Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

ACHIM AURNHAMMER DIETER MARTIN

B. Musikalische Lyrik im Literatursystem des Barock

Originalbeitrag erschienen in: Siegfried Mauser (Hrsg.): Handbuch der musikalischen Gattungen. Laaber: Laaber-Verl., 2004, Bd. 8,1. S. 334-348 B. Musikalische Lyrik im Literatursystem des Barock

Von Achim Aurnhammer und Dieter Martin

Martin Opitz, Gesammelte Werke. Kri­ Um den Ort musikalischer Lyrik im Literatursystem des Barock zu bestimmen, wird im tische Ausgabe, hg. v. G. Schulz-Beh­ rend, Bd. 2: Die Werke von 1621 bis im folgenden gezeigt, an welchen Stellen - poetologischen Diskurs wie in der poetischen 1626, Stuttgart 1978 (Bibliothek des Praxis- Musik und Lyrik im17. Jahrhundert gemeinsam verhandeltwerden und zusammen Literarischen Vereins 300), Tl. 1, auftreten. Wenn hier im wesentlichen die Verhältnisse im deutschen Sprachraum erörtert S. 369f. Opitz zitiert Horaz, Ars poe­ sind, dann beruht dies nicht allein auf pragmatischen Überlegungen und auf dem Zwang zu tica, Vers 83-85: »Reiche Musengabe ward den Saiten der Lyra: Götter be­ exemplaris cher Darstellung: Die Geschichte der deutschen Barockliteratur kann - trotz ih­ singt sie und Söhne der Himmlischen, rer »Verspätung« und ihrer nationalen Besonderheiten, die den politisch-konfessionellen dazu den siegenden Boxer und das Gegebenheiten der Zeit geschuldet sind - als Spiegel internationaler Entwicklungen gelten. führende Rennpferd im Wettkampf, Denn wie in kaum einer zweiten Epoche ist die deutsche Literatur im Barock europäisch das Sehnen des Jünglings und den sorgenlösenden Wein.« Opitz folgt orientiert. Nach 1600 sucht man entschieden den Anschluß an die weiter entwickelten Lite­ hier, wie auch sonst häufig,Iulius Cae­ raturen der Romania, der Niederlande und Englands, man rezipiert die neulateinische und sar Scaliger, Poetices libri septem I volkssprachlichePoetik der Nachbarliteraturen und bürgert von dort musikspezifische Gat­ Sieben Bücher über die Dichtkunst, hg. tungenund Formen (wie Oper und Madrigal) in die deutsche Literatur ein. v. L. Deitz und G. Vogt-Spira, Bd. 1: Buch 1 und 2, Stuttgart Bad Cannstatt 1994, S. 378-397 (I 44), wo die »Lyri­ ca« wegen ihrer Sangbarkeit mit den Bezeichnungen »Ode et J.lEAOt; et Theorie J.10A1t1l« gleichgesetzt werden, sowie Bd. 3: Buch 3 (Kapitel 95-126) und Terminologie Buch 4, Stuttgart Bad Cannstatt 1995, S. 198-201 (III 124), wo unter Bezug Der internatiQnalen Ausrichtung der deutschen Barockliteratur entspricht die Vielfalt der auf Horaz ein mittlerer Stil empfohlen Bezeichnungen, mit denen im 17. Jahrhundert auf musikalische Lyrik, auf vertonte, für wird und Themen (»Argumenta«) für eine Vertonung geschriebene ode( dafür wenigstens geeignete Dichtung referiert wird. Lieder aufgezählt werden.-Fernerbe­ Die einheimischenTermini >Gedicht<, >Lied< und >Gesang< (sowie davon abgeleitete Wort­ stimmt Opitz die geistlichen »Hymni oder Lobgesänge« und die »Saphi­ bildungen) konkurrieren mit den antikisierenden Ausdrücken >Carmen< und >Ode< sowie schen gesänge« als musikaffine Text­ (seltener) >Lyricum< und >Hymne< und mit den aus der Romania übernommenenBezeich­ typen (Gesammelte Werke, Bd. 2,1, nungen >Villanella< und >Aria<. Nach 1650 findet von dort noch das >Madrigal< Eingang S. 368 und S. 404f.). Sein Plädoyer für in die Barockpoetiken. Der Sprachgebrauch läßt erkennen,daß Gedicht und Carmen< meist eine Musikalisierung der sapphischen Ode (zu ihrer im deutschen Barock als Oberbegriffe für poetische Texte in gebundener Rede dienen und daß die weiteren üblichen gereimten Form vgl. H. J. Bezeichnungen nebeneinander für spezifischere Formen musikalischer Lyrik verwendet Frank, Handbuch der deutschen Stro­ werden. In solchem Sinne gebraucht die Termini Martin Opitz in seinem Buch von der phenformen, Tübingen und Basel Deutschen Poeterey (1624), das zugleich erste inhaltliche und stilistische Merkmale 21993, Nr. 4.83) stützt Opitz durch ei­ nen Verweis auf »des Ronsardts mei­ musikalischer Lyrik vorgibt: nung« und durch Beispielstrophen aus zwei sapphischen Oden Ronsards. »Die Lyrica oder getichte die man zur Music sonderlich gebrauchen kan I erfodem zueföderst ein freyes Opitz' Postulat tradieren zahlreiche lustiges gemüte I und wollen mit schOnen sprüchen unnd lehren häuffig geziehret sein: wieder der andem nachfolgende Barockpoetiker, wie Carminum gebrauch I da man sonderliche masse wegen der sententze halten muß; damit nicht der gantze etwa Justus Georg Schottelius, Teut­ Cörper unserer rede nur lauter augen zue haben scheine I weil er auch der andem glieder nicht entberen kan. sche Vers- oder ReimKunst, Lüneburg Ihren inhalt betreffendt saget Horatius: 21656, Reprint Hildesheim und New York 1976, S. 178. - Zur frühneuzeit­ Musa dedit fidibus divos puerosque deorum lichen Theorie der lyrischen Gattung Et pugilem victorem et equum certamine primum, vgl. H.-G. Kemper, Deutsche Lyrik der Et iuvenum curas et libera vina referre. frühen Neuzeit, Bd. 1: Epochen- und Er wil so viel zue verstehen geben I das sie alles was in ein kurtz getichte kan gebracht werden beschreiben Gattungsprobleme. Reformationszeit, können; buhlerey I täntze I banckete I schöne Menscher I Gärte I Weinberge I lob der mässigkeit I nichtigkeit Tübingen 1987, bes. S. 3�3, der je­ des todes I &c. Sonderlich aber vermahnung zue der fröligkeit: welchen inhalts ich meiner Oden eine I zue doch kein spezielles Augenmerk auf beschliessung dieses Capitels I setzen wil: [ . .. ].«1 die >musikalische Lyrik< richtet. THEORIE 335

