprägt. Einzel- Wirken das Land prägten und es somit zum „Pfaf- ne größere Wirtschaftsbetriebe führten lediglich die fenwinkel“ formten, in dem es sich „... unter dem Klöster (zum Beispiel die Klosterziegelei in Polling, Krummstab gut leben ließ...“. Brauereien usw.). Obwohl die Kohlevorkommen

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9 DAS LANDGERICHT WEILHEIM

am Hohen Peißenberg bereits um 1580 entdeckt jährige Krieg und seine Begleiterscheinungen wie worden waren, kam es vor dem 19. Jahrhundert zu Pest und Hunger ganze Ortschaften auslöschte. keiner wirtschaftlichen Nutzung des Vorkommens. Nach diesem verheerenden Krieg erholte sich das Wenngleich das Gebiet auch immer wieder in Landgerichtsgebiet relativ schnell wieder und, die verheerenden Auswirkungen der mitteleuro- angestoßen durch die große Bautätigkeit der päischen Kriege hineingezogen wurde, blieb doch Klöster, kam es bald zu einer Blüte in der Kunst eine gewisse Beständigkeit in Wirtschafts- und und Wirtschaft, die erst durch die kriegsbedingten Lebens formen. Ganz große Brüche blieben aus, Zerrüttungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts wenngleich auch beispielsweise der Dreißig- zusammenbrach.

aus: Heimatbuch des Landkreises Weilheim, Verlag Aigner München, 1958

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Das Landgericht Weilheim bestand 1752 aus folgenden Gemeinden:

Aidling (1716 mit dem Kloster- Herrsching (1803 an Land- Uffi ng gericht Benediktbeuern für gericht Starnberg) Unteralting (1803 an Land- Sindelsdorf eingetauscht) Iff eldorf gericht Starnberg) Arnried Inning (1803 an Landgericht Unterbrunn (1803 an Land- Aschering (1803 an Landgericht Starnberg) gericht Starnberg) Starnberg) Kleinweil Unterhausen Bernried Machtlfi ng (1803 an Land- Weilheim Breitbrunn (1803 an Land- gericht Starnberg) Weindorf gericht Starnberg) Magnetsried Weßling (1803 an Landgericht Buch (1803 an Land gericht Maising (1803 an Landgericht Starnberg) Starnberg) Starnberg) Wielenbach und Deutenhausen Meiling (1803 an Landgericht Widdersberg (1803 an Land- Drößling (1803 an Landgericht Starnberg) gericht Starnberg). Starnberg) Oberalting (1803 an Land- Eberfi ng gericht Starnberg) Erst 1803 kamen Eglfi ng Oberbrunn (1803 an Land- Ammer höfe Erling (1803 an Landgericht gericht Starnberg) Eschenlohe (1827 wieder Starnberg) Obersöchering an Landgericht Werdenfels Etterschlag (1803 an Land- Ohlstadt (1827 an Landgericht abgegeben) gericht Starnberg) Werdenfels abgegeben) Haid Etting Pähl Huglfi ng Feldafi ng (teilweise) (1803 an Penzberg (teilweise) Oberau (1827 wieder Landgericht Starnberg) Perchting (1803 an Landgericht an Landgericht Werdenfels Frauenrain (teilweise) Starnberg) abgegeben) Frieding (1803 an Landgericht Pöcking (teilweise) Oberhausen Starnberg) Polling Oderding Fischen Riegsee Ohlstadt (1827 wieder Großweil Schlehdorf (teilweise) an Landgericht Werdenfels Schöff au (teilweise) abgegeben) Hadorf (1803 an Landgericht Seehausen (teilweise) Murnau Starnberg) Penzberg Hanfeld (teilweise) (1803 an Spatzenhausen Peißenberg Landgericht Starnberg) St. Heinrich Raisting Haunshofen Steinebach (1803 an Land- Schwaigen (1827 wieder Hechendorf bei Murnau gericht Starnberg) an Landgericht Werdenfels (teilweise) Traubing (1803 an Landgericht abgegeben) Hechendorf am Pilsensee Starnberg) Sindelsdorf (siehe Aidling) und (teilweise) (1803 an Land- (1812 an Land gericht Wessobrunn gericht Starnberg) Starnberg abgegeben) zum Landgericht Weilheim.

12 ALTLANDKREIS SCHONGAU

Helmut Schmidbauer Kreisheimatpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau seit 2002

Foto: Jilka

er gebürtige Niederbayer (Jahrgang 1943) lebt und arbeitet seit 1971 Din Schongau. Bis 2005 war er als Studiendirektor am dortigen Welfen- Gymnasium u. a. als Lehrer für Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Ethik tätig. Seit 1984 ist er Mitglied im Stadtrat Schongau, von 1990 – 2008 auch des Kreistags Weilheim Schongau.

Seit 2002 wirkt er ehrenamtlich als Kreisheimatpfl eger für die Bereiche Bau- leitplanung und Baudenkmäler. Diese Aufgabe bedeutet schwerpunktmäßig die Mitwirkung als „Träger öff entlicher Belange“ bei der Aufstellung von Be- bauungs- und Flächennutzungsplänen in allen unseren 34 Gemeinden sowie, falls erforderlich, die Betreuung unserer 1.200 Einzel-Baudenkmäler und neun städtebaulichen Ensembles im Landkreis. Er verfasste zahlreiche Beiträge zur bayerischen Geschichte und zur Geschichte des Schongauer Landes, u.a. für die „Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte“, das -Isar-Land, das Jahrbuch „Der Welf“ und die Schongauer Nachrichten.

Er leitet ehrenamtlich das Wallfahrtsmuseum bei der und arbeitet im Leitungsteam des Stadtmuseums Schongau mit.

13 ALTLANDKREIS SCHONGAU

Kurze Geschichte der Staatsverwaltung im Alt-Landkreis Schongau

Kreisheimatpfl eger Helmut Schmidbauer

Foto: Tourismusverband Pfaff enwinkel

Blick vom Hohenpeißenberg über das Schongauer Land.

Das Schongauer Land im Pfaff enwinkel Diese uralte Kulturlandschaft wurde in Jahrhun- Wer, von Augsburg kommend, die Anhöhe vor derten geprägt durch das Wirken der Mönche Schongau erreicht, dem öff net sich der Blick auf in Klöstern mit Namen von Rang in Kunst- und das festliche Land zwischen Ammer und Lech, Kulturgeschichte, zum Beispiel und im Süden begrenzt durch die wald- und wasser- samt der Wallfahrtskirche in der Wies. reichen Vorberge, dahinter unverrückbar die In der einmaligen Fügung von Landschaft, Kunst Hochwelt der Alpen. und Kultur bilden diese Räume und Örtlich keiten

14 ALTLANDKREIS SCHONGAU

zusammen den seit alters so bezeichneten „Pfaff en- Diese wird im Jahre 1101 erstmals erwähnt als winkel“. Und schon im 7. Jahrhundert schrieben die nova arx Bitengoe. Der erste namentlich fassbare Stifter eines Klosters, was heute noch über diesen Dienstmann auf dem Schlossberg war der im Jahr Landstrich gesagt werden könnte: 1166 in den Urkunden erwähnte welfi sche Ministe- Placuit eis loci amoenitas. – „Es behagte ihnen die riale Schwicker von Mindelheim mit der Amtsbe- Lieblichkeit des Ortes“. Bereits zur Römerzeit führte zeichnung baiulus ducis, der Baiul des Herzogs. die berühmte „Via Claudia Augusta“ den Reisenden Dieser merkwürdige Titel lässt an die Verbindung unweit an Schongau vorbei auf den Weg nach Welfs VI. mit Roger von Sizilien denken, mit dem Italien. Weit ins Dunkel dieser frühen Geschichte ihn nach dem Kreuzzug 1148 eine enge Freund- hinein reichen die Anfänge von Landesausbau und schaft ver band. Die Normannen hatten damals Staatsverwaltung im späteren Landkreis Schongau. bei den Arabern eine moderne Verwaltungs- und Gerichtsordnung kennengelernt und angewendet. Die Landeserschließung in Welfi scher Zeit Dazu gehörte die Einrichtung eines Dienstman- Erste Hinweise fi nden wir in der Zeit der Welfen nes mit Verwaltungsbefugnis, der anstelle und (bis 1191), wo die Gebiete der Peitinger Grafschaft im Namen des Grundherren amtierte. Titel und und diejenigen des links (westlich) des Lechs ge- Amt gelangten also über die Normannen in unser legenen Gerichtsbereichs von Alt-Schongau, viel- Gebiet, wo neben den Welfen beispielsweise auch leicht sogar überhaupt alle welfi schen Besitzungen die Grafen von Andechs-Meranien diese erste am südlichen Lechrain, von einem Amtmann auf und damals modernste Form der Zentralverwal- der Peitinger Burg verwaltet werden. tung realisierten. Bei uns verschwand dieser Titel

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15 ALTLANDKREIS SCHONGAU

Foto: Schmidbauer Nach dem vorzeitigen Tod des letzten Welfen (Original im Bayer. (1167) verkaufte dessen Vater 1179 das Land am Nationalmuseum) oberen Lech gegen viel Geld und eine Rangerhö- hung zum Reichsfürsten an seinen staufi schen Neff en Kaiser Friedrich Barbarossa. Dieser setzte umgehend (1180) den welfi schen Neff en Welfs VI., Heinrich den Löwen, als bayerischen Herzog ab und den Wittelsbacher Otto ein und vermied damit einen sicherlich blutigen Krieg um das Erbe Welfs VI. Die Staufer begannen sofort mit dem Um- und Ausbau des Landes und förderten als Erstes mit ihrem Geld und ihrem Einfl uss den Ausbau der Stadtfestung Schongau auf dem Lechumlaufberg.

