Durch die Gassen der Altstadt Kultur und Kulinarisches in Den Blick vom Domberg genießen Am Meer entlang nach

inklusive Thorsten Altheide WEB Heli Rahkema APP

City|Trip EXTRATIPPS

Z Essen wie zur Hansezeit: mittelalterlich speisen im Olde Hansa S. 88 Z Im Doppeldecker unterwegs: mit dem City-Tour-Bus die Stadt entdecken S. 124 Z Gemütlich, familiär, locker – und günstig: zentral übernachten im Old house S. 128 Z Buntes Treiben und Spektakel: bei den Altstadttagen ist eine Menge los S. 103 Z Alles, was das Shoppingherz begehrt: die Boutiquen im locken Touristen wie Einheimische S. 54 Z Über den Dächern Tallinns: im Dachterrassencafé Lounge 24 S. 91 Z Kunsthandwerk live erleben: die Handwerksläden im Katariina käik S. 16 Z Süße Verführung: Gebäck und Marzipan im Café Maiasmokk S. 91 Z Kulturgenuss vom Feinsten: ein Konzert im -Saal S. 95 Z Basaratmosphäre und skurrile Entdeckungen: Shopping auf dem Zentralmarkt S. 52 mit großem P Erlebnisvor- City-Faltplan schläge für ein j Blick auf die Stadtmauer langes Wochen- vom Platz der Türme (S. 34) ende, Seite 10 Viele EXTRATIPPS: Entdecken ++ Genießen ++ Shopping ++ Wohlfühlen ++ Staunen ++ Vergnügen ++ Thorsten Altheide, Heli Rahkema CITY|TRIP Tallinn

Nicht verpassen! Karte S. 3

Katharinengang [D3] Kurzer Domberg [C4] Í Die schmale Gasse ist der Inbe­ î Der schmale Weg mit Treppen­ griff der romantisch verwinkelten Altstadt. stufen, gesäumt von Galerien und Cafés, Durch die Kunsthandwerker, denen man verbindet Ober- und Unterstadt, deren bei der Arbeit zusehen kann, wirkt sie ein Bewohner sich einstmals misstrauisch wenig wie ein Freilichtmuseum (s. S. 16). gegenüberstanden (s. S. 44). Rathausplatz [C3] Nikolaikirche [C4] Ò Prachtvolle Bürgerhäuser im ñ Eine Schatzkammer für einige der Schatten des gotischen Rathauses umrah­ berühmtesten – auch weltlichen – Kunst­ men den großen und immer belebten Platz. werke der Stadt (s. S. 46). Auf dem groben Kopfsteinpflaster wird seit Jahrhunderten gehandelt, gefeiert und Freiheitsplatz [C4] flaniert (s. S. 21). ô Er ist das modernere Gegenstück zum Rathausplatz und besonders mit der Pikk-Straße [D3] Estnischen Republik der Zwischenkriegs­ × Auf der „Langen Straße“ mit den zeit verbunden. Ein kontrastreicher städ­ stolzen Gildehäusern und zahlreichen schö­ tischer Raum, der zum Entdecken einlädt nen Kunsthandwerksgeschäften ist immer (s. S. 48). etwas los (s. S. 26). Rotermann-Viertel [E3] Stadtmauer [C2] 5 Das modernisierte Industrieviertel à Kaum eine größere Stadt hat ist eine Spielwiese für moderne Architek­ eine so gut erhaltene Stadtmauer wie tur und trendige Einkaufsgegend zugleich Tallinn. Von den ehemals 2,35 km sind (s. S. 55). noch 1,85 km erhalten, von den 46 Türmen noch 26. In dichter Folge sind hier neun Türme aufgereiht, von denen einige besichtigt werden können (s. S. 33). Leichte Orientierung mit dem cleveren Nummernsystem Domkirche [B3] Die Sehenswürdigkeiten sind im Text und é Massiv, schlicht weiß und würde­ im Kartenmaterial mit derselben magenta- voll thront die Domkirche auf dem Dom­ farbenen ovalen Nummer É markiert. Alle berg. Hier sind viele Zeugnisse der bedeu­ anderen Lokalitäten wie Geschäfte, Res­ tendsten Bewohner der Stadt bewahrt taurants usw. tragen ein Symbol und eine (s. S. 40). fortlaufende rote Nummer (S1). Die Liste aller Orte befindet sich auf S. 137, die Zeichenerklärung auf S. 142. Das Tor zum Rathausplatz Ò: Blick vom Weckengang Õ aus (118tn Abb.: ta) 2014_ct-tallinn_vorspann roh.pdf 1 12.03.2014 09:57:07