Johann Rist, Musa Teutonica, Harnburg Vermeidet Opitz' Poeterey hier die Bezeichnung >Lied<, so spiegelt dies die Tendenz des 1634, Vorrede, zitiert nach: Das Zeital­ Frühbarock, qualitativ zwischen den >carmina vulgaria<, den »gemeine[n] Lieder[n] I so ter des Barock. Texte und Zeugnisse, I hg. v. A. Schöne, München 31988 (Die hin und wider außgestrewet und von dem gemeinen Volcke gesungen werden«, und den deutsche Literatur3), S. 22f. Einen frü­ gelehrten »Oden« zu unterscheiden, die »nach der Kunst« gesetzt sind, gehobenen poeti­ hen Beleg für die Bezeichnung an­ schen Ansprüchen genügen und damit das Prestige der neuen deutschsprachigen Kunst­ spruchsvoller deutscher Lieddichtung dichtung festigen. 1 mit dem Terminus >Ode< bieten Georg Ein trennscharfer Sprachgebrauch, wie er sich im späteren 18. Jahrhundert zwischen Rodolf Weckherlins Oden und Gesän­ ge (1618). >Lied< (als sangbarem Strophengedicht) und >Ode< (als antikisierendem Gedicht in klas­ 2 Balthasar Kindermann, Der deutsche sisch heterometrischer Form) durchsetzt, zeichnet sich in der Barockzeit noch nicht ab. So Poet, Wirtenberg 1664, Reprint Bildes­ verzichten jüngere Barockpoetiker wie Philipp von Zesen (1640, 41656), Johann Peter heim und New York 1973, S. 283.­ Titz (1642), Justus Georg Schottelius (1645, 21656), Georg Philipp Harsdörffer (1647- Wertneutral verwendet die Bezeich­ nung >Lied< zuvor schon die Poetik des 1653), Balthasar Kindermann (1665), Augustus Buchner (1665), (1667), Johann Peter Titz,Zwey BücherVon der (1679), Daniel Georg Morhof (1682, 21700), Albrecht Christian Rotth Kunst Hochdeutsche Verse und Lieder (1688) und Christian Weise (1692, 21693) darauf, die Statusdifferenz zwischen »hohem zu machen, Danzig 1642, Kapitel 14 Kunstlied«und »niederem Volkslied« terminologisch zufixieren, und verwenden die Aus­ (»Von den Carminibus oder Liedern«; Auszüge in: Poetik des Barock, hg. v. drücke >Lied<, >Ode< und >lyrisches Gedicht< weitgehend synonym: »die Lyrischen Ge­ M. Szyrocki, Stuttgart 1977, S. 65.) dichte I so man Oden oder Lieder nennetI und sonderlich zur Music gebrauchet«, heißt es 3 Sigmund von Birken, Teutsche Rede­ bei Kindermann in bezeichnender Erweiterung von Opitz' Vorgabe2, wohingegen Birken bind- und Dicht-Kunst, Nürnberg und Rotth Herkunft und Motivation der Bezeichnungen transparent zu machen suchen: 1679, Reprint Bildesheim und New I York 1973, S. 106f.- Albrecht Chri­ »Lieder in Latein Odceoder (wann sie GOtt zu Ehrensingen) Hymni genannt. Man nennt stian Rotth, Vollständige Deutsche sie ingemein Lieder (vielleicht weil sie etliche Glieder haben) und Gesänge I weil sie Poesie ( 1688), Reprint hg. v. R. Zeller, gesungen werden«; »Oden oder Lieder (denn das Griechische Wörtgen cüöfJ heist nichts Tübingen 2000 (Deutsche Neudrucke, anders als ein Lied)«.3 Fast gänzlich vermeiden die neulateinisch-humanistisch geprägten Reihe Barock 41), S. [100]. 4 Beispiele etwa ebenda, S. [713-715], Barockpoetikenin ihrenbegrifflich-definitorischen Passagen dagegen den Terminus >Aria<. [723], [725] und [734]. -Daß in der Doch belegen bereits die Titel dort mitgeteilter Textbeispiele, daß >Aria< neben >Ode< und zeitgenössischen Musiktheorie hinge­ >Lied< im 17. Jahrhundert zu den eingebürgerten Bezeichnungen musikalischer Lyrik zählt.4 gen >Aria< »der übergeordnete Termi­ Die Terminologie musikalischer Lyrik bleibt somit im 17. Jahrhundert relativ vage, nus« ist und >Lied< »keinen theoretisch aber weitgehend stabil. Entscheidend erweitert wird sie nach 1650 durch einen Traktat definiertenTerminus« darstellt, unter­ streicht Fr. Krummacher, Die geist­ Caspar Zieglers, der Von den Madrigalen Einer schönen und zur Music bequemesten Art liche Aria in Norddeutschland und Verse wie sie nach der Italiener Manier in unserer Deutschen Sprache auszuarbeiten Skandinavien. Ein gattungsgeschicht­ handelt (1653, 21685). Nach Zieglers Vorgang gehört das >Madrigal< zum festen Bestand licher Versuch, in: Weltliches und der in barocken Poetiken erörterten Formen musikalischer Lyrik und erhält dort - auf­ Geistliches Lied des Barock. Studien zur Liedkultur in Deutschland und grund seiner besonderen formalen Freiheiten- meist eigene Kapitel.5 Skandinavien, hg. v. D. Lohmeier und B. Olsson, Amsterdam 1979 (Beihef­ te zum Daphnis 2), S. 229-264, bes. Form und Stil s. 231-236: 23!f. 5 So z. B. bei Kindermann, Der deutsche fuhrt Poet, S. 286-303, bei Rotth, Vollstän­ Das in der lyrischen Theorie erst spät kanonisierte Madrigal Ziegler als eine Text­ dige Deutsche Poesie, S. 97-100, und gattung ein, die mit anderen Typen musikalischer Lyrik kontrastiere und diese durch ihre bei Daniel Georg Morhof, Unterricht außerordentliche Affinität zur Musik überbiete. Von hergebrachten Formen unterscheide von der Teutschen Sprache und Poe­ sich das Madrigal insofern, als daß es keine strophischen Einheiten bilde und nach An­ sie, hg. v. H. Boetius, Bad Hornburg­ Berlin - Zürich 1969 (Ars poetica, zahl,metrischer Gestalt undReimbindung der Verse große Freiheiten gestatte: Als Richtwert Texte 1), S. 310-312. gilt ein Umfang von fiinf bis 15 Versen, die etwa zwischen sechs und elf Silben aufweisen 6 V gl. Caspar Ziegler, Von den Madri­ und durch eine ungeregelte Reimfolge miteinander verbunden sind.6 Aufgrund dieser Li­ galen, hg. v. D. Glodny-Wiercinski, zenzen, die dem Komponisten ein zwangloses Eingehen auf den Wortlaut erlaubten, schicke Frankfurt a. M. 1971 (Ars poetica, sich »kein einziges genus carminis in der Deutschen Sprache [ ... ] besser zu der Musick Texte 12), S. 35-41. 7 Ebenda, S. 41. [ ...] als das Madrigal«.7 8 Ebenda, S. 31. V gl. hierzu neben der Paradoxerweisesichert Ziegler dem Madrigal seine Position im Gattungsspektrum aber Einleitung von Glodny-Wiereinski gerade dadurch, daß er es als Gedichttyp bestimmt, der auch ohne Musik auskommt. Denn (bes. S. 8-12) die Darstellung von Br. Ziegler empfiehlt einzig den Typ des >epigrammatischen< Madrigals, das dem Argutia­ Markwardt, Geschichte der deutschen Poetik, Bd. I: Barock und Frühauf Ideal verpflichtet ist und dessen rein literarische Wirkung auf seiner »sonderbaren und klärung, Berlin 21958, S. 161-168. artigen Spitzfindigkeit«beruht. 8 Bleibt Zieglers Theoriebildung daher in sich widersprüch- 336 DAS 17. JAHRHUNDERT lieh, so untermauert er den engen Musikbezug des Madrigals durch den Hinweis auf den Gebrauch madrigalischer Verse in Opernlibretti und prägt- abgeleitet vom musikalischen >Stylo recitativo< - den Begriff eines poetischen »Stylum recitativum«, der einen unend­ lichen, »stets werende[n] Madrigal« darstelle.1 Indem Ziegler als zweites Element des C. Ziegler, Von den Madrigalen, hg. Librettos die aus »Stanzen« (Strophen) gebildete »Aria« nennt, bestimmt er den Opern­ v. D. Glodny-Wiercinski, S. 42. Wie text (sowie implizit auch die strukturell verwandten Kantaten- und Oratorientexte) als hier gebraucht Ziegler auch sonst >Madrigal< als maskulines Nomen.­ poetische Gattungen, die aus beiden maßgeblichen Formen musikalischer Lyrik des Ba­ »Vom Stylo Recitativo« handelt in rock zusammengesetzt sind - aus dem freien, rezitativischen Madrigalvers und der stro­ Zieglers Nachfolge ausführlicherChri­ phisch gebundenen Form der Arie, des Liedes, der Ode. stian Friedrich Hunold (Ps. Menan­ Bevor Ziegler um 1650 das poetologisch anerkannte Spektrum musikalischer Lyrik tes), Die AllerneuesteAr t, Zur Reinen und Galanten Poesie zu gelangen, erweiterte, war diese - wie Buchners folgende Bestimmungen zeigen - auf strophische Harnburg 1722, S. 72-75. Formtypen fixiert: 2 Augustus Buchner, Anleitung zur deut­ schen Poeterey. Poet, Reprint hg. v.

»Und ob man zwar allen Gedichten in gemein den Nahmen eines Liedes oder Gesanges zu eignen können; So M. Szyrocki, Tübingen 1966 (Deutsche werden zu forderst doch und absonderlich dieselben also genennet I die Gesetzes weise und also förmlich Neudrucke, Reihe Barock 5), S. llf. Ähn gesetzet seyn I daß in einer gleichen Stroph eine vollständige Meinung begriffen und ausgefiihret sey. Dann lich bündig auch Georg Neumark, in solcher Gestalt können sie mit mehrer Bequemligkeit zur Music gebraucht und gesungen werden.«2 Poetische Tafeln oder Gründliche An­ weisung zur Teutschen Verslrunst, hg. v. J. Dyck. Frankfurt a. M. 1971 (Ars Buchner bündelt zwei Forderungen an Liedtexte, die die Barockpoetiken in vielen Varia­ poetica, Texte 2), S. 16. tionen vortragen: erstens das strophische Prinzip und zweitens das Postulat, Sinn- und 3 M. Opitz, Gesammelte Werke, Bd. 2,1, Stropheneinheiten kongruent zu gestalten. Beides zeichnet liedhafte Lyrik zwar schon S. 402: »Die reimen der ersten strophe sind auch zue schrencken auff vielerey weit vor dem 17. Jahrhundert aus. Mit Opitz' Versreform, die die Übereinstimmung von art I die folgenden strophen aber mus­ Vershebung und natürlichem Wortakzent zur Regel erhebt, wird aber erstmals verbindlich sen wegen der Music [ ... ] auff die er­ geregelt, daß alle Strophen eines Lieds exakt ein- und demselben metrischen Muster zu ste sehen.« - Die Psalmen Davids folgen haben. Daß sich Opitz und seine Zeitgenossen dies als neue Errungenschaft auf Nach den Frantzösischen Weisen ge­ Danzig ihre Fahne hefteten, belegt neben der Poeterey auch Opitz' Vorrede zu seinen »nach den setzt. Durch Martin Opitzen, 1637, Vorrede, fol. (:) vv-viij'. - Auf Frantzösischen Weisen gesetzt[en]« Psalm-Liedern (1637), die sich von der laxeren Pra­ Opitz' Autorität beruft sich bald da­ xis älterer Verdeutschungen des Hugenotten-Psalters distanziert.3 Nicht zufallig wird die nach etwa J. P. Titz (Poetik des Ba­ Forderung, alle Folgestrophen müßten mit der ersten, »was die Abmessung oder das Me­ rock, S. 73f.). trum anbelanget I genau übereinstimmen«, gerade dort besonders dringlich erhoben, wo 4 J. P. Titz, ebenda, S. 68f.; vgl. ganz ähnlich Philipp von Zesen, Sämtliche dem Dichter oder Übersetzer »die Melodey an die hand gegeben« ist'\ wo er also den Text Werke, hg. v. F. van Ingen, Bd. 10,1: einer vorliegenden Vertonung anzupassen hat. Damit ein Liedtext dem musikalischen Ge­ Hoch-deutscher Helikon (1656), bear­ brauch entgegenkommt, fordert Harsdörffer eine weitreichende strukturelleÜbereinstim­ beitet von U. Mache, Berlin und New mung aller Strophen: York 1977 (Ausgaben deutscher Lite­ ratur 71), S. 168. 5 Georg Philipp Harsdörffer,Poetischer »Es sollen die Lieder in allen Gesetzen [ ... ] gleiche Bindung haben I daß I wo ich in dem ersten Satz Trichter, Nümberg 21650, 1648, 1653, [Strophe] einsylbige Wörter gebraucht I in den folgenden gleichfals einsylbige Wörter halten soll; wo ich Reprint Darmstadt 1969, Tl. 1, S. 53. zweysylbige geordnet I durch alle Sätze zweysylbige bringe. Dieses wird von denen I so der Music kundig 6 S. von Birken Teutsche Rede-bind- und sind I leichtlieh verstanden werden.«5 Dicht-Kunst, S. 116. - Vgl. D. G. Mor­ hof, Unterricht von der Teutschen Sein Nürnberger Dichterkollege Sigmund von Birken erhebt-»Um dieser Verwandschaft Sprache und Poesie, S. 345: »Es lässet sich auch eine Ode viel besser ma­ willen von beiden Künsten«- die Orientierung an vorgegebenen Noten gar zum produk­ chen I wenn man die Melodey ihm tionsästhetischen Ideal: »der Poet I wann er ein Lied machet I [soll] eine Singweise oder vorhero vorstellet I und die Verse nach Melodie im Gedächtnis oder vor augen habe[n] I und also mit den Worten I nach dem derselben einrichtet.« (V gl. auch eben­ Fallen und Steigen [ ...] der Singstimme I sich richte[n].«6 da, S. 338.) Gegenüber den differenzierten Vorschriften zur metrisch-strukturellen Identität aller Strophen eines Lieds bleiben die weiteren formalen ( a), stilistischen (b) und inhaltlichen (c) Überlegungen zur musikalischen Lyrik in der deutschen Barockpoetik vage: a) Während Opitz einige wenige Mustertexte als Formmodelle vorgibt, zielenjüngere Dichtungstheoretiker darauf, die Poetizität der deutschen Sprache durch zahlreiche neue Strophenmuster zu erweisen, die sie systematisch nach Silbenzahl, Metrum und Reim­ stellung ordnen. Ohne den Dichter bei der Erfindungneuer Strophenmuster grundsätzlich einzuschränken- er kann die »zusammen-ordnung der Verse [ ... ] nach seiner beliebung« GEISTLICHE LYRIK 337