Der Verwaltungsausbau unter den Staufern In dieser staufi schen Zeit (1191 – 1268) sitzt jetzt auf der Burg ein Prokurator, aber hinzukom- mend und ihm gleich gibt es jetzt einen weiteren Amtmann, Propst oder Vogt genannt, der auf dem Schloss in der neuen Stadt Schongau sitzt. Dieser ist zuständig als eige ner Vertreter des Landesherrn für die Wappenstein der Welfen aus dem Prämonstratenser-Stift Steingaden Stadt und den neuen vor 1200. Heute im Bayer. Nationalmuseum München. Gerichtsbezirk Schongau. Nicht lange danach wird mit dem Aussterben der Welfen und Andechser, der Peitinger Prokurator Staufi sches Stadt siegel in einer ganz anderen Ecke der Welt, bei der eingespart werden und beide Schongau von 1266 osmanisch-türkischen Staatsverwaltung, blieb der Bereiche verwaltet allein der im Amtstitel Beg (sprich: Bei) bis ins 20. Jahrhundert Schongauer Schloss amtierende staufi sche Propst. erhalten. Der Peitinger Baiul jedenfalls hatte im Kriegsfall die welfi schen Lande am oberen Lech Das Gericht Schongau wird bayerisch militärisch zu schützen, im Friedenede 1268,68, nachn dem Tod Konradins, des letzten war die Burg Peiting zent-nt- SStaufers,taufee fällt das Schongauer Land als Teil des raler Sitz von Verwaltungng „Staufi„Stat schen Erbes“an Wittelsbach und und Gerichtswesen. kkommt damit zu Bayern. Dabei bleibt die Als dienstmännischer schon bestehende Trennung zwischen Beamter war dieser Hoch- und Niedergericht erhalten, Baiul versetzbar, auch lediglich die Titel ändern sich: Der absetzbar, jedenfalls leitende Richter und Amtsinhaber des in großer Abhängigkeit Hochgerichts (= schwere, todeswürdige von seinem Herren. Verbrechen) und des Niedergerichts (= OOrtsherrschaft und Leibesstrafen) sowie der Siegel Welfs VI. allallgemeineng Verwaltung heißt jetzt bis zum

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Jahr 1478 Vogt, danach Pfl eger, später dann auch Stadt- und Landrichter. Dieser wohnt und amtiert jeweils im Stadtschloss Schongau.

1478 wird im sog. Schongauer „Salbuch“ von Pfl ege, Schloss, Stadt und Herrschaft Schongau der Gebietsumfang des Gerichts Schongau genauer erfasst. Zunächst ist darin „vermerckt, wo vnd weliche Gericht, grosse vnd klain, zu dem Slos Schon- gaw gehörn.“ Prof. Pankraz Fried hat in seiner Bearbeitung des Gebiets im „Historischen Atlas von Bayern“ diese Literalie umfassend erschlossen. Danach gehören zum Schongauer Stadtschloss Schongau mit Freskobild Christoph d. Kämpfers. Gericht die Orte Schongau, Heutige Ansicht vom Schlossplatz. Altenstadt, (Schwab-)Nieder- hofen, Dietlried, Habertshofen („Habratzhofen“, ein Die Grafschaft (Gericht) Peiting abgegangener Ort in der Gemeinde Bidingen), und Das Gericht Peiting bildete ursprünglich den Peiting. Dazu kommen die Orte, in denen „man rechtslechischen, also den auf der bayerischen die Malefi z püsset“, das sind Elligkofen, Ober- und Lechseite gelegenen Teil des späteren, umfassen- Unterdießen, Asch, Leeder, , Lechmüh- den Landgerichts Schongau. Dieser Bereich trug len samt Römerkessel, , , Hohenfurch, den stolzen Namen Grafschaft zu Peytigaw. Wie (Schwab-)Soien, (Schwab-)Bruck, Sachsenried, Schongau wurde auch Peiting im Jahr 1268 über Huttenried, Erbenschwang, Tannenberg, das Erbe des letzten Staufers Konradin Wittels- und schließlich noch die Hofmark Steingaden als bachisches Gut und damit bayerisch. einziger rechtslechischer Gerichtsbezirk, das ist die bayerische Seite. Ferner überliefert das Salbuch, Im 14. Jahrhundert war die Grafschaft Peiting eine dass Zoll und Geleit zu Schongau sowie die Zölle selbständige, landesherrliche Burgherrschaft, de- zu bis „Burch“, zu Altenstadt, „in der ren rechtliches Fundament eine sog. Ehaftordnung “ und zu Rottenbuch zur Pfl ege Schongau bildete. Wir kennen sie aus einer Niederschrift der gehören, genauso wie die Abgaben von den Vog- Zeit um 1435. Wie P. Fried erarbeitet hat, durfte teien zu Dietlried und , von zwei Höfen demnach der Grafschaftsinhaber richten, was umb zu Altenstadt und „die gullt zu Peitigew“, das sind den Halß gat, und zwar im Bereich hin bis zum die dort fälligen grundherrschaftlichen Abgaben. Aechselpach (Eschelbach), dann bis hinter in die Dieser Verwaltungsbereich entspricht in etwa dem Traucha und zum Wielenbach, sowie bis an die Gebiet des späteren Altlandkreises Schongau, Lechbrücke vor Schongau. Im Jahre 1438 erhält einmal davon abgesehen, dass der Hoch- und Peiting schließlich sein Marktrecht samt der Niedergerichtsbezirk Peiting bis 1490 ein selbstän- Bestätigung, dass im Gericht Peiting nach dem diges Gericht geblieben ist. Oberbayerischen Landrechtsbuch gerichtet wird.

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Siegelverleihung an Peiting anlässlich der Bestätigung der „Markt-Gerechtigkeiten“ am 28. Mai 1438. Abschrift des Rotten- bucher Konventualen Anselm Greinwald aus dem Jahre 1780. Dazu die Wappenzeichnung mit drei Feldern und die Beschrei- bung: „Forma Sigilli: 1. und 2. blau und silberne Weckhen oder Rauten, welch das Bayerische Wappen ist. 3. Roter Balken.“

Schongau wird alleiniger Sitz Zeit in ununterbrochener Reihenfolge Sitz der der Staatsverwaltung Staatsverwaltung bis zur heutigen Dienststelle Diese Peitinger Herrlichkeit war 1490 zu Ende: Schongau des Landratsamtes. In diesem Jahr verlegte Herzog Christoph der Kämpfer den Sitz der Gerichte Peiting und Rau- henlechsberg in seine Residenzstadt Schongau.

