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GESUNDHEITSFÖRDERNDE ARBEITSORIENTIERUNG in DER SCHULE Genese Und Perspektiven Einer Innovativen Aufgabenstellung

GESUNDHEITSFÖRDERNDE ARBEITSORIENTIERUNG in DER SCHULE Genese Und Perspektiven Einer Innovativen Aufgabenstellung

GESUNDHEITSFÖRDERNDE ARBEITSORIENTIERUNG IN DER SCHULE Genese und Perspektiven einer innovativen Aufgabenstellung

Inaugural-Dissertation vorgelegt von Klaus Beer

Gutachter: Prof. Dr. Rainer Müller Prof. Dr. Dietrich Milles

Bremen 2008 Prüfungsdatum: 10.12.2008

- 1 - Die Reform der Schule geht vom Prinzip der Entwicklung und der schaffenden Tätigkeit aus“. (Adolph Diesterweg, 1835)

„Nach meiner Ansicht giebt es keine noch so schwere Verantwortlichkeit, die derjenigen eines Mannes verglichen werden könnte, der in unseren bedeutungsvollen Zeiten sich amtlich berufen lässt, die Schulangelegenheiten eines deutschen Landes zu leiten, und der sich mit heitrer Stirn und kühlem Herzen begnügt, die Dinge gehen zu lassen, wie sie gehen.“ (Alois Geigel, 1875)

„Das Kapital ist […] rücksichtslos gegen Gesundheit und Lebensdauer des Arbeiters, wo es nicht durch die Gesellschaft zur Rücksicht gezwungen wird:“ ( Karl Marx, 1867)

„Vom ethischen Standpunkt aus betrachtet liegt die tragische Schwäche der jetzigen Schule darin, dass sie sich bemüht, zukünftige Mitglieder des Gemeinwesens in einer Umgebung zu erziehen, in der die Bedingungen des sozialen Geistes vollständig fehlen.“ (John Dewey, 1900)

Lehren „Der nicht versteht, muß erst das Gefühl haben, dass er verstanden wird. Der hören soll, muß erst das Gefühl haben, dass er gehört wird.“ (Bertolt Brecht 1932)

„Das Arbeiterkind steht faktisch und symbolisch für alle Kinder, die der Ausbeutung, der Unterdrückung und der Ausgrenzung unterliegen …. Sollte die Situation entstehen, daß du überhaupt keine politische Handlungsmöglichkeiten und nur schmale Auswege siehst, so […] nimm einen Text Brechts zur Hand. Ich empfehle Dir die Keuner- Geschichten[…].“ (Oskar Negt, 1995)

- 2 - Inhaltsverzeichnis: Seite 0. Vorwort 4 1. Problemaufriss und Zielsetzung 14 1.1. Arbeit und Gesundheit als pädagogische Orientierung 14 1.2. Gesundheit und Gesundheitsförderung in pädagogischen Konzeptionen 24 1.3. Arbeit und Erwerbsarbeit in pädagogischen Konzeptionen 33

2. Arbeits- und gesundheitswissenschaftliche Konzepte in der Schule 40 2.1 Konzeptionen in der pädagogischen Aufgabe zwischen Schule und Betrieb 40 2.2 .Ansätze in der Arbeitslehre und der beruflichen Bildung 50 2.3. Ansätze der „gesunden Schule“ 65 2.4. Schule in gesellschaftlicher Wirklichkeit 83

3. Arbeitserziehung und Schule in der Entwicklung 100 3.1. Traditionen der Arbeitserziehung 108 3.1.1. Frühe Konzeptionen und Pestalozzis gesellschaftliche Arbeitsamkeit 108 3.1.2. Philantropische Fürsorge oder schaffende Tätigkeit in der frühen 113 Industrialisierung 3.1.3. Sozialkritische Positionen 117 3.1.4. Kontrolle und Inklusion in der preußisch- deutschen Gesellschaft 122 3.1.5 Sozialreformerische Arbeitsschulen 125 3.1.6. Differenzierung der Arbeitserziehung zum Anfang des 20. Jahrhunderts 129 3.1.7. Arbeitsschule im Arbeiter- und Bauernstaat und der Weimarer Republik 137 3.1.8. Arbeit als nationalsozialistische Erziehung 146 3.1.9. Verdrängung und Wiederauferstehung der Reform 151 3.2. Berufs- und tätigkeitsbezogene Qualifizierung nach dem 2. Weltkrieg 158 3.3. Gesellschaftlich begründeter Arbeiterschutz in historischer Tradition 189 3.3.1. Kontrolle der Arbeitsentwicklung 189 3.3.2. Abweichung und Integration 198 3.3.3. Unfall- und Arbeiterschutz 206 3.4. Nützliches Arbeiten und gesundes Arbeiten 208

4. Praxis der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung 220 4.1. Praktische Ansätze in der Schnittstelle von Arbeitslehre und 220 Gesundheitswissenschaft 4.2 Problemlagen und Problemlösungen 231

- 3 - 4.3. Checkliste der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung 240 4.4. Unterrichtsbeispiele 245

5. Zusammenfassung 248 6. Abstract 253 7. Literaturverzeichnis/ Quellenverzeichnis 254

Anhang 316

- 4 - 0. Vorwort

Gesundheit und Bildung sind in unserer Gesellschaft in eine schwere Krise geraten. Obwohl beide Bereiche zu den elementarsten Bedingungskontexten unserer Gesellschaft gezählt werden, liefern ihre dokumentierten Brüche, etwa in der Gesundheitsreformdiskussion oder der Pisa- Folgendiskussion wichtige Hinweise auf erhebliche Defizite unserer Gesellschaft insgesamt. Nach Artikel 2 des Grundgesetzes hat in der Bundesrepublik Deutschland jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dieses Recht richtet sich nicht nur gegen unmittelbare Bedrohungen, etwa durch kriminelle Handlungen. Eingeschlossen sind auch Gefährdungen der Gesundheit, die in solchen Bedingungen entstehen, für die eine gesellschaftliche Verantwortung gegeben ist. Vor allem wenn Leben und körperliche Unversehrtheit durch Personen oder Institutionen bedroht werden, die der verfassungsmäßigen Ordnung unterliegen, muss der Staat eingreifen. An diese grundgesetzliche Verpflichtung ist insbesondere die Schule gebunden, die als staatliche Einrichtung besonders aufgerufen ist, die Grundgedanken unserer Verfassung zu verfolgen. Das allgemeine Menschenrecht, das auch vom Europarat 2002 in . 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgehalten wird, begründet den Schutz vor willkürlichen und absichtlichen Gefährdungen. Die Frage ist, ob und inwieweit Maßnahmen der Sicherung und des Schutzes im Sinne der Förderung und der Erhaltung von Leben und Gesundheit eingeschlossen sind. Betrachtet man den Auftrag der Schule, liegt es nahe, auch Förderung und Erhaltung als Verpflichtung anzusehen. Denn in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist das Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit und Entwicklung der eigenen Fähigkeiten eingeschlossen. Ein gesundheitlicher Schutz des Schulkindes bezieht sich also auf einen fördernden Entwicklungsprozess und einen pädagogischen Auftrag. Demgegenüber sind in der Schule jene zwei Tendenzen wirksam, die in der modernen gesellschaftlichen Entwicklung auszumachen sind und in denen die grundgesetzliche Verpflichtung aufweicht: die Individualisierung der Verantwortung und die Normalisierung des Risikos. Mit diesen beiden Tendenzen treten die Aspekte der Förderung und Erhaltung der Gesundheit, der Entwicklung und Stärkung gesundheitlicher Ressourcen in den Hintergrund. Als Individualisierung der Verantwortung sind hier Vorgänge zu verstehen, in denen sozialstaatliche Probleme und Fragen von der staatlichen Ebene auf eine individuelle Ebene verschoben bzw. verdrängt werden. Der einzelne Bürger wird somit in seiner doppelten Rolle als Subjekt und als Teil der Gesellschaft ausgenutzt. So wird unter Verweis auf subjektive Verantwortlichkeit und unter dem Deckmantel der „Bürgerbeteiligung“ alles das hervorgehoben, was die strukturelle Verantwortung von Staat und Gesellschaft entlastet, während alles das betont wird, was dem einzelnen Bürger übertragen werden kann. Diese Individualisierung als vermehrte Aufgabe kollektiver Verantwortung sehen wir aktuell bei der Begleichung und Verhinderung der Kosten im Gemeinwesen: - 5 - Eigenbeteiligung in der Sozialversicherung, Betonung des Gesundheitsverhalten, Zurückstellung verhältnispräventiver Maßnahmen usw. Als „Normalisierung des Risikos“ verstehe ich hier Vorgänge, in denen gesellschaftlich zu verantwortende Missstände als Implikationen der notwendigen Naturbeherrschung gefasst und der gesellschaftlichen Gewöhnung überantwortet werden. In langer Tradition vergesellschafteter Risiken werden immer größere Ausmaße möglicher gesundheitlicher Risiken als normal hingestellt: Bestandteile des Trinkwassers, toxisch wirkende Einträge in die Atemluft, Wohngifte, Verunreinigungen im Tierfutter, Restgifte im Essen, Pflanzenschutzmittel, UV-Strahlungen usw. Die aktuelle gesellschaftliche Bewertung dieser Vorgänge als Entsolidarisierung bewirkt nicht nur eine De- Skandalisierung oder besser Dethematisierung1 solcher Missstände, sondern verhindert auch eine notwendige Politisierung, eine kritische und pra- xisverändernde Auseinandersetzung über den Umgang mit diesen Risiken und Missständen. Beide Tendenzen wirken zusammen und ergänzen sich dyssynergetisch. In jedem Fall werden die gesellschaftspolitischen Aufgabenstellungen, die Aufgaben der Gesundheitsförderung und damit auch die Bildungsaufgaben hintan gestellt. So werden einerseits alle möglichen Risiken auf eine gemeinsame gesellschaftliche Verantwortlichkeit abgeschoben, von dort allerdings wieder als individuelle Problemlage an die betroffenen Bürger zurückdelegiert. Die Ausbildung notwendiger Bewältigungskompetenzen wird damit jedoch ebenfalls auf eine tendenziell individuelle Angelegenheit reduziert. Es ist davon auszugehen, dass es entscheidend für den grundgesetzlichen Auftrag der Schule ist, diesen „circulus vitiosus“ zu erkennen und zu durchbrechen. Wie verankern wir öffentliche (nicht individuelle) Gesundheitsförderung und gesundheitspolitische Bildungsaufgaben im Alltag der Schulen?2 Aus der in Artikel 7 GG festgehaltenen Aufsicht des Staates ergibt sich zwingend, die Bildungsaufgaben gesamtgesellschaftlich festzulegen. Für die schulische Praxis ist hierbei wichtig, den jungen heranwachsenden Staatsbürger umfassend entscheidungs- und handlungsfähig zu machen. Ein solcher neu zu findender Erziehungs- und Bildungskonsens muss sich einerseits

1 Dieser Begriff wurde von Rainer Müller und Dietrich Milles in den 1980er Jahren eingeführt (Müller 1985; Milles, Müller 1987). 2 Sinnfällig ist dieses hier in folgendem Gedicht von Bertolt Brecht als beständige Aufgabe gefasst: Glückliche Begegnung An den Junitagen im Junggehölz Hören die Himbeersucher vom Dorfe Lernende Frauen und Mädchen der Fachschule Aus ihren Lehrbüchern laut Sätze lesen Über Dialektik und Kinderpflege. Von den Lehrbüchern aufblickend Sehen die Schülerinnen die Dörfler Von den Sträuchern die Beeren lesen. - 6 - in dem besonderen Raum der Institution Schule curricular etablieren und sich andererseits auf die gesellschaftliche Wirklichkeit insgesamt einlassen. Dies gelingt, so wird hier angenommen, in der Sache durch den breiten Einbezug gesellschaftlicher Arbeitsvorgänge, durch den Blick auf den Produktionsbezug, und in der Didaktik durch die enge Verbindung zwischen Unterricht und Produktion. Hierfür gibt es einen traditionellen Ansatzpunkt in der Berufsvorbereitung, die in allen Schulformen vorgesehen ist. Und hierfür gibt es vielfältige historische Vorbilder und Erfahrungen. Zum Ende des 19. Jahrhunderts ist mit der Realbildung auch eine Arbeitsorientierung in die Schulen gelangt. Der Münchener Oberschulrat Georg Kerschensteiner formulierte: „Eine öffentliche Schule, die auf geistige wie manuelle Berufe vorzubereiten hat, ist daher schlecht organisiert, wenn sie keine Einrichtung hat, die praktischen Neigungen und Fähigkeiten des Zöglings zu entwickeln.“ 3 Diese zentrale Idee der „Arbeitsschule“, wie sie insbesondere von John Dewey um die Wende zum 20. Jahrhundert ausgearbeitet wurde, ist leider in den vielen historischen und politischen Wirren und Sackgassen unserer neueren Bildungslandschaft weitgehend verloren gegangen. Es ist ein zentrales Anliegen vorliegender Arbeit, diese Idee wieder zu thematisieren. Schule soll sich den komplexen Aufgaben des gesellschaftlichen Lebens öffnen und Elemente gemeinsamer produktiver Arbeit entfalten. In der langen Geschichte der Arbeitslehre ist heute hieraus vor allem die Aufgabe geblieben, „die Schülerinnen und Schüler [...] auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten“ (KMK 8./9.10.1987). Diese Aufgabe steht nun, auch in der europäischen Dimension, wieder vor der Frage, wer die „Anforderungen der Ar- beitswelt“ und damit eigentlich die schulischen Aufgaben definiert. Die vorliegende Schrift versucht, die häufig gegebenen einfachen Antworten zu problematisieren oder zu hinterfragen. Einfache Antworten beziehen sich auf die Praktika, die zur Berufsvorbereitung dienen sollen und die vor allem erste Eindrücke einer an sich fremden Welt vermitteln. Einfache Antworten beziehen sich auch auf die Anforderungsprofile derjenigen Betriebe und Branchen, die berufliche Ausbildung betreiben und überhaupt den Weg von der Schule in die Erwerbstätigkeit (school to work transition) markieren. Einfach sind die Antworten auch dann, wenn die produktive Tätigkeit auf die Erledigung von Arbeitsaufträgen reduziert und ein weiterer, komplexerer Begriff von Arbeit in der Gesellschaft ausgeblendet wird. Zwei Aspekte komplexer Arbeitsorientierung werden demgegenüber im Folgenden heraus gestellt. Damit soll zugleich ein sinnvoller Anknüpfungspunkt an die Tradition der „Arbeitsschule“ vorgeschlagen werden. Zum einen soll u.a., der Tradition John Deweys folgend, die schulische Arbeit selbst als produktive Arbeit begriffen und die „Schule selbst zu einem naturgemäßen Teil des Gesamtlebens" (Dewey) gemacht werden. Zum anderen soll die Kategorie

3 Kerschensteiner, G.: Begriff der Arbeitsschule. München, 1912 (1969), S.19f Tillmann, K.J.: Sozialisationstheorien. Eine Einführung in den Zusammenhang von Gesellschaft, Institution und Subjektwerdung. Reinbek, 281 S., 1. Auflage 1989, 13. Auflage 2003, S.30 - 7 - Gesundheit als zentrale und übergeordnete Wertigkeit unter einem pädagogischen Verwertungsinteresse thematisiert werden, damit die jeweiligen Interessengegensätze oder gar Spaltungen im gesellschaftlichen Bezug überwunden werden bzw. nicht blockierend wirken können. Dieses Anliegen wird durch aktuelle Entwicklungen in der schulischen Wirklichkeit, d.h. im unterrichtlichen Alltag, den bildungsadministrativen Vorgaben, aber auch in der pädagogischen Fachdiskussion angeregt. Insbesondere die PISA-Studie (Program for International Student Assessment) rüttelte 2001 die eingeschlafene Bildungs-Diskussion auf4. Die Studie stellte dem deutschen Schulwesen in vielen Bereichen ein vernichtendes Urteil aus. Mit einfacher Logik wurde nach den sog. Basiskompetenzen gefragt. Solche Basiskompetenzen, wie Lesen, wurden in der Studie auf das spätere Leben, vor allem die berufliche Ausbildung, Weiterbildung und Praxis bezogen. In der Bewertung der Lesekompetenz waren nur noch Luxemburg, Mexiko und Brasilien schlechter! Besonders schwer taten sich deutsche Schüler bei anspruchsvollen Aufgaben, die mit Reflektieren, Bewerten, Transfer und Anwenden bisherigen Wissens verbunden waren. Mit diesem schockierenden Ergebnis waren, bei aller methodischen Kritik an der Untersuchung, notwendige Reformen begründet. Die Diskussion wandte sich vor allem gegen frühzeitige Selektionsvorgänge und betonte schulspezifische Integrationsaufgaben. Allerdings führte die fachspezifische Anordnung der Studie nicht zu einer Gewichtung der Aufgaben, die über das unmittelbare Schulsystem hinausgehen und die, wie insbesondere arbeitsbezogene Bildungsaufgaben, den Anschluß zur Kompetenz in Lebens- und Arbeitswelten herstellen. Es kommt m.E. nicht von ungefähr, dass mittlerweile der Reformdruck, der mit der PISA-Studie aufkam, wieder abflacht ist. Die Orientierung auf die Arbeitswelt als Unterrichtsthemenfeld der Schule kann hoffentlich die notwendigen Re- formbemühungen auch in dieser Hinsicht vorantreiben. In der schulischen Wirklichkeit sind, mit initiiert durch den gesellschaftlichen Wandel, arbeitsweltbezogene Themen verdrängt worden. Dies hat sicherlich mit enttäuschten Reformillusionen vieler Pädagogen, besonders der „reformpädagogischen Lehrerjahrgänge“ der 70iger Jahre, zu tun. Die verfügungsmachtbestimmten Herrschaftsverhältnisse in der Arbeitswelt erwiesen sich als stabiler und die vielfältigen Versuche, gesellschaftliche Reformen über die Thematisierung der Arbeitswelt (z.B. im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt) oder Problematisierung sozialer Ungleichheit (z.B. nach dem literarischen Motto „Ihr da oben, wir hier unten“) in der Schule zu initiieren, versandeten. Die Thematisierung gesellschaftlicher Disparitäten oder die beabsichtigte unterrichtliche Behandlung von „Opfern des gesellschaftlichen Fortschrittes“ geriet aus dem bildungspolitisch-pädagogischen Blickfeld. Viele Lehrer resignierten oder gingen in eine „innere Emigration“, die

4 In diesem Kontext sei vorab auf den „Sputnik-Schock“ im Oktober 1957 verwiesen, der erhebliche Anstrengungen im Bildungssektor der USA, aber dann auch in der BRD auslöste, vergleichbar, wie sie heute, allerdings nicht so ausgeprägt, in der Folge der PISA – Studie unternommen werden ! - 8 - gesellschaftspolitische Thematisierung und Problematisierung von der Arbeitswelt aus war offenbar nicht mehr durchsetzbar. Diese breite Einschätzung bestimmt bis heute eine fatale und lähmende, dennoch nicht hin- nehmbare Entwicklung5. Auf der anderen Seite gibt es ein sehr breites und anfänglich euphorisches Bemühen, gesundheitliche Aspekte und Inhalte in die Schule zu bringen. Mit deutlichem Bezug auf die WHO-Programmatik (siehe. Kap. 3) wurde Schule als beispielhaftes „setting“ genommen, in dem Gesundheitsförderung praktiziert werden sollte. Mittlerweile finden wir breite regionale und auch verschiedentlich unterstützte Aktivitäten. So bietet die Bertelsmann-Stiftung an, den Anschub gesundheitsfördernder Maßnahmen in der Schule durch Bündelung und Koordination der Ressourcen zu unterstütze. Das Ziel des Programms, das von August 2002 bis Dezember 2007 läuft, ist die Entwicklung zur "guten gesunden Schule", die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag erfolgreich umsetzt, auf die Entwicklung von Qualität und Gesundheitsbildung Wert legt und damit einen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung leistet. Der Deutsche Bildungsserver bietet einen reichen Überblick über solche Bemühungen. Diese Bemühungen gehen jedoch in einem wichtigen Kern von allgemeinen Problemlagen aus, die eine Bedeutung für Public Health haben, die aber nicht in den traditionellen und elementaren Aufgaben der Schule verankert sind. Diese Problemlagen sind vor allem Ernährung und Bewegung, die sich aufgrund der modernen Lebensstile in den Industrieländern dramatisch verschärft haben. Insofern alle wirkungsvollen Bekämpfungen dieser Probleme besonders bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, konzentrieren sich entsprechende Bemühungen auf die Schulen. In den Schulen selbst sind jedoch genau ent- gegengesetzt die bekannten Möglichkeiten, namentlich im Sportunterricht und der Hauswirtschaftslehre, eingeschränkt worden. Darüber hinaus sind gerade die Möglichkeiten in der Schule sehr stark auf die Vermittlung gesundheitsförderlichen Verhaltens fokussiert. Diese beiden Beispiele zeigen, dass die besondere Verbindung von Public Health und Schule nicht aus der Schule selbst heraus entwickelt, sondern über allgemeine Public-Health-Positionen in das Setting hinein getragen wurden. Tatsächlich finden wir in der schulischen Praxis vor allem Ansätze in den Schulfächern Biologie und Sport, weil hier auch die stärkste Wirkung auf das Gesundheitsverhalten angenommen wird. Zugleich erfahren wir jedoch in dem schulischen Alltag, dass die Ansätze zur Verhaltensänderung allein nicht aus- reichen, sondern dass vielmehr die räumlichen, zeitlichen und organisatorischen Bedingungen der Schule und vor allem die Sozialisationsdefizite der Schüler nicht durch Verhaltensänderungen anzugehen sind. Oder anders, dass selbst zur

5 Bereits 1976 formulierten der Bremer Sozialpsychologe Wilfried Gottschalch u.a: “Immer wieder wurde gefragt, wieweit von der Arbeit im Sozialisationssektor emanzipierende Wirkung ausgehen kann. Unsere Erwartungen sind in dieser Hinsicht nicht allzu groß…“ Und weiter:“ Feundliche Lehrer können diesen Prozeß mildern, verändern können sie ihn nicht. Das wäre nur auf dem Wege durchgreifender politischer Aktionen möglich.“ In: Gottschalch, Wilfried; Neumann-Schönwetter, Marina; Soukup, Gunther: Sozialisationsforschung. – Frankfurt/M. 1976, S. 9/19 - 9 - nachhaltigen Änderung des Verhaltens auch die Berücksichtigung weiterer Wirkungszusammenhänge, vor allem auch sozialer Natur, nötig ist. Die Berücksichtigung weiterer Wirkungszusammenhänge in dem pädagogischen Auftrag der Schule ist daher das eigentliche Anliegen vorliegender Arbeit. Hierfür bietet Public Health Anregungen und Anstoß, jedoch keine Lösung. Eine weitere Anregung über die Thematisierung hinaus ist in der WHO- Programmatik zur Gesundheitsförderung verankert und zielt auf Netzwerke. Gerade die Schule, die konkret in den schwierigen Bedingungen überfordert ist, kann auf diesen Aspekt nutzbringend zurückgreifen. Die Verbindungen zu außerschulischen Institutionen herstellen, die regionale und kommunale Verankerung der Schule fördern und die Eltern einzubeziehen, das sind wichtige Impulse, die durch Ansätze der Gesundheitsförderung in die Schule gegeben werden. Verknüpfungen und Vernetzungen sorgen auch für eine nachhaltige Sicherung und Praxis gesundheitsförderlicher Maßnahmen. Schließlich werden insbesondere auch die Chancen erkannt, die in der Verbindung zwischen solchen Netzwerken und dem eigentlichen schulischen Auftrag bestehen. So soll „mit Gesundheit Schule gemacht“ werden (Nilshorn, Schminder 2005). Diese Weiterung wird gerne als „Gesundheitsmanagement“ bezeichnet. Diese neue Ausrichtung meint nach einem Grundlagen-Papier des Hessischen Kultusministers 2008: „Schulen und Institutionen der Bildungsverwaltung befinden sich in einem Wandlungsprozess, der Veränderungen innerhalb der Organisationen, der Ziele und Schwerpunkte, der Strukturen und Arbeitsprozesse und damit der Aufgaben und Rollen für handelnde Personen bedingt. Damit diese Prozesse steuerbar und für alle Beteiligten gestaltbar werden, sind neue Steuerungskonzepte und -instrumente nötig, um hierbei auch die Gesundheit der Betroffenen nicht zu gefährden. Arbeitsbedingte Erkrankungen und Krisen, Mobbing, innere Kündigung, Fehlzeiten oder Frühpensionierungen aufgrund krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit können sensible Indikatoren für eine misslingende Steuerung sein und Leistungs- bereitschaft, Wohlbefinden, konstruktive Konfliktfähigkeit oder aktive Krisenbewältigung können Anzeichen sein, die auf ein erfolgreiches Management hinweisen. Gesundheit ist jedoch nicht nur ein Indikator, sondern auch eine Ressource, die als Bedingung und Potenzial für Entwicklung, für Lern- und Leistungsfähigkeit und damit auch für eine gelingende Bewältigung von Veränderungen wirkt und mit der deshalb gut und verantwortungsvoll umgegangen werden muss. Gesundheitsförderung braucht ein Management, damit Gesundheitsförderung zum integralen Bestandteil der Bildungsorganisationen wird, und Organisationen brauchen Gesundheitsförderung, damit diese sich für und mit den Betroffenen gesundheitsverträglich entwickeln und managen lassen. Gesundheitsförderung erfordert deshalb ein eigenes (Gesundheits-) Management, damit Gesundheit zum Gegenstand der Voraussetzungen, Strukturen, Prozesse und Ergebnisse von Bildungsorganisationen wird. Gesundheitsmanagement nutzt Erkenntnisse der Gesundheitswissenschaft, der Arbeitsmedizin/-psychologie, der Kindheits- und - 10 - Jugendforschung sowie der Organisationssoziologie, um die Gesundheit sowie die Lern- und Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern aber auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bildungsverwaltung zu fördern und zu erhalten.“ Gesundheitsförderung mit ihren Impulsen „Vernetzung“ und „Management“ kann die Bedingungen der Schule breit und vielschichtig wahrnehmen. Allerdings sind diese Chancen noch sehr eingeschränkt aufgegriffen worden. Es geht in den entsprechenden Projekten und Maßnahmen nach wie vor in erster Linie um die Verbindung mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst nebst entsprechenden Möglichkeiten der Suchtberatung o.ä.. Vor allem geht es inhaltlich vor allem um Ernährung als Unterrichtsthema oder um Pausenbrot als Maßnahme. Der bislang wenig entwickelte inhaltliche Bezug zu Institutionen und Partnern außerhalb der Schule und die damit verbundenen Möglichkeiten der Vernetzung können durch die Arbeitsorientierung entscheidend voran gebracht werden. Denn dabei geht es eben nicht mehr nur um gesundheitswissenschaftliche Inhalte, die in die Schule mit der Absicht der Vermittlung getragen werden, bzw. um gesundheitlich ausgewiesene Angebote, sondern auch um Wechselwirkungen zwischen schulischem Arbeitsalltag, Lernzielen und pädagogischem Auftrag der Schule insgesamt. Einbezogen werden können auch Belastungen von Schülern und Lehrern. Die nachfolgenden Argumente dienen daher auch dazu, dem vielfach kritisierten Leistungsstand der deutschen Bildung neue Impulse zu verleihen. Denn der Bezug auf Arbeit und Gesundheit ermöglicht, die humanistischen und die neuen „realen Bildungsziele“ nicht als Gegensatz zu konzipieren. So können sowohl die persönliche Fähigkeit, die Entwicklung eigener Fertigkeiten und Erfahrungen, aber auch der Selbstwert auf der einen Seite sowie die in- strumentelle Fähigkeit, die Wissensbestandteile oder auch Aufgabenerfüllung in der Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt werden. „Arbeit“ und „Gesundheit“ können für die Allgemeinbildung wieder genutzt und als positive Steuerungselemente der Bildung neu entdeckt werden. Sie stecken eben in den wichtigen Lebens- Arbeits-, und Lernprozessen und verbinden sowohl gesellschaftliche als auch individuelle Entwicklungen, Erfahrungen, Analysen und Perspektiven. Doch sie sind so nicht an den Bildungsapparat mit der Bitte um Vermittlung und Verbreitung heranzutragen (z.B. entlang der Aufforderung „Gesundheit auf den Stundenplan“), sondern tatsächlich nur in dem höchst eigenen Geschäft aller Betroffenen herzustellen und zu verankern. „Arbeit und Gesundheit“ ist zunächst auch eine Angelegenheit der Institution Schule, nicht des Unterrichtsstoffes oder der Unterrichtsverpflichtung allein. 6Gleichwohl ist es selbstverständlich wichtig, die Lehrinhalte in den Fachunterricht einzubauen. Daher konkretisiert sich die eigentliche Aufgabenstellung darin, im jeweiligen Fachunterricht die Verbindungen zwischen dem Lernort Schule und den anschließenden beruflichen Anforderungen herzustellen. Es gibt traditionelle

6 vgl. dazu: Bremer Lehrer Zeitung - BLZ, Themenschwerpunkt Gesundheit, Ausgabe 6, Bremen 2005 - 11 - Unterrichtsfächer, in denen gesundheitsrelevante Inhalte eine Rolle spielten und spielen. Hierzu gehört in erster Linie der Biologie- und dann, oft eher selbstverständlich und nicht weiter betont, der Sportunterricht. Meines Erachtens jedoch ist besonders das Lernfeld Arbeitslehre gefordert, den Komplex „Arbeit und Gesundheit“ aufzugreifen und hier solche Inhalte querthemenorientiert aufzubereiten, in denen die produktive Schule und die Qualifizierungsangebote der Arbeitswelt begriffen und im Lernprozess angeeignet werden können. Daher folgt die Argumentation hier nicht den gängigen Bemühungen um eine „gesunde Schule“ im Sinne der WHO-Programmatik, sondern den historischen Strängen der „Arbeitsschule“ und der „Arbeitslehre“. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit folgt aber nicht nur zentralen Aufgabenstellungen schulischer Bildung, sondern zugleich biografischen Schwerpunkten meiner bisherigen Auseinandersetzung mit der Dialektik von Arbeit und Bildung. Dies scheint mir, im Rückblick wie in der systematischen Gewichtung, zugleich ein wichtiger erwerbsbiographischer Folgepunkt: Arbeit und Gesundheit sind pädagogisch umfassend vermutlich nur wirklichkeitsbezogen und erfahrungsbasiert zu vermitteln! Mit den vorgestellten inhaltlichen Bezugspunkten verbindet sich ein langjähriger eigener Erfahrungshintergrund, der in die nachfolgende Argumentation eingeht. In meiner persönlichen Entwicklung nahmen gegen Ende der Schulzeit 19687 und mit Beginn der Berufsausbildung die politisch motivierten Fragestellungen und Auseinandersetzungen, auch mit literarischen Vorlagen, zu. Beispielhaft hierfür möchte ich die Auseinandersetzung mit Bertolt Brecht hervorheben, weil Brecht für mindestens eine ganze Schülergeneration einen Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Bildungsaufgaben darstellte. Brecht hat erst relativ spät und hauptsächlich über eine politische Argumentationslinie die Arbeitswelt in den Blick genommen. Beispiel hierfür ist etwa das Gedicht „Kohlen für Mike“ (1926), das solidarisches Verhalten von Bremsern auf Dampfloks lobt, die Kohlen in den Garten der Witwe eines verstorbenen Eisenbahners warfen. Selbst in dem Stück „Mutter Courage“ (1939) wird die Hauptfigur von der Auseinandersetzung mit Armut und Herrschaft her gezeichnet: die „Verhältnisse“, die nicht so sind, sind durch zweifelhaften Krieg und zweifelhafte Überlebensstrategien gekennzeichnet, nicht aber durch den eigentlich ideologisch behaupteten Aufbau einer neuen Gesellschaft aus den Fähigkeiten der arbeitenden Menschen. Selbst in der Auseinandersetzung mit dem Zweck der Produktion blieb Brecht, wie hier nachfolgend in der „Kriegsfibel“, unklar; unter Bilder von Arbeitern in einem Eisenwerk schrieb er: „Was macht ihr Brüder? – Einen Eisenwagen. Und was aus diesen Platten dicht daneben? Geschosse, die durch Eisenwände schlagen.

7 Eine erste poltisch- literarische Begegnung mit der „Lage der lernenden Schüler“ bildete: Liebel, Manfred; Wellendorf, Franz: Schülerselbstbefreiung.- Frankfurt am Main 1968 - 12 - Und warum all das, Brüder? – Um zu leben.“8 In dieser Logik, die irritieren und auf die Widersprüchlichkeit der Lebensbedingungen aufmerksam machen will, stehen die Notlagen und die Schwierigkeiten des arbeitenden Menschen unter Bedingungen, die sie nicht verantworten, im Mittelpunkt. Aber es gibt noch keinen Hinweis auf eine positive Lösung. Dies resultiert aus dem Umstand, so meine Hypothese, dass Brecht seine positive gestaltende Wertorientierung nur aus politischer Ideologie ableitete. Möglich wäre aber auch eine Orientierung an Gesundheit. Die Orientierung an Gesundheit schließt auch eine politische Gestaltungsdimension ein, aber diese wäre eben nicht aus einer historischen Gesetzmäßigkeit oder aus einer vorgestellten idealen Gesellschaftsordnung abgeleitet. Eine Orientierung an Gesundheit kann sich doch auf lebendige Wirkungszusammenhänge und lebendige Kräfte beziehen. Eine solche Orientierung auf Gesundheit fehlt im Werk Bertolt Brechts fast vollständig. Das gesellschaftspolitische Engagement und die ideologische Dimension könnten durch einen Bezug auf Gesundheit und Arbeit vereinheitlicht und angereichert werden. Denn auch der Bezug zur Arbeitswelt bleibt bei Brecht durchgängig marginal. Eigentlich bekannt und zentral im Werk von Bertolt Brecht ist lediglich das Gedicht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ (1935) aus den Svendborger Gedichten. „Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt? Und das mehrmals zerstörte Babylon – Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute. […]“ Hier gibt es zwar einen unmittelbaren Bezug auf arbeitende Menschen. Doch der eigentliche Zweck des Gedichts liegt in der irritierenden Nachfrage, was denn Herrschaft legitimiert und wer in welcher Weise profitiert. Es ist im Grunde nach wie vor ein klarer Bezug auf die gesellschaftliche Distribution, auf die ungerechte Verteilung der Güter, bzw. auf den Umstand, dass aus dem Besitz der Güter keine eigentlichen politischen Ansprüche abzuleiten sind. Wie aus dem Aufbau Thebens oder dem Herbeischleppen der Felsbrocken eine andere Gesellschaft aufzubauen wäre, bleibt verborgen. Das Interessante an Brecht war mir seinerzeit die konsequente Politisierung in seiner Auseinandersetzung. Brecht nahm die gesellschaftliche Wirklichkeit als gestaltete und zu gestaltende und er wollte diese Gestaltung „von unten“ her organisiert wissen. Daher stellte er Themen sozialer Ungerechtigkeit in den Mittelpunkt. Allerdings berief er sich hierbei zwar auf marxistische Theorie und Arbeiterbewegung, sein tatsächlicher und thematischer Bezug zur Arbeitswelt war jedoch, obwohl klar, eher spärlich.

8 Das als dialektisches Stück in die Widersprüchlichkeit der Arbeiterrealität hineinweisende Gedicht zeigt die Mühen auf, denen sich derjenige unterwerfen muss, der die Welt verstehen und verändern will! - 13 - Was jedoch in meiner Auseinandersetzung mit Brecht enthalten war, weitgehend ohne dies bewusst zu reflektieren, bezog sich auf die Arbeitsmethode Brechts: Bertolt Brecht verstand sein literarisches Schaffen und sein Theater selbst als Arbeit und er bezog die Reflexion über das Produzieren von Gedicht, Prosa und Stück in sein inhaltliches Anliegen ein. Aussage und Arbeit waren nicht getrennt. War sein politisches Anliegen in der Tat verbunden mit seiner Arbeitsweise? Immer wieder wurde, insbesondere aus der Bundesrepublik, von Literaturkritikern angemerkt, die politische Position wäre dem Literaten im Grunde aufgesetzt. Die 1954 formulierten Thesen zum Sozialistischen Realismus auf dem Theater sprechen eine andere Sprache: „Ein Großteil des Vergnügens, die jede Kunst zu verschaffen hat, ist beim sozialistischen Realismus das Vergnügen an der Meisterungsmöglichkeit des menschlichen Schicksals durch die Gesellschaft.“9 In diesem Sinne gibt er der literarischen Arbeit einen produktiven Sinn. So gibt es bei Brecht zwar eher dogmatische Auseinandersetzungen mit Arbeitswelt und Arbeitern, aber doch eine prinzipielle Orientierung auf produktive Bewältigung: „Das sozialistische Kunstwerk geht von den Gesichtspunkten der proletarischen Klasse aus und wendet sich an alle Menschen guten Willens. Es zeigt ihnen das Weltbild und die Absichten der proletarischen Klasse, welche sich anschickt, die Produktivität der Menschen durch eine neue Gestaltung der Gesellschaft ohne Ausbeutung in bisher unerhörter Ausdehnung zu steigern.“ 10 Diese Orientierung ist bei Bertolt Brecht im Grunde nur auf die eigene Schaffenskraft angewandt durchdacht worden. Dies macht sein Werk schließlich viel wichtiger als die vorder- gründigen Bekenntnisse zu einer sozialistische Gesellschaft oder proletarischen Klasse. In gewisser Weise hat mich die besondere Fragestellung, wie Arbeitsweise und Produktivität positiv auf gesellschaftliche Reformvorgänge wirken können, während meiner intellektuellen Entwicklung nicht losgelassen. Persönlich-biographische Anknüpfungspunkte für die Auseinandersetzung mit dem Thema ergaben sich für mich bereits als Schüler anlässlich von Schuluntersuchungen, deren gestaltende Bedeutung mir nicht erklärlich waren. Als Auszubildender beschäftigte mich das Formblatt zur Berufseignungsuntersuchung des Hausarztes, und auch hier drängte sich mir die Frage auf, welche Zielrichtung dieses Formblatt praktisch verfolgt. Als Student erfuhr ich das Durchleuchtungsinteresse des Staates an seinen zukünftigen Beschäftigten und damit eine deutliche Kehrseite der Politisierung. Unmittelbaren Eindruck auf mich hinterließen Unfälle von Mitschülern in der Schule, vor allem Stürze, ein Sportunfall und ein Armbruch während eines Landheimaufenthaltes. Die besondere Bedeutung des Unfalls als zugespitztes Ereignis, das direkt und intensiv die Frage nach Schuld und Verschulden

9 Brecht, Bertolt: Sozialistischer Realismus auf dem Theater (1954).- In: Ges. Werke 26, Frankfurt a.M. 1967, S.935 10 ebd. - 14 - aufwirft, erkannte ich auch in Verkehrsunfällen auf dem Schulweg, so in einem Autounfall, einem schweren Unfall eines Schulfreundes mit der Straßenbahn sowie einem Unfall mit einem Lkw. Mir leuchtete ein, dass diese Frage nach Schuld und Verschulden nicht einfach nur auf menschliches Fehlverhalten zurückgeführt werden konnte. Gesundheitsprobleme begleiteten mich auch während der Lehrzeit im Baugewerbe. Zu einem Wegeunfall mit dem Motorrad, einem Sturz in eine Baugrube und häufigen Schnittverletzungen am Moniereisen (Spitzname: „der Mohikaner“, wegen der vielen stark blutenden Hautschnitte) gesellten sich Verblitzungen der Augen beim E- Schweißen, Verbrennungen beim Umgang mit der Sauerstofflanze, Schädelverletzungen durch herabfallende Steine, Quetschungen durch Gerüstarbeiten, Verletzungen im Hand- und Armbereich durch Arbeiten mit einem Betontransportbehälter, mehrfache Verletzungen durch hervorstehende Nägel in Brettern und Bohlen sowie Rückenbeschwerden durch erhebliche Transportarbeiten von gesacktem Zement über mehrere Stockwerke. Besonders berührt hat mich der Tod eines türkischen Kollegen beim Umtransport von Betonfertigteilen (Wandelementen). Weiter erlebte ich Quetschungen durch Arbeitsunfälle mit dem Hammer, Schnittwunden und Augenverletzung durch Arbeiten mit der Trennscheibe, Fußverletzungen durch Transport von Baustahlmatten, Sehnenscheidenentzündung durch Akkordarbeiten als Eisenflechter, bronchiale Reizhustenphasen durch Trockenverarbeitung von Faserasbestzementplatten im Turnhallenbau, Elektrounfälle bei Ausschalarbeiten und bei der Einrichtung von Baustellen sowie zwei Kran-Unfälle (Auslegerbruch, Umsturz bei Kranarbeiten am Hang). Dazu kamen Erfahrungen mit arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren: im Umgang mit Bitumenanstrich, Umgang mit Faserzementasbestrohren, Arbeiten an der Kreissäge, Arbeiten am Schalungsreinigungsgerät, Arbeiten mit Druckluftstemmgeräten, Arbeiten mit schweren Schlagbohrwerkzeugen, Arbei- ten an der Betonpumpe, Arbeiten mit dem Flaschen - und Flächenrüttler, Arbeiten mit der Explosionsramme, Arbeiten mit dem Schussgerät, Konsum von Alkohol und Konsum von Tabakwaren unter Kollegen sowie die Arbeiten auf Hochgerüsten. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir auch Erfahrungen mit der gesundheitlichen Versorgung am Beispiel des „Drahtunfalls eines schottischen Wanderarbeiters“ und die knappen Instruktionen von Leiharbeitern über Gesundheitsgefahren (Körperschutzausrüstung) am Bau. In meiner akademischen Ausbildung an der Universität standen die Abgrenzungen von Normalität und die Bestimmung bürgerlicher Souveränität am Beginn meines Erkenntnisinteresses. Am Beispiel der Psychiatrie-Kritik, wie sie vor allem in Italien im Rahmen der „Antipsychiatrie-Bewegung“11 entfaltet und dann in Deutschland, v.a. Heidelberg, rezipiert wurde, setzte ich mich mit den Grundideen gesundheitlicher Versorgung auseinander. Es ging dabei nicht nur um die gesellschaftliche Ausgrenzung belasteter und belastender Personen

11 Basaglia, Franco: Die Entscheidung des Psychiaters – Bilanz eines Lebenswerks.- 2002 - 15 - aus der Gesellschaft, sondern umgekehrt um die Frage, welche Integrationskraft und Reformfähigkeit von einer Gesellschaft erwartet werden kann. Dies war seinerzeit in erster Linie eine Frage der sozialen und politischen Gerechtigkeit. Im Zuge dieses sozialen und politischen Interesses setzte ich mich mit Traditionen der Arbeiterbewegung und darauf aufbauenden Reformprojekten auseinander. Diese Auseinandersetzung schloss auch, zunächst nicht in erster Linie, den Zusammenhang von Schule-, ( Berufs- ) Bildung und Erwerbsarbeit im Kontext dessen ein, was früher hygienische Volksbelehrung, dann auch Gewerbehygiene, Arbeitsschutz und heute betriebliche bzw. schulische Gesundheitsförderung heißt. Dieser thematische Zusammenhang wurde vor allem durch eigene, oft schmerzvolle Erfahrungen als Werkstudent auf dem Bau sowie Erfahrungen mit chronischen Verschleißprozessen als Folge von Erwerbsarbeit aus der Bauzeit (Tennisellenbogen und Sehnenscheidenentzündung als Folge der Akkordarbeit als Eisenflechter, Rückenschmerzen durch Steintransport über Gerüste u.a. Gesundheitsverschleißfragen zum zentralen Thema der Studienzeit. Besonders betroffen hat mich der arbeitsbedingte Tod eines Kommilitonen während des Studiums, der als Schiffbauer auf einer Bremer Werft tätig war und Schweißnähte zu röntgen hatte. „Verstehen“ wollte ich auch den Herzinfarkt eines Freundes, der mit 32 Jahren als Bauingenieur und Abteilungsleiter im Hafenbauamt nicht zuletzt wegen starker Arbeitsbelastung- Stress am Arbeitsplatz- verstarb. Meines Erachtens gehören realitäre Erfahrungen zu einer kompetenten Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Arbeitsgesellschaft. Dies muss nicht eine vergleichbare Ansammlung persönlicher gesundheitsschädigender Ereignisse sein. Immer jedoch gehört die Arbeitsweltdimension, möglichst von Erwerbsarbeitspraxis, zu den Aufgabenstellungen der Gesundheitsförderung wie zu der Arbeitsorientierung. Die zentrale Frage ist, wie diese Komplexität von Erfahrungsdimensionen in die pädagogische Arbeit und schulische Bildung ein- gebracht werden kann.

- 16 - 1. Problemaufriss und Zielsetzung

Erwachsene Menschen verbringen ein Drittel des Tages in direktem oder indirektem Bezug zur Arbeit. Auch bei großer Arbeitslosigkeit, flexiblen Formen der Arbeitstätigkeiten und Arbeitsvorgängen außerhalb des Arbeitsmarktes steht die zentrale Bedeutung produktiver Arbeit für das moderne gesellschaftliche Leben außer Frage. Jegliche schulische Bildung hat dieser Bedeutung Rechnung zu tragen.

Es gibt ältere Ansätze, in denen die Bedeutung der Arbeitswelt sogar in den Mittelpunkt der schulischen Bildung gestellt wurde. Solche Ansätze sind aus politischen Gründen, vor allem im Zuge der Ost-West-Spaltung nach dem Zweiten Weltkrieg, diskreditiert oder hochgehalten worden. Leider ist dabei der substanzielle Gehalt der Arbeitsorientierung immer weiter aus den pädagogischen Konzeptionen heraus gedrängt worden. Heute gibt die Gesundheitsförderung neue Impulse für ein komplexeres Verständnis und eine vielseitigere Bewertung der Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie für die damit geforderten Lern- und Qualifikationsprozesse.

Die neueren Ansätze der Gesundheitsförderung zeigen jedoch gerade dort Schwächen, wo die gesellschaftliche Bedeutung produktiver Arbeit gefragt ist. So stehen mit großem Abstand die Grundschule im Zentrum gesundheitsbezogener Projekte (vgl. Paulus, Witteriede 2008; auch folgendes Unterkapitel), die ihrerseits kaum einen Bezug zur Arbeitswelt zeigen, sondern sich vielmehr durch die Separation der Lernbedingungen auszeichnen. Dies verweist darauf, dass die gesundheitsbezogenen Projekte vor allem auf die Vermittlung und Anwendung gesundheitswissenschaftlicher Erkenntnisse zielen, während gerade die zentrale Bedeutung produktiver Arbeit nicht gut erschlossen ist.

Es ist die zentrale Absicht vorliegender Arbeit, die Substanz der älteren Arbeitsorientierung mit den Impulsen der neueren Gesundheitsförderung zu verbinden.

1.1. Arbeit und Gesundheit als pädagogische Orientierung

Der Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit ist keine selbstverständliche pädagogische Orientierung. Der 7. Fachtag "Gesundheit und Schule" am Landesinstitut für Schule in Bremen, der im Oktober 2000 stattfand, stellte die alltäglichen Anforderungen zu Hause und im Beruf in den Vordergrund. Dann folgen Überforderung, Stress und sogar Angst. Der Fachtag sollte in Kooperation mit dem "Opus – Bremer Netzwerk gesundheitsfördernde Schulen" Perspektiven im Umgang mit diesen Belastungen aufzeigen. Die in verschiedenen Arbeitsgruppen diskutierten unterschiedlichen Möglichkeiten konzentrierten auf die Förderung der eigenen (seelischen) Gesundheit und die Stärkung der Lebenskompetenz. Diese soll früh beginnen und bedarf in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Erwachsenenbildung erhöhte

- 17 - Aufmerksamkeit. Peter Paulus (Universität Lüneburg) stellte Chancen für die seelische Gesundheit vor. Demnach sollen die betroffenen Menschen aus sich selbst heraus leben. Annelie Keil (Universität Bremen) verstand Gesundheit als Provokation und will die Kunst stärken, das Leben zu leben. Der Fachtag zeigte deutlich die Stärken und Schwächen der gesundheitsbezogenen Konzepte in der Schule. Der Betonung komplexer Zusammenhänge und entsprechender Bewältigungskompetenzen stehen verhaltensorientierte Zielsetzungen gegenüber. Gesundheit wird so in der Schule im Wesentlichen ‚von außen‘ thematisiert und wird den curricularen Zusammenhängen eher ‚aufgesetzt’. Praktisch taucht Gesundheit im Unterricht am Rande auf, v.a. über Hauswirtschaft-Ernährung, implizit im Sportunterricht. Eine nahe liegende Möglichkeit ergibt sich aus dem Fach oder dem Lernfeld „Arbeitslehre“. Hier ist in langer Diskussion und vielfältiger Bemühung der Bezug zur Arbeitswelt aufgegriffen worden. Dies geschah, wie zu zeigen sein wird, allerdings in sehr unterschiedlichen und gar kontroversen Ansätzen. Wie steht es um die Arbeitslehre heute? Der allgemeine Befund ist nicht gut. Insgesamt kann man eher von einem Zurückdrängen und Marginalisieren der Arbeitslehre sprechen – auch im Widerspruch zu den Anforderungen an qualifizierte Arbeit und somit auch an entsprechende Bildung. Arbeit und Arbeitswelt wird ansonsten im Unterricht zwar in Beispielen oder Texten angesprochen, allerdings in gewisser Distanz. Dies ist sowohl positiv der traditionellen humanistischen Bildung geschuldet, die von der Ausbildung innerer Fähigkeiten ausging, als auch negativ einer „linken“ Schulkritik, die sich gegen eine funktionale Verwertung lebendiger Arbeitskräfte verwahrte. Praktische Verbindungen konnten bislang hauptsächlich über Berufsvorbereitung und Betriebspraktika etabliert werden. Im 5.-7. Schuljahr bzw. im 10. Schuljahr werden in der Regel solche Inhalte und Maßnahmen angeboten, die auf den Beruf vorbereiten. Doch auch in diesen Bezügen zur Arbeitswelt ist eine weitere Schwierigkeit enthalten. Denn es dominiert eine alte Tradition, die sich hauptsächlich auf den vorhandenen Arbeitsmarkt bezieht, vor allem Sicherheit und technische Abläufe in den Mittelpunkt stellt und dabei Gesundheitsförderung nur als flankierenden Aspekt anspricht. Das Kernproblem besteht dann darin, dass „Arbeit“ im Wesentlichen als „Job“ verstanden wird und die Arbeitsorientierung dann der Arbeitsmarktpolitik untergeordnet wird. Wie ist also aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen? Im Folgenden soll dargelegt werden, dass wirkmächtige Traditionen nicht einfach ignoriert werden sollten, sondern mit Zielsetzungen versehen und neu definiert werden können. Diese Möglichkeit eröffnet die Verbindung von Gesundheitsförderung und Arbeitsorientierung. Wie bereits angesprochen gehen wichtige Impulse von der Gesundheitsförderung aus. Bernhard Badura, der sich immer wieder mit der Schnittstelle von Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz beschäftigte, verweist auf die gemeinsam zugrunde liegende Qualifizierung, die sich nicht nur als Aufgabe für den Einzelnen stellt, sondern auch für die jeweilige Institution und - 18 - Organisation. Auch unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs wird deutlich, dass Standortvorteile für Deutschland im Wesentlichen in qualifizierter Arbeit bestehen. Bildung und Lernprozesse, die den Einzelnen wie die Organisation fordern, haben in „Gesundheit“ einen anerkannten Wertmaßstab. Badura und Mitarbeiter unterscheiden diesbezüglich zwischen pathogenen und salutogenen Merkmalen, die auf einer allgemeinen Organisationsebene, auf personaler Ebene und Verhaltensebene verortet sind. (siehe nachfolgende Übersicht). Sie nehmen Wechselwirkungen zwischen diesen verschiedenen Ebenen an, die in dem Schema nicht deutlich erfasst werden und insgesamt auch genauer zu erforschen sind.

- 19 - Übersicht 1: Merkmale einer „gesunden“ und „ungesunden“ Organisation

Organisation Pathogene Merkmale Salutogene Merkmale

Ώ Autoritärer Führungsstil Ώ Partizipativer Führungsstil Ώ Steile Hierarchie Ώ Flache Hierarchie Ώ Misstrauenskultur Ώ Vertrauenskultur Ώ Intransparenz von Entscheidungen Ώ Transparenz von Entscheidungen Ώ Geringe Handlungs- und Mitwirkungsspielräume Ώ Prozessorientierte Arbeitsorganisation Ώ Hohe Arbeitsteilung, Spezialisierung Ώ Teamarbeit Ώ Keine / unzureichende Weiterbildungsmöglichkeit Ώ Weiterbildungsmöglichkeiten Ώ Institutionalisierte Gesundheitsförderung „Ungesunde“ Organisation „Gesunde“ Organisation Person Pathogene Merkmale Salutogene Merkmale

Ώ Verbreitete Hilflosigkeits- / Angstgefühle Ώ Psychos. Wohlbefinden (wenig Angst / Hilflosigkeit) Ώ Niedriges Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Ώ Hohes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Ώ Geringe Arbeitszufriedenheit Ώ Hohe Arbeitszufriedenheit Ώ Geringe Motivation Ώ Hohe Motivation Ώ Innere Kündigung Ώ Hohe Bindung an Unternehmen Ώ Soziale Kompetenz wenig ausgeprägt und verbreitet Ώ Soziale Kompetenz stark ausgeprägt und verbreitet Ώ Management-Kompetenz wenig ausgeprägt und Ώ Management-Kompetenz stark ausgeprägt u. verbreitet verbreitet Ώ Schlechte körperliche Gesundheit Ώ Gute körperliche Gesundheit „Ungesunde“ Organisation „Gesunde“ Organisation Verhalten Pathogene Merkmale Salutogene Merkmale Ώ Absentismus hoch Ώ Hohe Anwesenheitsquote Ώ Hohe Fluktuation Ώ Niedrige Fluktuation Ώ Geringe Flexibilität, geringe Innovationsbereitschaft Ώ Hohe Flexibilität, hohe Innovationsbereitschaft Ώ Individuelles Konkurrenzstreben Ώ Gegenseitige Unterstützung Ώ Hoher Genussmittelkonsum (Rauchen etc.) Ώ Geringer Genussmittelkonsum Ώ Riskanter Lebensstil (Ernährung, Bewegung etc.) Ώ Gesundheitsförderlicher Lebensstil (Ernährung, Bewegung etc.) „Ungesunde“ Organisation „Gesunde“ Organisation

(Badura et.al. 1999, S.31)

Die neue Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Gesundheitsförderung und Arbeitsorientierung muss sich kritisch mit den eigenen Erfahrungen und dem kollektiven Gedächtnis auseinandersetzen. Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Theorien der Zivilisation (Norbert Elias, Michel Foucault, Philip Aries), der „Aufarbeitung des Faschismus“ durch Vertreter der Frankfurter Schule“, (Theodor W. Adorno, Alexander Mitscherlich, Herbert Marcuse), der „Kulturhistorischen Schule“ (Lew S. Wygotski, Alexander R. Lurija und Alexej Leontjew) , der Schule als Sozialisationsagentur und der Sozialisation in der Schule (Franz Wellendorf und Klaus Hurrelmann), der Theorie des unterrichtlichen Lernens (Wolfgang Klafki, Jean Piaget und P.J. Galperin) der Handlungstheorie (Walter Volpert, Winfried Hacker), der materialistisch orientierten Behindertenpädagogik / Psychologie (Wolfgang Jantzen, Klaus Holzkamp) der gestaltungs- und tätigkeitsorientierten technischen Bildung (Felix Rauner, Wolfgang Christian), dem erwerbsarbeitsorientierten Technikdidaktikansatz (Bodo Wessels) und dem komplexen, pragmatischen und relativen Gesundheitsförderungskonzept (Rainer Müller) belegen, dass der Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit in der Arbeitslehre neu durchdacht werden muss. Lineare Ableitungen, in denen Bildungskonzepte aus der beruflichen Praxis (Handwerk) oder aus dem - 20 - Arbeitsmarkt gefolgert werden, tragen ebenso wenig wie Konzepte der gesundheitlichen Aufklärung, die sich aus der Vernunftbegabung des Menschen oder der kulturellen Einordnung legitimieren. Mit dem Aufkommen der Gesundheitswissenschaften hat die Schule also ein altes Thema neu entdeckt und die alte Gesundheitspädagogik drängt in starkem Maße wieder in die Schule. Gerade deshalb ist es erforderlich, die Grenzen der alten Konzepte aufzudecken und die Chancen neuerer Ansätze zu diskutieren. Ausgangspunkt können die Leitfragen für eine „Bewegte und gesunde Schule“12 sein, die zu einer Bestandsaufnahme anhalten:

„Wie sieht es an meiner Schule aus? 1. Wertschätzungskultur  Wie steht es um die gelebte Wertschätzungskultur an Ihrer Schule?  Wo beweist sie sich im Umgang mit Alltagskonflikten?  Welche Schritte zur Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft sind institutionalisiert?  Sind Zeiträume als Begegnungs- und Konfliktaustragung zur Bewahrung der Wertschätzungskultur verbindlich organisiert? 2. Lebenszeit  Wird mit eigener Lebenszeit und der Lebenszeit anderer stets verantwortungsvoll umgegangen?  Gibt es hausgemachte "Zeitfresser"?  Wie wird im Schulalltag der schonende Umgang mit Zeitressourcen belegt? 3. Rhythmisierung  Gibt es eine kind- und erwachsenengerechte Rhythmisierung im Schulalltag?  Bildet sich dieses Ziel im Stundenplan, im gelebten Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Arbeit und Pausen in der Alltagsroutine belastungsreduzierend ab? 4. Schulleitung  Steht die Schulleitung hinter der Idee der Bewegten Schule?  Demonstriert sie ihr Engagement in der wirkungsvollen Verbesserung der Arbeitsplatzsituation in der Schule und in ablesbaren Aktivitäten, die Schule als Lern- und Lebensraum weiterzuentwickeln?  Beweist sie ihren Willen zur Qualitätsverbesserung durch die Förderung von ressourcenorientierten Beteiligungsmodellen zur Steuerung schulinterner Unterrichtsentwicklung?  Hat sie die Courage, die von der Schulgemeinschaft im Schulprogramm definierten Bildungsziele zielführend und konfliktbearbeitend zu vertreten? 5. Unterrichtsqualität  Gelingt es dem Kollegium, in zentralen Fragen der Unterrichtsqualität sich auf Kompetenzbereiche und Minimalstandards zu einigen?  Wird die Möglichkeit zur kollegialen Hospitation inhaltlich und organisatorisch ernst genommen, so dass Unterricht der hospitierenden Lehrkraft auch ausfallen kann?  Wird Fortbildung als Investition gesehen um mit der nötigen Konsequenz, für neu entstehende Belastungen in gleichem Maße Entlastung herzustellen?

12 Nach: www.bewegteschule.de v. 10.03.08 - 21 -  Versteht sich die Schule eher als Aufbewahrungs- oder als Bildungsanstalt?  Lässt sich die verbesserte Qualität mit niedriger Sitzenbleiberquote, geringerer Schulverweigerung oder anderen Output-Kriterien belegen? 6. Lernräume  Wo und wie bildet sich das Bemühen des Kollegiums, Lernräume bewegungsfreundlich und gesundheitsfördernd zu gestalten im Freiraum und im Schulgebäude ab?  Sind das Schulgebäude und das Außengelände sicher?  Gibt es einen Rückgang an Unfällen durch Förderung der Selbstsicherungsfähigkeit der Kinder?  Sind Arbeitsplätze von Lehrkräften und Kindern ergonomisch vernünftig ausgelegt?  Wie ist der Beitrag der einzelnen Fächer an dieser Gemeinschaftsaufgabe zu belegen? 7. Ernährung  Welchen Einfluss nehmen die Lehrkräfte auf die gesundheitsfördernde Ernährung in der Schule?  Findet in jeder Klasse ein gemeinsames tägliches Frühstück statt?  Ist es selbstverständliche Gewohnheit, dass Kinder im Unterricht Wasser trinken dürfen?  Zeigt sich ein Fortschritt in den Eßgewohnheiten der Kinder? Ändert sich die Qualität des mitgebrachten Schulfrühstücks? 8. Beteiligung  Welche Beteiligungsmodelle sichern wirkungsvoll die Mitarbeit von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Eltern?  Finden sich die Beschlüsse des Elternrats und des Kinderparlaments im praktischen Schulalltag wieder?  Berücksichtigen die Schulvollversammlungen die Interessen der Schülerinnen und Schüler?  Werden Rückmeldungen regelmäßig organisiert? 9. Berufszufriedenheit  Welche Aktivitäten unternehmen Sie und ihr Kollegium, um ihre Gesundheit und ihre Berufszufriedenheit zu erhöhen?  Sind im Laufe eines Schuljahres verbindliche Eckpunkte organisiert, um sich der eigenen Leistung und Befindlichkeit selbst zu vergewissern oder sich Evaluationsverfahren zu bedienen?  Gibt es die Möglichkeit der Supervision?  Fühlen Sie sich an Ihrer Schule wohl? 10. Vernetzung  Wie gut ist die Schule mit dem Stadtteil vernetzt?  Gelingt es, sie als einen zentralen Kommunikationspunkt für den Stadtteil zu öffnen?  Finden Veranstaltungen verschiedener Stadtteilinitiativen auch in der Schule statt?  Wie wirkungsvoll unterstützt die Vernetzung mit abgebenden und aufnehmenden Bildungseinrichtungen die Umsetzung des Schulprogramms und damit die Entwicklung der Kinder?  Gibt es sichernde Rituale, die die Zusammenarbeit mit Bildungspartnern in Bewegung hält?“

- 22 - Die Leitfragen werden mit folgenden Parolen versehen: Schule steuern und organisieren, Gesundheit fördern, Lern- und Lebensräume gestalten, Unterricht verändern, Schulleben wertschätzen. Hier wird deutlich, wie komplex das Problemverständnis mittlerweile entwickelt wurde. Auch die Arbeitsbedingungen von Schülern und Lehrern sind einbezogen. Die Vernetzung wird besonders betont. Dennoch bieten eigentlich nur die Lernräume und Vernetzung eine praktische Öffnung der verhaltensorientierten Grundkonzeption. In der schulischen Wirklichkeit bietet demnach lediglich die Ernährung eine Chance, originäre Bildungsaufgaben mit gesundheitlicher Relevanz zu versehen. Tatsächlich ergab denn auch ein Überblick, den P. Paulus und H. Witteriede für die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erarbeitet haben, ein diffuses Bild. Sie bilanzierten die Aktivitäten zur Gesundheitsförderung, wobei sie sich auf ein „ganzheitliches“ Konzept einer gesunden Schule konzentrierten.13 Bildung und Erhaltung von Gesundheit stehen demnach in Wechselwirkungen, die sich wiederum in einer förderlichen Gestaltung von Schule niederschlägt. Solche Wechselwirkungen bestehen zwischen Praxisinteressen und gesellschaftlichen Anforderungen, wissenschaftlichen Interessen und gesellschaftlichen Ansprüchen, Politikinteressen/Verbandsinteressen und gesellschaftlichen Erfordernissen. Die Untersuchung konstatiert eine unübersichtliche, unabgestimmte und vielfältige Situation der schulischen Gesundheitsförderung, die noch genauer zu erforschen sei. - insbesondere. Weil sich die gesellschaftliche Funktion von Schulen in den letzten fünfzehn Jahren gravierend verändert hat. Zunehmend werde erwartet, „einerseits einen funktionierenden Ort sozialen Aufwachsens zu bieten und andererseits nicht nur national, sondern auch international wettbewerbsfähige Bildungsqualität zu liefern“. Damit wird der pädagogische Auftrag erweitert um Fragen der Familien- und Jugendpolitik. Diese Weiterung nehmen die Autoren zum Anlass, vor allem solche Ansätze und Aktivitäten zu bilanzieren, die ein breiteres („ganzheitliches“) Problemverständnis haben. Schulische Gesundheitsarbeit in Deutschland wird demnach vor allem (3832 Nennungen) in der Grundschule praktiziert, dann folgen Gymnasien (364 Nennungen) und Hauptschulen, Realschulen und Sonderschulen/Förderschulen (273, 227 und 224 Nennungen), sowie Gesamtschule und Berufsbildenden Schulen (168 bzw. 120 Nennungen). 32% der Einrichtungen begannen ihr Engagement aufgrund eines Eigeninteresses von Schulen bzw. von Problemlagen, 25% aus Situations-/Bedarfsanalysen, 21% wegen des Interesses schulexterner Experten/Nichtregierungsorganisationen/Behörden, 8% erprobten ein Programm und 4 % bezogen sich auf gesetzliche Vorgaben (§20 SGB V). In

13 Paulus, P.; Witteriede, H.: Schule – Gesundheit – Bildung. Bilanz und Perspektiven.- Dortmund, Berlin, Dresden: BauA, 2008. Angemerkt sei an dieser Stelle der von D. Milles eingebrachte Einwand, dass die Verwendung des Begriffes „Ganzheitlich“ in den meisten Fällen irreführend ist und eigentlich „Komplexität“ oder „Vielschichtigkeit“ o.ä. gemeint ist. - 23 - 53 % der Fälle ist die Initiative für das Engagement von einer Behörde, externen Expertinnen und Experten, einem Gesundheitsversicherer oder entsprechenden Verbünden ausgegangen. Von Schulen selbst oder zumindest unter Beteiligung von Schulen im Verbund mit außerschulischen Akteuren ist es zu 40 % initiiert worden. 52% der Einrichtungen begannen mit einer Situationsanalyse. Weitere 13 % nennen alternativ themenspezifische Analysen und rudimentäre Beobachtungen. Etwa 29 % verneinen eine entsprechende Einstiegsaktivität bzw. liefern zu dieser Frage keine verwertbaren Angaben. „Themenspezifische Interventionen/Kompetenzförderungsmaßnahmen (z. B. Erste Hilfe, Gesunde Ernährung, Konfliktbearbeitung/Streitschlichtung) geben mit 62 % die Mehrzahl der Einrichtungen als Kernarbeitsbereiche/-themen für den Einstieg in ihr Engagement an. 21 % fokussierten zu Beginn den Bereich der Schul- und Unterrichtsorganisation.“ Fast alle Einrichtungen gingen aufgrund eines schriftlichen Konzeptes vor. Differenziert wurde ein einfach-lineares, fundiert-sektoriertes und komplex- holistisches Gesundheits-/Bildungskonzept, wobei letzteres noch einmal differenziert wurde nach komplex organisierter, verhältnis-orientierter und thematisch entwickelte schulische Gesundheitsarbeit. Die vorgenommene Befragung konzentrierte sich ausschließlich auf den Bereich der komplexen („ganzheitlichen“) schulischen Gesundheitsarbeit. Damit sind jedoch die breiten und weniger ausgeprägten Bemühungen nicht berücksichtigt. Vor allem aber bietet die Untersuchung keine Hinweise auf die Wirksamkeit der ermittelten Typen. So kann auch keine Bewertung der gesamten Situation vorgenommen werden. Immerhin konnten Aussagen zur Verbreitung von komplexerer („ganzheitlicher“) schulischer Gesundheitsarbeit in Deutschland gewagt werden: Die ermittelten ca. 14 % können „jedoch nach circa 15 Jahren der Erprobung in Modellversuchen nicht zufrieden stellen, zumal Vor-Ort-Analysen in den Schulen noch eine beträchtliche Berichtigung dieses Verbreitungsgrades nach unten erwarten lassen. Die Konsequenz hätte vielmehr eine flächendeckende Verbreitung des ganzheitlichen Ansatzes schulischer Gesundheitsarbeit sein müssen.“ Gefragt werden muss, ob ein verbessertes Marketing und eine wirksamere Unterstützung der Schulen hier Änderung verspricht. „Aus Sicht der Schule stehen einer solchen Annahme bereits zwei wesentliche Punkte entgegen:  Das Konzept kommt aus dem Bereich der Gesundheit und nicht aus der pädagogisch motivierten schulpädagogischen Diskussion;  Schulische Gesundheitsarbeit wird als Zusatzgeschäft empfunden, das wenig zur Erfüllung des genuinen Bildungsauftrages und dem derzeitigen Hauptthema von Schule - der Qualitätsentwicklung - beiträgt.“ Die Autoren fordern ein grundsätzliches Umdenken: „Schule muss mehr von ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag her begriffen werden.“ Und sie untermauern diese Schlussfolgerung mit Verweisen auf kritische Auswertung der Erfahrungen in den Modellversuchen zur Gesundheitsfördernden Schule - 24 - nicht nur in Deutschland, sondern auch im „European Network of Health Promoting Schools. Mit Bezugnahme auf andere Beiträge (Paulus, Michaelsen 2007) mündet die Untersuchung schließlich in die Formulierung erster Empfehlungen an Vertreterinnen und Vertreter aus Praxis, Wissenschaft, Politik und Verbandswesen für die Weiterentwicklung der schulischen Gesundheitsarbeit: „• An Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis:  Nutzung der mit der Zusammenstellung von Einrichtungen gelieferten umfangreichen Informationen für die eigene Arbeit,  Prüfung der Eignung der drei Typen ganzheitlicher Ansätze schulischer Gesundheitsarbeit für ihre Anliegen,  engagierte Beteiligung an zukünftigen Untersuchungen, damit Evaluationen eine solide Grundlage erhalten, die als Basis für die Entwicklung wirksamer Programme genutzt werden und jeder Schule zu Gute kommen können. • An Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft:  Durchführung von Metaanalysen der schon vorliegenden Projektergebnisse zur Klärung, welche der identifizierten Typen für welche schulische Praxis empfohlen werden können,  vermehrte Durchführung externer Evaluationen, um Ergebnisse von Vorhaben besser absichern zu können. Hierzu ist auch die Entwicklung geeigneter Indikatoren(- systeme) voranzutreiben, auf deren Grundlage dann Standards entwickelt werden könnten,  verstärkte Durchführung von auf Schulbedürfnisse hin angelegte Fortbildungsprogramme zum ganzheitlichen Ansatz schulischer Gesundheitsarbeit,  Überprüfung der ermittelten Typologie/Replizierung der Ergebnisse,  Durchführung von über die vorliegende Bilanzierung ganzheitlicher Ansätze schulischer Gesundheitsarbeit hinausgehende Analysen aller Ansätze schulischer Gesundheitsarbeit zur Identifizierung von Barrieren sowie Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Überführung in ganzheitliche Ansätze,  Entwicklung vereinheitlichter/vergleichbarer und praxistauglicher Fragebogen und Dokumentationssysteme zur Erhebung von Praxis- /Forschungsaktivitäten, - gezielte Untersuchung der ermittelten Einrichtungen mit langjähriger Praxis in schulischer Gesundheitsarbeit zur Identifizierung kritischer Erfolgsfaktoren,  Abgleich der Typologie mit den in der Entwicklung und Erprobung befindlichen Indikatorenlisten zur Qualitätssicherung/-entwicklung in der schulischen Gesundheits- und Bildungsarbeit. Ziel sollte die Entwicklung eines evidenzbasierten und praxisgeprüften Leitfadens zur nachhaltigen Implementierung guter gesunder Schulen mit Gütesiegel sein. • An Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verbandswesen:  verstärkte Ermutigung und finanzielle Unterstützung von Praxis zur sukzessiven Überführung bestehender Aktivitäten in eine ganzheitlich agierende schulische Gesundheitsarbeit bzw. geplante Vorhaben entsprechend anzulegen,  verstärkte Anregung und finanzielle Unterstützung von Wissenschaft, die oben beschriebenen Evaluationsaktivitäten zu konzipieren und durchzuführen,

- 25 -  verstärkte Aufforderung gemeinnütziger wie profitorientierter Nichtregierungsorganisationen, auch weiterhin Modellversuche in ganzheitlicher schulischer Gesundheitsarbeit durchzuführen und Implementierung entsprechender finanzieller Anreiz-/Unter- stützungssysteme.“ Bestandsaufnahme und Folgerungen unterstreichen nochmals den Befund, dass Gesundheitsförderung in der Schule neue Impulse für eine komplexere Konzeption setzt. Insbesondere die verstärkte Bezugnahme auf Schulbedürfnisse verweist auf ein zentrales Defizit in diesem Zusammenhang. Welche „Schulbedürfnisse“ können dies sein? Unter dem vorgelegten Blickwinkel sind dies zum einen die curriculare Verankerung der Gesundheitsförderung und zum anderen die Arbeitsorientierung in Inhalten und Zielsetzungen. Die Orientierung auf Gesundheit und Arbeit hat durch einen allgemeineren Arbeitsbegriff, der nicht nur die Erwerbsarbeit umfasst, sowie durch die Dynamik neuer Technologien und Arbeitsorganisationen auch einen aktuellen Anschluss an die Diskussionen über Qualifikation, Beruf, Humankapital usw. gefunden. Allerdings ist „Gesundheit“ bislang im Lernzielkatalog weitgehend im traditionellen, aufklärerischen Sinne berücksichtigt worden. Gleichwohl gibt es eine allgemeine Sensibilisierung für gesundheitliche Problemlagen und Strategien, die von realen Umweltbeziehungen ausgeht und an der auch die gesellschaftlichen Institutionen nicht vorbei können. Einerseits gibt es eine öffentliche Aufmerksamkeit bezüglich gesundheitsgefährdender Vorgänge, die sich in Medien und dramatisierender Berichterstattung niederschlägt (etwa Fleischskandale, genmanipuliertes Saatgut, Vogelgrippe). Andererseits gibt es Veränderungen der Lebensstile und der individuellen Lebensführung (Selbstsozialisation, Hedonismus, Wellness). Darüber zeigen sich Schwierigkeiten in den sozialstaatlichen Finanzierungssystemen, die jegliche Diskussion über gesundheitliche Fragen zusätzlich anheizt (Kostenexplosion, Standort Deutschland, sichere Renten etc.). Diese öffentliche Aufmerksamkeit ermöglicht es, die Thematisierung gesundheitlicher Lerngegenstände im Unterricht anschlussfähig und attraktiv zu gestalten. Die Thematisierung selbst ist jedoch gesellschaftspolitisch kritisch angereichert, wird doch immer auch auf Missstände, Ungerechtigkeiten und Verantwortungen verwiesen. Dies ist eine schwierige und sensible Implikation für ein Bildungssystem, das Rudolf Hickel14l als „organisierte Verantwortungslosigkeit“ brandmarkte und das nach vielen Jahren des euphori- schen und „wilden“ Aufbaus in den 1970er Jahren nun arg in der Klemme steckt. Die kritischen Anfragen fokussieren in erster Linie, wie die vielen Aufgaben und Zusammenhänge geordnet, wie Prioritäten gesetzt und die Schlussfolgerungen umgesetzt werden können. In der Prioritätendiskussion werden zunächst Effekte in den Mittelpunkt gestellt. Es wird eine Verbesserung

14 Klemm, K.; Hickel, R.; Welzel, S.: 'Es geht darum, den Rohstoff Bildung zu sichern'. In: Erziehung und Wissenschaft. 51(1999)9,S.16-22. - 26 - des Lehrangebots gefordert („viele Fehlentwicklungen sind nicht den Nachfra- gern nach Bildung, sondern den Anbietern anzulasten“, meint Hickel). Angesichts der Probleme bei Kosten und Finanzierung müsse gefragt werden: Was ist staatliche Aufgabe und welche Beiträge können an öffentlichen Mitteln eingespart werden? Gefragt wird, ob externe ökonomische Effekte der Bildung helfen, Prioritäten zu finden. Andererseits werden offensichtlich durch stärkere Eigenbeteiligung „die Bildungsinhalte noch stärker an künftigen Ein- kommensinteressen ausgerichtet.“15 Demgegenüber fordert Rudolf Hickel, dass die „Bildung [...] auch Distanz zu den Verwertungsinteressen zulassen“ muss. Der Bezug zu den ökonomischen Grundlagen ist also nicht einfach. Welche Distanz zu den ökonomischen Interessen ist nötig und welche Orientierung an ökonomischer Realität unumgänglich? Meines Erachtens muss über die vordergündige Diskussion ökonomischer Effekte hinaus die Frage nach gesellschaftlichen Aufgabenstellungen und entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnissen aufgeworfen und beantwortet werden. Es ist hierbei sinnvoll, an den reformerischen Auftrag jeglicher Bildung anzuknüpfen. Bildung soll gesellschaftliche Verhältnisse verbessern, einschließlich der Chancen jedes heranwachsenden Mitglieds, an den gesellschaftlichen Verhältnissen teilzuhaben. Erinnert sei an das negative Leitbild der Bildungsreform in den 1960er Jahren, nämlich an das Beispiel vierfacher Benachteiligung: das katholische Mädchen aus dem Arbeiterhaushalt auf dem Lande. Festzuhalten ist, dass unter strengem Maßstab im Sinne dieser alten reformerischen Aufgaben noch vieles zu tun ist. Von 100 Arbeiterkindern studieren heute nur sechs (Klaus Klemm), die Benachteiligung der Mädchen ist vermindert aber noch nicht beseitigt, die Informationsgesellschaft hat die ländlichen Gegenden erreicht, die postindustrielle Kultur aber noch nicht. Die religiösen Kettungen sind bisher aus dem öffentlichen Leben gedrängt worden, die religiösen Bindungsbedürfnisse scheinen aber insgesamt wieder zu steigen. Benachteiligungen unterstreichen nach wie vor den Reformbedarf. Die Teilhabe in der modernen Gesellschaft kann jedoch nicht nur über Benachteiligungen, Barrieren und Defizite erschlossen werden. Der Zusammenhang von Gesundheit und Arbeit erlaubt, ja erfordert, wie vorsichtig auch immer, eine positive Aufgabenbestimmung und tatsächliche Reformorientierung in der Schule. Die eigentliche innovative Aufgabenstellung für den Unterricht ergibt sich aus den Ergebnissen einer solchen Bildungsforschung, die auf den emanzipatorischen Zusammenhang von wissens- und erfahrungsbasierten Konzepten verweisen. Die bildungstatsächliche Tendenz, den Berufseinstieg nach allen Möglichkeiten so weit wie machbar hinauszuschieben und die allgemeinbildenden Richtungen zu bevorzugen, verlagert einen wachsenden Teil produktiver erfahrungsbasierter und tätigkeitsorientierter Qualifizierung in die allgemeinbildenden Schulen. Dies trifft diese Schulen vor allem deshalb

15 Streitgespräch zwischen Klaus Klemm und Rudolf Hickel: ebd. - 27 - unvorbereitet, weil zugleich der Charakter der gesellschaftlich vorgeprägten praktischen Erfahrungskontexte, mit der Schüler im alltäglichen Leben praktische Arbeitszusammenhänge kennen lernen, einer grundsätzlichen Wandlung unterliegt. Zugespitzt formuliert tritt die virtuelle Beherrschung von Computerspielen an die Stelle des Knabenhandfertigkeitsunterrichts - Laubsägearbeiten! Vorgeschlagen werden im Folgenden daher Orientierungen, in denen auch die Schule selbst zum Ort praktischer Erfahrungen wird und ihre Aufgabe als Vermittlung praktischer Erfahrungen begreift. Gerade der Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit eignet sich, die Anwendungsdimension und Folgenabschätzung bereits in den Bildungsprozess zu integrieren. Schulwirklichkeit und Wirklichkeit der Arbeitstätigkeiten sollen aufeinander zu bewegt werden. Hierzu gibt es vielfältige historische Belege. Solche pädagogisch- experimentellen Erfahrungen16 verweisen auf den historisch-genetischen Prozess, in dem die heutigen Verhältnisse und Aufgaben zu begreifen sind; dies ist folglich auch die bevorzugte Methode in vorliegender Argumentation. Jedoch - solche Erfahrungen, das ist die Hypothese, sind in sich und auch in Bezug auf Gesundheit wie Arbeit häufig hoch widersprüchlich. Es gibt keine einfache positive Bezugnahme auf Arbeit und/oder Gesundheit, auch wenn es sich hierbei um die selbstverständlichsten Wertannahmen in der modernen Gesellschaft handelt. Doch der alltäglich angenommene Wert von Gesundheit steht in der Spannung zwischen subjektiver Erfahrung und entsprechender Verantwortlichkeit bei gleichzeitig gesellschaftlich festgelegter, sozialer Inhalte. Und der allseitige Begriff von „Arbeit“17 enthält einerseits Elemente konkreter Nützlichkeit und andererseits Elemente allgemeiner Verpflichtung. Vorliegende Dissertation folgt der Hypothese, dass es in schmalen Schnittmengen möglich ist, mit einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung eine pädagogische Zielsetzung zu formulieren, die nicht in diesen Widersprüchlichkeiten stecken bleibt. Die im Anhang vorgestellten Unterrichtssequenzen spiegeln einen Teil dieser Bemühungen und Umsetzungsaktivitäten. Im Hinblick auf mögliche pädagogische Arbeitskontexte einer kritischen Unterrichtspraxis gibt es vermutlich immer Chancen in unserem Schulsystem. Inwieweit mittelfristig eine breitere emanzipatorische Wirkung aus der Dialektik von Arbeit und Gesundheit ausgehen kann bleibt abzuwarten: „Wir würden in kurzem ganz andere Menschen um uns sehen, wenn diejenige Erziehungsmethode allgemein in Schwung käme, die aus der Natur selbst gezogen, nicht von der alten Gewohnheit roher und unerfahrener Zeiten sklavisch nachgeahmt wäre, aber vergeblich ist es, dieses Heil des Menschengeschlechts von einer allmählichen

16 Besonders gut beschrieben ist das Modell der Erziehung zur Arbeit bei: Pestalozzi über seine Anstalt in Stans. Mit einer Interpretation von Wolfgang Klafki. 4. Aufl. Weinheim, Basel: Beltz- Verlag 1980 17 In umfassender Weise spiegelt der Arbeitsbegriff von Karl Marx die Vielfältigkeit gesellschaftlicher Erscheinungen und individueller Überformungen. Eine komprimierte Darstellung dazu findet sich in: Klaus, Georg; Buhr, Manfred (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch, Bd. 1, Berlin 1972, S. 99 - 102 - 28 - Schulverbesserung zu erwarten. Nicht eine langsame Reform, sondern eine schnelle Revolution kann dieses bewirken.“18

18 Diese Feststellung traf der Philosoph G.H. Kant in der Königsberger Zeitung im Jahre 1777, zit. nach: Gottschalch, Wilfried; Neumann-Schönwetter, Marina; Soukup, Günther: Sozialisationsforschung.- Frankfurt a.M.: Fischer, 1971, S. 8 - 29 - 1.2. Gesundheit und Gesundheitsförderung in pädagogischen Konzeptionen

Die heutigen pädagogischen Diskussionen sind nicht mehr von allgemeiner Euphorie getragen, sondern eher pragmatischer Art. Ansatzpunkt der nachfolgenden konzeptionellen Überlegungen ist die Einsicht, dass Gesundheitsförderung als Entwicklungschance begriffen und betrieben werden muss. Entwicklung meint hier neben dem in der Entwicklungspsychologie gut beschriebenen Reifungsprozess junger Menschen vor allem auch den Ausbau von gesundheitsförderlichen Ressourcen (von Wissen bis Hilfsmittel). Mit diesem Verständnis wird eine pädagogisch-organisatorische Verschränkung von Gesundheitsförderung und Bildung deutlich, die über die klassische „hygienische Volksbelehrung“ hinausgeht. Diese Verschränkung folgt einem ressourcentheoretischen Ansatz, der auch die materiellen Verhältnisse einbezieht. Diese theoretische Bestimmung kann begriffsgeschichtlich untermauert werden. In jedem Fall ist ursprünglich „gesund“ nicht im Sinne von „Gesundheit“ verwandt worden. Wichtig war ein handlungs- und prozessbezogener Inhalt, nicht die Beschreibung eines Zustandes. Etymologisch kommt das deutsche Wort „gesund“ vom germanischen „swend(i)a“ bzw. „(ga)sunda“, was „stark, kräftig, geschwind“ bedeutet19. Auch „heilen“, das aus dem Gotischen stammende Wort, beschreibt einen doppeldeutigen Prozeß: „(ga)hailgan“ meint „gesund machen/führen“ und „gahailnan“ meint „gesund werden“. Im Zuge der römischen und mittelalterlichen Humoralpathologie wurde demgegenüber stärker auf einen Gleichgewichtszustand abgehoben, der bis heute die meisten Gesundheitsbegriffe durchzieht. Damit änderte sich allerdings auch die Bedeutung des Prozesses, bzw. der Entwicklung. Aus einer Stärkung und Bewältigungskraft wurde die Rückgewinnung eines harmonischen Zustandes. In diesem Verständnis von „Gesundheit“ geht der Prozess, die positive Entwicklung verloren. Verbunden mit diesem Verlust ist auch die schwindende Bedeutung einer Zukunftsorientierung. Denn Gesundheit ist in diesem Sinne im Grunde vorhanden, wird lediglich gestört und muss entsprechend nur wieder hergestellt werden. Die bekannte Formulierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1946 hat hier keine Klärung gebracht. Gesundheit als das vollständige körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden ist demnach mehr als eine pure Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen. Doch konnte diese groß dimensionierte Zielsetzung eben deshalb keine Entwicklung anleiten, weil das Ziel zu großartig war. Die WHO hatte in der Folge viele Schwierigkeiten, vor allem in Ländern der sog. Dritten Welt tatsächliche Entwicklungen hin zu diesem Ziel zu organisieren.

19 Haug, Christoph V.: Gesundheitsbildung im Wandel, - Bad Heilbrunn, 1991, S. 21 - 30 - Gesundheit ist in dieser Tradition ein allgemeiner Begriff, der schwerlich zu operationalisieren ist. Auf diesem Hintergrund können verschiedene Elemente und Deutungsansätze des Gesundheitsbegriffs ausgemacht werden, die Gerd Göckenjan aufgezeigt hat: a) Gesundheit als Wertaussage. Definitionen, die Gesundheit positiv zu fassen versuchen, beziehen sich auf alle möglichen positiven psycho-physischen und sozialen Umstände. Gesundheit ist "das Gute" an sich. Hierzu gehört vor allem die obige WHO-Definition. Das ist quasi eine generelle, programmatische Forderung zur Optimierung individueller und gesellschaftlicher Lebensumstände. Hierher gehören auch jene Definitionen, die beispielsweise Gesundheit als "umfassende Lebenskompetenz" oder auch "Lebensqualität" verstehen. b) Gesundheit als Abgrenzungskonzept. Diese Definitionen sind eng mit Krankheit verknüpft und fassen vor allem Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit. Sie sind alltäglich zu finden, aber nicht so einfach. Vielfältige Unklarheiten ergeben sich aus den fehlenden Bestimmungen eines gesundheitlichen Zustandes, aus der fehlenden Differenzierung der Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit usw. In der Tradition der medizinischen Wissenschaft ist dieses Konzept jedoch wirkmächtig. Medizin legitimiert ihr Handeln durch Diagnose von Krankheit und durch die Annahme, dass der menschliche Organismus als mechanisches Aggregat behandelt werden kann. Demzufolge ist auch dieser Gesundheitsbegriff mechanisch und negativ, d. h. wird durch Abwesenheit von Krankheit definiert. Aus ihm sind dann jedoch schwerlich gesundheitsfördernde Aspekte, wie z.B. des Musikhörens, zu erfassen. c) Die Fassung von Gesundheit in Funktionsaussagen. Diese Konzeption resultiert nach Göckenjan aus dem Bedürfnis nach größerer Konkretion, in dem die Abgrenzung zur Krankheit verwissenschaftlicht oder die Wertaussagen objektiviert werden sollen. Auch die gesellschaftlichen Rollen, die von den Akteuren eingenommen werden, können mit dieser Sichtweise erfasst werden. Gesundheit ist demnach die Funktionsfähigkeit des Körpers, seine Fähigkeit zu allen natürlichen Verrichtungen. Gesundheit kann so auch als harmonisches Gleichgewicht in Bau und in der Funktion des Organismus und im seelischen Erleben verstanden werden. Im Wesentlichen geht es aber um die Feststellung, dass das System Mensch störungsfrei funktioniert. Göckenjan fordert angesichts dieser konzeptionellen Auffächerung die Historisierung des Gesundheitsbegriffs. Demnach soll die jeweilige gesellschaftliche, politische, wissenschaftliche und professionelle Konstellation berücksichtigt werden, in der sich der Gesundheitsbegriff wandelt.20 Gleichwohl scheint es sinnvoll, diese Wandlung selbst, also die historisch-gesellschaftliche Abhängigkeit des Gesundheitsbegriffs systematisch zu begreifen. Welcher zentralen Elemente des Begriffes von „Gesundheit“ sollen im Folgenden genutzt werden? Bereits Ernst Bloch wies darauf hin, dass

20 Göckenjan, Gerd: Geschichtliches zum Gesundheitsbegriff.- In: Keil, Annelie; Milles, Dietrich; Müller, Rainer(Hrsg.): Gesundheitswissenschaften und Gesundheitsförderung.- Bremerhaven: Wirtschaftverl., 1991, S. 15ff. - 31 - „Gesundheit .. ein schwankender Begriff“ ist, in dem vor allem der „letzte medizinische Wunschtraum“, nämlich „Abschaffung des Todes“ irritiert. Bloch machte auch darauf aufmerksam, dass der Gesundheitsbegriff zwar mit den Aufgaben der Medizin verbunden, aber im Grunde nicht durch die Medizin zu bestimmen ist: „Gesundheit ist überhaupt nicht nur ein medizinischer, sondern überwiegend ein gesellschaftlicher Begriff. Gesundheit wiederherzustellen heißt in Wahrheit: den Kranken zu jener Art von Gesundheit zu bringen, die in der jeweiligen Gesellschaft die jeweils anerkannte ist, ja in der Gesellschaft erst gebildet wurde. Also sind selbst für die bloße Absicht der Wiederherstellung die Ziele des Wieder wechselnd, mehr: sie werden erst von der jeweiligen Gesellschaft als ‚Norm‘ gesetzt.“ 21 Über diesen Aspekt der gesellschaftlichen Normsetzung hinaus erscheint noch ein zweiter Aspekt zentral, der bei Bloch angelegt ist und in dem Brecht-Stück „Der Jasager und Der Neinsager“22 deutlich ausgearbeitet wird.23 Die gesellschaftliche Normsetzung dringt in den Alltag als „Brauch“, als Konvention, als praktische Handlungsanleitung ein. Dabei wird leicht übersehen, dass es sich um eine Setzung handelt, die jeweils der Überprüfung und weiteren Anpassung oder gar Neufassung bedarf. Gesundheit kann demnach als alltagspraktische Handlungsanleitung verstanden werden, bedarf jedoch der beständigen Überprüfung und gesellschaftlichen Konkretisierung.

21 Und Ernst Bloch formuliert auch mit dem Blick auf das gemeinsame utopische Moment die soziale Einbettung jeglicher Gesundheit. Im Kampf gegen das Schicksal zeigt sich in medizinischen und sozialen Utopien, dass der Blick auf Neues nicht die organischen Wirkungszusammenhänge und auch nicht die zu verbessernden Verhältnisse übersieht; vielmehr einschließt: „An den sozialen Nicht-Sinn einer sich unaufhörlich überfüllenden Erde braucht gar nicht erst gedacht zu werden: kein Auftritt ohne allen Abgang, keine mögliche Gesellschaft ohne geräumigen Friedhof. Insgesamt, auch ohne Groteske, hängt jedes organische Besserseinwollen in der Luft, wenn das soziale nicht gekannt oder berücksichtigt ist. Gesundheit ist ein sozialer Begriff, genau wie das organische Dasein der Menschen, als Menschen, insgesamt. So ist sie überhaupt erst sinnvoll steigerbar, wenn das Leben, worin sie steht, nicht selber von Angst, Not und Tod überfüllt ist.“ (ebd.. S. 541) 22 Das Stück wurde 1929/30 als Schuloper nach einer japanischen Vorlage geschrieben. Siehe Brecht , Bertolt: Der Jasager und der Neinsager.- In : Geisler , Wolfgang : Theaterprojekt : Jasager und Neinsager.- In : Creamer , Klaus Peter ( Hrsg.) : Lebendiger Schulalltag. - Weinheim und Basel 1982 , S. 156 - 164 23 Wegen einer Seuche, die auch eine Mutter erfasst hat, will sich ein Lehrer auf eine gefährliche Reise machen, um Hilfe zu holen. Der Sohn will der Mutter zuliebe mit, „Medizin holen und Unterweisung“. Lehrer und Mutter akzeptieren, denn: „Viele sind einverstanden mit Falschem, aber er Ist nicht einverstanden mit der Krankheit, sondern Daß die Krankheit geheilt wird.“ Auf dem Weg, der zusammen mit drei Studenten angegangen wird, erkrankt der Sohn vor „einem schmalen Grad“. Da der kranke Sohn nicht mitgenommen werden kann, ist es der Brauch, ein übergeordnetes Ziel auch gegen das Schicksal des Einzelnen zu verfolgen, d.h. nicht umzukehren, den kranken Sohn also zurückzulassen und, da er nicht einsam sterben soll, ihn ins Tal zu werfen. Während die Jasager, den Sohn eingeschlossen, dem Brauch folgen, wendet sich der nein- sagende Sohn gegen den Brauch: „Wer a sagt, der muß nicht b sagen. Er kann auch erkennen, daß a falsch war. Ich wollte meiner Mutter Medizin holen, aber jetzt bin ich selber krank geworden, es ist also nicht mehr möglich. Und ich will sofort umkehren, der neuen Lage entsprechend. Auch euch bitte ich umzukehren und mich heimzubringen. Euer Lernen kann durchaus warten. Wenn es drüben etwas zu lernen gibt, was ich hoffe, so könnte es nur das sein, daß man in unserer Lage umkehren muß. Und was den alten Brauch betrifft, so sehe ich keine Vernunft an ihm. Ich brauche vielmehr einen neuen Brauch, den wir sofort einführen müssen, nämlich den Brauch, in jeder Lage neu nachzudenken.“ - 32 - Diese Überlegung führt zu dem dritten grundlegenden Aspekt von Gesundheit. Denn die beständige Überprüfung und Konkretisierung ist zwar gesellschaftlich vermittelt, sie ist jedoch, wie die erste Überlegung verdeutlicht, auf eine Norm, auf eine gesellschaftliche Zielsetzung orientiert. Gesundheit ist nicht Abbild eines gesellschaftlichen Zustandes, sondern Vorbild einer gesellschaftlichen Aufgabenstellung. In Abwandlung des marxschen Kernsatzes über die wirkmächtigen Kräfte in der Welt könnte daher formuliert werden: „Die Gesundheits-Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern!“ In den neueren gesundheitswissenschaftlichen Diskussionen bieten verschiedene Ansätze eine Möglichkeit, aus diesem Dilemma zu entkommen. Hierzu zählt auch eine stärkere Betonung der Bildung. So definierte Christoph Haug24: „´Bildung´ kann dann im Zusammenhang mit gesundheitsbezogenen Aktivitäten im Wesentlichen verstanden werden als (1) ein lebenslanger Prozess, der im Sinne eines selbstbestimmten „reflexiven und bildenden Lernens“ für alle Alters- und Entwicklungsstufen und in allen Lebensbereichen relevant ist und der sich (2) durch die Momente der Selbstverantwortlichkeit und Selbstbestimmung auszeichnet, wo- durch sie im strengen Sinne zur Selbstbildung mit dem Ziel der Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung wird. (3) Darüber hinaus zielt Bildung durch ihre Orientierung an der aktiven und verantwortungsvollen Auseinandersetzung des Subjektes mit seinen objektiven Lebensverhältnissen letztendlich auf individuelle und gesellschaftliche Mündigkeit, die in den Möglichkeiten der Entfaltung individueller Potentiale im Rahmen eines verantwortungsvollen Handelns, auch im Interesse der Gemeinschaft, ihren Ausdruck finden. (4) Bildung bezieht „Kopf, Herz und Hand“ als Ganzheit mit ein und versteht sich u.a. auch als Bedingung und Hilfe, um das Leben besser bewältigen zu können.“ Hier wird der aufgeklärte Ansatz verbunden mit gesellschaftlicher Teilnahme und politischer Verantwortlichkeit. Dieses Verständnis geht weiter als verschiedene Ansätze der Lebenslauf-Forschung und der Gesundheitspsychologie, die zwar den Zusammenhang von Gesundheit und Entwicklung aufgreifen, aber eben individuell, individualpsychologisch zuschneiden. Doch auch der engere Zusammenhang von Gesundheit und Entwicklung, wie er durch die psychologischen Ansätze betont wurde, gab den Gesundheitswissenschaften einen positiven Schub. Denn immerhin bedeutete er eine klare Betonung des „ganzen“ Menschen und eine deutliche Distanzierung von einem Medizinischen Grundverständnis, das die gesundheitlichen Probleme auf „Defekte“ (V. v. Weizsäcker) und „Fälle“ reduzierte. Dieses breite entwicklungspsychologische Verständnis findet langsam Einzug in das Grundverständnis der Gesundheitswissenschaften. Damit verbunden ist eine

24 Haug: a.a.O., S. 25f. - 33 - begriffliche Problematik. Noch in den 1980er Jahren wurde, wie Befragungen ergaben, „Gesundheitsaufklärung“ oder „Gesundheitserziehung“ als „verlängerter Arm der kurativen Medizin“ angesehen25 und wegen (unnötiger) Herrschaftsausübung und Bevormundung nicht gut gelitten. Haug favorisiert demgegenüber den Begriff „Gesundheitsbildung“26, der sich aber gegen den un- schärferen, aber mit besser legitimierendem Bezug auf Wissenschaft ausgestatteten Begriff „Gesundheitswissenschaft“ nicht durchsetzen konnte. Heute ist es darüber hinaus so, dass mit dem Begriff „Gesundheitswissenschaft“ auch eine inhaltliche Ausdehnung verbunden ist. Vor allem die Bereiche der gesundheitlichen Versorgung, der Organisation gesundheitsrelevanter Regelungen, Maßnahmen und Einrichtungen und auch die Effektivität und Effizienz der Aktivitäten und Programme gehören zu den gesundheitswissenschaftlichen Themen. Von diesem Gesichtspunkt aus kann der Begriff „Gesundheitsbildung“ für einen spezifischen Aufgabenbereich der „Gesundheitswissenschaften“ genutzt werden. Gesundheitsbildung (als Teil der Gesundheitswissenschaft) in einem allgemeineren Verständnis kann meinen27:  Reflexionen über Gesundheit;  Bildung für Gesunde;  Erlernen von Gesundheit;  Gesundheit als Thema der Pädagogik;  theoretischer Versuch, Gesundheit im Bildungsbereich zu integrieren;  ein Wissenschaftsgebiet, in dem die Kenntnisse, Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Gesundheitserhaltung zu erforschen und zu vermitteln sind. Dieses Verständnis ist stark geworden in der Kritik an dem medizinischen Modell, das allzu sehr auf biologische Vorgänge und krankheitsbezogene Festlegungen setzt. In der Kritik wurde die Entwicklungsfähigkeit des Menschen betont: Denn „der Anspruch auf Gesundheit als pädagogisches Terrain scheint grundsätzlich nur dann sinnvoll und folgenreich zu sein, wenn damit zugleich die Propagierung eines pädagogisch-dynamischen Gesundheits-, Krankheits- und Heilungsbegriffs verbunden ist, da sich die Pädagogik sonst ihrer eigenen Legitimationsgrundlage von vorneherein beraubt.“28 Haug sieht nicht die Problematik, dass die Pädagogik im schlechten Sinne der Aufklärung als allgemeine Grundlage der Menschheitsentwicklung zur Allwissenschaft und –praxis aufsteigt. Gesundheitsbildung würde dann in einem ganz allgemeinen Sinn zur Erlöserin von allem Übel, während sie in der Praxis eben nicht gegen die unmittelbaren Hilfsangebote der Reparaturmedizin oder andere zielsichere

25 Haug: a.a.O., S. 31 26 ebd. S. 32 27 Haug: a.a.O., S.39 28 Haug: a.a.O., S.51 - 34 - Lösungen und Lösungsversprechungen ankommt. Die angelegten Ausweitungen des Problemverständnisses wie der Problembearbeitung auf materielle Verhältnisse usw. würde dann wieder verschlossen. Gesundheitsbildung darf demnach weder verlängerter Arm der kurativen Medizin sein, wie dies Ende der 1970er Jahre erkannt und kritisiert wurde29, noch eine ideologisch abgehobene Heilslehre. Letztlich legt Haug folgende Hypothesen zugrunde: „1) ´Gesundheitsbildung´ ist ein mit dem sozialen und individuellen Wandel verbundener, dynamischer Prozess, der sich durch Lebensbezug auszeichnet und lebenslang für alle Altersstufen und Gesundheitsniveaus möglich und notwendig ist. 2) `Gesundheitsbildung` bezieht sich dabei auf den ganzen Menschen als Einheit von `Kopf, Herz und Hand´ in all seinen Lebensbezügen und zielt ganz im Sinne einer aktiv-partizipativen `Selbstbildung´ auf selbstbestimmtes, mit- und eigenverantwortliches Handeln in Richtung auf ein Mehr an Lebensqualität und eine bessere Lebensbewältigung. 3) `Gesundheitsbildung´ konzentriert sich darüber hinaus insbesondere auch auf die Entfaltung der `individuellen gesundheitlichen Potentiale´ im Sinne von `Selbsthilfe´ und `Selbstheilung´ im Rahmen eines verantwortungsvollen, interaktiven Handelns bei der Mitgestaltung und Umgestaltung der Lebenswelt im Interesse der Gemeinschaft. Letztendlich intendiert die Gesundheitsbildung individuelle Emanzipation und Mündigkeit in gesundheitlichen Belangen.“30 Richtig erkennt Haug die zentrale Spannung zwischen „Individuumszentrierung“ und „Gemeinschaftsorientierung“. Er nimmt allerdings an, diese Spannung hätte sich historisch hin zur Zentrierung auf das Individuum (hermetisch-spirituelle Lehre) oder zur Gemeinschaftsorientierung (Rassenhygiene) ausgeprägt. Diese historische Gegenüberstellung ist jedoch bei näherem Hinsehen nicht haltbar und in ihren aktuellen Schlussfolgerungen unsinnig. Denn die Spannungen finden wir in der Geschichte nicht als Abfolge oder Herrschaft des einen Aspekts über den anderen. Vielmehr finden wir Spannungen auf einem Kontinuum, das den sozialen Menschen ausmacht. Scheinbare Individuumszentrierung, beispielsweise in der alten Geschichte, verweist andererseits auf den hohen symbolischen Gehalt von „Gemeinschaft“ im individuellen Leben, während umgekehrt die heute diagnostizierte „Individualisierung“ darauf verweist, dass die gemeinschaftlichen Ideologien verblasst sind, während sich das Subjektive in der Massengesellschaft in neuerlichen Kultformen manifestiert (was beispielsweise in den jüngsten Geschehnissen um die Fußballweltmeisterschaft 2006 als Trend zum gemeinschaftlichen Erleben unübersehbar war). Insofern soll auch in der Begriff der Bildung und Erziehung, verstanden als Entwicklung, erweitert werden. Unter Erziehung ist nicht nur zu verstehen: Die Gesamtheit aller absichtlichen, z. T. sogar planmäßigen, institutionellen

29 Schipperges 1979; Henkelmann/Karpf 1982; zit. nach: Haug, Ch.: a.a.O., 1990, S. 31 30 ebenda: S.59 - 35 - Lernhilfen, die normativ und vormundschaftlich darauf abzielen, den Edukanden zur Mündigkeit zu führen. Vielmehr wird darauf bestanden, dass „Mündigkeit“ in diesem Falle die Fähigkeit politischer, gestaltender Teilhabe an gesellschaftlichen Verhältnissen einschließt. Wenn das allgemeine Verhältnis von Erzieher und dem zu Erziehenden mit dem Ziel verbunden wird, von einer anfänglichen Vormundschaftlichkeit sukzessiv zu einem Mehr an Selbstbestimmung und Selbstbildung zu kommen, dann erweitert sich das, was unter Selbstbestimmung und Selbstbildung zu verstehen ist, zu einer gesellschaftlichen Handlungsfähigkeit.31 Unbestritten ist, dass Bildung als lebenslänglicher Prozess im Sinne eines selbstbestimmten "reflexiven und bildenden Lernens" zu verstehen ist. Unbestritten ist auch die Bedeutung der Selbstverantwortlichkeit und Selbstbestimmung. Wird jedoch der Entwicklungsprozess sozial begriffen, dann sind die Ziele der Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung eben nur gesell- schaftlich denkbar. Denn der einzelne Mensch kann sich schlechterdings als soziales Wesen nicht selbst entfalten und verwirklichen. Die Auseinandersetzung mit und Orientierung in den objektiven Lebensbedingungen erhält in diesem pädagogischen Verständnis eine zentrale Bedeutung, die nicht im Widerspruch oder in Konkurrenz zu der Entfaltung der Persönlichkeit und individueller Potentiale steht. Gesundheit und Wohlbefinden sind Phänomene, die über Bewusstsein und Verhaltensänderung zu beeinflussen sind, wobei das Bewusstsein und die Veränderung in politischer, sozialer und materieller Dimension verstanden werden. Wir befinden uns insofern sicherlich im "golden age of health ecucation" und man kann unterstreichen: "It is our belief, that the health of people can be immeasurable improved throug education" 32 Wenn in diesem Sinne Gesundheitserzieher als "chance agents" verstanden werden und die Parole ausgegeben wird: education results in change, change results in education, dann liegt dem eine positive Verknüpfung von Bildung und innovativer Entwicklung zugrunde. Wie gezeigt wurde und noch zu zeigen sein wird, kann diese Verknüpfung nur halten und tragen, wenn die individualpsychologische Verkürzung der Gesundheitsbildung konsequent überwunden und die gesellschaftspolitische Weiterung der Entwicklung konsequent verfolgt wird. Vor diesem Hintergrund stellt die Institution Schule eine besondere Schwierigkeit dar, denn die Schule ist eine gesellschaftliche Separation, eine abgesonderte und in sich konstruierte Einrichtung. Dies wirft seit jeher die Frage auf nach dem Bezug dieser separaten Einrichtung zur gesellschaftlichen Wirklichkeit und nach dem Bezug dessen, was in der Schule passiert, zu dem, was in der Gesellschaft passieren soll. Vergegenwärtigen wir uns das grundsätzliche Problem noch einmal anhand eines historisch-systematischen Rückblicks.

31 In diesem Verständnis nähern sich die bei Haug streng unterschiedenen Begriffe „Erziehung“ und „Bildung“ (Erziehung als Voraussetzung und möglichst abzuschließenden Phase) wieder an. 32 ebda., S.209 - 36 - Menschheitsgeschichtlich gibt es einen einfachen Ausgangspunkt: der Mensch ist auf Entwicklung angewiesen, d.h. er muss nach der Geburt seine körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten in großer Dynamik ausprägen. Wie die meisten Tiere kann er dies nicht an sich, sondern muss beispielhaft erlernen. Der Mensch muss erzogen werden. Als besonderes Tier muss er diesen Lernprozess als Aneignungsprozess in intensiver Auseinandersetzung mit seiner sozialen und natürlichen Umwelt vollziehen. Johann Friedrich Herbart33 hat Anfang des 19. Jahrhunderts dies als Erziehung durch „Erfahrung“ und „Umgang“ begriffen. Unter „Umgang“ sind praktische Lernprozesse unter Anleitung zu verstehen. Eine solche Erziehung wurde durch Jahrhunderte von den sozialen Grundeinheiten, vor allem der Familie oder auch des Meister- Schüler-Verhältnisses, aus organisiert. Schritte der Verallgemeinerung erfolgten durch mobile „Erzieher“ oder institutionalisierte Angebote (wie z.B. Klosterschulen). Die private Organisation der Erziehung wurde in der Phase der Industrialisierung unzureichend. Mit der Vergesellschaftung und der Nationalität wurde die Erziehung zu einer staatlichen Aufgabe. Das Allgemeine Preußische Landrecht erklärte 1794 die Schulen zu einer staatlichen Angelegenheit (Tit. II, 12, §1). Durch den Aufbau von Volksschulen (Elementarschulen) werden die Gelehrtenschulen zurückgedrängt und die allgemeine Schulpflicht sukzessive eingeführt. Im Grunde war jedoch diese historische Entwicklung begründet durch aufklärerische Auffassungen, nach denen die soziale Gemeinschaft durch autonome bürgerliche Subjekte aufzubauen und demnach ein Ausgang aus der Unmündigkeit anzubieten wäre. Immerhin wurde somit eine öffentliche und separate Einrichtung etabliert. Diese schloss zwar systematisch die erzieherische Aufgaben im Sinne von Erfahrung und praktischer Anleitung ein, konkretisierte sie aber praktisch durch staatliche Erziehungsvorgaben. Der erzieherische Prozess erhielt eine separate Begründung und Zielrichtung34. Diese Separation bestärkte die Professionalisierung der Lehrer und die Institutionalisierung der Schulzweige. Sie verkompliziert allerdings den pädagogischen Auftrag, weil nunmehr neben den ursprünglichen erzieherischen Auftrag (Erfahrung und Umgang) auch noch der erzieherische Selbstzweck der Institution (das Curriculum, d.h. der möglichst erfolgreiche Durchlauf von Schülern) und zudem der staatliche Auftrag (die Bildung des jeweils zugrunde

33 vgl. dazu:Herbart, Johann Friedrich: Pädagogische Schriften (Hrsg. Asmus, Walter).- 3 Bde., Darmstadt, o.J. ( Düsseldorf-München) 1964 34 Z.B. erklärte A. Petersilie 1883 den Bildungsauftrag an die preußische Volksschule als Disziplinierung der unteren Schichten so: „Der Kampf mit dem Leben, welchem unsere arbeitende Bevölkerung ausgesetzt ist, ist so ernst: die Versuchungen, welche sie täglich zu bestehen hat, sind so mächtig und vielgestaltig; die Entbehrungen bisweilen auch Leiden, welchen sie ausgesetzt ist, sind so drückend, daß sie reicher innerer Güter bedarf, um trotz derselben sich nicht nur aufrecht halten, sondern auch sich freudig betätigen können.“ (zit. Leschinsky,A. nach: Roeder P.M., 1983, S. 76f) - 37 - gelegten Untertans oder Bürgers) trat.35 Aus diesem Dilemma kann sich Schule nicht einfach lösen. Mit der Betonung der Gesundheitsbildung können jedoch sinnvolle Verknüpfungen hergestellt werden. Zum einen kann eine Verknüpfung zu den familiären und elterlichen Aufgabenstellungen hergestellt werden. Diese frühen Sozialisationsaufgaben enthalten unmittelbar die angesprochenen erzieherischen Dimensionen von „Erfahrung“ und „Umgang“ bzw. praktischer Anleitung. Entwicklungspsychologisch können wichtige Hinweise gegeben werden, wie sich diese Aufgabenstellungen während der Schulzeit, v.a. in der Phase der Pubertät, weiter stellen und auch von Eltern und Lehrern gemeinsam angegangen werden sollten. Zum andern schließen die Anforderungen der modernen Arbeitswelt in starkem Maße Entwicklungen eigener Verantwortlichkeit und selbständiger Problembewältigung ein, die den Übergang aus der schulischen Erziehung in die gesellschaftlichen Lernprozesse aufzeigen. So gesehen hat die separate Einrichtung Schule die zentrale Aufgabe, den Übergang von unmittelbarer Erfahrung und unmittelbarem Umgang auf der einen Seite zu gesellschaftlich formierter Erfahrung und Bewältigung auf der anderen Seite zu betreiben. Die vorliegender Arbeit zugrunde liegende Hypothese entfaltet, dass eine Orientierung auf Gesundheitsförderung und eine Orientierung auf produktive Arbeit den Übergang von unmittelbarer Erfahrung und unmittelbarem Umgang auf der einen Seite und gesellschaftlicher formierter Erfahrung und Bewältigung auf der anderen Seite sinnvoll organisiert. Der zugrunde liegende pädagogische Auftrag der Schule kann mit diesen Orientierungen aufgegriffen und auf die gesellschaftlichen Verhältnisse bezogen werden. Die Entwicklungsdimension bleibt erhalten und die praktische Einbeziehung sozialer Verhältnisse, die politischer Gestaltung und die kritische Aufgabenstellung können nebeneinander verfolgt werden. Damit kommen den großen gesellschaftlichen Institutionen unterschiedliche, aber aufeinander bezogene pädagogische Aufgabenstellungen zu. So wie bereits Pestalozzi vorstellte, bildet die Familie (die „Wohnstube“) den natürlichen Kern und Ausgangspunkt, der durch die Institution der Vergesellschaftung, die Schule, abgelöst wird, die wiederum in die gesellschaftliche Wirklichkeit einmünden muss und nicht für sich stehen bleiben kann. Folgendes grobe Modell beschreibt diesen Übergang:

Schaubild: Etappen der Erziehung im Lebenslauf

Selbständige Entwicklung Separate (Bewältigung, Erfahrung) Vermittlung Erwerbsgesellschaft u. Geborgene Schule Hinführung Erfahrung u . 35 Anleitung Beispielsweise wird die fachliche oder altersmäßige Zusammensetzung des Lehrkörpers nach schulischenFamilie oder schulbehördlichen Logiken vorgenommen und höchstens mit einem schulbezogen festgelegten, aber dann nicht mehr hinterfragten Bildungsauftrag begründet. - 38 - Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung kann als eine Chance verstanden werden, diesen Übergang konzeptionell zu fassen. Denn Gesundheit ist eine der wenigen Wertorientierungen, die sowohl die verschiedenen Institutionen wie die verschiedenen Lebensalter integrierend übergreifen könnte. Und Arbeit enthält den Bezug zu der gesellschaftlichen Wirklichkeit (Erwerbsarbeit), zu den wichtigen gesellschaftlichen Veränderungen (z.B. Dienstleistungsarbeit) und vor allem zu der produktiven Bewältigung existenzieller Anforderungen (also auch alltäglicher Formen von Hausarbeit, Erziehungsarbeit, Ehrenarbeit und sogar Trauerarbeit usw.). Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung bezieht sich somit auf grundlegende Werte sozialen Zusammenlebens wie auf gesellschaftliche Zukunft.

