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4.2020

2 € ISSN 1433-349X www.museumsmagazin.com

Neue Ausstellung in Hits und der Zeitgeschichte

Nahaufnahme Ostdeutschland Fotografien von Jürgen Hohmuth in Very British Ein deutscher Blick Neue Ausstellung in Leipzig museumsmagazin 4.2020 1 intro

In dieser Ausgabe berichten wir zum zweiten Mal über unsere Wechselausstellung „Hits und Hymen. Klang der Zeitgeschichte“. Das Besondere hieran ist, dass die Ausstellung bereits seit Langem fertiggestellt, jedoch nicht zu besuchen ist. Die geplante Eröff- nung im Mai musste aufgrund der Corona-Pandemie ebenso verschoben werden wie der zweite geplante Termin am 3. November 2020. Unser Beitrag zum Beethovenjahr 2020 verschiebt sich damit in das Jahr 2021. Wann die Ausstellung schließlich geöffnet werden kann, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall wollen wir die Schau bis Oktober 2021 präsentieren. Das gesamte Programm für die Jahre 2020 und 2021 war neu zu planen. „Very British. Ein deutscher Blick“ in Leipzig startete zwar verspätet, musste dann aber nach kurzer Öffnung wieder auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Genauso erging es der Fotoausstellung im Museum in der Kulturbrauerei in Berlin. Der Gitarrist der DDR-Punkband Für Februar 2021 ist derzeit noch die Eröffnung der neuen Wechselausstellung „Größenwahn“, Moritz Götze, ummantelte sein Instrument mit Seiten aus dem zum Thema „Selfie“ im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig geplant. Ebenso sollen 2021 „Neuen Deutschland“, Parteiorgan der SED. große Ausstellungen zum Thema „Tatort“ in Leipzig und zum Thema „Heimat“ in Bonn Präsentiert wird die Gitarre in der neuen Ausstellung „Hits und Hymnen. Klang präsentiert werden. der Zeitgeschichte“ in Bonn. Eine besondere Lücke hinterließ in den letzten Monaten auch, dass wir im Grunde keine Veranstaltungen durchführen konnten. Diese wichtigen Treffen zur Information und Kommunikation waren in allen vier Häusern unserer Stiftung nahezu nicht möglich. Bis zum Ende des Jahres 2020 werden wir unsere Ausstellungen nicht öffnen kön- nen; wie es weitergeht, müssen wir abwarten. Auch wenn die Programmänderungen zum Teil mühsam und manchmal auch frustrierend sind, wollen wir Ihnen im kommen- den Jahr wieder ein qualitätvolles Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm präsentie- ren. Der Begleitband zur neuen Dauerausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig wird Anfang des Jahres erscheinen. Außerdem freuen wir uns alle auf das umfangreiche „Praxishandbuch“, das in diesen Wochen entsteht. An dieser Publikation wirken fast 40 Kolleginnen und Kollegen mit, um die über Jahrzehnte zusammengetragenen Erfahrun- gen aus dem Museum der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir hoffen, dass im Frühjahr 2021, spätestens nach der Sommerpause des kom- menden Jahres, eine gewisse Normalität einkehren wird. Für Ihr Verständnis bedanke ich mich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen und wünsche Ihnen Gesundheit und trotz aller Einschränkungen eine angenehme Weih- nachtszeit 2020! Mit besten Grüßen und Wünschen

Ihr Dr. Hans Walter Hütter Präsident und Professor inhalt inHdG; H&H-A4.qxp_Layout 1 24.07.20aussicht 14:01 Seite 1 inbonn 4 inleipzig inberlin 11 20 –– 10 10 Hits 21 &Hymnen NAHAUFNAHME KLANG DER faUSt unplugged ZEITGESCHICHTE OSTDEUTSCHLAND 24 FOTOGRAFIEN VON JÜRGEN HOHMUTH 1990–1994 Hits und Hymnen Unsere Geschichte NahaufnahmeMUSEUM IN DER KULTURBRAUEREI Ostdeutschland 1.10.2020-11.4.2021

KlangÖffnungszeiten der Zeitgeschichte Diktatur und Demokratie nach 1945 Fotografien von Jürgen Hohmuth 1990 – 1994 Dienstag – Freitag 9 –19 Uhr, Samstag / Sonntag / HausFeiertage 10 –18 Uhrder Geschichte, Bonn Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Museum in der Kulturbrauerei, Berlin Eintritt frei

Haus der Geschichte bisder Bundesrepublik zum 10.10.2021 Di – Fr 9 – 18 Uhr, Sa / So 10 – 18 Uhr 30.9.2020 – 11.4.2021 Deutschland

Museumsmeile Willy-Brandt-Allee 14 53113 Bonn Telefon 0228/9165-0 Stiftung Haus der Geschichte Telefax 0228/9165-302 der Bundesrepublik Deutschland

Entwurf: Claudia Grotefendt, Bielefeld www.hdg.de

6 Hits und Hymnen 44 Kiezspaziergang imfokus 35 „Ein halber Sommer“ Die Lindenstraße Very British Tränenpalast Ausstellung Schullesung im Haus der Geschichte Eine Objektpräsentation Ein deutscher Blick 10. Juli 2019 – 8. März 2020 Ort der deutschen Teilung Di – Fr 9 – 19 Uhr Sa/So/Feiertage 10 – 18 Uhr 6 „Thank you for the music“ Haus der Geschichte, Bonn Zeitgeschichtliches ForumEintritt frei Leipzig Tränenpalast, Berlin Neue Ausstellung „Hits und Hymnen. 36 Bewegte Zeiten – Sport macht Gesellschaft 16.9.2020 – 31.1.2021 7.10.2020 – 11.4.2021 Di – Fr 9 – 19 Uhr, Sa / So / Feiertag 10 – 18 Uhr Klang der Zeitgeschichte“ Auftakt zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

Museumsmeile Offenes Atelier Willy-Brandt-Allee 14 Nach dem Mauerfall 53113 Bonn 14 „Es war ein gefühltes Piratenleben“ inleipzig Familien und Kinder sind eingeladen www.hdg.de Kiezspaziergang im Prenzlauer Berg Campino über Punkrock-Musik zum Mitmachen und Basteln Museum in der Kulturbrauerei, Berlin 40 Changing of the Guard Haus der Geschichte, Bonn Treffpunkt am Informationsschalter, 18 „Stand up for yourself“ „Very British. Ein deutscher Blick“ Offenes Atelier endet am Kollwitzplatz Punk in Ost- und Westdeutschland im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig 7.2.2021, „Du bist dran! – Dauer 1,5 Stunden Spiele selber machen” Jeden Samstag um 11 Uhr 20 „Musik ist entwaffnend“ inberlin Jeweils von 11 – 16 Uhr, Eintritt frei Oberstleutnant Christoph Scheibling über Öffentliche Begleitung die Wandelbarkeit des Musikkorps der Bundeswehr 42 „Nahaufnahme Ostdeutschland“ Es gelten bis auf Weiteres die bekannten Alle Termine finden nach Nachaufnahme Ostdeutschland. Ausstellungseröffnung und Buchpremiere in der Kulturbrauerei Abstands- und Hygieneregeln. Wiedereröffnung der Museen statt. Fotografien von Jürgen Hohmuth 1990 – 1994 inbonn Anmeldung findet vor Ort statt. Bitte informieren Sie sich Museum in der Kulturbrauerei, Berlin 44 Raus aus dem Museum – Die Anzahl der Sitzplätze ist begrenzt. auf www.hdg.de. Treffpunkt am Informationsschalter 24 „Alles ist Kunst“ rein in die Geschichte(n)! Dauer 1 Stunde Musikalische Performance „faUSt unplugged“ Kiezspaziergang und Bahnhofsrundgang in Berlin Jeden Sonntag um 15:30 Uhr 26 Präsidentin, Kanzlerin, Königin 46 Höchstmaß an Präzision späti! Sammeln zur Emanzipationsgeschichte Leihgaben der Stiftung im Kunstgewerbemuseum in Dresden Kultur nach Feierabend und im Museum für Kunst und Gewerbe Lebendiges Rundgang durch die Ausstellung 29 Dreharbeiten mit Bürger Lars Dietrich Museum Online inkl. Freigetränk Rundgang durch die Dauerausstellung in Bonn imbesonderen www.hdg.de/lemo Museum in der Kulturbrauerei, Berlin Besuchen Sie uns 14.1. und 11.2.2021 30 Heimspiel 48 Die kölschen Beatles auf Facebook, Twitter und Instagram! Jeweils um 18 Uhr Küche aus der TV-Serie „Lindenstraße“ 50 Jahre „Bläck Fööss“ im Haus der Geschichte 47 inkürze Veranstaltungen in Bonn: Veranstaltungen in Leipzig: Veranstaltungen in Berlin: 32 „Alles genau so in echt passiert“ www.hdg.de/ www.hdg.de/ www.hdg.de / Käpt´n-Book-Lesefest im Haus der Geschichte 50 inzukunft / impressum haus-der-geschichte/ zeitgeschichtliches-forum/ museum-in-der-kulturbrauerei / feiert den Tag der Deutschen Einheit veranstaltungen veranstaltungen veranstaltungen 51 imbilde Lautsprecher, aus denen Musik der letzten sieben Jahrzehnte erklingt, ziehen den Besucher in die neue Ausstellung „Hits und Hymnen. Klang der Zeitgeschichte“. Sie zeigt, wie Musik und Politik in allen Genres – von Klassik über Volkslied, Pop, Schlager und Rock bis zum Rap – in einem intensiven Austausch stehen.

Neue Ausstellung „Hits und Hymnen. Klang der Zeitgeschichte“ „Thank you for the music“ von Ulrike Zander

„Ab einem bestimmten Punkt ist es nicht mehr meine Musik. Es ist deine“, so Phil Collins, der es als einer der weltweit erfolgreichsten Musiker wissen muss – Musik bringt Menschen zusammen, lässt uns tanzen, mitsingen, manchmal auch weinen. Sie bahnt sich ihren Weg nicht nur direkt in unsere Gefühlswelt, sondern zeigt sich auch politisch: „Musik lügt nicht. Wenn auf dieser Welt etwas verän- dert werden soll, kann das nur durch Musik passieren“, meinte Jimi Hendrix. Mitten in dieses breite Themenspektrum platziert sich die neue Ausstellung „Hits und Hymnen. Klang der Zeitgeschichte“ der Stiftung Haus der Geschichte und verdeutlicht, wie Musik Menschen mobilisiert, Emotionen weckt, Protest unterstützt oder Identität stiftet. Wie in einer großen Musikshow wird neben dem Klangerlebnis nicht nur offensichtlich, dass Musik gesellschaftliche Entwicklungslinien begleitet und somit für die Zeitgeschichte eine wichtige Rolle spielt, sondern auch, wie das spannungsreiche Wechselspiel zwischen Musik und Politik funktioniert. Fast möchten wir warnen: Es wird emotional! Wer Springsteen hörte, Menschen mit Höreinschränkungen werden sofort miteinbezogen. Ausgerechnet in einer Ausstel- fand sich nicht länger lung, in der es um Musik geht, gibt es ein neues Konzept für Hörgeschädigte. Auch sie sollen an ab. [...] Auch so begann die den wichtigsten Themen, Thesen und Botschaf- friedliche Revolution. ten sowie an der Musik teilhaben können, sodass nicht nur jeweils ein kleiner Bildschirm neben Christoph Dieckmann, Journalist und Autor, 2018 den Raumtexten zu sehen ist, auf dem diese in deutscher Gebärdensprache verdolmetscht wer- den, sondern auch ein Induktionsboden die Mu- Dabei wird der Besucher in die neue Ausstellung gerade- sik überträgt. „Wir sind gespannt, ob die Sinne in der zu hineingesogen: Der Eingang ist wie ein großer roter Ausstellung wechseln können – für Menschen, die hö- Trichter eines alten Grammofons gestaltet, in dem über ren – und ob es gelingt, Musik sichtbar zu machen – für Lautsprecher an allen Seiten eine Musikcollage zu hören Hörgeschädigte“, so Bildungsreferentin Dr. Simone Mergen. ist. Ob „Mama“ von Heintje, „Neue Männer braucht das „Dieses Mal bin ich als Blinde klar im Vorteil“, meint die Aus- Land“ von Nina Hagen oder „Wind of Change“ von den stellungsbesucherin Angelika Kaufmann, die bei der Ab- Scorpions – Musikschnipsel von dem, was einen in der nahme der Ausstellung dabei ist, und schreitet durch den Ausstellung erwartet, werden angekündigt. Aber nicht Trichter in den „Soundtrack der Zeitgeschichte“, den ersten nur für Hörende ist dieser Einstieg ein Erlebnis – auch Raum der Ausstellung und damit ihre „Herzkammer“,

Der Ausstellungsbereich „Musik überwindet Grenzen“ ist wie ein Live-Konzert gestaltet: Ob Bruce Springsteen 1988 in Ost-Deutschland, die Berliner Philharmo- niker nach dem Mauerfall am 12. November 1989 in West-Berlin, Udo Lindenberg 1990 in Ost-Berlin oder Wolf Biermann 1976 in Köln – Konzertereignisse im geteil- ten Deutschland bewegten und verbanden die Menschen.

museumsmagazin 4.2020 9 da von hier aus alle anderen Räume zugänglich sind. Be- Fischer und „Bella Ciao“, das bereits Anfang des 20. Jahr- zulösen“, erklärt Projektleiterin Dr. Tuya Roth. Über allem vor an diesem Ort Musik durch die Geschichte führt und hunderts von Reispflückerinnen in der Nähe von Bologna strahlt eine Discokugel und erinnert an die großen Zeiten 17 ausgewählte Titel mit zeithistorischem Bezug auf die gesungen wurde, um die harten Arbeitsbedingungen zu der „ZDF-Hitparade“. jeweiligen Jahrzehnte verweisen, empfängt eine golde- beklagen. Hintergründe zu diesem Protestlied, das 2018 ne Beethoven-Statue den Besucher – ganz im Sinne des von „El Profesor“ neu umgesetzt und 2019 zum Sommer- „Roll over Beethoven“ Beethoven-Jahres in Bonn. Entgegen so manchem Hit, an hit wurde, erhält der Besucher auf vielfältige Weise. Die- dessen Interpreten sich vielleicht kaum mehr jemand erin- se musikalische Reise durch die Zeitgeschichte hält viel Wieder beginnt das nächste Thema mit Beethoven, nert, begeistert Ludwig van Beethoven bis heute Menschen Vertrautes, bereits Vergessenes oder noch nie richtig Ver- doch dieses Mal ist es Chuck Berry, der 1959 mit „Roll over auf der ganzen Welt. Im Jubiläumsjahr verweisen aktuelle standenes bereit – es ist ein Genuss, sich zwischen Nena, Beethoven“ den Generationenkonflikt einleitet. Nun geht es Bezüge auf seine revolutionären und populären Werke. Nicole und Walter Scheel, der 1973 als Bundesaußenmi- um „Musik und Protest“, der sich viele Wege bahnt: Wäh- Der „Soundtrack der Zeitgeschichte“ beginnt mit dem nister „Hoch auf dem gelben Wagen“ sang, niederzulassen rend es in den 1950er Jahren noch der Rock’n’Roll war, mit „Kippen-Boogie“ aus der Nachkriegszeit in den 1940er Jah- und mit den Sinnen zwischen dem Hörbaren und Sicht- dem sich Jugendliche von der Elterngeneration absetzten, ren. Passend dazu präsentiert die Ausstellung ein großes baren zu wechseln: In Videos stellt Gebärdendolmetscher den sie mit ihren Kofferradios auf der Straße hörten und zu Frauenporträt aus Zigarettenstummeln – es zeigt die Oma Thorsten Rose vier Hits dar. Kann man die Gebärde für dem sie ekstatisch tanzten, war es in der DDR der „Beat“, der Künstlerin Linda Schumann, die als Kind das Kippen- „99 Luftballons“ erkennen? „Es war uns wichtig, dass es den die SED-Regierung nicht akzeptieren konnte. Nicht nur lied sang. Jedes Jahrzehnt wird in einer eigenen Vitrine für Menschen, die nicht hören können, eine Möglichkeit die Beat-Musik wurde verboten, sondern es wurden auch mit einer Hörstation und wichtigen Objekten des Künst- gibt, diese Hits wahrnehmen zu können. Dabei handelt es unliebsame Liedermacher verhaftet oder ausgebürgert. Ein lers gewürdigt – von „Grün ist die Heide“ über „Wenn ein sich nicht nur um inklusive Angebote für Menschen, die es einprägsames Beispiel ist Bettina Wegner, die nach der Grün- Mensch lebt“ von den Puhdys bis zu „Atemlos“ von Helene brauchen, sondern für alle, um eine Sensibilisierung aus- dung der DDR mit ihren kommunistisch orientierten Eltern

„Unser Ludwig“: Beethoven mit einem Lächeln o. Der „Soundtrack der Zeitgeschichte“ im Gesicht? Das widerspricht der gängigen weckt viele Erinnerungen. Vorstellung. Der Künstler Ottmar Hörl will irritieren und fordert zum Blickwechsel auf – oder für Blinde zum Abtasten und Umdenken.