Ph. von Zesen, Sämtliche Werke, Bd. 9: einrichten1 -, empfehlen barocke Poetiken für die musikalische Lyrik kürzere Verse von Deutscher Helicon (1641 ) , bearbeitet drei bis fünf Hebungen und Strophen von vier bis zehn Versen: Längere Verse sowie von U. Mache, Berlin und New York umfangreichere Strophen dürften den Gesetzen musikalischer Periodik widersprochen 1971 (Ausgaben deutscher Literatur 25), S. 59; vgl. J. G. Schottelius, Teut­ haben.2 sche Vers- oder ReimKunst, S. 64. b) Wie sich bei gesungenen Liederndas Strophenenjambement allgemein verbietet, so 2 Die »kurtze« der Verse erhebt bereits fordert man auch innerhalb der Strophen syntaktisch-stilistische Einfachheit. Ganz im Ludwig von Anhalt-Köthen in seiner Sinne von Opitz, für den einfacher Satzbau und Sentenzerneicher Stil distinktive Merk­ gedichteten Klein-Poetik zum Kenn­ I zeichen »Gesanges weiß'« gedichte­ male musikalischer Lyrik sind3, verlangt noch Morhof,. »in den Liedern die gesungen ter Oden: Wenige anleitung zu der werden I[.. .] keine gar hohe und Metaphorische Redensarten I [zu] gebrauchen«.4 Offen­ Deutzschen Reim-kunst ( 1640), zitiert bar im Gedanken an ihre auditive Rezeption empfehlen die Barockpoetelogen für die 1600-1 700, nach: Gedichte nach den musikalische Lyrik einen gemäßigten Stil und nehmen sie damit von der Tendenz zur Erstdrucken in zeitlicher Folge hg. v. Chr. Wagenknecht, München 1969 stilistischen Komplizierung und Rhetorisierung aus. (Epochen der deutschen Lyrik 4), c) Inhaltlich sind der musikalischen Lyrik des 17. Jahrhunderts kaum Grenzen gesetzt. S. 90-92: Strophe 4. Ausdrücklich von Obschon Opitz - in klassizistischem Rückgriff auf die Ars poetica des Horaz- das gesel­ der Verslänge handelt dann etwa Chri­ lig-heitere Lied bevorzugt, schränkt sein Themenkatalog die Vielfalt der Gegenstände stian Weise: Curiöse Gedancken Von keineswegs normativ ein. Vielmehr gehören geistliche wie weltliche, traurige wie lustige Deutschen Versen, [Leipzig] 1692, S. 281: »Zum Lesen schicken sich die Themen, sozial hohe wie niedrige Personen und Anlässe, satirische wie panegyrische langen Verse I welche mitten eine freye Intentionen zu dem überaus breiten Spektrum, das zur liedhaften Gestaltung empfohlen caesur haben I zum Singen schicken wird. Mit zunehmender Differenzierung der Barockpoetiken ist das Bestreben zu erken­ sich die kurtzen I welche sich etwas nen, Affinitätenzwischen bestimmten metrisch-formalen Musternund dem Charakter des öffter in Reime hören lassen.« - Zur zeitgenössischen Diskussion um die Lieds festzuschreiben: Sangbarkeit des Alexandriners vgl. I. Scheider, Das geistliche Lied im »Trochaische schicken sich am besten I da man ein Verlangen vorstellet I in Sittlichen und Liebessachen I deutschen Barock, Berlin 1982 (Schrif­ Jambische in Scherz- und Schelt-Gedichten I Anaprestische und Dactylische I wenn man etwas lustiges ten zur Literaturwissenschaft3), S. 116. vorstellet. Denn es würde sehr übel klingen I wenn man sie in traurigen Sachen gebrauchen wollte.«5 3 »Die Lyrica [.. . ] wollen mit schönen sprüchen unnd lehren häuffig geziehret Gleich welchen Affekt aber ein Lied ausdrückt- stets trautman der Musik eine steigemde sein; wieder [>gegen<] der andem Car­ für minum gebrauch I da [>bei denen<] Wirkung zu. Wie es den Dichter produktionsästhetisch vorteilhaft und insprirations­ man sonderliche masse [>Maß<] wegen fOrdemd sei, einer vorgegebenen Melodie zu folgen, so gilt die Synthese von Lyrik und der sentenzen halten muß.« (M. Opitz, Musik auch unter wirkungspoetischen Gesichtspunkten als höchstes Ziel: »Es hat nichts Gesammelte Werke, Bd. 2,1, S. 369.) eine grössere Macht über den Menschlichen Geist I als wenn ein schönes I wohlgesetztes 4 D. G. Morhof, Unterricht von der Teut­ Carmen mit der Music verbunden wird I denn die Music giebt den Versen gleichsamb ein schen Sprache und Poesie, S. 338 und präzisierend S. 339: »Sonsten ist eine Leben I dadurch die Gemüther auffgemuntert I und zu allerhand Bewegungen gereitzet Ode I insonderheit wenn sie nicht ge­ werden.«6 sungen wird I der höchsten Redensart fähig.« 5 Ebenda, S. 345. 6 Ebenda, S. 335. Morhof, der dann Geistliche Lyrik (nach Francesco Patrizzi und anderen humanistischen Poetikern) verglei­ chende Überlegungen zur Musikali­ Der wirkungssteigemden Verbindung von Musik und Text versicherte sich die geistliche sierung antiker Oden und neuzeitlicher Lyrik des Barock in weitestem Umfang. So rechneten überhaupt nur wenige Gattungen Lyrik anstellt, greift damit einen viel­ geistlicher Lyrik nicht mit einer musikalischen Umsetzung: neben dem optisch zu tradierten Topos auf, der sich ähnlich etwa bei Rist findet, demzufolge alle perzipierenden Figurengedicht vor allem die philosophisch-spekulativen Epigramme ei­ »genera odarum« durch »die Musick nes Daniel von Czepko und Angelus Silesius, die geistlichen Sonette von Catharina Regi­ ihr rechtes Leben und See!« erhalten na von Greiffenberg und Quirinus Kuhlmann sowie die religiösen Findarischen Oden des (Das Zeitalter des Barock, S. 23). Andreas Gryphius und umfängliche lehrhafte Gedichte wie dessen Gedancken I Uber den 7 I. Scheitler, Geistliche Lyrik, in: Die Kirchhof!und Ruhestädte der Verstorbenen (1657). Kompensieren diese »unmusikali­ Literatur des 17. Jahrhunderts, hg. v. A. Meier (Hausers Sozialgeschichte schen« Gattungen geistlicher Dichtung den Verzicht auf die affektiv wirksame Musik der deutschen Literatur2), S. 347-376: gerne durch Spitzfindigkeit und rhetorische Eindringlichkeit, so sind die produktivsten 370. Sparten der geistlichen Barocklyrik für eine Komposition geschrieben, wenn nicht so­ gleich- was die Germanistik, auch in ihren Editionen, lange ignoriert hat- mit Noten erschienen. Uneingeschränkt beizupflichtenist daher Irmgard Scheiders Feststellung, daß der »größte Teil der geistlichen Lyrik der Frühen Neuzeit [ .. :] Sing-Lyrik« ist.7 338 DAS 17. JAHRHUNDERT

