<<

Stenografisches Protokoll 69 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 69. Sitzung - Endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 5. November 2015, 11.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. Patrick Sensburg, MdB

Tagesordnung

Tagesordnungspunkt 1

Sachverständigenanhörung Seite

- Dr. Kurt Graulich 4 (Beweisbeschluss SV-11)

Tagesordnungspunkt 2

Zeugenvernehmung

- Dr. W. A., BND, Referatsleiter Justiziariat 108 (Beweisbeschluss Z-103)

* Hinweis: Die Korrekturen und Ergänzungen des Sachverständigen Herrn Dr. Kurt Graulich (Anlage1) sowie des Zeugen Herrn Dr. W. A. (Anlage 2) sind in das Protokoll eingearbeitet.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 1 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Marschall, Matern von Schipanski, Tankred Ostermann, Dr. Tim Sensburg, Prof. Dr. Patrick Wendt, Marian Warken, Nina SPD Flisek, Christian Lischka, Burkhard Mittag, Susanne Zimmermann, Dr. Jens DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André BÜNDNIS 90/ Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian DIE GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter CDU/CSU Bredow, Lippold von Feser, Dr. Andreas Fischer, Sebastian D. Haun, Fabian Kühnau, Dan Lochner, Martin Puglisi, Livia SPD Ahlefeldt, Johannes Dähne, Dr. Harald Etzkorn, Irene Geiger, Nicolas Hanke, Christian Diego Heyer, Christian Maß, Caroline DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan Scheele, Dr. Jürgen BÜNDNIS 90/ Kant, Martina DIE GRÜNEN Keller, Dr. Iris Leopold, Nils Pohl, Jörn

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 2 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Teilnehmer Bundesregierung Bundeskanzleramt Heinemann, Martin Neist, Dennis Pabst, Daniel Pachabeyan, Maria Wolff, Philipp Auswärtiges Amt Berkemeier, Gunnar Lehmann, Uta Bundesministerium des Innern Akmann, Torsten Brandt, Dr. Karsten Darge, Dr. Tobias Gierth, Sonja Jacobi, Stephan Weiss, Jochen Bundesministerium der Justiz und für Grätsch, Gabriele Verbraucherschutz Kirchner, Heino Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Krüger, Philipp-Lennart Scholl, Dr. Kirsten Bundesministerium für Verteidigung Theis, Björn Henschen, Elmar Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Kremer, Dr. Bernd die Informationsfreiheit

Teilnehmer Bundesrat LV Bayern Luderschmid, Florian LV Hessen Steinbach, Arvid LV Nordrhein-Westfalen Rohlfing, Heinrich LV Rheinland-Pfalz Rauth, Jana Elena

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 3 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(Beginn: 13.03 Uhr) Graulich und durch Vernehmung von Herrn Dr. W. A. und Herrn Albert Karl als Zeugen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die Zunächst wird der Sachverständige Herr 69. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der Dr. Graulich und danach werden die Zeugen 18. Wahlperiode. Dr. W. A. und Albert Karl öffentlich und im Anschluss dann gleich in der entsprechenden Ich stelle fest: Die Öffentlichkeit ist hergestellt. Reihenfolge nichtöffentlich gehört. Ich hoffe, dass ausreichend Plätze auf der Galerie zur Verfügung stehen. Es ist ja heute sehr gut be- Anhörung des sucht. Ich begrüße Sie daher aufs Herzlichste, die Sachverständigen Öffentlichkeit und die Vertreter der Presse, die Dr. Kurt Graulich auch heute wieder intensiv aus diesem Untersu- chungsausschuss berichten. Als Allererstes darf ich begrüßen den Sachver- ständigen Herrn Dr. Kurt Graulich. Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir auch Ich stelle fest, dass Sie als Sachverständiger ord- heute einige Vorbemerkungen. nungsgemäß geladen sind, Herr Dr. Graulich. Sie haben die Ladung am 2. November 2015 erhalten. Ton- und Bildaufnahmen sind während der öf- Der anvisierte Termin war Ihnen aber grundsätz- fentlichen Beweisaufnahme grundsätzlich nicht lich ja auch bekannt, dass wir heute diese Sit- zulässig. Ein Verstoß gegen dieses Gebot kann zung haben würden. Ich danke Ihnen ganz herz- nach dem Hausrecht des Bundestages nicht nur lich, dass Sie dieser Ladung gefolgt sind und dem zu einem dauernden Ausschluss von den Sitzun- Ausschuss für diese Anhörung zur Verfügung ste- gen dieses Ausschusses sowie des ganzen Hauses hen. Seien auch Sie ganz herzlich begrüßt. führen, sondern gegebenenfalls auch strafrecht- liche Konsequenzen nach sich ziehen. Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme dieser Ich rufe die heutigen Tagesordnungspunkte auf: Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- Tagesordnungspunkt 1 zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- stellung des Protokolls gelöscht. Sachverständigenanhörung - Dr. Kurt Graulich Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach (Beweisbeschluss SV-11) Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies ge- Tagesordnungspunkt 2 wünscht ist, dann die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Korrekturen und Ergänzungen an Zeugenvernehmung der Abschrift vorzunehmen. Haben Sie hierzu - Dr. W. A., BND, Referatsleiter Fragen? Justiziariat (Beweisbeschluss Z-103) (Der Zeuge schüttelt den Kopf) - Albert Karl, BK, Referatsleiter (Beweisbeschluss Z-104) - Danke schön. Der Beweisbeschluss SV-11 stammt vom 08.05.2015, der Beweisbeschluss Z-103 vom Herr Dr. Graulich, vor Ihrer Anhörung habe ich 15.10.2015 und der Beweisbeschluss Z-104 eben- Sie zunächst zu belehren. Sie sind als Sachver- falls vom 15.10.2015. Es wird Beweis erhoben ständiger geladen worden. Als Sachverständiger zum Untersuchungsauftrag - Bundestagsdruck- sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ihr sache 18/843 - durch Anhörung von Dr. Kurt

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 4 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Gutachten ist unparteiisch und nach bestem Wis- Fraktion nach der anderen in entsprechenden sen und Gewissen zu erstatten. Zeitkontingenten. Haben Sie hierzu Fragen?

Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- (Der Zeuge schüttelt den rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Kopf) Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, Dann möchte ich Ihnen gerne das Wort für ein kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des sogenanntes Eingangsstatement geben - wenn Sie Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe von drei dies möchten -, zum Beweisthema im Zusam- Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe menhang vorzutragen. - Herr Dr. Graulich, jetzt bestraft werden. Nach § 28 in Verbindung mit muss ich ganz kurz fragen, ich glaube - - Herr § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschussgeset- Dr. von Notz, da war gerade eine Wortmeldung, zes können Sie die Auskunft auf solche Fragen höre ich gerade. verweigern, deren Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Straf- Dr. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- prozessordnung der Gefahr aussetzen würde, NEN): Ich würde gerne - wobei mir das nicht ent- einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- scheidend darauf ankommt, ob vor oder nach neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- dem Statement - eine kurze Erklärung zum Ver- trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder halten der Opposition im Hinblick auf die Klage, Ordnungswidrigkeit gegebenenfalls auch Diszi- die wir haben, hier verlesen, um allen kenntlich plinarverfahren, wenn das denn in Betracht zu machen, was wir schon verteilt haben. Der käme. Vorsitzende möge bitte entscheiden, ob ich das jetzt oder nach dem Eingangsstatement mache. Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder jetzt geht es noch. Inmitten des Statements hätte eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie ich es nicht mehr gut gefunden. Aber ich glaube, um einen Hinweis an den Ausschuss, damit wir das können wir gerne jetzt machen. Dann ist, dann gegebenenfalls einen Beschluss nach § 14 glaube ich, das Verhalten der Opposition am oder § 15 des Untersuchungsausschussgesetzes klarsten dargestellt, als wenn wir es irgendwann fassen können, also die Sitzung in nichtöffent- hinterher machen, wenn der Tag fast abgeschlos- licher oder eingestufter Form fortführen kön- sen ist. - Herr Kollege von Notz, Sie haben das nen. - Haben Sie hierzu Fragen? Wort.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Vielen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke Dank, Herr Graulich. - Ich will kurz sagen, wa- schön. - Nach diesen notwendigen Vorbemerkun- rum wir an dieser Sitzung jetzt hier teilnehmen gen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz und auch Fragen stellen wollen. Als qualifizierte darstellen. Zu Beginn haben Sie gemäß § 28 in oppositionelle Minderheit im Ausschuss erklären Verbindung mit § 24 Absatz 4 des Untersu- wir zur Anhörung des Herrn Dr. Graulich: chungsausschussgesetzes die Gelegenheit, zum Beweisthema im Zusammenhang vorzutragen, Erstens. Die Anhörung des Herrn Dr. Graulich ist also ohne Unterbrechungen durch Fragen der keine ordentliche Beweiserhebung nach den Re- Ausschussmitglieder zum Gesamtthemenkom- geln der StPO und des PUAG. plex ein sogenanntes Eingangsstatement abzu- geben. Danach werde zunächst ich Ihnen einige Zweitens. Seine Anhörung kann daher eine Be- Fragen stellen. Anschließend erhalten die Mit- weiserhebung nach den unter eins genannten Re- glieder des Ausschusses das Wort. Dies geschieht geln nicht ersetzen und darf insbesondere für die nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen, eine

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 5 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Bundesregierung nicht Anlass sein, die Beweis- Unterstützung durch eine ganze Reihe von Ge- erhebung auf Grundlage des Beweisbeschlusses sprächen, zum Teil im parlamentarischen Raum, BND-026 zu verzögern oder gar im Ergebnis zu zum Teil im Regierungsbereich. Diese Eindrücke verhindern. sind zusammen in diesen Bericht eingegangen.

Und drittens. Wir nehmen nur mit den vorge- Die Schwierigkeit bei der Anfertigung des Be- nannten Vorbehalten an dieser Anhörung teil. richts besteht darin, dass - anders als bei einer wissenschaftlichen Arbeit - es nicht möglich ist, Herzlichen Dank. alles hier in die offene Version zu bringen. Also, die größte Version hat ja einen Umfang von mehr Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- als 400 Seiten, die dem Ausschuss vorliegende lichen Dank, Herr Kollege von Notz. - Dann geschlossene Version von mehr als 300 Seiten denke ich mir, mit diesen Vorbemerkungen der und jetzt diese hier von mehr als 200 Seiten. Opposition, die, glaube ich, für beide Opposi- Allein der Fußnoten- oder - wir haben das als tionsfraktionen - deswegen ja auch „qualifizierte Endnoten redaktionell ausgestaltet - Endnotenteil Mehrheit“ - getätigt worden sind ist mehr als 100 Seiten, also, woraus sich ermes- sen lässt, was sozusagen unterhalb des Textes (Dr. André Hahn (DIE liegt. LINKE): Die hätten wir gern, die hätten wir gern! - Nun nehme ich die Gelegenheit, da ich ja im Vor- Heiterkeit) feld dieser Sitzung adressiert worden bin, auch zum Teil von der Presse direkt oder durch Pres- - qualifizierte Minderheit, sehr gut -, darf ich severlautbarungen, einzelne Antworten hier mit Ihnen, Herr Dr. Graulich, nun das Wort geben für einzustricken. Ihr Eingangsstatement. Und Sie sehen ja: Es sind zumindest alle da und lauschen Ihnen. Das ist Eine Äußerung, die mich gestern erreicht hatte, gut so. kam von einem Pressevertreter, der machte auf zwei Passagen in diesem Bericht aufmerksam, die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, vielen so, in dieser Form, nicht mir zuzurechnen seien, Dank, Herr Vorsitzender. - Sehr geehrte Damen und versuchte, daraus Schlüsse zu ziehen, dass und Herren Abgeordnete, Sie haben ja vor einer ich Positionen des Bundesnachrichtendienstes Woche die offene Version des Berichts bekom- übernähme. Das gibt mir Gelegenheit, etwas zu men und hatten somit Gelegenheit, sich auf die der Arbeitsweise zu sagen. Grundzüge, aber auch die Details meines Themas vorzubereiten. Ich will die Gelegenheit nehmen, Die eine Textpassage bezieht sich auf die zu neun Punkten etwas zu sagen, und werde Sie Seite 52. Da geht es um die sogenannte Welt- dabei jeweils immer auf den Textteil hinweisen, raumtheorie. Ich ordne die hinterher noch ein, auf den sich diese Bemerkung bezieht. aber nur ganz kurz: Die Weltraumtheorie ist eine der Erklärungen seitens des Bundesnachrichten- Der erste Punkt betrifft die Erstellung dieses Be- dienstes, die herleitet, von welchem Verständnis richts, die Umstände seines Zustandekommens. her Fernmeldemaßnahmen im Ausland stattfin- Ich hatte ja diese rund 40 000 Selektoren einzu- den und welche gesetzliche Grundlage gesehen sehen und nach Maßgabe des Vertrages, der sich wird. Ich habe diese Position skizziert. Ich habe wiederum auf den Beschluss des Ausschusses be- sie mir nicht zu eigen gemacht. Bei der Lösung zog, zu analysieren. Die Arbeitsumstände habe meines Berichtes kommt es auf diese Position ich beschrieben. Da wir es mit streng geheimem auch überhaupt nicht an. Die Gegenposition - Material zu tun hatten, hat die Arbeit in den Räu- dieser von mir so genannte Grundrechtsuniversa- men des Bundesnachrichtendienstes stattgefun- lismus ist ja die Position, die so in etwa von der den und auch mit Mitarbeitern des Bundesnach- G-10-Kommission und dem Umfeld vertreten richtendienstes. Ergänzt wurde diese personelle wird - habe ich etwas ausführlicher dargestellt.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 6 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Auf die kommt es für meine Lösung nur marginal Die eine Stellungnahme, nämlich die Frage zu an. Die Arbeit habe ich vor dem Hintergrund ge- den im Inland vorgehaltenen Bestandsdaten, fin- macht, dass ja die G-10-Kommission einige Fra- den Sie unter § 112 des Kommentars zum Tele- gen an mich gestellt hat und diese Fragen etwas kommunikationsgesetz von Arndt, Fetzer, leichter vor dem Hintergrund dieses Rechtsver- Scherer und Graulich - ich bin also Mitheraus- ständnisses unterzubringen waren. Also, eine geber und Mitautor -, 1ist gerade in diesem Som- Übernahme der einen oder anderen Theorie liegt mer neu erschienen. Ich habe da relativ umfang- mir völlig fern, weil ich eine völlig eigene juristi- reich kommentiert, auch in der Bezugnahme auf sche Lösung vertrete, die ich dann auch erläutern das Bundesverfassungsgericht, und wichtig ist: werde. Die Daten, die Verkehrsdaten, zu denen die Be- standsdaten hier im Inland sind2, müssen auch Der zweite Punkt betrifft einen interessanten Un- hier im Inland vorgehalten werden, weil sonst terpunkt zu der Frage, wann Verkehrs- oder Ver- einfach das ganze Abrufsystem nicht stattfindet - bindungsdaten wegen ihrer Nähe zu Bestands- können Sie da nachlesen. Beratung durch den daten als personenbezogene Daten anzusehen Bundesnachrichtendienst war da nicht erforder- sind oder nicht. Diese Materie ist insgesamt in lich. der juristischen Literatur sehr reichhaltig doku- mentiert. Hier betraf es nur einen ganz bestimm- Die Frage, wie das mit den im Ausland befind- ten Aspekt, und ich habe eine Position vertreten lichen Bestandsdaten aussieht, habe ich relativ oder eine schriftliche Version eines Textes vertre- ausführlich in einem Spiegel-Interview beantwor- ten, die sehr gut das zusammenschrieb, was für tet, und zwar bevor ich meine Arbeit hier für das den Zweck, um den es hier ging, taugt, nämlich Bundeskanzleramt aufgenommen habe - ein In- die Frage: Wie sind solche Bestandsdaten oder terview mit Frau Meiritz. Ich zitiere aus den Ant- wie sind solche Verkehrs- und Verbindungsdaten worten. Meine Antwort: zu werten, wenn die Bestandsdaten im Inland zu erreichen sind, und wie sind sie zu werten, wenn Wahrscheinlich werde ich eine die Bestandsdaten im Ausland nur zu erreichen Reihe sogenannter Verbindungs- sind? Es hat jemand jetzt unternommen, einen daten vorfinden, wie E-Mail- geheimen oder VS-eingestuften Bericht mit die- Adressen und Telefonnummern. Sie ergeben für den Aufklärungs- sem abzugleichen und daraus abzuleiten, ich auftrag vermutlich nur Sinn, wenn hätte mir eine Position des Bundesnachrichten- man die dazugehörigen Bestands- dienstes zu eigen gemacht. Ich musste, wie ich daten hat, beispielsweise den Na- das zum ersten Mal gelesen habe, herzlich la- men und Wohnsitz einer Person. chen. Ich bin Abiturjahrgang 1968, und beim Es besteht das Risiko, 40.000 Se- nächsten Kommilitonentreffen werde ich die lektoren zu finden, die in keinem Frage ansprechen, ob es schon mal einer getoppt offensichtlichen Zusammenhang hätte, aus einer geheimen Sache abzuschreiben, stehen. Dies bedeutet viel Arbeit sozusagen unerkannt. Wahrscheinlich hat das am Detail. noch keiner geschafft. Wer sich inhaltlich mit diesen Dingen auseinandergesetzt hätte, wäre Dann hat sie noch mal nachgefragt. Dann habe übrigens gar nicht in Verlegenheit gewesen, ohne ich da ergänzt: auf indiskrete Quellen zurückzugreifen, meine Innerhalb des deutschen Rechts- Stellungnahme zu diesen beiden Punkten nach- kreises kann man diese Informa- lesen zu können. Ich gebe sie Ihnen nachher auch tionen über die Bestandsdatenaus- zu Protokoll. kunft erfahren. Wobei ich auch in dieser Hinsicht den Arbeitsauf- wand noch nicht einschätzen

1) Ergänzung des Sachverständigen: "die 2. Auflage", siehe 2) vgl. Anmerkung des Sachverständigen, siehe Anlage 1. Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 7 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

kann. Schwierig wird es, wenn ich ich die Quelle nicht zitieren durfte. Es gibt also3 Verkehrs- und Verbindungsdaten eine ganze Reihe von Definitionen im MoA, die außerhalb der deutschen Tele- wunderbar juristisch klar sind. Sie sind aber kommunikationsanbieter prüfen nicht zitierfähig im offenen Bericht, weil sie eben müsste. Diese Daten können nicht Verschlusssachen sind. einfach angefordert werden.

Und dann geht das noch weiter. - So, wie ich mir Die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen das heute Morgen - - Das heißt also, die Positio- dem BND und mir ansonsten ist: Ich darf Ihnen nen, die in dieser Textpassage enthalten sind, versichern: Mich beeindrucken weder schlechte sind nicht mir vom BND eingegeben worden, Presse noch der Bundesnachrichtendienst noch sondern ich habe sie bereits vor dieser Zeit ver- Fragen des Parlaments. Ich mache mir meine treten, aber - und das hat mich jetzt überrascht - eigenständige Meinung, und über die streiten wir in dieser Einschätzung3 liegt ein Rechtsfehler. uns gegebenenfalls. Also, mich konnte auch die Und dieser Rechtsfehler ist mir erst heute Mor- Zusammenarbeit in der Chausseestraße nicht in gen aufgefallen, weshalb ich auch so dankbar bin Punkten umstimmen, wo ich nun mal eine für diese Erwähnung in der Presse. Aber es hat andere Auffassung hatte. offenbar auch von den TK-Kollegen keiner den gesehen, und zwar: Ich bin davon ausgegangen, Ich gehe dann zum zweiten Punkt über, in dem dass im deutschen Bereich die Möglichkeit für ich jetzt Ihnen darstelle die technischen Grund- eine Bestandsdatenabfrage bestehen könnte. Das lagen der Kooperation in Bad Aibling, die zum ist aber falsch. Denn wir haben ja das Doppel- Entstehen dieser Selektoren geführt haben. Die türenmodell des Bundesverfassungsgerichts. Das Dienststelle in Bad Aibling, die - jedenfalls in heißt also, allein der § 112 oder § 113 öffnet den letzten Jahren - vom BND betrieben wird, die nicht die Tür zum Paradies, sondern man braucht eine Vorgeschichte hat, die teils deutsch, teils eine Befugnisnorm - wissen wir aus dem Be- amerikanisch ist, mit der ich Sie jetzt hier nicht standsdatenurteil des Bundesverfassungsgerichts aufhalten will, dient der Fernmeldeaufklärung von 2012 und von Ihrem Gesetzgebungsakt aus von Satelliten. Das ist im Grunde genommen - 2013. Die Befugnisnorm für den BND wäre poten- wenn ich das mal etwas salopp sagen darf - eine ziell § 2b des BND-Gesetzes. Mit § 2b4 BND- veraltete Angelegenheit, weil, wie Sie alle wis- Gesetz kann man aber keine sen, seit über zehn Jahren der interkontinentale Bestandsdatenabfrage machen, die auf einen Telefonverkehr nicht mehr über Satelliten geht, amerikanischen Selektor zurückgeht; denn ein sondern in der Masse über Glasfaser. Es gibt aber amerikanischer Selektor ist natürlich nie der eben noch Reste, und zwar in interessanten Ge- Prüfung unterzogen worden, ob er etwa ein genden, nämlich mit zerstörter Infrastruktur, Gefahrenmoment aufklären will, für das der BND Failing States usw., also, wo es mitunter Ereig- zuständig ist. Das werde ich Ihnen hinterher nisse gibt, die für Nachrichtendienste von Inte- noch ausführlicher erklären, wenn ich Ihnen resse sind. Was man ausschließen kann, ist, dass mein Verständnis von diesem MoA darlegen Telefonverkehre hier erfasst werden, die, sagen werde. Das heißt also, auch im deutschen Bereich wir mal, zwischen Montparnasse und Mont- wäre - das war mir also in dem Zeitpunkt, als ich martre oder zwischen Neukölln und Moabit ge- diesen Text hier abgesegnet habe, nicht klar - führt werden, weil keine Situation denkbar ist, eine Bestandsdatenauskunft rechtlich nicht wo ein solcher Verkehr über Satellit geht, es sei möglich. Tatsächlich kommen da weitere denn, es hätte einer den extravaganten Einfall, Hindernisse hinzu. Auf die werde ich noch gege- hier mitten in Berlin mit einem Satellitentelefon benenfalls im Gespräch mit Ihnen eingehen. So. telefonieren zu wollen. Das dürfte aber die Aus- nahme sein. Die Fährnisse dieses Berichtes liegen darin, dass ich Ihnen zum Teil Texte andienen musste, wo

3) vgl. Anmerkung des Sachverständigen, siehe Anlage 1. 4) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 8 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Die Fernmeldeaufklärung begann dort aufgrund erwarten, einen Daten- oder Telekommunika- einer Vereinbarung, die in den Jahren 2002 bis tionsstrom zu erfassen, den man sucht, sondern 2004 geschlossen wurde. Das kennen Sie auch. man braucht eine Vielzahl von Selektoren. Des- Das ist dieses MoA, Memorandum of Agreement, halb werden von den technischen Fachleuten Se- plus Annexe, die dann eben ungefähr zwei Jahre lektoren auch als Permutationen von Telekom- gebraucht haben, bis sie formuliert waren. Und in munikationsmerkmalen bezeichnet. dieser Zeit hat sich dort eine Zusammenarbeit er- geben, die unter der Bezeichnung JSA lief. Diese Wir haben es hier in dem Bündel von Selektoren Zusammenarbeit wurde beendet in der ursprüng- mit einer Permutationsvielfalt von bisweilen lichen Form 2012. Da zogen nämlich die Ameri- 1 bis 10, aber auch bis maximal 1 bis 25 zu tun. kaner ihr Personal, das für JSA bestimmt war, ab, Die genaue Anzahl der von den Amerikanern ver- sodass dort nur noch deutsches Personal diese wendeten Selektoren pro Telekommunikations- Anlage betrieben hat. Das, was uns jetzt hier im merkmal - oder man könnte auch sagen: Zahl der vorliegenden Zusammenhang interessiert, zu Permutationen - ist auch der deutschen Seite dem kann gesagt werden: Die Einsteuerung von nicht bekannt, weil sie von einem Algorithmus amerikanischen Selektoren, also von NSA-Se- abhängt, der eben den Amerikanern nur bekannt lektoren, ging allerdings weiter, ungeachtet des ist und nicht den Deutschen. Um das jetzt für je- Abzugs des amerikanischen Personals, eben jetzt manden, der sich da nicht ständig mit befasst, et- durch den Bundesnachrichtendienst. was fasslich zu machen, sind auf den Seiten 25 und 26 vier solche Selektoren oder Telekommu- Die Frage ist, als Grundkategorie: Was unter- nikationsmerkmale künstlich geschaffen worden. scheidet die Telekommunikationsüberwachung Das erste auf Seite 25, also, was hier max.muster- von der Fernmeldeaufklärung? Das muss man [email protected] heißt, das wäre das Telekom- sich begrifflich klarmachen, weil man sonst die munikationsmerkmal, und die drei anschließen- Selektoren nicht richtig einordnet, mit denen wir den permutierten Formen sind eben dann drei es hier zu tun haben. Die Telekommunikations- Permutationen, die Selektoren sein könnten. Je überwachung, also, wie die beispielsweise hier nach technischem Sachverstand könnte hier die von der Justiz ausgeübt wird oder wie sie auch in Permutationszahl noch viel größer werden. § 3 des G 10 vorgesehen ist, betrifft einen be- stimmten Teilnehmer und dessen Telekommuni- Die Frage ist jetzt: Wie ist es zu der Zahl in dem kation. Also, um so etwas aufzuklären, braucht Paket von Selektoren gekommen, das ich zu un- man keinen Selektor, sondern der Anschluss - tersuchen hatte? Das ist ganz einfach darauf zu- wenn man so will - definiert bereits, was man rückzuführen, dass sämtliche von den USA oder finden will. Bei der strategischen Fernmeldeauf- von NSA eingesteuerten Selektoren immer durch klärung ist die Ausgangslage technisch komple- ein deutsches System gefiltert wurden. Dieses xer. Die Fernmeldeaufklärung betrifft gebündelte System ist DAFIS. Das heißt also, die Selektoren, Telekommunikation, die also zugleich eine Viel- diese 40 000, sind alles abgelehnte Selektoren, zahl von Teilnehmern betrifft. Und das techni- sind also alles Selektoren, die nicht irgendwie sche Problem der Aufklärung ist nun, dass unter aktiv sind, jedenfalls in dem Zeitpunkt, wo sie dieser Vielzahl von Fernmeldeverkehren, die mir zugänglich gemacht wurden, sondern sind dort parallel stattfinden, herausgesucht werden alle, die zu irgendeinem Zeitpunkt abgelehnt soll, was von aufklärerischem Interesse ist. Und worden sind. Dieses DAFIS-System kann ich dem dient die Entwicklung des Selektors. Was Ihnen jetzt - überall liegt da der Geheimschutz bei der Telekommunikationsüberwachung noch drauf - nur in einem groben Aufriss erklären. in der Weise einfach ist, dass der Anschluss Wenn wir jetzt zu tieferen Details kommen müss- gleich das Telekommunikationsmerkmal ist, wird ten, würden Sie dann wahrscheinlich oder müss- in dieser Suchsituation in gebündelten Verkeh- ten wir wahrscheinlich wieder Geheim verhan- ren komplizierter. Man kann eben nicht mit deln. Aber die drei Stufen sind leicht zu erklären. einem einzelnen Telekommunikationsmerkmal

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 9 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Die erste Stufe, der sogenannte G-10-Schutz, ist NATO-Staaten, wobei da natürlich eine große der eigentliche Kernschutz, filtert alle diejenigen Koinzidenz besteht. Selektoren heraus, die entweder deutsche Vor- wahl oder - im Falle von Internetselektoren - Diese drei Stufen machen zugleich deutlich, dass deutsche Top-Level-Domains haben, also „.de“ es sich, zumindest bei der dritten Stufe, um eine oder „.bayern“ und dergleichen bekannte, und Methodenstufe handelt. Also, hier gibt es keine bei der Länderkennung eben im einfachsten Fall von vornherein festliegenden Definitionsmerk- die 49 als deutsche Vorwahl. Auf der zweiten Fil- male, sondern das, was in diese Filterstufe einge- terstufe - - So. Auf dieser Stufe - - Diese Stufe stellt wird, ist Work in Progress, reichert sich funktioniert immer, das heißt also rigide: Wenn ständig an. Ein Teil der erst zu einem späteren diese Merkmale auftauchen, werden die Selek- Zeitpunkt herausgenommenen Selektoren - das toren herausgefiltert. ist ja im Einzelnen kreuz und quer vorgerechnet worden - - bei einem Teil dieser Selektoren ist Die zweite Filterstufe wird vom BND als G-pos- die längere Steuerungsdauer darauf zurückzu- Liste bezeichnet. Das ist ein Begriff, an den ich führen, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt mich auch erst gewöhnen musste, weil der ir- Merkmale auf der zweiten oder dritten Stufe im- gendwie nicht so besonders eingängig ist. Diese plementiert wurden, die zu einer Herausnahme Filterstufe ist erfahrungswissenschaftlich; das führten. Das macht dann auch später die Bewer- heißt, hier sind die ganzen Prüffälle eingegeben tung etwas kompliziert. Wir haben es natürlich worden, von denen der Bundesnachrichtendienst dann mit einem MoA-Verstoß zu tun. Aber es ist in irgendwelchen Zusammenhängen erfahren eben kein MoA-Verstoß vom selben Härtegrad, hat, dass dahinter deutsche Rechtsträger stehen, wie wenn gegen die erste Stufe verstoßen wird, und dann setzt er sie auf „Schutz“. Das heißt bei der auf alle Fälle zu erwarten war, dass also, sie werden dann als schützenswerte Gruppe kein - - nicht der Versuch unternommen wird, angesehen und bei der zweiten Filterstufe ausge- einen - in Anführungszeichen - „deutschen Se- sondert. lektor“ überhaupt anzugeben5.

Die dritte Filterstufe - das ist die, die hier mit Dann komme ich in einer dritten Bemerkung - diesem Begriff „deutsche Interessen“ verbunden das ist dann so Seite 100 f.; für diejenigen, die ist - ist die, ja, letzten Endes am schwierigsten zu das mitverfolgen wollen - zur Struktur der Se- beschreibende. Historisch ist sie entstanden, weil lektorenlisten. Diese Selektorenlisten - oder die Mitarbeiter des BND schon seit Jahren immer Selektorenliste; es tauchen immer verschiedene wieder mal Fälle gesehen hatten, die weder unter Begriffe auf - sind zum Teil historisch-genetisch die erste noch unter die zweite Stufe passten, wo entstanden bei der Arbeit in Bad Aibling. Zum sie aber der Auffassung waren, dass man das Teil sind sie aber akzidentiell, also zufällig ent- nicht einfach für einen fremden Partnerdienst standen oder auch erst aufgefunden worden und steuern dürfte. Und dann wurde eben diese haben dann nicht zuletzt im Rahmen der Arbeit Gruppe, die den Arbeitstitel „deutsche Interes- dieses Untersuchungsausschusses Namen bekom- sen“ hat, angereichert. Sie wissen, dass die spek- men, die aber keine wirklich schlüssige Systema- takulärste Anreicherung im Spätsommer 2013 tik ausdrücken. Aber lassen Sie mich kurz etwas stattgefunden hatte. Nachdem also evident ge- dazu sagen. worden war, dass sich eine sehr große Anzahl von europäischen Regierungsadressen unter den Der größte Teil der Selektoren, also so etwas we- Selektoren gefunden hatte, hat man diese deut- niger als 40 000, sind Teile der sogenannten Ab- schen Interessen erweitert um EU-Interessen, also lehnungsliste. Diese Ablehnungsliste ist konti- EU-Staaten-Interessen, und hat dann zu einem nuierlich generiert worden, seitdem das Projekt noch späteren Zeitpunkt dann sogar erweitert auf in Bad Aibling betrieben wird. Das heißt, es sind

5) Richtigstellung des Sachverständigen: "anzudienen", siehe Anlage .

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 10 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

immer die Selektoren, die angehalten wurden, gibt übrigens auch gleichzeitig einen Anhalts- insbesondere wegen der ersten Filterungsstufe, punkt so grob über den Daumen gepeilt über die abfragbar gewesen. Deshalb konnte jetzt auch, Zahl der dahinter stehenden Rechtsträger. nachdem das gewünscht war, aus dem dort noch vorhandenen Selektorenvorrat diese Liste extra- Lassen Sie mich zur Struktur dieser beiden Lis- hiert werden. ten noch etwas mehr auf der technischen Ebene sagen. Bei den Selektoren für Telefonieverkehre Es gibt - das spielt dann im Detail noch gelegent- haben wir solche, die nach IMSIs suchen, solche, lich eine Rolle - - Es gab zwei verschiedene Zeit- die nach IMEIs suchen, solche für Screennames, punkte, wo die Datenbanken, die diesen Selekto- für E-Mails und für PSTN; das ist das, was wir als renlisten zugrunde liegen, neu aufgestellt worden gemeine Konsumenten so als Telefonnummer be- sind: einmal 2008, einmal 2011. Da ist es zum zeichnen. Da kann ich den ersten Punkt gleich Teil zu Datenverlusten gekommen. Ich habe das abarbeiten. an einer Stelle beschrieben: Eine Datenbank ist eben kein Grundbuch, sondern sie geht kon- Bei der netzpolitik.org - - Also, die haben da ir- sumtiv vor. Im Grundbuch haben wir die totale gendwie versucht, so einen etwas stressigen - ich Kontinuität. Und hier, bei einem neuen Update6 - bin ja ein „old boy“ - - die Diskussion aufzuzie- das kennt jeder von uns aus seinem PC -: Das hen, ob jemand wie ich sich da überhaupt aus- haut so ungefähr hin, aber da gibt es eben auch kennen kann. Also, keine Sorge: So gut wie eines immer Datenverluste. von den Kids bin ich allemal nicht. Aber dass das hier so aufgezählt ist, ist ja nicht darauf zurück- Die Ablehnungsliste mit Stand 16. März 2015 - zuführen, dass ein pensionierter Verwaltungs- das ist die, die Ihnen hier versprochen worden ist richter das gerne so hätte, sondern sie sind tat- oder die hier untersuchungsgegenständlich ist - sächlich so in dieser Datenbank enthalten, also umfasst insgesamt 39 082 Selektoren und setzt so, dass die Frage nicht heißen muss: „Kann der sich aus 2 918 Telefonieselektoren und aus IMEI und IMSI nicht auseinanderhalten?“, son- 36 164 Internetselektoren zusammen; nur damit dern die Frage muss lauten: „Warum hat das Fil- Sie so ein bisschen ein Gefühl für dieses Zahlen- tergerät eigentlich diese von Selektoren so spiel kriegen. Das sind so wenig Telefonieselek- sortiert?“ Daraus wird eine sinnvolle Frage. Und toren, nicht weil - was weiß ich - die Leute, um das ist ganz einfach so: Dieses Filtergerät ist es mal etwas banal zu sagen, weniger telefonieren eben - - Die Mutter dieses Filtergerätes ist eben als E-Mails schreiben, sondern die Telefonie- der G-10-Schutz. Und deshalb wird alles, was mit selektoren sind immer identisch mit einem TKM, 49 beginnt, sofort reflexartig rausgezogen. Also, das heißt, die werden nicht permutiert; zu den auch eine IMSI, die mit 49 beginnt, wird raus- Ausnahmen komme ich noch. Die waren auch gezogen. Und selbst dem pensionierten Bundes- Gegenstand eines für mich besonders interessan- verwaltungsrichter ist klar, dass eine IMSI nicht ten Berichts, den ich hier bei netzpolitik.org ge- mit 049 beginnt. Aber gleichwohl finden sich sol- funden habe. Die sind ja so etwas mehr auf die che Nummern hier drin, weil eben das Gerät technische Ebene gegangen; ich werde nachher noch rigider als ein pensionierter Bundesverwal- etwas dazu sagen. Also, im Grundsatz haben wir tungsrichter ist. deshalb so wenig Telefonieselektoren, weil dort der Selektor gleich TKM ist, kann man sagen, Es gibt dann - und das hat mich natürlich von während wir auf der Seite der Internetselektoren vornherein verwundert - unter diesen Telefonie- eben immer diesen permutativen Multiplikator selektoren E-Mail-Adressen, weil ich natürlich haben, von irgendwie 1 zu 10 oder 1 zu 25. Das auch als halbwilder Laie mich gefragt habe: Was haben denn eigentlich E-Mail-Adressen in Tele- fonieselektoren zu tun? Und das kommt daher - mehr verrate ich aber dazu nicht; sehen Sie, was

6) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 11 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

man alles lernt und nicht weitersagen darf -: Das haben sie das Alphabet geordnet. Dadurch ent- war mal eine kurze Zeit ein Rechercheansatz in steht so eine vordergründige Ordnung. Und das diesem Projekt, der aber dann abgebrochen war auch der Ausgangspunkt, um dann zum Teil wurde. So, also wir finden eine eher begrenzte nach diesen Gruppen, IMSI, IMEI usw., zu sortie- Anzahl von diesen E-Mail-ID-Selektoren bei den ren. Und wenn man diesen ganzen Sortiervor- Telefonieselektoren. Sie sind aber dort aufge- gang beendet hat, dann bleibt man auf einer Rest- taucht, wo man sie nicht erwartet, weil das mal menge sitzen, und die haben die „Other“ ge- eine Sache war, die dann aber wieder abgeblasen nannt. Das ist also die Grobstruktur des größten wurde. Teils der mir vorgelegten Listen, nämlich der so- genannten Ablehnungsliste, bestehend eben aus Bei den Selektoren für Internetverkehre haben einem Teil Internetselektoren und einem Teil Te- wir die üblichen bekannten E-Mail-Adressen: lefonieselektoren. - So. IMEI, IMSI, IPV4 und wieder PSTN. Und dann gibt es eine Gruppe, die gar nicht so klein ist, die Dann kommt als Nächstes so eine von diesen ak- hat diesen etwas merkwürdigen Namen „Other“. zidentiellen Listen - Seite 103 ist das -, nämlich Das ist wieder so „Denglisch“. Also, „Other“ ist die Vorversion der sogenannten 2 000er-Liste. nicht etwa ein NSA-Begriff, sondern ist ein BND- Das ist aber wirklich etwas fürs Gehirnjogging, Begriff. Die haben halt, wenn sie schon irgendwie wenn man also immer versucht, diese Listen da im englischen Gebiet sich aufgehalten haben, gegeneinander nach Genesis, Umfang, Entste- dann auch einen englischen Begriff benutzt, und hungszeitpunkt und so was zu teilen. Also hier, zwar für diejenigen restlichen Selektoren, auf de- wenn Sie mir folgen: Diese sogenannte 2 000er- nen sie irgendwie unsortierbar sitzengeblieben Liste oder Vorversion der 2 000er-Liste ist ent- sind. So, jetzt ist die Frage: Wie kommt es dazu? - standen im August 2013, und zwar, Sie müssen Und da muss man jetzt eine kurze Vorstellung sich immer vorstellen: Dieses Bad Aiblinger Pro- davon machen, wie eigentlich dieser Einsteue- jekt auf der Arbeitsebene ist so etwas polar aufge- rungsprozess in Bad Aibling stattfindet; und ich baut. Ein Teil sitzt in Pullach und ein Teil in Bad vertiefe das hinterher noch. Aber man muss im Aibling. Und der Pullacher Teil hatte natürlich Ausgangspunkt sich klarmachen, dass die NSA Zeitung gelesen und hat gesagt: Das darf ja nicht im elektronisch geschlossenen Container auf Ab- wahr sein. Wir gucken jetzt mal: Was ist da ruf des BND Selektoren andient, und die sind eigentlich an EU-relevanten Sektoren drin? - Und dort in einer bestimmten Bündelung vorhanden. dann haben sie einen Mitarbeiter drangesetzt, Diese Bündelung wird generiert von einer ameri- und der hat dann so etwas weniger als 2 000 da- kanischen Software, die nicht im deutschen Be- von herausgefunden. So, diese Liste ist dann - - reich, nämlich beim BND, betrieben wird. Und Also, da befinden sich EU-, aber auch europäi- deshalb werden diese Bündelungen auseinander- sche Staaten - - E-Mail-Adressen darauf. Zeitlich genommen, und zwar, man kann sagen, im Sta- parallel dazu hat es eine - - Also, da komme ich dium der Filterung. Und dann, von diesem Zeit- als Übernächstes drauf. - Also, diese Liste, die punkt an, da die deutsche Seite den Algorithmus händisch übrigens erstellt worden ist - - Die Ori- nicht kennt, nachdem die ursprünglich mal ge- ginalliste ist nicht mehr da, weil die auch für die bündelt waren, sind das eben so atomistische keinen Arbeitswert hatte, sondern es gibt nur Schwebeteilchen. Und sie werden dann wie- noch die sogenannte Vorversion mit etwas weni- der - - Deshalb, wenn man sich diese Listen an- ger als 2 000 solcher E-Mail-Adressen. guckt: Die machen eigentlich einen relativ struk- turiert-sortierten Eindruck. Das hängt aber nicht Die dritte sogenannte Liste, das ist hier auf Seite damit zusammen, dass irgendwelche BND-Mit- 105, die sogenannte 2005er-Liste, umfasst 73 Se- arbeiter doch wieder diese Bündelung kennten, lektoren, und zwar Telefonselektoren. Die waren sondern die haben sie dann einfach sortiert nach das Ergebnis einer Recherche 2005. Da war näm- übereinstimmenden Zeichen. Also, was da so lich einer von den Mitarbeitern in Bad Aibling grob zusammengehörte, haben sie auch wieder, darauf gekommen, dass EADS- und Eurocopter- zum Beispiel, soweit die alphanumerisch sind - - Selektoren entdeckt wurden. Und man hat dann

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 12 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

insgesamt diese 73 gefunden und hat die heraus- ein Schlüssel zum Paradies lag, der aber nicht ge- genommen. Diese 2005er-Liste ist teilidentisch nutzt werden konnte. mit der Ablehnungsliste, also mit diesen Paar- und-30 000. Sie ist nicht vollidentisch, wegen Die weiteren Seiten mit einzelnen Selektoren, die dieses Upsets, das es dort zwischendurch mal ge- herausgenommen wurden, habe ich Ihnen hier geben hat, ach so, ja, und - horribile dictu, das erledigt. Ich mache dann einen Sprung und will ich Ihnen gar nicht vorenthalten -, weil die komme dann zu der nächsten Selektorenliste, die Mitarbeiter des BND gesagt haben, dass es hier ich anzusehen hatte, nämlich der sogenannten wiederholt versucht wurde, die wieder einzu- summarischen Auswertung von EU-Regierungs- steuern. adressen aus dem August 2013. Das ist keine Se- lektorenliste jetzt im technischen Sinn, sondern So, dann komme ich zu Seite 107, sogenannter hier gab es ein Papier über eine summarische Nachfund 1. Ich fühlte mich so etwas an meine Auswertung von mehr als 10 000 Selektoren, wo Schulzeit mit Heinrich Schliemann und der Aus- sich zwei Drittel als EU-Treffer herausgestellt grabung von Troja erinnert; so ein bisschen eine hatten. Diese Aufklärungsmaßnahme war unter- Nähe dazu hat es ja. Also, der Nachfund 1 ist nommen worden in Bad Aibling. Es konnte nicht eine Datei mit insgesamt 401 Telefonieselektoren. restlos geklärt werden, wie eigentlich die Kom- Der heißt so, weil, nachdem der Ausschuss hier munikation zwischen Bad Aibling und Pullach in einen Meldeschluss gesetzt hatte, diese Selekto- diesem Fall war. Die getroffenen Selektoren sind ren noch aufgefunden wurden, die zu einer auf- nicht mehr vorhanden. Ich habe aber noch vor gelösten Organisationseinheit des BND gehörten. ein paar Tagen mal - - also, ich habe zigmal im- Und wenn man sich dieses Dokument ansieht, mer wieder in diesem - - Fragen an diese Selek- dann gibt es da eine Seite, die enthält überhaupt toren gerichtet und Rechen- und Durchsuchvor- keine Selektoren, sondern es gab nur Rufnum- gänge gemacht. Ich habe vor ein paar Tagen noch mern, dann vier Seiten mit Rufnummern, unter daraufhin durchsuchen lassen, ob es eigentlich denen wiederum insgesamt weniger als 300 ein- im August 2013 eine besondere Häufigkeit von schlägig waren, also herausgenommen wurden. solchen Löschungen oder „disapprovements“, Dann gibt es einen zweiten Abschnitt, der war wie die das immer genannt haben, gegeben hat. jetzt für Leute, die sich - - also, die besonders - Und es war in der Tat auffallend: Nicht nur die aus gutem Grund - kritisch gegenüber solchen Pullacher haben diese 2 000 Selektoren da quali- Maßnahmen sind, besonders „heiß“, wenn ich fiziert, sondern hier ist eine Zahl im August 2013 das mal so sagen darf. Da waren nämlich Wild- „disapproved“ worden, die deutlich höher als card-Nummern. Die waren gestrichen worden. 10 000 war. Das heißt also: Das gibt einen klaren Also, es handelt sich jetzt immer um Selektoren, Hinweis darauf, dass nach Kenntnisnahme von die der BND herausgenommen hatte. Mit diesen diesen Snowden-Erklärungen man dort das Wildcard-Nummern war eben versucht worden, Steuer rumgerissen hatte. an zentralen Stellen irgendwelche Aufklärungs- maßnahmen zu machen. Die waren von den So, das sind die Listen, die mir vorgelegt worden BND-Mitarbeitern auch herausgenommen wor- sind, und zwar im Excel-Format; soweit die nicht den. reiner Textnatur waren, dann natürlich als Texte. Ich habe Ihnen dann da meine Leseeindrücke Dann ist da auch noch ein interessantes Doku- niedergelegt. Das werde ich Ihnen jetzt nicht an- ment enthalten, nämlich lauter Abkürzungen der tun, die einzeln durchzugehen; zumal da auch US-amerikanischen Seite, die, wenn man denn das meiste, was für Sie vielleicht von Interesse die Deutungen der Amerikaner an den Internet- sein könnte, unter diskretem Verschluss ist. selektoren gehabt hätte, dort eine ganze Menge Auskunft gegeben hätten. Aber ich habe ja ausge- Dann ist der fünfte Punkt, den ich Ihnen ausfüh- führt: Die gab es nun ausgerechnet nicht, also so, ren möchte, die Fragestruktur, die ich an den dass hier zwar so ein bisschen auch wieder mal BND gerichtet habe. Und zwar: Der Untersu- chungsausschuss hat mir ja aufgegeben, nach

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 13 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

bestimmten Merkmalen diese Selektoren zu Die Frage: Wie ist eigentlich in der Praxis von der durchsuchen und zu bewerten. Das sind 16 Krite- Kooperation in Bad Aibling mit dem MoA und rien. Ich habe also den Beschluss, den Sie gefasst auch mit diesem ganzen Vertragsgebinde umge- haben und der dann in meinem Auftrag gelandet gangen worden? Dazu muss gesagt werden: Eine ist, im Einzelnen zerlegt. Und dementsprechend Belehrung über das MoA war nicht vorgesehen. finden Sie jetzt diese ganzen Listen immer analy- Es gab nur einen einzigen Aspekt, über den be- siert nach diesen 16 Kriterien und immer nach lehrt wurde: Das war die Einhaltung von dem, Telekommunikationsmerkmal und Selektoren was wir G-10-Schutz nennen, und dem entspre- sortiert; das schenke ich Ihnen jetzt auch, weil chenden Pendant auf der amerikanischen Seite, das war natürlich der Grund des Vorlaufs, dass ansonsten nicht; also so, dass da auch ein Verhal- Sie sich das auch im Einzelnen ansehen konnten. ten der Mitarbeiter nicht einzufordern war, die davon gar keine Kenntnis hatten. Die Frage, der ich mich fünftens zuwende, ist: Verstöße von NSA-Selektoren gegen einschlägige In der Praxis der Kooperation ist so vorgegangen bilaterale Vereinbarungen. Ein Selektor der USA worden, dass, wenn ein Selektor „disapproved“ verstößt gegen das MoA, wenn er angedient wird, wurde, jedenfalls wenn es ein Internetselektor ohne dass dafür die Voraussetzungen vorliegen. war, wurde eine sogenannte Statusmeldung abge- Das ist insbesondere der Fall bei einem Selektor geben, sodass die amerikanische Seite sehen mit einer deutschen Kennung oder mit einer konnte: Die deutsche Seite spielt da nicht mit. Es deutschen Top-Level-Domain. Diese sind auf der ist aber nach dem, was mir berichtet wurde, nicht ersten Stufe herausgenommen worden; ich habe so gewesen, dass die Amerikaner etwa remons- das erklärt. Ein Verstoß liegt auch vor, wenn auf triert hätten, darauf bestanden hätten. Es kam in der zweiten Stufe Selektoren herausgenommen einzelnen Fällen zum Versuch der Wiederein- worden sind. Die sind im Einzelnen auch in den steuerung. Ich habe das vorhin gesagt: Bei Euro- verschiedenen Listen ausgezählt worden. Der copter und bei EADS ist das beurteilt worden, Hauptverstoß, wenn man diese Selektorenlisten dann wurden die halt wieder genauso rausge- sich anguckt, ist unter dem Gesichtspunkt des nommen. Verstoßes gegen diese Europaklausel erfolgt. Das MoA lässt die Europaaufklärung nur einge- Ich habe einen Hinweis gegeben auf Seite 190, schränkt nach Phänomenbereichen zu, es lässt dass es mal in einem Zusammenhang zu einer sie keinesfalls flächendeckend zu. Deshalb ist es Auseinandersetzung im Verhältnis zwischen völlig klar, dass die Selektoren, die hier etwa zu NSA und BND gekommen ist. Da das Teil des ge- einer ganzen Anzahl von europäischen Regierun- schlossenen Berichtes ist, kann ich jetzt hierzu gen gesteuert wurden, also insbesondere systema- keine Details vortragen. Aber Sie als Abgeordnete tisch Regierungsstäbe aufgezählt wurden, die konnten das einsehen. sind auf alle Fälle klar MoA-widrig. Ich mache dann einen Sprung, und zwar zu dem Die Frage, ob mit Selektoren Wirtschaftsspionage Punkt: Wer darf in Kooperationsprojekten über betrieben worden ist, ist schwieriger zu beant- die Selektoren disponieren? Das ist ein interes- worten. Das hängt einmal damit zusammen, dass santer Punkt, der Sie ja auch beschäftigt, der min- die Definition von Wirtschaftsspionage schon destens zwei Komponenten hat: einmal eine, die schwierig ist. Das hängt aber darüber hinaus da- aus dem Geheimschutzrecht sich ableitet. Nach mit zusammen, dass es natürlich eine Reihe von dem Geheimschutzrecht, also dem Zusammen- Wirtschaftsgütern gibt, die Dual-Use-Charakter spiel zwischen Geheimschutzabkommen und haben und die entweder militärischen oder zivi- MoA, können derartige Gegenstände einer ande- len oder sonstigen Nutzen haben können. Des- ren Öffentlichkeit als den unmittelbar kooperie- halb ist bei dieser Einordnung zurückhaltend ver- renden Partnern nur im Einverständnis zugäng- fahren worden. lich gemacht werden. Sie kennen diese ganze Diskussion um Third Party Rule; das werden wir

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 14 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

jetzt hier nicht austragen. Dafür haben diejeni- Rechtsraum, weil sich die Partner wechselseitig gen, die diese Ansicht nicht teilen, eine Verfas- versichern, in ihrem Rechtsraum die Rechte des sungsklage anhängig gemacht, und das trifft auch jeweilig anderen Partners zu schützen. Das heißt auf mein volles Verständnis. also, im Grunde genommen: Da wir Deutsche ja die Weltmeister in katastrophaler Unilateralität Die zweite Ebene, die hier allerdings nicht über- sind, muss man sagen: Politisch ist das intelli- sehen werden darf, ist die zivilrechtliche Ebene. gent angesetzt. Also, wir haben eindeutig gelernt: Das heißt, diese Objekte, Selektoren, stehen na- Nach zwei verheerenden Kriegen, wo wir das türlich im geistigen Eigentum von jemandem, völlige Gegenteil praktiziert haben, ist das an und über das geistige Eigentum gibt es eine zivil- sich der richtige Ansatz. rechtliche Dispositionshoheit. Das heißt also, diese - - Ich kann mir jedenfalls kein deutsches Ich komme dann zu einem Punkt, den ich ja Gericht vorstellen, was zu dem Ergebnis käme, schon am Anfang angekündigt hatte, nämlich der dass unter Verstoß gegen das, was die amerikani- Frage: Wie ist denn eigentlich rechtlich diese Zu- sche Seite möchte, in diese Selektoren Einblick sammenarbeit in Bad Aibling zu bewerten? Und genommen werden darf, wenn nicht wenigstens das ist der Grund, wieso ich an einer dieser of- die Amerikaner zu einem solchen Verfahren bei- fenbar großen Streitfragen völlig vorbeigehe, weil geladen werden. Also, das wäre sozusagen der ich sie nicht für relevant halte. Also, es gibt - das klassische Fall eines Gehörverstoßes - um das ist mir ja noch mal auch deutlich geworden an mal ganz niedrig anzusetzen -, wenn so etwas in einer E-Mail, die ich gestern Abend von einem einem x-beliebigen deutschen Rechtsstreit statt- Journalisten erhalten habe - anscheinend einen finden würde. Und ich kenne das ein bisschen leidenschaftlichen Streit um diese sogenannte aus der Praxis meines alten Gerichtes: Die meis- Weltraumtheorie, an dem ich nicht vorhabe mich ten In-camera-Verfahren betrafen ja nicht etwa zu beteiligen, weil ich dieses MoA völlig anders Rechtsstreite, die mit Nachrichtendiensten zu- verstehe. sammenhingen, sondern Geschäftsgeheimnisse, und das - wenn Sie so wollen -, worum es da Das, was die hier gemacht haben 2002 bis 2004, geht, ist ein Geschäftsgeheimnis der NSA. Und ist eigentlich, was dem Stand der Wissenschaft ich kann mir schlechterdings nicht vorstellen, im Medienrecht und im Sicherheitsrecht ent- dass das hier so behandelt werden kann nach den spricht. Man hat nämlich begriffen, dass man ge- Mehrheitsverhältnissen eines Parlamentes; ohne meinsam eine Plattform oder ein Durchleitungs- jetzt dem Parlament zu nahe zu treten. Ich habe system betreibt, in dem es getrennte Rechts- dann dazu, um es zu illustrieren, eine Entschei- regimes gibt. Das ist das, was Sie - ich habe diese dung des Bundesgerichtshofs beigelegt. Ich will Beispiele ja auch genannt - kennen aus dem Fern- das jetzt aber hier nicht weiter vertiefen. sehen. Aus dem Sicherheitsbereich kennen Sie es zum Beispiel vom BKA, §§ 8 bis 12 BKA-Gesetz, Ich komme dann siebtens zum Punkt: zum politi- INPOL. Das heißt, es gibt - - Ich mache es mal mit schen Konzept transnationaler nachrichten- dem Rundfunkrecht: Sie haben einen Provider, dienstlicher Kooperation. Für mich war so ein der hält ein Kabel vor. Das kann auch sein eine Kooperationsverhältnis eine völlig neue Sache. Rundfunkplattform. Und dann haben Sie einen Ich kannte das nicht. Ich kannte auch nicht seine Programmveranstalter, der bedient sich dieser juristische Organisationsform. Der Vorteil eines Plattform oder dieses Kabels. Und dann ist natür- solchen Projektes liegt in der klaren Kosten- lich sonnenklar, dass, wenn der Programmveran- ersparnis. Diese Dinge sind enorm teuer, von stalter rechtliche Verstöße begeht - sagen wir: ge- Software und Hardware. Der Vorteil liegt auch gen den Jugendschutz -, dann hat sich das der darin - das ist aber eine völlig kontingente Aus- Carrier, wie ich den hier genannt habe, nicht zu- sage, die können Sie jederzeit politisch kritisie- rechnen zu lassen, bis auf einen ultimativen ren -, dass man die Friedensgrenze vergrößert. Punkt: Wenn sich herausstellt, dass permanent Das heißt also, wenn sich alle Partner an das Me- verstoßen wird, dann wird er herangenommen. morandum halten, vergrößern sie ja den eigenen