- 39 - 1.3. Arbeit und Erwerbsarbeit in pädagogischen Konzeptionen

Die Arbeitsorientierung stand lange Zeit nicht im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses, schon gar nicht der Pädagogik. Mit der neuerlichen Gewichtung der „Realwirtschaft“ geraten jedoch diejenigen Kräfte wieder stärker in den Blick, die real produzieren. Darin besteht eine unmittelbare Chance, die auf eine gute Tradition zurückgreifen kann. Die ursprüngliche Bedeutung von Arbeit lastet bis heute auf dem Begriff. Denn in nahezu allen wichtigen Sprachen Mitteleuropas war „Arbeit“ mit Mühen und Lasten verbunden. Althochdeutsch bedeutete „arabeit“ soviel wie Beschwerde, Not Mühsal. Auch im Französischen bedeutete „travail“ nicht nur Tätigkeit, sondern eben auch sich anstrengen, leiden, quälen. Der Zusammenhang erschließt sich allerdings, wenn man die Bedeutung von „Geburtswehen“ hinzu zieht. Mit der Existenzbewältigung war auch in anderen Sprachen (labor, labour) eine Anstrengung verbunden, die auf die widersprüchlichen Bedingungen eines Lebens verweist, das vor allem durch die nötigen Anstrengungen endlich ist und zum Tode führt. Erst in der Neuzeit wird die Existenzbewältigung von der unmittelbaren Anstrengung gelöst und zu einem wirtschaftlichen, in der Konsequenz volkswirtschaftlichen Vorgang. Produktive Tätigkeit erhält eine wirtschaftliche Zwecksetzung. Die Zwecksetzung ist nicht nur auf die unmittelbare individuelle Existenzsicherung, sondern auf die wirtschaftlich gesicherte Existenzsicherung einer sozialen Einheit bezogen, schließlich auf die „wealth of nations“ (Adam Smith). Die Zwecksetzungen erlauben positive, letztlich vernünftige Definitionsmerkmale: Wirtschaftliche Arbeit ist eine vernünftige Tätigkeit, die den Arbeitenden in seiner sozialen Existenz mit Sachgütern und Dienstleistungen zur Befriedigung seiner Bedürfnisse versorgt (Giese 1931). Arbeit wird unter Betonung der volkswirtschaftlichen Zwecksetzung als entsprechende Tätigkeit im Austausch mit umgebender Natur verstanden, wobei Existenzsicherung mitsamt Regeneration und Generation bezweckt wird. Arbeit ist als Prozess verstanden worden, „worin der Mensch seine eigene Tat vermittelt, regelt und kontrolliert“36 (Karl Marx). Arbeit war in der bürgerlichen Gesellschaft, die nicht durch Privilegien geordnet werden sollte, die wichtigste Grundlage der Erfahrung und zugleich die wichtigste Grundlage der gesellschaftlichen Rechte. Der arbeitende Mensch gestaltet und erhält sich selbst, seine Kräfte, seine Gesellschaft und seine Geschichte. Dieser umfassende Begriff von Arbeit wird durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung gebrochen und verunklart.37

36 Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie.- Erster Band, Berlin 1969, S. 192 37 vgl. dazu: Klaus, G.; Buhr, M. (Hrsg.): Arbeit.- in: Philosophisches Wörterbuch, Berlin 1972, S.99-102, sowie: Ehlert, W. u.a. (Hrsg): Arbeit.- in: Wörterbuch der Ökonomie- Sozialismus, Berlin, 1973, S.54- 56, sowie: Sohn-Rethel, A.: Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis.- Frankfurt a.M. 1970 - 40 - Zunächst wirkte die negative Logik einer Erwerbsarbeit, die alle nicht marktförmig vermittelten Arbeiten ignoriert. Ein großer Teil der unmittelbaren Aufgaben der Existenzsicherung, wie sie vor allem durch Frauen geleistet wurden, geriet aus dem Blick. Die wachsende Arbeitsteilung konzentrierte sich allein auf die Erwerbsarbeit, während die gesellschaftliche Arbeitsteilung als zwangsläufige Folge erschien. Damit wurde produktive Arbeit mehr und mehr mit Maschinerie verbunden und von Technik bestimmt. Mit dem Taylorismus und der Automatisierung ergaben sich weitere Differenzierungen der Arbeit: Produktivität schien abhängig von dem technischen Kern kapitalistischer Produktion. Die Abhängigkeit der lebendigen Arbeitskraft von den Produktionsmitteln und seinen Besitzern wurde zur grundlegenden Spannung in der „sozialen Frage“ vom 19. Jahrhundert an. So finden wir seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine klare Einschätzung der widersprüchlichen Entwicklung der „Arbeit“. In den Anfängen der Arbeitswissenschaft wurde dies vor allem arbeitspsychologisch analysiert. W. Eliasberg sah 1926 folgende Gegensätze und Gegebenheiten, die in diesem Zusammenhang wirken: A. Gegensätze  Privatwirtschaftliche Interessen und volkswirtschaftliche Interessen  Produktionsinteressen und Konsumtionsinteressen.  Klassengegensätze.  Gegensätze der Wirtschaftsinteressen zwischen den Nationen.  Gegensatz von Mensch und Wirtschaft überhaupt B. Gegebenheiten  Die Erfordernisse des Arbeitsmarktes  Traditionelle Momente (Familie, Herkommen, landsmannschaftlicher Verband, Lebenskreis usw.)38 In all diesen Spannungen und Widersprüchlichkeiten erschien Bildung als Perspektive, die einen Ausweg offeriert. Bildung schien das eigene Interesse, die Motivation des Arbeiters, die Produktivitäts- und Verwertungsinteressen der Betriebe verbinden zu können. So wurde Bildung bezogen auf die Spannungen zwischen der wirtschaftlichen Organisation und der subjektiven Tätigkeit, also zwischen den kapitalistischen Produktionsverhältnissen und dem Arbeiter. Vor allem die wachsende Arbeitsteilung wie die mit der Arbeitsteilung verbundene Entleerung und Entfremdung, sollten bereits früh durch Bildung angereichert werden. Die weiteren Zuspitzungen mit Massenarbeit und Rationalisierung verstärkten auch diese Problematik. Sie wurde im Grunde zugespitzt wahrgenommen als Kompetenzverlust des produktiven Arbeiters. Daher sahen bereits viele Zeitgenossen eine Lösung in einer Arbeitsteilung, die mit Qualifikationen ausgestattet werden und damit auch die Beteiligung der Arbeitenden bestärken sollte. So meinte Heinrich Herkner in seinem Standardwerk um die Wende zum 20. Jahrhundert: „Im allgemeinen darf man vielleicht sagen, dass die Arbeitstei-

38 siehe dazu: Eliasberg, W. (Hrsg.): Psychotherapie. Bericht über den I. Allgemeinen Ärztlichen Kongreß für Psychotherapie in Baden-Baden, 17.-19. April 1926.- Marhold, Halle, 1927 - 41 - lung noch die Arbeitsfreude fördert, solange die auszuübende Tätigkeit den Charakter einer Berufsspezialität behauptet, also eine Berufslehre voraussetzt. Im Gegensatz dazu stehen Verrichtungen, die auch jeder ungelernte Arbeiter nach einigen Wochen in gewünschter Quantität und Qualität fertig zu bringen vermag, weil es sich eben nur um die ewige Wiederholung einiger weniger Handgriffe handelt.“39 Nicht nur bezüglich der Arbeitsfreude und der Arbeitsmotivation als zentrales Moment der Produktivität des Arbeiters, sondern auch bezüglich der Unterdrückung und Unterordnung des Arbeiters sollte Bildung eingesetzt werden. Maschinerie und Rationalisierung können „versklaven“, wenn der arbeitende Mensch als Anhängsel begriffen wird. Er wird aber umso weniger Anhängsel, umso stärker er in die Beherrschung der Naturkräfte und die Organisation einbezogen ist. Diese Bedeutung der Teilnahme und Bildung wurde sogar in dem Zusammenhang entdeckt, der die Widersprüchlichkeit der Produktionsweise in aller negativen Konsequenz aufzeigte: in dem Umstand, dass die Entwicklung der Arbeit zu dem Verlust an Arbeit führt, zugespitzt in dem Problem der Arbeitslosigkeit. In der technologisch determinierten Gesellschaft wird die menschliche Arbeitskraft in steigendem Maße ersetzt durch technisch beherrschte Naturkräfte. Der Ersatz des produktiven Menschen wird abgekoppelt von der Fassungskraft der Märkte; der Arbeitsmarkt hat keine Verbindung zu der Konsumtion. Die menschliche Arbeitskraft hört dann tendenziell und partiell auf, ein „Gut“ zu sein. Die Entwertung der menschlichen Arbeitskraft spitzt sich in dieser Tendenz zu: Die unnützen Arbeitskräfte müssen dem Arbeitsmarkt zugleich entzogen und doch potenziell wieder zur Verfügung stehen. Dies hat Ernst Michel in den 1930er Jahren beschrieben: „Es erhebt sich aus dieser strukturellen, gesellschaftlichen Umlagerung die Aufgabe, dieses neue Proletariat, das anderer Art ist als das alte ist, in die Gesellschaft hineinzuverfassen: für eine ganze Schicht also neue Funktionen zu schaffen, überflüssige Arbeitskraft als Volkskraft in nicht marktmäßigen und doch lebens- notwendigen Formen zu speichern.“ 40 Und Michel weist, unter Berufung auf Eugen Rosenstock, nach, dass für diese Aufgabe eine zwangsmäßige Behandlung, etwa durch Arbeitsdienstpflicht, gänzlich unsinnig ist und versagen muss. Stattdessen müsse der Arbeiter „charakterisiert“ werden, d.h. seine Persönlichkeit und Verantwortlichkeit müsse ausgeprägt werden – eine wahrhaft „volkserzieherische“ Maßnahme. Es gibt eine Tradition der inhaltlichen Verbindung von Arbeit und Schule. Im 18. Jahrhundert nahmen „Arbeitsschulen“ oder „Industrieschulen“ vor allem handwerkliche und manufaktorielle Bildungsinhalte auf. Insbesondere als Erziehung von Nichtprivilegierten, wie Kindern von Mittellosen, Bettelkindern oder Waisen sollte diese Verbindung der Eingliederung in die Gesellschaft dienen. Ähnlich der „Zucht- und Arbeitshäuser“ wurde der Arbeit Jugendlicher

39 Herkner, H.: Die Arbeiterfrage - Eine Einführung.- Berlin 1908, S.28 40 Michel, E.: in: Die Sozialgeschichte der modernen Arbeiterwelt.- o.O., 1937, S.217 - 42 - ein Entwicklungs- ja sogar Heilungsimpuls zugesprochen. Auch mit der Zunahme der Kinderarbeit in Manufakturen und Fabriken wurde zunächst der Bildungsgehalt von „Arbeit“ betont, bis er dann durch rücksichtslose Fabrikanten ad absurdum geführt wurde. Von Pestalozzi über Fröbel sollte durch fleißige Tätigkeit die innere Entwicklung befördert werden. Im Umkreis von Fröbel wurde 1857 erstmals der Begriff „Arbeitsschule“ benutzt. 1908 formulierte Kerschensteiner das Programm: „Die Schule der Zukunft eine Arbeitsschule“41. Sein Programm war es, an der natürlichen Neugier der Kinder anzusetzen und eine soziale, staatskonforme Erziehung anzuvisieren. Mit Dewey nahm Kerschensteiner im Grunde an, dass die Arbeit an sich eine Logik enthalte, mit der Erziehung vorgehen könnte. Dieses „Gesetz der Arbeit“ umfasste:  die Aufgabe (Erfassen der Frage)  die Planung (Vermuten und Durchdenken)  die Ausführung (Verwirklichen der Pläne und Absichten)  die Prüfung (Vergleich des Werkes mit dem Plan) Dieser moderne Ablauf (heute würden wir von einem „Zirkel“ sprechen) wurde auch als Observation, Synthese, Analyse, Verifikation beschrieben. Es handelt sich um eine Methode der Qualitätssicherung, wie sie heute gängig ist, wenn auch das Moment der Evaluation (Prüfung) heute stärker betont und zirkelförmig auf die Neubestimmung der Aufgabe bezogen wird. Immerhin liegen der Konzeption der Arbeitsschule so etwas wie methodische Schlüs- selkompetenzen zugrunde, die sogar seinerzeit noch inhaltlich erweitert wurden: „Aber erst, wenn man noch berücksichtigt, daß die Arbeit ‚Versittlichung‘, ihre ‚Indienststellung für soziale und altruistische Zwecke‘ verlangt, dann hat man die bildende Bedeutung voll erfaßt. Die Besucher der Münchener Schulen sahen, klagte Kerschensteiner selbst, ‚erst nur die manuelle Arbeit, und nicht die mit ihr verbundene geistige, moralische und staatsbürgerliche‘, die ihm eigentlich Zweck war.“42 In der Orientierung auf die „Große Industrie und ihre charakterformenden Impulse“ versuchte der russische Pädagoge Pavel Petrovitch Blonskij in der frühsowjetischen Phase in den 1920er Jahren in Moskau, die Ausdehnung der Konzeption auf moderne Industrie. Was für die Handarbeit, vor allem die Herstellung eines gesamten Werkes galt, sollte auf industrielle Produktion und Industriearbeit ausgedehnt werden. Zugrunde lag seinerzeit die von W. I. „Lenin“ und den Kommissaren für die Volksbildung N.K. Krupskaja43/44 und V.

41 Kerschensteiner, G.: Der Begriff der Arbeitsschule.- München, 1969 42 Blättner, Fritz: Geschichte der Pädagogik. Heidelberg, 1955, S. 231 43 Krupskaja, Nadeshda Konstantinova: Sozialistische Pädagogik: Thesen über die polytechnische Schule.- Berlin 1971, S. 166ff. 44 Krupskaja, Nadeshda Konstantinova: „Ich bin nach wie vor bereit, meine Formel von 1918 zu wiederholen: Ich glaube an die polytechnische Einheitsarbeitsschule.“ in: Lunatscharskij, Anatolij Wassiljewitsch: Über die Volksbildung.- Köln 1973, S. 203 - 43 - Lunatscharskij45 propagierte Vorstellung, dass die kapitalistische Rationalisierung (Maschinisierung, Taylorisierung, Automatisierung) unmittelbare Voraussetzungen für den Übergang zum Sozialismus schaffen würde. Demnach ermöglichte „die maschinelle Produktion“ keine Dequali- fizierung, sondern modifizierte den Ansatz der Arbeitsschule: „Die maschinelle Produktion ermöglicht einen verhältnismäßig schnellen Übergang von der Erlernung der Handhabung einer Maschinerie zu der einer anderen. Eben hierdurch ermöglicht sie eine vielseitige Arbeitserziehung."“46 In der Darstellung Blonskijs zur Arbeitsschule wird nur dieser Ausdruck gebraucht. “ Er spricht immer nur von der Arbeitsschule, dass er aber nur die Produktions- schule damit meint, das geht aus all seinen Darlegungen zur Evidenz hervor.“47 Im Zuge der pädagogischen Reformen gerieten Elemente der Arbeitsschule in die gewerkschaftliche und schließlich sogar universitäre Programmatik. Die GEW entwickelte 1960 in Bremen und verabschiedete 1962 in Wiesbaden programmatische Grundsätze, in denen die Orientierung auf die Arbeitswelt gefordert wurde48. Für 1971/72 wurde Arbeitslehre an den Schulen Bremens eingeführt. Die Erprobungslehrpläne waren wesentlich von Bodo Wessels konzipiert, der das „Bremer Modell“ der Arbeitslehre zunächst mit Franz-Josef Kaiser an der neuen Bremer Universität aufbaute. In der kritischen Sichtung der bildungspolitischen Traditionen der Arbeitsschule ging es Wessels vor allem um Prozesse der technologisch – ökonomischen Einschätzung und politisch- emanzipierten Entscheidung für den zukünftig in der Arbeitswelt tätigen Menschen. In enger Verknüpfung mit dem gewerkschaftsorientierten methodischen Ansatz von Oskar Negt49 entwickelte Bodo Wessels den fachwissenschaftlichen Ansatz „AvA“ „Analyse von Arbeitsplätzen“.50 Verantwortlichkeit sollte nicht auf das Individuum abgeschoben werden, sondern als zentrale permanente Aufgabe der Bildung verbleiben: „Statt dessen muss beim Schüler die Bereitschaft geweckt und befähigt werden, später als Lohnabhängiger mit Hilfe seines Wissens und seiner Erkenntnisse die eigene Arbeitssituation und die der anderen zu analysieren und als gesellschaftlich vermittelt zu begreifen, das heißt als historisch bedingt und damit veränderbar. Er soll in die Lage versetzt werden, die herrschenden Strukturen zu durchschauen und kollektive Interessen solidarisch zu artikulieren und zu versuchen, diese durchzusetzen.

45 Lunatscharskij, Anatolij Wassiljewitsch: Über die Körpererziehung, in: Über die Volksbildung Köln 1973, S. 188ff. 46 Petrovich, Pavel: Die Arbeits-Schule.- 1 Teil, Berlin-Fichtenau 1921, S. 162 47 Baege, M.H.: Vorwort des Herausgebers.- in: Blonskij, P.P.: Die Arbeits-Schule.- 1 Teil, Berlin- Fichtenau 1921, S. 5 48 Reuter, Ernst: Vorwort – Was ist Arbeitslehre? in: projektgruppe arbeitslehre marburg: schule , produktion, gewerkschaften. ansätze für eine arbeitslehre im interesse der lohnabhängigen., Reinbek bei Hamburg 1974, S. 9f. 49 Negt, Oskar: Soziologische Phantasie und Exemplarisches Lernen. Zur Theorie der Arbeiterbildung. Frankfurt a. Main 1968 50 Der Begriff“Analyse von Arbeitsplätzen“ wurde von B. Wessels in den 70iger Jahren in vielfältiger Weise und über langjährige hochschuldidaktische Praxis im Fachbereich 1, später 11, der Universität Bremen etabliert. - 44 - Im Mittelpunkt des Technikunterrichts muss die konkrete Arbeitsplatzsituation sein. Dabei soll ein Unterricht über den Produktionsprozess Technik keineswegs am Rande behandeln. Wissen über Technik als Konkretionsform des Kapitalverhältnisses bildet die Grundlage der zu vermittelnden Qualifikationen.“51 Auf diesem Hintergrund sollte das Verwertungsinteresse, das die Wirtschaft an der lebendigen Arbeitskraft zeigte, nicht ausschließlich die Qualifizierung des arbeitenden Menschen determinieren. Vielmehr betonte Wessels den Doppelcharakter des Arbeitsbegriffes als Wert der Ware Arbeitskraft. Dieser Ansatz prägte mit unterschiedlicher Setzung die universitäre Lehrerausbildung und machte damit überhaupt einen Kern der Bremer Reformuniversität aus. Der Ansatz blieb immer eigentlich inhaltlich einleuchtend, wurde jedoch praktisch wenig relevant. Warum? Im Grunde konnte der Ansatz die klassenkämpferische Dichotomie, in der durch Arbeit ein Emanzipationsprozess erfolgen sollte, nicht überwinden. Damit verblieb aber die Bildung in der „Revolutionsfalle“, wonach entweder erst eine befreite Arbeit zu emanzipatorischen Lernprozesse führte, oder aber die Lernprozesse immer genuin revolutionäre sein müssen, was sich im Alltag eben schnell als illusionär erwies. Über diese Falle wurden jedoch die vielen inhaltlichen Ansätze und Bemühungen beiseite geschoben, die mit „Arbeit“ mehr verbanden als pure Lohnarbeit. Hieran wieder anzusetzen, ist ein Anliegen der Arbeit, das sich in diesem Sinne auch der alten Bremer Reformidee verpflichtet fühlt. Zugleich soll die vorgestellte „Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung“ einen Vorschlag unterbreiten, wie Arbeit und Gesundheit in ihrer anerkannten Wertigkeit und Widersprüchlichkeit aufeinander bezogen und pädagogisch innovativ genutzt werden können. Dieser Vorschlag zielt darauf, subjektive und soziale Aspekte der Orientierung und Förderung auszuarbeiten, die kleine Schnittmengen zwischen divergierenden Interessen und widersprüchlichen Konstellationen darstellen. Solche Aspekte werden, das ist die Hypothese, in einer konkreten, durch nützliche Arbeit begründeten Qualifizierung zum einen und zum anderen in einem sozial begründeten und gesellschaftlich verallgemeinerbaren Arbeiterschutz gefasst.

Ohne zu sehr den "klassischen Untugenden" von Lehrern, dem Historisieren und dem Pädagogisieren zu verfallen, wird im Folgenden versucht, die beiden wissenschaftlichen Verankerungen des Themas, die Gesundheits- und die Arbeitswissenschaft, von der historischen Genese aus und im Hinblick auf pädagogische Anforderungen und Aufgaben zu befragen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, eine wissenschaftliche Konzeption vor dem skizzierten Hintergrunde zum einen durch historische Erfahrung und zum anderen durch die anstehende Aufgabe auszuformen. Insofern sollen die beiden wissenschaftlichen Eckpunkte der Konzeption einer „gesundheitsförderlichen Arbeitsorientierung“

51 projektgruppe arbeitslehre marburg: schule, produktion, gewerkschaften, Reinbek bei Hamburg, S. 179 - 45 - zunächst von der Entwicklung her und dann von dem praktischen Aufgabenbezug her diskutiert werden. Grundlage dieses multidisziplinären pädagogischen Arbeitsansatzes ist ein fachwissenschaftliches Bezugskonstrukt, in dem von Bodo Wessels und Rainer Müller vorgeschlagene Verknüpfungen zu einem System didaktischer „Analyse von Arbeitsplätzen“ verbunden werden. Nachfolgend finden sich fachlich begründete Bedingungsstrukturen und konkrete Rahmensetzungen für die weiter unten dargestellte Form der Herangehensweise als pädagogisch differenzierungsfähiges und didaktisch modifizierbares Bezugssystem. Die hier angenommene Ausgangslage stützt sich dabei wesentlich auf die nachfolgende synchonoptische Darstellung eines curricular fachübergreifenden Ansatzes einer erwerbsarbeitspädagogisch emanzipatorisch orientierten Arbeitslehre.52

52 Beer, Klaus: Didaktische Probleme der Analyse von Arbeitsplätzen.- Bremen 1980 - 46 - Grafik aus: Beer, K.: Didaktische Probleme der Analyse von Arbeitsplätzen, - 47 - Bremen, 1980 2. Arbeits- und gesundheitswissenschaftliche Konzepte in der Schule

Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Jürgen Rüttgers, erklärte in dem „Bergedorfer Gesprächskreis“ 1997. „Das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt: Uns ist der Konsens abhanden gekommen, was die Schule leisten soll.“53 Worin kann dieser Konsens bestehen? Rüttgers wollte insbesondere auch die Grenzen und Distanzen zwischen Bildungssystem und Arbeitswelt überwinden. Diese Dimension erscheint ebenso nahe liegend wie schwierig. Hier Verbindungen aufzuzeigen und neue Wege zu öffnen soll im Folgenden angegangen werden. Arbeits- und gesundheitswissenschaftliche Konzepte haben, einschließlich der historischen Abknüpfungen an ein pädagogisch motiviertes Verständnis von Gesundheit, eine selbstverbindliche Orientierung auf die Wiederkehr des Alltags und seine solidarisch - kritische Thematisierung im Lebensverständnis. Eine gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung ist reflexiv und selbstreflexiv. Die vorliegende Arbeit "spiegelt" den widersprüchlichen Prozess der thematischen Orientierung und Erarbeitung eines sowohl pädagogisch-historisch ausgearbeiteten Verständnisses von Gesundheit als auch den Versuch, dieses mit Humanisierungsansätzen betrieblicher Gesundheitsförderung zu verknüpfen und daraus einen trag- und diskussionsfähigen Beitrag zu konturieren, mit dessen Hilfe alte/neue Schulkonzepte mit neuen außerschulischen Diskursen/Konstrukten zu einem Ansatz für eine neue (humane) gesundheitsfördernde Schule verbunden werden können.

2.1 Konzeptionen in der pädagogischen Aufgabe zwischen Schule und Betrieb Klaus Hurrelmann54 benannte vier Ansatzpunkte gesundheitsförderlicher Maßnahmen in der Schule: a) die curriculare Dimension: Gesundheitsförderung in einem Unterrichtsprogramm mit dem Ziel der Vermittlung von Information und Verbesserung des Wissens; b) die soziale Dimension: Einbeziehung des Umfeldes und der diesbezüglichen Motivation; c) die ökologische Dimension: Sorge für gute und gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen; d) kommunale Dimension: Vernetzung der schulischen Gesundheitsförderung mit regionalen Institutionen. Eine wichtige Neuerung betrifft vor allem die Ausweitung der pädagogischen Aufgabe. Einbezogen werden soll der Erfahrungsschatz der Eltern, das gesellschaftlichen Umfeld, der soziale Wandel oder die historischen und

53 Körber-Stiftung (Hrsg.): Wege aus der blockierten Gesellschaft – Perspektiven für die Gestaltung der Zukunft.- Hamburg 1997, S.13 54 K. Hurrelmann: Schulstress – Freizeitstress – Familienstress. Neue gesundheitliche Belastungen im Kindes- und Jugendalter.- In: I. Gropengießer, J. Thal (Hrsg.): Gesundheitsförderung und Lebensweisen. Gesundheit und Schule.- Bremen: WIS, 1994, S.9ff; vgl. H. Witteriede: Soziale Arbeit und Gesundheitsfördernde Schule.- Baltmannsweiler: Schneider, 2003 2003, S.127 - 48 - aktuellen Vorbilder. Dies erfordert ein Umdenken in der Schule, vor allem aber auch andere Qualifikationen und Ressourcen.55 Wie bereits angesprochen (vgl. Kap. 1) können hier konzeptionelle Ansätze und Erfahrungen genutzt werden, die zum einen aus der pädagogischen Tradition, zum anderen aus der neueren Public-Health-Diskussion stammen. Hier steht die Perspektive der Vernetzung im Mittelpunkt. Ausgehend von der WHO- Programmatik, vor allem nach der Ottwawa-Charta von 1986, sollen eben auch im Setting „Schule“ verschiedene Beteiligte (Lehrer, Eltern, Nachbarn, kommunale Einrichtungen, benachbarte Geschäfte und Betriebe) zusammen wirken. Diese Öffnung in eine „gesundheitsfördernde Region“ wurde während der ersten Konferenz des Europäischen Netzwerks Gesundheitsfördernde Schulen (ENGS) diskutiert, die 1997 in Thessalonike (Griechenland) stattfand. Die pädagogische Aufgabe wurde hierbei stark auf Erfahrungen und Vorbilder abgestellt. Zugleich wurde der Bezug zur Arbeitsgesellschaft gestärkt. Dies betrifft vor allem die Konzeption der Betriebserkundung und der Betriebspraktika. Aber die Konzeption ist doch sehr „von außen“ konzipiert. Pädagogik tritt sozusagen wie ein externer Berater auf, während die eigentliche Konzeption stark auf Lebensstile abgestellt blieb. Insgesamt sollte „ganzheitlich“ vorgegangen werden. Ganzheitlich meint in diesem Zusammenhang:56 I. Vorgehen nach Werten und Leitlinien, Einbindung von Gesundheit in die schulischen Ziele; II. Gesundheitsförderliches Schulklima in Unterricht, Elternarbeit und Vernetzung; III. Effektive Lehrpläne unter Berücksichtigung der kognitiven und sozialen Entwicklung der Schüler sowie der schulischen Bedingungen; IV. Verbindung des schulischen mit dem sozialen Umfeld der Kinder und Jugendlichen und entsprechende Einbeziehung von Experten außerhalb der Schule. Das Vorgehen stellt inhaltlich sicher einen großen Fortschritt dar. Aber dennoch stehen weiterhin Gesundheitsaufklärung und Gesundheitserziehung im Mittelpunkt. Konzeptionelle Ausweitungen und Zusammenhänge werden zwar gefordert, bleiben aber doch in der konkreten Umsetzung schwierig. Die Schwierigkeit in der gesellschaftlichen Dimension liegen vor allem darin, die Strukturen gesellschaftlicher Wirkungszusammenhänge zu erfassen. Vorliegender Ansatz geht davon aus, dass dies nur durch Einbeziehung der produktiven Arbeit und der Arbeitswelt möglich ist. Die Schwierigkeiten in der Umsetzung der WHO-Programmatik können darin erkannt werden, dass produktive Arbeit und Arbeitswelt vernachlässigt werden. Die WHO versucht, die Konzeption der „Gesundheitsfördernden Schule“ mit 12 Kriterien zu konkretisieren:

55 D. Sommer et. al.: Gesunde Schule.- Frankfurt/M.: Mabuse, 2006, S.89 56 Nach J. Naidoo; J. Wills: Lehrbuch der Gesundheitsförderung.- Gamburg: Verl. F. Gesundheitsförd., 2003 - 49 - „1. Die aktive Förderung des Selbstwertgefühls der Schüler, indem deutlich gemacht wird, dass jeder Einzelne zur Gestaltung des Schulalltags beitragen kann. 2. Die Entwicklung guter Beziehungen im Alltag der Schule, zwischen dem Schulpersonal und den Schülern und unter den Schülern selbst. 3. Die Klärung des gesellschaftlichen Auftrages und der Ziele der Schule für das Schulpersonal und die Schüler. 4. Die Bereitstellung einer Vielfalt von Aktionsmöglichkeiten zur Aktivierung aller Schüler. 5. Die Nutzung jeder Gelegenheit zur Verbesserung der physischen Umwelt der Schule. 6. Die Entwicklung guter Kontakte zwischen der Schule, dem Elternhaus und dem kommunalen Umfeld. 7. Die Entwicklung guter Kontakte zwischen den örtlichen Grund- und weiterführenden Schulen zur Aufstellung eines kohärenten Lehrplanes zur Gesundheitserziehung. 8. Die aktive Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Schüler und des Schulpersonals. 9. Die Überprüfung der Rollen des Schulpersonals als gesundheitliche Vorbilder. 10. Die Überlegung, inwieweit die Schulmahlzeiten (falls angeboten) auch zur Ergänzung des Lehrplans zur Gesundheitsbildung und Gesundheitserziehung genutzt werden können. 11. Die Nutzung der Angebote der kommunalen Dienste zur Beratung und Unterstützung der Gesundheitsbildung und Gesundheitserziehung. 12. Die Weiterentwicklung der Schulgesundheitsdienste und deren Vorsorgeuntersuchungen zu einer aktiveren Unterstützung der Gesundheitsförderung im gesamten Lehrplan.“57

Die Konzeption der WHO wurde dahin gehend kretisiert, den menschlichen Körper kennen zu lernen, sexuelle Aufklärung zu betreiben, vor Drogenkonsum zu warnen u.ä. Dabei stehen positive Beispiele im Mittelpunkt. Verwiesen wird auf Programme wie „Kinder stark machen“ oder „ohne Rauchen geht’s auch“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) in Köln. Immerhin wird hierbei betont, dass Öffnung zu weiteren Ziele möglich sind, auf die sich Beteiligte einigen können. Das heißt im Wesentlichen, dass auch die Lehrerschaft ihre pädagogischen Aufgabenstellung ausweiten und ausrichten soll. Also wird im Grunde auch die Diskussion über eine mögliche Etablierung eines Schulfaches im Kern angeregt. Die Frage ist, ob mit dieser Anregung lediglich die traditionelle Konzeption der Gesundheitserziehung angesprochen ist.

57 ebd., S.288 - 50 - In der Schule liegt vor allem die Ernährung, außerhalb der Schule vor allem die Arbeit der Gesundheitsämter im Blick der WHO. Der Bezug zu der wichtigsten gesellschaftlichen Realität, nämlich der Arbeitswelt, fehlt fast vollständig. Hier besteht die wichtige Lücke und Schwachstelle der bisherigen Konzeptionen zur „gesunden Schule“ oder der „gesundheitsfördernden Schule“. Nötig ist die Ausweitung durch eine gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung. Eine gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung versteht sich insofern als ein Beitrag zur Weiterentwicklung der zurzeit eher stagnativen Entwicklung im Hinblick auf eine Umgestaltung der Schule. Im Sinne dialektisch - orientierten Denkens und Handelns soll die hier vorgestellte heuristische Entfaltung den Vorschlagscharakter des Beitrages herausstellen. Der heuristische Ansatz benötigt kein strenges Beweiskonstrukt, er bildet vielmehr, im Unterschied zur deduktiven Methode, eine neue Vorschlagsebene als Verknüpfung von Hypothesen, Analogieschlüssen und Arbeitsergebnissen, sowie von Modellkonstruktionen der verschiedensten Art. Mit dieser Vorgehensweise ermöglicht die Heuristik qualitative Sprünge in der Veränderung von realen Prozessen und Institutionen vorwegzunehmen, deren nachzuarbeitende Beweisführung dann vielfach unproblematisch gelöst werfen kann.58 Das methodisch- logische Vorgehen trägt also immer den Charakter des versuchsweisen, sie bildet damit „ [...] eine Anleitung zum Finden eigener Lösungen“59 Eine gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung enthält einen didaktischen Auftrag und eine offene spiralcurriculare Konstruktion. Sie ist damit angelegt, die Institution / den Betrieb Schule im Sinne erwerbsarbeitsorientierter (Selbst - ) Analyse der dort Tätigen transparenter zu gestalten und diesen Vorgang der unterrichtlichen Bearbeitung zugänglicher zu analysieren. Es werden zwei Schwerpunkte in der Konzeption aufeinander bezogen: Zunächst wird auf Beiträge einer pädagogischen Thematisierung von Gesundheit abgestellt, die zur Entwicklung einer pädagogischen - institutionellen Ausgangslage miteinander verknüpft werden. Ziel dieser Darstellung ist die Konturierung einer bislang in dieser Form nicht vorgetragenen Konstruktion für ein, auch historisch beispielhaft abgesichertes Konzept einer gesundheitsfördernden Schule mit dem Schwerpunkt Arbeitsorientierung. Darüber hinaus sollen Elemente zur Entwicklung eines betrieblichen Verständnisses der Institution Schule zusammengestellt werden, die die erforderliche Neuorientierung der Bildungsinstitution (Schule neu bewegen - Schularbeit neu gestalten - SchülerInnen, LehrerInnen und weitere Akteure beteiligen) unterstützen und weiterentwickeln könnten .

58 Klaus , Georg / Buhr , Manfred (Hrsg.) : Philosophisches Wörterbuch.- Bd.1 , 8. ber. Auflage , Berlin 1972 , dep , S. 477 59 Duell, Werner/Frei, Felix (Hrsg.) : Arbeit gestalten - Mitarbeiter beteiligen . Eine Heuristik qualifizierender Arbeitsgestaltung.- Frankfurt/M. / New York: Campus, 1986 , S. 9 - 51 - In der erforderlichen Konkretion könnte eine entsprechende Veränderung der Schule aus dem Lernfeld Arbeitslehre initiiert werden. Diese Einschätzung knüpft an verschiedene Erwartungen und Aspekte der Arbeitslehre an: - Das Lernfeld hat einen genuinen Kontakt zur außerschulischen betrieblichen Situation, - Kritische Potentiale, wie sie in der betrieblichen Gesundheitsförderung angelegt sein können, lassen sich gleichfalls für das Lernfeld Arbeitslehre identifizieren, - Das Arbeitslehre - Konzept ist seit seiner Konstituierung in den sechziger Jahren in unterschiedlicher Intensität immer auch als schulformintegrierendes Potential gehandelt und diskutiert worden! In diesem Verständnis greift eine gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung exemplarische Bedeutung verschiedener Arbeits- und Lernzusammenhänge auf:  Der Betrieb Schule hat einen erwerbsorientierten Dienstleistungscharakter.  Es findet dort Erwerbsarbeit statt. ”Alle Erziehung beginnt mit der Erziehung der Erzieher”, lautete eine zentrale Aussage von Marx zur historischen Entwicklung gesellschaftlicher Bildung. Der methodische Ansatz ist ein Versuch, die Kanalarchitektur der wissenschaftlichen Einzeldisziplinen zu öffnen und deren scheinbar systematischen (Selbst -) Darstellungslogiken zu ignorieren, um zu einen Quernutzerorientierung zu gelangen, die die eigentliche Stärke der Alltagstauglichkeit ausmacht! Und diese Nutzerorientierung geht von dem Auftrag der Lehrer, der pädagogischen Zielsetzung aus. Der bei neuen Produkten dieser Gesellschaft häufig benutzte und noch häufiger praktizierte Ratschlag: ”Vor Gebrauch schütteln!” bezieht sich dann in besonderer Weise auch auf die Klientel der Schule - die SchülerInnen. Gemeint sind damit ein Wachrütteln und eine Sensibilisierung der Aufmerksamkeit, die nicht von Vorhaltungen oder Maßregelungen lebt. In jedem Fall gilt es, die wirklichen gesellschaftlichen Verhältnisse zum Ausgangspunkt zu machen – und die schulischen Verhältnisse als Teil derselben zu begreifen. Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung kann nicht - wie Gesundheitserziehung es glaubt tun zu können und zu müssen - genaue Ziele und Wahrheiten vorgeben, sondern lediglich Orientierungs- und Entscheidungshilfen für individuelles Handeln und Handeln in Institutionen. Dies ist auch historisch konkret im sozialen Wandel der „Arbeitsgesellschaft“ wichtig, damit wir die Tendenzen zur Dienstleistungsgesellschaft verstehen können. Dies soll auch noch einmal im Gegenlicht der Argumentation von Christoph Haug erläutert werden: In einer Diskussion der Grenzen und Hindernisse der Gesundheitsbildung merkt Haug neben einleuchtenden und weniger plausiblen Aspekten an: „Das Gesundheitswesen lebt nicht nur vom ‚Geschäft mit der Reparatur‘, sondern es fördert auch die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen in Richtung auf eine ‚serviced

- 52 - ‘.60 D.h. als wesentlicher Wirtschaftsfaktor, der sich selbst am Leben erhalten will, braucht es ‚Konsumenten‘, i.S. von ‚passiven‘ Kranke, Behinderte und Unfallverletzte, die auf seine Dienstleistungen angewiesen sind. Nicht zuletzt bietet es ‚Brot‘, Status, Prestige und hohes Einkommen für all diejenigen, die darin direkt oder indirekt eine wichtige Rolle spielen.“61 Auch im Folgenden wird deutlich, dass Haug die Dienstleistungsgesellschaft ausschließlich als subsidiären Sektor zur produktiven Industrie und Manufaktur sieht. Dies jedoch sehr kurz gegriffen. Was ist z.B. mit Beratung? Dies ist nicht nur eine Aufgabe, durch Industriegesellschaft doppelt freigesetzte Menschen zu bearbeiten (die bei Haug sogar „durch den Ausbau gesundheitsbezogener Dienstleistungsberufe wieder in den allgemeinen Arbeitsmarkt zurückgeführt werden“62). Demnach würden Dienstleistungen eigentlich nicht zum allgemeinen Arbeitsmarkt zählen. Daraus schließt Haug dann, dass die Zukunft möglicherweise der Krankheit und dem passiven Patienten gehören werde63. In dieser Sicht ist die Dienstleistungsgesellschaft eine reine Selbstbedienung der Experten auf dem Rücken der Betroffenen; Experten schaffen sicherlich Krankheit per Definition und auch per eigenen wirtschaftlichen Zwängen; dies ist jedoch kein Problem der Dienstleistungsgesellschaft, sondern vielmehr des Leistungszugangs. Kernfragen wären hier, ob in dem Gesundheitssektor marktwirtschaftliche Steuerungen greifen oder ob solidargemeinschaftliche Zugänge anders geregelt werden müssen etc. Unklarheiten im Begriff der Dienstleistungsgesellschaft gehen über in Unklarheiten über die Institution Schule. Historisch war Schule, wie angesprochen, in bestimmtem Zusammenhang konkret aufgebaut und in bestimmten Absichten ausdifferenziert worden. Dies gerät besonders bei Haug zu großem Durcheinander. Er diskutiert sehr ambitioniert die neueren Ansätze, v.a. der angelsächsischen Literatur; bringt lange Herleitungen der Konzeptionen und legt sich ein Schema der Beurteilung zurecht, nach dem er Konzepte vorstellt und diskutiert. Dieses Schema ordnet nach den Dimensionen a) Aspekte der „Dynamik und des Lebensbezuges“ b) Aspekt des „lebenslangen Lernens“ c) Bedeutung von „Integration und Ganzheitlichkeit“ d) Bedeutung von „Partizipation, Selbst- und Mitverantwortlichkeit e) Aspekt der „Selbsthilfe und Selbstheilung“ f) Orientierung an „Emanzipation und Lebensqualität“ Der Auftrag der Schule wie der Gesundheitsförderung ist jedoch nicht allein individuell zu begründen, vielmehr muss die Beziehung zwischen individuellen und kollektiven Aufgaben geklärt werden. Dies leistet Haug nicht erkennbar.

60 Carlson, 1981, zit. nach: Haug, C.: a.a.O., S. 451 61 Haug, C.: a.a.O., S. 408 62 ebd. S. 409 63 ebd. - 53 - Und hier setzt im Grunde die Konzeption der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung ein. Das scheint mir für alle Bereiche der gesundheitspolitischen Bildung ebenso anwendbar: In den Unterrichtseinheiten können keine Lösungen für die Lernenden entwickelt werden. Bei allem Streben nach Praxisbezug und Handlungsrelevanz der Inhalte und Lehrformen liegt die Transfer- und Implementierungsverantwortung bei den Lernenden selbst. Entscheidungen für präventive/ gesundheitspolitische Maßnahmen sind nur aus dem jeweiligen (Arbeits-)Lebenszusammenhang zu treffen. Dies bezieht Aspekte der "Selbsthilfe" (und Selbstheilung?) ein. Als Zielformulierung geht es darum, Lernprozesse zu ermöglichen und zwar durch aktives und eigeninitiatives Lernen einen Zugang zum eigenen Gesundheitsbewusstsein zu finden und Handlungsschritte für gesundheitsfördernde Lebensweisen selbst erproben zu können. Die langfristige Perspektive liegt in der Hilfe zur Selbsthilfe. Dies wurde im Rahmenplan "Gesundheitsbildung" des Volkshochschulverbandes aufgegriffen. Er betont im Kapitel "Gesundheitspolitik und Gesundheitswesen" die gesellschaftskritische Komponente von Gesundheitsbildung. Gesundheitsbildung zielt demnach u. a. auf (1) Anhebung von Wissen und Erfahrung des einzelnen über Gesundheit und Krankheit, über Prävention und Abhilfemaßnahmen (2) Schärfung des Bewusstseins für soziale, politische und Umwelt-Faktoren, durch die Gesundheit beeinflusst wird. Das beinhaltet auch die Annahme, dass gesundheitsförderliche/risikoverhütende Verhaltensweisen durch den Einzelnen dort an ihre Grenzen stoßen, wo Lebensverhältnisse gesundes Leben verunmöglichen. Dies zu thematisieren ist eine der vornehmen Aufgaben der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung. Es gibt hierbei eine Tradition der widersprüchlichen Orientierung auf die Arbeitswelt, weil die Arbeitswelt selbst widersprüchlich ist. Solche Widersprüche kennt auch die Schule, die Arbeitsplatz für Lehrende und Lernende sowie für nichtpädagogisches Personal ist. Die Widersprüche sind erkennbar, wenn beispielsweise Bennack die „Schulhygiene“ als den eigentlich umfassenden Begriff annimmt und mit Katzenberger als umfassende „Schaffung und Förderung gesunder und Vermeidung bzw. Abwehr ungesunder psycho-physischer Lebensbedingungen im Rahmen der Schule“64 begreift. Denn der „Rahmen“ der Schule kann auch als Begrenzung auf den pädagogischen Inhalt angesehen werden. Dann wird Schulhygiene in erster Linie als eine Gesundheitspflege verstanden, die sich auf die eigentliche Gesundheitserziehung bezieht, worunter im wesentlichen die Führung zu „einsichtiger, selbstverantwortlicher Lebensführung“ gemeint ist;

64 Bennack, J.: a.a.O., S. 19 - 54 - hinzu kommt noch der Aspekt der Gesundheitsbildung, mit dem v.a. die Vermittlung gesundheitsrelevanter Wissensbestandteile gemeint ist. Doch in der Schule sind viel mehr Probleme vorhanden und aufzugreifen. Ein Beispiel: Spezifische Probleme stellen sich bezogen auf zeitliche Zusammenhänge des Unterrichts, von dem Schulbeginn, über die Dauer eines Schultages bis hin zu den Samstagen sind solche Zusammenhänge auch mit den Lebenszusammenhängen in einer sozialen Gemeinschaft (Familie), in den gesellschaftlichen Regelungen (Öffnungszeiten) oder in den sozialen Räumen (Busverkehr) verbunden (z.B. „Zeiten in der Stadt“). Dies gilt aber auch weiterhin z.B. für den Rhythmus, der in der Chronobiologie untersucht wird. Diese befasst sich „mit der zeitlichen Organisation des Lebens von Pflanzen, Tieren und Menschen in unterschiedlichen Rhythmen“.65 Im Tagesrhythmus schwanken in 24 Stunden Körpertemperaturen, Stoffwechsel, Muskelspannung, Nierenfunktion oder Konzentrationsfähigkeit insgesamt und auch individuell. Nach entsprechenden Untersuchungen fordert Till Roenneberg, den Schulbeginn auf 9 Uhr zu verschieben. Erst dann beginne die Leistungsfähigkeit. Auf Basis von Forschungen zum Schlaf konnten ebenfalls Folgerungen gezogen werden. Schoff beobachtete Menschen, die in einem Bunker ohne Tageslicht ihre eigene Zeiteinteilung vornehmen konnten, und stellte eine Art innere Uhr fest, nach der auch unabhängig von Außenreizen Tagesabläufe organisiert werden. Roenneberg konstatierte: „Wir leben in einer Gesellschaft der Übermüdung“. Hieran wären nicht die zeitlichen Abläufe allein Schuld, sondern auch verschiedene Interessen, die konfligieren wie z.B. eine Selbstbestimmung, die an Freizeit gekoppelt wird, mit einer Arbeitsintensivierung, die auf Erholung baut. So zeigt dieses Beispiel die vielfältigen Verknüpfungen der gesundheitlichen Problemlagen in der Schule. Sicherlich antwortet die Ergänzung der verhaltensorientierten Gesundheitsförderung durch die verhältnisorientierte Gesundheitsförderung auf diese Verknüpfungen. Der verhältnisbezogene Ansatz ist aber nicht so klar, wie dies z.B. Haug diskutiert. In der Zusammenfassung seines Überblickes kommt er unvermittelt zu dem Ergebnis, eine „zeitgemäße Auffassung von Gesundheitsbildung“ müsse u.a. folgendem Aspekt Rechnung tragen: „Gesundheitsbildung muß die reduzierte und einseitige Orientierung an „Arbeits- und Leistungsfähigkeit“ aufgeben. Die Annahme, daß Menschen durch Krankheits- und Schadensandrohung sich z.B. für den Arbeitgeber gesund erhalten, ist nicht nur illusorisch, sondern auch inhuman, denn das Erleben von Gesundheit darf nicht vom Subjekt losgelöst als rein ökonomische Größe gesehen werden. Erst wenn sich Gesundheitsbildung an der allgemeinen Erhöhung der Lebensqualität und Lebensfreude orientiert, wird sie der Motivation und dem menschlichen Bedürfnis des einzelnen wie der Gruppe gerecht; erhöhte Leistungsfähigkeit bzw. –bereitschaft fallen dabei als

65 Die Zeit v. 24.01.2002, S.29 - 55 - „Nebenprodukt“ an.“66 Darin ist nun so ziemlich alles verkehrt und das auch noch durcheinander. Was ist „die“ einseitige Orientierung? Allenfalls könnte man hier die kapitalistisch geprägte Orientierung annehmen. Doch wo ist diese zu finden? Ist es eine kulturell herrschende Orientierung? Gegen wen herrscht diese Orientierung? Gibt es eine unterdrückte Orientierung und hat diese einen eigenen kulturellen Stellenwert (oder gibt es nur eindimensionale Zusammenhänge)? Selbstverständlich gibt es eine Arbeits- und Leistungsfähigkeit, die nicht „erzwungen ist, wie dies Haug unterstellt. Dann zeigt Haug ein merkwürdiges Verständnis von „Ökonomie“, die als Ausgeburt des Leviathans auftaucht. Vor allem wird hier auch der unsinnige Gegensatz zur individuellen Lebensqualität und Lebensfreude deutlich – als ob Arbeit und Leistung lediglich Not und Pein bedeuten! Schließlich wird die Argumentation vollends widersprüchlich, indem Haug auf eigene Verwechslung von Form und Inhalt herein fällt: denn er muß – ganz im kapitalistischen Sinn - Leistungsfähigkeit und –bereitschaft „produzieren“, eben als Nebenprodukte der Motivation. Wenn man dies theoretisch ernst nehmen wollte, bliebe der bloße Hedonismus, schlimmer als dies Spencer oder Bentham propagierten. Entscheidend in der Konzeption einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung ist daher ein neuer, bzw. deutlicher Begriff von „Arbeit“, der auch einen anderen Zugang zum Alltag und alltäglichen Lebensbewältigung eröffnet. Arbeit ist nicht nur Belastung, Verschleiß und Entfremdung, sondern eben auch Herstellung von „Gesundheit“ und Ausprägung von „Befähigung“. Diese Sichtweise klingt in verschiedenen Ausführungen zur Gesundheitsförderung an, ohne theoretisch klar ausgearbeitet zu werden: „Als essentielle Elemente des Gesundheitsförderungs-Konzepts können demnach folgende Aussagen gelten: Gesundheitsförderung ist primär auf die Beeinflussung der gesellschaftlichen Bedingungen von Krankheit und Gesundheit und nicht auf die Modifikation des persönlichen Lebensstils von Einzelpersonen gerichtet. Die Einwirkung auf das Verhalten der Individuen bedeutet in diesem Kontext vor allem die Förderung des sozialen und politischen Veränderungsverhaltens. Zentrale Kriterien gesundheitsfördernder Praxis sind die Stärkung der Handlungsautonomie, der Entscheidungs- und Kontrollkompetenz sowie der sozialen Unterstützung der Menschen. Dies hat eine doppelte Bedeutung: zum einen sind die Lebensbedingungen so zu verändern, daß sie eben diesen Kriterien entsprechen (und insofern ‚gesund werden‘), zum anderen müssen die darauf gerichteten Veränderungsstrategien so angelegt sein, daß hierbei ein Einfluß der Betroffenen sichergestellt ist. Es handelt sich also sowohl um Ziel- als auch um Prozeßkriterien. Für die Förderung der Gesundheit nehmen die Arbeitsbedingungen eine Schlüsselstellung ein. Dabei setzt ein ‚Mehr‘ an Gesundheit nicht nur voraus, daß die Arbeitssituation möglichst frei von schädigenden Einflüssen (‚sicher‘)

66 zit. Haug, C.: a.a.O., S. 405 - 56 - ist, sondern auch, daß sie die Realisierung intellektueller, emotionaler und sozialer Bedürfnisse erlaubt. Den Kriterien der Selbstbestimmung, Entscheidungsfreiheit, Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeit sowie Supportivität ist daher auch in der unmittelbaren Arbeitstätigkeit und der betrieblichen Organisation Geltung zu verschaffen.“67 Um zu klären, wie gesellschaftliche Bedingungen von Krankheit und Gesundheit zu beeinflussen sind, wie Handlungsautonomie gestärkt werden kann usw. muss m.E. die „Schlüsselstellung“ der Arbeitsbedingungen genauer gefasst werden. Denn damit ist nicht einfach gemeint, die von Lenhardt angesprochenen Kriterien „auch“ in der produktiven Arbeit anzuwenden. Vielmehr muss die Produktion der Bedingungen und damit die eigene Logik der Produktion gesundheitsfördernd gestaltet werden. In der Krise der Schule aufgrund tiefgreifender Veränderungen der gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge ist eine Neuvermessung des „pädagogischen Sinns“ 68 nötig. Die Schulen sollen fit gemacht werden für ein „effektives Lebensmanagement“69 Schulen sollen selbständiger agieren und versuchen, „Selbstgestaltung, Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung in einem systematischen Ansatz zu den Leitvorstellungen (ihrer) pädagogischen und organisatorischen Arbeit zu machen und zu verwirklichen“ 70 Bei der vorgeschlagene Profilierung des Schulprogramm geht es „im Kern [...] dabei um die Entwicklung von Arbeits- und Organisationsstrukturen, die eine weitreichende Demokratisierung der Schule ermöglichen sollen.“71 Die zu vermittelnde Problemlösefähigkeit und die Selbstentwicklung sollten Schulen als „Lebensschulen“72 reformieren. Die Qualität der Schule sollte so nicht nur im Unterricht auftauchen, sondern als Problembewältigung den gesellschaftlichen Bezug aufnehmen. Hier konnten die gesundheitlichen Problemlagen aufgegriffen werden, wie sie in Studien zur Gesundheit und Krankheit von Kindern und Jugendlichen festgestellt wurden73. Registriert wurden auffällige Häufungen bei chronischen körperlichen Erkrankungen (etwa 10% aller Schüler), psychosomatischen Störungen (bis zu 33%), psychische und psychosoziale Störungen (10-15%), Suchtkrankheiten (1-10%). Gleicherweise konnten Arbeitsbelastungen und gesundheitliche Schädigungen der Lehrerinnen und Lehrer74 zum Bezugspunkt genommen werden. Hier sind

67 Lenhardt, U.: Rosenbrock, Rolf; Elkeles, Thomas: Betriebsproblem Rückenschmerz. Eine gesundheitswissenschaftliche Bestandsaufnahme zur Verursachung, Verbreitung und Verhütung.- Weinheim, München, 1997 68 Flitner 1996, S.174, zit. nach: Paulus, Peter; Barkholz, Ulrich, u.a.: Offenes Partizipationsnetz und Schulgesundheit. Gesundheitsförderung durch vernetztes Lernen.- Norderstedt, 1997, S.118 69 Pröhl: a.a.O., 1996, zit. ebd. S.26 70 Boldt; Brockmeyer: 1996, zit. ebd. S.14 71 Paulus: a.a.O., S. 118 72 Becker: a.a.O., 1992, S. 89, zit. ebd. 73 vgl. dazu: Kolip, Petra; Schnabel, P.-E. (Hrsg.); u.a.: Jugend und Gesundheit. Interventionsbereiche und Präventionsfelder.- Weinheim, 1995; sowie: Petermann, Franz(Hrsg.): Chronische Krankheiten. Kindheit und Entwicklung, 3 (1). 74 Flaake, Karin: Berufliche Orientierungen von Lehrerinnen und Lehrern. Eine empirische Untersuchung.- Frankfurt a.M., 1998, sowie: Rudow, B.: Die Arbeit des Lehrers. Zur Psychologie der Lehrertätigkeit, Lehrerbelastung und Lehrergesundheit.- Bern, 1994 - 57 - vor allem dauerhafte psychosomatische und psychosoziale Störungen (Ängste, Depressionen, Burn- out- Syndrom) zu verzeichnen. Das Erkrankungsrisiko liegt sechsmal höher als im Bevölkerungsdurchschnitt. Suchtprobleme sind auffällig, ca. 5% der LehrerInnen sind alkoholkrank. Bezeichnend ist eine hohe Rate von Frühpensionierungen. Diese Problembezüge legten nahe, schulische und betriebliche Gesundheitsförderung zusammen zu berücksichtigen und auf der Basis der Ottawa-Charta der WHO zu konzipieren.

- 58 - 2.2. Ansätze in der Arbeitslehre und der beruflichen Bildung

Das schulische Fach Arbeitslehre ist ein relativ junges, vor allem in Deutschland. Im Zuge der Industrialisierung drängte sich in Schüben die Frage in eine öffentliche und politische Wahrnehmung, welche reale und arbeitsbezogene Qualifikation für die zunehmende industrielle Vernutzung lebendiger Arbeitskraft benötigt wird. Solche Schübe gingen mit der ersten maschinell begründeten Arbeitsteilung, der Normierungen und vor allem der Rationalisierungen einher. In diesen Schüben, in denen es um Rücksichten auf die menschlichen Fähigkeiten ging, lag aber jeweils auch eine sozialreformerische Chance. In Deutschland ging nach dem Zweiten Weltkrieg der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen 1964 voran. 1969 gab die Kultusministerkonferenz unter sozialdemokratischem Einfluss Empfehlungen für die Hauptschule und sorgte für den Ausbau der Arbeitslehre in den meisten Bundesländern (außer Schleswig Holstein). Der reformerische Ansatz bezog sich auf eine allgemeine Volksbildung, in der praktische und theoretische Anteile zusammen laufen sollten. Hierzu wurde vor allem auf Technik, Wirtschaft und Hauswirtschaft abgehoben und es wurden gesellschaftspolitische und soziale Aspekten berücksichtigt. Seitdem wird Arbeitslehre als Pflichtfach, Wahlpflichtfach oder Lernfeld in der Regel an Hauptschulen und Gesamtschulen unterrichtet. Mit der stärkeren Betonung humanistischer Bildungsziele hat das Fach allerdings in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. In der DDR wurde früh versucht, einen polytechnischen Unterricht zu entwickeln. Insbesondere sollte der Unterricht nicht auf berufliche Nutzung reduziert werden und stattdessen staatsbürgerliche Bildung einschließen oder unterstützen. Die reale Arbeitssituation und deren Spannung zu der politischen Propaganda im „real existierenden“ Sozialismus erschwerten und formalisierten jedoch schließlich die hochgesteckten Bemühungen. Nach der Wiedervereinigung wurde die Chance vertan, wichtige konzeptuelle Überlegungen zum polytechnischen Unterricht aufzugreifen. In der Tradition der Arbeitslehre spielte Gesundheitsförderung lediglich eine kleine Rolle. Sie begleitete Hinweise zum Arbeitsschutz und zur Prävention arbeitsbedingter Risiken. Neu betrachtet kann jedoch Gesundheitsförderung als integriertes didaktisches System zur Entwicklung von Handlungskompetenz verstanden und für die Arbeitslehre genutzt werden. Damit kann eine lange, später aufzuzeigende Tradition durchbrochen werden, in der Arbeit und Gesundheit in der schulischen Wirklichkeit nicht zu einander fanden. Zwar fanden relativ früh die „Realien“ Eingang in die schulische Bildung, doch die Realschulgründungen von Semler z.B. galten 1739 einer mathematisch-

- 59 - mechanisch-ökonomischen Realschule.75 Und Hecker gründete 1747 eine ökonomisch-mathematische Realschule.76 Die Industrieschulen des 18. und 19. Jahrhunderts versuchten einen unmittelbareren Bezug zur gesellschaftlichen Entwicklung, wurden aber von Vertretern des Neuhumanismus „eingefangen“. Erst die Arbeitsschulbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts schuf eine systematische Grundlage, auf der die produktive Arbeit in ihren sozialen Beziehungen zum Bildungsgegenstand wurde. Nach dem angesprochenen Gutachten zur Hauptschule und den KMU- Empfehlungen gab es 1969 im Prinzip zwei Richtungen: a) ein berufspädagogisches Modell, mit Grundkursen in Holzarbeit, Metallarbeit, Elektrotechnik und zusätzliche Kurse im kaufmännisch- verwaltenden Bereich, dazu technisch-praktische Werkstattkunde, Berufskunde und Berufsberatung; also Arbeitslehre als fundamental sozio- ökonomische Grundbildung; b) ein werkpädagogisches Modell, aus Werkerziehung heraus in Richtung technische Bildung, Arbeitslehre als technische Grundbildung, in der mehrere Fächer (Wirtschaft, Technik, Haushalt) verbunden sind. In der Sekundarstufe I ist die Arbeitslehre seit Anfang der 1980er Jahre in allen Bundesländern77 eingeführt. Die „school to work transition“ konnte gleichwohl nicht konsistent geregelt werden. Denn die allgemeinbildende Logik behauptete ihren vorrangigen Status, was insbesondere das Zusammenspiel mit der beruflichen Bildung erschwerte. Die Rolle des Gymnasiums bewirkte selbst im „beruflichen Schulwesen“ eine stärkere Theoretisierung und Entspezialisierung, weshalb Vorschläge eines „Berufsgrundbildungsjahres“ als erste Stufe der Berufsausbildung unterbreitet wurden. Die zentrale Problematik:, „eine gemeinsame Grundlage für jede berufliche Qualifikation“ zu finden, wie der Deutsche Bildungsrat 1974 forderte, konnte nicht gelöst werden. Daraus folgte immerhin die Einsicht, dass eine Grundbildung in der Sek. I zu erfolgen hatte, während in der Sek. II Arbeitslehre nicht mehr als selbständiges Fach auftauchen konnte, weil hier bereits eine Differenzierung einsetzen musste. Arbeitslehre konnte in diesem Bereich entweder als Bestandteil berufsqualifizierender Fächer, oder als Lernbereich angeboten werden. Grundlinien einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung im Lernfeld konnten sein:  Thematisierung und Bewertung gesundheitsrelevanter Bedingungen des Lernhandelns und der Erwerbsarbeit,  Gestaltung als Verwirklichung gesundheitsfördernder Lebens- und Arbeitsbedingungen und Umsetzung der Entscheidung für Gesundheit.

75 vgl. dazu: Semler, Joh. Salomo: D. Joh. Salomo Semlers Lebensbeschreibung von ihm selber abgefasst, Zweiter Theil. Halle, 1782 76 Hecker, Johann Julius: Nachricht v. einer ökonomisch -mathematischen Realschule, welche bei den Schulanstalten der Dreifaltigkeitskirche Anfang Mai 1747 eröffnet werden soll, ebd. 1747 77 Kaiser, Franz-Josef; Kaminski, Hans (Hrsg.): Wirtschaft. Handwörterbuch zur Arbeits- und Wirtschaftslehre.- Bad Heilbronn/Obb. 1981

- 60 - Ansätze und Möglichkeiten zur Integration von Gesundheitsförderung im Lernfeld waren: 1. Strukturierung und Entwicklung der Lernzielkomplexe 2. Ansätze einer gesundheitsintegrierten Lernfeldbeschreibung 3. Jahrgangsbezogene Schwerpunktsetzung , Stoffverteilungsplan-Vorschläge 4. Unterrichtsprojekt, - fach, - einheiten und - sequenzbezogene Entwürfe und Vorstellungen 5. Kooperation mit anderen Lernbereichen und Unterrichtsfächern 6. ( Bezugnahme auf) Aktivitäten von Behörden , Verbänden , Betrieben ,Vereinen und Initiativen Das Lernfeld Arbeitslehre hat unter anderem folgende Bezugswissenschaften: Pädagogische Arbeitswissenschaft (siehe Arbeiten+ Lernen , Gutachten von Helmut Spitzley, Hamburger Institut für Lehrerbildung, Rolf Oberliesen u.a.), ingenieurwissenschaftliche Arbeitswissenschaft (Walter Rohmert, Joseph Rutenfranz, Walter Volpert u.a.), sozialwissenschaftliche Arbeitswissenschaft (Volker Volkholz, Ulrich Mergner, Eva Senghaas-Knobloch u.a.), arbeits- medizinische Arbeitswissenschaft (Rainer Müller, Gine Elsner u.a.), gewerkschaftliche Arbeitswissenschaft (Zwingmann, Bispinck u.a.); sodann pädagogische Gesundheitswissenschaft (Klaus Hurrelmann, Christian Haug, Petra Kolip, Anja Leppin u.a.), sozialwissenschaftliche Gesundheitswissenschaft (Rolf Rosenbrock, Bernhard Badura, u.a.), historische Gesundheitswissenschaft (Gunnar Stolberg, Gerd Göckenjan, Dietrich Milles u.a.) medizinische Gesundheitswissenschaft (Alfons Labisch, Heinrich Schipperges, Friedrich Wilhelm Schwartz u.a.), psychologische Gesundheitswissenschaft (Schwarzer u.a.); Bildungswissenschaften (Wolfgang Klafki, Manfred Bönsch, Bodo Wessels, Felix Rauner u.a.); Fachdidaktik (Klaus Schneidewind, Franz-Josef Kaiser, u.a.). Diese enorme Breite der wissenschaftlichen Bezüge macht die curriculare Planung der Arbeitslehre nicht einfach. Hinzu kommen verschiedene methodische Zugänge und Möglichkeiten, vom exemplarischen Lernen über die Biographierung bis hin zum historisch - genetischen Ansatz als fachdidaktisches Instrument zur Analyse sozio- technologischer Prozesse. Der unterrichtlich-organisatorische Rahmen umfasst eine Unterrichtssequenz im Rahmen eines Unterrichtsvorhabens im Teillernfeld Arbeitslehre / Technik, als lernfeldübergreifendes Projekt, als unterrichtsfächerübergreifendes Vorhaben, als Schulveranstaltung (wie z.B. das "Projekt Gesunde Schule"), als Kooperationsprojekt von Schule und Betrieb, als Netzwerk von Schule , Betrieb , Verbänden und Wohnquartier/ Gemeinde . Methoden der Erarbeitung von gesundheitsorientierten Wissensbeständen und der Entwicklung von komplexer Handlungsstruktur stehen aus der Fachdidaktik zur Gesundheitsförderung zur Verfügung und umfassen unter anderem * Recherche * Experiment * Werkanalyse * Montage und Demontage * Fallgeschichte - 61 - * Rollenspiel * Arbeitsplatzanalyse * Betriebserkundung Das Lernfeld Arbeitslehre bietet eine ausreichend gute Plattform für die Thematisierung und den Wechselbeziehungen von Gesundheit, wobei die Gesundheitsbedingungen von Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit gemeint sind. Die gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung in der Schule und für die Schule zielt unter anderem darauf ab, konzeptionelle und fachwissenschaftliche Wissensprozesse und - bestände zu einer strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung zu führen. Hierzu wird Gesundheitsförderung an Ergebnisse des Forschungszusammenhanges "Humanisierung der Arbeit" angedockt und folgendermaßen realisiert: 1. Gesundheitsförderung als Bildungs- und Erziehungsauftrag 1.1. Bildung und Gesundheit 1.2. Erziehung und Gesundheit 2. Die Schule als Betriebs- und Arbeitsstätte sowie als Lernort 2.1. Klassen-, Gruppen-, Fach- und Aufenthaltsräume (Lernen an Orten, Lern - und Arbeitsstätte 2.2. Freizeitbereiche, Flure, Aulen, Foyees , Pausenhöfe, Spielplätze, Diskoräume, Grün- und Rasenflächen, Sportplätze, Gärten , Feuchtbiotope, Freisitze, Weg- und Zufahrts- flächen, Kletterwand, Sportanlage (Erholung , Pausenwert / Entspannung) 2.3. Gymnastik - , Turn - und Schwimmhallen, Umkleide - und Duschräume ,Toiletten und Desinfektionsanlagen (Körpergefühl , Erholung, Dazulernen , Hygiene / Leibes- ertüchtigung, Gesundheitsförderung / Pilze / Legionellen / Unfälle GUV ) 2.4. LehrerInnenzimmer,SekretärInnenzimmer,Leitungsräume,Aufenthaltsräume für Tech- nisches Personal, Hausmeister, Reinigungskräfte 2.5. Empfangs- und Besuchsräume, Therapie- und Seminarräume, Wartezimmer 2.6. EDV- Labore , Sprachlabore, Fotostudios, Schulbibliotheken 2.7. Werkräume , Werkstätten 2.8. Mensen, Cafeterien, ( Lehr-) Küchen, Kühl- und Vorratsräume, Heizungs- und Klimaanlagen 2.9. Magazine, Sammlungsräume, Lager 2.10. Gartenhäuser, Wetterstationen, Grilleinrichtungen, Fahrradunterstände, Wetter- schutzhäuschen 2.11. Brandschutzeinrichtungen (Hydranten, Brandschutzraum) Erste Hilfe- Station, Notrufeinrichtungen (Brandschutztraining für Kinder - Brandschutzkoffer - Verhalten bei Bränden - Alarmplan - Gasmelder / Sprinkleranlagen / Türenproblematik / Feuerleitern / Panikreaktionen 2.12. Bauliche Gegebenheiten von Landschulheimen 3. Fachbeiträge der Unterrichtsfächer ( und der fachdidaktische Stellenwert von Ge- sundheit): 3.1. Lernfeld Arbeitslehre

- 62 - * Arbeitslehre - Technik * Arbeitslehre - Hauswirtschaft * Arbeitslehre - Textilarbeit * Arbeitslehre - Wirtschaft * Arbeitslehre - Informationstechnologische Grundbildung 3.2. Biologie 3.3. Chemie / Physik 3.4. Sport 3.5. Deutsch 3.6. Gemeinschaftskunde / Sozialkunde / Politikunterricht 3.7. Geschichte 3.8. Mathematik 3.9 Kunstunterricht 3.10. Fremdsprachen 4. Arbeitsmittel und - Stoffe in der Schule; aktuelle Situationen in der Schule ,rechtliche Aspekte, soziale Bewegungen und Interessenorganisationen 4.1. Arbeitsmittel und - Stoffe von LehrerInnen / SchulassistentInnen - Beispiel Büro- arbeitsplatz 4.2. Gesundheitsförderung von SchülerInnen am Beispiel von EDV - Lernplätzen 4.3. Gesundheitsförderung für Reinigungskräfte - Beispiel Sicherheitsdatenblätter 4.4. Zwecke (Demonstration oder Reinigung) und Folgenabschätzung 5. Gesundheitszirkel78 in der Schule (Vorstellungen, Umsetzungsbewegungen) 5.1. Arbeitsgruppen der SchülerInnen ,SprecherInnen der Gruppen , SchülerInnenmitverwaltung (Gesundheitslotse !) 5.2. Gesundheitsgruppe , Ausschuß des Kollegiums, SprecherInnen, Beauftragte des Kollegiums 5.3. Gesundheitsausschuß des Technischen Personals, SprecherInnen, Beauftragte des Techn. Personals 5.4. Sicherheitsbeauftragter des Betriebes Schule 5.5. Fachkonferenz Gesundheitsförderung ( mit Fortbildungsangeboten) 5.6. Gesundheitsausschuß der Schulkonferenz 5.7. Pädagogisch -, psychologisch -, medizinische Dienste als Träger von schulinterner Gesundheitsförderung

78 ”Gesundheitszirkel haben die Aufgabe, ausgehend von der Sicht der Beschäftigten die Belastungen und Beanspruchungen ihres Arbeitsalltags zu bestimmen und Änderungsvorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituation zu entwickeln. In der bisher erprobten Form in Industrie und Dienstleistungsbetrieben stellt ein Gesundheitszirkel eine zeitlich befristete Projektgruppe mit folgender Zusammensetzung dar: vier Beschäftigte aus zwei oder drei verschiedenen Tätigkeitsgruppen, ein bis zwei unmittelbare Vorgesetzte, ein bis zwei Arbeitsschutzexperten, ein Betriebs- oder Personalrat, ein Moderator“ (Slesina 1992, 4 , in: Badura ,B./ Feuerstein, G./ Laaser , U. : Systemgestaltung im Gesundheitswesen.- Weinheim, München 1994 , S. 286ff.) - 63 - 5.8. Gesundheitswissenschaftliche Beratungsangebote im Betrieb Schule (über Seminare, Vortragsveranstaltungen, Diskurse, Gesundheitswerkstätten, EDV- Abfrage ) 6. Mitwirkungsmöglichkeiten außerschulischer Institutionen 6.1. Administrative Vorgaben zur Sicherung und Handlungsförderung durch die Schulbehörden 6.2. Gesundheitsdienste mit "neuen" Aufgaben 6.3. Schulärztlicher und Schulzahnärztliche Dienste * Schulfähigkeits-/ Eignungs- / Eingangsberatung und Untersuchung * Impfverfahren ( Beratung über Risiken und Alternativen ) * Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung : Impfen nützt - Impfen schützt * Bildschirmuntersuchungen (Beratung und Alternativen ) * Berufseignungsberatung und -Untersuchung * Schwerpunktveranstaltungen zu speziellen Gesundheitsthemen ( z.B. "Sick- Building- Syndrom") * Spezielle Beratungsaufgaben (in Kooperation mit anderen Gesundheitsträgern, z.B. Ernährungsberatung ) * Schulzahnärztliche Beratung und ( Reihen-) Untersuchung * Informationsbeiträge ( etwa zur Zuckerproblematik , und zur Ernährung ) * Gesundheitsberichtswesen Schule 6.4. Pädagogisch - / therapeutische Angebote * VertrauenslehrerInnenaufgaben * Erziehungsberatung , Konfliktberatung * Schullaufbahnberatung * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Lernstörungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Verhaltens- und Entwicklungsstörungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Sprach- und Redestörungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Hörbehinderungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Sehbehinderungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Körperbehinderungen * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Geistigbehinderten * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Kranken (Ambulante / Mobile Schule ) * Beratung und Förderangebots- , Therapievermittlung bei Gruppen mit besonderen Gesundheits-Problemen ( A - Z )

- 64 - 6.5. Beratungsstellen sozialer Dienste * Stadtteilberatungen / Schulberatungsstelle des Jugendamtes * Erziehungsberatungsstelle * Nottelefon / Suizidberatung * Akute Kriseninterventionsstelle ( Kinderhaus ) * Drogenberatungseinrichtung * Freizeitangebotseinrichtung * Sexualberatungseinrichtungen * Informations- und Beratungsangebote in Frauenhäusern * Besondere Beratungseinrichtungen 6.6. Institutionen mit Präventionsaufgaben 6.6.1. Internationale und nationale Institutionen 6.6.2. Gesundheitsministerien 6.6.3. Gesundheitsämter 6.6.4. Rentenversicherungsträger 6.6.5. Krankenversicherungen 6.6.6. Berufsgenossenschaften 6.6.7. Gemeindeunfallversicherungen 6.7. Vereine, Initiativen und freie Träger 6.7.1. Gesundheitstage, Gesundheitsläden 6.7.2. Schulvereine 6.7.3. Netzwerk 6.7.4. Selbsthilfegruppen , Bürgerinitiativen 6.7.5. Verbraucherorganisationen 6.7.6. Volkshochschulen 6.7.7. Vereine

Soweit der Ansatz. Aber ein heutiger Überblick über die Lehrpläne u.a. für das Lernfeld Arbeitslehre in den einzelnen Bundesländern, den Wilfried Wulfers 2007 vorlegte, zeigt die Defizite.79

Baden-Württemberg In Baden-Württemberg wird „Arbeitslehre“ nicht als eigenständiges Fach unterrichtet. Elemente des Lernfeldes Arbeitslehre sind integriert in den Fächerverbünden „Materie, Natur, Technik“ und „Wirtschaft, Arbeit, Gesundheit. Neben Bildungsplänen gibt es für den WAG-Fächerverbund detaillierte Stoffverteilungspläne für die Klassen 6 bis 9, die mit Organisationsmodellen und konkreten Unterrichtseinheiten als Downloads ins Internet eingestellt sind. Unterrichtseinheiten liegen z.B. für die Themenbereiche Teelichthalter, Teddybär, Markerkundung durchführen,

79 vgl. http://lernen.bildung.hessen.de/arbeitslehre/awa - 65 - Fragebogen zur Markterkundung, Projektideen, Raster zu Kompetenzfeldern und Inhalten vor. Bayern In Bayern erscheint in den genehmigten Lehrplänen der Haupt- und Realschulen nicht direkt das Fach „Arbeitslehre“. In dem Lehrplan der Hauptschule sind diese „Fachprofile“ genannt und werden ausgeführt: Arbeit-Wirtschaft-Technik; Werken/Textiles Gestalten; Gewerblich-technischer Bereich; Kommunikationstechnischer Bereich oder Hauswirtschaftlich-sozialer Bereich. In dem Lehrplan der Realschule sind die Fächer: Technisches Zeichnen/CAD; Textliches Gestalten; Textverarbeitung; Werken oder Wirtschafts- und Rechtslehre ausgewiesen. Berlin In Berlin gibt es einen detaillierten Rahmenplan (34 Seiten) für die Sekundarstufe I, der die „Arbeitslehre“ in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 in der Haupt- und Realschule und in der Gesamtschule aufführt. Brandenburg In Brandenburg gibt es einen detaillierten Rahmenlehrplan (84 Seiten) für die Sekundarstufe I zu den Bereichen „Wirtschaft-Arbeit-Technik“ und „Wirtschaft- Arbeit-Technik (Wahlpflichtbereich“. In diesem Rahmenlehrplan sind u.a. die Inhalte des Pflichtbereiches, die fachspezifischen Themen und Aufgaben, eine Darstellung der Themenfeld und Modulbeispiele für die Jahrgangsstufen aufgeführt. Bremen In Bremen ist das ehemalige Fach „Arbeitslehre“ zum Fachverbund „Wirtschaft, Arbeit, Technik“ mutiert. Detaillierte Bildungspläne im Hinblick auf diesen Fachverbund gibt es für das Gymnasium (Jahrgangsstufe 5-10, insgesamt 14 Seiten), für die Sekundarstufe I (Jahrgangsstufe 5-10, 17 Seiten). Weiterhin zusätzliche Handreichungen zur Ökonomischen Bildung (Sekundarstufe I, 81 Seiten). Hamburg In Hamburg erscheint auf der Fächerübersicht der Sekundarstufen zwar nicht mehr das eigenständige Fach „Arbeitslehre“, sondern ist jetzt aufgegliedert in „Wirtschaft“ und „Natur und Technik“, aber bei den Bildungsplänen gibt es noch einen detaillierten Plan von 33 Seiten über „Arbeitslehre“ (Bildungsplan für die Klassen 5/6 der Sek. I der integrierten Gesamtschule.

Hessen Während in früheren Jahren in Hessen die Arbeitslehre in allen allgemeinbildenden Schulformen als eigenständiges Fach verankert war, ist sie heute nicht mehr im Gymnasium vertreten. Bereiche der Arbeitslehre wie z.B. die Vor- und Nachbereitung des Betriebspraktikums oder die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Arbeitswelt sind dagegen laut hessischem Schulgesetz als Aufgabe aller Schulformen anzusehen. Eigenständige detaillierte Lehrpläne für die Arbeitslehre gibt es für die Haupt- und Realschule. Diese sind - 66 - dem Online-Lernarchive des hessischen Bildungsserver zu entnehmen. Um den Schulen in Hessen bei der Umsetzung des Faches Arbeitslehre bzw. für die Hinführung zur Arbeits- und Wirtschaftswelt Hilfestellungen zu geben, hat das Hessische Kultusministerium den Informationsdienst AWA (Arbeitslehre - Wirtschaft - Arbeitswelt) eingerichtet. Ein Schwerpunkt dieses Informationsdienstes liegt darauf, Materialien, Medien Vorhaben und Projektberichte aus dem Spektrum der Arbeitslehre vorzustellen und in den Hessischen Bildungsserver einzustellen. Hier können Lehrkräfte und die interessierte Öffentlichkeit alle Ausgaben des Informationsdienstes einsehen und für die schulische Fachentwicklung oder die eigenen Unterrichtsgestaltung nutzen. Jeder Ausgabe des Informationsdienstes AWA widmet sich einem speziellen Schwerpunktthema (z.B. Berufswahl, Betriebspraktikum, Schülerbetriebe, Projekte, Neue Medien, Außerschulische Lernorte oder Konsum). Mecklenburg-Vorpommern Mit dem Beginn des Schuljahres 2006/07 wurden die Haupt- und Realschulen in Mecklenburg-Vorpommern in „Regionale Schulen“ überführt. Das Fach bzw. der Gegenstandsbereich „Arbeit - Wirtschaft - Technik und Informatik“ wird in 2stündiger Form ab der Klasse 5 angeboten. Der Rahmenplan „AWT“ liegt in einer Erprobungsfassung seit 2002 für die Jahrgangsstufe 7 bis 10 vor. Er schreibt die verbindlichen Sach- und Handlungsbereiche für die einzelnen Jahrgangsstufen vor. Niedersachsen In Niedersachen werden sowohl in der Haupt- wie in der Realschule zunächst in den Klassen 5 und 6 die Fächer „Gestaltendes Werken“ und „Textiles Gestalten“ (jeweils 2-stündig und in Verbindung mit Kunst) angeboten. Ab dem 7. Schuljahrgang kommt der Fachbereich Arbeit / Wirtschaft - Technik (mit den Fächern Wirtschaft, Technik und Hauswirtschaft) hinzu. Der jeweilige Stundenumfang, einschließlich des Wahlpflichtunterrichts, in der jeweiligen Stundentafel zu entnehmen. Nordrhein-Westfalen Einzig für die Gesamtschule gibt es noch den Kernlehrplan „Technik/Wirtschaft (Arbeitslehre)“ und den eigenständigen Plan „Textilgestaltung Gesamtschule Sek.I“. Für die Hauptschule gibt publizierte Richtlinien (jeweils zwischen 7 bis 9 €) für Technik, Wirtschaft und Textilgestaltung. Für die Realschule gibt es die Lehrpläne Textilgestaltung, Hauswirtschaft und die Richtlinien Technik. Rheinland-Pfalz Das Fach Arbeitslehre wird in Rheinland-Pfalz in der Hauptschule angeboten, Überlegungen gibt es auch zur Arbeitslehre in der Regionalen Schule. Es liegt ein sehr umfangreicher Lehrplan für die „Arbeitslehre für die Klassen 7 bis 9/10“ (177 Seiten) vor, der als PDF-Datei vom Landesbildungsserver heruntergeladen werden kann. Der Lehrplan gliedert sich in die Bereiche Technik, Haushalt und Wirtschaft. Hinzu kommen für die Kassenstufe 10 die Handlungsfelder Arbeitsmarkt, Lebensstil, Volkswirtschaft und - 67 - Informationstechnik. Zusätzlich gibt es eine Fülle von Projektvorschlägen für den „fächerübergreifenden und fächerverbindenden Unterricht“. Saarland Das Saarland hat die allgemeinbildenden Schulen auf die Erweiterte Realschule, die Gesamtschule und das Gymnasium reduziert. Die Arbeitslehre erscheint als eigenständiges Schulfach in der Erweiterten Realschule, in der Gesamtschule erscheint es unter den Gesellschaftswissenschaften. Im Gymnasium wird eigenständig die Wirtschaftskunde angeboten. Sachsen In Sachsen gibt es keine eigenständige Haupt- oder Realschule, sondern die Mittelschule. Sie ist eine "differenzierte Schulart" der Sekundarstufe I. Sie integriert Hauptschul- und Realschulbildungsgang und umfasst die Klassenstufen 5 bis 9 bzw. 5 bis 10. An der Mittelschule können der Hauptschulabschluss, der qualifizierende Hauptschulabschluss und der Realschulabschluss als Zugangsvoraussetzungen für anschließende berufs- und studienqualifizierende Bildungsangebote erworben werden. Mit Beginn des Schuljahres Bildungsangebote erworben werden. Mit Beginn des Schuljahres 2003/2004 wurde der bisherige Profilunterricht der sächsischen Mittelschule durch ein neues Profilkonzept abgelöst. Kernstück ist das Fach „Wirtschaft- Technik-Haushalt/Soziales“ (WTH). Dieses Fach wird verbindlich für alle Mittelschüler ab Klasse 7 unterrichtet. In der Klasse 10 wird dieser Basiskurs WTH durch eine „Vertiefung“ in den Bereichen Wirtschaft, Technik, Gesundheit und Soziales, Kunst oder dem abschlussbezogenen Fremdsprachenunterricht (falls dieser in den Jahren vorher als Neigungskurs gewählt wurde) abgelöst. Sachsen-Anhalt Als eigenständiges Fach taucht „Arbeitslehre“ in den Stundentafeln der einzelnen Schulformen nicht mehr auf. Dafür jedoch die Lernbereiche bzw. Fächer Hauswirtschaft (Lehrplan umfasst 59 Seiten), Technik (Lehrplan umfasst 110 Seiten) oder Wirtschaft/Wirtschaftslehre. Schleswig-Holstein Als eigenständiges Schulfach taucht die Arbeitslehre in der Sekundarstufe I nicht auf. Detaillierte Lehrpläne gibt es für die Haushaltslehre (42 Seiten), Technik (88 Seiten) und Textillehre (60 Seiten). Die Lehrpläne stehen zum Download als PDF-Datei bereit. Thüringen In Thüringen ist die Haupt- und Realschule in die „Regelschule“ integriert worden. Das Kultusministerium sagt hierzu: „Die Regelschule wird nach der Grundschule von der Mehrheit der Thüringer Schülerinnen und Schüler besucht, sie ist das Kernstück des Thüringer Schulwesens. Für den Übergang an die Regelschule ist ein spezieller Antrag der Eltern nicht notwendig. In den Klassenstufen 5 und 6 werden alle Schüler gemeinsam unterrichtet. Bei entsprechenden Leistungen ist auf Antrag der Eltern jeweils am Ende dieser beiden Klassenstufen der Übertritt an ein Gymnasium möglich. Ab Klassenstufe - 68 - 7 bestimmt die Schulkonferenz (Vertreter der Eltern, Schüler und Lehrer), wie der Unterricht organisiert wird. So ist einerseits weiteres gemeinsames Lernen möglich, das zeitweise zur besonderen Förderung durch Trennung in Kurse ergänzt wird (integrative Organisationsform). Diese Organisationsform soll weiterentwickelt und gestärkt werden. Andererseits können die Regelschüler auch in Klassen unterrichtet werden, die jeweils auf den Erwerb des Haupt- bzw. des Realschulabschlusses ausgerichtet sind (additive Organisationsform). Regelschüler erwerben mit dem Erfüllen der Versetzungsbestimmungen am Ende der Klassenstufe 9 den Hauptschulabschluss. Er kann wahlweise auch mit einer zentralen Prüfung verbunden werden und heißt dann Qualifizierender Hauptschulabschluss. Der Realschulabschluss am Ende der Klassenstufe10 ist immer mit einer zentralen Abschlussprüfung verbunden.“ Lehrpläne liegen nicht für die Arbeitslehre, dafür im Hinblick auf die Fächer Werken, Wirtschaft und Technik und Wirtschaft - Umwelt - Europa vor. Kostenpflichtig können auch Materialien zu diesen Themen „Berufswahlvorbereitung“, „Lernbereich Gesundheit“, „Berufspraxis erleben“, „Schülerfirmen“ oder „Erziehung zum Umgang mit Geld“ zwischen 4 bis 8 € angefordert werden. Die Situation der Arbeitslehre in Bremen soll aus nahe liegenden Gründen etwas genauer betrachtet werden. Die Ziele des Lernfeldes Arbeitslehre in Bremen Die aktive bewusste Gestaltung der eigenen Lebenssituation hat in Bremen, auch angesichts eines beschleunigten technischen und ökonomischen Wandels, einen besonderen Schwerpunkt. Handlungsfähigkeit und -bereitschaft umfasst dabei sowohl den sachgerechten und verantwortungsbewussten Umgang mit Arbeitsmitteln, Werkzeugen, technischen Geräten, Gebrauchs- und Verbrauchsmaterialien, als auch insbesondere die verantwortliche einflussnehmende Gestaltung von Arbeitsituationen und Entwicklung von Alternativen sowie generell die Entfaltung von Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit. Die lernfeldorientierte Lehrerausbildung für die Arbeitslehre in der 2. Phase sieht nach dem Plan (Ausbildungscurriculum, Dezember 2001)80 folgendermaßen aus: Die Lehrerausbildung bezieht sich auf demnach auf das gesamte Lernfeld Arbeitslehre und nicht etwa nur auf einzelne Gegenstandsbereiche oder Fächer. Die Ausbildung soll auf eine stufenorientierte Unterrichtspraxis vorbereiten. Aufgaben und Ziele der Ausbildung im Lernfeld Arbeitslehre ergeben sich mit den die gegenwärtigen und zukünftigen Lebenssituationen der Jugendlichen durch Arbeit, Technik und Haushalt bestimmenden individuellen und gesellschaftlichen Problemfeldern und Aufgabenbereichen sowie der Entfaltung von Kenntnissen und Fähigkeiten zu deren Mitgestaltung und Bewältigung. Die Einbettung der Aufgaben und Ziele in gesellschaftliche, ökonomische und

80 Der Rahmenplan Arbeitslehre - Wirtschaft, Arbeit, Technik, Sek.I , Bremen 2002 ist zu finden als download unter www.schule.bremen.de ® Curriculum & Unterricht - 69 - ökologische Zusammenhänge ist dabei entsprechend zu berücksichtigen und auszuweisen. Neben der Lernfelddidaktik sollen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden  in der Analyse und Beurteilung curricularer Entwicklungen in Bremen und anderen Bundesländern  in der Analyse, Beurteilung und Übertragung des Rahmenplans Arbeitslehre SI auf unterrichtliche/leitthemenbezogene Lehr-, Lern- und Arbeitsverfahren  in der Analyse und Beurteilung von arbeitslehrespezifischen didaktischen Materialien verschiedener gesellschaftlicher Gruppen  in der Aufstellung von Lernzielen/Kompetenzfeldern auf der Basis gesellschaftlicher Entwicklungen, veränderter Arbeits- und Lebenssituationen von Jugendlichen, verändertem Lernen und "neuer" Lernkultur  in der Überprüfung und Beurteilung von Lernergebnissen  in der Analyse und Beurteilung von Schlüsselbegriffen wie z. B. Arbeit, Beruf, Tätigkeitsgesellschaft  in der Struktur und Entwicklung (Prozessplanung) von Schulprofilen im Lernfeld Arbeitslehre und in der Sekundarstufe I  in der Perspektivplanung für Unterricht/Jahresplanungen. Dazu Fachdidaktik sowie Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Arbeit und Technik:  in den Bereichen Technologieentwicklung, Technik und Gesellschaft, Technik und Ökonomie, Technik und Ökologie  in ausgewählten Technologie-/Technikfeldern (z.B. Energieversorgung, Transport/Verkehr, Produktion ...)  in durch Technik geprägten, veränderten Lebens-, Arbeits- und Sozialformen  in der Planung, Durchführung und Reflexion von dokumentierter Unterrichtspraxis  in der Fachraumgestaltung  in der Sicherheitserziehung in fachspezifischen Arbeitsweisen, Methoden und Medien  in der Präsentation von Arbeitsprozessen und -ergebnissen im Lernfeldseminar. Ebenso Fachdidaktik sowie Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Arbeit und Haushalt:  in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Haushalt und Ökonomie, Haushalt und Ökologie, Lebens-, Arbeits- und Sozialformen  in der Planung, Durchführung und Reflexion von dokumentierter Unterrichtspraxis

- 70 -  in der Fachraumgestaltung  in der Sicherheitserziehung  in fachspezifischen Arbeitsweisen, Methoden und Medien  in der Präsentation von Arbeitsprozessen und -ergebnissen im Lernfeldseminar. Spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten zur Projektarbeit :  in projektorientierten Arbeitsweisen und Methoden  in leitthemenbezogener Projektplanung mit themenbezogenen Schwerpunktsetzungen im Bereich von Ökonomie, Ökologie, Haushalt und Technik  im Einbezug von außerschulischen Lernorten (Lernorteverbund)  in der Dokumentation und Präsentation von Projektergebnissen  im Transfer auf unterrichtliche Praxis  in der Beurteilung und Bewertung von Lernergebnissen im Rahmen von Projektarbeit. Weiterhin Kenntnisse und Fähigkeiten zur Arbeits- und Berufsorientierung:  im Übergang von Schule und Beruf und den damit verbundenen Problemen von Jugendlichen  in der Beschäftigungs- und Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen  in der Veränderung von Berufen und Tätigkeiten bezogen auf Veränderung von Arbeit und Qualifikationsanforderungen  in den neuen Berufsbildern  in der Erosion von Normalarbeitsverhältnissen  in der geschlechtsspezifischen Berufswahl  in der Lebensplanung und Biografiearbeit  im Bereich von Schulprofil und Berufsorientierung, im Bereich schulischer Konzepte und Organisationsmodelle  in Planung, Durchführung, Reflexion von dokumentierter Unterrichtspraxis  in der Kooperation mit Bildungspartnern  im Bereich: Erkundung, Betriebspraktikum, Werkstattphase  in der Existenzgründung als Möglichkeit der Existenzsicherung  in der innerschulischen und außerschulischen Öffentlichkeitsarbeit  in neuen Formen der Leitungsdokumentation und Dokumentation von Berufswahlprozessen (z.B. Berufswahlpass). Weiterhin Kenntnisse und Fähigkeiten in der Mediendidaktik mit arbeitslehrespezifischen Angeboten:  in der didaktischen Funktion und im Anwendungsbereich im Unterricht

- 71 -  in der Umsetzung schulform-, lerngruppen- und themenbezogener Ansprüche  in themenbezogenen Internetrecherchen  in der Text- und Datenverarbeitung  anhand von Beispielen der curricularen Praxis (z.B.: YOMAG, Telearbeit, DGB Projekt: ZUKUNFT...) Dann Kenntnisse und Fähigkeiten im Lernfeld und in der fachbezogenen Prüfungsberatung  in der Teamarbeit  in der Kooperation mit Schülerinnen und Schülern, mit Lehrkräften, mit Eltern, mit schulischen und außerschulischen Institutionen  in der Dokumentation von arbeitslehrespezifischen Handlungskompetenzen der Schülerinnen und Schülern (der Lerngruppe)  in der Analyse und Reflexion von Qualitätskriterien für die unterrichtliche Praxis.

- 72 - 2.3. Ansätze der „gesunden Schule“ Wie aufgezeigt stellte sich der Rekurs auf Gesundheit für die arbeitsbezogenen Bildungsprozesse als sinnvoll und effektiv heraus. Vor allem die Einbindung der alltäglichen Arbeits- und Lebensbedingungen in den Unterrichtsstoff wurde so erleichtert. Sicherlich galten Bildung und Erziehung vorrangig und früher als Ausprägung der Bürgerlichkeit, doch Gesundheit stellte eine grundlegende Vergewisserung des eigenen Leibes und der darin verkörperten Fähigkeiten, also der bürgerlichen Autonomie, dar. Gesundheit stand für die Emanzipation von Geburtsrechten, d.h. für die Lösung von feudalen Fesseln. In diesem allgemeinen Sinne war eine gute Schule immer schon eine gesunde Schule. Doch selbst wenn Gesundheit in der Schule auch selbst ein Ziel ist, birgt die Schule doch einige Spannungen (z.B. wenn Vergabe von Noten unmittelbar Gesundheit schädigt). Daher finden wir interessanter Weise immer nur ganz eingeschränkte Beiträge zur Gesundheitserziehung. Hier meint Gesundheitsbezug v.a. „gesundheitliche Selbsterziehung“81, (d.h. den Menschen in seiner Selbstversorgung zu helfen, ihn in seiner Willensstärke zu unterstützen. Gesundheitserziehung richtet sich in diesem Sinne zwar an alle Gesunden und Noch-Gesunden, aber argumentiert wird von den möglichen Risiken für bürgerliche Sittlichkeit aus: Raucher, Alkoholiker, Drogenkonsumenten usw., alle Übermäßigen in den körperlichen, seelischen und geistigen Reizen. Darin zwar hat Gesundheitserziehung einen Lebenslaufbezug, jedoch im Sinne eines Erwachsenenwerdens als Hereinwachsen in die bürgerliche Gesellschaft; ein überaus traditionelles Bildungsverständnis. Ganz deutlich wird dies in der Konsequenz, die zwischen „Gesundheit“ und „Gesundsein“ unterscheidet, wobei Gesundsein das subjektive Erleben meint, Gesundheit die objektive Homöostase von Zellprozessen82. Für Gesundsein ist demnach wesentlichen das bürgerliche Subjekt zuständig, für Gesundheit der naturwissenschaftliche Experte, denn nur er kann die objektiven Indikatoren messen, während das subjektive Empfinden eben nichts über den tatsächlichen Zustand aussagt. Hier wird die interessante Dichotomie völlig verdreht, dass nämlich jemand sich gesund fühlen kann und nach bestimmten Kriterien krank ist, während jemand sich krank fühlt und es nicht ist. Die Zuordnung der Kriterien zu subjektive Gesundsein und objektiver Gesundheit ist ziemlich kurz gegriffen. Denn was ist mit der falsch-positiven, falsch-negativen Befundung: ist der Betreffende dann „gesund“ und in welchem Sinne? Nicht nur dass, sondern was ist mit den fließenden Übergängen in Erkrankungsprozessen, in denen z.B. psychosomatische Belastungen die Basis für die Entwicklung einer Krankheit geben, die wiederum nicht dort verursacht wird etc. etc. An dieser Stelle muss der Begriff der „relativen Gesundheit“ genutzt werden.

81 Homfeldt 1987, S. 10; nach Haug, C.: a.a.O., 1991, S. 376 82 Funke 1987, S 152; zit. nach: ebd. S. 383 - 73 - Gesundheitserziehung zeigte oft eine Konzentration auf die Verhaltensebene und auf die Individuen. Dies kann leicht zu einer „blaming the victim“-Haltung führen83. Dies geschieht, wenn nämlich die Schule die jeweiligen Gesundheitsmaßnahmen dem Einzelnen auferlegt. Hurrelmann u.a. verweisen auf einen Konflikt, weil einerseits Schule ein Ort ist, an dem Jugendliche leicht und gut zu erreichen sind, auch ein Ort, der gesundheitlich relevant ist. Andererseits läuft Schule aber vor allem auf individuelle kognitive Prozesse hinaus, womit Schule den Schülern nicht nur die Verantwortlichkeit zuweist, sondern ihnen auch nur abstrakte Ressourcen zur Verfügung stellt Allein die unmittelbare körperbezogene Gesundheitsförderung scheint in der Schule gut aufgehoben: wie z.B. Sport und Bewegung, Biologie und Ernährung. Darüber hinaus fehlt ein materialistischer Ansatz. Was ist mit den gegebenen Bedingungen, den Lebens- und Arbeitsbedingungen wie Schulnahrung, Gebäude, den strukturellen Bedingungen wie Pausenregelungen, Nachbarschaften usw.? Die Frage ist, welche Rolle diese Dimensionen in der Konzeption der gesunden Schule spielen. Das Konzept der gesundheitsfördernden Schule84 wurde Anfang der 1990er Jahre durch das Regionalbüro der WHO initiiert. Auf Basis der Ottawa-Charta sollten spezifische Ziele der Gesundheitsförderung (WHO 1997) durch zielgerichtete Projekte angestrebt werden. Das erste Ziel galt der Schule: Durch Gebäude, Spielflächen, Schulmahlzeiten, Sicherheitsmaßnahmen usw. sollte ein gesundheitsförderndes Arbeits- und Lernumfeld geschaffen werden. Bereits in dieser Zielsetzung war eine Verbindung zwischen Arbeit und Gesundheit angelegt. Die Arbeitssituation sollte aufgegriffen und die Wahrnehmung und Bearbeitung von gesundheitsrelevanten Zusammenhängen sollte ermöglicht werden. Die projektförmige Bearbeitung sollte vor allem auch partizipativ und teamorientiert erfolgen. Jürgen von Troschke zeigte unter Rückgriff auf die Ottawa-Charta drei Handlungsperspektiven auf: „a) Eine anwaltschaftliche Vertretung der gesundheitsbezogenen Interessen von Schülern. Schulleitung und Lehrer sollten sich so weit als möglich für das Gesundsein ihrer Schüler im Sinne eines umfassenden körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens einsetzen und daran auch Fragen der Organisation des Schulunterrichts ausrichten. Aber auch bei gesundheitspolitischen Fragen in der Gemeinde kann die Schule engagiert und fachkundig Stellung beziehen, z.B. in bezug auf städteplanerische Entscheidungen für Sport- und Freizeitanlagen, Verkehrsplanung, Radwege, Jugendzentren sowie allgemeine Veranstaltungen für Jugendliche.

83 Lerner, M.J.: The justice motive: Some hypotheses as to its origins and forms. Journal of Personality, 45, 197. sowie dazu Hurrelmann, K.; Leppin, A.; Nordlohne, E.: Prävention und Gesundheitsförderung in der Schule. 1994. In: R. Rosenbrock; H.Kühn; B.M. Köhler (Hrsg.), Präventionspolitik, Berlin. 84 vgl. dazu: Priebe, B.; Israel, G., Hurrelmann, K. (Hrsg.): Gesunde Schule. Gesundheitserziehung, Gesundheitsförderung, Schulentwicklung, Weinheim, 1993 - 74 - b) Die Befähigung von Jugendlichen zur Verwirklichung ihres größtmöglichen Gesundheitspotentials spricht klassische Aufgaben der Gesundheitserziehung an. Entsprechend dem Konzept der Gesundheitsförderung sollte dies aber über die Vermittlung von Kenntnissen hinausgehen zur gemeinsamen, praxisbezogenen Erarbeitung von Problemeinsichten ebenso wie von Handlungs- und Verhaltenskompetenzen. Die unterschiedlichen Gesundheitschancen der Schüler entsprechend den Lebensbedingungen ihrer Herkunftsfamilien sollten dabei ebenso berücksichtigt werden wie die altersspezifischen Bedürfnisse und Interessen von Jugendlichen. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede, die gerade in der für die Gesundheitsentwicklung so wichtigen Phase der Pubertät eine entscheidende Rolle spielen, sind zu beachten. c) Die Schule sollte sich mit anderen auf Gemeindeebene tätigen Organisationen und Institutionen, die sich direkt oder indirekt für die Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen einsetzen, vernetzen, wie z.B. Jugendämtern, Jugendzentren, Sozialämtern, Gesundheitsämtern, Kinderschutzbund, Kinderärzten, Kirchengemeinden, Sportvereinen, Drogenberatungsstellen etc. Die Arbeit dieser verschiedenen Einrichtungen können im Schulunterricht besprochen und hinsichtlich ihrer Effektivität diskutiert werden. In Arbeitskreisen können gemeinsame Veranstaltungen vorbereitet werden, in denen übergreifende Gesundheitsprobleme der Gemeinde in der Öffentlichkeit diskutiert werden.“ 85 Der settingbasierte Ansatz nimmt den „Schauplatz“ Schule, der sowohl eigene Problemlagen wie auch andere Aufgabenstellungen nimmt in den Blick. Zu unmittelbaren Problemlagen wie Aufmerksamkeit oder Lärm kommen mittelbare Problemlagen wie Bewegungsmangel, Fehlernährung, Stress, Sucht oder AIDS. Die Verbindung wird als Differenzierung zwischen einer klassischen Gesundheitserziehung der Schule sowie einer Gesundheitsförderung in Schulen verstanden.86 1979 eröffnete die Kultusministerkonferenz mit ihrem Beschluss zur Gesundheitserziehung die Bemühungen um eine gesunde Schule, wobei die Betonung auf einer Verankerung in allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen lag. Von den 1980er Jahre an startete eine Reihe von Programmen mit Angeboten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung in der Schule. Sie reichen von dem Schulfrühstück bis hin zur Krebsprävention. Ihnen gemeinsam ist durchgängig, dass für die Schüler die Schule nur als Ort der Vermittlung, nicht als Ort der Arbeit auftaucht. Beispiele sind „Gesundheitserziehung in der Schule durch Sport“87. Schüler sollen Reaktionen ihres Körpers registrieren, sie sollen ihre Befindlichkeit (Ermüdung) wahrnehmen, sie sollen Bewegung und

85 v. Troschke: a.a.O., 1993, S. 26f

86 vgl.: Leppin, A.; Kolip, P. & Hurrelmann, K.: Gesundheitsförderung in der Schule. Prävention. Zeitschrift für Gesundheitsförderung, 2, 52 -54, 1996

87 zit. Balz, Eckart: Schule (und Gesundheit). in: K. Bös/W. Brehm (Hrsg.): Gesundheitssport. Schorndorf, 1998, S. 336 - 75 - Wohlbefinden erfahren und sie sollen Umwelt als bedeutsame Bedingung begreifen. Zwar stellt der Umweltbezug einen interessanten Aspekt dar, dorch praktisch ging es in dem Programm hauptsächlich um Entspannungsübungen. Einige Weiterungen wurden versucht, z.B. beim Schwimmen auch das Frieren zu thematisieren. Alle Programmaspekte zielten jedoch auf Einstellungs- und Verhaltensweisen. Beispielsweise kann auf ein Gesundheitsprojekt in Köln verwiesen werden, in dem Entspannung, Körpererfahrung, Meditation im Mittelpunkt der Unterrichtssequenzen standen. Damit sollten die Befindlichkeiten der Schüler verbessert werden, wobei sich v.a. gemischte Maßnahmen sich als nützlich erwiesen. Während die herkömmliche alte Gesundheitserziehung weitgehend auf Risikofaktoren orientiert, knüpft die neuere Gesundheitsförderung mehr an entwicklungs- und sozialpsychologische Erkenntnisse (Lebensweisenansatz) an. Diese moderne Gesundheitsförderung ist sicherlich ein guter Schritt in die richtige Richtung, enthält allerdings oft eine Gewichtung der Verhaltensprävention, die hauptsächlich auf die psychologische „Motivstruktur“ oder die „Motivationslage“ der Jugendlichen abhebt. Weitergehende Ansätze, wie „Comprehensive School Health Programs“, sind integrierte schulbezogene Programme, die um Unterrichtseinheiten angeordnet sind, aber soziale, ökologische und kommunale Aspekte der Schule und des Schullebens einbeziehen. Die Tendenz geht dahin, ein Mix von Ansätzen zugrunde zu legen. Problembasierte Ansätze werden sowohl bezogen auf Risikofaktoren wie auf Gesundheitsressourcen. Dies gilt z.B. für Kampagnen wie „Kinder stark machen“, oder „Ohne Rauch geht’s auch“88. Der „Life- Skills- Approach“89 wird in der Drogenprävention als entsprechendes Präventionskonzept genutzt. Weiterentwickelt wird er zum Ansatz der „Praktischen Lebenskunde“. Neuerdings zählt auch das Lions-Quest Programm „Erwachsen werden“ dazu.90 Der Setting- Ansatz91 „Gesundheitsfördernde Schule“ will die Schule insgesamt einbeziehen, wohingegen derjenige der „gesunden Schule“ oft nur die Einbeziehung der lehrenden und lernenden Personengruppen in das Auge fasst. In der BRD wird bislang hauptsächlich nur der Ansatz der „gesunden Schule“ verfolgt. Hierbei gibt es viele praktische und alltägliche Schnittmengen. Solche Ansatzpunkte zur (alltäglichen) Gesundheitsförderung in der Schule waren beispielsweise unmittelbar: * Schultaschen entrümpeln

88 vgl. dazu: Kolip, P. (Hrsg.): Lebenslust und Wohlbefinden. Beiträge zur geschlechtsspezifischen Jugendgesundheitsforschung. Weinheim, 1994

89 vgl. dazu: Weltgesundheitsorganisation (1993). Life Skills Approach. Genf: WHO 90 vgl. dazu: Bauer, Ullrich; Langness, Anja; Hurrelmann, Klaus: Implementierung des Lions- Quest Programms „Erwachsen werden“. Forschungsbericht. Bielefeld, Mai 2004 91 Mit Settings sind Lebensbereiche gemeint, „in denen Menschen den größten Teil ihrer Zeit verbringen (Arbeitsplatz, Schule, Wohnort) und die einen starken Einfluss auf die Gesundheit haben“. (vgl. Bauch, 2002 - 76 - * Schulweg sicherer machen * gemeinsames Frühstück * Bewegungsangebote während des Unterrichtes / der Pausen * Gesundheitsinformationsdienste / Medien in der Schule * Schülerkiosk Aktivitäten in der Konzeption einer „gesunden Schule“ beziehen sich zunächst auf die traditionellen Maßnahmen etwa der zahnärztlichen Kontrolle. Dann gibt es ebenso traditionelle schulfachliche Verankerungen in Biologie und Sport, daneben auch in Religion und Sozialkunde. Als zweiten großen Schwerpunkt gibt es Aktivitäten im Umfeld des Unterrichts, von der Gestaltung der Klassenräume bis hin zur Finanzierung oder Gestaltung neuen Mobiliars. Im dritten Schwerpunkt erweitern sich die Aktivitäten auf das Schulgebäude und den Schulhof; sie gelten Spielmöglichkeiten oder Grünanlagen, Wandbilder oder Tischtennistische. Im vierten Schwerpunkt werden Aktivitäten selbst organisiert, z.B. Schulfeste, ein Gesundheitstag oder eine Cafeteria. Aufgegriffen wurde die programmatische Problematik von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), deren europäisches Regionalbüro im November 1992 in Tagung in Magdeburg zur „Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung in Betrieben, Krankenhäusern und Schulen“ veranstaltete.92 Diese Tagung ging aus von dem Anliegen, Gesundheitsförderung durch Strukturgestaltung und Organisationsentwicklung zu verwirklichen. Bernhard Badura verwies insbesondere auf die unentdeckten gesundheitsförderlichen Potentiale. Nach Burkhard Sievers soll Organisationsentwicklung als Prozess verstanden werden, der auf dem Lernen aller Betroffenen „durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrung“ beruht. Dieser Prozess gewinnt mit den Vorteilen, die den aktiven Beteiligten zugute kommen. Ralf Grossmann betonte die Zusammenhänge, die zwischen eigentlichen Zielen bestimmter Organisationen (wie Betrieb, Krankenhaus oder Schule) und den gesundheitsförderlichen Aspekten. Günstig sind demnach Konstellationen, in denen Gesundheitsförderung auch Zielsetzungen und Problemlagen der Organisationen zu bearbeiten helfe. Die vorhergehende Fachtagung „Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung in der Schule“, die im September 1991 im Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest stattfand, empfahl dann zur Gesundheitsförderung in der Schule folgende Thesen und Leitlinien: „Die 180 anwesenden Fachleute aus der Bildungsverwaltung, aus Wissenschaft, Lehrerfortbildung und Schulpädagogik halten eine deutliche Verstärkung der Prävention, der Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung an Schulen für notwendig. Zunehmende chronische Krankheiten, Leistungs- und Konzentrationsstörungen und psychosomatische Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen sind ein Warnsignal dafür, dass Arbeitsklima und Unterrichtsatmosphäre an Schulen nicht befriedigend sind.

92 Vgl. den Bericht in Die Betriebskrankenkasse 1/1993, S.59ff - 77 - Begründungsaspekte und Folgerungen [...] War die Gesundheitserziehung bisher vor allem auf Krankheiten und deren Vermeidung fixiert, so müssen künftig Pflege und Erhalt der Gesundheit in den Mittelpunkt rücken. Gesundheit meint dabei einen Zustand des persönlichen Wohlbefindens im Einklang eigener Lebensvorstellungen mit den jeweils äußeren Lebensbedingungen. Um dieses Gleichgewicht zwischen den physischen, psychischen, sozialen und ökologischen Einflussfaktoren immer erneut herzustellen, muß die Schule ihren spezifischen Beitrag zur Gesundheitserziehung und –förderung leisten. Damit ist ein weiter Horizont eröffnet. Vor allem kommt es auf die Bearbeitung folgender Aufgabenbereiche an: Aufgabenbereiche Maßnahmen der schulischen Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung sind in personaler und sozialer Hinsicht bedeutsam. Die Schule ist nicht nur wichtiger intellektueller, sondern vor allem auch ein persönlicher und sozialer Erfahrungsraum für Kinder und Jugendliche, für Lehrerinnen und Lehrer. Deswegen sind die Aktivitäten der Gesundheitserziehung mit dem Unterrichts- und Schulleben zu vernetzen. Drei Bereiche sind hier von besonderer Bedeutung für die Weiterentwicklung. In personaler Hinsicht muß sowohl für die Lehrerinnen und Lehrer als auch für die Schülerinnen und Schüler die Schule ein lebenswerter Arbeitsplatz sein. Lehren und Lernen müssen Bewegungs- und Ruhebedürfnissen, sinnlichem Wahrnehmen und Erleben, individuellen Entwicklungsmöglichkeiten und Wünschen nach persönlicher Bestätigung entsprechen und Raum geben. In sozialer Hinsicht sind für eine gesunde Schule ein gutes Arbeitsklima und eine gute Unterrichtsatmosphäre unentbehrlich. Sowohl innerhalb des Unterrichts, als auch im sonstigen Schulleben gehören Aktivitäten zur Verbesserung des Sozialklimas und des Teamgeistes aus diesem Grunde unmittelbar zur Gesundheitsförderung. Die Schule muß von beiden Gruppen, den Lehrerinnen und Lehrer, den Schülerinnen und Schülern als ein sozialer Verhaltensraum mit festen Regeln wahrgenommen werden, die einer gemeinsamen Erörterung, Abklärung und demokratischen Vereinbarung zugänglich sind. Die Schule muß als ein in sich stimmiges Regelsystem mit klar erkennbaren sozialen Mustern wahrgenommen werden können. Voraussetzung hierfür ist ein Konsens in wichtigen unterrichtlichen, didaktischen, pädagogischen und Umgangsfragen. In den Schuldiskussionen der letzten Jahre hat das Thema ‚Schulqualität’ bzw. die Frage ‚Was ist eine gute Schule?’ eine große Rolle gespielt. In der sozialen Dimension zeichnen sich ‚Gute Schulen’ durch eine systematische Zusammenarbeit der Lehrerinnen und Lehrer aus. Wünschenswert wären weitere Untersuchungen zur ‚Guten Schule’ unter gesundheitserzieherischen und –förderlichen Zielaspekten: Was ist eine ‚gesunde Schule’? Zu den Maßnahmen der Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung gehört das Angebot von Gesundheitsberatung. Hierzu muß verstärkt im - 78 - Unterricht und auch außerhalb des Unterrichts durch schulintegrierte Beratungsangebote oder durch Kooperation mit außerschulischen Beratungsstellen [...]. Für die curriculare Absicherung der Gesundheitserziehung als Unterrichtsprinzip können unterschiedliche Fächer bzw. Lernbereiche Leitfunktionen übernehmen (z.B. Sachunterricht, Sozialwissenschaften, Biologie, Sport, Ernährung und Hauswirtschaft). Dabei wäre eine qualifizierte überfachliche Koordinierung aller unterrichtlichen Aktivitäten erforderlich. Umsetzung Erfolgreiche schulische Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung setzen neben einschlägigen Richtlinien und Lehrplänen entsprechend qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer voraus. Im einzelnen sowie im Zusammenhang kommt es dann neben der Aneignung von fachwissenschaftlichen Kenntnissen und von Wissen über die Lebensbedingungen, Normen und Wertorientierungen von Kindern und Jugendlichen auf die Anwendung von Handlungskonzepten und faschdidaktischen Modellen sowie auf den Erwerb von Unterrichts- und Beratungskompetenzen an. Zur Umsetzung dieser Empfehlung müssen in den drei verschiedenen Phasen der Lehrerbildung (Studium, Referendariat, Lehrerfortbildung) diese Kenntnisse und Fähigkeiten je spezifisch entwickelt, gefördert und vertieft werden.“93 Merkmale einer „guten Schule“ fassen Hurrelmann u.a. so zusammen: „1. Eine gute Schule ist durch einen intensiven Grad der kollegialen Zusammenarbeit der Lehrerinnen und Lehrer in fachlichen Fragen gekennzeichnet. [...] 2. Eine gute Schule ist durch kontinuierliche gemeinsame Erörterungen, Klärungen und möglichst Festlegungen zu allgemeinen pädagogischen Verhaltensregeln [...] charakterisiert. [...] 3. Die effektive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern an wichtigen schulischen und unterrichtlichen Belangen erweist sich als ein weiteres zentrales Kennzeichen einer guten Schule. [...]“ 94 Und Elemente einer gesunden Schule skizzieren Hurrelmann u.a., wie folgt: „1. Ein guter und sicherer baulicher Zustand der Klassen, Flure und der Aufenthaltsräume, der Außenanlagen und Spielfelder sowie der Pausenhallen und der Sportanlagen; gut ausgestattete, sanitäre Anlagen, 2. adäquat große, helle und ansprechend gestaltete Klassen- und Aufenthaltsräume (z.B. farbiger Anstrich, Bilder, Pflanzen). Möglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler, sich an der Innengestaltung der Flure und Klassenräume zu beteiligen (z.B. durch Aufhängen eigener Werke wie Bilder, Poster, Collagen, Figuren aus dem Kunstunterricht, Photos von Klassenreisen oder Klassenfesten etc.), 3. gute Arbeitsbedingungen in den Gruppen- und Klassenräumen, mit sachgerechter und ergonomischer Ausstattung an Sitzmöbeln und Tischen,

93 Ebd., S.65-66 94 Hurrelmann, K.; Leppin, A.; Nordlohne, E.: a.a.O., 292

- 79 - individuellen Schließfächer für die einzelnen Schülerinnen und Schüler etc.; angemessene Beleuchtung, Belüftung und Klimatisierung, gute Basis für Energieversorgung und ökonomische Energienutzung, 4. anregende und sichere Bedingungen während der Pausen; großer und variantenreicher Pausenhof mit freien Flächen, Bepflanzungen (Bäume, Büsche, Blumen), Schulgarten, diverse Sitzecken, Sportgeräten (z.B. Tischtennisplatten, Basketballkörben); sichere Infrastruktur während des Schulweges, Berücksichtigung von Sicherheitsmaßnahmen im Hinblick auf mögliche Verletzungen und Unfälle, architektonische Vernetzung des Schulgebäudes mit der Umgebung; Verbesserung der Wege und Verbindungen zur Wohnumwelt der Schule, 5 gesundheitsfördernde Gestaltung des gesamten Tagesablaufes nach Länge der Arbeitsphasen, Rhythmus von Anspannung und Entspannung, systematische Integration von körperlicher Aktivität in jeden Schultag; räumliche und soziale Nischen für individuelle und Gruppenbeschäftigungen, 6. ernährungsphysiologisch gut abgestimmtes Angebot von Nahrungs- und Genußmitteln auf dem Schulgrundstück, schrittweise Einführung von Vollwertangeboten, 7. umweltschonende Reinigung der Schulräume, Müllvermeidung im Unterrichtsbetrieb, Benutzung von Recycling-Materialien, Pflege des gesamten Schulhauses und Schulgebäudes unter umweltschonenden Gesichtspunkten; aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an der Pflege der Schulumwelt, z.B. an der Abfallvermeidung und der Abfalltrennung, der Versorgung des Schulgartens, der Bepflanzung des Pausenhofs, der Pflanzen im Schulgebäude etc.“95 Drei umfangreiche Modellversuche wurden initiiert. 1990 bis 1993 fand das Programm „Gesundheitsförderung im schulischen Alltag“, in Schleswig- Holstein (durch Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (S.125ff) statt. Daran waren 29 Schulen in allen Bundesländer, bis auf Bayern, beteiligt. Vom August 1993 bis Juni 1997 lief der BLK-Modellversuch „Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen“. Ebenfalls 29 Schulen waren daran beteiligt, ebenfalls nicht in Bayern. Vom Juli 1997 bis Juni 2000 lief der BLK-Modellversuch OPUS (Offenes Partizipationsnetz und Schulgesundheit – Gesundheitsförderung durch vernetztes Lernen)96. Die beiden letzten Programme waren Teil des European Network of Health Promotion Schools (WHO 1997). Die Programme wurden durch die WHO, den Europarat und die Europäische Kommission ins Leben gerufen. Daran beteiligten sich insgesamt 37 nationale Netzwerke mit 500 Modellschulen und über 40.000 SchülerInnen, die insgesamt zentral durch die WHO in Genf betreut und mit wissenschaftlicher Beratung begleitet wurden. So waren verschiedene Schritte

95 ebd. S. 294f. 96 vgl. http://www.opus-nrw.de/ - 80 - vorgesehen und im Ablauf geplant.97 Im European network of health promoting schools der WHO98 wurde die Betreuung organisiert. Die Pogramme sollten evaluiert werden. Hierzu gab es Erhebungen zu den Schritten und Aktivitäten. Wichtige Ergebnisse waren: Die Schulen haben Bedürfnis- und Bestandsanalysen vorgenommen (Dokumentationen). Hierbei wurde systematisch nicht von irgendetwas ausgegangen, was von außen in die Schulen getragen werden soll, sondern die Situation der Schule wurde selbst zum Ausgangspunkt genommen. 42% der Modellschulen haben schriftliche Befragungen der SchülerInnen, 33% eine der Lehrerschaft durchgeführt. Aber nur 8% haben eine schulinterne Lehrerfortbildung (SCHiLF) durchgeführt. Bestandsanalysen machten 23 der 29 Modellschulen. Das Projekt OPUS zielte auf bessere Lernmotivation und bessere Lernleistungen. Hierfür sollte für SchülerInnen bessere Voraussetzungen geschaffen werden. Solche Voraussetzungen wurden in gesundheitlichem Lebensstil und Befähigung zu gesundheitsförderlichem Handeln erkannt. Konkret ging es um Beteiligung bei der gesundheitsförderlichen Gestaltung des Schullebens, des Umfeldes und des Unterrichts, aktivierende Lehr- und Lernformen, Rhythmisierung von Anspannung und Entspannung, Programme zum Stressabbau, gesunde Ernährung und Bewegung in der Schule, Programme zum gesundheitsbewussten Umgang mit psychoaktiven Mitteln und Drogen allgemein.