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nach Ost-Berlin übersiedelte. Als Mitbegründerin des te die Anfänge der friedlichen Revolution; Udo Lindenberg Hootenanny-Klubs verließ sie diesen, als das ursprüng- konnte im Januar 1990 endlich eine Tournee durch Ost- liche Prinzip, jeder könne unzensiert auf der Bühne seine deutschland starten und die Berliner Philharmoniker Texte und Lieder präsentieren, aufgegeben wurde – der unter Daniel Barenboim spielten am 12. November 1989 Hootenanny-Klub wurde in „Oktoberklub“ umbenannt und für Zuhörer aus beiden Teilen der Stadt. Bei letztgenann- der FDJ unterstellt. Nachdem die Liedermacherin 1968 in tem Konzert sorgten vor allem die Reaktionen der Zuhö- Zusammenhang mit dem Prager Frühling Flugblätter gegen rer für große Emotionen. die Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten in der Tsche- choslowakei verteilte hatte, wurde sie wegen „staatsfeindli- Musik macht Staat cher Hetze“ zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Ausstel- lung zeigt ihre eher unaufgeregten politischen Botschaften Wieder vorbei am „Soundtrack der Zeitgeschichte“ wie „Solidarität für Prag“ oder „Hoch Dubcˇek“, ihr polizei- findet sich der Besucher im letzten Ausstellungsbereich liches Erkennungsfoto sowie ihr Album „Weine nicht, aber wieder und ist umgeben von goldgelben, bronzenen Farb- schrei“ (1983), das sie nach ihrer Ausbürgerung in West- tönen. Es geht um die Geschichte der Nationalhymnen deutschland herausbrachte. im Westen „Einigkeit und Recht und Freiheit“ und im Um das Gefühl von Protest, Auseinandersetzung und Osten „Auferstanden aus Ruinen“. Erneut werden hier Provokation zu unterstützen, präsentiert sich dieser Aus- nicht nur die geschichtlichen Hintergründe vermittelt, stellungsbereich in Beton-Optik: Brutales, raues Material, sondern es wird auch mit viel Liebe zum Detail auf Ne- zackige Vitrinen, gesprühte Parolen und sogar ein Beton- benschauplätze verwiesen: So hatte die Sängerin Sarah mischer als Teil der Musik-Performance der Gruppe „faUSt“ Connor beim Eröffnungsspiel des FC Bayern München vermitteln den Eindruck, dass der Protest „gegen Rechts“ gegen die Nationalmannschaft in der Münchner Allianz- auf der Straße stattgefunden hat. Folgerichtig findet dann Arena 2005 die Ehre, die Nationalhymne zu singen, und auch „Punk auf der Bank“ statt: Eine Betonbank lädt dazu vergaß aus Nervosität den Text, sodass sie „Brüh im Lich- ein, Punkmusik durch das Vibrieren der Sitzgelegenheit te dieses Glückes“ sang. Augenzwinkernd lädt die Aus- zu erspüren. Ganz im Sinne von Herbert Grönemeyers Hit stellung dazu ein, selbst auszuprobieren, wie textsicher Mitten im „Soundtrack der Zeitgeschichte“ „Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist“ können hier Hör- jeder in Bezug auf die Nationalhymne ist, und deckt im kann der Besucher vor einer Video-Station verweilen, die verschiedene Lieder in geschädigte Musik fühlen, während Hörende auch noch Liedtext ein paar Begriffe einfach zu. Darauf folgt eine Gebärdensprache verdolmetscht zeigt, den Ton dazunehmen können. Ausschnitte aus Punk-Kon- weitere multisensorische Station, an der die deutsche und und raten, um welches Lied es sich handelt. zerten werden vor der Bank abgespielt – eine multisenso- französische Nationalhymne sowie die Europa-Hymne rische Station, die alle Sinne anspricht. Vorbei an der Um- bildlich über Grafiken umgesetzt wurden. Für Gehörlo- welt- und Friedensbewegung der 1980er Jahre, in der auf se wird somit die der Hymne bildlich deut- breiter Basis auf Festivals und Demonstrationen politi- lich – für Hörende wird es zum sensorischen Erlebnis, sche Forderungen zum Ausdruck gebracht wurden, an der da durch Sehen und Hören die Eigenart der jeweiligen Musikszene türkischer Migranten, die die Auseinanderset- Hymne klar zum Ausdruck kommt: Während die deut- zung mit der deutschen Gesellschaft widerspiegelt, endet sche Hymne würdevoll und getragen wirkt, gehen die dieser vielseitige Raum in der Gegenüberstellung von Franzosen eindeutig auf die Barrikaden und kämpfen. Musik aus der rechtsradikalen Szene und dem Protest Bevor jeder seine persönliche Hymne in einer Musik- „gegen Rechts“. Während auf der einen Seite rechtsradikale collage aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen Auf diesem Harmonium spielt Wolf Biermann Texte durch Streifen schwer lesbar gemacht werden, zeigt heraussuchen darf, geht es um Militärmusik und ihren am 13. November 1976 in Köln. Während seines Auftritts vor Tausenden Zuhörern die andere Seite die Diskussion um die Vergabe des Einfluss auf Staat und Gesellschaft. Wo wird Militär- übt er deutliche Kritik an der DDR. Für das Musikpreises „Echo“ 2018, der nach einer Rede von musik eingesetzt, wie stellt sich ein Staat durch Musik SED-Regime ist das ein willkommener Campino und der Rückgabe des Preises durch Marius dar, welche Entwicklungen hat das Musikkorps der Bun- Anlass, den unbequemen Liedermacher Müller-Westernhagen mit der Abschaffung des „Echos“ deswehr durchlaufen? auszubürgern. endete. „Musik funktioniert über Emotionen – es kommt Fühlen Sie die Musik? Punkmusik zum Wie gut kennen die Deutschen ihre nicht nur auf den Sender an, sondern vor allem auch auf Fühlen, Hören und Sehen – ein lautes Nationalhymne?, fragt die „Bild“-Zeitung Vergnügen 2005 nach dem verpatzten Auftritt von Musik überwindet Grenzen den Empfänger, der berührt wird“, fasst Projektleiterin Sarah Connor bei der Eröffnung der Allianz- Roth zusammen. Das kann die blinde Besucherin Angelika Arena in München. Eine allgemeine Diskus- Was nun folgt, findet sich selten in einer Muse- Kaufmann nur bestätigen: „Musik ist sehr wichtig in mei- sion entsteht. In der Ausstellung können Sie umslandschaft: Der Besucher nimmt an vier Konzer- nem Leben. Ich hätte nie gedacht, wie vielseitig und span- sich selbst testen. ten teil und sitzt mitten im Geschehen. Vier große nend man Musik auf die Museumsbühne bringen kann. Leinwände auf Gerüsten zeigen Ausschnitte zentraler Viele Sinne werden angeregt, sodass es für alle Menschen Konzertereignisse: Das Wolf-Biermann-Konzert 1976 in zum Erlebnis wird.“ Die Ausstellung, die für Mai 2020 ge- Köln und die folgende Ausbürgerung aus der DDR mach- plant war und auch am 3. November 2020 durch verschärfte ten den Liedermacher deutschlandweit bekannt; das Corona-Maßnahmen nicht eröffnet werden konnte, steht Bruce-Springsteen-Konzert 1988 in Ost-Berlin löste ein nach der Wiedereröffnung der Museen bis zum 10. Okto- neues Gefühl der Zusammengehörigkeit aus und verstärk- ber 2021 allen offen.

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Wie sieht das Verhältnis zwischen Musik und Protest aus – selbstgemachten Zeitungen, oder war mit welchen Liedern wird auf Politik reagiert? Das fragt die anderweitig aktiv. Es war keine pas- sive, sondern eine aktive Szene. Aus Ausstellung „Hits und Hymnen. Klang der Zeitgeschichte“. dem Spaß, den Mainstream und die Dass Musik politische Bewegungen begleitet und individuelle sogenannten Spießbürger zu provo- Zugehörigkeit schafft, davon ist auch der Frontmann der zieren, ist dann sehr schnell mehr geworden, etwas Nachhaltiges und Düsseldorfer Band „Die Toten Hosen“, Campino, überzeugt. Konstruktives – ein berühmtes Bei- Im Gespräch mit dem museumsmagazin spricht er darüber, dafür ist sicherlich Bob ­Geldof wie Musik bis heute gesellschaftliche Forderungen und Protest mit seinen großen Aktionen für Afr­ ika. verstärkt. mm Hatte das denn – abgesehen davon, dass der Mainstream ge- mm „Die Toten Hosen“ gelten seit mm Ja, aber wie sah am Anfang brochen werden sollte – etwas 1982 als Punkrock-Band. Welche die Punk-Philosophie aus? Politisches? Punk-Philosophie steht dahinter? Campino Für uns war das ein Bre- Campino Auf jeden Fall. Denken Sie Campino Das ist nicht in wenigen chen mit dem Mainstream. Wir woll- nur an die Initiative „Rock Against Sätzen zu erklären, denn sowohl die ten aufhören, andere Stars zu be- Racism“, an der viele Punks beteiligt Punk-Bewegung als auch „Die Toten wundern und diesem Konsumgeist waren, oder an „The Clash“, die die Hosen“ haben sich über 40 Jahre lang nachzueifern. Wir hatten nichts. Wir Rebellen in Nicaragua unterstützt ha- weiterentwickelt. Was die Anfänge konnten nichts und darauf waren wir ben. Es kommt immer darauf an, wie angeht, waren die Werte und Defini- auch noch stolz. Wir haben unsere man Politik definiert. Die Punks sind tionen der Szene viel klarer umrissen Lebensfreude anders zelebriert. Es überall sehr schnell in Konflikt mit als heutzutage. Inzwischen gibt es so hat gereicht, wenn man zwei, drei der Obrigkeit geraten, auch hierzulan- viele Verästelungen innerhalb dieser Akkorde spielen konnte und sich auf de. Vielleicht erinnern Sie sich an die Musikrichtung, dass man da kaum die Bühne gestellt hat. „Do it your- Punker-Kartei in Hannover. Solche von einem einheitlichen Gedanken self“, keine Superidole, nicht sein Erfassungen wurden auch in anderen sprechen kann. Es gibt Straight- Leben durch das Bewundern ande- Städten durchgeführt. Wir wurden als Edge-Anhänger, politisch hoch en- rer verschwenden, sondern selbst Fremdkörper, als systemfeindlich ein- gagierte Bands, aber auch Formatio- etwas hinbekommen. Das waren gestuft. Die Gesellschaft wusste gar nen, die genau das ablehnen. Heutzu- die Ursprungsmomente und Initial- nicht, wie sie mit diesen Jugendlichen tage kann man unmöglich noch von zündungen. Man war in einer Band, umgehen sollte. Unsere Treffpunkte „der einen“ Bewegung sprechen. veröffentlichte Fanzines, also diese wurden observiert. Das Bundeskri- minalamt kam in die Probenräume Die Band „Kraftklub“ lädt 2018 unter dem und hat Texte konfisziert. Wir wur- Motto „#wirsindmehr“ Musiker nach Chemnitz ein. Das Festival mit „Die Toten Hosen“, den dazu verhört. Das war am An- „Feine Sahne Fischfilet“, „Marteria“ und fang eine Agitation auf breiter Ebene. „Casper“ will ein Zeichen gegen rechtsextreme Campino über Punkrock-Musik Da hat es zwischendurch auch starke Ausschreitungen in der Stadt setzen. Konflikte gegeben: Straßenschlachten

Campino alias Andreas Frege „Es war seit 1982 Frontmann der Düsseldorfer Band „Die Toten Hosen“ arbeitet zudem als Schauspieler und Buchautor ein gefühltes Piratenleben“ Interview: Ulrike Zander

