HISTORISCHER ATLAS 6, 11

VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen

Beiwort zur Karte 6,11

Bauernkrieg 1524/25

Heereszüge der Aufständischen und des Schwäbischen Bundes von HANS-MARTIN MAURER

Dreißigjähriger Krieg 1620-1634/1635-1638/1639-1647 von SIEGFRIED NIKLAUS

I

Der sogenannte Bauernkrieg von 1524/25 war ein zu älteren Zeiträumen wohl günstigen Stand erreicht. Aufstand der großen Mehrheit der Bevölkerung gegen Die im Hochmittelalter in den Städten entwickelten die herrschenden Gewalten. Er ging von der ländlichen Selbstverwaltungsrechte wirkten im Spätmittelalter Bevölkerung aus, die damals überwiegend landwirt- auch aufs Land hinaus, vor allem da, wo Herrschaft schaftlich tätig war, aber er ergriff auch die unteren nicht streng und kontinuierlich ausgeübt wurde. Die und teilweise die mittleren Schichten des städtischen Abwanderung in die Städte, aber auch z.B. die Seuchen Bürgertums. Er richtete sich gegen die Territorial- des 14. Jahrhunderts, machten menschliche Arbeits- staaten mit ihrer Bürokratie, gegen den ritterschaft- kräfte wertvoll und verbesserten für viele die wirt- lichen Adel, gegen die patrizische Führungsschicht der schaftlichen und rechtlichen Möglichkeiten. Aber im Städte und mit besonderem Zorn gegen kirchliche ausgehenden 14. und im 15. Jahrhundert setzte eine Herrschaftsträger und Institutionen. Es war ein gewalt- Gegenbewegung ein. Die Bevölkerung wuchs nach- sames Aufbegehren der breiten Massen gegen die weislich wieder, auch auf dem Lande, und so mußten oberen Stände, die Macht, Einfluß und Freiheit exklu- sich immer mehr Menschen in die natürlich begrenzten siv unter sich aufgeteilt hatten. Ressourcen und Erträge teilen. Gleichzeitig versuchten Der Bauernkrieg brach in der Wendezeit zwischen die Herrschaften, ihren Einfluß und ihre Administration Mittelalter und Neuzeit aus und ist eine Folge der da- zu intensivieren und zu erweitern. Überall da, wo die mit verbundenen Krisenerscheinungen. Nahezu alle gegenseitigen Rechte nicht eindeutig festlagen, sam- Probleme, die jene Zeit bewegten und erschütterten, melte sich Konfliktstoff: z.B. in der Nutzung der Wäl- gingen auch in die Thematik des Bauernkriegs ein. Die der (des wichtigsten Rohstoffes), der Weide, der Jagd, Forschung ist sich heute darüber einig, daß monokau- des Fischfangs, aber auch im Grenzbereich von Herr- sale Erklärungen nicht ausreichen, wenn auch die Beto- schaftsausübung und Selbstverwaltung, also in der Ge- nungen im einzelnen und die Gesamtwürdigungen sich meindeverwaltung und im Gerichtswesen. Immer wie- noch erheblich unterscheiden. der erwies sich die Herrschaft, die ihre Bürokratie aus- An dieser Stelle können nur wenige zusammenfas- baute und das Recht der Juristen dem Gewohnheits- sende Bemerkungen darüber vorgelegt werden, wie es recht entgegenstellte, als der stärkere Teil, eine Er- trotz der eingewurzelten und im Grunde kaum bestrit- fahrung, die bei den Betroffenen Unzufriedenheit, Miß- tenen feudalen Strukturen jener Gesellschaft zu einer trauen, Verbitterung und vor allem Sorge über die so verbreiteten und dichten Aufstandsbewegung kom- weitere Entwicklung erzeugen mußte. men konnte. Die Verhältnisse der ländlichen Bevölke- Nun führt ein Wandel objektiver Verhältnisse im all- rung hatten im 13. und 14. Jahrhundert einen im Ver- gemeinen nur dann zu politischer Motivierung, wenn gleich

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6,11 HANS-MARTIN MAURER / BAUERNKRIEG 1524/25 ein entsprechender Bewußtseinsprozeß stattfindet. In vertragliche oder gerichtliche Absicherung des ge- diesem Zusammenhang muß auf die Erfindung des wohnheitsrechtlichen Zustands, des »alten Rechts«. Buchdrucks hingewiesen werden, der den Gedanken kri- Die zweite Phase ist durch verstärktes Eindringen reli- tischer, reformerischer Schriftsteller weite Verbreitung giöser Forderungen bestimmt und durch den Wandel verschaffte und geistig aufgeschlossene Menschen hell- von der Abwehr zu offensivem Vorgehen. Zahlungen hörig machte. Aber auch die bereits erwähnte Entwick- an die Herrschenden wurden weitgehend eingestellt lung der Selbstverwaltung und zumal die im 15.Jahr- und Weisungen nicht mehr befolgt. Gleichzeitig kam hundert sogar von manchen Landesherren geforderte es zu Demonstrationsmärschen hin und her durch das landständische Bewegung weckte politisches Denken Land, die zu einer weitgehenden Solidarisierung der auch in Köpfen der unteren Stände. So ist es bereits im Bevölkerung führten. Die Ziele wurden nun höher ge- 15.Jahrhundert immer wieder zu lokalem Widerstand, steckt: eine Entlastung der unteren Bevölkerungs- zu Auseinandersetzungen, ja zu einer ganzen Reihe be- schichten von bisherigen Pflichten und eine Mitkon- grenzter Aufstände gekommen. trolle an der Herrschaftsausübung entweder über »Ein- Die große Erhebung aber, an der sich die Massen ungen« nach schweizerischem Vorbild oder über land- ganzer Landschaften beteiligten, war eigentlich doch ständische Institutionen. nur möglich, wenn über materielle, rechtliche und poli- Die Märsche, die ungeahnten Erfolg hatten und zu tische Anliegen hinaus das Verhältnis zwischen Bevöl- massenhaftem Zulauf führten, leiteten zur Phase der kerung und Führungsschicht in tieferer Weise gestört, Gewaltanwendung über, um die Herrschaften und ihre wenn das von Generationen her bestehende Legitimi- Vertreter einzuschüchtern und gefügig zu machen. An- tätsdenken grundsätzlich fragwürdig geworden war. griffsziele waren vor allem Klöster und Burgen, die Dies nun geschah durch die Reformation Luthers, wenn geplündert und zum Teil zerstört wurden. Geistliche, das der Reformator selbst auch nicht erstrebte und Vor- Adelige und Beamte wurden unter Druck gesetzt und würfe dieser Art sogar entrüstet von sich wies. Das zeit- erpreßt, jedoch nur in einzelnen Fällen verletzt oder liche Zusammenfallen von kirchlicher Reformation und gar getötet (wie in Weinsberg). Der Terror, der von Bauernkrieg ist nicht zufällig, der Bauernkrieg ist ohne manchen Gruppen (nicht von allen) ausgeübt wurde, das Wirken Luthers so, wie er sich ereignete, nicht dürfte letztlich in dem ständischen Haß der unteren vorstellbar. Darüber waren sich bereits die kritisch Schichten, die über Generationen Geringschätzung und denkenden Zeitgenossen einig, und auch die moderne Schikanen erlitten hatten, begründet sein. In der zwei- Forschung sieht die Zusammenhänge, wenn sie auch oft ten Hälfte des Aprils und im Mai 1525 war der nicht klar und umfassend genug herausgearbeitet Höhepunkt des Aufstands erreicht: Er hatte revolutio- werden. Die radikale Kritik Luthers an kirchlichen Ge- näre Formen angenommen, und das ganze Land war in bräuchen, Verfahren und Lehrsätzen hat in der Bevöl- Bewegung, war zum Operationsgebiet aufständischer kerung Sehnsucht nach besseren Zuständen und wahren Gruppen geworden, die erwartungsvoll eine grund- Glaubensgrundlagen so leidenschaftlich geweckt, daß sätzliche Neuordnung der sozialen und politischen die alten Abhängigkeiten brüchig wurden. Die innere Verhältnisse erstrebten und, mindestens zum Teil, ent- Lösung von gewohnten Autoritäten, die geistige Auf- schlossen waren, sie durchzusetzen. Viele Herrschen- lehnung machte die Gemüter frei auch für die wirkliche, den und ihre Vertreter waren erschreckt, fassungslos, die politische Empörung. eingeschüchtert, sie waren großenteils durch die Vor- Der Aufstand begann im Herbst 1524 im Raum zwi- gänge einfach überrollt worden, schienen einer Gegen- schen Hochrhein, Bodensee und Südschwarzwald. Hier wehr nicht mehr fähig, blickten ohnmächtig und wie kaum beruhigt griffen die Unruhen zu Beginn des Jahres gelähmt in die Zukunft. Die Führer der Bauernheere 1525 auf Oberschwaben und das Allgäu über, wo sie be- aber schickten sich an, für die öffentliche Ordnung zu reits den Charakter einer organisierten Massenbewegung sorgen, interimistisch an die Stelle der Regierungen zu annahmen. Im März kam es zu Zusammenrottungen im treten, um politische und polizeiliche Gewalt zu über- Fränkischen, im Territorium der Reichsstadt Rothenburg nehmen. und im Odenwald. Innerhalb der folgenden Wochen Aber das Heer des Schwäbischen Bundes war zu entflammte dann der Aufruhr in fast allen Teilen des dieser Zeit bereits auf dem Marsch, und damit begann heutigen Landes Baden-Württemberg (und in vielen an- die kriegerische Phase der großen Auseinandersetzung. deren Gebieten des südlichen und mittleren deutsch- Der Feldherr Georg Truchseß von Waldburg stellte sprachigen Raums). eine der großen Aufstandsgruppen nach der anderen Dabei entfaltete die Bewegung eine Entwicklung, zum Kampf, schlug sie und ließ die Flüchtenden gna- eine innere Dynamik, die das Verhalten der Teilnehmer, denlos verfolgen und niedermachen. Nach ersten Ge- ihr Vorgehen, ihr Bewußtsein, ihre Vorstellungen und fechten in Oberschwaben im April fand die große Ziele beeinflußte und zum Teil wandelte. Sie begann als Entscheidungsschlacht in unserem Gebiet am 12. Mai Widerstandsbewegung gegen Übergriffe von Herr- bei Böblingen statt, der am 2. Juni der Sieg über die schaftsträgern, als Protest gegen die materielle Ver- fränkischen Gruppen bei Königshofen folgte. Im schlechterung der bäuerlichen Lage. Ziel war die Herbst war die Empörung im ganzen Land niederge- rungen, die alten Gewalten kehrten zurück, und es 2