In Bielefeld wurde das Programm zusammen mit Krankenkasse, dem Gemeinde-Unfallversicherungs-Verband, Universität und Stadt an 55 Schulen durchgeführt. Ergebnisse waren99: „Erstens: Aktivitäten zur Gesundheitsförderung bleiben in den Schulen häufig isoliert und sind kaum dauerhaft. Zweitens: Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Schülerinnen und Schüler werden eher auf außerschulische Belastungen zurückgeführt. Drittens: Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich in gesundheitlicher Hinsicht zunehmend als Opfer ihrer beruflichen Situation. Viertens: Eine Sensibilität für physische, psychosoziale und ökologische Gesundheitsprobleme ist durchaus verbreitet. Fünftens: Initiativen zur schulischen Abstimmung und Kooperation mit externen Partnern werden noch selten ergriffen.“ Die meisten Konzepte und Maßnahmen der Gesundheitsförderung setzen bei Kindern und Jugendlichen an, weil somit der Gedanke der Prävention sinnvoll verfolgt werden kann und es insgesamt leichter ist, Kinder und Jugendliche zu

97 zit. Paulus, P.: a.a.O., 1995, S. 126 98 Vgl. den Internetzugang bei: www.euro.who.int/ENHP (Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen, int.); www.gesunde-schulen.info (Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen, dt.); www.qis.at (Öst. Bildungsminist. „Qualität in Schulen) 99 Balz, Eckart: a.a.O., S.339 - 81 - erreichen und zu einer gesünderen Lebensweise anzuhalten.100 Dieser Ansatz enthielt aber zugleich eine Reduktion auf verhaltensbezogene Erziehung. Einige weitere sind Projekte in der Zwischenzeit im Gange, vor allem in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, und das Thema hat Konjunktur. Der Verfasser hatte frühzeitig Anstrengungen unternommen, das Thema im Rahmen der Schulbegleitforschung auch im Land Bremen zu bearbeiten. Die Anfang der 1990er Jahre eingesetzte Kommission zur Weiterführung der Schulreform in Bremen gab im Frühjahr 1993 Empfehlungen zur Schulentwicklung in Bremen. Unter der Überschrift „Innovation und Kontinuität“ regte die Kommission u.a. an, „nach Möglichkeit unter Beteiligung interessierter Hochschullehrerinnen und Lehrer der Universität“ ein Konzept der Innovationsförderung zu entwickeln. Inhaltlich wurde die „Auseinandersetzung mit neuen Inhalten oder mit gesellschaftlichen Anforderungen an Schulen“ angemahnt. Darunter wurden aufgezählt101: - Umwelterziehung – ökologische Schule - Gesundheitserziehung – Ernährung – Psychomotorik - Fächerübergreifender Projektunterricht - Aids- und Drogenprävention - Gestaltung von Raum und Zeit in der Schule - Organisationsentwicklung beim demokratischen Umgang in der Schule mit erweiterten Handlungsspielräumen (Autonomie) - Moderatorenausbildung für die Begleitung von Gruppenprozessen in Schulen. Zusammen mit der Universität Bremen (Prof. Rainer Müller), dem Schulzentrum Im Holter Feld und der Schule Fritz-Gansberg-Straße wurde ein Antrag mit dem Thema „Geundheitsfördernde Schule“ gestellt (s.u.). Es sollten gezielte Maßnahmen erprobt und, darauf aufbauend, Unterrichtsmaterialien erarbeitet werden. Allgemeine Zielsetzungen waren: Präventionskompetentes Wissen (Risikofolgenabschätzung, Normalitätsvorstellungen hinterfragen), diskursive Fähigkeit (Bedarfartikulation, Kriterien und Werte ermitteln), berufs- erwerbsarbeitsorientiernde Qualifikationen (Flexibilität, selbstverantwortliches Handeln, entscheidungsorientierte Beurteilungsfähigkeit). Konkret wurden die Zielsetzungen so beschrieben: - Der schulische Rahmen (Gebäude, sick- building, Schulform, Region, Stadtteilbezug, Klassenstärke usw.) - Lehrende Personen (Interesse der LehrerInnen, Fortbildung, Erfahrung von Stress, ökologische u.a. Interessen usw.) - Curriculare Konzeptionen (verschiedene Möglichkeiten in Schulfächern und Lernfelder) - Bildungsperspektive (Qualifikation, berufliche Perspektiven, begleitende oder zusätzliche oder allgemeine Bildungsinhalte)

100 vgl. dazu die systematische Darstellung in: Naidoo, Jenny; Wills, Jane: Lehrbuch der Gesundheitsförderung. Werbach-Gamburg, 2003 101 Senator für Bildung und Wissenschaft (Hrsg.): Innovation und Kontinuität. Empfehlungen zur Schulentwicklung in Bremen. Bericht der Kommission zur Weiterführung der Schulreform in Bremen.- Bremen, 1993, S.145 - 82 - - Schüler (Sozialisation, Erfahrung von Leiden und Krankheit, eigene gesundheitliche Belastungen, das Gefühl des ‚aufsteigenden Lebensverlaufes’ usw.) - Umfeld, Umwelt (Nähe zu bekannten Gesundheitsrisiken, Drogenszene, Gewaltszene, Abfall, Wasserversorgung, gewerbliche Verschmutzung und Vergiftung etc.) - Lebensweisen (Wechselwirkung zwischen menschlichen Grundbedürfnissen, körperlichem und geistigen Wohlbefinden, Lebensplanungen etc.)102 Dieses Vorhaben wurde vom Koordinierungsgremium Schulbegleitforschung im August 1993 nicht unterstützt. Eine perspektivreiche Chance wurde vertan, Bremen als Standort mit erheblichem Nachholbedarf, betreffend die Bearbeitung gesundheitsrelevanter Themen in der Schule, zu etablieren. Möglicherweise spielte auch ein gewisser legitimatorischer Umgang mit innovativen Inhalten und Aufgabenstellungen eine Rolle nach dem Motte: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Immerhin waren konkrete Unterrichtsbeispiele erarbeitet worden und es bestand die Möglichkeit, universitäre Kompetenz mit schulischer innovativer Praxis zu verbinden. Solche Vorarbeiten waren u.a. im Alma Heft 31 vom März 1993 veröffentlicht: „Gesundheitsförderung am Beispiel des Baugewerbes“, wobei die Arbeitsplätze einer Bauzeichnerin, eines Stahlbetonbauers, eines Bauhilfsarbeiters sowie eines Maurers im Detail vorgestellt wurden. Es gab eine allgemeine Einführung der Gesundheitsförderung als „Querthema“, wobei auf Gesundheit als „Humankapital“ abgehoben wurde.103 „Mit der Frage: Wie wird was, wofür und mit welchen Folgen produziert und konsumiert“ wird Gesundheitsförderung an wichtigen Stellen in der Arbeitswelt und darüber hinaus zum Thema.“104 Mit jeweils historischer Einordnung, wurden dann die Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und arbeitsweltbezogenen Epidemiologie (v.a. Mortalität und Morbidität) vorgetragen und eine Risikoidentifikation vorgenommen, zugespitzt bezogen auf:  Arbeitsbelastungen  Erkrankungshäufigkeiten  Verbesserung der Arbeitsbedingungen  Arbeitsschutzmaßnahmen Schritte zur Wahrnehmung von Gesundheitsproblemen und Entwicklung der Gesundheits- förderung wurden jeweils am praktischen Beispiel vorgestellt. Dann wurde ein Fragebogen zur Betriebserkundung präsentiert. Konkrete Unterrichtsmaterialien (Berufsdatenblätter, Arbeitsbögen, Checklisten, Kontaktadressen, Literaturhinweise) rundeten die Publikation ab.

102 Aus dem Projektantrag 103 vgl. dazu: Müller, R.; Rosenbrock, R.: Betriebliches Gesundheitsmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung - Bilanz und Perspektiven. Sankt Augustin, 1998 104 vgl. dazu: Beer, Klaus: Arbeitsplätze und Gesundheit im Baugewerbe. Gesundheitsförderung in vier Unterrichtsbeispielen. In: Alma- Arbeitslehrematerialien, Bremen, März 1993; sowie: derselbe: Bauhilfsarbeiten- Hohes Risiko, geringe Geltung. In: Arbeiten und Lernen, Technik. Arbeit, Technik und Gesundheit, Heft Nr. 22, S. 19ff. - 83 - Die Strukturen einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung wurden bereits seinerzeit folgendermaßen aufgezeigt:  Ursachenorientierung  Problemorientierung  Betroffenenorientierung  Arbeitsorientierung: Erwerbsarbeit Nichterwerbsarbeit  Thematisierung  Gestaltung  Subjektorientierung  Ökologisierung  (Lebens-) Weltbezug  Emanzipationsanspruch

Exkurs: Klaus Beer: Das Projekt Gesundheitsfördernde Schule Vorgesehen war ein Modellfall schulbetrieblicher Gesundheitsförderung, die zugleich eine Herausforderung für das Lernfeld Arbeitslehre darstellen sollte. Erarbeitet wurden Grundrisse zu einem didaktischen Konzept der Thematisierung von Gesundheitsförderung in der Schule und konzeptionelle Ansätze für eine Inszenierung neuer Sichten und Chancen innovativen Handelns aus dem Lernfeld Arbeitslehre. Der Kern des Vorhabens bestand darin, Elemente betrieblichen Gesundheitshandelns so mit den Bedingungen der Institution Schule zu verknüpfen, dass Aktivitäten zur Gesundheitsförderung aus der Arbeitslehre zu einer schulbetriebsübergreifenden Kulturperspektive werden könnten. Zugrunde gelegt wurden bekannte Ansätze zur Humanisierung des Arbeitslebens. Aus der Fachdidaktik des Lernfeldes sowie zur (historischen und aktuellen) Thematisierung und Umsetzung von Gesundheitsförderung in der Institution Schule wurden Hypothesen über ein integriertes, arbeits- und gesundheitswissenschaftlich orientiertes didaktisches Konzept aufgestellt. Die dieses Konzept ausmachenden Essentials benannten für das Lernfeld Arbeitslehre und darüber hinaus für den Dienstleistungsbetrieb Schule, Stationen /Optionen eines exemplarischen, quasicurricularen Zustandes / Prozesses. Eine Konkretion dieser Denk- und Arbeitslinie waren die elementaren Bestandteile des Projektes GESUNDE SCHULE. Für das Lernfeld als Unterrichtsausgangsbereich hatte das Projekt zunächst die Aufgabe, die Schule als Betrieb zu definieren. Diese Absicht sollte den Versuch konkretisieren, den qualitativen Gewinn betrieblicher Gesundheitsbildungsprozesse für die Schule nutzbar zu machen, ohne auf den besonderen gesellschaftlichen Auftrag und die damit verbundenen Verpflichtungen in der Erziehung und die Chancen in der Bildung verzichten zu wollen. Damit eröffnete sich die Möglichkeit, die bislang weitgehend außerhalb von Schule entwickelten Diskussionen, Arbeitsergebnisse und -methoden von Arbeitswissenschaften und Gesundheitswissenschaften in den Gesundheitsförderungsprozess in der Schule einzubeziehen. Auf diese Weise ist eine erste Perspektive für die Schule identifiziert: Die Wahrnehmung, Thematisierung und selbstgestaltete Entfaltung von Gesundheitskultur.

- 84 - Dieser Prozess der Entwicklung von schulischer Gesundheitsförderung umfasste dabei alle Statusgruppen der Schule und beteiligte sie auf den verschiedensten Ebenen als Experten ihrer eigenen Situation. Die für die Analyse und Bewertung von Problemfeldern erforderlichen Wissensbestände sollten sodann von den zuständigen Wissenschaftsinstitutionen, Datenpools und Fachzirkeln abgefragt werden. Darüber hinaus bot das Projekt, neben der Möglichkeit ,Gesundheitsförderung in den außerschulischen nichterwerbsorientierten Lebensbereich der SchülerInnen hineinzukul-tivieren, die Chance, gesundheitliche Risiken zu erkennen und Gegenstrategien sowie erforderliche Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Phase der beruflichen Orientierung sowie das zukünftige Erwerbsleben wahrzunehmen. Die Initiierung von Gesundheitskultur in der Schule eröffnete ferner die Perspektive, neue Impulse zur Entwicklung eines gesundheitsorientierten Selbstverständnisses interinstitutionell aus der Schule in die (Ausbildungs-) Betriebe transformieren zu können. Die Thematisierung gesundheitsfördernder Lern - und Arbeitsbedingungen aller Schulbetriebsangehörigen am PROJEKT GESUNDE SCHULE vermittelte den Lernenden Handlungskompetenz zur kritischen Beurteilung eigener Arbeitsplatz-/ Berufswünsche am konkreten Beispiel, sowie zu Möglichkeiten der Einübung von Einflussnahme und Gestaltung, etwa über Bürgerbeteiligung, auf z.B. kommunale Gesundheitsförderung. Die kooperativen Konzeptebenen und Vorstellungen wiesen damit weit über die Institution Schule hinaus auf Zusammenarbeit mit Betrieben, Verbänden und Institutionen, sowie wohnquartier-bezogenen Aktivitäten. Humanisierung der Schule sollte also, wie die seinerzeitige Projektlinie der Bundesregierung und des DGB "Humanisierung des Arbeitslebens" ein tatsächlicher Schritt zu mehr Lebensqualität werden. Exkursende.

Hinzu kam, dass auch zur gleichen Zeit sich in Bremen die Dimension von „Gesundheit und Schule“ erst konturierte. Am 3.12.1992 fand eine Fachtagung am WIS statt, während der Klaus Hurrelmann einen längeren Vortrag hielt. Hurrelmann ging seinerzeit davon aus, dass die Möglichkeiten der Schule im Zusammenhang der Gesundheitsförderung „schnell überschätzt“ würden. Die junge Generation könne zwar gut und weitgehend erreicht werden, es gebe „aber durch ihre Aufgabe der Wissensvermittlung und der Zertifikatsvergabe [...] strukturelle Grenzen.“105 Möglichkeiten und Grenzen der Gesundheitsförderung in der Institution hängen demnach vor allem von einem aufeinander abgestimmten Programm ab, in dem die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten zusammenfindet mit der Gestaltung der objektivierten und sozialen Umwelt des Lernprozesses (curriculare, soziale, ökologische und kommunale Dimension). Diese offene und prozessorientierte Sichtweise stellte kein

105 Hurrelmann, K.: a.a.O., S. 17 - 85 - pädagogisches Instrumentarium dar, sondern forderte vielmehr die Einbindung und Verzahnung der vielfältigen gesundheitsorientierten Maßnahmen und Programme: „Wir brauchen dringend Modellversuche, die erproben, wie eine bessere Verzahnung und Vernetzung dieser Programme möglich wird.“106 Entgegen aller Befürchtungen von Lehrkräften, aktive Gesundheitsförderung würde das Kerngeschäft der Schule beeinträchtigen, ging man davon aus, dass „Lernen und Gesundheit, Sozial- und Gesundheitsverhalten eng miteinander verbunden sind“ und „dass erfolgreiche Gesundheitsförderung das Kerngeschäft der Schule nicht nur nicht behindert, sondern tatkräftig unterstützt.“107 Die grundlegendste Veränderung zum Modell der Gesundheitserziehung war die Verlagerung des Handlungsbereichs von der einzelnen Schulklasse zu der Schule als organisatorische Einheit. Im Mittelpunkt dieses Modells stand die Absicht, der Schule möglichst weitgehende Autonomie in der Gestaltung gesundheitsfördernder Maßnahmen zu gewährleisten. Obwohl dieses Konzept von der WHO positiv aufgenommen wurde, zur Gründung des Europäischen Netzwerks Gesundheits- fördernder Schulen (ENGS) führte (siehe 3.3.1) und sich einer regen Beteiligung von Schulen weltweit erfreuen konnte, so fehlten diesem Vorhaben, ähnlich wie der Gesundheitserziehung, aussagekräftige Ergebnisse, die eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation in den Schulen belegen konnten. Zwar haben „zahlreiche Prozessevaluationen […] gezeigt, dass viele Inhalte dieser Grundidee auch tatsächlich umgesetzt wurden“108; allerdings konnten keine wirklichen Beweise für nachhaltige Auswirkungen dieser Maßnahmen festgemacht werden, was in erster Linie auf eine fehlende, effektive Wirkungsevaluation zurückzuführen ist. Das europäische Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen (engl.: European Network of Health Promoting Schools, kurz: ENHPS) ist ein Zusammenschluss deutschsprachiger Länder, das zum Ziel hat, Gesundheitsförderung zum dauerhaften Bestandteil schulischer Bildungsarbeit zu machen. Im Jahr 1995 gegründet, sieht sich das Netzwerk mit dem Verweis auf die erfolgreichen HBSC-Studien (Health Behavior of School-aged Children) in ihrem Auftrag bestätigt: „Neue Studien und Evaluationen haben deutlich gezeigt, dass schulische Gesundheitsförderung eine lohnende Investition in Gesundheit und Bildung darstellt. So kann nachgewiesen werden, dass ein gutes psycho-soziales Schulklima mit erhöhtem Lernerfolg und angemessenem Gesundheitsverhalten und –erleben auf Seiten der Schülerinnen und Schüler korreliert.“109 Das Ziel, beide Themenbereiche erfolgreich zu kombinieren, steht im Vordergrund des von der Schweizerischen Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK) und des BAG begonnenen Programms „bildung + gesundheit“ und wird folgendermaßen definiert: „Die gute gesunde Schule ist eine Schule, die bei der Verwirklichung ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages gezielt gesundheitswissenschaftlich fundierte Interventionen entwickelt und durchführt. Ziel ist die nachhaltig wirksame Steigerung der Schul- und Bildungsqualität im

106 ebd. S. 18 107 Vuille, J.-C.; Carvajal, M.; Casaulta, F.; Schenkel, M.: Die gesunde Schule im Umbruch. Wie eine Stadt versucht, eine Idee umzusetzen und was die Menschen davon spüren. Zürich/ Chur, 2004, S. 19 108 vgl. ebd. S. 20 109 Europäisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen, http://www.enhps.info/wir.htm - 86 - Rahmen von Schulentwicklung. Dabei ist die Gesundheitsqualität von prinzipieller Bedeutung.“110 Den historischen Ausgangspunkt für das heute unter dem Begriff „Gesundheitsteams Stadtberner Schulen“ bekannte Berner Netzwerk legten bereits in den 1980er Jahren durchgeführte „Initiativen, um die Lehrpersonen in der Stadt zu einer aktiveren Haltung in der Gesundheitserziehung zu ermuntern und zu befähigen.“111Grund hierfür war die damals eskalierende Drogenproblematik in der Stadt Bern, die diese dazu veranlasste, „beträchtliche Mittel in eine neue Präventionsstrategie zu investieren.“ (vgl. ebd.: 29) Es folgte eine breit angelegte Kampagne mit zahlreichen, öffentlichen Veranstaltungen, Fortbildungsangeboten für Lehrpersonen sowie eigens für Schüler konzipierten Kursen, die auch positiv angenommen wurden. Der Erfolg der auf dem Ansatz der Gesundheitserziehung basierenden, also der Vermeidung von Krankheiten bzw. Bekämpfung von Sucht(-risiken), vielfältigen Angebote blieb allerdings aus: Der Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts war gering und eine sichtbare Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Schüler/innen nicht zu erkennen. Als hauptsächliche Gründe gaben die Schulen an, in der Gestaltung präventiver Strategien von außen zu stark beeinflusst zu werden. 112 Als Folge dessen sollte den Schulen selber die Verantwortung für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Maßnahmen übertragen werden und ihnen somit weitestgehend das Recht auf Selbstbestimmung geben. Unter dieser grundlegenden Veränderung startete 1992/93 das Projekt „Gesundheitsteams an Schulen“, welchem nach nur zwei Jahren bereits 80 Prozent der Berner Schulen angehörten. In den kommenden Jahren folgten zahlreiche Vernetzungen: Auf kantonaler Ebene wurde 1997 der Arbeitskreis „Gesunde Schule konkret“ unter Zusammenschluss mit ähnlichen Projekten gegründet, 2002 folgte die Angliederung an das SNGS (Schweizerisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen) und ist seitdem als „Netzwerk Gesundheitsteams Stadtberner Schulen bekannt.113 Wie sahen die Planungsschritte und Abläufe in den Programmen aus?

Bausteine zur Planung gesundheitlicher Aktivitäten im Unterricht:  Zielsetzungen Klare Formulierung, einleuchtende Begründung, ausgehandelte Verständigung  Schülerbezug Differenzierung der Altersklassen, Begründung der spezifischen Zielsetzungen und Aktivitäten  Projektform Bausteine, sachliche und zeitliche Begrenzung, notwendige Ausstattung, andere Vorbedingungen, flankierende Maßnahmen

110 Hess, B.; et al., 2003, zit. nach: Vuille, J.-C., u.a.: Die gesunde Schule im Umbruch 2004 S. 27 111 zit. Vuille, J.-C., u.a.: ebd. S. 29 112 vgl. ebd. S. 29 113 vgl. Die Geschichte – Vom Pionierprojekt zum heutigen Netzwerk: http://www.bern.ch/stadtverwaltung/bss/gsd/schulprojekte/netzwerk/GST_Die_Geschichte.pdf: 1-2 - 87 -  LehrerInnen Qualifikation, Information, begleitende Anstrengungen, Dokumentation des Vorgehens  Schulleitung Qualitätssicherung

Wie waren die Inhalte entwickelt? Alle in der Schule Lernenden und Arbeitenden sind aus ihren unterschiedlichen und gemeinsamen Interessenlagen an Fragen zum Thema Gesundheit interessiert und fordern mehr und deutlicher die Auseinandersetzung mit gesundheitsrelevanten Lebens-, Lern - und Arbeitsbedingungen in der Schule. Die durch Medien getragene gesellschaftliche Thematisierung von arbeits-/ konsumgesellschaftserzeugten Krisenpotentialen und produktionsbedingten Risiken und Katastrophenszenarien als Auseinandersetzung mit den Folgen wirtschaftlichen Wachstums und technologischen Machbarkeitsvorstellungen hat seit einiger Zeit in der Institution Schule ein diskursives Niveau erreicht und gerät dort immer mehr zu einem festen , allerdings häufig noch fachpartikulären Bestandteil des didaktisch - fachunterrichtlichen Repertoires. Darüber hinaus schaffen ständig neue Meldungen über gesundheitsgefährdende Prozesse und Produkte der Industrie - und Dienstleistungsgesellschaft eine für die Schule neue Form der Sensibilität gegenüber gesellschaftlichen Diskussionen und ihre Übernahme in den unterrichtlichen Lernprozess. Ein wesentlicher Folgenbereich dieser sich verändernden sozialen Wirklichkeit scheint sich in den zunehmend offensiveren Kommunikations- - und Aktionsprozessen zu realisieren, die oft genug von einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft begleitet werden indem auch die zunehmende soziale Verelendung / gesellschaftliche Verarmung zum Ausdruck kommt.. Im Hinblick auf die Ansprüche und Folgen nivellieren sich möglicherweise die Lebensumstände von Jugendlichen und Erwachsenen - eine Beobachtung / Anmerkung, auf die noch eingegangen werden soll - etwa im Hinblick auf Beobachtungen von Erkrankungen durch Umweltgifte. In diesem Wahrnehmungskontext von Gesundheit und Krankheit polarisieren sich Akzeptanz und Ablehnung gegenüber unserem Gesundheitssystem in einer nahezu undurchschaubaren Widersprüchlichkeit, die häufig genug in fatalistischer Resignation, esoterischer Verschleierung oder in eine Form der Wohlstandsverwahrlosung gegenüber den eigenen persönlichen Bedürfnissen mündet. Das pädagogische Interesse am Themenfeld Gesundheit konturiert sich als ein neuer Lern- und Arbeitszusammenhang, der sich nicht allein aus einer fachisoliert tradierten und verordneten Existenz in Lehrplanvorgaben legitimiert, sondern seine Berechtigung aus einem auch im subjektiven Individual- /Privatsphärenbereich von SchülerInnen, technischem Personal sowie den LehrerInnen angelegten und akzeptierten Zusammenhang herleitet .Diese persönliche Nähe der Betroffenen zum Thema Gesundheitsförderung in der Schule könnte am Anfang einer sich entfaltenden Diskussion zu einer konstruktiven Kritik der Institution im Hinblick auf die Entwicklung von mehr

- 88 - Lebensqualität und zu deren konkreter Umsetzungspraxis stehen.114 Ein solches Verständnis von Schulrealität muss sich von überkommenen autoritären Strukturen und Hierarchieverständnissen (starres Festhalten an Lehrplänen, rigide Benotungspraxis, autoritäre Arbeits- und Mitbestimmungsstrukturen, usw.) lösen. Die zwischen LehrerInnen, SchülerInnen und technischem Personal häufig gesetzten statuserhaltenden sozialen (Ab-) Sperrungen könnten vor der Notwendigkeit , gleichermaßen krankmachenden Faktoren "Gesundheitsförderung für Alle" entgegensetzen zu wollen , im Sinne einer fortschreitenden Kooperation / Kommunikation abgebaut werden. Gesundheitsförderung in der Schule erhält damit eine über ein verhaltensbezogenes enges Verständnis von Gesundheit hinausweisende kulturelle Perspektive und Qualität, die sich auf die konkreten Verhältnisse (in den Schulen) einlassen muss, in denen die Menschen handeln und leben. Die gesamte Konzeption kann folgendermaßen überblickt werden:

114 vgl. dazu die beeindruckende Sachstandsdarstellung zur gesundheitlichen Lage einer Großkommune als Ausgangspunkt für schulische Gesundheitsförderung.: Magistrat der Stadt Wien (Hrsg.): Wiener Jugendgesundheitsbericht 2002. Wien, 2002 - 89 - Schaubild: Spannungsfeld pädagogischer Konzeptionen Utilitarismus (Freiheit, Selbstentfaltung, Markt) Philantrophie Kapitalismus

Individualismus Materialismus (Metaphysik, Neuhumanis- (Natur, produzierte Umwelt, mus Aufklärung von innen) Aufklärung von außen)

Humanismus Sozialismus Teleologie (Utopie, Sittlichkeit, Disziplin)

Die wichtigen Spannungen treten auf, weil der Individualismus: auf eine Entwicklung/Stärke/Verantwortung von innen setzt, dies aber dem Materialismusgegenüber steht, der auf Entwicklung/Stärke/Verantwortung von außen abhebt. Beide beeinflussen sich jeweils. Vor allem aber stehen sie in der Spannung zwischen Utilitarismus, der Antrieb/ Nutzen/Verpflichtung von sich aus annimmt, während Teleologie den Antrieb/Nutzen/ Verpflichtung allgemein und als äußeres Ziel gesetzt annimmt. Gesundheit wird in verschiedenen Unterrichtsfächern thematisiert. Eine große Chance besteht besonders im Sportunterricht. Dieser kann in seiner allgemeinen Aufgabenstellung so beschrieben werden115: „Vielmehr sollte im Schulsport versucht werden: die Aufmerksamkeit für gesundheitlich bedeutsame Situationen – vom Geräteaufbau bis zur Entspannung – zu schärfen und den Schülerinnen und Schülern das Sporttreiben als eine sinnhafte, freudvolle Tätigkeit zu erhalten (die ihrer körperlichen Gesundheit nicht schadet und ihrem Wohlbefinden möglichst zuträglich ist), auch gesundheitserzieherische Schwerpunkte – etwa im Rahmen von Unterrichtseinheiten und Projekten – zu setzen und sportartspezifische, sportartübergreifende oder sportartbegleitende Themen vertiefend zu behandeln (z.B. ‚Fußball ohne Unfall‘, ‚Fitnessprogramme unter der Lupe‘, ‚Ernährung bei einem Wettkampf‘), den Sport in der Schule zu einem Handlungs- und Erfahrungsfeld zu machen, von dem Initiativen für eine gesündere Schule (Bewegungspausen, Schulfrühstück, Mobiliar, Feste, Fahrten [...]) und damit für die Lebensführung aller Beteiligten ausgehen.“ Hervorzuheben ist an diesem Ansatz die Betonung der Schule als Handlungs- und Erfahrungsfeld sowie dem spezifischen, projektbezogenem Vorgehen.

115 zit. Balz, E.: a.a.O., S. 333 - 90 - Umso bedauerlicher ist, dass besonders der Sportunterricht oft genug hintan gestellt und die Sportlehrer hauptsächlich in ihren zweiten Fächern oder sogar fachfremd eingesetzt werden. Immer wieder jedoch wird versucht, in spezifischen Zusammenhängen funktionale Begriffsinhalte in den Vordergrund zu schieben. So vor allem im Kontext des Bielefelder Sfb. „Gesundheitsförderung zielt auf die Vermeidung und Verminderung gesundheitsriskanter Faktoren in der alltäglichen Lebenswelt und damit verbundener gesundheitsschädlicher Verhaltensstile und Lebensweisen ab.“116 Dies ist im Kern rein negativ, was nur einleuchtet, wenn Gesundheit einfach gegeben ist und die Risiken dazu funktional als Störungen etc. identifiziert werden sollen. Verschiedene Autoren umschiffen diese argumentative Klippe: „In diesem umfassenden Sinne umschließt sie verhaltens- und verhältnisbezogene Strategien, die Individuen wie auch Institutionen und Organisationen unterstützen und befähigen, gesundheitsriskante Potentiale zu erkennen und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, um individuell und kollektiv damit umzugehen.“ 117 Dann soll demnach folgerichtig („also“) „die Förderung des individuellen und sozialen Wohlbefindens“ im Mittelpunkt stehen – wieso aber kann aus der Risikovermeidung nicht langweiliger Missmut folgen? Im Kern wird abgehoben auf: „durch die Unterstützung von individuellen Kompetenzen und Ressourcen sowie durch Schaffung von gesundheitsförderlichen Umwelt- und Lebensbedingungen“ 118 Dazu dient die Schule als Rahmen, der bestimmte Bedingungen und Regeln setzt. So werden inhaltliche Aspekte, auch der Gesundheit, in einen unterrichtsfachlichen Zusammenhang gestellt, tauchen also etwa im Biologie-, Sport- oder Arbeitslehre-Unterricht auf. Dabei sind Lehrpläne zu beachten und werden Noten vergeben usw. Dazu kommen auch zeitliche Rahmenbedingungen (Schulstunde, Pause), soziale Bedingungen (Klassengröße) oder räumlich- materielle Bedingungen (Küchenausstattung, Sporthalle) etc.119 In diesem Zusammenhang ist ein gewisser Widerspruch zu beobachten: Die Diskrepanz zwischen den schwierigen finanziellen Bedingungen der Schulen, die sich in verschiedenen Rahmenbedingungen (v.a. Klassengröße, Ausstattung) niederschlagen, einerseits sowie der wachsenden Anerkennung, die gesundheitliche Themen auch in der Schule finden, andererseits.

2.4. Schule in gesellschaftlicher Wirklichkeit Die gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung steht in dieser Zielsetzung vor einigen theoretischen Problemen. Berücksichtigt werden muss, dass die

116 Hurrelmann, K.; Leppin, A., Nordlohne, E.: a.a.O., S. 283 117 ebd., Querverweis auf WHO 1986, Ottawa-Charta 118 ebd. 119 vgl. Balz, E.: a.a.O., S.331ff.

- 91 - Prägekraft produktiver Arbeit verschiedentlich durchbrochen und konterkariert wird. Berücksichtigt werden muss die Entkoppelung von Systemintegration und Sozialintegration120 mitsamt der Folge, dass produktive Menschen in ihrem sozialen Leben mit immer weniger Einfluss auf technologische Systeme haben, die als strukturelle Gewalt zurückwirken. Und auch der Konsum wird Erfüllungsgehilfe eines systemisch produzierten Lebensgefühls. „Konsum suggeriert Leben, die Konsumwerbung tendiert immer mehr dazu, den Menschen einzureden, dass er leben solle und sich nicht darum zu kümmern brauche, wohin die gesellschaftliche Reise geht. Denn diese hat inzwischen ihre eigene Logik, in der immer wieder neue Lösungen gefunden und neuer Fortschritt produziert wird, der dem Einzelnen dann zum Verbrauch angeboten werden.“121 gesundheitsfördernde Bildungsprozesse müssen also mit einer hedonistischen Falle zu Recht kommen: „Im Konsum geht es um die Befriedigung von zugerichteten Bedürfnissen, um das Verbrauchen von Glück.“122 Dieses fordert die Pädagogik heraus. Bildungsprozesse brauchen also neue Möglichkeiten der Reflexivität. Bildung „muß nun selbst lernen, Fragen an sich zu stellen, bevor sie den Menschen das Lernen verordnet.“123 Und Pädagogik muss soziale Räume für die Emanzipation einklagen. „Die Pädagogik sieht sich nun mit ihren sozialen Voraussetzungen, um die sie sich nie so richtig kümmern musste, konfrontiert und wird gewahr, dass es nicht mehr die Voraussetzungen sind, von denen sie bisher ausgegangen war.“124 Pädagogik muss sich daher gerade den Arbeitsbedingungen konzeptuell zuwenden und nicht annehmen, der Wirklichkeitsbezug würde sich von alleine einstellen. Dies impliziert, dass heute die Arbeitswelt anders zu definieren ist: sie ist nicht reine Erwerbsarbeitswelt, sondern schließt die alltäglichen Arbeitsleistungen ein. Dieses unterstellt, dass nicht von selbstverständlichen Anforderungen ausgegangen werden kann, die in und durch die Arbeitswelt gesetzt werden. Vielmehr muss eine Entwicklung des Humanvermögens begründet werden, die sich an einem übergeordneten Begriff von Public Health orientieren/ messen lässt. Damit werden die alten, aus der hygienischen Volksbelehrung stammenden und auf eine „Zurichtung“ des Menschen zielenden Disziplinierungen zugunsten reflexiver Fähigkeiten, demokratischer Diskurse und praktischer Handlungsfähigkeiten aufgegeben. Diese Entwicklung ist deshalb nicht so einfach, weil in den gängigen gesundheitswissenschaftlichen Konzeptionen immer noch die alten Grundpfeiler der hygienischen Volksbelehrung tragen.

120 Habermas, Jürgen: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt a.M., 1973 121 Böhnisch; Schröder: a.a.O., S. 86 122 ebd. S. 87 123 ebd. 124 ebd. S. 89 - 92 - Ausgearbeitet werden sollen etwa „alltägliche Lebensroutinen“ gerade bei Jugendlichen125, sozial-emotionale Kompetenz126 und darüber hinaus gehören nach Bennack zu dem breiten Verständnis: - Rücksicht auf gesundheitliche Verhältnisse in der Schule - Abwehr der durch die Schule gegebenen Gesundheitsgefährdungen - Verbesserte körperliche und seelische Pflege. Durch die separate Einrichtung Schule werden in diesen Ansätzen pädagogischen Aufgaben verselbständigt, was sich gut mit dem alten Verständnis der Hygiene vereinbaren lässt. Denn zugrunde liegen „Veredelungs- Vorgänge“: der Mensch wird zum Menschen, der Bürger zum sauberen und sittlichen Bürger erst erzogen. Das große Programm der Aufklärung, das die Befreiung des Menschen auf der Basis seiner Lernfähigkeit (als grundsätzlichem Beleg der Vernunftbegabung) wollte, fordert immer noch ihren Tribut: diese Mühle bleibt, auch wenn die Befreiung nicht mehr gesellschaftspolitische Aufgabe ist. Stattdessen wird heute eine Beteiligungsfähigkeit verlangt, die auch in materiellen Bedingungen und in gesellschaftlichen Verhältnissen begründet sein muss: während in Aufklärung der Bürger seinerzeit per se autonom war (und die unteren Schichten eben deshalb nicht in den bürgerlichen Status gelangten), ist heute jeder Mensch als bürgerliches Subjekt zu begreifen, das aber die materiellen Voraussetzungen nicht ohne weiteres hat und daher, auch nicht die subjektiven Voraussetzungen für gesundheitsförderliches Handeln. Diese Problematik zeigt sich versteckt in merkwürdigen pädagogischen Gedankenwindungen um das Menschwerden eines Menschen im Ganzen: „Dem Erzieher geht es .. um das Menschsein und Menschwerden des Menschen im Ganzen nach all seinen konstitutiven Gehalten und Bezügen. [...]“ Bei aller Mitarbeit anderer Fächer bezüglich des Gesundseins muß die Pädagogik doch „in dieser Sache ihre eigene Verantwortung voll übernehmen.“127 Dies ist entweder trivial (in welcher Sache steht eine Wissenschaft nicht in der jeweils eigenen Verantwortung?) oder unterstellt eben doch die Annahme, dass alle diesbezüglichen Aufgaben aus der Pädagogik selbst abzuleiten wären, eben aus dem richtigen Weg zum Menschen. Daraus folgte die zentrale Feststellung: „Schulhygienische Fragen sind also ohne schulpädagogische Reflexion nicht sachgerecht und vollständig zu behandeln. Eine spezifisch schulpädagogische Bearbeitung des Themas Schulhygiene wird in der Berücksichtigung von deren Beziehung zu Erziehung und Bildung bestehen müssen.“128 Auch diese Feststellung ist wieder ähnlich: entweder trivial und tautologisch (die schulbezogenen Fragen können nicht ohne

125 Hurrelmann; Leppin; Nordlohne: a.a.O., S.287 126 Petermann, F.; Wiedebusch, S.: Emotionale Kompetenz bei Kindern. Klinische Kinderpsychologie. Bd. 7. Göttingen: Hogrefe, 2003, S. 193f 127 Döpp-Vorwald, 1966, S. 103 f; zit. nach: Benneck, J.: a.a.O., 1990, S. 21 128 Bennack, J.: ebd. - 93 - Schulbezug behandelt werden), oder sie unterstellt eine Priorität der Pädagogik. (Letztere Interpretation wird durch die weitere Argumentation deutlich.) Eigentlich ist in dieser Sicht nur der Bereich Schulleben interessant, und selbst dieser wird auf den pädagogischen Inhalt reduziert. Begleitet wird die Reduktion durch den Rückgriff auf kausalanalytische, naturwissenschaftliche Begriffe von Gesundheit. Da das biomedizinische Gedankengebäude als das einzig angemessene Modell der Wirklichkeit gilt, fehlt im Prinzip auch die Notwendigkeit, sich ernsthaft mit der Bedeutung der psycho-sozialen Umwelt und der Sinnfrage als Determinanten von Gesundheit auseinanderzusetzen. „Die Menschen erbitten sich ihre Gesundheit von den Göttern; Daß sie aber selbst Einfluß auf ihre Gesundheit haben, wissen sie nicht“, formulierte Demokrit, der griechische Philosoph um 400 v.u.Z., den wir hier als frühen Kritiker anführen können (s. in: Fortbildungsprogramm 1995 der Bundesvereinigung für Gesundheit e.V. Bonn). Der pädagogische Auftrag muss sich also auch mit dem patronal- infantilisierenden Ver- haltensmuster seitens der Ärzte auseinandersetzen. Die asymmetrische Kommunikations- weise zwischen Arzt und Patient (dazu gehören auch "partielle Kommunikationsunfähigkeit“ von Ärzten, Organisationsform in Praxis und Klinik, „Halbgott in Weiß“) ist nicht förderlich. Die Dominanz der naturwissenschaftlichen Orientierung der Medizin verhindert soziale Rücksichtnahme. Ein statischer Gesundheits-/Krankheitsbegriff signalisiert Heilung als einmalige Aktion, die in den Händen des medizinischen Experten liegt, fördert Passivität des Patienten, macht Patientenwissen/ Patientenbeteiligung/ Patientenaktivität weitgehend hinderlich, ja überflüssig.129 Demgegenüber muss Bildung sich als das Bemühen um ein Selbst-, Wert- und Weltverständnis begreifen, das die gegenseitige Abhängigkeit von körperlichen, seelischen, sozialen und ökologischen Bestimmungsgrößen für Krankheit, Gesundheit und Heilung mit einschließt. Dabei ist eine Orientierung an den Gesundheitswissenschaften sinnvoll. z. B. bei der Frage, ob die Krankheiten, die in den Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken die ersten Stellen einnehmen Produkt individuell- beeinflussbarer Verhaltensweisen sind oder/und Ausdruck strukturell-gesamtgesellschaftlicher Probleme sind. Die Entwicklung eines gesundheitspolitischen Ansatzes muss in den Blick genommen werden. Welche Zielsetzungen und Vorgehensweisen sind unter Zugrundelegung verschiedener Grundmodelle von Bildung und Gesundheit möglich? Bildung muss ein dynamisches Verständnis von Gesundheit entwickeln, nur dann ist die Vermittlung von gesundheitsrelevanten Kenntnissen, Fertigkeiten, Einstellungen und Wertorientierungen überhaupt sinnvoll, d. h. Gesundheit muss eine durch Lernen, Erziehung und Bildung beeinflussbare Qualität haben, die die aktive Einflussnahme - auch die gesundheitspolitische/ politische - Einflussnahme zulässt oder hervorruft. Gesundheitsbildung hat dabei die Aufgabe:

129 ebd. - 94 -  Lernprozesse zu ermöglichen  individuellen Zugang zu Gesundheitsbewusstsein zu eröffnen  Handlungsschritte zu erproben für gesundheitsfördernde Lebensweisen  Prinzip der Eigenverantwortlichkeit und politischen Selbstbestimmung zu stärken130 Der Gegenstand von Gesundheitsbildung kann vieles sein:  Reflexion über Bildung und Gesundheit  Bildung für Gesunde  Erlernen von Gesundheit  Gesundheit als pädagogisches Thema  im Sinne einer "Salutagogik" Teil einer Wissenschaft von der Gesundheit. Der Gegenstand erstreckt sich auf verschiedene Forschungsaufgaben: Lernen von Kenntnissen, Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Fertigkeiten zum Erhalt von Gesundheit - auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen Bedingungen von Gesundheit. Es muss geprüft werden, ob Gesundheitsbildung sozusagen die pädagogische Seite des Gesundheitsförderungsansatzes ist und welche Rolle sie als selbständige Disziplin im Rahmen der Gesundheitswissenschaften spielen kann. Haug stellt vier amerikanische Ansätze von Gesundheitsbildung vor, die für unsere Diskussion bedeutsam sind: a) Education als compliance (Compliance = Einwilligung, Willfährigkeit, Erfüllung) wird beschrieben als

Erziehungsprozeß zwischen Arzt und Patient, wobei ärztliche pädagogische Hinweise mit

einer Compliance- Erwartung weitgehend und auf Dauer bezogen unwirksam sind131 b) Education als teaching unterstellt einen Lernbedarf im Hinblick auf Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten,

der durch den Lehrenden ausgeglichen werden kann. c) Education als "growth process" - aus der humanistischen Psychologie - ist ein psychologisch-pädagogischer Ansatz zur Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen in der Erwachsenenbildung (Rogers132, Maslow133). - Gemeinsamkeit der Ansätze

130 Illich, Ivan: Die Enteignung der Gesundheit- Medical Nemesis. Reinbek, 1. Auflage, 1975 131 vgl. Troschke: a.a.O. 132 vgl. Rogers, Carl: Entwicklung der Persönlichkeit : Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. Aus dem Amerikan. übers. von Jacqueline Giere. 13. Auflage. , 2000 133 vgl. Maslow, Abraham: Motivation und Persönlichkeit. 2. erw. Auflage. Reinbek, Hamburg, 2002 - 95 - - Ablehnung eines bloßen "role taking". Stattdessen geht es um die Entwicklung einer erweiterten individuellen Handlungsfreiheit - Ausgangspunkt ist ein erkanntes wachsendes Bedürfnis nach "Bewußtseinserweiterung, durch Sinnesschulung, Meditation, Körperlichkeit, Gruppenerlebnisse etc. - Kennzeichen: Weg vom westlichen dichoto- mischen Denken - hin zu einem "östlichen" integrativen, prozeßhaften, ganzheitlichen Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Es handelt sich hierbei um ein Verständnis von Bildung, das das aktive, selbstverantwortliche und selbstbestimmte Lernen und Handeln als Merkmal von Lernprozessen im Erwachsenenalter in den Vordergrund stellt. d) Education als "social change process" Unter social change wird ein Prozess verstanden, durch den Veränderungen in der Struktur und Funktion von Sozialen Systemen herbeigeführt/ beeinflusst werden. Dabei wird die Struktur und Funktion durch die Stellung von verschiedenen Personen oder Gruppen zueinander und damit verbundenen Rollen bestimmt. "Health educator" versteht sich dabei als "social change agent", der individuelles, gruppenbezogenes oder kollektives Gesundheitsverhalten mit Hilfe von sozialen und gruppen- bzw. organisationsbezogenen Strategien zu beeinflussen versucht.

Drei Ansätze sind hier herauszuarbeiten: "locality development"- "social planning"- und --"social action" approach Zu locality development approach: Ziel ist die Veränderung von Haltungen und Verhaltensmustern durch Bildung und Erziehung. Ziel ist aber auch und in erster Linie, die Gemeinde oder Gruppe zur Selbsthilfe zu befähigen, Netzwerke zu schaffen, Empowerment, community involvement - Aufbau von Kooperationsbezügen in Richtung auf ein gemeinsames Ziel: z. B. Verbesserung der Lebensqualität. Der Health educator: ist Katalysator, Koordinator, Lehrer, der in Zusammenarbeit mit einflussreichen Schlüsselfiguren der Region auf das gemeinsame Ziel hinarbeitet. Zu social planning approach: Ziel ist die Veränderung sozialer Bedingungen durch die Veränderung der Politik formaler Organisationen. Orientiert sich an ganz konkreten Zielen. Die Partizipation der Betroffenen ist zunächst gering, der Prozess wird von Experten geplant und gesteuert. (Der „Health Educator“: ist Fakten-Sammler, Analytiker, Implementator und Förderer. Entscheidungen werden über formelle und informelle Machtstrukturen durchzusetzen versucht. Betroffene sind Konsumenten und haben wenig Einfluss auf das Ergebnis.

- 96 - Diese Beschreibung trifft ziemlich genau auf das zu, was zurzeit im Rahmen der Planung für ein "Weiterbildungsstudium Gesundheitswissenschaften für GKV-Mitarbeiter stattfindet. Zu social action approach: setzt aktive Teilnahme und Unterstützung der Betroffenen voraus. Ziel ist signifikante Veränderung von Organisations- und Machtstrukturen. (so weit wollen wir nicht gehen, deshalb keine weitere Beschreibung.) Für Gesundheitsbildung gilt die Orientierung darauf, dass der "Mensch als Lebewesen körperlich, seelisch-geistige und soziale Dimensionen untrennbar in sich vereint", und dass zu dieser immer auch eine nicht abtrennbare äußere, ökologische Dimension gehört.“ Ein erweiterter Gesundheitsbegriff verweist auf die Entstehungszusammenhänge von Krankheit und wird zum Anlass individueller und überindividueller Auseinandersetzung mit den Ursachen für gesundheitliche Erkrankungen. Parallel dazu gewinnt die Diskussion über Merkmale für Gesundheit zunehmend an Bedeutung.134 Angesichts der nach wie vor gesellschaftlich mächtigen Orientierungen am bestehenden Medizinsystem und am biomedizinischen Paradigma ist es notwendig, den Blick zu erweitern. Vor allem ist die Bedeutung von Partizipation, Selbst- und Mitverantwortung und Gesundheitsbildung als "prozessualer Vorgang" heraus zu arbeiten. Die Behörde, voran das Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung, verfolgt im Grunde einen allgemeinen pädagogischen Ansatz. Es erklärte 2003: „In der Schule, wo man für das Leben lernen soll, wird auch bei der Gesundheit über die Chance entschieden, die man im späteren Leben hat.135“ Das Ministerium behauptete zwar, ein „ganzheitliches Verständnis von Gesundheit“ zu vertreten, konkret geht es aber lediglich um individuelle Dimensionen von Ernährung, Bewegung und Stressabbau. Die aus der „Ganzheitlichkeit“ begründete Prävention wird reduziert und verliert den Bezug auf Arbeit und Erwerbsarbeit. Ein wichtiger Bezugshintergrund war die Darstellung von Ausgangspunkten und Stationen einer Wissensgeschichte zur gesundheitsorientierten Seite der Schul - und insbesondere der Arbeitspädagogik in Deutschland, die in dem hier vorgestellten Zusammenhang als die historische „Vor- und Frühgeschichte“ gewertet werden soll. Die komplexe Aufgabenstellung enthält folgende Teilaspekte: Stärken der materiellen Gesundheitsressourcen Stärken der Handlungsfähigkeiten Stärken der psychischen Gesundheitsressourcen Eingrenzung der Risikofaktoren Verhinderung von Schädigungen Bewältigung von Beschwerden, Schwierigkeiten

134 vgl. Antonowsk, A.: a.a.O., 135 Gesundheit und Gesellschaft 4/2003, S.3 - 97 - Orientierung der Lebensstile

Um das scheinbar Alltägliche und die Macht der Banalität für eine gesündere Schule zu nutzen, bedarf es erheblicher Bemühungen von möglichst allen Beteiligten. In einem Beitrag zur Literaturdiskussion der frühen siebziger Jahre finden sich für die komplizierten Wechselbeziehungen zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Machbarkeit nützliche und gleichzeitig scheinbar verwirrende Sätze: "Sich etwas verständlich machen, das muß man machen, das ist keine Sache der Theorie allein, sondern eine von Theorie und Praxis. Wer nicht versteht, was er sieht, wer nicht versteht, was er hört, wer nicht versteht, was er liest, wer nicht versteht, was ihm widerfährt, muß es sich verständlich machen. Dann wird er, was er sieht, verstehen, weil er es gemacht hat, dann wird er, was er hört, verstehen, weil er es gemacht hat, dann wird er, was er liest, verstehen, weil er es gemacht hat, dann wird er, was ihm widerfährt, verstehen, weil er es gemacht hat. " 136 Um wirklich verstehen zu können, welche alltäglichen Banalitäten und Kuriositäten wirkmächtig den Schulalltag bestimmen und welche gesellschaftlichen Konsequenzen dadurch ausgelöst werden, lohnt ein Blick in die 1971 erschienene Publikation: „Schule, Schulung, Unterricht“ von Hans- Magnus Enzensberger und Karl Michel in der Kursbuchreihe, Berlin. Viele dort vorfindbaren Beschreibungen klingen heute doch wenig vorstellbar; jedoch erstaunt, wie weitsichtig die damals bereits vorgenommenen bildungspädagogisch- beschreibenden Analysen heute zutreffen.

Gesellschaftliche Lokalisierung von Gesundheitsförderung im Unterricht als Sequenz im Rahmen eines Unterrichtsthemas als kleine Aktion eines Unterrichtsvorhabens im Teillernfeld Arbeitslehre als lernfeldübergreifendes Projekt als fächerübergreifendes Vorhaben als Schulveranstaltung : Projekt Gesunde Schule als Kooperationsprojekt zwischen Schule und Betrieb / Gewerkschaften als Netzwerk zwischen Schule , Betrieb / Gewerkschaften, Verbänden und Wohnquartier / Gemeinde Akteure dieses Handlungsfeldes sind: SchülerInnen , StudentInnen, LehrerInnen , Technische MitarbeiterInnen

136 Scharung, Michael: in: Schickel, Joachim: China 1970 : Die Selbsterziehung der Massen oder Die Pädagogik revolutionieren, in : Enzensberger , Hans - Magnus / Michel , Karl( Hrsg.) : Kursbuch 24, Schule , Schulung , Unterricht. Berlin 1971 , S. 196 - 98 - ElternvertreterInnen Betriebs - und Vertrauensleute GewerkschaftsvertreterInnen SozialarbeiterInnen, PsychologInnen , ÄrztInnen JuristInnen , Verwaltungsfachkräfte, SelbsthilfeexpertInnen

Einen wichtigen Schritt machte die Diskussion über die Gesundheitserziehung mit den Anstrengungen um eine gesetzliche Verankerung der Prävention. Hierzu wurde 2002 das „Deutsche Forum Prävention und Gesundheitsförderung“ gegründet. 41 Gründungsmitglieder, v.a. aus Bereich der Sozialversicherung, plädierten für eine anerkannte und ausgestattete Forschung und Umsetzung primäre, sekundäre und tertiäre Prävention. Maßgebend wurde diese Zielsetzung von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützt, weil hier Image und Wirtschaftsinteressen eine große Überschneidung zeigten. Die GKV formulierte unter dem 27.6.2001 unter anderem folgenden Leitfaden zur Prävention:  Durch die Gestaltung der Gebäude, Spielflächen, Schulmahlzeiten, Sicherheitsmaßnahmen und so weiter ein gesundheitsförderndes Arbeits- und Lernumfeld schaffen.  Das gesundheitliche Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen, der Familie und der Gemeinschaft fördern.  Zur gesunden Lebensweise anhalten und Lernenden wie Lehrenden realistische und attraktive Gesundheitsalternativen bieten.  Es allen Schülerinnen und Schülern ermöglichen, ihr physisches und soziales Potenzial auszuschöpfen und ihre Selbstachtung zu fördern.  Für die Förderung von Gesundheit und Sicherheit der gesamten Schulgemeinschaft (Kinder und Erwachsene) klare Ziele stecken.  Gute Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden sowie unter den Schülerinnen und Schülern selbst sowie eine gute Zusammenarbeit zwischen Schule, Elternhaus und Ortsgemeinde schaffen.  Die Verfügbarkeit von Gemeinderessourcen zur Unterstützung der praktischen Gesundheitsförderung ausloten.  Mit einer die Lernenden aktiv einzubeziehenden Didaktik ein kohärentes Curriculum für die Gesundheitserziehung planen.  Den Lernenden das Wissen und die Fähigkeiten mit auf den Weg geben, die sie brauchen, um vernünftige Entscheidungen über ihre persönliche

- 99 - Gesundheit und die Erhaltung und die Verbesserung einer sicheren und gesunden physischen Umwelt treffen zu können.  Die schulische Gesundheitspflege im breiten Sinne als Bildungsressourcen zu begreifen, die den Schülerinnen und Schülern dazu verhelfen kann, sich zu effektiven Nutzern der Gesundheitsversorgung zu entwickeln.137

Diese, doch im Kern risiko-orientierte, Logik blieb – auch wenn sie sich im „breiten Sinn“ verstand – eine beschränkte Angelegenheit. Vor allem der gesellschaftliche und sozialkritische Bezug war weg gefallen. Demgegenüber hatte ein politisch engagiertes Bemühen um die Arbeiterbildung von Ende der 1960er Jahre an versucht, an alte Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung anzuknüpfen. Diesen Bezug kann nun umgekehrt die Gesundheitserziehung ein Stück weit nutzen. Ein Problem darin war jedoch, dass eine Konzeption der Bewusstwerdung zugrunde lag, die wirkliche Lernprozesse „vor Ort“ erschwerte. Meistens waren diese Lernprozesse sogar mehr oder weniger explizit als Erwachsenenbildung konzipiert. Im Grunde war die allgemeine Pädagogik in diesem Sinne lediglich unter a) dem Aspekt der Teilnahme, v.a. im Hinblick auf finanzielle Möglichkeiten der Bildung, b) dem Aspekt der Schilderung von Ausbeutung, also der sachlichen Einbeziehung von Kapitalismuskritik konzipiert. Damit gerät diese Bildung aber in eine Distanz zur gesellschaftlichen Wirklichkeit, die sie ja gerade aufheben möchte. In der Kritik, die sich als Widerstand gegen ein „Einüben in die Klassengesellschaft“138 verstand, war die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Wirklichkeit selbst ideologisch geprägt. Dies schlug sich beispielsweise in Schulungsmaterialien für Schüler und Arbeiter nieder, die nach den Lebensbereichen „Erziehung, Arbeit, Freizeit und Kultur“ gegliedert waren und sich an „Betroffene“ wandten, die durch den entsprechenden Bewusstwerdungsvorgang solche Materialien als „Werkzeuge“ im „Klassenkampf“ benutzen könnten. Die Arbeitslehre wurde in diesem Zusammenhang als „Erziehung zur Anpassung“ kritisch hinterfragt.139 Mit der Formulierung „Arbeitslehre gleich Lohnarbeitslehre“ wurde diese Kontroverse in zugespitzter Form in der bildungspolitischen Diskussion der 1970iger Jahre vorangetrieben.140 Im wirtschaftlichen Aufschwung der 1950er Jahre wurde das Interesse des Kapitals zunächst auf eine bessere Qualifizierung der Lohnabhängigen gelenkt. Die Arbeitslehrekonzeption des „Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen“ 1954 und 1964 ziele auf verringerte Anpassungsschwierigkeiten im Übergang in eine rasch veränderte Arbeits-

137 siehe: Gesundheit und Gesellschaft 4, 2003, S.5 138 Kelber, R.: Einübung in die Klassengesellschaft.- In: H.-D. Bamberg; M. Bosch (Hrsg.): Politisches Lesebuch.- Starnberg 1973, S. 54-68 139 Baumann, H., u.a.: In: ebd., S. 79-83 140 vgl. dazu: Zinnecker, Jürgen: Arbeitslehre: Lohnarbeitslehre? In: Betrifft: Erziehung. Weinheim, 1973 - 100 - wirklichkeit. Das eigentliche Problem sei kein curriculares, sondern dasjenige der Unterwerfung der Qualifizierung unter das Kapitalinteresse: „Hinter den industriellen Qualifikationsanforderungen, wie größere Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, erhöhtes Verantwortungsbewusstsein für Material und Maschinen u.ä. verbirgt sich die Absicht, durch die Ausbildung eines vielseitig verwendbaren und einsetzbaren Arbeitsvermögens und die Vermittlung allgemeiner Arbeitstugenden an der bewußtseinsmäßigen Eindämmung des Konflikts zwischen Kapital und Arbeit mitzuwirken.“141 Der Einfluss der Unternehmer war demnach deutlich. Sie boten Seminare und Materialien an, ca. 200 regionale Arbeitskreise „Schule-Wirtschaft“. Die Mehrheit der Berufspädagogen suchte Weg über die Schülerrolle „als Manager des eigenen Haushalts und der eigenen Arbeitskraft“, was eine „stabilisierende Funktion als Kleinkapitalist“ impliziere. Damit würde die Funktion der Arbeitslehre, „Garant für bestmögliche Anpassung der Arbeitskraft an die Produktionsverhältnisse und Markt für Profitinteressen im Schulsektor zu sein“142, verschleiert. Stattdessen wurde an die alten Hoffnungen Karl Liebknechts erinnert: „Die Schule ist das mächtigste Mittel der Befreiung, und die Schule ist das mächtigste Mittel der Knechtung – je nach der Natur und dem Zweck des Staates!“143 Das bedeutete aber zugleich, dass die eigentliche Problematik aus der Schule heraus gelagert wurde und vor allem von der Natur und dem Zweck des Staates abhängig gemacht wurde. Dies implizierte zum einen jene Revolutionsfalle, auf die bereits verwiesen wurde und die eine Reformblockade bewirkte. Zum anderen wurde jegliche Politisierung erschwert: „In diesem Staat kann über Arbeitslehre allein keine Politisierung und Aktivierung der zukünftigen Lehrer erreicht werden, sie muß unterstützt werden durch außerschulische Aktivitäten, die die Schüler befähigen, ihre künftige lohnabhängige Stellung kennenzulernen, die konkreten Bedingungen ihrer Arbeitsplatzstruktur im kapitalistischen Betrieb zu begreifen und aktiv betriebspolitisch zu verändern."144 Auch dies stellte zwar einen gesellschaftlichen Bezug her, jedoch nur um ihn gleich wieder aus der Schule heraus zu verlagern. „Arbeitslehre“ musste demnach „verbunden sein mit aktiver Parteinahme für die Interessen aller Lohnabhängigen auf der Grundlage des Kampfes der Arbeiterklasse in den Betrieben.“145 Entscheidend sind demnach nicht curriculare Reformen, Veränderungen der Lehrpläne etc., sondern letztendlich nur die Klassenlage, d.h. alles ist auszurichten auf „die gemeinsame Interessenvertretung aller Unterdrückten“.146 In der Konsequenz konnte sogar Sozialarbeit als „organisierte Verschleierung des Elends“147 begriffen werden. Und der gesamte Gesundheitsaspekt wird

141 Baumann, H., u.a.: In ebd.., S. 80 142 Ebd., S. 81 143 Zit. Ebd., S. 82 144 Ebd., S.82f 145 H. Baumann u.a. a.a.O., S.83 146 Ebd. - 101 - lediglich über Krankheit, besser noch über Elend, angesprochen; die kapitalistische Produktion produziere über die Mehrarbeit auch „die vorzeitige Erschöpfung und Abtötung der Arbeitskraft selbst“148. Arbeit ist also Erwerbsarbeit, Erwerbsarbeit ist Ausbeutung, Ausbeutung ist so vor allem Verkürzung der Lebenszeit, Verelendung, vor allem auch körperliche Schädigung. Im Detail wurden zwar problematische Indikatoren angeführt, die aber im großen Überblick aussagekräftig zu sein schienen: Die Todesursachenstatistik etwa zeige deutlich, in welchem Umfang die Verschleiß- oder Zivilisationskrankheiten zugenommen haben. Im Hintergrund stand auch weiterhin die einfache Korrelation: Je schwerer die Arbeit, desto mehr Krankheitserscheinungen. So wurde vor allem vom Elend aus argumentiert: dass dies eigentlich ungerecht ist und den Widerstand begründet, ja erfordert. Daher stelle sich die pädagogische Frage: „Welche Bedingungen bringen Menschen soweit, dass sie sich nicht gegen die Unmenschlichkeit ihrer Arbeitssituationen wehren, dass sie z.B. gegen die ihnen zugemutete Verkürzung der Vorgabezeiten beim Akkord keinen Widerstand leisten, nicht dagegen protestieren, sondern sich den vom Kapital gesetzten Anforderungen unterwerfen“149 Und: „Es ist durchaus möglich, daß das Bewußtsein des Arbeiters noch gefangen ist in den Klauen der Korruption – in Form des vorgegaukelten sozialen Aufstiegs, des höheren Prestiges, der sozialen Anerkennung, die mit dem Arbeitsplatz verbunden ist, während das ‚Körper-Fragment‘ bereits die Unerträglichkeit der Arbeitsbedingungen signalisiert, denen es ausgesetzt ist. Krankheit als Protest – irgendwo muß das Unzumutbare, das das kapitalistische Profitstreben dem einzelnen aufzwingt, sich äußern und revoltieren, irgendwo macht der Körper, der Mensch nicht mehr mit.“150 Und: „Auto, Wohnung, Einrichtung, Kleidung nach der letzten Mode und Neckermann-Urlaub für ‚Individualisten‘ gaukeln Möglichkeiten der Selbstverwirklichung vor, während tatsächlich der durch die Werbung geweckte Wunsch nach diesen Konsumgütern wesentlich dazu beiträgt, daß der Arbeiter die Ausbeutung am Arbeitsplatz erträgt und seine Gesundheit aufs Spiel setzt, um mit dem vom Kapitalisten gezahlten Lohn in die Scheinwelt der Freizeit ohne Freiheit flüchten zu können.“151 Gefordert wurden gesundheitliche Mindestanforderungen und Schutzbestimmungen. „Solche staatlichen Maßnahmen werden gerade dann eingeführt, wenn das Kapital an die physischen Grenzen der Arbeitskraft stößt oder die Kosten für die Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft gesamtwirtschaftlich zu hoch geworden sind. Auf diese ökonomischen Notwendigkeiten war u.a. auch die Sozialgesetzgebung 1883 bis 1889

147 Horstkemper, M., u.a.: Die organisierte Verschleierung des Elends. Sozialfürsorge und Sozialarbeit.- In: H.-D. Bamberg, M. Bosch (Hrsg.): Politisches Lesebuch.- Starnberg 1973, S. 288-301 148 R. Heinrich: Lohnarbeit und Krankheit.- In: ebd., S. 327-337, S. 327 149 Ebd., S.331 150 Ebd., S.331 151 ebd., S.332 - 102 - (Einführung der Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung) zurückzuführen, auf die die heutige Sozialversicherung zurückgeht.“152 „Der Kapitalist kämpft für den Profit, der Arbeiter muß für seine Gesundheit kämpfen.“153 „Der Verschleiß der Arbeitskraft hat in manchen Großbetrieben ein solches Ausmaß angenommen, daß von der Kapitalseite Maßnahmen getroffen werden müssen, um zu hohe Kosten durch Arbeitsausfall, Berufskrankheiten usw. zu vermeiden, was durch frühzeitige Erkennung und Behandlung von Krankheitserscheinungen erreicht werden kann.“154 „Die Erscheinung von Krankheit, wie sie in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang deutlich wurde, kann als der sichtbare Ausdruck von Widerstand gegen die unzumutbaren und doch zugemuteten Arbeits- und Lebensbedingungen, gegen physische und psychische Vergewaltigung im Arbeitsprozeß, verstanden werden.“155

Die Betonung der Arbeiterbildung als emanzipatorischer Vorgang geht auf die neuzeitliche Wissenschaft mit ihrer aktiven Einsicht, mit der Erkenntnisfähigkeit des Menschen, zurück. Sie öffnete Bildungsprozesse, vor allem auf dem Hintergrund protestantischer Reformationen mit Lesen und mit Schreiben. Der Bruch mit dem Katholizismus war auch gegen autoritäre und monopolistische Tradition und Herrschaft gerichtet. Die Verbreitung von Wissen galt nicht nur der Bibelauslegung, sondern wurde mehr und mehr ein selbständiger Zugang zu Erfahrungswissen und dessen Verbreitung, damit zu einem neuen Naturbezug, des künstlichen Wissens, des „know how“ etc. Die Entwicklung des Marktes und der Industrie schien dann eine gesellschaftliche Formierung von Lernprozess zu erzwingen. Karl Marx analysierte im Kommunistischen Manifest 156: „Die gemeinsam und planmäßig von der ganzen Gesellschaft betriebene Industrie setzt vollends Menschen voraus, deren Anlagen nach allen Seiten hin entwickelt sind, die imstande sind, das gesamte System der Produktion zu überschauen. [...] Die Erziehung wird die jungen Leute das ganze System der Produktion rasch durchmachen lassen können, sie wird sie instand setzen, der Reihe nach von einem zum anderen Produktionszweig überzugehen, je nachdem die Bedürfnisse der Gesellschaft oder ihre eigenen Neigungen sie dazu veranlassen. Sie wird ihnen als den einseitigen Charakter nehmen, den die jetzige Teilung der Arbeit jedem einzelnen aufdrückt. Auf diese Weise wird die kommunistisch organisierte Gesellschaft ihren Mitgliedern Gelegenheit geben, ihre allseitig entwickelten Anlagen allseitig zu betätigen.“157

152 Ebd., S.333 153 Heinrich, R.: Ebd., S.334 154 Ebd., S.335 155 Ebd., S.336 156 zit. MEW, Bd.5, S. 129 157 zit. nach Günther, Karl-Heinz u.a. (Bearb.): Quellen zur Geschichte der Erziehung.- Berlin 1980 - 103 - Selbst die widersprüchlichen Kapitalinteressen, die der Bildung „von unten“ im Wege standen, waren demnach historisch überholt und politisch zu überwinden. Im „Kapital“ erklärte Karl Marx: „Armselig wie die Erziehungsklauseln des Fabrikats im ganzen erscheinen, proklamierten sie den Elementarunterricht als Zwangsbedingung der Arbeit. Ihr Erfolg bewies zuerst die Möglichkeit der Verbindung von Unterricht und Gymnastik mit Handarbeit, also auch von Handarbeit mit Unterricht und Gymnastik [...]“158 Und was prinzipiell möglich wäre, würde sich auch naturgesetzlich durchsetzen, selbst wenn vor der Hand viele negative Seiten der Arbeitsteilung, Entfremdung und Anarchie auftreten würden: „Wenn aber der Wechsel der Arbeit sich jetzt nur als überwältigendes Naturgesetz durchsetzt, das überall auf Hindernisse stößt, macht die große Industrie durch ihre Katastrophen selbst es zur Frage von Leben oder Tod, den Wechsel der Arbeiten und daher möglichste Vielseitigkeit der Arbeiter als allgemeines gesellschaftliches Produktionsgesetz anzuerkennen und seiner normalen Verwirklichung die Verhältnisse anzupassen [...] Ein aufgrund der großen Industrie naturwüchsig entwickeltes Moment dieses Umwälzungsprozesses sind polytechnische und agronomische Schulen, ein andres sind die ´écoles d´enseignement professionel´ (Berufsschulen), worin die Kinder der Arbeiter einigen Unterricht in der Technologie und praktischen Handhabe der verschiedenen Produktionsinstrumente erhalten. Wenn die Fabrikgesetzgebung als erste, dem Kapital notdürftig abgerungene Konzession nur Elementarunterricht mit fabrikmäßiger Arbeit verbindet, unterliegt es keinem Zweifel, daß die unvermeidliche Eroberung der politischen Gewalt durch die Arbeiterklasse auch dem technologischen Unterricht, theoretisch und praktisch, seinen Platz in den Arbeiterschulen erobern wird.“159 So kann auch im Rückblick zwar mit einigem Recht gesagt werden: „Historisch betrachtet ist die Schule und sind mit ihr die Schwierigkeiten, die sich in der Schule beim Lernen ergeben, Kinder der industriellen Revolution.“ (160) Dies ist sicherlich bezogen auf die Trennung zwischen Produktionsstätten und Wohnstätten beispielsweise unmittelbar einleuchtend. Die von Marx propagierten politischen Schritte allerdings erwiesen sich als nicht praktikabel. Der Konzeption der Arbeitsschule haftete diese Spannung an. Und auch der Polytechnische Unterricht, wie er in der DDR praktiziert wurde, verblieb in dieser Spannung: „Polytechnischer Unterricht .. versucht, die Lernprozesse wenigstens teilweise aus der Schule heraus in die Arbeitswelt zu verlagern. Er verbindet Arbeit mit Unterricht. Polytechnischer Unterricht ist mehr als bloße Berufsvorbereitung, die sich zum Beispiel in Betriebspraktika niederschlägt.“161 Doch bereits im Kleinen zeigten sich die Schwierigkeiten: „Es ist klar, daß die Einführung polytechnischer Erziehung hierzulande auf große Schwierigkeiten

158 zit. MEW, Bd.23, Kapitel I, S. 512 159 zit. MEW, Bd.23, Kapitel I, S. 509- 512 160 Speichert, Horst: Umgang mit Schule. Taktik der kleinen Schritte zur Humanisierung des Unterrichts.- Reinbek b. Hamburg 1978S. S. 122 161 ebd., S. 122f - 104 - stößt. Denn in einem Betrieb, der im Konkurrenzkampf mit anderen steht, stören Schüler, die lernend arbeiten oder arbeitend lernen wollen.“162 Speichert schwebten lokale Ausbildungs-Patenschaften zwischen Betrieben und Schulen vor, die im Sinne polytechnischer Bildung arbeiten sollten. Auch in der BRD und speziell in Bremen sollten nach den hochschulpolitischen Grundsätzen der SPD von 1974, die Thomas von der Vring mitformuliert hatte und als Leitlinie ansah, „Lehre und Forschung [...] der Entfaltung der Gesellschaft im Interesse des Volkes dienen“ und “angesichts der Ungleichheit der Lebenschancen [...] die Interessen der arbeitenden Massen .. fördern“163 Bildung im Zusammenhang von Gesundheit und Arbeit hatte so einen sozial- aufklärenden Auftrag, der „die Menschen zur Erkenntnis ihrer Lebensbedingungen und der gesellschaftlichen Verhältnisse, zur Verbesserung ihrer materiellen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen, in so9lidarischer Weise, auf der Grundlage von Gerechtigkeit und individueller Freiheit zur gemeinsamen Gestaltung ihres Lebens .. befähigen“164 Dieser Auftrag erstreckte sich auch auf die akademische Ausbildung: „Neben die Vermittlung fachlich- theoretischer und berufspraktischer Qualifikation muß gleichberechtigt die Vermittlung der kritischen Qualifikation eines dem gesellschaftlichen Fortschritt verpflichteten Demokraten treten. Die Ausbildung kritikloser, ihre gesellschaftliche Verantwortung ignorierender Spezialisten gefährdet den gesellschaftlichen Fortschritt. Die Ausbildung beruflich untauglicher, nur zum Protest fähiger Gesellschaftskritiker stabilisiert die bestehenden Verhältnisse, liefert konservativer Propaganda die erwünschten Buhmänner und schmälert die Möglichkeit des Volkes, seine Lebensverhältnisse zu verbessern.“ 165 Doch diese weiten gesellschaftskritischen Begleitungen fanden keinen Eingang in die Schulwirklichkeit. In den 1970er Jahren formierte sich, wie gesehen, die Arbeitslehre als Unterrichtsbereich, später Lernfeld besonders an der Universität Bremen. Als übergreifende Ziele in der Sek. I nach fachlichen Bereichen166 wurden hohe Erwartungen in diese Entwicklung gesteckt: Neben Eigensprache und Fremdsprache; Welt und Umwelt; Mathematik und Naturwissenschaften; Ästhetik und Kommunikation auch Sport, sowie Technik und Wirtschaft. In letzterem sollten die Schüler u.a. lernen, „dass technisch-konstruktives Denken, verbunden mit Fertigungsgeschick die fortschreitende industrielle Entwicklung ermöglicht und moderne Technik unsere Lebensbedingungen zugleich erweitert, beschränkt und bedroht“167. Aber: Von Gesundheit war kein Wort zu lesen!

162 zit. ebd., S. 123 163 zit. ebd., S. 20 164 zit. ebd., S. 20f. 165 zit. ebd. S. 21 166 Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst (Hrsg.): Lehrplan-Material. Grundzüge einer Lernplanung im Lande Bremen.- Bremen 1975 167 vgl. dazu: Birgit-Berndt, Elin u.a.: erziehung der erzieher: Das Bremer Reformmodell. Ein Lehrstück zur Bildungspolitik, Reinbek b. Hamburg 1972 - 105 - - 106 - Exkurs: Ein nachdenklicher Nachtrag Vor dem Ersten Weltkrieg schrieb Franz Kafka in der ihm eigenen Weise tiefsinnig-widersprüchliche Bemerkungen in sein Tagebuch: „Wenn ich es bedenke, so muß ich sagen, dass mir meine Erziehung in mancher Richtung sehr geschadet hat. Ich bin ja nicht irgendwo abseits, vielleicht in einer Ruine in den Bergen, erzogen worden, dagegen könnte ich ja kein Wort des Vorwurfs herausbringen. Auf die Gefahr hin, dass die ganze Reihe meiner vergangenen Lehrer dies nicht begreifen kann, gerne und am liebsten wäre ich jener kleine Ruinenbewohner gewesen, abgebrannt, von der Sonne, die da zwischen den Trümmern von allen Seiten auf den lauen Efeu mir geschienen hätte, wenn ich auch im Anfang schwach gewesen wäre unter dem Druck meiner guten Eigenschaften, die mit der Macht des Unkrauts in mir emporgewachsen wären. Wenn ich es bedenke, so muß ich sagen, dass mir meine Erziehung in mancher Richtung sehr geschadet hat. Dieser Vorwurf trifft eine Menge Leute, nämlich meine Eltern, einige Verwandte, einzelne Besucher unseres Hauses, verschiedene Schriftsteller, eine ganz bestimmte Köchin, die mich ein Jahr lang zur Schule führte, einen Haufen Lehrer (die ich in meiner Erinnerung eng zusammendrücken muß, sonst entfällt mir hie und da einer, da ich sie aber so zusammengedrängt habe, bröckelt wieder das Ganze stellenweise ab), einen Schulinspektor, langsam gehende Passanten, kurz, dieser Vorwurf windet sich wie ein Dolch durch die Gesellschaft und keiner, ich wiederhole, leider keiner ist dessen sicher, dass die Dolchspitze nicht einmal plötzlich vorn, hinten oder seitwärts erscheint. Auf diesen Vorwurf will ich keine Widerrede hören, da ich schon zu viele gehört habe und da ich in den meisten Widerreden auch widerlegt worden bin, beziehe ich diese Widerreden mit ein in meinen Vorwurf und erkläre nun, meine Erziehung und diese Widerlegung haben mir in mancherlei Richtung sehr geschadet. Oft überlege ich es, und immer muß ich dann sagen, dass mir meine Erziehung in manchem sehr geschadet hat. Dieser Vorwurf geht gegen eine Menge Leute, allerdings sie steht hier beisammen, wissen wie auf alten Gruppenbildern nichts miteinander anzufangen, die Augen niederzuschlagen fällt ihnen gerade nicht ein und zu lächeln wagen sie vor Erwartung nicht. Es sind da meine Eltern, einige Verwandte, einige Lehrer, eine ganz bestimmte Köchin, einige Mädchen aus Tanzstunden, einige Besucher unseres Hauses aus früherer Zeit, einige Schriftsteller, ein Schwimmeister, ein Billeteur, ein Schulinspektor, dann einige, denen ich nur einmal auf der Gasse begegnet bin, und andere, an die ich mich gerade nicht erinnern kann, und solche, an die ich mich niemals mehr erinnern werde, und solche endlich, deren Unterricht ich, irgendwie damals abgelenkt, überhaupt nicht bemerkt habe, kurz, es sind so viele, dass man Acht geben muß, einen nicht zweimal zu nennen. Und ihnen allen gegenüber spreche ich meinen Vorwurf aus, mache sie auf diese Weise miteinander bekannt, dulde aber keine Widerrede. Denn ich habe wahrhaftig schon genug Widerreden ertragen, und da ich in den meisten widerlegt worden - 107 - bin, kann ich nicht anders, als auch diese Widerlegung in meinen Vorwurf mit einzubeziehen und zu sagen, dass mir außer meiner Erziehung auch diese Widerlegungen in manchem sehr geschadet haben. Erwartet man vielleicht, dass ich irgendwo abseits erzogen worden bin? Nein, mitten in der Stadt bin ich erzogen worden, mitten in der Stadt. Nicht zum Beispiel in einer Ruine in den Bergen oder am See. Meine Eltern und ihr Gefolge waren bis jetzt von meinem Vorwurf bedeckt und grau, nun schieben sie ihn leicht beiseite und lächeln, weil ich meine Hände von ihnen weg an meine Stirn gezogen habe und denke: Ich hätte der kleine Ruinenbewohner sein sollen, horchend ins Geschrei der Dohlen, von ihren Schatten überflogen, auskühlend unter dem Mond, wenn ich auch am Anfang ein wenig schwach gewesen wäre unter dem Druck meiner guten Eigenschaften, die mit der Macht des Unkrauts in mir hätten wachsen müssen, abgebrannt von der Sonne, die zwischen den Trümmern hindurch auf mein Efeulager von allen Seiten mir geschienen hätte.“168 Kafka stellt Kernfragen der Sozialisation. Er thematisierte die Spannung zwischen Kollektivierung und Individualisierung und sucht nach Verbindungen. In der Auseinandersetzung mit der Sozialdisziplinierung, die trifft (belastet, schadet), ist ein Nachhall der aufklärerischen Selbst- und Naturdeutung, vor allem von Rousseau aus, zu hören: Das Gute, das zur Vorhaltung, zum Vorwurf wird. Die Bedrohungen sind selbstgemacht, gehen vor allem von der Zivilisierung, Vermassung, Zukunft, also von der Urbanisierung aus (von der Stadt, eben nicht von der Ruine). Der gesellschaftliche Bezug der Erziehung ist nicht selbstverständlich gut. Er muss konsequent hinterfragt und radikal in Frage gestellt werden.

168 Kafka, Franz: Tagebücher 1910-1923.- Frankfurt/M.: Fischer, 1976, S.13f

- 108 - 3. Arbeitserziehung und Schule in der Entwicklung

Die Arbeitsorientierung verhilft der Gesundheitsförderung aus einem zentralen Dilemma: Sie ermöglicht eine positive, gesellschaftlich begründete Zielsetzung, die nicht von den Lebensbedingungen abhebt und in der praktischen Wirklichkeit sinnvolle Entwicklung anstrebt. Entwicklung als Qualifizierung, diesen Kern der modernen Arbeitsgesellschaft setzt die Konzeption der „gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung“ in den Mittelpunkt. Es geht also nicht um die Herstellung, Bewahrung oder Förderung einer „Gesundheit“, von der niemand so genau sagen kann, wie sie praktisch aussieht und wie sie praktisch erreicht werden kann. Es geht vielmehr um einen produktiven Prozeß, in dem gesellschaftliche Wirklichkeit hergestellt, erhalten und gestaltet wird. Gesellschaftliche Bedingungen und Verhältnisse werden somit zu den zugänglichen Aufgabenstellungen der Gesundheitsförderung. Damit aber stehen wir gleich vor einem neuen Dilemma: Die gesellschaftlichen Bedingungen und Verhältnisse sind nicht nur schwierig, sondern widersprüchlich. Der Bezug auf die Produktion gesellschaftlicher Wirklichkeit schleppt diese Widersprüche mit sich. Sie sind in dem doppelten Begriff von Arbeit als nützlicher Tätigkeit und gesellschaftlicher Form enthalten. Die Widersprüchlichkeit der „Arbeit“ und damit auch der „Arbeitsorientierung“ machen daher auch die Gesundheitsförderung nicht einfacher. Mit der eingeschlagenen Konzeption der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung soll allerdings eine wechselseitige Stützung von Gesundheitsförderung und Arbeitsorientierung versucht werden. Wie Gesundheitsförderung nicht auf ein festes Ziel hin, sondern auf einen Prozeß der Auseinandersetzung und Bewältigung verstanden wird, soll Arbeitsorientierung die Auseinandersetzung mit der jeweils historischen und kulturellen Form gesellschaftlicher Arbeit einschließen. In den Merkmalen der Auseinandersetzung und Bewältigung können Gesundheitsförderung und Arbeitsorientierung aufeinander bezogen werden. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, auf der Basis traditioneller Konzepte und historischer Erfahrungen sowie der neueren Diskussionen im Zusammenhang der Arbeitslehre näher zu bestimmen, was Fähigkeit zur Auseinandersetzung und Bewältigung in der Arbeitsorientierung meint. Die historische Erfahrung kreist um den Begriff der Arbeitserziehung.169 Die Arbeitserziehung markiert historisch den Vorgang gesellschaftlicher Inklusion der Unterschichten durch Einbeziehung in die strukturierende Erwerbsarbeit. Hierbei baut Arbeitserziehung grundsätzlich auf Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit auf. Durch Lernfähigkeit, Abhärtung und Ausbildung wird

169 Der Begriff Arbeitserziehung wird in diesem Zusammenhang als ein für den gegenwärtigen Vollzug in der Institution Schule insgesamt konstituierender Auftrag gesehen. Die aktuelleren Diskussionen innerhalb der einzelfachlichen Diskurse der Unterrichtsdisziplinen behandeln diesen zentralen Zusammenhang m.E. wie einen blinden Fleck - mit dem Ergebnis der Ausblendung einer notwendig anstehenden Aufarbeitung des gesellschaftlichen Auftrages der Schule (Mitgestaltung gesellschaftlich - kultureller Teilhabe). - 109 - der Zugang zur bürgerlichen Souveränität geöffnet. Die Entwicklung der Arbeitsfähigkeit ermöglicht dann die Teilnahme an der Wohlfahrtsproduktion. Arbeitserziehung korrespondierte, wie vor allem am Beispiel der Kinderarbeit gesehen, mit elementarem Arbeits- und Gesundheitsschutz, ging aber in einem Punkt wesentlich darüber hinaus. Angenommen wurde immer eine erzieherische Funktion der Arbeit selbst, also nicht einfach nur eine Erziehung zur Arbeit. Arbeit war damit nicht, wie im Arbeitsschutz naheliegend, im wesentlichen Mühsal und Last, die zu verringern oder abzuwehren war. Vielmehr schloß Arbeitserziehung eine begriffliche Festlegung von „Arbeit“ ein, die auf Produktion von Gütern und Wohlfahrt und zugleich auf entsprechend sinnvolle Lernprozesse hinauslief. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit unterlag allerdings historisch immer der spezifischen kulturellen Form, die Arbeit angenommen hatte und die durch Arbeit hergestellt, gefestigt und verändert wird. Insofern konnte „Arbeitserziehung“ immer Verschiedenes bedeuten, je nach dem wie die herrschende kulturelle Form der Arbeit angesehen wurde: Arbeitserziehung konnte, um die Extreme aufzuzeigen, die Einübung in die herrschende Form bedeuten oder sie konnte auf die Fähigkeit zur Veränderung der herrschenden Form abzielen. Ersteres dringt immer mehr in den Vordergrund, je weniger die herrschende Form reflektiert wird. Letzteres wird mit dem Blick auf eine zu gewinnende Zukunft wichtig, deren Begründung allerdings kritisch ist. Für gesundheitliche wie für produktive Zusammenhänge kann mit Nitzsche gesagt werden: „Ich will nicht wissen, welchem Joch du entlaufen bist, sondern wozu du frei wurdest“170. Hierauf antwortete in der Konsequenz die marxistische Theorie, dass es sich um die Befreiung von zwangsweiser, notwendiger Arbeit handelt, wodurch zugleich und zwangsläufig der Lebensprozeß der Arbeiter erweitert, bereichert und befördert werden soll, wie das „Kommunistische Manifest“171 proklamierte. Die große sozialreformerische Hoffnung bezog sich dagegen auf eine konkrete nützliche Arbeit, die das „Wissen um die Selbstentfremdung“ und auch „den Weg, ihr zu entkommen“172 öffnet. Entscheidend blieb auch hier die Frage, ob Arbeitserziehung den emanzipatorischen Sinn verliert, wenn sie sich lediglich mit den Bedingungen und Wirkungen der herrschenden Verhältnisse auseinandersetzt, bzw. ob Arbeitserziehung in eine „Revolutionsfalle“ gerät, wenn sie das Ziel des Kommunismus173 verfolgt.

170 zit. Böhnisch, Lothar; Schröer, Wolfgang: Pädagogik und Arbeitsgesellschaft. Historische Grundlagen und theoretische Ansätze für eine sozialpolitisch reflexive Pädagogik. Weinheim und München, 2001, S.21 171 Engels, Friedrich; Marx, Karl: Manifest der Kommunistischen Partei. London, 1848 172 Koselleck, Reinhart: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart, 1972, S.35; zit. ebd., S. 35 173 Dieses beschrieb Engels Mitte der 1840er Jahre in dem Katechismus „Grundsätze des Kommunismus“ als eine „allgemeine Assoziation aller Gesellschaftsmitglieder zur gemeinsamen und planmäßigen Ausbeutung der Produktionskräfte, die Ausdehnung der Produktion in einem Grade, daß sie die Bedürfnisse aller befriedigen wird, das Aufhören des Zustandes, in dem die Bedürfnisse der einen auf Kosten der anderen befriedigt werden, die gänzliche Vernichtung der Klassen und ihrer Gegensätze, die allseitige Entwickelung der Fähigkeiten aller Gesellschaftsmitglieder durch die Beseitigung der bisherigen Teilung der Arbeit, durch die Teilnahme aller an den durch alle erzeugten Genüssen, durch die Verschmelzung von Stadt und Land“. Dieser gesellschaftliche - 110 - Dieser widersprüchliche Begriff der Arbeit ist, wie gesehen, nicht selbstverständlich, hat jedoch eine lange Tradition.174 Im Germanischen kann das Wort „Arbeit“ auf „orbho“ (Knecht) und „idh“ (Tat, Werk) zurückgeführt werden, was vor allem als zusammengeführter Begriff (demnach wäre Arbeit die Tätigkeit der Knechte) zu verstehen ist. Auch der Begriff „arm“ hat gleiche Wurzeln (orbhomo) und charakterisiert die Knechte. Andere Herleitungen verweisen auf das germanische Verb „arbejo“, das die körperliche Aufgabe eines Kindes bezeichnet und eher die schwierigen, belastenden, aber eben auch erzieherischen Aspekte der Tätigkeit erfaßte. In der griechischen Sprache wurde hingegen das Werk der Besitzenden als „ergon“ (und die Arbeit der Sklaven als „praxis“) bezeichnet. Aus diesem Stamm sind dann die Begriffe „ergazomai“ (ich wirke) und „gnorizo“ (ich erkenne, ich weiß) im Neugriechischen abgeleitet. In dieser und dann vor allem der christlichen Ausdeutung, hatte „Arbeit“ also zwei Gesichter, konnte sowohl Fluch als auch Segen, Armut oder Erkenntnis bedeuten. Die christliche Deutung hatte zudem jene Trennung und Wertung übernommen, die aus der Schule des Sokrates stammte: die geistige Arbeit begründet einen hochwertigen humanen Lebensbereich, der einen naturrechtlichen Vorzug vor bloßer körperlicher Arbeit genoß. Auch das Mittelalter kannte so eine gottgewollte, natürlich gegebene Überlegenheit der geistigen Arbeit (vita contemplativa) über die körperliche Arbeit (vita activa) und begründete damit die ständische Hierarchie der Gesellschaft. Mit Martin Luther wurde diese theologische Begründung in Frage gestellt. Ihm ging es nicht um formale Hierarchien, sondern um gottgefälliges Tun, das in jedem Beruf gleichermaßen möglich wäre und sich in einer entsprechenden „Arbeitshaltung“ auszeichnete. Vor allem im Calvinismus kam nun die Prädestination hinzu, also der Beleg gottgefälligen Tuns in diesseitiger Aktivität und vorzeigbarem Erfolg. Arbeit erhielt damit einen eigenständigen Wert, unabhängig von theologischer Aufwertung.175 Der dieseitige Erfolg ging vor allem ein in den neuen Begriff „Industrie“, der über den individuellen Fleiß hinaus nun die Betriebsamkeit einer Gesellschaft einschloß. Arbeit wurde die „Quelle des Reichtums“, sowohl des einzelnen Bürgers (John Locke), als auch der Nation (Adam Smith). Arbeit markierte auch den schwerwiegenden Vorwurf gegen den unproduktiven, „blutsaugenden“ Adel. Noch die Physiokraten hielten die landwirtschaftliche Arbeit für allein wertschöpfend. Doch in der Kritik begriff vor allem Adam Smith die Arbeit als solche, unabhängig von der Art der Arbeit in Handel, Manufaktur, Landwirtschaft oder wo auch immer. Es kommt lediglich auf den Zusatz menschlicher Arbeitskraft an, mit dem ein Produkt einen zusätzlichen Wert erhält. Diese Abstraktion, der Begriff der „Arbeit überhaupt“, ist also erst ein

Zustand war demnach aber nur durch die politisch herbeigeführte Abschaffung des Privateigentums, eben revolutionär, möglich. 174 Vgl. die zusammengetragenen Bemerkungen bei O. Neuberger: Arbeit.- Stuttgart: Enke, 1985 175 Conze, Werner: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hrsg. v. Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck. Stuttgart,1972, S. 179 - 111 - historisches Ergebnis der nationalen Wirtschaften, die so ihren Austausch organisierten und ihrerseits darin den gesellschaftlichen Reichtum erkennen konnte. Daher wird auch zu Recht von der „Arbeitsgesellschaft“ gesprochen. Allerdings ging mit diesem allgemeinen Begriff die historische Erfahrung der widersprüchlichen Arbeit verloren. Arbeit schien nun entseelt und durch einfache Zeiteinheiten zu fassen. Verdrängt wurde mit diesem allgemeinen Begriff, das just diese Form der Arbeit neue gesellschaftliche Verhältnisse etablierte. Diese gesellschaftlichen Verhältnisse gruppierten sich um den Gewinn, den Arbeit erzielte. Das goldene Kalb des Profits ist gut in der Logik des Utilitarismus zu erkennen. Bereits Adam Smith erwartete nichts „vom Wohlwollen des Fleischers, Bauers oder Bäckers“, sondern „von ihrer Bedachtnahme auf ihr eigenes Interesse. Wir wenden uns nicht an ihre Humanität, sondern an ihre Eigenliebe und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern von ihren Vorteilen.“ Jeder Bürger strebt demnach in der Regel nicht danach, „das allgemeine Wohl zu fördern und weiß auch nicht, um wieviel er es fördert. Indem er die [...] Erwerbstätigkeit [...] so leitet, daß ihr Produkt den größten Wert erhält, verfolgt er lediglich seinen eigenen Gewinn und wird in diesem wie in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, einen Zweck zu fördern, den er in keiner Weise beabsichtigt hatte. Auch ist es nicht eben ein Unglück für die Gesellschaft, daß dies nicht der Fall war. Verfolgt er nur sein eigenes Interesse, so fördert er das der Gesellschaft weit wirksamer, als wenn er dieses wirklich zu fördern beabsichtigt. Ich habe niemals gesehen, daß diejenigen viel Gutes bewirkt hätten, die sich den Anschein gaben, um des Gemeinwohls willen Handel zu treiben.“176 Aus der Eigenliebe, der Selbstsucht, der Bedachtnahme auf eigene Interessen, also aus dem individuellen Gewinn, sollte die Wohlfahrt der Gesellschaft folgen. Der Profit formt die gesellschaftlichen Verhältnisse. Damit wurde der allgemeine Begriff der Arbeit zugleich entstellt und der Zwecksetzung der Kapitalverwertung unterworfen. Weiterhin bedeutete dies praktisch, dass auch der erzieherische Wert der Arbeit nach dieser Zwecksetzung gemessen werden konnte. Sogar umgekehrt, der allgemeine Wert der Arbeit konnte darin erkannt werden, dass sie lediglich in dieser Zwecksetzung akzeptiert wurde. Bildung und Erziehung wurden als rigoroses Mittel der Disziplinierung und Bedrohung eingesetzt. So erklärte der englische Nationalökonom David Ricardo es als „nicht zu bezweifelnde Wahrheit, daß die Annehmlichkeiten und das Wohlergehen der Armen nicht auf Dauer sicher gestellt werden können, ohne ihre eigene Einsicht oder ohne ein Bemühen der Gesetzgebung, ihr zahlenmäßiges Wachstum zu regulieren und die Zahl früher und unüberlegter Heiraten zu beschränken. Die Wirkung der Armengesetzgebung war dem direkt entgegengesetzt. Sie hat Zurückhaltung überflüssig gemacht und die Unüberlegtheit herausgefordert, indem man ihr

176 Smith, Adam: (1973) S. 235; In: Buhr, Manfred; Georg, Klaus (Hrsg.): a.a.O., 1985, S.34f - 112 - einen Teil des Lohnes, der durch Fleiß und Vorsicht erarbeitet wurde, anbot.“ 177 178 Insofern richtete sich Arbeitserziehung gleicherweise gegen „Armut“ und „Pöbel“,179 soweit damit die materielle und soziale Unfähigkeit gemeint war, sich in die kapitalistischen Produktionsverhältnisse einzufinden. „Arbeitserziehung“ meint in dieser Bestimmung die Waage zu finden zwischen äußerem Zwang (von Hunger bis Polizei) und Einsicht in die herrschenden Verhältnisse. Karl Marx kritisierte grundlegend diese Verhältnisse und analysierte den doppelten Charakter der Produktion als Produktion von Gebrauchswert und von Tauschwert. Er argumentierte, dass in beiden Dimensionen die gesellschaftlichen Verhältnisse hergestellt würden. So warf er bereits Proudhon vor, „hauptsächlich aus Mangel an historischen Kenntnissen“ nicht bemerkt zu haben, „daß die Menschen, indem sie ihre Produktivkräfte entwickeln, d.h., indem sie leben, bestimmte Verhältnisse zueinander entwickeln, und daß die Art dieser Verhältnisse sich mit der Wandlung und dem Wachstum dieser Produktivkräfte notwendig verändert.“180 Wesen und Schein der kapitalistischen Gesellschaft ergeben sich demnach aus dem Doppelcharakter der Ware, auch der menschlichen Arbeitskraft, als Gebrauchs- und Tauschwert. In dieser Doppelung liegt der „Fetischcharakter“ der Ware, der es im Grunde auch verunmöglicht, sich einfach mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinander zu setzen, insbesondere einfach von der menschlichen Arbeitskraft aus die gesellschaftliche Wirklichkeit zu erkennen. Nur wenn der Arbeiter diese seine doppelte Funktion als Produzent von Gütern und Reproduzent gesellschaftlicher Machtverhältnisse erkennt, kann er von der Arbeit aus argumentieren. Der produktive Arbeiter ist prinzipiell hierzu in der Lage, und zwar aus eigenem Interesse. Dies war das Credo des historischen Materialismus: die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft als Selbstbewußtwerdung des Proletariats. Doch auch dies geht demnach nur im revolutionären Prozess selbst, denn erst nach vollzogener materiellen Umwälzung vollzieht sich nach dieser Ansicht auch die wirkliche Herausbildung des Bewußtseins: „Die Gestalt des gesellschaftlichen Lebensprozesses, d.h. des materiellen Produktionsprozesses, streift nur ihren mystischen Nebelschleier ab, sobald sie als Produkt frei vergesellschafteter Menschen unter deren bewußter planmäßiger Kontrolle steht.“181 So stimmig dieser Ansatz daher kam und so eindrucksvoll er durch den Emanzipationsprozess der unteren Schichten bestätigt wurde, so sehr erwies

177 Buhr, M.: a.a.O., S.49 178 Es ist erstaunlich, wie aktuell diese Aussage in den Zeiten der Hartz-IV-Diskussionen anmutet. In wiederkehrenden Konjunkturen wurden diese Vorhaltungen, die im Grunde die disziplinierte Unterwerfung unter den kapitalistischen Produktionszweck zur Voraussetzung gesellschaftlicher Inklusion macht, immer dann vorgebracht, wenn die Sogkraft des Wachstums nachläßt. 179 „Pöbel“, aus dem französischen „pobe“ (lateinisch populus), meint seit dem Mittelhochdeutschen das Volk unterhalb der ständischen Ordnung, also „außerhalb der Ehre der Arbeit“ (W. H. Riehl). 180 Marx, K.: In: MEW, Bd.4, Berlin, 1972, S. 552 181 Marx, K.: In: MEW, Bd. 23, 1972, S.94 - 113 - sich die Konzeption auch als „Revolutionsfalle“182 (R. Sieferle 1977). Die Falle zeigte sich zugespitzt in der Frage des Verhältnisses von Arbeit und Bildung. Anders als für die klassische Nationalökonomie, in der Arbeitserziehung als Disziplinierung und Inklusion der tätigen Menschen unter herrschende Verhältnisse gefasst werden konnte, stabilisierte für Marx eine solche Bildung letztlich nur den verschleierten Herrschaftszusammenhang. Er sah Lösungen nur in anderen Produktionsverhältnissen, denn nur „wo die Arbeit gemeinschaftlich ist, stellen sich die Verhältnisse der Menschen in ihrer gesellschaftlichen Produktion nicht als ‚values‘ of t’hings‘ dar.“183 Für Marx stand außer Frage, dass die Bildung innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse den herrschenden Zwecken untergeordnet blieb. Die Elementarschulen und auch die von ihm beobachteten polytechnischen und agronomischen Schulen standen dann im Widerspruch zu diesen Zwecken, wenn sie sich nicht der kapitalistischen Teilung der Arbeit und deren Unterwerfung unter den Profit verschrieben. Unterricht wäre demnach für den Kapitalisten nur sinnvoll, wenn er die Unterordnung unter die Fabrikordnung oder die Disponibilität der Lohnarbeiter (hierzu gehört auch die Ausbildung zum „herrschenden Durchschnittsmaß von Geschick, Fertigkeit und Raschheit“) erhöhte. Unterricht wäre nach der Marxschen Lehre nur sinnvoll, wenn er den Einfluß der herrschenden Klasse beenden, den revolutionären Prozess und damit die Bewußtwerdung des Proletariats unterstützen würde.184 Zunächst sind zwei Aspekte in diesen Argumentationen erkennbar, die aus der Revolutionsfalle heraus führen und zu einer positiven Bestimmung von Arbeit und Bildung in widersprüchlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, gesetzt, die gesellschaftlichen Verhältnisse werden als widersprüchlich gesehen, führen können: a) die Entwicklung menschlicher Arbeit als Produktivkraft und b) der Arbeiterschutz. a) qualifizierte menschliche Arbeit als Produktivkraft: Auf historisch konkreten Stufen geraten nach der Marxschen Auffassung „die materielle Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen“. Marx verwies auf die „materiellen“ Kräfte, damit sie von den ideologischen (juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen, philosophischen) Formen, „worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten“, zu unterscheiden sind. Zu den materiellen Produktivkräften jedoch gehört auch die menschliche

182 vgl. dazu: Sieferle, Rolf Peter: Die Revolution in der Theorie von Karl Marx. Berlin: Ullstein 1979 183 Marx, K.: In: MEW, Bd. 23, 3, S. 128 184 So schrieben Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“: „Aber, sagt ihr, wir heben die trautesten Verhältnisse auf, indem wir an die Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen. Und ist nicht eure Erziehung durch Gesellschaft bestimmt? Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, innerhalb deren ihr erzieht, durch die direktere oder indirektere Einmischung der Gesellschaft vermittelst der Schule usw.? Die Kommunisten erfinden nicht die Einwirkung der Gesellschaft auf die Erziehung; sie verändern nur ihren Charakter, sie entreißen die Erziehung dem Einfluß einer herrschenden Klasse.“ - 114 - Arbeitskraft.185 In der konkreten nützlichen Tätigkeit entwickelt der Mensch als Fähigkeiten zur Bewältigung konkreter Probleme, wobei sich die Bewältigung auch als Auseinandersetzung mit der Form der Probleme und der gesellschaftlichen Implikationen der Bewältigung darstellt. Daher ist die Ausbildung der Produktivkräfte in sich widersprüchlich, wie die menschliche Arbeitskraft als Ware widersprüchlich ist. Zum einen hat menschliche Arbeitskraft einen Gebrauchswert in der konkreten nützlichen Tätigkeit, zum anderen einen Tauschwert als abstrakte, auf den marktförmigen Durchschnittsgrad bezogene Arbeit. In den konkreten historischen Verhältnissen sind diese beiden Seiten nicht zu trennen.186 So enthält die konkrete nützliche Tätigkeit zugleich die Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion. Die Qualifizierungsprozesse der menschlichen Produktivkraft schließen die Teilhabe am gesellschaftlichen Prozess der Produktion ein. Es geht also nicht nur um die Erziehung zur gesellschaftlichen Durchschnittskraft, sondern auch um die Teilhabe an dem Fortschritt des gesellschaftlichen Charakters der Produktivkräfte, in all seiner Widersprüchlichkeit. Diese Qualifizierung führt nicht an sich zu einem produktiven oder gar revolutionärem Bewußtsein, sie ist andererseits aber auch nicht nur eine Ausbildung instrumenteller Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt. Diese kleine Spannung in der Qualifizierung menschlicher Arbeitskraft ermöglicht eine sinnvolle Erziehung, die weder durch eine Unterordnung unter kapitalistische Zwecke noch durch eine Unterordnung unter revolutionäre Umwälzung gekennzeichnet ist. b) gesellschaftlich sinnvoller Arbeiterschutz: Die produktive Arbeit, wie sie mit der Industrialisierung vergesellschaftet wurde, zeigte deutliche Unterschiede zur eher handwerklichen Form der einfachen Arbeit. Mit der anwachsenden Maschinisierung wuchsen Abhängigkeit, Entfremdung und Rücksichtslosigkeit. Wichtiger noch als religiöse, humane oder sittliche Beschränkungen der kapitalistischen Gier, waren rationale, ökonomische Einsichten: Lebendige Arbeitskraft ermüdet - diese Erkenntnis im Verlauf des 19. Jahrhunderts begründete die Arbeitswissenschaft. Deren Ergebnisse, in Deutschland vor allem angeregt durch Helmholtz, begründeten einen gesamtgesellschaftlich sinnvollen Schutz gegen zu starke Ermüdung und frühzeitigen Verschleiß. In diesem elementaren Schutz steht nicht nur das individuelle Interesse des Einzelkapitalisten gegen das Interesse des ideellen Gesamtkapitalisten, es gibt vielmehr eine kleine Schnittmenge, in der sich Interessen von Lohnarbeit (revolutionärem Proletariat) und Kapital (herrschende Profiteure) treffen. Daher sind auch Bildungsaufgaben, die auf

185 „Die Produktivkraft der Arbeit ist durch mannigfache Umstände bestimmt, unter anderen durch den Durchschnittsgrad des Geschickes der Arbeiter, die Entwicklungsstufe der Wissenschaft und ihrer technologischen Anwendbarkeit, die gesellschaftliche Kombination des Produktionsprozesses, den Umfang und die Wirkungsfähigkeit der Produktionsmittel und durch die Naturverhältnisse.“ (MEW Bd.32, S.44) 186 Weshalb es auch nicht einfach möglich ist, die nützliche Arbeit auszudehnen oder die dem Kapitalisten getauschte Arbeit zu verkürzen. - 115 - diesen Schutz zielen, weder durch kapitalistische Zwecksetzung, noch durch revolutionäre Umwälzung bestimmt. Diese beiden Schnittmengen bildeten den Focus der späteren Auseinandersetzungen über pädagogische Ziele, soweit gesellschaftliche Bezüge gefragt sind. Die gesellschaftlichen Bezüge fallen in ein weiteres Gebiet, das ursprünglich sowohl die Gesundheits- wie die Arbeitswissenschaft einschloss, das der Sozialpolitik. Die Konzeptionen der Sozialpolitik sammeln alle die aufgezeigten Spannungen und Widersprüche. In zwei der herausragenden und in unserem Zusammenhang wichtigen Konzeptionen finden sich die angedeuteten Auswege aus dem politischen Dilemma. Zum einen taucht die Betonung der produktiven Arbeit zugespitzt auf in der Position, die bereits Werner Sombart formulierte: Neben analytischen Aspekten der Sozialpolitik postulierte er ein immanentes Ideal, die Produktivität, und stellte sie in das Zentrum der gesellschaftlichen Entwicklung und pädagogischer Aufgaben: „Eine gesunde Sozialpolitik muss sich die tunliche Unterstützung der den wirtschaftlichen Fortschritt repräsentierenden Klasse zur Aufgabe machen, weil nur dadurch ihr Ideal: die höchste Entfaltung der produktiven Kräfte verwirklicht werden kann, dessen Verwirklichung aber im Interesse des Kulturfortschritts notwendig erheischt wird.187“ Sombart postulierte, dass durch produktive Arbeit Kulturfortschritte zu erreichen sind, und dass daher eine Ausbildung solcher Fähigkeiten nötig ist, die in diesem Sinne produktiv und fortschrittlich wirken. Zum anderen argumentiert auch die Position von Eduard Heimann mit einer voran schreitende Reform der Verhältnisse, will dies aber weitergehend durch eine Beschränkung kapitalistischer Eigenlogik und Ausbau solidarischer Logik: „Die soziale Idee entspringt auf dem wirtschaftlich sozialen Boden des Kapitalismus, sie nimmt in der sozialen Bewegung Gestalt an und setzt sich mit wirtschaftlich-sozialen Mitteln im Kapitalismus und gegen den Kapitalismus durch. [...] Sozialpolitik sichert die kapitalistische Produktionsgrundlage vor den von der sozialen Bewegung drohenden Gefahren, indem sie der sozialen Forderung nachgibt; sie baut den Kapitalismus stückweise ab und rettet dadurch seinen jeweils verbleibenden Rest; sie erreicht immer dann und nur dann einen Erfolg, wenn die Erfüllung einer sozialen Teilforderung zur produktionspolitischen Notwendigkeit wird. Dies ist ihr konservativ-revolutionäres Doppelwesen.“ 188 Soziale Bemühungen wenden sich gegen auswüchsige Tendenzen des Kapitalismus und begründen im Wesentlichen Schutzmaßnahmen. Durch diese Verbindung mit Konzepten der Sozialpolitik erhalten die pädagogischen Aufgaben eine wissenschaftliche Grundlage, die den Spannungen und Widersprüchen von „Gesundheit“ und „Arbeit“ Rechnung trägt. Theoretisch ist dies nicht so einfach. Denn die Produktivität kann in verschiedener Verschränkung mit Entwicklung und Charakter der Arbeit auftreten, die wiederum sehr unterschiedlich mit dem gesellschaftlichen (nicht nur technischen) Wandel verbunden ist Dies kann gut am Problem der geistigen und körperlichen Arbeit verdeutlicht werden, ein Problem, das zwischenzeitlich fast vergessen erschien, nunmehr jedoch, zusammen mit den neuen Technologien und der virtuellen Realität, neue Brisanz bekommt.

187 zit. Kaufmann: a.a.O., 1999, S.42 188 Heimann, Eduard: Soziale Theorie des Kapitalismus — Theorie der Sozialpolitik, Frankfurt a.M., 1980, S. 171f. zit. nach: Kaufmann: a.a.O., S. 46 - 116 - Alfred Sohn-Rethel hat seinerzeit richtig darauf hingewiesen, dass geistige Arbeit nicht einfach aus der körperlichen entsteht.189 Für die heutige Pädagogik aber muss dass Verhältnis zugespitzt neu behandelt werden: woher stammt die Klarheit der Zielsetzung, die in geistiger Arbeit gesetzt wird? Ist es für die Pädagogik unerfindlich und uninteressant zugleich, woher sie stammt und wie sie bestimmt wird? Sohn-Rethel wies nach, dass die Denkformen, auf denen auch die Pädagogik beruht, ihren Ursprung in der Warenform haben, also in den Beziehungen einer Gesellschaft entstehen, die sich zu ihren Produkten als Waren verhält (Bergfleth 1979, S. 2). Kategorien der Pädagogik sind gesellschaftlich vorgeformt und entstehen nicht in einer idealistischen Welt a priori. Als Realabstraktionen basieren sie vielmehr auf dem Verhältnis der warentauschenden Personen und reproduzieren das „Verhältnis wechselseitiger Fremdheit“ (Marx). „Sohn-Rethel kann vor allem zeigen, wie die theoretische Arbeit, entgegen ihrem Selbstverständnis, in der gesellschaftlichen Praxis verwurzelt ist.“ (ebd., S. 3) Die Blindheit gegenüber der Gesellschaft, die sich als Stärke einer in sich ruhenden Wissenschaft gibt, erweist sich erkenntnistheoretisch als Lernschwierigkeit. Sicherlich muss daher im Sinne Sohn-Rethels eine selbstreflexive Anforderung an die Pädagogik gestellt werden, Gerade eine unreflektierte Pädagogik scheint in der Selbstverständlichkeit herrschender Praxis gut begründet, dies aber nur um den Preis der eigenen Blindheit. Der Rekurs auf Gesundheit hilft auch hier, weil damit „höchste Güter“ und Zielsetzungen, gleichzeitig praktische Disziplinierung und internalisierte Herrschaft angesprochen werden. Damit bietet dieser Rekurs die Chance, vergesellschaftete Arbeit und vergesellschaftetes Denken wieder zusammen zu bringen.