Damit wird Schongau der alleinige zentrale Verwaltungsort am oberen Lech und bleibt es in einer einmaligen Kontinuität bis zur Verwaltungs- und Gebietsreform 1972. Zwar wird der Bereich des Gerichts Rauhenlechsberg 1581, also nach 91 Jahren, von Herzog Wilhelm V. wieder von Schon- gau abgetrennt und dem Pfl eggericht Weilheim, dem zweiten großen damaligen Verwaltungsmit- telpunkt im westlichen Oberland, angegliedert; Siegelzeichnung und dennoch bleibt das Schongauer Schloss seit dieser Unterschrift Herzog Christophs

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Schongauer Schloss mit der 1876 abgebrochenen Schlosskapelle

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Und immer wieder der Streit mit schon vorstellen. Jedenfalls wird der Pfl eger in dem Hochstift Augsburg Schongau angewiesen, den Schwabsoier Müllern Die rechtliche Ausgestaltung dieser zentralen Ver- mit allen Mitteln beizustehen. In den bayerischen waltungsstelle Schongau war lange Jahrhunderte Karten und Plänen seit 1600 jedenfalls wird die hindurch unklar und unübersichtlich. So bleibt das Hochgerichtsgrenze des Landgerichts Schongau bisherige (Stadt-)Gericht Schongau in dem neuen schlicht auch als Landesgrenze Bayerns einge- Landgericht Schongau ein eigener Verwaltungs- zeichnet, ohne Rücksicht darauf, dass, wie in Burg- bezirk. Im Jahr 1538 erscheint beispielsweise das gen, Tannenberg, Soien usw., das Nieder gericht, (Gesamt-)Landgericht Schongau untergeteilt in und damit die Ortsherrschaft zum Füssener Kloster ein Amt des Amtmannes Hanns Wölst (das ist das St. Mang oder zu Augsburg, jedenfalls nicht zu bisherige Amt Schongau) und in eines des Viz Bayern gehören. In den Orten Denklingen und Pogner, (das ist das bisherige Amt der Grafschaft Leeder hat man sich dann zuerst geeinigt. Dort Peiting). Nimmt man noch die Tatsache hinzu, dass wird schließlich im Jahre 1699 die bisherig Schon- das Gericht Schongau die Hochgerichtsrechte in gauerische Hochgerichtsbarkeit an das Hochstift einer Reihe von Ortschaften ausübte, die mit dem Augsburg abgegeben. Niedergericht, also der Ortsherrschaft, zu anderen, „ausländischen“ Herrschaften gehörten, dann sind Anderswo bleiben freilich die an die Grund- fortwährende Zuständigkeitsstreitigkeiten nur zu herrschaft gebundenen Verhältnisse weiterhin verständlich. Auch ist nachzuvollziehen, dass diese verwirrend und kompliziert. Hohenfurch etwa Auseinandersetzungen meist auf dem Rücken der gehört mit dem Hochgericht zum Pfl eger von Bauern und der dörfl ichen Handwerker ausgetra- Schongau, mit dem Niedergericht aber hälftig zum gen wurden, mindestens immer dann, wenn die Abt von St. Mang/Füssen und zu zwei weiteren rechthaberischen kurfürstlichen Räte in München Adeligen. Hohenfurch war damit, getrennt in auf den störrischen Bischof von Augsburg trafen. Ober- und Unterdorf, in Hoch- und Niedergericht, So zum Beispiel in Schwabsoien, wo das Hoch- das eine bayerisch und das andere schwäbisch. gericht bei Bayern war, das Niedergericht aber In den Wäldern um Denklingen hatte Bayern dem schwäbischen Hochstift Augsburg gehörte. die niedere Jagd, dem Hochstift Augsburg aber Im Jahr 1563 greift dort der Herzog aus München stand die Hochwild-Jagd zu, meinte jedenfalls der ein, weil die Müller, die sich nicht an die neue und Bischof in Augsburg. So wird ständig gestritten, hochbelastende, hochstiftisch-augsburgische bisweilen auch geschossen, als nämlich am 12. Mühlordnung gehalten haben, deswegen vom August 1778 die Schongauer Bürger und Brüder hochstiftisch-augsburgischen Pfl eger in Oberdorf Johann Joseph und Johann Georg Filser, der eine mit saftigen Geldbußen belegt werden. Das sei Ratsmitglied und Inhaber der Brauereiwirtschaft Unrecht, nimmt München die Müller in Schutz, zur Glocke, der andere Bräuer und Mälzer zur weil die Maße und Gewichte in Schwabsoien Traube, als „Wil derer“ auf kurfürstlich beanspruch- vom Schongauer Pfl eger gesichtet werden und ten Jagdgründen zwischen Schwabniederhofen dort bayerische Maßstäbe gelten müssten, keine und Denklingen von hochstiftisch-augsburgischen bischöfl ich-augsburgischen. Vom Ausgang des Streites ist nichts bekannt, aber man kann es sich

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Jägern hinterrücks erschossen werden, während burgischen Pfl egämtern Füssen, Oberdorf, Buchloe sie gerade arglos beim Brotzeitmachen waren: und Schwabmünchen, und zwar ein für allemal. vulnerati per venatores plus quam duodenos, absque Dabei werden Schwabsoien und Hohenfurch, die sacramentis obierunt... cives honestissimi, steht im beiden Lechmühlen samt der Schmiede Hohen- Schongauer Pfarrmatrikelbuch: Tödlich verletzt wart, dazu die beiden Höfe zu Lechsberg und der durch mehr als 12 Jäger, starben sie ohne Empfang sog. Buchhof, insgesamt bayrisch, kommen also der Sakramente als ehrenhafteste Bürger; man vollständig zum Pfl eggericht Schongau, während könnte hinzufügen: und als Opfer der hartnäckig Ingenried, im Niedergericht von Steingaden und verfochtenen Rechtsstreitigkeiten zwischen dem im Hochgericht von Schongau, ganz nach Augs- Kurfürst und dem Bischof. burg wechselt und also hochstiftisch-schwäbisch wird. Die neue Grenze wird mit großen Steinen Erst in der großen Grenzbereinigung von 1785 markiert, die auf der nach Osten gewandten Seite wird eine für endgültig gedachte Grenzlinie die Buchstaben KB (Kurfürstentum Bayern) und gezogen, betreff end Landeshoheit, Steuerbarkeit, auf der Westseite HA (Hochstift Augsburg) zeigen. Quartierrechte, Reisbarkeit und Musterung, Malefi - Manche dieser Steine stehen noch an den heute zische Obrigkeit (= Hochgerichtsbarkeit), Niederge- historischen Grenzen und erinnern an eine obrig- richtsbarkeit, Forsteiligkeit uind Jagdbarkeit. Diese keitliche Grenzziehung, welche die Menschen im Grenzziehung trennt auf bayerischer Seite die Lechrain nie trennen konnte, wie die schwäbisch Grenzgerichte Schongau, Hohenschwangau und durchsetzte Mundart links und rechts des Lechs bis Landsberg genau ab von den hochstiftisch-augs- heute dokumentiert.

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Grenzkarte über die Landesgrenzen zwischen dem bayerischen Landrichteramt Schongau und den hochstiftisch-Augsburgischen Pfl ege ämtern Füßen, Oberdorf und Leeder nach dem Vergleich von 1785. Ausschnitt der Karte von 1785 im Bayerischen Haupt- staatsarchiv.

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Graswang.) Damit wird dieses Landgericht Schon- gau zum „Bilderbuch-Landkreis“, der von der Tiroler Grenze im Süden bis nach Stadl und Mundraching Die Neuordnung der kommunalen im Norden reicht und zu dem die Schlösser Linder- Verhältnisse: Das Landgericht Schongau , Hohenschwangau und (später) Neuschwanstein Mit der Neuordnung der Gemeindeverhältnisse sowie die Benediktinerabtei Ettal gehörten. im Jahre 1799 wird die Einrichtung „Pfl eggericht“ aufgelöst und in das Landgericht neuerer Ordnung In der Folge der Schaff ung von Landgerichten überführt, zu dem jetzt auch die regionale Finanz- wurde das Landgericht Schongau in 36 Steuer- verwaltung (Rentamt) gehört. Dieses neue Land- distrikte eingeteilt. Im Jahr 1852 erfolgte dann für gericht Schongau umfasst ab 1803 das Gebiet des die Wahrnehmung übergemeindlicher Selbstver- bisherigen Pfl eggerichts Schongau, das Gebiet des waltungsaufgaben die Bildung von sog. Districts- Gerichts Rauhenlechsberg (Aus nahme: Wessobrunn gemeinden, das ist für das Landgericht Schongau und Peißenberg kommen nach Weilheim), die ein eigener körperschaftlicher Verband, der durch Hofmark Rottenbuch, das Gericht Hohenschwangau den Districtsrat als Organ vertreten wird und den und das Gericht Ammergau (Ammertal, Ettal und der Landrichter als Vorsitzender leitet.

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Das königliche Landgericht Schongau in der Uraufnahme des Grundsteuerkatasters 1817

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Der Altlandkreis Schongau mit den Gemeindegrenzen

Im Jahr 1827 begann eine erneute Umschichtung (1879) abgetreten werden, nach Landsberg Stadl der Gemeinden. Als erstes müssen in diesem Jahr und Mund raching (1874) sowie an Garmisch die Ettal, Ober- und Unterammergau an das Landgericht Gemeinden Kohlgrub und Saulgrub (1913). Werdenfels abgegeben werden, wogegen in der Folge die Gemeinden Sachsenried und Die Verwaltungsreform 1862 bringt das (1852), Burggen, Tannenberg (1853) und Bezirksamt Schongau (1862) zu Schongau kommen. Nach Füssen müs- Mit dem Jahr 1862 endet in Bayern das alte Land- sen Schwangau (1865), Buching und Trauchgau gericht, die Gerichtsbarkeit wird abgetrennt und

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Grenzstein Nr. 63 bei Schwabniederhofen, gesetzt im Rahmen der Grenzbereinigung zwischen dem Hochstift Augsburg und dem Kurfürsten- tum Bayern im Jahre 1785. Der Stein zeigt die bayerische Seite mit der eingeschlagenen Inschrift „63. Pf(alz) B(ayern)“

Die Stadt Schongau in einer Ansicht von Norden. Rechts das Schloss mit dem Hoftor-Komplex. Gemälde in der Stadtpfarrkirche (Ausschnitt), 1. Hälfte 17. Jahrhunderts.