Die Klassifikation geistlicher musikalischer Lyrik, in der strophische Formen klar do­ minieren, hat mit fließenden Übergängen zu rechnen, kann jedoch im wesentlichen nach funktionalen Kriterien erfolgen. Demnach ist das volkssprachliche >Kirchenlied< primär durch seine Einbindung in den Gemeindegottesdienst definiert, wo es in der Regel einen bestimmten liturgischen Ort hat und in kollektivem Gebrauch steht. Dagegen dient das komplementäre >geistliche Lied<, das sowohl in der Volkssprache als auch in Latein ver­ faßt sein kann, zuerst privater Frömmigkeitsübung.1 Aus dieser Unterscheidung nach vor­ V gl. hierzu in: Reallexikon der deut­ herrschendem Gebrauch ergeben sich Differenzen ästhetischer Art, die auch die Bezie­ schen Literaturwissenschaft, hg. v. hungen zwischen Text und Musik prägen. Gegenüber dem Kirchenlied, das die Gemeinde K. Weimar und H. Fricke, Bd. 1 und 2, Berlin undNew York 199712000, die im 17. Jahrhundert gewöhnlich noch auswendig sang und das daher zu einprägsamer For­ Artikel Geistliches Lied (I. Scheitler, melhaftigkeit verpflichtet war, kann das vorrangig in gebildeten Kreisen gepflegte geist­ Bd. 1, S. 681-683), Kirchenlied liche Lied mehr thematischen Reichtum und stilistische Virtuosität entfalten. (M. Rößler, Bd. 2, S. 260-263), Lied2 (H. Brunner, Bd. 2, S. 420-423), Lied3 (A. Meier, Bd. 2, S. 423-426), sowie den definitorisch abweichenden Arti­ Kirchenlied kel Kirchenlied (M. Jenny und J. Hen­ kys) in: Theologische Realenzyklo­ Aus diesen Vorgaben und aus dem epochalen Einschnitt, den die Reformation bedeutete, pädie, hg. v. G. Müller, Bd. 18, Berlin folgt für das 17. Jahrhundert eine konfessionell getrennte und insgesamt nur wenig inno­ und New York 1989, S. 602-643. Von vative Entwicklung des streng liturgisch gebundenen Kirchenlieds.2 einem weitgefaßten >Kirchenlied<-Be­ a) Inder katholischen Kirche konntesich das Gemeindelied weniger in der Messe- dort griff, der das gesamte >geistliche Lied< hatte der volkssprachliche Kollektivgesang nur engen Raum - als vielmehr in gegen­ einschließt, gehen auch die großen Sammelwerke aus: Das katholische reformatorisch-missionarischen Feier- und Andachtsformenentfalten. Die jesuitische Volks­ deutsche Kirchenlied in seinen Sing­ katechese und das von den Bettelorden getragene Wallfahrtswesen forderte die Verbreitung weisen, hg. v. W. Bäurnkerund J. Got­ anonym tradierter, nur teilweise (etwa Friedrich Spee) zugewiesener Lieder, die in vielfach zen, 4 Bände, Freiburg 1883-1911; aufgelegten Gesangbüchern wie dem sogenannten Jesuiten-Psälterlein (1637) fortwirkten. Das deutsche evangelische Kirchenlied des siebzehnten Jahrhunderts, hg. v. b) Bescheidener noch waren die Entwicklungschancen des gottesdienstlichen Lieds in A. Fischer und W. Tümpel, 6 Bände, der reformierten Kirche. Denn Johann Calvin hatte den Kirchengesang streng auf das Gütersloh 1904-1916; Das Deutsche Bibelwort und damit fast ganz auf das volkssprachliche Singen der Psalmen eingeschränkt. Kirchenlied. Verzeichnis der Drucke 1800, Da sich hier die erstmals 1573 erschienenen Übersetzungen des Ambrosius Lobwasser von den Anfängenbis bearbeitet von K. Ameln I M. Jenny I W. Lipp­ gegen präzisere und sprachlich gelenkere Versionen, darunter die Psalmen Davids von hardt, Kassel 1975 (Repertoire inter­ Martin Opitz, behaupten konnten, wurde das Kirchenlied der Reformierten von barocker nationale des sources musicales B 811) , musikalischer Lyrik nur wenig berührt. Registerband 1980. Eine terminolo­ c) Auch in der lutherischen Kirche waren der Modernisierung des gottesdienstlich gische Neuerung versucht hingegen H. -G. Kemper, Deutsche Lyrik, Bd. I, gebrauchten Liedschatzes Grenzen gesetzt. Denn aus dem frühen reformatorischen Lied­ S. 50-57, wenn er »[k]irchenorien­ gut-gesammelt in den noch zu Luthers Lebzeiten erschienenen Gesangbüchernder Drucker tiertes und poesiebestimmtes geistli­ Joseph Klug (1529) und Valentirr Babst (1545) - rekrutierte sich ein Bestand evangeli­ ches Lied« unterscheidet (S. 50). scher »Kernlieder«, dessen Erhalt im 17. Jahrhundert orthodoxe Verordnungen sicherten. 2 V gl. A. Völker, ArtikelGesangbuch, in: Doch geriet dieser schmale Kanon durch ein verinnerlichtes Frömmigkeitsverständnis Theologische Realenzyklopädie, hg. v. G. Krause und G. Müller, Bd. 12, Ber­ und die Weiterentwicklung der poetischen Sprache unter erheblichen Anpassungsdruck lin und New York 1984, S. 547-565, Während das New Ordentlich Gesang-Buch von Justus Gesenius und David Derricke( 1646) bes. S. 548-556 (mit weiterführender die alten Lieder erstmals einschneidend nach Opitz' Reformprogrammregulierte und glät­ Literatur), und I. Scheitler, Artikel Kir­ tete, erfuhr das Kirchenlied wesentlichen Zuwachs durch das private geistliche Lied, das chenlied, Gesangbuch, in: Literatur­ Lexikon, hg. v. W. Killy,Bd. 13: Begrif­ von der allmählichen Auflösung starrer liturgischer Formen profitierte und Eingang in fe, Realien, Methoden, hg. v. V. Meid, kirchliche Gottesdienste sowie liturgisch gebrauchte Gesangbücher fand. München 1992, S. 477-483. 3 V gl. zum folgenden I. Scheiders Mo­ nographie Das geistliche Lied, ihren Geistliches Lied konzisen literarhistorischen Aufsatz Geistliche Lyrik sowie ihren Artikel Die maßgebliche Innovation geistlicher musikalischer Lyrik des Barock geht nicht vom Geistliches Lied, in: Literatur-Lexikon, Bd. 13, S. 348-351. Kirchenlied im engeren Sinne, sondernvom geistlichen Lied aus.3 Seine Verfasser sind in der Regel Gebildete und Gelehrte, und wir finden unter ihnen Geistliche wie Laien, Bür­ gerliche wie Adlige, dilettierende Kleinmeister wie anspruchsvolle, oft auch in anderen Gattungen produktive Dichter. GEISTLICHE LYRIK 339

a) Verbreitet wurde das geistliche Lied sowohl in speziellen Liedersammlungen ein­ zelner Dichter wie in den überaus zahlreichen Erbauungs- und Gesangbüchern für den häuslichen Gebrauch. Die überkonfessionell typischen Publikationsformen des ambitio­ nierten geistlichen Lieds sind zum einen Andachtsbücher, die religiöse Prosa und Lyrik, Musik und Sinnbilder synästhetisch verbinden: so etwa Georg Philipp HarsdörffersHertz­ bewegliche Sonntagsandachten (zwei Bände, 1649 und 1652), in denen die Perikopen von geistlichen Emblemen, »Andachts-Gemählen«, Liedern, Gedichten und Gebeten ausge­ legt und veranschaulicht werden, und die Göttliche Liebesflamme( 1651 ), zu der Harsdörffer die Epigramme zu den Emblemen und die Liedtexte, Georg Strauch die Kupferstiche, der Prediger Johann Michael Dilherr die Prosatexte und Erasmus Kindermann die Vertonun­ gen beisteuerten. Als Gemeinschaftswerk von Dichter und Komponist begegnet auch die zweite typische Publikationsform des geistlichen Lieds: die reine Liedersammlung mit häufig eigens dafür verfertigten Melodien. In Friedrich Spees TrutzNachtigal (1649) do­ miniertder dichterische Anspruch über den der Melodien, wie die poetologischen »Merck­ pünctlein fürden Leser«, der durchdachte zyklische Aufbauund die pastoral-antikisierende Einkleidung unterstreichen. Den umgekehrten Fall repräsentieren von ihrer Publikations­ form her Paul Gerhardts Lieder: Bekannt gemacht wurden sie durch die Aufnahme in die des Berliner Kantors Johann Crüger (seit 1647 wachsender Anteil bis 101661) und dann durch Crügers Nachfolger Johann Georg Ebeling, der Pauli Gerhardi geistliche Andachten (1666-67) mit meist eigenen Kompositionen herausgab. Aus der Erscheinungsweise wie den Titeln der Sammlungen geistlicher Lieder sind deren Adressaten und ihre Bestimmung im religiösen Leben des 17. Jahrhunderts zu er­ kennen. Lange bevor sie sich als Gemeindelieder etablierten, dienten die Lieder von und , und Joachim Neander- um nur die bekann­ testen Beiträger der produktiveren protestantischen Seite zunennen - der außerkirchlichen, privaten Frömmigkeitsübung: Gesungen wurdensie in regelmäßigen Hausandachten (etwa zur persönlichen Nachbereitung des Sonntagsgottesdienstes) und in tageszeitlich gestaf­ felten Betstunden sowie zu außergewöhnlichen Fest- und Traueranlässen. Daß das geist­ liche Barocklied primär in literarisch wie musikalisch gebildeten Kreisen rezipiert wurde, ergibt sich nicht allein aus den aufwendigen Publikationsformen (mit Noten und Kupfern) und der oft voraussetzungsvollen poetischen Faktur, sondern auch aus Vorreden, Titel­ kupfern und Wirkungszeugnissen, wie sie etwa im Kontext von Rists zahlreichenLieder­ V gl. I. Scheider, Das geistliche Lied, sammlungen überliefert sind. 1 S. 230-271, die Rists Texte, ihren Mu­ b) Formal und thematisch ist das geistliche Lied wesentlich vielfältiger als das litur­ sikbezug, ihre Intention und Rezeption gisch gebundene Kirchenlied: Da das geistliche Lied oft mit eigenen Kompositionen er­ intensiv würdigt. Zu den Titelkupfern speziell vgl. ebenda, S. 240f., und schienen ist, folgte es in der Regel nicht vorgegebenen Melodien und Strophenformen; D. Lohrneier, Die Verbreitungsformen und da es nicht - wie das lutherische Kirchenlied - primär das Bibelwort verkündigen des Liedes im Barockzeitalter, in: Welt­ sollte, konnte das geistliche Lied einem großen Spektrum »privater« religiöser Anliegen liches und Geistliches Lied des Barock, zum Ausdruck verhelfen. s. 41-{)5: 59-62. 2 I. Scheider, Geistliche Lyrik, S. 350f. Obschon im geistlichen Lied konfessionelle Polemik fast ganz fehlt, sind die Differen­ zen zwischen den Lagern nicht zu verkennen. Zum einen setzte sich, mit erheblichen Auswirkungen auf die sprachlich-metrische Regulierung der Lieder, unter den protestan­ tischen Poeten die Opitzsche Reform viel rigider durch als bei den katholischen Dichtern: Sie nahmen Lizenzen gegenüber dem neuen Regelwerk in Anspruch (so etwa Spees »Merckpünctlein«) und hielten besonders im oberdeutschen Raum an ihrem angestamm­ ten Idiom fest, so daß die »sprachliche Grenze« zwischen katholischem und protestanti­ schem Lied »sogar weniger durchlässig« gewesen sein dürfte »als die religiöse«.2 Zum anderen zeigt das Liedrepertoire katholischer Autoren thematische Schwerpunkte, die dem protestantischen Lied fremd sind: Der vor allem in Passau tätige Prokop von Templin sowie die Dichterkomponisten Laurentius von Schnüffis und Johann Khuen verfaßten zahlreiche Marienlieder, die nicht nur bei häuslichen Andachten, sondern auch bei Wall­ fahrten und Prozessionen gesungen wurden. 340 DAS 17. JAHRHUNDERT

Johann Rist, Frommer und Gottseliger Christen Alltägliche Haußmusik I Oder MusikalischeAndachten (Lüneburg 1654). KupfertiteL