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begann die Phase der Strafverfolgung und der Scha- schen Führung des Bundes belastet, ist insgesamt doch densersatzforderungen. das Beispiel einer taktisch glänzend durchgeführten Schien so der Bauernkrieg zunächst ein totaler Miß- militärischen Unternehmung. Er ist aber auch ein Bei- erfolg zu sein, so werden seine langfristigen Folgen spiel dafür, wie eine Rechts- und Freiheitsbewegung, von der Forschung heute günstiger als früher einge- die allerdings radikale Züge annahm, mit kriegerischer schätzt. Die These von der Verschlechterung der bäu- Gewalt niedergewalzt werden kann. erlichen Verhältnisse und von der definitiven Aus- Die Märsche der Aufständischen sind bisher noch schaltung des Bauern vom politischen Leben wird in nie kartographisch erfaßt worden – außer die der frän- Frage gestellt, denn es ließen sich Verbesserungen im kischen Gruppen in großzügig gezeichneten Skizzen. materiellen Bereich, eine gewisse Stabilisierung der Der Zug des Bundesheeres wurde zwar schon mehr- Selbstverwaltung und sogar einige Erfolge auf der fach dargestellt, aber noch nie präzise und verläßlich. Ebene der landständischen Mitbestimmung nach- Zur Festlegung der Routen wurden die wichtigeren weisen. Orte, die die Verbände erreichten oder durchzogen, Eine Übersicht über die heute besonders diskutierte ermittelt und mit geraden Linien verbunden. Welche Frage nach der kritischen Einordnung und Gesamt- Straßen oder Wege im einzelnen begangen wurden, ist würdigung des Bauernkriegs gibt Hans Günter HOK- heute in den meisten Fällen nicht mehr feststellbar, KERTS. Das beste zusammenfassende darstellerische weshalb der Versuch, auf das alte Wegenetz zurückzu- Werk ist noch immer das von Günter FRANZ. Eine um- greifen, methodisch keine Klarheit erbringen würde. fassende Untersuchung der Ursachen, Ziele und Folgen Die Rückmärsche von den äußersten erreichten Punk- legte Peter BLICKLE vor. Den Versuch einer Einteilung ten sind in gestrichelten Linien nachgezeichnet. Im in Phasen auf Grund der Analyse des Verhaltens der Folgenden werden die dargestellten Züge kurz be- schrieben. Aufständischen macht Hans-Martin MAURER. Genau- ere Zitate und Hinweise auf regionale Darstellungen Die erste Gruppe, die geschlossen von Ort zu Ort enthält die Literaturübersicht. zog, war die der Stühlinger und Klettgauer im Südwe- sten des Landes, bereits etwa 3500 Mann stark (in gel- ber Farbe gezeichnet). Unter der Führung des Hans Müller von Bulgenbach, eines ehemaligen Lands- II knechts, der redegewandt und organisationsbegabt war, ging es am 6. Oktober 1524 vom Wutachtal aus nord- Die Verbreitung des Aufstands bedarf für den deut- westlich nach Neustadt in den Schwarzwald, dann schen Südwesten keiner kartographischen Darstellung, nördlich nach Furtwangen und wieder östlich mitten denn der Aufstand erfaßte nahezu das ganze Gebiet. durch die Baar. Da Truppen der Herrschaften anrück- Nur wenige Städte, Festungen und Landstriche ragten ten, wich die Gruppe nach Süden aus und beendigte wie einzelne Inseln aus dem von der Erhebung über- am 11. Oktober in Ewattingen ihren Marsch. Insgesamt schwemmten Land heraus. Was kartographisch darge- legte sie in sechs Tagen mehr als 100 km zurück. stellt werden kann, sind die Protest- und Solidarisie- In Oberschwaben, dem Allgäu und dem Bodensee- rungszüge der großen Aufstandsgruppen und der Feld- gebiet geriet im Februar und März das ganze Land in zug des Schwäbischen Bundes. Bewegung. Ausgangspunkte waren Leubas und Sont- Die Karte kann indessen nur die Hauptaktionen der hofen für die Allgäuer, Baltringen für das nördliche wichtigsten Verbände wiedergeben, doch vermag sie Oberschwaben und Rappertsweiler für das südliche auch in ihrer Unvollständigkeit zu zeigen, wie die Auf- Gebiet. Zahlreiche Gruppen bildeten sich und zogen ständischen räumlich ausgriffen, um Dorf für Dorf, hin und her. Doch kam es hier nicht zu weiträumigen Stadt um Stadt, Gegend um Gegend zu durchziehen Märschen großer vereinigter Gruppen, vielleicht weil und in Besitz zu nehmen. Ihre Züge, vergleichbar den der Schwäbische Bund in diesem Gebiet zuerst gegen Märschen moderner Revolutionäre, hatten als kraft- die Aufständischen vorging. Eingezeichnet in die Karte volle, selbstbewußte Demonstrationen eine kaum zu sind nur die Märsche auf Weingarten zu, wo sich dann überschätzende psychologische Wirkung und bedeute- Mitte April 1525 die Heere gegenüberstanden. Nach ten gleichzeitig weitgehend die politische Machtüber- dem Weingartener Vertrag beruhigte sich die Lage im nahme. Neben den dargestellten Zügen spielten sich nördlichen Oberschwaben und im Bodenseegebiet. Die zahlreiche weitere Unternehmungen im regionalen und Allgäuer jedoch, im Gebiet von Kempten, lokalen Bereich ab, die großenteils noch gar nicht und Kißlegg, erhoben sich von neuem, streiften in Ein- exakt erforscht sind, deren Summe aber erst die zelgruppen wieder hin und her und belagerten schließ- flächenhafte Verbreitung und die erstaunliche Dichte lich vom 12. bis 27. Juli die Reichsstadt Memmingen. dieser einmaligen Massenerhebung wirklichkeitsgetreu Anfang April 1525 begannen die Bauern im Oden- wiedergeben könnte. Die Karte zeigt wenigstens die in wald und im Neckartal um sowie die im den Quellen gebrauchten Namen der regionalen Auf- Gebiet der Tauber zwischen Rothenburg und Mergent- standsgruppen an (in roter Farbe). heim sich zu sammeln und zu marschieren. Die Oden- Der Feldzug des Schwäbischen Bundes, durch meh- wald-Neckartäler (rote Farbe) besetzten am 4. April rere Konflikte zwischen dem Feldherrn und der politi-

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6,11 HANS MARTIN MAURER / BAUERNKRIEG 1524/25 das Kloster Schöntal, rückten südlich ins Hohenlohi- Stühlinger während ihres zweiten Zuges im April und sche (nach Neuenstein), weiter gegen die Grafen von Mai 1525, der sich zwischen dem Hegau und dem Löwenstein, dann zur Deutschordensstadt Neckarsulm. Breisgau abspielte und insgesamt eine Strecke von 270 Von der Weinsberger Besatzung gereizt, zogen sie km umspannte (rote Farbe). Etwa 6000 bis 7000 Mann zurück, und dabei kam es zur ersten großen militäri- stark zogen sie, wiederum unter Führung Hans schen Aktion der Aufständischen, zur gewaltsamen Er- Müllers, am 9. April in Bonndorf los. Zuerst ging es in stürmung von Burg und Stadt Weinsberg und anschlie- die Baar, wo alle Städte außer Villingen zum Anschluß ßend zum größten Terrorakt der Bauern: zur Tötung gebracht wurden, dann in den Hegau zu den Städten aller 22 Adligen und Reiter, die die Stadt verteidigt Engen und Aach, dann nordwestlich in die nördliche hatten. Die Gruppe, die etwa 10000 bis 12000 Mann Baar nach Deißlingen und Schwenningen und zurück umfaßte, zog dann nach Heilbronn, das seine Tore öff- nach Donaueschingen. Nach einigen Bewegungen im nen mußte, nördlich weiter nach Gundelsheim und dann Innern der Baar – nur Villingen blieb unbezwungen – mitten durch den Odenwald über Buchen nach Amor- entschloß sich die Gruppe, in den Schwarzwald hinein bach und ins Maintal bei Miltenberg. Die Stoßrichtung und quer über das Gebirge bis in den Breisgau zu zielte ins Territorium des Kurfürsten und Erzbischofs ziehen. Es ging die Breg hinauf nach Neufürstenberg, von . Der Vertreter des Erzbischofs konnte den Vöhrenbach und Furtwangen, von wo aus Triberg und Weitermarsch nur dadurch verhindern, daß das Erzstift St. Georgen heimgesucht wurden. Durch den Hoch- im Miltenberger Vertrag vom 7. Mai geschlossen der schwarzwald über St. Märgen und St. Peter gelangte Vereinigung der Bauern beitrat. Nun wandte sich die man am 13. Mai nach Kirchzarten, und am nächsten Gruppe nach Osten gegen Würzburg, wo sie sich mit Tag stand das Heer vor Freiburg, der größten vorder- dem fränkischen Verband traf, die Stadt ohne weiteres österreichischen Stadt in dieser Landschaft. Gleich- besetzen konnte und dann die starke bischöfliche zeitig rückten Verbände aus der Ortenau, dem Breis- Festung Marienburg belagerte. Die Gruppe hatte nun gau und dem Markgräflerland vor die Stadt, so daß sie bereits einen Marsch von 180 km hinter sich. Als das nun von allen Seiten eingeschlossen war. Mehrere Bundesheer gegen Heilbronn und Weinsberg vorrückte, Gruppen der Aufständischen fanden sich hier zu einer wandten sich die Odenwald-Neckartäler ihm in raschen gemeinsamen, abgestimmten Aktion zusammen, und Märschen entgegen: über Krautheim, Neuenstadt und sie hatten Erfolg: Nach wenigen Tagen Belagerung Neckarsulm nach Weinsberg und Löwenstein. Dann und kurzem Beschuß vom Schloßberg herab ergab sich aber wichen sie wieder zurück über Krautheim nach die Breisgaumetropole und öffnete ihre Tore (am Königshofen, wo es am 2. Juli zur Schlacht und Nieder- 24.Mai). Am nächsten Tag schon kehrte der Verband lage kam. In dieser zweiten Phase (von Würzburg aus) Hans Müllers über den Schwarzwald zurück in die legte der Verband noch einmal etwa 155 km zurück, Baar. Mit diesem Zug und den Unternehmungen eini- zusammen also 335 km. ger kleinerer Gruppen war der ganze Südwestteil des Die Aufständischen aus dem Territorium der Reichs- heutigen Landes Baden-Württemberg, abgesehen von stadt Rothenburg, des Deutschordensgebietes um Mer- wenigen Städten, zum Anschluß an die Erhebung ge- gentheim und benachbarter Territorien sammelten sich bracht. Anfang April 1525 in Niederstetten (gelbe Farbe). Sie Dieselbe Wirkung hatte im Innern des Landes der zogen am 5. April ins Kloster Schäftersheim, dann nach Marsch der Aufständischen des Herzogtums Württem- Mergentheim und Lauda. Von hier wandten sie sich in berg. Er begann zunächst, wie die meisten Züge, ohne weiten Märschen nordostwärts nach Ochsenfurt, Birk- ein bestimmtes Ziel und ohne strategischen Plan, aber lingen, Kloster Schwarzach bis nach Gerolzhofen er entwickelte sich dann doch zu einem in sich ein- (2.Mai). Nun zogen sie wieder zurück über Ochsenfurt heitlichen und wirkungsvollen Unternehmen. Es ging gegen das territoriale Zentrum dieser Landschaft: Würz- vom Berge Wunnenstein aus, auf dem sich am 16. Ap- burg. Am 7. Mai bezogen sie ihr Hauptquartier in Hei- ril einige hundert Widerständler aus dem Bottwartal dingsfeld, von wo aus sie sich zusammen mit den Oden- versammelt hatten. Unter Führung des zum Haupt- wald-Neckartälern an der Belagerung der Marienburg mann gewählten Bottwarer Ratsmitglieds und Wirtes beteiligten. Ende Mai entschlossen sie sich, den zur Ver- Matern Feuerbacher zogen sie am 18. April zunächst teidigung des Heilbronner Raums zurückgeeilten Oden- neckarabwärts nach Lauffen, dann auf der andern Seite wald-Neckartälern zu Hilfe zu kommen, aber es kam zu wieder flußaufwärts bis Besigheim und Bietigheim keiner Vereinigung. Sie marschierten nach Krautheim und schwenkten dann gegen Westen nach Horrheim und Ballenberg und wieder zurück in Richtung Würz- und Vaihingen an der Enz (24. April). Inzwischen burg. Bei Ingolstadt wurden sie vom Bundesheer 8000 Mann stark geworden, faßte man den Entschluß, eingeholt und, bereits in Auflösung begriffen, ge- geradewegs auf die Landeshauptstadt loszuziehen. Die schlagen (4. Juni). Sie legten insgesamt etwa 260 km Regierung verließ rechtzeitig die Stadt, und nach eini- zurück, 165 km bis Würzburg und 95 km in der End- gen Verhandlungen konnten die Aufständischen am phase. 25.April in Stuttgart einrücken. Drei Tage später ging Einen der größten Märsche absolvierten auch die es weiter, nun östlich ins Remstal, dann über den