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einem eigenen Amtsgericht zugewiesen, währendnd die Verwaltung im jetzt so genannten Bezirksamtt Schongau zusammengefasst ist. Nach dem Erstenn Weltkrieg wird dann der neue Bezirk im sog. Selbstverwaltungsgesetz von 1919 und durch diee Bezirksordnung von 1927 von der strikten Staats-- aufsicht („Kuratel“) weitgehend freigestellt und auf den Weg zu einem Selbstverwaltungsorgan imm heutigen Sinn gebracht.

Der Bezirk und sein Amtmann werden preußisch Im Jahre 1939 werden, ganz im zentralstaatlichenn Sinn des Nazistaates, die bayerischen Amts- bezeichnungen getauscht und reichseinheitlich gemacht: das gute alte, bayerische Bezirksamt wird zum Landratsamt, der altbayerische Be- zirksamtmann muss jetzt die bisher in Preußen übliche Bezeichnung „Landrat“ annehmen, der bisherige „Bezirk“ wird dagegen zum „Kreis“, und damit beispielsweise die „Bezirkssparkasse“ zur neuen „Kreissparkasse“ Schongau. Umgekehrt wird der bisherige „Kreis“ in den bis heute so benannten (Regierungs-) Bezirk umbenannt, in unserem Fall Oberbayern.

1952 entsteht die kommunale Selbstverwaltung Nach dem Zweiten Weltkrieg regelte im Jahre 1952 die Bayerische Landkreisordnung die Verhältnisse neu und machte die Land- kreise endlich zu Trägern echter kommunaler Selbstverwaltung. Seit dieser Zeit leitet der un mittelbar vom Volk gewählte Landrat nicht nur Relief-Steinbild vom Epitaph des Land- und Stadtrichters Jakob die Selbstverwaltung des Kreises mit seinen Orga- Christoph zu Mayenburg und Tisens in der Stadtpfarrkirche Schongau nen Kreistag und Ausschüsse, sondern auch das staatliche Landratsamt als untersten staatlichen Verwaltungsbezirk. gehen die Gemeinden Apfel dorf, Epfach, Kinsau, (an Landsberg) sowie Bayersoien (an 1972: Finis Schongaviae Garmisch-Partenkirchen). Weiterhin halten aber Die Landkreisreform von 1972 beendet schließ- die Außenstellen des neuen Landratsamtes, darun- lich den eigenständigen Landkreis Schongau. ter eine immer noch im ehemaligen Schongauer Das Gebiet wird überführt in den neuen Landkreis Schloss, in der Stadt Schongau die dort seit nahezu Weilheim-Schongau. Hinzu kommt (von Markt- 800 Jahren bestehende Tradition einer regionalen oberdorf) die Gemeinde Ingenried, verloren Staatsverwaltung aufrecht.

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Denkwürdige Inhaber der Pfl eger- bzw. Landrich- terstelle in Schongau waren in vergangener Zeit zum Beispiel Johann Friedrich von Hörwarth, der in den Jahren 1589 – 92 die berüchtigten Schongauer Hexenprozesse und Hinrichtungen durchführte. Von dessen Vorgänger Jakob Chris- toph Lidel zu Mayenburg und Tisens († 1595) hat sich ein lebensgroßes vollplastisches Relief in der Stadtpfarrkirche erhalten.

Der äußerst unbeliebte Landrichter De Crignis musste sich im aufgeregten Revolutionsjahr 1848 einem gewalttätigen Ultimatum der Schongauer Bürgerschaft beugen und verließ samt seiner Familie innerhalb von 10 Minuten in einer Kutsche die Stadt auf Nimmerwiedersehen.

Die Schongauer Landräte nach 1945 waren Xaver Bauer (bis 1946), Franz Josef Strauß (1946-1948) Der neugewählte Landrat Dr. Gustav Hilger (rechts) mit seinem und Dr. Gustav Hilger (1948-1970). Vorgänger und Stellvertreter Franz Josef Strauß 1948 in Peiting.

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Der letzte Landrat des eigenständigen Land- kreises Schongau war von 1970-1972 Manfred Blaschke.

Landrat Manfred Blaschke 1972 mit Schongauer Kommu- nalpolitikern (von links): Dr. Zedelmaier, Bürgermeister Georg Handl, 2. Bürger meister Richard Scheinert und Fraktionsvorsitzender Carl Pongratz

Bildnachweis: Seite 13: Foto Jilka

Seite 14: Tourismusverband Pfaff enwinkel Dießener Straße 6 · 86956 SCHONGAU · ` 08861/7527 · Fax 08861/200509 Seite 16: linke Spalte oben: Foto Schmidbauer [email protected] · www.schongauer-maerchenwald.de (Original im Bayer. Nationalmuseum) 6FKRQJDXHU0lUFKHQZDOGXQG7LHUSDUN linke Spalte unten: Foto Sammlung Schmidbauer *HJUQGHWYRQ+DQVXQG*UHWHO6FKPLG6HLWIKUW7RFKWHU 6XVDQQH+DOOPDQQ JHE6FKPLG PLWLKUHP(KHPDQQ0D[+DOOPDQQGHQ0lU rechte Spalte: Foto Schmidbauer FKHQZDOGLQGHU*HQHUDWLRQ9RP+DXSWSODW]EHLP(LQJDQJZRGLH.LQGHUHLQ Seite 17: Foto Schmidbauer 6SLHOSODW]HPSIlQJWIKUWHLQ:DOGZHJ]XGHQ'DUVWHOOXQJHQGHUEHNDQQWHVWHQ Seite 18: oben: Foto Schmidbauer 0lUFKHQGHU*HEUGHU*ULPP-HGHP0lUFKHQLVWHLQHLJHQHVNOHLQHV+lXVFKHQ rechts Spalte unten: Aus: F. Trautmann, Die Abenteuer JHZLGPHW$XI.QRSIGUXFNJHKWGDV/LFKWDQGLH3XSSHQEHZHJHQVLFKXQG Hz. Christophs, 1905. GD]XZLUGGDV0lUFKHQLQ.XU]IRUPHU]lKOW*HKHJHPLW+LUVFKHQ:LOGXQG +lQJHEDXFKVFKZHLQHQ6FKDIH=LHJHQXQGYHUVFKLHGHQH9ROLHUHQPLW9|JHOQ Seite 19: oben: Landratsamt Weilheim-Schongau VRUJHQIU]XVlW]OLFKH$EZHFKVOXQJ3RQ\UHLWHQIU.LQGHUJUR‰HU6SLHOSODW] Seite 22: Bayer. Hauptstaatsarchiv, Plansammlung 6724 =XP9HUZHLOHQOlGWHLQHJUR‰H6RQQHQWHUUDVVHHLQYRQGHUPDQGHQ6SLHOSODW] Seite 24: Bild: Stadt Schongau JXWEHUEOLFNHQNDQQ'HU0lUFKHQZDOGLVWIU5ROOVWXKOIDKUHUJHHLJQHW'DV Seite 25: Bild: Landkreis Weilheim-Schongau 0LWIKUHQYRQ+XQGHQDQGHU/HLQHLVWHUODXEW Seite 26: oben: Foto Sammlung Hofmann, Stadtarchiv Schongau 1HX.OHWWHUJDUWHQÅ=DXEHUZDOG´XQG6HLOEDKQ/LHJHZLHVHQPLW6RQQHQOLHJHQ unten: Foto Schmidbauer ,QIRUPDWLRQHQXQG3URVSHNWH6FKRQJDXHU0lUFKHQZDOGXQG7LHUSDUN Seite 27: Foto Schmidbauer 'LH‰HQHU6WU'6FKRQJDX7HO)D[ Seite 30: Foto: Archiv CSU-Schongau (PDLOLQIR#VFKRQJDXHUPDHUFKHQZDOGGHZZZVFKRQJDXHUPDHUFKHQZDOGGH Seite 31: Foto: Archiv CSU-Schongau

29 DIE ALTLANDKREISE WEILHEIM UND SCHONGAU

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30 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Bernhard Wöll Kreisarchivpfl eger des Landkreises Weilheim-Schongau seit 2010

er Landkreis Weilheim-Schongau feiert dieses Jahr sein vierzigjähriges Bestehen. Mit Dder Gebietsreform entstand am 1. Juli 1972 aus den Kreisen Schongau und Weilheim ein gemeinsamer Landkreis. Die Zusammenlegung stieß in den beiden Landkreisen anfangs nicht überall auf ungeteilte Zustimmung, jeder sah sich zunächst mehr oder minder als Verlierer. Der Altlandkreis Weilheim verlor mit Murnau und den Gemeinden um den Staff elsee und den Riegsee sein touristisches Aushängeschild. Der Altlandkreis Schongau befürchtete, vom größe- ren Altlandkreis Weilheim völlig vereinnahmt zu werden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam es zu einem weitgehend reibungslosen Zusammenwachsen und mittlerweile selbst- verständlich gewordenen Miteinander.