Über diese Grenzen hinweg zielte das geistliche Lied auf die Verinnerlichung religiöser Gehalte, suchte die Gotteserfahrung zu sensualisieren und eine emotionale Vertiefung des Glaubens zu vermitteln. Aus diesen Intentionen werden überkonfessionelle thematische wie stilistische Akzente des geistlichen Lieds verständlich. Die Passion Christi gehört ebenso zuin bevorzugten Terrain wie dichterische Ausgestaltungen der »poetischen« Bü­ cher des Alten Testaments, der Psalmen und des Hohen Lieds. Während die Passions­ dichtung eine meditativ-mystische Versenkung in die Wunden des Gekreuzigten erlaubte, beförderten die poetischen Nachahmungen der Psalmen einen rhetorisch intensiven Aus­ druck persönlicher Klage und Lobpreisung. 1 Die religiös allegorisierte Liebesdichtung V gl. I. Bach und H. Galle, Deutsche des Hohen Lieds gab mit der erotischen Beziehung von Braut und Bräutigam ein Modell Psalmendichtung vom 16. bis zum 20. vor, das die geistliche Lieddichtung gerne bukolisch einkleideteu nd in der Figur der Jesus Jahrhundert. Untersuchungen zur Geschichte einer lyrischen Gattung, suchenden Seelenbraut petrarkistische Erotik mit religiösem Gehalt verschränkte: Berlin und New York 1989 (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kul­ JEsu du mächtiger Liebes-Gott turgeschichte 219), S. 147-221. Nah dich zu mir: 2 Angelus Silesius (Johannes Scheffier), Denn ich verschmachte fast biß in Tod Sie begehret verwundetzu seyn von ih­ Für· Liebs-Begiehr: rem Geliebten, in:Heilige Seelen-Lust I Ergreiff die Waffen I und in Eil Oder Geistliche Hirten-Lieder I Der in Durchstich mein Hertz mit deinem Pfeil I Jesum verliebten Psyche, Breslau Verwunde mich :1: 2 [1657], S. 118-120 (zitiert nach: Ge­ dichte des Barock, hg. v. U. Mache und Mit Jesus-Minne und Wundenkult aktualisierte das geistliche Lied des Barock einerseits V. Meid, Stuttgart 1980, S. 204f.: 204). mittelalterliche Muster wie die Jubilus-Dichtungen des Bernhard von Clairvaux und griff damit auf vorreformatorische Frömmigkeitsbewegungen zurück. Andererseits weisen die Verinnerlichung und Individualisierung, die das geistliche Lied im 17. Jahrhundert er­ reicht, bereits auf die für die Geschichte der deutschen Dichtung so bedeutsame Strömung des Pietismus voraus. WELTLICHE LYRIK 341

Weltliche Lyrik

Rezeption internationaler Renaissance-Lyrik im Frühbarock

In der weltlichen Lieddichtung des Frühbarock wirkten Renaissance-Formen nach: Villanella (a) und Madrigal (b) sowie die neulateinische Odendichtung (c). V gl. R. Velten, Das ältere deutsche Gesellschaftslied unter dem Einfluß a) Die drei- oder sechszeilige Villanella, ein Tanzlied, ließ sich wegen ihrer Paarreime der italienischen Musik, Beideiberg und Mehrstrophigkeit mit der deutschen Liedtradition leicht verbinden. Nur in der An­ 1914 (Beiträge zur neueren Literatur­ fangsphase der Nachahmung entstanden neue deutsche Lieder nach dem Metrum italieni­ geschichte 5), S. 42f., und R.·Caspari, scher Villanellentexte, bevor man sowohl metrisch wie inhaltlich verstärkt italienisch­ Liedtradition im Stilwandel um 1600. deutsche Mischformen bevorzugte. So lassen bereits Jacob Regnarts drei wirkungsvolle Das Nachleben des deutschen Tenor­ liedes in den gedruckten Liedersamm­ Villanellensammlungen (1576-79) einen kontinuierlichen Rückgang der ltalianisierung lungen von Le Maistre (1566) bis erkennen.1 An Regnarts dreistimmige, diskantbetonte Villanellentechnik knüpfte Johann Schein (1626), München 1971 (Schrif­ Staden (1581-1634) in seinen Neuen Teutschen Liedern nach art der Villanellen (1606) ten zur Musik 13), S. 34--39, der den ebenso an wie (1586-1630) in seiner Musica boscareccia, Wald­ Anteil romanischer Viersilbler seit Regnarts Villanellen bis zum ersten Lieder/ein, Auf!Italian- Villanellische Invention (drei Teile, 1621-28). Doch während Drittel des 17. Jahrhunderts zusam­ Stadens Villanellen noch mehrstimmig angelegt sind, nennt Schein unter den möglichen menstellt. Ausführungen im Untertitel seiner Sammlung bereits ausdrücklich die Generalbaßpraxis: 2 Vgl. dazu S. Kross, Geschichte des »Beydes für sich allein mit lebendiger Stirn I oder in ein Clavicimbel, Spinet, Tiorba, deutschen Liedes, Darmstadt 1989, S. 20, und P. Jost, Artikel Lied, in: Lauten etc·. Wie auch auff Musicalischen Instrumenten anmüthig unnd lieblich zu spie­ MGG2, Sachteil Bd. 5, Kassel u. a. len«.2 Der Kompromiß zwischen deutscher Tenorliedtradition und italienischen Versformen 1996, Sp. 1259-1328: 1275-1277. - typisch für den Stilwandel um 1600 - prägte die meisten Liedersammlungen vor 1630, 3 V gl. dazu die Beispiele bei W. Vetter, bis sich die Opitzische Versreform endgültig durchgesetzt hatte. So können die frÜhen Das frühdeutsche Lied, Bd. 2, Münster 1928, Nr. 100--111, und S. Kross, Ge­ generalbaßgestützten Sololieder in den Arie passeggiate ( 1623) und Teutschen Villanellen schichte des deutschen Liedes, S. 22f. (1627) des sächsischen Hoflautenisten Johann Nauwach (ca. 1595-1630) noch nicht an 4 In der italienischen Lyrik des l6. Jahr­ den metrischen Standards der folgenden Generation gemessen werden.3 hunderts bildete das melische Madri­ b) An den Höfen und in großen Reichsstädten wie Nümberg wurde um 1600 das gal gegenüber dem epigrammatischen Madrigal in italienischer Sprach gepflegtund damit die monodische Praxis durchgesetzt. Madrigal noch die Ausnahme; vgl. � U. Schulz-Buschhaus, Das Madrigal. Sie verlieh dem Dichterwort eine Geltung, wie sie das polyphone Gesellschaftslied nicht Zur Stilgeschichte der italienischen kannte. Doch blieben die deutschen Übersetzungen avancierter italienischer Madrigale4 Lyrik zwischen Renaissance und Ba­ anHinglichhinter der Versatilität des Originals deutlich zurückund tendiertenzum Strophen­ rock, Bad Hornburg- Berlin - Zürich lied. Dies bezeugt Hans Leo Haßlers Eindeutschung des Gareggiamento poetico von 1969 (Ars poetica, Studien 7), S. 102. Erst bei Torquato Tasso und in der Flo­ Torquato Tasso und Giovan Battista Guarini, eines Madrigalpaares, das zu den meist­ rentiner Madrigalistik des 17. Jahrhun­ vertonten Texten überhaupt zählt. 5 Haßler ersetzt das siebenzeilige Madrigal durch eine derts gewann die Musikalität an Be­ achtversige Liedstrophe mit durchgängigem Paarreim und sucht die unregelmäßigen deutung. Tasso würdigte die sprach­ Verse jambisch zu regulieren. Außerdem mäßigt er gehaltlieh die krassen Antithesen musikalischen Elemente zudem aus­ drücklich in seinem poetologischen Guarinis und Tassos. Dialog La Cavaletta overo de Ia Poesia Die großen Lizenzen des italienischen Madrigals bürgerte die deutsche Dichtung erst toscana. Darin unterscheidet er eine um die Mitte des 17. Jahrhunderts ein. Caspar Ziegler etabliertediese vorrangig amouröse musikalische von einer unmusikali­ Gattung durch die Beispielgedichte im Anhang seiner Madrigal-Poetik. Darin läßt er die schen Lyrik und preist die »musica« als »dolcezza e quasi l'anima de Ia Verslängen variieren, streut Waisen ein und erreicht so einen leichten Ton. Dies gilt etwa poesia« (Torquato Tasso, La Cavaletta für sein Madrigal Ein alter Greiß an eine Junge, ein Rollengedicht, in dem sich ein Alter overo de Ia poesia toscana, in: ders., durch mythologischeReferenz auf den Aurora-Tithonos-Mythos und durchSelbstvergleich Dialoghi, hg. v. E. Raimondi, Bd. 2,2, mit dem außen schneebedeckten, aber innerlich glühenden Ätna seiner Geliebten als feu­ Florenz 1958, S. 615-668: 665). riger Liebhaber empfiehlt.6 Doch die Schlußpointe mit dem schönen Reim »Greiß« I »heiß« 5 V gl. dazu: Settings of »Ardo si« and Its Related Texts, hg. v. G. C. Schuetze, und die ironischen Syllogismen verweisen eher auf die epigrammatische als auf die meli­ Madison 1990, sowie A. Aurnhammer, sche Tradition. Musikalischer sind die Madrigale von David Schirmer, der auch Opern­ Torquato Tasso im deutschen Barock, libretti für den Dresdner Hof verfaßt hat. Sie treffen in ihren Genreszenen galanter Liebe Tübingen 1994 (Frühe Neuzeit 13), die Gattungsanforderungen des melischen Madrigals. So gewinnt das Madrigal über die s. 96-98. 6 Vgl. Ziegler, Von den Madrigalen, Neukirchsche Sammlung bis ins 18. Jahrhundert ein eigenes Profil als für die Vertonung hg. v. D. Glodny-Wiercinski, S. 58f. prädestinierte Gattung. 342 DAS 17. JAHRHUNDERT