2016_ct-tallinn_vorspann fertig.pdf 1 09.06.2016 10:59:50

Tallinn auf einen Blick 0 1000 m © REISE KNOW-HOW 2016

Stadt-á mauer Die Unterstadt Kalamaja S. 14 S. 62 Katharinen- Pikk-Straße S. 57 gangÍ × Rathausplatz Ò Domberg 5Rotermann-Viertel S. 36 Domkirche é Freilichtmuseum Kurzer Domberg î Die Innenstadt S. 50 Südliche Altstadt S. 45 ô Freiheitsplatz ñNikolaikirche

7 Tallinn entdecken Zeichenerklärung 8 Tallinn für Citybummler­ *** nicht verpassen 9 Straßennamen in Tallinn: deutsche Spuren überall ** besonders sehenswert * 10 Tallinn an einem Wochenende wichtig für speziell 11 Stadtspaziergang interessierte Besucher 13 Das gibt es nur in Tallinn [A1] Planquadrat im Karten­ material. Orte ohne diese Angabe 14 Die Unterstadt liegen außerhalb unserer Karten. É * 14 Viru-Platz (Viru väljak) [D3] Ihre Lage kann aber wie von allen Ê 15 Viru-Straße (Viru tänav) ** [D4] Orts­ marken­ mithilfe­ der begleiten­ 15 Ë Viru-Tor (Viru värav) *** [D4] den Web-App angezeigt­ werden 15 Ì Müürivahe-Straße (Müürivahe tänav) ** [D3] (s. S. 142). 16 Í Katharinengang (Katariina käik) *** [D3] 16 Î Vene-Straße (Vene tänav) *** [D3] 18 Ï Stadtmuseum (Tallinna linnamuuseum) ** [D3] 19 Ð Dominikanerkloster (Dominiiklaste klooster) ** [D3] 19 Tallinn – die Stadt, die niemals fertig wird 19 Ñ Alter Markt (Vana turg) *** [C3] 21 Ò Rathausplatz (Raekoja plats) *** [C3] 23 Ó Rathaus (Raekoda) *** [C3] 24 Ô Ratsapotheke (Raeapteek) ** [C3] 25 Õ Weckengang (Saiakang) *** [C3] 26 Ö Heiliggeistkirche (Püha Vaimu kirik) *** [C3] 26 × Pikk-Straße *** [D3] 28 Ø Haus der Großen Gilde (Suurgildi hoone) *** [C3] 29 Ù Haus der Kanut-Gilde (Kanuti gildi hoone) ** [C3] 29 Der Herr mit der Lesehilfe 29 Ú Haus der Olai-Gilde (Oleviste gildi hoone) * [C3] 30 Û Schwarzhäupterhaus (Mustpeade Maja) *** [C3] 30 Ü Drei Schwestern (Kolm õde) ** [D2] 31 Ý Dicke Margarethe und Großes Strandtor (Paks Margareeta ja Suur Rannavärav) ** [D2] 32 Þ Rossmühle (Hobuveski) * [D2] Inhalt 4