189 Sohn-Rethel, Alfred: Geistige und körperliche Arbeit. Zur Theorie der gesellschaftlichen Synthesis. Frankfurt a.M., 1970- 1972 - 117 - 3.1. Traditionen der Arbeitserziehung

Die Tradition der Arbeitserziehung ist eingebettet in die den widersprüchlichen Charakter produktiver Arbeit als Austausch mit der Natur und gesellschaftliche Existenzsicherung. In ihrer jeweils historisch konkreten Form wird sie durch den Bezug auf produktive Arbeit bestimmt, der instrumentell, moderat oder kritisch sein kann. Arbeitserziehung schließt zugleich subjektive Qualifikation für nützliche, konkrete Arbeit ein, aber auch kollektive Auseinandersetzung mit den verallgemeinerbaren Bedingungen der Arbeit. Durch den Charakter der produktiven Arbeit ist zugleich eine allgemeine Bezugnahme auf gesellschaftliche Zustände, also auch deren Stabilisierung, Reform oder Umwälzung gegeben. Konsequent enthält die Arbeitserziehung also immer einen sozialpolitischen Kern, wenn dieser auch selten so konzipiert wurde. 3.1.1 Frühe Konzeptionen und Pestalozzis gesellschaftliche Arbeitsamkeit Die frühen Zeugnisse der Pädagogik enthalten zwar eine gewisse Rücksichtnahme auf die begrenzten Belastungsfähigkeiten der Schulkinder, die positive pädagogische Konzeption setzte jedoch auf die disziplinierende Ausbildung innerer Fähigkeiten, nicht auf die Auseinandersetzung mit „Realien“. So besagte die Braunschweiger Schulordnung von 1528: „Man soll die Kinder und Jungen nicht mit dem beschweren, was sie nicht tragen können, (soll) sie aber fleißig anhalten, lateinisch zu lernen.“190 (Doch bereits Johann Amos Comenius (1592-1670) wollte eine Neugestaltung der Schule auf der Grundlage einer „genauen Ordnung in allen Dingen“191 und öffnete die Konzeption hin zur umgebenden Natur und zur gesellschaftlichen Wirklichkeit. Comenius setzte auf Erlernen der Muttersprache, womit auch anvisiert wurde, „das zu lehren, wovon sie (die Jugend, d.V.) das ganze Leben hindurch Gebrauch machen könne“, nämlich eben auch: „Endlich aus dem Handwerk sollen sie das Allgemeinere meist alles kennen lernen, sei es nur zu dem Zwecke, dass sie nicht so gar grob unwissend sind in dem, was in den menschlichen Verhältnissen vorgeht, oder auch, damit später die Neigung ihrer Natur wohin jeder vorzugsweise strebt, sich leichter bekunde.“ Hierbei gehe es um Erfahrung und Anschauung, die Schüler „werden sich zum richtigen Verstehen, Thun und Beurteilen allerdieser Dinge in der Wirklichkeit tüchtig finden“. 192 Die erste systematische Argumentation, die aufklärerische Ideen nicht aus einer im Menschen verankerten Vernunftbegabung, sondern durch eine Natur, auf die sich der Mensch vernünftiger Weise stützen soll, entwickelte stammte von Jean Jacques Rousseau. In der Mitte des 18. Jahrhunderts folgerte Rousseau explizite pädagogische Aufgaben: „Die Natur oder die Menschen oder die Dinge erziehen uns. Die Natur entwickelt unsere Fähigkeiten und Kräfte; die

190 Jenzen, Uwe: Entwicklung arbeitsorientierter Allgemeinbildung. Baltmannsweiler, 1993, S. 28 191 Comenius, J. A.: Große Lehrkunst.- Langensalza 1892, S.104; zit. U. Jenzen 1993, S. 29 192 Jenzen, Uwe: a.a.O., S. 279ff; zit, S.30 - 118 - Menschen lehren uns den Gebrauch dieser Fähigkeiten und Kräfte. Die Dinge aber erziehen uns durch die Erfahrung, die wir mit ihnen machen, und durch die Anschauung.“193 Rousseau vertrat in dem Naturbezug eine pädagogische Konzeption, die wir heute als naturphilosophische Begründung von „Schlüsselkompetenzen“ beschreiben würden: „In der natürlichen Ordnung sind alle Menschen gleich: ihre gemeinsame Berufung ist: Mensch zu sein. Wer dafür gut erzogen ist, kann jeden Beruf, der damit in Verbindung steht, nicht schlecht versehen.“ 194 Hierbei sollten der Zögling in Körper und Geist gleicherweise gefördert werden: „Er muß wie ein Bauer arbeiten und wie ein Philosoph denken, damit er kein Tagedieb wird wie ein Wilder. Das große Geheimnis der Erziehung ist, daß die Leibesübung und die geistige Arbeit sich zur gegenseitigen Entspannung dienen.“195 Im Schüler sollte der Mensch angesprochen werden, der aus eigener Natur und in Bezug auf diese die Maßstäbe und Aufgaben der richtigen Entwicklung findet. In Deutschland wandte sich Johann Bernhard Basedow in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gegen einfache Disziplinierung und Elitebildung über lateinische Sprache. Er zielte auf eine gesellschaftliche Einbettung in philanthropischer Grundhaltung: „Ein Kind soll ein Kind sein“. Dazu wären auch alte Lehrinhalte „in keine den ersten Hunger nach Realkenntnis angenehme und nahrhafte Ordnung zu bringen“, sondern müssten überwunden werden. Daher sollte „der Sachunterricht .. wirklich dem Verstande neue Vorstellungen geben, nicht aber das Gedächtnis nur mit Wörtern anfüllen.“196 Eine kindgemäße Erziehung öffnete sich bei den Philantrophen zur bürgerlichen Welt, worunter Basedow sogar „große Schulen des gemeinen Haufens“ subsumierte. Die epochale Zusammenfassung der frühen aufklärerischen Positionen im deutschen Sprachraum gelang Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827). Er ging „eigentlich darauf aus, das Lernen mit dem Arbeiten, die Unterrichts- mit der Industrieanstalt zu verbinden und beides ineinander zu verschmelzen.“197 Diese Verschmelzung konzipierte Pestalozzi von der konkreten nützlichen Arbeit aus: „Indessen betrachtete ich schon in diesem Anfangspunkt die Arbeitsamkeit mehr im Gesichtspunkte der körperlichen Übung zur Arbeit und Verdienstfähigkeit, als in Rücksicht auf den Gewinnst der Arbeit. Und ebenso sah ich das eigentlich so geheißene Lernen ebenso allgemein als Übung der Seelenkräfte an und hielt besonders dafür, die Übung der Aufmerksamkeit, der Bedachtsamkeit und der festen Erinnerungskraft müsse der Kunstübung zu urteilen und zu schließen vorgehen, und die erstern müssen festgegründet sein, ehe die letztern vor der Gefahr bewahrt werden können, durch die Fertigkeit äußerer, wörtlicher Erleichterungsmittel zur Oberflächlichkeit und zum anmaßlichen, täuschenden

193 Rousseau, J.-J.: a.a.O., 1978, S. 69 194 ebd. S. 71 195 ebd. S. 202 196 Basedow, 1778, S. 40, zit. nach: Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S. 34 197 Pestalozzi, Johann- Heinrich: Brief. 1799, zit. nach: Jenzen, U.: a.a.O., S. 36 - 119 - Urteilen geführt zu werden, welches ich für das Menschenglück und die menschliche Bestimmung für viel gefährlicher achte, als eine Unwissenheit in hundert Dingen, die aber mit einer festen anschauenden Erkenntnis seiner wesentlichen nächsten Verhältnisse und durch ein einfaches, reines, aber fest entwickeltes Kraftgefühl gesichert ist. Ich glaube im Gegenteil, die für das Menschengeschlecht segensreichen Erkenntnisse gehen allgemein von diesem Gesichtspunkte aus und finden sich am reinsten in der wissenschaftlich beschränktesten Menschenklasse.“198 Pestalozzi verstand Lernen auch als Übung und zwar der Seelenkräfte, dann der Aufmerksamkeit, Bedachtsamkeit und Erinnerungskraft. Erst darauf aufbauend wollte er die Bewertungen und Urteile entwickeln. Auf der Basis gesättigter und stabiler Erfahrungen, nicht auf der Basis vorgegebener Hypothesen sollte Erziehung voran schreiten. Insofern sah Pestalozzi in Vorurteilen oder schlechten Urteilen eine größere Gefahr. Man kann sogar in der Gewichtung der praktischen Erfahrung eine Art demokratische Begründung erkennen: nicht die klassische, durch die lateinische Sprache geprägte Bildung, sondern der alltagsweltliche Bezug zur Wirklichkeit, der eben eine Bildung „von unten“ und für untere gesellschaftliche Schichten ermöglicht, sollte im Vordergrund stehen. Auch wenn Pestalozzi in den eigenen praktischen Versuchen recht erfolglos blieb (Gut Neuhof, Armenanstalt in Stanz), so blieb doch die Orientierung an einem „allseitig gebildeten Menschen“, zu dem von Natur aus jeder Zugang hätte. Er vertrat auch eine sequenzielle Erziehung, die von der „Wohnstube“ ausgehen, dann über die Schule in die Gesellschaft münden sollte. Auch Friedrich Fröbel (1782-1852)199 wandte sich gegen vorbestimmte Erziehungsziele, insbesondere die katholische Erziehung, und forderte ebenfalls eine allseitige Bildung, worunter in erster Linie eine liberale Öffnung gemeint war. Kernpunkt war hierbei die „Selbsttätigkeit“ des Menschen, basierend auf eigenen Erfahrungen, noch hergeleitet aus dem Menschen als Ebenbild Gottes, aber in der Konsequenz bereits eine selbständige Begründung, unabhängig von der kirchlichen Bibelauslegung und Lehre. Da diese Selbsttätigkeit auf die Natur und die Erfahrung bezogen war, implizierte sie ein „sich bewegen“ im Umgang mit der Natur, also eine produktive Logik. Fröbel plante in seiner „Volkserziehungsanstalt zu Helba“ vor allem „praktische Beschäftigungen, wozu vor allem ein Verständnis des Schulbetriebs gehörte, das nicht von einem separaten Vorgang oder einer „Spielwiese“ ausging, sondern auf eine Art Selbstversorgung, einschließlich einer „Bewirtschaftung“. Hierbei ging Fröbel über Pestalozzi hinaus und zielte nicht mehr allein auf die Bewältigung der „Lebensnot“ ab, sondern auf eine Entfaltung der geistigen und seelischen Kräfte.200 So beschrieb er detaillierter die „auszuführenden Arbeiten“ in pädagogischer Absicht.

198 zit. nach ebd. S. 36 199 vgl. dazu: Heiland, Helmut: Die Schulpädagogik Friedrich Fröbel. Hildesheim, 1993 200 Jenzen, U.: a.a.O., S. 30f. - 120 - Der Kern dieser neuen Sichtweise ist eindringlich abzulesen in der Steigerung des „Fleißes“, als eines persönlichen Merkmales, hin zur „Industrie“, die ein gesellschaftliches Programm darstellte. Zusammengefasst und wegen des prägnanten Inhaltes ausführlich zitiert sei hier die Ausführung, die der Göttinger Professor und Generalsuperintendent Philipp Sextroh 1785 formulierte: „Der Fleiß richtet die Anwendung seiner Kräfte unausgesetzt auf ein Objekt allein, verhält sich außerdem wie leidend, weiß sich außer dem einzigen Berufswerke in andern ihm nötigen Bedürfnis- und Bequemlichkeitsgeschäften nicht selbst zu helfen, bedarf und will durchaus in allen andern Subsistenzerfordernissen die Hülfe anderer, sucht und findet nach vollbrachtem Tagewerk seine Erholung in müßiger Ruhe. Die Industrie treibt auch mit ebenso viel oder noch mehr Anstrengung und Eifer ihr Hauptgeschäft; aber außerdem und nach dem richtet sie ihre mannigfaltigen Kräfte noch auf andere nötige und nützliche Gegenstände; die mit dem Berufsgeschäfte in Verbindung stehen, oder der Seele oder dem Körper mehr Bildung, Nahrung und Vergnügen geben. Sie weiß sich in vielen Bedürfnisangelegenheiten selbst zu helfen und freuet sich oft, der langsamen Hilfe anderer entbehren zu können, sucht und findet Erholung nicht in untätiger Ruhe, sondern in angenehmer Abwechselung der Beschäftigungen. So z.B. setzt sich der fleißige Weber nach vollbrachtem Pensum des Tages, besonders wenn er gar noch eine Elle mehr gemacht hat, in seinen Lehnstuhl und – ruhet. Der industriöse Weber, der auch so viel, und wohl noch zwei Ellen mehr gemacht hat, gehet vom Weberstuhl gleich zu einem häuslichen Geschäfte, oder flicht eine Schnut, bessert oder künstelt an einer Spule, oder unterrichtet und hilft seinen Kindern im Abwickeln desgleichen. Er schämt sich des Lehnstuhles, mit dem jener vorlieb nimmt, in gesunden Tagen, und sucht die nötige Erquickung, die die Natur fordert, nur im nächtlichen Schlafe. Der Fleiß geht in Absicht der Art der Verrichtung seines Geschäfts die alte gebahnte Straße mit allen ihren Krümmungen, ganz geduldig und unbekümmert fort, wagt keinen neuen Weg, trauet selbst einer neuen Verbesserung nicht, wenn sie nicht anbefohlen wird, oder von hundert anderen schon jahrelang mit größtem Vorteil versucht ist, sucht seine Arbeit nach seiner Einsicht zweckmäßig gut, fest usw. zu machen, hält andere Eigenschaften, dadurch sie außerdem gefallen könnte, für entbehrliche Nebendinge und ist zufrieden, wenn die Arbeit in Ansehung nur nicht getadelt werden kann. Die Industrie wirkt zunächst unausgesetzt, blickt aber umher, ob sie nicht auf einem kürzeren, richtigeren Wege zum Ziele gelangen und dabei gewinnen könne, raffiniert selbst auf Verbesserung der Manier, versucht und nutzt jedem tunlichen Vorschlag anderer, und gelingt der Versuch nicht, so eilt sie zurück, und holt auf dem vorigen Wege durch größere Anstrengungen und Fleiß schnell wieder ein, gewinnt aber dabei immer an Bildung und Übung der Kräfte. Auch sucht die Industrie ihr Werk nicht allein gut, dauerhaft und so viel möglich aufs Beste zustand zu bringen; sondern sie strebt auch nach Nettigkeit, Feinheit, Sauberkeit, Zierde und Geschmack, und sucht wetteifernd dadurch Ehre und Beifall zu gewinnen. Auch in den Ergötzungen zeichnet sich die Industrie durch - 121 - die Art der Abwechselung, der Einrichtung, der Bewegung, des Genusses und der Betriebsamkeit in ihrer Kraftanwendung aus. Der Fleiß tut sein Werk nach der Ordnung in bestimmter Zeit, wie er‘s gelernt hat, glaubt auch wohl, dies Zeitmaß sei durchaus notwendig, braucht für seinen Genuß und Schlaf seine gewisse Anzahl Stunden, und hält Anweisungen zur Zeitverkürzung und Ersparung in einzelnen Fällen oder zur Zeitökonomie überhaupt bald für einen der vermeintlichen Güte seines Werkes, oder gar der Dauer seiner Existenz nachteiliges Projekt. Die Industrie verrichtet das nämliche Werk von gleicher Güte durch schnellere Kraftanwendung in ungleich kürzerer Zeit, oder wirkt in einer bestimmten Anzahl Tage oder Stunden, wohl noch einmal oder gar zwei-, dreimal so viel, als jener, weiß in jedem Fall die Zeit zum Genuß und Schlaf nach den Umständen zu kürzen, zu versetzen usw., freuet sich jeder Zeitsparung zum neuen Geschäfte, und bringt in jeder Rücksicht in einem oder mehreren Jahren in der Hauptursache, wie in anderen nützlichen Nebengeschäften zehn-, zwanzig-, dreißigmal mehr zustande als der Fleiß. Der Fleiß hat gewöhnlich nur die Erhaltung der nächsten Bedürfnisse im Auge: wie aber in der Menschennatur noch mehr Kräfte liegen, damit er gewinnen könne, wie man auch auf die Zukunft, auf kommende Fälle beilegen, wie ein jeder durch höhere Anstrengungen alles umher vorsichtig benutzen, für einen gewissen Grad des Wohlstandes, des Überflusses, zur Mitteilung und Freude des Lebens für sich und andere wirken müsse, ist ihm fremd, dünkt ihm gut zu sagen, aber schwer zu tun, oder scheint ihm wohl gar verdächtig. Die Industrie ist nicht zufrieden mit der Notdurft, hört nicht auf, wenn diese befriedigt ist, sondern sucht, immer weiter zu kommen, etwas übrig zu haben, auch kommende Unglücksfälle oder auf ganz unerwartete Ereignisse, ergreift immer jede Veranlassung zur neuen Kraftaufregung, Aufklärung usw. mit Freunden, fühlt und über die Pflicht, auch für den frohen Genuß, für höhere Wohltätigkeit, Erweiterung ihres nützlichen Wirkungskreises, solange das Leben dauert, unaufhörlich zu arbeiten. Industrie sucht also hervor, breitet aus, bildet, schafft, regelt, veredelt, will immer vorwärts – der schaffenden, bildenden, zerstörenden und wieder bildenden Natur nach. Der Fleiß nutzt nur, was da ist, bleibt still im Kreise, arbeitet nach dem Herkommen, zählt und tut, was er kann, nach seinem ererbten hölzernen Maßstabe, mit dem ehrlichen Glauben, daß er nicht mehr könne, und dass kein anderer Maßstab in der Welt sei. Aus dieser Darstellung mag die Beantwortung leicht folgen: Welcher Staat auf der Karte der Kultur und Bildung der Menschheit der wichtigste sei, wo Fleiß wohnt oder wo Industrie herrscht? Der Staat befindet sich wohl, der fleißige Diener, Bürger und Landbauern hat: der Staat wird blühender, mächtiger, steigt empor – wo Industrie herrscht.“ (zit. Krämer 1963, S.61) Sicherlich ist uns heute die von Sextroh benutzte Begrifflichkeit nicht stimmig. Vor allem der Begriff „Industrie“ hat einen anderen Inhalt angenommen. Er ist heute eng an die gewerbliche, arbeitsteilige, maschinisierte, technologisch - 122 - strukturierte Produktion gebunden. Was bei Sextroh jedoch auch für den heutigen Begriff entwickelt wurde, ist a) der komplexe und b) der dynamische Charakter der Produktion. Sextroh erkennt eindrucksvoll in den Anfängen der Industrialisierung ihren wesentlichen Kern. Für die Arbeitserziehung ergab sich damit ebenfalls eine komplexe und dynamische Aufgabenstellung: es ging nicht mehr einfach um den Vollzug bekannter Arbeitsschritte, sondern auch um die Teilnahme an der rasanten Entwicklung, die der Industrialisierung innewohnt. Qualifizierung bedeutete nun nicht mehr nur die praktischen Fertigkeiten, sondern auch Schritt zu halten und sich einzubringen in die industrielle Entwicklung. Mit diesem komplexen und dynamischen Verständnis der Produktion wurde auch sehr früh der Zusammenhang zwischen subjektiven Fähigkeiten und gesellschaftlichem Charakter der Produktion angesprochen. Sextroh artikulierte eine interessante Gegenüberstellung von handwerklicher Sichtweise und der Öffnung zu einer deutlich vergesellschafteten Arbeit. Er hatte sicherlich keine Ahnung von der neu formierten Widersprüchlichkeit industrieller Arbeit (was später die „Entseelung“ der Arbeit genannt wurde und sich in z.B. Fließbandarbeit zeigte), aber er hatte doch eine erstaunlich ausgeprägte Ahnung von den tiefgehenden Wandlungen, die in seiner Zeit erst begannen. Damit verbunden waren große Hoffnungen und Aufgaben, was die produktionsbezogenen Lernprozesse anging. Zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde diese Auseinandersetzung mit neuen Aufgaben als Auseinandersetzung über Industrieschulen und Fabrikschulen diskutiert. „Industrieschulen“ waren, ganz im Sinne Pestalozzis, Fürsorgeeinrichtungen, mit denen die Tradition der Zucht- und Arbeitshäuser moderat auf arme Kinder und Jugendliche erstreckt wurde. Oftmals waren Industrieschulen einfache „Armenschulen“ und wurden von einer bürgerlichen Philanthropie getragen. Die Fürsorge galt vor allem den Kindern. Praktischer Hintergrund dieser Fürsorge war die Einsicht der aufgeklärten absolutistischen Herrscher in Europa, dass Macht und Reichtum mit der Anzahl qualifizierter, gesunder Untertanen wuchs. Theoretische Basis der Fürsorge bot der Merkantilismus, mit dem eine volkswirtschaftliche Rechnung aufgemacht wurde. Zur Finanzierung der wachsenden Staatsaufgaben wurde der Handel gefördert, staatliche Manufakturen aufgebaut und der unternehmerische Geist gefördert. Arbeitswissenschaftlich war im Aufbau merkantilistischer Arbeitsweise die Konzentration der Arbeit in größeren Anlagen, die darauf aufbauende Arbeitsteilung in abfolgende Arbeitsschritte, die Wendung von einem handwerklichen zu einem industriellen Arbeitsverständnis einschließlich der damit verbundenen Qualifizierung. Für die Arbeitserziehung bedeutete dies auf der einen Seite ein Druck hin zu allgemeinerer Grundbildung, auf der anderen Seite eine Dequalifizierung der traditionellen handwerklich-zünftlerischen Kompetenz.

- 123 - Die merkantilistische Arbeitsweise war zwar insgesamt auf einen starken Staat ausgerichtet, musste allerdings Freiräume für privatkapitalistisches Engagement schaffen. Das privatkapitalistische Engagement konzentrierte sich auf die profitable Produktion, nicht auf gewinnbringenden Handel. Profitable Produktion stellte sich als Einsatz von Maschinen und Ausbau arbeitsteiliger Organisation dar. Damit ergab sich innerhalb des Merkantilismus eine Abspaltung der betriebswirtschaftlichen Aufgaben durch ein Unternehmertum, das einerseits durch Geld, andererseits durch Know How legitimiert war. Auch diese doppelte Rolle der Unternehmer erschwert und ermöglicht gleichermaßen seitdem den gesellschaftlichen Bezug der Arbeitserziehung. Diese Entwicklung widersprüchlicher kapitalistischer Entwicklung begann in der Textilindustrie, über die Nutzung der Dampfkraft und später die Werkzeugmaschinen. Kennzeichen dieser Entwicklung war die gewaltige und überwältigende Kraft der Maschinen, in den Hintergrund gerieten dadurch die Qualifizierungen der Arbeit und in der Arbeit. Stattdessen waren deutlichere Zeichen dieser frühen Industrialisierung das Handwerkerproletariat, das auf Armut verwies, sowie der Sog der Städte, der auf bedrohliche Massen verwies. Auch hier überdeckten spektakuläre „Excesse, Crawalle und Tumulte“, wie vor allem die preußische Polizei registrierte, dass zugleich die Subsistenzgrundlage verbreitert und ein enormes Bevölkerungswachstum ermöglicht wurde. Auf diesem spannungsreichen Hintergrund wuchs die gesellschaftliche Aufgabe der Arbeitserziehung, die zu tun hatte mit der Qualifizierung und Disziplinierung zugleich. Hierzu wurden die Industrie- und Fabrikschulen aufgebaut. Sie hatten nichts mit philantrophischen oder barmherzigen Einstellungen der Unternehmer zu tun – und sie standen solchen Einstellungen nicht im Wege. Sie hatten auch nichts mit ausbeuterischer Rücksichtslosigkeit zu tun – und konnten solche Rücksichtslosigkeit doch nicht verhindern. 3.1.2 Philantropische Fürsorge oder schaffende Tätigkeit in der frühen Industria- lisierung Praktisch bedeuteten Qualifizierung und Disziplinierung zunächst ein pünktliches, eifriges, ordentliches, fehlerfreies Arbeiten201, wie es Ferdinand Kindermann (1770-1801), der Leiter des böhmischen Volksschulwesens, forderte. Die Industrieschulen hatten mit dieser praktischen Ausrichtung einen stärkeren Einfluß als das Internat und die Musteranstalt, die Basedow im Sinne der philantrophischen Fürsorge 1771 in Dessau gegründet hatte. Im Zentrum stand zwar noch die praktische Handarbeit, aber die betriebswirtschaftliche Orientierung zwang dazu, die pädagogischen Aufgaben enger an die Entwicklung der industriellen Arbeitsweisen anzukoppeln. Diese Orientierung auf Herstellung und Verkauf von Produkten war nicht einfach mit den Bedingungen der Erziehung zu verbinden. Vielfach blieb von den Industrieschulen nur die Industrie über, wie im Rückblick diagnostiziert wurde: „Die Gefahr des Verfalls der Industrieschule lag in erster Linie nicht in der

201 Jenzen, U.: a.a.O., S. 41 - 124 - Hereinnahme der praktischen Arbeit in die Schule, sondern im Versagen der Pädagogik, genauer ausgedrückt: im methodischen Versagen begründet. Die Industrieschule scheiterte nicht zuletzt an ihrem ungelösten Methodenproblem. Es gelang ihr nicht, zu verhindern, dass die Grenzen zwischen Wirtschaftswelt und Pädagogik, zwischen Erwerbstätigkeit und Erziehung, zwischen Leben und Schule sich verwischen. Das Ökonomische überwucherte die eigentliche pädagogische Intention und hob die Eigenständigkeit der Schule auf.“202 Sicherlich spielte auch der von Uwe Jenzen kritisch angemerkte Aspekt eine Rolle, dass es den Industrieschulen „mit der fortschreitenden Technisierung der Arbeitsprozesse nicht gelang, den Übergang von der Handarbeit zur Maschinenarbeit nachzuvollziehen“203 Bald nach 1800 lösten sich die Industrieschulen auf und verwandelten sich in Bürgerschulen. Ein wenig anders entwickelten sich die Fabrikschulen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Unternehmern eingerichtet wurden. Allerdings wurde den Kindern zugemutet wurde, nach ca. 6stündiger Arbeit weitere 2-3 Stunden in einer allgemeinbildenden Schule zu verbringen. Die scharfe Kritik der sozialkritischen Kräfte forderte einen allgemeinen pädagogischen Auftrag der Fabrikschulen ein: „Nirgends kann wohl der Zweck der Schule weniger erreicht werden als in den sogenannten Fabrik-, Streich- oder Abendschulen der sächsischen Fabrikorte.“ Dem stünden die ungünstigsten Verhältnisse, die Arbeit vom 6. oder 7. Jahr an sowie die harten Bedingungen entgegen: „sie sind am Abend ermattet und werden darum lieber nach leiblicher Erquickung als geistiger Nahrung suchen. Deswegen ist in solchen Abendschulen die wenigste Aufmerksamkeit, Ruhe und Ordnung zu finden, und die Schulversäumnisse kommen hier am häufigsten vor, indem selbst die Eltern gegen solche Kinder, die ihnen das Brot verdienen helfen, nachsichtig sind.“204 Uhlmann räumte ein, dass keine einfache Verbesserung möglich wäre, „weil hier Verhältnisse feindlich einwirken, die unmöglich aus dem Weg geräumt werden können“. Aber wenigstens eine allgemeine Schulpflicht für alle ohne Ausnahme forderte er, bis die Kinder lesen und schreiben können. Im Neuhumanismus sollte auch die Berufsbildung dem allgemeinen Zweck der Menschenbildung untergeordnet werden. Doch mit der wachsenden Vergesellschaftung wurde der Bezug zu der Umgebung und zu den „Realien“ stärker. Die allseits geformten Menschen, die Pestalozzi gefordert hatte, gewannen ihre Freiheit auch durch den Umgang mit der realen Umwelt und durch eine Vorstellung von gesellschaftlichen Idealzuständen, in denen die Ideen von Freiheit, Vollkommenheit, Recht, Wohlwollen usw. Wirklichkeit wurden. Die praktischen Ideen vereinigten sich demnach zu einer „beseelten Gesellschaft“. So sah Friedrich Immanuell Niethammer (1766-1848) „die Vorbereitung auf die Berufsbildung“ durchaus nicht als „unmittelbaren Zweck des

202 Kaiser, Franz-Josef: Arbeitslehre.- 3. Aufl., Bad Heilbronn/Obb. 1974, S. 29; zit U. Jenzen 1993, S.41f 203 Jenzen, U.: a.a.O., S. 42 204 Uhlmann, K. Chr.: 1833, zit. nach: Jenzen, U.: a.a.O., S.43 - 125 - Erziehungsunterrichts, sondern der unmittelbare Zweck desselben ist Menschenbildung.“205 Dennoch sah Niethammer die Arbeit im Zentrum menschlicher Existenz: „Wer die Arbeit nur als Uebergang zur Ruhe betrachtet, und nur arbeitet, um auszuruhen, verdient nicht den Namen eines Arbeiters. Das Leben des Menschen ist Thun, und Erholung ist nur Mittel zur Arbeit, jenes also heißt die Ordnung der Vernunft verkehren.“206 In dieser Übergangsperiode gediehen die preußischen Reformen, wie sie vor allem der Freiherr vom und zum Stein antrieb. Wilhelm von Humboldt (1767- 1835) griff als verantwortlicher Reformer des Schulwesens die bisherigen Konzepte, also vor allem Niethammer und Pestalozzi, auf und wollte den pädagogischen Auftrag auf eine verantwortungsvolle Rolle des Bürgers hin ausrichten. In seinen Reformen kam der Volksschule einer eher praktische und der höheren Schule eine humanistische Aufgabe zu. In diesen Konzepten waren in der Volksschule Freiräume für Arbeitserziehung, aber auch für Industrieschulen vorgesehen. Viele der Schulen waren praktisch jedoch nur soweit reformerisch konzeptioniert, wie der ökonomische Zweck reichte. Es waren im Grunde erweiterte „Lernschulen“, sozusagen handwerklich orientierte Vorschulen oder gar „wichtige Vorschule zur Beförderung des Hausfleißes“ (Clauson-Kaas). Den wegweisenden konzeptionellen Schritt der arbeitsorientierten Bildung in dieser historischen Phase unternahm Adolph Diesterweg (1790-1866). Er nahm die bisherigen Positionen, vor allem Pestalozzis und Fröbels auf und arbeitete die Konzeption der „Selbsttätigkeit“ aus. Insgesamt wollte er die Schule neu bestimmen und wollte dies von der Arbeit aus vornehmen: „Die Reform der Schule geht vom Prinzip der Entwicklung und der schaffenden Tätigkeit aus“. Dieses gewaltige und so moderne Vorhaben war bei Diesterweg durch einen aufklärerischen Ansatz begründet, der von der freien Selbstbestimmung des Menschen ausging und zugleich die Verbesserung der Verhältnisse einschloss.207 Die Verbindung zwischen äußerlichen und innerlichen, objektiven und subjektiven Zielsetzungen sah Diesterweg, der sich und seine Lehre als Wegweiser verstand, in einer „Selbsttätigkeit im Dienste des Wahren und Guten.“ 208 Er wollte, „daß der Mensch den Grund seines Strebens und Handelns in sich selbst zu suchen, daß er sich selbst zu bestimmen habe“; dies nannte er das „Prinzip der freien Selbstbestimmung“ oder Freiheit überhaupt.209 Er meinte zwar, dass Bildung sowohl von einem äußerlichen Vorbild als auch von einer

205 Niethammer, F. I.: Philanthropismus – Humanismus.- Weinheim, Berlin, Basel 1968, S.182f; zit U. Jenzen 1993, S. 50 206 Niethammer, F. I.: a.a.O., S.333, zit. ebd., S.50 207 So fasste er denn auch die Ziele grundsätzlich und sehr modern von zwei Seiten aus: „Von zwei verschiedenen Seiten läßt sich [...] die Idee der Bildung fassen: nämlich entweder ein außer dem Menschen Befindliches, an sich Vollendetes, das er sich als Vorbild und Zielpunkt seines Strebens vorhält, oder ein durch seine Entwicklung allmählich Werdendes.“ (A. Diesterweg: Wegweiser zur Bildung für deutsche Lehrer (1850); zit. U. Jenzen 1993, S. 44) 208 ebd. 209 ebd. S. 59, ebd. - 126 - inneren Entwicklung geleitet werden könnte, plädierte aber grundsätzlich für letzteres. Das Prinzip der Entwicklung und schaffenden Tätigkeit fasste er folgendermaßen zusammen: „Das eigentlich Menschliche im Menschen ist dessen Selbsttätigkeit. Alles Menschliche, Freie, Eigentümliche geht von dieser Selbsttätigkeit aus; alles Dichten, Denken, Aufmerken, Fühlen, alle Selbstbeherrschung, das Sprechen, Handeln und alle freien Bewegungen und Gebärden haben in dieser einen Kraft ihren Mittelpunkt. Die Erziehung erstreckt sich so weit und nur so weit, als diese Selbsttätigkeit; nur so weit als diese reicht, ist der Mensch bildsam durch andere oder durch sich selbst. Das Hauptaugenmerk des Erziehers muß also sein, die Selbsttätigkeit zu entwickeln, durch welche der Mensch später der eigene Herr, der Fortbildner seines Lebens werden kann, ihr die größte Kraft, Lebendigkeit und umfassende Ausdehnung zu verschaffen und ihr die übrigen Geistes- und Leibeskräfte zu unterwerfen. Das höchste Augenmerk der Erziehung – der subjektive Grundsatz derselben – ist also die Bildung der Selbsttätigkeit. Warum aber der subjektive? Ich nehme nämlich noch einen objektiven an. Denn es fragt sich: Zu welchem Ziele soll die Selbsttätigkeit hingeführt werden? An und für sich ist sie leer. Hier ergeben sich nun aus der Organisation des menschlichen Geistes selbst die Ideen des Wahren, Guten und Schönen als Zielpunkte des menschlichen Lebens und somit als der objektive Grundsatz der Erziehung. Denn die selbsttätige Erkenntnis soll zum Wahren, das selbsttätige Gemüt zum Schönen und die selbsttätige Willenskraft zum Guten hingeführt werden und später selbständig hinstreben.“210 Diesterweg hatte im Vormärz eine kurze Zeit der Ausarbeitung seiner Konzeption und der Verbreitung seiner Ansichten. Mit dem Antritt von Friedrich Wilhelm IV in Preußen und seiner reaktionären Politik wurde er angegriffen und 1847 sogar aus politischen Gründen entlassen. Eine 1850 angebotene Schulratstelle in Hinterpommern schlug er aus und ging endgültig in den Ruhestand211. Eine große Chance in der Geschichte der deutschen Pädagogik wurde vertan. Die zweite große Chance ist mit der Konzeption von Johann Friedrich Herbart (1776-1841) verbunden, der bereits ausführlicher vorgestellt wurde. Endzweck des Unterrichts liegt nach Herbart im Begriff der Tugend, die jedoch als zu entwickelnde Fähigkeit verstanden wird. Die Entwicklung wird durch eine Vielseitigkeit des Interesses angeregt, was nur durch „Realien“ zu erreichen ist: „Die Realien – Naturgeschichte, Geographie, Geschichte – haben einen unstreitigen Vorzug, den der leichtesten Anknüpfung. Ihnen können wenigstens theilweise die frei steigenden Vorstellungen der Zöglinge [...] entgegen kommen. Pflanzensammeln, Bilderbücher, Landkarten thun, bei gehörigem Gebrauche, das Ihrige. [...] Demonstrationen vom Nutzen der Realien sind unnütz. Die Jugend handelt nicht um entfernterer Zwecke willen; sie regt sich, wenn sie

210 Diesterweg, A.: Wegweiser, S.62; zit U. Jenzen 1993, S.45 211 Jenzen, U.: a.a.O., S. 45 - 127 - fühlt, daß sie etwas kann; und das Gefühl des Könnens muß man ihr schaffen.“212 Auch hier finden wir die Idee der Selbsttätigkeit, nunmehr verstanden als Qualifizierung. Somit manövriert er um die in seiner Zeit hoch aufragenden Klippen von Utilitarismus und Philantrophie herum und propagiert eine allgemeine gesellschaftspolitische Grundlegung: „Wo Polytechnik und vielförmige Gelehrsamkeit beabsichtigt wird, da macht jede Wissenschaft ihre Forderungen der Gründlichkeit für sich allein geltend. Dies ist der Gesichtspunkt des Staats, der viele einseitig Gebildete gebraucht, um aus ihnen ein Ganzes zusammenzusetzen; daher auch Bildung verbreitet, und Lehranstalten dazu anordnet, ohne zu fragen, welche Individuen es seien, die sich das Dargebotene aneignen, außer inbezug auf künftige Anstellung.“ 213 So wollte Herbart nicht nur im Lernprozess von Erfahrungen ausgehen und Qualifizierungen organisieren, sondern auch einen reflektierten gesellschaftlichen Bezug herstellen. Allerdings verlor in seiner Wirkungsgeschichte gerade der letztere Aspekt immer mehr an Bedeutung – vor allem in dem Maße, in dem die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Zuständen in Preußen-Deutschland diskreditiert wurde. Im historischen Rückblick mutet es fatal an, dass große pädagogische Konzeptionen im 19. Jahrhundert durch politische Verhältnisse in Preußen- Deutschland nicht zur Entfaltung kamen. Die unselige Allianz von überkommenem preußischem Junkertum und politisch versagender Bourgeoisie brachte eine dumpfe und angstbesetzte politische Öffentlichkeit, die sich eher durch militärische Begriffe von Ordnung als durch aufgeklärte Vorstellungen gesellschaftlichen Fortschreitens leiten ließ. Sowohl mit Adolph Diesterweg als auch mit Johann Friedrich Herbart hatte Deutschland pädagogische Leuchttürme, die zukunftweisende pädagogische Aufgaben aufzeigen und auch mehr Licht in die kleinen Stuben der arbeitenden Bevölkerung bringen konnten. Es ist sicherlich auch ein Aspekt des „deutschen Sonderwegs“, solche Chancen der gesellschaftlichen, und so auch politischen Bildung vertan zu haben. Stattdessen wurden die Ansätze der Arbeitserziehung eingeholt von einer Phase tiefer gesellschaftlicher Spaltungen. Diese Spaltungen hatten in den sozialistischen Utopien eine Vorgeschichte, kulminierten in der bürgerlichen Revolution von 1848 und gingen über in eine strukturelle Gegensätzlichkeit zwischen einer anwachsenden politischen Arbeiterbewegung und einem verkrustetem „Bonapartismus“ in Preußen-Deutschland bis hin zum Ersten Weltkrieg. 3.1.3 Sozialkritische Positionen Früh nahmen „utopische Sozialisten“ die humanistischen Hoffnungen auf und verknüpften sie mit den Hoffnungen auf eine bessere gesellschaftliche Zukunft.

212 Herbart, J. F.: Allgemeine Pädagogik und Umriß pädagogischer Vorlesungen.- Leipzig 1876, S.187; zit. U. Jenzen 1993, S.53 213 ebd., S. 259; zit. ebd. - 128 - Die Entwicklung im Grunde zu einem „Gutmenschen“ wurde als Basis einer sozialen Gesellschaft genommen. So kannte Robert Owen (1771-1858) „keine Bildung außer der, die den Menschen wahrhaft gütig und freundlich gegen seine ganze Gattung und – mit der Sicherheit eines mathematischen Beweises – alle Menschen zu Wohltätern in des Wortes weitestem und bestem Sinne machen kann.“214 Was Owen als zwangsläufige und gesetzmäßige Verbindung deklarierte, war eigentlicher Kern der pädagogischen Aufgabe. Wie in den folgenden sozialistischen Konzeptionen konnte diese eigentliche pädagogische Aufgabe verdrängt und überdeckt werden von der naheliegenden und harten Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Owen beklagte, dass die Gesellschaft es zulasse, den einzelnen Menschen in Verhältnissen zu erziehen, „die ihn unnütz und wertlos werden lassen“. Stattdesssen müssten nützliche Menschen ausgebildet werden. Den Widerspruch sieht er beispielhaft und zugespitzt in den Soldaten. „Umfassende und höchst kostspielige und verschwenderische Einrichtungen werden beibehalten, um Menschen zu mechanischen Lebewesen in Menschengestalt zu erziehen, die weder ihren individuellen Willen noch individuelles Urteilsvermögen für Denken oder Handeln bewirken. Und dies geschieht noch, nachdem jede Notwendigkeit dafür entfallen ist. Gleichzeitig werden diese Menschen so ungeheuerlich betrogen, indem ihnen beigebracht wird, zu glauben, ihr Waffenberuf, wie man ihn nennt, sei von allen anderen Berufen der ehrenhafteste und ruhmreichste, obgleich sie dadurch systematisch dazu erzogen werden, die fachkundigsten Räuber, Plünderer, Mörder und Schlächter der Menschheit zu werden.“ (ebd., S.394f) Auch diesen Widerspruch zwischen nützlicher produktiver Arbeit und rücksichtsloser gesellschaftlicher Form hätte, vor allem in Deutschland, politische Klugheit und Weitsicht erkennen und so unselige historische Abwege vermeiden können. In Frankreich brachte Charles Fourier (1772-1837) die verpflichtende Dimension auf den Punkt: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Fourier verknüpfte sozialpsychologische und moralisierende Ansätze mit einer kritischen Auseinandersetzung, in der die einengende Form der Arbeit überwunden werden sollte. Der wenig erfolgreiche Schriftsteller, der selbst niemals lachte, wandte sich gegen die „Zerstückelung“ der Arbeit und wollte Arbeitsvorgänge wieder vereinheitlichen. In seiner Sozialutopie forderte er das „Recht auf Arbeit“ als das erste der natürlichen Rechte. Er wollte aber nicht jedwede Art der Arbeit, sondern die „anziehende Arbeit“, denn alle andere Arbeit wäre in der Tendenz abhängige, ja sogar Sklavenarbeit. Stattdessen bietet ihm die Natur das Vorbild: Die Arbeit bereitet auch den Geschöpfen, wie Bienen oder Ameisen, im Grunde Lust, die faul sein könnten. „Aber Gott hat sie mit einem sozialen Mechanismus versehen, der zur Arbeit anregt und bewirkt, daß sie in der Arbeit ihr Glück finden. Warum sollte er uns nicht dieselbe Wohltat erwiesen haben wie jenen Tieren?“215 Diese Wohltat wollte Fourier

214 zit. nach Kool, Frits; Krause, Werner (Hrsg.): Die frühen Sozialisten.- Bd.2, München: dtv, 1972, S.382 215 Fourier, Charles: Aus der Neuen Liebeswelt.- Berlin: Wagenbach, 1977, S.170ff - 129 - verwirklichen durch eine genossenschaftliche Organisation der Arbeit, an der jeder nach seinen Fähigkeiten beteiligt ist. Er wollte „Arbeit liebenswert“ machen und dadurch Hunger, Furcht und Sklaverei überwinden. Hierfür sah er sieben Bedingungen: assoziierte Arbeit, Bezahlung nach den Fähigkeiten, wechselnde Arbeitsvorgänge, Arbeit in der „Gesellschaft von Freunden“, saubere und schöne Arbeitsstätten, keine geschlechts- und altersbezogene Nachteile, volles Recht auf Arbeit. Dieses erstaunlich moderne Programm der Arbeitsorganisation kannte keine große pädagogische Aufgaben, verwies jedoch eindringlich auf die alltagspraktische Verbindung von Arbeits- und Lebenswelt, die in den späteren marxistischen Ansätzen durch Form und Herrschaft überdeckt wurden. Früh gab es in Frankreich die Vorstellung, dass es „die Organisation der Arbeit“ wäre, die für bessere gesellschaftliche Verhältnisse sorgen würde. Louis Blanc (1811-1882) forderte soziale Werkstätten in staatlicher Aufsicht, die sukzessive die gesellschaftliche Basis der Produktion überhaupt herstellen würden. Da die vorhandene Arbeiterschaft durch das Privateigentum korrumpiert würde, müsste eine andere Gewichtung staatlicherseits subventioniert werden. So sollten die „ateliers sociaux“216 auch einen erzieherischen Auftrag erfüllen. Auch Stefan Born (1824-1848) forderte in seiner Schrift „Die soziale Frage“ von 1848 das Recht auf Arbeit, das auch er an ein allgemeineres Ziel knüpfte: „In dem ‚Rechte auf Arbeit‘ liegt demnach die Forderung des Rechtes zu leben, und diese letztere Forderung ist also in dem ‚Recht auf Arbeit‘ nur in der bescheidensten Form ausgedrückt, d.h. wir wollen eine Sicherung unseres Lebens, wir wollen sie aber nicht umsonst, wir wollen dafür arbeiten.“217 Born propagierte die Arbeiterbildung auf Basis dieser allgemeinen Sinnhaftigkeit der konkreten, nützlichen Tätigkeit.218 Neben den sozial-utopischen Ansätzen beschäftigten sich solche Positionen mit dem Zusammenhang von Entwicklung der Arbeit und Arbeitserziehung, die Arbeiterverhältnisse in dem Alltag der Arbeit erfuhren. Dies waren, von England kommend, vor allem verschiedene Einrichtungen der Fabrikinspektion. Für England waren es vor allem die deutlichen Schilderungen schlimmer Zustände in der englischen Industrialisierung, die eine Hebung der Arbeiterklasse auf die politische Tagesordnung setzten. Andrew Ure, der bedeutendste englische Fabrikinspektor, betonte zugleich einen Aspekt, der die einfache und systematische Verbindung von industrieller Arbeit und Bildung konterkarierte: „Der Grundsatz des Fabrik- und Faktoreisystems geht also dahin, der Handgeschicklichkeit mechanische Kunst, und der Verteilung der

216 vgl. dazu die Ausführungen zum „ateliers sociaux“ bei: Blanc, Louis: In: Meyers Konversationslexikon, Leipzig und Wien, 1885-1892, S. 56 217 zit. nach Vester, Michael (Hrsg.): Die Frühsozialisten II.- Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1971, S.203 218 Sehr früh kommen seit dem Allgemeinen Preußischen Landrecht die Verbindungen zwischen den Pflichten zur Arbeit als Voraussetzung der gesellschaftlichen Integration auf der einen Seite und dem Recht auf Arbeit einschließlich einer sozialen Sicherung auf der anderen Seite zum Tragen. Diese Verbindung ist bis heute in der Basierung der sozialen Sicherung auf Erwerbsarbeit vorhanden, wird jedoch durch die Massen- arbeitslosigkeit strukturell ad absurdum geführt. - 130 - Arbeit unter die Arbeiter die Trennung eines Verfahrens oder Prozesses in seine wesentlich konstituierenden Bestandteile zu substituieren. Bei der Handarbeit war größere oder geringere Geschicklichkeit gewöhnlich das teuerste Element der Produktion [...] nach dem automatischen Plan aber wird geschickte Arbeit allmählich überflüssig und mit der Zeit ganz durch bloße Maschinenaufseher ersetzt werden. Nach der Unvollkommenheit der menschlichen Natur kann es sich wohl treffen, daß der geschickteste Arbeiter um so eigenwilliger und unlenksamer ist, und deshalb am wenigsten für ein mechanisches System taugt, wo er durch gelegentliche Unregelmäßigkeiten dem ganzen den größten Schaden tun könnte. Es ist also das hohe Ziel des neuern Manufakturisten, durch Vereinigung von Kapital und Wissenschaft die Aufgabe seiner Arbeitsleute auf Aufmerksamkeit und Gewandtheit allein zu beschränken, - Fähigkeiten, welche bei jungen Leuten und Kindern sehr bald zur Vollkommenheit gebracht werden können.“219 (Was der Fabrikinspektor bedauerte, hat die sozialhistorische Darstellung als „Dequalifizierung“ beschrieben). Karl Marx griff auf die Schilderungen der Fabrikinspektoren zurück und konstatierte mit diesen neben der Dequalifizierung auch eine Verelendung. Auf seine Konzeption, die er im Zusammenhang seiner grundsätzlichen Analyse der kapitalistischen Produktionsweise und seiner revolutionären Programmatik entwickelte, wurde bereits ausführlicher eingegangen. Wenn Marx auch Dequalifizierung und Verelendung in den Vordergrund der anklagenden Analyse stellte, so waren ihm doch auch potenzielle Fähigkeiten und Bildungsvorgänge der menschlichen Arbeitskräfte wichtig. 220 Allerdings hielt Marx auch an den Systemschranken fest. Aus den wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten heraus lassen sich demnach nur die Gegensätze und Widersprüche der Produktionsweise feststellen, der eigentliche pädagogische Ansatz setzt, jedenfalls gedanklich, eine Überwindung der Systemschranken voraus. So kritisierte Marx die „philantropischen Ökonomen“. Diese forderten zwar Rücksichtnahme auf die Arbeitnehmer und vor allem Ausbildung. Dies bezwecke aber wesentlich „jeden Arbeiter möglichst viel Arbeitszweige kennenlernen zu lassen, so daß, wenn er durch Anwendung neuer Maschinerie oder durch eine veränderte Teilung der Arbeit aus einem Zweig herausgeworfen wird, er möglichst leicht in einem anderen Unterkommen finden kann. Gesetzt, das sei möglich: Die Folge davon würde sei, daß, wenn in einem Arbeitszweig Überfluß vorhanden wäre an Händen, dieser Überfluß sofort in allen anderen Arbeitszweigen stattfinden und noch mehr wie früher die Herabsetzung des Arbeitslohnes in einem Geschäft unmittelbar eine allgemeine Herabsetzung nach sich ziehen wird. Ohnehin schon, indem die moderne Industrie überall die Arbeit sehr vereinfacht und leicht erlernbar macht, wird das Steigen des Lohnes in einem Industriezweig sofort das Zuströmen der Arbeiter in diesem Industriezweig hervorrufen und die Lohnherabsetzung mehr oder minder unmittelbar einen allgemeinen Charakter annehmen.“ 221

219 Zech, R.: a.a.O., 1978, S.296 220 Interessant- und widersprüchlich in diesem Kontext ist die kompliziert erscheinende Wechselbeziehung von marx‘schen Positionen mit produktiven pädagogischen Schritten. Siehe: Krapp, Gotthold: Marx und Engels über die Verbindung des Unterrichts mit produktiver Arbeit und die polytechnische Bildung.- Frankfurt a.M., 1971 221 Marx, K.: MEW 6, S. 546 - 131 - Die Verelendungstheorie fasste demnach charakteristisch die Wirklichkeit des Arbeitens und der Arbeiter unter kapitalistischen Verhältnissen: „Die kapitalistische Produktion [...] produziert also mit der Verlängerung des Arbeitstags nicht nur die Verkümmerung der menschlichen Arbeitskraft, welche ihrer normalen moralischen und physischen Entwicklungs- und Betätigungsbedingungen beraubt wird. Sie produziert die vorzeitige Erschöpfung und Abtötung der Arbeitskraft selbst. Sie verlängert die Produktionszeit des Arbeiters während eines gegebenen Termins durch Verkürzung seiner Lebenszeit.“222 Eine Rücksichtnahme auf Lebensbedingungen wäre im Kapitalismus nicht zu erwarten, Verschleiß und vorzeitiges Sterben die Normalität. Zudem ging demnach die kapitalistische Produktionsweise mit ständiger Überbevölkerung einher, weil das Verwertungsbedürfnis des Kapitals einen permanenten Ersatz der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen mit sich bringt. Die „überschüssige“ Arbeiterbevölkerung verschlechterte die Lebens- und Arbeitsbedingungen weiterhin. Daher war nun grundsätzlich ein negativer Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit geschaffen: „Eine gewisse geistige und körperliche Verkrüppelung ist unzertrennlich selbst von der Teilung der Arbeit im ganzen und großen der Gesellschaft. Da aber die Manufakturperiode diese gesellschaftliche Zerspaltung der Arbeitszweige viel weiter führt, andrerseits erst mit der ihr eigentümlichen Teilung das Individuum an seiner Lebenswurzel ergreift, liefert sie auch zuerst das Material und den Anstoß zur industriellen Pathologie.“ 223 Was kann Arbeitserziehung leisten? Zunächst einmal sollte die Entwicklung der Arbeit in der Marxschen Konzeption sozusagen auf die Spitze und hin zur Umwälzung der kapitalistischen Produktionsweise getrieben werden. Doch an diesem Punkt zeigen sich die Spannungen der Marxschen Theorie. Marx macht eine theoretisch nicht begründete Trennung zwischen systematischen Schranken der Produktionsweise und grundsätzlichem Schutz des produktiven Arbeiters. Bezogen auf die Entwicklungsprozesse des Arbeiters selbst verliert die Konzeption an revolutionärer Ausschließlichkeit und öffnet sich zur allgemeinen Förderung produktiver Fähigkeiten. Die Konzeption der Erziehung durch Arbeit laviert durch diese Spannungen. So erklärte Karl Marx 1866 vor der Internationalen Arbeiter-Assoziation: „Wir betrachten die Tendenz der modernen Industrie, Kinder und junge Personen beiderlei Geschlechts zur Mitwirkung an dem Werk der sozialen Produktion herbeizuziehen, als eine progressive, heilsame und rechtmäßige Tendenz, obgleich die Art und Weise, auf welche diese Tendenz unter der Kapitalherrschaft verwirklicht wird, eine abscheuliche ist. In einem nationalen Zustande der Gesellschaft soll jedes Kind ohne Unterschied vom 9. Jahre an ein produktiver Arbeiter werden; auf gleiche Weise sollten keine erwachsenen Personen von dem allgemeinen Gesetz der Natur ausgenommen sein: natürlich zu arbeiten, um imstande sein zu essen, und zu arbeiten nicht bloß mit dem Gehirn, sondern auch mit den Händen. [...] Von diesem Standpunkt ausgehend,

222 Marx, K.: In: MEW, Bd. 23, S. 276f. 223 ebd. S. 381 - 132 - sagen wir, daß keinen Eltern oder Arbeitgebern die Erlaubnis gegeben werden darf, die Arbeit von Kindern oder jugendlichen Personen zu gebrauchen, außer unter der Bedingung, daß jede produktive Arbeit mit Bildung verbunden ist. Unter Bildung verstehen wir drei Dinge: Erstens: geistige Bildung; Zweitens: körperliche Ausbildung, solche, wie sie in den gymnastischen Schulen und durch militärische Übungen gegeben wird. Drittens: polytechnische Erziehung, welche die allgemeinen wissenschaftlichen Grundsätze aller Produktionsprozesse mitteilt und gleichzeitig das Kind und die junge Person einweiht in den praktischen Gebrauch und die Handhabung der elementaren Instrumente aller Geschäfte. Mit der Einteilung der Kinder und jugendlichen Personen vom 9. Bis 17. Lebensjahr in drei Klassen sollte ein allmählicher und progressiver Lehrlauf der geistigen, gymnastischen und polytechnischen Erziehung verbunden sein. Mit Ausnahme vielleicht von der ersten Klasse sollten die Kosten der polytechnischen Schulen teilweise gedeckt werden durch den Verkauf der Produkte. Die Verbindung von bezahlter produktiver Arbeit, geistiger Bildung und körperlicher Übung und polytechnischer Abrichtung wird die Arbeiterklasse weit über die höheren und mittleren Klassen erheben.“224 Arbeiterbildung war so auch innerhalb des kapitalistischen Systems sinnvoll und nicht lediglich durch die Entwicklung revolutionärer Fähigkeiten legitimiert. Allerdings verfolgte Marx diese Logiken weiterhin in der Vorstellung, auf diesem Weg die Widersprüche in der kapitalistischen Produktionsweise zuspitzen zu können. Er hatte eine Einbeziehung der polytechnischen Erziehung in den Alltag der kapitalistischen Produktionsweise im Sinn, also eine vollständige Integration des Erziehungsprozesses in die Erwerbsarbeit. Was aber dann diesen Erziehungsprozess selbst ausmachen sollte und wie sich dieser Erziehungsprozess zu der politischen Bewußtwerdung verhalten sollte, wie also aus der polytechnischen Erziehung eine zukunftsgestaltende Kraft erwachsen könnte, dies entwickelte Karl Marx nicht. Marx war in seinem zeitgenössischen Verständnis weitgehend durch den evidenten Druck revolutionärer Ereignisse und historischer Formationen beeinflusst. Sowohl die Revolutionen in der Mitte des 19. Jahrhunderts als auch die rasante Formierung der politischen Arbeiterbewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einschließlich der verängstigten Reaktionen der Staatsmacht (z.B. Sozialistengesetz in Preußen-Deutschland) bestärkten ihn in der Annahme, sich in einer revolutionären Umbruchphase zu befinden, in der die revolutionären Kräfte und Grundlagen bereits gereift wären. Doch in der sozialhistorischen Realität war die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise erst in der Entfaltung. 3.1.4 Kontrolle und Inklusion in der preußisch-deutschen Gesellschaft Insbesondere die konkrete produktive Arbeit bedeutete nicht einfach eine Verfeinerung der Ausbeutung und Beherrschung, sondern zum Ende des 19.

224 Marx, K.: Instruktionen an die Delegierten des provisorischen Generalrats zu den einzelnen Fragen (1866): In: MEW Bd. 16, Berlin, 1975 - 133 - Jahrhunderts auch gesellschaftlicher Inklusion und Bildung. Die frühen Aufgaben der Produktionsweise zeigten erst jetzt ihre starken Resultate. Arbeitserziehung war nämlich bereits von Beginn an mit der Freisetzung und Wiedereinbeziehung früher leibeigener Arbeitskräfte verbunden. Und die Freisetzung der nunmehr „doppelt freien Lohnarbeiter“225 war eine gesellschaftliche Anforderung, die für die betreffenden Arbeitskräfte auch eine Chance einschloß. Einbeziehung in die Lohnarbeit hatte eben einen doppelten Charakter: als mögliche eigenständige Existenzsicherung und als Unterordnung unter die Fabrikdisziplin. Arbeitserziehung bedeutete also auch immer auch Kontrolle und Teilnahme zugleich. Und auch Kontrolle hatte einen doppelten Sinn. Von heute aus betrachtet, gerät zunächst die Kontrolle in den Blick, die auf „Regierung“ (wie Herbart formulierte), auf die Reglementierung der potenziell aufmüpfigen Bürger, vor allem der Arbeitnehmer, hinausläuft. Historisch gesehen ging es mit der Französischen Revolution aber zunächst um die Kontrolle der obrigkeitlichen Machtansprüche. Der souveräne Bürger wollte den Staat kontrollieren und vor allem festlegen, was der Staat überhaupt darf. Diese Begrenzung obrigkeitsstaatlicher Einlußnahme liegt vielen Schutzbestimmungen des bürgerlichen Rechts zugrunde. Vor allem der Schutz des Eigentums folgte dieser Logik. In den arbeitsweltbezogenen Regelungen konkurrierten diese verschiedenen Kontroll-Logiken. Bezogen auf die Arbeitswelt hatte der Schutz des Eigentums allerdings einen praktischen Vorrang. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass die verschiedenen staatlichen Kontroll-Instrumente eine ganz verschiedene Entwicklung nahmen. Die Fabrik-Inspektion beispielsweise konnte sich in Deutschland nicht so etablieren wie in England oder der Schweiz. Vielmehr wurde sie vor allem über den Anwohner-Schutz und den Schutz der Mütter und Kinder, also der nachfolgenden Generationen begründet und mit wenigen Eingriffsmöglichkeiten ausgestattet. Erst 1878 wurde die Fabrikinspektion in Deutschland obligatorisch, sie sollte jedoch im Wesentlichen die Unternehmer beraten und nicht polizeilich überwachen. Anders die Schulinspektion. Seit 1794 waren in Preußen die Schulen de jure eine Einrichtung des Staates und unterlagen ihrer Kontrolle. Praktisch vor allem gegen den Einfluß der Kirchen wurde schließlich 1872 das „Schulaufsichtsgesetz“ beschlossen, das die Bestellung von Schulinspektoren sowie deren allgemeine Zuständigkeit regelte und katholische Ordensangehörige (Jesuiten) ausschloß.226 In dem Konflikt vor allem mit den Ansprüchen der katholischen Kirche konnte der Staat nicht Aufsichtspflichten so delegieren, wie das bei der Fabrikaufsicht möglich war.

225 vgl. dazu: Marx, K.: Lohn, Preis, Profit. In: MEW, Bd. 16, S. 127-128 226 Hintergrund des „Kulturkampfes“ war das am 18.07.1870 verkündete Unfehlbarkeitsdogma der katholischen Kirche, dem sich einige katholische Lehrer nicht anschlossen, denen wiederum bischöflicherseits die „missio canonica“ für den Religionsunterricht entzogen wurde, was der preußische Kultusminister nicht anerkannte, weil den Maßnahmen der Bischöfe „eine rechtliche Wirkung auf das von den Beteiligten bekleidete Staatsamt“ nicht zukomme. (vgl. Karl Bungardt: Die Odyssee der Lehrerschaft. Sozialgeschichte eines Standes.- Frankfurt/M.: Kern&Birner, 1959, S.84f) - 134 - Vielmehr wurde festgehalten: Lehrer waren an die Weisungen der Schulaufsicht gebunden. Dies wurde in dieser Zeit auch durch die Auseinandersetzungen mit den Arbeiterbewegungen verstärkt. Der Innenminister Robert Viktor von Puttkamer ermahnte 1880 vor allem die organisierte Lehrerschaft vor einer „unangemessenen Überschätzung des eigenen Könnens und Wissens“ und riet dem Lehrerstand, „die Sorge für die großen Gesichtspunkte, deren er sich auch annehmen zu müssen glaubt, seinen Vorgesetzten zu überlassen und sich auf die Sphäre zu beschränken, die sein Beruf ihm anweist“227 Die Schulinspektion betraf also die gesamte Ausrichtung der Schule, von den materiellen Gegebenheiten, über den Unterricht bis hin zu der Lehrerschaft. In der Arbeitserziehung konnte daher keine Verbindung hergestellt werden zwischen dem Ausbau der staatlichen Aufsicht in der Arbeitswelt und der Aufsicht in der separaten Einrichtung Schule. Eine Verbindung zwischen gewerbehygienischen und schulhygienischen Forderungen konnte nicht hergestellt werden. Die reformorientierten Pädagogen konnten sich nicht auf Ergebnisse und Praktiken des Arbeiterschutzes oder der Schulaufsicht berufen. Stattdessen mussten seitdem arbeitsweltbezogene Inhalte so in die schulische Bildung eingeführt werden, als hätte die schulische Wirklichkeit nichts mit der Wirklichkeit des Arbeitslebens zu tun, und umgekehrt als müsste die Orientierung auf die produktive Arbeit äußerlich aufgesetzt werden. Die Selbstreflexion einer Einrichtung, die mit der Kontrolle, vor allem mit einem entsprechenden Berichtswesen oder gar einer Evaluation, prinzipiell möglich war, wurde in Preußen-Deutschland gerade dort blockiert, wo es um den Bezug zur Arbeitswelt ging. Dabei hätte es Anhaltspunkte genug gegeben. Von Beginn des Arbeiterschutzes in Deutschland beispielsweise spielte der Schutz der Kinder und Jugendlichen eine zentrale Rolle. Über die Kernproblematik der Kinderarbeit wurde bereits berichtet. Ebenso waren besondere Belastungen der Kinder durch und in der Schule bekannt. Auch Einrichtung und Ergebnisse der Fabrikinspektoren, später der Gewerbeaufsicht und schließlich der spezifisch zuständigen Berufsgenossenschaften hätten aufgegriffen werden können. Diese Verbindung zwischen Arbeiterschutz und Arbeitserziehung wurde nicht genutzt. Stattdessen dominierte im Grunde eine Auseinandersetzung um berufliche Bildung, also des Teils der elementaren Bildung, der unmittelbar auf die Nutzung im Erwerbsleben ausgerichtet war. Von der sozialhistorischen Situation aus war diese Ausrichtung begründet zum einen durch die Entwicklungen in der Produktion selbst. Das alte Handwerk taugte nicht mehr als Basis der beruflichen Qualifizierung. Bereits 1875 holte der Verein für Sozialpolitik, gerade gegründet, 16 Gutachten ein zur Reform des Lehrlingswesens. Gustav Schmoller faßt die Ergebnisse zusammen: „Die weitgehende Arbeitsteilung, der große Maschinenbetrieb hat oder duldet keine

227 zit. Bungardt, Karl: Die Odyssee der Lehrerschaft. Sozialgeschichte eines Standes. Frankfurt a.M., S. 87f. - 135 - Lehrlinge mehr im alten Sinne des Wortes; [...] für diese jugendlichen Arbeiter in den grösseren Etablissements reicht der Erlass eines Lehrlingsgesetzes nicht aus; zu Lehrlingen im alten Sinne des Wortes kann sie ein Gesetz nicht machen, das alte Lehrlingswesen setzt die alte einfache Werkstatt und den Mangel an Arbeitsteilung voraus.“228 Eine neue Arbeitserziehung war nötig, die mit den technischen und arbeitsorganisatorischen Entwicklungen Schritt halten konnte. Zum anderen war die Ausrichtung aus der immanenten Logik der gesellschaftlichen Inklusion begründet, die als Disziplinierung der Arbeiter konzipiert war. Diese Disziplinierung gelang, das war ein Ergebnis des gescheiterten Versuchs, mit dem Sozialistengesetz die Arbeiterorganisationen zu zerschlagen, nicht einfach durch politische Beherrschung. Vielmehr musste die Einbindung der Arbeiter in die Produktionsweise betrieben werden. Sehr deutlich brachte das die Instrumentalisierung der Schule zum Ausdruck, wie sie unter dem Sozialistengesetz erfolgte: Gegen die „wahrhaft entsetzliche Verwilderung der Gemüter und Verwirrung der sittlichen Begriffe“, für die Sozialdemokraten nach den dubiosen Kaiser-Attentaten 1878 verantwortlich gemacht wurden, und das „bereits in die zartesten Adern unseres Volkslebens, bis in die Jugendkreise hinab“, eingedrungene Gift, besonders gegen „Genußsucht und Begehrlichkeit anstelle der Genügsamkeit und Sparsamkeit, Arbeitsscheu anstelle des Fleißes, Leichtfertigkeit anstelle der früher gepriesenen deutschen Solidität“, sollte der „innere Hebel bereits in der Schule“ angesetzt werden. Neben dieser Verfügung der Königlichen Regierung zu Düsseldorf v. 26.6.1878 wollte der Innenminister 1888 in der Volksschule die religiöse und vaterländische Gesinnung beleben und „diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten“ aneignen, deren die Jugend „zur Begründung ihrer Erwerbsfähigkeit nicht entbehren kann“, damit den „Irrlehren“ begegnet werden könnte. Deutlicher wurde in jenen Jahren, dass solche „Kenntnisse und Fertigkeiten“ eben nicht bei allgemeiner sittlicher Festigung, also der Abwendung von der Sozialdemokratie, stehen bleiben sollten, sondern auf die „elementaren Grundsätze der Volkswirtschaft (Ministerialerlaß v. 18.10. 1890) aufbauen müsste. Hier gab es Ansätze, auf die zurückgegriffen werden konnte. Infrage stand allerdings, wie tragfähig solche Ansätze waren, die stärker auf die ideologische Seite der Arbeitserziehung abhoben. Dies taten auch solche Ansätze, die vordergründig einfache Handarbeit in den Mittelpunkt stellten. Denn einfache Handarbeit hatte eben einen rückwärtsgewandten Inhalt und stellte auf Sitte und Tugend ab. E. von Schenckendorff beispielsweise setzte sich für einen Handfertigkeitsunterricht ein. Entsprechende Fördervereine entstanden: 1876 Verein für häuslichen Gewerbefleiß, 1891 Deutsches Zentralkomitee für Handarbeit und Hausfleiß, 1886 Deutscher Verein für Knabenhandwerk, Deutscher Verein für werktätige Erziehung. 1887 richtete A. Papst ein Seminar in Leipzig ein. Auch in Skandinavien, Dänemark und Schweden) kam der

228 zit. G. Schmoller 1878, S.191; zit. nach L. Böhnisch, Schröer: a.a.O., S. 49 - 136 - „Handfertigkeitsunterricht“, „Slöyd“, auf, wobei es einen mehr technischen und einen mehr musischen Zwei gab. Werkunterricht galt als Vermittler von Arbeitstugenden. In diesem Sinn führte 1902 H. Scherer den Begriff „Werkunterricht“ ein, als handlungsorientierte Basis für alle praxisorientierten Fächer; er sprach von „Arbeitsunterricht“. Darauf aufbauend propagierte Oskar Seinig den Werkunterricht als allgemeines Unterrichtsprinzip: Anschauung und handelndes Lernen („Begreifen“). Diese Arbeitserziehung zielte auf den ideologischen Aspekt der gesellschaftlichen „Veredelung“ der Arbeiter. Die Inklusion der arbeitenden Bevölkerung in die gesellschaftliche Ordnung orientierte aber weitergehend auf die Anforderungen der Arbeitswelt. Denn auf dem Hintergrund der rasanten produktiven Entwicklung wuchs zum Ende des 19. Jahrhunderts insgesamt das Bestreben, die schulische Erziehung effektiver auf die Arbeitswelt zu beziehen. Dies aber war, eben wegen der Spannungen, Gegensätze und Widersprüche in der Arbeitswelt selbst, nicht so einfach. Neben den herrschaftsstabilisierenden Bezugnahmen der „Handfertigkeit“ gab es auch sozialreformerische Bezugnahmen. So erklärte Heinrich Schulz, zusammen mit Clara Zetkin wichtigster Schulpolitiker der Sozialdemokratie, auf dem SPD-Parteitag 1906: „Da der Sozialismus in der gesellschaftlichen Arbeit den Ursprung und die Grundlage der gesellschaftlichen Organisation erblickt, da er aus diesem Grunde den Gegensatz zwischen Handarbeit und Kopfarbeit, zwischen Praxis und Theorie aufhebt und damit die Arbeit aus der verachteten Niedrigkeit von heute erheben und zu einer Quelle des Glücks und der Freude gestalten will, so wird auch für die Erziehung in der sozialistischen Zukunft die ‚Arbeit‘ die Grundlage und zugleich das wertvollste lebenerweckende und zu sozialer Gesinnung erziehende Element bilden.“229 Daher forderte Schulz die „Einführung des Arbeitsunterrichts in allen Schulen, Errichtung von Lehrwerkstätten, Pflege der künstlerischen Bildung“ (zit. ebd.). In diesen Jahren der Auseinandersetzung mit dem „Revisionismus“ eines Eduard Bernstein und auch mit orthodoxen (Karl Kautsky) oder konsequenten Marxisten (Rosa Luxemburg) gedieh auf der pragmatischen politischen Ebene ein Reformismus, der sich nicht mit dem theoretischen Problem der Revolutionsfalle aufhielt, sondern im Grunde ein Herauswachsen produktiver Kräfte aus dem Kapitalismus hinein in die „sozialistische Zukunft“ annahm. 3.1.5 Sozialreformerische Arbeitsschulen In dieser ideologisch ungeklärten Phase formierte sich die Arbeitsschulbewegung. Ansätze der Arbeitsschule gehen zurück auf Weltausstellungen 1851 in London, 1863 in Paris und 1876 in Philadelphia, in denen ein Niedergang der europäischen Kompetenz festgestellt und die Forderung aufgestellt wurde, „eine möglichst breite kulturelle Trägerschicht

229 Leitsätze zum Thema „Volkserziehung und Sozialdemokratie“, Parteitag der SPD 1906 in Mannheim; zit U. Jenzen 1993, S.71 - 137 - innerhalb der Werktätigen und der Konsumenten heranzubilden, eine Schicht mit handwerklich-technischem Geschick und kritischem Urteilsvermögen in Fragen der Kunst“230. Wieder sollten Grundfertigkeiten zusammen mit verschiedenen Arbeitstugenden vermittelt werden. Über die alten Wurzeln aus der „Handfertigkeit“ hinaus traten nunmehr jedoch die produktiven, technischen und arbeitsorganisatorischen Aspekte der modernen Arbeitswelt in den Vordergrund: Die Befähigung der jungen Menschen bestand nicht in dem Erlernen von Arbeitstugenden durch einfache Tätigkeit; die Befähigung bestand nun darin, den komplexen technisch-sozialen Anforderungen gerecht zu werden. Die Arbeitsschulbewegung war daher in sich sozialreformerisch angelegt. Sie hatte in John Dewey und Georg Kerschensteiner ihre wichtigen Protagonisten und teilte sich in dieser Hinsicht dann231 in eine marxistisch-orientierte (Blonskij), bzw. sozialdemokratisch-revisionistisch (Seidel, Oestreich) Linie. John Dewey (1859-1952) entwickelte seine Vorstellungen in der Kritik an dem einfachen Werkunterricht. Für ihn waren, in der Nachfolge C. R. Richards,232 die engen lehrerorientierten und isolierten Lernvorgänge nicht geeignet, den Zugang zu den wirklichen Lebens- und Arbeitsbedingungen zu öffnen. In komplexerem Ansatz wollte er den Bezug zur Gesellschaft in den Unterricht einbringen. Dieser Bezug war nicht durch ideologische Zielvorstellungen, etwa im Sinne des orthodoxen Marxismus, belastet, sondern in der Tradition pragmatischer amerikanischer Philosophie entwickelt. So wollte Dewey im Grunde lediglich mit dem gesellschaftlichen Bezug demokratische Orientierungen in die Erziehung einbauen. Er betonte entsprechend Naturwissenschaften und praktische Erfahrungen. Für ihn war Denken ein Instrument zum Handeln, das er immer auch auf gesellschaftliche Entwicklung ausdehnte. Insofern schloß er auch ethische Dimensionen ein, mit denen er die Zielvorstellungen der Pädagogik fasste: es ging ihm um einen ewig anhaltenden Prozeß des Vervollkommnens, Reifens und Verfeinerns. In diesem sozialen Humanismus war eine weitergehende Klärung der Ziele und Zwecke nicht nötig. Dewey zeigte die Grenzen des Handfertigkeitsunterrichts auf, deren Legitimation er als „peinvoll unangemessen und zuweilen geradezu falsch ansah. Zwar wäre diese Arbeitserziehung aktivierend und praktisch vorbereitend: „Aber trotzdem ist diese Anschauungsart eine ganz ungewöhnliche enge und begrenzte: Wir müssen dieses Arbeiten mit Holz und Metall, das Weben und Kochen bei uns so aufnehmen, als sei es Lebenszweck und nicht nur ein bestimmtes Lehrfach. Wir müssen es in seiner sozialen Bedeutung auffassen, als einen typischen Prozeß, durch den sich die Gesellschaft erhält, als ein Mittel, in den Kindern das Verständnis für die maßgebensten Bedürfnisse der bürgerlichen Gesellschaft zu erwecken und klar zu machen, wie diese Bedürfnisse durch die wachsende Einsicht und den Geist der Menschen befriedigt werden können. Kurz und gut, als ein Mittel, durch

230 B. Wessels: Die Werkerziehung.- Bad Heilbrunn/Obb. 1967, S.23 231 Jenzen, U.: a.a.O., S. 84 232 vgl. Jenzen, U.: a.a.O, S.82f. - 138 - welches die Schule selbst zu einem naturgemäßen Teil des Gesamtlebens gemacht werden soll, während sie jetzt eine abseits liegende Stätte ist, in welcher man nur seine Lektionen zu lernen hat.“233 Diese elementare Auseinandersetzung mit der separaten Einrichtung Schule und der Notwendigkeit, diese separate Einrichtung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu verbinden, macht die große Bedeutung John Deweys aus. Er sah die Möglichkeit einer Verbindung in der Erfahrung konkreter und gesellschaftlich relevanter Arbeit: „Der Hauptgrund, weshalb die Schule von heute sich zu einer natürlichen, sozialen Gemeinschaft nicht ausbilden kann, ist eben der, dass die Elemente gemeinsamer, produktiver Arbeit fehlen.“234 Hierzu wollte er vor allem projektförmigen Unterricht etc. aufzufangen, der jedoch auch politisch-ethisch angereichert werden müsste: „Vom ethischen Standpunkt aus betrachtet liegt die tragische Schwäche der jetzigen Schule darin, dass sie sich bemüht, zukünftige Mitglieder des Gemeinwesens in einer Umgebung zu erziehen, in der die Bedingungen des sozialen Geistes vollständig fehlen.“235 Daher wollte er solche Bedingungen aufbauen, in die Schule hereinholen. Dazu sollte sich die Schule hin zum gesellschaftlichen Leben, voran der Arbeitswelt, öffnen und Teilaufgaben in Projektform angehen. Allerdings ist nicht erkennbar, dass Dewey die separate Wirklichkeit der Schule selbst in diese Betrachtung einbeziehen und die Schule mit der alltäglichen Wirklichkeit in der Arbeitswelt verbinden wollte. Dies wäre aber seinem Ansatz nach praktisch möglich gewesen: „Schüler in Verbindung mit dem Lehrer entdecken in der umgebenden Lebenswirklichkeit eine Aufgabe, die es gemeinschaftlich, und zwar praktisch zu lösen gilt. Der Schwerpunkt liegt auf der praktischen Verwirklichung der Aufgabe. Gemeinsam planen die Schüler das gesamte Werk. Die Bewältigung der Sachverhalte sowie die Durchführung der einzelnen Arbeitsschritte führen zu Fragen, zu deren Lösungen Kenntnisse aus verschiedenen Fachgebieten erforderlich sind. Evtl. müssen sie während der Durchführung der Arbeit rasch angeeignet werden. Alle Schüler arbeiten an der Aufgabe mit, ohne dass alle das Gleiche tun. Das Arbeitsvorhaben wird also kooperativ und differenziert bewältigt. Jeder Schüler erwirbt neue Erfahrungen, die alle Bereiche menschlichen Lebens umfassen, den kognitiven, emotionalen und sozialen Bereich.“236 Zwar wollte Dewey den Separatismus der Schule überwinden, er tat dies aber, indem er den Separatismus der Inhalte beibehielt. Daher blieb von seinem Ansatz vor allem, in einer breiteren und reflektierteren Art und Weise Aspekte der Arbeits- und Lebensbedingungen an die Schule und in den Unterricht zu bringen. Die Einbeziehung der schulischen Arbeits- und Lebensbedingungen gelang ihm nicht.

233 Dewey, J.: Die Schule und der soziale Fortschritt (1900); zit. U. Jenzen 1993, S.83 234 ebd. 235 ebd. 236 Dietrich, Theo: Projektunterricht und Gesamtunterricht. Versuch einer Abgrenzung.- In: Kaiser, Kaiser a.a.O., S. 138f; zit. U. Jenzen 1993, S.83 - 139 - Dies versuchte der zweite angesprochene Protagonist, Georg Kerschensteiner (1854-1932), wenigstens auf der ideellen Ebene. Kerschensteiner war Gymnasiallehrer, Stadtschulrat und Honorarprofessor in München. Er knüpfte an Pestalozzi an und verband Werkstätten mit naturwissenschaftlichen Laboratorien (Beobachten, Vergleichen, Folgern, Prüfen, Urteilen). So forderte er Schulküchen, Schulgärten, Aquarien, Terrarien, Volieren, chemische und physikalische Experimente. Alles sollte möglichst „irgendwie mit den wirtschaftlichen oder häuslichen Arbeitskreisen der Eltern zusammenhängen“237. Er setzte auf die Selbsttätigkeit als manuelle Arbeit, weil hier die praktisch wichtigste Entwicklung vorging. Kerschensteiner reflektierte die soziale Dimension der Arbeitserziehung, folgte aber einer sozial- reformerischen Sozialdisziplinierung: „Der Sinn des Lebens ist nicht herrschen, sondern dienen. Erst wenn die Schularbeit dieses Adelswappen trägt, kann sie Grundlage der staatsbürgerlichen Erziehung werden, einer Erziehung, die alle Volksgenossen zuerst und vor allem von der Schule fordern müssen, und die wir bisher, wie vieles andere auch, dem bloßen Worte zugemutet haben. Erst aus der gemeinsamen Arbeit wächst das Gefühl gemeinsamer Aufgaben, das Gefühl der Notwendigkeit der Unterordnung unter gemeinsame Zwecke. Mit ihr greift die Kette des sozialen Lebens in die Schule hinein.“238 Das solidarische Gefühl sollte so auch in der schulischen Wirklichkeit erfahren und entwickelt werden. Insofern argumentierte Kerschensteiner ideologischer als Dewey. Er distanzierte sich von staatlichen Vorgaben, war allerdings der naiven Meinung, die erzieherischen Aufgaben würden sich sozusagen aus der gemeinsamen Arbeit von selbst ergeben. In diesem allgemeinen Begriff der Arbeit versteckte sich ein offenes Einfallstor für „völkische“ Ideologien. Seine „Erziehung zum Staatsbürger“ besaß zwar eine gesellschaftliche Dimension, diese war aber zugleich inhaltslos, ergab sich aus dem schöpferischen Akt der Arbeit selbst. Das „Schaffen eines Werkes aus freier Überlegung heraus“ ist in sich schöpferisch und transportiert übergeordnete Inhalte, denn „im Grunde ist alle Arbeit eine geistig-körperliche Arbeit“, nämlich „Betätigung, die ihren Zweck in der denkenden Gestaltung von Bewusstseinsinhalten .. behufs Herstellung bündiger, geistiger Sachverhalte“.239 Demnach setzte er folgende Bedingungen für einen Bildungswert der Arbeit: a) Spontaneität b) Totalität c) Betätigungsfreiheit d) Wachstumsbewußtsein e) Selbstprüfungsmöglichkeit Durch und am schöpferischen Werk könnte, so Kerschensteiner das Prinzip des Schullebens gefunden werden, in dessen Zentrum eben die Arbeit zu stehen

237 Kerschensteiner, G.: Die Schule der Zukunft eine Arbeitsschule. Festrede zur Pestalozzifeier am 12. Januar 1908 in der Peterskirche zu Zürich.- Oldenburg o.J., S.6; zit. U. Jenzen 1993, S.89 238 Kerschensteiner, G.: a.a.O., S. 6f; zit. ebd., S.89 239 Kerschensteiner, G.: Der pädagogische Begriff der Arbeit.- Oldenburg, 1912, S.19; zit. U. Jenzen 1993, S.90 - 140 - habe. Es ging ihm daher nicht um konkrete Fertigkeiten, sondern um eine generelle „Willensschulung“, die wiederum durch nicht erzwungene einfache Praxis voran geht: „Vor allem wissen wir, dass es keine generelle Förderung eines allgemeinen Willensvermögens gibt, sondern nur eine Schulung von ganz konkreten Willensklassen an bestimmten Aufgaben. Wir wissen weiter, dass unter den Grundmitteln der Willensschulung das Beste eine Gewöhnung ist, die aus der Arbeitsfreude erwächst.“240 Kerschensteiner sah Überlegungen zur Arbeitsschule und zur staatsbürgerlichen Erziehung als Einheit, verbunden durch „Charakter“ und Charakterbildung. Der Weg zum „Selbstbestimmungsrecht“ des Zöglings galt ihm als Selbsterziehung, bei der eigene Verantwortlichkeit mit der Zeit an Stelle der äußeren Beeinflussung durch Erzieher treten sollte.241 Kerschensteiner setzte v.a. auf Einsicht und produktives Handeln: „Wirke! Nur in seinen Werken kann der Mensch sich selbst bemerken.“242. Diese Dimension dachte Kerschensteiner nicht individualistisch. Vielmehr sollte kollektives Arbeiten zu sinnvollen Zwecken in Pflichterfüllung führen: „Wenn die Menschen erst einmal verstehen lernen, daß der feste, sittlich gerichtete Charakter auch für den einzelnen und nicht bloß für die Gesamtheit mehr Wert hat, als das Wissen allein, werden unsere Schulorganisation bei der Charakterpflege sich des Mittels ´der Arbeitsgemeinschaft´, wie ich es nenne, in ausgedehnterer Weise bedienen.“ 243 In diesem Ansatz wurde die Arbeit sozusagen zum inneren ideologischen Fluchtpunkt, zur anthropologischen Basis des irdischen Daseins: „Wer etwas Rechtes erringen will, muss arbeiten. [...] Arbeit ist die Bedingung unsres Lebens, der Menschheit Hoheit und Adel, das uns vor allen Erdengeschöpfen Auszeichnende.“244 Über Arbeit wurden individuelle und zugleich gesellschaftliche Beziehungen hergestellt und geadelt: „Der Gedanke, durch seine Arbeit nicht bloß sich selbst, sondern auch andern zu dienen, seine schwache Einzelkraft für das Wohl des Ganzen einzusetzen, verleiht selbst der niedrigsten Art von Arbeit einen hohen Adel, und da alle Menschen ohne Ausnahme zur Arbeit und zwar nicht bloß für sich selbst, sondern auch für andre verpflichtet sind, so offenbart sich in dieser Tatsache eine wunderbare Harmonie, die unwidersprechlich zur Erkenntnis der durch das Christentum gelehrten Gleichheit der Menschen führen muss.“245 Die historische Tatsache, dass die Wirklichkeit der Arbeit diesen Adel und diese Harmonie gerade nicht kannte, war in diesem Ansatz lediglich eine unvollkommene Entwicklung der Arbeit an sich. Damit stellte der von Kerschensteiner vertretene Ansatz zwar die gesellschaftliche und ideologische Dimension der Arbeitserziehung heraus, löste

240 Kerschensteiner, G.: a.a.O., S. 113 241 Kerschensteiner, G.: a.a.O., S. 171 242 Kerschensteiner, G.: a.a.O., S. 178 243 Kerschensteiner, G.: a.a.O., S. 187f. 244 Schürmann: a.a.O., 1907, S. 223 245 Schürmann, a.a.O., S. 224 - 141 - sie aber zugleich von den wirklichen gesellschaftlichen Bedingungen. Auch Lehrer, die aus der Arbeiterbewegung kamen, verfolgten diesen Ansatz. So hielt Robert Seidel (1850-1933), als Tuchmacher in Sachsen in der Arbeiterbildung aktiv und später Lehrer in Zürich, die Arbeit für die vorrangige Quelle der Erkenntnis. In der Arbeit hob er das handelnde und erprobende Moment hervor, das die Anschauung einschließt. Praktisch legte er das Gewicht auf „Bearbeitung“ durch „werkeschaffende Handarbeit“, die er wiederum zur Grundlage einer allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung sah: werkeschaffende Handarbeit verscheucht Müßiggang, leitet den kindlichen Tätigkeitstrieb „zum Guten und Schönen“, „erweckt auch Freude an nützlicher Tätigkeit überhaupt und Liebe zu freier, selbstgewählter Arbeit und zu selbstgesetzter zweckmäßiger Wirksamkeit“; aus der Selbsttätigkeit wächst die Selbstachtung und die Sittlichkeit. In dieser Position zeigen sich auch die möglichen Verschränkungen von gesellschaftlich losgelöster „Handfertigkeit“ und ideellem Gesellschaftsbezug. 246 3.1.6 Differenzierung der Arbeitserziehung zum Anfang des 20. Jahrhunderts An diesem Ansatz äußerten Zeitgenossen verschiedene Kritikpunkte. Zum einen richtete sich die Kritik auf eine zu starke Focussierung auf Naturwissenschaften (Gaudig)247. Zum anderen gab es Kritik an einer zu starken Orientierung auf Handarbeit in einer technisch fortgeschrittenen Arbeitswelt (Blonskij). Gaudig kritisierte auch die einseitige Orientierung auf den Staat, weil andere Bereiche wie Beruf, Familie, Bildung, Religion nicht einfach in staatsbürgerlicher Bildung aufgehen würden. Es gab auch gute Kritik an der ausstehenden Sinngebung, die allerdings auf höhere Schulen beschränkt wurde. Immerhin wurde in diesen grundlegenden Ansätzen das Prinzip der Selbsttätigkeit hochgehalten und in veränderte gesellschaftliche Verhältnisse übertragen. Dies nutzte beispielsweise Paul Natorp248 um die Wende zum 20. Jahrhundert, in dem er die Bedeutung der Arbeiterbewegung für gesellschaftliche Integration heraus stellte. Er sah in der Selbsttätigkeit die Grundvoraussetzungen für Gestaltungswillen, Gemeinschaftsidee und Gerechtigkeitsvorstellungen. In diesem Sinne wollte er die Selbstbildungskraft der Arbeiterbewegungen nutzen. Hier wird deutlich, wie sehr sich der allgemeine Ansatz von Kerschensteiner im Grunde auch von pädagogischen Zielen löste und von einer zeitgenössischen Suche nach der „Gemeinschaft“ beeinflusst wurde. Diese zeitgenössische Suche war der wachsenden Vergesellschaftung zum Ende des 19. Jahrhunderts geschuldet und äußerte sich vielfältig. Neben Arbeiterbewegung und Militarismus traten verstärkt rassenhygienische Vorstellungen von einem „Volksganzen“ und auch diffuse Jugendbewegungen,

246 R. Seidel: Die Schule der Zukunft eine Arbeitsschule (1906); zit. U. Jenzen: a.a.O., S.105 247 vgl. dazu: Gaudig, Hugo: Schule und Schulleben. Leipzig, 1923 248 vgl. dazu: Natorp, Paul: Sozialpädagogik.Theorie der Willensbildung auf der Grundlage der Gemeinschaft. Stuttgart, 1899, 4. Auflage 1974 - 142 - wie die 1896 beginnende Wandervogel-Bewegung in Berlin. In dem unterschwelligen Verständnis qualitativ neuer Gesellschaftlichkeit fragte die Jugend nach neuen Inhalten und einem neuen Lebensstil: „[...] das Öffnen des engen Lebensraumes der bürgerlichen Welt in eine neue metaphysische Unendlichkeit, das Bekenntnis zum Wagnis und der Mut zur Lebensentfaltung um ihrer selbst willen, aber nicht in Zügellosigkeit, sondern gerade umgekehrt in einem strengen Sichbindenwollen an das wahrhafte Gesetz des Wesens durch ein gesteigertes Verantwortungsgefühl und eng damit zusammenhängend ein neuer Wille zum Volk, das dieser Jugend bei ihren Großfahrten durch alle deutsche Landschaften, bei ihrem Verkehr mit allen Klassen, zunächst den Bauern, und vor allem bei ihrer Begegnung mit der Jugend aller Stämme und aller Schichten wie von selbst neu erwuchs. Das Ideal der Väter war demgegenüber bürgerlich, ängstlich auf das Fortkommen und das sichere Leben bedacht, immer bereit, den Pflock des Ideals ein Loch zurückzustecken, wenn die Anstellung in Frage stand, und mit einer Schätzung von äußerem Rang und wirtschaftlichem Erfolg, für die diese Jugend kein Verständnis mehr hatte. Ihr schien die Welt nicht des Lebens wert zu sein, wenn ihr Sinn nur Verdienen, Kleider und Titel und schließlich der individuelle Genuß sein sollte. Sie fragte: was ist wesentlich, was ist unwesentlich, und zwar bereit sich unbedingt in das Wesen zu stellen. Damit erst entstand der eigentliche Gegensatz der jungen Generation zu der älteren, nämlich nun von unten her, die jüngste Generation war jetzt unzufrieden mit der älterem aus ihrem Ideal heraus.“249 Diese Jugendbewegung griff zwar auf „Natur“ zurück und hatte auch einen ideellen gesellschaftlichen Bezug, doch gerieten zugleich die gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsbedingungen aus dem Blick, ja waren sogar das, von dem man sich abwenden wollte. Mit diesem Bezug war zugleich ein weiteres zentrales, übergeordnetes Motiv der Arbeitserziehung aktiviert, das gleichwohl von dem bisherigen Kern der „Arbeitsschule“ weg führte. Das übergeordnete Motiv war die Erziehung der Jugend, besser: der frühzeitige und organisierte Sozialisationsauftrag.250 Dieser Sozialisationsauftrag enthielt zwar den Übergang zur Arbeit als selbstverständlichen Entwicklungsvorgang, aber der konkrete Inhalt der Arbeit konnte in dem Entwicklungsprozeß verschwimmen: es ging um die Arbeit ganz allgemein, so wie es die französische Sozialhistorikerin beschreibt: „Ohne Zweifel war der Bezug zur Arbeit, der im 20. Jahrhundert den Unterschied zwischen Kindheit und Jugend bestimmte. Die Kindheit wurde von Arbeit mehr und mehr befreit; die Jugend war ihr gewidmet. In bezug auf die Jugend trat die Schule in Konkurrenz zur Fabrik [...] Waren sie einmal dreizehn, wurde für sie [...] die Arbeit zur Norm. Mit dem 18. Lebensjahr waren sie Erwachsene, die nur Pflichten, aber keine Rechte hatten. Die Werkstatt, die Fabrik, die Baustelle

249 Nohl, H.: Die pädagogische Bewegung in Deutschland.- In: ders., Pallat, L.: Handbuch der Pädagogik.- Bd.1, Langensalza 1933, S.310f; zit. Jenzen, U.: 1993, S.73 250 Schlagwortartig zusammengefasst wurde diese Bedeutung der Jugendlichkeit, die wir auch in der Kunst sehen, in dem Buch von Ellen Key: „Jahrhundert des Kindes“, das 1902 erschien. - 143 - wurden so zu Räumen der Jugend, wenigstens zu Stätten der Arbeiterjugend. Der ‚Feierabend in der Fabrik‘, zu Beginn unseres Jahrhunderts ein beliebtes Ansichtskartenmotiv, zeigt vor den Toten der Textilfabriken, an der Seite von Frauen, sowie vor Glashütten oder Hochöfen, unter lauter Männern, diese Gruppen von eigentlich sehr jungen Jugendlichen.“251 So gesehen löste „die Jugendfrage [...] die Arbeiterbildungsfrage ab, und die Pädagogik wanderte aus den Fabriken in Jugendmoratorien.“252 Kulturelle Einbindungen insgesamt, vor allem die „Amerikanisierung“ der Jugend, wurden wichtiger als technische oder arbeitsorganisatorische Lernprozesse, die auf konkrete berufliche Tätigkeiten abzielten. Die Kultur wurde zum immer diffuseren Ort der gesellschaftlichen Bezüge. Die Arbeitswelt erhält ihre Bedeutung durch die Kultur – und nicht umgekehrt. Ein Vertreter dieser Arbeitserziehung war Fritz Gansberg (1871-1950), der in Bremen von 1890 an einen großen Einfluss auf die Reformpädagogen hatte.253 Bereits vor dem 1. Weltkrieg entwickelte er seine Vorstellungen von der „kulturschaffenden Arbeit“, wie sie mit der Vergesellschaftung einhergeht: „Die Großstadt entfremdet die Jugend von der Natur, die hohen Mietskasernen rauben den Kindern Licht und Luft, die Fabrik raubt ihnen die Mutter, die wirtschaftliche Not treibt sie zum frühen Gelderwerb, Lebenskraft und Lebensfreude drohen zu ersticken. Die kulturschaffende Arbeit zieht sich mehr und mehr aus den Häusern zurück in die Werkstätten und Fabrikräume, die zu betreten Unbefugten verboten ist. Von der Arbeit des Vaters erfahren die Kinder wenig oder nichts und die Hauswirtschaft gibt auch eine Arbeit nach der anderen an die Industrien ab, die Wäsche wird vielleicht in den Fabriken gewaschen, und die Nahrungsmittel kommen mehr und mehr in bereits präparierter Form in die Küche. So wird das Haus allmählich zum Anhängsel des öffentlichen Lebens, das doch die Kinder nicht verstehen.“254 Während derart das Elternhaus immer weniger zur primären Sozialisation taugt, wollte Gansberg in der Schule eine „produktive Betätigung“ ausbauen, mit der Lernmotivation und soziale Inklusion angeregt würden. „Wir stellen den ganzen Unterricht in den Dienst der produktiven Betätigung. Alle Stoffe sind uns in erster Linie ein Anlaß, das eigene Gedankenleben in uns in Bewegung zu setzen, darum wollen wir versuchen, schon den Themen eine so kinder- oder volkstümliche Form zu geben, daß die Arbeitslust der Schüler angeregt wird […]“. 255 In diesem Sinne konzeptionierte er die Arbeitserziehung als reformorientierte Verbindung zwischen intrinsischer Motivation und kultureller Inklusion: „Die Arbeitsschule ist die Förderung einer neuen Produktionsweise; auch darin sind sich die Reformer einig. Die alte Schule entstammt noch der Zeit einer

251 Perrot, Michelle: 1997, S.121; zit. Böhnisch, L. , Schröer, W.: a.a.O., 2001, S.50) 252 ebd. S. 51 253 Zur Biografie vgl. Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S. 342f 254 Gansberg, F.: Demokratische Pädagogik.- Leipzig 1911, S.281; zit. Jenzen, U.: 1993, S.344 255 ebd., S.278; zit. ebd., S.347 - 144 - vorwiegend häuslichen und nachbarschaftlichen Produktionsweise. Da konnte das Kind in alle möglichen Betriebe hineinsehen, es mußte überall mit zugreifen und konnte so sehr wohl den Sinn einer kleinen Dorf- und Straßenkultur in praktischer Arbeit in Haus und Hof und Nachbarschaft erfassen. Jetzt ist das anders; wir sind auf Schritt und Tritt von Dingen umgeben, über deren Fabrikation uns nichts bekannt ist; die Kultur ist unübersichtlich geworden und füllt sich täglich mehr mit Rätseln. Wird da nicht schließlich ein Geschlecht heraufwachsen, das nicht mehr über seine kleinen, ihm durch den Zufall angewiesenen Arbeitsgebiete hinüberzuschauen vermag in fremde Wirkungsstätten, das nicht mehr schöpferisch an dieser Kultur tätig sein kann? Muß nicht die Jugend schon an die Wurzel dieser immer reicher sich verzweigenden Kultur geführt werden, an die Arbeit?“ 256 Zwar vertrat Gansberg im klassischen aufgeklärten Sinne die „Erfahrung“ und auch im Sinne Diesterwegs die „Selbsttätigkeit“. Insofern könne sich die Schule „nicht in ein Traumland flüchten, sie muß die realen Verhältnisse ins Auge fassen und sehen, was aus dieser zumeist verwirrenden freudelosen und naturarmen Umwelt des Kindes an lebensbejahenden Motiven gewonnen werden kann.“257 Doch schwebte Gansberg eine Art „geschützter“ Raum vor, mit dem die Schule Aspekte des Arbeitens ohne die konkreten Widersprüche und Belastungen vermitteln könnte. Daher lehnte er die orthodox-marxistische Einbeziehung der Arbeitserziehung in die tatsächliche Produktion ab. „Klebt nicht am Worte Arbeit schon Mühseligkeit, Verdruß und Schweißgeruch? Soll auch das Kind schon, das noch frei und leicht die Schönheiten des Daseins genießen möchte, in die Schattenseiten des Lebens hinübertreten zur Fronarbeit und zum verstandesmäßigen Nützlichkeitsdienst? Das Kind, das vom Spiel herkommt, vom Sandhaufen am Straßenrand oder vom selbsterdachten Turnreck am Vorgartenzaun? Soll es arbeiten ohne die Freudigkeit, ohne die Vielgestaltigkeit, ohne die Phantasiebetätigung, die dem Spiel eigen ist? Soll das Kind in der Schule der Zukunft nicht spielen? Und weiter? Kann das Spiel unter weiser Anleitung zu ernster Arbeit werden? Und – kann die Arbeit an jedem Punkte wieder zu heiterem Spiel verwandelt werden?“258 Stattdessen verlagerte Gansberg den psychologischen Ansatz, den Kerschensteiner verfolgte, in eine sprachlich-kulturelle Dimension. Ein interessantes Beispiel hierfür ist die nachfolgende Darstellung der „Geistesarbeit. So ein Dampfkessel ist schon ein ganz wunderbarer, merkwürdiger Zaubertopf. Wenn man ihn durch den Trichter hindurch mit Wasser gefüllt hat, wenn man dann unter dem Kessel ein Feuer gemacht hat, so fängt, sobald das Wasser zu kochen beginnt, die Stange, die oben aus dem engen Loch herausragt, an, hin und her zu stoßen; erst langsam, hernach immer schneller und hört nicht eher

256 ebd., S.10f; zit. ebd., S.347 257 ebd., S.73f; zit ebd., S.348 258 Gansberg, Fritz: 1911, S.12f; zit. Jenzen, U.: 1993, S.357 - 145 - auf, als bis das Wasser alle verdampft ist oder bis wir das Feuer gelöscht haben. Es ist ein Vergnügen zu sehen, wie die Stange blitzschnell hin und her fährt; sie ist wie ein Arm, der sich auf Arbeit freut. Warte nur, die sollst du haben. Wir geben ihm vorne eine eiserne Hand und lassen die fest in ein Rad fassen. Wenn nun das Rad an einer Orgel sitzt, so dreht uns der Eisenarm die schönsten Lieder vor – eine Orgel, die mit Dampf getrieben wird, wir kennen sie schon vom Freimarkt und vom Berg- und Tal-Karussell. Damit aber der Arm, der doch nur geradeaus und vor- und rückwärts stößt, damit er sich an dem Rade herumdrehen kann, muß er auch einen Knick, einen Ellenbogen haben, in dem er sich biegen und drehen kann. Nun ist er ein Eisenarm, der ein Rad drehen kann. Und wenn wir den Dampfkessel, in dem er sitzt, auf einen Wagen stellen, so ist die Lokomotive fertig – wenn der Arm von oben herab an ein Rad greift und es herumdreht; denn fährt die Maschine sich selbst weiter. – Nun fehlt nur noch ein Platz für den Mann, der auf die Maschine acht geben soll – er muß ja das Feuer in Gang halten, er muß auch mal Wasser nachschütten, er muß das Feuer löschen, wenn der Wagen zu geschwind läuft. Es fehlt noch ein ordentlicher Kasten voll Torf und Steinkohlen und Feueranzünder; es fehlt noch eine Wand um das Feuer herum, daß es nicht vom Wind ausgeblasen wird – und die Lokomotive ist fertig. Eine Ölkanne, womit die Kesselstange tüchtig eingefettet wird, damit sie sich nicht scheuert, damit sie nicht quietscht, gehört auch noch dazu. Vielleicht muß der Maschinenmann noch ein kleines Haus haben, damit ihn der Wind nicht so anweht, wenn der Wagen schnell fährt, damit er nicht gar von oben herabgeworfen wird. Auch ein Schornstein kann noch oben über dem Kessel sein, worin der Feuerqualm abzieht, sonst muß der arme Mann ja immer husten – dann ist aber wirklich die Lokomotive ganz fertig. Wir können sie auf die Schienen setzen.“259 Mit diesem sprachlich-kulturellen Ansatz hatte Gansberg allerdings keine Möglichkeiten, die konkreten Arbeitsvorgänge zu beurteilen. Vielmehr musste er annehmen, dass im Grunde jeder dieser Arbeiten einen sinnvollen Auftrag verfolgte und in den Arbeitsvollzügen selbst ein emanzipatorischer Sinn enthalten war. So wurde die Kultur, die Ästhetik, zur gesellschaftspolitischen Orientierung. Entsprechend wurde die Arbeit weitgehend ihrer konkreten, widersprüchlichen Form beraubt und glorifiziert. Arbeitserziehung hatte etwas von einer verkindlichten Nachbereitung technologischer Sachzwänge. Hier verband sich die Jugendbewegung mit Bewegungen in der Kunst, die ebenfalls gegen hemmende und zwängende Konventionen vorgingen. Die unverbrauchte Natur war ebenso Bezugspunkt wie die lebendig pulsierende Großstadt. Und Künstler wollten ebenfalls ihre Tätigkeit aus der Separation befreien und in das wirkliche Leben einbringen. In diesem Sinne wurden beispielsweise 1897 die Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk gegründet. In dieser gesellschaftlichen Konstellation entstand die Bewegung der Kunsterzieher, die ebenfalls in Jugend- und Kunstbewegungen verwurzelt war und sich praktisch in die pädagogischen Aufgaben einbringen wollte:

259 Gansberg, Fritz: Plauderstunden. Schilderungen für den ersten Unterricht.- 4. Aufl., Leipzig, Berlin 1921, S. 171f - 146 - „Abwendung vom Intellektualismus; ein neues Verhältnis zur Sinnlichkeit, zum Körper, das man als Ursprünglichkeit bezeichnet, ein neuer Wille zum Ausdruck und ein anderes Verhältnis zur Form, auch der gesellschaftlichen; schließlich dem Utilitarismus der Zeit gegenüber, der vor allem nach der Leistung fragte, die Erkenntnis vom Stellenwert der geformten Persönlichkeit, die unabhängig vom Stand und gesellschaftlicher Leistung etwas ist.“260 Nicht übersehen werden sollte, dass ein wesentlicher Antrieb der Jugendbewegung und der Kunst in diesen Jahren kritisch, oft im Grunde skeptisch war. Zum Ende des Jahrhunderts krassierte eine Empfindung der Dekadenz, die sich gegen unbewegliche und formale Konventionen wandte und ein „fin de siècle“ konstatierte. Diese kulturpessimistische Positionen hinterfragten die technologischen Versprechungen und setzten nicht auf weitere Maschinisierung: „Wir haben einen schlimmeren Pakt geschlossen, als die Menschen des Mittelalters mit dem Teufel. Sie verpfändeten ihm ihre Seele, aber dafür ließ selbst der Satan sie eine Weile noch gut leben. Wir haben uns zu einem Teil an unsere Maschinen verschrieben und von Stunde an unsere Vitalität verloren. Wir kommen rasend schnell vorwärts, aber wir bewegen uns nicht; wir kriegen unendliche Quantitäten von Stoffobjekten heraus, aber wir schaffen sie nicht zutage. Für diese Einbuße an Lebendigkeit, Freiheit, Unmittelbarkeit des Wirkens am gewollten Gegenstand, wofür wir noch nicht einmal Arbeit loswurden, für dieses ganz wertvolle Stück Leben profitierten wir an Tempo und Zahl. Weil das auch Zugehörigkeiten des Komplexes sind, unter denen das Leben uns zu Bewusstsein kommt – dessen allgemeinste Formen -, darum konnte der fatale Wahn entstehen, dieses Maschinenzeitalter habe den Menschen mit allen Energien des Lebens geradezu beladen. Und nun machen wir mit gutem Gewissen so weiter. Wir glauben wunder was zu gewinnen, wenn wir an der Überbietung dieser Art von Leistungsdurchschnitt und Leistungsmaximum arbeiten, wir denken, das letzte an Lebensqualität herausdrücken zu können, wenn wir den Menschen dieses Typs in alle Lüfte ausbreiten. Fragt einen, fragt alle nach den Repräsentanten des modernen Elans vital und sie werden euch ohne weitere Besinnung an die berühmten Namen der Aviatik weisen. Also gut! Hier mache man die Probe. Gibt es etwas Passiveres, etwas von den Bekundungen des Lebens Abgerückteres von Menschentum als einen Flugzeugtechniker in seinem Fahrzeug? Da sitzt er fünf Stunden, zehn Stunden, einen Tag lang; er ist ganz Funktion, ganz eingestellt auf einen Ehrgeiz und Gedanken: Das und das muss mein Apparat leisten. Die Rückbeziehung auf menschliche Zwecke, an denen immerhin Maschinenleiter sonst arbeiten, ist hier ausgeschaltet. Für eine Aufgabe, einen Triumph des Fahrzeugs sitzt er den Tag lang, zur Mumie erstarrt, angeschnallt, wenn es sein muss, wie der Zeitgötze Pégoud. Das Verhältnis hat sich verschoben. Das Mittel ist Zweck geworden.

260 Nohl, H.: ebd., S.320; zit ebd., S.76 - 147 - Die Maschine lebt, der Mensch ist Mechanismus geworden. Das ist seine Welt, das ist eine Welt, das heißt Leben!“261 Leider wurde diese Diskussion durch das „Stahlbad“ des Ersten Weltkrieges mit seiner ungeheuren Technikorientierung (Tanks, Flugzeuge, Maschinengewehre, chemische Waffen) durchkreuzt: An die Stelle einer Auseinandersetzung über Illusionen und Gestaltungen in der Technikentwicklung und Techniknutzung trat die Frage nach nationaler Stärke und Rolle.262 In der gedrängten Zeit um die Jahrhundertwende, dann des Weltkrieges und der verworrenen Jahre der Weimarer Republik blieb zu wenig Zeit, sich auf die wissenschaftliche Durchdringung der vielen Problemlagen einzulassen und die Ergebnisse der Sozialwissenschaften sorgfältig zu beurteilen und einzubeziehen. Viele grundlegende Positionen gewannen daher an wenig systematischem und überprüftem Einfluss. Auf diese Weise gelangten wieder viele völkische Ideen in die Diskussion, andere Positionen konnten den ihnen zustehenden Einfluss nicht gewinnen. Beispielsweise beschäftigte sich Emile Durkheim (1858-1917) mit kollektiven Entwicklungen, in denen Erziehung und Pädagogik betrachtet wurden. Diese Betrachtungen, die er um die Jahrhundertwende anstellte, wurden in Deutschland vor allem während der Weimarer Republik bekannt, ohne in die Diskussion der Arbeitserziehung einzuwirken. Durkheim wollte prinzipiell nicht auf vorgängige Ideen oder materielle Gesetzmäßigkeiten aufbauen, sondern Soziales durch Soziales erklären. Er machte einen Unterschied zwischen Erziehung und Pädagogik, wobei Erziehung die auf das Kind ausgeübte Tätigkeit darstellt, während Pädagogik dieses zu begreifen hat. Seine Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungen schloß die gesellschaftliche Bedeutung ein, die von den Akteuren hergestellt und verbreitet wird. Menschliches Handeln ist so immer sozial durchdrungen und es kommt darauf an, diese Durchdringung zu reflektieren. Für Durkheim spielten gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeiten daher eine regulative Rolle: sie ermöglichen die Erziehung in einer produktiven und reflexiven Art und Weise. Der Mensch wird zum Menschen durch die Gesellschaft (nicht durch Bildung, wie bei Comenius), deren Arbeitsteilung und praktische Arbeitserfahrungen263 Die Logik der Arbeitsteilung organisiert Gesellschaftlichkeit, bindet die Menschen ein und grenzt sie aus (Freisetzung und Aussetzung). Auch die praktischen Erfahrungen, die Erziehung nicht nur leib-seelisch, sondern auch sozial ausmacht, basieren auf dieser Gesellschaftlichkeit. Die eigentliche pädagogische Aufgabe besteht nach Durkheim darin, aus der unmittelbaren Betroffenheit eine sozial bewusste Erfahrung zu machen. Damit wird der gesellschaftliche Bezug der Arbeitserziehung verdoppelt: er bezieht sich

261 Altmann, R.: a.a.O., 1914, S.441ff; zit. Böhnisch, Schröer 2001, S.84f 262 Die Parallelität zwischen Kulturpessimismus und Jugendbewegung wird so kommentiert: „In der Zeit, in der Mensch leblos wird, wird die Lebensphilosophie Mode.“ (Böhnisch, Schröer 2001, S.85) In Analogie könnte man heute die Attraktivität der Gesundheit, insbesondere Fitness, Wellness, Bräunung oder entsprechende Werbung auf der Basis von Verjüngung, betrachten. 263 Böhnisch, L.; Schröer, W.: a.a.O., 2001, S. 30 - 148 - unmittelbar auf die soziale Konstruktion der Tätigkeiten und Einrichtungen; er bezieht sich auf die soziale Bewußtwerdung im Vorgang der Erziehung. Ähnlich wie bei Natorp und später Eduard Heimann mit seiner „sozialen Theorie des Kapitalismus“ hob Durkheim mit der Arbeitsteilung auf den gesellschaftlichen Bezug der Arbeitserziehung ab. Auch hier liegt, konsequent gedacht, eine sozialreformerische Idee zugrunde, die allerdings bei Durkheim sehr stark evolutionstheoretisch eingefärbt war. „Der Kapitalismus braucht, um sich zu modernisieren, die soziale Idee, die ihm eigentlich fremd ist.“264 Und bis heute kann bezogen auf Durkheim gefolgert werden: „Der sozialpolitisch ermöglichte Gestaltungsraum ist die eine, die Art und Richtung der Freisetzung und Integration des Menschen in der anomischen Dynamik der industriellen Arbeitsteilung die andere Seite, von der aus gestaltungsorientiertes Handeln und mithin auch seine pädagogische Begleitung möglich ist.“265 So verweist Arbeitserziehung auf gesellschaftliche Konstruktion und Gestaltungsfähigkeit – der Gesellschaft wie der Arbeiter. Diese Sichtweise verbindet Sozialpolitik und Pädagogik. Aufgaben, Handlungsfähigkeit und Sinnstiftung muss aus dem Sozialen gewonnen werden. Der in Ungarn geborene Soziologe Karl Mannheim (1893-1947)266 setzte sich mit diesem „Sozialen“ der Weimarer Republik auseinander – und auch seine scharfsinnigen Analysen wurden in Deutschland nur im kleinen Kreis oder erst sehr viel später über den us-amerikanischen Umweg gewürdigt. Ihm lag vor allem an einer politisch ausgewiesenen Selbstreflexion der Handelnden. Hierbei galt es, die unterschiedliche gesellschaftliche Situation als Grundlage unterschiedlicher ideologischer Positionen (Hauptmuster waren Liberalismus, Konservatismus, Sozialismus) zu begreifen. Solche ideologischen „Denkstile“ waren somit verknüpft mit soziologischen Wirklichkeiten und Interessen, auf die sich der Handelnde reflexiv beziehen kann. Mannheim sah also jugendliche Entwicklung nicht einfach durch Herkommen oder traditionelle Lebenskreise determiniert, sie tritt vielmehr nach dem Elternhaus neu in die Gesellschaft ein. Junge Menschen sind ihm Protagonisten des Neuen. In welche Richtung das „Neue“ drängt, hängt aber von den gesamten gesellschaftlichen Bedingungen ab. Die pädagogische Aufgabe erhält weniger unmittelbar als vielmehr Einfluss durch das gesellschaftliche Umfeld. „Deshalb kann sich die Schulpädagogik nicht mehr darauf beschränken, nur Didaktik zu sein, sondern muss das Pädagogische auch im Sozialen entfalten können.“ 267 Mit diesem Ansatz konnte Mannheim vor allem das Problem der separaten Einrichtung Schule als Übergang und als soziale Entwicklung einzelner Menschen diskutieren. Er entwickelte hierfür das Modell des Moratoriums: in einer Phase des Übergang erfolgt eine schwierige reflexive Ausrichtung auf eigene Erlebniswelt und gesellschaftliche Anforderung: „Es wirkt über die Qualifikationsanforderungen

264 ebd. S. 36 265 ebd. S. 37 266 vgl. dazu: Mannheim, Karl: Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus. Leiden, 1935 267 Böhnisch, L.; Schröer, W.: a.a.O., 2001, S. 58 - 149 - weiter (Bildungszertifikate stellen auch weiterhin den Zugang zum Berufsleben dar, Schlüsselqualifikationen gilt es für später zu erwerben.), während es im sozialen Bereich nicht mehr greift: Schüler und Schülerinnen sind soziokulturell selbständig, müssen soziale Probleme früh bewältigen und trennen nicht mehr zwischen außerschulischer und schulischer Welt, wenn es um Bewältigungsnotstände geht. Das Differenzmodell – Leben im heute als Vorbereitung auf das spätere Leben – zieht nicht mehr, es wird durch die soziale Praxis der Schüler selbst ausgehebelt.“268 Mit diesen verschiedenen Schwerpunkten war die Arbeitserziehung vor dem Ersten Weltkrieg an einen Punkt gelangt, an dem konzeptionelle Entscheidungen anstanden. Grob klassifiziert standen folgende konzeptionelle Linien in Konkurrenz:

Allgemeine Differenzierungen der Arbeitserziehung a) Orientierung auf das Handwerk, Entwicklung des Handfertigkeitsunterrichts, Verfeinerung des Werkunterrichts (v. Schenckendorff, Scherer, Seinig). b) Praktische Orientierung auf nützliche Tätigkeiten, äußerlicher Bezug zur Arbeitswelt, Ausbau des Projektunterrichts (Dewey). c) Orientierung auf einen generellen und ideellen Bezug zur Arbeitswelt, Willensschulung im Focus, Aufbau der Arbeitsschule (Kerschensteiner). d) Orientierung auf kulturelle Sozialisation, separate Inszenierung allgemeiner „kulturschaffender Arbeit“ in der Schule (Gansberg, Altmann) e) Orientierung auf pädagogische Aufgaben, schuleigene Komposition des Wirklichkeitsbezugs, Konzeption eines Gesamtunterricht (Dietrich, Otto).