Zusammenwachsen bedeutet aber nicht, dass es keine Unterschiede mehr gibt oder geben darf. Als ehrenamtlicher Kreisarchivpfl eger – mit der Aufgabe, die Gemeinden bei der Führung sowie der Pfl ege ihrer Archive und damit bei der Erhaltung ihres kollektiven Gedächtnisses zu unter- stützen – sehe ich in den historisch gewachsenen Unterschieden in unserem Heimatlandkreis keinen Nachteil. Heimat bewusst erleben bedeutet für mich, Brauchtum, Tradition und Heimat- geschichte zu pfl egen und immer wieder neu zu beleben, denn sie gehören zum erhaltens- werten Erbe, das den Gemeinden unseres Landkreises ihre unverwechselbare Identität verleiht.

Dem Landkreis Weilheim-Schongau und seinen Bürgern möchte ich zum Jubiläum gratulieren und weiterhin viel Erfolg wünschen.

Ihr Bernhard Wöll

31 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Vom Landgericht zum Landkreis Die Kreise Schongau und Weilheim 1803 bis 1972

von Kreisarchivpfl eger Bernhard Wöll

Montgelas Reformen in Staat eerste Staatsverfassung von 1808 ein, und Verwaltung so wurde der Landesfürst zu einem Organ des Staates. Der rational durch- Der Regierungsantritt von Kurfürst strukturierte Staat duldete aber keine Max Joseph im Februar 1799 leitete Ausnahmen mehr, die auf früherem eine neue Epoche in Bayern ein. Unter eeigenen Recht beruhten, die Folge war seiner Regentschaft erlebte das Land denen didie Einverleibung der Reichsritterschaft, bislang größten Umbruch in seiner Ge- ddie Übernahme der Post, die Mediati- schichte. Während der Regierungszeit sierung der Adelsherrschaften und die seines Vorgängers Karl Theodor war Säkularisation der Klöster. Ab 1802 Bayern noch kaum von den Auswir- begann er mit der Beseitigung der

kungen der Französischen Revolution Graf Maximilian von Montgelas Selbstverwaltung in den Städten und den Ideen der Aufklärung erfasst und Märkten, die er in den Edikten worden, erst unter Max IV. Joseph (ab 1806 König über die Gemeindebildung und das Gemeinde- Max I. Joseph) und dessen Minister Graf Montgelas wesen in der Konstitution von 1808 verankerte. Mit setzte ein grundlegender Wandel ein. In der Folge der Verstaatlichung der Kommunalverwaltungen erhielt Bayern die Konstitution von 1808 und die nahm Montgelas eine tief greifende Veränderung erste Verfassung von 1818. Eingeleitet wurde auch vor. Die Gemeinden standen von da an unter staat- die Neuorganisation der inneren Verwaltung, die licher Kuratel und alle wichtigen Amtshandlungen von seinen Nachfolgern Ludwig I. und Maximi- mussten staatlichen Kommunaladministratoren lian II. vollendet wurde. Die 1799 eingeleiteten vorgelegt und von diesen genehmigt werden. Die Veränderungen in Staat und Verwaltung wurden vollständige Beseitigung der Selbstverwaltung zu Recht als Montge las Reformwerk bezeichnet. erwies sich aber bald als Fehler, da sie im Endeff ekt Graf Maximi lian von Montgelas holte damit für die Entwicklung von funktionierenden Gemeinden Bayern eine Entwicklung nach, die sich in anderen verhinderte, daher setzte ab 1818 ein Umdenken Staaten schon im ausgehenden 18. Jahrhundert ein und man räumte in mehreren Schritten den angebahnt hatte. Ausgangspunkt seines Reform- Gemeinden mehr Rechte und schließlich mit der werkes war die Abkehr von der absolutistisch Gemeindeordnung von 1869 wieder das Selbstver- geprägten Vorstellung, der Staat ist das Eigen- waltungsrecht ein. tum eines Fürstenhauses. Trotz des Bruches mit der bis dahin in Bayern noch vorherrschenden Auff assung des Staates als Besitz einer Dynastie, war das Reformwerk die stärkste Stütze für die Monarchie in Bayern. Montgelas baute sie in die

32 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Veränderungen auf der unteren Altersheime, die Betreuung überörtlicher Schulen, Verwaltungsebene von 1803 bis 1972 die Beschaff ung größerer Feuerwehrgeräte sowie die Einrichtung von Sparkassen, Getreidemagazi- Einführung der Landgerichte älterer Ordnung 1803 nen oder ähnlichen Wirtschaftsbetrieben Mit der Verordnung vom 20. August 1803 wurden in ganz Bayern einheitliche Landgerichte geschaf- Einführung der Bezirksämter 1862 fen, die zugleich Gerichte der ersten Instanz und Die in der Kammer der Abgeordneten ab 1819 untere Verwaltungsbehörde waren. Eine genaue immer wieder vorgebrachten Anträge, welche die Beschreibung der Verwaltungstätigkeiten gab es Trennung von Justiz und Verwaltung forderten, nicht. Aufschluss über die Verwaltungsaufgaben gehörten zu den wichtigsten liberalen Anliegen des Landgerichts gewährte eigentlich nur der der Vormärzzeit. In den folgenden Jahren wehrte wesentlich später herausgegebene Aktenplan sich König Ludwig I. aber gegen eine solche Ent- für die Landgerichte. Zu den Aufgaben gehörten wicklung, da er in der Trennung beider Aufgaben- zum Beispiel die Erteilung der Staatsbürgerschaft, bereiche eine Schwächung der Staatsautorität sah. das Niederlassungs-, das Ein- und Auswande- Unter dem Justizminister Georg Ludwig von Mau- rungsrecht, das Passwesen, der Bau und Unterhalt erer kam die Diskussion über die Behörden- und der Staatsstraßen, die Erteilung von Bau geneh- Gerichtsreform allmählich in ihr entscheidendes mi gungen, die Errichtung von Sparkassen, Stadium. Die Verwirklichung zog sich aber noch die Armen pfl ege oder etwa die Erteilung von über ein Jahrzehnt hin, da die Neuordnung auch Gewerbe konzessionen. Behördenvorstand war der das gesamte Gerichtsverfassungs- und Gerichts- Landrichter, der unter alleiniger Verantwortung die verfahrensrecht beinhaltete. Erst unter dem Justiz- Verwaltungsaufgaben unter Aufsicht der General- minister Karl von Mulzer wurde die Behörden- und kreiskommissäre wahrzunehmen hatte. Als mit der Gerichtsreform energisch vorangetrieben. Im späteren Trennung von Justiz und Verwaltung 1862 November 1861 waren die Verhandlungen über neben Verwaltungsbehörden auch eigenständige die geplante Reform, einschließlich des Gerichts- Gerichte für die Zivilgerichtsbarkeit erster Instanz verfassungs- und des Notariatsgesetzes, in beiden und für strafrechtliche Untersuchungsaufgaben Kammern des Landtages abgeschlossen. entstanden, wurde zur besseren Unterscheidung bei der Nennung früherer Landgerichte der Zusatz Mit Wirkung vom 1. Juli 1862 erfolgte die Trennung „älterer Ordnung – abgekürzt ä.O.“ angefügt. von Justiz und Verwaltung, für die Verwaltungs- aufgaben waren fortan die neu geschaff enen Be- Einführung der Distriktsgemeinden 1852 zirksämter zuständig. Die neuen Behörden wurden Aufgrund des Gesetzes über die Distriktgemeinden von Bezirksamtmännern (ab 1920 Bezirksoberamt- und Distrikträte vom 28. Mai 1852 wurden für männern) geleitet, die als eingesetzte Staats- jeden Landgerichtsbereich die Distriktsgemeinden beamte ihre Aufgaben in alleiniger Verantwortung als übergemeindliche Selbstverwaltungskörper- wahrnahmen. Vertretungsorgan war der gewählte schaften eingeführt, deren Vertretungsorgan ein Distriktsrat bzw. ab 1919 der Bezirkstag, dessen gewählter Distriktsrat war. Wichtigstes Verwal- wichtigstes Gremium der Bezirksausschuss war. tungsgremium war der vom Distriktsrat gebildete Die Bezirksämter wurden, wie die kreisunmittel- Distriktsausschuss. Den Vorsitz in beiden Gre mien baren Städte, den Kreisregierungen unterstellt. führte der Vorstand des Landgerichtes. Die Auf- Den rechtlichen Status von Körperschaften des gaben der Distriktsgemeinden waren schon mit öff entlichen Rechts erhielten die Bezirksämter denen der heutigen Landkreise vergleichbar. Zu jedoch erst mit dem Selbstverwaltungsgesetz vom den Kernaufgaben gehörte der Bau und der Unter- 22. Mai 1919. Gleichzeitig wurde das Wahlrecht zu halt der Distriktstraßen, der Krankenhäuser und den Bezirkstagen modernisiert. Die Bezirkstage