32 ß Olaikirche (Oleviste kirik) *** [D2] 33 à Laboratooriumi-Straße (Laboratooriumi tänav) und Stadtmauer *** [C2] 34 á Platz der Türme (Tornide väljak) und Stadtmauer ** [C2] 34 â Tallinner Stadttheater (Tallinna Linnateater) ** [C3] 35 ã Lai-Straße (Lai tänav) ** [C3] 36 Domberg () 37 ä Langer Domberg (Pikk jalg) * [C3] 37 å Alexander-Newski-Kathedrale (Aleksander Nevski katedraal) *** [B4] 38 æ Schloss und Parlamentsgebäude (Loss ja parlamendihoone) ** [B4] 39 ç Langer Hermann, Gouverneursgarten (Pikk ­Hermann, Kuberneri aed) * [B4] 39 è Garten des dänischen Königs (Taani Kuninga aed) ** [C4] 40 é Domkirche (Toomkirik) *** [B3] 41 ê Kohtu-Straße (Kohtu tänav) ** [C3] 42 Adam Johann von Krusenstern 43 ë Patkul-Aussichtspunkt (Patkuli vaateplats) ** [C3] 43 ì Stenbockhaus (Stenbocki maja) * [B3] 44 í Pilsticker-Treppe und -Turm (Pilstickeri trepp ja torn) * [B4] 44 î Kurzer Domberg (Lühike jalg) *** [C4] 45 Südliche Altstadt 45 ï Harjumägi * [C4] 45 ð Kiek in de Kök *** [C4] 46 ñ Nikolaikirche (Niguliste kirik) *** [C4] 47 ò Harju-Straße (Harju tänav) * [C4] 48 ó Kino Sõprus * [C4] 48 ô Freiheitsplatz (Vabaduse väljak) *** [C4] 49 õ Okkupationsmuseum (Okupatsioonide muuseum) * [B4] 50 Die Innenstadt 51 ö Tammsaare-Park * [D4] 51 ÷ Estonia-Theater und -Konzertsaal (Estonia teatri-ja kontserdimaja) ** [D4] 52 ø Dramentheater (Eesti Draamateater) * [D4] 52 ù Kreuzung beim Stockmann-Kaufhaus ** [F5] 52 ú Zentralmarkt (Keskturg) * [F5] 53 3 Das neue Innenstadtviertel *** [E4] 54 4 Viru-Zentrum (Viru keskus) und Kaubamaja ** [E4] 55 5 Rotermann-Viertel (Rotermanni kvartal) *** [E3] 57 Kadriorg 57 6 Park Kadriorg (Kadrioru park) *** [dh] 58 Friedrich Reinhold Kreutzwald und das Nationalepos „Kalevipoeg“ 58 7 Schloss Kadriorg (Kadrioru loss) ** [dh] 60 8 Denkmal Russalka * [dh] 60 9 Amtssitz des estnischen Präsidenten * [dh] 60 : Museum im Haus Peters I. (Peeter I Majamuuseum) * [dh] 61 ; Estnisches Kunstmuseum KUMU (Eesti Kunstimuuseum) ** [dh] 62 Kalamaja 62 < Linnahall (Stadthalle) * [E2] 63 = Rund um den alten Fischereihafen * [ch] 64 > Patarei-Fort * [cg] Inhalt 5

65 ? Lennusadam (Meeresmuseum) ** [cg] 65 @ Im Herzen von Kalamaja ** [ch] 66 A Telliskivi-Straße und Kreativcampus Loomelinnak ** [bh] 67 B Bahnhof (Balti jaam) * [B3] 68 Entdeckungen außerhalb des Zentrums 68 C Die Sängerfestwiese (Lauluväljak) ** [dh] 68 D Pirita * [ef] 69 Die Sängerfeste – mehr als nur ein Musikfestival 70 e-Estonia 71 E Marienberger Schloss (Maarjamäe loss) ** [dg] 72 F Ehrenmal (Maarjamäe memoriaal) * [dg] 72 G St.-Brigitten-Kloster (Pirita klooster) ** [ef] 74 Die heilige Birgitta von Schweden 75 H Waldfriedhof () * 75 I Fernsehturm (Teletorn) * 76 J Estnisches Freilichtmuseum (Eesti Vabaõhumuuseum) *** [ai] 77 Tallinn erleben