c) Auch bei dem Versuch, klassische Versmaße einzudeutschen, spielte die musikalische Realisation eine gewisse Rolle. So hat Michael Maier die drei Distichen, die in seinem alchemistischen EmblembuchAtalantafugiens jeweils als Epigramm figurierenund als Fu­ gen vertont sind, durch drei Paarreime wiedergegeben, deren Silbenzahl sich an den lateini­ schen Ve rsen orientiert.1 Doch wirken hier nicht nur die silbenzählenden deutschen Wieder­ V gl. Michael Mai er, Atalanta fugiens, gaben wenig musikalisch, sondernauch die lateinischen Epigramme. Dieser musikästhetische hoc est, emblemata nova de secretis Einwand beschränkt sich auf das elegische Versmaß und gilt nicht generell für die lateini­ naturae chymica, Oppenheim 21618, Reprint hg. v. L. H. Wüthrich, Kassel für sche Poesie. Denn zahlreiche neulateinische Dichtungen sind eigens den Gesangsvor­ und Basel 1964. V gl. Maiers Canti­ trag gedichtet worden und können klanglich auch ohne Reimbindung überzeugen. Bei der lenae intellectuales [ ...] de Phoenice späthumanistischen Odendichtung wird man sicher gesangliche Realisierungen annehmen redivivo (1622), die im Titel den seit können, wie sie zuvor im Celtis-Kreis (Petrus Tritonius) erprobt worden waren.2 Daß latei­ dem 15. Jahrhundert gängigen Termi­ nus >Cantilena< tradierten. Siehe dazu nische Oden gesungen wurden, wissen wir von Paul Melissus Schede, und auch die musika­ E. Leibenguth, Hermetische Poesie lische Metaphorik in Jacob Baldes Oden legt einen gesangsweisen Vo rtrag nahe.3 des Frühbarock Die »Cantilenae in­ tellectuales« Michael Maiers. Edition und Übersetzung, Kommentar und Opitz und seine Nachfolger Bio-Bibliographie, Tübingen 2002 (Frühe Neuzeit 66), bes. S. 87f., wo Literarischen Eigenwert gewann das deutschsprachige Kunstlied erst mit Opitz, der den Maiers Referenz auf die neuplatoni­ mittleren Stil des weltlichen Lieds auf Jahrzehnte prägte.4 Zwar sind auch die Lieder des sche Musiktheorie erörtert wird. Martin Opitz überwiegend Übersetzungen aus dem Niederländischen und Französischen, 2 V gl. K.-G. Hartmann, Die humanisti­ sche Odenkomposition in Deutschland. doch handhabtOpitz die neuen Liedstrophen mit metrischer Versatilität. Die 25 Oden oder Vorgeschichte und Voraussetzungen, Gesänge bilden eine eigene Abteilung im Werk und unterscheiden sich deutlich von den Erlangen 1976 (Erlanger Studien 15), übrigen Weltlichen Poemata. Es dominieren sechs- und achtzeilige kurzversigeLiedstrophen. und Th. Schmidt-Beste, Artikel Die Dabei orientierte sich Opitz neben volkstümlichen Weisen auch an niederländischen und humanistische Ode, in: MGGl, Sach­ teil Bd. 7, Kassel u. a. 1997, Sp. 562- zu französischen Melodien. So dichtete er sein Hirten-Lied (Ist irgend elfragen) >mff die 567. Melodey I Aupres du bord de Seine«.5 Neben kurzversigen Liedstrophen etablierte Opitz 3 V gl. W. Kühlmann und H. Wiegand, aber auch heterometrische Strophen mit unterschiedlich langen Versen wie die sechszeilige Artikel Jacob Balde, in: MGGl, Per­ Liedstrophe, in der ein männlich gereimtes Alexandrinerpaar dem geläufigen Vierzeiler sonenteil Bd. 2, Kassel u. a. 1999, Sp. 95-97. aus jambischen Dreihebern mit wechselnder Kadenz und Kreuzreim vorausgeht: 4 Vgl. G. Müller, Geschichte des deut­ schen Liedes vom Zeitalter des Barock Ihr schwartzen Augen I ihr I und du I auch schwartzes Haar I bis zur Gegenwart, München 1925, Der frischen Flavien die vor mein Hertze war I Reprint Darmstadt 1959, S. 57. Auf die ich pflag zu richten I 5 M. Opitz, Weltliche Poemata, Tl. 2, Mehr als ein weiser soll I Frankfurt a. M. 1644, Reprint hg. v. Mein Schreiben I Thun und Tichten I E. Trunz, Tübingen 1975, S. 329-331 Gehabt euch jetzund wol. 6 (Oden oder Gesänge 2); Melodie-An­ gabe nur in der Editio princeps. Diese Anfangsstrophe kehrt als Schlußstrophe wieder, und mit der Wiederholung adap­ 6 Ebenda, S. 349 (Oden oder Gesänge 17). tiert Opitz ein typisch »musikalisches Formelement«7, das zum beliebten Mittel des Kunst­ 7 G. Müller, Geschichte des deutschen lieds wurde. Liedes, S. 55f. Opitz hat- darin ist Günther Müller beizupflichten- die deutsche Lieddichtung nach­ 8 Ebenda, S. 63 und S. 61. haltig geprägt. Doch wenn Müller etwa eine klassizistische Opitz-Tradition mit Augustus 9 Müller belegt den »stumpfen Klang« Buchner und Andreas Tscherning gegen unselbständige »mittlere Talente« ausspielt, ver­ durch einen Vergleich von Homburgs amplifizierenderUmdichtung mitOpitz' kennt er den Spiel- und Kunstcharakter der intertextuellen Anleihen der Opitz-Nachfolger. ' Ronsard-Nachdichtung Ach Liebste laß Da »persönliches Erleben« als ästhetischer Maßstab für die Literatur des 17. Jahrhunderts uns eilen (ebenda, S. 64-66). längst dispensiert ist und der rhetorische Charakternicht mehr als Nachteil gewertetwird, sind manche Urteile der traditionellen Liedforschung zu revidieren.8 So verdient Ernst Christoph Hornburgwegen seiner Opitz-Zitate und -Variationen nicht unbedingt als Lieder­ dichter geschmäht zu werden.9 Und obwohl es richtig ist, daß die Gelehrsam­ keit des Kunstlieds Opitzischer Faktur reduziert, bleiben seine Oden der horazisch­ stoizistischen Haltung viel stärker verpflichtet, als der leichte Ton glauben machen will. Insgesamt �edarf die uneinheitliche Liedproduktion des 17. Jahrhunderts einer Be­ wertung nach Verbreitungsformen (a), regionalen Milieus (b) und fo rmalen Kenn­ zeichen ( c ). WELTLICHE LYRJK 343

1 Zu dieser Publikationsform vgl. R.-W. a) Die verschiedenen Liedtypen lassen sich nach ihren drei wichtigsten Verbreitungs­ Brednich, Die Liedpublizistik im Flug­ fo rmen klassifizieren. So finden sich erstens volkstümliche Lieder und sogenannte 15. 17. blatt des bis Jahrhunderts, >Zeitungs-< oder >Ereignislieder<, die meist anonym auf schmucklosen Fliegenden Blät­ 2 Bände, Baden-Baden 1974-75 (Bi­ bliotheca bibliographica Aureliana 55 tern ohne Melodien publiziert wurden.1 In dieser Form erschienen etwa das berühmte und 60), und D. Lohmeier, Die Ve r­ Schöne Mayenlied (Es ist ein Schnitter haißtder Todt, 1638), oder später Prinz Eugen, der breitungsfo rmen des Liedes im Barock­ edle Ritter.2 In Form von Flugschriften,billi gen Einzeldrucken oder unautorisiertenNach­ zeitalter, S. 42ff. druckenwurden aber auch »Kunstlieder im Vo lksmunde« (John Meier) popularisiert. Da­ 2 Zwey Geistliche Lieder. Das Erste Ein schönes Mayenlied [... ] (1638), nach von zu unterscheiden sind zweitens die Gelegenheitsdrucke. Vor allem zu Hochzeiten und Fr. M. Böhme, Altdeutsches Lieder­ Begräbnissen hergestellt, erreichten sie in der Regel nur einen kleinen Adressatenkreis. buch, Leipzig 21913, S. 759, in: Das Noten sind für Hochzeitslieder oder fürBraut- Täntze (wie bei Sirnon Dach) zwar nur Zeitalter des Barock, S. 971-974. - selten überliefert3, doch besteht an der gesanglichen Aufführung kein Zweifel. Die dritte Drei schöne Lieder. Das Prinz Eugen, der edle etc., Halle [ 1717], in: eben­ Form stellen Kunstlieder in handschriftlichen oder gedruckten Sammlungen dar. Dazu da, S. 975. zählt das vieltönige handschriftliche Liederbuch, das Abraham zu Dohna von 1600 bis 3 Vgl. D. Lohmeier, Die Ve rbreitungs­ 1616 angelegt hat\ ebenso wie Kaspar Stielers Gehamschte Venus (1660). Zudem bilden fo rmen des Liedes, S. 51f. >Lied< oder >Ode< im 17. Jahrhundert - nach Opitz' Vorgang - in Werkausgaben wie 4 Vgl. die Editon von H.-G. Roloff, Georg Neumarks Poetisch- und Musikalischem Lustwäldchen (1652) meistens eine eige­ Abraham Burggraf zu Dohna - ein ost­ preußischer Dichter zu Beginn des ne Kategorie, die mit der Vielfalt der Liedtöne wirbt. In ihnen parodieren auch versierte 17. Jahrhunderts, in: Kulturgeschichte Dichter gerne milieuspezifische Formen wie Studenten-, Trink- oder Soldatenlieder, un­ Ostpreußens in der Frühen Neuzeit, ter denen sich nicht wenige Kontrafakturen finden. So hat etwa Johann Georg Albinus I I hg. v. K. Garber M. Komorowski seine Felderfrischenden SoldatenLieder (1675) im Kirchenliedton gedichtet.5 A. E. Walter, Tübingen 2001 (Frühe Neuzeit 56), S. 815-942. b) Die Lieddichtung im 17. Jahrhundert läßt sich sozial und regional diversifizieren.6 5 V gl. Das Zeitalter des Barock, S. 978- Im Königsherger Kreis um SirnonDa ch mit Heinrich Albert als »musikalischem Binde­ 980 (Auswahl von vier Liedern). glied«7 blieb das volkstümliche mehrstimmige Strophenlied vorherrschend. Die 17 Paar­ 6 Zu den »Zentren des deutschen Lie­ reimstrophen in daktylischen Vierhebem, die Dachs berühmtestes HochzeitsliedAnke van des« vgl. P. Jost, ArtikelLied, MGG2, Sp. 1280-1284. Tharaw umfaßt, erstmals in Alberts Arien ( 5. Teil, 1642) erschienen, sind untypisch. Län­ 7 Vgl. G. Müller, Geschichte des deut­ gere Strophen mit altemierendem Versmaß sind die Regel. Das städtische Bürgertum in schen Liedes, S. 77ff., und S. Kross, Harnburg favorisierte dagegen das monodische Lied. 8 Den Bedarf an Sololiedem, »in Geschichte des deutschen Liedes, S. 26- vornehmen Conviviis und Zusammenkunfften bey Clavi Cimbalen, Lauten, Tiorben, Pan­ 30. Siehe dazu J. Müller-Blattau, Hein­ rich Albert und das deutsche Barock­ dom, Violen di Gamba gantz bequemlich zu g�brauchen und zu singen«, deckten Par­ lied, in: Deutsche Vierteljahrsschriftfür odien wie die Allerhand Oden und Lieder (1642) von Gabriel Vo igtländer, deren strophi­ Literaturwissenschaft und Geistesge­ sche Texte er bekannten »Italianische[n], Frantzösische[n], Englische[n] unnd anderer schichte 25 (1951), S. 401-414. Teutschen Componisten Melodien und Arien« unterlegte.9 Die Schweifreimstrophe aus 8 V gl. F. vanIngen, Philippvon Zesen und trochäischen Vierhebem, in der Voigtländer sein Schäferlied Phyllis saß in einem Bötchen die Komponisten seiner Lieder, in: Stu­ dien zum deutschen weltlichen Kunst­ dichtete, entspricht etwa der >Stabat-mater-Strophe< aus dem lateinischen Kirchengesang.10 lied des 17. und 18. Jahrhunderts, hg. v. In dieser schlichten Form, die auch Johann Rist und Philipp von Zesen pflegten, kommt G. Busch und A. J. Harper, Amsterdam die Verbürgerlichung des Kunstlieds als Gebrauchsform zum Ausdruck. Aber auch im und Atlanta 1992 (Chloe, Beiheftezum höfischen Milieu zeigt sich eine Reduktion des Kunstcharakters. So hat der Dresdner Daphnis 12), S. 53-82. 9 Vgl. die Nachweise bei H. W. Schwab, Hofdichter David Schirmer die 68 Lieder seiner Singenden Rosen (1654) auf ein einziges Zur Liedkunst GabriefVo igtländers, in: Thema beschränkt: auf Liebe und Tugend. Diese Variationen eines Themas, für die der Weltliches und Geistliches Lied des Hofmusiker Philipp Stolle die Melodien lieferte, hat er in einer schlichten und sangbaren Barock, S. 183-207. Sprache verfaßt 10 Vgl. H. J. Frank, Handbuch der deut­ schen Strophenformen, Nr. 6.30. In c) Selbst wenn Lieder oder Oden nicht gleich mit den Melodien veröffentlichtwurden, dieser Form verfaßten auch namhafte war die deutsche Lyrik des 17. Jahrhunderts stärker auf Vertonung angelegt, als bisher Dichter wie Opitz, Sigmund von Bir­ angenommen. Ferdinand van Ingen vermutet wohl zu Recht, »daß ein Großteil solcher ken oder Katharina von Greifrenberg Lieder, die wir heute als Buchlyrik betrachten, tatsächlich gesungen worden ist«.11 Dies (Spazier- oder Schäferliedlein) Schä­ ferlieder. zeigt neben der Häufigkeit der Kontrafakturen von Kirchenliedern die außerordentliche 11 V gl. F. van Ingen, Der Stand der Ba­ Beliebtheit von Liedstrophen in der Barocklyrik So wurden nach dem Muster von rocklied-Forschung in Deutschland, in: Villanellen drei Reimpaare ausjambischen Dreihebernzu einer »sechszeiligen Liedstrophe We ltliches und Geistliches Lied des Ba­ zusammengefaßt, die bei solcher Addition und mangels Verschränkung der Melodie be­ rock, S. 3-18: 10. darf, um sich als Form behaupten zu können«.12 Waren keinen Noten beigegeben, signali­ 12 Vgl. H. J. Frank, Handbuch der deut­ schen Strophenformen, Nr. 6.5 sierten häufig Melodievorsätze wie »im thon«, »auf die Melodey« oder »auf die weise«, (S. 418f.:418 ). daß es sich um Lieder handelt. Hier werden oftMelodien fr emdsprachiger Lieder, vor 344 DAS 17. JAHRHUNDERT