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Schurwald ins Filstal und nach Kirchheim, wo für drei Ellwanger, Älbler und Ortenauer Scharen. Manche der Tage Quartier bezogen wurde. Auf dem Marsch nach kleineren Gruppen schlossen sich zeitweise den großen Tübingen, der die Aktion sinnvoll fortgesetzt hätte, traf an, andere spalteten sich wieder ab. Diese Bewegungen die Nachricht vom Herannahen des Bundesheeres ein, können hier nicht kartographiert werden, viele sind worauf das Bauernheer nach Norden zurückwich. Von überhaupt noch nicht eindeutig erforscht. Degerloch aus ging es doch wieder nach Süden, nach Den zahlreich im Lande operierenden Bauerngrup- Böblingen und nach Herrenberg, das im Verein mit den pen stand bis Ende März überhaupt keines und dann Schwarzwälder Bauern am 9. Mai im Sturm genommen lange Zeit nur ein Heer der Herrschenden gegenüber: wurde. Nach erneutem Zurückweichen nach Sindelfin- das des Schwäbischen Bundes unter dem Kommando gen wurde das Heer von Truchseß Georg bei Böblingen des Georg Truchseß von Waldburg (blaue Farbe). Es zur Schlacht gestellt und geschlagen (12. Mai). Es hatte umfaßte etwa 7000 bis 8000 Landsknechte und 1500 auf seinem Marsch etwa 190 km zurückgelegt. bis 2000 Reiter, war also den großen Aufständischen- Als Beispiel für die Aktionen kleinerer Gruppen ist gruppen in Oberschwaben, Württemberg und Franken der Zug des »Gaildorfer Haufens« dargestellt. Mitte zahlenmäßig unterlegen. Dazu kam, daß die Fußtrup- April sammelten sich in Gaildorf Einwohner der Herr- pen teils aus Sympathie mit den Aufständischen, teils schaft Limpurg, denen sich Untertanen mehrerer be- wegen Soldrückstands nicht zuverlässig waren und nachbarter Ritter-, Kloster- und Stadtherrschaften an- wiederholt Befehle verweigerten. Nur die großenteils schlossen. Auch ihre Zahl schwoll auf 2000 bis 3000 aus Adligen bestehende Reitertruppe war ein sicherer an. Sie rückten westwärts gegen das Kloster Murr- Faktor, die Artillerie in Händen guter Spezialisten. Der hardt, dann südlich durch den Welzheimer Wald, um Truchseß erwies sich als ein hervorragender Taktiker, das Kloster Lorch zu besetzen. Am 29. April erstürm- der dem Risiko einer Niederlage geschickt aus dem ten sie die traditionsreiche Burg Hohenstaufen und Wege ging, jedoch entschlossen zupackte, wenn er ließen sie in Flammen aufgehen. Anschließend fielen seine Chance sah. sie ins Kloster Adelberg ein, und darauf zogen sie Das Heer sammelte sich Ende März in Ulm, der gegen die Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, deren Tore Hauptstadt des Schwäbischen Bundes. Es marschierte jedoch verschlossen blieben. Dieser Zug hatte nur eine am 29. März donauaufwärts über Erbach nach Zwiefal- Länge von etwa 55 km, führte aber immerhin dazu, daß tendorf und Munderkingen, um die bedrohten Klöster alle kleineren Herrschaften dieser Gegend, voran die Marchtal und Zwiefalten zu entsetzen. Dann ging es Schenken von Limpurg und mehrere Reichsritter, sich zurück gegen die östlich von Ulm rebellierenden Grup- in Bündnisverträge mit den Aufständischen einlassen pen. Sie wurden am 4. April bei Leipheim geschlagen mußten (ausgenommen die Reichsstädte Schwäbisch und erlitten auf der Flucht schwere Verluste. Darauf Hall und Schwäbisch Gmünd). wandte sich der Truchseß nach Oberschwaben, mar- Am 20. April trafen sich unzufriedene Untertanen schierte nach Baltringen (12.April), ein Zentrum des des zum Bistum gehörigen Territoriums im Aufstands, erwischte am 13. April in Essendorf zwei Kraichgau auf dem Letzenberg bei Maisch (südlich Fähnlein Aufständischer, die er schlug, erfocht am 14. von Wiesloch). Drei Tage später besetzten sie die April bei Wurzach einen weiteren Sieg und rückte ge- bischöfliche Stadt Bruchsal und richteten hier ein gen Weingarten, wo er auf das große, wohlgeordnete »Regiment« ein. Bald ging es weiter nach Süden, wo Heer der »Seebauern« (von der Bodenseegegend) und sich zahlreiche Einwohner der Markgrafschaft Baden eine Abteilung der Allgäuer traf (17. April). Die dro- anschlossen. Die nun etwa 5000 Mann zählenden Frei- hende Schlacht, deren Ausgang ungewiß schien, konnte schärler zogen nach Durlach, ins Kloster Gottesau, durch den Weingartener Vertrag verhindert werden. nach Ettlingen, Langensteinbach und dann das Albtal Zehn Tage darauf zog der Truchseß über Ostrach in hinauf in die Klöster Herren- und Frauenalb. Einige den Hegau, um dort einen ähnlichen Vertrag zu errei- von ihnen erschienen auch in Baden-Baden. Einzelne chen, aber er erhielt den Befehl, ins Herzogtum Würt- Gruppen überquerten den Rhein und besetzten Hördt, temberg einzurücken, um die Tat von Weinsberg zu andere rückten nach Philippsburg. Der Bischof von rächen. In raschen Märschen eilte er nordwärts über Speyer konnte einen Zug gegen die bischöfliche Resi- Mühlheim (30. April), Spaichingen, Balingen (2.Mai) denz nur mit Mühe durch einen Vertrag verhindern. und Rottenburg (3.Mai). Von Wurmlingen aus ver- Die Hauptgruppe der »Bruhrainer« legte bei diesen handelte er einige Tage mit der nach Tübingen ausge- Unternehmungen etwa 120 km zurück. wichenen württembergischen Regierung. Am 10. Mai Außer den hier beschriebenen größeren Verbänden wurde Herrenberg zurückerobert, am 12. Mai die Ent- der Aufständischen gab es – wie schon erwähnt – zahl- scheidungsschlacht bei Böblingen gewonnen. Vom 13. reiche weitere kleinere und mittlere Gruppen, die bis 18. Mai lagerte das Heer bei Plieningen. einige hundert bis tausend Mann umfaßten. Auch sie Dann ging es in Eilmärschen nach Norden, am zogen durch die Gegenden, wenn auch im allgemeinen linken Neckarufer entlang über Neckargartach nach nicht so weit ausgreifend und weniger organisiert als Weinsberg, das am 21. Mai schonungslos niederge- die großen. Erwähnt seien hier die Wertheimer, Haller, brannt wurde. Von hier aus rückte der Truchseß in den

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Kraichgau. Zwischen Odenheim und Bruchsal traf man Als die Klettgauer im Herbst 1525 sich aufs neue am 26. Mai auf das pfälzische Heer, das eben Bruchsal erhoben, sammelten sich im Oktober Truppen in Vil- wiederbesetzt hatte (violette Farbe). Die beiden Heere lingen und am oberen Neckar, die Christoph Fuchs von vereinigten sich in Fürfeld endgültig und zogen nun in Fuchsberg heranführte. Über Fützen (2. November) großen Märschen ostwärts nach Franken: nach Neckars- und Schleitheim erreichten sie bei Grießen den festge- ulm, Öhringen, Möckmühl, Ballenberg. In Königshofen bliebenen Kern der Empörer. In der letzten Schlacht endlich gelang es am 2. Juni, die zurückweichenden des Bauernkriegs in unserem Raum, am 4. November, Odenwald-Neckartäler Bauern zu stellen und zu schla- wurde auch diese Klettgauer Gruppe aufgerieben – in gen, zwei Tage später bei Ingolstadt (südlich von Würz- jener Landschaft, von der ein Jahr zuvor der Bauern- burg) die fränkischen. Vom 7. bis 13. Juni weilte der krieg ausgegangen war. Truchseß in Würzburg. Nach der Trennung vom pfälzi- schen Heer zog er ins Ostfränkische nach , Die Routen der einzelnen Verbände Bamberg, Forchheim und Nürnberg. Ende April gelang- te er bei Nördlingen wieder in den Bereich unseres Kar- tenblattes. Erster Zug der Stühlinger Damit begann die Schlußphase des Bauernkriegs. Da Stühlingen (6. Okt. 1524) die Allgäuer Bauern um Kempten, Memmingen und Ewattingen Kißlegg trotz des Weingartener Vertrags sich wieder Bonndorf erhoben hatten, zog das Heer noch einmal in diese Bachheim Landschaft. Der Weg ging über Gundelfingen und Wei- Löffingen ßenhorn an Memmingen vorbei geradewegs auf Kemp- Lenzkirch ten zu. Bei Leubas stellten sich die Aufständischen am Neustadt 13.Juni zur Schlacht, flohen aber am nächsten Tag. Der Altenweg Truchseß durchzog die Gegend östlich von Kempten Langenordnach (Durach, Thingau, Aitrang, Haldenwang). Am 27./28. Furtwangen Juni wurde das Heer auf Anweisung des Schwäbischen Vöhrenbach (8. Okt.) Bundes aufgelöst. Bräunlingen In vier Monaten hatte das Heer einen Weg von etwa Donaueschingen 1020 km zurückgelegt. Die Märsche von Ulm bis Würz- Ewattingen (11. Okt.) burg (vom 29. März bis 7.Juli) erstreckten sich über 615 km, der im Kartenblatt nicht sichtbare Zug in Ost- Franken-Taubertäler franken über 180 km, der letzte Abschnitt von Nörd- lingen bis Haldenwang (29.Juni bis 27.Juli) über 225 Niederstetten (1. April 1525) km. Schäftersheim (5. April) Gegenüber dem Feldzug des Truchsessen Georg hat- Markelsheim ten andere militärische Unternehmungen von herr- Mergentheim schaftlicher Seite nur untergeordnete Bedeutung. Ein- Lauda gezeichnet in die Karte sind drei Aktionen, die alle erst Tückelhausen einsetzten, als die Entscheidung eigentlich schon gefal- Ochsenfurt len war (violette Farbe): Iphofen Kurfürst Ludwig von der Pfalz rückte am 22. Mai von Birklingen Heidelberg aus, zerstörte am 24. Mai das Dorf Malsch, Langheim Schwarzach von dem die Erhebung im Kraichgau ausgegangen war, Gerolzhofen (2. Mai) und besetzte am 25. Mai Bruchsal, das Zentrum der Großlangheim Erhebung in diesem Gebiet. Anschließend zog er mit Ochsenfurt dem Heer des Truchsessen Georg bis Würzburg. Von da Heidingsfeld (7. Mai) wandte er sich wieder zurück in die linksrheinischen --- Teile seines Landes und warf in der Schlacht bei Krautheim (27. Mai) Pfeddersheim am 23./24.Juni den Aufstand dort nieder. Ballenberg Marx Sittich von Ems zu Hohenems rückte im Juni Ingolstadt (4.Juni) mit österreichischen Truppen von Innsbruck herbei, kam am 1.Juli nach Überlingen, entsetzte die viele Wochen lang belagerte Stadt Radolfzell, schlug Reste der Auf- Odenwald-Neckartäler ständischen bei Hilzingen und durchzog dann den He- Schöntal (4. April 1525) gau von West nach Ost (Watterdingen, Steißlingen), bis Neuenstein er am 22. Juli wieder nach Radolfzell gelangte. Lichtenstern Löwenstein

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Neckarsulm Neckarwestheim Weinsberg (16. April) Lauffen (19. April) Heilbronn Kirchheim a.N. Gundelsheim Besigheim Buchen Bietigheim Amorbach (30. April) Sachsenheim Miltenberg Horrheim Külsheim Vaihingen a.d.E. (24. April) Neubronn Oberriexingen Höchberg Schwieberdingen Würzburg Stuttgart (25.-27. April) Marienburg Waiblingen --- Ebersbach a.d.Fils Krautheim (24. Mai) Kirchheim u. T. (30. April - 2. Mai) Neuenstadt Nürtingen Neckarsulm Nellingen Weinsberg Degerloch (4. Mai) Löwenstein Sindelfingen Öhringen Herrenberg (9. Mai) Krautheim Sindelfingen Königshofen (2.Juni) Böblingen (12. Mai)

Zweiter Zug der Stühlinger Gaildorfer und Gmünder Bonndorf (9. April 1525) Gaildorf (17. April 1525) Löffingen Murrhardt Neidingen Lorch (26. April) Pfohren Hohenstaufen (29. April) Hüfingen Adelberg (1. Mai) Fürstenberg (15. April) Raum Schwäbisch Gmünd Geisingen Möhringen Aach Bruhrainer und Badener Deißlingen (4. Mai) Letzenberg bei Malsch (20. April 1525) Schwenningen Bruchsal (23. April) Donaueschingen Durlach Wolterdingen Gottesau Zindelstein Ettlingen Neufürstenberg Langensteinbach Vöhrenbach Herrenalb (28. April) Furtwangen Frauenalb Triberg Baden-Baden St. Georgen (10. Mai) Bruchsal Furtwangen Abstecher: Hördt (30. April) St. Märgen Philippsburg (3. Mai) St. Peter Kirchzarten (13. Mai) Schwäbischer Bund unter Georg Truchseß von Waldburg Ebnet Freiburg (24. Mai) Ulm (29. März 1525) --- Erbach (29. März) Kirchzarten (25. Mai) Zwiefaltendorf (31. März) Neustadt Munderkingen (1. April) Bräunlingen Leipheim (4. April) Göggingen Württemberger Laupheim Baltringen (12. April) Wunnenstein (16. April 1525) Ummendorf Gemmrigheim Essendorf (13. April)

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Wurzach (14. April) Radolfzell (l.Juli) Waldsee (15. April) Hilzingen (2.Juli) Weingarten (17.-26. April) Watterdingen (9.Juli) Ostrach (26. April) Steißlingen (15.Juli) Hegau Radolfzell (22.Juli) Mühlheim Spaichingen Christoph Fuchs von Fuchsberg Dotternhausen (1.Mai) Balingen (2. Mai) Fützen (2. November 1525) Rottenburg (3. Mai) Schleitheim Wurmlingen (3. Mai) Grießen (4. November) Haslach Herrenberg (10. Mai) Weil im Schönbuch (11.Mai) Literatur Böblingen (12. Mai) Plieningen (13.-18. Mai) Zusammenfassende Werke: Kornwestheim Neckargartach BLICKLE, P.: Die Revolution von 1525. 1975. FRANZ, G.: Der deutsche Bauernkrieg. 197510. Weinsberg (21. Mai) HOCKERTS, H.-G.: Der Bauernkrieg 1525 – frühbürgerliche Revolution, Odenheim (25. Mai) defensive Bauernerhebung oder Revolution des »gemeinen Fürfeld (28. Mai) Mannes«? In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 30 (1979), Neckarsulm S. 1-20. Öhringen LAUBE, A., STEINMETZ, M. und G. VOGLER: Illustrierte Geschichte der Möckmühl (31.Mai) deutschen frühbürgerlichen Revolution. 1974. Ballenberg MAUBER, H.-M.: Der Bauernkrieg als Massenerhebung. Dynamik einer Königshofen (2.Juni) revolutionären Bewegung. In: Bausteine zur geschichtlichen Ingolstadt (4.Juni) Landeskunde von Baden-Württemberg, hg. von der Kommission für Würzburg (7.-13.Juni) geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. 1979, S. 255- 295. Richtung Schweinfurt ... --- Regionale Darstellungen: Nördlingen Gundelfingen (30.Juni) Südschwarzwald-Hochrhein-Bodensee: Weißenhorn (4.Juli) Kettershausen RODER, CHR.: Villingen und der obere Schwarzwald im Bauernkrieg. Babenhausen In:ZGO 70 (1916) S.321-416. Boos Oberschwaben und Allgäu: Heimertingen Wolfertschwenden BAUMANN, F.L.: Geschichte des Allgäus 3. 1894. S.9-151. Leubas (13./14.Juli) VOCHEZER, J.: Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Durach (15.-24.Juli) Schwaben 2. 1900. S.481-625. Thingau Aitrang (27.Juli) Württembergisch Franken: Haldenwang OECHSLE, F.F.: Beiträge zur Geschichte des Bauernkrieges in den schwäbisch-fränkischen Grenzlanden, 1830. Kurfürst Ludwig von der Pfalz Herzogtum Württemberg: Heidelberg (23. Mai 1525) Rotenberg (23. Mai) BOSSERT, G.: Der Bauernoberst Matern Feuerbacher. In: Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde Malsch 1923/24, S.81-102, und 1925/26, S. 1-35. Bruchsal (25. Mai) Weitermarsch mit dem Schwäb. Bund Kraichgau und Markgrafschaft Baden: bis Würzburg HARTFELDER, K.: Zur Geschichte des Bauernkriegs in Südwest- Marx Sittich deutschland, 1884. Innsbruck Markgräfler Land: Überlingen (l.Juli 1525) SEITH, K.: Das Markgräflerland und die Markgräfler im Bauernkrieg Stockach des Jahres 1525, 1926.

