BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG

Nr. 75-3 vom 26. Juni 2014

Rede des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz, ,

zum Haushaltsgesetz 2014 vor dem Deutschen am 26. Juni 2014 in Berlin:

Sehr geehrte, geschätzte, liebe Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die wichtigsten Steuermittel der Politik sind sicherlich zum einen die Gesetze, zum anderen aber auch das Geld. Vor allen Dingen um Letzteres geht es heute. Eine kluge Politik muss, wie ich finde, mit beidem sparsam umgehen.

Herr Gröhler hat gesagt, dass der Haushalt des Justiz- und Verbraucherschutzminis- teriums im Vergleich zu dem anderer Ressorts einer Portokasse gleicht. Das ist sicher- lich richtig, Herr Gröhler. Aber wir haben gemeinsam dafür gesorgt, mit dem Haushalt des Justiz- und Verbraucherministeriums zu zeigen, wie viel Sinnvolles man aus einer Portokasse finanzieren kann. Ich finde, dem werden wir gerecht.

In Deutschland gelten zurzeit 1.681 Bundesgesetze und 2.711 Bundesverordnungen. Viele sagen, das sei mehr als genug. Tatsächlich müssen wir uns immer intensiv dar- über Gedanken machen, wo es sinnvoll und notwendig ist, Sachverhalte oder Prob- leme mit Gesetzen zu ändern beziehungsweise zu lösen.

Aber es gibt sicherlich auch Dinge, bei denen es ganz, ganz notwendig ist, gesetzge- berische Vorhaben auf den Weg zu bringen. Das war und ist so bei der Sukzessiv- Bulletin Nr. 75-3 vom 26. Juni 2014 / BMJV – zum Haushaltsgesetz 2014 vor BT

- 2 - adoption, der heiß diskutierten Mietpreisbremse, der Frauenquote für die Aufsichts- räte, den gesetzlichen Reformen im Nachgang zum NSU-Untersuchungsausschuss und vor allen Dingen auch beim Gesetz gegen sexuellen Missbrauch und Kinderpor- nografie.

Das alles sind Themen, bei denen es Handlungsbedarf vonseiten des Gesetzgebers gab und gibt. Gerade das Gesetz gegen sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie zeigt das ganz besonders. Wir ändern die Verjährung beim sexuellen Missbrauch. Sie setzt erst mit dem 30. Lebensjahr ein, weil viele, die sexuell missbraucht worden sind, erst sehr spät darüber reden können und wir nicht wollen, dass die Täter ungeschoren davonkommen.

Wir ändern die Vorschriften zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, weil es keinen Unterschied machen darf, ob jemand Lehrer oder Hilfslehrer ist, wie es in einem Gerichtsurteil in Koblenz festgestellt worden ist. Wir wollen auch den Handel von Nacktbildern mit strafrechtlichen Mitteln verfolgen. Denn wir finden, unbefugt herge- stellten Nacktbildern, die vertrieben und verkauft werden, liegt ein Missbrauch von Kin- dern zugrunde, und dies wollen wir unter Strafe stellen.

Neben dem, was wir gesetzgeberisch auf den Weg bringen, ist es aber oftmals auch notwendig, Geld, das zur Verfügung steht, so einzusetzen, dass mögliche Gesetzes- verstöße gar nicht erst entstehen. Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist ein ganz besonders schreckliches Verbrechen. Wir wollen alle, dass Kinder besser geschützt werden, und wir wollen vor allem dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu solchen Taten kommt. Das schaffen wir nicht mit dem Strafgesetzbuch allein. Bedauerlicherweise sind veränderte beziehungsweise verschärfte Gesetze oder höhere Strafen nicht im- mer geeignet, Straftaten zu verhindern. Sie können aber ein Bestandteil der Maßnah- men dagegen sein.