78 Tallinn für Kunst- 118 Informations­quellen und Museumsfreunde 119 Unsere Literaturtipps 82 Tallinn für Genießer 120 Medizinische Versorgung 83 Verständigungsprobleme 121 Mit Kindern unterwegs in der Küche 121 Notfälle 86 Estnische Küche – 121 Öffnungszeiten Kama, Kali und Kohuke 122 Post 92 Tallinn am Abend 122 Radfahren 96 Tallinn für Kauflustige 123 Schwule und Lesben 101 Tallinn zum Träumen 123 Sicherheit und Entspannen 123 Sprache 102 Zur richtigen Zeit 124 Stadttouren am richtigen Ort 124 Telefonieren und Internet 125 Uhrzeit 105 Tallinn verstehen 125 Unterkunft 128 Verhaltenstipps 106 Das Antlitz der Metropole 129 Verkehrsmittel 108 Von den Anfängen 130 Wetter und Reisezeit bis zur Gegenwart 110 Leben in der Stadt 131 Anhang 111 Tallinn fährt grün 112 Gut in Form – estnisches Design 132 Kleine Sprachhilfe 134 Register 113 Praktische Reisetipps 137 Liste der Karteneinträge 141 Die Autoren 114 An- und Rückreise 141 Schreiben Sie uns 115 Autofahren 141 Impressum 117 Barrierefreies Reisen 142 Tallinn mit PC, Smartphone & Co. 117 Tallinn Card 142 Zeichenerklärung 118 Diplomatische Vertretungen 143 Karte: Tallinn, 118 Geldfragen Umgebung 118 Tallinn preiswert 144 Netzplan Das Tempo, in dem sich Tallinn wan- delt, lässt einen manchmal erstaunt blinzeln. Lokale schießen wie Pil- ze aus dem Boden, Brachlandschaf- ten werden zu modernen Wohn- vierteln und das Straßennetz ächzt unter dem wachsenden Verkehrsauf- kommen. Die Stadt verbindet den Charme der gemütlichen Provinz mit der Dynamik einer Weltmetropole. Kalamaja im Aufwind Im ehemaligen Fischerviertel Ka- lamaja locken legere Cafés, Ateli- ers und Design, Hipster-Kultur und Boheme. Die Investoren sind auch schon da (s. S. 62). Entspannt essen Das Kohvik Sesoon (s. S. 85) ver- eint das Beste der aktuellen Tallin- ner ­Gastronomie: ungezwungene At- mosphäre, bezahlbare Preise, am- bitionierte Küche und – natürlich – WLAN! Weite Horizonte Keine Lust mehr auf enge Altstadt- gassen? Beim Blick vom Tallinner Fernsehturm gibt es reichlich Hori- zont zu sehen. Dazu kann man ge- pflegt speisen oder sich beim „Edge- Walk“ einen Adrenalinschub verpas- sen (s. S. 75). Zwei Räder für ein Halleluja „Mereõhk teeb vabaks“ – „Meeres- luft macht frei“, so steht es an ei- ner Laterne in der Mitte der Straße nach Pirita geschrieben (kurz hinter dem Ehrenmal, s. S. 72). Ob das stimmt, kann man auf einer Radtour nach Pirita ausprobieren. Das Pirita- Kloster ist ein schönes Ziel, Fahrrä- der gibt es bei City bike (s. S. 122).

106tn Abb.: ta 7

Tallinn entdecken 8 Tallinn für ­Citybummler

Tallinn für ­Citybummler Wenigstens im Sommer ist das üb- lichere und keineswegs schlechtere Blickt man heute auf eine Europakar- Bild von Tallinns Altstadt heute frei- te, scheint Tallinn eine ausgespro- lich ein anderes: prall gefüllte Stra- chene Randlage einzunehmen. Tat- ßencafés, bunte Besucherscharen sächlich stand die Stadt aber über und geschäftige Einwohner. Der Rat- Jahrhunderte im Zentrum der Kämp- hausplatz Ò ist die naheliegende fe der Großmächte um sie herum. Option, wenn man dem Treiben bei Man darf annehmen, dass diese Tat- einer Tasse Kaffee zusehen möch- sache für die jeweils betroffenen Be- te, aber auch die Dunkri-Straße [C3] wohner selten angenehm war. Doch bietet schöne Terrassenplätze dafür. für den heutigen aufmerksamen Fla- Mit der Dämmerung leeren sich die neur bedeutet diese Geschichte eine Straßen etwas, doch die Lokale fül- reiche Quelle für spannende Entde- len sich: In den Bars versammelt sich ckungen. Tallinn lebt von seinen Kon- nach und nach eine hauptstadtwürdi- trasten. ge Meute zum Feiern. Die kurzen Ent- Auf den ersten Blick mag jedoch fernungen machen Tallinn zum per- das Gegenteil richtig scheinen: Die fekten Ort für eine Kneipentour. Eine Altstadt Tallinns bietet ein erstaun- geeignete Gegend zum Start ist der lich geschlossenes Bild für eine Stadt Bereich Kullassepa/Vana turg Ñ/ dieser Größe. Die ältesten Schich- Suur-Karja. Im kulinarischen Bereich ten der Bebauung findet man im Be- ist die östliche Lage Tallinns stärker reich der Laboratooriumi-Straße à zu spüren als im architektonischen. und deren Fortsetzungen bis zur Es gibt gute Gelegenheiten, die rus- ­Väike-Kloostri, wo die Zeit an man- sische Küche (s. S. 85) kennenzu- chen Ecken seit 500 Jahren ste- lernen. Durch die Verbindungen der hengeblieben sein könnte. Hier gibt Sowjetzeit ist zudem die kaukasische es selbst zur Hochsaison noch die Küche überproportional vertreten. Chance, jener melancholischen Stim- Außerhalb der Altstadt verströmen mung vergangener Größe nachzuspü- einige Orte, die auch ohne Ostalgiege- ren. Auf dem Domberg lohnt sich ein fühle einen Besuch wert sind, einen Rundgang am frühen Morgen, bevor realsozialistischen Charme. Beispie- die Postkartenverkäufer ihre Stände le sind der Zentralmarkt ú und der aufgebaut haben. Dann strahlen die Balti jaam B. Sehenswerte Exempla- Häuser eine Würde aus, wie sie erst re stalinistischer Architektur sind das im Lauf vieler Generationen von Be- Wohnhaus an der Stockmann-Kreu- wohnern entsteht. Dies ist das Tal- zung ù und das Kino Sõprus ó. Der linn – eigentlich an dieser Stelle: das Sprung ins 21. Jh. liegt in Tallinn nur Reval – der deutschen Oberschicht, eine Häuserecke entfernt. Das neue der Hansezeit und des Deutschen Estland ist selbst- und modebewusst, Ordens. Nicht zuletzt in den Kirchen kapitalistisch, digital. Die Wirklich- kann man noch viele Zeugen dieser keit ist wie immer komplexer als sol- Zeit finden. che Schlagworte, doch beschreiben sie durchaus eine Seite des heutigen Tallinn. Zu beobachten ist sie entlang j Vorseite: Der Domberg (s. S. 36) der Rävala pst (s. Das neue Innen- thront über der Unterstadt stadtviertel 3), im Viru keskus 4 Tallinn für ­Citybummler 9