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 15 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Diese Dinge haben Sie auch in den letzten Mona- sie allerdings auch nicht mehr gefährlich, weil ten und Jahren beurteilen können in Bezug auf dann wird mit ihnen nicht mehr eingegriffen. Google beispielsweise, und wir erleben es jetzt in Also, da könnte es nur noch sozusagen um die - Bezug auf Facebook. Das heißt, es kann dann eine Entschuldigung - etwas - - „Restgröße“ eines Ver- kritische Größe erreichen, wo dann eben nicht stoßes gegen personenbezogene Daten gehen, mehr der Meinungsverbreiter, sondern der Car- wenn dort erkennbare Namen sind und die ein rier in Anspruch genommen wird. Das war de- deutscher Beamter zur Kenntnis nimmt. Aber sie nen, die das hier veranstaltet haben, auch klar. haben nichts mit der Artikel-10-Thematik zu tun. Und deshalb haben sie sich auf dieses Filterungs- system verständigt. Das heißt, sie haben gesagt: Wenn die Selektoren durch das System weiter An einer bestimmten Stelle in diesem System durchgesteuert werden und zu Erfassungen füh- wird mit einer Automatik sichergestellt, dass die ren, gibt es natürlich massive Grundrechtsein- jeweiligen nationalen Rechtsregimes berücksich- griffe. Die passieren aber innerhalb des Systems, tigt werden. Ansonsten ist das, was inhaltlich und zum ersten Mal, dass Kognition eintritt, ist dort durchgesteuert wird, aber ausschließlich in dem Fall auf der amerikanischen Seite, das eine Sache des nationalen Rechts desjenigen, der heißt nicht mehr auf der deutschen Seite. Ich steuert, also in dem Fall des amerikanischen habe das in dem Gutachten nur ausgeführt, um Rechts für diese Selektoren. das Modell insgesamt zu beschreiben. Ich habe mit den Erfassungen nichts zu tun, weil die Se- So, jetzt kommt die interessante Frage - Sie ken- lektoren, mit denen ich es zu tun habe, ja alle nen natürlich die Diskussionen -: Jetzt kommen rausgenommen worden sind und ich keine un- die Leute mit einem sehr starken Grundrechts- ter - - keine Erfassungen zu suchen hatte. Deshalb empfinden und sagen: Das kann doch nicht wahr brauche ich mit meiner rechtlichen Erklärung sein, das findet hier, jedenfalls zum Teil, auf dieses MoA-Systems keine Weltraumtheorie, und deutschem Boden statt, und, und, und. - Und die ich brauche auch nur völlig marginal, nur, wenn Antwort auf diese Frage gibt das Verfassungs- man so will, zur Kontrollüberlegung, mal diese recht auch, und zwar das Verfassungsrecht in der Lehre vom grundrechtlichen Universalismus. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, aber auch des Bundesverwaltungsgerichts, näm- Ich will noch eine Bemerkung an dieser Stelle lich: Wir haben es zu tun mit Grundrechtseingrif- machen, damit ich sie nicht übersehe. Völlig fen, ohne Zweifel, und zwar mit Grundrechtsein- ohne Problem ist übrigens die Aufklärung von griffen in einem geschlossenen, automatischen ausländischen Regierungen, weil - das wissen Datenverarbeitungssystem. Das können Sie schon wir ja aus der deutschen Verfassung - ein Träger in der Ausgangsversion - da war das noch etwas hoheitlicher Gewalt in Deutschland ist nicht schlichter - in der 1999er-Entscheidung des Bun- grundrechtsgeschützt. Das heißt, er kann sich in desverfassungsgerichts zum G 10 nachlesen. Sie keiner Weise auf Artikel 10 berufen und a maiore können es aber auch wiederholt nachlesen in ad minus natürlich auch eine ausländische Re- Entscheidungen, die mein Senat zweimal zum gierung nicht. Das heißt also, eine ausländische G 10 getroffen hat und einmal - da ist es eigent- Regierung kann sich in keiner Weise - und zwar lich noch deutlicher - zu einer bayerischen Kfz- hat das auch gar nichts mit der Frage der territo- Kennzeichenerfassung. Das heißt, das, was an rialen Geltung von Grundrechten zu tun, sondern Eingriffen erfolgt und im Containment ist - das mit der sachlichen Reichweite -, überhaupt nicht heißt also, während des Laufens der Datenverar- auf Artikel 10 berufen. beitung -, ist nicht eingriffsintensiv, sondern der Eingriff ereignet sich erst in dem Moment, wo ein Ich mache zwei abschließende Bemerkungen, intelligibler Inhalt zur Kenntnis von Menschen und zwar: Ich habe ja vorangeschickt ein Zitat kommt. Das geschieht hier potenziell an zwei aus der Habilitationsschrift von Jürgen Habermas Stellen: einmal bei der Herausnahme von Se- zum Strukturwandel der Öffentlichkeit, ein lektoren aus dem System, wenn die Selektoren Buch, was ich nur bestens als Feierabendlektüre zur Kenntnis von Deutschen gelangen. Da sind empfehlen kann. Es ist ein Streifzug durch die

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 16 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

deutsche Geistesgeschichte. Man kann geradezu reingeht, nämlich: Die deutsche Seite hatte keine einen Zettel neben hinlegen und sich seine Lek- Software, um diese weit über 30 000 herausge- türeliste für die nächsten zwei Jahre zusammen- nommenen Selektoren der Amerikaner lesen zu stellen. Und Habermas hebt auf einen wichtigen können - und die Begründungen dabei. So, und Punkt ab. Er ist ja Habilitationsschüler von Wolf- das ist natürlich ein gravierender Verstoß, weil, gang Abendroth, das heißt also noch in der wenn wir es nur auf diese Menge abstellen, muss Schule des dialektischen Materialismus aufge- man sagen: Diese Selektoren, die von der ameri- wachsen in diesem Teil, und kommt deshalb kanischen Seite noch irgendwelche Begründun- sachkritisch aus dieser Sicht. Und er sagt eben: gen hatten, die wir aber nicht kennen, wären na- Auf der einen Seite gibt es eben diese bürgerliche türlich keine anlasslose Massenüberwachung ge- Öffentlichkeit, die aber im Grunde genommen wesen, sondern sie wären eben eine anlassbezo- nicht mehr existiert, dann gibt es die kommunifi- gene Überwachung gewesen, weil da stand eben zierte Meinung - das ist eben die in Klischees im Einzelfall drauf, ob das Terrorismus oder und in Schablonen sich bewegende -, und das, Proliferation oder so was war. Nur unser deut- was er wünscht, ist die kritische Publizistik, die sches System konnte es nicht lesen. Und das eben sozusagen den kritischen, erkenntniskriti- halte ich auch zugleich - so, was die Frage „Ver- schen Mehrwert leistet. letzung der deutschen Seite“ angeht - für die größte Einschränkung. Also, so hätte dieses Pro- Und das ist der Versuch hier mit diesem Bericht. jekt nie abgefahren werden dürfen. Wir können es nicht dabei belassen, uns einfach ohne weitere Begründung so Schablonen um die Und dann komme ich schließlich zu meiner letz- Ohren zu hauen wie „anlasslose globale Massen- ten Bemerkung, und zwar zu der Frage: Welche überwachung“. Also, ich kann es nicht mehr hö- verfassungspolitische Grenze setzt der demokrati- ren, wenn es auf falsche Sachverhalte angewandt sche Rechtsstaat der Einrichtung nachrichten- wird. Es gibt einen großen Fall der anlasslosen dienstlicher Kapazitäten? - Ich halte das in bis anlassarmen Massenüberwachung: Das ist die Deutschland für eine Frage, die - ich hätte es fast Rasterfahndung. Das wissen wir aus diesem miss- gesagt - so wichtig ist wie der Brotpreis. Ich halte ratenen Ding nach dem 9/11 in Nordrhein-West- es für enorm wichtig, weil wir hatten im letzten falen. Es gibt, wenn Sie das wollen, auch noch Jahrhundert drei Regimes, die uns alle An- diesen Fall bei der sogenannten strategischen schauung liefern, wie es sein kann und wie es Überwachung mit reinen Suchbegriffen, also mit nicht sein darf. Wir hatten zwischen 1933 und Inhaltsbegriffen. Nur: So what? Mein Senat hat es 1945 den brutalsten Geheimdienst, der in seiner im vorletzten Jahr vorgerechnet: Es hat bei 37 maximalen Ausdehnung im Reichssicherheits- Millionen Treffern im Container am Ende - 2010 - hauptamt so in der zweiten Hälfte der 40er-Jahre 213 Erfassungen im E-Mail-Verkehr und 12 im über 40 000 Leute hatte. Man weiß das nicht so Telefonieverkehr gegeben. Also, nun, es tut mir genau, weil staatliche und Parteigrenzen sich leid: Jeder derartige Treffer ist einer zu viel. Aber überschnitten haben, die sich an keine Regeln sprachkritisch: Das kann doch nicht als „massen- gehalten haben und deren Blutzoll wir nicht ken- haft“ bezeichnet werden. nen. Aber er war enorm. Wir hatten dann bis 1989 den größten Nachrichtendienst: Das war die Jetzt gehe ich noch einen entscheidenden Schritt Stasi mit 91 000 Stellen, also nur hauptamtliche. weiter. Das, was hier gemacht wird mit Selekto- Und um sich jetzt mal klarzumachen die Dimen- renaufklärung, ist eigentlich das Gegenteil von sionen: Dieses Land hatte 17 Millionen Einwoh- „anlasslos und massenhaft“, weil ja für jeden Se- ner; es hatte 2 000 Richter und Staatsanwälte, lektor festgelegt sind ein Rechtsträger, der aufge- und es hatte 91 000 hauptamtliche Mitarbeiter im klärt werden soll, und der Grund, weshalb er auf- Nachrichtendienst. Und die Bundesrepublik geklärt werden soll. Das heißt, an jedem dieser nach 1990 hat dieses System vollständig verän- Selektoren gab es eine Begründung. Es gab nur dert. Wir haben bei 82 Millionen Einwohnern auf der deutschen Seite eine gravierende Ein- 25 000 Richter und Staatsanwälte und 12 500 schränkung, die auch voll als Fehler des BND mit Stellen für alle 16 Nachrichtendienste der Länder

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 17 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

und der drei Nachrichtendienste des Bundes zu- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: In welchen sammen. Der Bundesnachrichtendienst hat da- Stammdienststellen waren die dann? Von wel- von etwas über 6 000. Das heißt, um es noch mal chen reden wir da? zuzuschleifen: Wir haben heute genau doppelt so viele Richter und Staatsanwälte wie Mitarbeiter Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das war in den Nachrichtendiensten. Und ich habe es mir entweder Berlin oder München. natürlich nicht verkniffen, vorzurechnen, dass, wenn wir das DDR-System weitergefahren hätten, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und reden dann hätten wir heute 9 600 Richter und 438 000 wir dann vom Bundeskanzleramt und dem BND? Nachrichtendienstmitarbeiter. So, und diese qua- Oder vom - - litative Umsteuerung zeigt meines Erachtens auch die Dimension, in der wir diese ganzen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die, Dinge betrachten müssen. Sonst würde es wirk- die mit mir im - - also sozusagen Arbeitsaufträge lich zu so einem Spiel, was mich nicht besonders erfüllt haben, waren zu 99 Prozent Mitarbeiter erfreut: Wer legt was am ersten? Wer stellt wel- des BND. cher sachverständigen Vertrauensperson, wie mir gestern geschehen, ein presseamtliches Ultima- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber einen tum, ich möge mich zu was erklären und so? - wissenschaftlichen Mitarbeiter selbst für Sie hat- Das ist doch alles eine vollkommen niveaulose ten Sie nicht. Diskussion. Also, ich würde wirklich darum bit- ten, das in diesen größeren Rahmen zu stellen, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. um den ich mich bemüht habe. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sekretärin auch nicht? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lichen Dank, Herr Dr. Graulich. - Und wir kom- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Ich men jetzt zu einzelnen Fragen; denn Ihre Ausfüh- schreibe alles selbst. rungen haben zwar sehr viel behandelt, aber ich glaube, da gibt es an verschiedenen Punkten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Die noch Nachfragen, die Sie uns sicherlich beant- Listen, von denen wir gleich etwas dezidierter worten können. Ich würde gern zum Einstieg ein sprechen werden, die sind ja schon sehr interes- bisschen über Ihre Arbeitsweise mehr wissen. sant sicherlich gewesen, die einzusehen. In Hatten Sie bei der Erstellung Ihrer Bewertung, Ihrem Bericht formulieren Sie dann - ich zitiere Ihres Gutachtens Hilfe? Haben Sie Mitarbeiter ge- jetzt mal; das ist die Seite 129 -: habt, die direkt Ihnen zugeordnet waren? Grundlage der nachführenden Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich hatte Ausführungen ist eine umfassende Mitarbeiter, die, ja, mir direkt zugeordnet - ich Analyse der Abteilung TA des bin ja jetzt nicht deren Dienstvorgesetzter gewe- BND. sen - - aber mit denen ich kontinuierlichen Kon- takt hatte. Und auf Seite 130, also eine Seite weiter:

Für die Analyse wurde die vorlie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das heißt, die gende Ablehnungsliste durch die waren dann nur für Sie da? Abt. TA mit Hilfe der aktuellen DAFIS-Filterstufen 1-3 geprüft. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die waren ganz überwiegend für mich - - Es gab wel- Das könnte den Eindruck erwecken, dass Sie die che, die auch an ihren Stammdienststellen waren Selektorenlisten gar nicht selbst geprüft haben. und immer, wenn ich die brauchte, zu mir ge- Das ist aber natürlich nicht so, hoffe ich. kommen sind.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 18 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Selektorenlisten sind hier in der beschriebenen Weise extrahiert worden, sind mir auf Excel-Lis- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - wo die ten ja umformatiert worden, und die hatte ich Excel-Dateien drauf waren. permanent auf meinem Terminal. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, Sie ha- ben quasi Excel-Dateien bekommen mit den - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur noch mal zum Verständnis, damit ich dann in die richtigen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Fragen komme. Diese Excel-Dateien - - Die Tele- fonnummern stelle ich mal hintenan, aber alle Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - 39 000- anderen Selektoren: Sind die denn so einfach er- noch-was Selektoren. kennbar? Ich habe immer gehört, das wäre relativ komplex; bei manchen Selektoren kann man Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, ge- überhaupt nicht erkennen, was diese Zahlen, ge- nau. Das letzte Mal habe ich, glaube ich, gestern gebenenfalls auch Buchstabenkombinationen, Abend um fünf reingeguckt. darstellen. Ist das so, oder stelle ich mir das falsch vor? Sie haben ja jetzt den Einblick. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Müssen Sie die wieder zurückgeben? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich habe Ihnen ja diese vier Beispiele, die natürlich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich - - sehr kurz gegriffen sind, abbilden lassen. Und Also, Sie machen sich eine etwas akademische man muss sich natürlich jetzt vorstellen: In dem Vorstellung von meiner Arbeitssituation. Ich bin Maße, wie da zum Beispiel Top-Level-Domains da wirklich in einem Sicherheitssystem gewesen, europäischer Länder drauf sind, war das ja für und ich habe da nie ein Blatt Papier mit heraus- sich genommen schon eine starke Aussage. Die genommen, von dem ich nicht vorher mir hatte Aussage war dann noch stärker, wenn Top-Level- versichern lassen, dass das keiner VS- oder Domains europäischer Regierungen oder von EU- Sonst-was-Stufe unterlag. Also, die sind dort und Einrichtungen darauf waren. Also, dann wurden bleiben dort. diese Selektoren aussagekräftig.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, das ist der Rechner war jetzt nicht Ihr Laptop zu ja, wie gesagt, auch relativ schnell nachvollzieh- Hause, - bar. Aber in dieser Excel-Datei haben Sie nichts gesehen, wo man sagen kann: Was ist denn das? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, um Das ist keine Top-Level-Domain, das ist keine Himmels willen! Nein, nein. Länderkennung einer Handynummer, das ist keine E-Mail-Adresse, die auf irgendwas endet. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - und Sie ha- Das ist eine Zahlen-Buchstaben-Kombination, ben gestern Abend noch mal zu Hause draufge- mit der Sie als - grundsätzlich - Jurist und Nicht- guckt, - techniker erst mal nichts anzufangen wissen. So was haben Sie nicht gesehen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, nein, nein. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, doch, natürlich. Die gibt es haufenweise. Also, zum Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - sondern der Beispiel gibt es ja die sogenannten Hashwerte. ist dann - - Wenn Sie beim BND vor Ort hier in Also, das sind - - Also, diese „verhashten“ Werte Berlin waren, konnten Sie dann mit diesem werden zum Teil also weniger zum Kryptieren Rechner arbeiten, - benutzt, sondern zum Konzentrieren von Daten- mengen beim Datentransport. Man hat es ja bei

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 19 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

diesen ganzen Internetverkehren immer mit soge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. nannten paketvermittelten Telekommunikations- verkehren zu tun. Und da benutzen mitunter die, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann haben die das verpacken, eben sogenannte Hashwerte, wir die „2005er-Liste“. Da hatten Sie gesagt: Da wodurch mit Zahlen, Buchstabenkombinationen waren 73 Selektoren drin. - Richtig? man mehr Informationen auf eine kürzere Strecke bekommt. Und die Dinger sehen natürlich für Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. mich als Nichttechniker ziemlich bunt gescheckt aus. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das war das mit EADS, Eurocopter. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und das wa- ren auch Suchbegriffe? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig, genau. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und das sind auch Selektoren, ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und dann noch 71 andere, sage ich jetzt mal, wenn ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ha- EADS, Eurocopter - - ben Sie auch Selektoren zum Beispiel für Mes- senger-Kommunikationen oder - - Also, ich will Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sind Sie auf die Bereiche raus - - Wir gehen ja immer auf jetzt bei der - - E-Mails und - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: 2005er. Also Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, also, die noch nicht bei den Nachfunden. Selektoren - - Also, es sind ja nur die Selektoren angefallen, die eingesteuert wurden. Und die ein- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Also, ich gesteuerten sind eben nach diesen Kategorien habe mir jetzt 73 aufgeschrieben. eingesteuert worden, die ich da vorne getrennt nach Telefonieselektoren und E-Mail-Selektoren Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: 73, hatte ich aufgelistet habe, nämlich E-Mail, IMSI, PSTN - - mir auch jetzt gerade notiert. Was war die fünfte? Also, das waren die Katego- rien. Andere Selektoren wurden nicht einge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, genau, schickt. 73. Also, ich habe hier 73 aufgeschrieben.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, Mes- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, wenn ich senger-Dienste sind Ihnen nicht untergekommen? zwei abziehe, also die EADS, Eurocopter, dann käme ich jetzt auf 71. Also, sprich: Sind das - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wieso wol- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann len Sie die abziehen? frage ich mal kurz auch erst mal verständnishal- ber noch mal diese Listen nach. Wir haben die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil ich fra- Ablehnungsliste der 39 082 Selektoren. gen wollte, ob in der „2005er-Liste“ - - Sind in diesen 73 EADS und Eurocopter drin, also, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. sprich: 71 - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann haben Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, klar, das wir die 2 000er-Liste. Das ist die Liste der Prü- sind EADS- und Eurocopter-Telefonnummern ge- fung von Dr. T., wenn ich es eben Ihren Ausfüh- wesen. rungen richtig entnommen habe?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 20 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und Nein, passen Sie auf: Da ist etwa die Hälfte in der dann 71 weitere. Oder sind die 73-mal Eurocop- Ablehnungsliste enthalten, und zwar weil die Te- ter und EADS in verschiedenen Variationen? lefondatenbank 2008 neu aufgesetzt worden ist. Und dabei sind offenbar einige verloren gegan- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das war - - gen. Die Mitarbeiter hatten allerdings beobachtet, Richtig, richtig, genau. dass wiederholt versucht wurde, diese Selektoren wieder einzusteuern. Also so, dass man jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ah! Das wäre nicht - die haben ja keine Vornamen oder so nämlich die interessante Frage, weil wir immer was - genau sagen kann: Die sind wieder aufge- nur von Eurocopter und EADS gehört hatten. treten. - Aber jedenfalls von den damals identi- Und deswegen wäre für mich jetzt interessant ge- fizierten befindet sich eben die Hälfte ungefähr wesen, ob man 2005 über diese beiden Begriff- auch in der Ablehnungsliste. lichkeiten noch weitere gefunden hatte. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach so. Ich jetzt hatten Sie noch zwei weitere Funde, die weiß natürlich nicht, ob die gesucht worden „Schliemann’schen Nachfunde“ - sind; aber jedenfalls das - - Da waren den Mit- arbeitern eben, ja, Aufklärungsbemühungen um Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. diese beiden Firmen aufgefallen. Daraufhin ha- Genau. ben die geguckt, was finden sie, was diesen bei- den Firmen zuzuordnen ist, und haben die raus- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - 1 und 2. genommen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, Nach- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann ver- fund 2 nicht. Den habe ich - - Also, Nachfund 2, stehe ich es wieder. Das ist ja gut, dass ich gefragt der viel geheimnisumwitterte Nachfund 2, ist habe. Weil ich hatte jetzt gesagt oder gedacht, es nicht untersuchungsgegenständlich, ist mir also wären 73 verschiedene Varianten gewesen, nicht auch nicht zur Überprüfung zugeleitet worden. nur von Eurocopter, EADS, sondern noch 71 wei- Und deshalb habe ich dazu nichts ausgewertet. tere Firmen vielleicht. Also, ich habe den - - Mich hat das ja immer so amüsiert. Wie ich das „Nachfund 1“ hörte, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, dachte ich immer: Es muss ja noch einen Nach- nein, nein, ach so, sorry, nein, nein, nein, nein. fund 2 geben. Das war aus diesen beiden Firmenbereichen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, genau, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, da kön- wer 1 sagt, muss auch 2 sagen. nen Sie gar nichts dazu. Deswegen frage ich ja erst mal verständnishalber nach. Okay. - Und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Völlig rich- diese 73 sind auch, hatten Sie gesagt, wenn ich es tig, genau. Und - - Aber den - - Der war nicht Ge- richtig verstanden habe, in der Ablehnungsliste genstand meiner Beschäftigung. der 39 000 drin. Die sind weitergeschleppt wor- den. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ohne jetzt in irgendwelche Diskussionen verfallen zu Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, genau. wollen, machen wir erst mal mit 1 weiter. Beim Das heißt, wir haben - - Ich muss gerade gucken, Nachfund 1 - - Wann wurde der denn gefunden? ob wir da auch einen kleinen Verlust hatten. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der (Der Zeuge blättert in Nachfund 2 wurde - - seinen Unterlagen) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich dachte 1. 2 dürfen wir doch nicht.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 21 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Entschuldi- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie stellen gung, der Nachfund 1 - - jetzt ab auf den Nachfund - oder?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie dürfen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, Nach- auch 2 von mir aus, aber das müssen Sie beurtei- fund 1. len. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das sind Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, also 401 Selektoren. Also, es sind insgesamt, nein, nein. Da würden ja sofort meine Auftrag- glaube ich, 440 oder so was; es sind aber einige geber unruhig werden. Nein, der Nachfund 1 doppelt. Also, wenn man die um die doppelten tauchte eben auf nach dem Meldeschluss hier im bereinigt, sind es dann 401. Ausschuss, als Hinterlassenschaft einer aufgelös- ten Organisationseinheit des BND. Die Durch- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: 401 Selekto- sicht ergab insgesamt 401 Telefonselektoren, und ren, und die hat der BND in den Jahren 2006 bis es wird davon ausgegangen, dass die in der Zeit 2007 gefunden und hat sie dann auf die Selek- von 2006 bis 2007 angesammelt wurden, das tor- - auf die Ablehnungsliste gestellt damals. heißt also - angesammelt -, in dieser Zeit heraus- genommen wurden. Und die - - Man muss den Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Nachfund 1 wohl als so eine Art von Arbeitspro- dukt sehen irgendeines Mitarbeiters, der, als er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Damals aus diesem Bereich rausgegangen ist, das nicht schon. gelöscht oder mitgenommen hat - ich weiß nicht, wie das gehandhabt wird beim Bundesnachrich- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. tendienst - und der deshalb da von einem, der später dieses System benutzt hat, noch gefunden Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und die wa- wurde. ren dann erst jetzt wieder uns zur Kenntnis ge- kommen. Deswegen „Nachfund“, weil man sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Damit ich da uns dann erst verspätet zur Kenntnis gebracht mal eine Chronologie jetzt reinkriege - - hat.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, ge- nau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Korrigieren Sie mich, wenn ich es noch nicht ganz richtig Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - So, sage: Ab der Initiierung dieses Systems, da gab es und dann wurde im Grunde, wenn ich das ja einen Initial Load, da wurden die ersten Selek- richtig sehe, mit Ausnahme dieses 2005er Fun- toren reingeladen. des, EADS und Eurocopter, bis 2013 gar nichts mehr in die Ablehnungsliste reingeschrieben, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. außer - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und dann hat Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach so. Ah man in den Jahren 2006, 2007 bestimmte Selek- ja. toren, also Suchbegriffe, gefunden, die man eigentlich nicht drinhaben wollte. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, nein, nein, das geht anders. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das waren Pi mal Daumen wie viel, sagten Sie? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 22 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und zwar: zu den oben befindlichen, die noch interessant Die Ablehnungsliste entsteht kontinuierlich. sind. Und in diesem Korallenriff, das wohl aus Also, wenn man sich das - - Jetzt muss ich erst einer sehr großen Zahl besteht, befindet sich die mal gucken, mal scharf ins Auge gucken. Zahl dieser „disapprovten“, die jetzt eben insge- samt da so auf 40 000, so was, angewachsen ist. (Der Sachverständige blickt Die sind aber nicht eine gesonderte Liste, son- zu RD Philipp Wolff (BK)) dern die sind dort sozusagen auf Geheiß, wenn ich es mal etwas militärisch sage: „Heraustre- Okay. - Sie rufen laut, wenn ich etwas sage, was ten!“ - - kommen die heraus und lassen sich dann ich nicht sagen darf. sortieren. Das heißt also, das, was jetzt hier gefer- tigt wurde - - um es operationabel zu machen für (Dr. Konstantin von Notz den Ausschuss oder jetzt zunächst mal für mich, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sind die dort extrahiert worden, auf diese Excel- NEN): Keine Sorge!) Liste geschrieben worden. Die sind aber an sich elektronisch Teil eines größeren Ganzen. - Was meinen Sie? Ich muss nachher Herrn Strö- bele noch als Strafverteidiger wegen Geheimnis- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kann verrats sonst bemühen. - Also, das Entstehen der man also sagen: Von den vielen Millionen Se- Ablehnungsliste müssen Sie sich ungefähr fol- lektoren im Gesamtkorallenriff, um in Ihrem Bild gendermaßen vorstellen: Sämtliche angedienten zu bleiben, gibt es 39 000, die auf „disapproved“ Selektoren kommen - - also, werden in dieses gestellt sind. System eingesteuert, damit sie sozusagen die NSA-Dienste verrichten. Sie werden aber vom Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: So unge- BND eben zur Kenntnis genommen und geprüft. fähr, ja. Und immer wenn ein Treffer erzielt wird, ein G-10-Treffer, wird ein Selektor herausgenommen, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und davon wobei das „herausgenommen“ ist jetzt meine 38 000 ab dem Jahre 2013, Pi mal Daumen. laienverbildet, bildhaft-konkretistische Aus- drucksweise. Ich bin immer ständig belehrt wor- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Die den von den Technikern, die sagen: Also, der ist allergrößte Masse. auf „disapproved“ oder „inactive“ gesetzt wor- den. - Das ist also immer so ein Chinesisch. Das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und meine heißt also, der ist nicht jetzt irgendwie am Kragen These war ja, dass von 2006 bis 2007, wo 401 genommen und auf die Strafbank gesetzt worden, eingestellt worden sind, bis 2013 nicht viel dazu- sondern der ist einfach technisch außer Funktion gekommen ist. Dann wäre die These ja jetzt gesetzt worden - eigentlich - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Den Begriff Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja, ja, ja, „disapproved“ haben wir hier schon gehabt. Das genau. ist uns bekannt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - richtig. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - okay, gut, sorry; ich verfolge das Geschehen des Ausschus- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das hängt ses ansonsten nicht so konzentriert - und ist aber aber mit dem zusammen, was ich hier vorhin be- in der - - sozusagen im Gebinde mit allen ande- schrieben hatte. Ich habe gerade noch mal vor ein ren Selektoren geblieben, die jemals in die BND- paar Tagen gucken lassen, was da eigentlich im Reichweite kamen, weshalb ich das immer bild- August 2013 war. Und da sind enorm viele auf haft als ein Korallenriff bezeichnet habe, wo also „disapproved“ gesetzt worden. alle Teile vorhanden sind, also auch unten die längst verjährten, nicht mehr interessanten, bis

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 23 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Haben Sie da erfassen. Das sind Merkmale - elektronische, sage denn quasi Selektoren scharf rauskriegen kön- ich jetzt mal mit meinem Verstand - dieser Selek- nen, wann die eingesteuert wurden, wie lange toren, die eben - - In den meisten Fällen waren die auf „pending“ standen, wann die auf „dis- die Einsteuerungszeitpunkte lesbar. Da konnte approved“ gestellt worden sind? man das herausfinden, sonst nicht. Aber ich bin natürlich - - Ich wäre nicht mal in der Lage gewe- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das habe sen, in Bad Aibling mir eine Cola aus dem Auto- ich ja da ausrechnen lassen, soweit das herauszu- maten zu ziehen. Also, das ist völlig außerhalb finden war. Das war nicht restlos möglich, weil meiner Reichweite. es einen Teil von Selektoren gibt, der kein Ein- steuerungsdatum hat. Da war das halt nicht zu er- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Ich - - fassen. Für die meisten konnte eine Steuerungs- Wissen Sie denn von diesen 39 000 Selektoren, dauer angegeben werden. von wie vielen man sagen konnte, wie lang sie gesteuert waren, also diese Aussage treffen Dabei muss man immer folgende Arbeitsum- konnte: „länger als 100 Jahre“ - Tage, Entschuldi- stände sich vergegenwärtigen: Die haben da in gung - „100 Tage“, „zwischen 7 und 100 Tagen“ der Kooperation einen Stichtag in der Woche, und „bis zu 7 Tagen“? Wie viel Prozent? wann die sozusagen Inventur machen von den bis da neu eingestellten Selektoren. In dieser Zeit Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja, das - - stehen die auf „pending“, wie die das nennen. Ich muss es jetzt rausholen. Ich habe ja diese Ta- Das sind lauter solche wunderschönen engli- belle hier ausrechnen lassen. Also, ich muss jetzt schen Vokabeln. Und im „pending“, also im hän- gucken. Ich kann ja die Seitenzahl raussuchen. genden Zustand, werden die allerdings noch nicht verwendet. Es kann sein, dass diese „pen- (Der Sachverständige blät- ding“-Dauer mal im Einzelfall länger war; so ist tert in seinen Unterlagen) mir das erklärt worden. Wenn dort der zustän- dige Bearbeiter im Urlaub war, dann hingen die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mir geht es länger auf „pending“. Es wurde mir allerdings ge- nur grob da drum, ob das jetzt eine valide Zahl sagt, sie seien dann nicht gesteuert worden. Die ist: 37 000. längeren Steuer- oder die Steuerungsdauern über- haupt, die da jedenfalls herausfindbar waren, ka- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja, die men zustande, wenn erst zu einem späteren Zeit- Zahl - - punkt sich ein Selektor dann eben auf der zwei- ten oder dritten Filterungsstufe als abzulehnend Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder waren es qualifiziert hat, weil beispielsweise ein neues 10? Merkmal dazukam. So, und der Hauptfall eines solchen neuen Merkmals, wenn ich das mal so Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, sagen darf, war eben ab August 2013 dieser euro- diese Zahl ist valide in dem Sinne, dass - - Von päische Sektor, wo dann der BND gesagt hat: Die allen Selektoren, die ein Einstellungsdatum hat- nehmen wir jetzt alle raus. ten, kann gesagt werden, wie lange sie gesteuert wurden, nur bis auf eine Restmenge - die ist hier Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss auch vorgezählt worden; das ist eine kleine ich noch mal nachfragen. Haben Sie selbst nach- Menge, ein kleiner Teil gewesen, die hatten kein vollziehen können, wie lang die Selektoren ge- Einstellungsdatum - - konnte es nicht gesagt wer- steuert waren? Oder hat man Ihnen das vonseiten den. Sonst konnte man das genau sagen, also bis des BND zugeliefert? zu 100 Tagen oder länger als 100 Tage.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das habe Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mich wun- ich vom BND ausrechnen lassen, weil das ist ja dert das, weil wir ja mehrere Zeugen hier befragt sozusagen mit sinnlicher Wahrnehmung nicht zu haben genau zu dem Punkt -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 24 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. über. Aber mir hat das eingeleuchtet, dass die ge- sagt haben: Also, wir haben das als technisches Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - und uns Merkmal eben bei einem Teil - - und auch gefun- mehrere Zeugen gesagt haben, das ließe sich den und bei einem anderen nicht. Also, es sind nicht nachvollziehen. Wir haben auch beispiels- mir weder in der einen noch in der anderen Rich- weise den Zeugen D. B. gefragt, der dann sagte - tung Zweifel gekommen. also, seine Aussage, wir finden das im Protokoll Nummer 47 I, Seite 73, für die, die es schnell Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mir hätte das nachblättern wollen -, dass nur begrenzt nach- genauso eingeleuchtet, und deswegen war ich so vollziehbar sei, da der BND diesbezüglich keine ein bisschen betrübt, dass wir die Auskunft nicht große Historie geführt habe. Und jetzt taucht an- gekriegt haben. scheinend doch so eine Historie auf. Also, mich würde die interessieren. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das kann aber auch - - Also, ich will jetzt nicht über Ihre Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Warten Sie Zeugen spekulieren; aber vielleicht haben die das mal, auf Seite 193 - - nicht nach hinten in der entsprechenden Deut- lichkeit nachgefragt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist zum Beispiel, wie gesagt, für alle, die mitblättern wol- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das kann na- len, Protokoll Nummer 47 I, Seite 73 ff. Auch der türlich bei den von mir zitierten Zeugen gewesen BND-Präsident Gerhard Schindler hat ausgeführt, sein - BND-Präsident und Unterabteilungsleiter. dass die Dauer der Einsteuerung nur teilweise nachvollziehbar sei, weil wohl durch die Sys- (Heiterkeit) temumstellung der Datenbanken nur das Datum der Umstellung angezeigt würde und nicht, wie Okay. - Wenn wir jetzt mal in die Bewertung ge- lange die Selektoren vorher in der Steuerung wa- hen: Die 39 000 Selektoren in der Ablehnungs- ren. Das ist das Protokoll 54 I, Seite 39. liste, die ja im Schwerpunkt in den Jahren 2013 ff. in die Ablehnungsliste gekommen sind, Andere Zeugen - da erinnere ich mich dran, ohne dadurch dass sie dann auf „disapproved“ gestellt dass ich es jetzt zitieren könnte - sagen, es gab worden sind - das hängt ja wahrscheinlich doch nur eine situative Herausfilterung von Selektoren mit den Sachverhalten im Jahre 2013 zusammen; und es wäre nicht nachvollziehbar. Ich meine, das ist ja jetzt kein Zufall, dass es gerade 2013 mich freut das, dass wir solche konkreten Zahlen war -: Haben Sie das irgendwie bewerten können, haben. Mich wundert dann, warum auf mehr- ob das viel ist, ob das wenig ist, ob da sensibel fache Nachfrage, auch von mir, uns nie so etwas vorgegangen worden ist? Weil diese Zahl 39 000 gesagt worden ist von BND-Mitarbeitern. kriegt ja eigentlich nur eine richtige Einordnung, wenn man sie in die Gesamtschau stellt, also Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich kann sprich, wenn man sagt, da ist aus der Gesamt- natürlich nicht beurteilen, ob die das früher mal summe sehr sensibel geschaut worden: Was darf berechnet haben; das weiß ich nicht. da nicht rein? - Könnten Sie irgendwie das be- werten, ob man in dieser Ablehnungsliste wirk- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, nein. lich das drin hat, was da reingehört? Aber ich freue mich ja, dass Sie diese Zahlen rausgekriegt haben. Haben Sie das mal hinter- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, man fragt, oder waren Sie einfach glücklich, dass Sie muss noch mal die Dimension sich klarmachen, die Berechnung gekriegt haben? ohne das irgendwie zu verniedlichen. Das ist ja ein ziemlicher Haufen Zeug, was da zustande ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich kommen ist. Aber das ist eben aus dem Gesamt stehe diesen Dingen ja wirklich entspannt gegen- nur im Promillebereich. Das heißt also, wenn man sich überlegt, dass die Mitarbeiter dort eine

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 25 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

wirklich sehr viel größere Zahl von Selektoren sind an deutschen Selektoren, weil eine Prüfung hatten - - Mag sein, dass die sozusagen mit dem zu 100 Prozent schwerlich möglich ist. Und erst normalen Cashflow da irgendwie zufrieden wa- im Jahre 2013 trat die Sensibilisierung ein, und ren. Die hatten - das habe ich ja auch an verschie- man fand aus der großen Summe der mehreren denen Stellen ausgeführt - grundsätzlich ein Be- Millionen 39 000 deutsche wie europäische, also wusstsein, also für G 10 sowieso; also G 10 ist für sprich: in deutschem Interesse, wenn man es mal die sozusagen sakrosankt. Für die europäischen so definiert. Und Sie haben zu Recht darauf hin- Dinge hatten sie ein Interesse. Sie hatten aber of- gewiesen: Diese Definition ist nicht ganz einfach, fenbar kein Bewusstsein dafür, dass sie in einem dann für den Bearbeiter und Mitarbeiter des BND relevanten Ausschnitt dieser Selektoren systema- erst recht nicht, wenn wir schon ein Fragezei- tisch für Ziele verwendet wurden, die eben MoA- chen in den Augen haben. Sehe ich das so rich- widrig waren. Und dieses Bewusstsein kam eben tig? erst nach den Snowden-Veröffentlichungen und dann im August 2013. Bis dahin haben die offen- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, man sichtlich - also, außer den wenigen Anhaltspunk- muss es noch mal abschichten. Also, der G-10- ten, die ja hier auch dokumentiert sind - keinen Schutz auf der ersten Stufe hat ja immer funktio- Anhaltspunkt gesehen. niert. Also, wir haben keinen Ausreißer gefunden auf dieser G-10-Schutzebene der ersten Filter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gab es für die stufe - also, diese Filterstufe hat immer funktio- als G-10-erkannten Suchbegriffe, die von ameri- niert -, und die Amerikaner haben offenbar auch kanischer Seite eingesteuert wurden - ich glaube, überwiegend diese Stufe eingehalten, das heißt in Sie führen dann 16 und 11 Prozent für diesen Be- der Weise, dass sie überwiegend in dem Bereich reich aus, wenn ich es richtig herausgezogen nichts angedient haben. habe -, eine Extraablehnungsliste, oder sind die in der 39 000 Selektoren umfassenden Liste dann (Martina Renner (DIE mit drin? LINKE): Überwiegend!)

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die sind Das, was wir an deutschen Treffern haben, mit drin, weil das ist ja im elektronischen Gesamt kommt ja zustande aufgrund der Treffer auf der keine eigene Liste. zweiten und dritten Stufe. Und da ist jetzt sozu- sagen vom Verantwortungszusammenhang - - Das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, klar. - ist ja eigentlich, wenn man so will, eine Leistung Hätte ja sein können, dass das eine andere Daten- von diesen Leuten in Bad Aibling und in Pullach bank oder irgendwas ist. gewesen, dass sie sich eigene Gedanken gemacht haben und diese beiden Filterstufen immer nach Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein. ihrem Erfahrungswissen angereichert haben. Also, man kann jetzt nicht umdrehen und sagen: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, wo ich „Hier, was ist denn euch da passiert?“, sondern so ein bisschen noch unsicher bin, ist: Aufgrund das sind ja erst sozusagen - - Das ist Gegenbeute. der Zahl in den Jahren 2013 f. bis 2015 kommt Das ist nämlich jetzt sozusagen die angestrebte dann so eine Zahl zustande, und vorher erfolgt Aufklärungsbeute minimiert, indem man da das nur so situativ in punktuellem, fast Einzel- eigene Interessen reingenommen hat. fallumfang. Dann erweckt sich mir so das Ge- fühl - und das geht ja auch so ein bisschen aus Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Darf Ihren Zahlen, wenn ich sie richtig interpretiere, ich mal ganz kurz mit meinen Worten zusam- draus hervor -, dass wir bis 2013 eigentlich so gut menfassen, weil dann habe ich es verstanden? - wie alle europäischen Selektoren aktiv geschaltet Also, direkt deutsche Selektoren haben die Ame- haben, inklusive der Gefahr, dass sie Daten er- rikaner nicht eingesteuert, also patrick.sens- fassten - was sich kaum noch nachprüfen lässt [email protected], aber Selektoren, die dann in anscheinend -, und auch die, die durchgehuscht einer nachrichtendienstlichen Bewertung des

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 26 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

BND auf der zweiten und dritten Stufe als auch so was. Also, die Dinge sind nicht genauer, als nicht akzeptabel eingestuft worden sind. sie da sind.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, richtig. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und wenn ich Ihren Bericht richtig verstehe, da sagen Sie da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das könnte auch: Weil wir ja das Aufklärungsinteresse der auch zum Beispiel ein Selektor sein duffyduck@ Amerikaner nicht kennen, also im Zweifel nicht yahoo.com, wo man weiß: Das ist Patrick Sens- wissen: „Warum steuern die duffyduck@ burgs E-Mail-Adresse. Und die hat man dann ak- yahoo.com ein?“, ist uns auch eine letzten Endes tiv rausgenommen, weil man weiß, hinter der bessere Bewertung kaum möglich. Ist das das, verbirgt sich die E-Mail-Adresse. - Okay, das sind was Sie sagen, jetzt mit meinen Worten? die deutschen - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, wenn Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. - man das Aufklärungsinteresse kennte, könnte Also, weil - - Wenn Sie keine Top-Level-Domain man sich möglicherweise struktureller abstim- an Ihrer Yahoo-Adresse gehabt hätten, wären Sie men. Also, ich sage mal, diese ganze europäische auf der ersten Stufe nicht erkannt worden, weil Aufklärung ist natürlich eine schiere Katastro- die nicht zuordnungsfähig gewesen wäre, und phe. Also, wenn es da irgendeine Form von Kom- wären erst auf der zweiten - - Wenn die eben ge- munikation gegeben hätte, gehe ich mal davon wusst hätten: „Ist uns das schon mal irgendwie aus - - Aber über den Rest gibt es, soviel ich vorgekommen?“, hätten sie die rausgenommen, weiß - - Also, mir ist nicht bekannt, dass es da richtig. eine inhaltliche Kommunikation gibt. Deshalb findet natürlich der Mitarbeiter vor Ort auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Also, keine Kriterien, nach denen er da vorzugehen nur wenn da auf zweiter und dritter Stufe die hätte. nachrichtendienstliche Bewertung versagt hätte oder nicht stattgefunden hätte, dann wäre ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kommen wir Deutscher in die Erfassung gelangt, weil er eben mal zu den europäischen, in einem letzten Frage- einen nicht direkt erkennbaren Selektor - also bereich von mir. Wenn ich Ihren Bericht richtig seine E-Mail-Adresse in dem Fall - nutzt. Das verstehe, sehen Sie da den Hauptknackpunkt, wäre nicht auszuschließen. dass über einen doch sehr langen Zeitpunkt - - Weil da sind ja auch die Selektoren, die lange ak- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. - Und da tiv geschaltet waren, alle über 100. Also, nicht muss man sich einfach noch mal jetzt administra- alle, aber ich glaube - ich habe jetzt die Zahl tiv klarmachen: Es gibt ja nicht etwa als Thesau- nicht mehr im Kopf - 89 Prozent - über 100 Tage - rus für den Nachrichtendienst ein staatsbürger- der Selektoren von Regierungsstellen europäi- liches Gesamtregister von 82 Millionen, wo die scher Mitgliedsstaaten. Da sehen Sie das Haupt- immer sagen könnten: Das wäre die erste Stufe. - problem, dass man da einfach naiv war oder lau- Das gibt es nicht - ja? Das gibt es definitiv nicht. fen lassen hat und einfach, obwohl das ja auch Sondern wir sind in der Art, wie wir in dieser im deutschen Interesse ist, dass möglicherweise Gesellschaft leben, eben ein buntes Gewimmel Regierungsstellen von EU-Mitgliedsstaaten nicht von Individuen, die uns nur identifizieren mit aktiv geschaltet werden, da nichts gemacht hat - solchen letzten Endes doch relativ unscharfen richtig? Dingen wie, dass wir Vorwahlen haben oder so. Und deshalb ist das für die - - Und die zweite Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja. Also, Stufe wird natürlich immer komplizierter, auch ich sage noch mal: Das sind ja, so viel das auch in dem Maße, wie auch ein deutscher Name nicht für sich genommen sind, natürlich aus dem Ge- unbedingt jetzt irgendwie auf einen deutschen samt heraus betrachtet, nicht so viel gewesen. Rechtsträger schließen lässt und umgekehrt und Und es braucht einfach - das lehrt uns dieser

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 27 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Fall - eines kritischen Bewusstseins, dass da et- aufgrund dieser Selektoren? Ich weiß nur von was schief sein könnte. Und der Hauptpunkt, den E-Mail-Adressen, aber vielleicht kennen Sie noch ich ja beanstande, ist meines Erachtens das, was eine Vielzahl anderer Selektoren, die Unterneh- als Versäumnis des Bundesnachrichtendienstes men betreffen? anzusehen ist: dass sie mit einer Software ge- arbeitet haben, wo sie die Begründungen für die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, da - - amerikanischen Selektoren nicht lesen konnten. Sagen wir mal, das, was einem so an deutschen Also, es ist ja nicht völlig auszuschließen, dass Industrieunternehmen typischerweise einfallen auch mal im europäischen Bereich eine solche würde - - Ich nenne jetzt nur diese beiden Na- Aufklärung angezeigt ist - wie gesagt, auf Grund- men, weil die ja schon öffentlich gewesen sind in rechtsbedenken trifft sie nicht -, nur, dann muss einem anderen Zusammenhang, also nämlich das im Einzelfall dargetan werden. Ich kann EADS und Eurocopter, die es ja so nicht mehr nicht beurteilen, ob unter den Selektoren der gibt und die auch im Kern keine deutschen Un- Amerikaner es vielleicht sogar einzelne Fälle gab, ternehmen waren, sondern europäische. Das ist wo das vertretbar war. Nur der Bundesnachrich- natürlich etwas, wo die auch völlig zu Recht ja tendienst war von vorneherein nicht in der Situa- schon vor Jahren mal geschaltet haben. Die ande- tion, sich dazu eine eigene Meinung bilden zu ren Firmen, die aufgefallen sind, würde ich jetzt können, und unter solchen Voraussetzungen mal sagen, sind jedenfalls unter mindestens Dual hätte dieses ganze Projekt nicht abgefahren wer- Use zu fassen. den dürfen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dual Use? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War das dem BND nicht technisch möglich, weil die Software Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Dual Use. diese Fähigkeit nicht besaß, oder haben die Ame- rikaner diesen Teil der Erklärung zum Selektor (Dr. Konstantin von Notz gar nicht mitgeliefert? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mindestens? Was Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der bedeutet das?) Selektorteil war wohl immer auf dem amerikani- schen Selektor drauf; nur der BND hatte keine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der Kollege Software, die ihm erlaubt hätte, da reinzugucken. von Notz fragt nach: Mindestens? Was bedeutet das? - Sie sagten, sie sind mindestens unter dem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - Gedanken Dual Use zu fassen. Letzte Frage, Wirtschaftsspionage: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie eben gesagt in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, also Ihrem Eingangsstatement: Ob da jetzt gezielte die - - Es sind wirtschaftlich tätig gewesene Un- Wirtschaftsspionage - der Begriff, sagten Sie, ist ternehmen, also in auch besonderen, speziellen nicht einheitlich definiert; ich verkürze da jetzt Bereichen. Und, also, sagen wir, da waren jeden- Ihre Ausführungen - vorliegt, lässt sich in den falls Bereiche darunter, die schienen mir schon konkreten Fällen nicht mit gänzlicher Sicherheit ohne Weiteres geeignet zu sein, auch einen mili- nachweisen, weil es auch um Fragen Waffen- tärischen Hintergrund zu haben. proliferation, Dual-Use-Güter etc. gehen kann oder irgendwelche Hintergründe, die wir dann in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - Compliance-Berichten von Unternehmen im Ich wäre so weit erst mal mit meinen Fragen Zweifel wiederfinden und nicht beurteilen kön- durch, und wir würden jetzt zu den Fragen der nen, worum es da geht. Haben Sie denn irgend- Fraktionen kommen. Ich sage auch jetzt schon wie das Gefühl gehabt, die Selektoren, die Sie mal: Wenn Sie eine Pause mal brauchen, mal sehen konnten, das könnte klassisch Industrie- Luft schnappen wollen oder ein anderes Getränk, spionage oder Wirtschaftsspionage sein, dass Er- als Ihnen jetzt zur Verfügung steht, geben Sie uns kenntnisse von Unternehmen abgegriffen werden ein Zeichen, dann machen wir auch mal eine

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 28 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Pause. Okay? - Dann kommen wir jetzt zu den Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wer hat ihn Fragen der Fraktion Die Linke. Frau Kollegin gemacht? Renner hat das Wort. Martina Renner (DIE LINKE): Eine BND-Juristin. Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- Da geht es insbesondere - - zender. - Herr Dr. Graulich, ich habe einige Fra- gen, zuerst einmal zu den Arbeitsumständen, mit Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich denen Sie Ihren Bericht erstellt haben. Sie hatten kenne einen zusammenfassenden Bericht; aber gesagt, Ihre Mitarbeiter kamen aus dem BND. Wa- ich weiß jetzt nicht, ob der - - Es ist ja immer so, ren darunter auch Beamte, die hier als Zeugen wie - - vernommen wurden? Martina Renner (DIE LINKE): Aus dem Jahr Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich 2007. Da geht es insbesondere um die Frage: habe mir natürlich überlegt, was ich Ihnen über DAFIS-Filter, G-10-Problematik. meine Arbeitsumstände sage, und ich werde Ihnen nicht mehr sagen, als ich geschrieben habe. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Also, erstens kenne ich nicht die Zeugenliste, die Kenne ich nicht, nein. Sie vernommen haben. Zweitens. Selbst wenn ich das wüsste, würde ich Ihnen keinen Namen Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie nicht? sagen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Sie wissen nicht, wen wir als Zeugen vernommen haben? Heißt Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie das das, Sie haben sich auch nicht die Protokolle die- Gutachten - ja, „Gutachten“ kann man das nen- ses Ausschusses bezüglich der Selektorenproble- nen - der Datenschutzbeauftragten zu einer Prü- matik angesehen? fung in Bad Aibling aus Dezember 2013?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das der BND-eigenen oder das der Bundesdatenschutz- Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie nicht? beauftragten?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Das der Bundes- datenschutzbeauftragten. Martina Renner (DIE LINKE): Hatte ich auch den Eindruck, weil Sie uns zum Beispiel „disap- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich kenne proved“ erklären wollen, dass Sie eben diese Pro- das in einem bestimmten Stadium. Also, mir ist tokolle nicht zur Kenntnis genommen haben. Ha- nur mitgeteilt worden, dass es da wohl einen ben Sie Unterlagen zur Kenntnis genommen, die wiederkehrenden Prozess gab, also, wo die Da- dem Untersuchungsausschuss auch vorgelegen tenschutzbeauftragte immer sagte, sie sei jetzt haben? aber noch nicht fertig. Ich könnte jetzt aber aus dem Kopf nicht sagen, was die Fassung für einen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich - - Stand hatte, die ich eingesehen habe. Die Unterlagen, die ich eingesehen habe, waren jetzt nicht in der Weise gekennzeichnet, dass ich Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie kennen im Einzelfall hätte sehen können, ob die dem einen Bericht? Ausschuss vorgelegen haben oder nicht. Das war auch kein Gegenstand meines Interesses. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie den so- genannten Schwachstellenbericht?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 29 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Gibt es in diesem Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, genau. - Bericht, was seine rechtliche Bewertung angeht, Das war jetzt sozusagen eine Frage der Fairness. Unterschiede zu Ihrer rechtlichen Bewertung? Das Bundeskanzleramt hat auch mit Sachver- stand beigetragen. Das wollte ich jetzt nicht ver- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Selbstver- schweigen. ständlich. Also, das - - Entschuldigung, ich lache jetzt nicht über Ihre Frage, aber das war ja etwas, Martina Renner (DIE LINKE): Ich komme jetzt wo ich mich wunderte. Als ich hier mit meiner noch mal zurück zu meiner Eingangsfrage zu den Arbeit anfing, traf ich immer auf diese Weltraum- Mitarbeitern des BND und ob darunter Zeugen theorie und auf die Frage Grundrechtsreichweite waren. Ich glaube, es ist nicht ohne Belang für usw. Und ich habe mir die Sache angeguckt und unseren Untersuchungsausschuss. Ein Teil der habe gesagt: „Ich sehe das völlig anders“, und Zeugen, die mit der Selektorenproblematik tech- deshalb sind auch die - - Also, in Einzelpunkten nisch, juristisch und in der sozusagen Aufsicht von Bewertungen, da sind natürlich - - Also, die zu tun haben, haben ja hier auch zu Protokoll ge- Frage - was weiß ich -: „Was ist ein personen- geben, dass sie sich durchaus der Problematik bezogenes Merkmal?“ oder so Dinge - - Aber möglicher Strafverfolgung oder dienstrechtlicher sozusagen was die Konstruktion und die recht- Belange ausgesetzt sehen. Und das heißt, dass sie liche Bewertung dieser Kooperation angeht, ver- sozusagen Eigenschaft haben, wo sie jetzt vermu- trete ich eine Auffassung, die kein anderer vertre- ten können oder wenigstens nicht ausschließen ten hat. können, dass sie sich auch an strafbaren Hand- lungen, wenigstens an Dienstverstößen, beteiligt Martina Renner (DIE LINKE): Wenn Sie die haben. Ich will das jetzt nicht verkürzt „Täter“ Rechtsauffassung des BND zitiert haben, wie Sie nennen; aber auf das läuft es hinaus - ja? Und eingangs ja noch mal klargestellt haben in Ihrem deswegen ist es für uns natürlich von Interesse, Gutachten, warum haben Sie nicht zum Beispiel ob diejenigen, die möglicherweise an den für uns auch andere Auffassungen wie die der BfDI auch tatsächlich stattgefundenen Rechtsverstößen be- in Ihrem Gutachten erwähnt? teiligt waren, auch diejenigen waren, die Ihnen zugearbeitet haben. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Letzten En- des war es eine Zeitfrage. Und die BND- - Also Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Frau die Weltraumtheorie schien mir sozusagen als Renner, der erste Beruf, den ich jemals gelernt die „Hausdoktrin“ -in Anführungszeichen - mit- habe, war der eines Staatsanwalts. Und in dieser teilenswert zu sein, wenn auch ich daraus nichts Zeit habe ich mir angewöhnt: Wenn ich mit je- weiter abgeleitet habe, so wie die - für mich je- mandem spreche, lege ich immer die Karten auf denfalls - Gegentheorie von dieser universellen den Tisch, ob ich den als Verdächtigen oder als Grundrechtsgeltung, weil die eben im Bereich Zeugen sehe. Wenn man das nicht einhält, wird der G-10-Kommission vertreten wird. Also, zu alles, was dann folgt, falsch. mehr hatte ich jetzt auch keine Zeit, mich aus- einanderzusetzen. Martina Renner (DIE LINKE): Genau.

Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten, Sie hat- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich weiß, ten mit Mitarbeitern auch telefonisch Kontakt wie schwierig die Arbeit eines Untersuchungs- oder wahrscheinlich E-Mail-Kontakt; da waren ausschusses ist - das ist auch nicht der erste, an 99 Prozent vom BND. Die 1 Prozent kamen aus dem ich beteiligt bin -, und ich weiß, wie schwie- dem Bundeskanzleramt? rig es ist, Verwaltungsermittlungen, strafrecht- liche, disziplinarische Vorermittlungen usw. aus- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. - einanderzuhalten. Ich habe eine ganz klare Linie Das wollte ich jetzt - - gezogen, als ich meine Aufklärungsarbeit be- gann - nur habe ich es viel einfacher als Sie hier Martina Renner (DIE LINKE): Okay, gut.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 30 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

im Untersuchungsausschuss; ich hatte einen win- Martina Renner (DIE LINKE): Mitarbeiter des zigen Sektor aufzuklären -: Ich habe sozusagen Bundesnachrichtendienstes? alle Informationen aufgenommen, die ich kriegen konnte, aber immer in der absoluten, meinerseits Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja, klar. inneren Zusicherung, dass ich auch keinen Na- men sagen werde, weil dann wäre das, was vor- Martina Renner (DIE LINKE): Würden Sie das als her gelaufen ist, nicht korrekt. Und deshalb ist unabhängige Begutachtung bezeichnen? das, was Sie von mir bekommen, sozusagen das alles, was ich erfahren habe, in diesem Bericht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach, wissen zusammengeschrieben, und das, was Sie nicht Sie, da fällt mir immer ein Beispiel ein von bekommen, sind meine Quellen. Insofern bin ich Joseph Beuys. Joseph Beuys hat einmal auf einer sogar noch strenger als der Nachrichtendienst. eine russische Zarenkrone - ich glaube, es war die von Iwan dem Schrecklichen - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. Dass Quel- eingeschmolzen und hat sie in eine Hasenform lenschutz über alles geht, das kennen wir auch gegossen, die nach einem Vorbild von Albrecht aus anderen Komplexen. - Haben Sie alles selbst Dürer geschaffen war. Und auf die Frage, ob er geschrieben? Wirklich? Alle Teile Ihres Berich- ein eigenes Kunstwerk geschaffen hätte, hat er tes? Oder haben Ihnen Mitarbeiter auch Textteile dann entspannt gesagt: Also, sagen wir es mal so, zugearbeitet? Albrecht Dürer war ein Mitarbeiter von mir. - Und so habe ich das auch immer gesehen. Das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die heißt also, die Oberherrschaft über dieses ganze Entstehung meines Berichts müssen Sie sich so Vorhaben lag ausschließlich bei mir, und ich vorstellen, dass ich laufend Aufträge verteilt habe bestimmt, was reinkommt und was nicht. habe. Das heißt, ich habe von Anfang an ein Ar- Ich habe nachgefordert. Ich habe auch wiederholt beitskonzept vorgelegt und habe zu diesen ein- nachrechnen lassen, wenn mir irgendwas nicht zelnen Teilen Zuarbeiten mir machen lassen. Die genügend aussagekräftig war. Und anders geht habe ich entweder übernommen, oder ich habe kein Abgeordneter vor, der Mitarbeiter hat, kein sie nicht übernommen, oder sie sind in den offe- Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgre- nen - und was weiß ich - Bericht gekommen. Das miums, das Mitarbeiter hat usw. meiste stammt von mir selbst. Aber ich habe zum Beispiel Wert darauf gelegt bei den technischen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Formulierungen, dass diese technischen Formu- Dank. - Jetzt müssten wir zur nächsten Fraktion lierungen in enger Zusammenarbeit mit Techni- kommen. Es stellt jetzt die Fraktion der SPD die kern passiert sind, weil ich so - - Ich bin zwar Fragen, und der Kollege Flisek beginnt. kein Techniker, aber so ein wirklich bewusstes Mickey-Mouse-Deutsch wäre mir ein Graus gewe- Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- sen. Und das ist von der Diktion her deutlich nah der. - Herr Dr. Graulich, auch erst mal von uns: an der Technik, die ich nicht bringen könnte. Willkommen hier im Untersuchungsausschuss! - Uns hat ja das Thema Selektoren ziemlich umge- Martina Renner (DIE LINKE): Also, es wurden trieben, als wir den Zeugen Dr. T. hier hatten - er Textteile auch von Mitarbeitern zugeliefert, - ist Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes -, und der, ich sage mal so, seine Arbeitsweise und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. auch, wie er zu diesen Selektoren-Listen dann ge- kommen ist, die er erstellt hat, uns geschildert Martina Renner (DIE LINKE): - und Sie haben sie hat. Hatten Sie mit dem Dr. T. einmal Kontakt ge- übernommen für Ihren Abschlussbericht? habt?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich steige auch nicht von der Seite in das Feld ein.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 31 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Gut. - Okay, dann frage Schriftwechsel, also, jedenfalls soweit er als ich andersrum: Der Dr. T. hat uns ja hier in öf- E-Mail geführt worden ist. Und das gab - das fentlicher Sitzung gesagt - - Oder ich sage mal habe ich ja hier auch in dem Bericht angedeutet - gerade, ich gucke mal Richtung Herrn Wolff. Ist offenbar einen Bewertungsgegensatz, ob nun das, das tatsächlich so? Also, ob der Sachverständige was die Bad Aiblinger da im August 2013 an, ja, mit dem Zeugen Dr. T. Kontakt hatte, ist das - - sehr großer Löschungsaktion gemacht haben, auf einer Vorarbeit in Pullach beruhte oder nicht. RD Philipp Wolff (BK): Ich kann ihn da, glaube Mir ist nur mitgeteilt worden, dass das nicht rest- ich, tatsächlich entlasten, weil wir das sogar im los aufklärbar gewesen sei. Ich habe - - Das war Bericht finden, soweit mir erinnerlich. für mich einer der Gründe, weshalb ich vor ein paar Tagen noch mal diese Löschungsaktion, die Christian Flisek (SPD): Ich kann mich daran da 2013 stattgefunden hatte, in der Dimension nicht erinnern. habe ermitteln lassen. Das spricht in der Tat da- für, dass das, was da in Pullach passiert ist, also RD Philipp Wolff (BK): Dass die Gesprächs- wirklich klein oder gering war - also, was die ge- partner, mit denen er in Pullach gesprochen hat, funden haben -, im Vergleich zu dem, was die in insbesondere D. B. und Dr. T., - Bad Aibling gefunden haben. Ich habe mir das übrigens damit erklärt, dass - - Die Bad Aiblinger Christian Flisek (SPD): Ach so. waren eben die Fuhrleute vor Ort. Also, die wa- ren jetzt zwar nicht die großen Theoretiker; aber RD Philipp Wolff (BK): - Gesprächspartner wa- die wussten im Grunde genommen, wie man so ren, das ist auch eine Selbstverständlichkeit, um ein System hochfährt und wie man da Strecke den Sachverhalt für den Sachverständigen voll- macht. Und deshalb waren die wahrscheinlich umfänglich aufklärbar zu machen. Alles andere auch die Leute, die, wenn man denen gesagt hat: wäre skurril. „So, jetzt passt mal auf, jetzt ist hier Schluss mit lustig; die Sachen müssen gefunden und rausge- Christian Flisek (SPD): Gut. Also kann man - - nommen werden“, das eben relativ schnell hin- bekommen haben. Und das, nehme ich an, ist der RD Philipp Wolff (BK): Würden wir Akteure vor- Grund, weshalb diese Aktion, die da von Pullach enthalten, würde er nicht die relevante Informa- ausging, diese eher etwas kleine Übersicht gelie- tion bekommen. Insofern war da natürlich Trans- fert hat, und dann, wie die Bad Aiblinger range- parenz angesagt. gangen sind, ja dann doch, also, Zehntausende plötzlich gefunden und „disapproved“ wurden. Christian Flisek (SPD): Gut. Also kann man das mit Ja beantworten. - Der Dr. T. hat in seiner öf- Christian Flisek (SPD): Ja. - Mich interessiert fentlichen Vernehmung hier gesagt, dass er da halt, inwieweit der Dr. T. da sozusagen - - ob man einen Auftrag bekommen hat von seinem Chef, das, was er gemacht hat, als eine Stichprobe be- und dann ist er bei der Ausführung dieses Auf- zeichnen kann, oder ob das, was er gemacht hat trags auf eine erste E-Mail gestoßen. Wenn man in Bezug auf die von ihm angewandten Suchkri- so will, das kann so - - Das ist so die Trigger- terien, die ja auch jetzt nicht erschöpfend sein E-Mail, wo er sich zum ersten Mal gedacht hat: müssen, sondern sehr eingeschränkt sein kön- Na, das kann ja wohl nicht sein, dass das hier nen - - aber ob das eine umfassende Sichtung des drin ist. - Haben Sie mit ihm darüber gespro- gesamten aktiven Profils war. chen? Ist Ihnen diese E-Mail bekannt, die sozusa- gen dann seine Skepsis ausgelöst hat und die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich dann dazu geführt hat, dass er weitergesucht hat? gehe davon aus, dass diese 2 000er-Liste - von wem auch immer sie angefertigt wurde - einen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich eben etwas begrenzteren Ansatz gefahren hat, kenne aus der 2 000er-Liste und auch aus der Ge- was die Einbeziehung von Top-Level-Domains genaufklärung in Pullach natürlich diesen angeht. Und dann findet man eben nicht so viel.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 32 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

In dem Moment, wo man jetzt anfängt, zu den- auch zu der ersten Stufe, wo es ja um die G-10- ken: „Hoppla, was ist denn eigentlich in Relevanz im Wesentlichen geht: Na ja, das ist ja Europa?“, da kommt man natürlich - - Also, auch richtig - das haben Sie zu Recht festge- wenn man, sagen wir mal, sich Organigramme stellt -, wir haben halt nicht diesen Thesaurus von europäischen Ministerien anguckt oder von von über 80 Millionen Deutschen mit ihren mög- europäischen Einrichtungen und wenn man dann lichen Erkennungsmerkmalen, und dann muss guckt, was da für TK-Merkmale dahinter sind, man sich eben - sage ich mal - auf Kriterien be- also wenn man das wirklich macht - deshalb schränken, um das irgendwie herauszufiltern. - habe ich gesagt, das ist so ein bisschen die Frage, Die berühmten, die wir hier haben, sind eben ob man das vom Praktischen oder mehr vom dann 0049 als eine mögliche Vorwahl oder die Theoretischen macht -, dann findet man die. Und Top-Level-Domain „de“, teilweise eben auch deshalb meine Einschätzung - ich kenne ja nun Sprache. diese beiden Organisationseinheiten jetzt nicht so genau; ich habe sie zwar besucht, habe ein- Jetzt frage ich Sie mal unter dem Gesichts- zelne Leute getroffen -: Ich hatte so den Eindruck, punkt - jetzt gar nicht die Frage, ob technisch in Bad Aibling, das sind eben mehr so - wie ich State of the Art etwas anderes vielleicht möglich das aus meiner Heimat kenne - die Fuhrleute. wäre, etwas Besseres möglich wäre -: Sie wissen Und in Pullach: Nicht, dass die davon nichts ver- auch, wie leicht man an eine „de“-Domain kom- stünden; aber die haben offenbar einen nicht men kann. Ich sage immer überspitzt, jeder Tali- ganz so praktisch effektiven Ansatz da gefahren. ban kann sich das sichern. Das wäre sozusagen der gegenteilige Effekt: Wenn man sozusagen als Christian Flisek (SPD): Den Eindruck haben wir G-10 raus sein will, dann macht man das über hier mittlerweile auch gewonnen. - Aber jetzt eine G-10-Domain. Umgekehrt: Viele deutsche in- noch mal zurück. Sie haben gerade gesagt, das ternational agierende Unternehmen kommunizie- hat sich dann wohl auf der Ebene der Top-Level- ren über „com“-Domains. Der Aussagegehalt ist Domains abgespielt. Ich meine, wir haben hier in doch relativ gering, gerade in Zeiten paketvermit- der öffentlichen Sitzung von ihm, von Dr. T., ge- telter Kommunikation, glaube ich, ist er relativ hört, er hatte den Auftrag gehabt, so eine Art Ka- gering. Jetzt stelle ich mir mal die Frage: Aus tegorisierung mal zu machen, für welche Länder Ihrer Bewertung heraus, glauben Sie, dass das, sich denn der andere Dienst interessiert. Bei die- was da jetzt über Jahre hinweg bis zum Schluss ser Gelegenheit ist er dann wohl - ich sage jetzt vom BND auf dieser ersten Stufe durchgeführt mal - auf eine erste E-Mail gestoßen, die even- wurde, tauglich ist, um einen Grundrechtsschutz tuell von der Top-Level-Domain her jetzt nicht sicherzustellen? typisch „de“ war, sondern drin war und dann aber für ihn auslösendes Moment war. Also die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das habe ganze Unterscheidung, die Dr. T. gemacht hat ich mich natürlich auch gefragt. Man muss dazu von seinem methodischen Ansatz her und auch sehen: Die meisten von den NSA-Selektoren be- von dem, was dann in Bad Aibling methodisch trafen ja definitiv keine deutsche Sphäre. Die gemacht wurde, fand auf der Ebene von Top- meisten, nach dem, was da sozusagen unter der Level-Domains statt. Kann man das so sagen? Decke herausguckt, betreffen ja irgendwelche Ge- genden - hier muss man jetzt wieder die Frage Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Würde ich nach der Grundrechtsgeltung haben -, die jeden- sagen, ja. falls nicht zu dem engeren Artikel-10-Verständ- nis gehören. Christian Flisek (SPD): Gut. - Ich meine, das bringt mich natürlich grundsätzlich auch noch Christian Flisek (SPD): Sie meinen das jetzt geo- mal zu der Frage, wie dieses Filtersystem funk- grafisch? tioniert. Wir haben diese berühmten drei Stufen; das haben wir hier schon ausführlichst erörtert. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Geografisch Jetzt hatten Sie gerade, Herr Dr. Graulich, gesagt, und natürlich auch vom Mengenaufkommen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 33 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Man muss ja hier sagen, dass wir es hier mit so würde und für alle Beteiligten auch lesbar wäre, einer Rest-Technologie zu tun haben, weil diese dann könnte man sich ja punktgenau eine Mei- satellitengeleitete Telekommunikation ja keine nung bilden. Das heißt, man wäre dann sogar viel Telekommunikation für die großen Zentren ist. weiter, als man das jetzt bei dieser Grobfilterung Also - was weiß ich - der Osten von China wird sein kann. bestimmt nicht über solche Satelliten telefonie- ren, die USA auch nicht, Westeuropa auch nicht Deshalb meine ich: Wir reden ja über zwei The- usw., sondern es sind eben eher andere Gebiete, men hintergründig, nämlich einmal über die in denen voraussichtlich von deutschen Rechten Frage: „Wie legt man die deutschen Kräfte sozu- geschützte Rechtsträger eher die Ausnahme sind. sagen an die Kette des Gesetzes?“, und dann: Wie macht man das in solchen Kooperationen? - Bei Christian Flisek (SPD): Diesen Einwand, den ha- der „deutschen Kette“ - in Anführungszeichen - ben wir jetzt schon öfter gehört, und ich höre ihn meine ich auch: Das meiste Land ist zu gewinnen auch immer wieder; aber er überzeugt mich halt nicht auf der Grundrechtsschutzseite, sondern zumindest zum Beispiel auf Länder wie Afgha- auf der Gesetzesbindungsseite. Die Gesetzesbin- nistan nicht - das sage ich auch ganz offen -, weil dung, da muss dafür gesorgt werden, dass für ich zu bedenken gebe: Wenn wir darüber reden, jede dieser Maßnahmen eine Begründung vor- dass von Bad Aibling aus Satellitenkommunika- liegt. Ich rede jetzt nicht von der G-10-Kommis- tion erfasst und überwacht worden ist in Krisen- sion - das ist eine extra Sache -, sondern auf die- ländern wie beispielsweise Afghanistan, dann ser Ebene, über die wir hier reden, bei der reinen waren in den letzten Jahren, seit es dort eben den Routineaufklärung. Krieg, die Auseinandersetzung gab, sehr, sehr viele Grundrechtsträger, und zwar hochrangigste Nun aber zurück zu den Amerikanern. Da war Grundrechtsträger - ich weiß nicht, wie oft die ein mögliches Problem: Durch dieses Software- Verteidigungsminister dort zu Besuch waren, Gap kam das, was zur Kenntnis hätte genommen Außenminister, politische, parlamentarische De- werden können, nicht zustande. Das ist natürlich legationen; ich glaube, Herr Schindler war ein Fehler, wie er größer gar nicht passieren 13-mal da in seiner Amtszeit -, häufigst dort. Und kann. ich habe immer gesagt: Wenn die dann da zwei, drei, vier Tage sind, dann halten die Kontakt - zu Christian Flisek (SPD): Gut. - Noch mal zu dieser allen Themen im Übrigen - mit ihren Haupt- ersten Stufe: Haben Sie bei Ihrer Tätigkeit dort städten und mit sonstigen Mitarbeitern, die sie mit Mitarbeitern über eventuelle Defizite in der führen müssen. Insofern ist das aus meiner Sicht Praxis dieser ersten Stufe gesprochen? Was ist ein im Vergleich zu anderen Zielen durchaus Ihnen da an Erkenntnissen vermittelt worden? lohnendes, sehr konzentriertes und personell ver- dichtetes Zielland gewesen, wo es dann eben Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich bin ja nicht nur um potenzielle Terroristen und Prolife- nun kein Fachmann für diese Frage, aber ich ration und Drogen geht, sondern eben auch viel- hatte den Eindruck, dass die sich bei der ersten leicht um knallharte politische Spionage. Also, Stufe eben wirklich alle Mühe geben, weil den wie gesagt, diesen Einwand würde ich gerne da- G-10-Schutz kennt da jeder. Aber das ist ja - wir mit entkräften. kennen ja diese Dialektik - immer beim recht- lichen Eingriff: Wenn ich mich viel schlaumache, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Aber da dann greife ich auch irgendwie in Rechtssphären komme ich auf den Punkt zurück, wo denn mein ein, erwecke den Eindruck, dort staatliches Wis- Punkt der Kritik gegen das Vorgehen des BND ist. sen anzuhäufen, wo ich dann zwar eventuell Das, was die Amerikaner im Ausgangspunkt sage: „Ja, okay, ich mache das ja nur zu Schutz- machten, da sie an jeden Selektor eine Begrün- zwecken“, aber das ist ein - - dung dranschreiben, das ist eigentlich erst mal State of the Art. Wenn das bei dieser Art von Fernmeldeaufklärung durchgängig gemacht

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 34 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Ich mache es Ihnen mal ganz einfach. Ich stand Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, fan- zwischendurch auch mal vor der Frage bei ir- gen wir mal mit dem Positiven an. Es war für gendwelchen Telefonnummern: Sage ich da mal mich positiv, dass ich von dem ganzen Personal- einem, er soll in ein Telefonbuch reingucken? - stamm des BND einen guten Eindruck hatte. Ich Ich hab es natürlich nicht gemacht; ich werde bin in einer Zeit aufgewachsen, wo ich noch be- den Teufel tun. Das ist beim BND genauso. Also ruflich und als Student die Endmoräne des wenn die sozusagen - - Was die nicht wissen an Reichssicherheitshauptamtes mitbekommen diesen äußeren Merkmalen, was G-10-Schutz ist, habe, und diese Typen habe ich wirklich 10 Kilo- und dann bei den ergänzenden, erfahrungswis- meter gegen den Wind erkannt. Diese Typologie senschaftlich gewonnenen Merkmalen auf der ist vollständig weg. Wir haben keinerlei, würde zweiten und dritten Stufe - - wissen sie es nicht, ich mal sagen - - Es gibt überhaupt keine substan- weil wir haben keinen allwissenden Staat, wir ziellen Einwände. haben auch schon überhaupt keine allwissenden Nachrichtendienste, sondern wir haben alle nur Das Problem, das wir haben, ist, dass das recht- ein Teilwissen. liche Gerüst insbesondere des Auslandsnachrich- tendienstes eine unvollendete Baustelle ist. Wir Christian Flisek (SPD): Ist denn die Einschätzung haben das BND-Gesetz, was direkt nach der Ver- richtig, dass jenseits der Frage, wie die erste einigung überhaupt gemacht wurde, wir haben Stufe funktionierte, man bei der Frage, ob es das G-10-Gesetz, was so irgendwie schräg dazu einen Verstoß gegen deutsche Interessen - - also steht, und wir haben das Parlamentarische Kon- auf der dritten Stufe, dass diese dritte Stufe nahe- trollgremiumgesetz, was ja auch eigentlich nur zu überhaupt nicht aktiv war? versucht, die Verfassungsnorm etwas auszufüh- ren. Was meines Erachtens gemacht werden Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, die müsste, sollte - „müsste“ müssen Sie entschei- haben - ich habe versucht, mir das historisch er- den -, wäre, dass es ein Kontrollsystem gibt. Ich klären zu lassen - gesagt, sie haben da auf der vergleiche es mal, weil wir damit ja ganz effi- Rohmaterialtauschebene schon 2000 oder so ge- ziente Erfahrungen gemacht haben: wie so der sagt: Okay, also wenn da Merkmale sind, wo wir Wehrbeauftragte. Das heißt - ich will jetzt keinem sozusagen qua Intuition sagen, da sind deutsche der Abgeordneten zu nahe treten -, diese Tätig- oder europäische Interessen betroffen, die jetzt keit im Parlamentarischen Kontrollgremium ist ja zwar unter keine Rechtsnorm passen, aber wo so ein bisschen - hoffentlich verprügeln Sie mich man sagen muss, also das gibt man nicht an nicht - wie „Management by Helicopter“; das einen ausländischen Dienst weiter - - Dann haben heißt, man begibt sich über die Szene, wirbelt sie das in eine Datenbank eingepflegt. Aber diese Staub auf und geht wieder weg. Das ist keine Kri- Welt ist natürlich unvollkommen. tik an schmalen Abgeordnetenzeitbudgets. Und wer kann schon in seinem Wahlkreis damit Stim- Christian Flisek (SPD): Insbesondere, weil viel- men sammeln, dass er sagt: „Ich hab da übrigens leicht auch eigene Interessen da eine Rolle ge- ein scharfes Gremium; darf ich euch mal erzäh- spielt haben. - Sie haben das Thema rechtliche len oder eher nicht erzählen“? - Also das ist ein- Bindung angesprochen. Darauf möchte ich natür- fach eine schwierige Konstruktion, von der ich lich eingehen. Sie haben sich jetzt doch auch auf- meinte, sie müsste unbedingt gehaltvoller ge- grund des Auftrages, den Sie hatten, sehr umfas- macht werden so in die Richtung von so einer send in diesen Bereich, ausgehend von der Se- Figur, die dann im Parlament auch direkt verant- lektorenproblematik, in den Bereich der Rou- wortlich wäre und die einen eigenen Stab hat, tineaufklärung, eingearbeitet. Wie bewerten Sie der - und das sehe ich ja positiv bei uns - eine den aktuellen Rechtszustand, den aktuellen Zu- ähnliche Kompetenz hat wie unsere Datenschutz- stand des rechtlichen Rahmens bei diesem ja beauftragten. Also, die Datenschutzbeauftragten doch nicht unwesentlichen Bereich der nachrich- sind ja Erfolgsgeschichten, weil die es eben ver- tendienstlichen Tätigkeit des BND? mocht haben, in den verschiedenen Bereichen großes Sachwissen zu generieren und dann ihren

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 35 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Topos, nämlich den Datenschutz, zu traktieren. Christian Flisek (SPD): Dann in der nächsten So etwas in dieser Art wäre meines Erachtens für Runde. den Nachrichtendienst zu wünschen. Im Augen- blick scheint mir das so ein bisschen - - Also da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- ist zu wenig Effektivität dahinter. lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zu den Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Christian Flisek (SPD): Gut. - Sie haben jetzt Herr Kollege von Notz beginnt. sozusagen noch mal auf der Kontrollseite ange- setzt. Ich würde jetzt noch mal sozusagen auf die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Rechtsgrundlage kommen wollen. Ich meine, das, NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Guten was dort ja stattfindet, findet derzeit statt einzig Tag, Herr Graulich! Lassen Sie mich vorwegschi- und allein aufgrund einer Aufgabenzuweisungs- cken: Ich habe heute eine ganze Reihe von Fragen norm im BND-Gesetz. an Sie, und wir haben zum Glück ja auch viel Zeit. Ich wollte auch vorwegschicken, dass ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. großen Respekt vor Ihrer Arbeit habe grundsätz- lich, auch als Richter. Ich werde hart nachfragen; Christian Flisek (SPD): Ich gehe davon aus, dass das richtet sich aber nicht gegen Ihre Person, son- Sie mit mir einig sind: Das ist unzureichend. dern liegt in der Funktion, in der Sie hier auftre- Welche Anforderungen würden Sie denn für ten. diese Tätigkeit sehen, was die Rechtsgrundlagen betrifft, um das Ganze verfassungskonform und Ich habe ein grundsätzliches Problem mit Ihrem auch grundrechtsschonend auszugestalten? Bericht. Ich verstehe auf diesen 263 Seiten nicht, wo Ihre Auffassung, Ihre rechtliche Darlegung, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Man muss Ihr Sachverhaltsverständnis anfängt und wo das da eine Grundentscheidung treffen, als was für des BND aufhört. Da habe ich mehrere Stellen, eine Art von Sicherheitsbehörde man den BND mit denen wir das versuchen werden durchzu- versteht. Wenn man ihn eher militärisch versteht hangeln. Mir fehlt die Trennschärfe zwischen und sagt, das Ganze ist so wie Auftragtaktik mit dem, was der BND sozusagen denkt, auch wie Zielverfügung, dann kommt man zu relativ offe- der Sachverhalt ist, wie rechtliche Einschätzun- nen Vorgaben, die natürlich weitaus dichter zu gen sind und Ähnliches, und dem, was Überzeu- sein hätten als § 1 Absatz 2, aber relativ offen. gungen sind, zu denen Sie gekommen sind in Versteht man ihn eher polizeilich, haben wir ja diesem Prozess. alle Vorbilder in den großen Polizeigesetzen. Ich beobachte das mit Interesse: Die Bundeswehr ist Deswegen lassen Sie mich am Anfang noch mal nie den Weg des Polizeigesetzes gegangen. Wir fragen: Ich habe Ihrem Bericht entnommen, Sie schicken ja immer Leute - jetzt inzwischen regel- haben im Gebäude des BND in der Chaussee- mäßig - ins Ausland. Es gibt kein einziges Bun- straße gearbeitet. Das ist korrekt? deswehreinsatzgesetz. Das heißt, was die ma- chen, sind alles nur diese Rules of Engagement Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. usw. Da die nun relativ große Erfahrungen im Ausland haben, erhebe ich mich nicht und sage Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einfach: Es ist falsch. - Das, was man brauchte, NEN): Sie haben mit der Juristin des Bundes- wäre sozusagen § 1 II plus. nachrichtendienstes regelmäßig zusammen- gesessen? Christian Flisek (SPD): Okay. - Die Zeit ist, glaube ich, erst mal um. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Mit einer auch, ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 36 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit einer, gut. - Sie hatten einen Mitarbei- NEN): Hatte ich befürchtet. - Da muss ich aber ter des Bundesnachrichtendienstes, der sozusa- jetzt gleich - - gen ständig dabei war bei Ihrer Arbeit? RD Philipp Wolff (BK): Darf ich da ganz kurz er- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. gänzen? Ich habe das vorhin schon ausgeführt.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe schon den Anspruch, zu erfahren, NEN): Wenn die Zeit angehalten wird, können wer das war. - Kann das gesagt werden? Sie das gerne machen.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. RD Philipp Wolff (BK): Können wir gerne ma- chen. - Ich muss nur sagen, ich bin da immer Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wieder ein bisschen verwundert: Es stand allen NEN): Das frage ich die Bundesregierung. Ich will Fraktionen das Gespräch mit Herrn Graulich und Sie nicht in die Bredouille bringen. den entsprechenden Mitarbeitern offen.

(Hans-Christian Ströbele Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das spreche ich gleich an. NEN): Wenigstens die Buchstaben!) RD Philipp Wolff (BK): Das ist also kein Geheim- nis in dem Fall. Ich halte es für sehr sinnvoll und RD Philipp Wolff (BK): Deswegen sage ich, das auch erforderlich, damit Herr Graulich den Sach- kann ich gut nachvollziehen, dass sich Herr verhalt entsprechend erforschen kann, dass ihm Graulich da nicht in der Rolle sieht, das preiszu- die Mitarbeiter mit dem entsprechenden Sachver- geben. stand zur Verfügung gestellt werden und ihm das erläutern können, auf Nachfragen reagieren kön- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen. Alles andere wäre letztlich keine sinnvolle NEN): Klar. Arbeitserledigung gewesen.

RD Philipp Wolff (BK): Aus unserer Sicht kann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- man das übermitteln, können wir das sagen. Die NEN): Das ist Ihr Auftrag und Ihr Sonderermitt- andere Person ist auch bekannt und war hier ler; aber er ist eben alles, nur nicht unabhängig. schon als Zeuge aufgrund des technischen Sach- Darum geht es ja, das festzustellen, mir zumin- verstands. dest. Das hat das noch mal bestätigt und ver- stärkt. - Also, den Mitarbeiter kriegen wir noch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- genannt. NEN): Wollen Sie sagen, wer das ist, oder? Dann gab es einen Ingenieur des Bundesnach- RD Philipp Wolff (BK): Ich müsste jetzt, ehrlich richtendienstes, der mit Ihnen zusammengearbei- gesagt, noch mal die Initialen nachschauen. Die tet hat? habe ich jetzt hier gerade nicht vorrätig, können wir aber unproblematisch nachliefern. Ich weiß Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig, ja. nur, dass er als Zeuge schon hier war. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Regelmäßig? NEN): Ich verstehe. Aber es war jemand, der hier schon als Zeuge saß - ja? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Häufig. RD Philipp Wolff (BK): Ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 37 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- jedenfalls ein großer Teil der Fachabteilung dage- NEN): Wir würden auch gerne erfahren - - Das ist wesen. er auch? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): Über den sprechen wir. NEN): Haben Sie mal mit Herrn Fritsche zusam- Also wir sprechen über drei Personen, und das mengesessen? ist die eine Person, über die wir gerade diskutie- ren. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Mit Herrn Fritsche habe ich auch zusammengesessen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also es gab drei Personen, die regelmäßig Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mitgearbeitet haben? NEN): Okay. - Dann gab es - so steht es in Ihrem Bericht - Gespräche mit MdB und Mitarbeitern. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Eine Juris- Sie sagen, es gab in verschiedener Intensität di- tin, einen Ingenieur und eine Bürohilfskraft. verse Gespräche mit Mitarbeitern des Bundes- tages. Da wollte ich Sie fragen: Mit wie vielen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mitarbeitern und MdB der Opposition haben Sie NEN): Okay, ich verstehe. - Es gab wöchentliche denn in der Zeit gesprochen? Jour Fixes, Dienstbesprechungen mit dem Bun- deskanzleramt, teilweise beim Bundesnachrich- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Opposi- tendienst, teilweise im Bundeskanzleramt? tion hatte ja nach dem ersten Treffen, das ich mal so als Vorstellungstreffen bezeichnen würde, drü- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wechselnd. ben im Kaiserbau erklärt, dass sie keinen weite- ren Austausch wünsche. Deshalb sind zwar auf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meine Bitte hin immer alle informiert worden, NEN): Wöchentlich? die dem Ausschuss angehören; es ist aber danach von der Opposition niemand mehr erschienen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das ist so. Das kann ich bestätigen, weil NEN): Genau. - Wer war da so anwesend vonsei- ich da ja praktisch mit erfasst bin. - Mich irritiert ten des Bundeskanzleramts? ein bisschen die Darstellung in dem Gutachten, die irgendwie suggeriert, dass es da zum Aus- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das waren tausch gekommen ist, halt in unterschiedlicher allermeistens Herr Wolff und Herr Dr. Bruns Intensität. Ich bestehe darauf, dass - zumindest [sic!]. für meine Fraktion, aber ich glaube auch für die der Linken - die Intensität null ist, also dass die (Zuruf: Dr. Bruhn!) nicht stattgefunden hat.

- Ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: So steht das ja auch nicht hier drin. Es steht drin, dass es Ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sprächsangebote für alle gab. NEN): Und waren da auch mal andere Höherran- gige? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, es steht drin - ich kann die Stelle Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es gab ja, gleich heraussuchen und Ihnen in der zweiten wie in dem Vertrag vorgesehen - Sie haben ja, Runde vorhalten -, dass es in unterschiedlicher wenn ich das recht sehe, diesen Teil auch be- Intensität wahrgenommen wurde. kommen -, zum Beispiel einen mündlichen Be- richt; ich glaube, es war der 13. August. Da war

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 38 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich suche es auch weil Sie etwas zugespitzt Beuys und Haber- für Sie heraus. mas hier ins Feld führen: Sagt Ihnen der Begriff des Stockholm-Syndroms etwas? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt meldet sich Herr Wolff noch mal. Er kann vielleicht et- (Heiterkeit) was ergänzen. Herr Wolff. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist zwar RD Philipp Wolff (BK): Nur ergänzend, dass das ein Begriff, der nicht von Jürgen Habermas nicht missverstanden wird: Das lag natürlich kommt, sondern eher aus der Klientel von Herrn nicht an uns, sondern das lag an der Opposition. Ströbele; aber das sagt mir etwas. Zu Beginn - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt ist Ströbele wieder schuld. - Also, die NEN): Das mag ja sein. Frage ist eben - -

RD Philipp Wolff (BK): Gut, aber ich will das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also wenn nur - - Sie mir einen Ball spitz spielen, spiele ich ihn auch so zurück. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann schreiben Sie es rein. Hier steht auf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Seite 20: NEN): Das ist ja in Ordnung, Herr Graulich. - Nur die Frage ist eben: Wenn Sie ein unabhängiges Das Angebot zu entsprechenden Gutachten schreiben wollen, wieso so? Wo ist da Gesprächen bestand während der die Unabhängigkeit gewahrt, wo ist da die Ausge- Arbeit an diesem Bericht fortlau- wogenheit, wo ist da die Distanz zum Bundes- fend nachrichtendienst? Ich kann sie nicht erkennen.

- dagegen sage ich gar nichts - (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Vom BND und wurde, in unterschiedlichem umzingelt!) Ausmaß, von den betreffenden Personen wahrgenommen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also wissen Sie, ich habe 40 Jahre Stockholm-Syndrom der Bei uns wurde es zu 0,0 Prozent wahrgenommen, deutschen Justiz ausgehalten und bin zu dem ge- und darauf bestehe ich. Das ist sonst verfäl- worden, der ich jetzt bin. Bin ich so ganz unzu- schend, diese Darstellung. frieden bei selbstkritischer Betrachtung? - Das ist jetzt ein bisschen so eine Unterstellung. Ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist könnte Ihnen jetzt wieder mit Faust erwidern: Du nicht verfälschend. Das ist ja eine Darstellung, meinst den Geist, den du begreifst, nicht mich. - die hier nicht nach Fraktionen differenziert, son- Das scheint mir etwas projektiv zu sein. dern die Fraktionen sind hier allgemein ange- sprochen. Darauf bezogen ist diese Aussage völlig Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- korrekt. NEN): Ich stelle nur Fragen. Wenn das in Ihrer Selbstwahrnehmung so ist, dann verstehe ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das; aber dem Betrachter drängen sich diese Fra- NEN): Ich verstehe. Gut, sei es drum. Mir war es gen erst mal auf. wichtig, das noch mal festzustellen. - Dann gab es diverse Gespräche mit Mitarbeitern des BND; so Ich will zu Ihrer Grundversuchsanordnung eine haben Sie es dargestellt. Ich frage Sie jetzt mal, Frage stellen; dann sind meine acht Minuten ja

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 39 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

schon wieder vorbei, befürchte ich; aber wir ha- wechseln, wir haben die Zeit schon überschrit- ben ja einen langen Tag vor uns. Die Grundver- ten. suchsanordnung ist ja so: Sie haben eine 40 000er-Liste, sage ich mal, grob angeguckt und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ziehen daraus Rückschlüsse auf das Gesamtsys- NEN): Ja dann, wir haben ja viel Zeit. tem. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Wir Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. kommen jetzt zur Fraktion der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken beginnt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doch. Sie ziehen Rückschlüsse darüber, Nina Warken (CDU/CSU): Guten Tag, Herr wie DAFIS funktioniert; Sie ziehen Rückschlüsse Dr. Graulich, auch von unserer Seite! - Sie hatten darüber, wie gut die einzelnen Stufen von DAFIS ja sowohl in Ihrem Gutachten als auch eben ge- funktionieren. Da frage ich Sie mal, wie Sie dazu wisse rechtliche Grundannahmen ausgeführt kommen. Das System lief irgendwie sieben Jahre. oder im Gutachten auch vorangestellt; das wurde Sagen wir mal, ich kontrolliere in Berlin sieben von den Kollegen auch teilweise schon themati- Jahre lang Trunkenheitsfahrten im Straßenver- siert. Sie haben die beiden im Streit befindlichen kehr, und ich sage als clevere Behörde: Ich suche Theorien genannt, also die Weltraumtheorie zum alle roten Fahrzeuge; diese hole ich raus, dann einen und dann die Theorie des deutschen habe ich Treffer. - Diese Treffer kriegen Sie nach Grundrechtsuniversalismus. Sie haben auch, acht Jahren gezeigt und sagen: Ja, ganz krass, das wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt, sind ja alles Trunkenheitsfahrten, und das Sys- dass es im Ergebnis nicht darauf ankommt, wel- tem funktioniert pikobello. - Aber da Sie die che dieser Theorien man nun unterstütze. Viel- 14 Millionen anderen Selektoren überhaupt nicht leicht können Sie das noch mal für uns konkret kennen, wie kommen Sie dazu, Rückschlüsse ausführen, warum das so ist, vielleicht auch mit darüber zu ziehen, ob diese Systematik funktio- einem kurzen Aufriss zu den beiden Theorien. niert hat? Wir reden über 13 960 000 Selektoren, die Sie nicht gesehen haben: Da kann Frau Mer- Und dann haben Sie ausgeführt, dass Sie eine kel 2,4 Millionen Mal drinstehen; Sie und ich ganz andere Theorie vertreten würden. Nachdem wüssten es nicht. Deswegen frage ich Sie: Wie jetzt auch schon der Vorhalt kam, warum Sie kann Ihr Gutachten sich bezüglich der Funktio- denn Ihre eigene Meinung nicht mit eingebracht nalität von DAFIS eine Meinung bilden, wenn hätten, würde mich natürlich interessieren, wel- Sie keinen technischen Sachverstand mitbrin- che Auffassung Sie in dem Zusammenhang ver- gen? Das ist nicht schlimm; den bringe ich auch treten. nicht mit, aber ich schreibe auch nicht so ein Gutachten. Also sozusagen: Wie können Sie sa- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vielen gen, DAFIS funktioniert, ohne die 13 960 000 Dank für die Frage. - Ich fange erst mal mit dem anderen Selektoren anzuschauen? Negatorischen an. Die Weltraumtheorie ist in der Tat natürlich eine Sache, die auf sehr vielen un- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also Sie terschiedlichen Komponenten aufgebaut ist, und kennen ja das berühmte Beispiel: Der Schotte deshalb kann man sie da auch immer angreifen. kauft sich keinen Kühlschrank, weil er sich nicht Aber ich habe nicht auf sie abgehoben; deshalb sicher ist, ob das Licht darin ausgeht. - Das ist die will ich jetzt auch nicht irgendwie einfach auf sie Antwort. einhauen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mit der Theorie der universellen Grundrechts- NEN): Ja, das habe ich mir gedacht. geltung habe ich meine Schwierigkeiten, einmal, weil sie in dem wichtigsten Feld hier ohnehin Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist zum Nachdenken sicherlich gut. Wir müssten jetzt

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 40 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

nicht greift, das ist nämlich die Aufklärung staat- Fall von groben Verstößen kommt dann von oben licher Einrichtungen. Die genießen keinen7 der Durchgriff aus dem Himmel und sagt: Das Grundrechtsschutz; da kann man noch so viel verstößt dauernd gegen den Jugendschutz usw. - diskutieren. Und diese Figur, die gibt es also auch zum Bei- spiel beim Bundeskriminalamt. Das Bundeskri- Ich habe aber den anderen Einwand: Im Grunde minalamt unterhält ein großes Informationssys- genommen ist das ein Grundrechtsimperialis- tem. Da sind alle deutschen Bundesländer be- mus, der sich nur freundlich gewandet8 hat. rechtigt, Informationen einzustellen; aber die Ge- Nämlich das, was ja passiert bei dem, wie die währ für die Richtigkeit trägt nur das Land, das Anwender daherkommen, ist: Es wird einem dort eine Information einstellt. Das müssen Sie Ausländer, der von seinem Glück nichts weiß, auch verklagen, wenn Sie die aus dem Computer ein deutsches Grundrecht umgehängt, und dann raushaben wollen. Dieses Modell im Hinter- kommt das deutsche Grundrechtseinschrän- grund - ich habe das jetzt nur noch mal geschil- kungssystem und kassiert dieses Grundrecht wie- dert, um klarzumachen, das gibt es in verschie- der ein, und das war es dann. Er erfährt weder denen Bereichen -, das haben die mit diesem was von dem einen noch von dem anderen. MoA verwirklicht. Das heißt, zwei Partner haben Wenn ich mir jetzt vorstelle, diese Vorgehens- ihre Funktion und Rechtskreise getrennt. weise projiziert auf zwei afghanische oder zwei pakistanische Personen, die von all ihrem Glück Aus der Sicht vom NSA war der BND über den nichts wissen, dann lehnt sich der deutsche größten Teil der Zeit der Carrier, also der, der die Grundrechtsuniversalist zurück und sagt: „Also, ganze Hardware betrieben hat, und die NSA lie- wenn der Dienst jetzt unser Go hat, dann ist doch ferte sozusagen das „Programm“ - in Anführungs- die Welt in Ordnung“, da ist überhaupt nichts in zeichen - in diesem Bereich. Das System in Aib- Ordnung. Ich meine also, das ist ohnehin eine ling dient ja vielfältigen Zwecken; aber in diesem Landschaft der Idylle in einer Welt von Erwach- Bereich hat die NSA dieses Programm geliefert. senen, die mich überhaupt nicht überzeugt. Das, Und jetzt gibt es eine einzige Stelle, wo eigent- was da eigentlich gemeint ist, wenn also insbe- lich nur dieses Fenster wie so in einem Feuer- sondere Artikel 1 Absatz 3 festgemacht wird, ist ofen besteht, wo reingeguckt wird, und das ist die Gesetzesbindung; es ist gar nicht die Grund- die Überprüfung unmittelbar vor der Einsteue- rechtserstreckung, sondern die Gesetzesbindung. rung der Selektoren in das System. Diese Prü- Da meine ich allerdings - das ist das, was Herr fungsstufe ist vereinbart. Also beide sind dazu Flisek völlig zu Recht noch mal nachgefragt aufgefordert, das zu machen. Und jetzt ist der hatte -, da müsste man was machen. rechtliche Effekt - - Also, diejenigen Selektoren, die hier angehalten werden, kommen ja nie in Somit die Frage: Wie sieht meine Bewertung den Bereich von Artikel 10, sind also rechtlich, aus? - Meine Bewertung sieht so aus: Die Ver- wenn man so will, uninteressant. Lediglich - das tragspartner haben da eigentlich eine ganz mo- ist aber jetzt für mich nur so die Restgröße - wenn derne Lösung gefunden für die Aufführung ihrer ein BND-Mitarbeiter auf einen Selektor guckt, der Kooperation. Das ist nämlich dieses Modell eines so hochgradig personenbezogene Angaben ent- Durchleitungsvertrages, das wir aus vielen Zu- hält, kann darin eine Einschlägigkeit vorliegen. sammenhängen kennen. Wenn Sie zum Beispiel Das hatte ich nicht zu untersuchen; aber das er- im Bereich der bayerischen Medienanstalt ein klärt sozusagen nur das Modell. Spartenprogramm im Rahmen irgendeines Fern- sehveranstalters anbieten, dann haben Sie eine So, wenn das Modell jetzt weitergefahren wird, klar getrennte Landschaft zwischen dem, der die nämlich der Selektor erlegt einen Treffer - oder Hardware betreibt, dem, der da die Hauptlizenz wie die das da immer nennen -, eine Erfassung, hat, dem, der die Nebenlizenz hat. Die haben je- dann wird diese Erfassung ausgeleitet auf die weils ihr eigenes Rechtsregiment, und nur im amerikanische Seite, ohne noch mal in Kontakt

7) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1. 8) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 41 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

mit dem deutschen System zu kommen. Das lieb gewonnen wie in der dritten Fußballliga, heißt, sie ist dann auch - - unterliegt nicht dem und egal auf was für einem Platz der Tabelle sie deutschen Rechtsregiment. - So, und das ist sozu- stehen, sie sind immer scharf auf ihr Match. Und sagen das Grundmodell. das war mir irgendwie - - Das hat mich nicht überzeugt. Weil ich kenne das von den, ich sage Und jetzt ist die Frage für - - Wenn wir jetzt von jetzt mal, intelligenten Sicherheitssystemen. Wir der grundrechtlichen Seite uns zurücklehnen haben ja eine Medienkonvergenz, die nahelie- und sagen: „Hoppla, ist das eigentlich mit der Art genderweise dazu führt, dass das, was im Sicher- von Grundrechtsmanagement vereinbar, wie wir heitsbereich performiert wird, und das, was zum das sonst im rein deutschen Raum haben und ak- Beispiel im Medienbereich performiert wird, in zeptieren?“, dann muss man sagen: erstaunlicher- der juristischen Form ganz große Nähen und Pa- weise ja. Weil das ist genau das, was wir seitens rallelen aufweist. Und deshalb war es für mich des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundes- auch nahe liegend, das, was ich da vorgefunden verwaltungsgerichts an Entscheidungen zu der habe, in diesen Bewertungszusammenhang zu Arbeitsweise von solchen automatischen Syste- ziehen und diese offenbar liebgewonnene Strei- men vorliegen haben. Im geschlossenen Raum tigkeit, die da von diesen beiden anderen Positio- findet kein Grundrechtseingriff statt. Also, da der nen ausgeht, zur Kenntnis zu nehmen, aber mich Fall, den wir zu der 2010er strategischen Über- mit der nicht auseinanderzusetzen. wachung zu prüfen hatten - - war ja wirklich diese erstaunlich hohe Zahl von 37 Millionen Nina Warken (CDU/CSU): Legte man jetzt - so Treffern, die aber alle automatisch bereinigt wur- wie ich es verstanden habe - - Wenn man Ihre den, bis auf 212 plus 13 [sic!], die dann rausge- Auffassung oder Ihre Lösung, das mithilfe dieses nommen wurden. Diese 212 plus 13 [sic!] waren Durchleitungsvertrags zu erklären, zugrunde legt, Grundrechtseingriffe. Der Rest waren keine dann bräuchte man aber - jetzt mal auch nach Grundrechtseingriffe. Und deshalb ist das, was vorne geschaut; wir sollen ja auch Überlegungen dort stattgefunden hat, ungeachtet der Frage, in anstellen, was denn geändert werden könnte an welchem Funktionsstadium nach den Sternen ge- Rechtsgrundlagen des BND - - bräuchte es dafür griffen wird, ein Auslandsserver oder was weiß aber keine Änderung der bisher bestehenden Re- ich - - Diese ganze Diskussion spielt für die Er- gelungen, weil es darauf gar nicht ankäme. läuterung, die ich gegeben habe, keine Rolle, weshalb mich auch weder die eine Rechtsauffas- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, ich sung noch die andere Rechtsauffassung vertieft stimme da dem Soupçon - ich will da jetzt nicht interessiert hat. auf Details gehen - von Herrn Flisek zu. Also, es muss dafür gesorgt werden, dass an den Stellen, Nina Warken (CDU/CSU): Dann scheinen Sie wo es um die Gesetzesbindung geht, die Vorga- aber gleichwohl ja die Rechtsauffassung des BND ben einfach konkreter werden. Also, ich meine, Ihren Bewertungen zugrunde gelegt zu haben, das darf ja schon als erstaunlich gelten, dass man wenn ich das richtig deute. Beziehungsweise einerseits ein, wie ich finde, insgesamt recht in- hätte sich ein Unterschied ergeben, wenn Sie telligent gestaltetes Abkommen schließt, dass eine andere Rechtsauffassung oder wenn Sie Ihre man aber dann bei der Implementierung an einer eigene Rechtsauffassung zugrunde gelegt hätten? wirklich gravierenden Stelle wegsieht, wo man sieht: Das kann gar nicht so durchgeführt wer- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der den. - So, und da muss man sich einfach über- Rechtsauffassung des Bundesnachrichtendienstes legen, wie man dort die gesetzlichen Vorgaben habe ich mich nie angenähert, weil die im enger macht. Ich bin da nicht zu der Feststellung Grunde genommen - - Also, ich habe so den Ein- gekommen, dass das MoA rechtswidrig war, um druck: Da sind zwei Seiten, nämlich irgendwie das auch klar auf der anderen Seite zu sagen. Ich die Leute im Bereich der G 10-Kommission auf habe so was noch nie geprüft; also deshalb war der einen Seite und die im Bundesnachrichten- ich da auch ausgesprochen ergebnisoffen und dienst auf der anderen Seite. Die haben sich so

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 42 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

habe also immer von Prüfungsstufe zu Prüfungs- man sollte natürlich sein gutes Geld nicht für un- stufe gedacht: Aha, so ist das also. Also, es gibt klare Dinge rauswerfen. Deshalb meine ich, das, eine Organkompetenz, es gibt eine Verbandskom- was da jetzt beobachtet worden ist, verdient es petenz - so was liegt alles vor -, und der BND allemal, dass wir diese drei Rudimente, also kann in der Tat so ein Abkommen schließen. PKGr-, G-10-, und BND-Gesetz - - dass man die ir- gendwie stärker in ein Verhältnis zusammen So, und jetzt muss man von der anderen Seite an- setzt. Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, fangen. Und da haben ja auch keine dummen dass das, was der BND macht, als eine Bedro- Leute mitgemacht. Also, da waren ja - - Ich habe hung für unsere Rechts- und Gesellschaftsord- ja gesehen, was da für Behördenleitungen waren. nung anzusehen ist, überhaupt nicht. Das waren alles erfahrene Leute. Und deshalb meine ich nur - - So, und dann kommt aber einer, Nina Warken (CDU/CSU): Sie hatten gerade der in diesem PKGr sitzt, und sagt dann irgend- schon das MoA erwähnt. Ihrem Bericht habe ich wann: Also, das ist mir nicht vorgestellt wor- entnommen, unter anderem auf Seite 79 f., dass den. - Ich halte mich jetzt aus diesen Streitigkei- Sie feststellen, dass darin der Ringtausch, der so- ten völlig raus. Aber fest steht jedenfalls: Da genannte Ringtausch, ausgeschlossen wurde und muss mehr sein. - Und das kann man sicher aus dass Sie auch festgestellt haben - - bzw. Sie konn- so einem Mix kriegen: also entweder - oder wahr- ten nichts feststellen dahin gehend, dass der scheinlich aus beidem - einer Anreicherung die- Ringtausch - - oder dass gegen diese Vereinba- ser Ermächtigungsgrundlage, meinetwegen zur rung, die den Ringtausch ausschließt, auch ver- Ausgestaltung einer Befugnisnorm - aber da stoßen wurde. Habe ich Sie da richtig verstan- könnten wir noch mal einen intensiven recht- den? lichen Streit führen, ob das wegen der Auslands- grenze Sinn macht; aber wahrscheinlich reicht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. sogar, die Aufgabenstellung anzureichern - - plus dann wirklich einer Kontrolle, also wo dann am Nina Warken (CDU/CSU): Der Kollege von Notz Ende das Parlament eben das Gefühl hat, Sie ha- und auch die anderen Kollegen hatten Sie ja ben jederzeit einen Ansprechpartner, dem Sie schon gefragt zu dem Verfahren, zu den Treffen, vertrauen und der auch immer den Stand der die Sie in regelmäßigen Abständen durchgeführt Problematik kennt. haben, zum einen mit Mitarbeitern des BND; zum anderen wohl auch gab es einen wöchentlichen Nina Warken (CDU/CSU): Das wären dann aber Jour fixe mit Mitarbeitern des Kanzleramts. Und sozusagen klarstellende Regelungen, die Sie vor- Sie hatten geschrieben, dass Sie bei diesen Ge- schlagen würden, und keine einschränkenden sprächen, auch bei dem Jour fixe mit dem Kanz- Regelungen? leramt, den Untersuchungsauftrag konkretisiert haben. Wie muss ich das verstehen? Was wurde Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich da konkret besprochen? habe ja extra an den Schluss meines Berichts die Gesamtzahlen gestellt. Also, wir haben eine Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der kleine nachrichtendienstliche Kapazität; also Untersuchungsausschuss und dann durch ihn Deutschland hat mit 16 plus 3 eine kleine nach- weitergeleitet an das Bundeskanzleramt - - haben richtendienstliche Kapazität. Und wenn Sie bei ja diese 16 Kriterien vorgegeben, nach denen die mir Sicherheitsrecht hören, bringe ich immer Selektoren geprüft werden sollten. Und es hat ganz andere Tableaus, auch noch über die Men- sich erst bei der Detailarbeit herausgestellt, dass gen von Polizei und so was. Also, man muss sich die zum Teil schwierig anzupacken waren. Und das ja mal klarmachen: Da ist das, was wir bei nun sollte ja nicht irgendwie versäumt werden, den Nachrichtendiensten haben, ganz wenig. Substantiierungsmöglichkeiten nachzufragen, Also schon deshalb bin ich der festen Überzeu- also, sagen wir: den Begriff der deutschen Inte- gung: Viel kaputt gemacht werden, um es mal et- ressen oder Wirtschaftsspionage, also das, wozu was schräg auszudrücken, kann da nicht. Nur, mir am Ende nicht so viel eingefallen ist, was