33 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

und die Bezirksausschüsse wählten nun ihre Vorsit- handeln und gleicht damit den beschließenden zenden, die nicht mehr automatisch die Amtsvor- Ausschüssen von Stadt- oder Gemeinderäten, stände der Behörden waren. allerdings mit einem wesentlichen Unterschied, er ist laut Landkreisordnung ein ständiges Organ und Umbenennung der Bezirksämter in Landkreise 1939 kann nicht vom Kreistag aufgelöst werden. Damit Unter der nationalsozialistischen Diktatur wurde besitzt der Kreisausschuss eine ausgesprochene in den Bezirksämtern das sog. Führerprinzip einge- Schlüsselposition. führt und dem Bezirksausschuss seine bisherigen Rechte genommen. Seine Aufgaben wurden an Aufgrund seiner Entstehungsgeschichte besitzt einen verkleinerten Bezirkstag übertragen, der nur das Landratsamt noch heute eine Doppelstellung. noch eine beratende Funktion ausübte, die allei- Es ist Staatsbehörde und erledigt unter Leitung nige Entscheidungsbefugnis lag von da an beim des Landrats Aufgaben der Staatsverwaltung Bezirksoberamtmann. Mit Wirkung vom 1. Januar im Kreisgebiet und auf der anderen Seite ist das 1939 wurde die aus der preußischen Verwaltungs- Landratsamt gleichzeitig Kreisbehörde mit vielfäl- tradition herrührende Bezeichnung „Landkreis“ tigen Aufgaben im eigenen oder im übertragenen und „Landrat“ eingeführt. Wirkungskreis. Neben den staatlichen Aufgaben des Natur- und Umweltschutzes, des Straßen- Demokratischer Neubeginn nach 1945 verkehrswesens, des Gesundheitswesens, des Nach der in Bayern 1946 erfolgten Wiederherstel- Bau- und Gewerberechtes, des Ausländerrechtes lung der kommunalen Selbstverwaltung wurden oder der Kommunalaufsicht und den Aufgaben die Kreistage wieder als demokratisch gewählte des übertragenen Wirkungskreises, dazu zählen Vertretungsorgane eingeführt, die Bezeichnungen etwa das Wohngeld, die Unterhaltssicherung und Landkreis und Landrat wurden jedoch beibehal- die Ausbildungsförderung, gehören die Abfall- ten. Der Landrat war aber nicht mehr ein einge- beseitigung, der Bau und Unterhalt von Straßen, setzter Staatsbeamter, sondern Wahlbeamter, die Trägerschaft von Krankenhäusern und Schulen, der zunächst als Kreistagsangehöriger von den die Sozialhilfeverwaltung und die Jugendwohl- Kreistagsmitgliedern gewählt wurde (1946 für fahrt zu den wichtigsten Aufgaben des eigenen zwei Jahre und 1948 für vier Jahre), ab 1952 für Wirkungskreises. sechs Jahre und in direkter Wahl durch die Land- kreisbevölkerung. Änderungen und Entwicklungen im Kreis Schongau von 1803 bis 1972 Ab 1946 wurde der Kreistag wieder das wichtigste Organ des Landkreises, der ab 1946 zunächst Bei der Entstehung der neuen Landgerichte 1803 für zwei Jahre, von 1948 bis 1960 für vier Jahre kamen Teile des Gerichtes Hohenschwangau und gewählt wurde und seit 1960 jeweils für sechs der Gerichte Landsberg, Murnau und Rauchen- Jahre gewählt wird. Der Kreistag ist das oberste lechsberg hinzu. Das Landgericht Schongau setzte Verwaltungsgremium des Landkreises und fällt die sich zunächst aus der Stadt Schongau und 36 wichtigsten Entscheidungen, zum Beispiel über die Ruralgemeinden zusammen, aus denen zwischen Aufstellung und Verabschiedung des Kreishaushal- 1808 und 1818 die nachstehenden 30 politischen tes, die Festsetzung von Abgaben und Gebühren Gemeinden gebildet wurden: Altenstadt, Apfel- oder den Ausbau und Unterhalt der Kreisstraßen. dorf, Bayerniederhofen, Bayersoien, Birkland, Weniger schwerwiegende Entscheidungen triff t Böbing, Epfach, Ettal, Fronreiten, Hohenfurch, der Kreisausschuss. Der Kreisausschuss, scherzhaft Hohenpeißenberg, Kinsau, Kohlgrub, Kurzenried, auch das „Kabinett des Landkreises“ genannt, Oberammergau, Oberhohenfurch, Peiting, Prem, kann in einem festgelegten Rahmen selbstständig Reichling, Rottenbuch, Saulgrub, Schongau,

34 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Amtssitz des Landgerichtes, Bezirksamtes und Landratsamtes Schongau und der heutigen Außenstelle des Landratsamtes Weilheim-Schongau

Schwabniederhofen, Schwabsoien, Stadl, Stein- Bezirksamt Garmisch und 1939 die Gemeinden gaden, Trauchgau, Unterammergau, Urspring, Fronreiten, Lauterbach und Urspring zur neuen Waltenhofen und Wildsteig. Gemeinde Steingaden zusammengelegt wurden.

Im Laufe der Zeit kamen einige Gemeinden hinzu Unverändert blieb bis zum heutigen Tage der oder mussten an andere Landgerichte, Distrikts- Amtssitz, der 1486 bis 1490 durch Herzog Chris- gemeinden bzw. Bezirksämter abgegeben werden. toph den Starken errichtet wurde. Im Spanischen 1827 wurden die Gemeinden Ettal, Oberammer- Erbfolge krieg wurde er 1704 schwer beschä- gau und Unterammergau an das Landgericht digt, unter anderem wurden die beiden Türme Werdenfels abgetreten. Dagegen kamen 1852 die gesprengt. 1771/72 wurde ein größerer Umbau Gemeinden Sachsenried und Schwabbruck, 1853 vorgenommen, der zwei geschossige Nordfl ügel die Gemeinden Burggen und Tannenberg hinzu wurde erst 1938 angefügt. sowie bei der Bildung des Bezirksamtes Schongau 1862 die Gemeinde Bernbeuren. Das Bezirksamt Der Bezirk bzw. der Landkreis Schongau grenzte Schongau bestand zu dieser Zeit aus 32 Gemeinden im Norden an den Bezirk Landsberg, im Osten und zählte insgesamt 19.924 Einwohner. In den Jah- an den Bezirk Weilheim, im Süden an die Bezirke ren 1874 bis 1939 sank die Zahl der bezirks- bzw. Garmisch (vormals Werdenfels) und Füssen sowie kreis angehörigen Gemeinden auf 30 (Stand 1875), an das Nachbarland Tirol sowie im Westen an 1895 auf 28 und 1939 schließlich auf 24 Gemein- die Bezirke Marktoberdorf und an den ab, da 1874 die Gemeinden Mund raching und erstreckte sich zuletzt über ein Gebiet von und Stadl zum Bezirksamt Landsberg kamen, die 526 qkm. In seinem Bereich befanden sich 1867 Gemeinden Buching und Trauchgau 1880 zum Be- fünf Postexpeditionen und zwar in Peiting, Rotten- zirksamt Füssen, die Gemeinde Kohlgrub 1913 zum buch, Schongau, Steingaden und in Trauchgau.