oder im Solaris-Zentrum (s. S. 99). Wer dann genug von allahindlus (so viel wie „Tiefpreis“) hat, kann sich auf den Weg nach ­Kadriorg (s. S. 57) ta Abb.: 016tn machen und zwischen den patina- belegten Holzhäusern dem Nachhall des 19. Jh. lauschen. Tallinn ist also viel mehr als seine berühmte histori- sche Altstadt und mehr als die Sum- me aller verschiedenen Viertel und historischen Einflüsse. Es ist ein viel- schichtiges Gebilde, das sich demje- nigen am besten erschließt, der zu Fuß und mit offenen Augen die Stadt erkundet.

f Die Apteegi-Straße führt zur Apotheke

Straßennamen in Tallinn: deutsche Spuren überall

Wer als Deutschsprachiger durch Tal- noch heraushören, dass diese Allee ans linn spaziert, wird auf den Straßen- Meer führt. Der Raekoja plats ist dem schildern einiges finden, das bekannt Rathausplatz Ò nicht ganz unver- klingt, auch wenn man nicht alles so- wandt, die Toom-Kooli-Straße führte gleich entschlüsseln kann. Am ein- an der Domschule vorbei und die Non- fachsten sind die nach Personen be- nen wohnten an der Nunne-Straße. Et- nannten Straßen wie in Kadriorg. was schwer wäre zu erraten, dass die An die ursprünglich deutschen oder Voorimehe-Straße nach den dort woh- eingedeutschten Namen wird ein- nenden Fuhrmännern benannt wur- fach ein „i“ angehängt, was in etwa de. Nützlich zum Verständnis der dem besitzanzeigenden „s“ im Deut- Straßennamen sind die verschiedenen schen entspricht. Dafür lässt man das Wegbezeichnungen im Estnischen Wort für Straße bei Adressangaben und deren Abkürzungen: einfach weg, sodass man z. B. „Faehl- µ „tänav“ (tn) Straße manni 18“ oder „Kreutzwaldi 5“ lesen µ „tee“ Weg kann. Das wäre so, als würde man auf µ „puiestee“ (pst) Allee Deutsch sagen: „Die Adresse ist Ru- µ „maantee“ (mnt) Landstraße dolf-Diesels 12“. Bei anderen Namen µ „käik, kang“ Gang, Gasse braucht man etwas mehr Fantasie, µ „põik“ Abzweig, Gasse aber man kann bei der Mere puiestee µ „väljak“, „plats“ Platz 10 Tallinn an einem Wochenende