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 43 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

sich von den anderen Untersuchungsgegenstän- Nina Warken (CDU/CSU): Gab es weitere Punkte, den unterschied. Aber ich wollte natürlich ver- die Inhalt dieser Gespräche waren, die Sie noch meiden, dass da am Ende dann jemand sagt: „Ja, darstellen könnten? Moment, da ist doch mindestens Folgendes zu verstehen“, oder so was. - Das waren Punkte, die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, es wiederkehrend besprochen wurden, die mir aber ging natürlich um den Zeitfahrplan. Ich konnte auch erst im Laufe der Ausarbeitung mitunter das nicht im Vorhinein beurteilen, wie lange das klar geworden sind - - ob ich denen Substanz bei- dauern würde. Mir ist nur bald klar geworden, messen konnte oder nicht. dass der Wunschtermin des Ausschusses, direkt nach der Sommerpause - das wäre nicht zu pa- Nina Warken (CDU/CSU): Sie haben dann auch cken gewesen; darüber wurde auch gespro- geschrieben, dass Sie sich ja mit Abgeordneten chen - - war natürlich die Zufriedenheit nicht so und Mitarbeitern des Ausschusses regelmäßig ge- groß, weil Sie, wenn ich es recht verstanden troffen und ausgetauscht haben und dabei dann habe, das lieber früher gehabt hätten; war aber auch sich Aufschlüsse ergeben hätten zum Ver- nicht zu machen. Also, das war zum Beispiel ständnis des Begriffs „deutsche Interessen“. Also, auch ein Gegenstand. wir haben uns ja einmal mit Ihnen getroffen außerhalb der Obleuterunde; ich weiß nicht, in Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt hatte der Vorsit- welchem Umfang Sie sich dann noch mit Kolle- zende Sie schon gefragt auch zu einer Feststel- gen getroffen haben. Wie genau muss ich mir das lung oder zu einer Äußerung in Ihrem Bericht, vorstellen, dass sich da Aufschlüsse ergeben ha- wo Sie geschrieben haben, dass die von Ihnen ben zum Begriff „deutsche Interessen“? untersuchten Selektorenlisten anhand von Krite- rien, welche Sie vorgaben, von der Abteilung TA Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das des BND analysiert und dazu ergänzende Infor- war für mich wichtig, weil ich kannte ja diese mationen gegeben wurden. Jetzt haben Sie vorhin Dinge eigentlich - - Es gab zum Beispiel mal eine gesagt, Sie hätten dann so eine Excel-Datei be- Zeit lang die Überlegung aus dem Bereich der kommen. Können Sie uns bitte schildern, anhand Abgeordneten oder der Mitarbeiter, dass das APB welcher Kriterien denn die Listen analysiert wur- etwas dazu bringen könnte. So, ich kannte das den bzw. dann welche Kriterien Sie da vorgege- APB nicht; ich habe das erst kennengelernt in ben haben, anhand derer die Listen zu analysie- dem Zusammenhang und musste ein systemati- ren waren? sches Verhältnis dazu gewinnen. Also, ich bin jetzt - habe ich ja auch im Bericht ausgeführt - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das der Auffassung, dass das APB da nicht weiter- sind eben immer wieder diese 16 Kriterien, die hilft, weil es ist eben nicht die Rücknahme der Sie so auf Seite 131 f. im Bericht finden, also Aufklärung, sondern es ist ja die Fokussierung eben Kategorie „deutsche Grundrechtsträger“, der Aufklärung; deshalb hat es eine andere Ziel- dann in den EU-Staaten, dann in den Five-Eyes- richtung. Aber das war mir ausgesprochen hilf- Staaten, dann im sonstigen Ausland. Das sind - - reich, darüber wiederholt diskutieren zu können, So, und dann die ganze Seite runter. Das waren weil ich mir dadurch auch eine Meinung gebildet alles Kriterien, die - - Also, wenn man Ihren Be- habe - - oder zum Beispiel dass am Ende bei die- schluss nahm und den sozusagen in lauter feine sem Begriff der deutschen Interessen man in der Scheiben geschnitten hat für Themen, kam man Tat auf diesem Begriff auf der Arbeitsebene sit- auf die. Und das war dann etwas, was ja auch so zen bleibt, was ja nicht das Schlechteste ist; aber noch nicht untersucht worden war. Also, insbe- es war wichtig, zu gucken: Hat jemand in der Er- sondere das war ja viel feiner als das, was jetzt in kenntnistiefe der Begriffsbildung mehr Ideen, als diesen drei DAFIS-Filterungsstufen war. Und das ich sie zum Beispiel hatte? Und deshalb waren hat zwar eine gewisse Redundanz, wie das dann mir diese Gespräche außerordentlich hilfreich. so alles da ausgerechnet worden war. Ich habe auch ein paar Tage gebraucht, um da irgendwie mit konzentriertem Blick dann draufzugucken;

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 44 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

das geht einem irgendwie nicht so richtig ein. Zirkel, immer wieder von der Frage vom Gesamt Aber das ist zum Beispiel etwas, was jetzt sicher zurück zur Gliederung und dann wieder ausge- für jemanden, der versucht, Herr von Notz, das breitet. Und diese Zwischenprodukte hat das Licht im Kühlschrank zu sehen - - der da etwas Bundeskanzleramt immer bekommen, was mir finden kann. auch wichtig war, weil was einem jetzt in so einem Auftragsverhältnis ja nicht passieren darf, (Dr. Konstantin von Notz ist, dass man irgendwie vier Monate Zeit ver- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- braucht hat, dann sagt einer: „Wie wär‘s mit dem NEN): Das ist auch des Punkt?“ Also, das war mir wichtig. Pudels Kern!) Nina Warken (CDU/CSU): Ist das denn mal pas- - Was meinen Sie? Des Pudels Kern, genau. Wir siert dann während der Arbeit? machen das nachher weiter. - So, also, das war auch eine Riesenarbeit natürlich für die Mitarbei- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Dass die ge- ter beim BND, ja? Das ist natürlich wirklich ein sagt haben: „Ja, wir wollen was mehr“, oder wie? enormer Arbeitsaufwand und habe ich aber für den Kern des Wissensinteresses des Ausschusses Nina Warken (CDU/CSU): Na, weil Sie gesagt ha- gehalten. ben, Sie wollten vermeiden, dass dann am Ende irgendwie was aufkommt, was dann die Arbeit Nina Warken (CDU/CSU): Also, es waren im überflüssig macht. Haben Sie dann vorher grö- Prinzip Kriterien, die Sie selbst entwickelt haben ßere Änderungen vornehmen sollen, wollen? anhand des Auftrags, den wir Ihnen mitgegeben hatten? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich habe zum Glück beim - - Wir hatten eine interes- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig, ge- sante Diskussion, als es um mein Modell ging, nau. also was nie in Zweifel gezogen wurde, aber was nun darstellungstechnisch seine Finessen hat. Nina Warken (CDU/CSU): Fand da noch eine Ab- Das taucht ja hier deshalb auch an zwei Stellen stimmung mit dem Bundeskanzleramt statt? auf. Und da habe ich zum Glück einen guten Ge- sprächspartner bei den Bundeskanzleramtsleuten Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, also, das gefunden, eben einen erfahrenen Uni-Mann, mit war so: Es wurde ja mitunter so irgendwie die dem ich jetzt gut fachlich draufkloppen konnte. Frage „Unabhängigkeit“ und „Der liegt da an der Das hat mir sehr geholfen; fand ich sehr hilfreich. Kette vom Bundeskanzleramt“ und so - - Das ist ja okay. Wenn man ein Werkvertragsverhältnis Nina Warken (CDU/CSU): Die dann schließlich hat, ist es ein Werksvertragsverhältnis. Das ergibt von der Abteilung TA durchgeführten Analysen, sich aus dem BGB. Nur, das Bundeskanzleramt konnten Sie die dann tatsächlich nachvollziehen hat sich völlig zurückgehalten. Also, mir hat kei- oder auf Plausibilität überprüfen? Also muss man ner jemals irgendwie gesagt: „Nein, das müssen davon ausgehen, dass das dann auch tatsächlich Sie aber anders sehen“ oder so was. Ich hätte lie- so durchgeführt wurde, wie es von Ihnen ange- ber - - Ich komme ja nun aus einer Senatskultur, dacht war, oder hat man da vielleicht irgendwas wo man also ständig kontroverse Diskussionen geschönt? Oder - - macht; das habe ich leider viel zu selten erlebt. Aber das Bundeskanzleramt war immer einge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die bunden. Die wurden auch - - Der Bericht ist ja Kalamität liegt doch auf diesen beiden Groß- „gedraftet“ worden. Also am ersten Tag oder am ebenen, die ich beschrieben habe: einmal, dass zweiten Tag, wo ich da eingezogen bin, hatte die der Partner da das MoA überschritten hat, und Gliederung so anderthalb Seiten Länge. Dann dann, dass der Nachrichtendienst eben nicht ge- wurde die immer textlich ausgeweitet und auch guckt hat, dass er überhaupt die Begründung le- die Gliederung, also eben so im hermeneutischen

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 45 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

sen und das nachvollziehen konnte. Diese Kala- So, jetzt von den Amerikanern habe ich keinen mität war ja passiert. Ich hatte nicht den Ein- kennengelernt. Aber ich habe nicht den leisesten druck, dass es darüber hinaus irgendwelche Be- Anhaltspunkt dafür gefunden - also da war ich mühungen gab, Dinge schönzuschreiben, die mit meinem Vorurteil völlig daneben -, dass es nicht schönzuschreiben waren. Diese 16 Krite- dort irgendwelche Souveränitätsüberschreitun- rien zum Beispiel sind ja auch aus meiner Sicht gen gab; im Gegenteil. Also, ich habe den deut- jetzt nicht für sich genommen skandalisierend lichen Eindruck, dass die deutschen Mitarbeiter oder so, sondern die haben ein sachliches Er- eben diesen Karren gezogen haben; aber sie wa- kenntnisinteresse. Und das ist etwas, was mich ren eben in einer Kooperation, und da haben sie auch gerade bei den Technikern immer fasziniert das gemacht, was vereinbart war. Aber ich habe hat. Also, nun war mein Vater Ingenieur; deshalb eigentlich von den ganzen Leuten so das, was ich kenne ich so ein bisschen die Mentalität. Das mal als republikanische Gesinnung bezeichnen sind eben sehr auf die Sache bezogene Leute, und würde, gefunden. Also ich habe da keinen Zwei- wenn man die sachlich fordert, dann sind sie fel, dass da das gemacht wurde, was von denen eigentlich auch engagiert, diesen sachlichen Auf- gesetzlich erwartet wurde. trag zu erfüllen, weshalb ich jetzt - - Wie gesagt, ich habe fast jeden Tag in diese Selektoren rein- So, und das, was da jetzt passiert ist - das muss geguckt, weil ich irgendeine Frage hatte. Aber ich man sehen -: Es hat einen Gesprächsversuch ge- habe nicht den Eindruck jetzt gehabt: Die haben geben da 2013 - wo ich das Rudiment in diesem da irgendwas getrickst oder so. Bericht habe und die etwas ausführlichere Ver- sion in dem verdeckten, weshalb ich da jetzt Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt ist ja einer Ihrer nichts weiter dazu sage -; das hat ja aber am Ende Kritikpunkte, dass man diese Begründungen zu nichts geführt. Und die Amerikaner sind ganz nicht hat lesen können, - offensichtlich ein Gesprächspartner, der irgend- wie anders instrumentiert ist, als wir das hier in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Deutschland erwarten, wo wir sagen: Okay, da muss doch mal einer bereit sein irgendwo zum Nina Warken (CDU/CSU): - die mitgeliefert wur- Gespräch oder so. - Das scheint aus Gründen, den, aus technischen Gründen, weil es techni- über die ich nicht spekulieren will, so nicht zu sche Probleme gab. Haben Sie denn irgendwie sein, was übrigens auch wieder im Rückschluss bemerkt oder gibt es Anhaltspunkte, dass man dartut, dass da eben keine Schützengrabenkum- beim BND irgendwie versucht hat, das abzustel- panei gepflegt wurde, sondern das waren eben len bzw. die Probleme zu beheben und das tech- zwei verschiedene Welten. nisch zu ermöglichen, dass man die Begründung lesen kann? Gab es da Bemühungen, oder wurde Nina Warken (CDU/CSU): Ja, aber wollte man es einfach so hingenommen? seitens des BND jetzt dieses Problem beheben, oder gab es da keine Bemühungen? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich habe ja, bevor diese Arbeit begann, da in dem In- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die haben terview mit der Frau Meiritz vom Spiegel so auf eins gewartet, und zwar auf die Aufstellung meine Fantasie gehabt von wegen den Jungs, die eines neuen Datenbanksystems, was nach mei- da im Schützengraben liegen und Kaugummis nem Wissen jetzt irgendwie im Spätsommer ge- und Zigaretten tauschen und so. Und das war bei kommen sein soll oder gekommen ist, das diese mir noch aufgeladen durch das Buch von Fosche- Probleme behebt. Also damit hat man offenbar poth Überwachtes Deutschland, der das ja in sein Bewenden haben lassen, und dann war na- einer sehr fasslichen Weise auf die Frage „Legali- türlich nach dieser - ich nenne das jetzt mal, et- tät oder Souveränität?“ zugeschliffen hat. Und was unter Namensmissbrauch - Snowden-Kata- das hat mich interessiert. strophe, also eigentlich das durch Snowden aus- gelöste Wissen um die Katastrophe - - Nachdem

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 46 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

das war, hatten die möglicherweise auch das Ge- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, Herr Wolff, Sie fühl, sie haben jetzt irgendwie die größte Kalami- wissen, dass wir das Verfahren grundsätzlich ab- tät gepackt. - Aber mehr kann ich dazu nicht sa- lehnen. Sie haben heute unsere Stellungnahme gen. gelesen. Wir werden uns da nicht - - zum Teil eines Verfahrens machen, das wir auch in Karls- Nina Warken (CDU/CSU): Dann vielen Dank. - ruhe überprüfen lassen, also - - Ich glaube, die Zeit ist eh zu Ende. RD Philipp Wolff (BK): Dann finde ich es aber Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: auch wieder seltsam - - Das war eine Punktlandung. - Es geht weiter bei Frau Renner. Martina Renner (DIE LINKE): Nein.

Martina Renner (DIE LINKE): Ich muss ja noch RD Philipp Wolff (BK): Man hätte das Verfah- mal bei Ihrem Mitarbeiter bleiben, dem Ingenieur ren - - Es war ergebnisoffen. mit dem technischen Sachverstand. Und um dem Bundeskanzleramt ein bisschen Arbeit zu erspa- (Dr. Konstantin von Notz ren: Kann es sein, dass es sich dabei um den Zeu- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen W. K. handelt? NEN): Wir beklagen es in Karlsruhe, Herr Wolff!) (Der Sachverständige schüttelt den Kopf) Martina Renner (DIE LINKE): Genau.

- Nein? Gut, dann hat den nächsten Versuch RD Philipp Wolff (BK): Das ist mir völlig klar. dann Herr von Notz, oder was - - Also, ich finde das relativ, na ja, albern, hier nicht zu sagen, wer (Dr. Konstantin von Notz es war. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau!) RD Philipp Wolff (BK): Ich kann es auch gleich Dann ist es aber ein bisschen seltsam, dass man rausfinden; dann sage ich es Ihnen später. das Verfahren oder den Verfahrensablauf im Nachgang kritisiert, wenn man ihn hätte selber Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das wäre toll. beeinflussen können. Also, da kommen wir ir- gendwie nicht so ganz zusammen. Ich hätte auch RD Philipp Wolff (BK): Das ist überhaupt kein die Fragen, die Sie stellen - - die hätte man na- Problem. türlich sinnvoll in den Prozess einbringen kön- nen. Dann hätte man vielleicht auch jetzt Ant- Martina Renner (DIE LINKE): Prima. worten auf diese Fragen. RD Philipp Wolff (BK): Ich finde es allerdings (Dr. Konstantin von Notz auch so ein bisschen albern, jetzt hier lauter Fra- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen zu stellen. Sie hätten zu diesen Gesprächen NEN): So weit kommt das sogar kommen können, Frau Renner. Wir wären noch, dass wir hier Ihr auch gerne zu Ihnen gekommen. Ich kann verste- Irrsinnsverfahren - -) hen - - Martina Renner (DIE LINKE): Nein, wir sind (Dr. Konstantin von Notz nicht für die Kosmetik an einem fraglichen Ver- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fahren zuständig. - Sie haben ja ausgeführt, dass NEN): Ja, das wollten wir BND-Mitarbeiter wohl auch Teile Texte zuge- nicht!) arbeitet haben, und dann haben Sie erwähnt,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 47 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

dass Sie sich mit Mitarbeitern der Fraktionen ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Im Rahmen troffen haben. Gab es auch Zuarbeiten von Mit- dieses Besuches, ja. arbeitern der Fraktionen? Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie vorher Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Zuar- schon mal in Pullach oder Bad Aibling? beiten nicht. Das waren sinnvolle, für mich auch häufig anstoßgebende Gespräche; aber jetzt Zu- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Ich arbeiten in einem vergleichbaren Sinn wie das, habe versucht, zu rekonstruieren, ob ich mal eine wie gesagt, „ein Prozent Bundeskanzleramt und Fahrradtour an Bad Aibling vorbei gemacht habe; der Rest aus dem BND raus“ nicht, nein. aber das war offenbar nicht der Fall.

Martina Renner (DIE LINKE): Also, es gab nur (Heiterkeit) Gespräche? Martina Renner (DIE LINKE): Das ist, glaube ich, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. für unsere Fragestellung relativ irrelevant.

Martina Renner (DIE LINKE): Keinen - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Keinen Martina Renner (DIE LINKE): Es gab ja jetzt Papieraustausch. schon Fragen dahin gehend, wie Sie die nun auf- gefundenen Selektoren hinsichtlich deutscher Martina Renner (DIE LINKE): Keinen Papieraus- und europäischer Wirtschaftsunternehmen einge- tausch. - Hatten Sie denn eigentlich, bevor Sie ordnet haben. Ich würde gerne noch mal in Rich- jetzt in der Chausseestraße dort vier Monate ver- tung von Regierung fragen. Sie sagten vorhin, das bracht haben, vorher schon einmal Kontakt mit Abhören von Regierungen sei vollkommen okay? dem Bundesnachrichtendienst? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na klar. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, der Bundesnachrichtendienst war ja sozusagen 15 Martina Renner (DIE LINKE): Na klar. - Wie ist Jahre lang Kunde9 meines Senates gewesen, weil es denn mit dem Abhören von Parlamenten? wir der erstinstanzlich zuständige Spruchkörper sind. Von daher kannte ich auch eine ganze An- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, wenn zahl von Leuten, die ich dann irgendwo in das ausländische Parlamente sind - - oder: Gene- Pullach, meistens in Pullach, wiedergesehen rell der Artikel 19 Absatz 3 und in Verbindung habe. So jetzt von diesen eigentlichen, ich sage mit Artikel 1 Absatz 3 hat eben, wenn Sie so wol- jetzt mal, nachrichtendienstlichen Praktikern len, die Bereichsausnahme, dass die hoheitliche kannte ich keinen. Gewalt davon nicht geschützt wird und insoweit Parlamente - - Ich mache eine große Ausnahme: Martina Renner (DIE LINKE): „In Pullach wie- Alles, was in den Bereich von Artikel 38 fällt, das dergesehen“, in welchem Zusammenhang? ist ja grundrechtsgleich; aber wenn Sie als Parla- ment hoheitliche Gewalt ausüben, meinetwegen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe ja, einen Untersuchungsausschuss veranstalten, wie das ausgeführt ist, Pullach und Bad Aibling dann ist das natürlich nicht grundrechts- - besichtigt. Martina Renner (DIE LINKE): Dann dürfen wir Martina Renner (DIE LINKE): Im Rahmen dieser abgehört werden. Besuche?

9) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 48 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Was mei- jetzt zurückhaltend. Im Grundgesetz hat er ja kei- nen Sie? nen Standort, wenn ich das jetzt - ich habe leider keines vorliegen - recht rekapituliere. Also, ich (Dr. Konstantin von Notz würde mal vorsichtig sagen: vom Grundgesetz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wahrscheinlich nicht. NEN): Wir sind legitimes Aufklärungsziel!) Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das passt. - Wenn Sie jetzt - - Sie sagen uns ja nichts zu den Martina Renner (DIE LINKE): Genau, wir sind Selektoren. Aber wenn Sie sie sozusagen vor dann ein legitimes Aufklärungsziel für - Augen haben, die Ziele, die sich auf europäische Institutionen, Regierungsstellen, möglicherweise Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na klar. Parlamente und Abgeordnete gerichtet haben: Hat die NSA mithilfe des Bundesnachrichten- Martina Renner (DIE LINKE): - ausländische dienstes politische Spionage betrieben? Nachrichtendienste. Und Abgeordnete damit auch? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich halte diese Formulierung nicht für korrekt; aber Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das das hängt jetzt notabene mit meinem Verständnis würde ich wieder differenziert sehen. Also, das von diesem MoA zusammen. Ich hatte, als ich haben wir ja aus der Ramelow-Entscheidung des ganz am Anfang war, auch überlegt, ob man das Bundesverfassungsgerichts noch mal sozusagen Ganze nach der Art des Polizeihelfers oder des deutlich in den Vordergrund gestellt. Der Artikel Verwaltungshelfers oder so was konstruieren 38 ist nah am Grundrecht. sollte. Das ist aber nach meinem Rechtsverständ- nis eigentlich Technik von vorgestern, weil die Martina Renner (DIE LINKE): Weil Sie ja dann Systeme, die hier betrieben werden, zu kompli- ausführen: „Es sind keine Abgeordneten deut- ziert sind. So, und das ist eine Kooperation. Das scher Verfassungsorgane abgehört worden“, nach jetzt mit so einem Begriff wie „Hilfe“, der nicht Ihrer Übersicht: Wie sieht es denn aus mit Abge- in dieser Kooperationsnomenklatur vorkommt, ordneten im Europäischen Parlament? zu bestücken - - würde ich nicht mitgehen.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich kann Martina Renner (DIE LINKE): Also, mich interes- Ihnen ja zu den Einzelheiten dieser Selektoren siert jetzt nicht ein untergesetzlicher Vertrag zwi- nichts sagen; tut mir leid. Würde ich Ihnen gerne schen zwei Geheimdiensten. Mich interessiert sagen; aber das liegt eben nicht in meiner Zustän- das deutsche Strafrecht und das Strafrecht in an- digkeit. deren europäischen Staaten, die ja überwiegend geheimdienstliche Agententätigkeit unter Strafe Martina Renner (DIE LINKE): Ein deutscher Ab- stellen; wir ja auch hier in Deutschland. Und ich geordneter im Europäischen Parlament, ist er ge- frage vor diesem Hintergrund, ich frage nicht vor schützt? dem Hintergrund des MoA, weil, wie gesagt, das ist eine untergesetzliche Regelung; die interes- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie meinen siert mich als Gesetzgeber relativ wenig, zumal jetzt grundrechtlich? sie hier in einer Form uns zur Verfügung gestellt wird, - Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Okay. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Oh, das ist eine gute Frage. Also, ich meine, er ist natürlich Martina Renner (DIE LINKE): - mit der wir so- geschützt durch die europäischen Grundrechte. wieso öffentlich nicht arbeiten können. Also vor Ich habe das noch nie geprüft. Also, ich wäre dem Hintergrund des deutschen Strafrechts, aber auch des Strafrechts in europäischen Ländern:

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 49 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hat die NSA mithilfe des BND politische Spio- Wir sind ja - - Also, die ganzen Selektoren haben nage betrieben? es nicht zugelassen, zu sagen: Da sind die deut- schen Menschen oder die französischen Men- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, gegen schen A, B, C betroffen. Bis dahin sind wir nicht deutsche Strafgesetze ist nach dem, was ich se- gekommen; deshalb ist so eine Frage von vorn- hen konnte, nicht verstoßen worden, gegen aus- herein - - bleibt sozusagen einen Meter oder zwei ländisches Strafrecht möglicherweise; das kenne Meter vor dem Ziel stehen. ich natürlich nicht. Aber völkerrechtsmäßig ist ja Spionage zulässig, und davon profitieren ja auch Martina Renner (DIE LINKE): Aber das ist doch alle Auslandsnachrichtendienste. Deshalb sehe eine zentrale Frage, wer betroffen war, - ich da jetzt keinen greifbaren Verstoß. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Jede Form von Spionage ist völkerrechtlich zulässig? Martina Renner (DIE LINKE): - ob diese Personen Grundrechtsträger waren und ob zum Beispiel Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Also, sie auch das Auskunftsrecht aus BND-Artikel 7 [sic!] ist nicht verboten. für die Betroffenen einschlägig wäre. Das würde ich, wenn ich den Auftrag hätte, so eine Prüfung Martina Renner (DIE LINKE): Nicht alles, was durchzuführen, als Erstes fragen: Wer ist das verboten ist, ist erlaubt. Das muss ich Ihnen als denn? Und - - Jurist jetzt nicht erklären - oder? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, würden Sie nicht fragen. Moment! Der Trick ist nur: Dadurch, dass wir im Völkerrecht keine geschlossene Ordnung ha- Martina Renner (DIE LINKE): Ja? ben - - Also, im nationalen Rechtsraum kommen Sie natürlich immer auf irgendeine immanente Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das würden Grenze, beim Völkerrecht eben nicht. Sie nicht fragen. Ich habe das ja am Anfang erläu- tert. Sie haben kein Recht, weder als Parlament Martina Renner (DIE LINKE): Ich würde noch noch als - was weiß ich - Mitarbeiter, mit den auf eine andere Frage gerne eingehen. Es gibt ja Verbindungsdaten, die Sie haben, eine Bestands- auch das Grundrecht auf Kommunikations- datenauskunft zu verlangen. Wie soll das denn geheimnis und Straftatbestände, die dann eintre- funktionieren? Sagen Sie mir die Rechtsgrund- ten, wenn man dieses verletzt. Sehen Sie eine lage. Sagen Sie mir die Rechtsgrundlage. Also, Verletzung des Grundrechts auf Kommunika- ich will Sie nicht jetzt - - Entschuldigung. Ich tionsgeheimnis durch die NSA-Selektoren, die meine die Frage gar nicht rhetorisch. Die Rechts- aktiv im BND-System liefen, ja oder nein? grundlage ist der § 2 b des BND-Gesetzes. - Ver- zeihung, ich wollte jetzt nicht irgendwie ein Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich Spiel machen. - So, und der § 2 b des BND-Geset- kann ja nur etwas zu denen sagen, die ich gese- zes führt aber nicht von einem amerikanischen hen habe, und bei denen kann ich das in Selektor zu einer Auskunft an einen deutschen Deutschland jedenfalls nicht feststellen. Das hat Telefonprovider; das gibt der nicht her. - Verzei- allerdings eine wesentliche Einschränkung. Das hung, ich wollte jetzt - - ist ja das Problem hier der Aussageschärfe gewe- sen. Martina Renner (DIE LINKE): Aber es gab ja auch E-Mails und in den E-Mails Namensbestandteile, Martina Renner (DIE LINKE): Ja, die fehlende. und da war ja offenkundig, welche Personen be- troffen waren. Und es gab ja sicherlich auch Er- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wir haben ja keine Zuordnung zu einzelnen Rechtsträgern.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 50 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

läuterungen zu den Selektoren, aus denen Rück- toren und die damit verbundenen Telekommuni- schlüsse auf die betroffenen Personen möglich kationsmerkmale daraufhin durchschichten, ob waren. die von den Nummernbestandteilen oder von den E-Mail-Bestandteilen in so eine Richtung Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der weisen oder nicht. Was nicht ausgeschlossen allergrößte Teil waren ja ausländische. Und da ist werden kann, ist, dass hinter einer im Übrigen jetzt das - habe ich ja gesagt - - Also da gelten im völlig unidentifizierten E-Mail-Adresse sich ein - Grunde genommen diese deutschen Schutzrechte was weiß ich jetzt - im Urlaub befindlicher und nicht, sodass wir uns da keine - - So. Wir hätten deshalb keinen Kontakt mit sonst wem haben auch keine Möglichkeit, dort Auskünfte zu be- wollender deutscher Abgeordneter befindet. Das kommen, es sei denn, wir würden jetzt wieder haben wir aber nicht erkennen können. mit nachrichtendienstlichen Mitteln aufklären. Das will ja wohl hoffentlich keiner machen. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber dann kann man dazu auch keine Aussage treffen. Also, Martina Renner (DIE LINKE): Aber Deutsche im wenn man nicht weiß - - Ausland genießen noch Rechte - oder? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, wieso? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Deutsche Sie wollten doch die positive Aussage haben. Ich im Ausland ja; kein Zweifel. konnte darauf keine Aussage machen. Wir haben ja so und so viele gelassen, wo wir keinerlei Zu- Martina Renner (DIE LINKE): Genau, und um die ordnung machen können. Aber Sie kämen doch geht es ja überwiegend. mit Ihrer Frage nur weiter, wenn ich positiv sa- gen konnte: „Da war einer“, also wenn unter de- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. nen, die ich überhaupt nicht identifizieren konnte, möglicherweise Personen aus diesem Be- Martina Renner (DIE LINKE): Oder? reich waren. Ich kann doch nicht jetzt spekulativ sagen: Unter diesen nicht Aufklärbaren waren Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, nur wir aber möglicherweise welche aus der 16. Kann kennen sie nicht namentlich. Also, wir konnten durchaus sein; aber das führt ja auch nicht wei- nur aufgrund der Telekommunikationsmerkmale ter. fest- - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber das steht Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber jetzt ver- da nicht so. Dann hätte man hier schreiben müs- stehe ich Sie wirklich nicht. Also, wenn Sie nicht sen: Man kann zu bestimmten Fragestellungen wissen, wer das war, - wie, ob darunter Mitglieder der Bundesregierung, Bedienstete des Bundes sind, keine Aussage tref- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. fen. Weil unter denen von Ihnen erwähnten deut- schen Grundrechtsträgern in den EU-Staaten oder Martina Renner (DIE LINKE): - wie können Sie deutschen Grundrechtsträgern im sonstigen Aus- dann sagen zum Beispiel: „kein Mitglied der land können ja zum Beispiel auch Bedienstete Bundesregierung“, „kein Bediensteter des Bun- des Bundes sein, zum Beispiel Botschaftsangehö- des“, „kein Mitglied des Bundestages“, „kein rige - ja? Das ist ja so ein ganz naheliegender Mitglied eines anderen Verfassungsorganes“, Fall - ja? Und dann kann man sagen: Wir konnten wenn Sie gar nicht wissen, wer das war? Wie das nicht ausschließen. Aber man kann hier kommen Sie dann zu dieser Tabelle? Ich verstehe keine Null reinschreiben. die jetzt gerade nicht mehr. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wieso? Das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wieso? Die war doch aber eine Frage der Darstellung. Dar- Frage kann doch nur so sein, dass wir die Selek- stellerisch ist das hier so gewählt worden, dass es

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 51 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

eine Rubrik „keine Zuordnung“ gibt. Da steht Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein. dann eine relativ große Zahl, - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und ich Martina Renner (DIE LINKE): Ja. habe ja vorhin erklärt - -

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - und jetzt Martina Renner (DIE LINKE): Da. hätten wir sagen können: Okay, um jetzt diesem Darstellungsinteresse zu genügen, schreiben wir (Abg. Martina Renner immer in die Spalte dahinter: möglicherweise (DIE LINKE) zeigt auf aber irgendwelche aus diesen nicht Zugeordne- Abgeordnete von CDU/CSU ten. - Aber das halte ich jetzt für keinen gravie- und SPD) renden Punkt. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, jetzt gut, Martina Renner (DIE LINKE): Also, wissen Sie, aber Sie können sie mir nicht zurechnen. Es sind der Restgehalt, der für uns überhaupt hier zu fin- nicht meine Kriterien, sondern es sind die Krite- den war - weil wir hatten diese ganzen juristi- rien, die hier im Ausschuss beschlossen worden schen Ausarbeitungen nicht sozusagen verab- sind. Die habe ich versucht auszuarbeiten. Ich redet; das waren ja Zusatzaufträge aus den Frak- habe auch klar und deutlich gesagt: Wir sind tionen der Großen Koalition -, waren diese Zah- nicht bis auf die Personenschärfe runtergegangen. len zu den Typen der einzelnen Selektoren, und Also, ich mache keinen Hehl daraus. Wenn Sie in jetzt stellt sich heraus, dass das im Grunde über- den Bericht der Bundeskanzlerin gucken konn- haupt keine Aussagekraft hat. Ja, weil auch ten, würden Sie sogar eine ganze Reihe von Per- dann - - Jetzt frage ich mal: Wie kommt man dann sonalien finden. Aber das sind auch nicht so überhaupt darauf: „Verstoß gegen deutsche Inte- viele, dass Sie jetzt diese 40 000 Selektoren erklä- ressen“, wenn Sie gar nicht wissen, wer hinter - - ren könnten. wer diese Person ist, die da von der NSA als Spionageziel in das BND-Profil eingestellt wurde, Martina Renner (DIE LINKE): Okay. ob das zum Beispiel ein Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens im Ausland ist? Dann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Da kann ich doch dazu gar keine Auskunft treffen, müssten wir gleich in der nächsten Runde wei- ob hier deutsche Interessen verletzt sind. Dann termachen an der Stelle. - Wir kommen nämlich ist jeder - - jetzt zu den Fragen der Faktion der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Aber jetzt stellen Sie - Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Viel- leicht noch mal, weil es vorhin doch noch mal Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten aufgekommen ist, hinsichtlich der Treffen der wir den Themenkomplex aber abschließen, weil Fraktionen und Mitarbeiter mit Herrn Graulich. die Zeit ist - - Also, seitens der Union gab es ein solches Treffen mit Ihnen, Herr Graulich, und keine weiteren (Dr. Konstantin von Notz Treffen. - Ich hätte noch mal eine Frage zur Welt- (BÜNDNIS 90/DIE raumtheorie bzw. zu Ihrem Ansatz. Mit der Welt- GRÜNEN): Den Themen- raumtheorie kommt man ja zu dem Ergebnis, komplex zum Glück nicht!) dass nicht nur die Erfassung von Ausland-Aus- land-Verkehren, sondern auch die Übermittlung Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - eine epis- dieser Verkehre an die NSA alleine auf § 1 Ab- temologische Frage, die ich mir nicht zurechne. satz 2 Satz 1 BND-Gesetz gestützt werden kann. Also, ich habe diese Kriterien nicht ausgesucht. Und jedenfalls ist dann für die Übermittlung die- Also, das waren Kriterien, die haben Sie im Aus- ser Verkehre § 9 BND-Gesetz nicht einschlägig. schuss beschlossen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 52 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Und das sehe ich jetzt - habe ich das richtig ver- Also, das ist ja, wenn man eines meiner Lieb- standen? - als Gemeinsamkeit mit Ihrem Ansatz. lingsthemen, die Vorratsdatenspeicherung, sich anguckt, faszinierend, zu beobachten, wie der- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das halte selbe EuGH in einem Jahr sagt: Die Vorratsdaten- ich für eine eher zufällige Gemeinsamkeit. Also, speicherungsrichtlinie ist konform, weil sie mit ich habe meinen Ansatz nicht sozusagen in Ab- der Kompetenz aus Wirtschaft - - weil die Gegen- grenzung zu diesen beiden anderen Theorien for- stände, die man da im Zusammenhang mit der muliert, sondern bin da eigenständig eingestie- Vorratsdatenspeicherung technisch braucht, weil gen. das alles Wirtschaftsprodukte sind, und die dür- fen deshalb geregelt werden. Also, ich habe das Nina Warken (CDU/CSU): Aber es wäre eine Ge- nie verstanden; aber das ist uns wohl so gesagt meinsamkeit. worden. Und dann sagt er eben drei oder vier Jahre später: Grundrechtlich betrachtet nehmen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das ist wir das jetzt aber an die kurze Leine und sagen: so ungefähr, was weiß ich, wie im Zivilrecht: Das ist unverhältnismäßig. - Ich war natürlich Man kann einen Herausgabeanspruch aus äußerst begeistert; aber da muss sich jetzt keiner Schuldrecht oder aus Sachenrecht haben, das von Ihnen äußern, wir haben alle unterschied- geht vielleicht auf dasselbe Auto oder so was; liche Auffassungen dazu. Das fand ich bemer- aber letzten Endes sind es zwei verschiedene kenswert. Welten. Aber es bleibt dabei, dass das Bundesverfas- Nina Warken (CDU/CSU): Aber der § 9 wäre bei sungsgericht in verschiedenen Entscheidungen, Ihnen auch nicht einschlägig. die ich da auch zitiert habe, eben ganz klar sagt: Wenn etwas diesen wirtschaftlichen Bezug nicht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, wir - - hat und deshalb nicht in den eigentlichen Haupt- sozusagen wie mein Landsmann Elias Niebergall vertragsbereich rübergezogen wird, dann gelten sagen würde: kein Gäjestand für mein Zorn. diese Grundrechte nicht automatisch, sondern sie gelten nur, wenn sie sozusagen als anwendbar er- Nina Warken (CDU/CSU): Sie kommen in Ihrem klärt wurden. Bericht auf Seite 53 f. zu dem Ergebnis, dass der BND im Bereich seiner Fernmeldeaufklärung So, und Sicherheit: Ich habe ja so eine ganz Reihe nicht den Bindungen der EU-Grundrechtecharta, von Gesprächskreisen erlebt, also außerparlamen- also namentlich dem Grundrecht auf Schutz per- tarisch, wo es völlig klar war: Also, einen Nach- sonenbezogener Daten gemäß Artikel 8 der richtendienstbereich wird es in der EU nicht ge- Grundrechtecharta, unterliegt, weil, so sagen Sie, ben, aus den unterschiedlichsten Gründen. Das bereits der Anwendungsbereich der Charta nicht ist eben nationales Proprium, und infolgedessen eröffnet ist. Können Sie uns das näher erläutern? ist es völlig klar, dass die europäischen Grund- rechte dafür nicht gelten und dass - - Von daher: Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Also, wir Ich sehe überhaupt keinen Ansatzpunkt dafür, haben ja nun die Kalamität erlebt, dass die Ab- wie man da mit reinkommen könnte. stimmung über eine europäische Verfassung eben nicht zum Ziel geführt hat; deshalb hängen wir Nina Warken (CDU/CSU): Dann würde das eben- jetzt da in dieser Lissabon-Schleife. Und das falls bedeuten, dass der britische GCHQ, der ja führt im Grunde genommen trotz der Bemühun- auch in den Five-Eyes-Verbund gehört, den wir gen, der verdienstvollen Bemühungen des EuGH hier zu betrachten haben, bei seiner Aufklärung in diesem Bereich, dazu, dass im Grunde genom- etwa gegen deutsche Staatsbürger eben auch men die Grundrechte eben eng angedockt sind an nicht der Charta unterliegen würde. die zwei Hauptsäulen des EU-Systems und im Si- cherheitsbereich eben im Prinzip nicht greifen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig, ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 53 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Nina Warken (CDU/CSU): Dann würde ich an Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, den Kollegen abgeben. Vielen Dank. nein, nein, es war meine Müdigkeit, nicht Ihre. - Das war eine ausgedruckte Datei. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Gut. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die 2 000er- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Liste. lichen Dank. - Ich hätte noch erst mal eine Frage wieder zum verschiedenen Stand der Selektoren- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, genau. listen. Sie haben vier Excel-Dateien bearbeitet. Ist Und die war auch nicht sortierfähig. das richtig? Oder waren die in mehreren Dateien gestückelt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War die extra für Sie ausgedruckt, oder ist das dieses Original- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die sind ge- werk von Dr. T. gewesen? stückelt gewesen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jetzt muss Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Welchen ich gerade gucken. Also, das war ja - - Ich kann es Grund hatte das? Waren die Dateien sonst zu nicht sagen; ich habe auch nicht gefragt. Ich kann groß? Oder hatte das andere Gründe? es nicht sagen.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil ist ja hatte zum Teil Entstehungsgründe. Jetzt muss ich außergewöhnlich, dass Sie die anderen als Datei gerade überlegen. Bei der Ablehnungsdatei: Das auf einem Rechner kriegten, was eigentlich sinn- waren zwei große Datenbänke jeweils, also eine voll ist - dann kann man ordentlich damit arbei- für die Internet- und eine für die Telefonie- ten -, und dann kriegen Sie noch so ein Papier selektoren. hinterher.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und die ha- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja, aber ben zusammen diese 39 082 Selektoren ergeben. die - - Ja, gut. Das ist ja sozusagen vom Erkennt- niswert - - Also, wenn man die auswertet hinter- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. her, ist das ja nur eine Arbeitserschwerung, wenn die nicht Excel-sortierfähig sind. Die liegt dann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und die an- halt vor, aber - - deren waren dann jeweils eine Excel-Datei. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die anderen frage mich nur, warum Sie das nicht auch als waren einzelne Excel-Dateien, respektive da im Excel-Datei gekriegt haben. Das ist für mich so Fall von dem 2 000er-Fund, das war eine ausge- ein bisschen der - - druckte Liste gewesen. Also, die war nicht sor- tierfähig. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, pas- sen Sie auf, das liegt natürlich daran: Diese Ab- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Könnten Sie lehnungsdatei, die ist ja immer generiert worden das Mikro etwas - - aus diesem großen, elektronisch vorhandenen Gesamttopf. Das heißt, die hatte von vornherein Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach so, ja. diese digitale Eigenschaft, während diese Entschuldigen Sie bitte. Ja, ist klar. 2 000er-Liste jedenfalls in dem Zeitpunkt, wo sie dann zu den Akten kam, diese digitale Eigen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht schaft nicht mehr hatte. Und deshalb war die na- meine Müdigkeit, dass ich nicht mehr so gut türlich auch nicht ohne weiteres Excel-gängig. höre. Das heißt also, man hätte die wahrscheinlich erst

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 54 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

wieder übertragen müssen, um die Excel-gängig der Dr. T. diese Liste rausgeholt? - Nach Ihrem zu machen. Wissen: Waren das 2 000 zusätzliche zu der Ab- lehnungsdatei, die in dem Jahr schon bestand, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist Ihnen ge- wie hoch die auch immer war - sagen wir mal sagt worden, wie diese 2 000er-Liste zustande 300 oder 500 oder sagen wir 1 000; viel mehr kam? Klar, von Dr. T. usw., - können es ja nicht gewesen sein zu dem Zeit- punkt; da war man ja noch nicht so sensibel vor- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ist klar, ja. her -, und dann hat man plötzlich die 2 000 noch on top gefunden. Ist das die richtige Erklärung? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - aber tech- nisch meine ich, wie er diese aus der Gesamtliste Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, on top herausgeneriert hat. zu was? Zu den vorher - -

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der damals haben ja immer für diese kleineren Erhebungen existierenden Ablehnungsliste. den Begriff „händisch“. Also, die haben ja eigent- lich immer entweder - - Sie haben diese automa- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. tischen Verfahren - das ist typischerweise, wenn das Filtersystem in irgendeiner Weise angewandt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil da kön- wird - oder händisch. Das heißt also, die hangeln nen die ja nicht drin gewesen sein. sich dann, was weiß ich - - Er gibt dann eben ein- mal ein „EU“ und einmal irgendeine französische Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, Nummer oder irgend so was. Und dann hat er am ist ja - - Ja, ja. Also, die 2 000 plus die dann ab Ende - - Wenn er die hat, sagt er: Jetzt bin ich fer- August 2013 in Bad Aibling Gelöschten. Das ist ja tig. praktisch dasselbe historische Fenster gewesen. Ich habe das nicht überprüft. Das waren nur ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und die hat paar Tage, was diese Vorgänge auseinander la- er - - Dieses „EU“ oder wie auch immer, das hat gen. Das war die große Wucht der gesamten Ab- er in der Gesamtdatei recherchiert, also in den lehnungsliste. Das sind - ich habe das noch mal wie viel auch immer Millionen. Und da sind ihm vor ein paar Tagen nachgucken lassen - über 2 000 Selektoren ausgeworfen worden - ist das 20 000 gewesen, die da in diesem August oder richtig? -, dem Dr. T.? Anfang September - ich weiß nicht, wie lange diese Periode ging oder diese Kampagne ging - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich kann rausgenommen worden sind. das nicht sagen, weil das war ja jetzt sozusagen nicht mein engerer Untersuchungsgegenstand. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Ich kann nicht sagen, ob der das aus dem damals aktuellen Suchprofil hatte. Dann kann das ja eine Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es war die kleinere - - wahrscheinlich auch eine Millionen- Masse von dieser Liste. zahl, aber eine kleinere gewesen sein. Ich kann nicht sagen, ob er das aus dem damals aktuellen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da sind ja Suchprofil hatte - dann waren das wahrschein- erst mal die richtigen - - die richtig große Zahl ge- lich zwischen, was weiß ich, zwei Millionen, vier funden worden, in der Regel, wenn ich das rich- Millionen oder irgend so was -, oder ob er das tig verstanden habe, zum großen Teil Regierungs- aus dem großen Topf hatte. Dann wäre es das stellen von EU-Staaten, - vielleicht Dreifache gewesen. Das weiß ich nicht. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre nämlich meine Frage gewesen, weil das natürlich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - die dann da sehr spannend gewesen wäre, zu wissen: Wo hat eben reinkamen. Ich frage mich so ein bisschen:

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 55 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Was war der Zustand, als Dr. T. seine Arbeit be- kann man aber schon sagen - mit wenigen Aus- gann? Lag da im Grunde eine Ablehnungsliste nahmen, die nicht mehr existent sind -, dass die von situativ gefundenen Selektoren in einer Zahl 2 000er-Liste und die 2005er-Liste mit ihren Pi mal Daumen zwischen 500 und 1 000 vor? 73 Selektoren in der Gesamtablehnungsliste von Und fand Dr. T. dann glatt noch mal 2 000? Und 39 000 Selektoren drin sind, mit ein paar Aus- als dann die Arbeit richtig losging, da fand man nahmen, die sowieso ganz rausgeflogen sind, - 20 000? War das so, oder hat man erst die 20 000 gefunden, und dann kam Dr. T. ganz klug und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja. fand noch mal 2 000? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - die gar Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, also nicht mehr existent sind, weil es diese Nummern die - - Ich habe ja schon Kunde davon bekom- nicht mehr gibt oder wie auch immer. men, dass hier große Befragungsanstrengungen stattgefunden haben, um das heraus- - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, ge- nau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Deswegen versuchen wir gerade, zu gucken, ob das mit Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das kann Ihnen klappt, zu einem Ergebnis zu kommen. Wir man dann schon sagen. Okay. - In dem Zeitraum haben ja große Hoffnungen. 2015, haben Sie da feststellen können, dass bis zum Einsetzungsbeschluss, dass da auch noch Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, also ich Veränderungen stattfanden? Weil ich frage des- kann Ihnen nur die - - Ich weiß es nicht definitiv; wegen: Wir reden von 39 082 Selektoren. Kann aber der Eindruck, den ich habe, ist, dass die Pul- das sein, dass da noch welche dazugekommen lacher erst diese 2 000er da generiert haben und sind bis in die letzten Tage? Um es mal so auszu- dass überschneidend dazu die Bad Aiblinger tätig rücken. waren. Und das war ja das, was ich vorhin schon gesagt habe: Die Bad Aiblinger - - Also, wenn ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das ist mal einen etwas bellizistischen Vergleich ziehen eine interessante Frage; aber ich habe mir defini- darf: Es gibt ja immer den Streit zwischen Offi- tiv kein Zeitprofil beschreiben lassen. Also, ich zieren und Unteroffizieren, wer da irgendwie das kann jetzt - - kann nicht - - Wäre noch mal ein in- bessere Handwerk macht. Vielleicht hat es so ein teressanter Frageansatz gewesen, auf den ich aber bisschen eine entfernte Ähnlichkeit damit, und auch nicht gekommen bin, also noch mal sich, dann wären eben die Aiblinger die Unteroffiziere soweit das Material dafür vorhin ist, sagen zu las- gewesen und die Pullacher die Offiziere. Aber sen, wann die angefallen sind. Habe ich aber die Unteroffiziere haben ganz klar die größeren nicht, sodass ich es auch nicht für diesen letzten Erträge erzielt. Aber das war - - Ich habe nicht de- Zeitraum sagen kann. finitiv klären können - - Die Pullacher haben of- fenbar so ein bisschen etwas Korpsgeist - muss ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, ich sein -, das Verständnis, die wären nur so schnell frage deswegen, weil wir so eine ähnliche Zahl zu Potte gekommen da in Bad Aibling, weil sie mal gehört haben wie 39 082; die war nur knapp schon die Pullacher Vorarbeit gehabt hätten. Ich ein bisschen drunter. kann das nicht beurteilen. Aber wenn man die Menge in Betracht zieht, die die Bad Aiblinger da Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Okay. hinterher gefunden haben, ist das eigentlich eher eine kleine Menge gewesen, die die Pullacher da- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und jetzt vor hatten oder überschneidend - - frage ich mich: Wie kommt diese Diskrepanz zu- stande? Die ist jetzt nicht kriegsentscheidend Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Was nach meiner Meinung, aber ist trotzdem interes- auch immer da jetzt zuerst war, die Henne oder sant, um diese Begründung zu haben. Vielleicht das Ei oder wie auch immer. - Alles in allem

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 56 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

ist die ganze Sache ja eben doch so ein bisschen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke. - Ha- komplex noch, das mit den Selektoren. ben Sie auf diesen Listen, die Sie zur Verfügung gestellt gekriegt haben, Equations erkennen kön- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, jetzt nen? würde ich natürlich als alter Forensiker sagen: Also, aufgescheucht war doch die Kohorte zu Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das geht ja einem früheren Zeitpunkt. Wenn die jetzt sozusa- definitiv nicht, weil die werden eben in das - - gen - - Wir müssen jetzt erst noch Thesen bilden, Das amerikanische Datenbanksystem liefert die ob eigentlich das Interesse mehr dahin gegangen an, dann werden die von einer deutschen Daten- wäre, jetzt noch viel zu finden, oder was es für bank - - Überlegungen geben könnte, zu sagen: Wir woll- ten eher gar nichts oder wenig finden. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss ich mal - ich habe schon gewartet - an der Stelle Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Herrn Wolff das Wort geben, weil ich vermute, das geht in Methoden und - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das kann ich nicht sagen. Aber erst müsste man es ausmes- RD Philipp Wolff (BK): Genau. Details dazu bitte sen, wie sozusagen das Zeitprofil war. Also, ich in eingestufter Sitzung. war jetzt nicht damit beauftragt, aber ich bin lei- der auch nicht darauf gekommen; sonst hätte ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wollte es vielleicht abgefragt. Also müssten Sie sich ich auch so detailliert gar nicht wissen. Ich noch mal - - Wenn Sie qualifiziert nachfassen, wollte eigentlich nur wissen, ob Sie die Equa- müssen Sie sich hier mit meinen Auftraggebern tions an den Unterlagen und Dingen, die Sie ein- in Verbindung setzten, ob die es wissen wollen. sehen konnten, herauserkennen konnten.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, das erst mal eine letzte Frage oder ein letztes Thema kann ja keiner; weil man brauchte dazu diesen von meiner Seite aus in dieser Runde: Sagt Ihnen amerikanischen Algorithmus. der Begriff „Equations“ was? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Darf ich den kennen? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wissen Sie mehr? (Der Zeuge wendet sich an RD Philipp Wolff (BK) - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, wir hat- Heiterkeit) ten den Eindruck, dass man bis zum Jahre 2008 zumindest schon mit den Equations Erkenntnisse Ich darf ihn eigentlich nicht kennen - gell? gewinnen konnte. Und mir wäre jetzt die Frage nämlich gekommen, ob man anhand der Excel- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Immerhin Tabellen, oder was auch immer Sie zur Verfü- sagt er Ihnen so viel, dass Sie sich rückversi- gung hatten, irgendwie eine Vernetzung erken- chern. nen konnte zwischen zum Beispiel einer Handy- nummer und einer E-Mail-Adresse. Das ist ja Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie sind ja auch für Sie relevant, zum Beispiel ob Sie zwei in diesen Dingen, was da Geheim und offen ist, Selektoren haben - viel besser bewandert als ich, erfahrene Sicher- heitsprofis. Also, ich habe immer diesen Begriff Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja. der Bündelung gebraucht, weil der andere stand auf der Tabuliste; aber Sie können ruhig weiter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - oder im fragen. Grund zwar zwei Suchbegriffe, aber die zu einer

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 57 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

gleichen Zielperson gehören. Spielt ja irgendwie Stelle bewenden. Der Kollege Wendt hat aber eine Rolle. noch Fragen.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, eine Marian Wendt (CDU/CSU): Herr Dr. Graulich, Verbindung zwischen diesen beiden Welten, also eine kurze Nachfrage: Es geht, wie auf Seite 205 Internetselektoren und E-Mail-Selektoren, habe in Ihrem Bericht dargestellt, um die TKMs und ich nicht hingekriegt. Ich habe die Gesamtvermu- Selektoren. Ähnlich wie der Vorsitzende eben ge- tung - das habe ich ja auch vorhin schon gesagt -, fragt hat, vielleicht noch mal in die andere Rich- wenn man also so einen Permutationsfaktor von tung gefragt: Uns interessieren nicht nur immer 10 nimmt, sind das ja fast die gleich großen Blö- Rufnummern und Selektoren, uns interessieren ja cke. Es heißt, wir haben 2 900 Telefonieselek- im Endeffekt Menschen, die dahinter stehen. toren und das ungefähr Zehnfache, Zwölffache Und was wir uns immer überlegen: Wie viele an Internetselektoren; aber wie die zusammen- Menschen sind denn von solch einer Ableh- gehören - - Also ich habe auch keinen sinnlichen nungsliste betroffen? Wie viele standen auf so Eindruck davon gewonnen - also 2 900 hat man einer 2 000er-Liste? Und gibt es da aus Ihrem Ge- ja eher im Blick als diese zehnfache Menge - - sichtspunkt, aus Ihrem Wissen heraus, Anhalts- keine Ahnung. punkte, dass man sagen kann: Ein TKM - - Also eine Person hat meinetwegen vier TKMs: eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt aber aus E-Mail-, eine Dienstadresse, vielleicht zwei der, sagen wir mal, Tatsache, dass dann die Sum- Diensthandys oder so. Um ungefähr mal eine men ungefähr gleich sind, wenn man da den Fak- Zahl zu bekommen, wie viele, ich sage mal, Per- tor 10 einrechnet, kann man, glaube ich, noch sonen dort betroffen sind, weil wir, glaube ich nicht darauf schließen, dass das dann Equations auch, politisch und in der öffentlichen Debatte wären, - denken, die Leute - - Zehntausende von Leuten wurden hier überwacht, nur weil da die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein. 40 000er-Selektorenliste existiert. Nur um mal diese riesigen Zahlen auch für uns einzuordnen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - weil die Ich nehme vielleicht an, dass, wenn ich hier lese: Zahlen gleich sind. Das wollten Sie auch nicht „Deutsche Auslandsvertretung, TKM 4“, dann machen. wird das sicherlich eine Vertretung betreffen, würde ich jetzt vermuten. Da gibt es eine E-Mail, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein. eine Fax- und eine entsprechende Telefonnum- mer oder Ähnliches. Vielleicht wenn Sie diesen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber in dem Bereich noch mal kurz beleuchten können aus Punkt - - Ihrem Wissensstand heraus. - Danke.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also zumal, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vielen wenn ich da noch anfügen darf, natürlich ver- Dank für die Frage. Also, mich hat das natürlich schärfend hinzukommt: Dadurch, dass ein Tele- häufig begleitend interessiert, also nicht, weil ich fonieselektor ja gleichzeitig ein TKM ist, also das jetzt hobbymäßiger Geheimdienstausforscher bin. nicht permutiert wird, sind das - jetzt fehlt mir Mich interessiert es immer von der Frage: Was da wieder das Fahrgefühl, weil ich eben kein In- organisieren wir eigentlich an öffentlicher Ge- genieur bin - - vermute ich mal, dass das von walt? Also wie lang sind sozusagen die Hebel, vornherein zwei verschiedene Dinge sind. mit denen wir da arbeiten? Und das hat ja was in der Tat, wie Sie fragen, damit zu tun: Also, wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Wie ge- viele Menschen sind da voraussichtlich betrof- sagt, interessant wäre es für mich jetzt gewesen; fen? Ich habe ganz am Anfang - am Ende habe ich aber ja, hilft jetzt auch nichts. Wenn Sie das nicht die Fragen nicht mehr gestellt - die Frage gestellt: sehen konnten, kann ich da nicht weiterfragen an Ist eigentlich das NSA-Aufklärungsprofil zumin- der Stelle. - Gut, dann lasse ich es erst mal an der

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 58 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

dest im Wesentlichen identisch mit dem Such- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und ich profil, was da in Aibling aufgekommen ist? Ich würde auch da noch zu der Stasi nachtragen - die habe keinen gefunden, der dazu etwas Belastba- Kulturecke -: Alexander Kluges Film In Gefahr res gesagt hat. Wenn, würde ich natürlich erst und größter Not bringt der Mittelweg den Tod ihn fragen und um Antworterlaubnis bitten; aber spielt 1973 als Episodenfilm in Frankfurt am da ich nichts gefunden habe, bleibt es bei einem Main. Die für mich interessanteste Episode ist Gedankenspiel. das Auftreten eines DDR-Agentenpärchens in Frankfurt. Und die Jungs und Mädels schreiben Wenn man aber jetzt - man kann das Gedanken- immer valide Berichte im Stil des dialektischen spiel ja weiterführen - da sozusagen bei den Zah- Materialismus nach Hause, bis der Führungsoffi- len so den Divisor 10 einbringt oder so, dann lan- zier kommt und sagt: So geht das hier nicht, wir det man bei einer Zahl, die ist eigentlich - - Das wollen mal so richtig was Hartes haben. - Und ist ja eine globale Zahl jetzt - nicht? Wir reden ja wer auf 1989 abhebt, muss doch sagen: Dieses bei der Gesamtzahl nicht von den 82 Millionen, junge Pärchen hatte völlig recht. die hier in der Bundesrepublik wohnen, sondern Weltbevölkerung, also, ich weiß nicht, 6 Milliar- (Dr. Konstantin von Notz den oder irgend so was. So, darauf bezogen und (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bezogen darauf, dass die Amerikaner natürlich NEN): Wir werden beantra- einen unglaublichen Archipel von sicherheits- gen, das zu den Unterlagen des Ausschusses dazuzu- relevanten Einrichtungen auf diesem Globus un- ziehen als Beweismaterial!) terhalten - - Nicht, weil ich ein Freund von ame- rikanischen Aufklärungssystemen bin - - Also - Okay, sorry. nach dem, was wir da gehört haben, ist ja da alle demokratische Skepsis angesagt. Aber sagen wir Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, ganz mal, die Vorstellung, dass die da wissen, wenn herzlichen Dank. - Weitere Fragen sehe ich der- ein Karpfen aus dem Teich in der Mitte von zeit bei der Union nicht. - Dann kommen wir zur Hanoi springt oder so, das ist alles Fake; also wie nächsten Fraktion, zur Fraktion Bündnis 90/Die auch überhaupt - jetzt bin ich etwas grob - ich Grünen, und Herr Kollege Ströbele hat die Fra- diesen ganzen geheimdienstlichen Selbstüber- gen. schätzungen nicht glaube. Der berühmte Mossad hat den Jom-Kippur-Krieg übersehen, die Amis Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben 9/11 übersehen, IS haben alle übersehen. NEN): Herr Dr. Graulich, ich entnehme Ihrem Also sagen wir mal - das ist jetzt zwar nicht beru- Gutachten auf Seite 129, dass Sie Ihren Auftrag higend, was diese Ereignisse angeht; die waren unter anderem so verstanden haben, die Einsicht- alle schrecklich genug - - Aber man kann das ja nahme der Abgeordneten des 1. Untersuchungs- mal so als Anhaltspunkt dafür nehmen, dass also ausschuss der 18. Wahlperiode zu ersetzen. Ist viele von den Hochrechnungen, die da unter- das zutreffend? nommen werden, doch kleiner unten auf dem Boden ankommen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: In Anfüh- rungszeichen. Marian Wendt (CDU/CSU): Ja, das ist auch mein Eindruck, und Sie hatten ja auch in Ihrem Be- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richt auf Seite 226 [sic!]entsprechend das Ver- NEN): Sie haben damit dann auch meine - - hältnis von Staatssicherheit zu DDR getan: - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: In Anfüh- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. rungszeichen.