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SIEGFRIED NIKLAUS Landesteilen abseits des unmittelbaren Krieges. Das Gebiet Südwestdeutschlands mit seinen wohlhabenden Dreißigjähriger Krieg Landstrichen war während des gesamten Krieges Ziel 1620-1634/1635-1638/1639-1647 quartiersuchender Armeen. Schutz boten der Bevölkerung vor allem Städte und Befestigungen, die wiederum von den Heeren benötigt I Historischer Überblick wurden – ein Großteil aller kriegerischer Handlungen bestand im Nehmen von Städten oder in Belagerungen. 1618 brach in Böhmen ein Aufstand aus, in dem Die Dauer des Krieges brachte Änderungen in der man wegen seiner Wirkungen, die er hervorrief, den Truppenorganisation und Taktik, die eine Erhöhung Beginn des Dreißigjährigen Krieges zu sehen pflegt. der Beweglichkeit zur Folge hatte, die wiederum zum Dieser Krieg, entstanden als lokaler Zwist zwischen schnelleren Agieren und Reagieren befähigte. Die Ständen und Fürstentum, zog immer weitere Kreise Heere entwickelten sich zu Instrumenten, die Ansätze und endete als allgemeiner, europäischer Kampf. für ihre Verwendung im großen strategischen Rahmen Zuletzt waren, außer England und der Türkei, alle erkennen ließ. Der Gegner konnte durch Märsche be- europäischen Mächte beteiligt. Die Spanier hatten am einflußt und schon im »Vorfeld« durch Kleinunter- Rhein, die Dänen in Norddeutschland eingegriffen. nehmungen geschwächt, in einigen Fällen auch unkon- Nachdem, im Gefolge der norddeutschen Kämpfe, die ventionell durch Überfälle, sog. »Quartieraufschla- Schweden über die Ostsee gekommen waren, entschloß gen«, vernichtet werden. Gerade die unübersichtliche sich auch Frankreich zur Intervention. Daraus entstand Geländeform Südwestdeutschlands begünstigte diese ein Völkerkrieg, in dem die Reichsstände nicht mehr in Kriegsführung, deren Höhepunkt in den letzten Kriegs- der Lage waren, unter sich Frieden zu schließen. Die jahren liegt. fremden Mächte zogen den Krieg auf deutschem Bo- Der lange Krieg hatte das Reich aber so geschwächt, den nach Belieben in die Länge. Schließlich kam auf daß es zu einer entscheidenden Wende nicht mehr bei- Kosten des Kaisers und des Reiches ein Erschöpfungs- tragen konnte, den Schweden war ebenfalls der Atem friede zustande, der für Deutschland und Europa eine ausgegangen und Frankreich hatte sein Ziel durch neue geschichtliche Epoche einleitete. Die Motivation seine Präsenz am Rhein, in Breisach und Philippsburg, der kriegführenden Parteien des Dreißigjährigen Krie- erreicht. ges war unterschiedlich. Sie wurde wesentlich von den konfessionellen Gegensätzen bestimmt, aber durchaus 1) Einbeziehung Südwestdeutschlands in den Krieg auch von wirtschaftlichen Interessen geleitet. Der folgerichtige Schritt war letztlich der Angriff Die politische Situation, in der sich das Land bei Frankreichs und Schwedens wechselweise aus zwei Ausbruch des Krieges befand, war in seiner Richtungen. Strategische Planung und Durchführung Zerrissenheit ein Abbild der Gesamtlage des Reiches konnten wegen der Organisation und Gliederung der und die Folge der seit der Reformation sich ver- damaligen Armeen nicht miteinander Schritt halten stärkenden Gegensätze zwischen der kaiserlichen oder nur unter Inkaufnahme eines großen Zeitbedarfs Zentralmacht einerseits und den Fürsten und Ständen und der totalen Einbeziehung von Land und Be- andererseits; die vielfältigen Machtinteressen schufen völkerung langsam realisiert werden; damit ist die ein Konfliktfeld großen Ausmaßes und einen Zustand Dauer des Kriegs zum Teil erklärbar. politischer Labilität. Die Zugehörigkeit zur protestan- Da es jedem Heer an organischer Logistik gebrach, tischen Union, wie die des Herzogs von Württemberg, war diese armeerhaltende Aufgabe nur durch Zurück- des Kurfürsten von der Pfalz und des Markgrafen von greifen auf das Land zu lösen, was zu immer größerer Baden-Durlach, führte nicht nur innerhalb des Gebietes Belastung der Wirtschaft führte. Jede Versammlung zu Spannungen, sondern zog dadurch das Land un- von Truppen oder jedes Beziehen eines Quartiers mittelbar in den großen Konflikt hinein, der sich aus durch Freund oder Feind während der Wintermonate – dem Widerstand Böhmens gegen die absolutistischen eine Kriegstätigkeit in der schlechten Jahreszeit verbot Bestrebungen des Kaisers entwickelte. Dieser Wider- sich in der Regel eben wegen fehlender Logistik – stand war zugleich konfessionell motiviert, doch hatte führte in den betroffenen Landesteilen zu großen Schä- der Gegensatz zwischen den Lutheranern und den pfäl- den. Konnte eine Armee, logistisch gesichert, während zischen Calvinisten von Anfang an die Bereitschaft der der ungünstigen Jahreszeit angreifen, dann war der Lutheraner, in diesem Konflikt sich voll zu engagieren, Sieg immer auf ihrer Seite. Die Erfolge der Schweden gelähmt. in den ersten Jahren der Invasion sind nicht zuletzt auf Unmittelbar nach dem Scheitern des böhmischen diese Tatsache zurückzuführen. Die Notwendigkeit, Abenteuers besetzte Bayern, das Haupt der Liga, in die Armee zu versorgen und die nachlassende Wirt- Verbindung mit den Spaniern die Kurpfalz. Einzig der schaftskraft der Bevölkerung, besonders in den Brenn- Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach ver- punkten des Krieges, führten auch zur Inanspruch- suchte als Einzelgänger und überzeugter Protestant sei- nahme von nen Bündnisverpflichtungen nachzukommen – der

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Kriegsschauplatz war damit von Böhmen an den Rhein Gleichzeitig setzte schon der Gegenschlag in den verlegt worden. rheinpfälzischen Landen durch den Einmarsch der In der europäischen Ausweitung des Krieges und mit Spanier ein. Die endgültige Wegnahme des pfälzischen dem Eingreifen Schwedens ab 1630, nachdem der Territoriums wurde eingeleitet durch den Marsch des Dänisch-Niedersächsische Konflikt 1625-1629 den Feldmarschalls Tilly von Osten zum Rhein. Er ver- Schauplatz vorübergehend nach Norden verlegt hatte, folgte den für die pfälzische Sache kämpfenden Grafen geriet Südwestdeutschland mit dem Eingreifen Schwe- Ernst von Mansfeld. Alle Bestrebungen des als Condot- dens in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. tiere auftretenden Herzogs Christian von Braunschweig Der schwedische König Gustav II. Adolf und die Nach- sowie Mansfelds und des Unionsmitgliedes Markgraf folgeorganisation der Union, der Heilbronner Bund, Georg Friedrich von Baden-Durlach, auf eigene Faust hatte das Land als eine der Ausgangspositionen für die die Besetzung der Kurpfalz zu verhindern, schlugen Einschnürung Bayerns und Habsburgs ausgewählt. fehl, da die nun sich als Zangenangriff auswirkenden Das offene Eingreifen Frankreichs, das seine Hand- Operationen Tillys und der Spanier zeitlich und räum- lungen, im Gegensatz zum verbündeten Schweden und lich gut koordiniert waren. zum Gegner Habsburg, auf der Grundlage der Staats- Durch Offenhalten eines Rheinüberganges bei Stein räson formulierte und realisierte, rückte den deutschen (nördlich Worms) zur Kommunikation der beiden Südwesten, wenigstens zeitweise und vordergründig, in Heere und das Geschick Tillys, die auftretenden feind- den Mittelpunkt des Krieges. Dabei war es vom Ergeb- lichen Armeen getrennt zu schlagen, waren die militä- nis her zweitrangig, ob ein »Stellvertreterkrieg« geführt rischen Vorteile klar auf Seiten der Liga bzw. Span- wurde, oder schließlich französische Truppen selbst in iens. Erscheinung traten. Dabei spielte das Bestreben eine Einzelne Erfolge Mansfelds sowie das Scheitern Rolle, den Krieg von Frankreich fernzuhalten. Der einer schnellen Einnahme der kurpfälzischen Fes- erste Schritt auf dem Weg nach Bayern und Österreich tungen Heidelberg und Frankenthal konnten das Ergeb- waren für Frankreich die mühsam errungenen Brücken- nis, das durch die entscheidende Schlacht bei Wimpfen köpfe am Rhein. erzielt wurde und in der tatsächlichen Einnahme der Obwohl man versuchte, die politischen Ziele durch Kurpfalz bestand, nur kurze Zeit verzögern. Der Win- den Einsatz militärischer Machtmittel zu erreichen, terkönig Kurfürst Friedrich von der Pfalz kam in die brachte im Gesamtverlauf des Krieges die Beteiligung Reichsacht, sein Land wurde längs des Rheins zwi- Europas jeweils nur vorübergehende Erfolge, während schen Spanien und Bayern geteilt. die Fixierung auf die kriegerischen Auseinandersetzun- gen die Politik einengte und diese einem gewissen Feldzug 1620/21 Zugzwang des Krieges unterlag. Die Einquartierungen und Verstärkungen der Liga Im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges ist eine um Ulm sowie der Union im Raum Günzburg 1620 Entwicklung des strategischen Denkens erkennbar (vgl. drohen, wegen der Nähe der beiden Armeen, zur Abb. 1). Die Besetzung der Kurpfalz entsprang noch Schlacht zu führen, der Vertrag von Ulm am 3. 7. 1620 dem Grundsatz, daß der direkte Marsch in ein Land und verhindert ein Gefecht und verlegt in der Folge den seine Besetzung für die Realisierung des Kriegszieles Schwerpunkt beider Heere nach Böhmen. Teile des notwendig und eine Eleminierung des gegnerischen spanischen Heeres, die die linksrheinische Kurpfalz Heeres allein durch den Schlagabtausch auf dem Ge- besetzen, machen Ende des Jahres einen Streifzug in fechtsfeld möglich sei. Aber schon Gustav II. Adolf rechtsrheinisches Gebiet. 1621 vollenden die Spanier versuchte, als Voraussetzung für seine weiträumige Be- die Besetzung der Pfalz und schreiten am 29.9. zur wegungen, Rückenfreiheit zu gewinnen, indem er poli- Belagerung der wichtigen pfälzischen Festung Fran- tisch und militärisch erst die Kurpfalz und die Rhein- kenthal. Mansfeld zieht aus Böhmen nach dem Verlust barriere sicherte und gleichzeitig damit den Kaiser der Schlacht bei Prag über die Oberpfalz in die Kur- beeinflußte. pfalz, zwingt die Spanier vor Frankenthal am 25.10. zur Aufgabe der Belagerung und zum Rückzug in eine 2) Kriegszusammenhänge, Kriegsziele und Chronologie feste Stellung nördlich Worms bei Stein. Mansfeld A. Der Böhmisch-Pfälzische Krieg 1618-1623 wagt keinen Angriff und geht über Speyer wieder in rechtsrheinisches Gebiet, nimmt Bruchsal, treibt Gel- Überblick der ein und verlegt im Anschluß daran in Quartier- Den unmittelbaren Auftakt zum Dreißigjährigen räume jenseits des Rheins. Krieg bildete der Konflikt, der durch die Loslösungs- Tilly verfolgt Mansfeld aus Böhmen, nimmt aber am bestrebungen Böhmens von der Krone Habsburg und Rhein erst Verbindung zu den Spaniern auf, die bei der Errichtung eines pfälzischen Königtums ausgelöst Stein einen Rheinübergang sichern und beginnt mit der wurde, dessen Hoffnungen aber in der für den Kaiser Wegnahme der wichtigsten kurpfälzischen Plätze. siegreichen Schlacht am Weißenberg bei Prag 1620 be- Ladenburg wird genommen, Heidelberg kann den ers- graben wurden. ten Angriff abwehren, und Tilly bezieht schließlich Ende 1621 Quartiere nördlich des Neckar.