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zum Beispiel, aber auch Bürger- immer Bands geben, die sich gerne einflusst von der Hippie-Bewegung. Insofern haben wir und unseresglei- wehren in Berlin, die sich vorgenom- mit diesem Begriff bezeichnen oder Schon bei ihnen kam es sehr darauf chen gerne den Soundtrack zu einer men hatten, die Punks aus ihrer Nach- bei denen es sinnvoll ist, dies zu tun. an, was für eine Haltung der jeweilige gewissen Haltung geliefert. Genauso barschaft zu vertreiben. Das kann ich Aber inzwischen sind wir nicht mehr Interpret hatte. Es hat nicht gereicht, muss man aber zur Kenntnis neh- nur als politisch beschreiben. die angesagte Strömung der Gegen- nur schöne Lieder zu trällern. Die men, dass die Rechtsrockbands viele wart, sondern eine von vielen Musik- Leute, die dahinterstanden, mussten Jugendliche ebenso in ihre politische mm In welchem Ihrer Lieder spie- richtungen. Das, was bei der oft zi- eine Haltung haben. Zum Beispiel Richtung drängen. Über Musik wer- gelt sich diese Haltung besonders tierten „Jugend von heute“ zurzeit Jimi Hendrix, der auf der Gitarre die den Emotionen erzeugt. Wenn diese klar wider? angesagt ist, ist Hip-Hop. Was Spra- US-amerikanische Nationalhymne Musik subtil und geschickt eingesetzt Campino Das muss man immer im che und gesellschaftliche Bedeutung spielte. Ich habe Rockmusik immer so wird, ist sie ein unbeschreiblicher Abfolge der Lieder der Band zeitlichen Kontext sehen. 1982 gab es angeht, ist diese Sparte zurzeit ein- wahrgenommen, ich kannte das nicht Brandbeschleuniger und Kraftver- „Die Toten Hosen“ von Campino keinen Grund für uns, staatstragend fach relevanter. anders. Es ist mir unvorstellbar, ein stärker – im Guten wie im Schlechten. beim Konzert in Chemnitz, 2018 zu sein. Ein Lied wie „Opel-Gang“ Lieblingslied einer Band oder eines brachte auf den Punkt, wie wir die mm Das Symbol der „Toten Ho- Sängers zu haben, dessen politischer mm Das Album „Alles ohne Strom“ Welt sahen. Das war erst einmal sen“ war immer der Totenkopf, da- Standpunkt mir gegen den Strich beginnt mit dem Stück „Entschuldi- ironisch gemeint und zielte auf die mals als tabuisiertes Schockmotiv geht. Das ist erst einmal das Wich- gung, es tut uns leid“. Da entschul- Auto-Tuner-Szene und das damit ver- für das Bürgertum. tigste. Es gibt viele Leute, die das al- digen Sie sich dafür, dass Sie früher dem Ende des Zweiten Weltkrieges über politische Themen redet. Meine bundene Spießertum ab. Oder „Liebes- Campino Für uns war das kein les gar nicht so sehr interessiert. Sie mal das System zerstören wollten. und der Generation unserer Eltern Eltern haben mir mitgegeben, dass lied“. Wenn man zwischen den Zeilen Schockmotiv. Es war reine Romantik, wollen ein nettes Musikstück hören – Wie ist das zu verstehen? beginnen. Als Reaktion darauf hat der Anstand es gebietet, sich einzu- las, wusste man genau, aus welcher ein gefühltes Piratenleben, Freibeu- wer dahintersteht, wer es geschrie- Campino Das Lied ist ironisch ge- sich später die RAF entwickelt. Viele bringen, wenn man sieht, dass die Richtung diese Songs kamen. Über terdasein, Robin-Hood-Mentalität. All ben hat und warum, ist ihnen nicht meint, weil wir uns natürlich nicht politische Hardliner sind in die Haus- Dinge aus dem Ruder laufen. Dafür die Jahre entwickelten wir uns wei- diese Dinge standen dahinter. Das so wichtig. Ich akzeptiere so eine Ein- für die Konflikte entschuldigen, die besetzerszene gelangt und haben muss ich mir gar nicht selbst auf die ter und das Land änderte sich. Also Symbol unterstrich unser Außen- stellung, aber sie trifft eben nicht auf wir damals mit der Obrigkeit und dem sich dort mit den Punks vermischt, Schulter klopfen – es ist einfach so in schrieben wir Lieder wie „1000 gute seiterdasein in den auch daraus resultiert die jahrelan- mir drin. So wie man sich zum Bei- Gründe“ oder „Ballast der Republik“, besetzten Häusern, ge große Angst des Staates vor die- spiel auch in der Straßenbahn oder eine Zustandsbeschreibung Deutsch- alles anders zu ma- Musik ist ein unglaublicher Kraftverstärker. sen Kreisen. Das war eine knallharte im Supermarkt einmischt, wenn man lands. Aber um noch einmal auf chen, sich nicht be- Auseinandersetzung. merkt, dass jemand rassistisch an- unsere Anfänge zurückzukommen: eindrucken zu las- gegriffen wird, nur weil er nicht aus 1982 war es skandalös, ein Lied wie sen von der Gesellschaft und deren mich zu. Ich komme aus dieser klar Establishment ausgefochten haben. mm Wenn wir diesen Gedanken- Deutschland kommt und sich sprach- „Bis zum bitteren Ende“ zu singen, Werten – das schwingt da alles mit. politischen Richtung der Rockmusik, Aber genau das hat man uns – und gang bis heute weiterführen, dann lich eventuell nicht so gut ausdrücken in dem wir behaupteten, mit unse- Wir haben den Totenkopf schon im- die zur Not auch gegen das Establish- da meine ich mit „uns“ nicht nur „Die haben Sie anlässlich der „Echo“- kann. In solchen Momenten werde ich rem Leben nichts Besseres anfangen mer stolz in unser Design eingebaut, ment gerichtet ist und sich den Mund Toten Hosen“, sondern die gesamte Preisverleihung 2018 eine Rede hellhörig und kann mich nicht zu- zu wollen, als uns zu betrinken. Das aber nicht bewusst als Provokation. nicht verbieten lässt, wie schon die Punk-Szene – vorgeworfen: dass wir gehalten, in der Sie beschrieben, rückhalten, nur weil es unangenehm war für die damalige Leistungsge- Uns war es egal, ob es andere irri- Rock’n’Roll-Musik der 1950er Jahre das System zerstören wollten. Daher welche Form der Provokation für werden könnte. sellschaft schwer zu schlucken. Wenn tiert hat. Wir fanden das einfach wild aus den USA. Davon haben sich alle haben wir diesen Gedanken mit Freu- Sie die moralische Schmerzgren- man genau hinschaut, wurde in und schön. Das war unsere Art von Rockbands in Europa inspirieren las- de in unserem Lied untergebracht. Es ze überschreitet. Sie haben ein mm Sie haben Zivilcourage. Eine Schlagerliedern neben der Liebe auch Ästhetik. sen. ist einfach eine Art, dem Mainstream klares Statement gegen Antisemi- letzte Frage: Nach dem Videodreh immer schon dem Alkohol gehuldigt. den Spiegel vorzuhalten, diese Vor- tismus gehalten und der „Echo“- zu dem Lied „Warum werde ich Bei uns hingegen galt es als Skandal, mm Inwieweit kann denn Musik mm Haben Sie das Gefühl, dass würfe zu nehmen und sie umzukeh- Preis wurde letztlich abgeschafft. nicht satt?“ mit Regisseur Wim dass wir Alkohol nicht schöngeistig heute noch provozieren? Sie insgesamt ein Bewusstsein in ren. Als wäre uns unser Benehmen Zudem haben Sie sich auf dem Wenders haben Sie zusammen beschrieben haben, sondern als kras- Campino Musik ist immer emo- der Gesellschaft verändert oder zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur Konzert in Chemnitz 2018 gegen den Film „Palermo Shooting“ ge- se Absturzmethodik: Wir schmeißen tional. Sie kann ein Wohlfühlen geschaffen haben, beispielswei- ansatzweise peinlich gewesen. Fakt Rechtsextremismus positioniert. dreht. Darin wird deutlich, dass Ih- unser Leben, unsere Chancen und auslösen, aber auch Trauer oder se mit Liedern wie „Hier kommt ist: Es hat diese Auseinandersetzun- Was treibt Sie an, sich immer wie- nen die Frage nach dem Sinn des Optionen einfach weg – wir feiern bis Bedrohung. Als Texter würde ich ge- Alex“, „Pop und Politik“ oder „Bal- gen gegeben, die Straßenschlachten der öffentlich einzubringen? Lebens sehr viel bedeutet. Haben zum bitteren Ende. Heute gehört es sellschaftlichen Problemen nicht aus last der Republik“? mit den Wasserwerfern, die Kämpfe Campino Das hat mehrere Gründe, Sie darauf Antworten gefunden? quasi zum guten Ton. Jeder muss so dem Weg gehen, sondern mich ihnen Campino Ich hoffe, wir konnten mit um Jugendzentren und besetzte Häu- nicht zuletzt meine Erziehung. Wir Campino Ich finde immer wieder ein Party- oder Saufliedchen haben. stellen. Aber letztlich ist das auch je- unserer Musik viele Menschen mo- ser. Sie sind Teil meiner persönlichen „Hosen“ sind alle Kinder von Eltern, neue Antworten. Unsere Perspektive Damals war das aber noch unerhört. dem Komponisten selbst überlassen, bilisieren, zu Demonstrationen und Vita, aber auch allgemein der Jugend- die den Krieg miterlebt haben. Ich auf das Leben ändert sich ständig und was er daraus macht. Wir „Hosen“ Protestkonzerten zu kommen – bei- bewegungsgeschichte in Deutschland glaube, das Wichtigste für diese Ge- auch unsere stetige Entwicklung ver- mm Hat Punk demnach in der Mu- stammen aus einer Generation, in spielsweise in Wackersdorf gegen die und anderswo. Ich würde das nicht neration war der Wunsch, dass so et- schiebt vieles. Deshalb darf die Frage sik überlebt? der Musik und Haltung miteinander Wiederaufbereitungsanlagen und die relativieren wollen oder etwas da- was nie wieder geschehen darf. Mein nach dem Sinn des Lebens jeden Tag Campino Ich würde mir um den Be- verknüpft sind. Da gab es nie einen großen Konzerte gegen Rassismus von zurücknehmen. Diese Reibereien Vater hatte auf seine Weise immer anders beantwortet werden, auch griff nicht so große Sorgen machen, Kompromiss. Die meisten meiner Ge- und Rechtsextremismus. Unsere Lie- mussten damals sein. Sie sind Ergeb- schon eine Leidenschaft für Politik – wenn man auf die 60 zugeht. Für denn letztlich ist es nur ein Label schwister sind älter als ich. Sie haben der haben zumindest all jenen, die so nis einer Entwicklung. Wenn wir das auch wenn er deutlich konservativer mich hat es Priorität, zu versuchen, für eine bestimmte Gruppierung in- in ihrer Jugend Bob Dylan gehört, gedacht haben wie wir, das Gefühl Ganze aufarbeiten wollten, müssten war als ich. Ich kenne das gar nicht anderen Menschen nicht zu schaden nerhalb der Rockmusik. Da wird es die „Rolling Stones“ und waren be- gegeben, dass sie nicht allein sind. wir mit dem Nationalsozialismus, anders, als dass man sonntagmittags und mich stets fair zu verhalten.

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Punk in Ost- und Westdeutschland

Die ersten Chaostage finden 1983 in Hannover statt und von Theresa Nink richten sich gegen eine geplante „Stand up for yourself“ Punker-Kartei der Polizei.

„Aufgepasst, du wirst bewacht vom Mf-MfS.“ „Selbstschuss und ein Minenfeld, damit es uns hier gut ge- gleichen Jahr: „Es ist zu spät für die alten Bewegungen, Punker-Kartei an, in der sie Informationen zur Szene sammel- Getarnt als Gottesdienst organisierte der Künstler fällt, in unserem schönen Staat“, sang Jana Schloßer von was heute zählt ist Sauberkeit.“ Graue Großstadt statt länd- te. Nach Bekanntwerden der Maßnahme riefen Hannoveraner „Namenlos“ an diesem Abend. Jedes Lied war für die Teil- lichem Idyll: In der Zeit der sich formierenden Umwelt- und Punks zu den ersten Chaostagen auf. Das Bild der die Innenstäd- Moritz Götze 1983 das erste Punkfestival der DDR nehmer ein Befreiungsschlag gegen die empfundene Enge Friedensbewegung attackierte Punk in Westdeutschland te belagernden Punks prägte sich ein. Doch auch der Markt hatte in Halle (Saale). Am Nachmittag des 30. April fan- und Langeweile im Arbeiter- und Bauernstaat. Die Inoffi- mit Sarkasmus die überpolitisierte Protestkultur. Mit apoli- das Potenzial der Bewegung erkannt – Individualismus ließ sich den sich über 200 Punks in der Christuskirche ein. ziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit schrieben mit. Für tischer Verweigerung und bewusster Hässlichkeit brachte verkaufen. Aus der Absage an Uniformität wurde Mode. In der ihre Texte wurden Schloßer und die anderen Bandmitglie- sie symbolisches Chaos in die Ordnung der Bundesrepu- DDR blieb die Bewegung zeitgleich ein Affront gegen den Staat. Zum „Evangelischen Jugendabend” lud das Plakat der später zu Gefängnisstrafen verurteilt. Das persönliche blik. Teil der Bewegung sein und nicht mitmachen wollen, Bis heute beziehen sich Punkbands auf Ideale der früheren Be- ein, das Götze gestaltet hatte. Angereist waren Risiko als Punk in der DDR war hoch: Mit Bespitzelung, Ver- bildeten das Spannungsfeld. wegung. Provozieren können sie damit nicht mehr. die Bands „Wutanfall“ (Leipzig), „Restbestand“ haftung oder Einzug zur Nationalen Volksarmee versuchte Das Protestpotenzial der Punk-Bewegung lag dabei die Stasi, die Szene zu zersetzen. Nur wenige Monate nach in ihrer ermächtigenden Wirkung. Der Do-it-yourself-Spi- (Magdeburg), „Planlos“ und „Namenlos“ (Ost- dem Festival in Halle (Saale) sprach der Minister für Staats- rit weckte kreatives Potenzial, selbst aktiv zu werden, statt Berlin). sicherheit Erich Mielke den Befehl aus, mit „Härte gegen passiv zu konsumieren. „Es gehörte im [Ratinger] Hof zum Punks“ vorzugehen. Per Rundschreiben gab er den Hin- guten Ton in ’ner Band zu sein. Jeder hatte da ’ne Band“, weis, „bei festgestellter Renitenz Samthandschuhe auszie- beschrieb Martina Weith von „Östro 430“ die Düsseldorfer hen – wir haben keinen Anlaß, mit diesen Figuren zart um- Szene. Mit drei Akkorden wandten sie sich gegen musi- zugehen.“ Wie zuvor bei Rock’n’Roll, Beat- und Rockmusik kalische Virtuosität und Rockstartum, mit eigenen Labels, glaubte die DDR-Staatsführung, auch in Punks Staatsfeinde Fanzines und Festivals gegen die übliche musikindustrielle zu erkennen und ging gewaltsam gegen die jugendlichen Verwertung. Systemverweigerer vor. „Wenn euch Punk nicht passt, geht doch nach drüben“ – Frank Fenstermacher persiflierte den Spruch, der Kritikern Gegen Uniformität in Westdeutschland zur Zeit der deutschen Teilung gerne entgegengeworfen wurde. Um einen Überblick über die Punk provozierte auch in Westdeutschland. „Zurück Punkszene zu gewinnen und „einer befürchteten Gefähr- zur U-Bahn, zurück zum Beton“ wollte die Düsseldorfer dung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entgegen- Band „S.Y.P.H.“ 1980 und „Fehlfarben“ konstatierten im wirken zu können“, legte die Polizei in Hannover 1982 eine

Plakat zum ersten Punkfestival Proberaum der Punkband der DDR von Moritz Götze, 1983 „Wutanfall“ in Leipzig, 1982