Marian Wendt (CDU/CSU): - 200 000 zu 17 Mil- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lionen. Und auch die haben den Mauerfall nicht NEN): Ja, ja, in Anführungszeichen. - Ja, wie kommen sehen, ja. - Danke. haben Sie es denn gemeint? Haben Sie damit

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 59 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

auch meine Einsichtnahme ersetzt, mein Recht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jetzt haben aus dem Grundgesetz in Anspruch genommen? Sie zwei verschiedene Gedanken miteinander verbunden. Die Mitarbeiter des Bundesnachrich- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Auf keinen tendienstes - - Das ist keine andere Situation, als Fall; das ist nicht wegnehmbar. Nur, da Ihnen der wenn Sie eine Sache zu vollstrecken haben gegen Einblick in diese Selektoren vorenthalten wurde, die öffentliche Hand; dann landen Sie regelmäßig lautete der Auftrag, zu versuchen, das, was Ihnen im Verwaltungsvollstreckungsgesetz irgendeines vorenthalten wurde, also der Blick darauf, den zu Landes, und das leitet Sie dann weiter auf die substituieren. Kein Bundestagsabgeordneter kann Hilfe durch die Polizei. Wenn aber gegen die zu substituiert werden. vollstrecken ist - - So ist das halt. Weiter geht es nicht. Wenn ich hier andere Mitarbeiter gehabt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hätte, hätten die wahrscheinlich nicht einen NEN): Und da hatten Sie kein Problem, dass Sie Bruchteil von dem ausgerichtet, was ich durch das jetzt ersetzen sollen, also so einen Auftrag zu diese Zusammenarbeit ausgerichtet habe, weil übernehmen? die von mir eng gestellten Fragen und auch der eng geführte Aufklärungsprozess immerhin das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das gebracht hat, was Sie nachlesen können, ob ist doch so ähnlich wie beim beauftragten Richter Ihnen das jetzt ausreichend erscheint oder nicht. in einer Jury oder so was. Wenn der beauftragt wird, macht er etwas, was natürlich darauf ange- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wiesen ist, dass es von der Jury umgesetzt wer- NEN): Ja. den kann, nicht mehr. Und Sie haben ja noch zu- sätzlich die Möglichkeit, von der Sie ja auch Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Frage nachvollziehbarerweise Gebrauch machen, zu sa- der Übernahme von Texten - und das habe ich gen: Also, wir halten den Ansatz von vornherein völlig offengelegt, wie das ist - - Also, wenn ich nicht für gegeben. Nur, das ändert nichts daran, anders - - wie wenn Sie einen Schriftsatz fertigen dass ich darum gebeten worden bin. und zitieren darin meinetwegen den Bundes- gerichtshof oder so was - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Nun wäre ich nie auf die Idee gekom- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- men - wenn ich jetzt die Mitteilung bekäme, ich NEN): Ja, zitieren, zitieren. Sind da Anführungs- kann da Einsicht nehmen -, jemanden vom Bun- striche, und steht da der Autor dahinter? desnachrichtendienst einzustellen, der mir bei der Einsichtnahme hilft und dann auch beim Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Schreiben des Berichtes unter die Arme greift - - Aber die Frage ist ja hier: Es gibt ja einen Teil als Mitarbeiter zu nehmen. Da wäre ich nicht meiner Mitmenschen in diesem Land, die halten drauf gekommen, weil ich gesagt hätte: Also, also VS offenbar für eine Sache, die irgendwie wenn ich das bei denen da mache, gehe ich mal nicht so richtig zu beachten ist. Ich habe bei die- davon aus: Die haben da gewisse Interessen, die sen Zitierweisen - - Ich habe auch das MoA ja Herren und Damen. - Es sind ja meistens Herren eben nur völlig - - In dem geschlossenen Bericht beim Bundesnachrichtendienst. - Deshalb: Für ist das zitiert. Und da gibt es eben eine Zitier- Ihre Personalauswahl habe ich nur bedingt Ver- sperre, und ich habe jetzt mit diesem Textteil in ständnis. Sie als Richter, der gewohnt ist, mög- der Form, wie ich es verwendet habe, inhaltlich lichst unabhängig zu entscheiden, nimmt sich keine Probleme, da ich keine wissenschaftliche diese Mitarbeiter. Und wie wir jetzt hier auch er- Arbeit geschrieben habe, sondern einen behörd- fahren, sind Teile Ihres Berichtes vom Bundes- lichen Bericht. Aber ich habe kein Problem da- nachrichtendienst geschrieben. Haben Sie da mit, dass da keine Fußnote ist. Ich habe mehr in- keine Probleme? haltlich argumentiert, als das hier einer unter- nommen hat, indem ich darauf hingewiesen habe, wie ich mich genau inhaltlich zu diesen

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 60 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

beiden angesprochenen Fragen verhalten habe. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - und die Ich habe sogar noch auf einen Fehler hingewie- hat mir keiner nennen können. sen, den bis jetzt keiner gesehen hat, der mir heute Morgen aufgefallen ist. Also, ich bin von Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diesen Dingen sehr stark distanziert. NEN): Und das ist die Grundlage dafür, dass Sie sagen: Das ist zuverlässig. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt finde ich in Ihrem unabhängigen Gut- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. achten solche Bemerkungen wie, dass die Selek- toren nur im Rahmen der Nachrichtenübertra- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gung durch Satelliten genutzt worden sind und NEN): Gut. - Und jetzt mit dem, dass das im Ka- nicht im Kabel. Oder ich finde so eine Bemer- bel nicht eingesetzt worden ist - - Da haben wir kung wie - das haben Sie ja hier auch zum Teil auch - deshalb wäre es vielleicht doch besser ge- wiederholt -, dass die Filterung, die G-10-Filte- wesen, Sie hätten das eine oder andere Protokoll rung, zuverlässig sei. Wo haben Sie das her? Wel- gelesen dieses Untersuchungsausschusses - - che Erkenntnisse liegen dem zugrunde? (Martina Renner (DIE Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na, das ist LINKE): Wäre echt gut ja die gleiche Frage, die Herr von Notz vorhin gewesen!) schon angesprochen hat. Das System hat sozu- sagen immer - auf der ersten Stufe; nur von der - - dass das nie im Kabel genutzt worden ist. Wo- rede ich jetzt - alle Erträge erbracht. Wir haben her haben Sie diese Erkenntnis? keinen Ausreißer gefunden. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Moment. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Weil dass das zuverlässig funktioniert - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie mal in den Kabeln nachgeguckt, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. oder wie?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sekunde, NEN): Wir haben Grund, zu zweifeln, nicht nur das ist nicht mein Untersuchungsgegenstand. wegen eines vom BND selbst erstellten Gutach- tens, sondern auch weil wir Zeugen hier gehört Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben, die gesagt haben: Das konnten wir irgend- NEN): Nein, aber dann können Sie so was nicht wie hundertprozentig nicht sagen. - Da ging es reinschreiben - verstehen Sie? Da steht drin, dass dann um 90 oder 93 oder 95 Prozent. - Wie kom- es nur in Verkehren, Satellit usw. - - men Sie zu dieser Aussage? Das ist jetzt, was mich daran nur interessiert. Weil Ihnen das je- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Moment. mand vom BND gesagt hat? Oder haben Sie da Können Sie mir die Textstelle zeigen, auf die Sie selber Erkenntnisse? sich beziehen?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe verschiedentlich gefragt, ob es denn identi- NEN): Habe ich jetzt nicht da. Also, Sie sagen, fizierte Ausreißer gegeben hat - ich rede nur von das haben Sie gar nicht geschrieben? der ersten Stufe, nicht von der zweiten oder drit- ten -, - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, das würde mich jetzt interessieren, was Sie für eine Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Textstelle meinen. NEN): Ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 61 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber mir war bekannt, dass „Eikonal“ ja eben ein NEN): Ja. Wir können Ihnen das raussuchen. leitungsgeleiteter Telekommunikationsverkehr ist, wo offensichtlich irgendwelche Aufklärungs- (Dr. Konstantin von Notz maßnahmen stattgefunden haben und möglicher- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weise mit Selektoren. Das weiß ich aber nicht; ist NEN): Gleich, eine mir nicht bekannt. Minute!) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir gehen da mal weiter. Können Sie sich erin- NEN): Ja. nern, ob darüber mit Mitarbeitern des Bundes- nachrichtendienstes gesprochen wurde, was die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Aber dass Ihnen dazu gesagt haben, also für was diese Se- Selektoren sich dazu eignen, auch in leitungsge- lektoren benutzt worden sind? bundenen Verkehren eingesetzt zu werden, habe ich immer als gegeben unterstellt. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach so, Ent- schuldigung. Das - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja, ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die NSA-Selektoren, die ausgesondert Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe worden sind. keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass das anders - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der Untersuchungsgegenstand waren exakt diese Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 40 000, die eben nur für die Satellitenaufklärung NEN): Hat Ihn- - Ich muss immer so schnell ma- eingesetzt wurden. Was mit Selektoren ansonsten chen, weil wir ja nur ganz wenige Minuten ha- geschieht, habe ich mich - sozusagen informandi ben. causa - unterrichten lassen. War aber nicht mein Untersuchungsgegenstand. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, sorry.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, wir suchen das ja raus. NEN): Da bitte ich um Nachsicht. Deshalb drän- gele ich da. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, ist Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schon klar. NEN): Aber die Frage: Haben Sie darüber auch gesprochen, ob die nur in dem satellitenvermit- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- telten Verkehr benutzt werden - NEN): Hat Ihnen irgendeiner mal erzählt beim Bundesnachrichtendienst, dass sie, der Bundes- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja klar. nachrichtendienst, davon ausgehen, dass diese Selektoren der NSA insgesamt immer oder welt- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weit benutzt werden, dass also das immer die NEN): - oder auch im Kabel, zum Beispiel gleichen Selektoren sind? Spricht ja auch einiges „Eikonal“? Haben Sie vielleicht auch drüber in dafür. der Zeitung gelesen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ja. Also, habe dazu - - Also, mit einem Amerikaner habe „Eikonal“ war natürlich immer der bekannte Vor- ich ja nicht gesprochen, und von den BND- fall im Hintergrund. Aber ich habe natürlich Leuten, mit denen ich gesprochen habe, keine nicht über Details von „Eikonal“ gesprochen. irgendwie belastbare Auskunft erhalten. Das

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 62 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

waren meine eigenen Gedanken, die ich mir - Ja, dann passt es. Dann hätten wir noch genau gemacht habe. die 17 Minuten. Dann wären wir auch mit der zweiten Fragerunde durch. - Dann gebe ich das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wort der Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. NEN): Haben Sie mit den Mitarbeitern des Bun- desnachrichtendienstes, Ihren Mitarbeitern oder Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- Befragungspersonen darüber gesprochen, ob sie der. - Herr Dr. Graulich, ich würde mit Ihnen sich gewundert haben, dass die NSA so was ein- jetzt vielleicht doch noch mal auch über die drei, stellt? Oder umgekehrt gefragt: Haben Sie mal ich nenne das jetzt mal Bewertungsmaßstäbe von denen gehört: „So was würden wir nie tun, sprechen. Also, wir haben einerseits als Bewer- wir, der BND“ - also solche Selektoren für Regie- tungsmaßstab: „Was entspricht dem MoA, und rungen, was weiß ich, Botschaften, Wirtschafts- was ist jenseits dessen?“, ich sage mal, „Was ent- unternehmen, da einzustellen -, “Wir verstehen spricht den geltenden Rechtsgrundlagen, deut- gar nicht, wie die NSA so was tun kann“? schen Rechtsgrundlagen, die den Rahmen derzeit bilden für die Tätigkeit des Bundesnachrichten- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danach dienstes?“, und wir haben ein sehr unscharfes müssten wir dann zur nächsten Fraktion kom- Kriterium, was darüber hinausgeht, was ja auch men, nach der Beantwortung. dann im MoA angelegt ist selber noch mal, näm- lich das Kriterium der deutschen Interessen. Und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, nach ich würde jetzt ganz gerne noch mal sozusagen meinem Eindruck wird da mit großer Professio- die Rechtsfolgenseite betrachten. Also, wenn et- nalität gehandelt. Und so wie wir als Juristen uns was gegen das MoA verstößt, also wenn, ich sage vielleicht nicht über Mord und Todschlag und mal, einerseits der Fall: Der andere Dienst ver- Scheidung so sehr aufregen, weil das irgendwie sucht, Selektoren zu steuern, die dem Wortlaut unser Geschäft ist - - Ich habe keinen Hinweis da- und dem Geist dieses Abkommens wider- - also rauf gefunden, dass es da jetzt irgendwie, was nicht in Einklang zu bringen damit sind - - Was weiß ich, eine Emotionalität oder so gegeben hat. ist aus Ihrer Sicht da die Rechtsfolge? Und umge- kehrt auch der Fall, wenn der BND so was dann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- steuert tatsächlich. NEN): Nein, dass Sie das auch tun, der BND das auch tut. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich nehme den härtesten Fall: Mal angenommen, er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt - - wird auf einen G-10-Selektor aufmerksam und „winkt den durch“, in Anführungszeichen. Dann, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Gut, also ich habe jetzt nicht alles strafrechtlich geprüft, das war auch nicht meine Fragerichtung. Das aber wäre das völlig im roten Bereich, also wäre wäre nun eine Fragerichtung gewesen, in der ich eben ein Verstoß gegen alle Rechtsvorschriften, keinen Aufklärungsauftrag hatte und wo ich auch die eben das Telekommunikationsgeheimnis und nicht nachgegangen bin. was damit verbunden ist, schützen. Das ist gar keine Frage. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, ich gucke gerade, wann die namentliche Abstimmung ist. Christian Flisek (SPD): Sozusagen, dann wäre Das wird gerade recherchiert. Weil wir kämen das der Verstoß gegen das deutsche Verfassungs- jetzt zur Fraktion der SPD. Es macht aber keinen recht und gegen das einfache deutsche Recht Sinn, wenn wir das jetzt zerstückeln. sozusagen, -

(Martina Renner (DIE Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, LINKE): 17.05 Uhr!) genau.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 63 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): - einschließlich dann der BND ist ja - - unterliegt ja dem Verwaltungs- auch des Verstoßes gegen das MoA, wie die recht -, dass man sich dort eine Unterlassung Rechtsfolge - - Was wäre jetzt ein Fall, wo wir - - überlegt in dieser ganz allgemein gefassten Form. Wir können ja uns einen Verstoß gegen das MoA Aber das müsste auch erst festgemacht werden an denken, der nicht zwingend auch ein Verstoß ge- eine Definition. Das heißt, wir brauchten einen gen deutsches Recht wäre. dann am Ende irgendwo normwirksamen Punkt, an dem die deutschen Interessen definiert wer- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das den. Ich habe ja da so eine Normensammlung ist dieser Fall, der jetzt aber - da mache ich kei- eingebracht, also wo versucht worden ist, in ganz nen Hehl raus - völlig in der Diskussionszone verschiedenen deutschen Gesetzen diesen Begriff liegt. Also, ich nehme mal den nachträglich als von deutschen Interessen oder jedenfalls ähnlich Deutschen erkannten reinen Auslandsdeutschen, lautenden Begriffen aufzufinden. Das führt aber also der sich dauernd im Ausland aufhält, auch zu keiner gescheiten Dichte. Also, im Grunde ge- mit einem ausländischen Telekommunikations- nommen ist das, was das Bundeskabinett mit betreiber, und dort - - So. Der hat natürlich - - dem Aufklärungsprofil macht, ja der richtige An- nimmt seinen Grundrechtsschutz mit, also nach satz, um zu sagen: Hier formiert sich ein politi- meinem Verständnis. Also, ich teile da das Ver- scher Wille und richtet sich auf ein Behörden- ständnis, das die Amerikaner im Wesentlichen handeln aus. Nur, das ist eben die andere Rich- teilen. Die sagen: Unser Grundrechtsschutz haftet tung; das ist die Richtung, an den BND zu sagen: den Menschen an, die zu unserer Rechtsordnung Eure Aufklärungskapazitäten verwendet bitte da- gehören; das nehmen sie auch mit vor Eingriffen rauf, dass ihr dieses Profil bedienen könnt. - So, durch unsere Staatsmacht. Und das wäre eben so wenn wir jetzt den Effekt haben wollten, der ein Fall, wenn sich ein deutscher Staatsbürger im Ihnen möglicherweise vorschwebt, müssten wir Ausland aufhält, aber sozusagen in einer völlig jetzt sozusagen einen irgendwie zu formulieren- ausländischen Telekommunikationsumgebung. den Willen haben, sagen wir, der deutschen Re- Und jetzt merken wir das. So, jetzt ist ja der typi- gierung, die dem Auslandsnachrichtendienst sche Fall - das sind auch nur die Fälle, die ich sagt: Also, wo auch immer ihr auftretet oder im jetzt zu beobachten hatte -, dass der dann rausge- Bunde mit anderen Nachrichtendiensten seid, nommen wird aus der Steuerung, also nicht mehr habt ihr nicht nur folgendes Aufklärungsprofil zu „angegriffen“ wird, in Anführungszeichen. So, betrachten, sondern ihr habt auch folgendes jetzt wäre die Frage: Was wäre, wenn das gleich- Schutzregime zu betrachten. - Aber rechtlich im- wohl geschähe? Jetzt bin ich auf die Frage vorbe- plementiert oder konstitutionalisiert ist das im reitet. Ich müsste jetzt gucken - wie die straf- Moment nicht. rechtliche Wirkung ist, überblicke ich jetzt im Augenblick nicht -, ob die Normen, mit denen Christian Flisek (SPD): Gut. Ja, also ich höre wir es zu tun haben, auch eine Auslandsgeltung schon daraus, dass das auch aus Ihrer Sicht beanspruchen. Weiß ich nicht. Ich wäre zurück- grundsätzlich ein Defizit sein könnte. Umgekehrt haltend. Aber der Bereich ist gravierend weiter- gefragt: Ist Ihnen denn bei Ihrer Arbeit aufgefal- hin. len, dass irgendein auf der Operationsebene täti- ger Mitarbeiter jemals irgendeine Handreichung Christian Flisek (SPD): Was ist denn die Rechts- gehabt hat, was deutsches Interesse denn sein folge bei einem bloßen Verstoß - ich sage jetzt könnte? Weil das ist ja ein sehr schillernder Be- „bloß“ in Anführungsstrichen - gegen deutsche griff, und das Auftragsprofil der Bundesregierung Interessen? wird gehütet wie der Heilige Gral, und insofern denke ich mal - auch nach dem „Need to know“- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das ist Prinzip -, das kennt da nicht jeder unten. Und so, wie wir im Augenblick die Normenlage ha- selbst wenn er es kennen würde, wäre es wahr- ben - - passiert also auf der strafrechtlichen scheinlich schwierig, den einzelnen Selektor dort Ebene nichts. Das könnte nur eingefangen wer- auf der unteren Hierarchieebene drunterzusub- den auf der verwaltungsrechtlichen Ebene - also sumieren. Das heißt, wir reden die ganze Zeit von

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 64 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

drei Stufen, wir reden auch davon, dass diese würden Sie sagen: „Na ja, dieses Internet, die Ar- deutschen Interessen zu beachten sind bei der chitektur im Prinzip, so wie das aufgebaut ist, die Prüfung und bei der Filterung von Selektoren, paketvermittelte Kommunikation, da ist es ir- aber stoßen offensichtlich da in einen Bereich gendwie völlig wurscht, ob man den Knoten vor, wo wir feststellen müssen: Das ist nie pas- Frankfurt jetzt, ob man da sozusagen seinen siert. - Weil der ehemalige BND-Präsident Han- Horchposten aufbaut oder ob man das in Singa- ning saß hier, der hat gesagt, in seiner Zeit gab es pur oder sonst an irgendwelchen Knoten macht; so was nicht, und das hat sich bis zum Ende jetzt überall auf der Welt können eben da die relevan- fortgesetzt. Also, die ganzen Mitarbeiter haben ten Pakete durchrauschen“? Und da stellt sich uns gesagt, sie kennen das gar nicht. Und haben dann für uns die Frage: Wo müssen wir da anset- Sie irgendwann mal so was gefunden, so eine zen? Können wir uns damit begnügen, zu sagen Handreichung, wo man mal irgendwie versucht bei einer Neuregelung: „Wir beschränken uns auf hat, runterzubrechen: „Was sind deutsche Inte- deutsche territorial begrenzte Erfassung“, oder ressen?“, außer dem, was Sie jetzt versucht haben müssen wir da nicht eher global denken? zusammenzustellen? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das ist Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist klar. ja eine schwerwiegende Frage, weil da sind ja im Also, ich habe zwar den Eindruck, dass es da Grunde genommen die IT-Sicherheit, die Cyber- eine Corporate Identity gibt; aber ich habe nicht sicherheit und die Aufklärung verbunden. Also den Eindruck - - Ich habe ja auch bei der Frage man kann das ja gar nicht trennen, das hängt ja „Wer kennt dieses MoA?“ oder so - - Da ist ja im zusammen, so wie ich das übrigens auch - das Grund genommen nur eine ganz rudimentäre meine ich jetzt nicht polemisch; das ist wirklich oder eher defizitär zu bezeichnende Kenntnis. eine schwierige Situation - - Wenn man sich Also das gibt es da nicht. Wie sich sozusagen ernsthaft über die Funktion von Sicherheits- diese Art von Willensbildung im BND organi- behörden Gedanken macht, insbesondere jetzt siert, dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß es hier von Nachrichtendiensten, und man natür- nicht. lich auf der einen Seite zu Recht kritisch guckt, fragt: „Was machen die da eigentlich, die können Christian Flisek (SPD): Gut. Also, unser Eindruck ja hochinvasiv vorgehen. Dürfen sie das?“, auf ist der, dass es, wie gesagt, aufgrund der Tatsa- der anderen Seite ich immer wieder in Diskussio- che, dass das nicht runtergebrochen wurde, von nen auch an einen Punkt komme, wo dann die Anfang an dann im Ergebnis auch tatsächlich Leute sagen: „Ja, die müssen uns aber auch schüt- nicht wirklich stattgefunden hat, also diese dritte zen“, was auch völlig richtig ist - - Und so ist das Stufe im Wesentlichen leerlief. ja mit der Infrastruktursicherheit. Also derselbe Knoten, der infiltriert werden kann durch eine Ich würde Sie jetzt gerne noch mal auch zu Aufklärungsmaßnahme, Abhörmaßnahme ist einem anderen rechtlichen Aspekt befragen. Wir auch der Knoten, der gehärtet werden muss, weil haben ja jetzt gerade über diese gesamten The- sonst gegen die Gemeinschaft gerichtete Dinge men, Weltraumtheorie, auch schon diskutiert, die dort passieren können. Und im Grunde genom- ja alle irgendwo, ich sage mal, einen Zweck ver- men muss das - - hängt das eng miteinander zu- folgen: den Anwendungsbereich deutschen sammen. Wir haben insofern eine klare Tren- Rechts zu erweitern oder zu beschränken - in nung. Der Bundesnachrichtendienst ist ja nicht dem Fall eher zu beschränken. Wenn man sich für innen zuständig, das heißt also, hier im gan- die Architektur des Internets vor Augen hält, bei zen deutschen Raum hat er ja keinerlei Aufklä- der Frage „Wo soll sich eine jetzt neu zu formu- rungskompetenz; also das geht an die - - das Bun- lierende Rechtsgrundlage und dann auch ein an- desamt an oder - - knüpfendes Kontrollregime ausrichten?“, würden Sie da sagen, das reicht aus, wenn wir uns be- Christian Flisek (SPD): Na ja, darum war Frank- schränken darauf, dass es sich nur um Erfassun- furt ja auch sogenanntes virtuelles Ausland. gen im Inland, also in Deutschland, handelt, oder

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 65 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, okay. Klammer zu -, dann ja, weil dann haben Sie das Gut, ich will jetzt diese Diskussion, die man na- Ganze ja im Griff. Also, Sie haben den ganzen türlich mit hoher Komplexität führen kann, nicht deutschen Nachrichtendienst oder Auslands- einfach mit der Hand in der Hosentasche ma- nachrichtendienst im Griff, wenn Sie ihn bei den chen. Das ist ein schwieriges Feld. Aber die, sa- Aufgaben packen. Wenn Sie bei den Grundrech- gen wir mal - - Dass man Aufklärungskapazitäten ten anfangen zu diskutieren, vermute ich, dass es in vielen Bereichen braucht, halte ich für unstrei- irgendwie nicht richtig in den Griff zu kriegen tig, Deshalb finde ich ja den Weg der Kooperation ist, aber bei der Aufgabe ja. Und da können Sie einen intelligenten Weg. Also das - - auch nach dem Erfahrungsmaterial, was ja jetzt vorliegt, natürlich sich auch überlegen, wie hoch Christian Flisek (SPD): Ja, aber wenn ich kurz da- Sie die Relevanz von Kooperationen einschätzen, zwischengehen darf: - und können entsprechend dort auch Vorbehalte oder was auch immer regeln, was ich sogar übri- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. gens für sinnvoll halte. Weil ich habe dieses MoA zwar mit wirklich großem juristischen Interesse Christian Flisek (SPD): - Also, wir stehen ja jetzt mir betrachtet; aber sagen wir mal, wenn es zu- vor der Frage der möglichen Neuregelung, und da trifft, dass das im Grunde genommen auf der Lei- stellt sich mir die Frage, ob es, wenn wir bei die- tungsebene unseres Gemeinwesens nicht so rich- ser Neuregelung ansetzen, angesichts dessen, was tig im Bewusstsein war, würde ich sagen: Das wir vorfinden an technischer Realität, was die sollte vielleicht doch nachgeschaltet werden. Architektur des Internets betrifft und wie moder- ne Kommunikation organisiert ist, da überhaupt Christian Flisek (SPD): Okay. - Ich habe eine irgendeinen Sinn macht, zu unterscheiden, ob Frage jetzt noch zum Schluss. Es gibt einen Be- sozusagen der Ansatz im Inland stattfindet oder richt, den auch wir nicht haben, den Sie erstellt im Ausland. Weil - ich spinne das jetzt einfach haben, nämlich den Bericht für das Bundeskanz- weiter - natürlich bei der Kreativität in der Aus- leramt. Meine Frage an Sie: Muss ich davon aus- legung, die an den Tag gelegt wird, kommt man gehen, dass in dem Bericht irgendetwas steht, natürlich sehr schnell auf die Idee und sagt: Na Wichtiges, was uns vorenthalten wird? Was steht ja, wir machen dann jetzt vielleicht eine Rege- in diesem Bericht drin? Na ja, Sie können das ja lung der Routineverkehrsüberwachung bei Zu- mal abstrakt beschreiben, ohne jetzt in concreto griffen im Inland; aber sobald man auch im Rah- den Inhalt hier wiederzugeben. men einer Kooperation irgendwo im Ausland tä- tig ist, weiß der Kuckuck wo, ist man außen vor. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. - Also, da mir ein Maximum an Transparenz und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ist ja Nachvollziehbarkeit in diesem geheimen Bereich klar. ein Anliegen war, ist von vornherein das ganze Berichtsthema aus diesen drei Versionen nach Christian Flisek (SPD): Ich sage ganz offen mal einem einheitlichen Muster aufgebaut worden, zu Beginn meine Meinung: Ich sehe, dass man so das heißt also, der Bericht der Bundeskanzlerin, nicht differenzieren darf, weil das Ergebnis ist nennen wir ihn mal, hat exakt denselben Aufbau, dasselbe, und die Schutzbedürftigkeit, über die dieselbe Gliederung wie der Bericht, den Sie als wir reden, und die Notwendigkeit rechtlicher offene Version bekommen haben, und auch der, Rahmen und auch einer entsprechenden Kon- den Sie jetzt da im Geheimschutz oder für den trolle ist dieselbe. Ich würde Sie gerne fragen, ob Ausschuss bekommen haben. Die sind exakt Sie es genauso sehen. identisch aufgebaut. Sie sind nur ausgedünnt, das heißt - - Wobei ich es von vornherein so ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, wenn macht habe - ich musste es ja am Ende irgendwie Sie an der Stelle ansetzen, über die wir vorhin unter Zeitdruck versuchen, zu packen -, dass ich gesprochen haben, nämlich der Aufgaben- die von vornherein klar hochgeheimhaltungs- beschreibung - Klammer auf: vielleicht Befugnis; bedürftigen Sachen in die Endnoten gepackt

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 66 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

habe, weil sie dann leichter auch herauszulösen Deswegen ist jetzt für alle, außer für die Kollegin- waren, ohne dass der Aufbau des Berichts beein- nen und Kollegen, die jetzt zur Abstimmung trächtig war. So, da steht jede Menge Zeug drin, müssen, eine Pause bis 18 Uhr. Um 18 Uhr geht was jetzt wieder in dieser Geheimschutznomen- es weiter. Die Sitzung ist unterbrochen. klatur - - also mit irgendwelchen MoA-Zitaten und so, was ich jetzt nicht so aufregend finde, (Unterbrechung von aber was zum Teil das ausfüllt. Das Härteste, was 16.57 bis 18.09 Uhr) da drinsteht, sind halt Erkenntnisse aus der Auf- schlüsselung dieser Selektoren, die zum Teil Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr eben dann bis auf einzelne Personen - keine geehrten Damen und Herren, jetzt fangen wir an. Deutschen natürlich - herunterreichen. Das un- Es ist ja auch knapp nach 18 Uhr. Ich freue mich, terstellt - - dass alle wieder da sind. Wir setzen die unterbro- chene Sitzung des Untersuchungsausschusses Christian Flisek (SPD): Gut. Also jetzt mal umge- fort mit der nächsten Fragerunde. In dieser Frage- kehrt gefragt: Wenn ich den Bericht der Bundes- runde beginnt auch die Fraktion Die Linke mit kanzlerin hier sehen würde im Vergleich zu dem Frau Kollegin Renner. Bericht, den wir dann in der Geheimschutzstelle haben, würde ich dann in meiner Bewertung, die Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Danke, Herr ich dann hätte, außer dass ich vielleicht einzelne Vorsitzender. - Ich möchte gerne noch mal zu Selektoren kennen würde, zu einer anderen Be- Fragen zurückkommen, die schon mal angeklun- wertung kommen? gen sind, aber für uns noch nicht hinreichend von Ihnen beantwortet wurden. Zu der ganzen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, nach Problematik der NSA-Selektoren gehört ja nicht meiner Überzeugung nein. Der Punkt, weshalb nur, welche Spionageziele seitens der NSA über- ich ja da auf der Seite der Opposition - - mein geben wurden, sondern, in welchem Datenmate- Herz auf der Seite der Opposition schlägt, was rial des Bundesnachrichtendienstes diese einge- deren Begehren angeht, die Selektoren sehen zu setzt werden sollten und gegebenenfalls auch wollen, ist ein prinzipieller, weil ich jeden Abge- eingesetzt wurden und gegebenenfalls am Ende ordneten verstehen kann, der sagt: Ich lasse mir des Einsatzes dann auch Meldungen produziert nichts vorenthalten. - So, und dann muss die wurden, die der NSA wieder übergeben wurden. Grenze gefunden werden, wo die verläuft. Die Das heißt, wir sprechen hier, wenn wir diesen muss nicht ich ziehen, sondern die muss, wenn Vorgang behandeln, über den ganzen Bereich der die Abgeordneten das wissen wollen, Karlsruhe Datenverarbeitung, der Datenerfassung, der -spei- ziehen; das ist gar keine Frage. Das kann ich ver- cherung, der -verarbeitung und der -weiterrei- stehen. Aber jetzt sozusagen materiell von meiner chung. All diese Elemente sind für uns rechtlich, Betrachtung kann ich nur sagen: Also, ein gelern- aber insbesondere auch datenschutzrechtlich zu ter Jurist, der das mit seiner Routine durchliest, betrachten. wird da nichts finden, was ihn irgendwie „Ah!“ und „Oh!“ aufschreien lässt. Und deswegen würde ich gerne noch mal von Ihnen hören, was Grundlage Ihrer Beurteilung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- war hinsichtlich der Frage, in welchen Daten die lichen Dank. - Wir müssen fortsetzen, nachdem NSA-Selektoren eingesetzt wurden, ob es sich wir die namentliche Abstimmung durchgeführt hierbei lediglich um Satellitenerfassung oder haben. Da werden jetzt die Abgeordneten näm- auch Kabelerfassung gehandelt hat, in welchen lich alle hinlaufen. Wir unterbrechen daher die Außenstellen des Bundesnachrichtendienstes die Sitzung bis 18 Uhr. Es sind nämlich zwei na- NSA-Selektoren liefen, ob es Unterschiede in den mentliche Abstimmungen. Da einen kurzen Zeit- Außenstellen gab hinsichtlich der Art, der An- raum wieder hier hinzukommen, wieder drei Fra- zahl und der Dauer des Einsatzes, ob es Unter- gen zu stellen und wieder in die zweite nament- schiede in den Außenstellen gab hinsichtlich des liche Abstimmung zu gehen, macht keinen Sinn.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 67 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Datenmaterials, auf den die NSA-Selektoren aus- daille, die im Kern eine rechtswidrige Koopera- gerichtet waren, und inwieweit Meldungen so- tion beschreiben. Und man kann sich nicht nur wohl in Pullach als auch in den Außenstellen aus eine Seite angucken, die Selektoren, und nicht dem Einsatz der NSA-Selektoren an die NSA fragen: In was sollen die Selektoren eingesetzt übergeben wurden. War das Gegenstand Ihrer werden, und woher stammen die Daten? Sind die Untersuchung? rechtmäßig erworben? Oder sind die - wie in dem Falle - unter Legende bei der Deutschen Telekom, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das ich nenne es jetzt mal, abgezogen worden? - Das meiste von dem, was Sie jetzt in den Fokus ge- hätte ich mir gewünscht, dass man sich diese nommen haben, war nicht Gegenstand meiner Frage eben auch stellt. Untersuchung. Ich hatte weder was mit anderen Außenstellen zu tun, noch hatte ich mit leitungs- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich geführtem Telekommunikationsverkehr zu tun, habe keinen Zweifel daran, dass im Rahmen der weshalb ich auch dazu nichts sagen kann. Also, Untersuchung dieses Ausschusses das ganz wich- diese 40 000 Selektoren stammen jedenfalls nicht tige Zusammenhänge sind. Aber mein Auftrag aus einem solchen leitungsgebundenen Verkehr. hat sich darauf nicht erstreckt.

Ich habe auch nichts zu tun mit den Erfassungen. Martina Renner (DIE LINKE): Das muss man Also, mein Auftrag geht nur - - Deshalb habe ich auch wissen - deswegen, weil es einen Zusam- vorhin versucht, bei dieser Funktionseinheit von menhang gibt zwischen den Leitungen, die die Bad Aibling zu beschreiben - - Also, mein Be- NSA haben will von der Deutschen Telekom, schäftigungsgebiet endet an der Stelle, wo die Se- und den Selektoren, die sie einstellt. Daraus kann lektoren rausgenommen werden. Ich weiß auch man auch Rückschlüsse auf die Spionageziele na- nicht, was an Erfassungen erzielt wurde. Mir ist türlich ziehen. - Aber gut. Sie haben sich diese immer gesagt worden - das ist aber jetzt, wenn Protokolle nicht angesehen, Sie haben sich nicht Sie so wollen, auch nur in Anführungszeichen, die Erfassung angesehen, Sie haben sich nicht die „Bonusprogramm“; war nicht Gegenstand meiner Datenverarbeitung angesehen, sondern nur die Untersuchung -, dass es auch keine systematische Selektoren. Kenntnis über diese Erfassung gab. Aber das kann ich jetzt nicht kraft eigener Untersuchung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt hätte sagen. Ich habe dazu keine Fragen gestellt, die in Herr Wolff eine Anmerkung. Ich weiß nicht, diesen Bericht Eingang zu finden hatten. ob - -

Martina Renner (DIE LINKE): An der Stelle wäre Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich weiß es wirklich hilfreich gewesen, Sie hätten sich die jetzt auch nicht, was ich gesagt habe, was jetzt Protokolle des Untersuchungsausschusses ange- eine Anmerkung - sehen. Es ist unstreitig, dass die NSA-Selektoren in Bad Aibling auf leitungs- und paketvermittel- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich weiß es ter Kommunikation, die aus Kabeln gewonnen auch nicht. wurden bei der Deutschen Telekom, eingesetzt wurden und auch aus diesem Bereich nicht nur Martina Renner (DIE LINKE): - der Bundesregie- Meldungen an die NSA gegangen sind, sondern rung erforderlich macht. Metadaten aus dieser Erfassung ausgeleitet wur- den. Das ist ein ganz zentraler Punkt, über den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, aber wir hier seit Wochen reden, weil es gehört beides vielleicht hilft es irgendwie. dazu: die anlasslose Massenüberwachung bei der Deutschen Telekom unter Vorspiegelung eines RD Philipp Wolff (BK): Ich wollte nur sagen, weil G-10-Antrages und der nachträgliche Einsatz der Sie sagen, das wäre gut gewesen, wenn er sich NSA-Selektoren. Das sind zwei Seiten einer Me- das angeschaut hätte: Es wäre auch gut gewesen,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 68 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

wenn man die durchaus klugen Fragen dann den, die an die NSA gegangen sind, aber viel- auch gestellt hätte, Frau Renner. leicht möglicherweise nicht nur an die NSA, son- dern auch an andere. Das war kein geschlossenes Martina Renner (DIE LINKE): Ach! System. Es hatten an verschiedenen Stellen ver- schiedene Institutionen der Geheimdienste Zu- RD Philipp Wolff (BK): Das wäre überhaupt kein griff nicht nur auf die Selektoren, sondern auch Problem gewesen. Dann frage ich mich aber, wa- auf die Ergebnisse, die nach dem Selektoren- rum Sie die Fragen heute stellen. durchlauf erzielt wurden. Und deswegen ist das kein geschlossenes System. (Christian Flisek (SPD): Das ist allerdings sehr richtig! Also, auch an der Stelle kann man nur zu der Wenn man sich an der Auffassung kommen: Wenn einem das jemand in Fragestellung nicht betei- den Block diktiert, der ein bestimmtes Interesse ligt und jetzt vorwirft, was verfolgt - - das hat aber mit der materiellen er alles hätte tun müssen! - Dr. Konstantin von Notz Grundlage der Datenverarbeitung in Bad Aibling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- überhaupt nichts zu tun. NEN): Vielleicht kann die Flügelzange Flisek/Wolff Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich sich mal einigen, wer den nehme das jetzt erst einmal als Anmerkung mit. Vortrag macht! - Gegenruf Also, die Beschränkung meines Untersuchungs- des Abg. Dr. André Hahn auftrages ist jetzt nicht meinem Wunsch entspre- (DIE LINKE): Das ist eine chend, sondern ich habe das einfach so hinge- Doppelspitze!) nommen, wie das formuliert worden ist. Deshalb, wenn Sie da ein Mehr hätten haben wollen oder Martina Renner (DIE LINKE): Wir versuchen hier sich gewünscht haben oder hätten, halte ich mich einfach, herauszuarbeiten, - jetzt raus. Das geht mich nichts an. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich halte jetzt Was die Frage des geschlossenen Systems angeht: erst mal die Zeit für Frau Renner an. Also, das, was ich erläutert habe, gilt immer für: solange es im geschlossenen System ist. Sie ha- Martina Renner (DIE LINKE): - warum in diesem ben es jetzt nicht besonders konkretisiert. Aber Behördenbericht an verschiedenen Stellen eben wenn es Abzweigungen gibt, dann ist eben in Auffassungen vertreten werden, die auch aus dem Moment, wo eine Abzweigung gebildet wird dem Verlauf der Beweisaufnahme aus unserer und es der menschlichen Kognition zugänglich Sicht nicht haltbar sind. Und das versuchen wir wird - - tritt von da an der Grundrechtseingriff natürlich auch darüber zu erfragen, welche ein, wo auch immer der ist; dazu kann ich jetzt Grundannahmen und Informationen man sich nichts sagen. Also, das, was ich zu untersuchen entsprechend sozusagen im Vorfeld dann sozu- hatte, ist jedenfalls in diesem Abschnitt geschlos- sagen zu eigen gemacht hat. sen gewesen. Es ging ja auch immer um die Frage, wo diese Erträge hingehen. Ich habe das Es geht mir auch noch darum: Sie sagten vorhin, nur beschrieben, um das System, sozusagen das es findet kein sozusagen Eingriff in das Recht auf Modell, zu beschreiben. informationelle Selbstbestimmung statt, weil ja die Daten in einem geschlossenen System ver- Wenn Sie sagen: „Das ist an irgendwelchen Stel- arbeitet wurden. Und da muss ich sagen: Das ist len anders betrieben worden“, oder: „Weil es ver- auch eine vollkommen irrige Auffassung, weil quickt war mit anderen Betriebsteilen der Nach- eben das kein geschlossenes System war. Es gab richtendienste“, dazu kann ich nichts sagen, also Ableitungen von Metadaten aus der Erfassung an jetzt weder zustimmend noch ablehnend. Das die NSA, und es sind Meldungen generiert wor- habe ich nicht zu untersuchen gehabt.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 69 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie denn 90/Die Grünen, und Herr Kollege Ströbele hatte mal die Frage gestellt, wo überall diese NSA- schon angesetzt. Es fängt aber Herr von Notz an. Selektoren eingesetzt werden? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, so- NEN): So ist es. Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - weit mein technischer Sachverstand gereicht hat Herr Graulich, ich wollte noch mal tatsächlich von einem bestimmten Zeitpunkt, war mir völlig dieser Frage auf den Grund gehen. In dem Gut- klar, dass - - Ein Selektor ist ja irgendeine Soft- achten sprechen Sie eben mehrfach davon, dass ware, sage ich mal als Laie, und die kann natür- lediglich Satellitenverkehre mit diesen Selekto- lich an beliebig vielen Stellen eingesetzt werden. ren durchforstet werden. Ich könnte Ihnen jetzt So was verbraucht sich ja nicht. Das ist wie eben die Stellen sagen. Das ist auf Seite 78 so. Und eine Software, die wir auf dem Computer nutzen dann sagen Sie es noch mal auf Seite 196 f., und und die auch auf diesem oder auf einem anderen da enden Sie dann mit der Conclusio: Computer genutzt werden kann. Ich habe keinen Zweifel, dass diese Selektoren, diese unver- Das Quantum der auf eine solche brauchbaren Selektoren, auch in anderen Zusam- Weise erzielbaren Erfassungen ist menhängen genutzt werden können. eher klein im Vergleich zu erwart- baren Erfassungen von leitungsge- bundener Telekommunikation, (Hans-Christian Ströbele mit denen die vorliegend unter- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- suchten Selektoren aber nichts zu NEN): Warum schreiben tun haben. Sie das Gegenteil denn in das Gutachten rein?) (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich merke, GRÜNEN): Haben!) andere Fraktionen wollen auch reden, und die Zeit ist auch abgelaufen. - Haben. - So, und jetzt frage ich mich: Wie kom- men Sie darauf? Also, ich unterstelle Ihnen gar Martina Renner (DIE LINKE): Ist schon abgelau- nichts Böses, sondern: Wer hat Ihnen das so er- fen? zählt? Weil: Also, wir wissen ja - wir haben uns hier monatelang mit der Operation „Eikonal“ be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Bitte? schäftigt -, dass das Memorandum abgeschlossen wurde, weil die Amerikaner in unserer schönen Martina Renner (DIE LINKE): Ist die schon abge- Heimatstadt Frankfurt an die Glasfaser wollten. laufen? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich bin Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, acht Mi- Offenbacher. nuten 30. Also, eine Frage würde ich noch ge- währen. Ich gucke bei der Opposition ja nie so Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- genau hin. NEN): Oje, mein Beileid!

Martina Renner (DIE LINKE): Dann machen wir (Zurufe) es in der nächsten Runde. - Ja, gut. Mein Freund ist Offenbacher. Das ist so Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann ein Spruch in Frankfurt. - Aber wie kommen Sie kommen wir jetzt zur Fraktion der CDU/CSU. - dazu, das hier aufzuschreiben und zu suggerie- Ich sehe, hier bestehen keine Fragen mehr im ren, dass diese Selektoren nicht an Kabelerfas- öffentlichen Teil, wenn ich das richtig interpre- sung eingesetzt werden? tiere. - Dann kommen wir zur Fraktion Bündnis

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 70 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich bin hängt, wenn ich es mal juristisch sagen darf, ein- ja immer über Aufklärung froh. Nur, diese Selek- fach mit der Beschränkung des Untersuchungs- toren stammten nicht aus „Eikonal“. gegenstandes zusammen. Also, Untersuchungs- gegenstand sind für mich gewesen diese 40 000 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Selektoren. Und diese 40 000 Selektoren sind ja NEN): Das wissen Sie? angefallen oder herausgenommen worden im Zu- sammenhang mit diesem satellitengeleiteten Ver- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, dann kehr. müssten Sie eine Aufklärung machen - - Also, ich finde diesen Ausschuss ja immer interessanter. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nur, ich habe ja gesagt: Ich habe die Teile, die Sie NEN): Nein! Aber, Herr Graulich, die Liste da bis jetzt abgearbeitet haben, nicht verfolgt, stammt ja schon aus dem Jahr - - Aus dem Jahr weil ich war auch damit nicht beauftragt. Also, vor 2008 wurden ja schon Selektoren übernom- die mir hier Zugeteilten sind mit der Konnotation men. Das haben Sie ja selbst vorhin gesagt: EADS versehen worden, dass die aus dem satelliten- und Eurocopter. Und das stammt aus Zeiten der gesteuerten Verkehr stammen. Kabelerfassung - mal ganz abgesehen davon - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist doch NEN): Nein. Aber passen Sie auf! Wir nähern uns keine Kabelerfassung gewesen. der Sache noch mal von einer anderen Seite, weil das ein ganz wesentlicher Punkt ist, für uns auch. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie haben ja sich Bad Aibling angeguckt. Warum NEN): Ja, natürlich! haben Sie sich eigentlich auf die Außenstelle re- duziert? Was ist denn mit Schöningen, was mit (Martina Renner (DIE Gablingen? Fallen überall Milliarden von Meta- LINKE): Natürlich!) daten an. Wo kommen die her?

Natürlich! Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, aber jetzt erzählen Sie mir die verzweifelte Geschichte des Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist eine Missbrauchs von Metadaten. Ich stimme sofort andere Geschichte, die Sie mir erzählen. mit Ihnen in die Klage ein. Nur, es ist nicht Un- tersuchungsgegenstand gewesen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein! Nein, Herr Graulich! Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doch! Doch! (Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das ist die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wieso kom- Geschichte!) men Sie - - Das ist die Geschichte. „Eikonal“ war die Glas- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- faser. NEN): In Ihrem Untersuchungsauftrag stand nichts - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das weiß ich. Aber die stammt - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: In meinem Vertrag steht das nicht drin. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist schön, dass wir das gemeinsam auf- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klären können. NEN): Da steht nichts von Bad Aibling drin.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 71 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da steht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da waren drin: Diese Selektoren, die sind in Bad Aibling Sie aber nicht dabei. angefallen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, das stimmt. Das stimmt. Aber das NEN): Ja, aber - - Sozusagen die Gesamtsystema- wirft natürlich viele Fragen auf. Ich sage das ja tik - die will ich hier nicht ausbreiten, weil ich auch nur vor dem Hintergrund - - Ich mache das nicht darf -, über die sind Sie ja hoffentlich Ihnen persönlich keinen Vorwurf. Aber weil informiert worden, wie die Daten sozusagen da- sozusagen Ihre Tätigkeit hier als Ersatzvornahme tenbankmäßig beim BND behandelt werden. für den Ausschuss stattgefunden hat, kann ich nur sagen: Angesichts der Dinge, mit denen wir Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, gut, aber uns hier seit jetzt bald zwei Jahren beschäftigen, Sie erzählen - und der Erkenntnisse, die wir haben, greift das eben einfach zu kurz. Und wenn Sie hier eben Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schlussfolgerungen ziehen, dass das kein Pro- NEN): Das hat man Ihnen hoffentlich erzählt. blem ist, denn hier ginge es nur um Sat-Erfassun- gen, ja - - Ich sage mal: Hat Ihnen jemand gesagt, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - eine Ge- welche Satelliten erfasst werden in Bad Aibling? schichte, die Sie nicht mir erzählen sollen, weil das nicht die Geschichte ist, mit der ich befasst Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe bin. über die aus Anlass des Besuchs in Bad Aibling gesprochen. Aber auch das ist nicht Gegenstand (Martina Renner (DIE meiner Untersuchung. Ich habe etwas den Ein- LINKE): Doch!) druck, Sie sind im Augenblick dabei, die Dinge in einer Weise zu verzerren, die ich allerdings Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sachlich nicht akzeptieren kann. Sie interpretie- NEN): Doch! - Aber gut, okay. Es ist schon mal ren Ihren Untersuchungsgegenstand in meinen gut, dass wir das festhalten, dass Sie damit nicht Auftrag rein, der nicht angelegt ist. Sie machen befasst waren, weil das natürlich eine ganz gra- eine eigene Geschichte daraus, konfrontieren vierende Frage unseres Ausschusses - - mich mit Sachverhalten, in die Sie, bitte sehr, schon viel früher hätten eingreifen können. Dann Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich hätte hätte man sich unterhalten können, ob die in mich dann aber umso mehr - - Also, da bin ich, dem Auftrag liegen oder nicht. gelinde gesagt, etwas ratlos. Der Auftrag ist klar umrissen gewesen. Also, selbst wenn Sie hier (Zuruf: Sie treffen nicht sich beteiligen wollen - das ist ja Ihr gutes Wertungen!) Recht; das ist mir völlig nachvollziehbar -, kön- nen Sie gleichwohl dazu beitragen - - Und das, was Sie jetzt im Augenblick heraus- holen aus der Mottenkiste, mit Verlaub gesagt, ist Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- etwas, was ich mir so nicht vorhalten lassen NEN): Wer hat das so interpretiert, dass Sie da- muss. rauf beschränkt sind? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Alle, mit NEN): Sie müssen sich leider, Herr Graulich - ich denen ich reden konnte. habe ja versucht, es am Anfang zu sagen: Ich meine es nicht persönlich -, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich meine es ja auch nicht persönlich, ich meine es sachlich.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 72 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, zum Bei- NEN): - in dem Gremium Sachen vorhalten las- spiel die Bundesregierung. sen, weil das ist einfach der Mechanismus dieser Anhörung. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Bundesregierung auch. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich darf aber auch deren Sinnhaftigkeit infrage stellen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja gut, die Bundesregierung ist ja nicht irgendwie ein illegi- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- times Organ - nicht? NEN): Ja, Sie können das auch bewerten; sei Ihnen unbenommen. Aber ich will Ihnen sagen: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wenn Sie hier einen hochsuggestiven Satz rein- NEN): Nein, aber eins, das wir kontrollieren sol- schreiben, nämlich dass das alles gar kein Pro- len. blem ist, weil es hier sozusagen ja nicht um lei- tungsgebundene Telekommunikation geht, wir Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, einver- aber wissen, dass große Teile dieser Selektoren standen. Aber vielleicht - - bei leitungsgebundener Kommunikation einge- setzt werden - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und wenn die Ihnen in die Feder diktie- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist doch ren, - neben der Spur. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, was Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- empfehlen Sie mir denn da? NEN): Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist doch NEN): - was Sie aufschreiben, - neben der Spur. Dann sind das halt irgendwelche anderen Selektoren, meinetwegen technische Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Dass ich der Duplikate. Bundesregierung nicht glauben soll -

(Martina Renner (DIE Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- LINKE): Nein!) NEN): - dann ist das natürlich komplett sinnent- leert, was hier steht. Die Selektoren, die mir vorgelegt worden sind, sind solche, die in Bad Aibling aus der Satelliten- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - oder dass aufklärung angefallen sind. ich Ihnen nicht glauben soll?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wer hat Ihnen das gesagt? NEN): Ich versuche es noch mal anders bei einer Frage, die Sie angeführt haben, die mich sowieso Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das haben interessiert, nämlich der Frage, warum eigentlich mir diejenigen gesagt, die diese Selektoren mir sozusagen - - wie das mit diesem rechtlichen - - zur Untersuchung vorgelegt haben. Wenn das an- was die eigentlich rechtlich sind, diese Selek- dere sind - - toren. Jetzt haben Sie in diesem Bericht auch Be- zug genommen auf diese Urheberrechtstheorie. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und da wollte ich Sie jetzt - - NEN): Ja. BND-Mitarbeiter haben Ihnen das ge- sagt. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Recht- sprechung des BGH meinen Sie.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 73 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- - Ja, gut, ich meine, Sie können doch nicht den NEN): Ja. Na ja, dem versuchen wir uns jetzt an- ganzen Softwareleuten erklären, dass das, was sie zunähern. - Also, wenn die USA beschließen, machen, irgendwie heiße Luft ist und daran meine IMEI-Nummer meines Telefons in ihre Se- keine Rechte möglich sind. lektorenliste aufzunehmen, dann würden Sie die These vertreten, dass die NSA ein urheberglei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ches Recht an meiner IMEI-Nummer meines Te- NEN): Es geht darum, ob meine Telefonnummer lefons hat. Das ist die These. oder meine IMEI-Nummer oder meine E-Mail- Adresse, ob daran ein Urheberrecht entstehen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, das kann, weil ein NSA-Mitarbeiter das in eine Liste ist überhaupt nicht die These. Die NSA hat da schreibt, um damit den Datenstrom zu durchras- nur ein Urheberrecht an dem Selektor über Ihre tern. IMEI-Nummer, nicht an Ihrer IMEI-Nummer. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie shiften Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch den Gegenstand. Sie springen von einem NEN): Ja, aber bei der IMEI-Nummer ist die IMEI- Gegenstand auf den anderen. Nummer ja der Selektor. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das sind NEN): Nein. doch zwei verschiedene Dinge. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie shiften Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von Ihrer Telefonnummer zu einem Bild von NEN): Bitte? Ihrer Telefonnummer. Und natürlich: Andy War- hol kann ein Bild von Mao Zedong machen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ihre IMEI- Dann ist das natürlich kein Anrecht an Mao Nummer und ein Selektor von Ihrer IMEI-Num- Zedong, sondern allenfalls ein Recht an diesem mer sind zwei verschiedene Dinge. Bild.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Nein. - Ich würde sagen: Bei der Per- NEN): Das ist ein vielleicht schönes, aber ein un- mutation, da könnte ich noch anfangen, mit taugliches Beispiel in dem Zusammenhang. - Ich Ihnen zu diskutieren, wobei ich sagen würde: Die möchte aber noch ein - - Schreibweise in irgendeinem Programmiercode kann kein Urheberrecht gründen, aber sozusa- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Doch, das gen - - müssten wir doch gleich noch mal klären, weil ich glaube, da ist noch Klärungsbedarf. Wir Ist es denn so? Wir haben hier von Zeugen ge- müssten nur jetzt wieder wechseln. hört, dass der BND teilweise interessante Se- lektoren einfach in seine Selektorenliste über- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nommen hat. Würden Sie sagen, das ist ein Ur- NEN): Wie schade! heberrechtsverstoß? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Ich glaube Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist auch, dass das sicherlich noch der vertieften Klä- nicht mein Untersuchungsthema. Aber wenn er rung bedarf. Aber, wie gesagt, jetzt käme erst die das macht, begründet er vielleicht ein neues. Ich nächste Fraktion dran, und das ist die Fraktion weiß es nicht. der SPD. Herr Kollege Flisek.