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Feldzug 1622 Krieg den Schritt zur europäischen Dimension vollzo- Tilly wendet sich ab April 1622, unter gleichzeitiger gen, die Weichen für den folgenden Konflikt waren Blockierung der pfälzischen Festungen, der Besetzung gestellt. der südlich des Neckar liegenden Orte und Städte zu, Die nächste Macht, die im Reich intervenierte, war dringt bis Bruchsal vor, das er wieder nimmt, stellt aber Schweden, das unter dem Deckmantel, den Protestan- auf Gerüchte vom Vorrücken Mansfelds und des Mark- tismus zu schützen, seine Position im Ostseeraum aus- grafen von Baden-Durlach hin den Vormarsch ein, um zubauen versuchte. Vorangegangen war die Verdrän- bei Mingolsheim eine günstige Stellung zu beziehen. gung Rußlands von der Ostsee sowie die Besetzung Mansfeld, bei Germersheim den Rhein überschreitend, der polnischen Häfen in Livland und Preußen. Indirekt trifft Tilly in seiner festen Stellung an, lockt ihn aus die- griff auch Frankreich den traditionellen Kampf gegen ser heraus und fügt ihm am 27. 4. 1622 Verluste zu, die Habsburg wieder auf, indem es diplomatisch die Tilly veranlassen bis Wimpfen zurückzugehen. Mans- Schweden in Polen unterstützte und gleichzeitig ein feld wendet sich aus mangelnder Einsicht in die Bündnis mit ihnen abschloß, das deren finanzielle Gesamtlage, die ohne Zweifel von ihm eine Vereinigung Unterstützung regelte. mit dem Markgrafen von Baden-Durlach verlangt hätte, Das modern gegliederte und ausgerüstete sowie her- über Heidelberg ziehend der Wiedereinnahme von vorragend ausgebildete Heer sicherte dem schwedi- Ladenburg zu, erobert es und erreicht wiederum, über schen König Gustav II. Adolf die militärische Überle- Mannheim, linksrheinisches Gebiet. genheit, die in der siegreichen und entscheidenden Der Markgraf, nach Sammlung seines Heeres in Dur- Schlacht bei Breitenfeld 1631 klar zutage trat. Die lach, zieht über Bruchsal Tilly nach und stellt ihn zum Schweden konnten nun ungehindert den Zug durch das Gefecht. Dieser, durch ein Kontingent der Spanier Reich antreten. verstärkt, schlägt den Markgrafen in der Schlacht bei Fast eine ganze Dekade hatte sich der Deutsche Süd- Wimpfen am 6.5. (vgl. Abb. 2), wendet sich sofort nach westen einer relativen Ruhe erfreuen können. Der Norden, um den heranziehenden Herzog Christian von rasche Feldzug Gustav II. Adolfs bis in die Pfalz und Braunschweig aufzuhalten. Bei Höchst wird dieser nach Bayern kündigte den Krieg auf seinem Boden während des Mainüberganges gestellt und geschlagen; wieder an. Zwar verschoben sich, bewirkt durch die er rettet die Reste seines Heeres über Mannheim zu kluge Abnutzungsstrategie Wallensteins, der die Mansfeld. Schweden von ihren Kommunikationslinien abschnitt, nochmals die Handlungen nach Norden. Sie führten Nach der Beseitigung der gegnerischen Armeen fallen schließlich zur Schlacht von Lützen 1632, die mit dem die pfälzischen Festungen nach förmlicher Belagerung Tod des Schwedenkönigs endete. Für die folgenden in die Hand der Bayern. Ladenburg ergibt sich nach Jahre konnte aber das Land des heutigen Baden-Würt- kurzem Widerstand, in Heidelberg ziehen am 19.9., in temberg von der Last des Krieges nicht mehr befreit Mannheim am 5.11. die Belagerer ein. Bis auf Franken- werden. thal, das erst am 5. 3. 1623 auf Grund eines Vertrages Unter der politischen Leitung des schwedischen eine spanische Besatzung aufnimmt, ist die Pfalz in den Kanzlers Oxenstierna, dem durch Zusammenschluß Händen der Sieger. Umfangreiche Plündereien – die eines Teils der protestantischen Fürsten des Reiches die kostbare Bibliothek der Universität Heidelberg wird dem Schaffung des Heilbronner Bundes 1633 gelang, führ- Papst zum Geschenk gemacht – und Bedrückungen der ten nun die Generale Gustav II. Adolfs, vor allem Bevölkerung sind die Folge. Bernhard von Weimar und Horn, den Kampf weiter. Frankreich konnte seinen Einfluß vergrößern, ihm lag besonders daran, daß Süddeutschland im militärischen B. Der Schwedische Krieg 1630-1635 Griff des Bündnisses blieb. 1634 gelang es ihm erstmals die Festung Philippsburg als ersten Ausgangs- Überblick punkt für das kommende Geschehen vorübergehend zu Noch während des Böhmisch-Pfälzischen Krieges sichern. In Norddeutschland kamen Schwedens Be- hatte sich das aktive Kriegsgeschehen nach Norden ver- mühungen durch Wallensteins Sieg bei Steinau zum lagert und die Besetzung Niedersachsens und West- Stillstand, trotzdem wurde der Generalissimus, da er falens durch Tilly gebracht. Er konnte, nach dem Über- als unsicher galt, beseitigt, aber damit erhielt die tritt Mansfelds in die Dienste der Generalstaaten, Kriegsführung des Kaisers wieder Aufschwung. Die Braunschweig in der Schlacht bei Stadtlohn ausschalten. Verlegung schwedischer Kontingente nach Polen und Diese Bedrohung der Protestanten in Norddeutschland der Durchbruch eines spanischen Heeres aus Ober- brachte König Christian IV. von Dänemark auf den italien nach Süddeutschland verschoben das militäri- Plan. Der folgende Dänisch-Niedersächsische Krieg sche Gewicht zugunsten des Kaisers. Nach der siegrei- 1625-1629 wurde von Tilly und dem kaiserlichen chen Schlacht bei Nördlingen 1634 zerfiel der Heil- General Wallenstein für Wien siegreich geführt. Mit bronner Bund, Schweden hatte seine Vormachtstellung dem Eingreifen Dänemarks hatte der im Reich eingebüßt.

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Feldzug 1631 schreitet Horn den Rhein bei Kehl und zieht in Straß- Zur Sicherung Bayerns nach der Niederlage bei burg ein. Die Städte Schlettstadt, und Offen- Breitenfeld zieht Tilly an die Westgrenze des Kurfür- burg können seiner Armee keinen Widerstand leisten stentums. Im Oktober versucht er Wertheim zu be- und werden genommen. Zur Verhinderung feindlicher setzen, muß aber eine Niederlage durch die aus Würz- Aktionen verbleibt ein Teil des Hornschen Heeres im burg herbeieilenden Schweden hinnehmen, die ihn ver- Elsaß, mit dem Rest wird Freiburg am 29.12. genom- anlaßt, über Mergentheim und Rothenburg weiter nach men, und danach, trotz der späten Jahreszeit, der Osten zu ziehen. Marsch durch das Kinzigtal nach Osten fortgesetzt. Gustav II. Adolf wendet sich der Krönungsstadt des Reiches, am Main, zu und überläßt es seinem Feldzug 1633 General Horn, Franken zu schützen. Dieser sichert Horn legt, nach dem Marsch aus dem Nordschwarz- seine Südflanke durch Einnahme von Mergentheim am wald heraus, die Quartiere entlang der Donau bei Sig- 25.12. sowie von Heilbronn am 2.1. Darauf unterwer- maringen fest, muß jedoch dem kaiserlichen General fen sich die umliegenden Orte Wimpfen und Neckar- Aldringen entgegentreten. Dazu verstärkt er Biberach sulm freiwillig. mit eigenen und Baners Kontingenten und rückt Aldringen entgegen, der schon am 25.1. Kempten ero- Feldzug 1632 bert hatte. Das siegreiche Scharmützel seiner Voraus- Widerstand gegen die Besetzung durch die Schwe- abteilungen am 19.2. veranlaßt Horn, weiter vorzu- den wird, neben den regulären Truppen, im Raum dringen, während sich Aldringen zurückzieht; die gün- nördlich und ostwärts des Bodensees auch von der stige Stellung der Kaiserlichen lassen es Horn geraten Bevölkerung geleistet. So sieht sich der schwedische erscheinen, keine Schlacht zu wagen; er sucht, nach König nach der Eroberung Bayerns und seinem Abzug Norden und Westen ausweichend, wieder seine Quar- in Richtung Nürnberg gezwungen, Weimar mit der tierräume auf. Im Aufbruch nach Bayern begriffen, Niederschlagung der aufrührerischen Bevölkerung zu muß Horn noch einen Überfall Aldringens bei Riedlin- beauftragen. Die dazu notwendige Sicherung in Rich- gen Anfang März abwehren, ohne dabei sonderlich tung Bayern und Donau übernimmt General Baner süd- Schaden zu erleiden. ostwärts Ulm. Die vereinigten Armeen Weimars und Horns trennen Weimar geht rasch und hart vor – Kempten, Isny, sich in Bayern, um verschiedenen Aufgaben nachzuge- Wangen und müssen sich ergeben, Wein- hen. Horn übernimmt den Schutz Württembergs gegen garten folgt; auch eine dort erscheinende kaiserliche die sich mit einer spanischen Hilfsarmee unter Feria Reiterabteilung Mitte Juni kann Weimars Befriedungs- aus Italien vereinigende Armee Aldringens. aktion nicht verhindern und muß sich geschlagen Die Belagerung Villingens durch den Herzog von zurückziehen. wehrt sich erbittert, die Ein- Württemberg, Mitglied des Heilbronner Bundes, wird nahme bleibt ihm daher erspart; umso härter ergeht es durch kaiserliche Truppen gestört. Horn vertreibt diese Bregenz, das, samt seiner kaiserlichen Besatzung, und beginnt die Belagerung von , dabei die durch Überfall Ende Mai in Weimars Hände fällt. Die Neutralität Schweizer Bodens verletzend, am 8.9., muß wiederaufflammenden Unruhen im bayerischen Teil aber unverrichteter Dinge am 3.10. wieder abziehen. Schwabens zwingen Weimar, rasch dorthin zu mar- Mit der Einnahme von Konstanz glaubte Horn den schieren. Zuzug der Spanier verhindern zu können. Weimar, Im April erobern die Kaiserlichen mit Unterstützung inzwischen ebenfalls nach Württemberg marschiert, der Spanier die Festung Speyer am 9.5. und fallen vereinigt sich mit Horn bei Singen, und beide beziehen später aus dem Elsaß mit einem Heer unter dem kaiser- bei der Nachricht vom Anmarsch des vereinigten kai- lichen General Montecuccoli in Württemberg ein. Bei serlich-spanischen Heeres eine Stellung bei Spaichin- Au am Rhein über den Strom setzend, ziehen sie über gen. Aldringen vollzieht die Verbindung mit den Span- Durlach nach Bretten, das nach der Einnahme geplün- iern bei Ravensburg, zieht in Richtung Feind, nicht dert wird, um sich nun nach Norden zu wenden. Diese ohne vorher Biberach einzunehmen und wie Memmin- Bewegung soll die Unterstützung der Besatzung von gen zu verstärken und geht unmittelbar dem Feind Heidelberg einleiten, die die schwedische Besatzung in gegenüber in Stellung. Wiesloch auszuheben versucht. Überraschend stoßen Trotz der Nähe wagt keine Partei eine Schlacht, am 16.8. die zum Entsatz herbeieilenden Schweden schließlich zieht Aldringen über Donaueschingen, unter Horn in der Nähe von Wiesloch auf die Kaiserli- Stühlingen, Waldshut nach Säckingen, alle Städte be- chen, schlagen sie und zwingen sie so zum Rückzug setzend, überquert den Rhein, erobert und über den Rhein, der bei Philippsburg durchgeführt setzt seinen Marsch auf der linken Rheinseite bis Brei- wird. Die Ernennung des Markgrafen Wilhelm von sach fort, das von Truppen des als schwedischer Rei- Baden-Baden zum kaiserlichen Oberbefehlshaber am tergeneral dienenden Pfalzgrafen Christian von Bir- Oberrhein läßt Schwierigkeiten für Straßburg erwarten, kenfeld belagert wird. Der Entsatz gelingt, Aldringen das mit den Schweden verbündet ist; daher über- beginnt die Belagerung von Kenzingen, die aber von

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Abb.2

Das zahlenmäßig leicht unterlegene, aber vorzüglich ausgerüstete Heer des Markgrafen von Baden-Durlach erwartet den Angriff des durch Spanier verstärkten ligistischen Heeres in einer Stellung, deren rechter Flügel durch das besetzte Obereisesheim verstärkt wird und deren Rückhalt eine Wagenburg ist. Nach unbedeutenden Scharmützeln und einem ausgedehnten Feuer- kampf der beiderseitigen Artillerien treffen beide Heere in der Bewe- gung aufeinander. Tillys Infanterie wird geworfen, die badische Reiterei aber in die Flucht geschlagen. Ohne Ausnützung des Erfolges gliedert das badische Heer unter enge- rer Anlehnung an die Wagenburg um und gibt somit Tilly Gelegenheit, den Angriff, nach Wiederherstellung der Gefechtsordnung, zu erneuern. Dieser hat, unter gleichzeitiger Ausnützung der Verwirrung, die bei den badischen Truppen aufgrund einer Explosion von Pulverwagen in der Wagenburg herrscht, Erfolg. Die anschließende Eroberung der Wagenburg und von Obereisesheim vollenden das Gefecht zugunsten der Liga.