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Oberstleutnant Christoph Scheibling über konzerten, die jedes Musikkorps, jede lungsströme im Beneluxraum, die Musikeinheit über das Jahr spielt. auch nach Deutschland schwappten. die Wandelbarkeit des Musikkorps der Bundeswehr Das sind allein beim Musikkorps der Man adaptierte deren Kompositionen, Bundeswehr auf Deutschland verteilt Arrangements, weil es angesagt war. rund 50 pro Jahr, und wenn man das Dann entwickelte sich der Bereich der hochrechnet auf alle 14 Musikeinhei- Volksmusik stark weiter, sodass über ten, kommt hier viel zusammen. Wir viele Jahrzehnte die falsche Konnota- sind mit zahlreichen Organisationen tion – Blasmusik gleich Volksmusik – Musik ist entwaffnend vernetzt und unterstützen diese mit entstand. Heute hat die Blasmusik „ “ dem Benefizerlös. Dadurch sind wir noch stark damit zu kämpfen, sich als fester Bestandteil im regionalen von der volkstümlichen Musik abzu- Interview: Ulrike Zander Kulturkalender etabliert und haben setzen und die Klischees abzustoßen. beachtliche Summen für wohltätige Deswegen kreierte man in den 1980er Zwecke eingespielt. Das sind beim Jahren den Begriff der sinfonischen Musikkorps der Bundeswehr in Sieg- Bläsermusik. Wir haben in den eige- burg seit Bestehen rund zehn Millio- nen Reihen Komponisten ausgebildet nen Euro. und immer weiter professionalisiert. Damit wurde dem hohen Anspruch mm Also in 70 Jahren haben Sie des Musikkorps der Bundeswehr in zehn Millionen Euro eingespielt? besonderer Weise Rechnung getra- Seit 2012 ist Oberstleutnant Christoph Scheibling Leiter des Scheibling Mich persönlich ärgert Scheibling Nur das Musikkorps der gen, Vorreiter zu sein, eine eigene Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg. Die Aufgaben des das nicht. Ich muss aber auch fest- Bundeswehr in Siegburg! Das muss Tonsprache zu entwickeln, Musik auf stellen, dass in dem Moment, wo ein man jetzt multiplizieren mit den vie- eine edle, konzertante und würdevol- Musikkorps haben sich stark verändert und das musikalische Nationalspieler in das Trikot eines len anderen Musikeinheiten. Die drit- le Art umzusetzen und nicht populis- Repertoire erweitert. Das museumsmagazin sprach mit Scheibling Nationalspielers schlüpft, er auch ein te große Säule nach der „Soldaten tisch zu missbrauchen. über die Vereinbarkeit von Staatsgästen, Nationalhymnen und Repräsentant für die Bundesrepu- für Soldaten“ und „Soldaten für die blik Deutschland ist und eine gewis- Bevölkerung“ ist das internationale mm Das geht sogar so weit, dass Wacken. se Verantwortung hat. Wenn ich das Gefüge. Wir sind viel im Ausland bei Sie inzwischen mit Ihrem Musik- jetzt vergleiche mit der hohen Vor- Militärmusikfestivals unterwegs. Das korps beim Heavy-Metal-Festival mm Nationalhymnen sind Be- gegangen, das heißt, wir haben noch bildfunktion, die ein Spitzensportler ist in den letzten Jahren immens ge- in Wacken spielen. Wie passt das standteile staatlicher Repräsenta- nie irgendwo eine falsche Hymne für die Generation von Jugendlichen wachsen, auch der Faktor der Trup- zusammen? tion und Symbolik. Inwieweit hat gespielt. Es ist gar nicht so abwegig, hat, für die er „das Idol“ ist, wird oft- penbetreuung im Ausland. Musik- Scheibling Im Jahr 2020 landeten sich die Identifikation der Deut- dass das passiert, gerade nach dem mals eine Chance vertan, wenn man einheiten sind auch in Afghanistan, „Das Musikkorps der Bundeswehr“ schen mit ihrem Staat in den letz- plötzlichen Zerfall der Sowjetunion diese Gelegenheit nicht nutzt. Mali, Litauen oder im Irak. Das ging und die Heavy-Metal-Band „U.D.O.“ ten Jahren verändert? gab es über Nacht eine Fülle von so weit, dass wir an sogenannten mit Frontmann Udo Dirkschneider Scheibling Insbesondere seit dem neuen Republiken – und noch nicht mm Seit dem 19. Jahrhundert Mentoring- Programmen teilgenom- mit dem gemeinsamen Album „We legendären „Sommermärchen“ 2006 die Möglichkeiten des Internets, das gilt Deutschland als ein „Land der men haben, bei denen wir als Militär- Are One“ in den Top 10 der deutschen hat sich das Bewusstsein für na- alle Informationen in Windeseile Musik“. Welche Aufgabe hat die musiker für drei Monate pro Team in und einigen internationalen Album- tionale Symbolik wie die National- verbreitet hat. Militärmusik? Afghanistan waren und dort afgha- charts – ein unfassbares Ereignis! hymne und die Nationalflagge posi- Scheibling Nach dem Zweiten Welt- nische Militärmusiker ausgebildet Dies ist auch das Ergebnis einer be- tiv entwickelt. Das Bekenntnis zu mm Wie hat sich das gestiegene krieg mit Aufstellung der Bundes- haben in einem Gesamtzeitraum von reits zuvor begonnenen und erfolgrei- Schwarz-Rot-Gold ist schon zu einem Ansehen für Sie ausgewirkt? wehr kam auch bald die Aufstellung über zwei Jahren. Das war eine völlig chen Zusammenarbeit, die uns 2015 Oberstleutnant kleinen Mythos geworden. In den Scheibling Wir haben ein stärke- der Militärmusik als ein wichtiger neue Aufgabe. auf die legendäre Wacken-Bühne und Christoph Scheibling letzten Jahren hat das angehalten res Selbstbewusstsein, eine stärkere Faktor für die Bundeswehr, und die 2018 zur „Military Metal Night“ nach seit 2012 Leiter des Musikkorps der Bundeswehr und wurde durch die sportlichen Er- Identifikation erfahren. Während es Aufgaben haben sich in rund sieben mm Inwieweit haben Militärmu- Elspe brachte. Nach der „Military folge mehr und mehr gerechtfertigt. in den 1980er/1990er Jahren noch Jahrzehnten vielfältig entwickelt. Zu- siker ihr Repertoire in den letzten Metal Night“ wurde aus Erfolg und Dadurch, dass wir Hunderte von gar nicht üblich war, beispielswei- nächst einmal sind wir für die eigene Jahrzehnten erweitert? Freundschaft ein Traum, den wir nun Staatsgästen in unserer Geschichte se nach einem Konzert, die Natio- Truppe da, für unsere Soldatinnen Scheibling Die Militärmusik war im mit diesem spektakulären Konzept- empfangen haben, ist es immer ein nalhymne zu spielen, müsste man und Soldaten sowie alle zivilen Mitar- Nationalsozialismus ein Propaganda- album verwirklicht haben. Das „Zu- besonders würdiger Moment, diese sich heute erklären, warum man es beiter und umrahmen jegliche Veran- instrument. Insofern ist eine stark sammenpassen“ war dabei nie ein Symbole zu repräsentieren. Es kom- nicht tut. Das wird als krönender Ab- staltung, die innerhalb der Bundes- auf Eigenidentifikation ausgelegte Thema, weil die Voraussetzungen – men auch immer viele Gäste nach schluss erwartet. wehr stattfindet. Die nächste große Militärmusik bei Gründung der Bun- wie schon bei den Live-Konzerten – einem Staatsbesuch auf uns zu und Säule besteht in der Aufgabe, die Be- desrepublik nicht gefragt gewesen. bei beiden Formationen identisch bedanken sich ausdrücklich für das mm Ärgert es Sie, wenn Fußball- völkerung mit der Bundeswehr zu Darüber hinaus wirkte eine starke waren: gute Musiker, gute Arrange- kunstvolle Abspielen ihrer National- nationalspieler ihre Hymne vor verbinden. Das geschieht unter ande- Prägung durch die Alliierten. Im An- ments, unbändige Energie und eine hymne. Es ist noch nie etwas schief- Spielbeginn nicht mitsingen? rem durch die Vielzahl von Benefiz- schluss daran gab es starke Entwick- Vision für Neues!

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mm Das Ansehen der Streitkräf- saal in München, das Konzerthaus in ben. Das war eine Vernetzung, eine die Ausstellung „Deutsche Mythen gesetz herausgenommen haben und Die Auseinandersetzung mit dem te in der deutschen Bevölkerung Karlsruhe, die Liederhalle in Stutt- interkulturelle Begegnung – und wir nach 1945“. Es erschien uns sinnvoll, die von Kindern gesprochen werden. Thema wird immer intensiver, bis unterlag nach dem Zweiten Welt- gart, seit letztem Jahr die Elbphil- haben mit unserem Orchester seiner einen Beitrag zum Jubiläum unseres Als Ausgangsposition lässt man nach am Ende der Unterzeichnungsakt krieg großen Schwankungen. Wie harmonie in Hamburg. persönlichen syrischen Geschichte Grundgesetzes zu leisten. Wir kamen dem Betreten des Raumes alles auf mit der Hymne „Ich hab‘ mich erge- schätzen Sie es heute ein? Kann Ein wichtiger Faktor zur Steigerung eine Auftrittsplattform gegeben in zu der Erkenntnis, dass eine gewisse sich wirken. Es gibt nur Klang. Dann ben“ abgeschlossen wird, da es im über die Musik eine Steigerung des Ansehens der Bundeswehr ist einer Zeit, in der wir nicht unbedingt Zeitstrahlkomposition schon Vorgabe kommt das Grundgesetz-Motiv. Es Parlamentarischen Rat in Bonn noch des Ansehens erreicht werden? auch unsere Offenheit. Unser „Cross- offen und auch nicht immer fair mit ist, auf der verschiedene Meilensteine folgt eine spannungsvolle Stimmung keine Nationalhymne gab. „Ich hab‘ Scheibling Ja, ich denke schon. over“ in Wacken zeigt, dass wir mit der ganzen Flüchtlingsdebatte umge- platziert werden müssen, die erklä- und dann beginnt das Ticken einer mich ergeben mit Herz und Hand“ Glücklicherweise haben wir in den dem Zeitgeist gehen. Weiterhin hat gangen sind. ren, warum das Grundgesetz dabei Uhr – der Beginn einer neuen Zeit- wurde in Ermangelung einer Natio- letzten Jahrzehnten eine schöne das Siegburger Musikkorps ein Ge- mm Im Mai 2019 führten Sie im eine Rolle spielt. Die Komposition ist rechnung. Die Uhr verstummt. Es nalhymne gespielt. Das haben wir in Entwicklung genommen. Das wurde meinschaftsprojekt mit dem syrisch- Haus der Geschichte in Bonn zum multimedial angelegt. Das Orchester wird leise und wir gehen nochmal zu- die Komposition einfließen lassen. durch die hohe Qualität der Musik palästinensischen Pianisten Aeham 70. Jahrestag des Grundgesetzes spielt im Dunkeln. Jeder Abschnitt rück, um das Bewusstsein zu schaf- Damit ist das Grundgesetz gezeich- und des Personals erreicht. Es ge- Ahmad erarbeitet – mit dem Pianis- dessen musikalische Umsetzung hat eine eigene Farbe, kennzeich- fen, wo unsere Gründerväter und net. Jetzt kommt der Punkt: Wie sah schieht aber auch durch die Vernet- ten, der in Damaskus auf Trümmern vor einem begeisterten Publikum nend dafür, dass wir uns wandeln, -mütter standen, als sie sich zur Bera- die Geschichte auf Basis des Grund- zung mit der zivilen Musikszene und Klavier gespielt hat, über die Balkan- auf. Wie können wir uns die Verto- dass wir verschiedene Bereiche und tung des Grundgesetzes zunächst auf gesetzes aus? Was haben wir errun- vor allem mit der Gesellschaft, denn route nach Deutschland kam und den nung einer Verfassung vorstellen? Emotionen freilegen und auch schü- Herrenchiemsee versammelt haben. gen? Was haben wir erlitten? Wo- wir gehören in vielen Regionen zum wir als Künstler in acht Konzerten Scheibling Den Impuls bekamen wir ren wollen. Neben dem Orchester Deutschland in Trümmern, politisch, ran sind wir gewachsen? Das wird festen Bestandteil des Kulturkalen- in ganz Deutschland präsentiert ha- aus dem Haus der Geschichte durch gibt es eine Sängerin, die das Grund- militärisch, moralisch am Boden. in den folgenden Bildern erklärt. Es ders und leisten dort auch einen wert- gesetz-Motiv immer wieder aus dem Der Blick durch das verstaubte Fens- sind also die Achtung, der Respekt vollen Beitrag für das soziale und ge- „Off“ singt, bis sie am Ende vor das ter von außen wird auch musikalisch vor dem Grundgesetz und allem, was sellschaftliche Leben. Wir dürfen uns Orchester tritt und dann quasi ihre sehr schön dargestellt. Es beginnen sich daraus entwickelt hat. Für uns inzwischen auf der Kulturlandkarte Im Ausland sind wir in erster Linie Verbundenheit mit Deutschland zum die Beratungen, umgesetzt mit einer persönlich hatte das Werk seinen in Deutschland in vielen namhaften Höhepunkt bringt. Das dritte Ele- einfachen Melodie, dünn instrumen- Demokratiehöhepunkt, als wir es in Häusern als ständige Gäste sehen: die Friedensbotschafter. ment ist für mich das Schönste, die tiert mit wenigen Instrumenten, die der Frankfurter Paulskirche auffüh- Kölner Philharmonie, der Herkules- Textzeilen, die wir aus dem Grund- immer weiter angereichert werden. ren konnten.

Das Musikkorps der Bundeswehr unter der Leitung von Christoph Scheibling bei ihrem Konzert zum 70. Jahrestag des Grund- gesetzes im Haus der Geschichte, 2019

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Musikalische Performance „faUSt unplugged“ in Bonn „Alles ist Kunst“

von Ulrike Zander

Jean-Hervé Péron und Amaury Cambuzat brach- Er wurde es. Gebannt schaute das Publikum auf den ten mit ihrer Band „faUSt“ am 18. September im Mittelpunkt stehenden Betonmischer, in den Péron und Cambuzat Wasser einfüllten, wobei bereits das Wasserge- 2020 einen Hauch von Joseph Beuys ins Haus räusch Klänge hervorrief. Zusammen mit dem wichtigsten der Geschichte in Bonn. Sie wollten das Denken, Element des Genres „Krautrock“, dem „Repetissement“ das Erkennen und die Diskussion darüber, was (Wiederholen), wurden Geräusche, Textzeilen, Worte, Kla- vier- und Gitarrenspiel sowie Performance zu einem Erleb- Kunst sei, erweitern. „Alles ist Kunst“, versi- nis, das beim Publikum in der Tat Emotionen hervorrief. cherte Péron ganz im Sinne des und „Unsere Musik ist ernsthaft wie Kinder, wenn sie spielen“, Dadaismus. Demnach auch ein Zementmischer. beschrieb Péron seinen Auftritt, der nicht viel länger als eine halbe Stunde dauerte. Die Zuhörer hätten sich sein Konzert Daraus kann ein ganzes Konzert entstehen. durchaus noch länger anhören wollen: „Ich mag es, wenn „Je nachdem, wie man Dinge empfindet. Da Menschen authentisch sind und ihre Sache durchziehen, ich handwerklich interessiert bin, höre ich alles ohne darauf zu achten, was andere darüber denken“, so ein Bonner „faUSt“-Fan. Damit hatte er genau den Kern des Mögliche, auch Werkzeuge“, so Péron, sodass für „Krautrock“ erfasst: „Krautrock ist das Der illuminierte Museumsgarten ihn das Stapeln von Holz, Vogelgezwitscher und Ergebnis von dem Gefühl, was meine verstärkt am 18. September 2020 die sogar das Geräusch eines Zementmischers eine Generation nach dem Zweiten Welt- Dieser Rhythmus ist die Ewigkeit. Konzertatmosphäre. krieg hatte – etwas Neues, Eigenes zu kleine Sinfonie bedeuten. Im Museumsgarten des machen. Da waren wir kompromiss- Jean-Hervé Péron Hauses der Geschichte veranstaltete er ein unver- los, egal ob es ankommt oder nicht“, gessliches Konzert. erklärte Péron. Von den verschiedensten Richtungen, die dieses Genre vereint, ist die Band „faUSt“ wohl am experi- mentierfreudigsten Ende anzusiedeln. „Der Zementmischer hat mich besonders beeindruckt, weil ich die Symbolik, die Der Museumsgarten war bunt illuminiert, wirkte für sich in ihm steckt, nach und nach verstanden habe: Es geht um bereits wie ein Kunstwerk und stimmte die Konzertgäste Demut, Ewigkeit, Fruchtbarkeit und Entbindung“, so Péron. ein auf einen Abend, an dem sie auf Wunsch der Band Die Parallele zu einer schwangeren Frau, die einen Men- nicht nur offen für alles sein sollten, sondern auch bereit schen zur Welt bringe, habe im übertragenen Sinn mit dem für Veränderung: „Ich mache kein politisches Statement, Zementmischer zu tun, der Zivilisation hervorbringe, da bewusst nicht, aber die Frage ist, inwieweit verändert sich durch ihn Häuser und Monumente entstünden. „Und die- die Weltanschauung eines Zuhörers, wenn er mit Kunst ser Rhythmus ist die Ewigkeit, immer und immer wieder“, konfrontiert wird?“, so Péron vor seinem Konzert. Diese erklärte Péron seine Präsentation. Auch wenn sich die Band Frage beschäftigte ihn besonders vor dem Hintergrund, nicht als politisch aktiv ansieht, so ist sich Amaury sicher: Jean-Hervé Péron (l.) benutzt zur Klang- dass seine Veranstaltung „unplugged“ ablaufen sollte. „Für „,Anders zu sein‘ ist schon ein politischer Akt.“ Rechtzeitig erzeugung auch einen Zementmischer ‚faUSt‘ ist es eine Herausforderung, unplugged zu spielen, zu ihrem 50. Jubiläum war nun die Krautrockband „faUSt“ und lässt gesprochene Textzeilen in die weil wir Strom brauchen. Wir brauchen elektronische mit Jean-Hervé Péron, Werner Diermaier und Amaury Aufführung einfließen (u.). Musik. Wir machen feinfühlige Musik bis zu großem Radau – Cambuzat in Bonn, um auf die Vielseitigkeit der neuen Aus- mit Verstärker und Presslufthammer, da brauchen wir stellung „Hits und Hymnen. Klang der Zeitgeschichte“ im Energie.“ Wie sollte der Abend „unplugged“ nun zu Kunst Haus der Geschichte einzustimmen, die selbstverständlich werden? den legendären Zementmischer präsentiert.

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Sammeln zur Emanzipationsgeschichte Präsidentin, Kanzlerin, Königin

von Katrin Grajetzki

In welche Rubrik lassen sich eine tus gemeinnützig verlieren können – und damit auch die Schützenuniform, eine Polizeiuniform, eine steuerlichen Vergünstigungen.