(Lachen) Christian Flisek (SPD): Wir haben in öffentlicher Sitzung keine weiteren Fragen, und ich möchte

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 74 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Herrn Graulich für die bisherige Beantwortung Daten dort verarbeitet wurden, weil es macht na- danken. türlich einen Unterschied, ob ich eine Satelliten- erfassung in einer Kriegs- oder Krisenregion habe Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- oder einen Kabelansatz in Frankfurt, wo inner- lichen Dank. - Dann sind wir in der nächsten europäische Verkehre anlasslos erfasst wurden Runde. Und es beginnt in der jetzigen Runde und massenhaft erfasst wurden, bei denen auch wieder die Fraktion Die Linke. Frau Kollegin deutsche Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Renner. diese Erfassung geraten sind, weil sie eben auf diesen entsprechenden Strecken kommuniziert Martina Renner (DIE LINKE): Ich will noch mal haben. daraufhin zurück, dass ja eben unterstellt wurde, ich hätte Dinge von Ihnen verlangt, die gar nicht Und daher wäre es tatsächlich auch Gegenstand in Ihrem Auftrag gelegen haben, und wir hätten gewesen, sich zu einer Frage der Datenerfassung dann mal das anmelden müssen, und dann hät- die eine oder andere Information geben zu lassen ten Sie sich vielleicht auch darüber in Kenntnis jenseits der Beteuerung, dass es nur Satelliten in setzen lassen, in welchen Daten die NSA-Selek- Krisen- und Kriegsregionen sind. Das haben hier toren eingesetzt wurden oder werden sollten. die Zeugen übrigens auch am Anfang versucht. Es hat ziemlich lange gedauert, bis wir die dahin Ihr Vertrag, Ihr Auftrag basiert im Text auf BND- gebracht haben, zu sagen: Die NSA-Selektoren 26. Richtig? wurden auf den Daten eingesetzt, die in Frank- furt von der Telekom abgezogen wurden und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. möglicherweise auch noch an anderen Stellen. Wir untersuchen auch den Abgriff beim US-ame- Martina Renner (DIE LINKE): Da steht drin: be- rikanischen Telekommunikationsanbieter. Es gibt zugnehmend auf den Beweisantrag BND-26. - In den Verdacht, dass der DE-CIX-Knoten erfasst diesem Beweisantrag BND-26 wird insbesondere wurde, und Ähnliches mehr. formuliert, dass die Arbeit in der JSA untersucht werden soll. Die JSA - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich kenne diese Dinge alle aus der allgemeinen Dis- (RD Philipp Wolff (BK) kussion von Foren, an denen ich mich auch be- schüttelt den Kopf) teilige. Nur, es ist alles nicht mein Untersu- chungsgegenstand. Sie können gerne mit der Re- - Doch! Herr Wolff, gucken Sie in BND-26. gierung oder der Ausschuss kann mit der Regie- rung sich darüber verständigen, dass ich diese RD Philipp Wolff (BK): Lesen Sie doch einfach Dinge auch untersuchen soll. Aber sie waren den gesamten Beweisantrag vor! Ich glaube, dann nicht in meinem Vertrag. tun wir uns leichter. Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. - Sie haben Martina Renner (DIE LINKE): Ja, wir machen das vorhin ausgeführt, Sie hätten den BfDI-Bericht zu jetzt hier so. - Da wird insbesondere auf Bad Aib- Bad Aibling in einem bestimmten Stadium der ling, JSA, abgestellt. Die JSA war einzig und Erstellung auch zur Kenntnis genommen. Auch allein dafür da, eine Kooperation durchzuführen, in diesem Bericht geht es natürlich um die Frage, bei der der Bundesnachrichtendienst für die NSA welche Daten dort verarbeitet wurden. Auch dort Daten erfasst, um dann in diese Daten die NSA- hätten Sie darüber stolpern können. Selektoren einzusetzen. Es gibt also einen origi- nären Zusammenhang auch in Ihrem Auftrag von Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das macht den Selektoren zu der Datenerfassung des Bun- das noch nicht zu meinem Untersuchungsauftrag. desnachrichtendienstes im Auftrag der NSA. Und deswegen ist es nicht ganz unerheblich, welche Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber man muss doch Dinge, die man liest, zur Kenntnis nehmen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 75 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich bin kein Martina Renner (DIE LINKE): Sie nehmen doch Staatsanwalt. den BfDI-Bericht zur Kenntnis. Und dort steht etwas drin zur Erfassung von leitungsgebundener Martina Renner (DIE LINKE): Man kann selektiv Kommunikation. sagen: Da steht jetzt was zu Erfassung am Kabel, aber weil der BND nur von mir hören will „Satel- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das macht lit“, schreibe ich das nachher nicht in meinen Be- es doch noch nicht zum Gegenstand meiner Un- richt. tersuchung.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich bin Martina Renner (DIE LINKE): Und dann schrei- auch kein Zeuge. Ich bin Sachverständiger. Ich ben Sie in Ihrem Bericht, es geht nur um den Sa- spiele Ihnen den Ball sonst zurück. Also, wenn tellit - im Wissen, dass es falsch ist. Sie so weiter argumentieren, dann dränge ich Sie noch mal zurück: Dann beschreiben Sie mir noch Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Hier in die- mal den Auftragsgegenstand! Sie machen hier - - sem Bericht? in einer recht ausgreifenden und assoziations- greifenden Weise fangen Sie an, meinen Auf- Martina Renner (DIE LINKE): Das ist wissentlich tragsgegenstand auszubeulen. Das ist aber nicht etwas Falsches aufschreiben! das, was ich zu untersuchen hatte. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, „wis- Martina Renner (DIE LINKE): Jetzt ist aber nicht sentlich“ - verwahre ich mich dagegen. Es sind die Frage, was Sie zu untersuchen haben, son- Dinge, die Sie mir heute hier vortragen. Ich wäre dern - froh, Sie hätten sie früher vorgebracht. Dann hät- ten wir uns hier darüber unterhalten können. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Was ich gern untersuchen würde oder was Sie gern unter- Martina Renner (DIE LINKE): Ich wäre froh ge- suchen würden. wesen, Sie hätten sich sachkundig gemacht.

Martina Renner (DIE LINKE): - Sie werden jetzt Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Bei Ihnen? hier als Sachverständiger vernommen. Bei Ihnen, Frau Renner?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Okay. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, Sie hätten die Protokolle dieses Ausschusses zur Kenntnis Martina Renner (DIE LINKE): Und wir stellen die genommen. Fragen, die wir für sinnhaft halten. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich lese lie- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Aber nur ber ein gutes Buch. zum Gegenstand, nicht daneben. (Heiterkeit) Martina Renner (DIE LINKE): Ja, zum Gegen- stand BND-26. Darüber reden wir. Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, es ist eine Verhöhnung wirklich unserer Arbeit. Das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Zu meinem muss ich Ihnen ganz klar - - Auftrag. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie wollen (Dr. André Hahn (DIE verhöhnt werden. LINKE): Sie treffen im Bericht falsche Feststel- Martina Renner (DIE LINKE): Ach! lungen! Das ist doch das Problem!)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 76 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie versu- Herr Wolff eine Zwischenanmerkung hat. Sehe chen, mir einen Schuh anzuziehen, von dem ich ich das richtig? Ihnen deutlich gesagt habe, dass ich mich nicht verpflichtet habe, diesen Schuh zu tragen. RD Philipp Wolff (BK): Ich wollte nur anmerken, was ich vorhin schon angemerkt hatte. Es wird (Dr. André Hahn (DIE jetzt die ganze Zeit a) über den Untersuchungs- LINKE): Das steht Ihnen auftrag, den er hatte, und über den Untersu- nicht zu! Das steht Ihnen chungsauftrag insgesamt gesprochen. Es wäre nicht zu, was Sie jetzt wirklich schön gewesen, wenn Sie den BND-26 sagen!) einfach vorgelesen hätten. Weil da geht es eben mitnichten um JSA insgesamt, sondern es geht Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, eigent- um Selektoren, die deutschen Interessen wider- lich müsste man an der Stelle jetzt dieses Verfah- sprechen. Und das war letztlich auch der Bezug ren hier unterbrechen. Weil es wird jetzt hier zur zu seinem Auftrag. b) wäre es auch wirklich nett Farce. gewesen, wenn die ganzen Fragen und die Kennt- nisse, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich glaube, Sie sind dabei, sich etwas über die Maßen aufzu- (Martina Renner (DIE regen. LINKE): Herr Wolff!)

Martina Renner (DIE LINKE): Sie sollen unsere die Sie ja unzweifelhaft haben, Frau Renner, in Beweisaufnahme substituieren. Sie nehmen se- das Verfahren eingebracht worden wären. Dann lektiv nur die Auffassung und Informationen des hätten wir die Situation jetzt einfach nicht. Dann Bundesnachrichtendienstes zur Kenntnis. Sie wäre Herr Graulich möglicherweise besser infor- nehmen überhaupt nicht - - Sie entkontextuali- miert, und wir hätten jetzt nicht diese Auseinan- sieren alles. Sie sind überhaupt nicht der Kontro- dersetzung hier. versität fähig. Das gehört aber zu einem sachver- ständigen Gutachten. Martina Renner (DIE LINKE): Es wäre schön ge- wesen, wenn Sie irgendwie Herrn Graulich nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist aber in die Blackbox in der Chausseestraße gesetzt jetzt nicht die Befragung des Sachverständigen. hätten und Sie ihn indoktriniert hätten über Mo- nate - - Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das gehört zu einem sachverständigen Gutachten, - (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Man kann NEN): Sie haben es verstol- ja leider keine Abstimmung darüber machen. pert! - Weitere Zurufe)

Martina Renner (DIE LINKE): - dass man auch RD Philipp Wolff (BK): Frau Renner, Sie hätten zur Kontroversität fähig ist. gerne die Blackbox der Chausseestraße besuchen können. (Zurufe) (Zuruf, an die Abg. Martina Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es reden so Renner (DIE LINKE) ge- viele, dass ich gar nicht mehr mitkriege, ob wandt: Sie fragen den Frau - - Jetzt mache ich mal von diesem wunder- Sachverständigen, und jetzt regen Sie sich auf! Das ist baren Prioritätenknopf Gebrauch. Jetzt reden ja wohl lächerlich! - Gegen- nämlich so viele, dass ich gar nicht mehr mit- ruf des Abg. Dr. Konstantin kriege, welche Fragen die Frau Kollegin Renner von Notz (BÜNDNIS stellt. Ich habe mal ganz kurz angehalten, weil 90/DIE GRÜNEN): Da hat sie wirklich einmal recht!)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 77 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, wir ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Darüber winnen ja an dem heutigen Abend nichts, wenn habe ich 262 Seiten eines Berichts geschrieben. wir jetzt unterbrechen müssen und uns ein wenig beruhigen. Ich würde sagen, wir beruhigen uns Martina Renner (DIE LINKE): Welche - - zeitnäher und haben die Gelegenheit, mit Herrn Dr. Graulich noch viele Fragen zu erörtern. Ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten glaube, das ist gewinnbringender. Und wenn wir dann weiter in der nächsten Runde fragen, von jetzt wieder kollegial miteinander zusammen- der ich erwarte, dass sie zügig kommt, weil ich arbeiten, dann hätten wir noch zwei Minuten für glaube, die Union hat im öffentlichen Teil keine Fragen der Fraktion Die Linke. - Frau Kollegin weiteren Fragen mehr. - Wir kämen zur Fraktion Renner. Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Ströbele.

Martina Renner (DIE LINKE): Okay, dann fragen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir weiter. - Als Sie in Bad Aibling waren, NEN): Ja. - Herr Dr. Graulich, ich wollte Ihnen spielte das Thema Datenbanken überhaupt ir- erst mal ganz freundlich erklären, warum wir mit gendeine Rolle? Ihnen nicht geredet haben und Ihnen nicht unse- ren Fragenkatalog eingereicht haben: Weil wir an Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es spielte einer Selbstentrechtung der Abgeordneten des eine Rolle. Deutschen Bundestages uns nicht beteiligen wol- len, und zwar jetzt nicht aus Selbst- - Das richtet Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Dann: In wel- sich erst mal gar nicht gegen Sie. Das müssen Sie cher Hinsicht? auch verstehen. Und weil wir die Erfahrung ge- macht haben, wenn wir das hier in diesem Aus- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es sind mir schuss mitmachen, dann wird im nächsten Un- die Räume gezeigt worden, in denen früher diese tersuchungsausschuss zur NSA in der nächsten Arbeit gemeinsam stattgefunden hatte und aus Legislaturperiode gesagt: Aber, Herr Abgeordne- denen die Amerikaner dann irgendwie ausgezo- ter Ströbele oder von Notz, Sie haben das ja mit- gen waren. In dieser Hinsicht zum Beispiel. gemacht; das ist jetzt schon so eine Art Gewohn- heitsrecht, was sich da entwickelt. - Man kann Martina Renner (DIE LINKE): Mir ging es jetzt das jetzt immer so machen: Wenn die Bundes- eher um die Art der Datenbanken, also nicht, in regierung nicht möchte, dass Abgeordnete eine welchen Räumen die waren. bestimmte Urkunde sehen dürfen, von ihrem Akteneinsichtsrecht nach dem Grundgesetz Ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Art der brauch machen wollen, dann wird uns das vorge- Datenbanken habe ich immer besprochen mit den halten, dann wird da immer ein Sachverständiger Mitarbeitern, Aibling-unabhängig. Das ist ja jetzt eingesetzt oder so, den die Bundesregierung keine Sache, die konkretistisch betrachten zu las- sich - - Darum geht es. Wir haben nichts gegen sen. Also, eine Datenbank ist ja keine, auf die Sie in dieser Hinsicht, sondern damit hängt das man sich setzt oder die man mit sich rumträgt. zusammen.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das weiß ich. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Herr Strö- bele, ich habe das - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Gut. Und was erwarten Sie jetzt als Antwort? Ich verstehe Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie nicht. NEN): Nach dieser Vorrede habe ich aber auch noch ein paar Fragen, nämlich: Sie haben gesagt, Martina Renner (DIE LINKE): Ob Sie zur Kennt- die Selektoren der NSA seien mit Software ver- nis genommen haben, welche Datenbanken der bunden gewesen, wo erklärt wurde, warum man BND in Bad Aibling betreibt. die einstellen soll, aber die Software hätte man

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 78 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

nicht lesen können. Von wem haben Sie das ge- das Ihnen jemand von der Spitze gesagt? Das hört? Von der Bundesregierung - also, ich will wäre mit dem - wir haben auch andere Zeugen jetzt gar nicht die Namen unbedingt wissen -, dazu befragt -, was Herr Schindler uns hier gesagt vom Bundesnachrichtendienst, und von welcher hat, nicht zu vereinbaren. Abteilung da haben Sie das gehört? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Moment! Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vom Bun- Also, ich habe jetzt keinen Widerspruch gesehen. desnachrichtendienst. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, der Herr Schindler hat nicht gesagt: NEN): Vom Bundesnachrichtendienst. - War das „Da war überall so ein Programm dabei, nur das die Spitze des Bundesnachrichtendienstes oder konnten wir nicht lesen“, sondern der hat das so Sachbearbeiter? geschildert: In einzelnen Fällen haben wir das zur Kenntnis genommen, in anderen - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Spitze des Bundesnachrichtendienstes kennt sich in sol- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, es chen Dingen, glaube ich, nicht so aus, dass man geht nur um die E-Mail-Selektoren. Bei denen diese Frage mit Aussicht auf Erfolg stellen war das nicht lesbar. könnte. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da war es nicht lesbar. NEN): Nein, ich frage Sie nämlich deshalb, weil wir im Zuge unserer Beweisaufnahme unter an- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. derem den Chef oder den Präsidenten des Bun- desnachrichtendienstes, Herrn Schindler, hier Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gehört haben, der uns zu dieser Frage auch was NEN): Bei den Rufnummern ist es lesbar. gesagt hat, nämlich dass man in einzelnen Fällen das zur Kenntnis genommen hat, aber nicht in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Bei den allen oder lange nicht in allen. Da seien auch sol- Rufnummern ja. che Erklärungen bei vielen oder den meisten je- denfalls nicht dabei gewesen. Das ist eine völlig Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- andere Darstellung. NEN): Haben Sie auch nachgeguckt?

Sie sagen, da war eine Erklärung dabei, aber die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. - war in einer Software geschrieben, die man nicht Und dazu gab es dann auch - - hatte irgendwann lesen konnte. Das konnte man dann überhaupt der BND so eine Abbreviation-Liste oder irgend nie. Und da stellt sich natürlich die große Frage, so was sich besorgt, die zwar nicht zuließ, alle die Sie ja jetzt auch gestellt haben: Warum hat Abkürzungen zu lesen, aber jedenfalls machte man sich das gefallen lassen? Warum hat man das einiges verständlicher. nicht gesagt: „Also, gebt uns dafür die Lesemög- lichkeit, weil wir wollen das mindestens stich- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- probenweise mal nachvollziehen oder in den Fäl- NEN): Haben Sie die dann gelesen? len jedenfalls, in denen wir Probleme haben“? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist der eine ganze Reihe von Dingen gelesen. Hauptpunkt meiner Kritik am Verhalten des Bun- desnachrichtendienstes. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, wenn da jetzt Rufnummern mit Na- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- men oder so was drin waren, wissen Sie den Hin- NEN): Ja, genau. Und deshalb ist es wichtig: Hat tergrund.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 79 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da waren Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach, wissen Abkürzungen, zwei oder drei Buchstaben, die Sie, diese netten Aussagen meiner Indoktrinie- eben, sagen wir mal jetzt in allgemeiner Form, rungsfähigkeit - - Also, wenn Sie meine Indoktri- auf Phänomenbereiche hinwiesen. Es gab aber nierungsresistenz hätten - gut, Sie sind ja schon auch Abkürzungsbestandteile, die anscheinend etwas älter als ich -, könnten Sie damit hochzu- mitarbeiterspezifisch waren, die also auf dieser frieden sein. Aber das sind doch billige Unter- allgemeinen Abkürzungsliste nicht enthalten wa- stellungen. Sie sagen, Sie schießen nicht auf die ren. Person, und treten. So kommen Sie nicht durch.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber welche Themenbereiche das waren, NEN): Ja. - Dann will ich noch mal weiter was wollen Sie nicht sagen? fragen, und zwar: Sie haben ja sehr ausführliche rechtliche Auslassungen in Ihr Gutachten aufge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das geht nommen über die Frage der Grundrechtsgeltung jetzt ein bisschen ins Eingemachte. Aber wenn bei Ausspähen des Telekommunikationsverkehrs Sie mit der allgemeinen Form zufrieden sind: im Ausland. Ist Ihnen bekannt, dass dieser Aus- Also, es waren eben Phänomenbereiche aus - - schuss als einen der ersten Teile der Beweisauf- die für die Aufklärung zulässig war. nahme dazu drei Sachverständige gehört hat, die sicher auch renommiert in der Öffentlichkeit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sind, aber auch in Fachkreisen, ehemalige Rich- NEN): Mhm. - Ist das jetzt Ihre Wertung oder die ter vom Bundesverfassungsgericht, und den Pro- vom BND? fessor Becker? Haben Sie die mal gelesen, diese Gutachten? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Was mei- nen Sie, bitte? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich ar- beite mit einzelnen dieser Kollegen zusammen, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch wissenschaftlich, und meine entgegen- NEN): Ist das jetzt Ihre Wertung oder die vom gesetzte Auffassung hatte einen bestimmten Hin- BND? Man muss ja bei Ihnen aufpassen mit dem tergrund. Gutachten. Hat das der BND da reingeschrieben, - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie machen NEN): Ihre entgegengesetzte? das Gutachten in einer Weise schlecht, - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, klar. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - oder sagen Sie: „Das habe ich selber ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- prüft“? NEN): Ja, und?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - die ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, und? zwar vor dem Hintergrund eines Verwertungs- interesses bei der Presse verstehen kann, die ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gleichwohl als Rempelei ansehe, die ich so nicht NEN): Haben Sie Ihre Hintergründe? akzeptiere. Es sind meine Feststellungen, wie auch die Feststellungen in diesem Gutachten Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Haben Sie meine Feststellungen sind. als Jurist noch nie - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. - Auch wenn der BND das da reinge- NEN): Mögen Sie die nicht, oder warum? schrieben hat.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 80 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das über- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Man könnte zeugte mich nicht. psychoanalytisch sagen: Jede Argumentations- weise ist eine Form des Ungetrenntseins. Ich bin Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht dieser Ausschuss. NEN): Ach, die überzeugen Sie nicht. Aha. - Gibt es irgendeinen Grund? Ich meine, das ist ja eine Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Argumentation, die dem Ausschuss sehr nahe NEN): Aha, ja. Bei über 100 Seiten war das nicht liegt, weil er sie selber hier in diesem Raum ge- der Rede wert. hört hat, womit wir uns auch beschäftigt haben und auch in der Öffentlichkeit beschäftigt haben. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich hatte Gibt es irgendeinen Grund, warum Sie sich mit sehr viele Bücher bei mir. allem Möglichen auseinandersetzen, nur diese Rechtsauffassung von drei doch renommierten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Wissenschaftlern und ehemaligen Richtern an wir fragen, ob bei der SPD noch Fragen im öffent- hervorragender Stelle - höher geht es nicht - über- lichen Teil aufgekommen sind. - Das ist nicht der haupt nicht erwähnen? Die Rechtsauffassung Fall. Dann wären wir jetzt wieder bei der Frak- kommt bei Ihnen nicht vor. tion Die Linke mit Frau Kollegin Renner.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich Martina Renner (DIE LINKE): Ich will noch mal hatte ja nun eine begrenzte Zeit zur Verfügung. versuchen, mit Ihnen zu erörtern, ob es zu Wenn ich noch zwei Monate länger gehabt hätte, Rechtsverstößen gekommen ist. Sie bleiben ja in hätte ich auch diese Teile noch weiter ausge- Ihrem Gutachten an der Stelle unbestimmt. Das führt. ist aber eine zentrale Frage, die natürlich die par- lamentarische Kontrolle interessieren muss, die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja Behördenhandeln hinsichtlich der Einhaltung NEN): Ja. - Also, das hatte nichts damit zu tun, der Gesetze zu kontrollieren hat. dass Ihre Argumente gegen diese Gutachten schwierig waren. Sie kennen die Selektoren bei E-Mail-Adressen, wohl auch die Personen, die betroffen sind. Des- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ach, über- wegen würde ich gern an dieser Stelle heute haupt nicht. Also, ich habe auch überhaupt keine noch eine Aussage von Ihnen haben, ob Sie da- Schwierigkeiten. Ich fand diese Positionen nicht von ausgehen, dass bei deutschen Grundrechts- überzeugend. Und, wie gesagt, ich denke, in vier trägern und -trägerinnen es zu Eingriffen in das Monaten Zeit sich diese ganzen Dinge draufzu- Kommunikationsgeheimnis gekommen ist. laden, einen Bericht von 460 Seiten zu machen, ist kein schlechter Arbeitsertrag. Wenn ich wei- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, in tere zwei Monate gehabt hätte, hätten Sie auch dieser allgemeinen Form ist die Frage ja beant- noch mehr bekommen. wortet worden. Es sind nur keine Namen von sol- chen Grundrechtsträgern bekannt. Es ist ja ausge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- führt worden, in wie vielen Fällen G-10-Verlet- NEN): Nein, aber wenn Sie sich mit Leuten, die zungen auf der zweiten Stufe erfolgt sind, und wir hier gar nicht gehört haben, wenn Sie sich das sind natürlich Rechtsverstöße. Es lässt sich mit Auffassungen auseinandersetzen, dann liegt nur aufgrund der ganzen Umstände - und das es doch nahe, dass Sie sich insbesondere mit den wäre vor allen Dingen nicht jetzt hier in so einem Auffassungen, die hier mitgeteilt worden sind, Rahmen zu machen - nicht beantworten, was für mit denen wir uns auseinandersetzen, auch aus- Sorten von Rechtsverstößen im Einzelnen. Das einandersetzen und mal erwähnen: Der Herr müssten Sie sonst sozusagen konkret abfragen, Papier hat das gesagt, und ein anderer hat das was Sie da hören wollen oder zu was für Sorten gesagt, Hoffmann-Riem hat das gesagt. Sie Antworten wollen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 81 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Na, wir fangen mal Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe an mit dem unerlaubten Eingriff in das Telekom- aber keine Ahnung, was diese Selektoren für Er- munikationsgeheimnis. fassungen hatten oder ob sie welche hatten.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Welche Martina Renner (DIE LINKE): Aber Auftrag war Selektorengruppe schwebt Ihnen dann vor? ja, Rechtsverstöße zu prüfen - oder? Also, auf je- den Fall gehen Sie ja darauf ein. Martina Renner (DIE LINKE): Welche Selekto- rengruppe mir vorschwebt? Alle. Also, es ist ja Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, ja, so nun egal, ob ich mich in einem Chat bewege, ob nicht, also nicht in einer beliebigen Weise. Also, ich einen Instant Messanger benutze, ob ich eine Gegenstand meiner Untersuchung war nicht die E-Mail schreibe oder telefoniere. Das Telekom- Erfassung. munikationsgeheimnis ist ja schon lange nicht mehr auf den zugeklebten Brief beschränkt. Martina Renner (DIE LINKE): Und auch nicht die Verarbeitung? Und auch nicht die Weiterleitung? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die ganzen Selektoren, die nie eingesteuert waren - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Verar- beitung kann ja ohnehin erst nach - also, wenn (Dr. André Hahn (DIE ich Sie jetzt mit der Terminologie recht verstehe - LINKE): Woher wissen Sie, der Erfassung kommen. dass die nie eingesteuert waren?) Martina Renner (DIE LINKE): Jaja.

Martina Renner (DIE LINKE): Alle Selektoren. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das lag nicht in meinem Untersuchungsgegenstand. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da müssen Sie unterscheiden. Also, die nie eingesteuert wa- Martina Renner (DIE LINKE): Wie würden Sie es ren, haben natürlich schon mal überhaupt keine als Jurist beurteilen, wenn Sie Anhaltspunkte da- TK-Verletzung begangen. Also, alle nicht einge- für haben, dass deutsche Grundrechtsträger steuerten Selektoren haben keine Verletzung des und -trägerinnen durch die NSA-Selektoren er- Telekommunikationsgeheimnisses begangen. fasst wurden und möglicherweise auch Informa- tionen aus Kommunikationsinhalten weiterge- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, wir reden über reicht werden? Haben diese Personen ein An- die eingesteuerten. recht, dass sie über diese Überwachungsmaß- nahme informiert werden? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Bei den ein- gesteuerten ist mir über die Erträge nichts be- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, was kannt. Also, ich kann nicht sagen, was die für sind Sie denn der Auffassung, wessen Selektoren Treffer oder für Erfassungen erzielt haben. Das das waren? Waren das deutsche, oder waren war nicht Gegenstand meiner Untersuchung. das - - Also, ich habe Ihnen ja erläutert: Wenn ein Selek- tor etwas erfasst, also ein Gespräch erfasst, dann Martina Renner (DIE LINKE): Sie wissen da ist in dem Moment, wo der Ertrag dieses Ge- mehr als ich. sprächs einem Menschen zur Kenntnis kommt, das eine Rechtsverletzung. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Okay. - Also, wenn Sie der Auffassung sind, dass das Martina Renner (DIE LINKE): Genau. deutsche Selektoren waren, dann könnten wir die Spur weiterdenken. Wenn Sie aber der Auf- fassung sind, dass das amerikanische Selektoren

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 82 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

waren, dann wüsste ich jetzt nicht, wo aus deut- eine Straftat begangen wurde: Haben diese Perso- schem Recht ein irgendwie gearteter Auskunfts- nen Anrecht darauf, zu dieser Überwachungs- anspruch festzumachen sein soll. maßnahme informiert zu werden?

Martina Renner (DIE LINKE): Die Verarbeitung Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich in Deutschland ist da kein Maßstab? sage noch mal: Nach meinem Rechtsverständnis sind das amerikanische Selektoren. Und ich ver- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Das mag nicht zu sehen, inwieweit - sei es nach dem ist ja - - Die Frage der Verarbeitung in Deutsch- G 10 oder welcher Vorschrift auch immer - land ist immer die Frage der Grundrechtsreich- dadurch ausgelöste Rechtsverletzungen zu An- weite. In dem Zusammenhang wird das völlig zu sprüchen aus deutschem Informations- oder Recht diskutiert. Aber die Frage, wer diesen Ein- Nachrichendienstrecht führen könnten. griff begangen hat, ist eine andere Frage. Martina Renner (DIE LINKE): Weil die aufgrund (Dr. André Hahn (DIE einer deutschen G-10-Anordnung erlangt wur- LINKE): Das war eine den, die Informationen. BND-Maschine!) Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es gibt Martina Renner (DIE LINKE): Aber das war doch keine deutsche G-10-Anordnung. der BND. Martina Renner (DIE LINKE): Also, die Selek- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es waren toren wurden eingesetzt auf Daten, die über eine aber nicht seine Selektoren. Und nach der MoA G-10-Anordnung erlangt wurden. war vereinbart, dass die Inhalte - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, gut, da Martina Renner (DIE LINKE): Dann kaufe ich mir sind Sie ja mitten in einer Frage, der ich mich demnächst eine Waffe im Ausland, erschieße da- vornehm enthalte. Darüber gibt es einen Streit, mit jemand und sage: Das war ja keine deutsche der aber nicht mit mir zu führen ist. Also, mir ist Waffe. ja diese Kontroverse bekannt. Nur, ich bin nicht beauftragt, darin irgendeine Rolle zu spielen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Der Ver- gleich ist etwas wild. Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie treffen Aussagen zu Fragen von Rechtsverstößen in Martina Renner (DIE LINKE): Nein, der ist nicht Ihrem Gutachten. wild. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, aus mei- ner Sicht ist er wild, weil ich hatte Ihnen ja mein Martina Renner (DIE LINKE): Aber doch in Rechtsverständnis erklärt. Und damit ist der Ver- einem sehr eng geführten Fokus, - gleich, den Sie heranziehen, leider - - also, der steht in keiner engen Beziehung zu meiner recht- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wie man - - lichen Auffassung. Martina Renner (DIE LINKE): - ich würde sagen: Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe aber erst Tunnelblick. mal etwas ganz Allgemeines gefragt. Wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben, dass gegenüber deut- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, wis- schen Grundrechtsträgern und -trägerinnen ein sen Sie, geschätzte Frau Renner: So ein Wort wie Eingriff in das Kommunikationsgeheimnis statt- „Tunnelblick“ ist etwas, das geht über die Sache gefunden hat und damit möglicherweise auch hinaus. Ich bin jederzeit in der Lage, mir ähn-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 83 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

liche bildkräftige Charakterisierungen für Sie ein- haben, wäre korrekt. Er hat nämlich gesagt, dass fallen zu lassen. Ich mache es aber nicht. Das, diese drei Stufen lange nicht funktioniert haben was Sie als Tunnelblick bezeichnen, ist eine Be- und das eine der Ursünden bei der Umstellung schränkung meines Auftrages. Da beschweren Sie 2008 gewesen wäre. sich bitte nicht bei mir. Kann es sein, dass das Missverständnis, auch, Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Dann ver- dass es nur um Sat-Verkehre und nicht um Kabel suchen wir es noch mit einem anderen Straftat- geht, in den Präsensformulierungen des Bundes- bestand. nachrichtendienstes liegt und Sie es nicht für die Vergangenheit meinen, sondern den Status quo Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Könnten wir damit beschreiben? das in der nächsten Runde versuchen? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Frage Martina Renner (DIE LINKE): Die anderen Straf- bezieht sich jetzt auf die Kabel - oder wie? tatbestände besprechen wir dann doch noch. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Weil NEN): Das bezieht sich auf die Kabel, und es be- vielleicht hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- zieht sich auf das Funktionieren, das vermeint- nen noch Fragen. - Ich hatte gehofft, eine Se- liche Funktionieren, von DAFIS. kunde der Unaufmerksamkeit ausnutzen zu kön- nen. Aber nein. - Herr Kollege von Notz. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die Funktionsfähigkeit von DAFIS, um die eine Frage Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu beantworten, bezieht sich natürlich nur auf NEN): Die stirbt zuletzt, die Hoffnung. - Herr die Zeit, wo DAFIS eingesetzt wurde. DAFIS Graulich, weil das eben so ein bisschen unnett wurde am Anfang dieses - damals noch so ge- war oder so, will ich versuchen, das aufzufangen, nannt - JSA-Projektes ja nicht eingesetzt, sondern weil ich Ihnen persönlich tatsächlich nichts da wurden diese Selektoren händisch geprüft - Böses unterstelle - wirklich nicht. Deswegen inte- wie auch immer das passiert, wahrscheinlich mit ressiert mich sozusagen, wie Sie zur Ableitung vielen Leuten. Also von dem Moment an, wo das Ihres Verständnisses, was zu untersuchen ist - - funktionierte. wie es dazu gekommen ist. Ich kann mir das nur so erklären, dass die BND-Mitarbeiter, mit denen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie da verhandelt haben, eben vorwiegend im NEN): 2008. Präsens sprachen. Das tun die Zeugen hier auch. Man fragt sozusagen: „Gab es da ein Problem?“, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich bin und dann sagen die: „Es gibt kein Problem.“ Und nicht dabei gewesen. Deshalb kann ich jetzt na- damit meinen sie aber sozusagen jetzt den Tag türlich nicht sagen, was im März 2008 war oder heute. so. Aber dazu ist auch keine Frage oder keine zweifelnde Frage gestellt worden. Unser Untersuchungszeitraum geht aber bis ins Jahr 2001 zurück, vielleicht sogar 2000. Und des- Die Frage nach den Leitungsverkehren, muss ich wegen noch mal die Frage im Hinblick auf Ihre noch mal sagen, das ist nicht mein Thema. Ausführungen zum DAFIS-Filter und den drei Stufen. Und da sage ich mal, weil Sie die Proto- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kolle nicht gelesen haben: Der Präsident Schind- NEN): Okay. - Das ist ja auch gut für uns zu wis- ler selbst hat hier bezüglich der drei Stufen expli- sen. Denn wenn Sie hier diesen Satz reinschrei- zit andere Dinge gesagt, als Sie hier aufgeschrie- ben, bei, im Vergleich, leitungsgebundener Tele- ben haben, also so, dass man fast ein Verfahren kommunikation wäre das ein Problem, mit denen einleiten müsste gegen Herrn Schindler, wenn haben die vorliegend untersuchten Selektoren man sagen würde, das, was Sie aufgeschrieben aber nichts zu tun, dann treffen Sie eben keine

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 84 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Aussage im Hinblick auf die Glasfasererfassung, Aber sozusagen die Frage - - Jetzt habe ich den die es gab. Faden verloren, Verzeihung. Dem Kühlschrank- licht, ja. Weil das ist natürlich unsere Auffas- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. sung. Und ich würde auch denken, dass viel- leicht ein Richter, der so lange auch mit diesen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bereichen befasst war, tatsächlich auch da eine NEN): Das ist für uns natürlich eine wichtige In- grundsätzlich andere Haltung hat. Und ich kann formation. - Herr Graulich, haben Sie sozusagen das sogar verstehen. alles sehen können beim BND, alle Selektoren, alle Unterlagen, alle Erkenntnisse, die der Bun- Das Problem ist eben: Wir haben hier dokumen- desnachrichtendienst zu diesen Ablehnungs- tiert bekommen in den zwei Jahren, in denen wir listen hat? uns hier in die Akten einarbeiten, dass eben die parlamentarische Kontrolle nicht gut funktioniert Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich kann hat und dass beim BND viele Dinge schiefgelau- Ihnen nicht sagen, was der BND noch hat. Wer fen sind. Und als Parlamentarier, der parlamenta- wüsste nicht gerne, was der BND noch hat? Also, rische Kontrolle ausübt, muss man eben über- ich hatte jedenfalls diese Selektorenlisten und legen, ob das Kühlschranklicht wirklich ausgeht, die Dokumente, die dazu - - Es waren ja nicht wenn man die Tür zumacht. Und Nachrichten- jetzt alles nur Selektorenlisten; zum Teil waren dienste arbeiten halt so, wie sie arbeiten. Und es ja einfach Dokumente. Die waren alle auf den deswegen ist die Frage, wenn Sie eben auch ein Rechnern, die ich zur Verfügung hatte. Gutachten für Frau Merkel geschrieben haben - - Frau Merkel ist ja der Auffassung - im Gegensatz Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu Ihnen, glaube ich -: Ausspähen unter Freun- NEN): Aber konnten Sie nachvollziehen, dass Sie den, das geht gar nicht. - Hat die Sie gefragt heute vollständige Erkenntnisse des BND gezeigt be- Nachmittag: „Sag mal, war da meine E-Mail- kommen haben? Weil, ich sage Ihnen mal, bei Adresse dabei? Oder hat der BND eigentlich uns jetzt nach 600 000 Seiten Akten: Das ist ganz meine Telefonnummer eingesteuert?“? Und ha- schwierig. Und für das Bundeskanzleramt auch. ben Sie ihr gesagt: „Na ja, ich habe so ein paar Da werden immer Vollständigkeiten erklärt. Sachen gezeigt bekommen, da war Ihr Name Dann kommen immer noch mal Akten nach, weil nicht dabei; aber viele der Selektoren, das sind es ist eben sehr unübersichtlich. Deswegen frage Algorithmen, die wir nicht lesen können, bis ich Sie: Würden Sie sagen, dass Sie - - Also, heute nicht lesen können, und ich kann es Ihnen ich - - Warum ich so nachfrage, ist, weil ich nicht genau sagen, Frau Bundeskanzlerin“? Weil diesem Kühlschranklicht noch mal und dem so müsste es ja eigentlich sein. Schotten auf den Grund gehen will. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vielleicht mit dem Algorithmus schließt ja nicht die Lesbar- finden wir ja zusammen eine Flasche Whisky keit eines Kanzlerselektors aus, sofern er da ist. drin. So, nun hält die Bundeskanzlerin sich ja nicht so oft in Weltgegenden auf, wo man auf Satelliten- (Heiterkeit) verkehr angewiesen ist. Deshalb: Ich habe keine Ahnung, worauf sich die Situation - - oder was Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das für sozusagen eine Aufklärungssituation war, NEN): Genau. Ja, absolut. Monkey Shoulder die der Äußerung der Kanzlerin zugrunde lag. würde mir da vorschweben. Aber ich vermute mal, dass es nicht die in Bad Aibling gewesen ist. (Heiterkeit) Ich kann Ihnen natürlich nicht sagen, ob er dabei Aber da kommen wir dann drauf. war - nicht für eine Flasche Whisky.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 85 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bei den Selektoren handelt es sich NEN): Ja. - Aber - - i. S. d. vorgenannten Rechtsverständ- nisses ebenfalls um eine elektronische Datenbank. Herstellerin dieser Daten- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, aber bank ist die NSA, denn sie hat die da- ich wollte - - Ich sehe ja völlig Ihren Punkt. Sie für erforderlichen Investitionen zur haben mich ja völlig auf Ihrer Seite: Es ist Ihre „Herstellung“ der Selektoren erbracht. Aufgabe - als Opposition insbesondere -, hart- näckig die Zweifel an dem Zustand des Lichtes Nun waren Sie ja nicht bei der NSA vier Monate, aufrechtzuerhalten. Das halte ich auch für völlig sondern beim Bundesnachrichtendienst. Der angemessen. Es ist auch bei mir nicht so, dass ich Bundesnachrichtendienst hat diese NSA-Selek- diesen Dingen irgendwie blauäugig gegenüber- toren angeliefert bekommen und hat sie dann in stehe. Aber ich habe eben den Vorteil des Juris- einer Datenbank zusammengefasst. War diese ten. Den würden Sie an meiner Stelle genauso Datenbank eine Datenbank der NSA oder des wahrnehmen. Ich gucke mir an: Was ist dein Un- Bundesnachrichtendienstes? tersuchungsgegenstand? - Mehr sage ich auch nicht. Ob die Welt links und rechts davon in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, da Ordnung ist oder nicht, weiß ich nicht; können sind wieder zwei Datenbanken zu unterscheiden. Sie Zweifel äußern. Denen trete ich dann nicht Das durchgeleitete Suchprofil der Amerikaner ist entgegen. Ich sage nur: Ich habe dazu nichts fest- sicher ein amerikanisches gewesen, und zwar zustellen. - Von daher meine ich: Das, was ich vom Zeitpunkt der Einleitung, bis es wieder ir- jetzt sehen konnte, hat mich nicht zu Zweifeln gendwie rauskam oder Erträge hatte oder nicht. geführt, zu sagen: Packt diesen Müll ein, ich will das Richtige sehen. - Das war nicht der Fall. Also, Das, was der BND gemacht hat, indem er diese mir schien das Material jedenfalls in sich wider- Selektoren da sozusagen gelagert hat - er hat sie spruchsfrei zu sein. ja dann - - in diesem Moment ist er mit ihnen nicht mehr aktiv umgegangen; das war ja ein an- Ich habe auch genügend und jede Menge Fragen derer Teil - - da gibt es, soviel ich weiß, eine Mei- gestellt. Also, ich habe laufend irgendwelche Be- nungsverschiedenheit zwischen den Datenschüt- richte angefordert. Zum Teil dauerte das auch zern - ich weiß jetzt nicht, welchen - und dem eine Zeit lang, bis ich sie bekam, hat auch die BND betreffend die Frage, ob dieses eine Daten- Arbeit mitunter etwas unübersichtlich gemacht. bank ist oder nicht. Das war für mich nicht Aber Ihr Job ist viel schwieriger - das ist mir rechtsentscheidend. Ich habe dem mit Interesse überhaupt keine Frage -, weil Sie natürlich nicht zugeguckt, aber ich kann dazu nichts sagen. Also, einfach nur in so einer schmalen Furche rum- das jedenfalls wird offenbar uneinheitlich zwi- arbeiten, sondern eine viel größere Breite machen schen den verschiedenen Stellen betrachtet. Ich müssen. Also, dass Sie jetzt irgendwie diesen kann auch gar nicht mal sagen, ob es da eine Dingen weniger gnädig gegenübertreten, das kann Übereinstimmung zwischen den beiden Daten- ich Ihnen nachempfinden. schutzbeauftragten, nämlich derjenigen des Bun- des und der des Bundesnachrichtendienstes, gibt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Schwer Aber dieses Inventar, was da für die Amerikaner macht diesen Job auch, dass es Zeitkontingente durchgesteuert wurde, ist ganz bestimmt nur eine gibt und jetzt wieder die nächste Fraktion Fragen amerikanische Datenbank gewesen. stellt. - Ich vermute, es ist die Fraktion Die Linke, weil die anderen Fraktionen keine Fragen mehr Martina Renner (DIE LINKE): Das haben Sie sich haben. - Frau Kollegin Renner. in Bad Aibling so angesehen, dass das so ist, dass das nur eine amerikanische Datenbank ist. Martina Renner (DIE LINKE): Ich will noch mal nachfragen zu dem Verständnis, dass die NSA- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das habe Selektoren gar nichts mit dem BND zu tun haben. ich mir auf zig verschiedenen Konstruktions- Sie schreiben auf Seite 199:

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 86 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

zeichnungen darstellen lassen, weil das ist näm- dem Sinne gelöscht wird, wobei ich auch immer lich nicht so einfach zu erfassen. Und da habe wieder lerne, dass, wenn ich irgendwie die ich es immer wieder durchgesprochen mit ver- Delete-Taste bei mir drücke, das angeblich auch schiedenen Mitarbeitern. nicht richtig gelöscht ist. Also, ich kann das nur so referieren, wie die das ausgedrückt haben. Ich Martina Renner (DIE LINKE): Die NSA-Selekto- bin kein Techniker. ren sind in einem abgeschotteten System? Die werden nicht bearbeitet, verändert? Martina Renner (DIE LINKE): Auch mal wieder eingestellt worden? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. Richtig. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das Thema kennen wir aus dieser EADS-Liste. Also, Martina Renner (DIE LINKE): Da hat einzig und da ist ja beobachtet worden, dass es unternom- allein die NSA die Hoheit drauf, was beim BND men wurde, herausgenommene oder „disap- eingesteuert wird. proved“ gestellte Selektoren wieder einzu- steuern. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich kann Ihnen jetzt in öffentlicher Sitzung nicht Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten, unter über weitere Teile dieses Systems etwas sagen. den angelieferten NSA-Selektoren sei ein un- Wenn wir hier im Geschlossenen wären, würde wesentlicher Teil - ich muss jetzt gerade noch ich wieder nach meinem Hintermann gucken mal nach Ihrer Formulierung nachsehen - - Ach und fragen, ob ich jetzt noch mehr sagen darf. so: Es wurde überwiegend nicht G-10-Bezug an- Aber es würde vom Prinzip nichts ändern. Also, gedient. der Teil, der durchgesteuert wurde mit dem Ziel, Erfassungen für die NSA zu erbringen, ist eine Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wenn Sie rein NSA-seitige Veranstaltung. mir jetzt helfen. Ich habe den - -

Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, es ist die Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben das komplette Datenbank seitens der NSA angeliefert heute gesagt: überwiegend nichts angedient mit worden und dann eins zu eins eingestellt wor- G-10-Bezug. - Ich würde gerne mal was zur Quan- den. tifizierung wissen, was „überwiegend nichts an- gedient“ heißt. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Eins zu eins nicht. Es sind natürlich die - - Also nach DAFIS- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, die Filterung - ich muss jetzt nicht wiederholen - Zahl der Verstöße ist ja überwiegend im europäi- sind irgendwelche Selektoren auch gegebenen- schen Bereich passiert, jedenfalls wenn man falls rausgenommen worden. diese 40 000 betrachtet. Und von den Teilen, die jetzt deutschen Bezug hatten, waren ja überwie- Martina Renner (DIE LINKE): Auf „disapproved“ gend Fälle betroffen, die auf der zweiten oder gestellt worden. dritten Stufe herausfielen. Und das waren jetzt diese Fälle, wo ich ja schon heute Morgen ein- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. gangs erklärt hatte, wo man natürlich nicht bei den Amerikanern ohne Weiteres unterstellen Martina Renner (DIE LINKE): Auch mal gelöscht kann, dass die über diese Dinge Bescheid wuss- worden? ten, weil diese Selektoren waren ja dann keine Selektoren mit - was weiß ich - 04er10-Vorwahl, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich de-Domain oder so irgendetwas, sondern die habe mir das erklären lassen, dass das nicht in fielen ja am Ende nur heraus wegen deutscher

10) vgl. Anmerkung des Sachverständigen, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 87 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zusatzkenntnisse, die aber die Amerikaner nicht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich hatten. Also, deshalb habe ich das da auch sage jetzt zu Ihrer Millionenzahl, bevor Sie jetzt weicher formuliert. Man kann den Amerikanern hier wieder - - in dem Bereich jetzt - europäisch ist wieder ein anderer - nicht den Vorwurf machen, wie wenn Martina Renner (DIE LINKE): Da können wir hier sie einen 049er-Selektor steuern. offen reden. Das haben wir hier in nicht einge- stufter Sitzung schon ausführlich behandelt, wie Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. - Haben hoch die Anzahl der NSA-Selektoren - - Ihnen die BND-Mitarbeiter etwas dazu gesagt, wie hoch der Anteil der Telekommunikations- RD Philipp Wolff (BK): Ausführlich haben wir es merkmale war, die vom BND verstanden wurden, nicht behandelt. also zu denen - wir reden jetzt von der Millionen- liste der NSA-Selektoren -, und wie hoch war der Martina Renner (DIE LINKE): Oh! Anteil der Telekommunikationsmerkmale, die für den BND lesbar war? RD Philipp Wolff (BK): Wir haben ganz grob die Zahlen mal genannt, und den Rest haben wir in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich eingestufter Sitzung genannt. kann es jetzt ja nur aus der Menge von den 40 000 sagen. Da waren es die Telefonselektoren. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Deswegen Also, mit „lesbar“ - da gehe ich jetzt von aus - habe ich es ja jetzt auch nicht ganz exakt gesagt. - meinen Sie, die Begründung lesbar. So, wir reden also von 6 300 000 NSA-Selekto- ren, die vom BND gar nicht verstanden wurden - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau, ob man dazu eine Begründung hatte. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig, also immer in dieser Zahlenrelation. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jaja, genau. Martina Renner (DIE LINKE): - und zu denen Martina Renner (DIE LINKE): Und zu der Ge- man auch keine Aussage treffen kann, ob sie samtzahl der Selektoren: Haben Sie da mal nach- G-10-Bezug hatten? gefragt? Weil wir reden hier von Millionen von Selektoren. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, doch. Das schließt sich ja nicht aus. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jaja, klar. Also, wieweit diese 40 000 repräsentativ sind, Martina Renner (DIE LINKE): Aha. kann ich jetzt nicht beurteilen. Aber ich habe ja schon gesagt: Da geht es um so ein ungefähr Eins- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ob der zu-zehn-Verhältnis, also von den Telefonieselek- Selektor G-10-widersprüchlich ist oder nicht, toren zu den anderen. Wenn das repräsentativ ist, entscheidet sich ja von seiner Beschaffenheit, können Sie es entsprechend aufteilen. nicht von seinem Begründungsteil.

Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, von den Martina Renner (DIE LINKE): Okay, dann frage 7 Millionen Selektoren hat man 700 000 verstan- ich mal andersherum: Haben Ihnen die BND-Mit- den. arbeiter etwas dazu gesagt, dass es Telekommuni- kationsmerkmale gibt, bei denen man gar keine Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Konnte sie Aussage dahin treffen kann zum Beispiel, aus verstehen, wenn man es wollte, ja. welchem Land sie stammen?

Martina Renner (DIE LINKE): Von den 6 Millio- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, es gibt nen, zu denen man - - ja eine Reihe von diesen sogenannten „Others“. Also, da befinden sich eben auch welche drunter.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 88 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Das sind irgendwelche Zahlenkombinationen - es Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Geschätzter waren nicht sehr viele -, die so jedenfalls keinen Herr Ströbele, es gibt eine Leseliste hier in die- rechten Sinn zu machen schienen. sem Bericht. Die ist zwar hier etwas verkürzt, weil ich da immer dem Geheimschutz aufgeses- Martina Renner (DIE LINKE): Und bei den ande- sen bin. Ich habe jeden einzelnen gelesen - min- ren Telekommunikationsmerkmalen? Kann man destens einmal. bei allen einen Länderbezug herstellen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. NEN): Bitte? Jede einzelne haben Sie gelesen?