Abb. 3 Die Belagerung Rheinfeldens wird durch B. v. Weimar nur mit schwachen Kräften am Nordufer des Rheines gesichert, so daß es den Kaiserlichen gelingt, am 28.2. bis Karsau heranzukommen, ehe sich Teile der Armee Weimars in einer Abwehrstellung formieren können. Durch schnell, über eine Fähre herangeführte Verstärkung, gelingt es Weimar zwar, seinen rechten Flügel zu behaupten, die Mitte und der linke Flügel werden durchbrochen. Weimar bricht die Belagerung ab und weicht in Richtung Lauffen- burg aus. Dort sammelt er seine Truppen und führt sie am nördlichen Rheinufer wieder vor. Er erscheint am 3.3. vor dem überraschten und sich sicher wähnenden Gegner. In Anlehnung an einen kleinen Bach gliedert sich das kaiserliche Heer zwischen Rhein und Höhenstufe rasch zur Ge- fechtsordnung. Im Vorausangriff nimmt Weimar den Bachgrund und schafft Über- gangsmöglichkeiten, um sofort auf breiter Front zum Angriff anzutreten. Auch die tiefe Gliederung der Kaiserlichen kann den Durchbruch im Zentrum und auf dem rechten Flügel nicht verhindern, lediglich Teile des linken Flügels unter Werth halten sich und werden erst nach hartnäckigem Kampf durch Umgehung zur Kapitulation gezwungen.

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Abb.4

Die konsequente Anwendung des »Kleinen Krieges« gegen das fran- zösische Heer Anfang 1643, ausgeführt von Werth, führt zur Beendi- gung des Feldzuges. Nach einem unbedeutenden Vorpostengefecht bei Marbach am 30.1. überfällt Werth schon am 31.1. zwei feindliche Regimenter bei Schorn- dorf. Der Versuch, näher an das gegnerische Heer heranzukommen, wird bei Großheppach durch den wachsamen Gegner vereitelt. Im Auftrage Mercy‘s überfällt er das besetzte Göppingen am 5.2., ein Aufklärungs- vorstoß gegen die Stellung Guebriant‘s bei Kirchheim am folgenden Tag wird abgewehrt. Überfälle auf die französischen Quartiere in Ofterdingen am 16.2. und Waldenbuch am 18.2. verursachen erheblichen personellen, materiellen und psychologischen Schaden, so daß nach dem folgenden Handstreich gegen ein Regimentsquartier in Hemmendorf, die Franzosen endgültig in Richtung Rhein ausweichen.

Abb. 5 Die französische Armee hat sich in ihren ausgedehnten Winter- quartieren ungenügend gesichert. Unter Ausnutzung der Kenntnisse über den Gegner, das Gelände sowie der schlechten Sicht, nähert sich die bayerische Armee unbemerkt von Osten, nimmt im Handstreich den Artilleriepark und schließt Tuttlingen ein; gleichzeitig wird das besetzte Schloß Honburg überfallen. Die alarmierten und sich sammelnden französischen Truppen aus den nördlichen Quartierräumen und aus Möhringen werden im ersten An- griff in die Flucht geschlagen und verfolgt, Möhringen mit den dort befindlichen Infanterieregimentern eingeschlossen. Die Kapitulation der Truppen in Tuttlingen und Möhringen am 25.11. und der Rückzug der restlichen Regimenter führt zur gänzlichen Auf- lösung des französischen Heeres.

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Abb.6 Das zahlenmäßig überlegene französische Heer greift die Bayern in deren starken Feldstellungen aus zwei Richtungen an. Obwohl die Geländegewinne der Franzosen gering sind, räumt der bayerische Feldherr aufgrund der schweren Verluste und der ungünstigen taktischen Lage, in die er geraten ist, in der Nacht vom 3./4. August die Stellungen, um eine zweite, unmittelbar südlich Freiburg, zu beziehen. Aus dieser wehrt er alle Angriffe, deren schwerster am 5.8. vorgetragen wird, ab; die dabei erlittenen Verluste veranlassen die Franzosen, den direkten Angriff einzustellen und die Ver- sorgungslinie des bayerischen Heeres nach Norden zu bedrohen. In einem am 9.8. erfolgreich durchgeführten Rückzugsgefecht nördlich Freiburg, gelingt es Mercy, sich vom Feind zu lösen und nach Norden auszuweichen.

Abb.7 Noch rechtzeitig alarmiert, kann die französische Armee die Masse der Regimenter bei Herbsthausen sammeln. Unter Ausnutzung des Geländes bildet die Infanterie in An- lehnung an ein Waldstück den rechten, die Reiterei, in einem Treffen, den rechten Flügel; die Artillerie ist bis zu Gefechts- beginn noch nicht eingetroffen. Die bayerische Armee greift aus der üblichen Gliederung he- raus nach einer für die französische Infanterie verheerenden Kanonade mit dem eigenen Fußvolk an und wirft das gegne- rische. Gleichzeitig gelingt der französischen Reiterei, bedingt durch den bergab laufenden massierten Stoß, ein Durchbruch, der erst nach Einsatz der Reserven, Teilen des linken Reiterflügels, sowie einigen Infanterieregimentern, bereinigt werden kann. Entschieden wird das Treffen für die Bayern durch den Umgehungsmarsch der restlichen bayerischen Reiterei, die im Rücken des französischen Heeres erscheint.

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Horn, der nach seiner Trennung von Weimar sich über ten feindlichen Truppen auf, erreicht die Nachhut bei Kehl in linksrheinisches Gebiet begeben hatte, unter- Willstädt am 3.10., zersprengt sie, ohne aber die Masse brochen wird. Nochmals nach Breisach zurückkehrend, der Truppen dabei zu treffen. Den Rheinübergang bei wendet sich Aldringen durch das Kinzigtal nach Rott- Kehl versperrt findend, verbleibt Werth im badischen weil, um Winterquartiere aufzusuchen; Horn bleibt, Land, es auf seinem Zuge hart bedrückend, nimmt am über Freiburg gehend, in drohender Nähe. Da Aldrin- 5.10. Kenzingen ein, macht kehrt und erscheint, über gen mit seinen geschwächten Truppen in einer even- Rastatt und Karlsruhe marschierend, vor Heidelberg. tuellen Begegnung die gänzliche Vernichtung befürch- Ihm gelingt die Einnahme der Stadt, das Schloß wird ten muß, zieht er daher weiter nach Bayern. Die aber durch die überraschend auftauchenden Franzosen Schweden suchen Quartiere nördlich des Bodensees entsetzt; Werth verläßt nach einem verlustreichen auf, in denen sie während der Ruhephase mehrmals Gefecht am 22.12. die Stadt und das Land in Richtung erhebliche Verschiebungen vornehmen, um den wirk- Norden. samsten Schutz bei möglichen feindlichen Aktionen zu Die Franzosen besetzen am 7.10. vertragsgemäß Phi- erreichen. lippsburg, das Anfang des Jahres in die Hand der Weimar verweilt nur noch kurze Zeit in Württem- Schweden gefallen war. berg, versucht mit halbem Herzen einen eventuellen Rückzug der Kaiserlichen vom Oberrhein in einer Stel- Feldzug 1635 lung bei zu unterbrechen, folgt dann aber Nach Sammlung der Truppen der Generale Gallas umgehend einem Hilferuf des Kurfürsten von Sachsen. und Werth bei Menzingen, fällt Philippsburg in einem Die wichtige Festung Heidelberg fällt am 3.6. in die Kommandounternehmen unter Mitwirkung des ehe- Hand des aktiven Birkenfeld, der auch die Belagerung maligen Kommandanten Oberst Bamberger am 24.1. Philippsburgs in Angriff nimmt, ohne dabei vorerst wieder den Kaiserlichen in die Hände. Dieser Erfolg einen Erfolg erzielen zu können. wird durch die Einnahme von Speyer am 12.2. gekrönt. Weimar ist Anfang 1635 wieder Befehlshaber einer Feldzug 1634 Armee, die aus schwedischen Resten, französischen Aus seinem Quartier heraus säubert Horn das Gebiet Hilfstruppen und dem ehemaligen Korps des Rhein- ostwärts durch die Eroberung Biberachs am 25.3. und grafen, der seine Truppen Frankreich übergeben hatte, Memmingens am 14.4.; Kempten ergibt sich kampflos besteht. Die Quartiere, die er an der Bergstraße bezieht, am 3.4., lediglich Überlingen kann durch hartnäckige verläßt er Ende Februar, konzentriert seine Truppen bei Verteidigung den Sturm abwehren. Im Juni verläßt Mannheim und überquert den Rhein zum Marsch nach Horn seine Quartiere in Richtung Bayern zur weiteren Worms. Dort vereinigt er sich mit einem weiteren Zusammenarbeit mit Weimar. französischen Kontingent und belagert, so verstärkt, Die Zwistigkeiten zwischen Weimar und Horn sowie Speyer, das ihm am 22.3. die Tore öffnet. Anschlie- die Privatinteressen letzteren – er will sein durch ßend führt er seine Armee, dem nun anrückenden Gustav II. Adolf verliehenes fränkisches Fürstentum Gallas ausweichend, auf den Kriegsschauplatz nach nicht schädigen – führen zum Streit um die Quartiere Hessen. Horns, die Weimar im Raum westlich Nördlingen be- Der kaiserliche Oberbefehlshaber Gallas sammelt setzt, im Mai aber wieder, mit Ziel , ver- seine Truppen im März zwischen Pforzheim und Heil- läßt. bronn. Heidelberg kann genommen werden, ohne dabei Das Zusammenwirken aller kaiserlichen Armeeteile aber das Schloß bezwingen zu können, das, wie Mann- unter dem König von Ungarn, Ferdinand III., führt zur heim, eingeschlossen bleibt. Der Rheinübergang wird siegreichen Schlacht von Nördlingen am 5./6.9., die bei Speyer bewerkstelligt, das freiwillig beim Anzug Süddeutschland von fremden Truppen säubert. Die der Kaiserlichen von feindlichen Truppen geräumt Reste des schwedischen Heeres sammeln sich unter wird. Worms ergibt sich ebenfalls. Auf dem Weg nach Oberst Taubadel bei Heilbronn und ziehen weiter nach Worms war Frankenthal eingeschlossen worden, ohne Norden. Die Masse des kaiserlichen Heeres begibt sich es aber vorerst nehmen zu können. Derartig im Rücken in Quartiere südlich Stuttgart, von hier aus wird das gesichert, vollzieht Gallas den Vormarsch gegen den in ganze Land in Besitz genommen; General Piccolomini den nördlichen Teil der Kurpfalz weichenden Weimar. besetzt Franken, dabei den Weg über Rothenburg und Mergentheim nehmend. C. Der Französisch-Schwedische Krieg 1635-1648 Teile Birkenfeldischer Truppen, verstärkt durch die Kontingente Horns unter dem Rheingrafen (Linie Überblick Salm), sind Mitte des Jahres mit der Belagerung Brei- sachs und Rheinfeldens, das am 19.8. fällt, befaßt. Sie Als Folge der militärisch ungünstigen Lage, in die kommen zur Schlacht bei Nördlingen zu spät und tre- Frankreich zusammen mit seinem Verbündeten Schwe- ten über Heilbronn, Pforzheim den Rückzug an. den ab 1634 kam, eröffnete es eine diplomatische Der kaiserliche Reiterführer General Jan van Werth nimmt die Verfolgung dieser letzten noch einsatzberei-