Erkennungsmarke und ein Schiedsrichter-Trikot „Die ersten 31 Mädchen beim Grenzschutz“ einordnen? In den zeithistorischen Sammlungen der Stiftung Haus der Geschichte gehö- So titelte die Zeitschrift Bild der Frau am 16. Novem- ber 1987, als die ersten Polizistinnen ihren Dienst beim ren diese Objekte zur Rubrik „Erste Frauen“. Bundesgrenzschutz (BGS), der heutigen Bundespolizei, an- Deren Ziel ist es, die wichtigen Stationen traten. Die Einstellung der ersten Frauen in den bis dahin der Emanzipationsgeschichte von Frauen in ausschließlich von Männern besetzten Bundesgrenzschutz stieß damals auf großes mediales Interesse. 250 Frauen Deutschland museal zu dokumentieren. So sind hatten sich für eine Ausbildung beim BGS beworben, die beispielsweise die in den Sammlungen vorhan- 32 besten wurden eingestellt. Unter ihnen: die Abiturientin denen Objekte wie das Mobiltelefon von Anke Klahr. Ihre erste Uniform als Polizeihauptwachtmeis- teranwärterin spiegelt ihren Einstieg in einen damals klas- Dr. Angela Merkel als erste Bundeskanzlerin sowie sischen Männerberuf wider. Nach ihrer Einstellung in den die Barette der Richterroben von Erna Scheffler mittleren Dienst bewarb sie sich ein Jahr später für eine und Prof. Dr. Jutta Limbach als erste Richterin bzw. Ausbildung im gehobenen Dienst. Damit war sie ihrer Zeit voraus: Erst ab 1990 wurden Frauen für diese Laufbahn erste Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts zugelassen, die Anke Klahr daraufhin zielstrebig einschlug. materielle Zeugnisse der Gleichberechtigung. Ein Ausbildungsleiter der ersten Frauen beim BGS fasste Es handelt sich um historische und gegenwärtige 1990 in der Zeitschrift Fortbildung Aktuell die damalige Geschichten von erfolgreichen Frauen aus allen Situation treffend zusammen: „Weiterhin muß davon aus- gegangen werden, dass die ersten Frauen unter einem be- Lebensbereichen. sonderen Beobachtungsdruck standen. Sie waren beson- ders bestrebt, durch gute Leistungen zu überzeugen.“ Eine Schützenuniform dokumentiert die Geschichte der ersten Frau in einer traditionellen Männerdomäne: In die- Frau Oberleutnant ser Tracht schoss Daniela Kotewitsch beim Bundesschüt- zenfest in Medebach am 14. September 2019 buchstäblich Nationalität, Glaubensbekenntnis, Personenkenn- den Vogel ab. Als einzige Frau setzte sie sich gegen 140 ziffer, Blutgruppe: Diese Angaben stehen auf der ovalen Männer durch, wurde erste Bundesschützenkönigin und silberfarbenen Erkennungsmarke von Daniela Klix, die regiert seitdem für drei Jahre als erste Frau den Sauer- sie als Soldatin während ihres Einsatzes in Afghanistan länder Schützenbund. 2018 errang sie die Königswürde in trug. Oberleutnant Daniela Klix war die erste Frau, die in ihrer eigenen Schützenbruderschaft. In dem Jahr konnte Afghanistan im Gefecht einen Infanteriezug führte. sie ihr Talent erstmals unter Beweis stellen. Zuvor hatten Ende 2001 beschloss der Deutsche Bundestag den die männlichen Mitglieder in einer außerordentlichen Ge- Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der NATO-Mission neralversammlung die Aufnahme von Frauen in die 1827 „ISAF“ für den staatlichen Wiederaufbau in Afghanistan gegründete „St. Sebastianus Schützenbruderschaft v. hl. nach dem Sturz des Taliban-Regimes durch die USA infol- Hubertus Wamel e. V.“ beschlossen. Vorausgegangen war ge des 11. September 2001. Im selben Jahr traten Frauen ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Mai 2017, dem- in Deutschland nach einem Urteil des Europäischen Ge- zufolge Vereine bei Ausschluss eines Geschlechts den Sta- richtshofes ihren Dienst zum ersten Mal uneingeschränkt

l. Zugführerin Oberleutnant Daniela Klix (r.) im Kampfanzug in Kunduz, Afghanistan, 2010 o. Die Erkennungsmarke von Oberleutnant Daniela Klix befindet sich in den Sammlungen 26 museumsmagazin 1.2020 des Hauses der Geschichte.

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Rundgang durch die Dauerausstellung in Bonn Dreharbeiten mit Das Trikot der Schiedsrichterin Bibiana Die Fotografie von Bundestagspräsidentin Steinhaus, die 2017 als erste Frau ein Annemarie Renger aus dem Jahr 1975 Bundesliga-Spiel pfeifen durfte, ist Bestandteil gehört zur fotografischen Sammlung des der Sammlung des Hauses der Geschichte. Hauses der Geschichte. Bürger Lars Dietrich von Emil Koenig

in allen militärischen Laufbahnen an – und nicht nur im servativen Flügel um Egon Franke in der SPD-Bundestags- Das Haus der Geschichte hatte im Rahmen des Jubiläums und extrovertierte Art gestalteten den Tag für alle Beteilig- Militärmusikdienst oder im Sanitätsdienst. Daniela Klix fraktion. Die Mitglieder dieser regierungsloyalen Gruppie- „30 Jahre Deutsche Einheit“ prominenten Besuch: Bürger ten sehr unterhaltsam. Auch wenn die Kamera nicht lief, war eine der ersten Frauen, die eine Offizierslaufbahn in rung bildeten das Rückgrat der sozial-liberalen Koalition Lars Dietrich, gebürtiger Potsdamer und Hip-Hopper der zeigte Bürger Lars Dietrich Interesse an der Ausstellung und der Kampftruppe der Bundeswehr einschlug. und versuchten, einen befürchteten Linksruck in der SPD ersten Stunde, verbrachte einen Tag in der Dauerausstel- machte sich selbstständig auf, um mehr über verschiedene Während ihrer Zeit in Afghanistan hielt sie zu ihrer zu verhindern. Von 1972 bis 1976 klingelte erstmals eine lung. Zusammen mit einem fünfköpfigen Kamerateam des Objekte zu erfahren. Ergänzend zum Drehbuch arbeitete Familie in der Heimat engen Kontakt. Auf einer Feldpost- Frau die messingfarbene Glocke mit dem plastisch erhabe- ZDF ging der 47-Jährige mit Bildungsreferentin Dr. Simone das gesamte Team spontan und individuell, angepasst an karte schrieb sie zu Beginn ihres Einsatzes im April 2010: nen Schriftzug „Deutscher Bundestag“ und dem Wappen- Mergen auf die Suche nach seinem Platz in der Geschich- die jeweilige Ausstellungsszene, sodass Bürger Lars Dietrich „Aloha […] werden morgen (2. Tag) wahrscheinlich nach adler. Mit der in den Sammlungen vorhandenen Tischglo- te. Gedreht wurde ein Video für den „ZDF-Fernsehgarten“. mit einem Augenzwinkern meinte: „Die nehmen wa’ mit!“. Kunduz verlegt. Ansonsten ist es sehr warm hier und ge- cke des Deutschen Bundestages sorgte Bundestagspräsi- Nach vielen entscheidenden Themen der deutschen Nach- Mal wurde es ernster, als es zum Beispiel um die ers- wöhnungsbedürftig! Mal schauen wie es wird?“ dentin Annemarie Renger für Ruhe und Ordnung in einem kriegsgeschichte landeten die beiden nach einem gelunge- ten Nachkriegsjahre oder den Mauerbau ging, aber auch Parlament, das 1972 aus 488 Männern und 30 Frauen bestand. nen Balanceakt zwischen Ernsthaftigkeit und Spaß schließ- mal lockerer, als etwa das „Wirtschaftswunder“ oder die „Frau Präsident, ich übermittle Ihnen Ein besonders prägnantes Beispiel von Frauen in lich beim Mauerfall. Freizeitgestaltung der Deutschen in den 1970er Jahren the- die Wünsche des Hauses“ Männerdomänen lässt sich anhand des Schiedsrich- Während der Dreharbeiten wurde klar: Bürger Lars matisiert wurden. Der entscheidende emotionale Moment ter-Trikots von Bibiana Steinhaus veranschaulichen: Sie Dietrich ist ein waschechter Entertainer. Die Aufmerksam- in der Geschichte war für Dietrich der Mauerfall. Für den Mit diesen Worten gratulierte der Alterspräsident des ist die erste Frau, die ein Spiel der Fußball-Bundesliga der keit gehörte ganz ihm. Seine Spontanität, Schlagfertigkeit Hip-Hop-Fan Bürger Lars Dietrich ermöglichte die Öffnung Deutschen Bundestages und ehemalige Bundeskanzler Männer geleitet hat. Am 10. September 2017 pfiff sie die in den Westen ganz neue kulturelle Möglichkeiten. Als Ers- Ludwig Erhard Annemarie Renger am 13. Dezember 1972 Partie Hertha BSC gegen Werder Bremen – 54 Jahre nach tes kaufte er sich Hip-Hop-Schallplatten. So endete auch zur Wahl als Bundestagspräsidentin. Schon die Anrede dem Beginn der Bundesliga-Saison im Jahre 1963/64. der Rundgang durch die Ausstellung mit einer Breakdance- spiegelt das Ungewöhnliche dieser Zeit wider: Zum Mann wird sich daran gewöhnen. Einlage. ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik be- Die Emanzipation ist vielleicht dann abgeschlossen, Der Drehtag hat einmal mehr gezeigt, wie facetten- kleidete eine Frau das zweithöchste Amt im Staat. Als Sozial- wenn die Sammlungsrubrik „Erste Frauen“ nicht mehr mit reich die Dauerausstellung ist. Die Auseinandersetzung demokratin war Renger Mitglied der damals stärksten Bun- Objekten aus der Gegenwart gefüllt werden kann. Kurzum: mit unterschiedlichen Medien erlaubt immer wieder neue destagsfraktion, aus der heraus traditionell diese Position wenn die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an allen Blickwinkel und bietet neue Erfahrungen. gestellt wird. Innerhalb ihrer Partei gehörte sie wie auch an- Positionen in allen Lebensbereichen verwirklicht worden Das unterhaltsame Video aus dem „ZDF-Fernsehgar- dere Frauen zu den „Kanalarbeitern“, dem mächtigen kon- ist. Bis dahin wird weiter gesammelt! ten“ ist in der Mediathek des ZDF abrufbar.

Bürger Lars Dietrich fühlt sich im Haus der Geschichte sichtlich wohl (l.) und interes- siert sich zusammen mit Bildungsreferentin Simone Mergen (r.) besonders für den Rosinenbomber.

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Mutter Beimer alias Marie-Luise Marjan fühlte politische Themen, Aufreger- und Tabuthemen wurden ins sich endlich wieder zu Hause. In ihrer Küche, Rampenlicht gestellt“, erklärte der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Prof. Dr. Hans Walter Hütter. „Ja, wir in der sie 35 Jahre lang in 1.758 Folgen haben deutsche Fernsehgeschichte geschrieben“, bestä- „Lindenstraße“ Versöhnungen, Trennungen tigte Marjan. „Es ist unsere Aufgabe, diese gesellschafts- und Dramen jeder Art miterlebt und ausgestan- politische Serie zu bewahren, die in unterhaltsamer Form alle Eisen, die es gab, angefasst hat“, fügte sie hinzu. So- den hatte, nahm sie am 17. September 2020 mit diskutierten die Bewohner der „Lindenstraße“ vom selbstverständlich wieder Platz. „Ich finde es 8. Dezember 1985 bis zur letzten Folge am 29. März 2020 wunderbar, dass das Haus der Geschichte diese über gesellschaftliche Fragen und aktuelle Probleme – von Rechtsextremismus über Klimawandel, Sterbehilfe, Ho- Küche aufgenommen hat und dadurch an die mosexualität oder vegane Ernährung. Die Präsentation ‚Lindenstraße‘ erinnert“, so Marjan. Ein Museum im Haus der Geschichte zeigt Ausschnitte aus der „Lin- sei ein Ort, wo Dinge lebendig gehalten und denstraße“ in einer Videostation sowie die Resonanz von ins Bewusstsein gebracht würden. Bis zum Zuschauern, die darüber berichten, welche Themen für sie besondere Relevanz hatten und wie sie mit der „Lin- 31. Januar 2021 zeigt das Haus der Geschichte denstraße“ alt geworden sind. in Bonn die Objektpräsentation „Erfolg in Serie – Die Lindenstraße“. „München wollte es nicht haben“ Nachdem Regisseur Hans W. Geißendörfer unbedingt Nicht nur die legendäre Küche im Landhausstil erinnert sie für die Rolle der Helga Beimer haben wollte, habe er an die Kultserie, sondern auch der Biergarten des Res- ihr sozusagen einen Freibrief gegeben, erzählte Marjan: taurants „Akropolis“ als Leihgabe der Stiftung Haus der „Machen Sie mit der Rolle, was Sie wollen.“ Geißendörfer Geschichte Nordrhein-Westfalen sowie das Bushaltestel- hatte die „Lindenstraße“ in München verankert und lenschild „Lindenstraße“, das Drehbuch der letzten „Lin- das Drehbuch auf Bayerisch geschrieben, wobei von denstraßen“-Folge und Kostüme von Helga Beimer. „Was den Schauspielern nur Hausmeisterin Else Kling alias ist da alles passiert in diesen 35 Jahren Serie! Zahlreiche Annemarie Wendl Bayerisch sprechen konnte. Doch die wollte die Serie nicht produzieren, sodass der WDR einsprang und die „Lindenstraße“ in den Studios Küche aus der TV-Serie „Lindenstraße“ Köln-Bocklemünd drehte. „Die Serie hatte immer hochak- tuelle, zum Teil geradezu tagesaktuelle Bezüge“, so Hütter im Haus der Geschichte und fragte nach, wie diese so schnell in das Drehbuch auf- genommen werden konnten. Da habe der WDR manche Szenen in vielfacher Ausführung gedreht und dann kurz- Das Spiegelei – fristig die Variante genommen, die passte – zum Beispiel Synonym für schwierige Situationen. bei Wahlen, erzählte die Schauspielerin. Marie-Luise Marjan Spiegeleier à la Mutter Beimer

Untrennbar mit der „Lindenstraße“ verbunden sind Heimspiel für alle Fans der Kultserie auch die Spiegeleier von Mutter Beimer: „Wenn Helga Beimer Kummer hat, dann schlägt von Ulrike Zander sie sich ein Ei in die Pfanne. Darum ist dieses Spiegelei ein Synonym für schwierige Situationen“, erklärte Marjan. Wenn sie das Spiegelei gegessen habe, sei sie in der Lage, Probleme zu lösen. Das habe sich mit der Zeit verselbst- ständigt, da der Zuschauer schon wusste, was kam, wenn o. Marie-Luise Marjan alias Mutter Beimer sie nur den Kühlschrank aufmachte, um ein Ei zu entneh- steht am 17. September 2020 wieder in ihrer TV-Küche aus der „Lindenstraße“, die men. „Dann fieberte die Nation mit: Hoffentlich löst sie nun im Haus der Geschichte zu sehen ist. das Problem!“, so die Schauspielerin. Entsprechend bietet das Museumscafé in Bonn bis auf Weiteres Mutter Beimers r. Im Gespräch mit Stiftungspräsident Spiegeleier mit Bratkartoffeln an oder griechische Hans Walter Hütter verrät Marie-Luise „Akropolis“-Spezialitäten. Auf diese Weise wird beinahe Marjan das Geheimnis ihrer Spiegeleier, das ganze Haus der Geschichte zur Kulisse für die „Lin- während viele weitere Objekte aus denstraße“. der Serie „Lindenstraße“ im Haus der Geschichte präsentiert werden.

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Käpt’n-Book-Lesefest im Haus der Geschichte feiert den Tag der Deutschen Einheit „Alles genau so in echt passiert“

von Ulrike Zander Zwischen so vielen Geschichten und Geschichtenerzählern im Schon traditionell war das Käpt’n-Book-Lesefestival am 3. Oktober zu Gast im Haus der Geschichte in Bonn waren die zahlreichen Kinder und Haus der Geschichte in Bonn. Mit einer Zeitreise in die Vergangenheit begingen 5 die Besucher den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit: Ob mit einem Rundgang Erwachsenen am Tag der Deutschen Einheit 2020 gut aufgehoben: durch die Dauerausstellung oder mit Autorenlesungen. So las Franziska Gehm Jeder nahm etwas mit. Nach dem Corona-Lockdown bildeten aus ihrem Buch Pullerpause im Tal der Ahnungslosen, in dem ein Zeitreise- sich zum ersten Mal wieder lange Warteschlangen , um in koffer auftaucht. Am Kofferschloss kann man die Zeit einstellen, in die man rei- sen möchte, und so landet der 13-jährige Jobst in der DDR. In Pullerpause in die Dauerausstellung des Museums zu kommen. Während die der Zukunft versucht Jobst dann, seine neu gewonnenen Freunde aus der DDR Erwachsenen sogar im Regen vor der Tür auf Einlass warteten, in die Zukunft, also ins Jahr 2020, zu holen. Dabei kommt es zu witzigen Vorfäl- lauschten die Kinder den Autorenlesungen zum Thema „deutsche len: Jobst geht mit seinen Freunden Letscho und Jule in einen Supermarkt und da diese nur DDR-Auslagen kennen, sind sie von der Angebotsfülle überwältigt. Teilung“ und „Mauerfall“. Das Interesse an der eigenen Geschichte Letscho nimmt sich eine Kiwi aus einer Kiste, meint, eine „haarige Kartoffel“ in war offensichtlich – und die Kreativität sowie Intensität, diese zu der Hand zu haben und beißt hinein. Viele solcher Geschichten erzählt Franziska vermitteln, mehr als überzeugend. Gehm – auch ihre eigene, da sie selbst in der DDR aufgewachsen ist und diese als entspannt, weniger leistungsbezogen empfunden habe. „Wichtiger als Leis- tung war die Parteizugehörigkeit“, erzählte sie und zumindest die erwachsenen

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Zuhörer verstanden, dass auf diese Kinder noch viel politischer Druck gewartet Schullesung im Haus der Geschichte hätte, wäre nicht glücklicherweise der Mauerfall dazwischengekommen.