Martina Renner (DIE LINKE): Nein? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, mindestens einmal - - sogar mehrfach. Deshalb Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. gibt es ja in dieser Leseliste, wie das so nett über- schrieben ist - - Da gibt es jede Menge - - Also, in Martina Renner (DIE LINKE): Bei welchen kann dem Kanzlerinnenexemplar gibt es jede Menge - - man das nicht? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das ist NEN): Ja, das haben wir ja nicht. jetzt auch wieder eine Frage - - Also, es gibt einen oder es gab jedenfalls längere Zeit - das hat sich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich er- inzwischen wohl geändert - einen Internetprovi- läutere es deshalb ja. - Da gibt es jede Menge kon- der, der hat keine Top-Level-Domains vergeben. kreter Aussagen, und die sind darauf zurückzu- Das heißt, da konnte man nicht feststellen, aus führen, dass ich jeden einzelnen gelesen habe, - welchem Land die kamen, und da ist auch infol- gedessen sehr großzügig „disapproved“ worden. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Also, wenn dort von einem solchen Selektor ir- NEN): Aha. gendeine Nähe bestand zu einem Selektor, der eindeutig einen deutschen Bezug hat, wurden da Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: - über meh- manchmal 10 oder 15, die für zusammenhänglich rere Tage verteilt. angesehen wurden, einfach auf „disapproved“ gesetzt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. Ja, ja, ich kenne das. Das ist schwie- Also, diese große Zahl deutscher Treffer beruht rig, ja. Ich kann das nachvollziehen. zum Teil darauf, dass sehr viele von denen, die streng genommen unklar waren, wo es eine rela- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist tiv großzügige Ablehnungspraxis gab, deshalb schon mal die „Suche nach der verlorenen Zeit“ - diesem deutschen Teil zugeschlagen und abge- nacheinander gelesen. lehnt wurden. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten NEN): Haben Sie denn von den - Ihren und des wir einmal wieder wechseln und kommen zur BND - Mitarbeitern Listen bekommen, wo das ir- Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- gendwie zusammengefasst war: „hier Wirt- lege Ströbele. schaftsunternehmen, hier Regierungsmitglieder oder weiß ich was“? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Ich habe noch drei Fragen, glaube ich. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die Also, 39 000 Selektoren gibt es in der Ableh- waren alle alphabetisch geordnet, also soweit die nungsliste. Ich nehme nicht an, dass Sie die alphanumerisch ordnenbar waren; das war sozu- 39 000 persönlich alle gelesen haben. sagen der Ausgangspunkt. Diese Leseliste ent- hielt unter anderem - weil sonst hätte ich ja auch

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 89 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

keinen eigenständigen Zugang gefunden - immer mal eine Lebensmittelfirma oder vielleicht auch wieder Anmerkungen, ob da Wirtschaftsfirmen eine Autofirma oder so. Also, haben Sie Firmen vorkamen, ob da irgendwelche europäischen Re- gefunden oder Wirtschaftsunternehmen gefun- gierungen, Abgeordnete oder so was vorkamen. den, wo Sie jedenfalls keine Möglichkeit gesehen Das war immer von mir bei der Leseliste ver- haben, dass da irgendwas wie Terrorismus oder merkt - also, damit ich sozusagen den Grundein- unerlaubte Waffenlieferungen oder so was fest- druck hatte -, und ich habe es dann aber eben stellbar oder denkbar war? noch mal nach diesen 16 Kriterien auch durch- arbeiten lassen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, klar. Das sind ja - - Der BND hat ja von sich aus immer Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine ganze Reihe von deutschen Firmen gehabt, NEN): Und wer hat die zusammengestellt, diese die er für sozusagen rein wirtschaftlich oder Leseliste? Der BND. zweifellos wirtschaftlich gehalten hat, und die wurden immer rausgenommen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Was heißt hier „diese Leseliste“? Also, Sie meinen diese Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Excel-Liste? NEN): Bitte? Und die?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und die NEN): Ja, also eine Liste, die irgendwie mit A an- wurden immer rausgenommen. fängt, mit Z aufhört. So stelle ich mir das vor. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das ist NEN): Also deutsche Firmen jetzt? dieser Hinweis - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Deutsche Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Firmen, ja. NEN): Und da stehen dann Namen oder Firmen oder Firmennamen oder sonst was, und dann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kommt eine Rufnummer oder eine E-Mail- NEN): Und europäische Firmen? Adresse oder weiß ich - - also verschlüsselt. Und Sie haben es ja wahrscheinlich entschlüsselt ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das sehen. europäische Thema kam ja erst später auf, und europäische Firmen wurden sehr reduziert he- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich rausgenommen, weil der Ausgangspunkt war ja habe ja diese vier Beispiele von Selektoren extra nicht Schutz europäischer Firmen, sondern gebildet - es gibt, wie gesagt, eine viel größere Va- Schutz europäischer Regierungseinrichtungen. rianz -, um da so einen sinnlichen Eindruck zu vermitteln. So müssen Sie sich das vorstellen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also Firmen nicht? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja. - Ich habe jetzt auch eine konkrete Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wenige. Nachfrage dazu, weil Sie vorhin mal gesagt hat- ten zu den Wirtschaftsunternehmen, da sei das ja Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- manchmal schwierig - da gebe ich Ihnen recht -, NEN): Weil Sie kennen ja die Diskussion mindes- weil es könnte ja sein, dass das ein Wirtschafts- tens aus der Öffentlichkeit, dass immer wieder unternehmen ist, was irgendwie - - bei dem behauptet wird, Wirtschaftsspionage gäbe es Proliferationsverdacht oder so was Ähnliches be- nicht. Allenfalls gäbe es mal das eine oder andere steht. Das ist ja was anderes, als wenn das ein Wirtschaftsunternehmen, wo es aber jetzt nicht Wirtschaftsunternehmen ist, wo das schon - - die um Konkurrenzgeschichten oder Ähnliches geht, Denkmöglichkeit gar nicht da ist; also, ich nehme sondern wo es um die Frage geht, in irgendwas

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 90 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

verwickelt zu sein, möglicherweise in Strafbares Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verwickelt zu sein. Und haben Sie solche Firmen NEN): Aha. - Und - - Na ja, dann will ich das erst identifiziert, wo Sie sagen: „Das kann nicht sein. mal verlassen - wir müssen hier schon selber se- Irgendwie eine strafbare oder ungesetzliche Ver- hen -, weil das ist ja auch unterschiedlich bei der wicklung ist da nicht; da muss irgendwas ande- Wertung. Also, Sie werten vielleicht eine Firma res dahinterstecken“? ganz anders -

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das ist völ- Firmen, die herausgenommen worden waren, wa- lig richtig. ren ja welche, von denen der BND die Vorein- schätzung hatte, dass gegen die eben nicht aufge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klärt werden dürfte. Infolgedessen sollte es - - Ich NEN): - oder auch der BND. Haben Sie ja auch habe allerdings - - Das haben Sie auch; in einer selber festgestellt, ja. bestimmten Weise könnten Sie das hier meinem Bericht entnehmen. Es gab auch Fälle, da habe Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. ich hingeschrieben „Übermaß“, also weil das wa- ren Fälle, wo ich überhaupt nicht verstanden Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe, warum die eigentlich nicht gesteuert wur- NEN): Dann die zweite Frage, die ich noch hatte. den. Also, das war so zum Schreien. Da muss ich jetzt erst mal gucken. - Noch mal zu den zwei unterschiedlichen Listen-Feststellungs- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- orten, einmal Pullach und einmal Bad Aibling, NEN): Ja, uns interessieren ja eher die Fälle, wo August 2013. Ist Ihnen da was gesagt worden, in unerlaubt gesteuert worden ist. welcher Reihenfolge diese Listen festgestellt wor- den? Also, war erst Pullach dran oder erst Bad Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich weiß Aibling? das schon. Nur, es gab auch die anderen Fälle, wo ich gesagt habe: Wieso ist der eigentlich nicht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe es gesteuert worden? nicht definitiv rausgekriegt. Ich habe es nicht de- finitiv rausgekriegt und hatte den Eindruck auf- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- grund - - Ich habe nun allerdings keine Verneh- NEN): Ja. - Können Sie da eine Größenordnung mung durchgeführt, wie sie hier im Ausschuss sagen, wie viele solcher Wirtschaftsunterneh- vermutlich durchgeführt worden ist, weil da lag men - - nicht mein Erkenntnisinteresse. Ich hatte den Eindruck, dass die 2 000er-Liste wohl zuerst fer- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. tig war, aber die andere oder die anderen Ableh- Wenige. Es gab sie, aber - - nungsmaßnahmen - - Die sind ja nicht jetzt - - Die liegen ja nicht durchgezählt hier vor. Die ist un- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gefähr zur selben Zeit - - Die Pullacher waren der NEN): Also jetzt unzulässige Steuerung? Auffassung, dass sie sozusagen den Anstoß gege- ben hätten mit ihrem Vorstoß. Ich habe das aber Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich will nicht durch kontroverse Befragung rausgefunden, mich ja nicht indoktrinieren lassen. weil ich da kein Interesse gesehen habe.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): 100 oder - - Also, bei den - - NEN): Haben die Pullacher Ihnen gesagt, was sie mit der Liste gemacht haben? Haben die sie nach Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. Ganz Bad Aibling weitergegeben und wenn, wie? wenige; ganz wenige. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich meine, ja; aber ich kann es nicht sagen. Ich habe

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 91 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

die Befragung mit den Leuten, die das wissen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich muss konnten, jetzt nicht mit einem solchen Erkennt- mal gucken. Das habe ich ja sogar irgendwo ge- nisinteresse geführt. schrieben, wie der Abgleich aussah; das müsste ich jetzt raussuchen. Also, die müssen ja notwen- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- digerweise teilidentisch gewesen sein, weil das NEN): Also, ob die in Papierform oder in digi- waren ja keine unterschiedlichen Untersuchungs- tal - - Da ist nichts zu gesagt worden, oder erin- ansätze. Also, das heißt, der in Pullach war etwas nern Sie sich jetzt nicht? enger als der in Bad Aibling. Aber deshalb müs- sen die - - Ich müsste das sogar nachlesen. Ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Weiß ich habe es mir bei den vielen Listen - - Ich kann es nicht. jetzt aus dem Kopf nicht sagen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber wir NEN): Ja. - Und die in Bad Aibling, haben Sie die müssten jetzt auch noch mal wechseln, dass die auch selber gesprochen, oder haben Sie das nur Fraktion Die Linke - - gehört? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die habe NEN): Ja. - Vielleicht eine Frage? Dann schließe ich zum Teil selbst gesprochen und habe das ich das auch ab. zum Teil am Rechner nachvollzogen. Also, man konnte ja anhand der Datenbanken nachvollzie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eine Frage ist hen, wann die rausgenommen wurden, also je- gut; dann ist es ja auch durch. denfalls bei einem großen Teil. Ich habe das jetzt nicht bis auf den Hosenknopf auszählen lassen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber ich habe das hier hinten in Berlin an der NEN): Sind beide Listen jetzt in den 40 000er- Datenbank nachvollziehen lassen und habe dabei oder 39-noch-was-Listen, die da im Kanzler- eben gesehen, dass das eine sehr große Zahl war, amt - - auf die wir alle so großen Wert legen, die im August 2013 in Bad Aibling auf „disap- drin? Also, kann das sein, dass die dann doppelt proved“ gesetzt wurde. sind, weil die einmal in Pullach und einmal in Bad Aibling rausgenommen wurden? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, und jetzt interessiert natürlich die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein. Frage: Waren die Listen ganz oder teilweise iden- Passen Sie auf: Die beiden Löschungsaktionen, tisch? auf die ich mich beziehe, das ist einmal - also, wenn Sie jetzt den Bericht hier vorliegen haben - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie meinen auf der Seite 103 das, was hier als „Vorversion die - - der 2 000er-Liste“ bezeichnet wird, und dann ist es das Rudiment auf der Seite 113: „Summari- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sche Auswertung EU-Regierungsadressen August NEN): Die Selektoren, die da raus - - aussortiert 2013“. Und das war diese Geschichte, die ja auch wurden. schon so ein bisschen Fantasien geweckt hat. Da ist nur der E-Mail-Verkehr vorhanden; also, da Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie meinen sind keine Selektoren mehr. Es ist nur der jetzt die 2 000 und die - - E-Mail-Verkehr vorhanden, und aus dem ergibt sich, dass da ein Mitarbeiter bis zu einem be- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stimmten Zeitpunkt 10 000 Selektoren mit sol- NEN): Ja, und die Bad Aibling. 2 000 war, glaube chen europäischen Adressen gefunden hatte. ich, die Pullacher, nicht? Und dann fragte er an: Was soll ich damit ma- chen? - Und dann wird gesagt: Löschen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 92 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben, die NSA, da tatsächlich ein Hintergrund NEN): Das war in Pullach? zu befürchten mit Proliferation“? Oder anderes Beispiel: Europäische Zentralbank; da steht das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, sozusa- auch. Also, hat der BND die Deutungen der Ame- gen die Aussage. Die Leute sind aber in Bad Aib- rikaner auch mal geprüft und hinterfragt? Haben ling. - Und da ist ja eben die Frage: Bezog sich Sie da irgendwas dazu gehört? das jetzt nur auf das, was der da gemeldet hat: „Ich habe da hier so 10 000 Teile auf dem Tisch Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, nur liegen“ - in Anführungszeichen -, oder bezieht noch mal, um den Ausgangspunkt klarzumachen: sich das auf die Gesamtzahl oder vielleicht grö- Also, Deutungen gab es ja nur für Telefonie- ßere Zahl, die dann da am Ende im August ge- selektoren, also nicht für die E-Mail-Selektoren. löscht wurde? Und das hatte mich interessiert. Also, bei den E-Mail-Selektoren wäre das gar Und das konnte ich ja zu einem Teil nachvollzie- nicht in Betracht gekommen. hen von dem Computer aus, den ich hier in Ber- lin hatte, und habe gesehen, dass da eine viel grö- Bei den Telefonieselektoren: Ich habe keine ßere Menge in diesem Zeitraum gelöscht worden Ahnung, wie die Praxis bei denen war. Die hatten ist. Insofern schien mir das jetzt alles stimmig; ja ihr Filterungssystem, was von der anderen das heißt, das passte zusammen. Es war aber nur Seite ansetzte, also nicht von der Deutungsseite, ein Ausschnitt von dem, was die - offenbar durch sondern von der Beschaffenheit der Selektoren Snowden-Berichterstattung wach geworden - da aus. Ich habe keine Frage gestellt, ob eigentlich gemacht hatten. bei den anderen irgendwie regelmäßig Stichpro- ben unter dem Begründungsgesichtspunkt gese- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten hen wurden. Und das ist ja auch der Punkt, den wir wechseln. ich rechtlich - jetzt nicht strafrechtlich, sondern sicherheitsrechtlich - für problematisch halte, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nur, das ist weil etwas ist dann keine anlasslose Überwa- keine Liste - - Also, diese auf Seite 113 ist keine chung, wenn Gründe für einen Vorgang vorlie- Liste, die noch irgendwie existiert. gen. Die liegen aber natürlich nur vor, wenn sie einmal zur Kenntnis genommen werden können, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - und dann, wenn sie auch zur Kenntnis genom- Dann kommen wir jetzt zu den Fragen der Frak- men werden. tion Die Linke, und der Kollege Hahn ist dran. Und deshalb: Dieses Instrument, was dort betrie- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ich würde gern ben worden ist, ist ein Instrument, was man ohne noch mal zunächst auf die Begründungen zurück- Weiteres in einer rechtlich angemessenen Weise kommen oder die Deutungen für die Selektoren, fahren konnte, was aber in dem Rahmen, wie ich die angebracht worden sind, da, wo welche ange- das erläutert habe, leider nicht gefahren worden bracht waren und zu sehen sind. ist. Und das ist eben typischerweise ein Feld, wo ich der Auffassung bin: Da sollte wirklich nach- Ich nehme jetzt mal ein Beispiel: Jean-Claude gebessert werden. Juncker und als Begründung steht „Prolifera- tion“. War damals - - Er ist kein Deutscher. War Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also reicht es damals - - Europäische Interessen waren noch eigentlich, wenn die Amerikaner eine Telefon- nicht berücksichtigt. Wurde rausgenommen. Der nummer nennen und schreiben dahinter „Prolife- wäre also durchgelaufen. Meine Frage dazu: Ist ration“. Dann wird der vom BND im Normalfall - denn irgendwann mal - - oder ist Ihnen jetzt bei also, wenn ich Sie richtig verstanden habe - ge- Ihrer Prüfung untergekommen, dass man das mal steuert, ohne dass jemals geprüft wird, um wen auf Glaubwürdigkeit nachgeprüft hat, dass also es sich dabei handelt und ob das überhaupt zu- der BND gesagt hat: „Wir prüfen jetzt mal: Ist bei trifft. dieser Person, die jetzt die Amerikaner gemeldet

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 93 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das Flags, Haken immer händisch setzen konnten. kommt jetzt wieder darauf an, wie so eine Ver- Das heißt, ich könnte auch einen Haken setzen einbarung geschnitten ist. Also, wenn Sie eine „nie gesteuert“, bevor ich Ihnen die Liste gebe, Vereinbarung haben, die für bestimmte Bereiche die besonders brisant ist. keine Einschränkungen auf Phänomenbereiche vornimmt oder jedenfalls nur eine sehr, sehr weit Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich verstehe gefasste, dann wird da ja auch nicht viel zurück- Ihre Frage nicht. Was haben Sie denn für eine zuweisen sein. Das ist nur halt signifikanterweise Vorstellung, wie die Liste ausgesehen hat, die ich im Bereich der europäischen Erfassung nicht der bekommen habe? Fall gewesen, weil die eben nach Phänomen- bereichen von vornherein nur eng definiert war. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wir würden sie Also, deshalb wird für einen großen Teil von Se- ja gerne sehen. Dann könnten wir uns selber ein lektoren, die den außereuropäischen Bereich be- Bild machen. trafen, eine solche auf Begründung abzielende Betrachtung zu keinen distinktiven Ergebnissen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, ich führen. frage jetzt, was Sie für eine Vorstellung sich da- von machen. Meinen Sie, dass da Haken dran Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben vorhin waren - oder? gesagt, Selektoren, die nie gesteuert wurden, seien ja kein Problem, oder da wäre ja kein Scha- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir haben hier den entstanden; - von Zeugen gehört, dass an den Selektoren ver- schiedene Möglichkeiten waren, Zeichen zu set- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Richtig. zen, ob nun Flags oder Haken oder „approved“ und „disapproved“, und das konnten Personen Dr. André Hahn (DIE LINKE): - ich gebe das jetzt machen, die den Zugang hatten zu dem Rechner. mal so einfach wieder. Woher wissen Sie denn, Meine Frage zielt jetzt darauf, ob man möglicher- ob die Selektoren - - oder dass sie nie gesteuert weise die Liste, die Sie als - - oder auf die Selek- worden sind? toren, die man Ihnen als „nie gesteuert“ genannt hat, genau diesen Vermerk „nie gesteuert“ vorher Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Soll ich angebracht hat, bevor Sie die bekommen haben. jetzt die Fragen oder die Antworten wiederholen, die ich heute Morgen schon gegeben habe, oder Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich hätte was? gerne Ihre Zeugen gehört.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, ich möchte Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, wir haben sie das gern noch mal wissen. Ich stelle dann noch gehört. Deshalb frage ich Sie ja danach. eine Nachfrage. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. Also, ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, die kann mit diesen Antworten nichts anfangen. Selektoren, die mir als nicht gesteuert benannt worden sind, habe ich genau in dieser Form so Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann haben Sie - - entgegengenommen. Ich bin ja auch nicht die Ach so, ja: Ist es richtig, dass die Amerikaner we- letzten zwölf Jahre in Bad Aibling wohnhaft ge- nigstens eine Zeit lang dann informiert worden wesen. sind über die abgelehnten Selektoren? Hat das eine Rolle gespielt bei dem, was Sie - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, ich frage das deshalb, weil uns Zeugen hier ausgesagt haben - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Bei den und danach will ich Sie jetzt fragen, ob Sie das Internetselektoren, ja. irgendwie bei Ihren Prüfungen dort mit im Blick hatten -, dass sie „approved“, „disapproved“,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 94 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Da sind die Ameri- Dr. André Hahn (DIE LINKE): 30 Selektoren schi- kaner informiert worden? cken die Amerikaner. Der BND streicht vier. Dann werden die Amerikaner darüber informiert, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Automa- dass 26 gesteuert werden, bestätigen das, schi- tisch. cken die -

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Automatisch. - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, so läuft Kann es sein, dass - - Also, ich konstruiere jetzt das aber nicht. mal ein Beispiel - weil auch da gab es Zeugenaus- sagen, die da in die Richtung deuten -: Die Ame- Dr. André Hahn (DIE LINKE): - ja, so ist es aber rikaner haben 30 Selektoren geschickt, die einge- gesagt worden hier -, und zwar gezählt. Und der steuert werden sollten, der BND nimmt vier raus, Zeuge - - Also, ein Zeuge - ich muss jetzt wieder die er für nicht zulässig hält, und dann hat man aufpassen auf die Einstufung - hat dann erklärt, den Amerikanern die 26 zurückgeschickt und hat dass die nicht noch mal überprüft worden sind, ihnen mitgeteilt: Die werden jetzt gesteuert, sondern man hat nur auf die Zahl geachtet: ob wenn das so okay ist. - Ist das so gelaufen? die identisch ist mit der, die man vorher zu den Amerikanern gegeben hatte. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, es gab ja keinen Dialog zwischen BND und NSA über Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich diese Fragen, sondern diejenigen, die eben auf kann Ihnen zu Ihren Zeugenvernehmungen „disapproved“ gesetzt wurden, haben die soge- nichts sagen, weil ich habe die ja nicht mitbe- nannte Statusmeldung von sich gegeben. Das war kommen; sonst hätte ich wahrscheinlich eine alles, was stattfand. Es gab ja keinen Dialog über ganze Reihe von kritischen Fragen gestellt. Ich diese weiteren Zusammenhänge. kann Ihnen das nicht sagen. Das müssen Sie selbst bewerten. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja; doch, doch. Ich frage ja aus einem gewissen Grund, ob Ihnen das Also, ich habe wirklich keine Ahnung. Das ist untergekommen ist. Also, es ist auch so darge- mir nicht so mitgeteilt worden, und ich kenne stellt worden im Ausschuss, dass man der NSA auch nicht diesen Teil - - mitgeteilt hat, dass man eben nur - um bei dem Beispiel zu bleiben - 26 steuert, und die haben Dr. André Hahn (DIE LINKE): Verstehen Sie, was dann 26 zurückgeschickt, und die wurden einge- ich meine? Wenn die Amerikaner - steuert, ohne noch mal geprüft zu werden - was heißt, da können auch theoretisch 26 andere zu- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, ich ver- rückgekommen sein. stehe schon.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich verstehe Dr. André Hahn (DIE LINKE): - 26 zurückschi- jetzt nicht ganz die konspirative - - die Beschrei- cken, der BND guckt drauf - „sind 26“ -, aber es bung der Konspiration, die dahinterstecken soll. wird nicht noch mal gecheckt, dann können die Oder was wollen Sie damit denn ausdrücken? 26 völlig andere Sachen zurückgeschickt haben, und die wurden dann zumindest - - Drei Monate Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich will versuchen, lang liefen die durch alle Systeme. Ihnen das zu erklären. Das ist alles ein bisschen kompliziert. Ich muss immer aufpassen, was wir Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich sagen dürfen und was nicht. Deshalb mache ich habe den Eindruck bei diesem ganzen Unterneh- ein selbst gebildetes Beispiel. men gehabt, dass das mehr strategisch als tak- tisch angelegt war. Das heißt, die haben auf die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Okay. große Zahl und die breite Fläche, auf der dieser Aufklärungsansatz angesetzt war, vertraut und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 95 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

haben deshalb sich über die Zahl der rausgenom- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Warten Sie menen Selektoren grundsätzlich nicht weiter ge- mal! Versuchen Sie es bitte noch mal! Ich habe grämt, mit Ausnahme von bestimmten, die ihnen den Aufbau wahrscheinlich missverstanden. offenbar ein großes Anliegen waren. Dafür dienen Also, an welcher Stelle des Aufbaus des Selek- als Beispiel diese EADS- und Eurocopter-Selek- tors soll dieses Zeichen sein? toren. Aber ansonsten war die Beobachtung, wie sie mir auch mitgeteilt wurde, die, dass die das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, bei Mails. durchgewunken haben. Wenn Sie jetzt Zeugen vernommen haben, die was anderes sagen: So Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. what? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann gibt es das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was waren denn Telekommunikationsmerkmal, also der Name mit das für Selektoren, die da immer wieder - - Also, der entsprechenden Adresse. Sie haben jetzt zwei genannt. Ich will jetzt nicht andere Firmen wissen. Das dürfen - - Also, ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. möchte es schon gern wissen; aber Sie werden es nicht sagen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und dann ist da ein Leerzeichen, und dann steht die Deutung. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das sind Und hat man Ihnen gesagt, dass es da irgendwie die, die mir genannt wurden. Probleme gegeben hat?

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, Sie haben Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das war jetzt nicht noch mal sich zum Beispiel eine Über- ja das, was ich gesagt habe: weil die amerikani- sicht geben lassen, welche die Amerikaner mehr- schen Begründungen bei den ganzen Internet-, fach versucht haben, dort einzusteuern? also sprich bei den ganzen Mail-Selektoren eben nicht gelesen werden konnten. Das war ja das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Keine Über- Problem. sicht. Nein, war kein Fragegegenstand. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dass dieses Leer- Dr. André Hahn (DIE LINKE): War kein Frage- zeichen irgendwas mit dem DAFIS-Filter zu tun gegenstand, na gut. - Dann habe ich noch eine hatte und da bestimmte Sachen dann nicht Frage. durchgehen konnten und rausgeholt werden - -

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Gerne kann Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, der ich versuchen, das nachzurechnen. Wenn Sie es DAFIS-Filter spricht ja auf den vorderen Teil, wissen wollen, müssen Sie nur eine Hotline nicht auf die Begründung an. Also, insofern ist schalten hier zu meinen Auftraggebern. Ich habe mir jetzt - - Ich bin natürlich kein Programmier- damit keine Schwierigkeiten. fachmann. Aber bei mir klingelt es jetzt nicht, was es für eine Bedeutung haben könnte in dem Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ist Ihnen mal ir- Zusammenhang, ob da zwischen dem Selektoren- gendwie eine Information zugegangen oder hat teil und dem Begründungsteil ein Leerzeichen man Ihnen gesagt, dass es Probleme gab bei war oder nicht. Das ist mir nicht - - also nicht als Mails, wenn ein Leerzeichen zwischen dem Tele- Thema bekannt. kommunikationsmerkmal und der Bedeutung oder der Deutung - - also, wo drinstand, warum Dr. André Hahn (DIE LINKE): Okay. dieses Telekommunikationsmerkmal verwendet wird. Ist das - - dass es damit Schwierigkeiten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eigentlich ist gab? die Zeit um. Wenn der Komplex durch wäre, wäre die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wieder dran. Herr Kollege von Notz.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 96 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- abgeschaltet wurden vom Bundesnachrichten- NEN): Ja, vielen Dank. - Ich will erst mal noch dienst, alle US-IP-Selektoren? mal anknüpfen an die Aussage zu den Deutun- gen, die Sie eben gemacht haben. Da haben wir Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das hier anderes gehört. Habe ich Sie richtig verstan- liegt außerhalb meines Untersuchungszeitraums. den, dass Sie sagen, zu den Rufnummern war in Aber mir ist bekannt, dass es irgendeine Umstel- dem, was Ihnen vorgelegt wurde - - Gab es da lung des Datenbanksystems irgendwann im Som- Deutungen? mer gegeben hat. Inwiefern da ein Zusammen- hang besteht, kann ich jetzt nicht beurteilen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Be- gründungen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hat Ihnen auch niemand erzählt, warum Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- man das eigentlich gemacht hat? Millionen von NEN): Begründungen, genau. - Das ist interessant. IP-Selektoren hat man rausgenommen. Wir reden Hat man Ihnen gesagt, von wann das ist? jetzt immer über die 40 000er-Liste. Aber das Bundeskanzleramt hat entschieden: Alle IP-Se- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da müsste lektoren sofort abschalten. ich jetzt - - Also, ich habe jetzt nicht darauf ge- achtet, von wann die Selektoren waren, wo ich Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, ich - - diese Begründungen gesehen habe. Das kann ich Das war nicht Gegenstand meiner Befassung. jetzt nicht auswendig sagen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Könnte die Bundesregierung vielleicht NEN): Würden Sie ausschließen, dass man sozu- oder der BND, der ja hier anwesend ist, kurz auf- sagen im Nachhinein diese Selektoren mit Deu- klären, ob die Deutungen der Telefonnummern, tungen ergänzt hat? Ich sage Ihnen den Hinter- die Herrn Graulich vorgelegt wurden, aus der grund meiner Frage. Der ist, dass hier jemand - Zeit der Herausnahme stammten, oder ob man ein Zeuge, der sich damit auskennt und damit be- die nachträglich ergänzt hat? Denn wir haben fasst war - gesagt hat, dass Telefonnummern - - Zeugenaussagen. Sonst müssen wir hier einen Ja, darf ich das jetzt sagen? - - also, eine diametral Zeugen entweder noch mal laden - - Ach so, das andere Aussage gemacht hat als Sie. Also, mir ist aus einer Akte. Das ist gar kein Zeuge, son- geht es darum: Hat man Ihnen beim Bundesnach- dern aus einer Akte kommt das. Das könnte ich richtendienst gesagt: „Das ist der Status quo“, vielleicht sogar sagen, wo das steht; na ja, gut. oder hat man gesagt: „Zur Zeit der Löschung gab Aber können Sie sagen, Herr Wolff, ob diese Deu- es diese Deutung“? tungen ergänzt worden sind im Nachhinein?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich RD Philipp Wolff (BK): Kann ich nicht sagen. habe ja schon mal gesagt: Meine Aufgabe war Also, ich wäre insofern auch ganz dankbar, wenn nicht eine Vernehmung von Mitarbeitern des die Vorhalte hierzu konkret gemacht werden Bundesnachrichtendienstes. Ich habe die das ge- würden, weil ich konnte jetzt vieles von den Vor- fragt, was ich zur Erläuterung des Materialbefun- halten gar nicht zuordnen, - des für erforderlich zu wissen geglaubt habe, das ich zu untersuchen hatte. Also, ich habe jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einen anderen Ansatz verfolgen müssen als Sie. NEN): Ja.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): - nicht nur bei Ihnen, NEN): Ja, das verstehe ich; aber das ist für uns na- Herr von Notz, aber auch bei Herrn Hahn. Das türlich total relevant. - Ist Ihnen bekannt, dass im macht es schwierig. Mai 2015, also dieses Jahres, alle IP-Selektoren

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 97 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(Dr. André Hahn (DIE ja nicht systematisch europäische Firmen jetzt LINKE): Es ist aber nicht „unter Schutz gestellt“ in Anführungszeichen. unser Job, es Ihnen einfach zu machen!) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, genau. Aber deswegen ist ja die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frage nach der Wirtschaftsspionage so relevant, NEN): Das ist MAT A BND-38b, und da ist es wenn die überhaupt nicht nach europäischen Blatt 69. Das ist eine E-Mail vom 08.11.2013. Da Unternehmen geguckt haben: ob nun mit Mehr- steht etwas zu Deutungen von Telefonselektoren, oder Minderheit oder Fifty-fifty-Beteiligungen. und da steht das diametrale Gegenteil von dem, Deutsch: ja/nein? Was ist europäisch? Ist Airbus was der Zeuge hier gerade gesagt hat. Und inso- ein europäisches Unternehmen, ja oder nein? fern: Können Sie es denn ausschließen, dass man Wer weiß das schon. Aber wenn die danach über- die Deutungen nachträglich ergänzt hat? Weil die haupt nicht geguckt haben, dann können Sie na- Deutungen haben ja im Jahr 2015 eine große türlich in den aussortierten 40 000 eigentlich Rolle gespielt. keine europäischen Unternehmen gefunden ha- ben. RD Philipp Wolff (BK): Sie fragen mich? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, also, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- außer eben solchen, die - ja, ich sage jetzt mal - NEN): Ja. transnational waren. Also, es gibt ja auch deut- sche Firmen oder im Ausgangspunkt mal deut- RD Philipp Wolff (BK): Ich kann gar nichts aus- sche Firmen, die Ausgründungen haben ins Aus- schließen. Ich müsste mir das anschauen. Ich land, oder - was weiß ich - europäische Firmen, weiß es wirklich nicht. die dann Niederlassungen in Deutschland haben, also so das, was man vielleicht als multinationale Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Unternehmen bezeichnen kann. NEN): Ja, gut; okay. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dann - zweitens -: Herr Graulich, haben Sie mit NEN): Ja, okay. - Ich versuche jetzt in der knap- den BND-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, mit pen Zeit, die ich noch habe, noch mal auf eine denen Sie gesprochen haben, besprochen, welche Stelle Bezug zu nehmen sozusagen, die heute Kriterien angewandt wurden, um da im August hier schon die ganze Zeit im Subtext Thema war, 2013 Selektoren rauszunehmen? nämlich einmal dieses Kurzgutachten des Bun- desnachrichtendienstes aus dem Jahr 2013 und Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, das wa- bei Ihnen dem Blatt 90 im Gutachten. Vielleicht ren eben europäische Regierungsadressen, also könnte man das kurz einmal vorlegen, damit wir Regierungsadressen von europäischen Regierun- das gemeinsam angucken können. gen, von EU-Einrichtungen und Parlament, also Abgeordneten. Ist das markiert? - Nein, okay. Gut.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dem Zeugen werden NEN): Aber hat man überhaupt nach europäi- Unterlagen vorgelegt) schen Unternehmen geguckt? Also, das Gutachten ist MAT A-BK-1/6b. Und das Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, europäi- hat auch so Blattzahlen. Und da beginnen wir - - sche Unternehmen in der Weise nicht; das war ja Also, das Kurzgutachten beginnt auf Blatt 51. nicht der Punkt. Also, es wurden bestimmte - - Und dann kommt Blatt 52. Und dann kommt un- Also, ich komme jetzt immer wieder auf diesel- ter Abschnitt 2: „Keine personenbezogenen Da- ben; aber der Vorrat an Selektoren ist ja irgend- ten“. Und im zweiten Absatz geht es los, was sich wie begrenzt. Aber es wurde keine - - Es wurden dann auf Seite 90 Ihres Gutachtens wiederfindet.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 98 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Das beginnt am Anfang von Blatt 90 des Gutach- Der nächste Absatz: „Der Begriff des Personen- tens. Da steht wortwörtlich, wie auch in diesem bezugs ist daher relativ ….“ ist komplett über- Kurzgutachten des BND: nommen, genauso wie der darauf folgende Ab- satz: wieder vier Sätze komplett übernommen. Eine Bestimmbarkeit ist dann nicht gegeben, wenn die Person Also, würden Sie sagen, dass man das hätte - ich nur mit unverhältnismäßigem sage mal, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Aufwand ermittelbar ist (vergl. § 3 des Bundesnachrichtendienstes, die Ihnen das da Abs. 6 BDSG). reingeklebt haben - kennzeichnen müssen als ein Gutachten des Bundesnachrichtendienstes, das Und genauso steht es in Ihrem Kurzgutachten, er- man damals in höchster Not und mit heißer Na- staunlicherweise auch mit dem „vergl.“, also del, sage ich Ihnen, wenn man die Akten drum- nicht „vgl.“ für „vergleiche“, sondern mit herum liest, gestrickt hat, als - - „vergl.“. Also, es ist offensichtlich „gecopy- pasted“ aus diesem Gutachten. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, erzäh- len Sie eigentlich jetzt meine Geschichte, oder er- Jetzt ist das so, wie es ist. Und ich glaube gar zählen Sie Ihre Geschichte? nicht, dass Sie das persönlich gemacht haben. Aber finden Sie das nicht problematisch, dass Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das - das ist jetzt nur der erste Satz, ich komme NEN): Ich stelle meine Frage. gleich noch zum Rest - zumindest nicht gekenn- zeichnet ist durch eine Fußnote, dass hier diese Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie stellen Sätze, die dann weitergehen - - keine Frage, sondern Sie machen eine massive Unterstellung. Wenn Sie das Gutachten angucken, Blatt 52, dann wird ein Absatz ausgelassen. Und dann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geht es weiter im dritten Absatz in der Mitte. NEN): Hätte man das kennzeichnen müssen, Herr Graulich? Für die Bestimmbarkeit kommt es auf die Kenntnisse, Mittel und Möglichkeiten des BND als spei- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, Sie chernde Stelle an. machen Unterstellungen. Sie stellen keine Fra- gen. Stellen Sie doch eine Frage. Der Satz ist wieder komplett übernommen. Und dann kommt der nächste Satz, der sich auch in Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem - - Da ist dann „Die Bestimmbarkeit“ ausge- NEN): Also, halten Sie das für in Ordnung, dass tauscht durch: sozusagen hier abschnittweise ein Gutachten aus dem Bundesnachrichtendienst aus dem Jahr 2013 Der Bezug sich ungekennzeichnet in Ihrem Behördenbericht wiederfindet? - aber sonst ist es derselbe Satz - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, wenn muss mit den normalerweise zur Sie am Anfang der Sitzung zugehört hätten, habe Verfügung stehenden Hilfsmitteln ich das am Anfang schon ausgeführt. Wahr- und ohne scheinlich haben Sie nicht zugehört. Diese Aus- führungen hier entsprechen meiner Rechtsauffas- - und dann ist sogar das Original verbessert wor- sung. Und ich habe auch - das habe ich Ihnen den - heute Morgen schon ausgeführt - dargelegt, dass ich diese Rechtsauffassung in meinem Kommen- unverhältnismäßigen Aufwand tar vertrete und dass ich sie außerdem in dem durchführbar sein.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 99 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Spiegel-Interview - ich glaube, Juni war das - ge- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja. nauso auch vertreten habe. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Zuruf des Abg. Hans- NEN): Also, das haben Sie nicht zitiert. Sie ha- Christian Ströbele (BÜND- ben, wenn ich es richtig durchgezählt habe, in NIS 90/DIE GRÜNEN) über 40 Fußnoten auf eigene Veröffentlichungen bzw. Urteile Bezug genommen. Das zeugt von Deshalb hatte ich mit diesen Textausführungen einem gesunden Selbstbewusstsein, würde ich keine Schwierigkeiten. Sie fassen diese Rechts- sagen, weil das ist sozusagen - - meinung in einer gewissen Bündigkeit zusam- men. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die über- wiegende Zahl der Fußnoten sind nicht meine Ich habe heute Morgen auch - und das ist mir Werke, sondern die von anderen Kollegen. wichtig - ja darauf hingewiesen, dass diese Aus- führungen einen Rechtsfehler enthalten, der aber Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- offenbar keinem bislang aufgefallen ist, nämlich: NEN): Ja, gut. Das ist ein Kommentar - dazu frage Man kann natürlich überhaupt keine Bestands- ich gleich noch mal was -, den Sie gemeinsam, datenauskünfte ausgehend von amerikanischen glaube ich, im Jahr 2014 mit anderen erstellt ha- Selektoren stellen. Deshalb sind diese personen- ben, also nach Snowden. Und da referieren Sie bezogenen Daten noch eine Stufe weiter weg, als auch häufig drauf. Aber ich sage mal: 44 Fuß- es hier eigentlich vermutet wurde. Also, diese noten mit Graulich-Bezug, keine einzige - - Überlegungen hier gehen ja davon aus: Die natio- nalen, okay, die sind nah, weil man die abfragen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, kann, und die ausländischen sind weit weg. nein: Mitherausgeber. Sorry.

Aber Fakt ist: Der § 2 b des BND-Gesetzes, der ja Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Befugnisnorm für die Bestandsdatenauskunft NEN): Okay, gut. Also sind Sie Mitherausgeber. ist, kann natürlich nicht gestützt werden auf Aber keine mit Papier-, Hoffmann-Riem-, Bäcker- amerikanische Selektoren. Deshalb gibt es über- Bezug, keine mit BND-Bezug. Ja, und jetzt - - Das haupt keine Möglichkeit der Abfrage. Und des- Interessante ist ja: In unseren Akten - und da halb sind die Bestandsdaten in beiden Fällen so- würde mich interessieren, ob der BND Ihnen das gar völlig weit weg und können in beiden Fällen auch vorgelegt hat - sind ja auch Kommentierun- nicht als personenbezogene Daten angesehen gen dieses Gutachtens. Und da schreibt hier die werden. Das ist mir aber leider auch erst, also im Dienststelle ZYFD - Bearbeiterin: Frau J. - zu die- Grunde genommen, heute Morgen eingefallen, sem Gutachten. wie ich mir das noch mal angeguckt habe. Ich habe extra noch mal geguckt, wo eigentlich die Sehr geehrte Frau Dr. F, im Rah- Befugnisnorm für den BND liegt. Und danach ist men des Beitrags von ZYFD zu er- Schluss. Es ist sogar noch strenger, als es hier betenem Kurzgutachten zu der steht. Frage der Datenweiterleitung von Daten aus Bad Aibling an die NSA Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rief Herr Wolff vom Bundeskanz- NEN): Ja. Das haben Sie heute Morgen mündlich leramt an und erkundigte sich, ob die seitens PLSA vertretene ergänzt. Ich finde das auch einen interessanten Rechtsauffassung, wonach eine Punkt. Im Gutachten findet es sich nicht. Aber Anwendbarkeit des § 9 BND-Ge- genauso wenig, wie sich eben - - Sie haben ja 103 setz verneint wird, vom behörd- Fußnoten in diesem Gutachten. Eine Fußnote lichen Datenschutz geteilt wird. „Gutachten BND aus dem Jahr 2013“ gibt es Ich habe dies verneint und Herrn nicht. Wolff darüber in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung von ZYFD

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 100 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

der Geltungsbereich des BND-Ge- Der Durchgriff von den NSA-Bestandsdaten, setzes und damit auch des § 9 sorry: Metadaten, auf die eventuellen deutschen BND-Gesetzes eröffnet ist. Ich Bestandsdaten ist „through“, weil der § 2 b BND- habe ihm mitgeteilt, dass gerade Gesetz das nicht hergibt. Und den § 2 b hat kei- ein entsprechender Beitrag an ner gesehen. Und wenn ihn der Erste sieht, hätte ZYFA gefertigt wird. Herr Wolff teilt die Rechtsauffassung von ich nicht mal hier wahrscheinlich zwei Zeilen ZYFD und konnte die von PLSA abgeschrieben, weil ich mit zwei Zeilen fertig ge- vertretene Rechtsauffassung nicht wesen wäre. Ist mir aber auch zu spät aufgefallen. nachvollziehen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das ist MAT A-BND-40a, Blatt 120. Also, auch NEN): Aber es bleibt dabei - letzte Frage -: Diese Herr Wolff hat dieser Rechtsauffassung, die Sie Gedanken des Bundesnachrichtendienstes - in hier übernommen haben, ausdrücklich wider- Klammern: in höchster Not im Jahr 2013 nach sprochen. Ich könnte hier noch viele andere lus- Snowden entstanden -, diese Gedanken haben tige - - Sie sich schon auch zu eigen gemacht?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Sie sehen, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Diese Ge- wie unabhängig gegenüber Herrn Wolff insbeson- danken, bis zu dem Zeitpunkt heute Morgen ir- dere ich war. gendwie zwischen Träumen und Wachen, habe ich so für bündig gehalten. Und jetzt ab heute Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Morgen haben sie nicht nur halb unrecht, son- NEN): Das ist ungeheuer beeindruckend. - Aber dern sie haben total unrecht. Sie aber auch. hat man Ihnen diesen Punkt vorgelegt, dass es diese Diskussion innerhalb des Bundesnachrich- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann tendienstes - - kann jetzt die Fraktion Die Linke Fragen stellen. Frau Kollegin Renner. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ge- schätzter Herr von Notz, Sie können davon aus- Martina Renner (DIE LINKE): Bei Ihrem Besuch gehen, dass man mir ohne Weiteres zutraut, dass in Bad Aibling: Hat man Ihnen auch Meldungen ich mir die Dinge heranziehe, die mich interes- gezeigt, die auf Grundlage des NSA-Selektoren- sieren, und andere großzügig weglasse, die mich einsatzes generiert wurden? nicht interessieren. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Es gibt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eine - - Also, diese Statusmeldungen meinen Sie? NEN): Das kann man aus Ihrem Bericht gut se- „Statusmeldungen“ sagen die immer. Die habe hen, dass das so ist. ich auf einem der, also auf dem Rechner, auf einer Datenbank hier vorne in der Chausseestraße Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau, gehabt. wunderbar. So war er auch gedacht. Also, war er Ihnen jetzt zu unabhängig oder zu wenig unab- Martina Renner (DIE LINKE): Sie hatten die Mel- hängig? dung auch gehabt?

Ich habe Ihnen heute Morgen noch mal gesagt - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Diese Sta- und das ist mir wichtig -: Diese Materie ist tusmeldung, ja. äußerst komplex. Das hat mit auch fasziniert an ihr. Sonst macht es auch keinen Spaß. Und es fal- Martina Renner (DIE LINKE): Was heißt „Status- len einem immer wieder neue Blickwinkel auf. meldung“? Also, vielleicht reden wir aneinander Und mit meinem Rekurs auf § 2 b BND-Gesetz - vorbei. nicht, dass ich Herrn Wolff jetzt irgendwie noch ans Blech fahren will - ist diese Diskussion weg.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 101 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Statusmel- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das schließt dungen werden immer diese automatischen Mit- auch hier unsere - - teilungen bezeichnet im Falle der Ablehnung eines E-Mail-Selektors, also nicht die Berichte. Martina Renner (DIE LINKE): Ist halt so. Das ist ein bisschen mit der Kerze in der Höhle. Martina Renner (DIE LINKE): Also nicht die Berichte mit den Kommunikationsinhalten, son- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja, gut, also. dern - - Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe noch so Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein, ein grundsätzliches Problem. Da würde ich Sie nein. doch mal als Juristen gerne zu fragen. Der Grund, warum wir ja die Selektoren nicht ansehen dür- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. fen, ist ja die Begründung, dass Geheimschutz- abkommen mit den USA es untersagen, an Dritte Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, diese diese Daten herauszugeben. Nun frage ich mich „disapproved“-Mitteilungen. eigentlich seit heute Morgen: Wieso sind Sie be- rechtigt und nicht Dritter und ich Dritter? Martina Renner (DIE LINKE): Die „disapproved“- Mitteilungen. Die haben Sie auch gesehen, an die Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Tja. Wie be- NSA. antworten Sie sich die Frage?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Martina Renner (DIE LINKE): Also, weil Herr Wolff mit Ihnen einen Vertrag macht, sind Sie Martina Renner (DIE LINKE): Die Kommunika- plötzlich sozusagen Teil des Geheimschutz- tionsinhaltberichte, die auch Meldungen heißen, abkommens mit den USA und wir als Parlament manchmal auch Produkte, im Bundesnachrich- sind irgendwie außen vor. Wenn ich mit Herrn tendienst, haben Sie nicht gesehen? Wolff einen Vertrag mache, kriege ich die auch. Ist es so einfach? Nein. Ich frage tatsächlich Sie, Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein. weil Sie müssen sich ja über Ihren Status auch eine Rolle, einen Gedanken gemacht haben. Martina Renner (DIE LINKE): Für den Kunden - finde ich auch so lustig. Bei den Selektoren - - Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Meinen Sie Eine Kategorie würde uns auch interessieren. Die die Frage jetzt rechtlich? gibt es bei Ihnen nicht. Aber haben Sie unter den Namensselektoren auch Journalisten oder Journa- Martina Renner (DIE LINKE): Sind Sie tatsäch- listinnen gefunden? lich durch den Vertrag mit Herrn Wolff in den Reigen der Ersten aufgerückt als Nichtbehörden- RD Philipp Wolff (BK): Ich möchte das in einge- mitarbeiter, als Nichtregierungsmitglied und ha- stufter Sitzung - wenn es denn so wäre - referie- ben Rechte in Anspruch genommen, die den ge- ren. wählten Abgeordneten vorenthalten werden?

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ich habe Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Sie zum Glück - ich sage das mal ganz pauschal - in spielen da auf etwas an, was mich völlig ent- den Bereichen, die ich nun wirklich für ziemlich spannt lässt. Etwas Besonderes sind wir alle ge- scharf gefunden hätte - das schließt auch Frau worden mit dem Tag unserer Geburt, jeder Ein- Merkel ein -, nichts gefunden. zelne, und zwar egal, ob wir Abgeordnete sind, ob wir Werkvertragserfüller sind oder sonst was. Martina Renner (DIE LINKE): Aber es konnten ja auch nur 10 Prozent angeguckt werden. Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Mir geht es um den Begriff, also explizit, des „Dritten“. Diese

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 102 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hürde wird genommen, indem man einen Ver- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Ich würde - - trag, einen privatrechtlichen Vertrag mit der Bun- desregierung macht. Kann man diese Hürde, die RD Philipp Wolff (BK): Nur ganz kurz. das Geheimschutzabkommen mit den USA offen- bar für Parlamentarier darstellt, hier in die NSA- Martina Renner (DIE LINKE): Ich will jetzt - - Listen einzusehen, überbrücken und hat dann die gleichen Rechte wie Herr Fritsche oder Herr Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich halte Schindler oder Herr Wolff? auch die Uhr an.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Das müssen RD Philipp Wolff (BK): Die Absurdität des Prin- Sie Herrn Wolff fragen, nicht mich. zips der Gewaltenteilung hat sich mir bisher zum Glück noch nicht erschlossen. Darauf basiert der Martina Renner (DIE LINKE): Ich finde das eine Gedanke. Denn es gibt Sphären in unserem de- interessante juristische Konstruktion. Vielleicht mokratischen Rechtsstaat, die haben ihre Berech- sollten wir, wie gesagt, tatsächlich mal einen Ver- tigung. Die müssen Sie auch wahren. Da gibt es trag machen mit der Bundesregierung. Oder mein auch Urteile des Bundesverfassungsgerichts Mitarbeiter macht mit Ihnen einen Vertrag. Geht dazu. Da haben wir auch schon intensiv drüber das vielleicht dann auch? diskutiert. Und es gibt eine Zuordnung zu Sphä- ren. Vielleicht lesen Sie auch noch mal die ent- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Stelle sprechenden Urteile nach. Wir haben wirklich war übrigens nicht ausgeschrieben. schon sehr intensiv darauf verwiesen. Dann wird sich das Ihnen auch erschließen, Frau Renner. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wir machen es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Frau auch ohne Geld!) Renner.

Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie merken, Martina Renner (DIE LINKE): Aber ich wollte wie absurd diese ganze Konstruktion ist - ja? jetzt - - Sie haben mich gerade an einem interes- santen Punkt unterbrochen. Das sind ja die Se- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, zum lektoren der USA, steht ja so bei Herrn Graulich, Thema „absurd“ würde ich Sie einfach auf meine weil die haben das Copyright da drauf. Hätten Rechtsausführungen verweisen in Anlehnung an die denn nicht einwilligen müssen, dass Herr die BGH-Rechtsprechung. Die ist nicht absurd, Graulich sie ansieht? sondern die führt schlicht aus, was Eigentum ist. Und nach § 903 BGB darf der Eigentümer verfah- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff, ren mit der Sache, wie er will. Das kann Ihnen möchten Sie dazu? Weil eigentlich haben wir die Herr Ströbele alles erläutern. Dinge alle schon besprochen.

(Hans-Christian Ströbele (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wer ist denn hier NEN): Die Frage liegt in Eigentümer?) jedem Fall in Ihrer Sphäre!)

Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie haben Martina Renner (DIE LINKE): Müssen Sie nicht. doch vorhin erklärt - ich habe Ihnen sogar Ihr Zitat vorgelesen -, dass die NSA-Selektoren (Dr. Konstantin von Notz Eigentum der USA sind. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist doch mal Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht eine Frage für die Sphäre kann Herr Wolff diese grundlegende Diskussion von Herrn Wolff!) ums Eigentum auch noch ergänzen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 103 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

- Ja. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nur die Bundes- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber die regierung ist anders!) Frage ist, ob wir das im Rahmen der Sachverstän- digenanhörung klären. Außerdem haben wir die Martina Renner (DIE LINKE): Wir hatten ja vor- Frage ja schon mehrmals diskutiert, in Beratungs- hin bei der Frage - - Ich war ja eigentlich bei dem sitzungen auch. Punkt Rechtsverstöße. Und ich denke, neben den sehr engen Fragen, die man an die NSA-Selekto- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich ren stellen kann, ob sie geeignet sind, illegale gehe davon aus, die Frage ist an Herrn Wolff ge- Spionageziele im BND einzusteuern, gibt es na- richtet. türlich auch eine Frage, die sich, wenn man jetzt die Snowden-Veröffentlichungen nimmt, aber Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Hätten die USA auch viele andere Dinge zur Tätigkeit von US- vorher konsultiert werden müssen? amerikanischen Geheimdiensten durchaus stel- len muss. Wir reden hier über „rendition“-Pro- RD Philipp Wolff (BK): Ich gehe davon aus, dass gramm. Wir reden über geheimen Krieg. Wir re- wir dafür in die Beratungssitzung eintreten müss- den über einen CIA-Folterbericht. ten; denn das ist jetzt, glaube ich, nicht Gegen- stand der Sachverständigenanhörung. Inwieweit muss denn eine Prüfung der NSA-Se- lektoren jenseits der Frage, ob G-10-Bezug betrof- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Gut. fen ist, jenseits der Frage, ob deutsche und euro- päische Interessen betroffen sind, nicht auch we- RD Philipp Wolff (BK): Ich kann gerne zu dem nigstens seit den Veröffentlichungen von Snow- Thema was sagen. Aber ich habe wirklich schon den, seit der Vorlage entsprechender Berichte, ausführlich, glaube ich, was dazu gesagt. auch auf europäischer Ebene die Frage mit in Be- tracht ziehen, dass möglicherweise NSA-Selek- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich finde, wir toren auf Verletzung elementarer Grund- und sollten die Zeit mit unserem Sachverständigen Menschenrechte, Unversehrtheitsgedanke und nutzen. Ähnliches gerichtet sein können? Haben Sie das bei Ihrer Erörterung zu der Rechtmäßigkeit der Martina Renner (DIE LINKE): Ich wollte ihn ja NSA-Selektoren in irgendeiner Form in Betracht fragen, was - - Ist er Dritter, Zweiter, Erster? Das gezogen? war ja tatsächlich eine Frage an den Sachverstän- digen. Weil wir wissen ja: Wir sind Dritte. Da Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre drüben sitzen die Ersten. Und was er ist - er hat dann die letzte Frage in dieser Runde. einen Vertrag -, hätte ich jetzt gerne hier geklärt. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, es gilt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also, ich das, was ich ja zu der Rechtsverteilung im Durch- habe den Sachverständigen bisher bei allen Aus- leitungsvertrag gesagt habe. In dem Moment, wo sagen so verstanden, dass er Erster ist. Anhaltspunkte bestehen, dass von diesem Durch- leitungsrecht in einer unvertretbaren, also insbe- Martina Renner (DIE LINKE): Okay, gut. Dann sondere unverhältnismäßigen Weise Gebrauch haben wir das geklärt. gemacht wird - der Verhältnismäßigkeitsgrund- satz trägt im internationalen Bereich meistens Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Erste weiter als der Rekurs auf das konkrete Grund- in diesem Staat sind ohne Zweifel die Abgeord- recht -, darf da nicht mitgespielt werden. neten. Ich habe damit keinen Zweifel. Nur - - Entschuldigung. Ihr Anliegen ist völlig Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das war ein ernsthaft und schwerwiegend. Aber es ist natür- guter und berechtigter Hinweis. Danke schön.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 104 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

lich wie bei vielen Dingen: Wenn Sie ein Kü- Ich habe noch eine Frage bezüglich Ihrem Auf- chenmesser verkaufen, können Sie auch nicht trag grundsätzlich. Also, ich habe es richtig ver- wissen, ob jemand damit einen Menschen um- standen, Sie haben drei Gutachten, drei Berichte bringt. So. Und wenn Sie einen Selektor steuern, gemacht: einen öffentlichen, den wir hier disku- müssen Sie erst Anhaltspunkte dafür haben, ob tieren, einen, der Streng Geheim eingestuft ist das dazu dienen soll, die Tötung eines Menschen und in der Geheimschutzstelle für die Abgeord- vorzubereiten. Das haben Sie ja, wenn ich das neten liegt, und einen fürs Bundeskanzleramt. Ist recht sehe, im politischen Raum auch schon sehr das korrekt? ausführlich diskutiert. Aber den Hinweis brau- chen Sie. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Den Anhaltspunkt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gab es darüber hinaus eine Beratung oder Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Den An- eine Ergänzung oder einen Bericht, den Sie ge- haltspunkt. macht haben? Ich spreche das ganz offen an. Ich sage das, weil die Bundesregierung ja selbst ir- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann gendwie jetzt so Reformgedanken äußert. Und ich kommen wir zur Fraktion Bündnis 90/Die Grü- überlege, ob man, praktisch orientiert, Sie noch nen. Herr Kollege von Notz. gleich zusätzlich damit beauftragt hat, eine recht- liche Einschätzung darüber zu geben, was man Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hier verändern könnte oder sollte oder am besten NEN): Aber würde es denn nach Ihrer Einschät- auch nicht tun sollte. - Nein. Ihr Auftrag war: zung diesen Anhaltspunkt geben, nach den Be- diese drei Berichte. That‘s it. richten über den Drohnenkrieg und ähnliche Dinge? Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sind ja jetzt Selektoren der Vergangenheit gewe- NEN): Herzlichen Dank. sen. Ich weiß nicht, ob Hinweise aufgetaucht sind dafür, dass die diesen Zwecken gedient ha- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Bitte. ben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe auch noch eine abschließende NEN): Sind. Frage. Sie haben zum Ende Ihrer Ausführungen heute und auch Ihres Gutachtens so eine Statistik Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Die Frage gebracht. Ich habe die jetzt - - Ich versuche mal, nach der Missbrauchsmöglichkeit ist nie endgül- die zu erinnern, wie viele Mitarbeiter im geheim- tig zu stellen. Die muss immer neu gestellt wer- dienstlichen Bereich, die bei den Nazis gewesen den. Deshalb kann ich nur sagen: Seien Sie auf sind - der Hut! Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Genau. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Also, wir haben als Ausschuss starke Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hinweise darauf, dass das eine Problematik ist, NEN): - irgendwie 40 000, glaube ich; kann das die auch dem BND selbst bewusst geworden ist, sein? - und wie viele in der DDR gewesen sind: aber nicht zufriedenstellend gelöst wurde. Aber 91 000. Was wollen Sie uns damit eigentlich sa- das ist in der Tat nicht Ihr Gegenstand gewesen. gen? Ist das in der DDR schlimmer gewesen als bei den Nazis?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 105 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Da ich nicht Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, im in der DDR gelebt habe - - Das müssen die Be- Falle des Reichssicherheitshauptamtes können wohner der DDR kompetent beurteilen. Ich habe Sie sicher sehen, dass es sehr darauf ankommt, eine Zahlenrelation gebildet, weil mich beschäf- was die tun. Und im Falle der DDR kann man tigt als jemand, der sich mit Sicherheitsrecht be- sehen, dass ein System, was eine völlig andere schäftigt hat, häufig die Frage: Sind die Löffel Gesellschaftsordnung betreibt, einen völlig ande- eigentlich zu lang oder zu kurz, mit denen der ren Bedarf an Sicherheitspersonal hat. Das habe Staat da seine Dinge bewerkstelligt? Und da inte- ich im Einzelnen auch so analysiert. ressieren mich eben empirische Zahlen auch. Und da ist mir aufgefallen: Also, das Volumen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich oder die Dimension der nachrichtendienstlichen sehe, dort ist keine Frage mehr. Dann frage ich Personalkapazität in der Bundesrepublik ist in die Fraktion Die Linke, ob noch Fragen im öffent- der Tat sehr klein. lichen Teil sind. - Ich sehe bei keiner Fraktion mehr Fragen im öffentlichen Teil. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber Sie haben ja die beiden - - Sie ha- Damit wären wir am Ende dieser Fragerunden. ben ja Nazideutschland und die DDR verglichen, Wenn es keine Fragen mehr gibt, die in öffent- also heute hier so. licher Sitzung beantwortet werden können, dann sollten wir einen entsprechenden Beschluss fas- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Und die sen, insoweit dann für alle übrigen Fragen die Bundesrepublik heute. Also, das Nazideutsch- Öffentlichkeit auszuschließen. Aber ich frage land habe ich - - Die Zahlen - - mal: Sind denn überhaupt noch Fragen an Herrn Dr. Graulich offen, die in nichtöffentlicher oder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eingestufter Sitzung gestellt werden müssen? - NEN): Das steht in Ihrem Gutachten nämlich so Wenn, dann nicht heute, höre ich. nicht drin. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Nein, nein. NEN): Genau. Das würde ich auch so formulie- Das habe ich mündlich gemacht. Ich habe die ren. Ich würde sagen: Wir behalten uns vor, das Zahlen nicht reingeschrieben, weil, wenn Sie gegebenenfalls noch mal nichtöffentlich zu ma- dann in die Topographie des Terrors gehen: Da chen. Aber heute wäre das nach unserer Auffas- legt sich keiner auf eine Zahl fest. Das kann ich sung nicht nötig. auch verstehen. Weil: Der Sicherheitsdienst von Reinhard Heydrich zum Beispiel war ja ur- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn das sprünglich die Sicherheitspolizei der SS gewesen einstimmig ist, dann - - und ist dann in staatlichen Rang aufgerückt unter Konsumierung von preußischer Kriminalpolizei, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gestapo und so was. Also, es ist relativ schwer, NEN): Wenn wir Einsicht in die Listen hatten, diese Zahl genau zu kriegen. Deshalb habe ich dann vielleicht. die nicht zum Vergleich herangezogen. Ich habe nur gesagt: Wir haben im letzten Jahrhundert drei (Zurufe von der CDU/CSU: völlig verschiedene Ansätze zur Organisation von Sie hatten doch schon!) Sicherheit durch Nachrichtendienste kennenge- lernt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Dann würde ich Folgendes vorschlagen: Herr Dr. Grau- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich, dann wären Sie für die heutige Zeugenver- NEN): Also: Es kommt nicht darauf an, was die nehmung insoweit entlassen. Ich bedanke mich tun, sondern wie viele es sind? ganz herzlich bei Ihnen - das mache ich auch si- cherlich im Namen aller Ausschussmitglieder -, dass Sie uns Rede und Antwort gestanden haben.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 106 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Nach Fertigstellung des Protokolls dieser Sitzung im öffentlichen Teil haben Sie zwei Wochen Zeit, entsprechende Korrekturen und Änderungen vor- zunehmen und uns das Protokoll zurückzuschi- cken. Sie merken das ja: Es besteht die Möglich- keit, dass Sie noch mal in einer nichtöffentlichen bzw. eingestuften Sitzung gefragt werden. Ent- sprechende Beschlüsse würden dann im Vorfeld der Sitzung bzw. der Ladung getroffen, sodass wir das heute nicht mehr machen müssen.