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Offensive großen Ausmaßes in Europa, trat damit aber Festung Kenzingen, die die Verbindung Werths mit mit seinem Interesse an den Vorgängen im Reich in die Breisach darstellt; im Verlaufe dieser Operation nimmt er Öffentlichkeit; das militärische Instrument sicherte es die Ortschaften Endingen, Ettenheim und Mahlberg. Der sich mit Weimar, dessen Interesse der Errichtung eines kaiserliche General Savelli führt zwischenzeitlich Werth eigenen Fürstentums galt und der von ihm befehligten zusammengeraffte Sicherungstruppen vom Oberrhein zu, Teil der schwedischen Armee. Ein gemeinsamer Angriff und Werth rückt nun zum Entsatz Kenzingens vor, der der beiden Verbündeten sollte Habsburg endlich in die von Weimar in einem Gefecht zwischen Ettenheim und Knie zwingen. Ettenheimmünster am 5.3. vereitelt wird. Der strategisch glänzend konzipierte Plan sah vor, Einsehend, daß weitere Erfolge rechtsrheinisch nur daß Schweden aus Norden, und Frankreich aus Westen, schwer zu erreichen sein werden, gibt Weimar die den Angriff vortragen sollten, um so Wien an einer Belagerung Kenzingens auf, beläßt Teile seiner Armee Schwerpunktbildung zu hindern. Die Realisierung die- in der Rheinschanze und geht in das Elsaß zurück. ses Planes scheiterte letztlich an der immer mehr sich Die verbleibende Besatzung in der Schanze ist den zeigenden Erschöpfung aller Beteiligten, der Krieg ent- Angriffen Werths nicht gewachsen und muß, nach fernte sich von seinem ursprünglichen Ziel. einem abgewehrten Angriff am 12.9., die Feldbefesti- Den Schweden gelang es nochmals, die militärische gung aufgeben, nachdem der feindliche Angriff gleich- Oberhand zu gewinnen und mit einer Reihe von Siegen zeitig von beiden Rheinufern am 1.11. geführt wird. brachten sie den Kaiser in eine prekäre Situation. Frank- Wegen der späten Jahreszeit bezieht Werth Quartier reich hingegen mußte sich in den ersten Jahren, wegen um Stuttgart, Savelli verbleibt nördlich Freiburg. seines Krieges mit Spanien, damit begnügen, durch Weimar den Gegner an der Rheinfront zu binden. Erst nach der spanischen Niederlage bei Rocroi 1643 ging Feldzug 1638 Frankreich verstärkt zur Offensive über und wählte als Weimar unternimmt es, Anfang des Jahres die habs- Ausfallspforte, wie von langer Hand geplant, die Ober- burgischen Besitzungen im Südschwarzwald zu ero- rheinlande. Noch versuchte der Kaiser mit dem schon bern. Sein Marsch geht, aus dem Rheinknie bei unsicher werdenden Kurfürsten von Bayern, während kommend, bis Säckingen, das sich ergibt und wo er einer Konferenz 1644 in Passau, das Schicksal zu mit einem Teil seiner Armee den Rhein überschreitet wenden, aber das offensichtlich werdende Unvermögen und anschließend von beiden Seiten Lauffenburg ein- beider Seiten, den Sieg zu erringen, gaben der Aus- nimmt; Waldshut öffnet ebenfalls die Tore. einandersetzung nur noch den Sinn, für die laufenden Rheinfelden, die wichtigste Festung am Oberrhein, Friedensverhandlungen günstige Ausgangspositionen zu muß belagert werden, am 10.2. beginnt die Beschie- erreichen; ßung. Ein Streifzug des Obersten Rosen, unterstützt von Taubadel, der über Stühlingen bis vor Donau- Feldzug 1636 eschingen, mit Teilen auch bis Villingen, vorgetragen Nach einem verlustreichen Feldzug der Kaiserlichen wird, trägt zur Versorgung des französischen Heeres in Frankreich, der für Paris eine politische Stärkung bei. durch Bewußtwerdung der eigenen Leistungsfähigkeit Teile der Truppen Werths, die am Rhein als Beob- zur Folge hat, bezieht Gallas mit den Trümmern seines achtungscorps stehen, sowie andere zusammengeraffte Heeres Ende des Jahres Quartier im Breisgau. kaiserliche Regimenter, sammeln sich Ende Februar bei Villingen, vereinigen sich mit Savellis Truppen Feldzug 1637 nördlich Rheinfelden, überraschen Weimar bei der Gallas verläßt Anfang des Jahres seine Quartiere und Belagerung der Festung und fügen ihm am 28.2. eine führt sein Restheer nach Thüringen. Schlappe zu, die schon am 3.3. durch einen vollständi- Im Juli unternimmt Weimar einen Angriff nach gen Sieg über die sorglos gewordenen Kaiserlichen Württemberg zur Entlastung der Schweden, deren Vor- ausgewetzt wird (vgl. Abb. 3). Dabei sind nicht nur die marsch nach anfänglichen Erfolgen in Norddeutschland Verluste beträchtlich, ein großer Teil der militärischen stecken bleibt. Südlich Wittenweier geht er über den Führer, dabei auch Werth, gehen in Gefangenschaft Rhein und legt am Ufer eine Verschanzung an, aus der und fehlen während der nächsten Jahre dem Kaiser. heraus er am 10.8., nach vorangegangenen Schar- Rheinfelden ergibt sich nach weiterer Beschießung mützeln, einen Angriff Werths abwehren kann. Dieser am 25.3. Der Sieger richtet nun sein weiteres Vor- ist, aus anderer Verwendung, im Gewaltmarsch bis gehen nach dem wichtigsten Vorhaben aus: Der Ero- gekommen, hat dort seine Truppen ge- berung Breisachs, das seit Anfang Juli allen Be- sammelt und gegliedert und zieht, nach dem vergeb- mühungen trotzt. Zur Vorbereitung sichert der Herzog lichen Versuch, Weimar über den Rhein zu werfen, sei- die rechte Flanke durch Streifzüge seiner Generale. nerseits in eine feste Stellung bei Schuttern. Rosen nimmt Kandern, Zell, Todtnau, Taubadel Während sich Werth ruhig verhält und Verstärkung Hüningen, Badenweiler, Untermünstertal und Neu- abwartet, eröffnet Weimar die Belagerung der kleinen stadt. Vereinigt wäh-

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len beide den Weg über Villingen, , Schöm- Feldzug 1639 berg, Balingen, Hechingen, Horb, Tübingen bis nach Mitte des Jahres, am 18.7. stirbt, unerwartet, Wei- Stuttgart und drehen dann nach Süden in Richtung mar, seine Armee tritt offiziell in französische Dienste. Breisach ab. Weimar selbst nimmt bei Neuenburg seine Zur gleichen Zeit beginnt der neue Befehlshaber der Sicherungstruppen auf, die dort den Rheinübergang bayerischen Armee, General Geleen, die Belagerung bewachen und erscheint vor Freiburg; er beginnt mit des Hohentwiel, muß aber die Nutzlosigkeit seines der Belagerung am 1.4., die mit seinem Einzug in die Vorhabens erkennen und begibt sich in Quartiere um Festung am 11.4. endet. Heidelberg; Piccolomini, aus den Niederlanden zu Bei den Kaiserlichen übernimmt General Götz die Geleen stoßend, zieht, einem Auftrag des Kaisers ent- Stelle des nichtersetzbaren Werth, zieht Verstärkungen sprechend, nach Böhmen weiter. im Raum Tübingen an sich und bricht im April mit Die Gegenmaßnahmen des Feindes bestehen in der dem strikten Befehl des Kaisers, Breisach zu entsetzen, Detachierung eines Beobachtungscorps unter Rosen in Richtung Rhein auf. Vom Plan der Kaiserlichen zum eventuellen Entsatz des Hohentwiel, sowie einem unterrichtet, versucht Weimar durch eine Bewegung Angriff unter dem Grafen von Nassau in die südlichen bis Tuttlingen den Anschein eines Einfalls nach Bayern Teile der Pfalz gegen dort stehende Sicherungskräfte zu erwecken. Dieses Ablenkungsmanöver, bei dem er Geleens. Ohne viel Erfolg kehrt Nassau zurück. sich mit einem französischen Hilfskorps unter Der kurz darauf den Oberbefehl übernehmende Her- Guebriant vereinigt, bleibt ohne Erfolg. Auch der Ver- zog von Longueville beschließt nochmals die Erobe- such, bei Rottweil den Gegner zu stellen, mißlingt, da rung der Pfalz. Götz, ausweichend, bis Waldkirch weiter marschiert. Unter Zusammenfassung aller Kräfte marschiert er Nun wirft Weimar seine Armee herum und eilt bis vor linksrheinisch nach Norden, nimmt dort eine Reihe Breisach zurück und erreicht dadurch, daß Götz, dem von Ortschaften und überquert südlich Worms den Wagnis eines Kampfes ausweichend, nach Norden und Rhein. über den Rhein geht und ein Lager auf dem linken Rheinufer bezieht; dort hofft er, durch den Herzog von Feldzug 1640/41 Lothringen verstärkt zu werden. Das Kriegsgeschehen im Jahre 1640 hatte seinen Da beide Seiten über ungenügende Informationen Schwerpunkt im Norden des Reiches. Lediglich der über den Gegner verfügen, beginnt nun ein ermüdendes Hohentwiel mit seiner antikaiserlichen Besatzung wur- Vor- und Zurückweichen, das scheinbar ohne Sinn ist, de Ziel einer wiederum vergeblichen Belagerung, dies- es den Kaiserlichen immerhin erlaubt, Breisach zwei- mal durchgeführt von Truppen aus Württemberg, das mal zu versorgen. seit 1634 unter kaiserlicher Verwaltung stand. Anfang Im Rücken werden die Kaiserlichen durch kleine 1641 unternimmt Rosen wieder Streifzüge in die Orte- Streifcorps, darunter auch das des Kommandanten des nau und den Breisgau zur Eintreibung von Contribu- Hohentwiel, Wiederhold, beunruhigt. Endlich, nach tionen, als Faustpfand bleibt Oberkirch besetzt. beiderseitiger Verstärkung kommt es bei Wittenweier Ein schnell zusammengestelltes kaiserliches Ein- zum Treffen: Götz, mit den bei Heilbronn gesammel- greifcorps unter Oberst Wolf aus den Garnisonen ten Truppen Savellis, wird von Weimar, dessen eigene Speyer, Worms, Philippsburg und Heilbronn greift Armee durch ein französisches Hilfscorps vor Breisach Rosen an und fügt ihm eine Niederlage bei Bühl am bei der Belagerung abgelöst wird, am 9.8. geschlagen, 24.3. zu. Verstärkt, durch weitere Truppen unter dem rettet aber die Masse seines Heeres in den Raum General Gil de Haes, sind die Kaiserlichen in der Lage, Villingen zur Neuorganisation. Weimar nimmt am im Raum um Offenburg die Ortschaften und Städte 12.8. Kenzingen und widmet sich weiter der Belage- von feindlichen Besatzungen zu befreien und Mahl- rung von Breisach. berg, das als Stützpunkt des Gegners Verwendung fin- Götz erhält im August Zuzug aus Holland unter det, zu zerstören. Die Beruhigung des badischen Land- General Lamboy und versucht, unterstützt durch Ab- striches veranlaßt Haes, seine Tätigkeit in die Pfalz zu lenkungsversuche aus den linksrheinischen Gebieten verlegen und dort Kreuznach zur Kapitulation zu durch den Herzog von Lothringen und Savelli, Brei- zwingen. sach wieder zu entsetzen. Weimar zeigt sich allen über- Den Auftrag, die kaiserlichen Besatzungen am Ober- legen, schlägt erst den nächststehenden Gegner im El- rhein zu beunruhigen, übernimmt nach der Niederlage saß und empfängt am 24.10. Götz vor Breisach, der, Rosens Widerholt in verstärktem Maße. Das führt als geschlagen, sein Vorhaben aufgebend durch den Süd- Reaktion ab Juli zur Blockierung des Felsennestes schwarzwald zieht, von französischen Truppen verfolgt Hohentwiel und, nach Zuzug der Truppen Haes aus der und wegen seiner Mißerfolge schließlich verhaftet Pfalz, zur förmlichen Belagerung. Gestört werden die wird. Seine Truppen ziehen in württembergisches Belagerungsarbeiten durch erfolgreiche Ausfälle der Land. Besatzung und Entlastungsvorstöße der Garnison in Versorgungsschwierigkeiten zwingen den Komman- Breisach. Auch eine weitere Verstärkung aus Bayern danten von Breisach schließlich die Festung zu überge- unter General Sparre ist nicht in der Lage, die unein- ben, in die Weimar am 17.12. als Sieger einzieht.

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6,11 SIEGFRIED NIKLAUS / DREISSIGJÄHRIGER KRIEG 1620-1634/1635-1638/1639-1647 nehmbare Festung zur Kapitulation zu zwingen, so daß zieht, über Horb durch das Kinzigtal den Rhein zu man die Belagerung Ende des Jahres schließlich auf- passieren. hebt. Unterstützung aus Frankreich veranlaßt Guebriant, Feldzug 1642 die Vorgänge am Rhein durch einen nochmaligen An- Auch dieses Jahr stellt eine Atempause für Südwest- griff nach Bayern hinein zu beeinflussen. Anfang No- deutschland dar, nur kleinere Unternehmungen beun- vember bei Ottenheim den Rhein überquerend, erobert ruhigen das Land. Wieder sind es die Besatzungen von er vorerst Rottweil und wird dabei tödlich verwundet. Hohentwiel und Breisach, diese unter General Erlach, Wachsam, zieht Lothringen, unterstützt von Mercy, die in Streifzügen dem Gegner Verluste beifügen und seine Truppen zusammen und folgt über Pforzheim ihn zur Wachsamkeit zwingen. Konstanz, Tuttlingen, dem Gegner nach Süden. Die Flankensicherung Blaubeuren sowie andere kleine Ortschaften sind das Guebriants unter Rosen wird am 8.11. bei Geislingen Ziel. Erst der bayerische General Franz von Mercy ist in durch den kaiserlichen Oberst Spork überfallen und der Lage, den Unternehmungen des Gegners Einhalt zu vernichtet. Die fortgeschrittene Jahreszeit zwingt die gebieten; von Villingen aus befreit er das von Wie- Franzosen, nun unter General Ranzau, in Quartiere um derholt besetzte Tuttlingen und zwingt den Gegner in Tuttlingen, die schließlich zur Auflockerung der die Garnisonen zurück. Armee führen. Im Norden des Landes beziehen Ende des Jahres die Dieses Schwächemoment ausnützend, überfallt Franzosen unter Guebriant ausgedehnte Quartiere. Lothringen am 24.11. die französische Armee, die, durch die dabei verursachten starken Verluste, als auf- Feldzug 1643 gelöst gelten kann (vgl. Abb. 5). Ende 1643 liegt die Anfang des Jahres zeichnet sich die Konzentration kaiserliche Armee, nun unter Mercys Befehl, in kaiserlicher Truppen unter Mercy und Lothringen ab. Quartieren nördlich Tuttlingen. Dies zu verhindern, zieht Guebriant aus seinem Quartier nach Süden und versucht, Mercy getrennt von Feldzug 1644 Lothringen zu schlagen; dieser weicht aus und kann Anfang des Jahres belagert Mercy Überlingen in seine Vereinigung mit Lothringen bei Heilbronn voll- Verfolgung des Gesamtplanes des Kaisers und Kurfür- ziehen. Die Gegner marschieren nun parallel nach sten Maximilian I., der die Befreiung des Reiches von Süden, die Armeeführer verzichten auf eine offene Feld- allen feindlichen Truppen vorsieht; am 12.5. übergibt schlacht – Guebriant ist der Gegner zu stark geworden der französische Kommandant die Festung. Die näch- und Lothringen glaubt das Ziel, die Vertreibung des ste Aktion gilt dem Hohentwiel, dort wird die begon- Gegners aus Württemberg, durch den »Kleinen Krieg« nene Belagerung, die mit gleichzeitigen Verhandlun- erreichen zu können. Während des Marsches nehmen gen gekoppelt ist, aufgehoben, als wider Erwarten beide Heere bei Kirchheim Gefechtsordnung ein, lösen französische Truppen sich am Rhein bei Breisach sich aber ohne Schlagabtausch wieder voneinander. konzentrieren. Henry Vicomte de Turenne, der neue Überfälle in die Quartiere und auf Fouragetrupps französische Befehlshaber dringt, ehe die Bayern heran sowie bewaffnete Aufklärungsvorstöße sind an der Ta- sind, bis Donaueschingen vor, weicht aber vor den gesordnung. In diesem »Kleinen Krieg« zeichnet sich entschlossenen Kaiserlichen bis zum Brückenkopf besonders Werth, aus französischer Gefangenschaft Breisach zurück. zurück, aus; seine zahlreichen Überfalle auf französische Mercy zieht nach vierwöchiger Belagerung am 28.7. Truppen finden die Krönung bei Ofterdingen am 16.2. in Freiburg ein, das ihm geeignet erscheint, um von (vgl. Abb. 4). Guebriant nimmt durch das Kinzigtal den hier aus dem französischen Heer den Weg ins Weg zum Rhein, Lothringen führt seine Truppen am Landesinnere zu verlegen. März in Quartiere westlich Stuttgart. Vor dem Rhein Aus geschickt angelegten Stellungen wehrt er in schwenkt Guebriant nach Süden ab, um seinerseits einer mehrtägigen Schlacht, deren Höhepunkt der 5.8. Quartiere im Südschwarzwald ab Mai 1643 zu beziehen, ist, die vereinigten französischen Armeen Turennes aber schon im Juni tritt er den Vormarsch in Richtung und des Feldmarschalls Ludwig Condé ab (vgl. Osten wieder an, um sowohl die Kaiserlichen vom Abb.6). Rhein abzuziehen als auch seine unruhigen Truppen zu Beide Armeen trennen sich geschwächt und zu beschäftigen. Langsam über Engen am Nordufer des keiner wichtigen Aktion fähig. Während Mercy um Bodensees entlangziehend und wiederum laufend in Stuttgart und Heilbronn Quartiere zur Auffrischung Scharmützel mit dem ihn beobachtenden Gegner ver- bezieht, marschiert Condé am Rhein nach Norden, wickelt, erreicht er die Illergegend, dort kehrt er um, als belagert das schlecht verteidigte Philippsburg, dessen er feststellt, daß der Feind die Übergänge gesperrt hat Besatzung am 12.9. die Waffen streckt. Im Anschluß und versucht, Tuttlingen besetzend, Rottweil als Stütz- ergeben sich Mannheim und Speyer. punkt zu erreichen. Der detachierte Werth bedroht die französische Feldzug 1645 Armee vor Rottweil derartig, daß Guebriant es vor- Der französische Angriff 1645 wird vorbereitet durch einen gewaltsamen Aufklärungsvorstoß Rosens Anfang 20