Von Brillen und Mauerspechten Neben Michael Petrowitz und Susan Schädlich sowie Jeannine Delleré- „Ein halber Sommer“ von Ulrike Zander Fischer erzählte auch Anke Kuhl für Kinder und Jugendliche. In Manno! Alles genau so in echt passiert zeichnet und schreibt die aus Frankfurt am Main stammende Autorin über ihre Kindheit in den 1970er Jahren in der Am 7. Oktober 2020 gab es dann noch eine Zeitreise im Rahmen des Käpt’n- ihr eigenen lakonisch-witzigen Art und Weise. So begann ihre Le- Book-Lesefestivals: Meike Stein las aus ihrem Buch Ein halber Sommer für Schü- Wir sind Mauerspechte“, sung mit dem Kapitel „Brille“, in dem ein kleines Mädchen endlich ler des Berufskollegs Eschweiler. Die Autorin nahm ihre Zuhörer mit in die Zeit eine Brille bekommt und plötzlich die Flugzeuge am Himmel, die des Mauerbaus: Lenny und Marie leben 1961 beide in Berlin. Als die DDR ihre erklärte Jasmin halblaut, Moderatoren im Fernsehen und die Kühe auf der Weide erkennt. „So Grenze endgültig schließt, werden die Freundinnen getrennt. Die Bürger der als könnte jemand eine Brille ist etwas ganz Wunderbares“, meint sie und verliebt sich Deutschen Demokratischen Republik seien nun endlich geschützt, hört Marie direkt in Rudi Carrell, den sie zuvor im Fernsehen nie erkannt hat. im Ost-Radio, während Lenny in West-Berlin auf den Stacheldraht, die Soldaten ihre Mitteilung belauschen. Währenddessen las Reinhard Griebner aus seinem Buch und Gewehre starrt. Im Fernsehen sieht sie, wie Menschen, die direkt an der Mauerspechte und brachte seinen Zuhörern die Stimmung in Mauer wohnen, aus den Fenstern springen, während andere versuchen, den „Wir hämmern Steine Ost- und West-Berlin im Herbst 1989 nahe. Eine Bande Jugendli- Stacheldraht zu durchschneiden. Eine schreckliche Zeit der Trennung beginnt cher schlägt bunte Steine aus der Berliner Mauer und verkauft sie für die Mädchen, bis sich Marie dazu entschließt, über die Kanalisation in den aus der Wand und am Brandenburger Tor. Kleine Stücke bringen 50 Pfennige, große Westen zu fliehen. verkaufen sie am Stücke eine D-Mark. Neben diesen neuen Einnahmequellen sprach Im Gespräch mit Bildungsreferentin Dr. Simone Mergen und Meike Stein Die Geschichte Ein halber Sommer Griebner auch über DDR-Vokabeln für sein vorwiegend aus Bonn interessierten sich die Schüler aus Eschweiler vor allem für die politischen Ver- von Meike Stein (o.) beginnt im Mai 1961 – Brandenburger Tor.“ stammendes Publikum: Er hatte einen original Dederon-Beutel hältnisse in Berlin Anfang der 1960er Jahre und wollten von der Autorin wissen, für die Schüler des Berufskollegs Eschweiler dabei, erklärte ein DDR-Jägerschnitzel und das Wort „abkindern“. warum sie gerade diese Zeit für ihr Buch gewählt habe. Stein erklärte, dass sie eine Zeitreise. Aus: Mauerspechte von Reinhard Griebner, 2014 Zuletzt lud Marko Simsa passend zum 250. Geburtstag des 19 Jahre alt gewesen sei, als die Mauer fiel. Es sei für sie ein unfassbares Ereig- Komponisten Ludwig van Beethoven zu der musikalischen Lesung nis gewesen, da bis zum 9. November 1989 die Mauer selbstverständlich zum „Herr Beethoven macht Musik“ ein. Alltag gehört habe. „Daher fand ich es spannender zu schauen, wie es für die „Alles genau so in echt passiert?“ fragten sich am Ende viele Kinder – auch Menschen war, als es die Mauer noch nicht gab“, so Stein. diejenigen, die von der „Expertentour“ aus der Dauerausstellung kamen und Entsprechend großes Interesse hatten die Schüler nach der Lesung daran, überraschende Objekte zum Thema „Buch“ gefunden hatten. Mehr denn je wur- in der Dauerausstellung zu erfahren, wie es zur Teilung Deutschlands gekom- de deutlich: Geschichte hat so viele Perspektiven wie Zeitzeugen und Objekte. men war und warum es 29 Jahre lang zwei deutsche Teilstaaten gegeben hatte.

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Auftakt zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten Bewegte Zeiten – Sport macht Gesellschaft

von Ulrike Zander

„,Bewegte Zeiten‘ – als das Thema für den neuen Geschichts- wettbewerb des Bundespräsidenten ausgewählt wurde, in dem es um die Beziehung zwischen Sport und Gesellschaft geht, da konnte niemand ahnen, dass der Startschuss für den Wettbewerb ausgerechnet in sehr unbewegte Zeiten fallen würde“, meldet sich „Sport war immer mein Antrieb, mein Motor“, so Leistungssportler Alhassane Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zu Wort. Baldé im Gespräch mit Online-Redakteurin Sammlungsdirektor Dietmar Preißler Meike Rosenplänter. und Programmleiterin der Körber-Stiftung Carmen Ludwig eröffnen den Geschichts- Es sei wichtig, nach der Geschichte zu fragen, auch im Sport – vor 150 Jahren wettbewerb des Bundespräsidenten. habe noch niemand in Deutschland gewusst, was Fußball sei. „In Vereinsnamen wie ,Schalke 04‘ oder ,Hannover 96‘ stecken die Gründungsdaten, die zeigen, Nichts von dem, wann es ungefähr mit dem Sport bei uns so richtig losgegangen ist: so um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert“, so der Bundespräsident, der das neue was heute unsere Welt prägt, Thema derart spannend findet, dass er gerne an seinem eigenen Wettbewerb war immer schon so wie heute. teilnehmen würde. „Aber bei der Siegerehrung wäre ich dann vielleicht auch be- fangen“, gibt er schmunzelnd zu bedenken. Am 1. September 2020 startete der Und nichts wird immer so sein. 27. Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten für alle Kinder und Jugend- liche in Deutschland. Alles ist in Bewegung. Die Programmleiterin der Körber-Stiftung, Carmen Ludwig, eröffnete zu- sammen mit Sammlungsdirektor Dr. Dietmar Preißler am 2. September im Haus Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, 2020 der Geschichte in Bonn für Nordrhein-Westfalen den diesjährigen Wettbewerb, dessen Spielplan durch die Corona-Pandemie modifiziert werden musste. So fan- den die Auftaktveranstaltungen der Stiftung nicht wie gewohnt vor einer großen Teilnehmerzahl statt, sondern zum größten Teil virtuell: Per Livestream konn- ten interessierte Schüler und Lehrer sowie Tutoren die Veranstaltung mitver- folgen. Programmleiterin Ludwig machte auf die neuen Herausforderungen für die diesjährigen Teilnehmer aufmerksam: Durch die Corona-Krise habe sich der Schulalltag verändert, Museen und Archive seien vielleicht nicht wie gewohnt zu besuchen, Interview-Treffen müssten besonders vorbereitet werden, sodass

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Auftaktveranstaltung im „Forum live“ am 3. September 2020 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig: Leistungsschwimmerin Rica Reinisch (r.), Sportjournalist Uwe Karte (M.) und Christine Strotmann von der Körber-Stiftung (l.) thematisieren per Livestream den Spitzensport in der DDR.

sich die Arbeit an den Forschungsprojekten anders als gewohnt gestalten würde. lympics habe er um die Welt reisen können und sei ein aktiver, mobiler Mensch. Materialien und Teilnahme- Nichtsdestotrotz bleibe die Spurensuche: „Ich glaube, es lohnt sich, den Spuren „Wir hier im Museum lieben Objekte. Welches Objekt würden Sie ins Museum bedingungen finden sich auf der Geschichte nachzugehen, vor Ort zu forschen und zu entdecken, was viel- stellen?“, fragte Rosenplänter. „Das wäre natürlich der Rennrollstuhl, mit dem www.geschichtswettbewerb.de leicht in der eigenen Familiengeschichte oder Region zu finden ist“, so Ludwig. ich am meisten Kilometer geschrubbt, die Welt bereist und die meisten Höhen Virtueller Rundgang durch die und Tiefen erlebt habe“, antwortete Baldé und präsentierte seinen aktuellen Dauerausstellung in Bonn zum Thema Sport Ein weites Feld Rennrollstuhl, mit dem er bis zu 38 Kilometer pro Stunde erreicht.

Auch Sammlungsdirektor Preißler freute sich über das neue Thema und Anstoß in Sachsen verwies auf Objekte in der Dauerausstellung des Hauses der Geschichte: die erste Goldmedaille für die junge Bundesrepublik, die bei den Olympischen In den Jahren zuvor kamen auch im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig Winterspielen 1952 durch den Bobfahrer Anderl Ostler gewonnen wurde, eine zahlreiche Teilnehmer zur Auftaktveranstaltung für Sachsen. Nun verlief auch Postet Fotos von eurer Spurensuche Originalbank aus dem Wankdorfstadion in Bern, in dem Deutschland 1954 die diese als digitale Veranstaltung im „Forum live“ am 3. September 2020: Per und teilt eure Erlebnisse! Fußballweltmeisterschaft gewann, oder die Trainingsjacken von Ulrike Meyfarth Livestream wurden die Teilnehmer, Tutoren, Jurymitglieder und Unterstützer von #MeineSpurensuche und Renate Stecher als Repräsentantinnen der deutschen Teilstaaten. Staatssekretär Herbert Wolff vom sächsischen Staatsministerium für Kultus und #Geschichtswettbewerb Bevor in einem virtuellen Rundgang durch die Dauerausstellung Bildungs- der Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, Dr. Uta Bretschneider, @Geschichtswettbewerb referentin Dr. Simone Mergen und Ellen Lehmann, Leiterin der Online-Redak- zum Geschichtswettbewerb begrüßt. Die Veranstaltung mit Rica Reinisch, Leis- tion, auf die wichtigsten Stationen der Sportgeschichte aufmerksam machten, tungsschwimmerin und Olympiasiegerin 1980 in Moskau, und dem Sportjour- stimmte das Gespräch zwischen dem Leistungssportler Alhassane Baldé und nalisten Uwe Karte moderierte Christine Strotmann von der Körber-Stiftung. Online-Mitarbeiterin Meike Rosenplänter auf das Wettbewerbsthema ein. Seit Thema des Gesprächs, an dem sich die Teilnehmer online mit Fragen beteiligen seinem zwölften Lebensjahr nimmt Baldé an internationalen Wettbewerben im konnten, war auch das Zwangsdoping im DDR-Leistungssport, dessen Opfer Rollstuhl teil. Der in Guinea geborene Rennrollstuhlsportler beschrieb eindrück- Reinisch wurde, sodass sie 1982 zusammenbrach und aus gesundheitlichen lich, dass er seinen Adoptiveltern dankbar sei, dass sie ihm durch einen Roll- Gründen den Spitzensport aufgeben musste. stuhl ermöglicht hätten, sich fortzubewegen: „Das ist für mich Freiheit pur. Ich Mit diesen Anregungen für ihre eigenen Geschichten rund um den Sport habe damit die Chance bekommen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen haben die Teilnehmer nun bis zum 28. Februar 2021 Zeit, sich auf Spurensuche und Sport treiben zu können“, erklärte er. Durch die Teilnahme an den Para- zu begeben.

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„Very British. Ein deutscher Blick“ im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig Changing of the Guard von Anne Martin

Brexit , Beatles, Royals, Fußball, James Bond, Der Präsident der Stiftung, Prof. Dr. Hans Walter Hütter, „Dinner for One“ und vieles mehr – facetten- nahm die Pressekonferenz am Tag der Eröffnung zum An- lass, Dr. Uta Bretschneider als neue Direktorin des Zeit- reich und mit ebenso bemerkenswerten wie geschichtlichen Forums ganz offiziell der Öffentlichkeit vor- überraschenden Objekten beleuchtet die zustellen. Er freue sich sehr, für das Haus eine erfahrene Wechselausstellung „Very British. Ein deut- und in der Museumslandschaft bestens vernetzte Leiterin gewonnen zu haben. In ihrer Erwiderung schilderte Uta scher Blick“ nun auch in Leipzig die Sicht der Bretschneider ihren einsamen Dienstantritt während des 1 2 Deutschen auf das Vereinigte Königreich. Nach Lockdowns im April 2020 und skizzierte dann die durch ihrer erfolgreichen Präsentation vergangenes die Pandemie notwendig gewordenen Anpassungen und Änderungen in der Ausstellung. So hätten beispielsweise Jahr im Haus der Geschichte in Bonn, bei der aufgrund der derzeit geltenden Hygieneregeln die zuvor fast 200.000 Besuche gezählt werden konnten, interaktiven Stationen umgebaut werden müssen. Inhalt- startete die Ausstellung am 6. Oktober 2020 im lich sei die Ausstellung um einige Exponate mit regionalem Bezug ergänzt worden, etwa zur Städtepartnerschaft zwi- Zeitgeschichtlichen Forum – Corona-bedingt mit schen Leipzig und Birmingham und zum Leipzig-Besuch mehrmonatiger Verzögerung. Zu sehen ist sie dort von Prinz Charles und Herzogin Camilla im Mai 2019. Pro- bis zum 11. April 2021. jektleiter Dr. Christian Peters (M.) ging anschließend auf einige spannende Objektgeschichten ein. Zu den schönsten Fundstücken gehört für ihn das Tigerfell aus „Dinner for One“, eine Leihgabe der Familie des 1968 verstorbenen Komikers Freddie Frinton, der in dem legendären Sketch des Norddeutschen Rundfunks von 1963 den Butler James 3 4 spielte. Der Teil des Tigerkopfs, über den James so oft stol- pert, wurde von den Frintons übrigens mit einem Leopar- denfell ausgebessert.

An der Dinnertafel

Anders als sonst üblich fiel der abendliche Auftakt der Ausstellung aus. Statt einer großen Eröffnungsveranstal- tung mit mehreren Hundert Besuchern fand ein festliches Dinner in kleinem Rahmen für nur 25 Gäste statt . Zu den Eingeladenen gehörten Regine Möbius, die Vorsitzende des Arbeitskreises gesellschaftlicher der Stiftung, der frühere Kulturbeigeordnete der Stadt Leipzig Dr. Georg Girardet sowie der Präsident des Bundesverwaltungs- gerichts Prof. Dr. Klaus Rennert. Robbie Bulloch, Geschäfts- träger der britischen Botschaft in Berlin, hielt eine „Dinner- Speech“. Bei anregender Unterhaltung und einem traditio- nell britischen Menü – zu Shepherd’s Tarte, Sunday Roast und Crumble gab es allerdings deutsche Weine – stimmten sich die Gäste auf die Ausstellung ein, die sie im anschlie- ßenden Rundgang besichtigen konnten.