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37 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Landkreis Schongau 1965

38 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Zu den wichtigsten Verkehrsverbindungen ge hör - Änderungen und Entwicklungen ten die Hauptstraßen von Schongau über Hohen- im Kreis Weilheim von 1803 bis 1972 furch nach Landsberg, über Peißenberg nach Weilheim, ferner über Peiting und Steingaden Mit der Neuordnung von 1803 erhielt das Land- nach Hohenschwangau und Füssen sowie über gericht Weilheim Gemeinden des Landgerichts Peiting und Rottenbuch nach Partenkirchen und Landsberg, Rauchenlechsberg und des Gerichts Mittenwald. Von besonderer Bedeutung waren Murnau zugesprochen. Das Landgericht Weilheim auch die Eisenbahnverbindungen von Schongau bestand neben der Stadt Weilheim zunächst aus nach Landsberg und über Peißenberg zum Eisen- 45 Ruralgemeinden, aus denen zwischen 1808 bahnknotenpunkt Weilheim. und 1818 die folgenden 42 politischen Gemein- den hervorgingen: Aidling, Ammerhöfe, Antdorf, Die Wirtschaftsstruktur des Bezirkes bzw. späteren Arnried, Bernried, Deutenhausen, Eberfi ng, Eglfi ng, Landkreises war bis in die zweite Hälfte des 20. Etting, Fischen am Ammersee, Forst, Frauenrain, Jahrhunderts überwiegend von der Landwirtschaft Großweil, Habach, Haid, Haunshofen, Hechen- und dem Handwerk geprägt. Mittelständische dorf, Huglfi ng, Iff eldorf, Kleinweil, Magnetsried, Unternehmen und die wenigen Industriebetriebe Murnau, Oberhausen, Obersöchering, Oderding, konzentrierten sich überwiegend auf den Markt Pähl, Polling, Riegsee, Sankt Johannisrain (1911 Peiting und die Stadt Schongau, dazu zählten Umbenennung in Penzberg), Schlehdorf, Schöff au, insbesondere der Steinkohlebergbau in Peiting Seehausen am Staff elsee, Seeshaupt, Sindelsdorf, und Hohenpeißenberg, mehrere Brauereien, zwei Spatzenhausen, Uffi ng am Staff elsee, Unterhau- Hammerschmieden, zwei Eisenhütten und eine sen, Unterpeißen berg (1919 Umbenennung in Holzstoff - bzw. Papierfabrik. Erst nach dem 2. Welt- Peißenberg), Weilheim, Weindorf, Wessobrunn und krieg siedelten sich im Landkreis Schongau zahl- Wielenbach. Die Gesamtzahl der kreisangehöri- reiche neue Betriebe an. Die Industrie beschäftige gen Gemeinden blieb bis zur Kreisgebietsreform 1966 in 81 Betrieben 4.076 Menschen. Im Bergbau unverändert, nur bei der Zugehörigkeit zum Bezirk waren rund 1.400, in der Industriegruppe Holz- bzw. Landkreis Weilheim ergaben sich zwei Verän- Papier-Druck rund 1.300 und in der Textil- und derungen, die Gemeinde Raisting kam 1881 vom Lederindustrie 1.705 Arbeitnehmer tätig. Zu einem Bezirk Landsberg zum Bezirk Weilheim und die wichtigen Arbeitgeber im Landkreis entwickelte Gemeinde Arnried schied 1938 als Kreisgemeinde sich auch das Handwerk, so wurden 1966 in 675 aus, da sie ihre Selbstständigkeit verlor und auf Handwerksbetrieben mehr als 3.200 Beschäftigte die Gemeinden Eberfi ng und Seeshaupt aufgeteilt gezählt. Zu den aufstrebenden Unternehmen im wurde. Der Bezirk bzw. spätere Landkreis Weilheim Bereich Handel und Banken zählten 1964 auch 374 umfasste 686 qkm und grenzte im Norden an die Groß- und Einzelhandelsfi rmen mit 1.541 Beschäf- Bezirke Landsberg und München links der Isar tigten sowie das Netz der Sparkassenzweigstellen (1902 umbenannt in Bezirk Starnberg), im Westen und Bankfi lialen. Nicht vergessen werden darf die an Schongau, im Süden an Werdenfels (später um- Luftlande- und Lufttransportschule der Bundes- benannt in Bezirk Garmisch, ab 1936 in Garmisch- wehr in Altenstadt, die mit über 600 Beschäftigten Partenkirchen) sowie im Osten an München rechts und jährlich rund 5.000 Lehrgangsteilnehmern seit der Isar (1902 umbenannt in Bezirk Wolfratshau- 1958 ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region sen) und Tölz. ist. Zunehmend an Bedeutung gewann auch der Fremdenverkehr, der eine immer größer werdende Anzahl von Besuchern in den Landkreis führte, vor allem zur Wieskirche und den Klosterkirchen Steingaden und Rottenbuch.

39 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Landkreis Weilheim 1958

40 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Der Amtssitz des Landgerichtes und seiner Im Bezirksamt Weilheim befanden sich 1867 sie- Nachfolgebehörden wechselte mehrfach. Von ben Post- und Eisenbahnexpeditionen und zwar 1803 bis 1811 war der Landrichter im Westteil in den Orten Bernried, Penzberg, Seeshaupt, Stalt- des ehema ligen herzoglichen Kastens in der dach, Peißenberg, Weilheim sowie Wilzhofen sowie Hof gasse untergebracht. Ab 1812 bis 1961 zwei Postexpeditionen in Antdorf und Murnau. Zu diente der frühere Zehentkasten des Klosters den wichtigsten Verkehrsverbindungen zählten Ettal in der Oberen Stadt dem Landgericht, dem zu dieser Zeit die Hauptstraßen über Starnberg Bezirksamt und schließlich dem Landratsamt als nach München, über Murnau nach Partenkirchen Dienstgebäude. 1962 erfolgte der Umzug in das sowie über Wessobrunn nach Landsberg und über von der Stadt Weilheim einige Jahre zuvor schon Deutenhausen und Magnetsried nach Seeshaupt. erworbene ehemalige Realschulgebäude, in dem Von großer Bedeutung waren auch die Eisenbahn- von 1938 bis 1945 die NSDAP-Kreisleitung, nach verbindungen von Weilheim über Tutzing und 1945 die amerikanische Militärregierung und Starnberg nach München und die im weiteren anschließend das Arbeitsamt und andere Ämter Streckenausbau errichteten Verbindungen nach untergebracht waren. Murnau (später bis Garmisch und weiter über

Amtssitz des Landgerichtes, Bezirksamtes und Landratsamtes Weilheim in der Oberen Stadt von 1812 bis 1962

41 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

Mittenwald nach Innsbruck) sowie über Dießen einem Leichtmetallverarbeitungsbetrieb in Weil- nach Augsburg, über Peißenberg nach Schongau heim kaum eine nennenswerte Industrie. Mitte und über Tutzing nach Penzberg. der 60er Jahre zählte der Landkreis bereits über 50 Industrie betriebe mit rund 9.000 Beschäftigten Die Wirtschaft im Bezirk bzw. im Landkreis Weil- und einen Jahresumsatz von ca. 192 Millionen DM. heim war bis in die Nachkriegszeit noch maß- Zu den größten Arbeitgebern in den vier bedeu- geblich von der Landwirtschaft geprägt. Welche tendsten Industriestandorten Weilheim, Penzberg, Bedeutung die Land- und Forstwirtschaft bis Peißenberg und Murnau zählte der Bergbau mit hinein in die sechziger Jahre des letzten Jahr- etwa 3.000, die Sand-, Kies-, Ziegel- und Beton- hunderts besaß, wird am damaligen Anteil der industrie etwa 250, die Metallindustrie etwa 1.500 land- und forstwirtschaftlichen genutzten Fläche und die Textil-, Leder- und Bekleidungsindustrie ersichtlich, der 1963 noch 92 % der Gesamtfl äche etwa 2.000 sowie die Ernährungsindustrie etwa des Landkreises ausmachte. Während im Kreis 400 Beschäftigte. Eine nicht minder bedeutende Weilheim bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhun- Rolle nahmen die rund 1.100 Handwerksbetriebe derts die meisten Arbeitsplätze von der Land- und ein, die einen Umsatz von ca. 170 Millionen DM Forstwirtschaft gestellt wurden, entwickelten erzielten und zusammen fast 6.000 Menschen sich Handwerk, Handel und Industrie bald zu den beschäftigten sowie mehr als zwei Drittel der größten Arbeitgebern. gewerblichen Lehrlinge ausbildete. Gleiches traf auch auf den Handel sowie auf die Sparkassen und Vor dem 2. Weltkrieg gab es im Kreis Weilheim Banken als Kredit geber für Gewerbe, Handel und außer den Bergwerken in Penzberg und Peißen- Industrie zu, die einen wesentlichen Beitrag zum berg sowie einem Holzverarbeitungswerk und Wirtschaftsaufschwung im Kreis Weilheim leiste-

Amtssitz des Landratsamtes Weilheim ab 1962 sowie des Landratsamtes Weilheim-Schongau seit 1972 (heutiges Amtsgebäude I)

42 VOM LANDGERICHT ZUM LANDKREIS

ten. An Bedeutung gewann von Jahr zu Jahr auch der Fremdenverkehr in den drei Haupt gebieten im Raum Murnau, Bernried und Seeshaupt, der über eine halbe Million Gästeübernachtungen verzeichnen konnte.