Die „Arbeitsschule“ von P.P. Blonskij in der jungen nachrevolutionären Zeit in Russland integrierte verschiedene Elemente dieser Aufzählung und verknüpfte sie mit den Hoffnungen vieler „proletarisch-politisch“ orientierten Pädagogen! Für die Region Bremens wäre es äußerst interessant, dabei die Verknüpfung der Arbeitsschule von Heinrich Vogler in Worpswede mit der Konzeption der blonskijschen „Trudowa Schkola“ in Moskau zu untersuchen. 3.1.7 Arbeitsschule im Arbeiter- und Bauernstaat und der Weimarer Republik Hinzu kam also dann nach dem Ersten Weltkrieg die Konzeption, die Pawel Petrowitsch Blonskij (1884-1941) entwickelte und die großen, bildungskulturellen Einfluss nahm. Denn die Position, die er entwickelte brachte nicht eigentlich neue Elemente, er versuchte vielmehr, bekannte Elemente der kritischen, marxistischen Konzeption in die neue gesellschaftspolitische Situation Sowjetrusslands zu übertragen. Blonskij griff unter dem Einfluss Wladimir Iljitsch Uljanows (Lenin) auf die Ausführungen von Karl Marx zurück. Hierbei ging eine exegetische Bearbeitung

268 ebd. - 150 - der „Lehre“ mit freizügiger Anwendung auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen einher. P.P. Blonskij formulierte seine „Trudowa Schkola“ unter dem Einfluss der beiden Volksbildungskommissare N.K. Krupskaja269 und A. W. Lunatscharskij270. Dabei bezog sich Blonskij zwar auf den Marx'schen Arbeitsbegriff, verfolgte jedoch nicht den doppelten Charakter der Arbeit: „Die Arbeit ist ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, durch welchen der Mensch die Natur seinem Willen unterwirft und sie in den Dienst seiner menschlichen Bedürfnisse zu treten zwingt. Innerhalb dieses Prozesses erscheint der Mensch als ein Wesen, das bestimmte Bedürfnisse empfindet und zwecks Befriedigung dieser Bedürfnisse handelt, während die Dinge und die Naturkräfte unter dem Einflusse der Tätigkeit des Menschen zu Gebrauchswerten werden. Produktive Arbeit ist eine menschliche Tätigkeit, die gegebene Gegenstände in für die Menschheit nützliche verwandelt. Hiernach besteht also die Arbeitserziehung darin, dass sich das Kind planmäßig und organisiert in einer zweckmäßigen Tätigkeit übt, durch welche aus gegebenen Gegenständen Gegenstände geschaffen werden, die für die Menschheit nützlich sind, d.h. Gebrauchswert besitzen. Indem das Kind eine Arbeitserziehung genießt, entwickelt es sich als Wesen, das die Natur in den Dienst der Bedürfnisse des Menschen zu zwingen versteht. Die Arbeitserziehung ist die Erziehung des Menschen zum Beherrscher der Natur.“271 Arbeit tauchte bei Blonskij nicht auf in ihrer gesellschaftlichen Formbestimmtheit, wie sie Marx vor allem in der Kritik der kapitalistischen Produktionsverhältnisse analysiert hatte. Vielmehr konzentrierte sich seine Konzeption der Arbeitserziehung funktionalistisch auf den Gebrauch der Werkzeuge: „Das wesentlichste Moment der Arbeitserziehung ist also die Entwicklung der Fähigkeit, Werkzeuge zu benützen.“ Beziehungsweise.: „Das Wesentliche an der Arbeitserziehung ist die Entwicklung der Fähigkeit, Werkzeuge und Arbeitstechnik anzuwenden.“272 Damit wurde jedoch das emanzipatorische Dilemma beiseite geschoben, dass in dem konkreten Gebrauch der Werkzeuge auch die herrschende Form gesellschaftlicher Arbeit reproduziert wird. Diese Kurzsichtigkeit, die durchaus typisch für den von Lenin verbreiteten, praxisverkürzten Begriff der Produktivkräfte steht, wurde noch überhöht durch eine lineare Verbindung von Industrie und Wissenschaft: „In der Industrie sind technische und

269 Die politischen Verwerfungen der jungen Sowjetunion trafen besonders den Bildungsbereich. Waren zunächst die Hoffnungen im Kultursektor ( Malevitsch, Rodchenko, Lissitzky und weitere kritische Künstler) und in der Bildungsarbeit ( Blonskij u.a.) getragen von einem fast euphorischen avantgardistischen Neubeginn nach der Beendigung der düsteren Zarenherrschaft , so regulierte das Zentralkomitee immer stärker die Bereiche von Kultur und Bildung. Die politische Beendigung der Blonskijschen Arbeitsschule erklärt sich aus dieser Politik der Beendigung sog. „gesellschaftlicher Experimente“. Deutlich wird diese Tendenz in dem Artikel: Krupskaja, N.K.: Die Einheitsarbeitsschule, in dies.: Sozialistische Pädagogik, Band 2, Berlin 1971, S. 57 ff 270 Lunatscharskij, der ein Freund Blonskijs gewesen sein soll, erwähnt in seinem Werk „Über die Volksbildung“ den Leiter des Pädagogischen Seminars in Moskau nicht mehr! Offenbar hat der versteckte Vorwurf, die Arbeitsschule Blonskijs sei revisionistisch, zu dieser Ausblendung geführt!! 271 P. P. Blonskij: Die Arbeitsschule.- Berlin-Fichtenau, 1921 272 ebd., zit. ebd. - 151 - wissenschaftliche Bildung verbunden.“273 Dass gerade diese Verbindung in der gesellschaftlichen Form zu hinterfragen und zu gestalten ist, konnte von Blonskij durch den „Parteipragmatismus“ nicht mehr differenziert werden. Diese Adaption der Marxschen Analyse folgte der Lenin’schen Setzung, dass in der Sowjetunion nunmehr, nach der bolschewistischen Revolution, keine antagonistischen Widersprüche in der Produktion herrschten. Demnach konnte Blonskij auch die einfache Einbeziehung schulischer Erziehung in den tatsächlichen Arbeitsprozess propagieren, ähnlich der Vorstellung, wie sie Karl Marx entwickelt hatte. Arbeitserziehung war reales Mitmachen in Kollektivarbeit, „die Arbeitsschule ist eine Arbeitsgemeinschaft von Kindern“.274 Durch Rationalisierung und Technisierung der Produktion werden demnach die Voraussetzungen dieser Einbeziehung immer besser, eine langdauernde Vorbildung erübrigt sich, leichtes Erlernen ermöglicht eine „vielseitige Arbeitserziehung“. Diese Konzeption hatte einigen ideologischen Einfluss in der europäischen Arbeiterbewegung. In der Praxis und im Zuge der Stalinisierung des Bildungssektors jedoch scheiterte sie selbst in der Sowjetunion und wurde als revisionistisch aufgegeben. Die Konzeption von Blonskij blieb nicht ohne zeitgenössische Kritik, auch von Seiten der Arbeiterbewegungen. Der zentrale Kritikpunkt war, dass die Industrie an sich idealisiert wurde. Otto Rühle wandte gegen Blonskij ein, dass in dessen Konzeption ein zu einfacher Übergang von hochentwickeltem Kapitalismus, dessen Produktivkräfte bereits eine neue Gesellschaft in sich bergen, zum Sozialismus, der lediglich den vorhandenen Kräften überzustülpen wäre, unterstellt würde. Rühle kritisierte die Reduktion in dem Begriff von „Arbeit“ und die Reduktion des gesamten „Stoffwechsels mit der Natur“ auf maschinisierte Lohnarbeit. Allerdings verband er diese Kritik mit einem argumentativen Trick: Die Aufhebung dieser Reduktion, die restlose Bewältigung und Dienstbarmachung der Natur sowie die vollständige Verallgemeinerung gesellschaftlich abstrakter Arbeit – alles dies wäre Aufgabe des Kapitalismus. Wenn der Kapitalismus diese seine historische Aufgabe erfülle, „dann gibt er uns, die wir dereinst sein Erbe anzutreten gedenken, eine Welt in die Hände, die den Kampf mit der Natur ausgefochten hat, liefert uns Menschen, die von außermenschlichen Gewalten unabhängig geworden, autonom sind.“275 Dann wären die Widersprüche der Arbeit „erledigt“. Damit windet sich Rühle aus der Schwierigkeit, innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse sozialistische Inhalte anzustreben. Auf das Problem der Erziehung angewandt bedeutet seine Argumentation: „Produktionserziehung und Arbeitsschule ist gar keine sozialistische, sondern eine – kapitalistische Angelegenheit; ist die Form der letzten, der Untergangsepoche des Kapitalismus. Ist keine sozialistische, sondern eine proletarische Forderung.

273 zit. ebd., S.101 274 Ebd., zit. ebd., S.101 275 Rühle, Otto: Zur Psychologie Des Proletarischen Kindes. München, S. 21 - 152 - Eine Klassenkampfforderung. Proletariat und Klassenkampf sind ja auch nicht Bestandteile einer zukünftigen, sozialistischen, sondern der gegenwärtigen, kapitalistischen Welt. Sind Korrelate von Bürgertum und Klassengesellschaft und werden mit Bürgertum und Klassengesellschaft verschwinden.“276 Arbeitserziehung wurde ihm so zum „Kampfmittel“, nicht zum Ziel; aus der Arbeitsschule waren keine Elemente der neuen Gesellschaft zu gewinnen. Diese weitgehend gut begründete Kritik stellt aber lediglich die Kehrseite der Position dar, wie sie Blonskij vertrat. Denn was die Produktivkräfte bei Blonskij bereits an „sozialistischen“ Inhalten in sich bergen sollten, nahm Rühle als Vollendung des Kapitalismus. Während Blonskij also von der deklarierten sozialistischen Gesellschaft in der Sowjetunion ausging, die daher ja schlechterdings nicht mehr den Kapitalismus vollenden durfte, ging Rühle von der herrschenden Gesellschaft in Deutschland aus, deren kapitalistischer Charakter ja erst noch zu revolutionieren war. Beide konnten die eigentliche Verbindung zwischen Produktivkräften und politischer Revolution nicht klären. Bei Rühle war denn auch nicht geklärt, wie der Klassenkampf entwickelt werden soll, wenn nicht Elemente einer neuen gesellschaftlichen Zukunft aufbegehren gegen Fesseln der alten Gesellschaft? Stattdessen wollte Rühle, hier der Willensschulung von Kerschensteiner ganz ähnlich, nur klassenkämpferische Tugenden, die in der Arbeitsschule „aufs beste gedeihen, Mut, Gemeinschaftssinn, Verantwortungsgefühl, Unternehmungsgeist. Alles Eigenschaften, die für den rechten Klassenkämpfer unentbehrlich sind.“277 Die eigentliche Entwicklung der konkreten, nützlichen Arbeit und deren gesellschaftlicher Form war uninteressant, streng genommen sogar überflüssig: Die Lösung brachte eine Lösung von der konkreten Arbeit überhaupt, bis hin zum letzten Ziel der Menschheit: „eine Zeit, wo alle Arbeit und Lebensgüter des Menschen von der Maschine abgenommen ist, wo sie im wahrsten Sinne des Wortes ‚die Hände frei‘ bekommen haben.“278 Die Ideen Blonskijs dienten gleichwohl zur Begründung sozialistischer Arbeitserziehung. Leider konnten die Schwierigkeiten und Widersprüche in diesen Positionen gerade in der Endphase der Weimarer Republik nicht mehr solide aufgearbeitet und revidiert werden. Dies machte die späteren bundesrepublikanischen Anknüpfungen an die Positionen der Weimarer Republik so kompliziert. Einer der Epigonen war Siegfried Kawerau, der bereits 1921 eine einheitliche Lebens- und Produktionsschule propagierte.279 Er gehörte zu den Schulreformern um Paul Oestreich (1878-1957).280 Oestereich wollte eine Schule, die sich unter bürgerlichen Herrschaftsverhältnissen in den Dienst des Sozialismus stellte. Kawerau lehnte sich an Blonskij an und nahm Thesen von

276 ebd. 277 ebd. S. 22 278 ebd. S. 24 279 vgl. Kawerau, Sigfried: Die ewige Revolution. Ergebnisse der Internationalen Geschichtstagung. 2.- 4. Oktober 1924. Berlin, 1925 280 vgl. Oestreich, Paul: Die Produktionsschule, o. O., 1920 - 153 - Müller-Lyer auf. Er stellte die Einheits- und Produktionsschule in den Mittelpunkt; darauf sollten sich Familien, Betriebe, politische Organisationen und Bildungsstätten gleicherweise beziehen. Er erkannte die Bedeutung der separaten Einrichtungen und Übergänge, wollte daher die Schulgemeinde hin auf die Lebensgemeinschaft entwickeln. Dazu sollte vor allem die Widersprüchlichkeit zwischen Pädagogik und Ökonomie aufgehoben werden. An die Stelle von Spezialisierung und Nutzbarmachung sollte der Eigenwert v.a. des jungen Menschen in den Vordergrund gestellt werden. Humankapital hat immer auch einen Eigenwert, nicht nur einen Nutzwert auf dem Markt oder in der Produktion. Kawerau vertrat eine heute modern anmutende Verlagerung des Gewichts von der Profitperspektive hin zur reproduktiven Grundlegung gesellschaftlicher Arbeit281. Mit Siegeslauf der neuen Gesellschaftsordnung gelangen Frauen und Jugend zu neuen Kräften, darin müsse „die neue Schule ein neues Recht des Körpers, ein neues Recht der Frau und der Gemeinschaft der beiden Geschlechter, so muss sie ein neues Recht der Jugend zur Darstellung bringen. Sie sei eine Erziehung zur Gemeinschaft durch die Gemeinschaft. Sie ersetze die Leistung der Familie durch höhere Leistung der Schulgemeinde, ohne doch die Tätigkeit der Familie auszuschalten: man mute der Familie nur das zu, was sie wirklich noch zu vollbringen imstande ist.“ 282 Schulen sollten auf die lokale Umgebung zugehen, sich als Teil eines lokalen Netzwerkes verstehen: „Mit musterhaften Betrieben und tüchtigen Meistern in nächster Nähe werden sich Vereinbarungen treffen lassen, dass Schülergruppen auch bei ihnen an einzelnen Nachmittagen in den Elementen des Berufs ausgebildet und probeweise beschäftigt werden.“ 283Diese Ausbildungselemente wollte Kawerau über Netzwerk reflektiert und in Gemeinschaftsziele eingebunden, also eben nicht nur wirtschaftlich begründet werden. Wir finden bei ihm auch weitere interessante und moderne Aspekte, so auch zur wachsenden Rolle der Frau, wie Lily Braun284 und Alice Salomon285, und verwies auch auf die neue Einbindung der Haushalte und der Dienstleistungsarbeit in die Arbeitsgesellschaft. Die aufgezeigten Schwierigkeiten und Widersprüche in der orthodoxen marxistischen Auseinandersetzung belasteten die Konzeption der „Arbeitsschule“. Nach dem 1. Weltkrieg wurden Ansätze der Arbeitsschule in verschiedenen Versuchen weiter verfolgt, aber keine systematische konzeptionelle Entscheidung vorgelegt. Einen formalen Rückhalt fand die Arbeitserziehung immerhin in der Weimarer Republik, die in ihrer Verfassung in Art. 148 festhielt: „Staatsbürgerkunde und

281 Böhnisch; Schröer: a.a.O., 2001, S.67 282 Kawerau: 1921, S.115; zit. Böhnisch, Schröer, 2001, S.68 283 Kawerau: 1921, S.134; zit. ebd. 284 vgl. Trosien, Antje; Walther, Claudia: Lily Braun – Kämpferische und bekämpfte Sozialistin, in: Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft, o. O. , 1/1997 285 vgl. Berger, Manfred: Alice Salomon. Pionierin der sozialen Arbeit und der Frauenbewegung. Frankfurt am Main, 1998 - 154 - Arbeitsunterricht sind Lehrfächer der Schulen“. Weiterhin legte in einem anderen Argumentationszusammenhang der Art. 146 dar: „Das öffentliche Schulwesen ist organisch auszugestalten. Auf einer für alle gemeinsamen Grundschule baut sich das mittlere und höhere Schulwesen auf. Für diesen Aufbau ist die Mannigfaltigkeit der Lebensberufe, für die Aufnahme eines Kindes in einer bestimmten Schule sind seine Anlage und Neigung, nicht die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis seiner Eltern maßgebend.“ Damit war eine Orientierung auf die Arbeitswelt vorgegeben, wenn auch nicht klar war, welcher „Aufbau“ mit welchen „Lebensberufen“ korrelierte. Unterschwellig war aus diesen Verfassungsbestimmungen die Vorstellung abzulesen, dass es einfache Ausbildungen auf der Basis von Handfertigkeiten, funktionale Ausbildungen auf der Basis technologischer Anforderungen und intellektuelle Bildung auf der Basis von leitenden Arbeiten geben müsse. Praktisch regelten 1922 die preußische „Richtlinien zur Aufstellung von Lehrplänen für die oberen Jahrgänge der Volksschule“, dass die Werkarbeit den theoretischen Fächern eine praktische Bildungshilfe bieten sollte: „Die Handbetätigung der Kinder ist in möglichst weitem Umfange nutzbar zu machen. Gelegenheit dazu bieten die Anfertigung von Skizzen, Zeichnungen, Lehr- und Lernmitte (insbesondere für Raumlehre, Erdkunde und Naturkunde), die Anlegung von Sammlungen, die Anstellung von Versuchen aus dem Gebiet der Naturlehre, die Pflege von Tieren in Terrarien, Aquarien, Insektarien, die Blumenpflege und die Schulgartenarbeit sowie der Unterricht in Nadelarbeit und Hauswirtschaft.“286 Diese Regelungen halfen in der Praxis nicht, blieben sie doch in den rückwärtsgewandten Konzeptionen der Handfertigkeit, ja sogar der Realien stecken. Ein gesellschaftlicher Bezug zu der produktiven Arbeit war nicht festgelegt. Daher blieben die Voraussetzungen für eine herrschaftsstabilisierende und im Grunde funktionale Ausbildung ebenso offen wie für eine reformorientierte und emanzipatorische Ausbildung. In den Wirren der Weimarer Republik wurden die verschiedenen Stränge der Arbeitserziehung aufgegriffen. Die kurze Zeitspanne der durch Nachkriegswirren, Reparation, Inflation und dann Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit geprägten und belasteten Republik reichte nicht aus für einen politisch-pädagogischen Diskurs, in dem der gesellschaftliche Bezug der Arbeitserziehung hätte geklärt werden können. Stattdessen gewinnen einzelne Momente, beispielsweise das der gemeinschaftlichen Erziehung, an Bedeutung. Besondere Aufmerksamkeit galt wiederum dem Bestreben, die separate Bildungseinrichtung an die gesellschaftliche Wirklichkeit heranzubringen. Gegen die verschiedenen Landerziehungsheime außerhalb der Gesellschaft, sollten Schulen die Brücken zum Leben schlagen: „Die Schule ist Organ im Organismus der neuen Gesellschaft, sie ist die Lebensstätte der Jugend, die unter dem belebenden

286 Richtlinien 1922; zit. Jenzen, U., a.a.O., S.114 - 155 - Einfluß der gesamten persönlichen und dinglichen Umwelt ihrer Zeit in die Zukunft hineinwandert.“287 Die Versuche, über Arbeitserziehung eine Erziehungsgemeinschaft und nicht eine Belehrungsinstitution aufzubauen, stellten nähere Bezüge zu der näheren Umgebung der Schulen in den Stadtteilen und Regionen her. Und sie setzten in dem traditionellen aufklärerischen Sinn auf das „Erleben“, das eine übergreifende Konzeption, wiederum in enger Verbindung zu Kunst, ermöglichte: „Das und das allein ist der Begriff der sinnvollen Arbeit, die ihren Sinn in sich selber trägt. Wirtschaft ist für diese Auffassung ein Gebiet unseres Lebens, ein sehr wichtiges wohl, aber nicht das einzige, daneben aber steht die große Welt der geistigen Tat, daneben die Welt der Kunst.“288 Insgesamt wurden die Komplexität der pädagogischen Aufgabe und vor allem die Schwierigkeiten des gesellschaftlichen Bezuges registriert. So wies Carl Mennicke 1927 auf die Kompliziertheit der modernen Arbeitsgesellschaft und auf pädagogische Unsicherheiten hin.289 Dazu stünde das Leben in kapitalistischer Gesellschaft „viel zu ausdrücklich unter dem Zeichen der gemeinsamen Bewältigung der Lebenslast“290, wobei aber die Arbeitsverhältnisse wenig dazu beitragen würden, weil nur der ökonomisch verwertbare Teilmensch gefragt wäre. Immerhin wurde angesichts dieser Herausforderungen erkannt, dass die „Selbsttätigkeit“, wie sie seit Pestalozzi gefordert wurde, eine Gestaltungs- und Teilnahme-Dimension hat, zumal die Familie nicht mehr als alleinig richtungsweisend angesehen werden könnte: „Es bleibt keine andere Möglichkeit, als das Kind von frühauf erlebnismäßig an den Schwierigkeiten unserer gesellschaftlichen Lage zu beteiligen und sein Verantwortungsbewusstsein darauf zu richten, an der Überwindung dieser Schwierigkeiten durch Teilnahme an der neuen Gestaltung mitzuarbeiten. Diese Notwendigkeit tritt noch einmal mit allem Nachdruck vor Augen, wenn wir uns klar machen, dass sich auch das Kind und der Jugendliche von sich aus von der Bindung an die natürliche Erziehungsgemeinschaft in der Familie immer mehr lösen.“291 Diese hoch aktuellen Überlegungen stellte Mennicke als Sozialdemokrat an, dem es um die „sozialistische Lebensgestaltung“ ging. Sein Blick richtete sich auf die politische Seite der Tätigkeit. Er wollte zwischen individueller, bürgerlicher Autonomie und kollektivem, gemeinschaftlichem Bewußtsein vermitteln. Er folgte allerdings einem Fehler seiner Zeit, sich an die Lebensphilosophie anzuhängen, sie an Stelle tatsächlicher Lebendigkeit zu nehmen. Der Arbeitsschulpädagoge Aloys Fischer kritisierte 1924 den Begriff „Arbeitsschule“ und stellte fest, „dass sich durch die ganze Entwicklung von

287 Karsen, F.: Deutsche Versuchsschulen der Gegenwart und ihre Probleme.- Leipzig 1923, S.116; zit. U. Jenzen 1993, S.106 288 Karsen, F.: a.a.O., S.112 289 vgl. dazu: Mennicke, Carl: Sozialpädagogik als Volksbildung. In: Wachenheim, H.: Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt e.V. (Hrsg.): Lehrbuch der Wohlfahrtspflege. Berlin, 1927 290 zit. L. Böhnisch, W. Schröer 2001, S. 20 291 Mennicke, C.: 1920, S. 4; zit. nach L. Böhnisch, W. Schröer 2001, S. 21 - 156 - Anfang an eine fundamentale Zweideutigkeit des Wortes und der Gedanken hindurchzieht, dass zwei letzten Endes unvereinbare Bildungsbegriffe und Organisationsprinzipien sich den gleichen Namen ‚Arbeitsschule’ beigelegt haben, die eine am methodischen Begriff der Arbeit orientiert, die andere am ökonomischen, die, wie mir scheint, aktuelle Krise der Arbeitsschulbewegung ist daraus entstanden.“292 Unterschwellig und ungeklärt war in diesen Positionen eine Priorität der Wirtschaftlichkeit angenommen. Das von Hermann Nohl und Ludwig Pallat herausgegebene Handbuch der Pädagogik faßte 1930 die Diskussionen zusammen. Ludwig Pallat ging in dieser Zusammenfassung von einem Arbeitsunterricht aus, der auf Werkerziehung in praktischer und methodischer Hinsicht abzielt und im Werkunterricht ein besonderes Lehrfach findet. Also stand die Schulung von Auge und Hand, die Handarbeit im Mittelpunkt. Vom 10. Jahr an sollte stärker auf Berufsarbeit hin orientiert („Zweckbestimmte Werkarbeit“) werden: „Nüchternes Erfassen der Wirklichkeit, Verständnis für rationale Arbeit und Betriebsführung Sinn für Wertarbeit im Kleinsten, Einstellung auf ‚Tempo-‚, Serien- und Teilarbeit, Fähigkeit zum Arbeiten nach exakten Anweisungen – das und vieles andere wird von dem jungen Menschen, der in einen kaufmännischen oder industriellen Betrieb eintritt, verlangt; und es ist darum eine sehr ernste, aber bisher noch kaum in ihrer Bedeutung erfaßte Frage, [...] ob und wieweit zugleich in weitestem Umfang mit Arbeitskunde durchsetzt wird [...] so wird sich auch bei einem engeren Zusammenschluß der Volksschule mit der Berufsschule ein Weg finden, der in Anpassung an die natürliche Entwicklung des Jugendlichen von der freieren Werkarbeit der Schule der gebundenen des Lebens hinüberführt.“293 In diesem Sinn sollten Schüler in einem Arbeitsbetrieb „brauchbare Gegenstände“ herstellen und die Berufswahl vorbereiten. Pallat erkannte darüber hinaus an, dass die Eigenheiten der Schule mit als Aufgabe verstanden werden müsste. Die Schule galt „als eine ihr eigenes Leben führende Gemeinschaft“. Sie war demnach auch im Arbeitsbetriebe der eigene Raum für Schüler. So sollte der Schüler sich als Glied der Gemeinschaft fühlen. „Er muß sich bewußt werden, daß ihm die Schule als gemeinsamer Lebensraum zur Erhaltung, Pflege und Verschönerung mitanvertraut ist, und daß es auch von ihm abhängt, wie sich der Geist und Wille der Gemeinschaft in ihrem Äußeren und Inneren offenbart.“294 Solche „Versuchsarbeitsschulen“ in der Verbindung zwischen separatem Raum Schule und Erwerbsarbeit sollte folgende Elemente realisieren295: Methodisches Prinzip des Arbeitsunterrichts als Anschauungsunterricht auf der Basis von Selbsttätigkeit;

292 Fischer, A.: Die Krisis der Arbeitsschulbewegung (1924).- In: Reble, A. (Hrsg.): Die Arbeitsschule. Texte.- 2. Aufl., Bad Heilbronn/Obb. 1964, S.5 293 Pallat, L.: Die Werkerziehung.- In: H. Nohl, L.Pallat (Hrsg.): Handbuch der Pädagogik.- Bd. III, Berlin, Leipzig 1930, S.438f; zit. U. Jenzen 1993, S. 118 294 Pallat, L.: a.a.O., S.440; zit. ebd., S. 119 295 ebd. - 157 - Systematisch aufgebauter und an Materialien orientierter Werkunterricht, der auf handwerkliche Grundfertigkeiten, ästhetischen Sinn und grundlegende Arbeitstugenden zielt; Berufsvorbereitung; Einbettung von Arbeitsvorhaben in das gesamte Schulleben als Gemeinschaftserziehung. Uwe Jenzen faßt zusammen: „Am Ende der Reformpädagogik finden wir viele Elemente der Arbeitsschule in den Lebensgemeinschaftsschulen realisiert: - das methodische Prinzip des Arbeitsunterrichts als Anschauungsunterricht und Grundprinzip der Selbsttätigkeit in allen Schulfächern, - den Werkunterricht als systematisch aufgebauter und an Materialien orientierter Lehrgang und als Fach zur Vermittlung von handwerklichen Grundfertigkeiten, ästhetischem Sinn sowie grundlegenden Arbeitstugenden, - den Werkunterricht im Rahmen der Berufsvorbereitung, - die Einbettung von Arbeitsvorhaben in das gesamte Schulleben mit dem Ziel der Gemeinschaftserziehung. Ohne Zweifel haben uns die Vesuchsarbeitsschulen gangbare Wege gewiesen, die in ihrer Zeit angemessen und zukunftsweisend waren.“296

Auch eine andere Wurzel zeigte die fruchtbare Diskussion während der Weimarer Republik. Es gab eine inhaltliche Verbindung zu den Diskussionen, die in den Arbeitswissenschaften im Gefolge des Taylorismus stattfanden. Wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Ablauf und Organisation der Tätigkeiten finden wir in Deutschland als „rationelles Arbeiten“ bereits lange bevor Frederick Winslow Taylor (1856-1915) seine „Grundsätze wissenschaftlicher Buchführung“ zu der weltweit beachteten Strategie ausformulierte.297 Taylor ging von gemeinsamen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus und setzte auf die Rationalität des wirtschaftlichen Wachstums schlägt. Die Rationalisierung funktionierte in der Folge nur, und das wird meistens vergessen oder übersehen, unter der „unumstösslichen Überzeugung .., dass die wahren Interessen beider Parteien ganz in derselben Richtung liegen, dass Prosperität des Arbeitgebers auf lange Jahre hinaus nur bei gleichzeitiger Prosperität des Arbeitnehmers bestehen kann und umgekehrt; es muss möglich sein, gleichzeitig dem Arbeiter seinen höchsten Wunsch – nach höherem Lohne – und dem Arbeitgeber sein Verlangen – nach geringen Herstellungskosten seiner Waren – zu erfüllen“.298 Die gemeinsamen Interessen wollte Taylor jedoch durch strikte Unterordnung des Arbeitnehmers unter die ökonomischen Zielsetzungen des Betriebes erreichen. Die Qualifizierung war ihm keine Angelegenheit des Arbeitnehmers, sondern eine Schulung durch den

296 Jenzen, U.: a.a.O., S. 119 297 vgl. dazu: Taylor, Frederick Winslow: The Principles of Scientific Management. o.O., 1911 298 Taylor 1913, zit. nach Ulich, Eberhard: Arbeitspsychologie. Zürich, Stuttgart, 1994, S.7 - 158 - Arbeitgeber. Die langfristige Bedeutung des Taylorismus lag vor allem in einer formalen Dequalifizierung, einschließlich Förderung von Untertanengeist, Gehorsam und Disziplin.299 Taylor folgte der Unterstellung, dass der Mensch ökonomisch denkt und handelt, und dass dies bedeutet, sich nach dem größtmöglichen Gewinn zu orientieren („economic man“). Zugleich wurde damit eine Normalitätsannahme fortgeschrieben, die den Menschen noch weiter als Maschine definierte und die Arbeitsprozesse technologisch strukturierte (Trennung von Hand- und Kopf- Arbeit, „the one best way“). Diese Strategie war vor allem gegen das Erfahrungswissen der produktiven Arbeiter gerichtet und legitimierte wissenschaftlich begründete Hierarchien in Betrieben. In der Konsequenz erfolgten Bewegungsstudien zur Eliminierung „überflüssiger“ Bewegungen, Teilung der Arbeit, enormen Verdichtung, Partialisierung und Monotonie durch ständig wiederholte Teilelemente, Massenarbeiter und Dequalifizierung. Der Arbeiter schien am besten völlig austauschbar und billig. Die Arbeitsorganisation tendierte zu immanenter Konkurrenz und Wachsen des Arbeitsdrucks (Pensum und Zeit). Der Taylorismus instrumentalisierte Wissenschaft und Bildung. Diese Instrumentalisierung richtete sich auch gegen eine bislang in den Gesellschaftswissenschaften dominierende wissenschaftliche Beschäftigung mit Arbeit und Arbeitern, die vor allem in Deutschland stark unter sozialreformerischer Perspektive betrieben wurde. Insbesondere der „Verein für Sozialpolitik“ (Alfred Weber300, Heinrich Herkner301) beschäftigte sich mit den Bedingungen und Auswirkungen industrieller Produktion („Auslese und Anpassung der Arbeiter“) und kritisierte viele Fehlentwicklungen. Der Taylorismus konnte vor und nach dem Ersten Weltkrieg schnell und grundlegend arbeitswissenschaftliches Denken beeinflussen, weil es in jenen Jahren weder notwendig noch angezeigt schien, auf die Entwicklung und Teilnahme der Arbeiter im Arbeitsprozeß einzugehen. Dies änderte sich in den USA durch die Einwanderung oder in Deutschland spektakulär durch die Frauenarbeit im Krieg. Andere Positionen meldeten sich zu Wort. Henry Ford beispielsweise argumentierte anders als Taylor von der Entwicklungsfähigkeit aus und wollte verallgemeinerbare gesellschaftliche Maßnahmen. Er war daher z.B. auch für die Einbeziehung von Menschen mit Handicap: „Meine Meinung geht dahin, daß bei einem industriellen Unternehmen, das in Wahrheit seine Aufgabe erfüllt, die Angestellten im Durchschnitt etwa ebenso geartet sein müssen wie bei irgendeinem Durchschnitt der menschlichen Gesellschaft. Kranke und Krüppel gibt es überall. Im allgemeinen besteht die etwas großzügige Ansicht, alle zu körperlicher Arbeit Unfähigen der Gesellschaft zur Last zu legen und durch öffentliche Wohltat zu ernähren.“302 In diesem, stärker

299 Spitzley, H.: Wissenschaftliche Betriebsführung, REFA-Methodenlehre und Neuorientierung der Arbeitswissenschaft.- Köln 1980 (S. 132ff) 300 vgl. dazu: Demm, Eberhard: Alfred Weber als Politiker und Gelehrter. Stuttgart 1986 301 vgl. dazu: Herkner, Heinrich: Die Arbeiterfrage. Eine Einführung. Berlin, 1894 302 Ford, Henry: 1923, zit. Sierck, Udo: Arbeit ist die beste Medizin. Zur Geschichte der Rehabilitationspolitik. Hamburg, 1992, S.21 - 159 - auf die Einbeziehung der produktiven Menschen gerichteten Ansatz, nahm entsprechend die Arbeitserziehung in einem pädagogischen Sinn einen größeren Raum ein. Konsequent gab es Positionen, die eine solche Pädagogik in den Mittelpunkt arbeitswissenschaftlicher Aufgaben stellten. W. J. Ruttmann bezeichnete 1931 die „pädagogische Arbeitslehre“ als „Grundform der Arbeitswissenschaft“.303 Denn eine solche Arbeitswissenschaft zielte ab auf regelmäßiges Training und systematische Schulung im Hinblick auf erstrebte Leistungen. Die Einbeziehung der Arbeiter war insbesondere in Deutschland nach den Verlusten und Folgen des Ersten Weltkrieges eine dringliche Angelegenheit. Diese Einbeziehung konnte nicht mehr einfach in dem Verständnis des „bismarckschen Bonapartismus“ als Setzung der Obrigkeit im Sinne der staatlichen Steuerung des Bildungswesens erfolgen. Sie musste vielmehr die Bedingungen und Entwicklungen der Arbeiter selbst und auch die veränderten Arbeitsanforderungen aufgreifen. Ruttmann strukturierte daher die Arbeitspädagogik aus der Arbeitserziehung (Selbstfertigkeit, Naturgemäßheit, Verantwortlichkeit) und der Arbeitslehre (Methode, Probe, Bewertung). Im Prinzip erhielt die Pädagogik, namentlich die Arbeitspädagogik zum Ende der Weimarer Republik eine große Chance, die sie gleichwohl angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstände nicht ergreifen konnte. Diese Chance beschrieb beispielhaft 1930 der Wickersdorfer Pädagoge und Verleger Peter Suhrkamp in einer Abhandlung über Lehrer und Berufskunde. Suhrkamp sah die Industrialisierung als große Herausforderung, weil überkommene Lebens- und Wertvorstellungen nicht mehr galten. Alles schien „zum Wettkampfe freigegeben“. Die alte Kultur kam zunächst gegen eine „materialistische Demokratie“ nicht an. Das Korrelat von schulischer Bildung und familiärer Erziehung war dahin. Die Schule verlor auch in der Jugend an Bedeutung, während sie in anderem Zuschnitt für die Gesellschaft an Bedeutung gewann. Daraus wurde die gesellschaftliche Bestimmung der Schule verstärkt, zugleich aber der politische Wunsch gestärkt, Bildung zu kontrollieren. Mikrosoziologisch wurde Bildung zur Bedingung gesellschaftlicher Karrieren, makrosoziologisch zur gesellschaftlichen Hoffnung. „’Bildung’ wurde der Wimpel im Mast des demokratischen Kapitalismus. Seitdem geht der Weg nach oben in der Regel nur über die Schulen.“304 Suhrkamp sah die Schule im Übergang der Kulturen als Motor und Leidtragende zugleich: mit schwacher sozialer Verankerung und ungeheuerlich angestiegener Aufgabe. Schule übernahm Selektionsfunktionen für den sozialen Aufstieg in der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft. Suhrkamp plädierte in dieser Situation dafür, „dass sich die Schule den Menschen zuzuwenden habe, ein Gegengewicht zu bilden habe, indem der Mensch zu sich kommen, zu sich selbst finden und

303 Ruttmann, W. J.: Pädagogische Arbeitslehre.- In: F. Giese (Hrsg.): Handbuch der Arbeitswissenschaft.- Bd. VII, T. II, Halle a.d.S. 1931, S.20; zit U. Jenzen 1993, S. 155 304 Suhrkamp 1930, S.335f; zit. L. Böhnisch; W. Schröer: Pädagogik und Arbeitsgesellschaft. Historische Grundlagen und theoretische Ansätze für eine sozialpolitisch reflexive Pädagogik.- Weinheim, München 2001, S.17 - 160 - lernen könnte, gemeinschaftlich zu arbeiten. Jenseits des konkurrenten Erwerbslebens müsse die Schule ein Lebensraum sein. Die Schule habe nicht eine ‚Arena’ der Lehrer zu sein, sondern eine ‚Arena’ der Jugendemanzipation zu werden, in der politische und soziale Belange der Jugend thematisiert werden sollten.“305 „Suhrkamp versuchte, die Schule zu einem Ort zu machen, in dem die Schüler lernen könnten, selbstbewusste Akteure in der alltäglichen sozialen Praxis zu werden.“306 Gerade dieser zukunftsorientierte und hoffnungsfrohe Ansatz scheiterte an den gesellschaftlichen Bedingungen der Weltwirtschaftskrise. Damit hatte die Diskussion in der Weimarer Republik einen solchen Stand erreicht, der nunmehr eine geduldige und sorgfältige Anwendung und Überprüfung der Ansätze in der schulischen Praxis erforderlich gemacht hätte. Dazu jedoch fehlte unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er und Beginn der 1930er Jahre die gesellschaftliche Voraussetzung. Geduld und Sorgfalt waren nicht mehr zu realisieren, kamen nicht gegen Ideologisierung an. 3.1.8 Arbeit als nationalsozialistische Erziehung Der Nationalsozialismus in Deutschland war nicht durch eine „Revolution“ gekennzeichnet, auch wenn die Propaganda gerade mit diesem Begriff liebäugelte, suggerierte er doch eine grundsätzliche Wende, die besonders den „sozialistischen“ Versatzstücken in der Ideologie entsprach. Vielmehr wurden zentrale gesellschaftliche Probleme aufgegriffen, ideologisch überhöht und mit einfachen Versprechen versehen. Solche gesellschaftlichen Probleme waren zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden und mit dem Ersten Weltkrieg zugespitzt worden. Solche Probleme waren insbesondere  die mit dem preußisch-deutschen Kaiserreich zwangsweise und in innerer Spannung aufgebaute Nationalität, die im Grunde lediglich in der Gegnerschaft, v.a. gegen den Erzfeind „Frankreich“ und den „Raubstaat“ England, begründet wurde, im Inneren hingegen durch religiöse und landsmannschaftliche Gegensätze geprägt war;  die wachsende internationale Konkurrenz auf den Weltmärkten bei gleichzeitiger globaler machtpolitischer Schwäche, da die „zu kurz gekommene“ Kolonialmacht selbst ihre mitteleuropäische Stärke in der Zange zwischen Frankreich und Rußland behaupten musste;  die mangelnde gesellschaftliche Integration, die durch das Anwachsen der Arbeiterbewegung und den gründlich mißglückten Versuch der Unterdrückung (Sozialistengesetz) nach dem verlorenen Weltkrieg mit dem Aufkommen der Kommunisten und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch einmal dramatisiert wurde;

305 Böhnisch, L., Schröer, W.: a.a.O., 2001, S.18 306 ebd. - 161 -  die politische Unerfahrenheit eines Volkes, das seit 1848 keine eigenständige bürgerlich-demokratische Erfahrung aufgebaut und entsprechende politische Verfahren installiert und stabilisiert hatte. Ideologische überhöht wurden die Probleme vor allem durch  wirksame Sündenbockstereotype, mit denen die Niederlage übergangen und politische Reflexivität beiseite geschoben werden konnte; solche Sündenböcke wurden traditionell bei Juden gesucht (hier griff der Nationalsozialismus den seit dem ausgehednen Mittelalter tief verankerten Antisemitismus auf), hinzu kamen nun alle „Andersartigen“ (nicht nur rassenbiologisch, sondern auch sozial begründete Vorwürfe gegen Kranke, Behinderte, Homosexuelle, Zigeuner, Kriminelle usw.) und vor allem politische Gegner (Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter);  ein sozialdarwinistischer Rückgriff auf eine germanische Rasse, die in sich den wirtschaftlichen und machtpolitischen Anspruch auf Expansion begründete, ohne diesen Anspruch tatsächlich wirtschaftlich oder politisch ausweisen zu können;  eine auf Arbeit aufgebaute Leistungsfähigkeit, der alles untergeordnet wurde und mit der die praktische Umsetzung der Ansprüche bis in die vielen Kampagnen und Zwangsmaßnahmen angegangen werden konnte;  die zentrale Idee einer Volksgemeinschaft, mit der solidarische Elemente aufgegriffen und biologisch unterfüttert wurde, die jedoch vor allem die prinzipielle Unterordnung und Entrechtung des bürgerlichen Subjekts vorgenommen wurde;  das praktische Führerprinzip, mit dem eine starke Ordnung suggeriert und zugleich das „Gemeinschaftliche“ in der Ideologie wieder zugunsten einer Beherrschung aufgelöst wurde. Die einfachen Versprechungen des Nationalsozialismus waren:  Arbeit, mit der ein produktiver Beitrag geleistet, also etwas „geschaffen“ werde;  Ordnung, mit der die Wirren der Weimarer Republik wie ein gordischer Knoten zerschlagen werde;  Revanche, mit der eine unbegriffene Niederlage im Weltkrieg zurecht gerückt werde. Unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise kam diese Programmatik der Nationalsozialisten nicht nur den international konkurrierenden Wirtschaftskonzernen zu Recht, sondern auch einem großen Teil der verunsicherten Mittelschicht und sogar der arbeitswilligen und unter der Arbeitslosigkeit leidenden Arbeiterklasse. In dieser ideologischen Konstruktion fiel es den Nationalsozialisten nicht schwer, bestimmte gesellschaftliche Erfahrungen aufzunehmen und umzudeuten. So gelang es den Nationalsozialisten, über ihre Gemeinschaftsorientierung auch reformpädagogische Elemente aufzunehmen. Vor allem aber entwickelten sie einen geradezu heroischen Arbeitsbegriff, den sie zugleich jeglicher eigenständigen Zielsetzung beraubten. Ziele der Arbeit - 162 - wurden stattdessen durch die „Schicksalsgemeinschaft“ und konkret durch den „Führer“ bestimmt. Insbesondere sozialreformerische Implikationen der produktiven Arbeit wurden so strikt abgelehnt, schließlich gar verteufelt: Diese Position wurde stark von Eduard Spranger307 beeinflusst, wobei die Problematik der neuhumanistischen Bildungsidee deutlich wurde: Die sittliche Ausprägung des Individuums wurde zum „Dienst am Staat“. Der Staat selbst war bei Spranger „Sittlichkeit in der Form kollektiver Machtentfaltung“, weshalb gute Erziehung auf „Dienen und Herrschen“ unter dem sittlichen Schild des Staates zielte. In diesem Sinne sollte der junge Mensch diszipliniert und herrschend zugleich sein, herrschen sollte er eben im Dienste der „pflichtgebietenden Macht“ des Staates. Diese staatstragende und machtvolle Kraft sollte sich nach Spranger vor allem in der Arbeitswelt bewähren. So verstand er unter „Arbeit“ auch im breiten Sinn alles „Schaffende“, selbstverständlich unter Ablehnung jeglichen „Harmoniegläubigen Sozialre- formertums.“ Dieser Bezug auf Gesellschaft und Arbeit hatte, das muss angesichts der einfältigen und monströsen Propaganda betont werden, eine gewisse Plausibilität. Hierbei spielte, wie gesagt, vor allem der Erste Weltkrieg, allgemeiner aber sicherlich eine „verspätete“ Nationalbildung und innere Zerrissenheit selbst des Wilhelminischen Reiches, und zwar sowohl regional (mit den deutlichen Eigenheiten von Bayern und Sachsen) als auch religiös (vor allem das weitgehend protestantische Preußen gegen z.B. Jesuiten), politisch (vor allem nach der Zersplitterung der Liberalen, oder mit der zögerlichen Gleichberechtigung der Frau) und sozial (vor allem die Spannungen zwischen Arbeiterorganisationen und Arbeitgeberorganisationen, aber auch konkret Sterblichkeit, Unfälle oder Arbeits- und Lebensbedingungen). Der unverstandene und verlorene Erste Weltkrieg bot eine schwierig zu durchschauende Priorisierung der „Volksgemeinschaft“. Die von vielen Staatsbürgern erhoffte „innere Reichsgründung“ wurde nun zusammen mit dem Vorwurf der „Dolchstoß-Legende“ angemahnt. Eine „Erziehung zur Gemeinschaft“ und eine rigorose Eingliederung in ein Volksganzes schien selbstredendes Gebot. Zugleich griffen die Nationalsozialisten die alte preußische Festlegung der Bildung als Staatsaufgabe auf. In diesem Sinne zielte staatsbürgerliche Erziehung nun auf ein „Geformtes Volk.“308 Vor allem die Volksschule sollte das Rüstzeug mitgeben, sich in die Volksgemeinschaft einzugliedern. An die Stelle eines „Trugbildes der gebildeten Persönlichkeit“ sollte der nationalsozialistisch geformte Mensch treten, der, wie der Kultusminister Rust formulierte, „in der völkischen Lebensganzheit gliedhaft gebundene Mensch“. Solche ideologischen Verrenkungen waren nicht leicht zu kritisieren. Denn Bildung sollte nach nationalsozialistischer Auffassung „lebensnah“ sein. Hierbei

307 vgl. dazu: Spranger, Eduard: Volk, Staat und Erziehung. Gesammelte Reden und Aufsätze; Leipzig 1932 308 Wallowitz, Walther: Geformtes Volk. Leipzig, 1935 - 163 - griffen die Parteistrategen gerne auf alltägliche Erfahrungen zurück und betonten die Rolle der Familie, der Mutter, der Arbeit, der Natur. Ideologischer Kern war dabei, einerseits zu bestimmen, was Alltag wäre und sein sollte, andererseits dann an eben diesen definierten Alltag anzuküpfen und somit „lebensnah“ sein zu wollen. Von der Volksschule an wurde der Lehrer als „Führer“ inthronisiert. Das Führerprinzip gab sich als sinnvolle Ordnung, war aber im Grunde eine recht offene Dikatrur: Es ging um „aktiven Gehorsam“. Weil Hitler nach der Ideologie die Herstellung des Volksganzen praktisch verkörperte, musste Erziehung dienend auf Hitler blicken: So diktierte der nationalsozialistische Pädagoge Alfred Baeumler: „Auf den Führer blicken, der hier und jetzt vor uns steht, heißt fort und fort teilhaben an der Spannung seines Willens und an der Größe seines Kampfes“ 309. Eine gesellschaftliche und politische Reflexion war dann nicht nur nicht nötig, sondern eben unstatthaft. Dennoch nimmt es schon wunder, wie sich das deutsche Bildungsbürgertum, neben Ärzten und Juristen besonders auch die Lehrer, dem dumpfen und dummen Sprüchen Hitlers auf diese Weise verschreiben konnte. Diese Hingabe ist weder durch die angesprochene alltägliche Verankerung, noch durch den geschickten Gebrauch neuer Medien vollständig zu erklären, wo doch die Auftritte in peinlicher und kleinkarierter Geistlosigkeit zu erleben und der Horizont des Gefreiten für jedermann begrenzt erscheinen konnte. Vielmehr bleibt der beschämende Befund für die deutsche politische Erziehung, dass es eben die gleiche Kleingeistigkeit war, die sozusagen in hohem Wiedererkennungswert und wenig bedrohlicher intellektueller Herausforderung der deutschen Lehrerschaft sympathisch war. Konnte doch auch sie das als Stärke hinstellen, was doch nur gemeinsame Schwäche war. In der Propaganda sollte die Schule an „allen großen heimatlichen und völkischen Geschehen“ Anteil nehmen. In der Wirklichkeit wurde daraus schließlich die Rekrutierung des letzten Aufgebotes der Hitlerjungen als Opfer eines menschenverachtenden Regimes. Wichtigster Theoretiker der nationalsozialistischen Pädagogik war Ernst Krieck, der vor allem gegen das politische Unvermögen republikanischer und sozialistischer Positionen polemisierte und sich auf Fichte berief. Die Lehrerschaft, stellte er fest, konnte, wie viele andere traditionell intellektuelle Berufe, erstaunlicherweise schnell und geschlossen für uns begeistert werden. Gerhardt Giese begrüßte vor allem die Überwindung der auseinanderstrebenden Tendenzen in Volk und Staat und insbesondere die „Unterordnung des einzelnen und der Gruppeninteressen unter das allgemeine Wohl.“ 310 An die Stelle trat eine „positive Arbeit am Staat“ einschließlich einer „Disziplinierung des ganzen Menschen“. Der Staat war Giese zu recht „total“ und zwar als „Schicksals, Arbeits- und Kampfgemeinschaft des deutschen Volkes“. Schule wurde demnach eine Arbeitsgemeinschaft: „Da wird für den Staat erzogen, wo gemeinsame Arbeit als ‚Dienst‘ getan und erlebt wird.“311

309 zit. ebd., S.77 310 Giese 1933, zit. nach Hornung, K.: a.a.O., 1965, S.68 311 zit. ebd., S.71 - 164 - Und entsprechend war dann in den offiziellen Verlautbarungen und Regelungen zu lesen: „Bildung als eigentümliche Aufgabe der Schule erschöpft sich nicht in der Entfaltung der individuellen Kräfte des einzelnen. Durch die Vermittlung des Bildungsgutes gliedert sie den jungen Menschen in die geschichtliche Gemeinschaft seines Volkes ein. [...] Aufgabe der Schule ist es darum, Menschen zu erziehen, die in echter Hingabe an Volk und Führer fähig sind, ein deutsches Leben zu führen, ihre geistigen Kräfte zu entfalten und zur höchsten Leistungsfähigkeit zu entwickeln, damit sie an ihrer Stelle die Aufgabe meistern, die Deutschland gestellt sind..“312 Für die Arbeitserziehung ist hier das Phänomen interessant, dass der Bezug auf die „Gemeinschaft“ zu einem völlig anderen Ergebnis führt, als dies beispielsweise bei Kerschensteiner der Fall war. Denn „Gemeinschaft“ verliert den eigentlichen sozialen Gehalt, sie wird nicht mehr von Bürgern hergestellt, die hierzu sinnvolle Beziehungen eingehen und sich darüber verständigen. Stattdessen gibt es biologisch vorgegebene und machtpolitisch gesetzte Einheiten, wie Volk und Staat, so dass die Beziehung zu der Gemeinschaft nicht mehr eine kritisch-verantwortungsvolle ist, sondern nur noch eine dienende und unterordnende. Vor allem die Rasse als „Schicksal“ und „Wesen“ des deutschen Volkes blieb eine biologische Schimäre, in der „Blut“ und „Boden“ zu einer Grundlage des überlegenen „Herrenmenschen“ gemacht wurden. Was sich immer wieder streng biologisch gab, zeigte sich in den Auswirkungen von absurder Mythologie und gnadenloser Herrschaft: „Führer befiehlt, wir folgen“. Es sollten folgen die nationalsozialistisch geformten Menschen mit rückhaltlosem Einsatz, Gehorsam, Treue, Opferbereitschaft und Willenskraft, ohne das der Bezug dieser Menschen zu dem Ganzen zu hinterfragen erlaubt war. Entsprechend formulierten die Reichsrichtlinien für Volksschulen 1939: Kindern sollte das „Rüstzeug“ gegeben werden, damit diese ihre Aufgabe für die Volksgemeinschaft erfüllen. Insgesamt sollten Heimat und Volk im Mittelpunkt stellen, die als Gemeinschaft vom „Führer“ repräsentiert und eben geführt würden. Praktisch trat dem Schüler diese Orientierung zunächst über die Familie und dann über die Schule entgegen, die jeweils durch das Führerprinzip organisiert waren. „Später wird er durch das werktätige Leben, vor allem durch die Berufstätigkeit der Väter und Mütter entscheidend mitbestimmt. Hierdurch und durch die Eingliederung der Werkarbeit für Jungen und Mädchen in den Unterricht trägt die Volksschule dazu bei, daß die Bedeutung der Arbeit im Leben unseres Volkes, insbesondere der Handarbeit, richtig erkannt und gewürdigt wird. Indem die Volksschule in ihrer gesamten Unterrichtsarbeit bewußt von der Anschauung der völkischen Lebenswirklichkeit ausgeht und planmäßig zur eigenen Arbeit anleitet, legt sie den Kindern den Grund zu jener Haltung, mit der alle Stände des schaffenden Volkes, jeder nach seiner Anlage

312 Erlaß des Reichserziehungsministers v. 19.1.1938; zit. nach: Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.124 - 165 - und Leistung, seinen Platz im nationalsozialistischen Volksleben einnimmt.“313 Der Platz des produktiven Menschen im gesellschaftlichen Leben war gründlich verunstaltet worden und über der Arbeitspädagogik lag ein schwerer Schatten. 3.1.9 Verdrängung und Wiederauferstehung der Reform Die Nachkriegsgeschichte stand in Deutschland zunächst unter dem Zeichen ungläubiger Verdrängung politischer Verantwortlichkeit, dann verdrängender Anlehnung an US-amerikanische Weltpolitik und schließlich weiterschleppender Praxis, jeweils unter Vermeidung brisanter Diskussionen über strukturelle Ursachen des Nationalsozialismus und über kontinuierliche politische Anfälligkeiten. In dieser Grundauffassung wurde nicht nur die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Verstrickungen in den nationalsozialistischen Partei- Staats- oder Militärapparat vermieden, sondern auch die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Weimarer Republik. Standen diese doch für schwierige und konkurrierende Positionen, unausgegorene Konzeptionen und ideologisch belastete Kontroversen. Stattdessen wurden unverfängliche Anknüpfungspunkte gesucht, in denen zumeist auch Elemente nationalsozialistischer Argumentation problemlos neben sozialistischen Argumentationslinien (beispielsweise im Bezug auf Gesellschaft und Gemeinschaft) auftauchen konnten. Ein Kennzeichen dieser frühen Phase war, dass die Entpolitisierung, die durch das Herrschaftsgefüge des Nationalsozialismus betrieben wurde, unbemerkt weiter verfolgt wurde. In dieser Konstellation knüpften Arbeitspädagogen nach 1945 v.a. im Osten Deutschlands zwar auch wieder an reformpädagogische Ansätze an, doch lag das Augenmerk auf unpolitischer Ästhetik und unproblematischer Handfertigkeit: „Besonders viele Varianten erlebte der Werkunterricht. Er wurde zunächst ganz im Sinne reformpädagogischer Auffassungen fast ausschließlich als Mittel zur ästhetischer Erziehung und Bildung angesehen und in enger Verbindung mit dem Fach Kunsterziehung gelehrt, wobei die Entwicklung handwerklicher Fertigkeiten im Vordergrund stand. Schließlich trat er mehrere Jahre hindurch gar nicht mehr als selbständiges Fach in Erscheinung und wurde erst 1955 an einigen und 1956 an allen Schulen wieder eingeführt.“314 In der DDR waren die Verhältnisse zusätzlich kompliziert durch den zunächst konsequent betriebenen Versuch, marxistische Positionen im Aufbau der Gesellschaft zu verwirklichen. Dies führte zumindest auf der gesetzgebenden und propagandistischen Ebene dazu, dass viele Erfahrungen aus den Bemühungen um die Arbeitsschule aufgegriffen wurden. So wurde 1959 das „Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der DDR“ mit

313 zit. Jenzen, U.: a.a.O. S. 123 314 Klein, H.: Polytechnische Bildung und Erziehung in der DDR. Entwicklung, Erfahrungen, Probleme.- Reinbek b. Hamburg 1962, S.22; zit. nach Jenzen, U., a.a.O., S.125 - 166 - „Zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule“ verabschiedet, das folgende Zielen315 aufwies: 1. Vermittlung eines ABC der Technik und Ökonomie 2. Entwicklung von Fähigkeiten (technisch-konstruktives Denken), 3. Entwicklung von Fertigkeiten (im Umgang mit Werkzeug und Maschinen) 4. Arbeitsbeziehung (unter den Bedingungen der wirklichen Produktion) 5. Erziehung zum Verantwortungsbewusstsein 6. Entwicklung und Förderung technischer Interessen, Neigungen und Begabungen Wenn auch in der gesamten Konzeption die Schwierigkeiten jener Arbeitsschule aufleuchten, wie sie bei Blonskij entwickelt wurde, so war doch die konsequente Hinwendung zur produktiven Arbeit bemerkenswert. Mitgeschleppt wurden vor allem der naive Technikbezug und die separate Behandlung der sozialen Beziehungen. Wie in anderen Zusammenhängen in der Entwicklung der DDR ergaben sich bald größere Divergenzen zwischen einer behaupteten Befreiung der Produktivkräfte, die dann doch nicht mit dem westlichen Kapitalismus konkurrieren konnten, und behaupteten Übereinstimmungen zwischen Partei (SED) und Volk (Arbeiter und Bauern). Im Westen Deutschland waren Pädagogen stärker an unproblematische Traditionslinien gebunden, die soziale und politische Implikationen der Arbeitspädagogik erst gar nicht thematisierten. Die Orientierung einerseits an Kunsthandwerk und Kunsterziehung, andererseits an Handarbeit und Technik war bestimmend. Der ehemalige Bauhaus-Schüler Schwerdtfeger griff Gedanken des Bauhauses auf und stellte ein „Künstler-Handwerk“ vor: „Das Musische ist dem begrifflichen Denken nur mittelbar zugänglich. Es wird dem Geiste nur in Bildern beispielhaft erschließbar, ruht ursprünglich in der Kraft des Elementar-Rauschhaften und ist durch das Ergriffensein gekennzeichnet. Von hier aus zeigt es sich als schöpferischer Drang, der sich aber verlieren würde, wäre er nicht in eine gestaltete Form geprägt. Die musische Gestaltung ist immer auf das Ganzheitliche gerichtet. Sie ist harmonisch und liebt die Geschlossenheit. Ihr Wesen liegt daher im Rhythmischen – der Bewegung und Gegenbewegung – als einer in sich ruhenden Endlichkeit. Der schöpferische- musische Akt hat lösende und befreiende Kraft. Sie gibt der Ganzheit erst ihren Sinn, wirkt läuternd und hat sittlichen Wert.“316 Dieser Ansatz ist beispielhaft für eine politisch unreflektierte, individualisierende und unhistorische Argumentation jener Jahre. Zwar sollten auch hier die Kinder das „Schaffen für reale Zwecke“ (Ernst Röttger) lernen, doch hatten die realen Zwecke nichts mit gesellschaftlicher Realität zu tun, stattdessen ging es beispielsweise um spielerischen Umgang mit Fäden, Gewebe, Knoten und Schlaufe und um die Herstellung von Serviettenringe.

315 vgl. Klein, H.: 1962, S.56ff; zit. nach Jenzen, U., a.a.O, S.135 316 Schwerdtfeger, K.: Bildende Kunst und Schule.- 6. Aufl., Hannover 1965 (1957), S.60; zit. Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.127 - 167 - Auch Handarbeit und Technik sollten in dieser Auffassung keine lebenspraktischen Fähigkeiten entwickeln, sondern eher einen Gegenpol zur industriellen Fertigung darstellen, denn „für die Anziehungskraft […] der Technik sorgen anonyme Erzieher mehr als der Welt gut ist“ (Karl Klöckner), daher müsse das „Sinnenhaft-Schöpferische“ hochgehalten werden. 317 Doch es gab auch andere Rekurse auf Technik. In den 1950er Jahren wollte Carl Schietzel in Rückgriff auf Kerschensteiner auch in der BRD eine stärkere Bindung an eine Technik betreiben, die er allerdings wesentlich naturwissenschaftlich verstand. Arbeitserziehung war bei ihm daher Technik und Naturlehre, wenn diese auch auf den Lebensalltag bezogen wurde: „Das Leben, das der Mensch führen und dem er Sinn verleihen soll, ist vor allem Anderen Leben in einer praktischen Welt. Das allgemeine Alltägliche bestimmt es, das Nächste und die Nächsten, darum der Mensch sich zu kümmern hat. Weil der Mensch zunächst im Nahkreis der Pflichten und Sorgen das Seine zu leisten hat, weil der Mensch ein ursprünglich praktisches, das heißt in der Verantwortung handelndes Wesen ist, deshalb muß er auch zunächst für seinen Lebensalltag lernen. So entspricht es seiner Natur.“318 Was aber sind „Alltag“ und „Natur“? Hier finden wir in der Nachkriegsgeschichte das Phänomen, dass sich eine Entpolitisierung des Alltags mit einer Technologie-Gläubigkeit verband, damit über gesellschaftlichen Sinn und Verantwortung nicht reflektiert werden musste. Denn dieser Ansatz bezog sich zwar auf den „Lebensalltag“, ging aber nicht von diesem aus, sondern von einer grundlegenden Logik der Sachen. Daher wandte sich Schietzel auch strikt gegen Arbeitsschule und polytechnische Bildung. Mit derart abgelöstem Verständnis produktiver Arbeit kam es auch zu merkwürdigen Kontinuitäten. 1950 problematisierte Eduard Spranger den „Lebensberuf“, wollte „Elemente des Tuns“ als Grundlage der Berufserziehung aufgreifen und orientierte sich an „Urberufen“ (Landmann, Handwerker, Händler). Auch darüber hinaus grassierten unklare Begriffe wie „Werkwelt“ und „Quellkräfte“ (Gertrud Weismantel). Doch früh in den 1950er Jahren stieg die Produktion in der BRD rapide an, das „Wirtschaftswunder“ setzte ein und mit ihm eine neue und scheinbar selbstverständliche Orientierung auf ein unproblematisches, technikbedingtes Wirtschaftswachstum. Die überkommene und von den alten Lehrern weitergetragene volkstümelnde Erziehung konnte den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Es dauerte allerdings bis zum Beginn der 1960er Jahre, dass diese Orientierung einen konzeptuellen Niederschlag fand. Im Hintergrund stand jener gesellschaftliche Qualifizierungsdruck, den Georg Picht 1964 in dem prägnanten Begriff „Bildungsnotstand“ fasste.319

317 zit. ebd., S.131 318 Schietzel, C.: Technik und Natur. Theorie und Praxis einer Sachkunde,- Braunschweig 1960, S.23; zit. U. Jenzen 1993 S. 136 319 vgl. dazu: Picht, Georg: Die deutsche Bildungskatastrophe. Analyse und Dokumentation, Freiburg i.Br. 1964, München 2. Aufl., 1965 - 168 - Im Zuge dieses Qualifizierungsdruckes erhielten gesellschaftspolitische Bezüge wieder einen Raum, den sie angesichts des Kalten Krieges und der neuen Ost- West-Spaltung, des KPD-Verbotes und der ausbleibenden „Entnazifizierung“ in den 1950er Jahren nicht hatten. Solchen Ansätzen ging es nicht nur um industrielle Entwicklungen, sondern auch um die damit verbundenen sozialen Schichtungen, namentlich um die politische Brisanz der Arbeiterklasse. Solche Konzeptionen verbanden die Ausbildung von Fertigkeiten mit der Übernahme gesellschaftlicher Rollen, die eine Inklusion im Sinne einer „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ und nicht eine Spaltung im Sinne einer Klassengesellschaft förderten. Diese, von dem Wirtschaftswachstum getragene „Gesellschaftlichkeit“ hatte zwei Dimensionen: Zum einen ging es um Qualifizierung als eine demokratische Partizipation, um eine Art wohlfahrtsstaatliche Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen, die auch eine soziale Anhebung der unteren Schichten einschloss. Ralf Dahrendorf wollte bereits 1957 solche Qualifizierung. Er zielte auf Entspezialisierung und Konzentration auf „extrafunktionale Fertigkeiten“, worunter er allgemeine staatsbürgerliche Tugenden wie Verantwortlichkeit, Anpassungsfähigkeit, Übersicht und Wendigkeit subsummierte.320 Zum anderen ging es um die Ein- und Unterordnung menschlicher Fähigkeiten sowie deren Ausbildung unter die Zwecke der kapitalistischen Produktion. In dieser Dimension waren die Zwecke der Produktion verdinglicht und versachlicht in Maschinen und Technik. In der Auseinandersetzung um den Kern der produktiven Arbeit gab es von nun an diese zwei Dimensionen: zielt Qualifikation auf eigene menschliche Fähigkeiten, Handlungs- und Kontrollfähigkeiten, oder zielt sie auf Einsicht in technologische Bedingungen und Nutzung gegebener Bedingungen. In diesen Dimensionen gab es viele Überschneidungen, Mißverständnisse und Naivitäten, in denen auch oft die Zuordnungen schwer erkennbar waren. Eine Schlüsselstellung hierbei nahm die Rolle der Maschinen und der Technik ein. Ernst Lichtenstein beispielsweise forderte ein kunterbunte Mischung: “eine breite, für viele Tätigkeiten verwendbare Basis an Kenntnissen und Fähigkeiten, ein allgemeines Verständnis für maschinelle Arbeitsweisen und Produktionszusammenhänge, ein klarer Überblick über aufgeteilte und gegliederte Arbeitsgänge, Fähigkeit zur Störungsbeseitigung, Umstellung von handwerksmäßigem auf ingenieursmäßiges Denken, Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Wendigkeit, ein geschärftes Verantwortungsbewußtsein für den Gesamtbetrieb, insbesondere in den immer wichtiger werdenden Aufsichtsfunktionen, rationale Selbstkontrolle, Monotoniestandfestigkeit, Befähigung zur Teamarbeit und Menschenbehandlung.“321 Woher aber sollten Verantwortung, Kontrolle und Menschenbehandlung kommen, worauf sollte sich eine entsprechende Qualifikation stützen? Letztendlich griff auch

320 Jenzen, U.: a.a.O., S. 147 321 Lichtenstein, E.: Der Bildungsauftrag der Schule und die Bildungsbedürfnisse der Gesellschaft (1960); zit. U. Jenzen, a.a.O., S.148 - 169 - Lichtenstein auf gegebene Produktionslogiken zurück. Gab es andere Möglichkeiten? In diesen Auseinandersetzungen spielte Gesundheit eine wichtige Rolle, auch wenn sie von den Protagonisten nicht verstanden wurde. Allerdings war diese Bedeutung der Gesundheit aus Überlegungen abgeleitet, die theoretisch von der „Rationalisierung“ aus entwickelt wurden: es ging vor allem um die Anpassung des Menschen an die Maschine, aber um eine Anpassung, die der Spezifik der „menschlichen Maschine“ gerecht werden sollte. Die Rücksicht auf den rational organisierten „Gesamtbetrieb“ schloß die Rücksicht auf die beschränkten Fähigkeiten des Menschen ein. So war die Konzeption in ihrer Gesamtheit auf Technik focussiert, und entsprechend war in den 1950er Jahren auch die Arbeitspädagogik auf eine Bildungswirksamkeit der Technik bezogen. Dies machte Martin Keilhacker 1957 sehr anschaulich klar: „Die immanenten Gesetzmäßigkeiten der Maschine können von uns nicht aufgehoben, sie müssen vielmehr klar herausgearbeitet werden, in ihren häufig nur schwer übersehbaren Auswirkungen auf pädagogische Fragen gründlich studiert und erst sorgfältig in die pädagogischen Überlegungen einbezogen werden. [...] Der Begriff ‚Sachlichkeit‘ hat durch die Entstehung der Maschinenwelt eine neue, vertiefte Bedeutung erhalten; denn nichts ist so sachlich, wie die Maschine. Ihr gegenüber hilft keine Aufregung, kein Zureden, keine Auseinandersetzung in Worten; hier hilft am meisten Affektlosigkeit und Kenntnis der in der Maschine liegenden Gesetzmäßigkeiten. [...] Die Anpassung an die Maschine erzieht zur Genauigkeit, Pünktlichkeit, Sorgfalt der Bedienung, regt zu Erfindungen an usw.“322 Verdeckt durch den Begriff „sachlich“ propagiert diese Arbeitspädagogik zwar eine konsequente Wendung zur tatsächlichen Arbeitswelt, zugleich wird diese Arbeitswelt jedoch der Logik der Maschine unterworfen. Mehr noch, die Technik der Maschine wird zur pädagogischen Leitlinie. Demnach erzieht die Anpassung an die Maschine zu den zentralen Fähigkeiten, die von den Menschen in der modernen Gesellschaft verlangt wird. Dass damit ein logischer Zirkel aufgemacht wird, in dem die Menschen Maschinen konstruieren, deren Konstruktionsprinzipien dann zur pädagogischen Leitlinie werden, ohne dass die Konstruktion selbst reflektiert wird, kam nicht in den Sinn. Dies vor allem deshalb, weil diese zirkuläre Konzeption keine selbständige arbeitspädagogische Konzeption verlangt, vielmehr eine technologische Eigenlogik, quasi eine naturgesetzliche Begründung der Maschine, angenommen wurde. Mit dieser technologischen Linie verbunden waren viele unterschwelligen Zielsetzungen, die im Grunde herrschaftsstabilisierend angelegt waren. Ein sehr deutliches Beispiel gibt Heinrich Weinstock, der einen „Realen Humanismus“

322 Keilhacker, M.: Die pädagogische Situation der Gegenwart unter dem Einfluß der modernen Technik.- In: H. Röhrs (1957), S. 94, 96 - 170 - propagierte und den Erziehungsauftrag aus der hochindustrialisierten und technisierten Arbeitswelt ableitete: „Dreierlei Menschen braucht die Maschine: den, der sie bedient und in Gang hält; den, der sie repariert und verbessert; schließlich den, der sie erfindet und konstruiert. Hier ergibt sich: Die richtige Ordnung der modernen Arbeitswelt gliedert sich, im großen und ganzen und in typisierender Vereinfachung [...] in drei Hauptschichten: die große Masse der Ausführenden, die kleine Gruppe der Entwerfenden und dazwischen die Schicht, die unter den beiden anderen vermittelt. D.h.: Die einen müssen anordnen und verordnen, die anderen müssen die Ordnungsgedanken ausführen; aber damit das ordentlich geschieht, muß eine dritte Gruppe den Übergang vom Gedanken zur Tat, von der Theorie zur Praxis vermitteln. [...] Die ersten müssen zuverlässig antworten, die dritten selbständig fragen können; die Mittelschicht aber ist dafür verantwortlich, daß die Fragen der einen von den andern richtig verstanden werden. [...] Was ergibt sich nun aus dieser Struktur unserer modernen Arbeitswelt für den Aufbau des Bildungswesens? Offenbar verlangt die Maschine eine dreigegliederte Schule: eine Bildungsstätte für die Ausführenden, also zuverlässig antwortende Arbeiter, ein Schulgebilde für die verantwortlichen Vermittler und endlich ein solches für die Frager, die sogenannten theoretischen Begabungen.“323 Technologische Ausrichtung brachte damit auch eine einfache Legitimation des dreigliedrigen Systems von Hauptschule, Realschule und Gymnasium verbunden mit einer unterschwellige Sozialisationsaufgabe: Einordnung als Unterordnung in einer durch Maschinen bestimmten Arbeitswelt. Diese technologische Ausrichtung barg auch eine historische Dynamik. Angenommen wurde nämlich eine Attraktion der Technik, die mit ihrer Entwicklung derart auf junge Menschen einwirkte, dass damit ein pädagogischer Bedarf entstünde: „Der Junge, der sich heutzutage nicht mehr für Wasserräder und Dampfmaschinen, sondern für Automobile, Motorräder, Flugzeuge und Rundfunkapparate interessiert und über ihre Konstruktion besser Bescheid weiß als die meisten Erwachsenen, ist auch mit den behelfsmäßigen Einrichtungen, wie sie früher die Schülerwerkstatt, z.B. in der Gestalt von Schülerhobelbänken, enthielt, und mit dem in Handarbeit nur notdürftig ausgebildeten Lehrer nicht mehr zufrieden: er verlangt eine regelrecht ausgestattete Werkstatt und sachkundige Unterweisung.“324 () Diese Dynamik schien angesichts der faszinierenden Autos, Fernsehapparate etc. evident. Da so der Bedarf gegeben schien, benötigte er nicht unbedingt pädagogische Legitimation und Konzeption. Das Kennzeichen dieser technologischen Ausrichtung ist gerade ihre Unbestimmtheit, ihre fehlenden gesellschaftlichen Beziehungen und politischen Festlegungen. So wurde zwar eine Hinwendung zur Arbeitswirklichkeit

323 zit. nach Klafki, W. u.a.: Funk-Kolleg Erziehungswissenschaft, Einführung in drei Bänden, Frankfurt/M., 1970, S. 28 324 Pallat, L.: 1968, S. 18; zit. Hendricks, W.: Arbeitslehre in der Bundesrepublik Deutschland, Theorien, Modelle, Tendenzen. Ravensburg, 1975, S. 468 - 171 - propagiert, aber auch zur spezifischen Situation der Schüler. So wurde zwar auf tatsächliche Arbeitsvollzüge abgehoben, zugleich aber auch der eigentliche reformerische pädagogische Auftrag hintan gestellt. In diese historische Phase hinein begann Heinrich Abel sein Wirken, das ihn als „Urheber der Arbeitslehre“ auszeichnete.325 In seinem Aufsatz „Im Vorraum der Arbeitswelt“ legte er 1960 in der Berufspädagogische Zeitung den Grundstein der heutigen Arbeitslehre. Mit dem Hinweis auf die Berufsvorbereitung als Aufgabe der Pflichtschule (1966) stellte er den Beruf ins didaktische Zentrum. Abel verstand die Berufsvorbereitung als allgemeine Aufgabe, ja als Eckpfeiler der Allgemeinbildung. Differenziert nach Alter, Niveau und Fachrichtung, danach Berufsausbildung für definierte Berufe und umfassende Tätigkeitsfelder; schließlich berufliche Weiterbildung Abel ging systematisch von einer veränderten Industriegesellschaft aus, die neue Qualifizierungen für das Erwerbsleben erforderte. Er machte nun den Versuch, die oben aufgeigten Dimensionen zu vermitteln. Es ist im Grunde genommen sein Verdienst, die Spannung dieser Dimensionen aufgenommen und bearbeitet zu haben. Hierzu reicherte er die Erwerbsarbeit gesellschaftspolitisch an. Er entwickelte die grundsätzliche Vorstellung, dass nur Erwerbsarbeit die „volle Mündigkeit“ gewähren könnte. So, sollte dann Arbeitslehre die „Unterstützung der sozialen und politischen Orientierung zur verständigen Eingliederung in das gesellschaftliche und politische Leben“ umfassen.326 Uwe Jenzen fasst die Zielorientierung folgendermaßen zusammen: * „Im Rahmen der Arbeitslehre werden fundamentale Qualifikationen vermittelt, die sich in die Leitziele einer emanzipatorischen Erziehung einordnen: Urteilskompetenz, Sozialkompetenz, Selbständigkeit, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit u.a. als Grundlagen von Handlungskompetenz in einer demokratischen Gesellschaft. Inhaltlich werden diese Ziele an Sachbereichen und Problemen festgemacht, die einen Zugang zum Verständnis der modernen Arbeits- und Wirtschaftswelt ermöglichen. Ziel ist der mündige Wirtschaftsbürger. * Darüberhinaus werden individuelle Hilfen für den Eintritt in das Berufsleben vermittelt, indem spezielle Arbeitsqualitäten und Informationen erworben und auf die persönliche Entscheidungssituation der Jugendlichen bezogen werden. Diese Zielbestimmung bezieht sich weniger auf die Vermittlung einer kritischen Distanz sondern vielmehr auf die ‚Anbahnung von Zugängen für den beruflichen Start‘ (Heinrich Abel) im Sinne von Anpassung.“327 Er folgerte eine systematische Gliederung der Arbeitspädagogik nach a) Arbeitspraxis, die nach gewerblich-technischen, kaufmännisch-verwaltenden und hauswirtschaftlich-pflegerischen Berufsfeldern differenziert wurde, b) nach

325 vgl. Jenzen, U.: a.a.O., S.149ff 326 Abel, H.: Berufsvorbereitung als Aufgabe der Pflichtschule (1966).- In: K. Stratmann (Hrsg.): Heinrich Abel – Berufserziehung und beruflicher Bildungsweg (eine Aufsatzsammlung).- Braunschweig 1968, S.76; zit. U. Jenzen 1993, S.150 327 Jenzen, U.: a.a.O., S.150 - 172 - Arbeitstheorie, in der die praktischen Tätigkeiten fachlich und verfahrensmäßig reflektiert werden sollten, sowie c) die Berufskunde, in der typische Arbeitssituationen behandelt werden. Die Untergliederungen sollten „im wechselseitigen Zusammenhang miteinander stehen.“328 Abel wollte die Arbeitslehre von der bisherigen Werkerziehung abgrenzen, weil jene stärker auf musisches Tun in der Freizeit orientierte. „Arbeitslehre hat demnach den Auftrag, ein Verständnis der modernen Berufswelt beim Nachwuchs durch originale Begegnungen mit verschiedenen Sachfeldern anzubahnen und Zugänge für den beruflichen Start zu erschließen.“329 Konsequent forderte Abel einen Bezug zur modernen Arbeitswelt und er wollte auch die tatsächlichen gesellschaftlichen Zusammenhänge einbringen. Seine Hinführung zur Arbeitswelt versuchte, sowohl den konkreten Zugang und Übergang (Berufswahl) als Aufgabe der Schule zu fassen, wie auch die Reflexion der tatsächlichen Arbeitsbedingungen. Der Versuch Abels, die beiden Dimensionen der Qualifikation zu vermitteln, blieb vage. Er wollte sicherlich keine einfache Unterwerfung unter technologische Vorgaben, er wollte aber auch eine Qualifikation, die für die kapitalistischen Zwecke der Produktion verwertbar war. Abel versuchte, aus diesem Dilemma durch a) eine Betonung der eigentlichen erzieherischen Aufgabe und b) durch die Betonung der Produktion als vielschichtiger Arbeitsprozeß, inklusive wirtschaftlicher und politischer Inhalte, heraus zu kommen. Oder, wie es Uwe Jenzen formulierte: „Als Ergebnis bleibt das Verdienst Abels, - zukünftige Leitziele entwickelt zu haben, die sich primär am Schüler orientieren und die unangefochten (auch in ihren grundlegenden Strukturen) bestehen blieben; - den unterrichtlichen Orientierungsrahmen umschrieben zu haben, der als Aufgabe eine Annäherung der modernen Arbeits- und Wirtschaftswelt an die gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler festlegte. Mit dem Bezug auf Pestalozzi wurde unterstrichen, dass mit ‚Arbeitslehre’ ein ‚pädagogisch akzentuierter, d.h. ein schülerorientierter Ansatz gemeint war. - Der Hinweis auf die pädagogische Tradition sowie die besondere Bedeutung, die Abel dem Zusammenhang von Arbeit als Inhalt und als Vollzug beimisst, lenkt den Blick auf die praktischen und ganzheitlichen methodischen Ansätze von Pestalozzi bis zur Arbeitsschule. Demgegenüber bleiben Hinweise zur konkreten Ausgestaltung des Lern- und Handlungsfeldes in einer nach Unterrichtsfächern gegliederten Schule weitgehend aus.“330

328 vgl. Hendricks, W.: a.a.O., 1975, S. 21 329 Abel, H.: a.a.O., 1966, S.82; zit ebd., S. 153 330 Jenzen, U.: a.a.O., S. 157 - 173 - 3.2. Berufs- und tätigkeitsbezogene Qualifizierung Heinrich Abel baute der Arbeitserziehung eine Brücke über die politischen und ideologischen Gräben und wies eine Fahrrinne durch die Untiefen des arbeitsweltlichen und schulischen Bezuges. Er baute der Arbeitserziehung eine Heimat in dem bundesrepublikanischen Schulwesen – aber er verdrängte die grundsätzlichen Schwierigkeiten. Die widersprüchliche historische Situation zum Ende des Wirtschaftswunders und zu Beginn einer Phase gesellschaftlicher Reformen schlägt sich in der Konzeption einer „Arbeitslehre“ nieder. Der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen legte 1959 Empfehlungen für die Reform der allgemeinbildenden Schulen vor und konkretisierte 1964 in Empfehlungen zum Aufbau der Hauptschulen, dass die Arbeitslehre im Mittelpunkt dieser Reform stehen sollte. Heinrich Abel hatte in der Kommission Berufsbildendes Schulwesen zum Ende der 1950er und zu Beginn der 1960er Jahre das schwierige Verhältnis zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung diskutiert. Er wollte Arbeitslehre als Erziehung zu praktischem, fachgerechten Tun mit Blick auf die moderne Arbeit entwickeln. In dem Aufsatz mit dem programmatischen Titel „Im Vorraum der Arbeitswelt“ wollte Abel mit diesem Bezug die Hauptschule als bedeutende Instanz neben Gymnasium und Grundschule etablieren. In vorsichtig angedeuteter Konzeption dachte Abel sogar an eine Einheitsschule, die durch praktische Qualifizierung strukturiert sein sollte. Bereits 1953 war in Übereinkunft des Bundesinnenministers mit den Kultusministern der Länder die Einrichtung des „Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen“ beschlossen worden. Seit März 1957 arbeitete eine Kommission an einer Reform der Hauptschulen und diskutierte ab 1959 die Verbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung. Verwiesen wurde insbesondere auf handwerklich-technische, sozial-pflegerische, landwirtschaftliche und kaufmännisch-wirtschaftliche Berufsfelder. Absicht war, den Schülern durch „fächerübergreifende Arbeitseinheiten und lebenspraktische Vorhaben“ mit zukünftigen Aufgabenstellungen vertraut zu machen.331 Vor allem Paul Heimann, Gunther Otto und Wolfgang Schulz qualifizierten das Strukturierungsinteresse in diesem Bereich durch konstruktive „Hilfen“:  angepasstes Arbeitsverhalten  humanes Sozialverhalten  sinnvolles Kulturverhalten als zentrale Zielsetzung an.332 Diese Vorstellungen gingen in die Empfehlungen über den Ausbau der Volksschule zur Hauptschule (15.6.1959) ein. Das traditionelle volkstümliche

331 Hendricks, W.: a.a.O., S. 9 332 vgl. dazu: Heimann, Paul; Otto, Gunther, Schulz, Wolfgang: Unterricht- Analyse und Planung. Hannover, 1979 - 174 - Bildungsideal der Volksschule sollte durch den lebenspraktischen Bezug zur Arbeitswelt überwunden werden. Hintergrund dieser Bemühungen war auch die große Bedeutung, die der Systemvergleich in der Ost-West-Spannung erhalten hatte. Der vergleichende Blick in die DDR sah eine polytechnische Ausbildung mit dem Anspruch, eine moderne, sozial begründete und doch technisch versierte Bildung zu gewährleisten. Aber auch ein Blick in die Schweiz lohnte sich, wobei Anleihen von Karl Stieger genommen wurden. So forderte Karl Vaupel einen Hauptschulunterricht auf werktätiger Grundlage, d.h. eine technisch-berufliche Grundbildung, mit der die berufliche Zukunft vorbereitet und vorgeklärt werden könnte. Vergleichende Diskussionen finden sich in der „Berufspädagogischen Zeitschrift“ (BPZ) ab 1952/53. Auf den Rahmenplan zur Umgestaltung der allgemeinbildenden Schulen 1959 folgten 1964 die Empfehlungen zum Aufbau der Hauptschule mit der besonderen Gewichtung der Arbeitslehre, die gar als „Kernstück der Reform“ bezeichnet wird.333 Die allgemeine Zielsetzung des „Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen“ (DA) war: „Eine bildungswirksame Hinführung zur modernen Arbeitswelt ist nur möglich durch praktisches Tun der Schüler, das von Interpretation und Reflexion begleitet ist. Die Arbeitslehre ist deshalb elementare praktische Arbeit in verschiedenen Sachgebieten mit eng daran geknüpfter gedanklicher Vorbereitung, Zwischenbesinnung und Auswertung. Damit wird sie zu einer selbständigen Unterrichtsform, die zwar mit der musischen Seite des Werkes, mit der mathematisch-naturwissenschaftlichen und der sozialkundlichen Grundbildung in Verbindung steht, aber keinem dieser Bereiche untergeordnet werden darf.“334 Der Einfluss Abels war unverkennbar. Der DA propagierte einen Stufenaufbau in der Hinführung zur modernen Arbeitswelt, der in enger Verbindung zu traditionellem Handwerk und industriellen Betrieben umgesetzt werden sollte335: Erste Stufe: freies Werken (kunsterzieherisches Werken, Handgeschick, Formgefühl) Zweite Stufe: Handwerkliches Arbeiten (Verlagerung zu technisch zweckbestimmten Tätigkeiten, Produktorientierung, Werkregeln) Dritte Stufe: Industrielle Produktion (Arbeitsteilung, Rationalität, Arbeitstugenden, soziale Verpflichtung und ökonomische Notwendigkeit) Die Stufen der Ausbildung implizierten eine systematische Konzeption: 1) es gibt eine anthropologische, ästhetische Grundlage des produktiven Arbeitens im Sinne eines schöpferischen Tuns; 2) es gibt eine sachliche Logik des Arbeitshandelns;

333 Jenzen, U.: a.a.O., S. 159 334 Deutscher Ausschuss: Empfehlungen zum Aufbau der Hauptschule vom 2.5.1964 – Arbeitslehre.- In: Kaiser, F.-JH., H. Kielich (Hrsg.): Theorie und Praxis der Arbeitslehre.- Bad Heilbronn/Obb. 1971, S.32; zit. U. Jenzen 1993, S.160 335 ebd. S. 161 - 175 - 3) es gibt eine gesellschaftliche Sinngebung des vernetzten Produktions- prozesses.

Mit dieser Konzeption waren zwar die unterschiedlichen Konzeptionen und Zielsetzungen der arbeitsweltbezogenen Pädagogik nicht beseitigt. Es gab aber nunmehr eine Plattform, auf der diese Kontroversen ausgetragen werden konnten, und zugleich eine Aufgabenstellung, auf eine Ausgestaltung des Unterrichts hin zu diskutieren und zu gestalten. In diesem Sinne wurde mit den Reformdiskussionen zum Ende der 1960er Jahre die Bedeutung der Arbeitslehre thematisiert. So weit gefächert die Begrifflichkeit war, so kontrovers waren die Positionen. Sollte es sich um eine Einführung in die Arbeitswelt, um eine Vorbereitung der beruflichen Zukunft, um eine sachliche Aufbereitung von Technik und Ökonomie oder um eine gesellschaftlich begründete polytechnische Bildung handeln? So war die Einführung der Arbeitslehre in das Curriculum der Hauptschulen sehr unterschiedlich motiviert und organisiert.336 Die Dimensionen des gesellschaftlichen Bezuges wirkten. Ein Schwergewicht der Kontroverse bildete die Frage, ob Arbeitslehre in der Tendenz auf eine Anpassung und Unterordnung unter die Bedingungen der privatkapitalistischen Wirtschaft oder auf eine kritische Befähigung des heranwachsenden Bürgers zielt. Da letztere Position wesentlich als „neomarxistische“ Kritik formuliert wurde, konnte ihr leicht eine gesellschaftsumstürzende Absicht unterstellt werden. Damit geriet diese Position schnell in einen prinzipiellen Verdacht, der in jenen Jahren angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit und administrativen Vorkehrungen („Berufsverbote“) leicht inhaltlich beiseite geschoben werden konnte. 337 Immerhin gewann die Arbeitslehre in der widersprüchlichen Konzeption eine zentrale Bedeutung m Fächerkanon der Hauptschule. Allerdings wurde in den folgenden Interpretationen der „Empfehlungen“ der Tenor immer stärker, dass die Hauptschule als „Eingangsstufe des beruflichen Bildungsweges“ und der Beruf zum „didaktischen Zentrum“ der Hauptschule werden sollte.338 Die Kritik an der Konzeption der Arbeitslehre galt bis in die 1970er Jahre hinein vor allem dem Vorbehalt, dass die Arbeitslehre zu einem hauptschulspezifischen Fach gemacht werden sollte, in dem praktisch begabte Hauptschüler auf praktische Berufe vorbereitet würden: „Durch die Beschränkung der Arbeitslehre auf primär praktisch-manuelle Tätigkeiten werden wesentliche Dimensionen der modernen Industriegesellschaft ausgespart.“339 In der Kritik stand auch, dass im sozialen Bereich ausschließlich auf außerschulische Aufgaben

336 vgl. dazu Voelmy, Willi: Arbeitslehre- Unterricht in den Hauptschulen der Bundesrepublik Deutschland. 1. Heft Einführung und Methode. Weinheim, 1970 337 Hendricks, W.: a.a.O., 1975, S. 426ff 338 Auf die feine Kritik der Auslegungen, die die „Empfehlungen“ in den nachfolgenden Jahren erfahren haben, soll nicht näher eingegangen werden (W. Hendricks 1975, S. 29ff). Sicherlich sehen die „Empfehlungen“ die Hauptschule nicht als „Blaujacken-Schule“, sondern in einem doppelten Sinn als Heranführung an die moderne Arbeitswelt und an den beruflichen Bildungsweg; dennoch ist der Focus auf den „Beruf“ dominant und in einem traditionellen Verständnis. 339 Hendricks, W.: a.a.O., 1975, S. 29, 35 - 176 - verwiesen wurde. Betont wurde demgegenüber, dass eine „intensive Berücksichtigung der gesellschaftlichen Dimension“ unumgänglich wäre und die Arbeitslehre einen „emanzipatorischen Charakter“ haben müsse. Die Politisierung jedoch, die seinerzeit gefordert wurde, war im hohen Maße ideologisch verdächtig. Die 1964 vorgelegten “Empfehlungen zum Aufbau der Hauptschule“ des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen, in denen das Fach Arbeitslehre in der Sekundarstufe I einzubauen war, wurden entsprechend kontrovers diskutiert und in sieben Entwürfen modifiziert. Problematisch war vor allem die „Hinführung zur Arbeits- und Wirtschaftswelt“. In der Endfassung (1964) wurde Arbeitslehre begriffen als unentbehrlicher Teil der allgemeinen Bildung (Einheit von manueller, intellektueller und charakterlicher Erziehung): „Sie vermittelt den Schülern durch Anschauung und geistig durchdrungene eigene Arbeit in der Schulwerkstatt und im betrieblichen Praktikum ein Vorverständnis der rationalisierten und technisierten Arbeitsverfahren der modernen Gesellschaft.“340 Abel selbst, der wohl den entscheidenden konzeptionellen Anteil an der Diskussion hatte, verstand Arbeitslehre als eine Art Berufsvorbereitung, die „praktisches Tun mit Besinnung, hantierenden Umgang und reale Begegnung mit Information, geistige Exerzitien und Reflexion“341 verbinden sollte. Der Deutsche Ausschuss favorisierte neben der allgemeinen Differenzierung der Arbeitslehre in Arbeitspraxis, Arbeitstheorie und Berufskunde auch ergänzende Betriebspraktika und Exkursion.342 Der Kernpunkt dieser reformorientierten Konzeption blieb gleichwohl unklar: es wurde angenommen, dass die konkreten Themen nicht in der pädagogischen Konzeption entwickelt werden müssten, sondern sich im Praxisbezug von selbst ergeben würden, also durch die betriebliche Praxis gestellt würden. Dann unterstellte der Deutsche Ausschuss eine Art hierarchischen Aufbau des Praxisbezugs. Dieser soll sich in gewisser Weise an der historischen Entwicklung der produktiven Arbeit orientieren, also von handwerklicher Arbeit im 7. Schuljahr ausgehen und dann zu der „arbeitsteiligen, rational geplanten maschinellen Produktionsweise der Industrie“343 voran schreiten. Im 10.Schuljahr sollte dann die eigene Konzentration der Schüler auf einen Produktionsbereich erfolgen. Insgesamt ging man davon aus, dass dem Anteil der Arbeitslehre mit den Schuljahren ansteigt und im 10. Schuljahr gar ein Drittel der Schulzeit auf praktische Arbeiten entfallen sollte. Unklar blieb, ob dieser Anteil insgesamt im Fach Arbeitslehre organisiert werden sollte, oder auch spezifische Anteile in anderen Fächern einschließt. Ein wichtiger Punkt war dem Deutschen Ausschuss die enge Zusammenarbeit zwischen Hauptschule und beruflicher Bildung. Wie diese Zusammenarbeit aussehen sollte, blieb leider offen. So finden wir auch in dieser Beziehung sehr

340 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S.18 341 Abel, Heinrich: a.a.O., S. 623 342 Abel, H.: a.a.O., S. 617ff 343 zit. Bruns: a.a.O., S. 5 - 177 - gute und fortschrittliche Ansätze, die allerdings in wichtigen Punkten nicht ausgearbeitet wurden. Die Kritik jedoch bezog sich seinerzeit v.a. auf die Umsetzung der Vorschläge und deren pädagogische Zielsetzungen. Zielt der hohe Anteil praktischer Arbeit tatsächlich auf die veränderten Bedingungen der Produktion mitsamt den ökonomischen, technischen und sozialen Beziehungen, oder lediglich auf eine bessere Lernmotivation der Schüler? Und wie gehen praktische Orientierung und notwendige Fähigkeiten zum „Abstrakt-Begrifflichen“ zusammen, welch letzteres auch die Hauptschule vermitteln muss? Schließlich stellt sich auch die Frage nach der Durchlässigkeit der Schulabschlüsse und der Bewertung der Hauptschule. In der Diskussion wurden die Vorschläge denn auch weitgehend abgelehnt. Die Arbeitgeberverbände befürchteten insbesondere einen Bedeutungsverlust der beruflichen Bildung sowie des eigenen Anteils an der Bildung. Im Detail wurde von Arbeitgebern kritisiert, dass es an konkreten inhaltlichen Bestimmungen mangelte, die berufliche Bildung vorweg genommen würde, produktionsähnliche Situationen in der Arbeitslehre nur verkürzt herbei geführt werden könnten und der Vorschlag nicht realisiert werden könnte.344 Es ginge zunächst darum, die primären Bildungsaufgaben (Rechnen, Rechtschreibung) und Kulturtechniken (Sprache, Gemeinschaftskunde) in der Hauptschule zu gewährleisten. Auch die Berufsschullehrer reihten sich unter die Kritiker ein. Sie monierten die einseitige Ausrichtung auf Belange der seinerzeitigen Volksschule. Unterschwellig wirkte vor allem das Problem, inwieweit auch die Wahrnehmung und Vertretung der eigenen Interessen zu einem Ausbildungsziel für zukünftige Arbeitnehmer gehören sollte. An zwei gegensätzlichen Aspekten soll die problematische Ausrichtung auf berufliche Qualifizierung veranschaulicht werden. Zum einen könnte Gesundheit als übergeordnete Leitlinie einer solchen Qualifizierung angenommen werden. Mit Gesundheit wären Interessen der Arbeitnehmer ebenso angesprochen wie elementare Implikationen beruflicher Leistungen in Wirtschaftsbetrieben. Dieser Aspekt geht also von den menschlichen Bedingungen der produktiven Arbeit aus. In diesen frühen Diskussionen spielte jedoch Gesundheit keine Rolle. Lediglich in der Kritik wurde auf die Bedeutung einer allgemeinen religiösen und sittlichen Bildung abgehoben, wobei deutlich wurde, dass von einer Verbindung zwischen einem allgemeinen pädagogischen Bezug auf Gesundheit (Sauberkeit und Sittlichkeit) und einem konkreten Bezug auf Gesundheitsschutz (Unfallverhütung) keine Rede sein konnte. Immerhin erhofften sich die Verfasser der „Empfehlungen“, dass der „Bezug zum praktischen Tun, zum Leben in der Gesellschaft und zum Beruf“ auch der „tatsächlichen Ermüdung, die dem mühsam aufnehmenden Lernen folgt“, entgegenwirken könnte. „Darum

344 ebd. S. 11 - 178 - ist die Arbeitslehre ein besonders wirksames Mittel, Energien für das Lernen zu aktivieren und Begabungen zu wecken.“345 Hier wurde nur angedeutet, welche praktischen Möglichkeiten mit der Arbeitslehre verbunden sein können; diese Möglichkeiten wurden allerdings nicht inhaltlich entwickelt, sondern sollten sich sozusagen als Nebeneffekt ergeben. In den Empfehlungen selbst war der Bildungsauftrag der Hauptschule durchaus ambitioniert beschrieben und gegen eine Herabwürdigung verteidigt: „Solange seine Funktion in der Gesellschaft nur in der Vorbereitung auf niedere Berufe gesehen wird und seine Bildungsarbeit nicht die ganze Breite der politischen, kulturellen, beruflichen und privaten Anforderungen ins Auge fasst, die in unserer Zeit von jedem Menschen Selbständigkeit und Entscheidungskraft verlangen, so lange wird diese Schule sich nur negativ von den anderen abheben, als die Schule nämlich für die Kinder und Jugendlichen, die es aus Mangel an Begabung und Interesse nicht ‚geschafft‘ haben.“346 Die positive Funktion der Hauptschule in der Gesellschaft umfasste dem inhaltlichen Kern nach, das kann im Nachhinein behauptet werden, auch das, was heute Gesundheitsförderung genannt wird.347 Doch verantwortliche Pädagogen in der Schule kapselten sich bis Mitte der 1960er Jahre von gesellschaftlichen Strömungen ab. Lediglich die Technik wurde in der Schule wahrgenommen.348 Verkrustete Strukturen zwangen dazu, „Arbeit“ und „Gesundheit“ über bestehende Fächer wie Physik, Chemie, Biologie oder Sport zu thematisieren. Zum zweiten könnte Ästhetik zur Orientierung beruflicher Qualifizierung genommen werden. Die gelungene Schönheit eines Produkts, ausgehend von den Materialeigenschaften und der harmonischen Form geben eine über den funktionalen Zweck hinausgehende Orientierung für berufliche Bildung. Dieser Aspekt geht von der Natur der Sachen aus. Es gab in dieser Hinsicht eine Spannung zwischen einer ästhetischen Grundlegung des traditionellen Werkunterrichts in der Volksschule von der Kunsterziehung aus, bzw. einer technologischen Sachlogik von Handfertigungsunterricht oder Modellbau o.ä. aus. Beide Richtungen verstanden sich als Volkskunst und verfolgten seit Anfang der 1950er Jahre freies Werken. Freies Werken prägte denn auch die erste Stufe in dem Aufbau der Empfehlungen des Deutschen Ausschusses. Man ging davon aus, dass Schüler in ihrer Sozialisation, im Kindergarten oder den ersten Schuljahren

345 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 25 346 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 23 347 Zugleich wird aber auch deutlich, dass der Focus „Berufsvorbereitung“ in ein Dilemma führt, wenn die Bedeutung des „Berufs“ abnimmt und die verlangte, bzw. auszubildende Selbständigkeit auch eine Lösung der Berufsbindung einschließt. Wir sehen heute die Problematik der „Berufsvorbereitung“ im Zusammenhang der enormen „Computerisierung“ fast aller beruflichen Tätigkeiten. Was früher als Sachlogik aus dem bearbeiteten Material, den benutzten Werkzeugen oder der Reihenfolge der arbeitsteiligen Arbeitsvollzüge heraus entwickelt werden konnte, erscheint nicht einmal mehr als Eigenschaft der Maschine, also des Computers. Die Aspekte von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung können immer weniger auf eigentliche Berufsarbeit oder Sachlogiken zurückgreifen. Zugleich reicht ein allgemeines Verständnis von Computern nicht aus, um sich in der modernen Arbeitswelt zu Recht zu finden. 348 Hendricks, W.: a.a.O., S. 40 - 179 - handwerklich tätig waren, was nun durch Kunsterziehung und Arbeitslehre mit dem „Gefühl für Form als Ausdruck“ ausgebildet werden könnte. Kunsterziehung und Arbeitslehre hätten eine gemeinsame Basierung in der „Pflege der schöpferischen Kräfte“ (Ekkard Assfalg). Diese Position hatte aber immer weniger mit den tatsächlichen Arbeitsverhältnissen und deren enormer Dynamik zu tun. Sicherlich gab es auch weitergehende Überlegungen, wie sie beispielsweise Ludwig Pallat oder Gunter Otto vertraten349, doch die Werkerziehung geriet mehr und mehr in eine Anpassungs-Diskussion. Wie sollten plastisch- haptische, flächig-visuelle, konstruktiv-statische, konstruktiv-dynamische, räumlich- bewegungsmäßige Bereiche (Otto) mit der Hinwendung zur realen Arbeitswelt verbunden werden? In dieser Diskussion prägte sich eine technik-kritische Haltung heraus, die gegenüber funktionaler Sachlogik auf das „Tun“ abhob und die kulturelle Dimension der Arbeit verwies. (Otto Mehrgardt350) Karl Klöckner versuchte eine Vermittlung zwischen Kunst und Technik, indem er die Spannung als konstitutives Moment definierte: er nahm das Spannungsfeld zwischen beiden Bereichen als „Wirkzentrum der Werkerziehung; die Polarität macht das Wesen des Faches aus.“351 Klöckner unterschied drei Sachbereiche des Werkunterrichts: das Textile, das Keramisch- Plastische und das Konstruktive. Hierbei wurde deutlich, dass das so begriffene „Spannungsfeld“ im Grunde doch nur eine verkappte Kritik der wirklichen Technik und Arbeitswelt darstellte. In der Zielsetzung des Werkunterrichts wurde ein ästhetisch-anthropologisches Verständnis deutlich, das auch das Wohlbefinden der Menschen in seiner Umgebung einschloss. Letzter Zweck des pragmatischen Unterrichts bestände „in einem Beitrag zum leib-seelischen Wohlbefinden des Menschen – durch das rechte Verhältnis zu den Dingen und zum lebendigen Raum.“352 Mit dieser Verbindung zur „Gesundheit“ war ein interessanter Aspekt aufgedeckt, der leider nicht weiter verfolgt wurde. So sollte mit dem Werkunterricht auch eine allgemeine Bewältigungsfähigkeit entwickelt werden. Der Mensch sollte ein souveränes Verhältnis zur Technik entwickeln, wobei drei Aufgaben im Mittelpunkt stehen sollten: a) Erschließung der technischen Gegenstandswelt (Bau und Gerät), b) Kenntnis der technischen Verfahren (Material und Funktionsprozesse), c) Biotop in und mit der künstlichen Welt (Problembewusstsein und Lebensbezüge). Vor allem der letzte Punkt verdeutlicht den Gesundheitsbezug, der allerdings nicht expliziert wurde. Dies lag vor allem an der komplizierten Berücksichtigung der gesellschaftlichen und politischen Implikationen. Sollte Orientierung auf Gesundheit allein aus der materialgerechten Bearbeitung und der harmonischen Form gewonnen werden,

349 Hendricks, W.: a.a.O., S. 42 350 vgl. dazu: Uschkereit, Gerd; Mehrgardt, Otto; Sellin, Hartmut: Ansätze zur Werkdidaktik seit 1945, Weinheim, 1968 351 Hendricks, W.: a.a.O.: S. 47 352 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 49 - 180 - blieb die Frage sozialer Ungleichheit und Ungerechtigkeit, die Frage nach dem Verhältnis zwischen Lebendigem und technisch Determiniertem oder auch die Frage nach der Reformperspektive unbeantwortet. Für die Bildungsarbeit nicht nur in Bremen gewinnt Anfang der 70iger Jahre die Auseinandersetzung um die Arbeitslehre mit dem Übergang der bisherigen „Werklehrerausbildung“ an der Pädagogischen Hochschule in die Gründungsphase der Universität Bremen eine neue fachdidaktische und pädagogische Dimension. Standen bisher eher traditionell handwerklich – künstlerisch – musische Qualitäten der Lehrerbildung im Vordergrund, so gelangen nun, im Zuge der generellen Revision der Studieninhalte der Lehrerbildung bildungsökonomische sowie naturwissenschaftlich – ingenieurwissenschaftlich und produktionsorientierte Fragestellungen in den Vordergrund. In einer sich polarisierenden öffentlichen Diskussion hatte eine kritische Positionierung von arbeitnehmerorientierten Arbeitslehreinhalten erhebliche Widerstände und „Unterstellungen“ zu erwarten.353 In der fachdidaktische Konturierung von neuen curricularen Entwicklungen im Bereich Arbeitslehre/ Technik hatte Bodo Wessels in den 60igern bereits an der Pädagogischen Hochschule Bremen wesentliche Impulse gesetzt.354 Bodo Wessels steht beispielhaft für diese Schwierigkeiten des Werkunterrichts und den Versuch, übergeordnete Orientierungen in die berufliche Qualifizierung einzubeziehen, also nicht auf der Vermittlung technologischen Wissens stehen zu bleiben. Er hob bereits 1964 auf Anforderungen der Arbeits- und Lebenswirklichkeit ab, entwickelte allerdings seine Bildungsinhalte nicht stringent in dieser Weise. Vielmehr nahm er Anleihen aus dem Handwerklichen aus den Naturwissenschaften, aus der Technik, aus der Formgebung und aus der bildenden Kunst.355 Bodo Wessels mochte auf die klassische Werkerziehung nicht verzichten und suchte technische Anteile zu integrieren. Dies stellte sich als schwierig heraus. Er war der Meinung, dass „die Grundprinzipien zweckfreier Gestaltung [...] für Kunst- und Werkerziehung identisch“ wären356, geriet aber durch diesen Ansatz in einen grundlegenden Widerspruch zu den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen, zu der wirklichen Arbeitswelt. Insgesamt öffnete er jedoch den Weg, die gesellschaftliche Gebundenheit zur Kenntnis zu nehmen und sich mit dem pädagogischen Auftrag auseinanderzusetzen, auf eine berufliche Qualifizierung hinzuarbeiten, ohne die herrschenden Verhältnisse als Orientierung zu nehmen. Mit der im Anschluss an die allgemeinen bildungspolitischen Thesen von Wolfgang Klafki 1964 von Wessels formulierter Frage: „Warum unterrichten

353 So ereiferte sich etwa der Bremer PH-Professor Theo Dietrich: „ Das Bild des Lehrers der Bremer Reformuniversität ist identisch mit dem des Ideologen des Marxismus-Leninismus.“ Zit. nach John, Harry: Sondersitzung des Bremer Senats am 13.Juli 1971, Stenographisches Protokoll, S. 3452, in: Berndt, Elin-Birgit: erziehung der erzieher : das bremer reformmodell, Reinbek bei Hamburg, August 1972, S. 26 354 vgl. dazu: Wessels, Bodo: Neue Forderungen an die Werkerziehung, in: „Lebendige Schule. In: Uschkereit, Gerd; Mehrgardt, Otto; Sellin, Hartmut: Ansätze zur Werkdidaktik seit 1945, Weinheim, 1968 355 vgl dazu: Wessels, Bodo: Die Werkerziehung. 2. Auflage, Bad Heilbrunn, 1969 356 Wessels, B.: In: Uschkereit, G.; u.a.: a.a.O., S. 167 - 181 - wir überhaupt… Werken?“ verknüpft er die Inhalte des Unterrichtes mit den Bedingungen der Lebenswirklichkeit der Schüler in einer bisher nicht erreichten „Verbindlichkeit“. Allerdings entwickelte er, seinem Herkommen aus der Kunstrichtung entsprechend, seine Bildungsinhalte nicht stringent in dieser Weise; stattdessen aus dem Künstlerisch- Handwerklichen aus den Naturwissenschaften, aus der Technik, aus der Formgebung aus der bildenden Kunst357. Die Bildungsinhalte lassen sich dabei verschiedenen Sachbereichen zuordnen: 1. Handwerk (Grundfertigkeiten, Arbeitsethos) 2. Wissenschaften (Experiment, Sachlogik, Raumvorstellung, geistige Tätigkeit) 3. Technik (Konstruktionsprinzipien, elementare Technologie) 4. Formgebung (Material- und Werkstoffkunde, Funktionstüchtigkeit, Preiswürdigkeit, Konsum- und Freizeiterziehung) 5. Bildende Kunst (Plastik, Architektur, Zweckfreiheit)358 Wessels mochte, mit Rückgriff auf die Bildungsprinzipien der „Bauhaus – Schule“, auf die klassische Werkerziehung nicht verzichten und suchte technische Anteile zu integrieren. Dies war vorstellbar, v.a. weil er der Meinung war, dass „die Grundprinzipien zweckfreier Gestaltung [...] für Kunst- und Werkerziehung identisch“ wären.359 Der bereits in den 70iger Jahren für den Reformanspruch der Bremer Universität zentrale Begriff des Projektes als Studienprojekt, als Lehrprojekt und im Sinne Deweys als „Forschungsprojekt“ wird von Wessels bereits 1966 in differenzierter Weise vorbereitet und einsetzbar entwickelt.360 Darüber hinaus „kultiviert“ B. Wessels den Begriff „Arbeit“ für den Bereich des Unterrichtsfaches Werken in der fachdidaktischen Diskussion durch Verknüpfungen konkreter Unterrichtsprojektvorschläge mit einer Terminologie begrifflicher Setzungen, wie Arbeits-Aufgabe, Arbeits-Vorhaben, Arbeits- Analyse, Arbeits-Platz und schließlich die bis in die 80iger Jahren ausgeprägt verfolgte Kategorie der Analyse von Arbeitsplätzen, die in mehrere umfangreiche multidisziplinäre Studienprojekte an der Universität Bremen mündet.361 362 Die besondere Rolle von B. Wessels in der fachwissenschaftlichen Diskussion kommt 1976 in einer Würdigung des renommierten Lehrerbildners Erwin Roth

357 Hier ist besonders die Entwicklung der „Bauhaus-Schule“ von Walter Gropius zu nennen, der sich B. Wessels in seiner Orientierung auf Kultur, Architektur, Design, Kunst und neuen Medien des 20. Jahrhunderts besonders verpflichtet sah! (Wessels, B.: Die Werkerziehung, Bad Heilbrunn 1969, S. 29ff.) 358 Eine modifizierte Zusammenstellung findet sich dazu bei: Hendricks, Wilfried: Arbeitslehre in der Bundesrepublik Deutschland. Theorien, Modelle und Tendenzen, Ravensburg 1975, S. 52 359 Wessels, B.: a.a.O., 1968, S. 167 360 vgl. dazu die dezidierten Ausführungen zur „Projektierung von Unterrichtsvorhaben….. in einer „Neugestaltung der Hauptschule..“, in: Wessels, B.: Die Werkerziehung, Bad Heilbrunn 1969, S. 213ff. 361 So entwickelten sich die Studienprojekte AvA I, AvA II, AGU, Transportarbeit, BBA, GaS u.a. an der Uni Bremen im Wesentlichen aus den von Bodo Wessels und dann von Rainer Müller initiierten Bildungsimpulsen im Fachbereich 1, später Fachbereich 11, ab 1997 im Fachbereich 12 362 Der „wesselianische“ kategoriale Zugang „Analyse von Arbeitsplätzen“ wurde ergänzt um die von Oskar Negt entwickelte Methode des „Exemplarischen Lernens“. In: Negt, Oskar: Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen, Frankfurt am Main 1971 - 182 - zum Ausdruck363. In einer bisher nicht entwickelten fachdidaktischen Dichte formuliert Wessels in Bremen eine neue Linie der Fachentwicklung, die G. Wettstädt später in ihrer konkreten Umsetzung in die hanseatische Lehrplanung als „Bremenplan“364 bezeichnete. Die eigentliche Fachentwicklung des Lernbereiches Technik verknüpft und stabilisiert sich mit bildungsökonomischen Publikationen von F. Hiusken/E. Altvater365 und Jörg Huffschmidt366. In der Wechselphase der Lehrerausbildung in Bremen von 1971 - 1974 beeinflusst der belgische Ökonom Ernest Mandel die kritische pädagogische Diskussion erheblich und unterstütze damit den Einbezug marxistisch orientierten (bildungs-) ökonomischen Denkens in den pädagogischen Diskurs.367 Neben der bildungsökonomischen Schiene und ihrer politischen Brisanz im akademischen Kontext fordert B. Wessels bereits 1970 für eine wirklich emanzipatorische Entwicklung des Faches eine eindeutige Beziehung auf das Grundgesetz: „Art. 1: Schutz der Menschenwürde Art. 2: Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit Art 3: Freiheit der Berufswahl, sowie die Art. 3,4,5,6,11,14 und 20.“368 Für die seinerzeit schon erkennbaren Auseinandersetzungen mit der politischen Seite der Bildungsadministration formuliert Wessels: „Eine politische Wirksamkeit des „Emanzipations-“ Begriffs setzt allerdings mehr voraus als ein verbal und juristisch dichtes Argumentationssystem. Es gehört dazu ….vor allem der Entschluss und die Fähigkeit der Lehrers wie aller Vertreter des Schulsystems, ihre eigene gesellschaftspolitische Potenz und Funktion zu erkennen, zu akzeptieren und trotz drohender Verunsicherung und Sanktionen einzusetzen.“369 Trotz vielfältiger Widerstände, sowohl fachwissenschaftlicher, als auch bildungsadministrativer Art, setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Auseinandersetzung mit den Arbeitswissenschaften für die fachdidaktische Entwicklung im Bereich Technisches Werken und später Arbeitslehre/Technik notwendig wird. Begriffsbezüge wie Fließfertigung, Fertigungsprinzipien von F. W. Taylor und H. Ford, sowie Publikationen im REFA – Umfeld werden von Wessels gleichfalls seit 1968 eingesetzt.370