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Ausstellungseröffnung und Buchpremiere in der Kulturbrauerei

enthält Fotos aus dem gleichen Konvolut des Fotografen. Neben den Bildern von Jürgen Hohmuth sind literarische Texte das zentrale Bindeglied zwischen Ausstellung und „Nahaufnahme Fotoband. Tagebuchaufzeichnungen, persönliche Berichte und Reflexionen von Schriftstellern sowie Zeitzeugen er- gänzen und kommentieren die Fotos. In der Ausstellung finden sich die Texte als digital abrufbare Audiospur. von Edith Schriefl Die Entscheidung, Fotografie durch Literatur zu er- Ostdeutschland“ Ausstellungseröffnung „Nahaufnahme weitern, sei ganz bewusst getroffen worden, so Hohmuth: Ostdeutschland“ im Innenhof des Museums in der Kulturbrauerei „Die Bilder sind wie Fenster, durch die man schauen kann. Da muss nur noch der Ton angestellt werden und plötzlich gibt es eine Geschichte.“ Ihre persönlichen Geschichten zur Die Eröffnung der Ausstellung „Nahaufnahme Die Feier fand größtenteils im Freien statt und trotzte Kamera ein. „Ich habe permanent fotografiert und probiert, Umbruchszeit teilten die Autoren Kathrin Schmidt, Gisbert Ostdeutschland. Fotografien von Jürgen Hohmuth“ den schwierigen Bedingungen dieser Tage. „Wir leben das irre Spektrum an Reaktionen festzuhalten“, beschrieb Amm und Andreas Ulrich anschließend mit den Gästen. Die in bewegten Zeiten“, erklärte Museumsdirektor Dr. Mike Hohmuth seinen Tatendrang. Von den damals entstande- spätsommerlichen Temperaturen und das angenehme Am- im Berliner Museum in der Kulturbrauerei am Lukasch zu Beginn des Abends. „Aber es sind längst nicht nen Bildern präsentiert das Museum in der Kulturbrauerei biente im beleuchteten Innenhof der Kulturbrauerei luden 30. September 2020 war die erste Veranstaltung so bewegte Zeiten wie die, die wir heute auf den Fotogra- bis Mitte April 2021 60 bislang nie gezeigte Fotos. zu anregenden Gesprächen über die Transformationsphase seit den pandemiebedingten Einschränkungen fien von Jürgen Hohmuth sehen.“ Neben der Ausstellungseröffnung feierten die Gäste in Ostdeutschland ein. Was sich bei vielen Feierlichkeiten Der in Ost-Berlin geborene Fotograf fing Anfang die Buchpremiere des Fotobandes Graubunt. Zwischen zum 30-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung gezeigt Mitte März. der 1990er Jahre die tiefgreifenden politischen und ge- Anarchie und D-Mark – Ostdeutschland in den frühen hat, war auch an diesem Abend spürbar: das Bedürfnis, sellschaftlichen Umbrüche in Ostdeutschland mit seiner 90ern. Das Buch erschien zeitgleich zur Ausstellung und sich über diese bewegte Zeit auszutauschen.

Die Fotografien von Jürgen Hohmuth im Museum in der Kulturbrauerei erzählen vielfältige Geschichten zum Transformations- prozess in Ostdeutschland.

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Der heutige U-Bahnhof „Eberswalder Straße“ zeugt vom symbolischen und kon- kreten Zusammenwachsen Ost- und West- Anfang der 1990er Jahre: Von 1961 bis 1989 war auch das S- und U-Bahn-Netz der Stadt geteilt. Der U-Bahnhof „Dimitroff- straße“ wurde am 3. Oktober 1990 in „Eberswalder Straße“ umbenannt.

Kiezspaziergang und Bahnhofsrundgang in Berlin nern die Debatten um die Umbenennung der Dimitroffstraße (heute Danziger Straße) in den frühen 1990er Jahren an aktuelle Debatten um Straßenumbenennungen – etwa im sogenannten Afrikanischen Viertel in Berlin-Wedding. Raus aus dem Museum – Bahnhof Friedrichstraße Auch am zweiten Berliner Standort, dem Tränenpa- last, entstand im Frühjahr ein neues Angebot, der „Bahn- rein in die Geschichte(n)! hofsrundgang“. Die einstündige Tour um den Tränenpalast und den Bahnhof Friedrichstraße nimmt den historischen Ort in den Blick: Wie erfolgte die Teilung der Stadt nach von Helen Stoeßel 1961? Warum lag die Grenzübergangsstelle nicht an der Grenze? Wie funktionierte der Knotenpunkt von Ost- Berliner S-Bahn, West-Berliner S- und U-Bahn sowie der Aus dem Museum heraustreten, die Ausstellung Die Wiedervereinigung bedeutete auch für die Menschen im Fernbahn? Auch der Weg einer Ausreise durch den Trä- weiterdenken – dieser Prozess begann am Prenzlauer Berg einen großen Umbruch: So war die heu- nenpalast wird während des Rundgangs in den Fokus ge- te touristisch attraktive Oderberger Straße bis 1989 eine nommen. Historische Aufnahmen des Fotografen Michael Standort Berlin bereits im letzten Jahr mit Sackgasse, die an der Mauer endete. Ein großer Teil des Magercord, der 1986 heimlich den geteilten Bahnhof foto- o. Der Franz-Club auf dem Gelände der dem Kiezspaziergang „Leben an der Mauer: Altbaubestandes im Kiez zerfiel während der deutschen grafierte, ergänzen die Eindrücke. Seine Bilder sind einzig- Kulturbrauerei wurde vom Stadtbezirk Die Oderberger Straße“. Anlässlich des Teilung und auch die U-Bahn-Linie 2 verkehrte nicht – wie artige Zeugnisse der Grenzanlagen um den Tränenpalast, als Jugendclub „Erich Franz“ gegründet. heute – bis tief in den Berliner Westen, sondern endete am deren fotografische Dokumentation den Menschen in der Jubiläumsjahres „30 Jahre Deutsche Einheit“ Der Klub musste 1997 wegen gestiegener U-Bahnhof „Thälmannplatz“ (heute „Mohrenstraße“). DDR strengstens untersagt war. Neben privaten Aufnah- Mietpreise schließen. Im September 2004 hat die Stiftung Haus der Geschichte einen Wer genau hinsieht, kann Spuren dieser Zeit noch men erhalten die Besucher auch Einblick in Bildmaterial eröffnete an gleicher Stelle das Restaurant weiteren Spaziergang entwickelt, der die Zeit heute in der Kulturbrauerei entdecken, doch hat auch ein des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Eine Aufnah- „Frannz“ mit dem dort angeschlossenen großer Wandel stattgefunden: Straßen und U-Bahnhöfe tra- me aus einem Kampfhubschrauber des MfS aus den spä- „Frannz-Club“. der Wiedervereinigung und Transformation im gen heute andere Namen, der Kollwitzplatz ist inzwischen ten 1980er Jahren zeigt eindrücklich den Unterschied zwi- Kiez in den Blick nimmt. Dabei werden jene u. Blick auf den Bahnhof Friedrichstraße Mittelpunkt eines hippen, gentrifizierten Kiezes. Mit der schen damals und heute: Wo vor 30 Jahren Brachen und von der Weidendammer Brücke aus. Fragen thematisiert, die sich beim Besuch vormals kreativen Nutzung von zerfallendem Altbaube- Grünflächen das Bild bestimmten, sind heute Hochhäuser Das Foto von Michael Magercord aus dem stand, wie ihn die Ost-Berliner Bohème der 1980er Jahre und das wiederbelebte Regierungsviertel zu sehen. der Dauerausstellung im Museum in der Jahr 1986 zeigt Überwachungsbaracken, prägte und wie er im Museum in der Kulturbrauerei gezeigt Beide neuen Außenangebote stoßen auf großes Inte- die heute nicht mehr existieren. Kulturbrauerei eröffnen: Wie veränderte sich wird, hat dies nur noch wenig zu tun. resse und inspirieren dazu, künftig häufiger den Schritt aus der Alltag der Menschen im Kiez nach 1989/90? Die Stationen des Kiezspaziergangs „Nach dem Mauer- dem Museum zu wagen. Ein Unterfangen, das besonders in Wo finden sich heute noch Spuren des Wandels? fall“ bieten zudem spannende Gegenwartsbezüge, die zum diesen Zeiten angesichts der bestehenden Beschränkungen Dialog auch außerhalb der Kiezlandschaft anregen: So erin- für Indoor-Aktivitäten wichtiger denn je erscheint.

44 museumsmagazin 4.2020 museumsmagazin 4.2020 45 inberlin inkürze Leihgaben der Stiftung im Kunstgewerbemuseum in Dresden „Im Wandel der Zeit“ und im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg leipzig Der Wiedervereinigungsprozess 1989/90 war am 13. Oktober 2020 Thema im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig: James D. Bindenagel – zur damaligen Zeit leitender Diplomat an der US-amerikanischen Botschaft in Ost-Berlin und später stellvertretender US-Botschafter in Deutschland – Höchstmaß an Präzision diskutierte mit Markus Meckel, der 1990 als letzter Außenmi- Corona-Wirtschaftskampagne nister der DDR die Deutsche Einheit verhandelte. Moderiert von Prof. Dr. Catrin Gersdorf (Universität Würzburg) gaben kommt ins Museum von Thorsten Krause und Edith Schriefl die Zeitzeugen persönliche Einblicke in die Ereignisse um den Einigungsprozess und reflektierten die veränderte Rolle des berlin „Maske auf. Sonst Lokal zu.“ Dieser Spruch war neben wiedervereinigten Deutschlands auf internationaler Ebene. anderen im Oktober 2020 an Berliner Litfaßsäulen zu lesen. Zusammen mit dem Publikum diskutierten sie über die Volks- Sie sollten an die Einhaltung der Corona-Regeln erinnern und Seit Mai 2020 bis Ende 2021 verleiht die Stiftung Haus der Produkte treu. Ob Rührgeräte, Menübestecke oder Service kammerwahl von 1990 und den Entschluss zum Beitritt der verhindern helfen, dass Kneipen, Bars und Restaurants im Geschichte an das Kunstgewerbemuseum im Schloss Pill- und Geschirr für Hotels – charakteristisch für ihre Schöp- DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Wer die Veranstaltung Herbst wieder schließen müssen. Das Berliner Stadtmarke- nitz in Dresden und an das Museum für Kunst und Gewerbe fungen ist die Verbindung von Schönheit und Funktionalität. nicht besuchen konnte, hat die Möglichkeit, diese auf dem ting VisitBerlin entwickelte die Kampagne gemeinsam mit der Hamburg aus ihrer Sammlung Industrielle Gestaltung in Ber- „Schönheit, so wie ich sie verstehe, entsteht in dem Schaf- YouTube-Kanal der Stiftung anzusehen. Ariane Koch Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Nun lin über 40 bemerkenswerte Objekte: filigrane Kugeln und fen von Formen für andere“, formulierte die fast 90-jährige übernimmt die Stiftung Haus der Geschichte in Form von Pla- Würfel aus Gips, kaum größer als zehn mal zehn mal zehn Petroff-Bohne ihr lebenslanges Ansinnen im Dezember 2018. katen, Mund-Nase-Bedeckungen, Aufklebern und Zeitungen Zentimeter, oder gebogenem sowie gedrehtem Stahldraht. 40.000 Wollknoten mehrere Motive der Kampagne in ihre Sammlung. Es handelt sich um Studienarbeiten der „Hochschule für bil- Zerbrechlicher als Glas Schon seit Beginn der Pandemie sammelt die Stiftung Haus dende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee“, der heuti- leipzig Ein Rolling-Stones-Wandteppich in der Ausstellung der Geschichte Objekte zum Verlauf und den Folgen der „Co- gen „weißensee kunsthochschule berlin“. Die sogenannten Das Sammeln und Bewahren ist eine wesentliche Auf- „Very British. Ein deutscher Blick“ im Zeitgeschichtlichen rona-Krise“. Hierfür wurde ein eigenes Sammlungskonzept plastischen Körper sind in den 1970er und 1980er Jahren gabe der Stiftung Haus der Geschichte. Zugleich soll das ma- Forum Leipzig. „Der Teppich ist ein Stück Zeitgeschichte. Er entwickelt, damit gezielt zeittypische Objekte und solche mit als Übung von Studierenden der Formgestaltung entstanden. terielle Erbe der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. dokumentiert die Fan-Kultur jenseits der offiziellen Vorgaben besonderen Geschichten dokumentiert werden. Dazu gehört Die zarten und zugleich komplexen Konstruktionen Dies geschieht durch eigene Ausstellungen des Hauses, aber der SED-Diktatur und zeugt zugleich von Beschaffungskre- auch die „Maske auf“-Kampagne. Humorvolle Sprüche wie sind einzigartige Zeugnisse der gestalterischen Ausbildung auch durch Leihgaben an andere kulturelle Einrichtungen. ativität sowie Improvisationstalent“, so die Direktorin des „Nicht rumgurken. Maske auf die Rübe“ vor Wochenmärkten an einer der führenden Kunsthochschulen der DDR. Das Aus logistischer und konservatorischer Sicht gab es bei der Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, Dr. Uta Bretschneider. und an Litfaßsäulen sollten Berliner und Besucher für die neu- Besondere an den Arbeiten ist neben ihrem zeitgeschicht- Leihgabe vieles zu beachten. Die Sammlungsgegenstände Geknüpft hat den Teppich Michael Walter aus Erfurt. Mit en Verhaltensregeln in der Gastronomie sensibilisieren. lichen Kontext die gestalterische Schule, der sie entstam- sind zerbrechlicher als Glas. Entsprechend wurde für fast seinem handwerklichen Geschick nähte er bereits in seiner Ein anderes Motiv zog viel Kritik auf sich, weil es einen ausge- men. Sie entstanden im Grundlagenkurs „Visuelles Gestal- jedes Objekt eine individuelle Verpackung angefertigt. Die Jugend seine eigenen Jeanshosen und Hemden. Da die Kul- streckten Mittelfinger abbildete. Schließlich holte die erneute ten“, den die berühmte Formgestalterin Prof. Dr. Christa Schutzbehälter sorgen für eine weiche Lagerung innen, au- turfunktionäre der DDR Westmusiker lange Zeit ablehnten und Schließung der Gastronomie im November 2020 die gesamte Petroff-Bohne leitete. Petroff-Bohne, geboren 1934, war ßen schaffen sie einen stabilen Schutz, der Stöße abfedert. erst 1987 mit den ersten großen Open-Air-Konzerten in Ost- Kampagne ein. Viele der Objekte, die das Haus der Geschich- über 50 Jahre in der Hochschullehre tätig. Ihr pädagogi- Dass sich der Aufwand gelohnt hat, konnten Besucher Berlin einen neuen Kurs nahmen, blieb es für viele Jugendliche te übernommen hat, können bereits jetzt über die Sammlung sches Anliegen war es, den Studierenden das zu vermitteln, in der Ausstellung „Schönheit der Form. Die Designerin in der DDR schwierig, die eigene Lieblingsband live zu erleben. im Internet (SINT) recherchiert und eingesehen werden: was auch ihre eigenen Arbeiten auszeichnete: ein Höchst- Christa Petroff-Bohne“ sehen. Diese endete am 1. Novem- Im Winter 1987 kam Walter auf die Idee, einen Wandteppich www.sint.hdg.de. Alrun Schmidtke maß an Präzision und das Vermögen, ästhetisch anspre- ber 2020 im Kunstgewerbemuseum im Schloss Pillnitz. Ab mit dem bekannten Stones-Motiv zu knüpfen. „Mein Bruder chende Massenprodukte zu entwickeln. Dieser Philosophie Mitte 2021 werden die Leihgaben im Museum für Kunst hatte mir damals im Originalmaßstab von 130 mal 80 Zenti- blieb Petroff-Bohne auch bei der Formgebung alltäglicher und Gewerbe Hamburg zu sehen sein. meter die Vorlagenskizze samt der britischen Nationalflagge Westen werden auf DIN-A4-Blätter gemalt, die wir zusammenklebten. Nach l. Einzigartige Zeugnisse der gestalterischen dieser Vorlage knüpfte ich drei Monate lang immer nach Fei- leipzig „Ich erinnere mich daran, wie der Westen roch. Er Ausbildung an einer der führenden Kunst- hochschulen der DDR: Studienarbeiten erabend und an den Wochenenden“, erzählt Walter – über kam mit dem Westbesuch und versprach gute Dinge. Ge- als „visuell-plastische Übung“ zeugen von 40.000 Wollknoten sollten es werden. „Den Wert eines sol- schenke, Essen in Restaurants, Fahrten in Westautos, freund- Sensibilität und Kreativität der Studierenden chen einzigartigen Objektes kann man am besten ermessen, liche ältere Menschen, Joghurt. Später kam ich drauf: Es war für plastische Formen. wenn man einst selbst als Jugendlicher in dieser kommunisti- der Weichspüler.“ Diese und zahlreiche weitere Episoden las schen Diktatur daran gehindert wurde, die wahren Größen der Marcel Raabe am 15. Oktober im „Forum live“ im Zeit- r. Designerin Christa Petroff-Bohne in Rockmusik live erleben geschichtlichen Forum Leipzig vor. Sein Buch Westen werden den Ausstellungsräumlichkeiten des zu können. Von den zahl- erschien in diesem Frühjahr und ist ein „Erinnerungszettel- Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. In der Aus- reichen staatskonformen kasten“, der von den 1990er Jahren in Ostdeutschland er- stellung zeigt ein Großfoto Petroff-Bohne DDR-Bands hatten viele zählt. Die „wilden Jahre des Umbruchs“ werden aus Sicht des als Dozentin im Kreise ihrer Studierenden einfach genug“, so Uwe heranwachsenden Autors beschrieben. Zur Lesung hatte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Schwabe, Mitarbeiter Marcel Raabe einen Walkman mitgebracht und spielte damit Mitte der 1980er Jahre. des Zeitgeschichtlichen Audioschnipsel passend zu den Erinnerungen – darunter Aus- Forums Leipzig. züge aus bekannten Fernsehwerbespots und damalige Hits Thomas Purschke aus den 1990er Jahren. Lisa Roggenkamp

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50 Jahre „Bläck Fööss“ Die kölschen Beatles

von Ulrike Zander

Nackte Füße, Jeans und lange Haare: Die „Bläck Fööss“ beginnen 1970 fast verschämt in kölscher Dialektsprache ihre Karriere – 50 Jahre später sind sie eine Legende.