Tallinn an einem Wochenende

Trotz ihrer Rolle als Hauptstadt und Koidula-Straße zum Kadriorg-Park 6 ihres teilweise weltstädtischen Flairs spazieren. In der Nähe gibt es nicht ist Tallinn doch so überschaubar, dass nur dank dem Schloss 7 und dem die Stadt sich gut für einen Kurztrip KUMU ; viel zu entdecken. Von hier eignet. An einem Wochenende kann aus führt die Route weiter zum Sän- man die wichtigsten Sehenswürdigkei- gerfestplatz C und nach Pirita D (s. ten besichtigen und interessante­ Vier- auch 3. Tag). tel außerhalb der Altstadt erleben. 3. Tag: Kalamaja 1. Tag: Altstadt und Domberg oder Pirita Am ersten Tag wird bei den meis- Spätestens jetzt ist es an der Zeit, ten Besuchern die Altstadt inklusi- auch andere Seiten von Tallinn zu ve Domberg (s. S. 36) auf dem entdecken. Recht zentral gelegen ist Programm stehen, schließlich ist sie Kalamaja mit seinen schönen Holz- das Aushängeschild der Stadt. Der häusern und seinem regen Kulturle- auf S. 11 beschriebene Stadtspa- ben. Wer gut zu Fuß ist, kann die ge- ziergang führt entlang der wichtigs- samte Runde im Rahmen eines aus- ten Sehenswürdigkeiten durch die gedehnten Spaziergangs erlaufen. Altstadt. Das Kapitel Kalamaja (s. S. 62) ist bereits lose als Spaziergang an- 2. Tag: Von der Innenstadt gelegt, sodass die einzelnen Punkte nach Kadriorg hier nicht noch einmal gesondert ge- nannt werden. Für diese Tour bietet Für den zweiten Tag wäre folgen- sich auch das Fahrrad als Transport- des Programm denkbar: Zu Fuß mittel an. geht es vom Freiheitsplatz ô Rich- Ein alternatives Programm bietet tung Rotermann-Viertel 5. Unter- der Gartenstadtteil Pirita D. Auch wegs stößt man auf den Estonia-Kon- hierhin gelangt man gut mit dem Fahr- zertsaal ÷ und es gibt zahlreiche rad, ansonsten nimmt man den Bus. Shoppingmöglichkeiten: das Solaris- Lediglich die Straße Pirita tee am Meer Center (s. S. 99), Viru keskus 4, entlang (ab Kadriorg/Russalka-Denk- Postimaja (s. S. 98) und das Roter- mal 8) ist zu Fuß zu schaffen. Hier mann-Viertel. Auch ein Abstecher ins reihen sich einige markante Punkte Businessherz von Tallinn 3 entlang aneinander: der Sängerfestplatz C, der Rävala puiestee lässt sich damit das Marienberger Schloss E, das Eh- verbinden. renmal F, das eigenwillige Pirita Top Von der Haltestelle Hobujaama Spa Hotel [ef] aus der Sowjetzeit, der nimmt man anschließend die Stra- Jachthafen Pirita und schließlich die ßenbahn 1 oder 3 Richtung Kadriorg Klosterruine Pirita G. Von hier aus und steigt bei der Haltestelle Tallinna kann man weiterfahren zum Fernseh- ülikool oder Koidula aus. turm I (ab Russalka gut 7 km). Wer Im Köleri 2 (s. S. 87) oder im Nop bei Sonnenuntergang zurückkommt, (s. S. 91) kann man einen Kaffee hat vom Restaurant Tuljak aus einen zu sich nehmen und dann über die schönen Blick aufs Meer (s. S. 85). Stadtspaziergang 11 011tn Abb.: hr Abb.: 011tn

Stadtspaziergang che geht es links in die kurze Oleviste- Straße und dann rechts, vor der Kir- Das Herz von Tallinn ist der Rathaus- che entlang, über die Lai-Straße ã, platz Ò mit dem Rathaus Ó. Es bie- an der markanten runden Rossmüh- tet sich daher an, hier den Altstadt- le Þ vorbei, in die alte Laboratooriu­ rundgang zu starten. Dabei sollte man mi-Straße à. Diese wird im weite- den kleineren Alten Markt Ñ links ren Verlauf zur Kooli-Straße. Schlüpft hinter dem Rathaus nicht verpassen. man rechts durch einen der Durch- Bevor es richtig losgeht, kann man im gänge, bietet sich am Platz der Tür- Café Kehrwieder (s. S. 90) oder im me á ein besonders schöner Blick Café Weckengang (s. S. 91) in der auf die Stadtmauer. Dann geht es Gasse Saiakang gegenüber dem Rat- weiter über die Straßen Kooli,­ Güm- haus einen kleinen Imbiss einneh- naasiumi, Väike-Kloostri und Nun- men. Über die Gasse gelangt man in ne, bis beim Torturm die Straße Pikk die Pikk-Straße × mit ihren zahlrei- jalg ä beginnt. chen Läden, in denen man schöne Souvenirs findet. Auf dem Weg kann man die Gildenhäuser und die Heilig- geistkirche Ö bewundern. n Die Nordseite des Rathausplatzes. Die mächtige, alles überragende Die Olaikirche ß rechts hinten ist Olaikirche ß erreicht man, wenn von fast jedem Standort aus ein guter man der Pikk-Straße folgt. Bei der Kir- Orientierungspunkt. 12 Stadtspaziergang

Routenverlauf im Stadtplan Der hier beschriebene Spaziergang ist

089tn Abb.: ta Abb.: 089tn mit einer farbigen Linie im Stadtplan eingezeichnet.