Deshalb haben wir uns ganz besonders damit auseinandergesetzt, Maßnahmen zu fördern, die dazu führen sollen, dass Taten erst gar nicht begangen werden. Bereits seit 2008 fördert das Bundesjustizministerium das Projekt „Kein Täter werden“ der Ber- liner Charité. Es hilft Männern mit pädophilen Neigungen, dass aus ihren sexuellen Fantasien keine Straftaten werden. Bulletin Nr. 75-3 vom 26. Juni 2014 / BMJV – zum Haushaltsgesetz 2014 vor BT

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Die Nachfrage nach dieser Hilfe ist groß, und sie wird immer größer. Es gibt inzwischen in weiteren sieben Städten in Deutschland ähnliche Projekte. Mit dem Haushalt, den Sie heute beschließen, weiten wir die Förderung dieses Projektes ganz maßgeblich aus. Wir erhöhen die Mittel um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ich finde, das ist eine sehr gute und wichtige Entscheidung. Denn mit diesem Geld schützen wir Kinder mehr, als wir es oftmals mit geänderten Gesetzen tun können.

Auch in der Verbraucherpolitik, um die sich das frühere BMJ nun ebenfalls kümmert, geht es nicht alleine um Vorschriften oder Verbote. Laisser-faire oder staatliche Zwangsbeglückung – das sind immer die Alternativen, und es sind oftmals auch Alter- nativen von gestern, weil eine moderne Verbraucherpolitik ganz anders aussieht. Die Menschen sollen die Freiheit haben, selbst die richtige Entscheidung für sich zu tref- fen. Aber da reicht es oft nicht aus, nur das Ideal des mündigen Verbrauchers zu be- mühen. Der Staat muss auch dort, wo er kann, etwas dafür tun, dass die Menschen diese Freiheit nutzen können. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind heutzu- tage auf den Finanzmärkten unterwegs. Aber ohne ausreichende Kenntnisse – teil- weise glaubt man, dass ein BWL-Studium vonnöten ist – finden sich viele dort nicht zurecht. Wenn es um die Altersvorsorge oder um Vermögensbildung geht, dann kann man sich heutzutage kaum einen Fehltritt leisten. Eine falsche Entscheidung lässt sich selten rückgängig machen und kann für den Einzelnen und seine Familie verheerende Folgen haben.

Die Menschen brauchen – darum geht es uns in einer modernen Verbraucherpolitik – verlässliche Informationen und klare Orientierung. Aus diesem Grund sollen die Ver- braucherorganisationen, wie bereits mehrfach angesprochen, künftig zu Marktwäch- tern werden. Die Verbraucherorganisationen erfahren durch ihre Beratungsarbeit als Allererste, wo Fehlentwicklungen stattfinden. Dann sollen sie bei den Behörden auch Alarm schlagen können und Verbraucherinnen und Verbraucher darüber informieren, wo es falsche Fünfziger oder schwarze Schafe gibt. 2,5 Millionen Euro sind zusätzlich in diesen Haushalt gekommen, damit wir den Aufbau der sogenannten Marktwächter – konkret: der Finanzmarktwächter – in Angriff nehmen können. Das ist eine wichtige Entscheidung. Damit wird ein wichtiges Projekt endlich anlaufen können.

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Ich danke allen ganz herzlich, die das möglich gemacht haben, ganz besonders den Berichterstattern für den Justizhaushalt, Dennis Rohde und Klaus-Dieter Gröhler, aber auch der Opposition, Herrn Dr. und . Auch Ihnen ein herz- liches Dankeschön dafür!

Wenn wir über Gleichberechtigung und den Kampf gegen Diskriminierung reden, dann hat das sicherlich auch eine rechtliche Dimension. Mit der Sukzessivadoption für Le- benspartnerschaften sind wir auch hier einen wesentlichen Schritt weitergekommen. Eine tolerante Gesellschaft, in der alle Menschen akzeptiert werden, und zwar so, wie sie sind oder sein wollen, entsteht aber letztlich nicht nur per Gesetz. Toleranz kann man eben nicht verordnen – aber man kann sie fördern. Eine ganz wichtige Institution, die das tut, ist die schon erwähnte Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Diese Stiftung leidet genauso wie viele andere unter den niedrigen Zinsen. Um hier zu helfen, wird mit diesem Bundeshaushalt das Stiftungskapital um 1,75 Millionen Euro erhöht. Dadurch kann die Stiftung ihre wichtige Arbeit ausweiten.

Dies zeigt erneut: Es muss nicht immer ein Gesetz sein. Auch durch den klugen Ein- satz der zur Verfügung stehenden Mittel können wir eine gute und vernünftige Politik machen. Auf jeden Fall werden wir im Bundesministerium der Justiz und für Verbrau- cherschutz durch diesen Haushalt in die Lage versetzt, genau dies zu tun.

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