Hits und Hymnen für die Ewigkeit – nicht nur Engel die „Bläck Fööss“. 1970 sangen sie erstmals barfuß Stichwort ‚Gentrifizierung‘; ein Wort, das damals noch nicht Mitte der 1980er Jahre entwickelten sich die „Bläck jeder Kölner kennt die „Bläck Fööss“ und ihre für den Karneval den deftigen „Rievkooche-Walzer“ ein: gebräuchlich war.“ Fööss“ dann über die Stadt hinaus zu Popstars. Mit „Frank- „Mam, Mam, schnapp d’r de Pann, mir wolle Rievkoo- reich, Frankreich“ (1985), „Bye, bye my love“ (1985) und Lieder. „En unserem Veedel“ singen selbst über- che han!“ Doch der traditionelle Sitzungskarneval in Köln Karneval: Segen und Fluch zugleich „Huusmeister Kaczmarek“ (1984) traten sie nicht nur in zeugte Düsseldorfer, Berliner oder Hamburger konnte zunächst mit den jungen barfüßigen Langhaarigen der „ZDF-Hitparade“ auf, sondern wurden das ganze Jahr mit. Dann reihen sie sich gerne ein in das nicht viel anfangen: „Wir waren den Karnevalsoberen et- Durch ihren Mut, auf Kölsch zu singen, bereiteten die über im Radio gespielt. Selbst als sich Frontman und Sänger was suspekt oder unbequem, weil wir sowohl äußerlich „Bläck Fööss“ den Boden für viele weitere Bands, die ihnen Tommy Engel 1994 von der Band trennte, da er nicht mehr Gefühl von Zusammenhalt, Freundschaft und als auch thematisch und musikalisch nicht in das damalige später folgten. „Kölsch war 1971 eine verrufene, nicht gern im Karneval auftreten wollte, machten die restlichen Band- Lokalpatriotismus. Karnevalsschema passten“, erklärt Bömmel Lückerath dem gehörte Sprache, auch im Karneval nicht“, so Stephan Brings mitglieder nach dem Motto „Mir klääve am Lääve“ weiter. museumsmagazin. „Irgendwie meinten diese Leute, wir von der Kölsch-Rockband „Brings“. Wer Kölsch gesprochen Es wurde nie versucht, Tommy Engel zu ersetzen, sondern Doch nur wenige wissen, dass gerade Lieder wie „Veedel“ wären links orientiert und würden das Ganze nicht ernst habe, gehörte zur Unterschicht. die „Bläck Fööss“ oder „Drink doch ene met“ Milieugeschichten aus Köln nehmen. Doch nach Liedern wie ‚En unserem Veedel‘, ‚De Doch die „Bläck Fööss“ ließen die teilten ihre Songs auf thematisieren, die weit über den Karneval hinausgehen. Mama kritt schon widder e Kind‘ oder ‚Mer loße d’r Dom Dialektsprache neu aufleben und Ich ben Grieche, Türke, Jude, mehrere Sänger auf. Die „Bläck Fööss“ – das waren zunächst Musiker aus der en Kölle‘ drehte sich der Wind – wir wurden populär und wurden zu Chronisten der Dom- So kam 1995 Kafi Beat-Szene, die in den 1960er Jahren als „Stowaways“ die Sitzungsbesucher fragten verstärkt nach unserer Band stadt: immer kritisch, ehrlich und Moslem un Buddhist, Biermann bis 2016 Lieder auf Englisch sangen und sich die Beatles zum Vorbild im Programm“, so Lückerath weiter. Dass es sozialkriti- dennoch mit viel Gefühl. Neben mir all, mir sin nur Minsche, zur Band, der 2017 nahmen. Als sche Lieder waren, auf die die Karnevalsfans schunkelten dem Protestsong „En unserem durch Mirko Bäumer Ironie der Ge- und tanzten, stand eher im Hintergrund: „Es gab sicherlich Veedel“ (1973) zur Fertigstellung vür’m Herjott simmer glich. als Sänger ersetzt Lück wie ich un du. schichte schlug viele, denen es nicht bewusst war, dass es zum Beispiel in der Nord-Süd-Fahrt in Köln schrie- wurde. Dieser war im ausgerechnet den Versen von ‚Mir loße d’r Dom en Kölle‘ um die damals ben die „Bläck Fööss“ auch über „Bläck Fööss“, Unsere Stammbaum, 2000 Gründungsjahr der „Bläck Fööss“, 1975 der englische umstrittene Stadtkernsanierung ging – natürlich in schöne andere lokalpolitische oder gesell- „Bläck Fööss“ gera- Schlagersän- Bilder und Metaphern verpackt“, erinnert sich Erry Stoklosa, schaftskritische Themen: „Dat Wasser vun Kölle is joot“ griff de zwei Jahre alt, sodass insgesamt eine deutliche Verjün- ger Graham Bonney der Band vor, kölsche Musik zu ma- und Lückerath fügt hinzu: „,En unserem Veedel‘ entstand 1983 die schlechte Trinkwasserqualität in Köln auf und zeig- gungskur der Band einsetzt. chen. „Kölsch rollt in meinem Ohr. Es ist wie Sahne. Das ähnlich unter dem Eindruck der Bautätigkeiten in der Stadt te, dass die Kölner auch zu kritischen Liedern feiern können. Mit der Köln-Hymne „Du bes die Stadt“ setzte die war die richtige Entscheidung“, so Hartmut Priess als verbunden mit der Zerstörung der Veedelsstrukturen – Denen, die das verstanden, war bewusst, dass die „Bläck Band 2018 ihrer Stadt ein musikalisches Denkmal. Eine Gründungsmitglied der „Bläck Fööss“ – er kann heute auf Fööss“ keine Karnevalsband waren, sondern „Gewissen und Hymne für eine Stadt, die im Lied nicht namentlich erwähnt eine Bandgeschichte mit Legendenstatus zurückblicken, Sprachrohr der Stadt“, so Stephan Brings. Daher stand die wird. Doch jedes Kind in Köln weiß, was und wer gemeint die eine Jubiläumsausstellung im Kölnischen Stadtmuse- Band auch bei Bürgerinitiativen ohne Gage auf der Bühne – ist. Viele Liedzeilen der „Bläck Fööss“ gehören zum festen um erhielt. das „Arsch-huh-Konzert“ 1992 wäre ohne die „Bläck Fööss“ Bestandteil des Kölner Wortschatzes. Somit ist ihnen mit Aus den „Stowaways“ mit Hartmut Priess, Peter nicht denkbar gewesen, ihr Engagement gegen Rassismus viel Ironie, versteckter Kritik und politischen Botschaften Schütten und Ernst „Erry“ Stoklosa wurden mit Günter und Rechtsradikalismus kam in vielen Liedern wie „Unsere ohne Kölschtümelei gelungen, den Alltag zu beschreiben „Bömmel“ Lückerath und Schlagzeuger Thomas „Tommy“ Stammbaum“ oder „Sirtaki“ zum Ausdruck. und damit Identität zu schaffen.

Prominente demonstrieren am 19. Juli 1991 in Düsseldorf für das Bleiberecht der Roma: (v.l.n.r.) „Bläck Fööss“- Frontmann Tommy Engel, Journalist und Autor Günter Wallraff, Publizist Ralph Giordano, BAP-Sänger Wolfgang Niedecken und Hedwig Neven DuMont, Ehefrau des Verlegers Alfred Neven DuMont.

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„Immer Ich. Rudi Meisel und die Faszination Selfie“ Kuppel der Nation So nah und doch so fern Die neue Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig Als einer von wenigen Fotografen durfte Rudi Meisel schon widmet sich einem weltweiten zeitgenössischen Massen- vor 1989 sowohl in West- als auch in Ostdeutschland arbeiten. von Ulrich Op de Hipt phänomen. Sie ist weitaus mehr als eine Fotoausstellung: Das Verblüffende an seinen Bildern ist, dass Ost und West Es geht um Kommunikation, Interaktion, Rezeption und vor kaum zu unterscheiden sind. Für ihre fotografische Sammlung allem um die Wirkungsmacht der digitalen Selbstporträts. hat die Stiftung Haus der Geschichte nun ein Konvolut des Die Corona-Pandemie überschattete den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit am Denn Selfies haben in den letzten Jahren unseren digitalen, Künstlers angekauft, das Fotografien vom Umbau des Reichs- 3. Oktober 2020. Abstandsregeln und Alltagsmasken sollten eine weitere Ausbrei- aber auch analogen Alltag erobert. Sie sind allgegenwärtig, tagsgebäudes von 1995 bis 1999 in Berlin enthält. Vier Jahre tung des gefährlichen Virus verhindern. Jürgen Tomicek stellt mit seiner Karikatur vielschichtig, faszinierend und extrem polarisierend. lang dokumentierte Meisel die Arbeiten des Londoner Archi- einen witzigen Zusammenhang zwischen den Ereignissen her. Die Szene einer Ehe tekten Sir Norman Foster am neuen Bundestagsgebäude. zeigt Mann und Frau mit den Zipfelmützen des deutschen Michel. Das deutsch- deutsche Ehepaar feiert den 30. Hochzeitstag, die „Perlenhochzeit“. Die Beziehung zwischen den Partnern ist jedoch schlecht. Das Paar lebe seit der Eheschließung auf Abstand, teilt der Ehemann missmutig mit, „social distancing“ habe schon vor Aus- bruch der Pandemie den Alltag der beiden geprägt. Gegensätze zwischen Ost und impressum West trennen nach Ansicht des Karikaturisten das vereinte Deutschland bis heute.

Herausgeber Abbildungen S. 40 (alle), 47 u. • Schleiner + Partner • Team Rogger GmbH – Büro für audiovisuelle Schleiner + Partner Kommunikation GmbH Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. / Kommunikation, Freiburg: S. 48/49 (Hinter- Kommunikation, Biberach an der Riß: Schwaighofstraße 18 Armin Wiech: S. 5 o.M. • Eberhard Aug, grund) • Screenshot / Stiftung Haus der S. 5 u.M., U 4 • Jürgen Tomicek, Werl: 79100 Freiburg Köln: S. 49 o. • Bundeswehr: S. 20 Geschichte der Bundesrepublik Deutsch- S. 51 • ©WDR / “Lindenstraße“: S. 5 u.l. Telefon: 07 61 / 7 04 77 0 • dpa/Ernesto Uhlmann: S. 14 o. land / Online-Redaktion, Bonn / shutter- • Wieden + Kennedy Tokyo: S. 50 l. Fax: 07 61 / 7 04 77 77 • Gabo / JKP Jochen Kleine Plattenfirma stock: S. 38/39 o. • Stiftung Haus • Ulrike Zander, Köln: S. 8/9, 10 u., 12 M. Internet: www.schleiner.de GmbH & Co. KG, Düsseldorf: S. 14 u.l. der Geschichte: U 2 • Stiftung Haus und u., 31, 33 o.r. • Jennifer Zumbusch, Bonn: E-Mail: [email protected] • Moritz Götze, Halle (Saale) / Stiftung der Geschichte der Bundesrepublik S. 29 (alle), 30 (alle), 32 o.l., 32 o.r., 35 (alle), Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland / Gundula Dicke, Berlin: 36 (alle), 37, 38 u. im Auftrag der Deutschland, Objekt- und Reprofotografie / S.4 u.r. • Stiftung Haus der Geschichte Stiftung Haus der Geschichte Thünker/Schaarschmidt, Bonn: S. 18 u. der Bundesrepublik Deutschland / Alrun Vertrieb der Bundesrepublik Deutschland • Claudia Grotefendt, Bielefeld: S. 5 o.l. Schmidtke, Berlin: S. 47 o. • Stiftung Stiftung Haus der Geschichte Jürgen Tomicek, 1957 in Kempten (Allgäu) geboren, begann seine Kar- Museumsmeile • Tilo Hartig: S. 19 u. • Jürgen Hohmuth, Haus der Geschichte der Bundesrepublik der Bundesrepublik Deutschland Willy-Brandt-Allee 14 Berlin (Foto); Skop Media/Peter Deutschland / Anja Schubert, Berlin: riere als Karikaturist 1982 bei der Westfalenpost. Er arbeitet seit Langem als freier 53113 Bonn Mühlfriedel, Jena (Design): S. 5 o.r. S. 45 o.r. • Stiftung Haus der Geschichte Nachdruck und auszugsweise Verwen­dung, Internet: www.hdg.de • Daniela Klix, Ottobrunn (Privatarchiv): der Bundesrepublik Deutschland / Silvia auch für elektronische Zwecke, ist nur mit Karikaturist. Seine politischen Karikaturen erscheinen in zahlreichen Tageszeitun- S. 26 • Ralf Klodt, Königswinter: Soyter, Berlin: S. 44/45 o. • Stiftung ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung gen. Er gilt als einer der am häufigsten abgedruckten Karikaturisten im deutsch- Redaktion S. 33 o.l., 33 u., 34 (beide) • Stephan Haus der Geschichte der Bundesrepublik der Heraus­­geber gestattet. Für unverlangt Dr. Ulrike Zander Klonk, Berlin: S. 42/43 (alle) • Stephan Deutschland / Helen Stoeßel, Berlin: eingesandte Manu­skripte und sprachigen Raum. Michael Schleiner (S+P, V. i. S. d. P.) Klonk, Berlin (Foto); Claudia Grotefendt, S. 45 u. • Stiftung Haus der Geschichte übernehmen die Heraus­geber keine Haftung. Bielefeld (Design): S. 5 u.r. der Bundesrepublik Deutschland / Axel Die nächste Ausgabe erscheint im Februar Autoren • © Kunstgewerbemuseum / SKD, Thünker, Bonn: Titel, S. 4 l., 6/7, 10/11 o., 2021. Nicht gekennzeichnete Beiträge: Foto: Klemens Renner: S. 46 (alle) 12 o., 17, 28 o.r., 28 o.l. • Stiftung Haus Stiftung Haus der Geschichte • Martin Langer, Hamburg: S. 18/19 o. der Geschichte der Bundesrepublik Auflage 9.000 Mehr zu unseren Sammlungen finden Sie auf: der Bundesrepublik Deutschland • Martin Magunia, Bonn: S. 4 o.r., Deutschland, Objekt- und Reprofotografie / ISSN 1610-3556 20/21 (Hintergrund), 22/23 (Hintergrund), Axel Thünker, Bonn: S. 14 u.r. • Stiftung > www.hdg.de unter: Sammlungen 23 u. (beide), 25 (alle) • Rudi Meisel, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Internet Berlin: S. 50 r. • picture alliance: S. 48 Deutschland, Objekt- und Reprofotografie / www.museumsmagazin.com • PUNCTUM / Alexander Schmidt, Leipzig: Thünker/Schaarschmidt, Bonn: S. 27

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