Bevor man über diese den Dom- berg erklimmt, bietet sich die um die Ecke gelegene Rataskaevu-Straße für eine Mahlzeit an: Mit Vanaema juures (s. S. 85), Von Krahli Aed (s. S. 88), Kompressor (s. S. 92) und Rataskaevu 16 (s. S. 85) lie- gen hier mehrere Lokale dicht beiein- ander, die für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas bieten. Will man, passend zur Kulisse, auch kulinarisch im Mittelalter bleiben und außerdem eines der bekanntesten Restaurants der Stadt testen, macht man einen Ab- stecher zum Olde Hansa (s. S. 88) in der Nähe des Alten Markts Ñ. Dann kann es weitergehen auf den Domberg: durch den Torbogen Pikk jalg hinauf zur Alexander-Newski-Ka- thedrale å, deren prachtvolles Inne- res einen Blick wert ist. Gegenüber liegt das Schloss æ mit dem Sitz des estnischen Parlaments, dahinter weht auf dem Langen Hermann ç tagsüber die estnische Fahne. Anschließend führt der Weg rechts über die Toom-Kooli zur Domkir- che é mit ihrer ehrwürdigen Atmo- sphäre. Überquert man den Platz vor der Kirche und folgt dann der Koh- tu-Straße ê, spaziert man zwischen stolzen Herrenhäusern und gelangt schließlich zu einem Aussichtsplatz, von dem aus sich der wohl meistfoto- grafierte Blick über die Stadt öffnet. Nun geht es zurück, an der Alexan- der-Newski-Kathedrale vorbei durch die Stadtmauer in den Garten des n Aus den Häuserschluchten ragt der dänischen Königs è und von dort Turm der Olaikirche ß heraus die schmale, romantische Gasse Stadtspaziergang 13

Lühike­ jalg î hinab bis zur Nikolai- Kirche ñ. Hier lohnt sich wegen ihrer Kunstschätze eine Besichtigung. An der Kirche vorbei gelangt man über ta Abb.: 113tn die Harjustraße ò zum Freiheits- platz ô vor den Toren der Altstadt. Zurück in die Altstadt geht es an der Jaani-Kirche vorbei, die Suur- Karja entlang zu dem kleinen Platz, wo man einen Blick auf das stali- nistische Sõprus-Kino ó links wer- fen kann. Dann biegt man rechts in die Müürivahe Ì. Auf dieser kreuzt man nach einer Weile die trubelige Viru-Straße Ê mit dem Viru-Tor Ë, etwas weiter noch wartet links der kleine Toreingang in den Kathari- nengang Í mit seinen Handwerks- läden. Am Ende der Gasse liegt die n Häuserfassaden an der Vene-Straße Î, die mit dem Hof der Harju-Straße ò Meister (s. S. 17), dem Stadtmuse- um Ï und dem alten Dominikaner- colaterie Pierre (s. S. 91) für die kloster Ð aufwarten kann. süße Fraktion finden sich viele Ein- Mit dem Controvento (s. S. 86) kehrmöglichkeiten – ein guter Aus- oder dem Ribe (s. S. 85) für den gangspunkt, um sich ins Nachtleben herzhaften Geschmack, mit dem Café zu stürzen oder den Tag bei einem Josephine (s. S. 89) oder der Cho- Bier ausklingen zu lassen.