363 Roth, Erwin: Studienhilfe Technikunterricht, Ravensburg, Maier, 1976, S. 4 364 Wettstädt, G.: Bürgerliche Bildungskonzeption und „Arbeitswelt“, Berlin 1979, S. 168 365 Altvater, Elmar; Huisken, Freerk: Projektbereich Hochschulplanung/ Bildungsökonomie, Übung WS/ 1969/70, Vervielfältigung f. Pädagogisches Seminar, Erlangen 1970.- In : Wessels, B. , a.a.O. 366 Huffschmidt, Jörg: Die Politik des Kapitals.- 2. Auflage, Frankfurt a. M. 1969 367 Der marxistische Ökonom Ernest Mandel hatte an der PH Bremen und dann an der Universität Bremen Gelegenheit, mehrere Vorträge in die Lehre einzubringen, die erheblichen Einfluss auf die damalige Hochschullandschaft hatte und in der Folge in Bremen zu einem ( politisch begründeten) Lehrverbot führte! Siehe auch: Mandel, Ernest: Spätkapitalismus: Versuch einer marxistischen Erklärung, Frankfurt am Main 1972 368 Grundgesetz, München 1969 , in: Wessels, B.: a.a.O., S 82 369 Wessels, B.: a.a.O. S. 82 370 Wessels, B.: a.a.O. S. 216ff. - 183 - Zunächst wird der entsprechende Qualifizierungssektor der Pädagogischen Hochschule Bremen, vertreten durch B. Wessels u.a., in den neuen Fachbereich 1 – Arbeitslehre/ Politik integriert. Bodo Wessels formulierte dazu „Allgemeine Thesen zur Curriculum- und Strukturplanung in der BRD“, die nachfolgend auszugsweise wiedergegeben werden. „These 1. Curriculumentwicklung in der BRD erfordert in Inhalt und Verfahren die Offenlegung des Konfliktes zwischen dem wirtschaftlichen Interesse an stabilem Wachstum und dem pädagogischen Interesse an Emanzipation [...] . These 2. Die gesellschaftliche Funktion der Wissenschaften von Erziehung und Unterricht darf nicht auf die Verbesserung der Unterrichtstechnologie reduziert werden. Sie besteht darin, Emanzipation operationalisierbar zu machen. …. These 3. Die Einführung der Arbeitslehre in den Pflichtstundenbereich der integrierten Gesamtschule wird Testfall für die Möglichkeit einer emanzipatorischen Veränderung des Schulsystems in der BRD werden.“371 Begleitet wird diese bildungspolitische Einschätzung in Bremen durch vielfältige Publikationen zum Bereich Polytechnik und Bildungsökonomie (Sabine Gensior372, Barbara Busch373, Johannes Beck u.a.374, Dieter Görs375). Für den Studiengang Arbeitslehre/Politik, einem Begriff der PKL– Planungsgruppe Lehrerbildung- an der Universität Bremen 376, beginnt mit dem Bremer Ansatz der Arbeitslehre im Kern die Chance für eine „wesselianische Wende“ in der Arbeitslehre!377 Diese „Entwicklung“ hält sich bis zu dem von Wettstädt konstatierten „Bremen- Plan“378 für das Lernfeld Arbeitslehre, der eine Ausgangsposition für einen frühen pädagogischen „Masterplan für das Lernfeld Arbeitslehre“ hätte sein können! So werden im Kontext der Lehrveranstaltungen von Bodo Wessels und ab 1976 in Zusammenarbeit mit dem Bremer Arbeitsmediziner Rainer Müller zunehmend wissenschaftsübergreifende Beiträge integrativ bearbeitet, die neben einem hochengagierten Studienanspruch, verstärkt auf ein wissenschaftskritisches Selbstverständnis der Studierenden setzen und, das sei

371 ders.: in: Curriculumentwicklung, Arbeitslehre, Technikunterricht – Thesen und Strukturansätze, in: Granacher, Gerhardt/ Stührmann, Heinz-Jürgen: Materialien zur Arbeitslehre. Technikunterricht und Arbeitslehre, Klett, Stuttgart 1972, S. 77ff. 372 Gensior, Sabine: Arbeitslehre, Ein erneuter Versuch der ideologischen Integration der Arbeitskraft, Westberlin, November 1971 373 Busch, Barbara/ Schnitzer, Albrecht/ Sellin, Hartmut/ Wessels, Bodo: Darstellung des Teilstudienganges Technik innerhalb des Studienganges Arbeitslehre/Politik an der Universität Bremen, in: Mämpel, Uwe/Tobias, Werner: Materialien zur Arbeitslehre. Technikunterricht , Arbeitslehre, Polytechnische Bildung, Klett, Stuttgart 1972, S. 61 - 74 374 Beck, Johannes: lernen in der Klassenschule, Reinbek bei Hamburg 1974 375 Görs, Dieter: Arbeitslehre/Polytechnik, Frankfurt am Main 1977 376 s.dazu: Mützelburg, Dieter: Planung eines Studiengangs „Arbeitslehre und Politik“ für den berufsvorbereitenden und politischen Unterricht. Warum „Arbeitslehre/Politik“ (AL/P), in: Berndt, Elin-Birgit: Erziehung der Erzieher, Reinbek bei Hamburg 1972, S. 124ff. 377 Zur Fokussierung auf den Betrieb und die Erwerbstätigen bearbeitet B. Wessels den historischen Arbeitsvorschlag von Marx: Marx, Karl: Fragebogen für Arbeiter, in: Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Werke, Bd. 19 4. Auflage, Dietz, Berlin 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 230-237 378 Wettstädt, G.: Bürgerliche Bildungskonzeption und Arbeitswelt.- Berlin 1979, S. 163, sowie S. 168 - 184 - nebenher angemerkt, selbstverständlicher eine didaktisch ausgesprochen spannende und ertragreiche enzyklopädische Begleitung aufweisen.379 Für die universitäre Schwerpunktsetzung in den Studienordnungen der „Reformuniversitäten“ benennt Wessels als Alternative zu den additiven Schulfachkonstruktionen für Bremen: Analyse von Arbeitsplätzen, alternative Technologien, sowie, gemeinsam mit Oldenburg: Humanisierung der Arbeit!380 Aber der essentielle Einbezug des Begriffes „Arbeit als Erwerbsarbeit“ in der Schulpraxis zeigt umgehend die institutionellen Grenzen dieser neuen bisher noch eher universitären Sichtweise auf den Arbeitslehre-Unterricht. So erfährt ein Kollege in Bremerhaven die politischen Grenzen seines pädagogischen Wirkens, als er sich mit dem Thema: “Jeden Tag: Eisen rein-Eisen raus“ zur 2. Lehramtsprüfung meldet.381 Mit dem Titel: Arbeitslehre-Lohnarbeitslehre signalisiert die seinerzeit viel gelesene Lehrerzeitung „betrifft erziehung“ die Hoffnungen auf eine neue Bildungsinitiative in Richtung „emanzipatorische Partizipation“ bislang ungenügend bildungsberücksichtigter Schichten. Die hochschuldidaktischen Bemühungen der Reform Universität Bremen zeitigen erste Ergebnisse, die über die Thematisierung von ingenieurwissenschaftlich ergonomischen Fragestellungen zur Produktionsmaschinerie die „Befindlichkeiten der lohnabhängig Beschäftigten“ in den Fokus setzen. Über klassische Texte wie „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ von Friedrich Engels382, „Geschichte der Kindheit“ von Philippe Ariès383, „Krankheit und Soziale Lage“ von Mosse/ Tugendreich384 u.a., generiert sich die zunächst zögernde Aufnahme von Fragen und Antworten zur Lage der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik385 in den Studienkanon. Die Berufung von zwei Arbeitsmedizinern im Kontext der Arbeitslehreausbildung qualifiziert diese Entwicklung zum Einbezug medizinischer Erkenntnisse in das Studienangebot in bundesweit einmaliger Weise! Ein Ergebnis dieser vielfältigen, häufig zunächst unübersichtlichen und verwirrenden Organisations- und Vermittlungsprozesse findet sich schließlich, wesentlich gefördert und getragen

379 So wurde die Auseinandersetzung mit u.a. folgenden Wissenschaftssammlungen betrieben: Bernal, John Desmond: Sozialgeschichte der Wissenschaften.- Bd. 1 – Bd. 4, Reinbek bei Hamburg 1970, sowie:Diderot, Denis; Le Rond d´Alembert, Jean: Enzyklopädie der Wissenschaften, der Künste und der Handwerke.- o.O., o.J., oder auch: Zimmermann, Lothar ( Hrsg.:) Humane Arbeit – Leitfaden für Arbeitnehmer.- Teil I – V, Reinbek bei Hamburg 1984; Weigel, Christoff: Abbild und Beschreibung der gemein-nützlichen Haupt-Stände.- Regenspurg 1689, Repro: Harenberg 1977, besonders didaktisch aufbereitet: Jonas, Wolfgang; Linsbauer, Valentine; Marx, Helga: Die Produktivkräfte in der Geschichte 1.- Berlin: Dietz Verl., 1969 380 Wessels, Bodo: Technisches Werken.- In: Wörterbuch der Pädagogik.- 3. Bd., Freiburg im Breisgau: Herder, 1977, S. 239f. 381 Behrens, Frank: „Jeden Tag: Eisen rein- Eisen raus“. Thema Arbeit in der Grundschule. Eine Unterrichtsreihe.- In: betrifft erziehung, 6. Jahrgang, Heft 12, 3. Dezember 1973, Thema: Arbeitslehre, Weinheim und Basel, S. 25ff. 382 Engels, Friedrich: Die Lage der arbeitenden Klasse in England.- Berlin: Dietz, 1974 383 Ariés, Philippe: Geschichte der Kindheit.- München: Hanser, 1978 384 Mosse, Max; Tugendreich, Gustav: Krankheit und Soziale Lage.- Hrsg. v. Jürgen Cromm), Göttingen 1977 385 Schumann, Ingeborg; Korff, Hans-Jürgen; Schumann, Michael: Sozialisation in Schule und Betrieb.- Berlin 1976 - 185 - durch Rainer Müller386 und seine Forschungsaktivitäten, im Bereich „kritischer Gesundheitsanalysen“ und seine akademische Qualifizierungsebene in dem Veranstaltungskontext „Analyse von Arbeitsplätzen“ - AvA – und den nachfolgenden Studienprojekten, die zunächst den Begriff „Arbeit und Krankheit“, später „Arbeit und Gesundheit“, dann „Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz“ in den Mittelpunkt interdisziplinärer fachwissenschaftlicher Studienprojekte stellen. Der fachwissenschaftlich organisierte Einbezug gesundheitspolitischer Instanzen wie Sozialversicherungssysteme, arbeitsmedizinisch – epidemiologisch forschender Einrichtungen, Rehaeinrichtungen, sowie gewerkschaftlicher auch internationaler Organisationen bis hin zu Betriebsräten und Vertrauensleuten eröffnet den Studierenden der Arbeitslehre einen völlig neuen Zugang und neue Sichten auf das bisherige „Lernfeld Arbeitslehre“! Die in diesem wissenschaftlichen Zuschnitt des Themenfeldes von „Arbeit und Gesundheit“ gewonnenen Erkenntnisprozesse der Studierenden sind meiner Kenntnis und Einschätzung nach bundesweit einmalig und liefern ein beeindruckendes Beispiel für die Konzeption des „Forschenden Lernens“ an der Universität Bremen! Wessels konnte diesen Weg selbst nicht mehr gehen. Als sich der Todestag von Karl Marx zum 100. Male jährt, stirbt Bodo Wessels in Bremen. Das Verhältnis von Arbeitspädagogik und Technikentwicklung jedenfalls wurde neu thematisiert. Was bislang getrennte Wege ging, sollte aufeinander zu bewegt werden. Dies richtete sich gegen eine Entpolitisierung der Technikentwicklung ebenso wie gegen eine Pädagogik, die Aufgabenstellungen aus engen fachdidaktischen Logiken heraus zu entwickeln versuchte. Der werkpädagogische Ansatz wurde auf diesem Wege erweitert. So wandte Klaus Tuchel gegen eine Verengung der „Arbeitslehre“ ein: „Die durch Bildung vermittelte Orientierung in der Welt sollte mehr als nur die Arbeitswelt umfassen. Nicht die Arbeit ist die eigentlich neue Erscheinung unserer Zeit, sondern die Entwicklung einer wissenschaftlich-technischen Zivilisation. Diese prägt nicht nur die Arbeitswelt, sondern die gesamte Lebenswelt.“387 Er wollte entsprechend die berufliche Qualifizierung einbauen in eine übergreifende Orientierung auf die moderne Arbeits- und Lebenswelt. Allerdings nahm er an, dass „Technik“ das Grundmuster eben der modernen Arbeits- und Lebenswelt ausmachte und daher das didaktische Zentrum darstellen sollte. Dieses führte einfach zu einem letztlich funktionalen Verständnis arbeitsweltbezogener Qualifikation. Reflektierter war der erfahrungswissenschaftliche Ansatz von Wolfgang Klafki, der Ende der 1960er Jahre den Reformgedanken in den Mittelpunkt stellte. Hierzu wollte er keine frühzeitige Fixierung auf spezifische berufliche Ausbildung, sondern wollte Arbeitslehre als eine Art Lebenshilfe ausbauen und

386 Müller, Rainer: Arbeitssituation und gesundheitliche Lage von Schweißern.- Bremen-Dortmund 1980 387 Tuchel, K.: Bemerkungen zur Arbeitslehre aus der Sicht des Vereins Deutscher Ingenieure.- In: Gesamtverband niedersächsischer Lehrer (Hrsg.): Arbeitslehre. Standpunkte und Meinungen.- Hannover 1967, S.60; zit U. Jenzen 1993, S. 171 - 186 - ihr damit auch einen zentralen pädagogischen Stellenwert in der Hauptschule geben388. Arbeitslehre war ihm so ein strategischer Begriff: „Moderne Berufs- und Arbeitswelt, Wirtschaftlichkeit, gesellschaftliches Gefüge und politische Realität – wer sich und seine Welt heute kritisch verstehen, sich in ihr angemessen verhalten, die in ihr gegebenen Chancen und Veränderungsmöglichkeiten wahrnehmen und für diese Wirklichkeit in irgendeinem Maße Mitverantwortung übernehmen will, der muß Einblick in diesen komplexen Zusammenhang gewinnen.“389 Damit allerdings bürdete Klafki der Arbeitslehre mehr auf, als sie tatsächlich tragen konnte. Die Arbeitspädagogik entwickelte sich nun in dieser Spannung zwischen großartiger Aufgabenstellung und faktischer Überforderung. Diese Entwicklung kann gut anhand der Fachkongresse aufgezeigt werden. Der erste Werkpädagogische Kongreß fand 1966 in Heidelberg statt. Er brachte eine deutliche Distanzierung von Ansätzen, die lediglich auf Kunsterziehung und auch auf Handfertigkeitsunterricht abhoben. Stattdessen wurde ein zentraler, allgemeiner Begriff von „Technik“ in den Mittelpunkt gestellt. Dieser allgemeine Technikbegriff schloss die Zielsetzung auf eine „Orientierung und Bewährung in der Gesellschaft“ ein. Und er schloss auch, unter dem maßgeblichen Einfluss Klafkis, ein, dass es sich bei der Technik nicht um vorgegebene Zwänge handelte: „Sinn und Aufgabe der Werkerziehung in grundbildenden Schulen ist es, Kindern und Jugendlichen durch Werkerfahrung zu gewinnende Grundeinsichten in Strukturen der von Menschen hervorgebrachten Gegenstandswelt zu ermöglichen.“390 Technik sollte zwar die Aufgaben der Arbeitspädagogik anleiten, wurde aber ganz allgemein verstanden. Im Grunde war nun „Technik“ so etwas wie produktive Arbeit überhaupt.391 Mit dem Begriff „Technik“ wurde allerdings suggeriert, es gebe sozusagen eine objektivierbare, sachliche Grundlage der pädagogischen Aufgabenstellung. In diesem Sinne wollte Klafki eine „Rehabilitation des Pragmatischen“ als „Hilfe zur Bewältigung dieser Wirklichkeit“392. Der Kongreß stand denn auch unter dem Motto „Werkerziehung in der technischen Welt“. Klaus Tuchel betonte den Bildungswert der Technik und machte diesen insbesondere an der Dynamik fest: „Die Technik ist um ihrer Zukunftsoffenheit und vorwärtsdrängenden Prozeßhaftigkeit, um ihres dynamischen Fortschreitens willen einer der Faktoren, von deren Dynamik das Lebensgefühl

388 Klafki, W.: a.a.O., 1968, S.11; vgl. Jenzen, U.: 1993, S.172 389 Klafki, W.: a.a.O., S. 13, zit. ebd. 390 W. Klafki: Bedeutung und Stellung der Werkerziehung in allgemeinbildenden Schulen.- In: F. Kaufmann, E. Meyer (Hrsg.): Werkerziehung in der technischen Welt.- Stuttgart 1967, S.49; vgl. U. Jenzen 1993, S. 176 391 So erklärte Klaus Tuchel auf dem Kongress: „Technik nennen wir den Inbegriff aller Gegenstände und Verfahren, die zumeist auf Grund individueller oder gesellschaftlicher Bedürfnisse mit Hilfe des menschlichen Erkenntnisstrebens unter Verwendung naturgegebener Gesetze und Stoffe durch schöpferische Konstruktion geschaffen werden, die durch definierbare Funktionen bestimmten Zwecken dienen und insgesamt eine weltgestaltende Wirkung ausüben.“ (zit. U. Jenzen 1993, S.177) 392 ebd., S.46f; zit ebd. - 187 - unserer Zeit geprägt wird, und damit zugleich eine der Ursachen für die Veränderungen in unserem Bildungsbegriff.“393 Diese Verbindung zwischen historischer Dynamik und pädagogischer Aufgabe war sehr sinnvoll – problematisch war allerdings, dass historische Dynamik im Grunde genommen lediglich als technologische Resultante erschien. Klaus Tuchel hatte immerhin eine dunkle Ahnung von dem, was man sich mit diesem weiten und doch technikfocussierten Ansatz einhandelte, und verwies auf die Beschränktheit: „Die Schule kann nicht leisten, was die Gesellschaft im ganzen versäumt hat“394. An der Nahtstelle zwischen historischer Dynamik, technologischem Determinismus und pädagogischer Aufgabe, blieb Tuchel unbestimmte Hilflosigkeit: Entscheidende Aufgabe wäre, „das theoretische, konstruktive und auf die Praxis gerichtete Denken der Technik so ins Bewußtsein zu heben, dass es mit den Bedingungen und Möglichkeiten des geistigen Lebens und der gesellschaftlichen Praxis in eine sinnvolle Beziehung gesetzt werden kann“395 (zit. W. Hendricks 1975, S.66) Denkt die Technik so? Gibt es diese sinnvolle Beziehung in den Sachen, oder den Verhältnissen, oder wo sonst? Wer bestimmt den Sinn? – Die große Aufgabenstellung korrespondierte mit praktischer Überforderung. Gegen solche Überforderung wandten sich nicht nur technik-kritische Ansätze. Aus dem technologischen Ansatz selbst erwuchs nun auch das Bestreben, sich gegen andere Einflüsse und Fragestellungen abzukapseln. So warnte Karl Klöckner davor, „dass in den technischen Bereich als Aufgabenbereich der Schule außertechnische Mächte, soziale und wirtschaftliche, eingreifen und versuchen, sich Geltung zu verschaffen.“396 Wenn ein solch abstrakter Technikbegriff benutzt wird, dann erscheint möglicherweise sogar die praktische Nutzung und Entwicklung der Technik in kapitalistischen Verhältnissen als etwas, das aus der Schule heraus gehalten werden soll. Die Arbeitspädagogik ging in den 1960er Jahren ein Bündnis mit Technik ein, um so gesellschaftliche Dynamik und wirkliche Arbeitswelt in ihrer Orientierung einzufangen. Sie handelte sich dadurch jedoch gerade in der Phase eine Technikdeterminiertheit ein, in der ein Bezug zu gesellschaftspolitischen Reformen möglich schien. In dieser Phase suchte Hartmut Sellin nach einem neuen arbeitspädagogischen Profil, in dem der Werkunterricht als Teil der Arbeitslehre auftauchte. Er wollte die Arbeitslehre nicht an dem Berufsbild des Handwerkers orientieren, sondern die tatsächlichen, technologisch geprägten Entwicklungen in den Blick nehmen; er wollte Erfahrungen aus Betrieben nutzen und durch Erkundungen erschließen; er wollte eine Hinführung zur Arbeitswelt und um eine

393 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 59 394 ebd. S. 66 395 ebd. 396 zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 67 - 188 - Auseinandersetzung mit dieser. Es ging ihm um „selbständigen Nachvollzug technischer Denk- und Arbeitsprozesse.“397 Nicht von allgemeindidaktischen Ansätzen, sondern von qualifikatorischen Anforderungen der Arbeitswelt aus sollte Werkunterricht aufgebaut werden. „Der Werkunterricht gibt modellhaft Einblick in die funktionale Gliederung des technischen Bereichs der industriellen Arbeitswelt, in das Zusammenwirken von Planung, Entwicklung, Arbeitsvorbereitung, Materialbeschaffung, Kalkulation und arbeitsteiliger Produktion.“398 Den reformerischen Ansatz verdeutlichte Herbert Breyer. Er wollte „den Schüler nicht nur auf seine Rolle als Benutzer der Technik vorbereiten, sondern soll ihm .. die Möglichkeit eröffnen, künftig in eigener Initiative solchen technischen Fortschritt mitzuwirken, der die Verbesserung gesellschaftlicher Lebensbedingungen zum Ziele hat. Ein so konzipierter Werkunterricht will beispielsweise auch die in einem abhängigen Arbeitsverhältnis stehenden Menschen in stärkerem Maße zu einem aktiven Verhalten im Sinne einer auf Verbesserungen gerichteten Kritik gegenüber vorgefundenen technischen, sozialen und wirtschaftlichen Arbeitsbedingungen und –gewohnheiten befähigen.“ 399 Allerdings hob Sellin darauf ab, dass sich Wissen über Technik nur einstellen kann „im handelnden Umgang, beim Konstruieren“, er wollte „ein Begaben zum technischen Denken“400 anstreben. Diese Konzeption der Technik geriet deshalb so schwierig, weil sozusagen kein Kriterium mehr zur Reflexion vorhanden war, obwohl doch eine „Verbesserung“ der Arbeits- und Lebensbedingungen angestrebt werden sollte. Da an der „Werktätigkeit als Erziehung zum technischen Denken“401 festgehalten wurde, blieben die Diskussionen auch des 2. Werkpädagogischen Kongresses 1968 im Technikdeterminismus befangen. Uwe Jenzen fasst die beiden werkpädagogischen Kongresse folgendermaßen zusammen: „1. Leitziel eines neuorientierten Werkunterrichts wurde die ‚Orientierung in der technischen Welt‘. Diese Zielsetzung war inhaltlich weiter gefaßt als die von der Arbeitslehre gemeinte Hinführung zur Arbeits- und Wirtschaftswelt, weil sie auch den privaten Bereich mit einbeziehen sollte. 2. Auf der anderen Seite sollte sich der Werkunterricht auf die ‚technische Gegenstandswelt‘ beschränken. Seine Vertreter verwiesen weiterführende, nicht technische Aufgabenaspekte in einem Kooperationsbereich Arbeitslehre. 3. Das Fach gewann seine neue Identität durch die Inhaltsbereiche: Bau, Gerät und Maschine mit den jeweiligen Bezugsdisziplinen: Technische Mechanik, Fertigungs- und Verfahrenstechnik, Maschinenlehre und Aufgabenstellungen zu den Sachthemen: Brücken, Bauten, Schiffe, Kräne u.a.

397 Sellin, H.: 1966; zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 74 398 Sellin, H.: 1966; zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 516 399 Breyer, H.: zit. in: Hendricks, W.: a.a.O. S. 80 400 zit. ebd. S. 69 401 Sellin, H.: 1966; zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 86 - 189 - 4. Methodischer Schwerpunkt wurde der von Fritz Wilkening auf dem zweiten Werkpädagogischen Kongreß vorgestellte Ablauf einer ‚Werkaufgabe‘ – später ‚Konstruktionsaufgabe genannt -, ein Verfahren, das von technischen Problemen ausgehend in einen Erfindungsprozeß einmünden sollte. 5. Die Unterrichtspraxis war dadurch gekennzeichnet, daß sich das Schwergewicht – im Sinne der Erziehung zum technisch-konstruktiven Denken – auf die Planungs- und Reflexionsphasen verlegte. Dabei zeigte sich besonders in den ersten Jahren eine Fixierung auf die Behandlung rein technischer Sachverhalte.“402 In den „Empfehlungen zur Hauptschule“ folgte die KMK 1969 der Orientierung auf berufliche Praxis. Diese knüpften an die Positionen des Deutschen Ausschusses an. Demnach sollte Schule auf aktuelle Anforderungen eingehen, vor allem einen Zugang zum kulturellen Leben bieten, in das politische und soziale Leben eingliedern, Beteiligung am Arbeitsleben nach den vorhandenen Kräften vorbereiten. Die „Hinführung zur Wirtschafts- und Arbeitswelt“ wurde als besondere Aufgabe für die 7.-9. Klassen heraus gestellt. Arbeitslehre sollte „Einsichten, Kenntnisse und Fertigkeiten im technisch-wirtschaftlichen und gesellschaftlich-politischen Bereich vermitteln, de heute notwendige Bestandteile der Grundbildung jedes Bürgers sind, neue Impulse zur Mitarbeit geben, Hilfen für die Wahl eines Berufsfeldes bieten und auf die Berufswahl vorbereiten, jedoch noch keine Berufsbildung leisten.“403 Zielbereiche der Arbeitslehre sollten sein: a) Allgemeine Orientierung über die Wirtschafts- und Arbeitswelt b) Erziehung zum Arbeitsverhalten c) Einführung zur Berufswahl Diese drei Zielbereiche sollen die Orientierung konkretisieren. Hinführung zur Arbeitswelt umfaßt demnach die Beschäftigung mit den Lerninhalten von Technik, Wirtschaft, den Sozialwissenschaften (a) sowie die Beschäftigung mit dem Beruf (b). Darüber hinaus soll eine Behandlung relevanter, für den Jugendlichen bedeutsamer Themen erfolgen (a) und auch eine spezielle Betreuung in seinem Berufswahlprozeß (c).404 Konkret waren für die KMK damit folgende Themen und Inhalte wichtig: „Die exemplarisch auszuwählenden Inhalte werden den - funktionalen Aspekt insbesondere im Hinblick auf gemeinsame Leistungen und Arbeitsorganisation, - den sozialen Aspekt insbesondere im Hinblick auf Kooperation und mögliche Konflikte - und den berufsorientierten Aspekt insbesondere im Hinblick auf eine individuelle, gestufte Berufsentscheidung zu berücksichtigen haben.

402 Jenzen, U.: a.a.O.,1993, S.183 403 Ständige Konferenz der KMK: Empfehlungen zur Hauptschule. Beschluß der 131. Sitzung vom 3./4. Juli 1969.- In: F.-J. Kaiser, H. Kielisch 1971, S 78; zit. U. Jenzen 1993, S 164 404 Jenzen, U.: a.a.O., S. 165 - 190 - Die nachfolgenden Themen charakterisieren die Tendenz und werden hier unverbindlich als Reihung aufgeführt: - Umgang mit Werkzeugen und Maschinen, Benutzung und Anfertigung von Tabellen, Zeichnungen und Karteien, Abfassung von Texten zu unterschiedlichen Zwecken, Unternehmensorganisation, Aufbau eines Betriebes, Rationalisierung, Automation u.a.m. - Betriebshierarchie, Konkurrenz, Interessenverbände, Rechtsfragen, Arbeitszeit u.a.m. - Kriterien für eine Berufswahl, Neigungen und Fähigkeiten, Aufstieg, Fortbildung u.a.m.“405 Die KMK versuchte, die Qualifizierung auf wirkliche Arbeitsverhältnisse zu beziehen, dies war gut und fortschrittlich. Sicherlich waren auch die Konflikte in den Arbeitsverhältnissen angesprochen. Aber damit war nicht klarer, wie diese Konflikte behandelt und die wirklichen Arbeitsverhältnisse verbessert werden sollten. Zum anderen blieb so auch der eigentliche pädagogische Auftrag unklar. Die Leitziele der Arbeitspädagogik wurden damit nicht inhaltlich, sondern vermehrt in Richtung Didaktik behandelt und verfolgt. Das praktisch herausragende Problem hierbei war, wie mit der herrschenden Technik umgegangen werden sollte. Berufspraktika standen im Mittelpunkt dieses Versuches. Wolfgang Klafki orientierte auf Erkundung der Arbeitswelt: der Schüler sollte „halbernste“ Erfahrungen machen, die in der Schule wieder reflektiert werden sollen. In dem „Lehrplan zur Arbeitslehre: Hinführung zur Wirtschafts- und Arbeitswelt“ Nordrhein-Westfalens (1968) fand dieser Versuch einen praktischen Niederschlag. Die Gewerkschaften äußerten sich hierzu sehr distanziert. Daher wurde eine Kommission in NRW gebildet, die 1971/72 den „Entwurf einer Stellungnahme zur Arbeitslehre aus gewerkschaftlicher Sicht“ vorlegte, der allerdings keine Resonanz fand.406 Im April 1972 erhob der DGB „Forderungen zur beruflichen Bildung“ in zwölf Punkten und sechs Zielen „1. Die ´vorberufliche Bildung´ ist allen Jugendlichen der Sekundarstufe I zu vermitteln. 2. Durch die vorberufliche Bildung soll der Jugendliche seine Neigungen und Fähigkeiten erkennen können. 3. Die vorberufliche Bildung soll so umfassend angelegt sein, daß sie dem Jugendlichen wesentliche Probleme und Tatbestände des beruflichen Arbeitslebens deutlich macht und ihm für seinen weiteren Berufs- und Bildungsweg eine rational begründete Entscheidung ermöglicht. 4. Durch die vorberufliche Bildung müssen alle Bildungswege aufgezeigt werden ohne Diskriminierung für bisher benachteiligte Gruppen, wie Mädchen oder Arbeiterkinder. 5. Die ausgewählten Gegenstände in der vorberuflichen Bildung sollen ein exemplarisches Lernen ermöglichen. Sie sollen die Beschäftigung mit Werkstoffen, Arbeitsgeräten, Arbeitsweisen, Verfahrenstechniken und Fragestellungen verschiedener Berufsfelder sowie die Vermittlung grundlegender Kenntnisse von der Wirtschafts- und Arbeitswelt einschließen. 6. Der Jugendliche muß erfahren, daß berufliche Tätigkeiten sich

405 KMK: a.a.O., 1969, S.79; zit. ebd., S. 166 406 ebd., S. 197 - 191 - mit den neuen gesellschaftlichen, ökonomischen und technischen Bedingungen ändern.“407 Es ist interessant, dass in den gewerkschaftlichen Positionen nunmehr von „Arbeits- und Wirtschaftswelt“ die Rede war. Damit bewegte sich die gewerkschaftliche Position zwar ein wenig weg von der Technikdeterminiertheit, zugleich aber auch hin zu herrschenden ökonomischen Prinzipien, d.h. zum homo oeconomicus und den Vorstellungen von demokratischen Marktregulierungen. Seit Mitte 1972 gab es eine DGB- Projektgruppe „Arbeitslehre“ in Marburg. Insgesamt blieb die DGB-Position jedoch in dem Widerspruch befangen, dass eine Hinführung zu Arbeits- und Wirtschaftswelt begrüßt, eben diese Welt aber kritisiert wurde. In diesem Widerspruch blieben auch Ansätze, wie sie vor allem Klafki vertrat. Den jungen Menschen sollte nicht vorenthalten werden, „daß die Arbeits- und Wirtschaftwelt ein zentraler Faktor des gesellschaftlichen Lebens und der politischen Ordnung ist.“408. So sollte zwar Schule keine Schulung bestimmter wirtschaftlicher Interessen sein, damit war aber nicht klar, welche anderen Interessen mit welcher Zielsetzung und Legitimation an die Stelle wirtschaftlicher Interessen treten sollte, zumal eine Orientierung auf die wirkliche Arbeitswelt angestrebt war. War Ökonomie an sich eine rationale Angelegenheit oder welcher Faktor hatte welchen Wert? Klafki postulierte zwar die „Rehabilitation des Pragmatischen“ und legte 1967 den Lehrplanentwurf zur Arbeitslehre in NRW vor, den er 1968/69 mit Grundsätzen und Richtlinien entwickelt hatte. Doch konnte dieser Pragmatismus auch als Übernahme herrschender Produktionsverhältnisse verstanden werden. Wenn Arbeitslehre entsprechend Technisches Werken, Wirtschaftslehre, Hauswirtschaft, Einführung in die Wirtschafts- und Arbeitswelt verbinden sollte, war die Verbindung zu Reformen und Leitzielen nicht klarer. Dieses wurde auch nicht durch eine „Sozialwelt“ klarer, die Klaus Jahn und Friedrich Roth hinzufügten. Auch die Hinführung zur Arbeitswelt wurde als „Lebenshilfe“ verstanden.409 Jahn und Roth unterschieden in der Arbeitslehre für die Hauptschule zwischen elementarer, praktischer Arbeit, arbeitsbegleitende Techniken, Material- und Arbeitskunde. Unter letzterem Punkt tauchte neben der Ernährungs-, Lebens-, Familien- und Haushaltskunde auch die Gesundheitskunde auf. Public Health war dem Inhalt nach bereits damals wichtiges Thema. Auch mit Blick auf die „Humanisierung der Arbeitswelt“, die seinerzeit in die Diskussion kam, bot „Gesundheit“ eine große Chance. Sie war leider aber eine Reformperspektive, die allgemeiner politisch angelegt war. Damit war aber eben auch gerade diese Reformperspektive schwierig umzusetzen. Insgesamt war die politische Orientierung in diesen Konzeptionen eher dazu angetan, von dem produktiven Kern der Arbeitspädagogik weg zu führen. So

407 DGB 1972, S.90 408 zit. ebd., S. 202 409 ebd. S. 214 - 192 - finden wir den erstaunlichen Zusammenhang, dass die politische Öffnung der Arbeitspädagogik einher ging mit einer Vernachlässigung der Arbeitsorientierung. Es gab allerdings auch einige wichtige Bemühungen, beide Dimensionen aufeinander zu beziehen. So entwickelte Rudolf Engelhardt 1966 allgemeine politische Implikationen einer arbeitsweltbezogenen Pädagogik: „Arbeitslehre in einer demokratischen Industriegesellschaft erfüllt [...] ihren Sinn erst dann völlig, wenn sie die Reflexion nicht nur auf das Produzierende richtet, sondern die Produktions- und Eigentumsverhältnisse in ihrer historischen Bedingtheit erhellt und ihren Wandel als eminent politische Aufgabe erkennen läßt, an der jeder Bürger mitzuarbeiten hat, wenn er in seinem wohlverstandenem Eigeninteresse nicht geschädigt werden will.“ Daher bestritt er, „daß der sozialkundlich-politische Unterricht die Arbeitslehre nur am Rand berührt.“ Er wollte eher umgekehrt, mit dem Arbeitsweltbezug auch die politische Dimension anreichern. „Durch die Einführung der Arbeitslehre erhält der sozialkundlich-politische Unterricht die einmalige Chance, daß er auf realen, den Schülern unmittelbar zugänglich gemachten Arbeitssituationen aufbauen und dadurch wirtschafts- und sozialpolitische Probleme und ihre möglichen Lösungsvorschläge einsichtig machen kann.“ Aufgabe wäre demnach eine Kooperation. „Der politische Erzieher kann den Kollegen, der Arbeitslehre erteilt, nicht allein lassen, wie er wiederum auf die Erfahrungen angewiesen ist, die die Schüler im Rahmen der Arbeitslehre gesammelt werden haben. Es dürfte wohl nur ein glücklicher Umstand sein, wenn beide fachlichen Qualitäten in einer Person vereinigt wären. Kooperation tut not. Das gilt natürlich auch für die Erstellung von Bildungsplänen, in denen deutlich werden muß, in welchem Ausmaße politischer Unterricht und Arbeitslehre verquickt sind.“ „Auch ohne die hier geforderte politische Akzentsetzung hat die Arbeitslehre für Schüler und Wirtschaft wünschenswerte Folgen: Anpassungsschwierigkeiten werden sich vermindern, Schocks können vermieden werden. Kein Zweifel aber auch, daß durch die Ausklammerung des Politischen die erschreckend zunehmende Apolitisierung des Bürgers weitere Fortschritte machen wird, zumal ja die Stunden für die Arbeitslehre zweifellos auf Kosten des Studentenanteils gehen, der bislang für die politische Bildung vorgesehen war.“ „Unangepaßte Konsumhaltung eines großen Teils der Bevölkerung kann verheerende wirtschaftliche und damit politische Folgen haben. Der Arbeitslehre hätte also eine Konsumlehre zu entsprechen [...] Auch hier wieder ein beunruhigendes Übersehen des Politikums, das hinter den Fragen der Konsumerziehung steht. Konsumlehre ist nicht weniger als Arbeitslehre eine Antwort auf eine der dringlichsten Forderungen unserer Zeit: den wirtschaftspolitischen Analphabetismus der Zeitgenossen zu überwinden.“410 Darin wirkte immer unterschwellig die Annahme, dass der Arbeitsprozess selbst „klassenbewusstseinsbildend“ ist. Auch Alfred Ammen diskutierte den emanzipatorisch erzieherischen Auftrag: „Häufig wird gerade der soziale

410 Engelhard: a.a.O., 1966, S.6f; zit. ebd. S.220 - 193 - Aspekt der Arbeit in der Diskussion um die Arbeitslehre nur am Rande, etwas verschämt – als sei er etwas Unfeines, Marxistisches – erwähnt oder völlig ignoriert.“ Alle Probleme „durch rechte Erziehung zur Arbeitstugend“ zu lösen.411 Diese politische Dimension war ein besonderes Thema in Bremen und entwickelte, insbesondere auch bildungspolitisch eigene Dynamiken, die bis hin zur Bezeichnung „rote Kaderschmiede“, oder über einige Wochen auch zum Namen „August- Bebel- Universität“ gelangten. Dies hatte sicherlich auch mit der Gewichtung der neuen Reform-Universität zu tun, die Arbeit und Politik in das Zentrum stellte. Franz-Josef Kaiser stellte 1971 ein Kooperationsmodell vor, das er von Bremer Erfahrungen her begründete. Er gliederte den Unterricht in  gesellschaftlichen Bereich  Kommunikations- Bereich  Arbeits-Bereich  Freizeit-Bereich Die Gesundheitslehre subsummierte Kaiser unter den ersten, gesellschaftlichen Bereich (neben politischer Bildung, Gemeinschaftskunde, Soziologie, Rechtskunde, Religion usw.). Er entwickelte einen Stundenplan412, den „Bremer Lehrplan zur Arbeitslehre“, der 1972/73 verbindlich für die 7. Hauptschulklasse eingeführt wurde; für die 8. Klasse gab es eine Erprobung. Der Lehrplan in Bremen sollte explizit „einen Beitrag zur Gesamtreform des Bildungswesens“ leisten. Die Lehrplan-Kommission stellte folgende Leitlinien auf: „Die Arbeit als wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens konkretisiert sich in den beruflichen Situationen des Produktionsprozesses [...] Im Mittelpunkt des Arbeitslehreunterrichts stehen die Probleme des Arbeitnehmers. […] Der Auftrag der Arbeitslehre kann nur erfüllt werden, wenn die Lernenden [...] in der intensiven Begegnung mit der Arbeits- und Wirtschaftswelt sich den notwendigen Überblick über Berufssituationen, Produktionsprozesse und Entwicklungstendenzen in den verschiedenen Produktionsbereichen und Berufszweigen [...] verschaffen.“413 Drei Richtziele sollten verfolgt werden: „1. Einführung in die Arbeits- und Wirtschaftswelt. Eine breite Information über die Arbeitswelt erfordert die Einführung in spezielle Probleme der Produktion, der Wirtschaft, der Technik und des Berufslebens die Erhellung technischer, sozialer und ökonomischer Grundphänomene die Einsicht in die Interdependenz politischer, wirtschaftlicher und technischer Entscheidungen.“ 2. Hinführung zur kritischen Rationalität „Hinführung zu kritischer Rationalität bedeutet: Analyse bestimmter Arbeits- und Berufssituationen, Die kritische Auseinandersetzung mit diesen Situationen,

411 Ammen, Alfred: 1969, in: Hendricks, W.: a.a.O., S. 260 412 ebd. S. 232 413 Bremer Lehrplan S.5; zit. in: Hendricks, W.: a.a.O., S. 234 - 194 - Das Bemühen, diese Situationen zu bewältigen und zu verändern und damit zu humanisieren. Die Arbeitslehre bleibt Entscheidendes schuldig, wenn sie zwar die Schüler in die Arbeits- und Wirtschaftswelt einführt und mit der Wirklichkeit der Betriebs- und Berufswelt vertraut macht, ihnen aber nicht zeigt, wie sie sich gegen die Sach- und Systemzwänge der Industriegesellschaft behaupten können und wie man sie produktiv verändern kann.“ 3. Hinführung zur Berufswahlreife für einen Startberuf. In Zusammenarbeit mit Berufsberatern, Ärzten und Psychologen versucht die Schule, „den Schülern zur Berufswahlreife zu führen, indem sie ihm - rationale Kriterien für die Wahl des Startberufes vermittelt - die Einsicht vermittelt, daß Mobilität konstituierendes Merkmal des Berufslebens ist.“ 414 In den 1960er Jahren beeinflusste stark Herwig Blankertz die berufspädagogische Diskussion und untermauerte die Position des Deutschen Ausschusses. Einerseits sollte der erzieherische Wille der Gemeinschaft die individuelle Personenwerdung leiten, andererseits sollte die berufliche Bildung die allgemeinen schulpolitischen Aufgaben leiten. Wichtig waren in diesem Ansatz Mobilität und Disponibilität: „Die heutige soziale Mobilität erlaubt demgegenüber, die berufliche Arbeit als die Daseinsmöglichkeit der freigesetzten Subjektivität zu begreifen. Denn die Ermächtigung des Menschen zu Wahl und Wechsel des Berufs in der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation ist die humane Chance, die den aus dem Protest gegen den determinierenden Zwangscharakter der ständischen Gesellschaft stammenden Gegensatz von Berufs- und Allgemeinbildung hinter sich lassen kann […]. Die den Berufsbegriff zerstörende Mobilität ist die Möglichkeit für eine neue Bildungskraft des Berufs, jedenfalls soweit und insofern das Richtmaß dieser Mobilität in dem Grad von Freiheit gesehen wird, der sich im Wechsel und Wandel der Berufe realisiert.“ 415 Blankertz verwies praktisch auf eine horizontale und vertikale Mobilität und entwickelte daraus den Zusammenhang zwischen einer Reform der Volksschule und der Etablierung der Arbeitslehre. Daher koppelte er die Verlängerung der Schulpflicht mit einer systematischen und theoretischen Berufsgrundbildung. Blankertz sprach von Theoretisierung und Entspezialisierung: „Entspezialisierung“ sollte keine Rückkehr zur allgemeinen Bildung ohne gesellschaftlichen Zusammenhänge bedeuten; im Gegenstand sollte dieser Bezug bleiben, aber „die Bedingungen der technisch- wissenschaftlichen Zivilisation“ sollten reflektiert, frühere Entwicklungsstufen der Arbeitswelt „im spezialisierten Handlungsvollzug unmittelbar erlebbar“ werden.416 Er wollte also keinen „unspezifischeren Praktizismus“, wohl aber die

414 zit. ebd., S. 234f 415 Blankertz, Herwig: 1968, S. 41; zit. in: Hendricks, W.: a.a.O., S. 294, sowie auch: Blankertz, Herwig: Theorien und Modelle der Didaktik.- München 1969 416 zit. ebd. S. 294 - 195 - Einsicht in den gesellschaftlichen Charakter der Arbeit: „durch den Beruf nimmt jedermann teil an der politischen Ordnung.“417 Blankertz erläuterte im Anschluß an die Curriculumforschung, wie sie von Saul B. Robinson vertreten wurde, die Bedingungsfaktoren für ein Arbeitslehre- Curriculum:418 „A. Objektivierbare Veränderungen in den Lebenssituationen Arbeitswelt: unanschaulicher, theoretischer, spezialisierter, mobiler, Beruf in Lebensbedeutung verkürzt Freizeit: größerer Zeitraum, Vergnügungsindustrie Politische Beteiligung: steigende Forderungen an Einsicht und Urteil, Bewusstseinsmanipulation Didaktische Folgerungen: mehr Reflektivität in allen Lernprozessen, Vollzeitpflichtschulverlängerung, u.a.: Arbeitslehre B. Entgegenstehende Faktoren im Bereich der vorgegebenen Institutionen Traditioneller Lehrplan und Organisationsstruktur der allgemeinbildenden Schulen Berufliches Ausbildungssystem (Duales System: Betrieb/Berufsschule); Mängel: Isolierung im Gesamtsystem, Fehlleistungen der Berufswahl, geringe Mobilitätsförderung, mangelnde Spezialisierungsbereitschaft, antidemokratische Tendenzen C. Politisch-gesellschaftliche Postulate konservative: allgemeinbildenden Charakter der Hauptschule erhalten gegen Intellektualisierung, gegen ´Dilettantismus´ in der Berufsausbildung, gegen Lehrzeitverkürzung, gegen kritische Vorbereitung der Jugend auf die Stellung als abhängiger Arbeitnehmer, darum: keine Experimente mit dem bewährten Dualen System; gegen Arbeitslehre, weil mit ihr Gesamtrevision nötig progressive: expansive Bildungspolitik, leichte Übergänge – Endpunkt: integrierte Gesamtschule gegen verstärkten Anpassungsdruck; darum: entweder Reform des allgemeinen Unterrichtswesens ohne Arbeitslehre – Reform der Berufsbildung für sich oder Arbeitslehre unter der Bedingung, daß keine Diskriminierung möglich, d.h. nur, wenn für alle Schüler in allen Schulen D. Soziokulturelle und anthropogene Voraussetzungen der Jugend; empirisch objektivierbare Grenzen der Bildsamkeit sind bedingt durch: naturhaft vorgegebene Anlagen (=pädagogischer Defätismus; wissenschaftlich nicht haltbares Argument der konservativen Richtung) sozialschichtspezifische Schranken; Auflösung der Relation Sozialstatus und Schulerfolg: a) Lockerung der familiären Sozialisation (öffentliche Vorschulerziehung, Tagesschule, Gesamtschule); b) Abbau der mittelschichtspezifischen Merkmale des Lehrplans.“

417 ebd. S. 295 418 Blankertz, H.: Theorien und Modelle der Didaktik. München, 1969, S. 179f.

- 196 - Mit der Verbindung zu politischer Bildung und die Einbindung in das Sekundarschulwesen wollte Blankertz die Diskrepanz zwischen Beruf und Bildung aufheben. Aber er folgte einem enorm emphatischen Begriff des Berufs, der sozusagen viele emphatische Aspekte des traditionellen Arbeitsbegriffes aufnahm. So bewegte er sich theoretisch auf dünnem Eis. Letztlich konnte Mobilität die Emanzipation doch nicht tragen. Wolfgang Lempert hielt die Position des Ausschusses für „demokratisierend“, weil der Hauptschul-Unterricht „die Vielseitigkeit, die Bewußtheit und die Reflexion, die Hauptmomente beruflicher Mündigkeit“ förderte.419 Die Arbeitslehre könnte „die traditionelle Kluft zwischen allgemeiner theoretischer Schulbildung und spezieller praktischer Berufsausbildung“ 420 überwinden. Karlwilhelm Stratmann vertrat den Zusammenhang einer umfassenden Schulreform; er fragte, „ob Schule und Gesellschaft noch in der richtigen Weise aufeinander bezogen sind oder ob nicht die Schule überhaupt neu auf die moderne industrielle Gesellschaft hin ausgelegt werden muß.“421 Dabei stand und fiel seiner Meinung nach „die Arbeitslehre [...] mit dem zeitlichen Ausbau der Volksschule zur Haupt- und Jugendschule.“422 Stratmann wollte nicht nur als „Techniklehre“ technische Bildung vermitteln, sondern auch als Wirtschaftslehre. So sah Stratmann die Wirtschaftslehre im eigentlichen Zentrum der Arbeitslehre; auch einschließlich des sozial-pflegerischen Bereichs. Allerdings stellte er auch wesentlich die marktwirtschaftliche Form in den Mittelpunkt. Er berücksichtigte Veränderungen des „Berufs“, der nicht mehr als „Lebensberuf“ zu fassen wäre; daher müssen Schüler auch anpassungsfähig werden. Information über Arbeitswelt, damit sich Schüler neu orientieren können, gingen über in ein Verständnis von Arbeitslehre auch als Teil der politischen Bildung. Georg Groth erkannte im Anschluss an Stratmann drei Stufen: „Arbeiten für einen selbst gewählten Zeck, Arbeiten für den überschaubaren Markt, Arbeiten für einen geplanten Markt.“423 Entsprechend konzipierte er aufsteigend die „experimentelle Aufgabenbewältigung (Werken), Arbeiten nach Werkregeln und Verhaltensmuster (handwerkliches Arbeiten), Arbeiten mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnis (industrielle Produktion).“424 Inhaltlich fasste Georg Groth die Dimensionen der Arbeitslehre in die Bereiche: technisch – ökonomisch –sozial. In der Verschränkung dieser Stufen und Dimensionen

419 Lempert, Wolfgang: 1965, S. 324; zit. Hendricks, W.: a.a.O., S. 284 420 ebd. 421 Stratmann, Karlwilhelm: Darum „Die Arbeitslehre“. Zum neuen Titel einer Zeitschrift.- In: Die Arbeitslehre, 3, 1972, S. 5, zit Hendricks, W.: a.a.O. 422 ebd. S. 544 423 Groth, Georg: Arbeitslehre – Entwicklung eines Lehrplanes als politisches und didaktisches Problem. In: Die deutsche Berufs- und Fachschule, 64, 1968, S.456; zit. ebd., S. 298 424 Groth, Georg: Arbeitslehre. Fachdidaktik zwischen Bildungspolitik und Pädagogik.- Kronberg/ Taunus, 1977, S.66; zit. ebd., S. 298f - 197 - erhielt die Arbeitslehre ein Strukturgitter, das Groth als eine allgemeine Arbeitsgrundlage verstanden wissen wollte. In der Praxis, die Groth am Pädagogischen Zentrum in Berlin anleitete, wandte sich die Konzeption gegen eine Dominanz des Technologischen, war selbst jedoch stark an wirtschafts- und gesellschaftspolitische Inhalte gebunden. Die nicht auf berufliche Orientierung ausgerichtete Konzeption für die Sekundarstufe I kam aber praktisch nicht gegen technologisch begründete Lernziele an. Zwar sollten „Ursachen für die soziale Bedürftigkeit“ aufgedeckt und der „Mensch nicht als ein ´Fall´“ betrachtet werden, „sondern in seiner Individualität und im Rahmen seiner gesellschaftlichen Individualität und im Rahmen seiner gesellschaftlichen Position zu begreifen ist“, doch praktisch kritisierte Bodo Wessels zurecht, dass die Berliner Konzeption „auf dem Niveau eines Handfertigkeitsunterrichts um 1900“ verbliebe. So war zwar die Berufsorientierung in allen Lehrplänen der Bundesländer mehr oder weniger aufgenommen, die tatsächliche Verbindung von schulischer Arbeitsorientierung und beruflichen Anforderungen war damit jedoch nicht hergestellt. In den Konzeptionen kommt Gesundheit als solche nicht vor. im Zusammenhang der Hauswirtschaft taucht etwa das Familienhauswesen auf, darunter Ernährungslehre, Gesundheitslehre, Kleiderpflege, Wohnungspflege, Haushaltsführung, Säuglingspflege, Erste Hilfe, Konsumerziehung. Dies hat wenig mit dem modernen Gestaltungsauftrag zu tun, sondern folgt der alten Aufgabenstellung der Hygiene. Praktisch war beispielsweise die Hauswirt- schaftliche Bildung sehr auf den eigenständigen Beitrag bedacht und wollte nicht in der Arbeitslehre aufgehen. Die gesellschaftlichen Veränderungen, wie die Tendenz zur Dienstleistungsgesellschaft konnten in der alten Aufgabenstellung nicht berücksichtigt werden. Bereits die Werkdidaktik-Tagung 1969 hatte die widersprüchliche Verstrickung im technologischen Determinismus aufgezeigt. Zwar zielte der Werkunterricht auf die technisch geprägte Wirklichkeit, er hätte aber auch den progressiven Auftrag, die technische Entwicklung im Rahmen der Arbeitslehre, durch Berücksichtigung von Raum und Gestaltung (Architektur) zu vermitteln; es ginge um „die Welt, die wir bauen, in und mit der wir als Individuen und Gesellschaft leben können und leben können müssen.“425 Ähnlich versuchte der 3. Werkpädagogische Kongreß in Ludwigsburg 1970, über begleitende Dimensionen, vor allem über Architektur, auch die Dimensionen der Gestaltung und Verbesserung anzusprechen. Der 4. Werkpädagogische Kongreß 1972 in Hannover erweiterte die kritische Diskussion, in dem Technik auch in ihrem Verwertungszusammenhang betrachtet werden sollte. Die damit verbundene gesellschaftskritische Problematik umschiffte der Kongreß, indem nicht die Verwertungsproblematik in der Produktion, sondern in der Konsumtion angesprochen wurde. Es ging um die Lebensbereiche, und der Werkunterricht

425 Uschkereit, Gerd: zit. ebd., S. 103 - 198 - sollte „einen Beitrag zur Erhellung einer Dimension unserer Lebenswirklichkeit“ leisten426 (Gerd Uschkereit) und eben dadurch „für den Schüler eine emanzipatorische Funktion“ haben (Hartmut Sellin).427 Damit war zwar insgesamt die Kategorie der „Gestaltung“ (wieder) in die Diskussion gebracht worden, allerdings wurde sie zugleich wieder an den Rand, in die Architektur oder den privaten Haushalt etc., geschoben. Vor allem finden wir eine insgesamt diffuse Vorstellungen von „Politik“, vor allem in didaktischer Hinsicht. Die großen Ziele werden politisch motiviert, die didaktischen Beispiele bleiben recht klein und ohne politischen Bezug. Die Didaktik erwies sich nun in wachsendem Maße als Zufluchtsort, in dem die widersprüchlichen gesellschaftlichen Bezüge nicht so zerstörend und demotivierend wirkten. Der 4. Werkpädagogische Kongreß in Hannover 1972 legte einen Schwerpunkt auf die Lehrerausbildung. Die Bremer Planungsgruppe (Busch, Schnitzer, Sellin, Wessels) stellten „Überlegungen und Ansätze zur Planung des Studienschwerpunktes Technik im Studiengang Arbeitslehre/Politik an der Universität Bremen“ vor. Sie gingen von der Arbeitssituation in der Produktion aus: „Das leitende pädagogische Interesse geht beim Schwerpunkt Technik von der Vermittlung von Kenntnissen, von der Analyse und von der Reflexion des Mensch-Maschine-Verhältnisses aus, wie sie sich im Arbeitsplatz darstellt.“428 Wichtiges Ergebnis war die Überwindung der neuhumanistischen Bildungskonzeption und Hinwendung zur gesellschaftlichen Realität. Hierbei konnte an Vorbereiter einer vorberuflichen Arbeitspädagogik wie Georg Kerschensteiner, Hugo Gaudig, Eduard Spranger, Theodor Litt, Heinrich Weinstock u.a. angeknüpft werden. Die Anforderungen und Konsequenzen der industriellen Gesellschaft wurden berücksichtigt, wenn auch zugleich die Politik-Konzeption widersprüchlich lieb. Immerhin konnte auch eine „volkstümliche Bildung“ und ein „praktischen“ Begabungsbegriffs429 überwunden werden. Ab 1972 wurden die bisherigen „Dortmunder Hefte“ in die Zeitschrift „Die Arbeitslehre“ übergeleitet, mit dem Untertitel: „Zeitschrift für die Didaktik der technisch-ökonomischen-politischen Aufgabe der Schule“, wobei vor allem die Bindestriche didaktisch ausgearbeitet werden sollten. Bemerkenswert war auch die Auffassung, dass es eine unpolitische Arbeitslehre nicht geben könne. Dies implizierte allerdings eine Schwierigkeit, mit der die reformorientierte Arbeitslehre konfrontiert wurde. Denn eine politische Arbeitslehre bedeutete seinerzeit entweder Arbeit an revolutionären Umbrüchen oder zumindest an einer besseren Gesellschaft, wobei der Umbruch und die Verbesserung immer

426 vgl. Uschkereit, Gerd 427 zit. Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.185 428 Busch, Barbara; Schnitzer, Albrecht; Selin, Hartmut; Wessels, Bodo: Darstellung des Teilstudienganges Technik innerhalb des Studienganges Arbeitslehre/ Politik an der Universität Bremen.- In: Mämpel, Uwe; Tobias, Werner( Bearb.): Technikunterricht, Arbeitslehrer, polytechnische Bildung.- Stuttgart 1972, S. 70; zit. ebd., S. 135 429 ebd. S. 154 - 199 - als ein umfassender gesellschaftlicher Vorgang gedacht war (so ging es um Probleme der „Deprivilegierten“ und „Formen der kollektiv-solidarischen Interessenvertretung der Arbeitnehmer“, wie Gerhard Himmelmann formulierte).430 Damit aber war umgekehrt ein pädagogischer Erfolg gekoppelt an tatsächliche reformerische Prozesse, die nicht ohne weiteres gesellschaftlich erfolgreich waren. Heute wird eine Reformorientierung sich daher eher mit möglichen Prozessen und Auseinandersetzungen begnügen und viel eher in Richtung auf Teilaspekte und Handlungszusammenhänge orientieren. Jenzen fasst diesen reformorientierten Ansatz folgendermaßen zusammen: „1. Leitziel ist die Emanzipation zur Bewältigung und Veränderung von Lebenssituationen im beruflichen und privaten Bereich. Leitendes didaktisches Interesse ist die Parteinahme für den lohnabhängigen Arbeitnehmer oder Konsumenten. 2. Die inhaltliche Struktur des Unterrichts ist primär durch die Lebensweltorientierung gekennzeichnet, z.B.: Konsumbereich, Produktionsbereich, Umweltbereich. Lerninhalte werden in ihrem Verwertungszusammenhang behandelt. Die Wissenschaftsorientierung dient lediglich der sachlichen Kontrolle. 3. Technik-, Hauswirtschafts- und Arbeitslehreunterricht verstehen sich als Lernbereich, in dem interdisziplinäre Themen aufgearbeitet werden, z.B.: Gebrauchswertanalyse eines Haushaltsgerätes, Arbeitsplatzanalyse oder Fragen der Ver- und Entsorgung, der Stadtplanung oder des Umweltschutzes. Die unterrichtliche Organisation erfolgt kooperativ im Team oder integrativ durch eine Lehrkraft. 4. Vorherrschende Unterrichtsform ist das fächerübergreifende Projekt mit eingeschobenen fachspezifischen Methoden, z.B.: Lehrgänge, Rollenspiel, Fallstudien und Betriebserkundungen.“431 Werkunterricht sollte in einen größeren Zusammenhang subsumiert werden, indem Arbeitslehre allgemeiner die Zusammenhänge von Wirtschaft, Politik, Technik und Naturwissenschaft aufgreift. Im Gefolge wurden eher Ansätze mit mehreren Perspektiven vorgetragen, so in der 1978 gegründeten „Bundesfachgruppe für ökonomische Bildung e.V.“ Einen Kompromiss erzielte die 1978 gegründete „Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft im Unterricht e.V. (GATWU), der es laut Satzung um „die Förderung der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Forschung und Lehre sowie des Unterrichts in den Bereichen technischer und ökonomischer Bildung“ geht.432 Entsprechend hob Albrecht Schnitzer ab auf Prozessorientierung und eine „schulische Produktion“: „In eigner Arbeitstätigkeit wandeln sie (die Schülerinnen und Schüler, d.V.), dabei einen Werkstoff in einen Gebrauchsgegenstand (Spielzeug) um und erwerben in diesem Erfahrungsraum gleichzeitig ein Vorverständnis betrieblicher Produktion. So werden sie sensibilisiert für die vielfältigen Verflechtungen und Abhängigkeiten

430 Vgl. Jenzen, U.: a.a.O. 1993, S.187 431 Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.187 432 Vgl. Die Arbeitslehre 2, 1978, S.76ff - 200 - verschiedener Faktoren innerhalb bestehender und gesellschaftlicher Arbeitsteilungen. Theorie und Praxis, Herstellen und Lernen, integrierende schulische Produktion vermag erst jene didaktische Potenz zu entfalten, die erforderlich ist, eine für die verantwortliche notwendige Mitgestaltung von Technik und Arbeit erforderliche Handlungskompetenz zu vermitteln.“433 Damit wurde auch in einer technischen Ausarbeitung der Arbeitslehre eine Reformorientierung vorsichtig eingebaut: „Ein wichtiges Motiv für den Technikunterricht ist die ‚Problemorientierung‘, weil diese sich zwingend aus unserer durch Technik und Wissenschaft geprägten Lebenssituation ergibt: Probleme der Begrenztheit der Ressourcen, Veränderung des Zusammenlebens, Zivilisationskrankheiten u.a.. Methodisch hat deshalb die Konstruktionsaufgabe eine große Bedeutung, an die sich z.B. Betriebserkundungen anschließen können. Wichtige Basis allen Wissens und Könnens sind jedoch die Lehrgänge, die eine systematisch aufbauende Erarbeitung sicherstellen sollen und die in die einzelnen Unterrichtseinheiten integriert werden, z.B.: Lehrgang, Verfahrenstechnik, Lehrgang Fertigungstechnik, Lehrgang Bautechnik, Lehrgang Energie- und Kraftwerkstechnik, Lehrgang Informationstechnik.“434 Dies wird deutlich in Beiträgen, die auf eine verantwortungsvolle Partizipation in der produktiven Arbeit zielen und damit auch eine gesellschaftliche Dimension in die Technikentwicklung – und damit auch in die entsprechende Ausbildung – einbauen, wie dies W. Biester formulierte: „Die Lösung akuter Probleme der Technisierung und Industrialisierung setzt ein allgemeines und differenziertes Bewußtsein ihrer Ursachen und Wirkungen voraus. Erst die Kenntnis des Ursache-Wirkungszusammenhangs ermöglicht eine Kontrolle der Expertenentscheidungen, die damit in den demokratischen Prozeß zurückgegeben und dort legitimiert werden und dann auch politisch durchzusetzen sind.“435 Die Zusammenhänge der Arbeitsgestaltung zur Risikoperzeption und zur gesundheitlichen Dimension waren offenkundig:

433 Schnitzer, A.: Messen – Anreißen – Ablängen. Fertigung eines Spielzeugs – Üben von Arbeitsverfahren, Handhaben von Werkzeug.- In: a+l 55,1988, S.34; vgl. U. Jenzen 1993, S. 199 434 Jenzen, U.: a.a.O., S. 219 435 Biester, W.: Technikunterricht in der Sekundarstufe I.- In: a+l 4, 1973, S.181; zit. U. Jenzen 1993, S.220 - 201 - „Verhaltensdispositionen: politisch: Fähigkeit zur Teilnahme an politischen Aktionen und Entscheidungen für bzw. über Stadtplanung; sozial: Fähigkeit zur Formulierung und Durchsetzung sozialer Forderungen im Hinblick auf Stadtplanung (Abbau von Sachzwängen, Kommunikations- und Identifikationsmöglichkeiten); ökonomisch: Fähigkeit zur Entwicklung von Verhaltensstrategien gegenüber den Besitz- und Marktverhältnissen; technisch: Fähigkeit zur Antizipation von Alternativlösungen zu Stadtplanung und Städtebau.“436 Sachkompetenz und Handlungskompetenz richtete sich auf Bereiche, in denen Technik direkt mit Menschen zu tun hat, damit verantwortet und gestaltet werden muss. Arbeitsorientierung wurde mehrperspektivisch aufgefasst: „Das Ziel einer so verstandenen technischen Bildung ist die Förderung der kritischen Produktivität des einzelnen. Die Betonung der Produktion der Produktivität soll nicht nur die praktische Relevanz emanzipatorischer Impulse sichern, sondern auch verhindern, daß die Kritik in bloßem Raisonnieren stecken bleibt. Damit wird zugleich der Einsicht Rechnung getragen, daß der bestehenden Entmündigung nur durch Stärkung der Individuen zu begegnen ist, durch Stärkung ihrer Fähigkeiten, Voraussetzungen, Bedingungen, Formen und Auswirkungen technischer Lösungen zu analysieren und zu diskutieren und aus dieser Kenntnis heraus technische Lösungen auch über den beruflichen Bereich hinaus verantwortlich zu begleiten oder zu bekämpfen.“437 In diesen Ansätzen war „Arbeitslehre [...] kein Bestandteil der Berufsbildung, sondern einer wie auch immer definierten Allgemeinbildung.“438 Solche mehrperspektivischen Ansätze fasst Jenzen so zusammen: „1. Beachtung fachspezifischer und fachübergreifender Lernzielrichtungen: Leitziel ist die Handlungs- und Urteilskompetenz in Lebenssituationen des beruflichen und privaten Bereichs. Diese wird erst im Zusammenwirken von inhaltsbezogener Fach- und Methodenkompetenz sowie fachübergreifender Sozial- und Urteilskompetenz erreicht. Deshalb reicht es nicht aus, allein fachbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Erst in gesellschaftlichen Zusammenhängen wird ihr voller Sinn erschlossen. 2. Orientierungsrahmen zwischen Wissenschafts- und Gesellschaftsbezug: Wirtschaftliche und technische Lerninhalte werden deshalb nicht nach fachsystematischen Gesichtspunkten behandelt. Das bedeutet eine weitgehende Orientierung an Lebensbereichen, die Vermittlung von Lerninhalten in ihrem gesellschaftlichen Bedingungsfeld. Dies kommt der inhaltlichen Orientierung

436 Projektgruppe Urbanes Wohnen.- In: Dortmunder Hefte 4, 1971, S.159; zit. U. Jenzen 1993, S.222 437 Sachs, B.: Technische Bildung und Emanzipation.- In: Dortmunder Hefte 3, 1971, S. 110; zit U. Jenzen 1993, S. 228 438 Siebert, H.: Bildungstheoretische Aspekte der Arbeitslehre.- In: Dortmunder Hefte 3, 1970, S.1; zit. U. Jenzen 1993, S. 256 - 202 - der gesellschaftlichen Ansätze nahe und nimmt weitgehend Abstand von einer Orientierung an fachlichen Strukturprinzipien. 3. Unterrichtliche Gestaltung des Lern- und Handlungsfeldes unter Beachtung fach- und fachübergreifender Methoden: Bei der Planung des Unterrichts wird die Wirklichkeit in den Mittelpunkt gestellt: Diese Wirklichkeit kann die betriebliche/außerschulische Wirklichkeit sein, aber auch die Schulwirklichkeit oder verschiedene Formen der Simulation. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass die Realität viele inhaltliche Aspekte in sich trägt, als mehrperspektivisch ist. Die Erschließung der Wirklichkeit geschieht weitgehend mit den von den Fächern entwickelten Methoden, wie z.B. den Fachmethoden des Technikunterrichts (Konstruktionsaufgabe, Experiment, Werk- und Produktanalyse), der Wirtschaftslehre und dem Berufswahlunterricht (Betriebserkundung, Betriebspraktikum, Fall- und Planungsmethoden, Rollen- und Planspiele). Darüber hinaus wird diese fachakzentuierte Arbeit durch ihre Einbettung in den fächerübergreifenden bzw. Projektunterricht in die Komplexität zurückgeführt. 4. Schulorganisatorische Konsequenzen: ‚offenes Fachprinzip’: Fachlich fundierte Arbeit bedarf eines eigenständigen Faches mit für diesen Teilbereich des Lernfeldes ausgebildeten Fachlehrern, die dort, wo es sich von der Sache her anbietet, Querverbindungen zu Nachbarfächern herstellen. Dies kann als ‚offenes Fachprinzip’ bezeichnet werden.“439 Gerd Himmelmann wollte 1978 eine Arbeitslehre, in der „Arbeit“ das didaktische Zentrum bilden und den Zugang für die Schüler öffnen sollte: „Einen schülergerechten Arbeitsbegriff in der Arbeitslehre zu definieren, muß heißen bei den Schülern die Frage nach dem Sinn der Arbeit und nach den technischen, ökonomischen und politisch-sozialen Bedingungen der Arbeit zu stellen und den Aspekt der Bedürfnisbefriedigung des Menschen in und durch die Arbeit immer wieder hervorzuheben.“440 Wenn eine solche „Arbeit“ im Mittelpunkt steht, könnte Arbeitslehre zur Planung und Bewertung von Berufsarbeit befähigen. Dazu gehörten sachlich die Dimensionen: Beruf, Technik, Wirtschaft und Haushalt. Dies allerdings erforderte einen unterschiedlichen Rückgriff auf wissenschaftliche Disziplinen. So folgerte Gerd Himmelmann: „Eines der großen Probleme der Arbeitslehre als universitäres Lehrfach besteht darin, daß der Didaktik der Arbeitslehre noch definierte Bezugswissenschaften fehlen und eine nur unzusammenhängende Addition von Elementen bestehender Hochschullehrgebiete keine ausreichende Grundlage für ein systematisches Studium der Arbeitslehre an den Hochschulen bietet. Eine einseitige Festlegung auf die Techniklehre auf die Politikwissenschaft oder auf die (Mikro-, Partial- und Makro-) Ökonomie löst die Probleme nicht, die Studenten müssen Gelegenheit erhalten, sich die Sachprobleme der Arbeits-,

439 Jenzen,U.: a.a.O., 1993, S.193f 440 Himmelmann, G.: Arbeitsorientierte Arbeitslehre. Eine Einführung.- Opladen 1977, S.20; zit U. Jenzen 1993 S.258 - 203 - Berufs- und Wirtschaftswelt in ihren interdependenten Zusammenhängen erarbeiten zu können. [...] Der Zusammenhang der Bezugswissenschaften der Arbeitslehre im Sinne einer neuen Integration muß den Sach- und Gegenstandsbereich der Arbeitslehre [...] neu und eigenständig konstruieren. Es stellt sich hier eine wichtige Integrationsaufgabe.“441 Notwendig wäre daher ein Fächerverbund und vor allem eine entsprechende universitäre Ausbildung und Verankerung. „Jede Diskussion um eine integrierte Arbeitslehre in der Schule hat, wenn sie glaubwürdig sein will, immer auch gleichzeitig Ausbildungskonzepte für die Lehrkräfte, die in einem Integrationsfach unterrichten sollen, mitzudenken Wenn es nicht gelingt, einen Studiengang zu konstruieren, in dem z.B. gleichgewichtig ökonomische und technische Fachanteile angemessen aufeinander bezogen werden, dann erweisen sich Forderungen nach einem Konzept integrierter Arbeitslehre als wissenschaftliche und didaktische Mogelpackung oder es wird mit der Transferhypothese operiert, daß aus einem disziplinorientierten Studium eine integrierte unterrichtliche Aufbereitung des schulischen Aufgabenfeldes schon möglich ist. Diese Hypothese läßt sich allerdings schwerlich verifizieren.“442 Praktisch ging hier 1980 die Hessische Fachkommission Polytechnik/Arbeitslehre voran, die ein Unterrichtsmodell zu „Rentabilität und Arbeitsschutz“443 vorlegte. Darin sollten Schwerpunkte gesetzt werden, Informationen in Gruppenarbeit gesammelt und nach Leitfragen ausgewertet werden. Diese vier Leitziele444 waren:  Mögliche Gefährdung der Gesundheit durch den Arbeitsprozeß beispielhaft nachweisen,  die Frage Prüfen, ob menschliches bzw. technisches Versagen oder Arbeitsbedingungen als wesentliche Ursache von Arbeitsunfällen anzusehen sind,  Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge als betrieblichen Kostenfaktor erkennen,  Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und der Arbeitssicherheit vorschlagen können. Die mehrperspektivische Konzeption schloß einen historisch-genetischen Ansatz ein und erstreckte sich auch auf verantwortliches gesellschaftliches Handeln. „Nur historisch kann dazu gezeigt werden, wie die Technik durch fehlgeleitete Ziele gegen die Betroffenen gewendet wird oder ‚falsche‘ Transfers sich auswirken. Die Erkenntnisse darüber sind leichter aus der historischen Distanz zu gewinnen als durch eine nicht überprüfbare und damit für Lernende nicht verifizierbare Folgeabschätzung von derzeitiger Technikentwicklung, was nicht

441 Himmelmann, G.: 1977, S. 27 u. 29; zit. Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.260 442 Kaminski, H.: Die Umgestaltung der Polytechnischen Bildung und Erziehung im Lichte der Erfahrungen der Entwicklung der Arbeitslehre.- In: Pädagogik und Schule in Ost und West 30, 1991, S.167; zit. U. Jenzen 1993, S.261 443 Ausubel, U.; u.a.: Rentabilität und Arbeitsschutz.- Tübingen 1980 (Hrsg. V. Dt. Institut für Fernstudien) 444 nach Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.265 - 204 - grundsätzlich gegen letztere spricht. Vielmehr gehört diese notwendigerweise zum Handeln im Bereich Technik, gründet sich aber wiederum auf historische Erfahrung.“445 Mit dieser historisch-genetischen Sichtweise sollten gesell- schaftliche Schwerpunkte und Schlüsselprobleme ausgemacht und aufgegriffen werden können. Leitziele hierfür waren:446  Faktenkenntnis  Problembewusstsein  Instrumentelle Fertigkeiten  Urteilsfähigkeit Damit war die Verbindung von Erfahrung, die immer eine historische Dimension enthält, mit den aktuellen gesellschaftlichen Aufgabenstellungen angesprochen. Wolfgang Klafki forderte wiederholt, dass sich Schule den „epochaltypischen Schlüsselproblemen“ zu stellen habe. Uwe Jenzen konstatierte 1993 weiterhin Handlungsbedarf in Konzeption und Umsetzung der Arbeitslehre in Bezug auf: „- die thematische Struktur eines interdisziplinären Arbeitslehre-Lehrplans, der offen genug ist, sich wandelnden inhaltlichen Ansprüchen anzupassen. [...] - die Klärung der eigenständigen Anforderungen der Teilbereiche Technik, Wirtschaft, Haushalt und Beruf bzw. der Fächer des Lernfeldes Arbeitslehre; - die schulorganisatorische Umsetzung (Stundentafel, Lehrereinsatz) und - die Lehreraus-, -fort-, und –weiterbildung für das Lernfeld Arbeitslehre.“447

445 Pichol, K.: Anmerkungen zum allgemeintechnologischen und mehrperspektivischer Ansatz in der Technikdidaktik.- In: a+l 68, 1990, S.10 446 Vgl. Christmann, H.: Technikgeschichte in der Schule.- Ravensburg 1976, S.165f; vgl. Ilse Schütte: Die historisch-genetische Methode im Arbeitslehre- und Technikunterricht- In: dies. (Hrsg.): Technikgeschichte als Geschichte der Arbeit.- Bad Salzdetfurth 1981 447 Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.584 - 205 - 3.3. Gesellschaftlich begründeter Arbeiterschutz In der Arbeitslehre waren gesundheitswissenschaftliche Argumentationsstränge nicht entwickelt. Immerhin hatte sich die Position etabliert, die über technologische Begründungen oder Aufgabenstellungen hinaus ging und der es auf den gesellschaftlichen Bezug der Arbeitslehre ankam. In dem gesellschaftlichen Bezug war eine Chance gegeben, weil mit dem gesellschaftlichen Wandel und der politischen Verantwortlichkeit auch die Frage nach der Gestaltung der Arbeitsprozesse und nach den Leitlinien dieser Gestaltung aufgeworfen wurde. Aber diese Frage stellte sich nicht selbstverständlich. Sie wurde nämlich blockiert von einer Tradition des Arbeitsschutzes, der, wie aufgezeigt, auch einer konservativen Logik folgte und sich hauptsächlich um die risikoreichen Auswüchse der industriellen Produktion kümmerte, während die eigentliche Entwicklung der Produktivität eigenen, eben technologischen und ökonomischen Gesetzmäßigkeiten und Leitlinien folgte. Für die Arbeitslehre in den späten 1970er und den 1980er Jahren war deshalb wichtig, dass sich um die „Humanisierung des Arbeitslebens“448 ein gesellschaftlich begründeter Arbeiterschutz positionierte und gewerkschaftlich unterstützt wurde. Mit einem gesellschaftlich begründeten Schutz der produktiven Menschen erhielt der gesellschaftliche Bezug der Arbeitslehre eine Reformorientierung, die nicht von einem radikalen Umbau der Gesellschaftsordnung abhing und in „kleinen Schritten“ auf Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen abzielte. Genauer betrachtet ermöglichte der Rekurs auf Gesundheit diese Reformorientierung, weil nur er den technologischen Sachzwängen und den ökonomischen Bilanzierungen entgegengehalten werden konnte. Dieser Rekurs auf Gesundheit vermittelte individuelle Bedürfnisse und kollektive Forderungen, vor allem aber vermittelte er Produktivität mit den Fähigkeiten und Bedingungen der produktiven Menschen. 3.3.1 Kontrolle der Arbeitsentwicklung 1984 fassten Horst Kern und Michael Schumann mit der aufsehenerregenden Publikation „Das Ende der Arbeitsteilung?“ den veränderten gesellschaftlichen Bezug zusammen und öffneten die Diskussion.449 Darin wird ein tiefgehender Bruch mit überkommenen Rationalisierungstendenzen prognostiziert. Neue Produktionskonzepte gingen dementsprechend nicht mehr vom dem Leitbild der „menschenleeren Fabrik“, also der Tendenz zur Ersetzung der menschlichen Arbeitskraft aus. Darüber hinaus prognostizierten sie die Tendenz zu einem „ganzheitlichen Aufgabenzuschnitt“, mit dem das fachliche Know-how der Arbeiter besser und effizienter zu nutzen wäre. Es wurde eine neue Phase der Automatisierung konstatiert, die den Menschen nicht einfach weiter zum

448 vgl. dazu: DGB, Bundesvorstand: Humanisierung der Arbeit – Gewerkschaftliche Unterrichtshilfen.- Düsseldorf 1980 449 Kern, Horst; Schumann, Michael: Das Ende der Arbeitsteilung? Rationalisierung in der industriellen Produktion: Bestandsaufnahme, Trendbestimmungen.- München 1984 - 206 - Anhängsel der Maschine zu machen strebt, sondern eine, wenn auch technisch bestimmte, Überwachungs- und Steuerungsfunktion zusprach. Auch das Verhältnis zwischen Management und Arbeitnehmer sollte in neuen Organisationsformen produktiv und kooperativ entwickelt werden. Wenn auch mit Richard Vahrenkamp zuzugestehen ist, dass den Debatten über Rationalisierungen ein „gewisses Maß an Autonomie gegenüber der Produktivkraftentwicklung“ entfalten,450 und sich die Auswirkungen neuer Konzepte sehr viel zäher zeigen, als seinerzeit angenommen, so wurde doch die zentrale Fragestellung aufgeworfen: stehen wir in einer Phase grundlegender Veränderungen in den Arbeitsprozessen, welche Richtungen nehmen diese Veränderungen und welchen Einfluss können wir mit welchen Zielsetzungen auf diese Veränderungen nehmen? Im Grunde setzte eine Diskussion über die Tiefe und Reichweite der Veränderungen ein, die in die Frage mündete, ob wir am Ende der tayloristischen Arbeitsteilung angelangt wären. Betrachten wir diese Frage etwas genauer und im historischen Kontext. Im Beginn waren frühen Formen freier Lohnarbeit im 13. Jahrhundert beschränkt auf spezifische Arbeitsbereiche, wie vor allem Bergbau. Bergbau war denn auch ein herausragendes Beispiel für Produktions- und Lernformen bis weit in das 19. Jahrhundert. Denn Bergbau enthielt wegen der Aufwändigkeit und der Gefährlichkeit immer schon eine vergesellschaftete Logik (Genossenschaft). Neben den genannten Aspekten (Aufwändigkeit und Gefährlichkeit) spielten auch Eigentumsverhältnisse eine Rolle (was im Berg liegt, gehörte eigentlich dem König; niemand konnte für sich Bergbau betreiben und mit dem Produkt auf den Markt treten usw.). In der frühen Industrialisierung kamen die wichtigen Impulse jedoch Ende des 18. Jahrhunderts aus der Textilindustrie. Das Verlagssystem entwickelte die Arbeitsteilung und schaffte Raum für großbetriebliche Manufakturen. Diese frühen Formen subsumierten die Arbeit noch sehr formal, ganz in der Tradition der Leibeigenschaft. Subkontrakte verschleierten die Abhängigkeitsverhältnisse, die gleichwohl so einschneidend wurden, dass sie Widerstand provozierten. Das Aufbegehren in der Form von Maschinenstürmer, Luddisten, Weberaufstände in Lyon oder Schlesien etc., richtete sich gegen Abhängigkeiten, schien aber auf die Maschinen zu zielen. Arbeitsorganisatorisch herrschte das Werkmeistersystem. D.h. die Arbeiter waren zwar in der Gestaltung der Arbeiten weitgehend frei, wurden aber doch immer stärker formal an Maschinen gekettet. Diese Hierarchie implizierte aber keine Hierarchie der Kompetenz, in der die Meister mehr vom Betriebsablauf und dem Ineinandergreifen der Prozesse wussten. Vielmehr herrschten immer noch traditionelle Werkzeuge oder mechanische Apparaturen vor, deren Bediener auch die Abläufe am besten beherrschten. Die Hierarchie ergab sich als Herrschaftsprinzip: der Unternehmer trieb die Meister, der die gelernten Gesellen, die wiederum die ungelernten Hilfsarbeiter. Insofern wurden die

450 zit. Wupper- Tewes, Hans: Rationalisierung als Normalisierung.- Münster, 1995, S.19 - 207 - neuen Lohnarbeiter zwar nach Stückpreisen bezahlt, aber im Grunde zielte die Arbeitsorganisation auf reine Ausdehnung der Abhängigkeit und der entsprechenden Lohnarbeit. In dieser Phase schlug die Hierarchie der Abhängigkeit als hierarchisierte Ausbildung durch. Auch die allgemeine Schulbildung folgte dieser Logik. Im Grunde herrschte die Vorstellung, dass vergesellschaftete Vorgänge von oben nach unten abliefen, wobei das, was oben oder unten ist, nicht auf der Basis von Kompetenz, sondern von Abhängigkeiten festgelegt wurde. Die Ausbildung in der Produktion zielte auf eine Maximierung der Leistung und des Erfolgs durch Ausdehnung (der Arbeitszeit, der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte, der Fähigkeiten derselben). Dies änderte sich dann in der Phase der Hochindustrialisierung vor allem durch eisenherstellende und eisenverarbeitende Industrie.451 Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an veränderte eine maschinell bestimmte Produktionsweise, die sich schnell durchsetzte und verfeinerte, die industriellen Beziehungen und Qualifikationsprofile. In der Eisenindustrie brachte der Hochofen, Bessemer Verfahren, Thomas Birne, Siemens-Martin-Ofen usw. neue qualitative Veränderungen der Arbeitsprozesse, die auf Kenntnisse von Stoffen, Wirkungen und Planungen beruhte. Hierbei war technikgeschichtlich vor allem die Unterordnung und Nachordnung der Schmiedeverfahren in der Formgebung entscheidend. Große Walzwerke ermöglichten spezifische Bearbeitungen großer Stahlmengen. Die besonders qualifizierte Arbeit an den Puddelöfen, für die rein praktische Erfahrung ausschlaggebend war, verlor an Bedeutung. Die großen Mengen und die kostenintensive Bearbeitung verlangten eine stark arbeitsteilige und disziplinierte Fabrikarbeit vor allem im Eisenbahn- und Maschinenbau. Eine vorgeschaltete ingenieurwissenschaftliche Planung, verbunden mit rasanter Entwicklung bildete eine privilegierte Schicht von Technikern und darunter von Facharbeitern heraus, während auf der anderen Seite die Masse der un- oder angelernten Arbeiter rapide anstieg. Diese Veränderungen verfestigten die Vorstellung einer vorgegebenen, wissenschaftlich begründeten, den Naturgesetzen folgenden Kompetenz. Zugleich war damit eine qualitative Differenzierung der Lohnarbeiter angelegt: während die einen Schicht an der neuen Kompetenz partizipierte und zur „Arbeiterelite“ aufstieg, blieb eine andere Schicht sozusagen in handwerklicher Tradition. So sollten der „Massenarbeiter“ lediglich auf handwerklicher Grundbildung aufbauend einfache industrielle Zuarbeit lernen und anwenden. Schmiede/ Schudlich haben überzeugend dargestellt, wie dieser Prozess mit der breiteren Arbeitsbestimmung auf der Basis des Zeitlohns einherging: „Der Arbeitszwang wurde hier primär durch die Kontinuität des Prozesses selbst ausgeübt, der unter der Kontrolle von Technikern und Ingenieuren, unterstützt durch die meisterähnlichen ‚ersten‘ Arbeiter, stand..“ Die besondere

451 vgl. dazu die umfangreiche Publikation: Bernal, John Desmond: Sozialgeschichte der Wissenschaften.- Bd. 1-4, Reinbek bei Hamburg, 1970 - 208 - Entwicklungssituation machte eine Arbeitsintensivierung durch stärkere Eigenverantwortlichkeit sinnlos. „Die Betriebsorganisation lässt sich daher als gewissermaßen natural-technische Leitung auf der Basis eines technisch integrierten Produktionsprozesses und einer entsprechenden Anweisungs- und Kontrollhierarchie beschreiben.“452 Diese Verbindung zwischen Produktivität, Hierarchie und Kompetenz war aufgrund der Leitfunktion der Eisen- und Stahlindustrie von einschneidender und nachhaltiger Bedeutung in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Insofern ist auch Sohn- Rethel zuzustimmen, dass nicht erst der Taylorismus die Arbeit vergesellschaftet hat. Es gab daher frühe Verselbständigung von Wissensbeständen auf der Basis naturwissenschaftlicher Durchdringung des Produktionsprozesses, die eine entsprechende Wissensvermittlung in der Hierarchie der Betriebsorganisation, also streng von oben nach unten, einschloss. Insofern war diese gesamte Konzeption wegweisend für arbeitsbezogene Bildungsprozesse und nicht die anfängliche Konzeption der Textilindustrie, in der eine einfache Ausdehnung ungelernter, meist weiblicher Hilfsarbeiten mit der Industrialisierung einherging. in gewisser Weise war sogar die im frühen 19. Jahrhundert beständige und mit großer Aufmerksamkeit betriebene Diskussion über die Kinderarbeit und die Fabrikschulen auch eine Diskussion über die Bildungsführerschaft, Eisen- und Stahl kontra Textil. Der beispiellose Erfolg der Eisen- und Stahlindustrie im Deutschen Reich verhalf der maschinen-orientierten Bildung zum entscheidenden Durchbruch. Die Kapazitäten und Effizienz der Produktion wurden vervielfacht, die Abläufe eng miteinander verknüpft. Dies strahlte auch in andere Produktionsbereiche, wie die aufkommende chemische Industrie, aus. Selbst in der Textilindustrie wurde im Zuge entsprechender Veränderungen die Kinderarbeit sukzessive abgebaut. Ende des 19. Jahrhunderts folgte auch mit dem Maschinenbau der Sektor, der sozusagen den Selbstbezug der Technikentwicklung markierte. Jetzt, um Jahrhundertwende, sollte „jede Arbeit genau mit Zeit- und Kostenaufwand“ registriert und „die Fabrikation .. so gleichmäßig gemacht werden, dass wenigstens ein großer Teil der aufgezeichneten Arbeiten auch wirklich wiederkehrt. 453 Damit war nun ein Zusammenführen der handwerklichen, manufakturellen und industriellen Ausbildungsvorgänge möglich. Und dies war die entscheidende Grundlage der modernen Berufsschule. Während es durchaus Chancen einer erfahrungsgeleiteten Bildung und einer auf den produktiven Menschen gerichteten Qualifizierung gab (beispielsweise in der Optischen Industrie in Jena, Ernst Abbe) setzte sich doch mit der industriellen Dynamik jene wissenschaftlich begründete Arbeitsteilung durch, die schließlich im Taylorismus eine programmatische Zusammenfassung fand (wenn sie auch in Deutschland lange vor Taylor vorhanden war). ‚Arbeit´ erhielt in dieser platten Konzeption immer irgendwie und vor allem einen „Pensumscharakter“ (Schmiede), wobei das Pensum durch die jeweilige Aufgabe vorgegeben und

452 Schmiede, Rudi: Das Ende des westdeutschen Wirtschaftswunders1966-1977. In: Die Linke im Rechtsstaat, Bd. 2: Bedingungen sozialistischer Politik 1965 bis heute, Berlin/ West, 1979, S. 6 453 Jeidels, Otto: Die Methoden der Arbeiterentlöhnung in der rheinisch-westfälischen Eisenindustrie. (Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen: Untersuchungen über die Entlöhnungsmethoden in der deutschen Eisen- und Maschinenindustrie, Bd. 6), Berlin, S. 224; ; zit. nach: Schmiede, R.: a.a.O., S. 13 - 209 - seine Erfüllung nachprüfbar wird. Die Arbeit wurde in Teilfunktionen zerlegt und in maschinelle Produktionsabläufe eingepasst. Einsatz und Nutzung der Arbeitskraft waren im Sinne diese „Managements“ eigentlich nicht „wissenschaftlich“ (wie Taylor behauptete), sondern ganz praktisch als Optimierung des jeweiligen Pensums begründet. Der Taylorismus hatte große gesellschaftliche Auswirkungen und wurde dies auch als Muster für Bildungsprozesse genommen. Stoffpläne wurden erarbeitet, in denen Arbeitstätigkeiten in funktionale Teile zerlegt wurden und so erlernt werden sollten. Die Haupttendenzen tayloristischer Arbeitsorganisation waren nach Baethge, Overbeck folgende, in ihrem Zusammenwirken zu verstehende Aspekte:  Zunehmende Fragmentierung des Tätigkeitsinhalts,  Verschärfte Aufspaltung von anleitenden und ausführenden Tätigkeiten  Rigidisierung der Festlegung des Arbeitspensums Organisations- und Gestaltungsprinzipien zielten demnach darauf, den betrieblichen Arbeitsablauf von der Beschaffenheit der individuellen Arbeitskraft – ihrer Qualifikation, ihrem Willen, ihrem Gefühl – möglichst unabhängig zu machen und die Kosten zu optimieren. Taylor fragte daher auch u.a., „eine wie schwere Arbeit irgendwelcher Art man einem für die in Frage kommende Art (der Arbeit) geeigneten Arbeiter zumuten?“ 454 Er hatte immer das Ziel der „größte(n) Prosperität“, resultierend aus „einer möglichst ökonomischen Ausnutzung des Arbeiters und der Maschinen“,455 im Auge. Taylor berücksichtigte die Gesundheit in der Arbeit als Funktionsbedingung, die Wahrung der Gesundheit erfolgt demnach aus ökonomischen Interessen, aus nichts sonst. Genauere Bestimmungen dessen, was Gesundheit ist und wie sie zu wahren ist, fehlen. Mit Bezug auf schwere körperliche Arbeit formulierte er bereits 1911: „Ich möchte noch besonders betonen: Wir wollten durch diese Untersuchung nicht herausfinden, welches Maximalquantum an Arbeit ein Arbeiter während einer kurzen Zeit zu leisten imstande ist, sondern was eigentlich die angemessene Tagesleistung eines erstklassigen Arbeiters bildet, was man jahraus, jahrein täglich von einem Arbeiter erwarten darf, ohne daß er dabei körperlichen oder seelischen Schaden nimmt.“ 456 Im Zentrum des Interesses stand nach den großen ingenieurwissenschaftlichen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts (vor allem über den Maschinenbau) eine betriebswirtschaftlich durchdachte Organisation der Arbeit. Diese Gewichtung setzte sich nicht nur in der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ durch, sondern auch in einer „Normalisierung“, und das heißt in erster Linie einer Normierung der Arbeit. So wurde 1917 der Normenausschuß der Deutschen Industrie gegründet, der später als Deutscher Normenausschuss international beispielhaft wirkte. In der gleichen Logik agierten dann der Reichsausschuß für

454 zit. Wupper- Tewes: a.a.O., 1955, S. 55 455 zit. ebd., S. 56 456 zit. Wupper-Tewes: a.a.O., 1995, S.62 - 210 - Arbeitszeitstudien (Refa), die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Betriebsingenieure, das Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit (RKW) und der Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung.457 Eine wichtige thematische Erweiterung erhielten diese Bemühungen um eine wissenschaftliche Begründung produktiver Standards durch die Bedingungen des Ersten Weltkrieges. Denn der Einsatz immer schwierigerer und teuerer Maschinen (Tanks, Flugzeuge etc.) trat in Verbindung mit dem Ausbluten produktiver Menschen. In beiden Dimensionen richtete sich der Blick auf die Fähigkeiten des Menschen und vor allem auf die Möglichkeiten und Grenzen in den menschlichen Entwicklungsfähigkeiten. Dieses wurde auch in einer Öffnung der ingenieurwissenschaftlichen und ökonomischen Disziplinen hin zu medizinischen und psychologischen Kenntnissen und Untersuchungen deutlich. 1918 wurde die Arbeitsgruppe „Industrielle Psychotechnik“ am Lehrstuhl von Georg Schlesinger an der TH Berlin unter Leitung von Walter Moede eingesetzt. Und in der Folge war es vor allem Otto Lippmann, der sich um eine wissenschaftliche Aufarbeitung der menschlichen Fähigkeiten und Grenzen bemühte. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Arbeitsphysiologie (Rubner, Thomas) sollte insbesondere die medizinischen Erkenntnisse entwickeln.458 In der Weimarer Republik kam unter dem Einfluss der Sozialdemokratie eine stärkere Gewichtung der sozialen Dimension hinzu. Wissenschaftlich begründeter Arbeiterschutz konnte so Koalitionen eingehen mit sozialhygienischen und sozialpolitischen Untersuchungen und Forderungen. Wegweisend in dieser Zeit war die Idee einer produktiven Gesellschaft, die sich durch Rücksicht auf ihre produktiven Mitglieder auszeichnet. Für Eduard Heimann war Sozialpolitik „der institutionelle Niederschlag der sozialen Idee im Kapitalismus.“459 Diese Konzeption konnte Arbeiterschutz und Arbeitswissenschaft in einem allgemeinen sozialpolitischen Verständnis zusammenfassen. So erklärte Heimann 1929: „In dieser Angst, dem Arbeiter etwas zugute kommen zu lassen, was alsbald – bei der Arbeitswissenschaft – oder auf lange Sicht – im Arbeiterschutz – doch für den Kapitalismus selbst wünschenswert oder gar notwendig wäre, liegt die sozialpolitische Analogie zwischen Arbeiterschutz und Arbeitswissenschaft; beide sind schon aus diesem Grunde Sozialpolitik. Es ist demgegenüber nichts Neues, nur eine Verstärkung und Bewußtmachung desselben Moments, wenn der Arbeiter durch die Notwendigkeit des staatlichen Eingriffs für den Arbeiterschutz in einem besonders grellen Licht die Lückenhaftigkeit oder Böswilligkeit des Kapitalismus sieht, der es vorzieht, gegen sich selbst zu wüten, wenn es sich sonst nicht vermeiden läßt, auch dem Arbeiter etwas Gutes anzutun. Mit dieser Erfahrung hebt die soziale Dynamik des innerkapitalistisch notwendigen Arbeiterschutzes an, und insoweit ist er ganz dem ersten sozialpolitischen Typus

457 Wupper-Tewes: a.a.O., 1995, S.41 458 vgl. Lippmann, Otto: Lehrbuch der Arbeitswissenschaften.- Jena 1932 459 zit. Kaufmann, Franz-Xaver: Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem.- Stuttgart 1999, S. 60 - 211 - zugehörig; ja das Wesen dieses Typus ist gerade an ihm studiert worden.“460 In diesem Ansatz konnte der traditionelle Arbeitsschutz erweitert werden und beispielsweise auf den Schutz der Frauen ausgedehnt werden. Aber, wie an diesem Beispiel verdeutlicht werden kann, blieb die Begründung ambivalent, schloss die Verkürzung des Frauenarbeitsschutzes auf den Schutz „potenzieller Mütter“ ein. Außen vor blieb weitgehend die Frage, worauf der Arbeiterschutz zielen sollte und welche Wertorientierungen zugrunde lagen. Damit blieben sozialpolitisch motivierte Bemühungen um den Arbeiterschutz in einer pädagogischen Schwierigkeit. Das, was Arbeiter lernen konnten und sollten, und was entsprechend die Schüler mit Blick auf ihre Arbeiterzukunft lernen konnten und sollten, richtete sich auf die Auswüchse des Kapitalismus und war nicht aus der eigenen produktiven Fähigkeit begründet. Demgegenüber gab es die wirksamen Bildungsangebote, mit denen der Arbeiter „veredelt“ und in den technologischen Arbeitsprozess eingebunden werden sollte. Als Teil der hygienischen Volksbelehrung wurden nun auch Arbeiter belehrt, was von ihnen in dem Wandel der Arbeit verlangt wurde. Beispielsweise sei auf die Veranstaltung verwiesen, die die Centralstelle für Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen461 am 5./6..06.1905 in Hagen/Westf. Veranstaltete. Louis Lewin, der führende Toxikologe und sozialkritische Experte etwa referierte über „Die Wege der Belehrung der Giftarbeiter.“462 Zwar müsste sich der Staat als organisierte Verantwortlichkeit zunächst an den Betreiber der Anlagen, eben die „Unternehmer“ wenden, doch die Arbeitgeber wären ein schlechter „Belehrer“. Plakate etwa würden zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen aufgehängt, blieben jedoch beinahe wirkungslos. Die Selbstbelehrung der Arbeiter wäre nicht möglich. Meister hätten andere Funktion; also: „Soll der Arbeiter ihm heilsame Gesundheitslehren behalten und befolgen, so müssen sie ihm in viel persönlicherer Weise beigebracht werden, als es durch derartige Publikationen oder deren Einfügung in die Arbeitsordnung möglich ist.“463 Lewin dachte hierbei vor allem an 1. den Unterricht in der Volksschule, 2. den Unterricht in Fortbildungs- und Fachschulen, 3. die Propaganda durch Belehrungszettel für Fabrik- und Heimarbeiter. Auch hierzu müssten Kompetenzen aufgebaut werden. Dazu wäre ein Art Standardwerk nötig, das auf der Höhe des Wissens und vor allem zugänglich eine solide Grundlage schaffte. Zunächst aber müssten in jedem Fall Lehrer ausgebildet werden: „Der Unterricht, den der Lehrer erteilt, muß naturgemäß ein anderer in der Volksschule als in der Fortbildungsschule sein. Wenn der gute Wille in den leitenden Kreisen vorhanden ist, Volksgesundheit und Volkskraft, die Grundpfeiler des Staatsbaues auch bei dem sehr großen Teil der

460 ebd. S. 158 461 Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen (Hrsg.): Die Belehrung der Arbeiter über die Giftgefahren in gewerblichen Betrieben.- Berlin: C. Heymanns Verl., 1906 462 ebd. S. 22 ; vgl. dazu: Lewin, Louis: Gifte und Vergiftungen – Lehrbuch der Toxikologie. 1928, Nachdruck 1992 463 Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen: a.a.O., S. 23 - 212 - Bevölkerung, die durch Gifte gewerblich geschädigt werden kann, zu erhalten, dann wird es möglich sein, dem Volksschulunterricht in ‚Naturkunde‘ einmal wöchentlich Mitteilungen einzufügen über das gewerblich vergiftende Material. So könnten z.B. in einem Semester als Naturobjekte die giftigen Metalle, Metalloide und alkalischen Erden, beziehungsweise ihre Verbindungen gezeigt und in ihrer Beziehung zum Menschen erläutert werden, in einem zweiten Semester die Bedeutung der gewöhnlichen Kohlenstoffverbindungen, einschließlich des Alkohols, und im Zusammenhange mit der Botanik die Giftpflanzen. Als Schluß dieser Lehren würde in einem dritten Halbjahr eine Auseinandersetzung über allgemeine individuelle Arbeitshygiene folgen.“464 Darauf aufbauend sollten dann Fachschulen und Fortbildungsschulen mit toxikologischen Inhalten aufgerüstet werden. Louis Lewin folgte so immer noch der alten Logik „Wissen ist Macht“ und der Vorstellung, ein besserer Zugang zu objektiv verstandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen und die Vermittlung in die Arbeitspraxis hinein würde Verbesserungen nach sich ziehen. Dies war sowohl bezogen auf die Interessengebundenheit wissenschaftlicher Fragestellungen wie bezogen auf Umsetzungsschwierigkeiten wissenschaftlicher Erkenntnisse in Spannungs- feldern recht naiv. Diese Naivität war auch beispielhaft für die andere Position, die in der Konferenz in Hagen vertreten wurden. Wobei allerdings herausgestellt werden muss, dass die hier aufgeführten Experten allesamt zu den „Arbeiterfreunden“ im ausgehenden Kaiserreich zu zählen sind. Dies gilt sogar für Bernhard Lepsius (1854-1934)465, der als Direktor der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron die Verantwortlichkeit der Arbeitgeber herausstellte.466 Denn es liege nun einmal „in der Natur der Sache, daß auch in der chemischen Industrie Gefahren für die Gesundheit und das Leben der darin beschäftigten Personen auftreten können“. Gleichwohl müsse produziert und damit das Risiko in Kauf genommen werden. Die Arbeitgeber der chemischen Industrie wären sich dieser Verantwortlichkeit „in vollem Maße bewußt“ und dankten allen, die sie „in dem Kampf gegen die Giftgefahr wirksam unterstützen“ wollten. Hierbei wandte er sich entschieden dagegen, „die gegenwärtig bestehenden Verhältnisse schlimmer darzustellen, als sie in Wirklichkeit sind.“ Anstelle einer Art „pädagogischer Dramatisierung“ müsse auf die Fortschrittlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse überhaupt gesetzt werden: Es wäre eben alles im Fluß zum Besseren, weshalb auch die Beispiele von Gestern nicht viel aussagen, ja (s.o.) unzulässig dramatisieren. Lepsius diskutierte dann vor allem Verhaltensmaßregelungen, von der möglichsten Sauberkeit und Reinlichkeit des Körpers der Arbeiter, über die Ernährung bis zu den dauernden ärztlichen Überwachungsuntersuchungen. Da die Firmen den Kampf gegen die Gefahren aufgenommen hätten, gäbe es lediglich das strukturelle Problem, dass es immer

464 ebd. S. 25f. 465 vgl. dazu: Wagner, Dieter: Innovation und Standort. Geschichte und Unternehmensstrategien der Chemischen Fabrik Griesheim 1856-1925, Darmstadt, 1999 466 Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen: a.a.O., ebd. S. 35ff. - 213 - eine gewisse Zeit dauert, bis die richtige Antwort auf die neu auftretende Gefahr gefunden und die Produktionsänderungen vorgenommen würden. Die Fabrikaufsicht wäre berufen, die Firmen gleichermaßen in die Verantwortung zu nehmen. Dann fragte Lepsius, ob neue Wege einzuschlagen wären und ob in der Belehrung der Arbeiter ein Fortschritt zu erwarten wäre. Von der „Ausgabe von Belehrungsblättern“ erwartete er „keinen so großen Erfolg“, weil die Arbeiter solche Mahnung geringschätzen und nicht beachten würden. Er wollte stattdessen die Aufseher schulen und zur Einhaltung der Vorschriften heranziehen. Vor allem aber setzte er auf die Ersetzung der Handarbeit „durch maschinelle Einrichtungen“, sowie auf weitere naturwissenschaftliche Durchdringung der Gefährdungsvorgänge. „Die chemische Industrie ist gewohnt, schwierige Fragen durch das Zusammenwirken von Wissenschaft und Technik zu lösen. Auf diesem Wege hat sie ihre Erfolge errungen; auf diesem Wege werden wir auch die uns heute beschäftigende Fragen lösen, nämlich durch das Zusammenwirken der physiologischen Wissenschaften im weitesten Sinne und der Technik.“467 So ist die klassische Position des technologischen Arbeitsschutzes nach wie vor dominant und schlägt auch in der gesellschaftlich begründeten „Arbeiterbelehrung“ durch. Die pädagogischen Aufgabenstellungen wurden in altbekannter strenger Trennung zwischen ausführenden, begleitenden und innovativen Fähigkeiten definiert. Vor allem sollten Arbeiter nicht mit Vorgängen belasten, die sie nicht überblicken. Hier wird der argumentative Zirkel deutlich, der herrschaftsstabilisierende Pädagogik aus dem Tatbestand der Beherrschung ableitet. Im Anschluß an Lepsius äußerte Heinrich Rößler die konträre Position der Arbeitgeber. Rößler war Chemiker und begründete die Degussa AG. Er war politisch und sozialpolitisch engagiert, vor allem 1875-1908 als Stadtverordneter der Demokratischen Partei. Gegen die Ansicht, die Lepsius vortrug, verwies er auf gute Erfahrung mit der Einbeziehung der Arbeiter und zitierte Lucius von den Farbwerken Hoechst, der fand, „daß die Arbeiter es gut machen, wenn sie ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln“. „In besonders hohem Grade aber sollte es zutreffen, wo es sich um den Schutz ihrer eigenen Gesundheit handelt. Es ist ja auch gar keine Frage, daß die Arbeiter da, wo die Gefahren bei der Arbeit in Betracht kommen, in ganz andere Art Sachverständige sein müssen als Beamte oder gar als außerhalb des Betriebes Stehende.“468 Zwar wäre der Arbeitgeber prinzipiell verpflichtet, sich auch um das Wohl der Arbeitnehmer zu sorgen, aber es gebe doch mangelnde Kenntnis bei beiden. „Wenn nun aber alle diese Schwierigkeiten überwunden werden sollen durch Belehrung, so müssen eben alle Beteiligten dabei mitwirken, und da glaube ich doch, daß die Arbeiter selbst sehr viel, vielleicht das meiste, dazu beitragen können, und zwar um so mehr, je intelligenter sie sind, - am meisten wohl, und das wird ja wohl häufig

467 Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen: a.a.O., ebd. S. 47 468 ebd. S. 48 - 214 - mit der größeren Intelligenz zusammentreffen, in den großen Städten und in deren Nähe, da wo sie organisiert sind. Das möchte ich hier hervorheben.“ 469 Gerade der Gegensatz von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wäre nun einmal da und ließe sich nicht plötzlich aus der Welt schaffen, weshalb gerade deshalb manche Maßregel sich nicht durchsetzen kann, weil sie „von oben herab“ komme. Rößler schlug drei Verfahren vor: a) die Belehrung „von Mann zu Mann“, b) die Belehrung durch Arbeiterausschüsse, c) die Belehrung durch Arbeiterorganisationen, Gewerkschaften. Alle drei Vorschläge erläutert er pragmatisch und nach der politischen Machbarkeit. Vor allem die Erläuterungen zu den Arbeiterausschüssen lesen sich so, als ob Rößler heutige Gesundheitszirkel begründen wollte. Auch den Gewerkschaften schrieb der Fabrikbesitzer eine moderne Ansicht in das Stammbuch: „Am allermeisten, scheint mir, können die Gewerkschaften leisten, wenn sie die jüngeren Arbeiter zum regelmäßigen Besuche der Fortbildungsschulen und später der Volksvorlesungen anhalten, denn auf mehr Bildung kommt doch auch in dieser Frage schließlich alles an. Ein Arbeiter, der mehr Kenntnis hat, als er aus der gewöhnlichen Volksschule mitbringen kann, und der besonders in der Fortbildungsschule klar denken und richtig beobachten gelernt hat, wird nicht nur für den Betrieb einen viel höheren Wert haben – er wird auch die Gefahren desselben für sich und für andere leichter erkennen und besser zu bekämpfen geeignet sein.“470 Folglich setzte Rößler vor allem auf die Einführung der Arbeiterschutz-Themen in die berufliche Bildung. Und er forderte, welch ein „Quantensprung“ in jenen Jahren, sogar die Hinzuziehung der Arbeiter zu den Beratungen der Experten in der „Centralstelle für Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen“. Die Zuspitzung der Problematik wird im Gegenlicht deutlich. Der Fordismus, wie er von den USA aus mit einer erfolgreichen und modernen Arbeitsorganisation gleichgesetzt wurde, wollte auch die Arbeiter einbeziehen. Doch diese Einbeziehung zielte nicht auf eine bessere Befähigung, die durch die Interessen der Arbeiter bestimmt war. Jakob Walcher hob diesen Punkt hervor in einer Kritik der Industrieschulen, wie sie Henry Ford propagierte: „Für Ford handelt es sich in erster Linie um die Steigerung der Produktion [...]. Sein hochentwickelter Betrieb erfordert ‚einen derartigen Grad von Kenntnissen und Geschick‘, wie er durch die gebräuchlichen Erziehungsmethoden nicht zu erreichen ist. Es besteht kein Anlaß, zu bezweifeln, daß die Henry-Ford-Schule vom technischen Standpunkte aus Vorzügliches leistet. Was lernen die jungen Leute aber auf der Henry-Ford-Schule über die Arbeiterbewegung, über Streiks und Gewerkschaften, was über Sowjetrußland, was über Krisen, über die treibenden Kräfte der gesellschaftlichen Entwicklung und über die kulturschöpferische Kraft der Klassenkämpfe? Die Antwort gibt uns das Buch von Ford. In allen Fällen, wo nicht das Leben seine Korrekturen vollzieht,

469 ebd. S.48f. 470 ebd. S. 52 - 215 - werden solchermaßen erzogene Menschen nützliche und zu allem bereite Diener des Kapitals abgeben, die ihre Unkenntnis in allen grundlegenden ökonomischen und politischen Fragen zu fanatischem Haß gegen jede revolutionäre Regung befähigt. Sie sind es, die den organisierten Streikbruch vollziehen, sie füllen die Reihen des Ku-Klux-Klan, sie – auch soweit sie heute einem verschwommenen Pazifismus huldigen – werden die Kriegshetzer von morgen sein, sie sorgen dafür, daß die Geburt einer neuen Gesellschaftsordnung so qualvoll und blutig wie nur möglich verläuft; sie sind, mit einem Wort, die zu allem bereite Prätorianergarde des untergehenden Kapitalismus[...]“.471 Diese Kritik richtete sich nicht nur dagegen, immer mehr Massenarbeiter in der Produktion als Fortschritt anzusehen, sondern auch gegen eine Vernachlässigung der gesellschaftspolitischen Auswirkungen, die mit der Qualifizierung der breiten Schicht der Lohnarbeiter verbunden war. Die verschiedenen weltpolitischen Einschnitte verhinderten eine erkennbare kontinuierliche Entwicklung des Zusammenhangs von Arbeit und Bildung. Der Schutz der menschlichen Arbeitskraft wurde erst nach dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 1960er Jahren wieder wichtiges Thema, als die Anzahl und Qualität der vorhandenen Arbeitskräfte nicht ausreichte, um die veränderten Produktionsprozesse zu meistern. In den frühen 1970er Jahren kamen daher Diskussionen auf, in denen die älteren Erfahrungen und Positionen zu einer gesellschaftlichen Begründung des Arbeitsschutzes aufgegriffen und neu zugespitzt wurden. Ausgearbeitet wurden arbeitswissenschaftliche Grundsätze. In der Denkschrift der Deutschen Gesellschaft für Arbeitswissenschaft wurden 1973 drei allgemeine Dimensionen (Teilziele) aufgeführt: Individueller Gesundheitsschutz, soziale Angemessenheit, technisch-wirtschaftliche Rationalität. Unter den verschiedenen Gestaltungsaufgaben472 in dieser Denkschrift verblasst die Bildungsaufgabe. Zwar wird der „Einsatz nach Bildung“ angegeben, aber der eigentliche Bildungskern der Arbeit selbst wird ignoriert. Stattdessen soll der Einsatz audio-visueller Hilfsmittel die Lernvorgänge vereinfachen und zusammen mit der Ausbildung von Sicherheitsexperten einen individuellen Gesundheitsschutz ermöglichen. Auch das Kriterium sozialer Angemessenheit wird lediglich auf die Fortbildung von Rehabilitanten oder auf gruppenpädagogische Erkenntnisse bezogen. Noch deutlicher wird die funktionale Reduktion in der Bildungskonzeption, wenn das Kriterium technisch-wirtschaftlicher Rationalität betrachtet wird: demnach geht es um die Ökonomisierung der Ausbildung durch den Einsatz von Simulatoren, oder um eine der Speicherfähigkeit des Gedächtnisses angemessene Verteilung des Lehrstoffes.