Die Entstehung des neuen Landkreises Weilheim-Schongau Mit 143 Landkreisen besaß Bayern die größte Zahl von unteren Verwaltungsbehörden in der Bundes- republik Deutschland. Nach der Fläche und der Bevölkerungszahl waren die bayerischen Land- kreise im Durchschnitt aber wesentlich kleiner als die Kreise in anderen Bundesländern. Nach Ansicht der bayerischen Staatsregierung war eine Kreis- gebietsreform unumgänglich geworden, von der Bildnachweis: man sich eine deutliche Stärkung der Eff ektivität Büste Montgelas: Bayerisches Nationalmuseum München und der Wirtschaftlichkeit versprach. Dazu war Karte Landkreis Schongau: Landkreisbuch Schongau 1965 nach Erhebungen des Statistischen Landesamtes Karte Landkreis Weilheim: Landkreisbuch Weilheim 1958 Amtsgebäude Landratsamt Schongau: Stadtarchiv Schongau eine Einwohnerzahl von ca. 80.000 Einwohnern Amtsgebäude Bezirksamt/Landratsamt Weilheim Obere Stadt: pro Landkreis erforderlich. Anfang 1971 beschloss Stadtarchiv Weilheim die Staatsregierung die Einleitung einer Gebiets- Amtsgebäude Landratsamt Weilheim Pütrichstraße: Landratsamt reform, die 1972 in Kraft treten sollte. Weilheim-Schongau

Mit der Kreisgebietsreform vom 1. Juli 1972 ent stand auch der neue Landkreis Weilheim- Schon gau mit Sitz in Weilheim. Entsprechend dem Entwurf der Staatsregierung aus dem Jahre 1971 entschied man sich für diese Lösung, da der Landkreis Schongau die Richtwerte der Land- kreisreform bei weitem nicht erreichte und seine Stadtmuseum Weilheim Aufgaben alleine nicht lösen konnte. Daher bot Alte Meister – Junge Kunst sich laut dieses Entwurfes ein Zusammenschluss Das Stadtmuseum zeigt auf drei Stockwer- der Landkreise Schongau und Weilheim an, ken bedeutende Objekte zur bayerischen welche eine gemeinsame Wirtschaftsstruktur Kunstgeschichte und zur Stadtgeschichte und Interessenlage aufwiesen. Für diese Raum- Weilheims. Daneben finden in der Galerie ordnung sprach auch die hauptsäch liche Aus - für zeitgenössische Kunst wechselnde Aus- stellungen zeitgenössischer Künstler statt. richtung des Schongauer Raumes auf den Land- kreis Weilheim, wie sich aufgrund von Pendler- Stadtmuseum Weilheim Marienplatz 1, 82362 Weilheim i.OB zählungen ergeben hatte. Tel. 0881 682-601, www.museum.weilheim.de Der vorläufi ge Name des neuen Landkreises lautete zunächst Weilheim i. OB und wurde durch Di.-Sa. 10.00–17.00 Uhr So. 14.00–17.00 Uhr Beschluss des Kreistages am 1. Mai 1973 auf den Mo. geschlossen Namen Weilheim-Schongau festgelegt.

43 DIE WAPPEN DER ALTLANDKREISE

Die Wappen der Altlandkreise

von Hans Rehbehn, Landratsamt Weilheim-Schongau

Der Landkreis Schongau gehörte zum bayeri- Seine Ursprünge liegen im ehemaligen wittels- schen Oberbayern. Er war der bachischen Hochgericht Schongau, das zeitweise einzige Landkreis Oberbayerns, der mit einem gro- vom im Norden bis Schwangau im Süden ßen Teil seines Gebiets inklusive der Kreisstadt auf reichte. Als Teil des oberbayerischen Pfaff enwinkels schwäbisches Gebiet westlich des Lechs ausgriff . beherbergte der Landkreis Schongau die Klosteror- te Steingaden und Rottenbuch, den Wallfahrtsort Im Norden grenzte der Landkreis an den Landkreis Hohenpeißenberg und die berühmte Wallfahrts- , im Osten an den Landkreis kirche in der Wies (Wieskirche). Begrenzt wurde Weilheim i.OB., im Südosten an den Landkreis der Landkreis von zwei markanten Vorbergen der Garmisch-Partenkirchen, im Südwesten an Bayerischen Alpen: dem Auerberg im Westen und den Landkreis Füssen, im Westen an den Land- dem Hohen Peißenberg im Osten. kreis Marktoberdorf und im Nordwesten an den Landkreis Kaufbeuren.

Auszug aus dem Beschluss protokoll des Kreisausschusses Schongau. Der Kreisausschuss beschloss am 14.08.1952 die Einführung eines Landkreiswappens.

44 DIE WAPPEN DER ALTLANDKREISE

Entwurf für ein Wappen des Landkreises Schongau. Erste Reinzeichnung und Wappenbeschreibung vom 29.09.1952

Wappenbeschreibung Landkreiswappen Altlandkreis Schongau: „Unter einem goldenen, mit einem schreitenden schwarzen Löwen belegten Schildhaupt in Rot ein auf drei silbernen Quadersteinen stehender silberner Turm, dem ein durchgehender silberner Querfl uss unterlegt ist“.

Erläuterung: Der Löwe ist dem Wappen der Hohen- staufen entlehnt, die als Erben der Welfen seit 1191 fast das ganze Landkreisgebiet besaßen. Der Turm gehörte einst zum Wappen des Klosters Stein- gaden, eine Gründung der Welfen (Landesherren bis 1191). Mit dem Querfl uss ist symbolhaft der Lech angedeutet.

45 DIE WAPPEN DER ALTLANDKREISE

Der Landkreis , amtlich Landkreis Weilheim i.OB., gehörte zum bayerischen Regierungsbezirk Oberbayern. Bis zu seiner Auf- lösung hatte der Landkreis (Kfz-Kennzeichen WM) 43 Gemeinden. Die größten Orte waren Weilheim, Penzberg, Murnau, Peißenberg und Polling. Im Norden grenzte der Landkreis an den Landkreis Landsberg am Lech, im Osten an die Landkreise Starnberg, Wolfratshausen und Bad Tölz, im Süden an den Landkreis Garmisch-Partenkirchen und im Westen an den Landkreis Schongau.

46 DIE WAPPEN DER ALTLANDKREISE

Wappenbeschreibung Landkreiswappen Altlandkreis Weilheim: In Blau ein aufrechter silberner Abtstab, belegt oben mit einem goldenen Doppelspringer, unten mit silbernem Schlegel und silbernem Hammer mit schräger Kreuzung.

Die Schachfi gur des Doppelspringers führten die Herren von Hesselohe im Schild, die im Spätmittel- alter lange Zeit die Landrichter von Pähl und die Stadtrichter in Weilheim stellten. Der Stammes- letzte Hans (gestorben 1486) war berühmt durch ritterlich-ländliche Dichtung. Der Abtstab vertritt die alten Klöster im Kreisgebiet (Wessobrunn, Polling, Bernried, Schlehdorf, Habach), das Gezäh den Kohlenbergbau mit Penzberg und Peißenberg. Gold und Blau erinnern an die Grafen von Andechs, Silber und Blau an die ehemaligen herzoglichen Gerichtssprengel Weilheim und Pähl.

47 „Aus 2 mach 1“ – 40 Jahre Landkreis Weilheim-Schongau

Spannend war die Geschichte des Landgerichts wird bereits jetzt im Band 2 dieser Publikations- Weilheim, informativ die Texte zur Staatsverwal- reihe fortgeschrieben. Er dokumentiert den Werde- tung im Alt-Landkreis Schongau und interessant gang seit der Gebietsreform 1972. Dabei werden die Details aus der Zeit der Welfen. Gespannt ha- Meilen steine in der neueren Geschichte beleuchtet ben wir bei der Lektüre der Broschüre die Entwick- und die attraktiven Landkreis-Charakteristiken lung der Kreise Schongau und Weilheim von 1803 vorgestellt. Schon im September diesen Jahres bis 1972 verfolgt – doch was passierte danach? wird Band 2 erhältlich sein.

Bereits 1852 wurden per Gesetz „Distriktgemein- den“ geschaff en – die Vorläufer der heutigen Land- kreise. Im Zuge der Landkreisreform wurden dann beide Gebiete zum Landkreis Weilheim-Schongau vereint. Die Geschichte des Landkreises Weilheim- Schongau endet also nicht an dieser Stelle sondern

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82362089 / 1. Aufl age / 2012

48 WIR DENKEN AN MORGEN. SEIT MEHR ALS 110 JAHREN.

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