Das gibt es nur in Tallinn eine aktive Beteiligung des Teufels mit sich. µ Wer sich in die Lage eines Verteidi- µ Und noch ein Weltrekord, zumin- gers der Stadt in der Frühen Neu- dest ein halber: Eine der ältes- zeit zurückversetzen will, sollte eine ten Apotheken der Welt, die noch Führung durch die Tunnel un- in Betrieb sind, ist die Ratsapothe- ter den Bastionen ð mitmachen. ke Ô am Rathausplatz Ò in Tal- Kühl und beengt, aber spannend. linn. Sie ist seit Anfang des 15. Jh. µ Das ehemals höchste Gebäude der durchgehend geöffnet – da kann Welt würde man kaum in Tallinn nur noch Dubrovnik mithalten. vermuten. Doch so war es: Die stol- µ Die weltberühmten estnischen zen Kaufleute errichteten mit der Sängerfeste (s. S. 103 und Olaikirche ß ein Bauwerk, das S. 69), die alle fünf Jahre auf der sich von 1549 bis 1625 mit diesem Sängerfestwiese C stattfinden, sind Titel schmücken durfte. Der Turm etwas ganz Besonderes: Das Fest war damals 159 m hoch. Natürlich hat mehr aktive Teilnehmer als an- brachte das allerlei Gerüchte über dere Konzerte Zuschauer. 14 Die Unterstadt

Die Unterstadt die erhabene Atmosphäre der alten Gebäude auf sich wirken lassen will, Hinter den mittelalterlichen Fassa- sollte möglichst früh am Morgen zu den der Tallinner Altstadt verbirgt einem Rundgang aufbrechen, denn sich eine bunte Mischung aus ge- insbesondere in den Sommermona- mütlichen Cafés, historisch bedeut- ten überwiegt schon am späteren samen Plätzen, schicken Boutiquen Vormittag der touristische Trubel. und stillen Gassen. Die Altstadt besteht eigentlich aus É Viru-Platz zwei Teilen: der Unterstadt, wo frü- (Viru väljak) * [D3] her Handwerker und Händler ihre Geschäfte trieben, und dem Dom- Der Viru-Platz, noch außerhalb der berg, der Oberstadt, wo die vorwie- Altstadt gelegen, ist in mancher Hin- gend deutsche Oberschicht residier- sicht die Drehscheibe der Stadt. Er te. Noch heute dominiert auf dem ist ein zentraler Verkehrsknoten- Domberg der diskrete Charme der punkt für den Auto-, Straßenbahn- Bourgeoisie, die Unterstadt hingegen und Busverkehr sowie für Fußgän- sprüht bei Tag und Nacht vor Leben. ger auf dem Weg in die Altstadt. Nach Beiden gemein ist die erstaunliche Norden verbindet er die Innenstadt Zahl gut erhaltener und restaurier- mit dem Hafen und dem Viertel Ka- ter mittelalterlicher Gebäude, die die lamaja (s. S. 62), nach Osten vor- wechselvolle Geschichte Tallinns an bei an dem gemütlichen Viertel Ka- jeder Ecke greifbar erscheinen lässt. driorg (s. S. 57) führt die Narva- Durch das Viru-Tor Ë betritt man Landstraße zur gleichnamigen Stadt die geschäftige Viru-Straße Ê, wäh- an der russischen Grenze. Die Pärnu- rend man nur wenige Ecken weiter, Landstraße entlang des Tammsaare- im Katharinengang Í oder auf dem Parks ö führt entsprechend nach Kurzen Domberg î durch stille enge Pärnu in Südestland – Estland ist Gassen schlendern kann. Vom Turm eben recht überschaubar! der Olaikirche ß lässt sich das Stra- Dazwischen steht das große Vi- ßengewirr gut überblicken. Auf dem ru-Einkaufszentrum 4 als Fixpunkt Domberg erinnern die Domkirche é zwischen Altstadt und neuem Zen- mit ihren Wappen deutscher Adeli- trum. Das höchste Gebäude ist das ger und die Alexander-Newski-Kathe- 23-stöckige Hotel Viru, das 1972 als drale å aus der Zeit des russischen erstes modernes Hochhaus in Tallinn Kaiserreichs an die Jahrhunderte errichtet wurde. Zu Sowjetzeiten lo- fremder Herrschaft in Estland. Wer gierten hier vor allem ausländische Gäste, weshalb das Hotel mit Abhör- anlagen versehen war (s. S. 126). Der Name Viru Auf der anderen Seite, Richtung Alt- Virumaa, zu deutsch Wierland, ist stadt, beherbergt heute das ehemali- eine Region im Nordosten Estlands, ge Feuerwehrgebäude die Diskothek die gerne als Namensgeber für Stra­ Venus (s. S. 94). Das Gebäude an

kurz & knapp ßen, Hotels und alle möglichen Pro­ der Nordseite ist heute ein Geschäfts- dukte verwendet wird. Auf Finnisch zentrum mit Namen Metro Plaza und steht Viro für ganz Estland. wurde ursprünglich 1849 von dem Tallinner Industriellen Christian Ro-