471 Rühle: o.O., o.J., S. 20 472 Hier wurden genannt: Gestaltung spezifischer Bedingungen des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufes, Körper- und bewegungsgerechte Gestaltung, Informations- und kommunikationsgerechte Gestaltung, Gestaltung nach Gesichtspunkten der physischen und psychischen Belastbarkeit, Gestaltung spezifischer Umgebungsfaktoren (Staub, Gase etc., Lärm-Vibration, Beleuchtung), Berücksichtigung der Eignung, Einsatz nach Ausbildung, Motivierung der Arbeit. - 216 - Die Verbindung von Arbeit und Bildung erweist sich also in der wichtigen historischen Phase als gesellschaftliche Aufgabenstellung. Diese gesellschaftliche Aufgabenstellung sieht den produktiven Menschen als ökonomisches Potenzial. Zum Schutze dieses Potenzials ist es nötig, die Implikationen kapitalistischer Rationalisierung zu mildern. Gekoppelt wird dieser Schutzanspruch an Erwartungen, in denen sich der produktive Mensch auf die herrschende Form der Produktion einlässt und diese nicht grundsätzlich in Frage stellt. Bildung wird damit zugleich auch Teil eines staatlichen Disziplinierungsprogramms, das sich konkret gegen „Rohheit“ und „Unwissenheit“ der Arbeitnehmer als politischen Unruheherd wendet. Das Schulwesen antwortet in Realschulen und Gewerbeschulen auf einen Bildungsbedarf, der aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit erwächst und eine gesellschaftliche Teilnahme der arbeitenden Bevölkerung öffnete, sofern diese sich auf die Entwicklungsbedingungen der herrschenden Produktionsweise einlässt. Darin war sicherlich die „Auflösung von Traditionsbestimmtheit“473 als fortschrittliches Element enthalten, die Wertorientierung blieb aber der Haken: waren gesellschaftlicher Bezug und Reformorientierung vorhanden, wurden sie sogleich umstürzlerischer Absichten verdächtigt; waren keine gesellschaftlichen Bezüge und Reformorientierungen vorhanden, blieben Bildungsaufgaben in der technologischen Determination verhaftet. 3.3.2 Abweichung und Integration In dem Zusammenhang von Arbeit und Bildung, wie er sich in der Entwicklung der Arbeitsgesellschaft verändert, spielte die Normierung und Normalisierung eine bedeutende Rolle, auf die bereits verwiesen wurde. Diese Normalisierung und Normierung kann nicht allein als Disziplinierung verstanden werden auf, wenn auch dieses Moment immer eine Rolle spielte. Vielmehr steckt in diesem Vorgang eine gesellschaftliche Formierung der Anforderungen an die menschliche Arbeitskraft. Seit der Aufklärung sind diese Anforderungen selbst an Bildungsvorgänge gebunden. Denn den aufgeklärten Menschen zeichnet aus, dass er lern- und damit anpassungsfähig ist. Diese Eigenschaft gewinnt im Zuge der Industrialisierung eine immer größere Bedeutung. Wichtig ist aber auch, dass diese Lern- und Anpassungsfähigkeit sukzessive von einer erzwungenen zu einer internalisierte Aufgabe des modernen Menschen wurde. Was in den Zeiten des Zucht- und Arbeitshaus noch im 17. Jahrhundert mit unmittelbarem Zwang versucht wurde, wird im Zuge des 19. Jahrhunderts zur Legitimation gesellschaftlicher Ansprüche des Arbeiters: er ist in der Lage, die Lern- und Anpassungsprozesse für sich anzunehmen und dadurch seine Teilhabe in der bürgerlichen Gesellschaft zu begründen. Diese Anforderungen, die sich als objektive Aufgaben wie als Entwicklung der eigenen Persönlichkeit darstellten, unterstellten ein „normales Maß“, das gefunden werden musste. Während sich der Arbeiterschutz wesentlich um das Maß kümmerte, das mit objektiven Aufgaben in der Produktion verbunden war,

473 Kob, J.: Erziehung in Elternhaus und Schule.- Stuttgart 1963 - 217 - waren es vor allem die Behinderten, an denen das Maß subjektiver Ausstattung des Menschen festgemacht wurde. In beiden Dimensionen wurden dann die Lern- und Anpassungsleistungen konkretisiert. Welche „minderwertige“ Ausstattung setzte einen Menschen nicht in die Lage, solche Leistungen zu vollbringen? Wie konnte erkannt werden, ob eine minderwertige Leistung aus einer unveränderbaren Ausstattung, einer mangelhaften Lern- und Anpassungsanstrengung oder gar einer Verweigerung resultierte? An den Grenzen der Normalität wurden die Ausmaße festgelegt, die auch Lern- und Anpassungsleistungen aller Bürger formierten. Dies implizierte wiederum für Behinderte, dass sie dann auch Schutzrechte erhielten, wenn die Lern- und Anpassungsleistungen von ihnen nicht verwirklicht werden konnten. Während noch in der frühen Neuzeit Behinderungen weitgehend als natürliche Gegebenheit oder als Fingerzeig Gottes angesehen wurde, tritt zum Ende des 19. Jahrhunderts das Motiv der Trainierbarkeit und Entwicklungsfähigkeit in den Vordergrund. Dieses Motiv wurde zunächst klar bestimmt von den allgemeinen Zwecken der Pädagogik. Während des zweiten Verbandstag erklärte der Verband Deutscher Hilfsschulen 1899: "Die Hilfsschule erreicht ihren Zweck, die Schüler zu brauchbaren, erwerbsfähigen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft herauszubilden, am sichersten, wenn sie in erster Linie Erziehungsanstalt ist".474 Und der Preußischer Ministerialerlaß von 1905 erklärte: "Es ist daran festzuhalten, daß die eigentliche Erziehung, die Anleitung des Kindes zum Guten, die Anregung und Pflege seines Gemüts, die Gewöhnung an gute Sitte und Ordnung, die Hauptaufgabe der Hilfsschule sein muß, gegen welche die Aneignung von Kenntnissen zurückzutreten hat."475 Die staatlichen Ziele für Hilfsschule wiederholten 1910 wörtlich diese Position und fokussierten darüber hinaus auch auf arbeitsbezogene Bildung: „Auch die Vorbildung der Erwerbstätigkeit verlangt eine weitgehende Berücksichtigung.“476 Im Wesentlichen setzten sich aufgrund dieser Konzeption durch, alle diejenigen, die nicht in irgendeiner Form zu „brauchbaren, erwerbsfähigen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft“ herauszubilden waren, in Anstalten unterzubringen und auszusondern. Zwar sorgte sich die Heilpädagogik 1914 um die „Behandlung der nichtvollsinnigen und sonst nichtnormalen, pathologischen Kinder“477, aber die Normalitätsgrenzen waren durch die Psychiatrie (Emil Kraepelin478 etc.) eng gezogen. In solchen Grenzen wurde beispielsweise 1911 entschieden, welche Taubstumme und Blinde in die allgemeine Schulbildung, wenn auch u.U. in Anstalten außerhalb des Wohnortes, zugelassen werden

474 Adam E.: Heinrich Kielhorn.- Halle 1931, S. 164f; zit. E. Begemann 1992, S. 231 475 Klink, J. G. (Hrsg.): Zur Geschichte der Sonderschule.- Bad Heilbrunn 1966, S. 115; zit. E. Begemann 1992, S. 231 476 Kirchhoff: 1910, S. 219; zit. nach: Bennack, J.: a.a.O., 1990, S. 205 477 Toischer: 1914, S. 1054; zit. Bennack: a.a.O., 1990, S. 204 478 vgl: Steinberg, Holger: Emil Kraepelin in Leipzig: Wie einer Entlassung eine Habilitation folgen kann – Eine Quellenstudie.- In: Steinberg, H. (Hrsg.): Leipziger Psychiatriegeschichtliche Vorlesungen.- [Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte B 7]. Leipzig 2005, S. 75–102 - 218 - sollten. Während hier die Blindenausbildung, die seit 1873 systematisch betrieben wurde,479 noch relativ fortschrittlich auf die Lernfähigkeit setzte, wurden Körperbehinderte zunächst durch eine „Krüppelfürsorge“ stärker diskreditiert480. Vor allem der körperbehinderte Schüler sollte „aus seiner geistigen Trägheit aufgerüttelt und arbeits- und schaffenslustig gemacht“ werden, wobei die körperliche Entwicklung als Vorbedingung des Bildungsvorgangs dargestellt, zugleich jedoch durch „Pflichtgefühl [...] und durch das Gefühl, durch der Hände Arbeit etwas geleistet zu haben“, gefördert werden sollte.481 Auch hier führte die Verbindung zu Gesundheit systematisch weiter. Vor allem Hermann Simon, der die psychische Hygiene vertrat, stellte die Aussonderung der Behinderten in Frage und versuchte umgekehrt, die Behinderten über Arbeit und Erziehung zur gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen. So wurde der Deutsche Verband für psychische Hygiene 1925 gegründet, der jedoch auf eine begleitende Logik, weniger auf pädagogische Aufgaben setzte. Simon arbeitete in Warstein, später in Gütersloh, und entwickelte ein differenziertes System, mit dem fast alle Patienten in die Anstaltsarbeit einbezogen werden sollten. Während insbesondere Blinde und Sehschwache, eher in Arbeits- und Lernprozesse integriert werden sollten, dachten die Pädagogen bei Geistigbehinderten an eine Anstaltsunterbringung, weil solche Schüler einen „Ballast“ für die Volksschulen darstellten und der Gesellschaft „zur Last“ fielen. „Ja, in vielen Fällen bilden sie eine soziale Gefahr für die menschliche Gesellschaft. Man hat mit Recht auf den Zusammenhang von Schwachsinn und Verbrechen hingewiesen“482 . Dies wurde insbesondere bei epileptischen Kindern auch ohne weiteres praktiziert. Hilfsschulen wurden für „nicht normalbegabte Kinder“ eingerichtet, während „Internatsschulen für Idioten“ eine einfache Psychiatrisierung bedeuteten.483 Die Schulärzte gaben bei ihrer Untersuchung zwei Monate nach Einschulung „ein Urteil über den geistigen Zustand des Kindes“ ab, wobei danach unterschieden wurde, ob vollständige Idiotie oder doch noch eine Bildungsfähigkeit zu finden war. Diese Beurteilung sollte von den Lehrern im 2. Schuljahr fortgesetzt, jedoch nicht zur bequemen Abschiebung „lästiger oder schwieriger Kinder“ missbraucht werden. Die preußische Hilfsschule legte besonderen Wert auf den „Handfertigkeitsunterricht“. Vor allem bei sozial gefährdeten Kindern dienten „Werkarbeiten“ zur gesellschaftlich disziplinierenden und integrierenden Betreuung. Diese Konzeption der Sonderpädagogik wurde in der Weimarer

479 Schwarz, Fred: Humanisierung der Arbeit und Sehbehinderung.- Schriftenreihe „Gesundheit- Arbeit- Medizin“ Band 23. Bremerhaven, 1999 480 vgl. K.D. Thomann 1999 481 Deutsche Vereinigung für Krüppelfürsorge 1910, zit. Bennack: a.a.O., 1990, S. 206. 482 Rude 1911, S. 325; zit. Bennack: a.a.O., 1990, S. 206 483 „1894 existierten in Preußen (Deutschland) in 18 (32) Orten 37 (110) Hilfsschülerklassen mit 700 (2290) Schülern; 1912 sind es in 208 (285) Orten 1140 (1699) Klassen mit 28032 (39206) Kindern.“ (Bennack 1990, S. 207) - 219 - Republik verfestigt. 1930 gab es ca. 2,6% Sonderschüler (in Halle bis auf 4,9%); ca. 2650 Hilfsschulen an 900 Orten mit etwa 70.000 Schülern. Mit Rekurs auf Gesundheit wurde international verstärkt eine Integration gefordert (Weltkonferenz 1929). Die Frage an die Pädagogik war: welche der behinderten Menschen sind entwicklungsfähig? Dabei war weiter zu unterscheiden zwischen denen, die in Heimen zu gewissen Arbeitseinsätzen fähig waren und solchen, die tendenziell wieder in den normalen Arbeitsmarkt zu integrieren wären. Konrad Bieswlski verlangte 1920 den Ausschluß aller derjenigen aus öffentlichen Anstalten, die nicht entwicklungsfähig und siech waren, weil die Plätze für die Heilbaren und Besserungsfähigen bereitgehalten werden sollten. 484 Sierck spricht von einer „gefährlichen Verknüpfung von Existenzberechtigung und Arbeitsfähigkeit“, die sich hier abzeichnete. Die liberalen und christlichen Positionen unterschieden sich lediglich v.a. dadurch, dass sie in größerem Umfang Krüppel in Heimen unterbringen wollten, wie dies auf dem 40. Deutschen Fürsorgetag 1927 in Hamburg geäußert wurde. Wobei allerdings auch deutlich wurde, dass finanzielle Ressourcen an die Chancen der Leistungsfähigkeit gekoppelt werden sollten Insgesamt wurden auf diesem Wege nicht nur disziplinierende, sondern auch arbeitstherapeutische Traditionen im Gefolge der Zucht- und Arbeitshäuser gepflegt. Der Wehrmachtspsychiater Werner Villinger erklärte 1941: „Die Kranken werden durch Arbeit nicht nur vor der Verstumpfung, vor asozialen Gewohnheiten und dergleichen bewahrt, in wohltuender Weise von sich und ihren Verwundungen, Krankheiten und Gebrechen abgelenkt, sondern wieder angeregt zum Leistungswillen, zur Ausdauer, zur Pünktlichkeit und Eingliederung erzogen. Neurologische und internistische Abteilungen bedürfen nach meinen Erfahrungen als Chefarzt eines großen Reservelazaretts aus ihren Besonderheiten heraus ebenso stark der Arbeitstherapie, da nur in ihr und durch sie die Beobachtung und Beurteilung möglich ist, die erkennen läßt, inwieweit der Kranke seiner Körperfunktionen wieder mächtig ist, wie er reagiert auf eine den natürlichen Bedingungen des Lebens möglichst nahekommende Betätigung seines Gesamtorganismus, d.h. seiner psycho- physischen Gesamtpersönlichkeit. [...] Ohne arbeitstherapeutische Einrichtungen mit der Möglichkeit der Wiederaufnahme der Arbeiter unter ärztlichen Hilfe und Beobachtung und der Möglichkeit dosierter zunehmender Belastung bleibt unsere Begutachtung dieser Patienten Stückwerk.“485 Die allgemeine Schulbildung ist im Rahmen der bürgerlichen Kultur darauf ausgerichtet, die "nachwachsende Generation in die Werte, Traditionen und Techniken der bürgerlichen Lebensführung" einzuführen. In diesem Sinne ist die schulische Bildung auch ein Mittel, abweichendes Verhalten identifizierbar zu

484 Sierck, U.: a.a.O., S. 25 485 Villinger, Werner: 1941, zit. nach: Sierck, U.: a.a.O., S.32f - 220 - machen.486 Statt eine berufliche Integration zu fördern, wird in diesem Zusammenhang also die defizitäre Behinderung identifiziert und zur selektiven betrieblichen Personalpolitik genutzt. Demgegenüber steht systematisch die heute wachsende Einsicht, dass der Lernweg nicht von den Lehrverfahren bestimmt ist. Durch dieses größere Gewicht der Lernenden gegenüber den objektiven "Sachverhalten" oder "Lehrgegenstände" ergibt sich die Chance, Handlungsfähigkeiten zu entfalten, bevor Behinderung als Defizit festgemacht wird. In dieser Problematik von Abweichung, Normalisierung und Integration zeigen sich die größten Anforderungen sicherlich in der Berufsschule. Daher ist hier auch die Diskussion über die Berufsschule von großer Relevanz, weil gerade die berufsbildenden Schulen Antworten finden sollen auf veränderte technologische, ökonomische, ökologische und soziale Herausforderungen und die damit verbundenen Zielsetzungen. Was bedeutet es, wenn die berufsbildende Qualifikation auf das einsichtsvolle, verständige, verantwortliche Denken und Handeln ausgerichtet sein soll? Allgemein wird darunter verstanden: - Selbständigkeit in der Arbeitsabwicklung, - Fähigkeit zur Planung, - Fähigkeit zur rechnerischen Erfassung und Überprüfung (technischer Arbeitsaufgaben, aber auch Kosten- und Leistungsberechnungen), - systematisches, analytisches Vorgehen, - Abschätzen der Bedeutung und der Auswirkungen des eigenen Handelns und Verhaltens, - Fähigkeit zur selbständigen Entscheidung und zum selbständigen Handeln, - Verantwortungsbereitschaft.487 Die allgemeine Ausrichtung zielt auf das Bildungsniveau der Hauptschule. Die Schwierigkeit besteht allerdings in dem oft höheren Ausbildungsniveau, das für neue Technologien gefordert wird. Dies wiederum kann behinderte Jugendliche gerade von den Berufen ausschließen, in denen sich die technischen Voraussetzungen für gelungene Integration und berufliche Tätigkeit konzentrieren. Denn: "Wird nicht für Berufe mit Zukunft ausgebildet, besteht später die Gefahr der Arbeitslosigkeit; wird der Beeinträchtigte/Behinderte während der Ausbildung überfordert, besteht die Gefahr des Abbruchs der Bildungsmaßnahme."488 Gleichwohl gilt die differenzierende Auffassung, dass "die Bildung Körperbehinderter .. keine allgemeine Bildung (ist), die für alle, Behinderte und Nichtbehinderte, gleich gültig sein könnte, sondern sie ist eine Aufbauleistung und Ausformung des einzelnen Behinderten zu der ihm möglichen menschlichen

486 Hiller G. G.: Allgemeinbildung aus sonderpädagogischer Sicht.- In: Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 21, 1986, S. 239; zit. E. Begemann 1992, S. 225 487 Scharff, G.: Überlegungen zur schulischen Förderung berufsschulpflichtiger Jugendlicher mit besonderem Förderbedarf.- In: Zeitschrift für Heilpädagogik 3, 1992, S. 191 488 Scharff,G.:a.a.O., S. 191f - 221 - Erlebnis- und Leistungsform".489 Darin lag allerdings eine Spannung: die Bildung sollte individuell zugeschnitten, aber eine allgemeine berufliche Bildung sollte angestrebt werden. "Der Drang nach beruflich verwertbarer Bildung ist ungebrochen; von der Schule wird erwartet, daß sie ihre Ziele und Inhalte danach ausrichtet. Auch und gerade die Schulen für Behinderte geraten unter Erwartungsdruck: Eine abgeschlossene Berufsausbildung gilt als Königsweg der Rehabilitation Behinderter."490 Daraus ergeben sich folgende Kriterien für die begleitende und fortdauernde Qualifizierung: - praktische Orientierung an den Arbeitsfähigkeiten der Behinderten und nicht an Leistungsanforderungen der Wirtschaft, - dauerhafte Möglichkeiten, die individuelle Qualifizierung anzupassen und zu entwickeln, - Einbeziehung in die allgemeine Ausbildung, möglichst keine separate schulische oder berufliche Ausbildung, - berufs- und tätigkeitsbezogene Qualifizierung in betrieblichen Gruppen. Dahinter erkennt Ernst Begemann richtig "die Vorstellung, daß es für den Menschen so etwas wie eine Normalentwicklung gebe, bzw. geben könne",491 die wiederum mit einer schulischen Bildung nach Jahrgangsklassen und sozio- kulturellen Entwicklungsbedingungen in der modernen Informationsgesellschaft zusammenhängt. Diese Vorstellungen und 'definierten Verhältnisse' grenzen jedoch gerade die 'Behinderten' als solche aus. Behinderte sind demgegenüber nicht in diesem Sinne zu 'normalisieren', zu 'selektieren' und zu 'objektivieren'. Daher folgert Begemann: "Eine pädagogische Hilfe ist zu fordern, die den Schüler als ganze Person, als selbstbestimmten und sein Lernen eigenverantwortlich gestaltenden Partner respektiert. Ein solches Programm hat zu beachten: - daß der Schüler immer als Mensch in seiner Lebenswelt zu sehen ist, - daß der Schüler immer als Mensch mit elementaren Bedürfnissen in allen Situationen zu berücksichtigen ist, - daß er immer bezogen auf seine Lebenswelt mit spezifischen Vorerfahrungen und Erwartungen in eine Lernsituation eintritt, - daß er somit Interessen hat, die sein Lernen bestimmen, - daß Lernen und Fördern nicht auf eine fragwürdige Norm hin ausgerichtet werden können, sondern jedem Lernenden die Befähigung zu einem eigenverantwortlichen Leben, zur Gestaltung und damit auch Veränderung seiner Lebenswelt ermöglichen müssen. Lernen ist in einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zu ermöglichen, die jeden teilnehmen läßt und mitgestaltend, mitverantwortlich herausfordert."492

489 Begemann, E.: Zur Aufgabe einer Didaktik für körperbehinderte Kinder- und Jugendliche.- In: Zeitschrift für Heilpädagogik 20, 1969, S. 281; positiv zitiert von H. Stadler 1992, S. 793 490 Stadler, H.: Didaktik und Methodik der Arbeitslehre für Körperbehinderte - Möglichkeiten und Grenzen der vorberuflichen Bildung durch die Schule.- In: Zeitschrift für Heilpädagogik 12, 1992, S. 793 491 1992, S. 245 492 Begemann, E.:a.a.O., 1992, S. 259 - 222 - Beteiligung der betroffenen Beschäftigten im Sinne der persönlichkeitsförderlichen Arbeitsgestaltung auf der ersten Ebene heißt formal: - langfristige Transparenz der Planung, - Qualifizierung der Betroffenen, - formale Absicherung der Beteiligungsrechte, - Auswahl beteiligungsorientierter Methoden. Dem Inhalt nach können die Kriterien so zusammengefasst und zur Leitlinie des konkreten Diskurses gemacht werden:493 1. Anregung statt Monotonie "Eine Arbeit mit Anregungsgehalt - umfaßt ein Spektrum unterschiedlicher Einzeltätigkeiten (Vielseitigkeit). - Die Arbeitsintervalle sind unterschiedlich strukturiert. Sie sind sowohl kurzzeitig als auch langzeitig. - Es besteht keine ununterbrochene zwingende Abfolge von Arbeitsschritten. Es existieren einmalig oder sporadisch anfallende Arbeitsaufgaben neben den im Regelfall zu erledigenden Arbeitsaufgaben. Die regelmäßig anfallenden Arbeitsaufgaben sind in ihrer Abfolge - innerhalb gewisser Grenzen - frei bestimmbar (Abwechslungsreichtum)." 2. Autonomie und Qualifikation statt geistiger Unterforderung und Dequalifikation "Eine geistig autonome, d.h. geistig anspruchsvolle, qualifizierte und verantwortungsvolle Tätigkeit könnte folgendermaßen charakterisiert werden: - Vielschichtigkeit: Vielschichtigkeit der Arbeitsaufgaben beinhaltet: z.B. das Überwiegen von Tätigkeiten wie Planen, Organisieren, Beurteilen, Prüfen, Vergleichen, Bearbeiten, Ordnen, Verteilen, Schlußfolgern, das Überwiegen geistiger Anforderungen, wie z.B. Mitdenken beim Schreiben, das Vorhandensein von Entscheidungsspielräumen. - Qualifikation: Sie kann auf verschiedene Arten in Erscheinung treten, z.B. in Form der Beibehaltung der Berufsausbildung oder der Neuschaffung von Berufsausbildungen als Voraussetzung der Tätigkeitsausübung, in Form der Schaffung spezifischer Fort- und Weiterbildungsprogramme (z.B. besondere Programmierkurse, EDV- Grundkurse), als Möglichkeit, vorhandene Kenntnisse in den Arbeitsprozeß einzubringen oder sich durch die Arbeit zusätzliche

493 "Qualitäts-Katalog zur menschengerechten Arbeitsstrukturierung" nach Köchling o.J., S. 102ff; zit. J. Friedrich u.a. 1986, S. 121f - 223 - Kenntnisse zu erwerben, in Form der Beibehaltung oder Schaffung beruflicher Durchlässigkeiten. - Überblick über den Gesamtzusammenhang der Arbeitsabläufe innerhalb der Abteilung und innerhalb des Gesamtunternehmens, Möglichkeit, die eigene Arbeitsaufgabe oder das eigene Arbeitsergebnis in den Gesamtzusammenhang einzuordnen." 3. Freiheitsraum statt Reglementierung: "Freiheitsräume umfassen: - organisatorische Spielräume zur Planung und Einteilung der Arbeit, zur Selbstbestimmung über die Abfolge von Arbeitsvollzügen und Arbeitsschritten sowie Möglichkeiten, ein eigenständiges, methodisches Vorgehen zu entwickeln, umzusetzen und zu modifizieren bzw. veränderten Umweltanforderungen anzupassen; - zeitliche Spielräume zur Gestaltung des Arbeitstempos, zur Festlegung von Arbeitsunterbrechungen (Erholzeiten), zur Selbstbestimmung des Arbeitstempos bzw. seine eigenständige Abstimmung mit Terminvorgaben, eigenem Wohlbefinden, Arbeitsanfall, Kollegenwünschen, Vorgesetztenanweisungen." 4. Soziale Kontakte statt sozialer Isolierung "Eine Tätigkeit mit sozialen Kontakten umfaßt - Möglichkeiten für arbeitsnotwendige Kontakte zu Arbeitskollegen, Kunden und Vorgesetzten, wie z.B. gemeinsame Diskussion von schwierigen Arbeitsaufgaben, Problemlösungen, Zeitplanungen, Arbeitsver- und -aufteilungen, - Möglichkeiten für persönliche Kontakte zu Arbeitskollegen. Persönliche Kontakte haben soziale Stützfunktionen. Sie wirken streßmildernd. Zum einen werden Streßfaktoren subjektiv weniger beeinträchtigend erlebt, wenn die Möglichkeit des Ausgleichs über Kommunikation (sich aussprechen, moralische Unterstützung, Zuspruch usw.) besteht. Zum anderen basiert darauf die Möglichkeit gegenseitiger Absprachen bei Arbeitsspitzen." Auch dies alles verlangt nach einer Vermittlung von subjektiven und kollektiven Zielen, nach ausgeprägt individuellen Wegen für eine sozial ausgewiesene Qualifizierung. Deshalb ist übrigens auch die traditionellen Orientierungen an 'homogenen' Schülergruppen unsinnig sind. Die Forderung, wonach man "individuell spezifisch und doch gemeinsam" lernen und leben sollte,494 ist auch für die berufliche Bildung und innerbetriebliche Qualifizierung zu beherzigen. Diese Forderung ist elementarer Bestandteil von Public-Health-Konzeptionen, wie überhaupt die Vermittlung von subjektiven und kollektiven Problemen, Bedürfnissen und Zielsetzungen ein Kernelement der Gesundheitswissenschaften ist. Wiederum zeigt sich die gegenseitige Befruchtung von Gesundheits- und Arbeitswissenschaften, die für die Arbeitslehre genutzt werden kann.

494 Begemann, E.: a.a.O.,1992, S. 227 - 224 - 3.3.3 Unfall- und Arbeiterschutz Am 10.07.1926 hielt der Präsident der Reichsarbeitsverwaltung Syrup495 vor dem ADGB einen Vortrag über die Förderung des Arbeiterschutzes. Darin erklärte er den Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit im Betriebe als eine „soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit.“496 (Neben Staat und Berufsgenossenschaften müssten auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer mitwirken. „Die bedenkliche Erscheinung, daß 75 Prozent aller Betriebsunfälle auf die Nichtbeachtung der Gefahren von beiden Seiten zurückzuführen sind, lasse erkennen, wie hoch der Wert einer verständigen Mitwirkung der Arbeiter bei der Verhütung der Unfälle zu schätzen ist. Die Möglichkeit zu solcher Mitwirkung ist durch das Betriebsrätegesetz besonders betont. Hier eröffnet sich für die Betriebsräte ein weites Gebiet fruchtbarer Tätigkeit, das jedoch bisher leider noch ungenügend bearbeitet wurde.“497 Syrup erwartete „einen starken Antrieb auf dem Gebiete des Betriebsschutzes. Die Gewerkschaften hätten die Aufgabe, dabei mitzuwirken. Der Arbeiter dürfe nicht Objekt dieser Bemühungen sein, in den Mittelpunkt aller Erwägungen über die Gestaltung der Betriebswirtschaft sei der Mensch zu stellen.“498 Dazu werde „Aufklärung“ betrieben, v.a. mittels des Unfallverhütungsbildes (dem Rundfunk stand er skeptisch gegenüber). Der Vorsitzende des ADGB, Leipart, hielt eine Diskussion des Vortrages nicht für nötig, weil sich der ADGB „den Wünschen und Forderungen des Vortragenden gerne anschließen wird“. 1961 wurde der Entwurf eines „Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung“499 dem Bundestag vorgelegt. Die sozialdemokratische Fraktion beantragte die Hinzuziehung von Sachverständigen, was von der konservativen Mehrheit abgelehnt wurde. Der SPD-Arbeitskreis Sozialpolitik lud daraufhin zu einer öffentlichen Anhörung zu Fragen der Unfallverhütung und der Prävention von Berufskrankheiten ein, die am 12.2.1962 im Bundeshaus stattfand. In der Beratung der Fraktion und der Sachverständigen wurde bemerkt, dass in dem Gesetzentwurf wenig über die Verhütung zu erfahren wäre, obwohl dies doch an erster Stelle stehe. Prof. Rüssel von der TH Braunschweig machte interessanter Weise vorrangig darauf aufmerksam, dass eine Steigerung des Sicherheitsbewusstseins, eine „Erziehung zum sicheren Arbeiten“ umgekehrt, durch „das Mißtrauen gegen die Sicherheit“ zu erreichen wäre. Er begründete dies damit, dass „der Mensch mit der Entwicklung der Technik daran gewöhnt wird, Einrichtungen zu vertrauen, die ihn unter Verhältnisse bringen, de ganz außerhalb seiner Natur liegen, die ihn mit Geschwindigkeiten, Bewegungen erdrücken“. Der Mensch wäre durch die Technik geneígt, das, was „außerhalb

495 vgl. dazu: Nürnberger, Jürgen ; Maier, Dieter G.: Friedrich Syrup : Präsident, Reichsarbeitsminister, Staatssekretär ; Leben, Werk und Personalbibliografie des ersten Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.- Ludwigshafen 2006. 496 Syrup, Friedrich: Vortrag über die Förderung des Arbeitsschutzes - Protokoll.- Berlin, 10.07.1926, S.16 497 ebd. S. 21 498 zit. ebd. 499 Bundestag, IV/1120 - 225 - der menschlich-natürlichen Art“ liege, dem anzuvertrauen, was eben dies ermögliche. Gerade dieses kuriose Vertrauensverhältnis verhindere nötiges Misstrauen. Misstrauen wiederum wäre eine Erziehungsaufgabe, weil es weder durch die Vorgänge selbst, noch durch das Verhältnis des Menschen zu diesen in notwendigem Maße erzeugt würde.500 Genau dies könnten Unfallverhütungsvorschriften nicht leisten, weil sie viel zu abstrakt bzw. viel zu differenziert wären und „nicht gerade dazu auffordern, nun gelesen zu werden.“ Rüssel forderte, im Gesetz „dem Unternehmer, nicht nur Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen vorzuschreiben, wie es im allgemeinen Sinne geschieht, sondern daß er vom Gesetz aus darauf hingewiesen wird, auch den Versicherten zu belehren, zu unterweisen, damit er überhaupt in der Lage ist, in sicherer Weise zu arbeiten.“501 Auch in den weiteren Ausführungen kamen die Sachverständigen überein: „Vorschriften allein genügen nicht!“ Herbert Lauterbach erklärte für die Berufsgenossenschaften, man müsste die Unfallverhütungsvorschriften „in volkstümlicher Form“ verfassen und verbreiten.502 Auch die SPD-Fraktion503 trat für die Unfallverhütung und Verhütung von Berufskrankheiten ein, wollte damit aber zugleich die Interessenvertretung der Arbeitnehmer stärken. Einen Eingang in die Arbeitslehre-Konzeption fanden diese Anstrengungen nicht. Ende der 1970er Jahre wurden in der Universität Bremen verschiedene Staatsexamensarbeiten, Diplomarbeiten sowie Dissertationen angeregt, die sich mit den Themen Unfallschutz und Umweltschutz oder auch Betriebspraktikum auseinander setzten.504 Diese Bemühungen fanden auch ihren Niederschlag in ökologischen Themen der Arbeitswissenschaft und wurden später im Zusammenhang der Nachhaltigkeits-Diskussionen wieder aufgegriffen. Für die Arbeitslehre hatten sie keine strukturbildende Kraft.505

500 SPD- Arbeitskreis Sozialpolitik: Publikation/ Protokoll, 12.02.1962, S. 105 501 ebd. 502 ebd. S. 137 503 SPD-Fraktion (Hrsg.): Unfallverhütung und Verhütung von Berufskrankheiten. Sachverständige haben das Wort.- o.O. u. J. (Bonn 1962) 504 Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.474 505 Vgl. hierzu Kap. 5.3 - 226 - 3.4. Nützliches Arbeiten und gesundes Arbeiten Die Frage ist, ob und wie weit Arbeitspädagogik allgemeine Grundsätze auch auf die eigene Situation, auf den Arbeitsprozess der Schüler und Lehrer anwendet. Ein sehr frühes Beispiel für die bildungsbezogene Thematisierung von Gesundheit im Alltagsleben findet sich in dem „Bilderbuch für die nachdenkende Jugend zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung“ aus dem Jahr 1792, wie es auch in Bremer Schulen für das gehobene Bürgertum zur erbaulichen Unterhaltung und Bildungsunterweisung in Gebrauch war.506 In Bremen gab es zum Ende des 18. Jahrhunderts reformerische Ansätze507, die von einem Realbezug ausgingen, so v.a. Johann Philipp Cassel (1703-1783), der auf gemeinnützliche Kenntnisse aus war und bereits 1759 eine Realschule in Bremen forderte. Doch erst 1794 konnte sich eine stärkere Betonung der „Realien“ durchsetzen. Seit 1800 galt es für die Klassen Quinta bis Tertia neben Religion und Rechtschreibung auch Produktenkenntnis, Technologie, Naturgeschichte, Naturlehre, allgemeine und bürgerliche Mathematik, Geschichte, deutsche, französische, englische Sprache und Lateinisch (fakultativ) zu lernen.508 Allgemein war das Bestreben, die Ausbildung stärker auf solche Gegenstände zu beziehen, „die aufs gemeine Leben Einfluss haben.“509 Schon Adolf Diesterweg (1790-1866) stellte fest, „dass schon jetzt der Baum der Bildung in zwei verschiedene Äste verläuft, deren verschiedene Früchte es nachweisen werden, dass sich auf dem Wege des Naturstudiums ebenso gründliche Bildung gewinnen lässt, als auf dem Wege des Studiums des Geistes.“510 Dieses war bezogen auf den Aufschwung der Realschulen und sollte diesen Zweig in ein günstiges Licht stellen. Der Oldenburger Professor Greverus betonte in seiner Denkschrift 1848 „An die Schulbehörde der Zukunft“, dass die Naturkunde einen großen Nutze habe, weil sie einen „dem Leben angehörenden“ Gegenstand mit der Lernmotivation verbinde, v.a. wegen der Anschaulichkeit: „Darin eben liegt der unabweisliche Nutzen dieses Lehrgegenstandes für alle Arten von Schulen; denn durch Anschauung wird man am gründlichsten belehrt; durch sie der Geist unmittelbar zum Nachdenken angeregt, zu weiteren Studien angelockt[...] .“511 Dies geschah aber alles noch in der allgemeinen Vorstellung, dass alle pädagogischen Ziele zusammengeführt würden: „Das Studium der Natur fördert die Gesundheit der Seele, die Einfalt und Reinheit der Sitten, erhält Geist und Leben frisch durch

506 ohne Autor: Bilderbuch für die nachdenkende Jugend zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung. 1792, Leipzig, bey Voß und Leo. Originaldruck. Mit vier und zwanzig Kupfern. 507 vgl. Scheele, I.: Von Lübeman bis Schmeil. Die Entwicklung der Schulnaturgeschichte zum Biologieunterricht zwischen 1830 und 1933.- Berlin 1981 508 ebd. S. 10 509 zit. ebd., S. 14 510 zit. ebd., S. 32 511 zit. ebd., S. 54 - 227 - Erweckung ächter Religiosität auf dem unmittelbarsten, sichersten Weg zu Gott hin.“ 512 Diese Konzeption hatte eine einfache und naheliegende Verbindung in die Medizin hinein. Vor allem die sozial engagierten Mediziner griffen diese Verbindung von natur- und sozialwissenschaftlichen Denkanstößen und Zielsetzungen auf. Gängige Vorstellung war jedoch, dass die Verbindung von einer naturwissenschaftlichen Durchdringung des Lebens aus angegangen werden sollte. Rudolf Virchow (1821-1902) verwies auf der Versammlung der Naturforscher 1861 in Speyer darauf, dass zweierlei erreicht werden könne, „sobald der Unterricht in den Naturwissenschaften auf den Schulen gehörig organisiert wird: Vollständigkeit des Wissens und methodisches Denken.“513 Dabei stellte für Virchow methodisches Denken ein „freies Denken“ dar, mit dem die sinnlichen Wahrnehmungen zu urteilsfähigen Erkenntnissen gebracht und Vorurteile überwunden würden. Er beklagte auch 1868 auf der Versammlung in Dresden, dass die Schule „bis jetzt am wenigsten Nutzen aus den Naturwissenschaften gezogen“ hätte.514 Aber die wirklichen Probleme folgten nicht dieser aufgezeigten Verbindungslinie. Das bezeichnende Beispiel für praktische politische Schwierigkeiten war der „Lippstädter Fall“. Der preußische Kultusminister Adalbert Falk ordnete an, dass Biologie und Naturgeschichte aus den Lehrplänen der Oberstufe gestrichen wurde. Der Oberlehrer Hermann Müller hatte es gewagt, in der Unterprima die Darwinsche Lehre zu besprechen und einen Satz vorzulesen, wonach ein moderner Chemiker die Schöpfung mit dem Ausruf übersetzen würde: „Am Anfang war der Kohlenstoff[...]“ Die Kirche intervenierte massiv – auch gegen den von Müller herausgegebenen Lehrplan für Biologie. Der Fall wurde sogar im Januar 1879 im preußischen Abgeordnetenhaus debattiert, Müller wurde gerügt und allen preußischen Oberlehrern wurde untersagt, die Deszendenzlehre, schließlich die gesamte Biologie, zu unterrichten. Dieses Verdikt wurde erst 1890 wieder gelockert, wobei Naturkunde stark auf die Erkundung der heimatlichen Natur fokussiert wurde.515 In den 1880er Jahren konnte diese Abwehrhaltung durch allgemeine Erfolge der Hygiene (v.a. Assanierung der Städte) durchbrochen und sukzessive verdrängt werden. So konnte die Naturforschung schließlich doch starke Impulse für die Schulbildung über die Hygiene geben. Die 60. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Wiesbaden votierte für die Einordnung der Gesundheitslehre in die Lehrgegenstände: „Die Gesundheitslehre gehört zu den Gegenständen, für welche Einführung in den Unterricht gefordert wird; sie hat auf allen Lebensgebieten eine solche Stellung erreicht, dass die Schule zu

512 zit. ebd. 513 zit. ebd., S. 93 514 zit. ebd. S. 94 515 Die wissenschaftliche Bedeutung Hermann Müllers kennzeichnet ein Vorwort von Charles Darwin in Müllers Werk „Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider. Ein Beitrag zur Erkenntnis des ursächlichen Zusammenhangs in der Natur.“ - Leipzig 1873. - 228 - derselben in Beziehung treten müsste.“516 Diese Position wurde 1890 auf der Reichsschulkonferenz aufgegriffen mit folgenden Punkten: „Begünstigung der Pflege des Körpers und der Erfüllung der Forderungen der Schulhygiene, Kontrolle der letzteren durch einen Schularzt, Unterweisung der Lehrer und Schüler in den Grundsätzen der Hygiene, sowie in der ersten Hilfeleistung bei Unglücksfällen.517“ In diesem Sinne forderten Lehrer, in der Unterstufe bereits biologische Grundkenntnisse einzuführen und in der Oberstufe durch hygienische Belehrungen zu erweitern. Im Mittelpunkt stand auch hier eine Kongruenz der Ziele: „Grundlagen der Hygiene sind Ordnung, Reinlichkeit und Maßhalten, und zu diesen Tugenden soll auch die Schule fortwährend ihre Zöglinge erziehen.“518 Insgesamt war diese Verbindung sicherlich ein Grund, dass Hygiene trotz der angedeuteten Schwierigkeiten und Vorbehalte vergleichsweise einen schnellen Eingang in die Lehrpläne fand. Wichtig ist, dass der Fokus auf „Gesundheit“ eine allgemeine Wertorientierung und praktische Folgerungen aufgriff; also sowohl eine gesellschaftspolitische Dimension enthielt als auch technologischen Sachzwängen folgte. Hier war einerseits die wirksame Verbindung zu den Grundprinzipien bürgerlichen Gesundheit, nämlich „Sittlichkeit und Sauberkeit“, gegeben; andererseits aber zugleich zu dem„Gesundheitsingenieur“, d.h. der Vorstellung, über Messen und Zählen naturwissenschaftlich und technisch begründet vorzugehen. Praktisch wurden diese unterschiedlichen Richtungen zusammengehalten durch nahelie- gende und übergreifende Problemlagen: beispielsweise diejenige Verhaltens- steuerung am Beispiel des Alkoholismus, eines der zentralen Themen zur „Veredelung“ der Arbeiter (Florian Tennstedt). Mehr und mehr wurden Stimmen laut, „dass das beste und zuverlässigste Mittel gegen Alkoholismus die Belehrung der Jugend sei.“519 Hier zogen Disziplinierung und Gesundheitsförderung beispielhaft an einem Strang. Ansonsten waren es vor allem die eigenen, die endogenen Problemlagen, die als gesundheitlich bedeutend angesehen wurden. Schule ist mit gesundheitlichen Problemlagen verbunden, ja, bewirkt gesundheitliche Belastungen. Zwar setzten die ersten Aufmerksamkeiten an vernachlässigter körperlicher Entwicklung520 an und diskutierten Auswirkungen auf die Wehrfähigkeit (vgl. preußisches Regulativ 1839). Dann aber geriet mehr und mehr in den Blick, dass bestimmte Krankheiten in höheren Schulen geradezu erzeugt und gesteigert würden. Lorinser forderte bereits in den 1830er Jahren eine Kürzung des Unterrichts und eine Beschränkung der Hausaufgaben, damit die Belastungen der Schüler in Grenzen blieben.

516 zit. ebd., S.154 517 zit. ebd., S. 153 518 Trzoska, Franz: zit. nach Scheele, U.: a.a.O., S. 155 519 zit. Scheele, U.: a.a.O., S. 157 520 Lorinser, Carl Ignaz: Zum Schutze der Gesundheit in den Schulen.- Oppeln 1836 - 229 - 1868 forderte Friedrich Falk entsprechend „die sanitätspolizeiliche Überwachung der höheren und niederen Schulen und ihre Aufgabe“. Dann schrieb Rudolf Virchow 1869 über „gewisse, die Gesundheit benachteiligende Einflüsse der Schule“. Er forderte vor allem eine Beteiligung der Ärzte an der Schulkommission (wie in anderen Fragen auch vertrat Virchow eine Professionalisierungsstrategie durch Kompetenzausdehnung). Mit dieser, schrittweise erfolgreichen Professionalisierung (1877 benutzte der Stuttgarter Arzt Ellinger erstmals den Begriff „Schularzt“521), wuchs das Wissen um die Problemlagen.522 Wichtig waren die Untersuchungen von Hermann Cohn, Augenarzt in Breslau, der 1866 insgesamt 10.600 Schulkinder untersuchte und verbreitete Kurzsichtigkeit etc feststellte. Cohn trat auch in der Folge bei hygienischen Kongressen sehr energisch auf, doch „erregte gerade die schroffe und wohl auch übertriebene Forderung des ´diktatorischen Schularztes´ den lebhaftesten Widerspruch.“523 Der deutscher Ärztetag befasste sich 1897 mit der Schularztfrage und hielt die Einstellung für dringlich: „Die Tätigkeit dieser Ärzte hat sich ebenso wohl auf die Hygiene der Schulräume und Schulkinder wie auf die sachverständige Mitwirkung hinsichtlich der Hygiene des Unterrichts zu erstrecken.“524 Die Lehrerschaft hingegen wandte sich gegen anderweitige Kompetenzen, weil sie dies als Kompetenzbeschneidung interpretierte und v.a. mit dem Verweis auf damit verbundene Störungen des Unterrichts begründete. Auch Behörden waren dagegen, v.a. weil sie einen Rattenschwanz von Kosten wegen hygienischer Missstände befürchteten. Aber 1883 wurde der erste Schularzt in Frankfurt/M., 1891 dann in Leipzig, später in Dresden etc., eingestellt. Ab 1887 erschien die „Zeitschrift für Schulgesundheitspflege“, nach der Jahrhundertwende mit dem Beiblatt „Der Schularzt“. 1900 wurde der Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege gegründet. Der Internationale Kongreß für Schulhygiene fand erstmals 1904 in Nürnberg statt. In der Praxis stellte sich schnell, v.a. auch wegen der Widerstände, heraus, dass eine Sensibilisierung der Lehrer für hygienische Zusammenhänge von entscheidender Bedeutung war. Daher wurde Hygiene auch in der Lehrerausbildung gefordert. In der schulärztlichen Praxis standen die Reihenuntersuchungen im Mittelpunkt, die auf der Basis eines anamnestischen Fragebogens durchgeführt wurden. Mit diesem v.a. von Eltern auszufüllenden Fragebogen wurde dann die eigentliche Untersuchung angegangen, wobei meist zunächst eine einfache Musterung stattfand, „in der die zweifellos

521 Mit der Betonung, dass für Militärpferde ein „Korps-Roßarzt“ angestellt wäre und die Zucht von Pferden, Rindvieh, Schafen und Schweinen unterstützt würde. 522 Ende dieses Jahrhunderts erschien die „Enzyklopädie der Schulhygiene“, hrsg. v. Eulenburg, Bach; dann Baginsky (Hrsg.): Handbuch der Schulhygiene.- Stuttgart; Burgerstein, Netolitzky (Hrsg.): Handbuch der Schulhygiene.- Jena 1902; M. Fürst; E. Pfeiffer (Hrsg.): Schulhygienisches Taschenbuch.- Hamburg, Leipzig 1907 523 ebd. S. 7 524 zit. ebd. - 230 - schwächlichen Kinder sofort ausgemerzt werden.525 Die eigentlichen Untersuchungsergebnisse wurden dann in einem „Gesundheitsschein“ notiert. Bei krankhaften Auffälligkeiten erging über die Schule eine Mitteilung an die Angehörigen: „Mitteilung. Die schulärztliche Untersuchung hat ergeben, dass der Schüler an [...] leidet. Für die Gesundheit sowohl wie der Schule halber ist dringend erforderlich: [...] Die Mitteilung ist zu unterschreiben und binnen [...] zurückzugeben. (Zur persönlichen Rücksprache ist der Lehrer bereit.)“526 Neben den endogenen Belastungen stellten durchgängig die Belastungen ein schulisches Problem dar, die durch Kinderarbeit neben und statt des schulischen Unterrichts entstanden. Marie Baum und andere publizierten Ende des Jahrhunderts über Kinderarbeit. 1898 stellte der Reichskanzler fest, „dass im Deutschen Reich mehr als eine halbe Millionen volksschulpflichtiger Kinder zum Zwecke des Erwerbs gewerblich tätig sind.“527 Hierbei waren landwirtschaftliche Tätigkeiten und häusliche Dienste nicht einmal eingerechnet. Fast drei Fünftel der arbeitenden Kinder waren industriell beschäftigt, vor allem in Großstädten und in Regionen mit Heimindustrie, zudem wurden nur Kinder unter 13 Jahren erfasst. Gesetzlich war die Beschäftigung eigener Kinder nach vollendetem zehnten Jahr und fremde Kinder nach dem zwölften Jahr möglich, wobei drei, in den Ferien vier Stunden vorgesehen und Nachtarbeiten verboten waren, für besondere Arbeiten (Austragen, Botengänge) fielen die Bestimmungen für eigene Kinder weg. Aufsicht sollte durch Polizeiorgane, z.T. durch Gewerbeaufsicht, erfolgen, war jedoch schwierig. „Hier noch mehr als bei anderen Arbeiterschutzgesetzen ist die Durchführung der schützenden Bestimmungen von dem Grade von Einsicht abhängig, den die Beteiligten, d.h. natürlich hier nicht die Kinder selbst sondern ihre Eltern, insbesondere ihre Mütter, der Bedeutung der gesetzlichen Vorschriften beilegen. Mütter und Lehrer, sie sind es in erster Linie, an die sich zwar nicht der Wortlaut, wohl aber der Sinn des Gesetzes wendet, damit sie gemeinsam mit den direkt mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Organen über der heranwachsenden Jugend wachen und sie vor dem nervenzerrüttenden und sittlich gefährdenden Einfluß übertriebener oder dem Wesen nach ungeeigneter Erwerbsarbeit schützen.“528 Neben den zusätzlichen Belastungen gerieten auch die zusätzlichen Förderungen im Zusammenhang hygienischer Konzeptionen in den Blick. Hierzu gehörte in erster Linie die körperliche Ertüchtigung. Vor allem die Leibesübungen standen um die Jahrhundertwende im neuen Licht. Dabei ging es weniger um Disziplinierung und mehr um Gesundheit, vor allem weil neben die „geregelten

525 ebd. S. 25 ; Die irritierende Verwendung des Begriffs „ausmerzen“ durch den unverdächtigen Autor Rudolf Leubuscher verweist darauf, dass in dieser Zeit bei diesem Begriff nicht immer ein rassenhygienischer Hintergrund vermutet werden darf; dass aber andererseits auch ein solches Kollektiv von Schülern rücksichtslos objektivierend behandelt wurde. 526 zit. ebd., S. 32 527 ebd. S. 225 528 ebd. S. 228 - 231 - Übungen des eigentlichen Turnens“ auch „die freien Bewegungen des Spiels“ traten.529 Als Ziele der Leibesübungen galten: „a) Förderung des Wachstums, d.h. der gleichmäßigen Entwicklung und Ausgestaltung des Körpers in allen seinen Teilen und Organen gemäß den vorhandenen Wachstumsanlagen. b) Förderung der Gesundheit und Widerstandskraft des Körpers; insbesondere durch Ausgleich der schädigenden Einflüsse, welche das Schulleben mit sich führt. c) Beherrschung des Bewegungsapparates durch Erziehung zur Geschicklichkeit und Anstelligkeit. d) moralische Einwirkung durch Weckung eines frischen, bewegungsfrohen, mutigen und entschlossenen Wesens.“530 Darin enthalten war bereits das gesamte Programm der modernen Personalentwicklung: Fitness, Belastungsfähigkeit, Geschicklichkeit, Motivation. Aber auch die Umkehrung wurde diskutiert, nämlich die endogenen Folgen, die durch mangelnde gesundheitliche Entwicklungen entstehen konnten: Der Direktor des Lehrerseminars des Deutschen Vereins für Knabenhandarbeit zu Leipzig, Pabst, argumentierte über den „Handfertigkeitsunterricht“: „Der Tätigkeitstrieb ist eine der wertvollsten Anlagen jedes gesunden Kindes, und deshalb ist es eine Hauptaufgabe der Erziehung, ihn in der richtigen Weise zu entwickeln und zu leiten. Wird dies unterlassen, so äußert er sich als Unart und führt zur Zerstörungslust und anderen schlimmen Neigungen.“531 (Dies könnte man den heutigen Pädagogen und Schulpolitikern ins Stammbuch schreiben, die sich über Vandalismus einer Schülergeneration aufregen, für die es nichts zu tun gibt.) Die Notwendigkeit, Arbeit und Gesundheit auszubilden, wurde begründet aus der Bedeutung, die das Auge, vor allem aber das „Begreifen“ für die kindliche Entwicklung hat.532 Angefangen werden sollte mit Modellieren in Ton, wobei Naturgegenstände nachgeformt werden sollten. „Deshalb ist jede Erziehung unvollkommen, die sich nur auf Worte stützt; durch Worte wird man niemals denkende und schaffende Menschen erziehen. Schon aus diesem Grunde ist die Handarbeit für die Erziehung eigentlich gar nicht zu entbehren.“533 Pabst verwies darauf, „dass die heute noch übliche Unterscheidung von Kopfarbeit und Handarbeit überhaupt falsch und dass der Unterschied zwischen beiden Arten der Arbeit nur ein gradueller ist, soweit die Tätigkeit des Gehirns dabei in Frage kommt.“534 Entsprechend konnte auch die Verbindung zwischen pathogenen und salutogenen Aufgabenstellungen hergestellt werden. Motorik und Reflektion sollten ebenso wie Leibesübungen entwickelt werden. „Daß

529 ebd. S. 229 530 ebd. 531 zit. ebd. S. 240 532 vgl. dazu ausführlich: Pabst, A.: Die Knabenhandarbeit in der heutigen Erziehung.- Leipzig 1907 533 Fürst; Pfeiffer: a.a.O., S. 242f 534 ebd. S. 243 - 232 - daneben die Handarbeiten eine Reihe von sozialen Tugenden entwickeln, dass sie zur Ordnungsliebe, zur Sparsamkeit, zur gegenseitigen Hilfeleistung und zur richtigen Schätzung der produktiven Arbeit führen können, sei nebenbei erwähnt.“535 Insgesamt müsste man „demnach im Handfertigkeitsunterricht unter allen Umständen ein wichtiges Mittel zur Bildung des Willens erkennen, das umso wertvoller wird, je mehr die Änderung unserer Erziehungsbedingungen der heranwachsenden Jugend die Gelegenheit entzieht, sich außerhalb der Schule praktisch zu betätigen.“536 Die so zur Arbeitslehre erweiterte Handfertigkeit fungierte hier ganz deutlich als Platzhalterin. Dies kann interpretiert werden als Kompensationsfunktion der Arbeitslehre, die somit an die Stelle der Ausbildung sozialer Fähigkeiten tritt; dies kann jedoch auch als eine sinnvolle und inhaltliche Weiterung des gesellschaftlichen Bezugs und der gesellschaftlichen Bedeutung produktiver Arbeit. Die alltäglich erworbenen „Handfertigkeit“ sollte demnach in eine allgemeine Arbeitslehre eingehen. Diese wiederum war durch die soziale und insbesondere gesundheitsbezogene Dimension verbunden mit gesellschaftlichen und subjektiven Entwicklungen. Dadurch konnte sie ihre eigene Bildungsaufgabe bestimmen. Handfertigkeit zielte demnach auf allgemeine Fähigkeiten und griff auch keine besonderen, einseitigen Belastungen auf, zugleich zielte auf ausgleichende gesundheitliche Wirkungen, vor allem bei Haltungsschäden, und auf förderliche Muskelaktivierung. „Der Handfertigkeitsunterricht muß recht eigentlich zu einer Ergänzung des Turnunterrichts werden, zu einem `Turnen am Werkzeug´.537 Der Kern des Zusammenhangs von Arbeitslehre und Gesundheit war jedenfalls in dieser Konzeption bereits früh angelegt. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass auch die Gefahren einer Public Health, nämlich eines unbestimmten Rekurses auf ein Allgemeines und Ganzes, in diesem Zusammenhang enthalten waren. An diesem Punkt gab es nämlich auch eine interessante Kontinuität bis in den Nationalsozialismus. Der Oberlehrer Philipp Depdolla erklärte Ende der 1920er Jahre, dass die Eugenik insbesondere „die Ausdehnung des sittlichen Verantwortungsbewusstseins auf die Wirksamkeit für die ganze Nation und Rasse“538 bezwecke. Er empfahl daher folgende Themen: 1) negative und positive Auslese, 2) Geburtenrate und Migration, 3) Ehetauglichkeit und Gesundheitszeugnisse, 4) Keimschädigungen durch Alkoholismus und Geschlechtskrankheiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten Vorstellungen, die auf Belastungen fokussierten. Dies lag nach den Folgen des Zweiten Weltkrieges nahe. In den Zeiten von Hunger und Not und auch von Wiederaufbau und Arbeitsintensivierung waren es gesundheitliche Belastungen, die auf die schädlichen Folgen verwiesen. Arbeit und Gesundheit wurden daher auf der sehr

535 ebd. 536 ebd. 537 ebd., S. 245 538 vgl. Scheele: a.a.O., S. 271 - 233 - schmalen Basis des Belastungs-Beanspruchungs-Konzepts vorgetragen. Hier gingen die Forschungen von Rohmert, Rutenfranz u.a. (zur Kritik vgl. R. Müller 1981, siehe unten) voran. Belastungen konnten von „leicht“ bis „schwer“ eingeordnet werden. Beanspruchungen wurden gemessen an Herzfrequenz, elektrischer Hautwiderstand, Lidschlagfrequenz, Adrenalin- u. Noradrenalinausschüttung, Reaktionszeit, Verhaltensbeobachtung. Vor allem aber und einfach durch Herzfrequenz wurde der Belastungsablauf abgebildet. Erst mit den sozialkritischen Positionen in den 1970er und 1980er Jahren wurde die Kritik an diesen Konzeptionen laut und konnte sich etablieren. Allgemeine Zielsetzung hierbei war, dass die Arbeitslehre einen „Brückenschlag zwischen Schule und Arbeitswelt“ versuchen sollte, wobei vor allem von der Schule aus eine Annäherung an das Leben gesucht wurde.539 Bereits 1969 wurde in diesem Sinne das Bremer Modell der Arbeitslehre auf den Weg gebracht.1972 erfolgte die Einführung der Arbeitslehre mit einem Kooperationsauftrag. Und 1979 wurde dann der Ausbau der Arbeitslehre innerhalb des Fachbereichs Arbeit/Technik/Wirtschaft zu einem Kooperationsfach umgesetzt. Die Berufung zweier Arbeitsmediziner im Zuge der Entfaltung des Bremer Studienganges Arbeitslehre/ Politik qualifiziert, wie bereits weiter oben skizziert, diese Entwicklung zum Einbezug medizinischen Wissens in das Studienangebot in bundesweit einmaliger Weise! Das wichtigste Produkt dieser vielfältigen, häufig zunächst unübersichtlichen und verwirrenden Organisations- und Vermittlungsprozesse wirklicher interdisziplinärer Kooperation, findet schließlich, entscheidend initiiert und gefördert durch den Arbeitsmediziner Rainer Müller540 und seine Forschungsaktivitäten im Bereich „kritischer Gesundheitsanalysen“541, seine akademische Qualifizierungsebene in dem universitären Veranstaltungskontext „Analyse von Arbeitsplätzen“ - AvA -542543 und aktivitätsdominierend in den nachfolgenden Studienprojekten, die zunächst das Begriffspaar „Arbeit und Krankheit“, später „Arbeit und Gesundheit“, dann Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz“ – Betriebliche Gesundheitsförderung - , sowie die Übertragung auf „Schulische Gesundheitsförderung“ in den Mittelpunkt pädagogisch –fachwissenschaftlicher Studienprojekte stellen. Dabei

539 Kaiser, Franz-Josef: Arbeitslehre.- 3. Aufl., Bad Heilbronn 1974, S.16 540 Müller, Rainer: Arbeitssituation und gesundheitliche Lage von Schweißern.- Bremen-Dortmund 1980 541 Besondere Aufmerksamkeit innerhalb der „kritisch humanwissenschaftlich orientierten Studentenschaft“ in Bremen erhielt die Publikation: Müller, Rainer: der „amputierte“ Mensch. Kritik des Belastungs- Beanspruchungskonzeptes der traditionellen Arbeitswissenschaft und der Arbeitsmedizin.- In : Forschungsschwerpunkt Reproduktionsrisiken ,soziale Bewegungen und Sozialpolitik; Müller ,Rainer (Hrsg.): Arbeitsmedizin in sozialer Verantwortung . Studien zur Epidemiologie und Bewältigung der Industriellen Pathologie.- Bremen , Juni 1985 , S. 659 – 667 542 So werden im Rahmen des Studienangebotes für den Fachbereich Arbeitslehre/ Politik fachwissenschaftlich breit angelegte Projektverbünde initiiert, die sowohl aufwendige fachwissenschaftliche Recherchen beinhalten, als auch umfangreiche Schulprojekte hervorbringen (AvA I+II, Transportarbeit, AGU- Arbeit als Gegenstand von Unterricht- Bremen 1985, AhA – Alternative und humane Arbeitsplätze, GAS- Gesundheit am Arbeitsplatz von Schlossern, Hafenarbeit, BBA – Bremer Bauarbeit, Gesundheitsförderung in der Pflege- Bremen 19, und SuBTiL – Schule und Betrieb im Lernortverbund). 543 So liefert die Publikation: Müller, Rainer: Arbeit in Kälte.- Dortmund 1982, geradezu einen fachwissenschaftlichen Typus von Arbeitsplatzanalyse, wie er für eine längere Phase Grundlage für fachdidaktische Planungen werden sollte. - 234 - richtet sich das Forschungsinteresse auf Produktions- und Dienstleistungsbetriebe und ihre oftmals evidenten Arbeitsschutzmängel, auf die nicht oder nur ungenügend entwickelten Prüf- und Beratungsinstrumente der Arbeitsschutzinstitutionen, auf die Erfordernisse der Vermittlungsprozesse für Gesundheitsbelange der Bürgerinnen und Bürger, sowie besonders auf die Perspektiven präventiver Unterrichtstätigkeit in der Schule544. Dem Interesse für die historische Entwicklung von Arbeitslehre- LehrerInnen kommt dabei die von Rainer Müller und Dietrich Milles zugänglich gemachte Forschung für die Geschichte der Arbeitsmedizin entgegen. Als oftmals schmerzvolle Wechselbeziehung zwischen ökonomisch- technologischer Entwicklung und tatsächlicher Gesundheitslage der Erwerbstätigen stratifizieren die Autoren eine Fülle arbeitsgeschichtlich – arbeitsmedizinischer Zusammenhänge, durch deren Kenntnis erst die jetzige Arbeitswelt und ihre Gesundheitsrisiken ansatzweise verstehbar sind545. Während dieser Epoche hochproduktiver theoretischer, als auch studienpraktischer Aktivitäten verknüpfen sich die von Bodo Wessels vertretenen „emanzipatorischen“ pädagogischen Ansätze mit den (gesundheits-) wissenschaftskritischen Beiträgen von Rainer Müller. Die Einbindung von Studierenden in umfangreichere epidemiologische und fallbezogene Forschungsaktivitäten sowie forschungsorientierte Kommunikationsprozesse durch Rainer Müller ist für den Bereich Lehrerbildung eine besondere „hochschulpolitische Bremensie“546. Ergänzt und gestützt werden die Aktivitäten zur Gesundheitsprävention durch vielfältige Beiträge zur „Arbeitermedizin“547, zur „Gesundheitlichen Lage Bremer Bürgerinnen und Bürger“ und später zur „Gesundheitlichen Zukunft Jugendlicher“548. Im Oktober 1987 wurde ein Bericht der „Kommission Lernfeld Arbeitslehre“ der KMK vorgelegt. Der allgemeine Auftrag der Arbeitslehre ist es demnach, „die Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Diese konkretisieren sich in der Erwerbsarbeit, in der Arbeit im privaten Haushalt, zunehmend auch in weiteren Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit“549 Die Denkschrift „Krise und Chancen im ‚Lernbereich Arbeitslehre‘“, im Juli 1990 vorgelegt von Klaus Jürgen Bönkost, Nikolaus Harders, Wolfgang Chr. Fischer, Hartmut Föleke, Helmut Spitzley, schloss die Phase einer

544 Eine für die theoretische Unterrichtsarbeit gut zu nutzende Schrift ist der „Einführungsband“: Milles, Dietrich; Müller, Rainer ( Hrsg.): Berufsarbeit und Krankheit.- Frankfurt am Main: Campus, 1985 545 Müller, Rainer, u.a. (Hrsg.): Industrielle Pathologie in historischer Sicht, 1. Auflage, Bremen, Juli 1985 546 Ein Beleg für diese „Müllersche Verknüpfung“ im Ergebnis interdisziplinärer Ansätze ist der Band: Keil, Annelie; Milles, Dietrich; Müller, Rainer (Hrsg.): Gesundheitswissenschaften und Gesundheitsförderung.- Bremerhaven 1991 547 So initiierte Prof. Müller regelmäßig Teilnahmemöglichkeiten für Studierende an wissenschaftlichen Symposien, Seminaren der Sozialversicherungseinrichtungen, Tagungen des DGB, Internationalen Konferenzen zur Gesundheitspolitik, aber auch von Betriebsräteschulungen und Vorträgen vor Selbsthilfegruppen. 548 vgl. dazu: Mahrstedt, Gerd; Müller, Rainer; Hebel, Dieter; Müller, Hardy: Young is beautyful ? Zukunftsperspektiven , Belastungen und Gesundheit im Jugendalter.- Bremen, Schwäbisch Gmünd, Januar, 2000 549 KMK Beschluß vom 8./9.10.1987 in: arbeiten+lernen 57,88, S.3; zit. U. Jenzen 1993, S.17 - 235 - unbefriedigenden Nutzung der interdisziplinären Möglichkeiten ab. Die Denkschrift begann mit einer Vergewisserung des Ziels: „Die Vorbereitung der Schülerinnen auf die Anforderungen von Erwerbsarbeit (einschließlich erzwungener ‚Arbeitslosigkeit‘) sowie der Arbeit im privaten Haushalt und im Bereich der (wachsenden) ‚freien Zeit.“550 Arbeit sollte in den verschiedenen Feldern erfahrbar gemacht werden. Allerdings sollten nach der Denkschrift: - eine inhaltlich überzeugende und realitätstüchtige Konzeption entwickelt werden, - LehrerInnen motiviert und qualifiziert werden, - Unterrichtszeit bereitgestellt werden, - Ausstattung bereitgestellt werden. Hemmnisse, Frustrationen und Blockaden begleiteten die praktische Umsetzung. Unklar blieb, ob die Arbeitslehre ein Fach oder nur einen Lernbereich darstellte. Ein Problem bestand darin, dass kein Lehrer die traditionellen Fächer (Arbeitslehre, Technisches Werken, Hauswirtschaft, Texteilarbeit) übergreifend vertreten konnte. Die KMK-Kommission votierte für die Zuordnung als Lernfeld. Die Bremer Bildungsbehörde verordnete 1983 eine Zusammenfassung zu drei kombinierten Fächern: Arbeitslehre/Technisches Werken, Arbeitslehre/Hauswirtschaft sowie Arbeitslehre/Textilarbeit. In der universitären Ausbildung wurde daraufhin der Studiengang Arbeitslehre in die Fachrichtungen Arbeitswissenschaft/Technologie, Arbeitswissenschaft/Haushalts- und Ernährungswissenschaften sowie Arbeitswissenschaft/Textilwissenschaft differenziert. Nach Vergleichen der in den Studienordnungen vorgesehenen Semesterwochenstunden kamen die Verfasser der Denkschrift zu der Position, dass „eine weitere Verdichtung des wissenschaftlichen Studiums [...] nicht möglich (ist). Daraus ergibt sich zwingend: Eine umfassende Qualifikation für das gesamte Lernfeld Arbeitslehre mit den vier genannten Gegenstandsbereichen Technik, Wirtschaft, Haushalt und Beruf ist nur dann möglich, wenn zwei Fachrichtungen im Studiengang Arbeitswissenschaft/Arbeitslehre studiert werden können und dieses als Zwei- Fächer-Studium anerkannt bleibt.“ 551 Die Denkschrift wandte sich gegen die Sammelbezeichnung „Fach Arbeitslehre“, weil damit ein differenziertes Studium nicht möglich wäre, und empfahl die Verwendung der Bezeichnung „Lernbereich Arbeitslehre“. Die Denkschrift hielt die gegenwärtige Lage an Bremischen Hauptschulen für katastrophal. Die eingesetzten LehrerInnen wären zwischen 80-94% nicht für ihre Arbeit ausgebildet. Dazu wirkte sich der Verzicht auf Neueinstellungen fatal aus, weil somit ein zwangloser Zugang zur wissenschaftlichen Entwicklung versperrt und eine Überalterung des Lehrpersonals in Kauf genommen wurde. Die Denkschrift forderte daher eine größere, ausreichende Zahl von Neueinstellungen vor allem in der Fächerkombination AW/T und AW/HE und in einem mindestens zehnjährigen Einstel- lungsplan.

550 Bönkost, Klaus Jürgen; Harders, Nikolaus; Fischer, Wolfgang Chr.; Föleke, Hartmut, Spitzley, Helmut: Krise und Chancen im Lernbereich Arbeitslehre, Denkschrift.- Bremen, Juli 1990, S.1 551 ebd. S. 4 - 236 - Von der Gründungsgeschichte der Universität Bremen her war die Arbeitslehre von hervorgehobener Bedeutung. Allerdings war Arbeitslehre auch mit großen Illusionen versehen, was die Bedeutung von Arbeit in der Gesellschaft anbelangte. Vor allem war sie sehr stark an eine gesellschaftlich tragende Rolle der Arbeiterschaft gebunden. Mit der wirtschaftlichen und gewerkschaftlichen Krise wurden „viele bildungspolitische Reformhoffnungen“552 demontiert; es wurde aus der „Märchenprinzessin ein Kellerkind“ ein „Restbereich, der seine spezifischen Lehr- und Forschungsaufgaben nur ungenügend erfüllen kann.“553 Der Arbeitslehre fehlte eine traditionelle Konzeption als Fach; sie wurde nicht im Fächerkanon der Sekundarstufe II aufgeführt und zählte eher als Aufgabe für die Hauptschule, als ein „Blaujackenfach“ und sie hatte keine einfache Bezugswissenschaft. Damit blieb sie auch weitgehend ohne Interessenanbindung an die Problemebenen der Elterngeneration. Mit dem Einstellungsstop vom Ende der 1970er Jahre an zogen sich gerade Studienanfänger mit beruflicher Erfahrung sich aus dem Arbeitslehre-Studium zurück, weil sie wenig berufliche Perspektiven sahen. Gerade diese Studenten sind viel stärker auf zukünftige Berufsausübung orientiert. Daher finden sich in dem Fach seitdem mehr Studenten ohne technische Basisqualifikation und praktische Berufserfahrung, was in der Denkschrift als gravierender Mangel gesehen wurde. Auch Hochschullehrer gingen nach Auflösung des Studiengangs „Arbeitslehre/Politik“ in „Mutterdisziplinen“ zurück und die Arbeitslehre verlor wesentliche Impulse. Das Lehrpersonal war demnach ohne Konzept und ohne wissenschaftliche Perspektive insgesamt zu einem „planlosen Restbereich geschrumpft“554, ohne Forschungsanbindungen und kaum mit gutem wissenschaftlichen Nachwuchs versehen. Daher sollte nach der Denkschrift nun politisch entschieden werden, ob die Talfahrt der Arbeitslehre zu deren Ende führt oder eine neue Chance ergriffen werden sollte. Unter breiter Einbeziehung der LehrerInnen und ProfessorInnen usw. sollte diskutiert und z.B. ein „runden Tisch“ eingerichtet werden, der die Kommunikation entwickeln (z.B. über die „alma“) und ein Zentrum der Lehrerausbildung aufbauen sollte. Insgesamt bot die Denkschrift eine relativ hilflose Stellungnahme. Allein auf dem Hintergrund der Misere und des möglichen Endes der Arbeitslehre wurden die Schwierigkeiten aufgezeigt, nicht jedoch die eigentlichen Stärken systematisch entwickelt. So fehlte der Nachweis, wie konkreter gesellschaftlicher Bedarf aufgegriffen werden kann, der sich aus den wichtigen Veränderungen ergibt, beispielsweise bezogen auf - neue Technologien und Qualifizierungen, - Umwelt und Ressourcen, - Gesundheit und Zielsetzungen.

552 ebd. S. 10 553 ebd. 554 ebd. - 237 - Im Mittelpunkt der Arbeitslehre hatte bereits die Schulreformkommission 1993 „Schlüsselprobleme“ gesehen wie „- das Verhältnis zwischen hochtechnisierten und industrialisierten Ländern und sogenannten ‚Entwicklungsländern‘, .. - die Frage der Weiterentwicklung von Technik und Ökonomie auf der Linie der bisherigen ‚Forschrittslogik‘ oder eines neuen, ökologisch vertretbaren Konzepts technischer und wirtschaftlicher Entwicklung, - die Entwicklung neuer Informations-. Kommunikations- und Steuerungstechniken in ihren Auswirkungen auf die Produktion, auf zunehmende Arbeitsteilung oder ihre Zurücknahme, auf Freizeit und zwischenmenschliche Beziehungen, [...]“555 Nach dem Lehrplanentwurf für Bremen 1992 sollte die Arbeitslehre Anlässe bieten, „selber zu erfahren, wie Alternativen entwickelt werden können und zwischen ihnen entschieden wird, wie Hand und Kopf zusammenfinden müssen, damit Lernergebnisse auf Lebenssituationen übertragen werden können und lebenspraktisch werden.“556 1990/92 wurde schließlich die Arbeitslehre als Integrationsfach ohne Kooperationsauftrag in Bremen eingeführt. Die Nutzungen der medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Kompetenzen für die Arbeitslehre waren nicht so einfach. Man kann auch von einer suboptimalen Verbindung von Gesundheit und Arbeit in diesen Jahren sprechen. Die Schulreformkommission in Bremen arbeitete vom 18.02.1992 und legte am 7.3.1993 einen Bericht vor Günter Bonz, Cornelia von Ilsemann, Wolfgang Klafki, Klaus Klemm, Thomas Stryck, Peter Zedler vor. Angesichts dieser Rahmenprogrammatik ist es erstaunlich, wie bei den Diskussionen heute doch keine Konkretionen erreicht und die Positionen recht schwammig und theoretisch unklar bleiben. Dies kann zugespitzt an folgenden Kernaussagen festgemacht werden. Die Arbeitslehre soll demnach sein - handlungsorientiert - aber was heißt das, woraus wird Handlung bestimmt, einfach so, aus einem biologischen Gattungsdrang heraus, aus gesellschaftlich verformter Arbeit usw.? - praxisorientiert - auf welche Praxis soll orientiert werden, auf die entfremdete, knechtende oder die reformierende, revolutionierende Arbeit? - Komplex - warum wird eine Komplexität der „Schlüsselprobleme“ und der Lern- und Handlungsfelder in den Mittelpunkt gestellt; warum wird nicht eine Reduktion auf Kernfragen der Bewältigung angestrebt?

In der Konstituierungsphase der Arbeitslehre in den 70er Jahren profilierte sich das politisch argumentierende Feld der Arbeitslehre als ein Polit-Tiger mit Biss - derzeit scheint es so, als ob der (Papier - ) Tiger Arbeitslehre seine Zähne verloren hat. Ob dieser Verlust deshalb von Dauer sein wird , weil mehr als nur seine Zähne ausgefallen sind , oder ob es sich um einen entwicklungsbedingten

555 Schulreformkommission 1993, S.73f; zit. Jenzen 1993, S.573 556 Zit. U. Jenzen 1993, S.18 - 238 - Zahnwechsel handelt , in dem die Milchzähne gegen ein stabiles Dauergebiss ausgetauscht werden , ist derzeit noch nicht eindeutig zu erkennen . Zu hoffen bleibt, dass die der Arbeitslehre innewohnende kritische Potenz wieder auflebt, um im Sinne einer Parteinahme für die Lernenden wieder zupacken zu können.

- 239 - 4. Praxis der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung in der Schule

Die Chancen in der Verbindung von Gsundheitsförderung und Arbeitsorientierung können nur praktisch ergriffen werden. Die kritische Reflexion der historischen Linien und konzeptuellen Ausrichtungen mündet in eine schulische Praxis, die sich schließlich curricular niederschlagen muss.

4.1. Praktische Ansätze in der Schnittstelle von Arbeitslehre und Gesundheitswissenschaft

Die Schule braucht neue Strukturen und Leitlinien. Die gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung soll dazu einen Beitrag liefern. Gesundheit enthält eine Wertsetzung und einen gesellschaftlichen Bezug, der das verantwortliche Subjektiv anspricht und in ein soziales Kollektiv integriert. Arbeit schließt nützliche, konkrete Arbeit ebenso ein wie die allgemeine Durchschnittsarbeit. Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung vermittelt zwischen subjektive nützlichen Qualifizierungen und sozialem Arbeiterschutz. Nicht in eine enge Revolutionsfalle tappend soll sie doch Zeit und Raum für Politisierung finden.557 Sie baut auf Erfahrungswissen und setzt auf den tätigen Menschen und die mit dieser Tätigkeit verbundenen Lernprozesse. Bereits in den frühen 1970er Jahren wurde so das Banale der Bemühungen herausgestellt.558 Konsequent forderten viele Pädagogen eine konkrete Verbindung mit der Programmatik der WHO und dem dort dargestellten/ geforderten „Setting- Ansatz“. Dieser Ansatz stellte sich jedoch nicht so einfach her. Als Fortschritt wird jedoch auch die Schule in der Konzeption als Arbeitsplatz bezeichnet.559 Allerdings wird der pädagogische Prozess in den Mittelpunkt gestellt, wodurch tendenziell die Separation der Erziehungsanstalt von der Arbeitswelt weiter fortgeschrieben wird. „Ein humaner, entwicklungsfördernder Arbeitsplatz kann nur dort entstehen, wo Schule - die Gesamtheit der Wahrnehmungs- und Verarbeitungsformen der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt, - Leistungsfähigkeiten durch bewußtes Berücksichtigen der individuellen Voraussetzungen fördert,

557 So verwies Negt darauf: „Überzeugende Ideen und Utopien finden ihre Realisierungswege nicht von allein; notwendig für Signale und Orientierungen sind Produktionsformen von Öffentlichkeit, die allesamt quer zum Prinzip der Zeitraffung liegen, ja viel frei verfügbare Lebenszeit beanspruchen, die sich in politischer Arbeit vergegenständlicht.“ (Negt, O.: Lebendige Arbeit, enteignete Zeit. Politische und kulturelle Dimensionen.- 3. Aufl., Frankfurt / New York 1987, S.257) 558 vgl. dazu: Scharung, Michael, in: Enzensberger, H.- M. (Hrsg.): Kursbuch 24. Schule, Schulung, Unterricht.- Berlin 1971, S.196 559 Vgl. Schirp: Heinz: Die Schule als lebenswerter Arbeitsplatz für Schülerinnen und Lehrerinnen.- In: B. Priebe, G. Israel, K. Hurrelmann (Hrsg.): „Gesunde Schule“. Gesundheitserziehung, Gesundheitsförderung, Schulentwicklung.- Weinheim, Basel: Beltz, 1993, S. 154-176 - 240 - - Den Lernenden Möglichkeiten zur aktiven Auseinandersetzung, zum Begreifen und Verstehen bietet, - Nicht durch Prüfungsängste, Leistungsdruck und systematisch erzeugte Mißerfolgserlebnisse die eigenen pädagogische Ziele konterkariert.“560 Diese Separation, auch als „Erstarrung“ tradierter Werte und Verfahren zu interpretieren, wird aus den verschiedensten bildungspolitischen Fraktionen gestützt und mit den unterschiedlichsten Begründungen zugleich gehalten. Sie ist damit nicht einfach aufzuheben und den erforderlichen emanzipatorischen Bedarfen anzupassen. Wichtig ist es, die Schule gegen die „grands simplificateurs“561, und für ein differenzierendes Nachdenken zu gewinnen.562 „Dies macht allerdings eine Lern- und Arbeitskultur erforderlich, die - die Fragen und Deutungsmuster der Schülerinnen und Schüler ernst nimmt und von ihnen und nicht von der ‚structure of dicipline‘ eines Faches ausgeht; - die sachlich-fachlichen und sozialen Zusammenhänge der Sachen in den Vordergrund stellt und nicht nur die vorgeschriebene Progression eines Schulbuchs; - die lebensweltlichen Erfahrungen der beteiligten SchülerInnen und LehrerInnen in ihrer interdisziplinären Bedeutung für mindestens genauso wichtig hält wie die spezifischen Inhalte der Einzelfächer.“ 563 Dieses hat weitreichende Bedeutung für „coping – Strategien“ in der Schule, also zur erfolgreichen Bewältigung von zukünftigen Lebenssituationen, gesellschaftlichen Konflikten, aber auch konkreten Alltagsherausforderungen. Resümierend bleibt festzustellen: „- Es gibt eine deutliche Trennung von Schule und Lebenswirklichkeit, die einen coping-

Ansatz eher verhindert;

- Kompetenzen, die in der Schule vermittelt werden, und solche, die im ‚richtigen Leben‘ gebraucht werden, sind ganz unterschiedlicher Art; - Es wird weitgehend versäumt, durch eine soziale Gestaltung des Lebensraumes Schule selbst den Schülerinnen und Schülern Modelle und Orientierungsmuster für ihr Verhalten und ihre Einstellungen zu geben.“564

Obwohl eine zentrale Aufgabe der Schule in der Persönlichkeitsentwicklung darauf gerichtet ist, während der Adoleszenz tragfähige Orientierungen und Sicherheiten vermitteln und darüber hinaus Elemente für ein stabiles Selbstkonzept zu etablieren, ist die Schule nur sehr ungenügend dazu bereit,

560 Schirp, H.: a.a.O., S. 159 561 vgl. dazu: Bourdieu, Pierre: Gegenfeuer. Wortmeldungen im Dienste des Widerstands gegen die neoliberale Invasion.- Konstanz 1998 562 vgl. dazu: Negt, Oskar: Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche.- Göttingen 1997 563 Schirp, H.: a.a.O., S. 161 564 ebd., S. 162 - 241 - bzw. in der Lage, Sequenzen für ein sozialverträgliches Lern- und Arbeitsleben zu arrangieren und umzusetzen. „Wo, wenn nicht in der Schule, sollen Kinder und Jugendliche eigentlich lernen: - daß man und wie man Erfahrungen, die ja auch dumm machen können, mit anderen reflektieren kann, um festzustellen, ob sie tragfähig sind oder nicht; - wie man bei Interessengegensätzen zu fairen Lösungen kommt und mit anderen Kompromisse eingeht; - daß und wie man sich engagieren kann, wenn man Situationen verändern will; - wie man gemeinsam mit anderen seine Lebenswelt mitgestalten und Verantwortung dafür übernehmen kann.“565

„Der Arbeitsplatz Schule muß für die Schülerinnen und Schüler [...] ein Ort sein, an dem man selbst erfahren kann, welche Werte, Normen und Konventionen wichtig sind.“566 Soll die Institution Schule auch als humaner Arbeitsplatz Anerkennung finden, muss demzufolge an folgende Anforderungen gedacht werden: - ein anregender Lernort, - ein die Lebenswirklichkeit und den Alltag einbeziehender Erfahrungsort, - ein Forum für kommunikatives Aushandeln von Regeln, Normen und Wertorientierungen sein.567 Weiter sind zusätzliche, konkrete Rahmenfaktoren zu definieren: „Eine gesunde Schule zeichnet sich aus durch eine ökologische Architektur, die Rücksicht nimmt auf: - die individuellen und sozialen Bedürfnisse der Lernenden und Lehrenden, - die spezifischen didaktischen Anforderungen der Umwelterziehung, - die Gesundheit der Menschen und den weitgehenden Erhalt der natürlichen Umwelt.“568

Ziel der Schule ist demnach die qualitätvoll vorbereitete und nachhaltige Entwicklungschance für vielfältige, sinnlich Erfahrungsmöglichkeiten.569

565 ebd. S. 163 566 ebd. S. 164 567 ebd. S. 167

568 Buddensiek, W.: Unsere Schule unter der Lupe – Ökologisches Denken und Handeln im Schulalltag lernen. Lehrerheft.- Stuttgart 1993, S. 177

569 vgl. dazu: Heindl, Ines: Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung in der Lehrerausbildung.- In: Priebe, B.; Israel, G. & Hurrelmann, K. (Hrsg.): Gesunde Schule – Gesundheitserziehung, Gesundheitsförderung, Schulentwicklung.- Weinheim und Basel 1993, S. 189 - 242 - Hierbei entsteht der Eindruck, dass die Gesellschaft ihre generierten Probleme und teils hilflosen Problemlösungen auf die Schule abschieben will, weil diese nun mal für die Erziehung Zuständigkeit hat. „Der soziale Entwicklungs- und Arbeitszusammenhang einer Schule ist in der Regel weder theoretisch noch praktisch Gegenstand der Ausbildung.“570 Sämtliche pädagogischen Bemühungen im Rahmen der schulischen Gesundheitserziehung leiden von Anfang an bis heute unter dem Verdikt einer „Aufklärungs- und Abschreckungsdidaktik“, die vielfältige Aktivitäten erschwert und oftmals ins Leere laufen lässt. Die Gesundheitserziehung war damit lange und ist bis heute auch „Aufklärungs- und Abschreckungsdidaktik“.571 Scheinbar richtungsweisend war der Beschluss der EG-Bildungsminister zur „Gesundheitserziehung in Schulen“ vom 23.11.1988, demzufolge Gesundheitsförderung in den schulischen Alltag eingehen sollte. Nach einer ersten Euphorie für diese breite Themenstellung gewann, trotz gewisser Schwankungen von gesundheitspolitischen Aufgabenstellungen in der Schule, die Gesundheitsförderung an Bedeutung. Der Begriff Gesundheit und die Gesundheitsförderung hatten Konjunktur. Dabei entwickelte sich ein gesundheitspräventives Problembewusstsein auch in der Lehrerschaft.572 Hierbei wurde interessanter Weise angeknüpft, an die Forschungen zum Thema Lehrergesundheit aus den 1970iger Jahren.573 Dieser Einbezug von schulwirklichen Gesundheitsbelastungen und - Beanspruchungen des Lehrpersonals wurde auch nachfolgend im Modellversuche in Hamburg und Schleswig-Holstein „Gesundheitsförderung im schulischen Alltag“574 berück- sichtig, sowie in das Netzwerk „Gesundheitsfördernde Schulen in Europa“575 integriert. Das Beispiel Hamburg steht allerdings für die Schwierigkeit, die aus der Gesundheitserziehung stammenden Konzeptionen in einer „school to work transition“ auf die Arbeitswelt auszudehnen. Für die 5. und 6. Klasse sollen sich SchülerInnen verbindlich mit „gesunder Ernährung“ beschäftigen. Darunter wird verstanden, dass Mahlzeiten für verschiedene Gelegenheiten und Zielgruppen erarbeitet, die Prinzipien der vollwertigen Ernährung vermittelt, der Sinn oder Unsinn von Diäten verdeutlicht und Berufe im Bereich der Nahrungszubereitung und Gesundheitsvorsorge vorgestellt werden. Zusätzlich soll erläutert werden, wie ökologischen Profilen für ausgewählte Nahrungsmittel erstellt werden und Mahlzeiten auf der Grundlage bedarfsgerechter Nährstoffberechnungen geplant

570 Priebe, Botho; Greber, Ulrich: 1991, S.526; zit. nach: Heindl, I.: a.a.O., S.199 571 zit.: Heindl, I: a.a.O., S. 200 572 ebd. S. 201 573 Müller-Limmroth; W.: Arbeitszeit, Arbeitsbelastung im Lehrerberuf. Arbeitspsychologische Bewertung der Belastung des Pädagogen unter Berücksichtigung der Arbeitszeit.- In: Im Brennpunkt, Mai 1980. Frankfurt am Main, GEW 574 vgl. dazu: Barkholz, U. & Homfeldt, H.G.: Gesundheitsförderung im schulischen Alltag. Entwicklungen, Erfahrungen und Ergebnisse eines Kooperationsprojekts.- Weinheim 1994 575 vgl. dazu: Paulus, P.; Barkholz, U.: Gesundheitsfördernde Schulen. Konzept, Projektergebnisse, Möglichkeiten der Beteiligung.- Werbach-Gamburg 1997 - 243 - werden. Im Lehrplan ist auch der Bereich „Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit“ vorgesehen, der durch Sicherheitsbestimmungen bzw. -maßnahmen in Werkstätten und Küche sowie durch Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz ausgefüllt werden soll. Vor allem aber sollen die Schüler einfache Regeln für vollwertige Mahlzeiten entwickeln, Fastfood und Trendlebensmitteln kritisch bewerten, Ernährungsprotokolle erstellen sowie Mahlzeiten für verschiedene Zielgruppen und Gelegenheiten planen. Für unser Thema ist wichtig, dass auch die Arbeitsplätze in Schule, Haushalt und Betrieb auf Arbeitssicherheit zu untersuchen sind. Betrachten wir die Ziele genauer, dann wird deutlich, welch großes Gewicht technische Gesichtspunkte sind und wie marginal arbeitsbezogene Gesundheitsförderung behandelt wird. Allgemein sollen zwar Kenntnisse über verschiedene Formen von Arbeit, Arbeitsorganisation und Arbeitsteilung, über Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen, über Zusammenhänge von ökonomischen, technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und den Wandel von Arbeit, der Ursachen und Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, über ökonomische Grundlagen und wirtschaftliche Vorgänge, über die Wirtschaftsregion Hamburg und deren Bedeutung, über ökonomisches Verhalten bei der Haushalts- und Lebensplanung, über Grundstrukturen technischer Konstruktionen und der Fertigung, über Arbeitsmittel, Werkzeuge, technische Geräte, Maschinen und Systeme, über fachspezifische Kommunikationsformen, Fachbegriffe und Präsentationsformen vermittelt und Fertigkeiten erlernt werden im sachgerechten Umgang mit Geräten, Werkzeugen und Materialien, in der Nutzung technischer Verfahren, zur Nutzung berufsorientierender Materialien und Medien, im Umgang mit Hard- und Software der Informations- und Kommunikationstechnologie. Praktisch jedoch sieht der Rahmenplan Arbeitslehre für die integrierte Gesamtschule und die Sekundarstufe I im 6. und 10. Schuljahr vor: Es sollen Fähigkeiten erworben werden  zum verantwortungsbewussten Umgang mit Geräten, Werkzeugen und Materialien  zum Erkennen von technischen Zusammenhängen in funktionalen Bezügen, Arbeitsweltbezügen und Handlungsbezügen  zum Entwurf und der Umsetzung von Lösungsansätzen für technische Fragestellungen  zum sinnentnehmenden Lesen von Sachtexten und Bedienungsanleitungen  zur Kommunikation über arbeitsbezogene Sachverhalte unter Einsatz der Fachsprache und der Nutzung von Präsentationsformen  zum aktiven Handeln hinsichtlich einer menschengerechten, naturverträglichen, sozialgerechten und wertorientierten Gestaltung von Arbeit  zur Reflexion verschiedener Rollen als Mitglieder der Gesellschaft  zur Reflexion arbeitsbezogener geschlechtstypischer Verhaltensweisen und zu deren bewusster Veränderung  zur Reflexion positiver und negativer Folgen technischer Prozesse auf Menschen und Umwelt

- 244 -  zur Beurteilung der eigenen Arbeitsprozesse und Arbeitsprodukte  zur gezielten Wahl eines Startberufes oder eines weiterführenden Bildungsganges.

Jahrgangsbezogene Anforderungen zielen auf ein Wissen und Können, das den SchülerInnen im 6. Schuljahr ermöglichen soll, Erwartungen an berufliche Tätigkeiten zu artikulieren und zu begründen, Arbeitswelterkundungen zu planen und durchzuführen, einen Arbeitsplatz zu planen und einzurichten, ein Produkt auf ausgewiesener Grundlage zu entwickeln, herzustellen und zu vermarkten, kleinere Reparaturen am Fahrrad selbstständig auszuführen, verschiedene Werkstoffe und Materialien sachgerecht unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten zu verwenden, erlernte Fertigungstechniken und - verfahren bei der Herstellung von Produkten anzuwenden, mit dem Fahrrad regelbewusst und umsichtig zu fahren, Regeln zur Unfallverhütung und zur Sicherheit im Umgang mit technischen Geräten zu beachten, Erkundungen zu Preis- und Qualitätsunterschieden durchzuführen, Informationsquellen zum Verbraucherschutz auszuwerten, einfache Regeln für eine gesunde Ernährung aufzustellen, vollwertige, bedarfsgerechte einfache Mahlzeiten unter hygienischen Bedingungen herzustellen, Abfallvermeidung im Haushalt gezielt umzusetzen, Grundbegriffe technischer Kommunikation wie Werkzeug- und Materialbezeichnungen sowie andere im Unterricht erworbene Fachbegriffe zu verstehen und anzuwenden fachspezifische Texte, Tabellen und Diagramme zu lesen und zu verstehen. Zum Ende der Jahrgangsstufe 10 sollen die Schülerinnen und Schüler über ein Wissen und Können verfügen, das ihnen ermöglicht, • Arbeitswelterkundungen zielgeleitet zu planen, durchzuführen und auszuwerten • betriebliche und schulische Ausbildungswege zu vergleichen und zu bewerten • betriebliche Organisationsformen und zu erfassen und auszuwerten • die betrieblichen Erfahrungen im Praktikum für die Entwicklung der beruflichen Ziele und des individuellen Lernverhaltens auszuwerten und im Praktikumsbericht zu dokumentieren • mit den Materialien der Bundesanstalt für Arbeit eigenständig zu den persönlichen Interessen passende Berufe zu ermitteln • die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in einem Kompetenzprofil darzustellen und im Hinblick auf die Anforderungen der eigenen beruflichen Ziele weiter zu entwickeln • Wege der schulischen Berufsausbildung und hochschulbezogene Studiengänge selbstständig zu ermitteln • Bewerbungsunterlagen selbstständig und kreativ zu gestalten und sich in betrieblichen Auswahlverhalten selbstbewusst zu bewähren • eine begründete Entscheidung für die Wahl der weiteren persönlichen Ausbildung zu treffen sowie den Übergang eigenständig und zielorientiert zu planen und durchzuführen

- 245 - • Beratung und Unterstützung zu verschaffen, in Anspruch zu nehmen, um den Übergang in das Ausbildungssystem zu ermöglichen • Grundbegriffe technischer Kommunikation wie Maßbezeichnungen, technische Kennzeichen und Symbole, Warenzeichen, Werkzeug- und Materialbezeichnungen, Bezeichnungen technischer Verfahren sowie andere im Unterricht erworbene Fachbegriffe zu verstehen und sachgemäß anzuwenden • einen Arbeitsablauf selbstständig zu planen und durchzuführen • exemplarisch Zusammenhänge über die Verwendung von Technik in der Arbeits- und Berufswelt zu untersuchen und zu erklären • Möglichkeiten und Grenzen der Entsorgung und des Recyclings von Werkstoffen und Materialien zu analysieren und nach definierten Prinzipien einzuschätzen • Rationalisierungsmaßnahmen im Dienstleistungsbereich, der Industrie bzw. bei unterschiedlichen Fertigungsverfahren darzustellen, hinsichtlich ihrer Auswirkungen zu untersuchen und den eigenen Standpunkt begründet vertreten • Beispiele für Auswirkungen der Globalisierung darzustellen und zu beurteilen • grundlegende Strategien der Haushaltsführung zu analysieren und zu diskutieren • Regeln für eine gesunde Ernährung aufzustellen • bedarfsgerechte und vollwertige Mahlzeiten zusammenzustellen und unter Beachtung hygienischer Bedingungen herzustellen • Einkommensarten und Lohnformen zu erläutern und am Beispiel die Einkommensverteilung untersuchen • Finanzpläne für einen privaten Haushalt unter Berücksichtigung verschiedener Einkommensarten und Finanzierungsmöglichkeiten aufzustellen • einfache Formen des Zahlungsverkehrs und der Finanzdienstleistungen vor dem Hintergrund der eigenen Lebensumstände zu beurteilen und selbstständig zu nutzen • zu energiesparendem Verhalten in Schule und Haushalt bewusst Stellung zu nehmen • Befragungen von Betriebsräten/Personalleitungen/Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern selbstständig vorzubereiten und auszuwerten, in dem sie sachliche und normative Kriterien systematisch anwenden. Darüber hinaus sollen die Schülerinnen und Schüler in der Lage sein, • betriebliche Arbeitsabläufe unter betriebswirtschaftlichen Fragestellungen zu erkunden und die Ergebnisse unter Einsatz der neuen Medien zu präsentieren • Interessenkonflikte zwischen Tarifparteien zu beurteilen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln • ein ökologisches Profil für ausgewählte Nahrungsmittel zu erstellen • vertiefende Fragestellungen zu historischen, ökonomischen und kulturellen Bedingtheiten verschiedenen Formen des Zusammenlebens und der damit verbundenen Arbeitsteilungen zu erläutern und einen begründeten Standpunkt zu vertreten

- 246 - • die Energie- und CO2 - Einsparungen bei einer Anlage zur regenerativen Energiegewinnung zu ermitteln und zu bewerten • Produktionsbedingungen unter ökonomischen und ökologischen Aspekten zu untersuchen und zu bewerten • Preisbildung am Markt zu erläutern und in Abhängigkeit von den Marktverhältnissen betriebliche Marketingstrategien zu beurteilen • Einkommensarten und Lohnformen zu erläutern und am Beispiel die Einkommensverteilung zu untersuchen • betriebliche Arbeitsplätze von Frauen und Männern unter rollenspezifischen Aspekten zu erkunden und zu bewerten.

In anderen Beispielen wird deutlicher, dass in der schulischen Praxis nicht einmal das Fahrrad, sondern hauptsächlich die Ernährung im Mittelpunkt steht. In Berlin wird die Lebensmittelverarbeitung in einer Projektskizze erfasst. Diese geht von der Bedeutung der Ernährung für Gesundheit und Wohlbefinden aus und sieht einen Widerspruch zum Verhalten vieler Menschen. Jugendliche ernähren sich ungesund, was langfristig zu ernährungsbedingten Krankheiten, zur Einschränkung der Lebensqualität und zu hohen gesellschaftlichen Kosten führt. Über die Schwierigkeiten der Produktion gesunder Nahrung, deren Aufbereitung in schwierigen sozialen Situationen und vor allem über den Bezug zwischen schulischer Vermittlung und gesellschaftlicher Realität finden wir im Plan nichts, stattdessen wird auf Handlungserfahrung, Tun und Schmecken abgehoben. Auch in Schleswig-Holstein setzen die Planungen auf ein reichlich naives Verständnis von „Gesundheit und Ernährung“. Durch Aufklärung soll die erschreckende Zunahme essgestörter und fettleibiger Kinder eingedämmt und das Gesundheitssystem in der Überflussgesellschaft langfristig entlastet werden. Andere Beispiele können die technikzentrierte Sichtweise demonstrieren. So wird die digitale Informationssteuerung in Berlin durch elektronische Schaltungen eingeführt: Im Beruf, im Privathaushalt und im Freizeitbereich spielen elektronische Schaltungen eine so allgegenwärtige Rolle, dass auch ein Laie ein minimales Orientierungswissen haben muss. Neben dem Verbraucherverhalten und dem Hinweis auf ökologische Entsorgung wird lediglich auf Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit abgehoben. Beispielhaft in Berlin ist allerdings das Projekt „Partnerschaft Schule und Betrieb“. Durch die konkrete Kooperation von Schule und einem Betrieb soll die Distanz zwischen Schule und Wirtschaft verringert werden. In Schülerpraktika oder Lehrerfortbildungen im Partnerschaftsunternehmen soll das spezielle Wissen des Betriebes den Schülerinnen und Schülern oder aber den Lehrerinnen und Lehrern vermittelt werden. Es existieren meist Mittler zwischen Schule und Betrieb beispielsweise die IHK Berlin und HWK Berlin. Die Mittler begleiten die Partner inhaltlich und formal, fördern den Erfahrungsaustausch und vernetzen die einzelnen Kooperationspartner miteinander. Dies ist ein gutes und

- 247 - praktisches Beispiel der Vernetzung, das jedoch die konzeptionellen Probleme im Übergang zu einem „Job“ nicht an sich überwindet. Schließlich soll auf ein spannendes Modellprojekt verwiesen werden, das von der BzgA vorgestellt wird. Angeboten wir ein Baustein zu wichtigen Aspekten der Arbeitslehre: Erprobung schallschützender Materialien in einem selbstgefertigten Modellhaus. Lärmschutz ist im Fach Arbeitslehre z.B. ein Thema bei Fragen des Haushalts und der Arbeitswelt. Lärmschutz kann auch Inhalt von Arbeitsvorhaben im Werkunterricht sein. Dies gilt ebenso für Probleme aus dem Bereich der Architektur im Kunstunterricht. Im folgenden wird ein Vorhaben vorgestellt, das sich mit Fragen der Lärmdämmung im Hausbau beschäftigt. Die Weiterleitung von Geräuschen zwischen Zimmern und zwischen Wohnungen soll eingeschränkt werden. Vor allem aber sollen in Ballungsgebieten die Lärmimmissionen vom Verkehrs- und Nachbarschaftslärm gemindert werden. Hierbei ist zwischen Schalldämmung und Schalldämpfung zu unterscheiden. Bei der Dämmung wird der Schall reflektiert und dringt nicht durch trennende Wände o.ä. Bei der Dämpfung handelt es sich um eine Energieumwandlung, bei der die Schallenergie in Wärmeenergie umgewandelt und damit vermindert wird. Hierbei ist im Wohnungsbereich zwischen der Dämpfung von Körperschall mit elastischen Stoffen (z.B. Teppiche) und der Dämpfung von Luftschall mit porösen Stoffen zu unterscheiden. Die porösen Stoffe (z.B. Mineralwolle) haben einen großen Strömungswiderstand für Luft. Das nutzen z.B. Musiker, die Nadelfilzmatten oder Eierkartons an die Decken und Wände ihrer Übungsräume befestigen. Zum Schallschutz steht eine Reihe von Werkstoffen zur Verfügung. Die Bereitschaft, derartige Werkstoffe zu verwenden, ist jedoch nicht sehr groß. Oft wird Wärmedämmung, deren Notwendigkeit vor allem aus finanziellen Gründen anerkannt ist, mit Schalldämmung gleichgesetzt. Mit dem Bau des Modellhauses und anschließenden Messungen zur Lärmdämmung wird beabsichtigt, den Schülerinnen und Schülern deutlich zu machen, daß Lärm- und Wärmedämmung verschiedene Dinge sind. Des weiteren soll demonstriert werden, in welchem Umfang Lärm gedämmt werden kann. Die Erprobungen zeigen, daß die Durchführung des Projektes bei guter Vorbereitung vier Vormittage in Anspruch nimmt. Das Vorhaben gliedert sich in zwei Schritte. Zunächst wird ein Modellhaus gebaut, das mit unterschiedlichen Dämmaterialien bestückt werden kann. Anschließend erfolgen Messungen zu den Dämmeigenschaften dieser Materialien, die probeweise in das Haus eingebracht werden. Zur Minderung oder Vermeidung von Kosten empfiehlt es sich, frühzeitig bei den örtlichen Baumärkten und bei den Eltern der Schülerinnen und Schüler nachzufragen, ob Reste von Bau- und Dämmaterialien abgegeben werden können. Bei den Erprobungen brachten die Eltern Materialien in größerem Umfange mit. Beim Modellhaus handelt es sich um einen geschlossenen Raum, der aus üblichen Baumaterialien zu fertigen ist (Tischlerholz, Sperrholz, Gipskarton - 248 - o.ä.). Der Raum kann oben mit einem flachen Deckel verschlossen werden. Ansprechender ist es (s. Konstruktionsskizze), diesen Deckel mit einem Dreieck zu überbauen, so daß er wie ein Satteldach aussieht. Die Größe des Modellhauses ist beliebig. Wichtig ist, daß der Innenraum so groß ist, daß nach Einbringen der Dämmaterialien hinreichend viel Platz vorhanden ist, so daß ein Lautstärkemeßgerät hineingelegt werden kann. Damit bestimmt sich die minimale Größe durch die Größe des in der Schule vorhandenen Meßgeräts. Bei dem o.g. Gerät (Sachinformationen, Anmerkungen zum Meßgerät "Die Zelle") mußte das Haus mit einer Kantenlänge von 400 mm gebaut werden. Mögliche zu testende Dämmaterialien für Schall- und/oder Wärmedämmung sind Kork, Mineralwolle, Gipskarton (sofern das Haus nicht aus Gipskarton gebaut wurde), Holz (sofern das Haus nicht aus Holz gebaut wurde), Mineralwolle, Styropor, Wellpappe, Blähton o.ä. Das Einbringen dieser Dämmaterialien ist nicht ganz einfach, weil darauf zu achten ist, daß keine Schallbrücken durch Feststoffe gebildet werden, die von der Außenwand des Modellhauses in den Innenraum reichen. Die Dämmstoffe können hineingelegt oder angeheftet werden. Dabei können Klebstoffe oder noch besser Klettverschlüsse verwandt werden. Loses Material wie Mineralwolle sollte kaschiert sein. In diesem Falle muß die Mineralwolle zum Innenraum hinweisen. Andere Dämmaterialien, wie zum Beispiel Blähton, erhält man nur lose. Sie sind auf Pappen aufzukleben, wobei das Material wiederum zum Innenraum und die Pappe nach außen weist. Es ist darauf zu achten, daß die Materialien nicht gepreßt werden und unter Spannung stehen, damit sich keine Schallbrücken bilden. Es entspricht einer ganzheitlichen Erziehung, einer Orientierung an den Lebenswelten sowie einem Unterricht mit Alltagsbezug, wenn der Bau des Modellhauses nicht nur unter dem Aspekt der Lärmdämmung gesehen wird. Landestypische Stilmittel können berücksichtigt werden. Die Wände des Modellhauses können mit Holzstreifen als Fachwerk belegt werden. Mit unterschiedlichen Farben und/oder Spachtelmassen können die Fassaden gestaltet und farblich nuanciert werden. Sowohl für den Unterrichtsauftrag als auch für die Anteilnahme an diesem Projekt ist es sinnvoll, wenn den Schülerinnen/Schülern wenig vorgegeben wird, so daß sie sich selbst mit Fragen der Konstruktion des Hauses, seiner ästhetischen Gestaltung und der Möglichkeit der Lärmdämmung beschäftigen. Sollten zum Beispiel zunächst Schallbrücken eingebaut worden sein, deren Wirkung man mit dem Meßgerät nachweisen kann und die man nachträglich wieder entfernen muß, ist dieser Fehler und seine Behebung trotzdem ein Lernerfolg für alle beteiligten Schülerinnen/Schüler. Man kann natürlich auch Schallbrücken einbauen und dann entfernen, um so deren Wirkungen zu demonstrieren. Nachdem das Haus fertiggestellt wurde, beginnen die Messungen. Hierzu muß ein Lärmpegelmeßgerät in das Innere des Hauses gelegt werden, bevor dieses schalldicht verschlossen wird. Dies macht es notwendig, daß das Gerät ohne ein stromführendes Kabel batteriebetrieben sein muß. Dieses Gerät muß über einen - 249 - Zeitraum von mindestens einer Minute messen, ferner muß das Ergebnis nachträglich ablesbar sein. Das o.e. Gerät Die "Zelle" erfüllt diese Voraussetzungen. Für Schulen, die nicht im Besitz eines Gerätes sind, das derartigen Ansprüchen genügt, wird weiter unten eine Alternative vorgeschlagen.

Dieses Beispiel zeigt zweierlei: Zum einen zeigt es eine gute Handhabung von Messung und praktischer Verbindung von Problem und Lösung. Zum anderen zeigt es die Konsequenzen einer nicht konsequent durchdachten Konzeption: Denn das Beispiel ist nur bezüglich einer Arbeitswelt geplant, die fern ist und nicht aus und in der Schule zu erreichen ist. So handelt es sich tatsächlich um eine Art Modellbaukasten, der in der Separation der Schule verbleibt. Stattdessen wäre es gerade sachhlich sinnvoll, Problemwahrnehmung und Gesundheitsförderung auf den eigenen Arbeitsplatz zu beziehen: es gibt gute Hinweise und Untersuchungen zur Lärmbelastung im Unterricht – für arbeitende Lehrer und Schüler. So könnten alle Versuche realistischer als Untersuchung der eigenen Wirklichkeit konzipiert und durchgeführt werden.

- 250 - 4.2. Problemlagen und Problemlösungen

Gesundheitliche Belastungen der Schüler und Lehrer sind lange bekannt. Bereits Mitte der 1960er Jahre wurden bei 50% der Schulkinder erhebliche Haltungsschäden festgemacht, 67,4% hatten anatomisch anomale Füße, 59 % nervöse Verhaltensweisen, 96% litten an Zahnfäule, von Suchtgefährdungen ganz zu schweigen.576 Heute schätzen SchülerInnen ihren Gesundheitsstand recht gut ein. 34% der Jungen schätzen denselben als sehr gut, 42% als gut ein; bei den Mädchen sind diese 16 % resp. 40%. Gleichwohl werden auch Beschwerden laut (Hollmann u.a. 1978; Engel, Hurrelmann 1989; Weber u.a. 1990): Hierzu zählen Übergewicht (30% der 8-16jährigen), Kreislaufprobleme (20-25%), Haltungsschwächen oder –schäden (50-65%). Mindestens zwei Drittel der Schulanfänger zeigen in schulärztlichen Untersuchungen einen Befund. Großen Zuwachs verzeichnen psychosomatische Probleme (Konzentrationsschwierigkeiten, Nervosität, Hyperaktivität, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, auch Essstörungen, Angstzustände, Neurosen, Migräne, Neurodermitis, dissoziales Verhalten). Neuere Untersuchungen zeigen ein noch problematischeres Bild: Demnach finden sich bereits bei Schuleintritt und in der Primarstufe eingeschränktes Sehvermögen bei ca. 20% der Kinder, vermindertes Hörvermögen bei ca. 10%, mit Karies befallene Zähne bei 19-48%, chronische Krankheiten oder Behinderung bei ca. 10%, Erkrankungen des allergischen Formenkreises (also Neurodermitis, allergische Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale) bei 10-40%, Übergewicht bei 7-19% (bei den 10-15-Jährigen sogar 22-25%.577 Woher kommen solche Problemlagen? Zum einen haben wir es mit traditionellen Wirkungszusammenhängen zu tun, zum anderen aber auch mit neueren und komplexen Belastungen. Letzteres drückt sich auch in dem Umstand aus, dass auch andere gesundheitliche Belastungen bei Schuleintritt oder in den ersten Schuljahren auffällig sind. So zeigen sich bei 10-25% Entwicklungsdefizite im Sprachbereich, 5-10% Entwicklungsrückstände der Grob- und Feinmotorik, 10% förderrelevante Leseschwäche, 15% förderrelevante Rechenschwäche, 10% Angststörungen, 8% aggressiv-dissoziale Störungen, 4-6% depressive und hyperkinetische Störungen. (Dordel 1998, Krombholz 2005, Petermann 1995) Eine komplexere Wahrnehmung und Bearbeitung gleicherweise ist nötig. Was die Wahrnehmung anbelangt, so ist in den letzten Jahren einiges geschehen. Insbesondere die Morbidität und Mortalität von Jugendlichen und Kindern wurde ins Auge gefasst. Im Rahmen der nationalen Gesundheitsberichterstattung, die das Robert-Koch-Institut entwickelt, erteilte 1998 das Bundesministerium für Gesundheit den Auftrag, ein Kinder- und

576 vgl. Wegmann, R.: a.a.O. 577 vgl. Benkert, O. bei: WHO Regionalbüro Europa, a.a.O., 2003 - 251 - Jugendsurvey zu entwickeln; das Projekt startete zum Ende des Jahres 2000578. Bearbeitet werden  Krankheiten, Unfallverletzungen  Gesundheitslage, Befinden, personale Ressourcen und Lebensqualität  Inanspruchnahme medizinischer Leistungen  Medikamentenkonsum  Ernährung  Gesundheitsrelevanter Lebensstil, Risikoverhalten  Somatische, psychische und soziale Entwicklung  Lebensbedingungen, Sozidemografie und Sozialstatus  Risiken aus der natürlichen und anthropogen veränderten Umwelt  Impfstatus

Diese Berichterstattung ist zwar recht breit angelegt, konkret aber dann auf Pathogenität reduziert. Dazu handelt es sich nur um Querschnittsuntersuchungen, während gerade für die betreffende Problematik eigentlich Verlaufsuntersuchungen angezeigt wären. Somit ist kein Lebensverlauf im Visier der Berichterstattung. Und auch ansonsten finden wir viele methodische Reduktionen. Selbst Umweltaspekte werden lediglich nach der Risikofaktoren-Konzeption registriert. Ätiologische Fragen werden gestellt nach dem Muster „In welchem Alter trat das Problem erstmals auf?“ Insgesamt bearbeitet das Institut drei grobe Gebiete: 1. Körperliche Gesundheit, wobei vor allem Fragen nach „den für das Kindes- und Jugendalter typischen Krankheiten und Unfällen“ gestellt werden 2. Psychische Gesundheit und Wohlbefinden, wobei nach der Selbstwirksamkeit und der Verhaltensauffälligkeit gefragt wird, wieder mit dem Ziel, „zuverlässige Aussagen über die häufigsten psychosozialen Probleme“ zu erhalten 3. Lebensbedingungen und Gesundheitsverhalten, wobei neben den „Risikoverhaltensweisen“ nach den soziodemographischen Merkmalen gefragt wird Daraus wird ein Überblick über Belastungen zusammengestellt. Es dominiert immer noch die einfache Vorstellung, dass sich Aufgaben der Gesundheitsförderung. aus den feststellbaren Krankheitsrisiken ergeben. Ein Markstein dieser Reduktion ist der Begriff „gesundheitliche Versorgung“, der im Grunde eine pathogenetisch begründete Intervention darstellt. Bedarfsuntersuchungen und –Planungen gehen daher auf Krankheit zurück, nicht z.B. auf Eigenheiten der Lebensführung oder Leistungsentwicklung. Was heißt beispielsweise, wenn in der Logik des Robert-Koch-Instituts

578 Siehe www.kinder-jugend-gesundheit21.de - 252 - „Gesundheitsrisiken identifiziert“ und daraus „Präventionskonzepte“ entwickelt werden sollen?579 Sehen wir uns die Risiken und Problemlagen etwas näher an. Zu den Arbeitsbedingungen in der Schule580 gibt es eine Fülle von Hinweisen und Befunden. Es gibt aktuelle Klagen über große Klassen, zu kleine und schlecht ausgestattete Klassenräume, hohe Lärmbelastung und schwierige Zeitregelungen. Berichtet wird die Zunahme psychosomatischer Problemlagen. So geben 60% der LehrerInnen psychische Probleme an, 50% leiden an Burnout, 38% leiden an Herz- Kreislaufproblemen. Die Arbeitsbelastung lässt sich auch an den geleisteten und zu leistenden Arbeitsstunden ablesen. Sogar die Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte ist sukzessive gestiegen, wie nachfolgende Tabelle darstellt:

Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte in Niedersachsen

Typen 1961-69 ab 69 ab 71 ab 80 ab 81 ab 86 ab 89 ab 92 ab 94 ab AK GS 30 29 28 27,5 28 29 HS 30 29 28 27 27,5 29 OS - 27 26,5 27,5 29 RS 28 27 26 25,5 26,5 28,5 SoS 28 27 26 25,5 26,5 28,5 Gym 25 24 23 22,5 23,5 25,5 IGS - 24 23,5 24,5 26,5 BBS 28 27 26 25 24,5 24 25 25,5 26,5

Die wöchentliche zu unterrichtende Stundenzahl ist eine der zentralen Belastungen der Lehrerschaft. Dadurch werden Vertretungsregelungen, Beratungsaufgaben und sogar Weiterbildungen schwierig. Es gibt dann eine Art Belastungsspirale: Die Bewältigung der pädagogischen Aufgaben in der Arbeitszeit ist nicht mehr möglich. Dadurch sind vor allem solche Projekte und Aktivitäten in der Schule und mit Schülern gefährdet, die zusätzlich organisiert werden sollen/müssen. Dieser Belastungskomplex wirkt sich auch in der Erwerbsbiografie von LehrerInnen aus. Kaum ein Lehrer geht zum regulären Zeitpunkt in die Pension bzw. wird verrentet. Jede zweite Lehrkraft geht krankheitsbedingt vorzeitig in den Ruhestand (durchschnittlich mit 56 Jahren). Lediglich 4% erreichen die normale Altersruhestandsgrenze von 65 Jahren581. Dieser Umstand ist nicht nur wirtschaftlich unsinnig, sondern auch ein „desinteressierter Umgang mit dem

579 vgl. dazu: RKI- Robert Koch Institut Berlin: Gesundheit in Deutschland.- Berlin 2006 580 vgl. dazu: Bremer Lehrerzeitung 03-04, Bremen, 2003 581 E&W Niedersachsen: 9/2001, S.11 - 253 - eigenen Personal“, wie die Gewerkschaft moniert. Bereits seit vielen Jahren gibt es Bemühungen die Arbeitsbedingungen und gesundheitlichen Belastungen und Beanspruchungen des Lehrerstandes zu thematisieren. 582

582 vgl. dazu: Combe, Arno: Kritik der Lehrerrolle. Gesellschaftliche Vorraussetzungen und soziale Folgen des Lehrerbewusstseins.- München 1972; sowie: Wältz, Bernd: Berufsbelastung und Realitätsbedeutung von Lehrern.- Bensheim 1980; sowie: Meyer- Dinkgräfe, Wilhelm: Der Lehrerstand. Berufspsychologische Untersuchungen und Erhebungen.- Göttingen 1928; sowie: Gedeon, Heinrich: Der Lehrer in Gesellschaft und Leben.- Hamm 1921, S. 127ff; sowie: Arbeits- und Gesundheitsschutz. In: Gewerkschaft, Erziehung und Wissenschaft Baden- Württemberg.- Stuttgart, Dezember 2003 - 254 - Auch der Freistaat Bayern registriert seit 1996 die Frühpensionierungen. Es stellt sich heraus, dass psychosomatische Erkrankungen die Hälfte aller Erkrankungen ausmachen: Immer wieder werden von Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen thematisiert. Lehrer klagen z.B. über Lärmbelästigungen. Schwerpunkte sind die Pausen und der Sportunterricht. In einer Sportstunde wurden durchschnittlich 90 Dezibel Lärm, in der Spitze über 100 Dezibel gemessen: „Lärm kann in fast jeder Schule und jeder Kita ein Problem sein. Anders als Straßen- oder Verkehrslärm kommt Schullärm nicht von außen, sondern von innen -– also von Schülern und Lehrern selber. Wesentliches Kriterium dafür, wie laut oder leise es ist, ist die „Nachhallzeit“ in einem Raum.“583 Am 13.05.2003 diskutierte die GEW in Bremen über „Arbeitsbedingungen in der Ganztagsschule“. Die politische Forderung nach Ganztagsschulen ist ebenso stark, wie unklar ist, was im Einzelnen darunter zu verstanden wird: handelt es sich lediglich um eine zeitliche Ausdehnung der schulischen Aufsicht, oder um eine qualitativ andere Bildungskonzeption? Bei jeder einfachen zeitlichen Ausdehnung muss nach der Effektivität des pädagogischen Handelns gefragt werden. Insbesondere die Leistungsfähigkeit der Schüler ist nicht einfach Gleicherweise auszudehnen. Auf diese Leistungsfähigkeit ist die Schule jedoch angewiesen, weil ansonsten jedes noch so gute Lehrangebot verschwendet würde. Doch auch die Motivation, die durch besonders guten Unterricht gewonnen werden kann, wird durch einfache zeitliche Ausdehnung nicht gestärkt,. Bei Lehrern wie bei Schülern sind Beschränkungen der Aufnahme und Beteiligungskapazitäten zu berücksichtigen. Hier fordert Hans-Georg Schönwälder, zunächst die Möglichkeiten zu untersuchen, „keine verfügbare Schülerzeit zu verschwenden“. Dies könne in drei Richtungen gelten:584  sinnvolle Zeitnutzung über den Tag, was Pausen und Erholung impliziert, leere Anwesenheitspflicht aber minimiert;  inhaltliche Zeitnutzung auf dem jeweiligen Leistungsniveau der Schüler durch binnendifferenzierte Aufgabenstellung;  auf die physiologischen Schwankungen der Leistungsfähigkeit von Schülern und ihren LehrerInnen abgestimmte Leistungsanforderungen. Schönwälder wiederholt die älteren Ergebnisse, wonach im Tagesverlauf ein Absinken des Aktivierungsniveaus bei LehrerInnen zu verzeichnen ist, das nicht durch die kleinen Pausen, sondern lediglich durch die Mittagspause unterbrochen wird, jedoch schnell wieder einsetzt. Jörg Berndt schlug seinerzeit vor, die Pausen bereits vom Vormittag an zunehmend länger werden zu lassen. Die Befunde sprechen dagegen, die Belastung der LehrerInnen auszudehnen. Nach den Befragungen bedürfen LehrerInnen, die sich selbst für arbeitsfähig halten, „zu 2/3 häufig oder regelmäßig ärztlicher Hilfe, leiden zu 40%

583 Goddar, Jeanette: Ohrenbetäubend.- In: E&E 7-8/2003, S.7 584 Schönwälder, H. G.: Arbeitsbedingungen an Ganztagsschulen.- In: E&W 06-2003, S.6 - 255 - mindestens unter häufig wiederkehrenden, in vielen Fällen chronifizierten, psychophysischen Beschwerden und weisen zu 40% in der medizinisch/psychologischen Untersuchung Befunde auf, die signifikante Einschränkungen der psycho-physischen Leistungsfähigkeit oder in Einzelfällen sogar auf zuvor unbekannte, manifeste Erkrankungen hindeuten.“585 Das bedeutet in der Konsequenz, dass die guten pädagogischen Chancen der Ganztagsschulen einen geometrisch wachsenden Bedarf an Lehrkräften erfordern. Mit einer einfachen zeitlichen Ausdehnung ist es also nicht getan. Betrachten wir die Schule als Arbeitsplatz, so müssen diese Befunde auch mit arbeitswissenschaftlicher und arbeitsrechtlicher Konsequenz interpretiert werden. Die EU-Richtlinie zum Arbeitsschutz wurde in Deutschland 1996 als Arbeitsschutzgesetz realisiert. Darin ist u.a. eine Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz als Aufgabe des Arbeitgebers vorgesehen, die er mit Hilfe der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit angehen soll. Hierfür ist auch eine Beteiligung der Arbeitnehmer usw. vorgesehen, auch bezogen auf Art und Umfang der Untersuchungen. Mögliche Maßnahmen der Gesundheitsförderung für Lehrer werden in diesem gewerkschaftlichen Zusammenhang seit langem diskutiert und gefordert. Hier eine Zusammenstellung:  Kommunikationstraining für Kollegien  Programm „Gesundheitsfördernde Führung“ für SchulleiterInnen  Qualifizierung und Weiterbildung mit Anrechnung auf die Unterrichtszeit  Senkung der Klassenfrequenz  Einstellung von Assistenz- und Hilfspersonal  Abschaffung des verpflichtenden Arbeitszeitkontos  Halbierung der Pflichtstundenzahl ab dem 55. Lebensjahr  Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten  Pensionsalter 6. Lebensjahr auf Antrag  Imagekampagne für Schulpersonal usw. Im Kern laufen diese Diskussionen und Forderungen darauf hinaus, die klassischen Konzepte des Arbeiterschutzes konsequent auf die Lehrerarbeit anzuwenden und zugleich durch Konzepte der Gesundheitsförderung zu ergänzen oder zu erweitern. Eine salutogenetische Neuorientierung nimmt neben personalen und sachlichen Potenziale auch soziale Ressourcen in den Blick. „Salutogene Potenziale sozialer Systeme treten nach bisher vorliegenden Erkenntnissen insbesondere in dreierlei Form auf:  als vertrauensvolle Bindungen an einzelne Menschen, an soziale Gruppen oder Kollektive;

585 Ebd. - 256 -  als positive bzw. hilfreich empfundene Rückmeldung aus dem sozialen Umfeld in Form von Zuwendung, Information, Anerkennung und praktischer Unterstützung;  als gemeinsame Überzeugung, Werte und Regeln, die Berechenbarkeit und Steuerbarkeit sozialer Systeme ermöglichen und die zwischenmenschliche Kooperationenleichtern. 586 Zusammengenommen bilden sie die Grundelemente des betrieblichen Sozialkapitals, das seinerseits für eine effiziente und salutogene Verknüpfung von Sach- und Humankapital unverzichtbar ist, in seiner zugleich ergebnis- und mitarbeiterorientierten Bedeutung jedoch noch allzu häufig unterschätzt wird.“ 587 Für die Lehrer als Arbeitskräfte kann der Sozialkapitalansatz, wie ihn Bernhard Badura entwickelte, nutzbar gemacht werden: „Investitionen in das Sozialkapital eines Unternehmens oder einer Dienstleistungsorganisation zielen in erster Linie auf:  die Stärkung der Vertrauenskultur,  die bessere Vernetzung der Mitarbeiter sowie  die Entwicklung und Pflege unternehmensweit geteilter Überzeugungen, Werte und Regeln. Investitionen in das Sozialkapital leisten einen Beitrag zu beidem: zur Steigerung von Wohlbefinden und Gesundheit der Beschäftigten und zur Steigerung der Wettbewerbskraft und Leistungsfähigkeit einer Organisation: durch Erleichterung der Zusammenarbeit, Förderung des Informationsflusses, Unterstützung der Identifikation mit der eigenen Arbeit und dem Unternehmen. Schaffung von Voraussetzungen für ein positives Selbstwertgefühl und ein gesundheitsförderliches Verhalten588. Investitionen in das Sozialkapital helfen zugleich bei der Verhütung und Bewältigung weit verbreiteter Organisationskrankheiten wie Motivationsverlust, innere Kündigung, hohe Fehlzeiten oder Burnout und tragen zur Steigerung von Flexibilität und Leistungsbereitschaft bei.“ 589 Unternehmerische Investition in Sozialkapital orientieren auf vier Ziele590: 1. Nutzen stiften, Zukunftsfähigkeit steigern 2. Kosten senken 3. Arbeits- und Gesundheitsschutz neu ausrichten 4. Gesundheitsmanagement als kontinuierlichen Lernprozess organisieren Praktische und erfolgreiche Gesundheitsarbeit geht wie folgt vor591:

586 Badura, Bernhard; Hehlmann, Thomas: Betriebliche Gesundheitspolitik. Der Weg zur gesunden Organisation.- Heidelberg, 2003 587 Münch, Eckhard; Walter, Uta; Badura, Bernhard: Führungsaufgabe Gesundheitsmanagement: Ein Modellprojekt im öffentlichen Sektor.- Berlin, 2003, S. 18 588 ebd., S. 19 589 ebd. 590 ebd., S. S. 23f. 591 ebd., S. 232 - 257 - 1. Gesundheit prioritär thematisieren, aber von den jeweiligen Aufgaben her 2. Gesundheitsförderung als individuelle Verantwortung (von unten), in sozialen Beziehungen aber als Organisationsprinzip (also von oben) entwickeln 3. Kompetenzaufbau durch Weiterbildung 4. Netzwerke „gesunder Organisationen“ knüpfen 5. Werbung, Präsentation und Mobilisierung 6. Einbau der Gesundheitsthemen in bestehende Aushandlungen 7. Staatliche Rahmungen, Stützungen, Förderungen Diese Bereiche können zunächst ohne weiteres auf den Betrieb Schule und den Arbeitsplatz von Lehrern angewandt werden. Folgende Sektoren könnten dergestalt einer Analyse zugeführt werden: Räume - Klassenraum - Fachräume - Pausenräume - Möbel, Sitze, Stabilität - Licht, natürliches- künstliches - Klima, Luft, Lüftung, Luftfeuchtigkeit - Farbe - Toiletten

Bewegen - Schulweg, Verkehrssicherheit - Pausenhof - Cafeteria - Sportanlagen, Spielplätze - Schulstunden, Pausenaufenthalt - Sitzen, Stehen, Haltung

Hygiene - Reinigung (Raumreinigung, Tafel säubern, Papierkorb, etc.) - Desinfektion - Sanitäre Anlagen

Stress - Pünktlichkeit - Ergebnisdruck - Ermüdung - Überforderung - Unterforderung - Monotonie des Unterrichts - Schwierige Beziehungen zu Lehrer, Mitschüler Im Folgenden können die Bereiche und das Wissen zu diesen Problemlagen nicht vorgestellt werden.