allem französische, italienische und niederländische, vorausgesetzt.1 Das spricht dafür, So ist etwa der Einfluß der niederlän­ daß viele Dichtungen des Barock - wie es die Theoretiker propagierten - nach vorgängigen dischen Lieddichtung auf die deutsche Lyrik noch nicht erschöpfend behan­ Melodien geschrieben wurden.2 Doch bildeten sich auch neue »barocke Liedstrophen« delt. L. P. Grijp: »Fußbank«: Strophen­ aus, wie etwa der trochäische Sechszeiler mit dem Reimschema ababcc oder die ähnliche vergleichung als heuristisches Ver­ >Coridon-Strophe< (trochäts·che Vierheber mit dem Reimschema abbacc), die Opitz nach fahren, geprüft an einigen deutschen niederländischem Vorbild geformt hatte. 3 Solche Strophenformen, die sich im 17. Jahr­ Barockliedern nach holländischen Mu­ stern, in: Studien zum deutschen welt­ hundert großer Beliebtheit erfreuten, luden Komponisten zu Vertonungen ein - das hat lichen Kunstlied, S. 107-125, nennt für Anthony J. Rarper exemplarisch an Andreas Hammerschmidts Fleming- und Hornburg­ einige deutsche Strophenformen hol­ Ve rtonungen nachgewiesen. 4 ländische Lieder als Vorbilder. 2 V gl. A. J. Harper, Zur Verbreitung und Rezeption des weltlichen Liedes um Virtuosenlied im Spätbarock 1640 in Mittel- und Norddeutschland, in: Studien zum deutschen weltlichen Nachdem die Nürnberger »Pegnitzschäfer« die daktylischen und anapästischen Verse als Kunstlied, S. 35-52: 37. klingende Metra im Deutschen etablierten und die Klangfülle durch lautmalerische Ele­ 3 Vgl. H. J. Frank, Handbuch der deut­ schen Strophenformen, Nr. 6.23. mente in der Dichtung kultivierten, entwickelte sich in Süddeutschland, aber auch in der 4 V gl. A. J. Harper, Zur Verbreitung und »Deutsch-gesinneten Genossenschaft« Philipp von Zesens ein besonderes Klangvirtuosen­ Rezeption, S. 39-44. tum.5 Die Lieddichtungenbeider Gruppen lassen eine Verselbständigungder Worteals Klang­ 5 Der Terminus > Virtuosenlied< ist seit · körper fe ststellen. Die Musikalität der Sprache, die aus der Vielzahl von Alliterationen, G. Müller, Geschichte des deutschen Assonanzen und Binnenreimen resultiert, überlagert die eigentliche Wortbedeutung.6 Ein Liedes, S. 81-141, gebräuchlich. 6 V gl. dazu R. Weber, Die Lieder des Beispiel dafürbietet die Anfangsstrophe von Zesens We inlied an eine lustige Geselschaft: Philipp von Zesens, Diss. Harnburg 1962, und�E van Ingen, Philipp von Was nützet in hitze so sitzen I und schwitzen Zesen und die Komponisten seiner in arbeit und mühe vol kummer und pein? Lieder, S. 53-82. Was nützet mit spitzen der dornen sich ritzen I 7 V gl. Philipp von Zesen, Dichterisches mit klagen und zagen entmuhtiget sein? Rosen- und Liljenthal I mit mancher­ da Rosen das RheinischeRebenbluht kröhnen I lei Lob-lust-schertz-schmertz-leid­ die allen gemühtes-sturm können versöhnen. 7 undfreudenliedern gezieret, Harnburg 1670, S. 269 (zitiert nach: Das Zeital­ Zesens selbständige Lautanalogien in Versen wie »Es klukkertverz ukkert dem Schlukker ter des Barock, S. 986). 8 Vgl. R. Weber, Die Lautanalogie in fe in lukker« (Vers 15) übertreffen fast noch die klangvirtuosen Sprachspiele der Nürnber­ den Liedern Phitipp von Zesens, in: ger Liederdichter, die die Hirten Floridan und Klajus etwa einen Wettgesang mit fo lgen­ Phitipp von Zesen 1619-1969. Beiträ­ den geteilten Versen anstimmenlassen: ge zu seinem Leben und Werk, hg. v. F. van Ingen, Wiesbaden 1972, S. 156- 181. Flor[idan]: Es flinken I und flinken I und blinken 9 Georg Philipp HarsdörfferI Sigrnund Kl[ajus]: Buntblümichte Auen I von Birken I Johann Klaj, Pegnesi­ Es schimmert I und wimmert I und glimmert sches Schäfergedicht, Nürnberg 1644 Flor[idan]: Frü-perlenes Tauen.9 und 1645, Reprint hg. v. K. Garber, Tübingen 1966 (Deutsche Neudrucke, Zesen nutzte die beterametrischen antiken Odenformen, deren Affinität zur Musik er ent­ Reihe Barock 8), Fortsetzungder Peg­ deckte, zu >lyrischen Balletten<. So dichtet er als »Pindarische Ode« ein Tantz- oder reihen­ nitz-Schäferey, S. 34. lied I zwischen einem mans- und einem weibes-bilde. 10 Die »Pegnitzschäfer« variieren aber I 0 V gl. dazu die eigene Erläuterung: Ph. von Zesen, Sämtliche Werke, Bd. X 1, noch stärkerdie Liedformen:Neben dem Sololied begegnen Reyenlieder (Tanzlieder),Duette s. 61. undEcholied er. In ihren Gemeinschaftsproduktionen verbinden sie gerneden kompetitiven 11 Harsdörffer I Birken I Klaj, Pegnesi­ We chselgesang mit dem Echolied, wie in der Fortsetzung der Pegnitz-Schäferey (1645) sches Schäfergedicht, S. 30. Vgl. dazu von Sigmund von Birken und Johann Klaj . Dort gelangen die Hirten Strephon und Klajus, F. van Ingen, Echo im 17. Jahrhun­ die »dem Gegenhall [ihre poetische] Strittigkeit vortragen«, Zur ironischen Einsicht: dert. Ein literarisch-musikalisches Phänomen in der Frühen Neuzeit, Amsterdam 2002 (Koninklijke Neder­ Kl[ajus]: Nymphe I ja uns will dein Tönen hönen hier. landse Akademie van Wetenschappen, Echo: sönen hier. Mededelingen van de Afdeling Letter­ Ha I ha I wir wollen selbst den Zwispalt schlichten. kunde, Neue Reihe 65,2). Echo: diß bald schlichten. Weil Falsch und Unrecht immer ist dein Richten. Echo: misst dein Richten. Forthin schwätzt diß Schäferpar nicht I Echo I dir. Echo: Echo dir. 11 MusiKALISCHE LYRIK IN GRössEREN GATTUNGEN 345