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Februar durch das Kinzigtal über Freudenstadt, Na- ohne daß es zu einer Generalbereinigung der Probleme gold, Herrenberg, Calw, bis Leonberg, das weitere zwischen den beiden großen Machtblöcken Österreich- Vordringen wird durch die wachsamen Bayern verhin- Spanien und Frankreich-Schweden-Niederlande ge- dert. Der Hauptangriff Turennes erfolgt Ende März. kommen wäre. Für das Deutsche Reich wurde der Sein Angriff erreicht, nach dem Rheinübergang bei Westfälische Friede zum ewigen Grundgesetz erklärt. Speyer, Pforzheim und schwenkt dann nach Osten ein. Er hat die politischen Veränderungen des Krieges Mercy konzentriert seine Armee ostwärts Stuttgart, fixiert und für über 150 Jahre die maßgebende Grund- weicht einer Schlacht aus und lockt Turenne, der bei lage der staatlichen Organisation Deutschlands darge- Rothenburg den Vormarsch einstellt, weiter nach Os- stellt. Zugleich bildete der Westfälische Friede eine ten. Durch politische und logistische Gründe gezwun- Epochengrenze, nach der die aufsteigenden Territorien gen, bezieht er weitläufige Quartiere um Mergentheim. das Reich an Bedeutung endgültig überflügelten. Die Bayern erreichen, nach einem Parallelmarsch mit Abgesehen von der Pfalz kam es zu Verwüstungen den Franzosen, den Raum um Feuchtwangen, ver- der Landschaft erst in der Zeit nach der Nördlinger stehen es, den Gegner durch Untätigkeit zu täuschen Schlacht. Auch die von den Armeen eingeschleppten und überfallen ihn im eigenen Quartier. Am 5. 5. wird Seuchen traten erst in diesem Zeitraum auf. Lokal Turenne bei Herbsthausen geschlagen und mit den wirkten sich diese Heimsuchungen recht unterschied- Resten seines Heeres nach Hessen verfolgt (vgl. lich aus. Die stärksten Zerstörungen und die größte Abb.7). Entvölkerung waren wohl am Oberrhein zu verzeich- Französische und hessische Verstärkung veranlassen nen. Man schätzt, daß sich die Bevölkerungsverluste Mercy im Juni nach Württemberg zurück zu marschie- auf mehr als die Hälfte der Einwohnerschaft belief. ren und bei Heilbronn eine feste Stellung zu beziehen, Vielfach sank die Volkszahl allerdings auch auf unter in der ihn die anrückenden Franzosen unter Condé ein Drittel des Vorkriegsstandes. Auf dem flachen nicht anzugreifen wagen. Land, das mehr den Ausschreitungen ausgesetzt war Einer Umgehung Condés zuvorkommend, gibt als die Städte, waren die Verluste in der Regel höher. Mercy seine Stellung auf und richtet eine weitere Sperrstellung auf dem Weg nach Bayern bei Aller- heim, in der Nähe Nördlingens, ein, auf die Condé, nachdem er Mergentheim und Rothenburg einge- II. Erläuterungen zur Karte nommen hat, trifft; in der am 3.8. folgenden Schlacht wird die kaiserliche Armee geschlagen, Mercy fällt. Die Darstellung beschäftigt sich mit dem Kriegsge- Der Ausnützung des Erfolges stellt sich eine neue schehen im Deutschen Südwesten im großen Zusam- Armee unter Gallas entgegen, vor der die Franzosen menhang der militärischen Ereignisse und muß der über den Rhein zurückgehen. Gallas folgt bis ostwärts Übersichtlichkeit halber auf gewisse, auch im Philippsburg und bezieht im Anschluß Quartiere zwi- Einzelfall wichtige, mehr lokale Ereignisse verzichten. schen Donau und Kocher. Um die Übersichtlichkeit der Karten zu gewährlei- sten, mußte wegen der Vielzahl der Bewegungen und Feldzug 1646/47 kriegerischen Tätigkeiten eine Generalisierung vorge- Diese Jahre sehen keine kaiserlichen und bayeri- nommen werden. Dargestellt sind alle wichtigen schen Truppen mehr auf dem heute baden-württem- Bewegungen, die für das Gesamtbild einer jeweiligen bergischen Boden. Die politische und militärische Kriegsphase notwendig sind sowie alle anderen Konzentration verlegt den süddeutschen Kriegsschau- Unternehmungen, die aus dem landesgeschichtlichen platz nach Bayern. Bild Baden-Württembergs nicht wegzudenken sind. Turenne, aus Hessen kommend, vereinigt sich bei Im Beiwort sind weitere Daten und Informationen Schwäbisch Hall mit dem neuen schwedischen Be- aufgeführt, die in dem Kartenbild nicht unterzubringen fehlshaber Wrangel zum Einfall nach Bayern. Auf waren. Die ausgewählten Daten enthalten: Bei den ihrem Zug durch Württemberg leisten die schwachbe- Schlachten, Gefechten und Überfällen das Datum der setzten Orte und Städte keinen Widerstand. Die Ende entscheidenden Hauptaktion, bei den Belagerungen 1646 bezogenen Quartiere Turennes zwischen Ulm den Einzug der Belagerer in das Objekt. und und Wrangels am Nordufer des Boden- Um eine bildliche mehrmalige Überschneidung der sees, lasten schwer auf dem Land. Räume zu verhindern, wurde eine gewisse Beschnei- 1647 verlassen die feindlichen Heere Württemberg. dung derart getroffen, daß um den Kern des »Pulsie- Turenne nimmt seinen Weg über die Pfalz in linksrhei- rens« während des Belegungszeitraumes die Linie nisches Gebiet, Wrangel zieht an die Donau, nicht eines statistischen Mittelwertes eingetragen wurde. ohne vorher Bregenz einzunehmen. Bewegungen und ihr Verlauf geben eine allgemeine Richtung an, nicht den tatsächlichen Straßenmarsch. Der Westfälische Friede von Münster und Osna- Die Darstellung der Kriegszusammenhänge und strate- brück beendete am 24.10. 1648 das jahrelange Ringen, gischen Pläne beschränkt sich auf jene Ereignisse, die

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notwendig sind, um Südwestdeutschland in den Kom- DERS.: Die Feldzüge der Bayern in den Jahren 1643, 1644 und plex einzubeziehen und seinen Platz zu bestimmen. 1645 unter den Befehlen des Feldmarschalls Franz Freiherr Bei den Einzeldarstellungen zu den Schlachten sind von Mercy. Leipzig und Meißen 1851. die Phasen berücksichtigt, die zur Entscheidung führten. HIPPEL, W. v.: Bevölkerung und Wirtschaft im Zeitalter des Treffengliederung, Regimenter, Artillerie u. ä. sind in Dreißigjährigen Krieges. Das Beispiel Württemberg. In: Zeitschrift für Historische Forschung 5/4 (1978) S. 414-448. der Regel nur dann dargestellt, wenn sie für das Ge- HUBATSCH, W.: Das Zeitalter des Absolutismus 1600-1789. schehen von Bedeutung waren. 1962. Zum Beiworttext ist noch zu bemerken, daß militäri- LAHRKAMP, H.: Jan von Werth. 1962. sche Terminologie dem heutigen Sprachgebrauch ange- KLOPP, O.: Der dreißigjährige Krieg bis zum Tode Gustav glichen wurde. Adolfs 1632. Paderborn 1893. MEHRING, G.: Wirtschaftliche Schäden durch den Dreißig- jährigen Krieg im Herzogtum Württemberg. In: Württem- berg. Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF 30 (1921) III. Literatur S.58-89. NIKLAUS, S.: Der Frühjahrsfeldzug 1645 in Süddeutschland. In: Jahrbuch für Württembergisch-Franken 60 (1976), S. 121- BARTHOLD, F.G.: Geschichte des großen deutschen Krieges vom 180. Tode Gustav Adolfs ab mit besonderer Rücksicht auf RITTER, M.: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenrefor- Frankreich. Stuttgart 1849. mation und des Dreißigjährigen Krieges (1555-1648). ND BAUR, E.: Konrad Wiederhold. 1941. 1962. BOUGEANT, G. H.: Historie des Dreißigjährigen Krieges und des SCHUBERT, Fr. H.: Die pfälzische Exilregierung im Dreißigjähri- darauf erfolgten Westfälischen Friedens. Halle 1758. gen Krieg. In ZGO 102 (1954) S.575ff. BURCKHARDT, J.C.: Richelieu. 1933-1966. SODEN, F. Fr.v.: Gustav Adolf und sein Heer in Süddeutschland CHEMNITZ, B.Ph.v.: Königlichen Schwedischen in Teutschland von 1631-1635. 1-3. Erlangen 1865-1869. geführten Krieges. Stockholm 1855. STEINBERG, S.H.: Der Dreißigjährige Krieg und der Kampf um DROYSEN, G.: Bernhard von Weimar. Leipzig 1885. die Vorherrschaft in Europa 1600-1660. 1967. Du JARRY, Roche de la: Der dreißigjährige Krieg vom militä- Sveriges krig 1611 till 1632, bearb. v. schwed. Generalstab. 1-6. rischen Standpunkt aus beleuchtet. Schaffhausen 1848. 1936-39. FRANZ, G.: Der Dreißgjährige Krieg und das deutsche Volk. Un- Theatrum Europäum: Teil I-V. Frankfurt/M. 1633-1687. tersuchungen zur Bevölkerungs- und Agrargeschichte. 19613. WEDGEWOOD, C.: Der Dreißigjährige Krieg. 1967. GMELIN, M.: Beiträge zur Schlacht bei Wimpfen. Karlsruhe 1880. WEISS, E.: Die Unterstützung Friedrichs V. von der Pfalz durch HEILMANN, J.: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Jakob I. und Karl I. von England im Dreißigjährigen Krieg Schwaben von 1506 bis 1651. München 1868. 1618-32. (Veröffentlichungen der Komm. f. gesch. Landes- kunde in B.-W. B 37) 1966. WINTER, G.: Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. 1934. ZEEDEN, E.W.: Hegemonialkriege und Glaubenskampf 1556- 1648. 1977.

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Historischer Atlas von Baden-Württemberg: Erläuterungen Herausgegeben von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Zeichnung der Abbildungen: Ludwig Schwarzenbek, Stuttgart 8. Lieferung 1980 Druck der Erläuterungen: Offizin Chr. Scheufele, Stuttgart