- 258 - 4.2. Checkliste der gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung

Die Berücksichtigung der arbeits- und gesundheitswissenschaftlichen Erkenntnisse wurde im Zusammenhang schulischer Praxis vom Verfasser wie folgt systematisiert. Hierbei lag auch methodisch ein Qualitätsmanagement zugrunde, dem die Arbeitslehre bereits sehr früh verpflichtet war: Von Otto Scheibner wurden bereits 1926 entsprechende Arbeitsschritte systematisiert592: 1. Arbeitsziel setzen 2. Arbeitsweg planen 3. Arbeitsmittel zur Durchführung bereitstellen 4. Arbeitsschritte vollziehen 5. Arbeitsergebnis finden, prüfen, bewerten, einordnen

Unschwer zu erkennen ist, dass die modernen Prinzipien des Qualitätsmanagements der gleichen Logik folgen. Demnach sollen zunächst die vorhandenen Daten oder empirischen Befunde zusammengestellt oder aufgearbeitet und die analytischen Auswertungen vorgenommen werden. Danach müssen die Vorüberlegungen und Planungsprozesse ebenso offen gelegt und dokumentiert werden, wie die Formulierung von Zielen und die Festlegung der Umsetzungsmaßnahmen. Die Durchführung der Maßnahmen unterliegt eigener Logik und muss, ähnlich der Implementierung von Regelungen, in ihrer Wirksamkeit verfolgt werden. Auf dieser Basis kann dann eine Evaluation des gesamten Prozesses erfolgen und Rückschlüsse direkter oder indirekter Art gezogen werden. Als ersten Schritt in der eigenen Konkretisierung einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung wurde eine vereinfachte Bestandsaufnahme und Problemanalyse konzipiert. Dieser Gesundheits- Check soll im 8.-10. Schuljahr in Projektform stattfinden und über ca. 6 Wochen durchgeführt werden. Hierfür sind ca. 4 (+4 Reserve) Stunden pro Woche zu veranschlagen. Eine gemeinsame Grundlegung und Erarbeitung der wichtigen Inhalte und Kriterien soll im Klassenverbund erfolgen. Diese Erarbeitung der konkreten Inhalte geschieht in Kleingruppen und in drei systematischen Schritten: 1) Empirische Untersuchung, Bestandsaufnahme, Befragung, Beobachtung 2) Folgeneinschätzung, Beurteilung der Problematik 3) Folgerung für Maßnahmen der Gesundheitsförderung und des –Schutzes Die weiteren qualifizierten Schritte sind nachfolgend zusammengestellt:

592 Scheibner, O.; 1926; zit. nach: Jenzen, U.: a.a.O., 1993, S.95 - 259 - Überlegungen zu ersten Gesundheitsförderungsschritten: Damit das Beispiel Schule macht! (Schrittfolgeprogramm ) 4. Schritt : Konturierung der Zielstellung 5. Schritt : Festlegung und Arrangement der Mittel (Inhalt und Methodenbezug ) 6. Schritt: Aufstellen und Differenzieren / Alternativen des Arbeitsplanes 7. Schritt : Fokussieren der einzelnen Etappen / Teilziele 8. Schritt : Evaluation und Sicherung der Ergebnisse / weiterführende Fragen Schaubilder und Graphen 9. Schritt: Diskursive Verknüpfung von Zielvorgaben, Teilergebnissen und angestrebtes ” Produkt ” / Ergebnis

Schematische Ablaufplanung:

Einführungsphase ca.1 Woche - Thema vorstellen - Kleingruppen aufteilen - Allgemeine Hinweise zur Durchführung

Durchführungsphase ca. 3 Wochen - Fragebogen zusammenstellen - Hypothesen formulieren - Methoden festlegen - Erhebungen, Befragungen, Beobachtungen

Auswertungsphase ca. 2 Wochen - Vortragen der Ergebnisse - Kriterien der Bewertung - Diskussion der Folgen und Qualität - Diskussion der Maßnahmen und Konsequenzen

Thematische Bereiche:

Schule und materielle Verhältnisse Umwelt - Region, Stadtteil - benachbarte Betriebe - Infrastruktur - Klima

Räume - Klassenraum

- 260 - - Möbel, Sitze, Stabilität - Licht, natürliches - künstliches - Luft, Lüftung, Luftfeuchtigkeit - Farbe - Toiletten

Schule - Schulweg, Verkehrssicherheit - Pausenhof - Spielplätze

Lärm - Schulklasse, Akustik, Schalldämpfung - Nachbarklassen - Straße - Verkehrslage, z.B. Einflugschneise, Schnellbahntrasse

Kleidung - Mode - Jahreszeitspezifisch - Wetterspezifisch

Bildschirmarbeit - Einrichtung in der Schule - Verhältnisse zu Hause - Häufigkeit, Dauer

Prozesse und Aufgaben Unfall - im Unterricht, Sport - auf dem Schulweg - Sicherheitsmaßnahmen, -hinweise, -kontrollen - Brandschutz

Bewegen - Schulstunden, Pausenaufenthalt - Sportaktivitäten - Sitzen, Stehen, Haltung - Unterrichtsgang

Hygiene - Reinigung - Desinfektion - Lüftung

- 261 - - Sanitäre Anlagen

Stress - Pünktlichkeit - Ergebnisdruck - Klassenarbeiten, Tests, Zeugnisse - Ermüdung - Überforderung - Unterforderung - Monotonie des Unterrichts - Schwierige Beziehungen zu Lehrern, Mitschülern Zeiten - Stundenplan - Rhythmus - Freizeit - Schlaf

Ernährung - Mittagstisch - Schulbrot - Obst - Trinken - Cafeteria - Übergewicht - Magersucht

Drogen - Alkohol - Zigaretten, Tabak - Kaffee - Medikamente - Weiche, harte Drogen

Aufgaben und Verantwortung Leistungen - Aufmerksamkeit im Unterricht - Hausaufgaben - Klassenarbeiten, Prüfungen

Gesundheitliche Versorgung - Schularzt, Untersuchungen, Berichte - Schulpsychologe - Gesundheitsamt ansonsten - Benachbarte Einrichtungen

- 262 - Körperliche Entwicklung Pubertät Kleinwüchsigkeit Großwüchsigkeit Körperbehinderung Ermüdung

Behinderte - Formen, körperlich, geistig, Lern-, etc. - Rehabilitation - Integration weitere mögliche Sonderthemen

Lehrmaterialien I +K - Medien Fachunterricht - Biologie - Sport - Arbeitslehre - Deutsch

Sexualität

Freizeit, Werte, Vereine, Virtualität

Freundschaften, soziales Umfeld, social support

Familie

Krankheiten - Allergien - Infektionen - Aids

Religion

Gesundheitsaufklärung - Plakate - Filme - Ausstellungen

Die o. vorangestellte Aufzählung ist sicher anpassungsbedürftig auf konkrete Schulstandorte und Gegebenheiten. Insgesamt spiegelt sie jedoch auch die vielschichtigen Anforderungen, die bei einer, wenn auch schrittweise,

- 263 - schulischen Implementation von Gesundheitsförderungsanteilen zu berücksichtigen sind.

- 264 - 4.3. Unterrichtsbeispiele Angeleitet durch die vorgestellten inhaltlichen und methodischen Überlegungen und auf der Basis praktischer Erfahrung hat der Verfasser verschiedene Unterrichtseinheiten und Projekte konzipiert, durchgeführt und ausgewertet, die im Anhang aufgeführt sind. Zur empirischen Entwicklung fachdidaktischer Entscheidungen und zur produktiven Differenz praktischer und theoretischer Unterrichtstätigkeit werden im Anhang 2 „typische“ Beispiele vorgestellt. In der beruflichen Qualifizierung, dem Studium zur Entwicklung lernprozessangemessener und fachdidaktisch effizient vorbereiteter Unterrichtsangebote strukturierten sich während meiner universitären Sozialisation wechselnde Anteilskontingente theoretischer und fachpraktischer Art. In der retrospektiven Sichtung und Bewertung dieser qualitativ wirksamen Studiengegenstände zeigen sich verschiedene biographische Etappen. Zunächst strukturierten sich nach dem Schulbesuch im Verlaufe meiner Sozialisation erste Erfahrungen im Rahmen meiner Bauausbildung zum Beton- und Stahlbetonbauer. Mehrere teils schwere Arbeitsunfälle auf meiner Baustelle sowie eigene Erfahrungen mit gesundheitsbelastenden und bedrohlichen Arbeitsbedingungen und Werkstoffen kennzeichnen erste persönliche Konfrontationen mit dem Themenfeld Arbeit und Gesundheit. Im Nachfolgenden werden diese beruflichen Erfahrungen ständig unter wechselnden Gesichtspunkten thematisiert und didaktisch sowie methodisch evaluiert. Als Absolvent des Studienganges Arbeitslehre/Politik der Universität Bremen standen mir in meiner primär auf fachwissenschaftlich anspruchsvollem Niveau stattfindenden Studienzeit grundlegende umfangreiche und spezifische Kenntnisse zum Lernfeld Arbeitslehre und zum Lernfeld Behindertenpädagogik zur Verfügung. Diese wurden ergänzt durch die anschließende fachpraktische Ausbildung während der Zeit des Referendariats durch ein exemplarisch qualifiziertes, sowie fachlich anspruchvolles Curriculum. Schwerpunkte des Grundstudiums waren die Auseinandersetzung zum Themenfeld Arbeit und Gesundheit, zur Ökonomie des Bildungsbereiches, zum technologischen Wandel, sowie zur Entwicklung lerntheoretischer und unterrichtsmethodischer Arbeitsformen. Der Kernbereich dieser Studien bildete die exemplarische Biographierung/ Erfahrungssichtung in ihren konsequenten Notwendigkeiten, wie Orientierung auf relevante Unterrichtsgegenstände, modellhafte Erarbeitung von terminologischen Grundlagen, historischen Bedingungen des Arbeitsplatzes, gesellschaftlichen Verflechtungen und persönlichen Perspektiven, sowie vielfältige Verknüpfungen von Schule und Betrieb, aber auch weiteren außerschulischen Institutionen wie Einrichtungen der Sozialversicherung, Arbeitnehmerorganisationen und Aufsichtsbehörden. Diese fachwissenschaftlichen Theorieansätze, lerntheoretisch strukturierten Impulse und didaktischen Bearbeitungen konturierten ein „axiomatisches Feld“, das mit dem Begriff „Projektlernen“ ansatzweise skizziert werden könnte. In der

- 265 - fachwissenschaftlichen Entwicklung und evaluierenden Anwendung sind rückblickend verschiedene, jedoch nicht trennscharfe Abschnitte erkennbar. Zunächst verknüpften sich die Verständnislinien theoretischer und fachpraktischer Arbeit in einer didaktisch angelegten Unterrichtsplanung, - Umsetzung und Analyse von konzeptionellen Schritten. Während der sich hieran anschließenden fachpraktischen Ausbildung im Referendariat stand zunächst das Bemühen im Vordergrund, theoretische Grundlagen für die anstehenden pädagogisch – fachdidaktischen unterrichtlichen Aufgabenstellungen in der Schulpraxis zu erlangen und zu überprüfen. Sodann entwickelte sich aus der primär theorieanteiligen Arbeitsgrundlage eine den unterrichtspraktischen Bereich stärker berücksichtigende Arbeitsbasis. Die Unterrichtspraxis erfolgte dann an der Schule Thomas – Mann – Straße, an der Schule an der Fritz-Gansberg- Straße, sowie an der Schule an der Kerschensteinerstraße. In einer „stabilisierenden Arbeitsphase“ gelang die Verknüpfung theoretisch anspruchsvoller Ansätze mit „folgerichtigen Praxismodulen“ zu einer Synthese ergebnispositiver Unterrichtseinheiten. Neben vielen aufwandsintensiven theoretischen Aktivitäten gelangen diese UE´s durch eine mögliche enge Kooperation mit „bildungsbilanzpositiven Betrieben“, die wichtige „Lernergebnisse“ erst durch großzügige Unterstützung ermöglichten, zu einer erfolgreichen pädagogischen Praxis. In einer weiteren Entwicklung konnten Arbeitsbeziehungen zu Betrieben verstetigt werden (sondierende Gespräche, Hospitationen, Erkundungen, Betriebspraktika, Betriebsprojekte, usw.) mit der Folge, dass umfangreichere Vorhaben über mehrere Betriebsprojekte in eine gemeinsame Planung gebracht werden konnten. Trotz der in den 1990iger Jahren einsetzenden wirtschaftlichen Rezession im Unterwesergebiet (Vulkan-Krise)593 gelang es, über einen längeren Zeitraum, betriebliche Qualifizierungsangebote für den Arbeitslehre – Bildungsauftrag zu nutzen. Gegenwärtig vollzieht sich eine starke Dequalifizierung für SchülerInnen/ PraktikantInnen und teilweise AuszubildInnen. in den bisherigen Kooperations- betrieben, in deren Folge sich bisherige Bildungsangebote nur bedingt halten oder in verringertem Umfang modifiziert integrieren lassen. Die Konzipierung der Unterrichtseinheiten basierte auf den Erfahrungen aus dem Studium, dem Referendariat und meiner Lehrertätigkeit. Der universitäre Erfahrungsansatz ging von fachdidaktischer Literatur als Planungsansatz zur unterrichtlichen Vorbereitung aus und betraf die Analyse von Arbeitsplätzen sowie die fachdidaktisch – unterrichtspraktischen Grundlagen (Blonskij, Frankiewicz, Hacker, Kaiser, Klarner, Krause, Mahnkopf, Makarenko, Milles, Müller, Negt, Preuss, Wessels, Wilkening, u.a.)

593 vgl. dazu: Wolfgang Kiesel: Bremer Vulkan, Aufstieg und Fall.- Bremen 1997 - 266 - Im Referendariat lag das Schwergewicht der Erfahrungen auf seminardidaktisch strukturierter Planung einschließlich Schülerorientierung (Analyse von Arbeitsplätzen, erste Arbeitnehmerorientierung), Schulorientierung, Ergebnisorientierung (Kley, Otto). In meiner Unterrichtstätigkeit standen regionale Kooperationsaktivitäten mit Handwerk und Industriebetrieben im Mittelpunkt (Nutzung weiterer Institutionen, Betriebserkundungen, Betriebspraktika/Branchenstruktur, Planung von „regionaler Berufsbiographie“, Mehrperspektiven von Beruf /Arbeitsplatz / Jobperspektive, Interessenorganisation / Krisenintervention). Nachfolgend finden sich im Anhange zwei praktische Beispiele aus dieser hier vorbereitend angelegten pädagogischen Lern- und Arbeitspraxis.

- 267 - 5. Zusammenfassung

Inhaltlichkeit und Zielsetzung der Erziehung ist heute oft etwas, das mit „spitzen Fingern“ angefasst wird. Erziehung gilt entweder als besondere Form der Sozialisation (Wolfgang Klafki). Oder Erziehung wird als „praktische Philosophie“ verstanden, wie dies bereits Herbart vertrat. Ist das aber aus Lebenserfahrung oder aus Ethik abzuleiten? Der Schweizer Philosoph und Pädagoge Paul Häberliner klärte zum Ende der 1950er Jahre: „Die innere Fähigkeit des Zöglings zur Erfüllung seiner Pflicht, seiner Lebensaufgabe, seiner Bestimmung“, das wäre das allgemeine Ziel jeder sinnvollen Erziehung.594 Aber, so Klafki, diese Befähigung könnte leicht zur Leerformel geraten, Unbestimmtes einschließen oder der Verschleierung konkreter, möglicherweise anderer Ziele dienen. Demgegenüber besteht Wolfgang Klafki richtig auf dem klaren gesellschaftlichen Bezug, den er auch als Bezug auf eine bestimmte historische Situation begreift. Klafki sieht vor allem vier Aspekte in den Erziehungszielen: „1. Eine Deutung und Bewertung der gegebenen geschichtlichen Situation; 2. eine Auffassung über die Stellung der Jugend als der nachwachsenden Generation in dieser geschichtlichen Situation; 3. ein gedanklicher Vorgriff auf die weitere Entwicklung des betreffenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Systems und eine Leitvorstellung für seine Gestaltung; 4. eine Vorstellung von den Möglichkeiten und Aufgaben der nachwachsenden Generation in der so vorweggenommenen Zukunft.“595 Die vorliegende Arbeit folgt einem historisch-vergleichenden Blick, weil pädagogische Ziele historisch begründet und zukunftsgewandt konkretisiert werden müssen und weil abstrakte und unhistorische Konzeptionen den Erfahrungsgehalt in der Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Fragen unscharf werden lassen oder verschleiern. Mit dem Blick auf historische Erfahrung wird an der prinzipiellen Konzeption der Aufklärung festgehalten. Dies schließt die subjektive Erkenntnisfähigkeit und die soziale Verantwortlichkeit ein. So erklärte Antoine de Condorcet (1743- 1794), als er den Gesetzentwurf über die Nationalerziehung 1792 der Gesetzgebenden Versammlung vortrug: „Allen Angehörigen des Menschengeschlechts die Mittel darzubieten, dass sie für ihre Bedürfnisse sorgen und ihr Wohlergehen sicherstellen können, daß sie ihre Rechte kennenlernen und ausüben, ihre Pflichten begreifen und erfüllen können; jedem die Gelegenheit verschaffen, daß er seine berufliche Geschicklichkeit vervollkommnen und die Fähigkeit zur Ausübung sozialer Funktionen erwerben kann, zu denen berufen zu werden er das Recht hat; daß er das ganze Ausmaß seiner Talente zu entfalten imstande ist; und durch dies alles unter den Bürgern eine tatsächliche Gleichheit zu errichten und die durch das

594 Klafki, W.: a.a.O., S. 26 595 ebd., S. 31 - 268 - Gesetz zuerkannte politische Gleichheit zu einer wirklichen zu machen: das muß das erste Ziel nationalen Unterrichts sein.“596 in dieser Fassung gerät öffentlicher Unterricht zu einem Prozess, in dem Unterricht danach strebt sich selbst aufzuheben, ohne dies jemals vollständig erreichen zu können. Ziel der aufgeklärten Erziehung ist letztlich die politische Souveränität des Bürgers, also gleiche Rechte zu haben und sie auch tatsächlich wahrnehmen zu können. Das bürgerliche Recht, seine Fähigkeiten und Persönlichkeit in den konkreten gesellschaftlichen Bedingungen zu entfalten, ist demnach die Leitidee der Erziehung. Die Verwirklichung dieses Rechts hängt wesentlich zum einen mit der Ausprägung der körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten zusammen, mit alledem was der Mensch hat, wenn er ansonsten nichts hat.597 Die Thematisierung von Gesundheit ist sozusagen der subjektive Zugang zu dem pädagogischen Ziel.598 Aber Gesundheit selbst ist zum anderen eine gesellschaftliche Konstruktion, kann auch nur gesellschaftlich hergestellt werden. Der subjektive Zugang führt also zu den gesellschaftlichen Verhältnissen, Gesundheit bringt keinen Wertmaßstab an sich, ist aber ein guter und akzeptierter Maßstab. Insofern ist Gesundheit in sich widersprüchlich, enthält einen Bezug auf natürlich Gegebenes, was meist biologisch-funktional begründet und mit Harmonie-Konzeptionen überdeckt wird, und enthält einen Bezug auf eine zu gestaltende Zukunft, was teleologisch und politisch begründet werden muss. Gesellschaftliche Verhältnisse wiederum sind historisch kulturelle Erscheinungen, die der Mensch in seiner sozialen Existenz herstellt und reproduziert. Die produktive Arbeit bot daher in der Moderne einen Ansatz, die teleologischen und politischen Verantwortlichkeiten des bürgerlichen Subjekts zu erkennen und zu diskutieren. Hierfür gab es im Grunde konservative und sozialreformerische Ansätze, je nach dem, wie der Gestaltungsauftrag verstanden wurde. Allerdings gab und gibt es eine wirkmächtige Annäherung zwischen konservativen Ansätzen, die zur Vorsicht vor allzu weitreichenden Gestaltungen mahnen, und naturwissenschaftlichen Begründungen, die den Gang der Welt aus gegebener Gesetzmäßigkeit ableiten und die Verantwortlichkeit des Menschen beschränken. Andererseits gab es politische Reformansätze, die aus einer gesellschaftlichen Analyse zu politischen Strategien gelangten, die selbst nur noch zu vollziehen waren. Aus diesen vielfältigen Spannungen und Widersprüchen führt neben einem allgemeinen Verständnis produktiver Arbeit auch der Rekurs auf eine Gesundheit heraus, die natürliche Grundlagen mit teleologischen Wertorientierungen verbindet und darüber hinaus auch subjektive und kollektive

596 zit. Condorcet, Antoine de, zit. nach: Robert Alt: Erziehungsprogramme der Französischen Revolution.- Berlin 1949, S. 82 597 vgl. dazu: Marx, K.: Lohn, Preis, Profit. In: MEW, Bd. 16, S. 127-128 598 vgl. dazu die Ausführungen von Rainer Müller: Arbeitsbedingte Erkrankungen als medizinisches und sozialpolitisches Problem.- In: Milles, Dietrich (Hrsg.): Gesundheitsrisiken, Industriegesellschaft und soziale Sicherungen in der Geschichte.- Bremerhaven 1993, S. 479 ff - 269 - Dimensionen vermittelt. Diese beiden Elemente, die der produktiven Arbeit und die der Gesundheitsförderung, stehen daher im Mittelpunkt der vorliegenden Konzeption. Deren Zusammenspiel kann folgendermaßen überblickt werden: Schematische Übersicht

Gesundheit Förderung Arbeit Orientierung Subjektiv Subjektiv-nützliche Nützlich Qualifizierung Verantwortlich Konkret Fähigkeit zur Bewältigung Kollektiv Sozial-verallgemeinerter Allgemein Arbeiterschutz Sozial Vergleichbar Fähigkeit zur Auseinandersetzung

Während sich Gesundheit auf Werte und Verantwortlichkeiten erstreckt, stellt Arbeit nützliche und konkrete Bearbeitung der Wirklichkeit dar. Die Verbindung beider Dimensionen gelingt, wenn bezogen auf Gesundheit vor allem die Sorge um eine Zukunft heraus gestellt wird, um die wir uns zu kümmern haben, und wenn bezogen auf Arbeit die gestaltende Fähigkeit betont wird. Mit dieser gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung kann in der Schule eine Pädagogik konzipiert werden, mit der neue gesellschaftliche Probleme sensibel aufgegriffen werden können. Beide Dimensionen schließen die aktive Beteiligung, aber auch die Betroffenheit der Beteiligten ein. Sicherlich wird die vorgelegte Konzeption nicht ohne weiteres den Weg in den schulischen Alltag finden. Die praktische Erprobung zeigt immerhin, dass dies möglich ist. Darüber hinaus will die Konzeption aber auch eine politische Sensibilisierung bewirken, politische Akteure ansprechen und eine öffentliche Auseinandersetzung ermöglichen.599

Zusammenfassend sollen daher folgende 10 Thesen aufgestellt werden:

1. Die Institution Schule ist ein Dienstleistungsbetrieb in unserer Gesellschaft, der vor allem die Entwicklung von jungen Menschen in einer auf Arbeit beruhenden Gesellschaft fördern soll.

599 „Überzeugende Ideen und Utopien finden ihre Realisierungswege nicht von allein; notwendig für Signale und Orientierungen sind Produktionsformen von Öffentlichkeit, die allesamt quer zum Prinzip der Zeitraffung liegen , ja viel frei verfügbare Lebenszeit beanspruchen, die sich in politischer Arbeit vergegenständlicht .“ (Negt , O.: Lebendige Arbeit, enteignete Zeit.- o.O. ( 1987), S. 257) - 270 - 2. Auf dem Hintergrund einer großen Tradition der (verschütteten) Beziehungen zwischen Arbeit und Bildung in der Pädagogik muss die Schule eine gesundheitsfördernde Orien- tierung (als Lernort / Handlungsfeld / Aktionsraum / Kulturszene ) definieren, eröffnen, anbieten und fortentwickeln, der ihre sozialen Grundlagen und artifiziellen Aufgaben herausstellt: einerseits als Kritik des herrschenden Jetztzustandes als Istanalyse aus der Sicht der Betroffenen sowie andererseits als Entwicklung von alltagstauglichen Gesund- heitsperspektiven, als konkrete sozialgesundheitliche Utopie und (mit-) gestaltungsfähiges Szenario.

3. Die Durchsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen in der Schule braucht dort Kommunikations- und Kooperationsstrukturen, die alle Statusgruppen angemessen integrieren. Dies ist inhaltlich mit einer Ausrichtung auf Qualifizierung der produktiven Arbeitskraft, auf Stärkung des gesellschaftlich begründeten Arbeiterschutzes und auf Basis eines positiven, allgemeinen und vielschichtigen Begriffs von Arbeit möglich.

4. Die Vielschichtigkeit und Komplexität der gestellten Aufgabe erfordert eine Aufhebung der Separationstendenzen der Institution Schule mit dem Ziel, die Gesundheitsförderung aus der Wirklichkeit der Arbeits- und Lebenswelt sowie der Einbeziehung der Schule in diese gesellschaftliche Wirklichkeit zu begründen. Gesundheitsförderung und arbeits- bezogene Qualifizierung ist also mit außerschulischen Institutionen und Gruppen zu betreiben. Insbesondere der Übergang von unmittelbarer Erfahrung und unmittelbarem Umgang zu wirklicher Erfahrung und Bewältigung in der Arbeitswelt nebst entsprechender Verantwortlichkeit ist eine zentrale Aufgabe der Arbeitslehre.

5. Das Lernfeld Arbeitslehre hat eine wichtige Chance. Sie verbindet die Lern- und Arbeitsplatzperspektive im 'Betrieb Schule' mit Gesundheitsförderung und weist zugleich über den separaten Ort Schule hinaus auf den Vorrang von Erwerbsarbeit in der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft.

6. Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung ist unterrichtsfach- und lernfeld-, sowie schulform - und stufenübergreifend angelegt.

7. Die Aufgabenstellung erfordert ein zur Orientierung dienendes festgelegtes Curriculum mit ausgewiesenen Lernfeldern, -Stationen, -Zielen und -Bereichen sowie einem Angebot von methodischen Hinweisen und Kontaktadressen.

8. Gesundheitsfördernde Arbeitsorientierung ist eine Aufgabenstellung, die als Querthema durch Schule und Unterricht entwickelt werden sollte - sie beansprucht daher keinen Fachstatus.

9. Schule ist (auch) Arbeitswelt und kann damit exemplarisch (z. B. über eine Erkundung im Betrieb Schule) Lernort für arbeitswelt-/ arbeitsplatzbezogene Gesundheitsförderung sein. 10. Der Ansatz einer gesundheitsfördernden Arbeitsorientierung ist eine Gesundheitsförderungsoffensive, mit deren Hilfe über die Thematisierung und Gestaltung von Gesundheitsproblemkomplexen, Denkanstöße und Initiativen als Beitrag zu einer breiten und selbstverständlichen Gesundheitskultur ausgelöst werden sollen. Das Vorhaben verknüpft am konkreten Beispiel Schule arbeits- und gesundheitswissenschaftliche Fragestellungen und bezieht und verknüpft sie unter pädagogischen und didaktischen Gesichtspunkten mit den individuellen Lern - und Erfahrungsbedürfnissen für das Lernfeld Arbeitslehre.

- 271 - Nach einem Vierteljahrhundert Lehrerdasein an Sonderschulen, heute Förderzentren, finden sich in dieser Schrift auch Züge der eigenen erwerbsarbeitsbiographischen Geschichte. Im Ergebnis konnte ich auch bei vielen Kolleginnen und Kollegen eine generelle Müdigkeit, ja Resignation, teils Wut und manchmal Zynismus betreffend die Veränderungen im Schulsystem feststellen. Obwohl, wie eingangs formuliert, persönliche Entwicklungs- entfaltung, Bildungschancen und gesundheitliche Unversehrtheit verfassungsmäßig garantiert sind, bleibt die Entwicklungs- und Bildungswirklichkeit für viele SchülerInnen und LehrerInnen doch weit hinter den Erwartungen zurück, die etwa in der Folge der Bildungseuphorie der 70iger Jahre erwartet wurden. Aber: „Nur belehrt von der Wirklichkeit, können wir/ Die Wirklichkeit ändern.“600 Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass eigene Berufserfahrungen, gerade im Schulsektor, sehr viel produktiver und möglicherweise weniger kräftezehrend verlaufen könnten, wenn in stärkerem Maße sinnvoller Erfahrungsaustausch und Solidarisierungschancen genutzt würden bzw. diese entwickelt würden. Oskar Negt schließt seine Ausführungen über die politischen Intellektuellen und die Macht mit Thesen, die auch für die Schule heute hoch aktuell sind, und einem Hinweis auf Herrn Keuner.601 „Das wäre, unter heutigen Voraussetzungen, eine sinnvolle Aufgabe für kritische Kopfarbeiter.“602

600 Brecht, Bertolt: Die Maßnahme. Zwei Fassungen. Anmerkungen. Frankfurt a. M., 1998 601 Negt, Oskar: Achtundsechzig. Politische Intellektuelle und die Macht, Göttingen 1975 602 Ebd. - 272 - 6. Abstract

HEALTH PROMOTING WORK ORIENTATION IN EDUCATION Genesis and Perspectives of an Innovative Task

Summary

Health promoting work orientation is a concept designed to integrate the furtherance and preservation of health as well as the formation and strenthening of physical resources into work related education. The aim is to organise productive and health conscious experiences against the frequent individualisation of social responsibility and the normalisation of health hazards. Especially in the field of “Arbeitslehre” there exists a long and copius, though often repressed tradition which refers to the possibilities inherent in the junktion of work, health and education. The approach op a labour school in particular serves to open education towards the more complete tasks of social life and unfolds elements of productive work in community. This way, tuition as a projected –related experience, as well as education itself can be understood as productive and creative work. Morever, by means of its relation to labour, the paedagogical interest in health promotion shall be targeted at the reality of our working society. Here, school itself can be subjected to work-oriented health promotion, so that the effort put into the achievement of a “healthy-school” will expand to the living and working conditions in school, and the pupils` capability of action and accomplishment will be developed practically. In applied teaching units designed to pave the way into gainful employment (school to work transition), health will be introducted as a topic of central and superior value in order to overcome or at least attenuate the respective clashs of interest or even society –related splits.

- 273 - 7. Literatur

7.1 Bücher und Aufsätze

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EVAAR-Projekt – vorläufioger Bericht über die erste Phase der Lehrplanevaluation Arbeitslehre 1994/95.- Bremen 1996 Senator für das Bildungswesen der Freien Hansestadt Bremen (Hrsg.): Die berufsbildenden Schulen in der Freien Hansestadt Bremen.- Bremen 1962 Sennett, Richard: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus.- Berlin 1998 Settertobulte, W.; Palentien, C.; Hurrelmann, K.: Gesundheitsdienste für Kinder und Jugendliche. Ein Praxishandbuch.- Heidelberg 1995 Sextro, Heinrich Philipp: Über die Bildung der Jugend zur Industrie. Ein Fragment.- Frankfurt 1968 Seyfried, E.: Berufliche Integration Behinderter in Europa. 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- 304 - 7.2. Quellenverzeichnis http://www.opus-nrw.de/ http://www.euro.who.int/ENHP (Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen, int.); www.gesunde-schulen.info (Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen, dt.); www.qis.at (Öst. Bildungsminist. „Qualität in Schulen) Europäisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen, http://www.enhps.info/wir.htm Die Geschichte – Vom Pionierprojekt zum heutigen Netzwerk: http://www.bern.ch/ stadtverwaltung/bss/gsd/schulprojekte/netzwerk/GST_Die_Geschichte.pdf: 1-2 www.kinder-jugend-gesundheit21.de

- 305 - Abkürzungsverzeichnis : a.a.O. angegebenen Ort Abb. Abbildung Bearb. Bearbeiter Begr. Begründer Bsw. beispielsweise bzw. beziehungsweise ders. derselbe ebda./ebd. ebenda et al. / u.a. und andere etc. und so weiter Diss. Dissertation ff. fortfolgend Habil. Habilitation Hrsg. Herausgeber m.E. meines Erachtens Mitarb. Mitarbeiter s.o. siehe oben o. a. oben angeführt o. J. ohne Angabe des Erscheinungsjahres o. O. ohne Angabe des Erscheinungsortes o. P. ohne Paginierung vgl. vergleiche z.B. zum Beispiel zit. zitiert

- 306 - Anhang Instruktive Hinweise zum Anhang I und II:

Die nachfolgenden Unterrichtsdokumentationen illustrieren in vielfältiger Weise die bisherigen vorgestellten pädagogischen und fachdidaktischen Absichten und bilden Elemente des Umschlages in die Praxis der vorgestellten Analyse und Synthesis ab.

Zunächst spiegeln beide exemplarischen Unterrichtsbeispiele Lern- und Arbeitsvorgänge, die im Schulbereich (Al/ Fachraum/ Metallwerkstatt) sowie im Klassenraum, auf der „Datenautobahn“ im Internet, in Betrieben und Verbänden sehr gegenständlich und bewusst erlebt werden können. Weiter reflektieren sie sowohl Elemente aus dem Aktivitätsbereich des privaten Sektors der Lernenden, als auch solche des handwerklich-industriellen Produktionsbereiches zukünftiger Erwerbsarbeitsperspektive. So findet sich das Schweißen vielfach im Hobbybereich und in der „Selbsthilfezone“ des Privaten (Keller, Garage, Kleinwerkstatt), als auch im Handwerks – und Industriebereich in der Reparatur und in Montage von Produktionsanlagen (Metallbau, Reparaturschlosserei, Schiffbau, Rohrleitungsbau, Bauwirtschaft). Ist das Schweißen eine technisch aufwändige und beobachtungsattraktive, sowie auch gesundheitspräventive anspruchsvolle Tätigkeit, die gleichzeitig Aufmerksamkeit erregt und genaueres Beobachten auslöst, so ist das Sitzen eine zunächst nur alltägliche Bewegungsroutine, die erst bei näherer Analyse, gezielter Recherche/ Sammlung von Informationen, entsprechend vorbereiteter Erkundungen und „strukturierter Selbstbefragung“ ihre doppelte Dimension zeigt: Erholung und Ermüdung. Auf diese Weise werden in geeigneter Form alltägliche Wissensbestände mit hinzugewonnenen Erkenntnissen didaktisch verknüpft und im Sinne „Exemplarischen Lernens“ (Negt) transponierbar auf zukünftige Lernvorgänge, tragen sie damit zu deren Durchdringungschance bei. Die erarbeiteten Lernkomplexe sind damit nicht primär schriftlastig gebundene Vorgänge, sondern sie erläutern, teils stichpunktartig, konkrete Geschehnisse und hinterfragen sie aus „Gebrauchswertgründen“, Sie kommen daher den Lernerschwernissen in den Klassen, etwa von Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder mit schlechten sozioökonomischen Rahmenbedingungen in motivbildender Weise entgegen und begünstigen deren Lernerfahrungen. Gleichzeitig demonstrieren die beiden Unterrichtskomplexe die nicht zuletzt in der Kritik durch die PISA – Untersuchung angemahnte Verknüpfung von Lerninhalten mit den gesellschaftlichen Umfeldbedingungen und den Chancen zu mehr Teilhabe an gesellschaftlicher Wirklichkeit, „Hinter diesem Konzept verbirgt sich der Anspruch, über die Messung von Schulwissen hinauszugehen und die Fähigkeit zu erfassen, bereichsspezifisches Wissen und bereichsspezifische Fertigkeiten zur Bewältigung von authentischen Problemen einzusetzen.“603

Die Hereinnahme möglichst vieler Hinweise, Kenntnisse, „regionalkundlicher Beiträge“ von SchülerInnen, Eltern, Freunden und Fachleuten aus dem „Viertel“ hat eine solche Arbeitsdichte und Authentizität in dem gesamten Projektverlauf geschaffen, viele positive Seiteneffekte und Kontakte entstanden sind, die dazu beitragen können, das die SchülerInnen und Schüler ihren „Weg ins Leben“ finden werden.

603 PISA- Studie: Internationale Grundkonzeption lt. deutschem Projektpartner. In: www.mpib-berlin.mpg.de - 307 - Anhang: 1 UE Schweißen – Schweißen und gesund bleiben

Schweißen und gesund bleiben

Schweißerprüfungsservice Nord, Bremen 2002

Ein Unterrichtsvorhaben im Lernfeld Arbeitslehre

Unterrichtliche Studien zur Prävention am Arbeitsplatz eines Schweißers im Rahmen der vorberuflichen Orientierung auf Prävention im Erwerbsarbeitsleben

- 308 - Bremen 2002

UE „Schweißen und gesund bleiben“ Unterrichtliche Studien zur Prävention am Arbeitsplatz eines Schweißers im Rahmen der vorberuflichen Orientierung auf Prävention im Erwerbsarbeitsleben

In der nachfolgenden stark verkürzten Darstellung sind nur einige Schwerpunkte des Unterrichtsvorhabens aufgeführt. Vorab anzumerken ist hier noch einmal die beeindruckende Bereitschaft des “AVBN – AusbildungsVerbund Bremen-Nord“ und des „Schweißerprüfungsservice Nord“, sowie verschiedener anderer Betriebe und Institutionen, aber auch mehrerer ehemaliger „Vulkanesen und Eltern aus dem Vulkan-Umfeld“, die (z.T. über mehrere Jahre) unsere unterrichtlichen Erkundungen, Experimente und Aktivitäten mit viel Interesse, großem Engagement sowie unendlicher Geduld unterstützt haben. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die 1980 erschienene Publikation „Arbeitssituation und gesundheitliche Lage von Schweißern“604 von Rainer Müller die Ausgangskonstruktion für eine Vielzahl von Unterrichtseinheiten, Examensthemen und technikdidaktisch- wissenschaftlichen Veröffentlichungen war.

Gliederung: 1. Einleitung 2. Sachstrukturierung 3. Aufgabenstruktur / Problemstellung 4. Planungsskizze 5. Arbeitsmaterialien 5.1 PSA –Persönliche Schutzausrüstung am Schweißerarbeitsplatz 5.2 Schweißen ist konzentrierte Arbeit! AB I 5.3 Schweißen ist konzentrierte Arbeit! AB II 5.4 Werkstatterkundung an der BS Vegesack 5.5 Schweißer UE: Betriebserkundung 5.6 Expertenbefragung: Fragen an einen Werftschweißer 5.7 Technik des Schweißens –Lichtbogenschweißen 5.8 Technik des Schweißens – Gasschweißen 5.9 Welche Fachbegriffe sind richtig? 5.9 Humanisierung am Arbeitsplatz– Fragen/Anforderungen einer Schülerin 5.10 Vermeidung von Augenschäden 5.11 Vermeidung von Gefahren durch Schweiß- und Rauchgase 5.12 Vermeidung von Gefahren durch Schweißstrom 5.13 Vermeidung von Verbrennungen und anderen Arbeitsunfällen 5.14 Mehrfachbelastungen am Schweißerarbeitsplatz I + II 5.15 Test: Gesundheitsförderung für Schweißer Exkurs: „Meine Schweißerprüfung“- Bericht eines ehemaligen Schülers

604 Müller, Rainer: Arbeitssituation und gesundheitliche Lage von Schweißern, Bremen-Dortmund 1980 - 309 - UE „Schweißen und gesund bleiben“

1. Einleitung Die Region in der unsere Schule liegt, ist stark vom Schiffbau / Stahlbau und entsprechenden Zulieferbetrieben geprägt. Die Schüler erleben daher oft hautnah, an welchen Arbeitsplätzen ihre dort erwerbstätigen Verwandten vielfältige Arbeitsanforderungen zu bestehen haben. Die Arbeitsplätze in der maritim geprägten Wirtschaft sind zumeist von handwerklich-industriell qualifizierten oder angelernten Mitarbeitern besetzt. Der Einsatz als „Schweißer“ im Werftbetrieb bzw. Schlosserei ist häufig anzutreffen. Gegebenenfalls soll an bereits vorhandene Kenntnisstände der Schüler dazu im Unterrichtsverlauf angeknüpft werden. Im Rahmen des Arbeitslehreunterrichts sollen curricular u.a. die Voraussetzungen für eine individuell passende Erwerbsarbeitsbiographie geschaffen werden. Anlässlich eines Unterrichtsgespräches über Berufssituationen der Eltern meiner Klasse berichtete ein Schüler von dem Berufsalltag seines Vaters als Schweißer auf der in die Krise geratenen großen Werft an unserem Ort. Dieses Gespräch wurde von der Klasse zum Anlass genommen, den „Beruf“ des Schweißers mit den „pädagogischen“ Mitteln der Schule näher untersuchen zu wollen. In dem nachfolgenden Skript sind die vorausplanenden Überlegungen, die begleitenden Texte und einige Auswertungen der Klasse aufgeführt. Die Aufzeichnungen spiegeln letztlich möglicherweise übertragbare Einschätzungen, Erfahrungen und Arbeitsergebnisse des Arbeitslehrevorhabens auf ähnliche Unterrichtsvorhaben. Insgesamt bilden die Aufzeichnungen einen Einblick/Ausschnitt auf eine krisenbedingt sich entwickelnde „Gesundheitsinfrastruktur“, die Hinweise auf wenig dokumentierte sozialpolitische- und - ökonomische Folgen des Zusammenbruchs eines ehemaligen regionalen dominanten Werftbetriebes wie dem „Bremer Vulkan“ zeigen! Die Schüler werden durch die unterrichtliche Auseinandersetzung mit der konkreten Thematik ermuntert und unterstützt, die Entwicklung ihres Wohnquartiers mit ihrer eigenen biographischen Erfahrung zu verknüpfen. Eine detailliertere Kenntnis und Auseinandersetzung der Schüler mit der regionalen (Werften-) Krise soll den Blick schärfen auf tatsächliche zu bearbeitende Aufgaben, wie die Orientierung auf eine Erwerbsarbeitssituation mit möglichst vorgeschalteter Qualifizierungsmöglichkeit. Weiter soll mögliches Wissen auch in „privaten“ Kontexten recherchiert und für das Unterrichtsvorhaben aktiviert werden. Ein wesentliches Unterrichtergebnis soll über mögliche individuelle Fragestellungen als auch gemeinsame Probleme erkannt und etwa in der Form eines ersten gemeinschaftlichen Verständnisses, bzw. gewerkschaftlichen Handelns (DGB- Seminar) bearbeitet werden.

Vorplanung : (Stichworte/Begriffe – Konturierung des Vorhabens) Regionaltypische Ausbildungs- /Arbeitsplätze für unsere Schüler im Schiffsbau, Vorrichtungs- und Anlagenbau „Lehrmeister Betriebspraxis“, Betriebserkundungen in regionalen Stahl verarbeitenden Betrieben, Analysen an „Vaters Arbeitsplatz“ ( Textblatt/ Arbeitsblatt), Gespräch mit einem Werftschweißer, Kontakt mit einer Krankenkasse, Berufsgenossenschaft, Kontakt mit einem „Gesundheitsprojekt für Werftarbeiter“, Kontakt mit der Arbeitnehmerkammer, „Exemplarisches Lernen“ und „Lernen im Quartier“, - 310 - Gespräch mit Eltern, ehemaligen „Vulkanesen“, Besuch einer Selbsthilfegruppe zum Thema „Asbesthose“,

2. Sachstrukturierung: Fachkenntnisse, die über die üblichen Werkraumaktivitäten hinausgehen, Kenntniserwerb durch Betriebspraktika in Metallbaubetrieben; Durchführung von Betriebspraktika mit Schülern während der 8. und 9. Klasse, Durchführung von Werkstattprojekten in den Fachwerkstätten der Berufsschule während der 10. Klasse, Erfahrungspraktika während der Schulferien, Literaturstudium einschlägiger Fachpublikationen, Gespräche mit Experten: Schweißern und Betriebsräten, Gespräche mit Mitarbeitern des „Vulkan Gesundheitsprojektes“ Webrecherche in Datenbanken der BAuA, Recherche in Datenbanken der BGen Publikationen der BGen Publikationen des DGB / der IGM Didaktische Orientierung/ methodisches Vorgehen: (Klingberg, Müller,Negt, Wessels, u.a.)

3. Aufgabenstruktur/ Problemstellung/ Lernzielbereich: Identifizieren des Lerngegenstandes, „Gute Arbeit – Gesundes Arbeiten“, Konkretisierung der Unterrichtsziele: Gesundheitsförderung an Schweißplätzen für SchülerInnen, Sachanalyse: Schweißen, Sachanalyse: Gesundheitsförderung beim Schweißen, Sachanalyse: Gesundheitsförderung am AP von Schweißern, Lernzielbewertung: Exemplarisches Lernen: Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz als möglicher Ausgangspunkt für individuelles Gesundheitshandeln

4. Planungsskizze Erkennen und Vermeiden von Gefahrenpassagen in spezifischen Arbeitszusammenhängen, Präventionsansätze im Arbeitshandeln, Vorausschauendes, selbständiges Vermeidungshandeln, Informationsnutzung spezifischer Angebote, Einbeziehen von Bündnispartnern für Präventionshandeln!

1. Unterrichtserkundung: Betriebserkundung „Stahlbau – Nord“ Wir beobachten Schweißer, wir erkunden Schw.-Arbeitsplätze Erkundungsprotokoll ( mit Schwerpunkt: mögliche Schäden durch Schweißen – Licht und Strahlen)

1. Experiment : Schädigung der Augen ( „Verblitzen der Augen“ ) Sachanalyse: Das Auge- Sehen ist Leben Vergleich: Lichtbogenschweißen- (Diskostroboskoplicht!) Recherche im Internet! Lernergebnisse (Arbeitsblatt).

2. Unterrichtserkundung: Betriebserkundung in einem Schweißerfachbetrieb, wir beobachten Schweißarbeiten und Arbeitsschutzmaßnahmen, Protokoll mit Schwerpunkt auf Belastungsindikatoren der - 311 - Atemwege, Recherche im Internet, Lernergebnisse (Arbeitsblatt).

2. Experiment : Schädigung der Atemwegsorgane („Schweißerlunge“), Sachanalyse : Die Atmungsorgane, Expertenbefragung im „Vulkanesen“ – Büro, Gespräch mit einem Werftschweißer, Recherche im Internet, Lernergebnisse (Berufskrankheiten).

3. Experiment : Elektrounfall Sachanalyse : Wirkungen von Elektropotentialen auf den Organismus, Expertenvortrag im Fachbetrieb: „Elektrounfall beim Schweißen“, Recherche im Internet, Lernergebnisse (Arbeitsblatt). 3. Unterrichtserkundung / Betriebsfachpraktikum: Werkstattfachpraxis: Anfertigung eines Werkstückes (Grill), Expertenbefragung: Mehrfachbelastungen am Schweißerarbeitsplatz, Lernergebnisse (Arbeitsblatt). Zusammenfassung: Welche GF- Bildungsvorgänge konnten initiiert werden „10 Regeln für gutes Schweißen“ Abschlusspräsentation: PPP auf der Website der Schule, Bericht in BLZ, Ggf. Dokumentation für COMENIUS

- 312 - 5.1 UE Schweißen Thema: PSA –Persönliche Schutzausrüstung am Schweißerarbeitsplatz

Schutzhandschuhe Schutzschirm

1. Schweißer brauchen eine besondere Schutzausrüstung für ihre Tätigkeit. 2. Die Arbeitsbekleidung (Arbeitsjacke, Arbeitshose) sollte aus einem für Schweißarbeiten geeigneten festen Stoff und dicht am Körper anliegend sein. 3. Der Kopf des Schweißers wird durch einen Arbeitssicherheitshelm geschützt. 4. Die Augen werden durch einen Schweißschutzschirm oder eine besondere Schweißbrille vor Strahlenschäden geschützt. 5. Für besonders strahlen- und rauchgefährdete Schweißarbeiten gibt es Schutzhelme mit integrierter Atemluftversorgung. 6. Gegen glühende Metallspritzer schützt eine von der Schulter bis über die Knie reichende feste Lederschürze. 7. Feste Lederhandschuhe schützen die Hände gegen Verbrennungen und Stromkontakte. 8. Schweißer tragen Arbeitssicherheitsschuhe mit Durchtrittsicherung, Stahlkappen und Knöchelschutz. 9. Eine besondere Sicherung gegen herabstürzende glühende Abschnitte sind feste Ledergamaschen für Schweißer. 10. Bei bestimmten Schweißarbeiten wird eine Hautschutzcreme aufgetragen, um Schäden durch UV – Strahlen zu verhindern.

Vulkan-Bildmaterial, Bremen

- 313 - UE Schweißen

5.2 Schweißen ist konzentrierte Arbeit! ( ein Schülertext als Ergebnis von Beobachtungen am Schweißerarbeitsplatz)

1. Das Schweißen ist eine Tätigkeit, die die volle Aufmerksamkeit des Handelnden benötigt. 2. Wenn Schüler am Schweißtisch stehen, so sind sie gleichfalls hoch konzentriert und beobachten aufmerksam den Arbeitsvorgang. 3. Das fachliche Wissen um die anspruchsvolle Technik, das Bemühen um beste Arbeitsergebnisse und das vorausschauende Einbeziehen gesundheitsfördernder Maßnahmen bestimmen den Arbeitsvorgang. 4. Schüler, die am Schweißtisch arbeiten, verhalten sich hochgradig eingebunden und fachlich engagiert. 5. Bereits das Anlegen erforderlicher Schutzkleidung, das Schnüren der Schuhe, das Tragen der Handschuhe, sowie das sicherheitsbetonte Umgehen mit dem Schutzschirm kennzeichnen hohes Interesse an dieser „attraktiven“ Arbeitstätigkeit. 6. Der Schweißvorgang selbst wird von den Akteuren mit konzentrierter Wahrnehmung und angespannter Körperhaltung begleitet. 7. Die erforderlichen schweißtechnischen Verfahren, etwa das Halten der Elektrodenklammer, werden genauestens beachtet. 8. Auch der korrekte Umgang mit der Arbeitsschutzausrüstung, etwa mit dem Schutzschirm, wird penibel gehandhabt. 9. Selbst der Entschlackungsprozess mit dem Hammer und der Drahtbürste wird sorgfältig vorgenommen. 10. Die fertige Naht wird auf mögliche Fehlstellen geprüft und kritisch bewertet! kbeer

- 314 - UE Schweißen Thema: Schweißarbeiten

Schweißen ist konzentriertes Arbeiten!

www.next-line.de Azubi beim Lichtbogenschweißen

Welche wichtigen Merkmale beim Schweißen sind auf dem Bild zu sehen?

1. Ein Azubi schweißt ein ……………….. an einem Schweißtisch. 2. Der ……………………………… die Schweißelektrode. 3. Mit intensiver Strahlung verbrennt die …………………., erhitzen die Nahtränder und das Metall schmilzt in die Schweißfuge. 4. Der Azubi schützt seine Augen mit einem ……………………………. vor der Strahlung. 5. Die gefährlichen Rauchgase werden mit einer …………………………… …………………………….. entfernt. 6. Gegen …………………………………….. schützen die Lederhandschuhe. 7. Der Schweißtisch aus Metall ist ………….. . 8. Der Schweißerarbeitsplatz ist …………….. .

Schweißnaht mit Schlacke und blank www.guenau.it/mgs/schweissnaht

Setze ein: geerdet, beleuchtet, Elektrounfälle, flexiblen Absauganlage, Augenschutz, Elektrode, Elektrodenhalter, Werkstück

beer

- 315 - Lernfeld Arbeitslehre UE Schweißen Thema: Werkstatterkundung an der Berufsschule Vegesack

Schraubstock

1. Am Mittwoch besucht die Klasse 10b die Werkstätten und Labore an der Berufsschule Vegesack. 2. Zunächst erklärt uns ein Lehrmeister die Aufgaben und Angebote in den Räumen der Berufsschule. 3. In der großen Werkhalle sind verschiedene Arbeitsbereiche durch Blechwände abgeteilt. 4. Auf einer großen Freifläche stehen eine Schlagschere, eine große Biegevorrichtung und eine Kantbank für Metallarbeiten. 5. In einem abgeteilten Bereich werden von Azubis Absperrgitter aus Metall für eine Schule hergestellt. 6. In einem besonders gesicherten Raum gibt es Arbeitsplätze für das Erlernen des Gasschweißens mit Sauerstoff und Acetylen (autogenes Schweißen). 7. Daneben befinden sich in einer weiteren Werkstatt Spezialkabinen für das Lichtbogenschweißen mit Elektroschweißgeräten. 8. Anschließend erkunden die Schüler ein Labor für Steuerungen durch Elektropneumatik und Hydraulik. 9. Hieran schließt sich eine Fertigungsstraße, die zur Simulation von Produktionsschritten genutzt wird. 10. In diesem Raum befindet sich auch ein computergesteuerter Industrieroboter, der für Ausbildungszwecke genutzt wird. 11. In einem Unterrichtsfachraum sehen die Schüler einer Lerngruppe bei elektrotechnischen Montagearbeiten zu. 12. Abschließend erkunden wir eine Metallfachwerkstatt, in der Metallgrundkurse durchgeführt werden.

- 316 - Schweißer UE :Betriebserkundung

Protokollbogen Datum: Betrieb: Ansprechpartner: Betriebsart: Berufsbezeichnung:

Welcher Beruf / Tätigkeit:

Welche Werkzeuge:

Welche Werkstoffe:

Welche Arbeitsverfahren:

Welche Arbeitsabläufe:

Welche Produkte:

Welche Arbeitsbedingungen:

Arbeitsschutz: PSA – Persönliche Schutzausrüstung:

Gesundheitsförderung: „ Lichtreflexe“ „ Rauchgase“ „Hitze“ „Elektrogefahren“

Welche Ausbildungsplatzangebote: Ausstattung: Produkte: Informationsangebote: Arbeitsentgelt: Urlaubsregelungen: Weiterbildung: Anmerkungen:

- 317 - Tischvorlage für ein Gespräch mit einem Werftexperten zum Thema „Arbeit und Gesundheit von Schweißern“ Aufgabe: Notieren Sie die Informationen zu den Fragen! 1. Welche Aufgaben hat Ihre „Arbeitsstelle“ auf einer ehemaligen Werft?

………………………………………………………………………… 2. Welche Facharbeiter wurden auf der Werft eingesetzt?

…………………………………………………………………………. 3. Wie viele Schweißer gab es auf der Werft „Bremer Vulkan“?

………………………………………………………………………… 4. Welche Gesundheitsprobleme sind bei Schweißern aufgetreten?

………………………………………………………………………… 5. Welche Ursachen kann man für die Erkrankungen verantwortlich machen?

…………………………………………………………………………….. 6. Gibt es zeitlich begrenzte Erkrankungen und chronische Erkrankungen?

…………………………………………………………………………… 7. Wie wird ein Krankheitsfall im Betrieb normalerweise „behandelt“?

…………………………………………………………………………… 8. Woher hat das „Gesundheitsprojekt“ die Informationen über Arbeitsplätze und Arbeitseinsätze der Schweißer?

……………………………………………………………………………. 9. Werden erkrankte Schweißer finanziell unterstützt?

……………………………………………………………………………. 10. Untersucht der Betrieb die Krankheitsursachen und stellt diese ab?

……………………………………………………………………………. 11. Wie und von wem erhalten kranke Schweißer im Betrieb Unterstützung bei ihren Sorgen?

……………………………………………………………………………. 12. Welche Institutionen außerhalb der Werft sind mit krankmachenden Arbeitsbedingungen von Schweißern beschäftigt und versuchen diese zu verbessern? Nenne 3 Einrichtungen!

……………………………………………………………………

- 318 - UE: Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz Thema: Schweißen - Lichtbogenschweißverfahren

1. Das Schweißen ist die Verbindung von Metallen oder Plasten durch Wärme und / oder Druck. 2. Es gibt viele verschiedene Schweißarten, die bei unterschiedlichen Materialien eingesetzt werden. 3. Das häufig eingesetzte Lichtbogenschweißverfahren wird sowohl in der handwerklichen wie in der industriellen Praxis genutzt. 4. Bei diesem Verfahren wird ein extrem heißer Lichtbogen zwischen der Elektrode und dem Werkstück gezogen, der den Grundwerkstoff und das Zusatzmaterial auf der Elektrode verschmilzt. 5. In eine vorbereitete Schweißfuge (Fase) wird nun die heiße Verbindungsnaht gelegt und mit dem Material der Elektrode verfüllt. 6. Auf der Oberfläche der Schweißnaht lagern sich Schlacketeile ab, die die Naht zunächst vor der Luft schützen. 7. Nachdem die Naht etwas heruntergekühlt ist, wird die Schlacke mit einem besonderen Schlackenhammer abgeschlagen und mit einer Drahtbürste gereinigt.. 8. Die fertige Schweißnaht, die „Raupe“ genannt wird, wird geprüft und gegebenenfalls nachgearbeitet. 9. Im idealen Fall ist die fertige Naht eine gleichmäßige, ringförmige Raupenform, die sich über die Schweißfuge gelegt hat. 10. Mit besonderen Geräten kann dann die fertig geschweißte Naht noch zusätzlich geprüft werden (Röntgenprüfung).

- 319 - UE : Gesundheitsförderung beim Schweißen Thema: Gasschweißen ( autogenes Schweißen)

Schneidbrenner Das Gasschweißen 1. Gasschweißen oder auch „autogenes Schweißen“ wird mit den beiden Gasen Acetylen und Sauerstoff durchgeführt. 2. Der Sauerstoff und das Acetylen werden über einen Brenner (Griffstück mit Steuerung) zusammengeführt und nach bestimmten Sicherheitsregeln gezündet. 3. Beide Gase werden in besonders gefärbten Stahlflaschen (Sauerstoff = blau, Acetylen = gelb) gelagert. 4. Auf den Gasflaschen befinden sich besondere Druckventile (Manometeruhren), die den hohen Flaschendruck auf den notwendigen Schlauchdruck mindern. 5. Die Druckminderer auf den Gasflaschen sind durch gelb und blau gefärbte Spezialschläuche mit dem Brennerhandstück verbunden. 6. Die Gasschläuche sind mit besonderen Schlauchschellen sicher auf den Schlauchtüllen zu befestigen. 7. Bei der Arbeit mit den hochexplosiven Gasen ist die Beachtung von technischen Vorschriften ausgesprochen wichtig. 8. Soll ein Brenner in Betrieb gesetzt werden, so ist unbedingt diese Reihenfolge einzuhalten: 1. Sauerstoffventil öffnen 2. Brenngasventil öffnen 3. ausströmendes Gasgemisch anzünden 9. Zum Abstellen ist genau in der umgekehrten Reihenfolge zu verfahren! 10. Die Arbeitskleidung des Gasschweißers darf nicht mit Öl, Farbe, Lack oder Fett verschmutzt sein. 11. Zweckmäßig ist ein Arbeitsanzug aus schwer entflammbarem Material, sowie eine Lederschürze und Gamaschen gegen glühende Schweißperlen.

Flaschenwagen

Flaschenwagen Schweißer an Bord Quelle: Vulkan Bildmaterial

- 320 - Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz Thema: Welche Fachbegriffe sind richtig?

1. ……………………………..

2. ……………………………..

3. ……………………………..

4. Quelle: Vulkan Bildmaterial ……………………………..

5. ………………………………………………….

6. ………………………….. Quelle: www.neckermann.de Schweißschirm, Schweißbrennerhandstück, Elektrodenhalter, Schweißbrille, Arbeitsschutz – PSA : Arbeitssicherheitshandschuhe, Lederhandschuhe ,Lederschürze, Arbeitskleidung

- 321 - Ein Beispiel für „schülerverfasste“ Arbeitsergebnisse! UE Schweißen Thema: Humanisierung am Arbeitsplatz Name: Jenny Datum: 28.11.02

Thema: Humanisierung am Arbeitsplatz

Mein Lieblingsberuf wäre Möbelverkäuferin. Die Anforderungen an meinen Traumarbeitsplatz können jedoch auch an den Beruf des Schweißers gestellt werden.

An jedem Arbeitsplatz sind verschiedene Bedingungen für gute Arbeit wichtig:

1. Es soll möglichst Lärm vermieden werden. 2. Gesundheitliche bedenkliche Gase, Dämpfe und Stäube sind zu filtern. 3. Hitze, Kälte, Nässe und Zugluft sollen nicht vorhanden sein. 4. Nur mit guter Beleuchtung ist gesundes Arbeiten möglich. 5. Stress und hoher Arbeitsdruck behindern gute Arbeitsergebnisse. 6. Der Betriebsrat kümmert sich um die die Beachtung aller Rechtsvorschriften am Arbeitsplatz. 7. Sämtliche Mitarbeiter sind an der Gestaltung der Arbeit beteiligt. 8. Wichtig sind ausreichende Ruhe- und Erholzeiten. 9. Eine gute Kantine wäre prima. 10. Besonders wichtig ist eine regelmäßige ärztliche Beratung / Kontrolle.

Also: Der Arbeitsplatz darf den Menschen nicht schädigen – er soll seine Gesundheit fördern.

Bild: Zentrum f. Public Health, Bremen

Das Beispiel zeigt, wie nötig Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt ist!

- 322 - UE: Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz Thema: Vermeidung von Augenschäden / Strahlungsschäden

Quelle: Stahlbau Nord, Bremen 2002

1. Bei Schweißarbeiten entstehen starke Licht – und Strahlungsreize, vor denen die Augen und die Haut geschützt werden müssen. 2. Beim Lichtbogenschweißen entstehen 3 verschiedene Arten von schädigenden Strahlen. 3. Die ultravioletten Strahlen führen zum „Verblitzen“ der Augen. 4. Die sichtbaren Strahlen blenden die Augen und ermüden sie. 5. Die Infrarot – Strahlen (Wärmestrahlen) können die Netzhaut des Auges schädigen. 6. Zum Schutz gegen diese Strahlen müssen die Schweißer Schutzschilde, Schutzbrillen oder Kopfschutzhauben mit Strahlenschutzgläsern tragen. 7. Darüber hinaus ist auch das Risiko von Verbrennungen durch heiße Materialpartikel durch die Benutzung eines Schutzschirmes geringer. 8. Auch der Schweißerhelfer muss eine solche Schutzbrille tragen. 9. Besonders wichtig ist das rechtzeitige Schützen der Augen beim Zünden der Elektrode über der Schweißnaht. 10. Wenn möglich sind alle Schweißarbeiten in schützenden Kabinen aus geeignetem Segeltuch o. ä. durchzuführen. 11. Auch fachgerechte Schutzwände oder mit Schutzplanen bespannte Gestelle können einen Schweißarbeitsplatz sichern. 12. Gegen die Strahlung auf der Haut (Bräunung, Verbrennung) schützt feste schwerentflammbare Kleidung, Lederhandschuhe und eine Lederschürze.

Schweißbrille Quelle: Vulkan Bildmaterial

- 323 - UE: Schweißen Thema: Vermeidung von Gefahren durch Schweiß – und Rauchgase

Quelle: Stahlbau Nord, Bremen 2002

1. Das Schweißen ist eine Technik, bei der verschiedene Arten von Gasen und Rauchen freigesetzt werden, die krank machen können. 2. Ummantelte Stabelektroden verursachen schädliche Schweißrauche beim Abbrand. 3. Verzinkte, verbleite, mit Bleifarbe beschichtete oder Nichteisenmetalle verursachen beim Verschweißen gesundheitsschädliche Rauchgase. 4.Schweißgase verändern die Atemluft und können zu Gleichgewichts- Störungen, Übelkeit und Kopfschmerzen führen. Also: 5. Bei allen Schweißarbeiten ist eine gute Be-und Entlüftung erforderlich. 6. An festen Schweißarbeitsplätzen ist eine gute Absauganlage erforderlich. 7. Besonders gut geeignet sind Saugtrichter, die die schädlichen Rauche und Gase direkt am Entstehungsort absaugen. 8. Schweißer sollten regelmäßig Erholzeiten in sauberer Umgebung in Anspruch nehmen können.

Quelle: Vulkan Bildmaterial:Absauganlage mit Saugtrichter, Bremen 2002

- 324 - UE: Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz Thema: Vermeidung von Gefahren durch Schweißstrom

1. Bei Schweißarbeiten werden Spannungen deutlich unterhalb der Netzspannung von 230V eingesetzt. 2. Dennoch können auch diese Spannungen lebensgefährlich sein. 3. Steht ein Lichtbogenschweißer mit feuchten Schuhen auf einem Eisenträger und wechselt er dann die Elektrode mit der bloßen Hand aus, so kann bereits der Stromdurchfluss von der Hand zum Fuß zu einem Stromunfall führen. 4. Schon bei niedrigen Stromstärken verkrampft sich die Hand so heftig, dass sich der Schweißer nicht mehr selbst aus dem Stromkreis lösen kann. Also: 5. Kontrolliere täglich das Gerät auf schadhafte Isolierungen! 6. Die Anschlussklemmen gegen zufälliges Berühren isolieren. 7. Kabelschuhe sicher befestigen und Isolierung bis an die Anschlussstelle führen. 8. Das ganze Schweißkabel kontrollieren, kein normales Isolierband verwenden (Schweißleitungsmuffen verwenden). 9. Der Stabelektrodenhalter muss fachgerecht isoliert sein. 10. Bei Arbeiten mit dem Lichtbogenschweißgerät ist ein geeigneter Lederhandschuh zu tragen, um keinen Stromeintritt in den Körper zu ermöglichen. 11. Der Schweißer sollte immer fachgerechte Arbeitskleidung tragen. 12. Besonders wichtig sind gegen Stromkontakt ausgerüstete Arbeitssicherheitsschuhe.

beer - 325 - Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz - Thema: Vermeidung von Verbrennungen und anderen Arbeitsunfällen

Quelle: Vulkan Bildmaterial

1. Schweißarbeiten sind Arbeiten mit heißen Werkstoffen und oftmals sperrigen Materialien und häufig an unzugänglichen Arbeitsstellen auszuführen. 2. Heiße Schweißperlen, Funken, glühende Abschnitte, Schlacken und Brennabfälle können den Schweißer verletzen und ihm schwere Verbrennungen zufügen. 3. Verschweißte Bauteile, scharfe Überstände, Nähte mit Schlacken und Fehler im Umgang mit dem Gerät können zu folgenschweren Unfällen führen. 4. Unfälle durch Stolpern über Schweißschläuche, falsch verlegte Stromkabel und durch umstürzende Gasflaschen oder Umformer können gleichfalls Ursachen für Arbeitsunfälle sein. 5. Ungünstige Arbeitshaltungen (Überkopfschweißen), enge Arbeitsstellen (Schiffsbilge), unsichere Arbeitsplätze (Stahlgerüst) und unklare Arbeitsstoffe (Bleifarben, Zinkbleche, Chromstähle u a.) verursachen häufig Arbeitsunfälle oder dauerhafte Gesundheitsschäden. 6. Oftmals sind auch Faktoren wie schlechte Beleuchtung, Klimaprobleme, aber auch Arbeitsdruck und Schichtarbeitsprobleme bei Arbeitsunfällen ausschlaggebend. 7. Heute wissen wir, dass auch das kollegiale Umgehen am Arbeitsplatz Einfluss auf die Gesunderhaltung der Schweißer hat. 8. Tatsächlich wirken immer mehrere Faktoren auf einen Schweißer an seinem Arbeitsplatz ein, so dass wir von einer „Mehrfachbelastung“ sprechen müssen.

Quelle: Vulkan Bildmaterial

- 326 - UE Schweißen

Thema: Mehrfachbelastungen am Schweißerarbeitsplatz

Am Arbeitsplatz eines Schweißers liegen häufig mehrere gesundheitliche Belastungen gleichzeitig vor. Dieses Zusammentreffen von Gefährdungsfaktoren erhöht das gesundheitliche Risiko für den Facharbeiter in seiner Tätigkeit. Dadurch wächst auch der Druck auf den Schweißer, alles fachlich richtig und schnell machen zu müssen.

1. Auf den Schweißer wirken an seinem Arbeitsplatz gleichzeitig fast immer mehrere gesundheitsbeeinträchtigende Faktoren ein. 2. Zunächst werden durch den Schweißvorgang die Atmung belastende Gase und aggressive Rauche freigesetzt. 3. Schweißen bedeutet, je nach Schweißtechnik, weiter ein Gesundheitsrisiko durch Elektropotentiale, das durch den Schweißvorgang und defektes Gerät ausgelöst wird. 4. Die Verwendung von schweißtypischem Licht und Strahlen bedeutet ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Haut und die Augen des Schweißers. 5. Der Aufschmelzvorgang von Elektroden und Schweißfugen schafft weiter Gesundheitsrisiken wie Verbrennungen durch hocherhitzte Arbeitsmaterialien z. B. Schweißnähte, Materialperlen, Elektrodenreste und Abbrände. 6. Oft sind Arbeitsplätze und Raumgegebenheiten in ungünstiger Arbeitshaltung und Umgebung verursachend für Arbeitsunfälle durch verbaute Wege, ungesicherte Arbeitstände und wenig gesicherte Arbeitsverfahren. 7. Häufig arbeitet der Schweißer unter zu engen Zeitvorgaben. 8. Prüfvorgänge durch u.a. radiologische Technologien können gleichfalls erhebliche Gesundheitsrisiken beinhalten. 9. Neben diese technisch bedingten Faktoren sind am Arbeitsplatz eines Schweißers noch Probleme wie Arbeitshetze (Akkord), Schichtarbeit und Gruppenarbeit zu nennen. 10. Besonders wichtig ist ein kollegial akzeptierter Umgang am Arbeitsplatz, der das „Betriebsklima“ positiv beeinflusst.

- 327 - Mehrfachbelastungen am Schweißerarbeitsplatz

Hitzeschutz Zwangshaltung Atemschutz

Augenschutz Elektrounfall Zeitdruck Quelle: www.nextline.de

Dieses „Modell einer Mehrfachbelastung“ am Arbeitsplatz eines Schweißers zeigt beispielsweise die vielfältigen Arbeitsplatzrisiken von Erwerbstätigkeit.

Aufgabe: Benennen und notieren Sie die Belastungsfaktoren für Schweißer!

1. ……………………………………………. ja O nein O

2. ……………………………………………. ja O nein O

3. ……………………………………………. ja O nein O

4. ……………………………………………. ja O nein O

5. ……………………………………………. ja O nein O

6. ……………………………………………. ja O nein O

Bitte überprüfen Sie, ob einige oder alle Risikofaktoren erkennbar sind!

- 328 - UE Schweißen

5.15 Test: Gesundheitsförderung für Schweißer

1. Welche Persönliche Schutzausrüstung braucht ein E- Schweißer?

2. Welche Persönliche Schutzausrüstung braucht ein Gasschweißer?

3. Welche Gesundheitsrisiken bestehen für die Augen des Schweißers?

4. Welche Gesundheitsrisiken bestehen für die Atemwegsorgane des Schweißers?

5. Welche Gesundheitsrisiken bestehen durch Arbeiten mit Strom führenden Teilen.

6. Welche Gesundheitsrisiken bestehen durch Hitze und Funkenflug?

7. Welche Krankheiten können Schweißer, die unter Zeitdruck und Schichtarbeit arbeiten, bekommen?

8. Welche Gesundheitsrisiken schaffen Arbeiten in statischer/ungünstiger Körperhaltung?

9. Nenne einige persönliche Gesundheitsmerkmale!

10. Welche Dinge/ Anforderungen sind für dich am Schweißerarbeitsplatz wichtig?

10. Gibt es Langzeiterkrankungen am Arbeitsplatz von Schweißern?

11. Welche Institutionen geben Auskunft über Gesundheitsförderung am Schweißerarbeitsplatz?

- 329 - 5.16 Exkurs: „Meine Schweißerprüfung“ Bericht eines ehemaligen Schülers

Text eines ehemaligen Schülers der Schule ( K. H.)

1. Mit dem Abschlusszeugnis meiner Schule habe ich mich bei mehreren Stahlbaubetrieben um einen Ausbildungsplatz beworben. 2. Seit 2 Jahren bin ich als Auszubildender im Berufsbild Konstruktionsmechaniker bei dem Betrieb „Stahlbau N“ auf dem Bremer Vulkan – Gelände beschäftigt. 3. Während dieser Ausbildung nehme ich an einem mehrwöchigen Lehrgang für Schweißer in einem Schweißerfachbetrieb teil. 4. Dieser Kursus ist ein wichtiger Teil meiner Ausbildung als Konstruktionsmechaniker/ Schiffbau. 5. Am Ende dieser Maßnahme müssen wir eine Prüfung für Schweißer ablegen. 6. Wir werden durch verschiedene praktische Schweißaufgaben auf die Prüfung vorbereitet. 7. Auch Fachwissen wie Materialkunde, Techniken des fachlichen Umgangs mit dem Werkzeug und Arbeitssicherheit bzw. Gesundheitsprävention gehören zum Ausbildungsprogramm. 8. Am Prüfungstermin müssen wir eine Arbeitsprobe anfertigen, bei der verschiedene möglichst gute Schweißarbeiten zu zeigen sind. 9. Dann wird noch in einer mündlichen Prüfung unser Fachwissen über das Schweißen geprüft. 10. Diese Fachprüfung für Schweißer wird von einem Prüfingenieur des „TÜV“ vorgenommen und bestätigt. 11. Mit der bestandenen Prüfung als Schweißer (Zertifikat) habe ich einen wichtigen Schritt für meine Ausbildung getan. 12. Mein Ausbildungsbetrieb wartet schon darauf, dass ich bei Schweiß- und Brennarbeiten eingesetzt werden kann.

Bildquelle: privat. H. T., Ein Schüler der Klasse 10b während des Praktikums 2002

- 330 - Anhang: 2 UE Sitzen – eine Haltung mit Qualität

aus: Hoffmann, Heinrich: Die Geschichte vom Zappel- Philipp, in: Der Struwwelpeter, Rastatt-Baden, 1844

So ……. oder so?

aus: Jahn, J.:Bewertungsschema Kassenarbeitsplätze, in:BMfAS: Prävention im Betrieb.Arbeitsbedingungen gesundheitsgerecht gestalten, Bonn 1992, S. 167

Sitzen - Erholung und Ermüdung Eine Unterrichtseinheit im Lernfeld Arbeitslehre mit Schlüsselcharakter oder Von der Dialektik des Alltags

- 331 - Bremen 2004

Sitzen - Erholung und Ermüdung Eine Unterrichtseinheit im Lernfeld Arbeitslehre mit Schlüsselcharakter oder Von der Dialektik des Alltags

Vorbemerkung:

Das „Sitzen“ als Unterrichtsthema für Schülerinnen und Schüler, zumal in förderbedingten Lerngruppen, scheint zunächst wenig attraktiv und motivierend zu sein und an den tatsächlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten unserer Schülerklientel vorbeizugehen. Dennoch haben wir uns zu diesem Zugang zur Thematisierung von GF entschieden, weil sich hinter diesem scheinbar wenig aufregenden Unterrichtsgegenstand vielfältigste und spannende, sowie persönliche und gesellschaftliche Sachverhalte verbergen. Das Erkennen eben dieser reizvollen Selbstverständlichkeiten und das Nutzen zur Erkenntnisgewinnung und Gestaltungschance für die eigene Biographie unter einer normalitären „Oberfläche der Wirklichkeit“ soll alltagsverwertbar neugierig machen und exemplarisches Lernen realisieren. Darüber hinaus hat eine eher „am Rande“ getroffene Bemerkung von Rainer Müller im „Wörterbuch zur Humanisierung der Arbeit“605 hier dazu geführt, Arbeit im Sitzen und alltägliche Sitzroutinen/ - Kulturen zu untersuchen und zu verknüpfen. 606 Aufgabe des Unterrichts ist die Erschließung eines wichtigen alltäglichen Teils der Welt für junge Menschen, die durch bestimmte soziobiographische Umstände zunächst offenbar von vielen gesellschaftlichen Sichten und Erkenntnissen mit präventivem Nutzen ausgeschlossen sind. Methodisch generiert das Vorhaben unterrichtliche Lernarrangements, die die Lernenden aus bisherigen Unterrichtsvorhaben kennen und auf verschiedenen Abstraktionsniveaus anwenden und erproben können. Dazu zählen als Mindestanforderung das Lesen und das Schreiben von Textvorgaben und Arbeitsblättern. Weiter das Ausfüllen von vorab erarbeiteten Fragekomplexen und die Recherche in Wörterbüchern, ggf. im Internet. Alle Lernenden nutzen die Möglichkeiten der Texterfassung und (teilweise) der Textkorrektur durch den Computer. Anspruchsvollere Aufgabenstellungen sind mit Recherchen im Web verbunden, etwa in den Datenbanken der Berufsgenossenschaften, der Krankenkassen oder etwa beim DGB.

605 Müller, Rainer: Zwangshaltung, in: BAU (Hrsg.): Wörterbuch zur Humanisierung der Arbeit, Dortmund 1983, S. 439 606 Eine detailreiche didaktische Grundlage für diese Art von Unterrichtsvorhaben ist die Publikation: Beer, K. u.a.: Gesundheitsverschleiß am Arbeitsplatz von Schlossern. Eine gewerbehygienische Studie. Dortmund 1982 - 332 - Einige wenige Schüler gestalten die Ergebnisse am Rechner in besonderen Layouts! Besonders die Erkundungen unter der Fragestellung „Sitzen“ , etwa im Suchen /Vergleich des „komfortabelsten Sitzes“ in der Schule demonstrieren die Verknüpfung von Alltagswissen und neuer Erkenntnis zu ersten Ansätzen von zukunftsfähigem Gesundheitshandeln.

Die Unterrichtseinheit „Sitzen –Erholung und Ermüdung“ wurde mit einer 10. Jahrgangsstufe über einen Kernzeitraum von insgesamt etwa 5 Monaten durchgeführt. Dabei waren die thematischen Zugänge nicht in einer quasilogischen Reihe erkenntnisgünstig angeordnet, sondern ergaben sich, im sinne spiralcurricularen Lernens, z.T. aus den zufälligen Umständen und notwendigen Fragen bzw. Zwischenergebnissen und Lernerträgen verschiedener Unterrichtsfächer. Vielfach waren Lernformen wie fast zufällig experimentelles Erproben, erkundende Gespräche in der Familie/bei Freunden oder Zufallsfunde zum Thema motivierende Auslöser für (erneute) Beteiligungen bei der Bearbeitung des Themas. Die Jahrgangsstufe wurde von mir in wechselnder Stundenzahl über 4 Jahre von der 7. bis zur 10. Klasse unterrichtet. Dabei war es möglich, verschiedene bereits bearbeitete Unterrichtsgegenstände (Hafenarbeit, Serienfertigung/Fließfertigung, Metallarbeitsplätze, Bootsbau, Schweißerarbeitsplätze u.ä.) zum Themenfeld Arbeit und Gesundheit erneut zu aktivieren und zu nutzen. An dem Projekt waren in unterschiedlicher Intensität 2 10. Klassen beteiligt. Eine Lerngruppe war primär aktiv, eine mehr ergänzend involviert. In meiner 10. Klasse waren 8 Schüler und 6 Schülerinnen. Die unterrichtlichen Bedürfnisse zeigten sich sehr unterschiedlich und reichten, bedingt durch die subjektiv individuellen Förderansprüche, von den Lernanförderungen einer erweiterten Hauptschule bis zu den Lerngegebenheiten im Grenzbereich zur geistigen Behinderung. Den vergleichsweise günstigen Lernbedingungen an einem Förderzentrum in Bremen folgend ( individualisierend lehrplangestützt, fächerübergreifend projektbezogen, praxisorientiert, innovativ), wurde das Vorhaben in wesentlichen Teilen als Unterricht in der Form eines Projekts durchgeführt. Dem Projekt „Sitzen – eine Haltung mit Qualität!“ wurden aus verschiedenen Unterrichtsfächern Deutsch, Arbeitslehre, Naturwissenschaften, Mathematik, teilweise Sport) Beiträge zugeordnet, die im pädagogischen Sinne fächerkooperienden Lernens Ergebnisse aggregierten. Dabei realisierte die fachunterschiedliche Analyse, Bearbeitung und Ergebnisleistung nicht immer bruchfrei und widerspruchslos. Eine solche unterrichtsvorbereitend bzw. methodisch „geglättete“ Sicht der Sitzkultur war nicht beabsichtigt. Vielmehr sollten individuelle Zugänge zum Themenfeld „Sitzen“ auf den subjektiven Lernzugangsniveaus SchülerInnen angeboten und binnendifferenziert - 333 - verarbeitet werden. Dabei galt es, die Vorerfahrungen der Lernenden zu aktivieren und die Verschiedenartigkeiten zukünftiger Erwerbsarbeitszwänge in den Blick zu nehmen. Unruhige Schüler und sitzfeste Schülerinnen „erkannten“ so ggf. mehr über ihre eigene Biographie und waren damit wahrscheinlich eher in der Lage, sich mit Sitzanforderungen arbeitsbedingter Tätigkeiten individuell reflexiv zu befassen. Sitzen ist den Schülern selbstverständlich eine nicht nur schul- und unterrichtsbekannte Form der Bewegungsweise. Das Sitzen wird in seinen verschiedensten Ausprägungen und Erlebnisqualitäten thematisiert. Diese geschieht zum einen, um begriffliche und interpretative Sensibilität bei den Schülern zu initiieren, zum anderen um auf die widersprüchliche gesundheitliche Seite des Sitzens aufmerksam zu machen. Dabei folgen wir pädagogisch – didaktisch einer Linie : aufsteigend vom Abstrakten zum Konkreten der reflektierten eigenen biographischen Sitzpraxis, leiten scheinbar Regelhaftes davon ab und übertragen Teile davon prospektiv auf zu erwartende erwerbsarbeitsperspektivische Konkretheiten! Wir sammeln, sichten und ordnen die uns zur Verfügung stehenden und recherchierten Hinweise zum Stichwort “Sitzen“. Auf diese Weise entstehen in den SchülerInnen verschiedene „Ab-Bilder“ des Sitzens und seiner Rahmenbedingungen. Dazu gelang es weiter, die in den verschiedenen Unterrichtsfachanteilen erarbeiteten neuen Sichten spezifischen „Fachwissens“ in der Gesamtschau der Schüler zusammenzuführen. So gelang es etwa, das Bild von Aleksandr Rodchenko: „Schachtisch und Stühle“ von 1926, sowie einige „Sitzobjekte“ des Künstlers Joseph Beuys aus dem Kunstbereich für das Vorhaben zu nutzen. Für die meisten Schüler ist dies ein erster ansatzweise gründlicher Ausflug in die Vielfalt der Sprache und ihres instrumentellen Charakters und damit die Erkenntnis, dass viele Dinge nicht unbedingt nur so sind, wie sie uns zunächst erscheinen! In unterrichtsmethodischer Hinsicht werden dabei vielfältigste Themenzugänge aktiviert. So wird zunächst die Reflexion auf eigenes Erleben und eigene Erfahrung – Empirie- bemüht (Arbeitsblätter), die fachlich informativen Beiträge in üblichen Unterrichtsmaterialien (Lehrbücher)werden analysiert, Lexika und Fachliteratur der nachbarschaftlichen Stadtbücherei werden eingesetzt und via Internet gesundheitstätige Institutionen kontaktiert. Darüber hinaus finden Betriebserkundungen statt, es werden einzelne Arbeitsplatzanalysen durchgeführt und spezielle Fachbeiträge (Berichte von bereits erwerbstätigen Geschwistern, Eltern und Bekannten) dazu erarbeitet. Besonders plastisch und erlebenswirksam waren die während der Betriebspraktika in der 8. ( 3-wöchig) und 9.Klasse (4-wöchig) gemachten Erfahrungen „vor Ort“ und mit eigenem täglichen betriebspraktischen Einsatz! Auch die während der 10. Klasse durchgeführte Werkstattphase vermittelt unabweisbar psychische und

- 334 - physiologische Grenzen der humanen Belastbarkeit (etwa das Feilen am Schraubstock!!) und das Bedürfnis nach „Sitzpausen“ zur Erholung!! Besonders interessant ist die Nutzung des der Schule zur Verfügung stehenden Internet-Raumes, mit dessen technischer Anbindung an den fachlichen wissenschaftlichen Standard auch eine Schule für Kinder mit Förderbedarf einen gewissen Zugang zu aktuellen relevanten Informationen der Gesundheitsforschung nutzen kann. Dabei ist, etwa am Beispiel des Internet- Portals der Berufsgenossenschaften( www.berufsgenossenschaften.de , bzw. www.next.line.de ), die Möglichkeit für SchülerInnen, sich über die vielfältigen Informations- und Wissensbestände des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung zu informieren, eine im tatsächlichen Sinne des Wortes pädagogisch beabsichtigte Surf-Beschäftigung mit dem Medium Computer. Weiter wird im ITG – Unterricht der aufgabenorientierte Umgang mit Krankenkassen-Datenbanken zur Gesundheitsinformation erarbeitet und bei entsprechenden Recherchen eingesetzt. Insgesamt wird so ein wichtiges thematisches Bild aus der Verknüpfung schülerpersönlicher und zukünftiger erwerbsarbeitsbiographischer Perspektive , hier zum Bereich Sitzen, erarbeitet, das vielfältige persönliche Lernerfahrungen machen lässt und praxisfähige Lernerträge lebensbezogen realisieren kann.

Der dargestellte Gesamtprozess der Unterrichtseinheit im Projektverbund spiegelt sich aus Rezeptionsgründen in einer den Darstellungsgewohnheiten entsprechenden strukturierten Form. Tatsächlich sind die Arbeitsschritte, die Lernzuwächse und die daraus resultierenden neuen Sichten eher sprunghaft und „gewöhnungsbedürftig“. Besonders erwähnenswert ist die bei mehreren Schülern wahrzunehmende „neue Sicht“ auf scheinbar alltägliche Dinge(sich Selbst, das Sitzen, Sitzen als Erholung und Sitzen als Zwangshaltung, Sitzen als vorweggenommenes Berufsproblem, Sitzen als Präventionsvorgang?!).

Ziele des Unterrichtsvorhabens: - Die Lernperspektive des Vorhabens (outcome) ist u.a. die praxisorientierte Umsetzung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse in alltagsgesundheitliches Handeln, - Verknüpfung alltäglicher Vorgänge mit gesundheitsfördernden Praxisvorgängen, - Technische Analysen einfacher Art vornehmen, - Betriebliches Erfahrungswissen ermitteln, sammeln und nutzen, - Alltägliche Vorgänge historisch zurückverfolgen können, - - Begriffe fortentwickeln und mit der eigenen Lage in Beziehung bringen, - Gesundheitsdatenbanken der Einrichtungen nutzen, - Orientierung auf erwerbsarbeitsbezogene Interessenvertretung - Kooperation am Arbeitsplatz - Identifikation mit der Region - Gesundheitsinitiativen für den Betrieb Schule vorbereiten, - 335 - - Arbeitsvorgänge als gestaltbar erkennen, - Auswahlkriterien für Gesundheitsförderung festlegen, - Gelernte Vorgänge in einen Test einbringen können, - Entfaltung und Erprobung kreativer Unterrichtsformen, - Aufbau gesundheitspräventiver Verhaltensmuster, - integrierte Verknüpfung erwerbsarbeitsorientierter Lerninhalte, - persönlichkeitsspezifische Erwerbsarbeitsbiographieplanung, - Verbesserung der beruflichen Eingliederungsperspektiven, - Entwicklung von berufsfeldspezifischen Qualifikationen, - Lernbiographische Entwicklung/Erweiterung auf berufsfeldbezogenes Handlungswissen. Hinweise zur Unterrichtsverlaufsplanung: 1. Sitzen – was ist das AB 1 Aus der Geschichte des Sitzens AB 2 Der Begriff „Sitzen“ als Aufforderung zur Kommunikation 2. Sitzgelegenheiten – Sitzmöbel Von der Steinbank zum Sessel AB 1 1000 Varietäten zum Sitzen AB 2 Sitzen in verschiedenen Epochen AB 3 Sitzen für bestimmte Zwecke AB 4 Sitzen ist ein Ausdruck bestimmter Kulturrituale 3. Der sitzende Mensch Vom „Homo sapiens zum homo sedens“ AB 1 Sitzen in der Geschichte AB 2 Sitzgelegenheiten AB 3 Vom Bewegen zum Sitzen - eine gesellschaftliche Änderung AB 4 Sitzen und Nichtsitzen – wer darf was? 4. Sitzen in der Schule Die sitzende Institution und der Mensch AB 1 Die Sitzschule AB 2 Die Schulstühle AB 3 Wer sitzt am besten? AB 4 Lernen in der Schule : Bewegung und Sitzen AB 5 Sitzen ist Lebenszeit 5. Sitzen und dann ? Folgen einer problematischen Praxis AB 1 Sitzen im Leben AB 2 Sitzen kann krank machen! 6. SitzarbeiterInnen Menschen am Arbeitsplatz AB 0 Sitzen am Arbeitsplatz war ein Vorrecht AB 1 Sitzen – Frauenarbeitsplätze AB 2 Sitzen - Männerarbeitsplätze AB 3 Sitzarbeitsplätze für Frauen und Männer AB 4 Ergonomisches Sitzen – Sitzen als Teil des Arbeitsablaufes 7. Gesundheit und Sitzen Vorschläge für eine bessere Sitzkultur AB 1 Merksätze für gesundes Sitzen AB 2 Informationsangebote für gesundes Sitzen AB 3 Zuviel und falsches Sitzen ist ungesund 8. Wie man sitzt …! Wer hat den besten Stuhl und wer muss stehen? AB 1 Was ist ein guter Schulstuhl? AB 2 Wer sitzt auf welchem Stuhl - eine Schulerkundung 9. Gesundheitslernen am Beispiel Sitzen Beim Sitzen fängt die Gesundheit an…! - 336 - AB 1 Wichtige Gesundheitsregeln für die Schule AB 2 Gesundheitsregeln für den Betrieb 10. Sitzen für uns Was haben wir gelernt? AB 1 Ein Sitztest! 10 Fragen, deren Antwort „sitzen“ muss !

Eine Übersicht der Arbeitsschritte und der unterrichtlichen Arbeitsanweisungen des Lernvorhabens. Die nachfolgenden Arbeitsmaterialien wurden ergänzend bzw. erweiternd einbezogen! UE - Sitzen 1 Fach: Deutsch

Thema: Was im Sitzen getan werden kann!

Aufgabe: Lesen Sie das Textstück durch und erklären Sie, warum das Sitzen wichtig sein kann!

Gedicht über gesellschaftliche Veränderung und das Sitzen.

Bertolt Brecht: Tu will kämpfen lernen und lernt sitzen

Tu kam zu Me - Ti und sagte: Ich will am Kampf der Klassen teilnehmen. Lehre mich. Me -Ti sagte: Setz dich. Tu setzte sich und fragte: Wie soll ich kämpfen? Met -Ti lachte und sagte: Sitzt du gut? Ich weiß nicht, sagte Tu erstaunt, wie soll ich anders sitzen? Me -Ti erklärte es ihm. Aber, sagte Tu ungeduldig, ich bin nicht gekommen, sitzen zu lernen. Ich weiß, du willst kämpfen lernen, sagte Me -Ti geduldig, aber dazu musst du gut sitzen, da wir jetzt eben sitzen und sitzend lernen wollen. Tu sagte: Wenn man immer danach strebt, die bequemste Lage einzunehmen und aus dem Bestehenden das Beste herausholen, kurz, wenn man nach Genuß strebt, wie soll man da kämpfen? Me – Ti sagte: Wenn man nicht nach Genuß strebt, nicht das Beste aus dem Bestehenden herausholen will und nicht die beste Lage einnehmen will, warum sollte man da kämpfen?607

607 Brecht, Bertolt: Gesammelte Werke 12- Prosa 2, FfM 1967, S. 176 - 337 - UE Sitzen 2 Fach: Arbeitslehre Thema: „Kassenarbeitsplätze und Klassenarbeitsplätze“ Bewertungsschema „Klassenarbeitsplätze“ In Anlehnung an den Beitrag von Jahn „Bewertungsschema Kassenarbeitsplätze“ haben wir in dieser Unterrichtsstunde versucht, ein „Bewertungsschema Klassenarbeitsplätze“ zusammenzustellen. Wir verfolgen damit die Absicht, aus unseren Arbeitsergebnissen, u.a. aus Beobachtungen im Erwerbsbereich, Erkundungen und Überlegungen, sowie Merkmale zusammenzustellen, die für einen gesundheitsfördernden Schülerarbeitsplatz aus unserer Sicht geeignet sind.608 Soweit möglich versuchten wir folgende Details zu ermitteln: 1. Sitzfläche, 2. Sitzhöhe (ggf. verstellbar), 3. Sitzlehne (ggf. neigbar), 4. Armlehne, 5. Polsterung, 6.Material des Stuhles, 7.Stabilität, 8. Standfestigkeit, 9.Fehler, 10. Design. Zunächst „analysierten“ wir einige zugängliche Beispiele für sitzende Erwerbstätigkeit, die wir unter Aspekten von erkennbaren Arbeitsplatzbedingungen und vermutetem Gesundheitsverschleiß diskutierten. Besonderes Augenmerk wurde auf die konkreten Sitzvorgänge / Sitzangebote gerichtet. Thema: Sitzarbeitsplätze

608 Jahn, Jürgen: Bewertungsschema Kassenarbeitsplätze , in: Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Prävention im Betrieb. Arbeitsbedingungen gesundheitsgerecht gestalten, Bonn 1992, S. 161ff. - 338 - Sitzende Chemiearbeiterin www.vdg-ev.org Konzentriertes, langanhaltendes Arbeiten (8 Stundentag!) darf so eigentlich nicht sein! Eine andere interessante Sitzhaltung zeigt die Schreibkraft, die scheinbar „modern“ und mit gesundheitsgerechtem Sitzmöbel ihre Arbeit erledigen kann. Aber: Wo ist die verstellbare Rückenlehne, wo sind die Armauflagen? Ist die Polsterung nur blau?

Sitzende Sekretärin www.chito.com

Als wichtiges Arbeitsergebnis unserer vorab durchgeführten kleinen Erkundungen (fast Expeditionen) bei den Firmen „A.d.“ und „M.k….f“ (Auslassungen, um Werbung zu vermeiden) konnten wir eine Reihe von Merkmalen erkennen. Die Sitzmöbel in den Verkaufsräumen beider Betriebe waren in keinem guten Zustande. Sie machten einen stark benutzten, ja abgewetzten Eindruck und einige waren in der Sitzfläche eingerissen. Auf den Kunststoffschalen lagen mehrfach Kissen oder Pappen, die offenbar zur Polsterung für die Verkäuferinnen dienten. Es waren meistens Drehschemel, manche mit, einige ohne Rückenlehne! Ein „Klassenunterschied“ war in den Sitzgelegenheiten nicht zu erkennen. Einen „Leitungsstuhl“ in einem Geschäft konnten wir nicht begutachten! In den Untersuchungen zum Sitzen an unserer Schule sollten dann mehrere Sitzgegebenheiten erkundet und möglichst dokumentiert werden. 1. Sitze von Schülerinnen und Schülern und ihre Ausstattung 1.1 Im Klassenraum 1.2 Auf dem Schulhof 1.3 In der Turnhalle 1.3 Im NTW- Fachraum - 339 - 1.4 Im Musikraum 1.5 im PC- Labor 2. Sitze von Lehrerinnen und Lehrern und ihre Ausstattung 2.1 Im Klassenraum 2.2 Im Lehrerzimmer 2.3 Im Fachraum 3. Der Sitzplatz des Leiters 4. Der Sitzstuhl der Sekretärin 5. Der Sitz der Hausmeisterin 5. Die Sitzgelegenheiten der Reinemachefrauen In der Übertragung auf die Sitzplatzgegebenheiten in der Schule konnten wir feststellen, das es an der Schule zunächst 2 „Klassen“ von Sitzen gibt: Polsterstühle und solche die ungepolstert sind. Die gepolsterten Sitze sind die für Lehrer und Lehrerin in der Klasse, die des Lehrerkollegiums im Lehrerzimmer und die im Sekretariat und natürlich der im Leiterzimmer. Auch unsere Hausmeisterin hatte einen gut gepolsterten, höhen-, sowie neigungsverstellbaren Stuhl in ihrem Raum. Bei den Polsterungen gibt es zudem noch Unterschiede. „Leitungspolsterstühle“ sind deutlich aufwändiger gearbeitet (Armpolster, neigbare Rückenlehne, höhenverstellbar, bessere Polsterqualität!- besseres Sitzgefühl!!!) Die ungepolsterten Sitze sind die Schülersitze. Sie sind oft zu klein oder zu groß, weisen schadhafte Stellen, etwa in der Sitzschale auf und/oder es fehlen Teile (Federn, Schrauben oder Nieten). Warum ist der Zustand der Schülerstühle so anders? Das angestrebte Ergebnis der unterrichtlichen Bemühungen war es zunächst, Informationen zur „Sitzkultur“ und den feinen, sowohl technischen als auch sozialen Varietäten darin zu erlangen. Im Verlaufe des Schuljahres berichteten die Schüler teils sehr präzise von verschiedensten Sitzgelegenheiten in ihrem privaten Umfeld (Hocker, Bierfass, Autoreifen, Autositze bis hin zu Hochstühlen für Kleinkinder, Holzbänken, Ohrensesseln, Plastikstühlen, Rollstühlen, Kirchenbänken, ja sogar von einem Beichtstuhl wurde berichtet! Darüber hinaus befragten, ja beobachteten die Schüler Erwerbstätige zu ihren Sitzmöglichkeiten am Arbeitsplatz. Wir erhielten auf diese Weise Informationen über pausierende Maurer im Baucontainer, pausenstehende Arbeiterinnen, die vom Sitzen ausruhen, Gastwirte mit Stehhilfen, Kranführer mit Sitzproblemen, Berufskraftfahrern mit Schmerzen und Verdauungsbeschwerden durch lange Sitzzeiten usw.! UE Sitzen 3 Fach : Arbeitslehre Thema: Sitzen – Wir sammeln Informationen (Kreuze an mit einem X)

1. Wie lange sitzt du täglich in der Schule? O O O

- 340 - 4 Std. 5 Std. 6 Std.

2. Aus welchen Materialien besteht dein Stuhl? O O O O Metall Holz Kunststoff Textilgewebe

3. Sitzt du bequem auf deinem Stuhl? O O O gar nicht geht so gut

4. Ist der Stuhl hoch genug für dich? O O Ja Nein 5. Wie schwer ist dein Stuhl? etwa ……… kg

6. Hast du einen „eigenen“ Stuhl in deinem Klassenraum? O O Ja Nein 7. Welche Eigenschaften deines Stuhls sind für dich wichtig? bequem O weiche Sitzfläche O stapelbar O neigbare Rückenlehne O höhenverstellbar O Armlehne O leicht O keine harten Kanten O bunt O abwaschbar O kippsicher O Naturmaterial O ...... 8. Hat dein Stuhl Rollen? O O Ja Nein

9. Ist dein Stuhl kaputt? Ja O Nein O Wo ist dein Stuhl defekt? ………………………………………………

10. Dürfen auch andere MitschülerInnen auf deinem Stuhl sitzen? …………………………………………………………………….. 11. Hast du manchmal Schmerzen durch zu langes Sitzen? nie O selten O manchmal O oft O immer O

12. Welcher Stuhl in deinem Klassenraum gefällt dir am besten?

…………………………………………………………………… 13.Wie müsste deiner Meinung nach ein guter Schulstuhl aussehen?

…………………………………………………………………. 14.Wir sammeln Vorschläge zur Gestaltung „guter“ Stühle!!

…………………………………………………………………...

- 341 - …………………………………………………………...... UE Sitzen – 4 Fach: Arbeitslehre

Thema: Normalität des Sitzens für Schüler

Arbeitstext: Erkundung des täglichen Sitzens – die Sitzzeit!

Ein höhenverstellbarer Schulstuhl aus der Grundschule

Aufgabe: Notiere die/ deine tägliche „Sitzzeit“ in Minuten und ermittle deine Tagesgesamtsitzzeit!

Zeit ca. Minuten 1. Morgendliches Aufsetzen nach dem Erwachen. ……….. 2. Sitzen auf der Toilette. .………. 3. Sitzen am Frühstückstisch. ..……... 4. Sitzen in der Bahn, auf dem Fahrrad. ………. 5. Sitzen auf dem Stuhl in der Klasse. ………. 6. Sitzen am Mittagstisch. ………. 7. Sitzen während der Hausaufgaben. ………. 8. Sitzen vor dem Computer, mit der Videokonsole. ………. 9. Sitzen beim Abendessen. ………. 10.Sitzen vor dem Fernsehgerät. .

Meine Tagessitzzeit beträgt etwa ………. Minuten!

- 342 - kbeer

FCK- Klasse 10b UE Sitzen 5 Fach: Arbeitslehre Thema: Gesundes Sitzen will gelernt sein

Projekt: Arbeit und Gesundheit Gesundes Sitzen will gelernt sein! Die schlechte Nachricht: Verschiedene Wissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass das Sitzen eine der problematischsten menschlichen Körperhaltungen ist. Folgende Gründe werden dazu angeführt: Langes Sitzen lässt die Bauchmuskulatur erschlaffen; der Rücken verformt sich zu einem Rundrücken; die Rücken-, Schulter- und Nackenmuskulatur werden einseitig beansprucht; übermäßiges Sitzen klemmt die inneren Organe der Atmung und Verdauung ein;

Die Folgen sind: Kopfweh und Verspannungen, sowie Störungen in der Zirkulation von Blut- und Lymphkreislauf. Das Anschwellen der Beine begünstigt u.a. Krampfaderbildungen: sitzen kann also auch ziemlich ungesund sein!

Die gute Nachricht: Sitzen auf gut stützenden, ergonomischen Sitzmöbeln belastet den Körper viel weniger!

Sitzregeln für gesünderes Sitzen: Beide Füße können gut auf dem Boden stehen, die Knie sind etwa 90 Grad gebeugt, die ganze Sitzfläche kann genutzt werden: der Rücken ist gerade und das Becken ist aufgerichtet; die Schultern sind nicht verkrampft und hochgezogen; die Beine haben genug Bewegungsraum und die Füße stoßen nirgendwo an; Kopf und Oberkörper müssen beim- 343 Arbeiten - nicht verdreht werden! FCK – Klasse 10 b Fach : Deutsch

Arbeitsblatt – Nr. : 6 Fragebogen zum SITZEN

Sitzen: Was ist das?

Aufgabe/ Ziel: Wir wollen mehr über das Sitzen wissen!

Definition :

Sitzen: Wo findet das statt?

a) auf dem Stuhl b) mit dem Gesäß

Sitzprobleme in der Schule:

Sitzen als Zeichen von Unwohlsein :Zappelphilipp Soziales Sitzen - Sitzposition ändern wollen: hinsetzen, dazusetzen, dazwischensetzen, heraufsetzen, einsetzen, herabsetzen, draufsetzen, durchsetzen, vorsitzen, besitzen,

- 344 - umsetzen,

3. „Sitzunfälle“ Deklassierung durch „Sitzenbleiben“ „ Einsitzen“ „ Nachsitzen“ „ Absitzen“ „ Aussetzen“ „ Aussitzen“ „ Absetzen“

Sitzbilder: Das sitzt! Wohnsitz Ruhesitz Besitz Vorsitz

FCK – Klasse 10 b Fach : Arbeitslehre Arbeitsblatt – Nr. : 8 Fragebogen zum SITZEN

Das Sitzen und der Stuhl -

Stühle und Menschen- eine besondere Beziehung!

1. Wie viele Menschen gibt es an unserer Schule?

2. Wie viele Stühle gibt es an unserer Schule?

3. Wie viele verschiedene Stuhltypen finden wir an unserer Schule?

4. Welche Stühle haben die LehrerInnen?

5. Welche Stühle haben die SchülerInnen?

6. Welche Stuhltypen sind im Sekretariat?

7. Welcher Stuhltyp steht im Schulleiterzimmer?

8. Welcher Stuhltyp steht im Hausmeisterbüro?

- 345 - 9. Wie lange sitzen wir in der Schule auf dem Stuhl?

10. Während einer Unterrichtsstunde sitzen wir ...... Minuten auf dem Stuhl!

11. Während eines Schultages sitzen wir ...... Minuten auf dem Stuhl!

12. Während einer Schulwoche sitzen wir ...... Minuten auf dem Stuhl!

13. Während eines Schuljahres sitzen wir ...... Minuten auf dem Stuhl!

14. Während der Schulzeit von 10+2 Schuljahren sitzen wir ...... Jahre!

15. Während eines Tages sitzen wir zuhause ...... Minuten auf dem Stuhl!!

Sitzen wird so zur Bewegungsbeschränkung!

UE Sitzen Nr. 7 Fach: Arbeitslehre Klasse: 10B Arbeitsblatt – Nr. : 9 Thema: Sitzen und Arbeiten Aufgabe: Finde Beispiele und beobachte möglichst genau, aber ohne zu stören!

Frage: Welche Arbeiten werden sitzend verrichtet?

Sitzen bei der Heimarbeit = Verpackungsarbeiterin Sitzen im Büro = Bürogehilfin / Bürokauffrau

Sitzen am Tor = Pförtner/ Wachpersonal

Sitzen im Bus = Busfahrerin

- 346 - Sitzen an der Kasse = Kassiererin

Sitzen bei Montagearbeiten = Arbeiterin / Monteurin Sitzende Arbeitshaltung, bzw. verschiedene Sitzpositionen am Arbeitsplatz: - Sitzen in der Verpackungsabteilung, - Sitzen am Büroarbeitsplatz, - Sitzen am Kassenarbeitsplatz, - Sitzen im Sicherheitsdienst( Pförtner), - Sitzen im Linienbus. - Sitzen an der Montagestrecke u.a. Sitzen und Stehen im Wechsel

10 Stunden an der Maschine sitzen! Bauarbeit: Der Vorarbeiter darf auch mal während der Arbeitszeit sitzen! Besondere Sitzabenteuer: Sitzen auf dem Flur des Arbeitsamtes Sitzen im Wartezimmer des Arztes Sitzen im VHS – Kurs Sitzen im Eiscafé, im Kino, etc…!

Schulmöbel: Frage: Sitzen oder arbeiten Sie?

kbeer Quelle: www1.dortmund.de

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