Zesen und den Nümbergem kultivierten damit die Musikalität der deutschen Lyrik so V gl. R. H. Thomas, Poetry and Song sehr, daß die »Dichtung selbst zu singen und zu tanzen scheint«.' in the German Baroque. A Study of the Continuo Lied, Oxford 1963, S. 72- 77 (»Poetry as music«): S. 72: »Poetry itself would sing and dance.« 2 Vgl. das Nachwort des Herausgebers Musikalische Lyrik in größeren Gattungen in: Johann Klaj, Redeoratorien und »Lobrede der Te utschen Poeterey«, Mu sikdramatische Gattungen hg. v. C. Wiedemann, Tübingen 196 5 (Deutsche Neudrucke, Reihe Barock 4), In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erschloß sich die Musik sukzessive größere S. 11 *. Zur musikalischen Auffüh­ Betätigungsfelder wie Oratorium, Kantate und Oper, die in Deutschland nach 1650 aufka­ rungspraxis vgl. die Hinweise zu Der Leidende Christus (1645), S. 248, 255 men und - von Ziegler theoretisch begründet - madrigalischen Rezitativversund liedhaf­ und S. 261. Georg Philipp Harsdörffer te Arienformen kombinierten. Vorformen zeigen sich etwa in Johann Klajs sogenannten hat in einem Begleitschreiben-dafür >Redeoratorien< (1644-50), die sich durch außerordentliche Musikalität und eine Vielfalt plädiert, daß die Chöre »in die Music von Versarten und Strophenformen auszeichnen. Doch gesungen und mit Musikbeglei­ gesetzet I und I wie bey den Griechen gebräuchlich I wolvemehmlich gesun­ tungvorgetragen wurden hier nur die zahlreichen Chorlieder, währenddie diversen Rollen­ gen werden« (ebenda, S. 242). lieder und epischen Zwischentexte Klaj wohl allein deklamierte.2 Die späteren weltlichen 3 V gl. H. Kretzschmar, Geschichte des Kantaten, die als Gelegenheitswerke zu Festen und Hochzeiten aufgeführt wurden, und neuen deutschen Liedes, Leipzig 1911, ihre geistlichen Pendants, die um 1700 ihren Platz im lutherischen Gottesdienst fanden, Reprint Bildesheim 1966, bes. S. 141- zielten dagegen ganz auf eine musikalische Aufführung.Auch die Opernlibretti, die deut­ 146. für 4 V gl. W. Braun, Die Musik des 17. Jahr­ sche Dichter Harnburg oder Wien verfaßten, kennen eine Vielfalt von Versarten und hunderts, Wiesbaden 1981 (Neues setzen wesentlich auf Rezitativ, Arie, Duett, Terzett und Chor. In der Oper, für die Opi� Handbuch der Musikwissenschaft 4), mit der Daphne für Schütz (1627) ein erstes Musterstück lieferte, verdrängtdie Aria das S. 55, und Cl. Schnitzer, Höfische Mas­ schlichte Lied, das ständisch zum »gemeinen Lied« degradiert wird. Separate Ausgaben keraden. Funktion und Ausstattung von Verkleidungsdivertissements an deut­ von Opernarien befriedigten im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts den Bedarf an geselli­ schen Höfen der frühen Neuzeit, Tübin­ gen Liedern.3 Die Verbindung von Lyrik und Musik prägt femer höfisch-theatralische gen 1999 (Frühe Neuzeit 53). Mischformen wie die sogenannten >Wirtschaften<, Schlittaden, Feiern und Tanzspiele.4 5 Den Begriff prägte wohl P. Hankamer, Deutsche Gegenreformation und deut­ sches Barock. Die deutsche Literatur im Zeitraum des 17. Jahrhunderts, Sprechdrama Stuttgart 1935 (Epochen der deutschen zur Literatur 2,2), S. 334f.; vgl. auch Das Sprechdrama des 17. Jahrhunderts tendierte zunehmend Oper, eine Gattungs­ S. 309 und 319f. interferenz, die die Forschung als »Veroperung« bezeichnet hat.5 6 Johann Rist, Sämtliche Werke, hg. v. a) Diese Tendenz findetsic h am frühesten in der Komödie, etwa im Liebeskampff, der E. Mannack, Bd. 1: Dramatische Dich­ 1630 erschienenen Sammlung von Spieltexten englischer Komödianten. In der Comedia tungen {lrenaromarchia, Perseus), von den Aminta und Si/via, einer verbürgerlichten Eindeutschung von Torquato Tassos Berlin 1967 (Ausgaben deutscher Li­ teratur 3), S. 121f. Aminta, ersetzen mehrstrophige Lieder mit unterschiedlichem Versmaß und Reimsche­ 7 Andreas Gryphius, Dramen, hg. v. E. ma die Chöre des italienischen Originals. Die drastischen >Praeludia< für Diskant und Mannack, Frankfurt a. M. !991 (Biblio­ Baß dürften auf ältere Vorlagen zurückgehen. Auch Johann Rist fordert in der Vorrede zu thek der frühen Neuzeit 3), S. 607f., seinem tragikomischen Perseus (1634), daß man ohne musikalische Untermalung Abb. 16 (vor S. 929) und Kommentar S. 1165: »Am Ende des Liedes takt­ »durchauß keine actiones comicas sol anstellen«. 6 Von dieser Gattungsaffinitätzeugt der mäßig ein Überschuß und eine falsche Peter Squentz (1658); darin parodiert Andreas Gryphius den überlebten Geschmack der Endnote. Ob es sich um einen Druck­ Meistersinger durch das vierstrophige komische Brunnenlied des »Meister Sängers« fehler oder einen Scherz handelt, ist Lollinger im dritten Aufzug, dessen Anfangsstrophe und Schluß mit Noten abgedruckt nicht eindeutig zu beantworten.« sind.? b) Auch die Tragödie kennt frühschon Liedeinlagen, vor allem in den >Reyen<, den sogenannten Zwischenakten, in denen die unmusikalischen Alexandriner zugunsten sang­ barer Strophenlieder zurücktraten. Während bis zum zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts die vier Reyen eng auf das Drama bezogen blieben, schloß Daniel Caspar von Lohenstein seine Trauerspiele mit einem fünften, panegyrischen Reyen ab, in dem Gesang und Tanz sich verselbständigten. Gerade die Reyen verwenden vielfältige Strophen- und Liedformen, und zwar sowohl Solo- wie Gruppenlieder. Doch beschränkte sich die Musikalisierung nicht auf die Reyen, sondern erfaßte auch die Dramenhandlung. In Cardenio und Celinde 346 DAS 17. JAHRHUNDERT

Andreas Gryphius, Absurda Comica. Oder Herr Peter Squentz I Schimpff- Spiel [Breslau 1663], S. 28-30.

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(1657) von Andreas Gryphius findet sich zu Beginn des zweiten Akts die Protagonistin »Celinde singend und spielend auff der Laute«. Celindes vierstrophiges Lied aus trochä­ ischen Vierhebern, das Opitzens >Coridon-Strophe< leicht variiert, ist durch Wiederho­ lung des Liedanfangs in der Schlußstrophe zyklisch gerahmt (»Fleuch bestürtzter Fürst der Sternen« und »Fleuch mein Geist!«), und auch der Übergang vom Gesang zur Alexandrinerrede wird durch die anaphorische Aufnahme des Liedanfangs gemildert (»Fleuch Geist I fleuch!«).1 Zwar gebrauchte Gryphius in seinen Trauerspielen musikali­ sche Einlagen noch zurückhaltend, doch bei den nachfolgenden Dramatikern der >Zwei­ Ebenda, S. 257f. und S. 984f. (Kom­ ten Schlesischen Schule< (A. A. von Haugwitz, J. Chr. Hallmann, D. Casper von Lohen­ mentar). stein) häufen sich Arien und madrigalische Rezitative. Insbesondere Johann Christian 2 Vgl. J. M. Moscherosch, GesichtePhil­ anders von Sittewald [!]I Das ist Straff Hallmanns Dramen variieren den Alexandriner und tauschen ihn gegen sangbarere Vers­ Schrifften, Tl. 2, Straßburg 1650, arten ein, die ,häufig ganze Szenen, besonders aber Monologpartien beherrschen. Hall­ S. 282-288 (li 3: Weiber/ob), wo der manns Arien sind meist in die Handlung integriert und dienen drei unterschiedlichen eben aus Frankreich gekommene Phil­ Zwecken: erstens als beruhigendes >Nacht-< oder >Schlafliedgen<, das zu visionären Geister­ auder ein (in französicher Sprache mit­ geteiltes) » Wälsches Liedlein [ ...] zu rezitativen überleitet, zweitens als hingebungsvolles Gebet und drittens als Preisgesang Ehren der Braunen Jungfrawen« singt der Verklärung. Duette und Terzette kommen nur gelegentlich vor, während chorische und Freymund mit einem passenderen Partien, insbesondere in Schlußszenen, an Bedeutung gewinnen. deutschen Lied auf ihre »Schwarzten Haare« antwortet; ähnlichegesangliche »Wettbewerbe« ebenda, S. 212-218 (II 2: Hanß hienüber Ganß herüber) Epik sowie S. 652-660 (li 5: Soldaten-Le­ Neben dem Drama begegnen auch in der barocken Epik Liedeinlagen. Liebes- und Klage­ ben), wo sich ein Gelehrter in einem Trupp rottender Soldaten als geselliger lieder sind ein integraler Bestandteil der prosimetrischen Schäferromane. Im heroischen Stegreifdichter profilieren möchte und Roman findet sich ebenso musikalische Lyrik wie im satirischen Roman, der die Pflege zwei Lieder von Weckherlin sowie des Gesellschafts- und Soldatenlieds realistisch abspiegelt. So werden in Johann Michael Opitz als eigene Produktionen vorträgt. Moscheraschs Gesichten des Phi/anders von Sittewall (1640-50) diverse »Sänger­ Doch der Ich-Erzähler Philauder iden­ tifiziert die fremde Herkunft der Texte, wettstreite« geschildert, in denen deutsche und fr anzösische sowie gelehrte und volks­ um anschließend mit einem eigenen tümlicheLie der miteinander konkurrieren.2 Grimmeishausens Abentheurlicher Simplicis­ volkstümlichen Lied Uff die Löbliche simus Teutsch (1669) illustriert dagegen die Praxis der Kontrafaktur: das Lied Komm Trost GesellschafftMoselsar aufzutrumpfen. LITERATUR 347

der Nacht, das der Einsiedei singt, fo lgt der Melodie von Philipp Nicolais Wi e schön Hans Jacob Christofielvon Grimmels­ leuchtet der Morgenstern.1 hausen, Werke, Bd. 1,1, hg. v. D. Breu­ er, 'Frankfurt a. M. 1989 (Bibliothek Zusammenfassend bleibt festzustellen: Der Anteil der musikalischen Lyrik an der deut­ der frühenNeuzeit 4,1), S. 34---36 und schen Barockdichtung ist viel größer, als allgemein angenommen wird. Auch ihre Wieder­ 807 (Kommentar zur Kontrafakturvon um Philipp Nicolais Andachtslied). entdeckung 1800 ist maßgeblich der musikalischen Lyrik geschuldet: Nicht nur in Des 2 Vgl. D. Martin, Barock um 1800. Be­ Knaben Wu nderhorn, sondern auch in vielen Anthologien und Gebrauchsliederbüchern arbeitung und Aneignung deutscher des frühen 19. Jahrhunderts begegnen zahlreiche Lieder des Barock.2 Literatur des 17. Jahrhunderts von 1770 bis 1830, Frankfurt a. M. 2000 (Das Abendland, Neue Folge 26), bes. S. 89-110 und S. 177-214. Literatur

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