Sie dürfen den Rest des Abends außerhalb des Bundestages verbringen und die Sitzung noch einmal Revue passieren lassen, bei dem großen Interesse, was Sie auch am Thema gezeigt haben. Wir machen allerdings weiter mit einer weiteren Zeugenvernehmung. Ich wünsche Ihnen schon einmal einen guten Abend.

Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vielen Dank.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz, ganz herzlichen Dank für die lange Bereitschaft, uns Rede und Antwort zu stehen.

Ich bitte, dann den nächsten Zeugen, Herrn Dr. Werner Ader, den bezeichneten Dr. W. A., in den Sitzungssaal zu geleiten. Ich denke, das wird in wenigen Minuten passieren. Die Sitzung ist für fünf Minuten unterbrochen, sodass wir mal durchlüften können und uns die Beine vertreten können. Bis gleich.

(Unterbrechung von 20.11 bis 20.25 Uhr)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 107 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- chene Sitzung ist wieder eröffnet. tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des Vernehmung des Zeugen Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafen von drei Dr. Werner Ader Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen bestraft werden. Ich darf unseren Zeugen Herrn Dr. Werner Ader begrüßen. Wir können auch den Klarnamen sa- Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschuss- gen, brauchen die Kürzel nicht zu sagen. Das gesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fra- freut uns sehr. gen verweigern, deren Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Ich stelle fest, dass Sie als Zeuge die Ladung ord- Strafprozessordnung der Gefahr aussetzen würde, nungsgemäß erhalten haben. Herr Dr. Ader, Sie einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- haben die Ladung am 26. Oktober erhalten. Herz- neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- lichen Dank, dass Sie unserer Ladung gefolgt trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder sind und dem Ausschuss für diese Vernehmung Ordnungswidrigkeit auch gegebenenfalls Diszi- zur Verfügung stehen. plinarverfahren.

Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der Schutzes von Dienst-, Privat-oder Geschäfts- Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem geheimnissen nur in einer nicht öffentlichen oder Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann ge- stellung des Protokolls dann auch wieder ge- gebenenfalls einen Beschluss nach § 14 oder 15 löscht. des Untersuchungsausschussgesetzes fassen kann, also die Sitzung in nicht öffentlicher Form Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach oder in eingestufter Form fortführen kann und Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies ge- Ihnen die Fragen dann stellen kann. - Gibt es wünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von zwei hierzu Fragen? Wochen Korrekturen und Ergänzungen vorzu- nehmen. - Haben Sie hierzu Fragen? Zeuge Dr. Werner Ader: Nein.

Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist nicht der Fall. - Nach diesen notwendigen Vorbemer- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke kungen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf kurz schön. - Ich stelle fest, dass Sie derzeit noch darstellen. nicht von einem Rechtsbeistand begleitet werde. Herr Rechtsanwalt Eisenberg darf sich dann im Eingangs habe ich Sie zur Person zu befragen. Zu Nachgang noch mal bei uns vorstellen. Beginn der Vernehmung zur Sache haben Sie nach § 24 Absatz 4 des Untersuchungsausschuss- Herr Dr. Ader, Sie sind als Zeuge geladen wor- gesetzes Gelegenheit, zum Beweisthema im Zu- den. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahr- sammenhang vorzutragen, also ein sogenanntes heit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und Eingangsstatement abzugeben. Danach werde ich vollständig sein. Sie dürfen nichts weglassen, Ihnen Fragen stellen. Anschließend erhalten die was zur Sache gehört, und nichts hinzufügen, Mitglieder des Ausschusses die Möglichkeit, was der Wahrheit widerspricht. ihrerseits Fragen an Sie zu richten. - Gibt es hier- zu, zum Ablauf, Fragen? Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Zeuge Dr. Werner Ader: Nein, auch nicht.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 108 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist nicht Zeuge Dr. Werner Ader: Da gibt es keinen vorge- der Fall. - Dann darf ich Sie bitten, sich zu Be- schriebenen periodischen Abstand. Das ergibt ginn Ihrer Ausführungen dem Ausschuss mit sich meist, dass entweder zum Beispiel nach Name, Alter, Beruf und einer ladungsfähigen An- einer Umorganisationen redaktionelle Anpassun- schrift vorzustellen. gen erforderlich sind, weil man einfach Organisa- tionsbezeichnungen austauschen muss oder sich Zeuge Dr. Werner Ader: Meine Name ist Werner aus irgendwelchen Änderungen, beispielsweise Ader. Ich bin 56 Jahre alt, Jurist, seit 1989 im durch gesetzliche neue Rahmenbedingungen, An- Bundesnachrichtendienst in verschiedenen Ver- passungszwang inhaltlicher Art für eine Dienst- wendungen und seit dem 1. Dezember 2013 Lei- vorschrift ergibt. Genauso ist es hier auch. ter des Rechtsreferates; zu laden über den Bun- desnachrichtendienst. Nina Warken (CDU/CSU): Also, es gab keine be- sonderen Anlässe, sondern lediglich redaktionel- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- len Anpassungsbedarf oder Gesetzesänderungen. lichen Dank. - Dann möchte ich Ihnen, wie ich es Oder gab es auch andere Anlässe, weswegen gerade schon gesagt habe, nach § 24 Absatz 4 die dann die Dienstvorschrift aktualisiert werden Gelegenheit geben, ein sogenanntes Eingangs- musste? Was hat man denn daraufhin geändert? statement zu halten, also im Zusammenhang, ohne durch Fragen unterbrochen zu werden, zum Zeuge Dr. Werner Ader: Also, mir ist jetzt nichts Beweisthema vorzutragen. Möchten Sie hiervon bekannt. Die letzte Fassung ist ja die vom Januar Gebrauch machen? 2014. Und das waren, soweit ich es in Erinne- rung habe, eigentlich nur redaktionelle Dinge. Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Kein Eingangs- statement. Nina Warken (CDU/CSU): Und nach Januar 2014 gab es also keine Revision mehr? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Müssen Sie natürlich auch nicht. - Dann kämen wir di- Zeuge Dr. Werner Ader: Kenne ich nicht. Nein. rekt zu den Fragen. Und wenn Sie so schnell sind, denke ich mir, ich beschleunige das auch Nina Warken (CDU/CSU): Existierte eine der etwas und verzichte auf meine Fragen, sodass wir heutigen Dienstvorschrift „Übermittlung“ ver- direkt mit den Fragen der Fraktionen einsteigen gleichbare Regelung auch schon vor November können. Ich kann ja dann immer wieder bei den 2005? Fraktionen mich auch einklinken. Dann würde als Erstes die Fraktion der CDU/CSU beginnen. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kenne nicht Und Frau Kollegin Warken beginnt. die Genesis der Dienstvorschrift insgesamt. Wie weit die jetzt in den Vorgängerversionen zurück- Nina Warken (CDU/CSU): Vielen Dank. - Herr reicht, weiß ich nicht. Müsste man nachschauen. Dr. Ader, Sie wurden uns als Leiter des Justizia- Soweit ich weiß, ist sie11 Ihnen vorgelegt worden riats in der Zentralabteilung des BND benannt eigentlich ab der ersten in Kraft gesetzten Fas- und sind damit zuständig für eine Dienstvor- sung. Das kann ich aber aus eigener Anschauung schrift „Übermittlung“, die uns als Ausschuss nicht beurteilen. vorliegt. Uns liegt die Version vor vom 28. No- vember 2005 bzw. mit den regelmäßigen Aktua- Nina Warken (CDU/CSU): Die Fassung vom lisierungen und dem Stand 22. Januar 2014. Wie 22. Januar 2014 - entnehme ich dem Vorblatt - regelmäßig wird denn diese Dienstvorschrift ak- haben ja Sie gezeichnet als Leiter des Justizia- tualisiert? riats.

11) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 109 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. dienstweit geltende Vorschriften erlassen könnte. Das Rechtsreferat hat einen Beratungsauftrag all- Nina Warken (CDU/CSU): Wer hat die Dienstvor- gemeiner Art und hat in bestimmten Einzelfällen schrift „Übermittlung“ denn erlassen? Waren das natürlich auch Entscheidungsbefugnisse bis hin Sie oder Ihr Vorgänger, der im Jahr 2005 ja noch zum Beispiel zur Widerspruchsstelle. Wenn je- unter der Bezeichnung 47A auftrat, aus eigenem mand gegen eine Reisekostenregelung Wider- Antrieb? Oder gab es einen Leitungsvorbehalt spruch einlegt, dann erlässt den Widerspruchs- oder Ähnliches? bescheid das Rechtsreferat.

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das weiß ich nicht Nina Warken (CDU/CSU): Aber wenn ich Sie mehr, was damals genau die Initialzündung dafür richtig verstanden habe, war diese Dienstvor- war, diese Dienstvorschrift überhaupt zu erlas- schrift dann schon für die gesamte Behörde bin- sen. Üblicherweise ist dann, wenn man einen dend. dienstweiten Regelungsbedarf erkennt aus ir- gendeinem Grund - - kann im Grunde genommen Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. aus jedem Bereich der Vorstoß kommen,12 das in einer Dienstvorschrift zu regeln. Es gibt genauso Nina Warken (CDU/CSU): Sie haben es gerade gut die Fälle, dass die Leitung des Dienstes sagt: schon gesagt. Sie haben eine beratende Funktion, Das wird jetzt in einer Dienstvorschrift zusam- Ihr Referat, das Justiziariat, insbesondere dann, mengefasst und klargestellt oder geregelt. - Das wenn ich das richtig verstanden habe, wenn im ist wahrscheinlich so unterschiedlich, wie es BND Zweifel daran entstehen, ob und unter wel- Dienstvorschriften gibt. Also, ich weiß zu dieser chen Bedingungen Daten an ausländische Part- konkreten Dienstvorschrift nicht mehr, was da- nerdienste weitergegeben werden dürfen. Ist das mals der Auslöser war. so zutreffend?

Nina Warken (CDU/CSU): Und zu der, die Sie Zeuge Dr. Werner Ader: Also, die Dienstvor- gezeichnet haben, haben Sie die dann auch aus schrift sagt - - Ihrer Sicht erlassen, oder ist das dann lediglich eine Fortschreibung? Nina Warken (CDU/CSU): Ihr Referat.

Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist eine Fortschrei- Zeuge Dr. Werner Ader: Die Dienstvorschrift sagt bung, aber natürlich in einer geänderten Fassung, zur Rolle meines Referates, dass es in Zweifels- und für die ist das Rechtsreferat verantwortlich. fällen hinzuzuziehen ist. Das heißt, der jeweilige Fachbereich entscheidet für sich, ob er Zweifel Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Welchen hat, und muss dann - keine Kannvorschrift - auf normhierarchischen Rang nimmt denn eine sol- uns zugehen. Ob der Fachbereich Zweifel hat, che BND-interne Dienstvorschrift ein? muss der Fachbereich selber entscheiden.

Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist eine untergesetz- Nina Warken (CDU/CSU): Und wie regelmäßig liche Regelung, die innerhalb der Behörde ver- kommt es denn dazu, dass solche Zweifelsfälle bindlich ist und die formell in Kraft gesetzt wird an Sie herangetragen werden? Waren Sie auch durch den Präsidenten. Denn nur der kann ver- persönlich schon mit solchen Fällen befasst? bindlich etwas für die Gesamtbehörde regeln. Sie gilt für die gesamte Behörde. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann mich aus meiner Zeit im Rechtsreferat nicht daran erin- Vielleicht zur Erläuterung: Das Aktenzeichen, nern, dass man wegen einer einzelnen Informa- das13 da steht, ein Aktenzeichen des Rechtsrefe- tionsübermittlung auf das Rechtsreferat zugekom- rates, bedeutet nicht, dass das Rechtsreferat

12) vgl. Anmerkung des Zeugen , siehe Anlage 2. 13) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 110 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

men wäre. Ich weiß nicht, wie weit in den Fach- entsprechenden Vorschrift aus dem Bundesver- bereichen diese Dinge diskutiert worden sind. fassungsschutzgesetz. Dort ist es dann der Ab- Was es aber natürlich sehr wohl gibt, ist, dass satz 3. man allgemein über Übermittlung, Grenzen einer Übermittlung im abstrakten Sinne diskutiert im Nina Warken (CDU/CSU): Und richtet sich die Zusammenhang mit welchen Anlässen auch im- Datenweitergabe stets nach § 9 BND-Gesetz und mer, zum Beispiel natürlich mit Übermittlungen den verwiesenen Vorschriften? Oder ist es auch an die NSA. denkbar, dass eine Datenweitergabe auch auf an- dere Normen gestützt werden kann? Und welche Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie diskutiert? zum Beispiel? Oder in den Fachbereichen? Das habe ich jetzt nicht richtig verstanden. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich glaube, der Streit ist auch - oder die Auseinandersetzung darum - hin- Zeuge Dr. Werner Ader: Auch mit uns diskutiert. länglich bekannt. Der § 9 Bundesnachrichten- Also, ich meine, der Vorgang, glaube ich - das ist dienstgesetz kann nur dann greifen und nur dann ja mit den Händen zu greifen, spätestens seit die- kann sich die Übermittlung nach dessen Voraus- ser Untersuchungsausschuss arbeitet -, ist natür- setzungen richten, wenn das BND-Gesetz über- lich intensiv auch mit dem Rechtsreferat und im haupt einschlägig ist. Wenn das Bundesnachrich- Rechtsreferat diskutiert worden. tendienstgesetz nicht greift, zum Beispiel, weil der Fall des § 1 Absatz 2 hier nicht vorliegt, dann Nina Warken (CDU/CSU): Und abgesehen von gelten auch dessen Einzelbestimmungen nicht. der Fragestellung in diesem Zusammenhang, gab es da andere Fälle? Können Sie da in abstrahier- Nina Warken (CDU/CSU): Ist die Dienstvor- ter Form etwas sagen? Sie haben gesagt: Es gab schrift „Übermittlung“ denn abschließend, was jetzt keine Einzelfälle von Übermittlung, die an die Weitergabe von Daten an ausländische Nach- Sie herangetragen wurden. - Aber was denn zum richtendienste auf der Grundlage des BND-Geset- Beispiel noch? zes betrifft, oder muss auch differenziert werden zwischen Daten, die im Inland, und Daten, die Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wir sind als im Ausland erhoben werden? Rechtsreferat auch generell dafür zuständig, un- abhängig jetzt vom Gegenstand des Untersu- Zeuge Dr. Werner Ader: Die Dienstvorschrift chungsausschusses, dass vor dem Abschluss in- kann ja nur das konkretisieren, was der gesetz- ternationaler Vereinbarungen diese Entwürfe liche Rahmen ist. Das heißt, sie hält sich inner- auch rechtlich geprüft werden. Das kommt auch halb dieses Rahmens und ist insofern so, wie sie zu uns, hat aber, soweit ich jetzt sehe - - betrifft gestrickt ist, auch beschränkt auf die Anwen- keine Fälle, die mit dem Untersuchungsgegen- dungsfälle nach § 9 BND-Gesetz. stand zu tun haben. Nina Warken (CDU/CSU): Unsere Beweisauf- Nina Warken (CDU/CSU): Unter welchen Vo- nahme bisher hat ergeben, dass es im BND und raussetzungen darf denn der BND Daten an Nach- im Kanzleramt im Jahr 2013 unterschiedliche richtendienste anderer Staaten weitergeben? Kön- Rechtsauffassungen gab, zum einen zur Rechts- nen Sie uns da die Rechtsgrundlagen noch mal grundlage für die Erfassung von Ausland-Aus- darstellen? Welche Voraussetzungen, welche land-Verkehren an Satelliten, die von Bad Aib- rechtlichen Regelungen gelten hier? ling aus erfasst wurden. Es ging aber auch um die Frage, welche Rechtsgrundlage für die Weiter- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, die wesentliche gabe dieser erfassten Daten dann einschlägig sei. Rechtsgrundlage ist der § 9 des BND-Gesetzes, Es gab damals auch mehrere Anfragen des dama- der das im Absatz 2 regelt, in Verbindung mit der ligen Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. War Ihr Fachbereich 2013

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 111 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

auch mit diesen Fragen befasst? Können Sie dazu immer unterschiedliche Ansichten innerhalb des was sagen? BND oder auch im Verhältnis zum Kanzleramt?

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kenne es nicht aus Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das weiß ich leider eigener Anschauung. Aber mir ist bekannt aus nicht. Ich kenne natürlich die wesentlichen Ar- den Unterlagen, dass auch der Fachbereich des gumente, die, ich glaube, im Sommer 2013 ausge- Rechtsreferates mit dieser Frage befasst war, ja. tauscht wurden, aus Kenntnis von eigenen Akten des Rechtsreferates. Ich halte die Auffassung, die Nina Warken (CDU/CSU): Also, es war nicht nur damals vertreten wurde, dass wir an den Satelli- die behördliche Datenschutzbeauftragte in Ihrem ten die Informationen erheben, auch fachlich- Haus. Ich glaube, das war Dr. F. rechtlich für zutreffend. Wie weit sich das aber dann noch vor diesen Zeitpunkt hinaus als Dis- Zeuge Dr. Werner Ader: Dann müsste ich zu- kussion im Dienst entwickelt hat, das weiß ich rückfragen: Worauf bezieht sich jetzt Ihre Frage? nicht. Auf die Anfrage der BfDI? Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben ja heute Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Die Anfragen. Herrn Graulich als Sachverständigen gehört, der als sachverständige Vertrauensperson ja einen Zeuge Dr. Werner Ader: Okay. Dann habe ich das umfassenden Bericht erstellt hat, der auch eine missverstanden. offene Version hat; 263 Seiten lang. Und die rechtliche Argumentation des BND zu den ange- Nina Warken (CDU/CSU): Also die Anfragen sprochenen Rechtsfragen wird in dem Bericht bzw. schon auch die rechtliche Diskussion, aber etwa auf den Seiten 62 bis 64 zusammengefasst. insbesondere zunächst die Anfragen. Kennen Sie den Bericht?

Zeuge Dr. Werner Ader: Dann habe ich das miss- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe die offene Ver- verstanden. Dann bitte ich, meine Antwort wie sion noch nicht im Detail durchlesen, durch- folgt zu korrigieren: Für die Anfragen der BfDI ist arbeiten können; aber ich habe es einmal ver- die behördliche Datenschutzbeauftragte zustän- sucht, zügig zu lesen. dig. Mir ist nicht bekannt, dass wir als Rechts- referat zu diesen Anfragen eigens Stellung ge- Nina Warken (CDU/CSU): Und wird die recht- nommen hätten, sondern das müsste bei der be- liche Argumentation des BND aus Ihrer Sicht hördlichen Datenschutzbeauftragten gelaufen dort vollständig wiedergegeben, oder hätten Sie sein. noch was hinzuzufügen aus dem, was Sie schon gelesen haben? Nina Warken (CDU/CSU): Und die rechtliche Diskussion an sich, die ich zunächst geschildert Zeuge Dr. Werner Ader: Also, da müssten wir hatte, in die waren Sie oder in die war Ihr Refe- jetzt den Text wirklich noch mal Seite für Seite rat - damals waren Sie ja da noch nicht - auch durchgehen. Aber ich glaube, so wie ich es in Er- eingebunden. innerung habe, ist es ungefähr, wenn auch nur ganz kurz, korrekt angerissen. Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Nina Warken (CDU/CSU): Dem Bericht ist aber Nina Warken (CDU/CSU): Wie stellte sich - ge- auch zu entnehmen auf Seite 16, dass Herr gebenenfalls wissen Sie es auch nicht aus eigener Dr. Graulich ein Gespräch mit dem zentralen Jus- Anschauung - denn Ihrer Ansicht nach die tiziariats hat, also Referat ZYF, an dem Sie auch Rechtsauffassung innerhalb des BND und insbe- teilgenommen haben. Und in diesem Gespräch sondere auch im Justiziariat in Ihrem Fachbe- habe der BND seine rechtliche Einordnung von reich vor den sogenannten Snowden-Enthüllun- gen und den BfDI-Anfragen dar? Gab es schon

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 112 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Erfassungen14 in Bad Aibling und die Weitergabe seit dem 1. Dezember 2013 dort und kann jetzt von dort erfasstem Rohmaterial an die NSA dar- nur aus einem gewissen Aktenstudium sagen, gestellt. Hatten Sie denn den Eindruck, dass Herr dass, glaube ich, ungefähr im August in erster Li- Graulich die von Ihnen vorgetragene Argumenta- nie dieses Problem diskutiert und dann auch die tion nachvollziehen konnte? Rechtsauffassung entwickelt wurde, die wir jetzt als Weltraumtheorie immer wieder hören. Zeuge Dr. Werner Ader: Also nachvollziehen in dem Sinne, dass er die innere Schlüssigkeit und Nina Warken (CDU/CSU): Und ob das vorher Plausibilität nachvollziehen konnte, ja. Ob er sie auch schon die Linie war, dazu können Sie keine in der rechtlichen Bewertung für zutreffend hielt, genauen Angaben machen? das weiß ich nicht. Er hat das aufgenommen. Wir haben kurz darüber diskutiert. Aber es war im Zeuge Dr. Werner Ader: Dazu kann ich selber Wesentlichen so, wie ich es in Erinnerung habe, nichts sagen. dass er14 die Auffassung des Dienstes und auch des Rechtsreferates dazu, wie wir diese Satel- Nina Warken (CDU/CSU): Ich frage deshalb auch litenerfassung in Bad Aibling bewerten, rezeptiv ein bisschen genauer nach, weil es bisher auch aufgenommen hat14. ein paar Unklarheiten gab durch die Beweisauf- nahme. Wir haben zum Beispiel schon vor knapp Nina Warken (CDU/CSU): Inwiefern halten Sie einem Jahr Herrn Dr. Burbaum als Zeugen gehört, denn persönlich die Argumentationslinie des der von Ende 2002 bis Anfang 2005 für Rechtsan- BND für vertretbar? Entspricht das auch Ihrer gelegenheiten nach dem G-10-Gesetz in der Ab- persönlichen Rechtsauffassung? teilung 2 zuständig war. Nach seiner Auffassung bildet § 2 Absatz 1 BND-Gesetz die Rechtsgrund- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, uneingeschränkt. Ich lage für die Routineerfassung und eben nicht § 1 bin der Meinung, dass das, was üblicherweise in- Absatz 2. zwischen als die Weltraumtheorie apostrophiert wird, das, was dort in Bad Aibling stattfindet, Eine Schulungsunterlage des G-10-Referats aus eigentlich am sachgerechtesten und auch am rea- Oktober 2011 enthält auch die Aussage, dass litätsnächsten abbildet aus rechtlicher Sicht. Rechtsgrundlage für einen Eingriff des BND in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim- Nina Warken (CDU/CSU): Somit kommt man mung durch die Routineerfassung § 2 BND-Ge- dann ja zu dem Ergebnis, dass § 9 BND-Gesetz setz bildet. Also scheint es ja schon so sich dar- mit dem Verweis auf das Bundesverfassungs- zustellen, wenn ich es richtig verstehe, dass es gerichtsgesetz keine Anwendung findet für die im Jahr 2013 ein Sinneswandel gegeben hat. Weitergabe der Daten, die eben in Bad Aibling er- Würden Sie das auch so sehen? fasst und dann an die NSA weitergegeben wer- den. Das ist zutreffend? Zeuge Dr. Werner Ader: Das kann ich nicht beur- teilen, weil ich diese Unterlagen nicht kenne. Ich Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, das ist so. würde aber aus meiner rechtlichen Sicht bezwei- feln, dass hier überhaupt bei der sogenannten Nina Warken (CDU/CSU): War das auch die Routine ein Grundrechtseingriff in dem Sinne, Rechtsauffassung, die im Justiziariat Anfang 2013 wie wir es vom Verfassungsrecht her verstehen, vorherrschte? vorliegt.

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, da bin ich blank. Nina Warken (CDU/CSU): Was wäre denn die Das kann ich nicht sagen, zu welchem Monat im Folge, wenn § 2 BND-Gesetz die Rechtsgrundlage Jahr 2013 welche Rechtsauffassung im Einzelnen wäre? Dann wären ja auch die weiteren Vor- im Dienst entwickelt wurde. Wie gesagt, ich bin

14) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 113 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

schriften des BND-Gesetzes anwendbar, also ins- bindung mit § 19 Absatz 3 Bundesverfassungs- besondere § 9 für die Übermittlung. Sehe ich das schutzgesetz, sodass die Diskussion vielleicht richtig? auch nur akademischer Natur wäre?

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wenn man dieser Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wenn man sich Argumentation folgen würde, dann ist man ja im sozusagen in diese akademische Diskussion Anwendungsbereich des BND-Gesetzes. Ob der hineinbegibt, könnte ich mir das schon vorstel- § 2 die wirklich passende Vorschrift ist - - Ja, len. Die Besonderheit müsste rechtlich darin be- wenn man das nimmt. Gut. Dann hätte ich darin stehen, dass wir es ja hier mit einem, so wie ich eine Befugnis, aber wäre dann auch konsequen- es verstanden habe, weitgehend automatisierten terweise im Bereich des § 9. Verfahren zu tun haben. Das heißt, fraglich wäre: Ist durch das, was konkret passiert, auch tatsäch- Nina Warken (CDU/CSU): Und was genau würde lich erst möglich, gewährleistet, dass diese ge- das dann bedeuten, wenn man im Anwendungs- setzlichen Voraussetzungen eingehalten werden? bereich des § 9 wäre? Welche Regelungen wür- den denn dann gelten für die Mitarbeiter in Bad Nina Warken (CDU/CSU): Aber ob sie tatsächlich Aibling bei der Weitergabe der Daten an die eingehalten werden, darüber haben Sie sich NSA? keine Gedanken gemacht, keine Kenntnis? Oder wäre dann nur sich zu überlegen, wenn Sie ande- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich müsste mich rer Rechtsauffassung wären? Also ob es tatsäch- jetzt sehr hypothetisch über etwas auslassen. lich jetzt schon so ist, dass das automatisierte Aber im Grunde genommen wäre das, was ja Verfahren die Vorschriften einhält: Können Sie auch in der Dienstvorschrift konkretisiert ist, dazu was sagen? auch durchaus für die Anwendung innerhalb des Dienstes umzusetzen. Das heißt, wir müssten in Zeuge Dr. Werner Ader: Also, dem kann ich irgendeiner Form sicherstellen, dass die Voraus- mich jetzt nur nähern, weil wir das nur hypothe- setzungen dieser gesetzlichen Vorschriften einge- tisch diskutieren. Ich vermute mal - und so ver- halten werden. Also insbesondere müsste in ir- stehe ich auch das Gutachten von Herrn Grau- gendeiner Form subsumiert werden, dass die lich -, dass das schon erfolgt. Denn es ist ein Übermittlung entweder zur Wahrung außen- und mehrstufiges Filterverfahren vorgeschaltet, und sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepu- dieses Filterverfahren ist im Laufe der Zeit ver- blik erforderlich ist und dann weiter die einzel- bessert worden. Man kann sich sicher darüber nen Voraussetzungen des § 19 Absatz 3. Das unterhalten - dazu kenne ich mich aber zu wenig heißt, wir wären an den hinreichend bekannten aus -, ab welchem Zeitpunkt es so gegriffen hat, Prüfungspunkten. Sie müsste entweder zur Wah- dass alle Voraussetzungen, die das Gesetz dazu rung erheblicher Sicherheitsinteressen des Emp- aufgestellt hat, erfüllt sind. Aber in Summe fängers erforderlich sein oder zur Erfüllung der würde ich es rechtlich so bewerten, wenn man BND-Aufgaben. Dann wäre da15 die Gegenaus- dieser hypothetischen Diskussion folgt, dass das nahme: Sie hätte zu unterbleiben, wenn auswär- passiert, ja. tige Belange der Bundesrepublik betroffen sind oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Nina Warken (CDU/CSU): Es entstand ja aus- Betroffenen. weislich der Akten Anfang August 2013 eine sozusagen hektische Betriebsamkeit im BND. Es Nina Warken (CDU/CSU): Erfüllt das Handeln gibt da eine Mail vom 4. August 2013 aus dem des BND in Bad Aibling bei der Datenübermitt- Leitungsstab des BND-Präsidenten mit dem Be- lung an die NSA vielleicht ohnehin die Vor- treff - ich zitiere -: schriften im neuen16 Absatz 2 BND-Gesetz in Ver-

15) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2. 16) vgl. Anmerkung des Zeugen, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 114 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

EILT SEHR! Bitte um Erstellung Nina Warken (CDU/CSU): Es heißt in der Mail eines Kurzgutachtens zu einer dann sozusagen hilfsweise weiter, dass die über- Frage der Datenweiterleitung mittelten Metadaten ohnehin nicht als personen- bezogene Daten zu qualifizieren wären, da die Er- Unter anderem in MAT A BND-1/6a, VS-NfD. mittlung der Person, welcher eine ausländische Telefonnummer zuzuordnen ist, nur mit unver- Die Mail gibt schon grob die heute schon bereits hältnismäßigem Aufwand möglich wäre. Wie be- erörterte Argumentationslinie des BND zur Rou- werten Sie denn die Frage nach dem personen- tineerfassung und die Datenübermittlung in Bad bezogenen Datum? Aibling vor. War denn Ihr Referat - das können Sie jetzt auch nicht aus eigener Erfahrung sagen, Zeuge Dr. Werner Ader: Es kommt auf das ein- aber vielleicht haben Sie Kenntnis darüber - an zelne Datum an. Das ist ja immer die juristische dieser eilig zu klärenden Rechtsfrage beteiligt? Antwort. Na klar, wenn wir - so habe ich es von Wurde das an Sie herangetragen, an Ihr Referat? der Technik her verstanden - Daten haben, die als Oder wollte man das Thema erst mal innerhalb solche nicht unmittelbar über die Identität des der Abteilung TA halten? Betroffenen Auskunft geben, dann ist die Frage: Mit wie viel Aufwand lässt sich, und zwar für die Zeuge Dr. Werner Ader: Könnte ich die Unter- erhebende oder bearbeitende Stelle, denn die lage kurz einsehen? Ich will nicht kneifen vor der Identität feststellen? Wenn es sich also um Ver- Antwort. kehre aus Afghanistan handelt, kann ich jetzt im Moment nicht beurteilen, wie groß der Aufwand (Dem Zeugen werden wäre. Ich vermute mal, es gibt keine regelrechten Unterlagen vorgelegt) Telefonbücher. Ob es irgendwelche Dateien gibt, auf die deutscherseits überhaupt ein Zugriff be- Also, das Referat war beteiligt. Dass ein Vorgang stehen würde, weiß ich auch nicht. „eilig“ eingesteuert wird, ist nichts Ungewöhn- liches. Das passiert eigentlich am laufenden Band Aber grundsätzlich stelle ich mir unter Drittwelt- und ist manchmal mehr die Regel als die Aus- bedingungen vor, dass da ein konkreter An- nahme. schlussinhaber aus solchen Metadaten nicht ohne Weiteres zu ermitteln ist, wahrscheinlich in (Zuruf des Abg. Dr. André Hahn (DIE LINKE)) vielen Fällen gar nicht. Das ist eine Vermutung. Wenn, dann nur - weitere Vermutung - mit einem - Das war eine Mail des Leitungsstabes, PLSA, ja. sehr hohen Aufwand und dann eigentlich auch zufallsabhängig, ob überhaupt ein Ergebnis dabei (Hans-Christian Ströbele herauskommt. Insofern hätte ich von der recht- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lichen Bewertung her erhebliche Zweifel, ob es NEN): Sie waren beteiligt!) sich dabei, jedenfalls in der Masse der Fälle, um personenbezogene Daten handelt. Man müsste - Also, das heißt, ich persönlich nicht. Das datiert aber, wenn man es genau prüfen will, sich wirk- vom 4. August. Über dieses Dokument reden wir. lich den einzelnen Vorgang anschauen.

Nach meinem Kenntnisstand wurde dieses Gut- Nina Warken (CDU/CSU): Der Herr Kollege achten dann in der Tat auch erstellt. Es ist noch hat - - mal diskutiert worden. Ich weiß nicht, wann die finale Fassung genau geschrieben wurde. Soweit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich mich an den Vorgang jetzt aus den Akten er- NEN): Ich habe eine akustische Nachfrage. Haben innern kann, ist es auch abgestimmt worden in Sie „Dritte-Welt-Bedingungen“ gesagt? der Diskussion zwischen dem Leitungsstab, dem behördlichen Datenschutz, der auch darauf ge- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe „Dritte-Welt- schaut hat, und uns als Rechtsreferat. Bedingungen“ gesagt, ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 115 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nina Warken (CDU/CSU): Wird Ihnen auch ge- NEN): Ich komme ja gleich noch dran. Mich inte- bracht. Das ist die letzte Version MAT A BND- ressiert das nur für die europäischen - - Even- 1/6a, Blatt 156 bis 159. tuell. (Dem Zeugen werden Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe ein Beispiel. Unterlagen vorgelegt) Ich habe mich explizit bezogen auf Afghanistan, und darauf habe ich es bezogen. Weil gerade der Zeuge Dr. Werner Ader: Also, jetzt nach erstem Zusammenhang ja war: Erfassung in Bad Aibling. Drüberblicken würde ich diese Argumentation So wie ich es verstanden habe, geht es dort in auch heute noch mittragen. erster Linie um solche Zielregionen. Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Dann komme Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich in der nächsten Runde darauf zurück. - NEN): In erster Linie; ja, ja. Aber in zweiter - - Danke.

Nina Warken (CDU/CSU): Es wurde dann ja das Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: sogenannte Kurzgutachten zur Weitergabe von Dann geht es jetzt weiter in der Runde. - Frau Metadaten an AND - in Klammern: außerhalb des Renner. Anwendungsbereichs des G 10 - erstellt. Und da findet sich auch zum einen diese Argumentation Martina Renner (DIE LINKE): Willkommen auch wieder, dass es sich bei diesen Daten, die in Bad von mir, Herr Ader! - Ich habe noch eine Nach- Aibling an die NSA weitergegeben werden, eben frage. Sie sagten eingangs auf die Fragen von Kol- nicht um personenbezogene Daten handelt. legin Warken zur Weltraumtheorie, diese würde ganz gut die Praxis abbilden. Das heißt, es gibt Dort steht sinngemäß: Selbst wenn man im Hin- eine Praxis in Bad Aibling, und danach bilde ich blick auf die Erfassung in Bad Aibling von einer eine Theorie. Erhebung von personenbezogenen Daten im In- land ausginge, wäre § 9 Absatz 2 BND-Gesetz in Zeuge Dr. Werner Ader: Also, es ist eigentlich Verbindung mit § 19 Absatz 3 Bundesverfas- aus meinem Verständnis heraus üblich, dass das, sungsschutzgesetz eine ausreichende Rechts- was wir rechtlich beurteilen, auch das zugrunde grundlage für die Datenweitergabe an die NSA. legt, was tatsächlich praktisch passiert. So sollte Und den Anforderungen, die dann in § 19 Ab- ja aus meiner Sicht Recht funktionieren. Ich ver- satz 3, notwendige Güterabwägung - - werde auf- suche, möglichst genau den Sachverhalt, um den grund der geringen Konkretheit der Daten sowie es geht, auch rechtlich zu treffen. der automatisierten G-10-Filterung Genüge getan. Dazu haben Sie vorhin auch schon Ausführungen Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Eigentlich ist es gemacht. ja so: Es gibt das Recht, und das normiert die Be- fugnisse und den Eingriff, und danach findet die Vielleicht können Sie noch einmal sagen, wie Sie Praxis statt. die Frage bewerten und ob es aus Ihrer Sicht an- gesichts neuerer Entwicklungen technologischer Zeuge Dr. Werner Ader: Wir müssen ja unter- Art oder auch in der Rechtsprechung Zweifel an scheiden, ob wir Recht setzen, Sie als Gesetz- der Tragfähigkeit dieser Argumentation geben geber das machen - klar; dann ist es genau so, wie müsste. Sie es beschrieben haben -, oder ob ich Recht an- wende auf einen konkreten Fall. Die Subsumtion; Zeuge Dr. Werner Ader: Jetzt müsste ich die Ver- jetzt wurde von der Subsumtion gesprochen. Das sion dieses Kurzgutachten, auf die Sie sich bezie- heißt, das, was passiert. wie ist das unter die hen, vielleicht noch einmal kurz anschauen. rechtlichen Voraussetzungen zu fassen und nach diesen rechtlichen Voraussetzungen zu bewer- ten?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 116 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, es gab gerade in der rechtlichen Bewertung dem, was eine Praxis in Bad Aibling, die war so speziell, eine rechtliche Bewertung leisten muss. dass man dafür noch mal eine Theorie bilden musste, die - - Martina Renner (DIE LINKE): Gut.

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das ist jetzt keine Zeuge Dr. Werner Ader: Sie muss den tatsäch- Theoriebildung im naturwissenschaftlichen lichen Sachverhalt zugrunde legen. Sinne, sondern ich habe ja auch gesagt: die soge- nannte Weltraumtheorie. - Ich weiß gar nicht, Martina Renner (DIE LINKE): Ich will noch mal woher der Ausdruck kommt. Aus meiner Sicht nachfragen - weil Sie sich jetzt ja auch auf das ist das ein ganz normaler juristischer Subsum- Graulich-Gutachten bezogen haben und ja auch tionsprozess, dass man sagt: Wir haben einen ausgeführt haben, dass es auch Gespräche mit Sachverhalt in Bad Aibling. Ob der jetzt sehr spe- Ihnen und Herrn Graulich gab -, ob Sie auch ziell ist oder nicht, spielt dafür aus meiner Sicht Herrn Graulich für sein Gutachten Unterlagen zur keine Rolle. Aber ich glaube, es gibt nicht viele Verfügung gestellt haben. Institutionen, die das, was wir in Bad Aibling machen - - Also, in diesem Sinne ist es auch sehr Zeuge Dr. Werner Ader: Es gab ein Gespräch mit speziell. Herrn Graulich. Und wir haben dafür Unterla- gen - ich weiß nicht, ob - zur Verfügung gestellt; Und wir als Dienst und auch das Rechtsreferat aber wir haben damals unsere Position, soweit müssen dann prüfen: Inwieweit entspricht das ich mich erinnern kann, auch noch einmal den Tatbestandsvoraussetzungen, die, sei es, schriftlich zusammengefasst und ihm das zur wenn es sich um Eingriffe handelt, dafür festge- Verfügung gestellt. legt sind, oder anderen Vorschriften. Martina Renner (DIE LINKE): Waren darunter Martina Renner (DIE LINKE): Also, zuerst war auch die sogenannten Kurzgutachten, zur Weiter- die Praxis da und dann die Weltraumtheorie? gabe von Metadaten an den AND zum Beispiel?

Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Zuerst war das Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht. Aber Recht da. ich denke, dass wir den Inhalt dieses Kurzgut- achtens in dem Gespräch erörtert haben. Also, Martina Renner (DIE LINKE): Dann die Praxis noch einmal die Weltraumtheorie. und dann die Weltraumtheorie. Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie den Zeuge Dr. Werner Ader: Das mit der Weltraum- Prüfbericht der BfDI zu Bad Aibling? theorie ist eine schlagwortartige Umschreibung einer bestimmten rechtlichen Würdigung. Also, Zeuge Dr. Werner Ader: Nein, den kenne ich ob ich den Begriff nun davor- oder dahinter- oder nicht. darübersetze, das macht für mich rechtlich kei- nen Unterschied. Martina Renner (DIE LINKE): Kennen Sie den so- genannten Schwachstellenbericht der Kollegin Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, das waren Dr. F.? Ihre Worte: Die Weltraumtheorie bildet die Praxis ab. Zeuge Dr. Werner Ader: Unter dem Begriff Schwachstellenbericht - - Damit kann ich jetzt Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, ich nichts anfangen. Von wann ist denn der darf korrigieren. Das waren meiner Erinnerung Schwachstellenbericht? nach nicht meine Worte. Ich habe gesagt: Diese Theorie bildet - und so war es auch gemeint - das Martina Renner (DIE LINKE): 2007. ab, was tatsächlich passiert. Das heißt, sie folgt ja

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 117 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, dann bin ich mir AND, hier insbesondere die NSA? Also Rohmate- auch sicher, dass ich ihn nicht kenne. rial, müssen wir uns jetzt nicht mehr darüber ver- ständigen, was gemeint ist. Martina Renner (DIE LINKE): Was haben Sie denn noch für Unterlagen an Herrn Dr. Graulich Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn der Bundesnach- weitergegeben? richtendienst übermittelt, dann ist es eigenes Tun, und eigenes Tun muss selbstverständlich Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das müsste ich den rechtlichen Vorgaben entsprechen. Das heißt, jetzt nachschauen. Ich weiß, dass unser Gespräch im Einzelfall ist zu prüfen: Wie sehen diese sich auf der einen Seite konzentrierte um die ge- rechtlichen Vorgaben aus, und genügt dem das17, rade besprochene Frage: Wie ist das rechtlich zu was wir tun? Da unterscheidet sich die Weiter- werten, was in Bad Aibling am Satelliten pas- gabe an die NSA oder an einen anderen Dienst siert, am Satelliten oder in Bad Aibling? Und es im Prinzip nicht voneinander. Natürlich könnten ging um die Frage der Bewertung, wann inländi- sich, wenn man die Tatbestandsvoraussetzungen, sche juristische Personen vorliegen, also die Dis- gerade des § 19 Absatz 3 Bundesverfassungs- kussion um Artikel 19 Absatz 3 Grundgesetz. schutzgesetz18 prüft, sagen: Gut, ergeben sich aus Und wir haben ausführlich gesprochen über die der spezifischen Natur des Empfängers irgend- Rechtsnatur der Vereinbarung, die der Bundes- welche Dinge, die besonders zu beachten sind. - nachrichtendienst mit ausländischen Diensten Das wäre ein denkbarer Ansatzpunkt. abschließt. Dazu wurden dann Herrn Dr. Grau- lich auch entsprechende Unterlagen zur Verfü- Aber ich muss jetzt noch mal allgemein spekulie- gung gestellt. ren. Sie haben die Frage sehr allgemein gestellt. Also, es käme auch da wieder sicher auf alle Um- Martina Renner (DIE LINKE): Rechtliche Bewer- stände der betreffenden Konstellation an. tungen oder - - Martina Renner (DIE LINKE): Dann bleiben wir Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. mal in Bad Aibling. Dort ist ja auch Rohmaterial weitergegeben worden. Wie ist das einzuordnen? Martina Renner (DIE LINKE): Der Gutachten? Auch des MoA? Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe vom Recht- lichen her ein bisschen Schwierigkeiten mit der Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Ich denke nicht, Aussage: Dort ist Rohmaterial weitergegeben wor- dass das rechtliche Bewertungen des MoA waren. den. - So, wie ich es verstanden habe: Ja, aber Das war unsere Auffassung zu, ich meine, diesen nachdem es gefiltert wurde. Wie gut, ist ein zwei- drei Themen. Wenn man jetzt noch einmal genau tes Thema. Das heißt, dort ist nicht einfach - - hineinschauen wollte - das kann ich so aus der Rohmaterial klingt ja nach völlig unbearbeitet. Erinnerung nicht sagen -, müsste man die ent- Dort ist nicht einfach unbearbeitet etwas weiter- sprechenden Unterlagen beiziehen. geschoben worden, sondern man hat sich um ein Verfahren bemüht, wie dieses Material so be- Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben ja jetzt arbeitet, wenn man so will, gesichtet werden schon einiges ausgeführt zur Datenweitergabe im kann, dass die Weitergabe den gesetzlichen Vo- Zusammenhang mit der Kooperation in Bad Aib- raussetzungen entspricht. ling. Ich will mal etwas allgemeiner fragen: Wie bewerten Sie insgesamt eine automatisierte Da- Martina Renner (DIE LINKE): Und nach welchen tenübermittlung von Rohmaterial durch den BND Kriterien hat man dann diese Bearbeitung durch- aus Telekommunikationsverkehren an einen geführt?

17) Protokoll korrigiert, siehe Anlage 2. 18) vgl. Anmerkung des Zeugen, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 118 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Soweit ich es verstan- Zeuge Dr. Werner Ader: Das muss nicht belang- den habe, hat der zuständige Fachbereich Krite- los sein. Entscheidend ist ja: Was kommt hinein rien über mehrere Prüfstufen entwickelt, die die in das System des BND in dem Moment, wo der Voraussetzungen insbesondere aus dem § 19 Ab- BND ihm zurechenbares Verhalten zeigt, übt? satz 3 Bundesverfassungsschutzgesetz abbilden, Dann muss er sich an das halten, was ihm vorge- also diese drei Filterstufen. Wichtig. Die erste schrieben ist. Also, wo jetzt die NSA im Einzel- Stufe - zentral -, dass man Grundrechtsträger aus- nen ihre Daten her generiert hat, ist ein amerika- filtert, und dann die weiteren Stufen. Ich glaube, nisches Problem. Wir sind verantwortlich als das ist hier aber bekannt. Dienst für das, was wir tun.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und hat das Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Das diskutie- funktioniert? ren wir nachher weiter.

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe diese Filte- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: rungsergebnisse im Einzelnen nicht überprüfen Dann geht es weiter bei der SPD. können. Das hat der Sachverständige Dr. Grau- lich, glaube ich, in großer Gründlichkeit und Christian Flisek (SPD): Ja. Das ist jetzt ein Kalt- Akribie getan. Und der hat festgestellt, dass es zu start. - Herr Dr. W. A., erst mal auch von unserer Rechtsverstößen gekommen ist in diesem Pro- Seite: Guten Abend! zess. Wobei ich es so verstanden habe - beim ers- ten Durchlesen des Gutachtens -, dass diese Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, Rechtsverstöße sich im Wesentlichen daraus er- mein Klarname ist ja offengelegt worden. Mein geben, dass die Amerikaner entgegen den Inhal- Name ist Ader. Wir können es uns einfacher ma- ten, den Vereinbarungen im MoA schon Selek- chen. toren eingesteuert haben, die nicht dem entspra- chen, was im MoA vereinbart war. Christian Flisek (SPD): Okay. Das stimmt. Herr Dr. Ader, dann einigen wir uns darauf. Das Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie denn kommt mir auch sehr entgegen. - Herr Dr. Ader, Kenntnisse, auf welchen Datenpools diese NSA- uns würde interessieren, welche Problemfälle Selektoren liegen? Also, man muss ja Millionen oder Zweifelsfälle Sie bzw. Ihr Referat erhielten. von Selektoren in Milliarden von Daten einstel- Mit welchen wurden Sie konfrontiert? Und wie len, um Meldungen zu generieren. Woher kamen war, wenn Sie so was erhielten, der genaue Ab- diese Daten, in die die Selektoren eingestellt lauf, wie Sie damit umgegangen sind? wurden? Zeuge Dr. Werner Ader: Es ist vorhin ja schon Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wie das technisch eine ähnliche Frage gestellt worden. Mir ist aus läuft, wo diese Daten generiert werden, wie das meiner Zeit im Rechtsreferat, die aber jetzt erst im Einzelnen von der IT-Seite her gestrickt, pro- knapp zwei Jahre dauert, kein Fall erinnerlich, grammiert ist, das weiß ich nicht. wo ein einzelner oder der Wunsch nach einer einzelnen Informationsübertragung an uns heran- Martina Renner (DIE LINKE): Und ist das nicht getragen worden wäre, um zu prüfen: Ist das für die rechtliche Beurteilung auch wichtig? rechtlich zulässig?

Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Das heißt, wir als Rechtsreferat waren allgemein Frau Renner, letzte Frage. mit dem Komplex beschäftigt, auch dessen, was läuft in Bad Aibling. Hier sind ja gerade entspre- Martina Renner (DIE LINKE): Letzte Frage: Ist es chende Dokumente aus diesem Diskussionspro- für die rechtliche Beurteilung wirklich belanglos, zess im Sommer 2013 zitiert und auch vorgelegt wo die Daten herkommen? worden. Und dieser Prozess ist natürlich letzten

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 119 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Endes durch die Arbeit dieses Ausschusses auch Zeuge Dr. Werner Ader: Der Bundesnachrichten- erheblich intensiviert worden. dienst ist eine Behörde und als solche hierar- chisch strukturiert. Von daher, denke ich, gibt es Christian Flisek (SPD): Sie haben gesagt, es sind einen Anspruch der Leitung der Behörde - bei an Sie keine Einzelfälle in einer größeren Zahl Dingen zumindest grundsätzlicher Art -, dass herangetragen worden, wo man gefragt hat: Darf man sich mit ihr abstimmt. Jedenfalls ich versu- es da zu einer Übertragung oder Übermittlung che diese Abstimmung mit der Leitung. Umge- kommen oder nicht? - Ich kann mich erinnern, kehrt gibt es sicher den Fall, dass die Leitung dass zumindest von den Mitarbeitern, die jetzt auch auf die ihr nachgeordneten Bereiche - und mit einem anderen Themenbereich, mit Selek- dazu gehört auch das Rechtsreferat - zugeht und toren, befasst waren - mit der Prüfung von Se- sagt: „Wir haben hier ein Problem, bitte prüft lektoren -, sehr oft der Verweis kam: Ja, wir das“, oder: „Wir haben hier auch einen Vor- haben im Haus eben juristische Stellen, die wir schlag, wie man etwas macht. Bitte prüft, ob die- halt jederzeit kontaktieren können und die uns ser Vorschlag so aus rechtlicher Sicht realisierbar dann eben auch zur Verfügung stehen. ist.“

Also, das hat sich teilweise fast so angehört, als Christian Flisek (SPD): Und waren Sie auch gäbe es da so etwas auch wie eine Hotline. Ich schon mal dann bei Grundsatzentscheidungen nenne das jetzt mal so. Also, man kann da ir- eingebunden? Also unabhängig jetzt von irgend- gendwie sich melden, anrufen, und dann wird einem Einzelfall vielleicht, sondern dass man einem geholfen. War das bei Ihnen ganz anders? dann - -

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich weiß jetzt nicht ge- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, jetzt nau, was die Kolleginnen und Kollegen zu die- tue ich mich schwer damit, was Sie als irgend- sem Thema gesagt haben. Das Rechtsreferat wird eine Grundsatzentscheidung bezeichnen. häufig - und das habe ich auch vorhin mit meiner Äußerung gemeint - eingeschaltet, wenn jemand Christian Flisek (SPD): Wie bestimmte Arten, sagt: „Ich habe hier rechtliche Zweifel“ oder Typen von Daten, wie damit zu verfahren ist. wenn in irgendeinem Zusammenhang eine Also, als Grundsatzentscheidung würde ich eine Vorlage geschrieben wird, ein bestimmter Sach- Entscheidung sehen, die halt für eine Vielzahl verhalt in irgendeiner Weise bewältigt werden von Fällen anwendbar ist. Abstrakt. Generell. soll und man sagt: Da hätten wir gerne eine Mit- zeichnung des Rechtsreferats. - Das ist eine gän- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Selbstverständlich ist gige administrative Verfahrensweise. Und in die- das Rechtsreferat immer dann, nicht immer, aber sem Sinne ist das Rechtsreferat sicher auch schon sicher häufig dann, wenn es um eine Regelung weit vor meiner Zeit mit dem Komplex „Ab- einer Vielzahl von Fällen geht, beteiligt. Das schluss dieses MoA“ - in welchem Umfang, muss jetzt gar nicht spezifisch auf Übermittlungs- Handhabung kann ich im Einzelnen nicht sagen - fragen beschränkt sein. Dafür ist das Rechtsrefe- und natürlich auch der Frage „Übermittlung an rat da. Das ist jetzt so allgemein. Also, ich würde AND“ immer wieder befasst worden. Ich hätte gern präziser antworten. das jetzt als einen Gesamtkomplex angesehen. Man könnte diesen Prozess vielleicht auf der Christian Flisek (SPD): Ich würde mal zu einem Zeitachse unterteilen. Das weiß ich aber nicht. anderen Thema noch mal gehen, und zwar die Dafür fehlt mir das Wissen um die Historie. Weltraumtheorie. Können Sie uns noch mal schildern, wie die - - Die fand ja in der Praxis des Christian Flisek (SPD): Haben Sie da selber ent- BND - - war die sehr beliebt. Galt diese - - Wie schieden? Oder haben Sie teilweise dann mit der wirkte sich diese Weltraumtheorie aus? Galt die Hausleitung sich abstimmen müssen bei einzel- nur für die automatisierte Weiterleitung von Me- nen Entscheidungen? tadaten an die NSA im Rahmen der JSA in Bad Aibling, oder galt sie in gleicher Weise auch für

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 120 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

die Kabelerfassung von Routineverkehren im Essenzialia hielten - - haben wir große Ohren be- Rahmen von G-10-Anordnungen? kommen, mit welchen Interpretationen die ver- sucht wurden auszuhebeln. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, die sogenannte Weltraumtheorie bezieht sich ja auf einen Sach- Noch mal: Die Frage ist ja die: Also, wenn man verhalt, der für Bad Aibling spezifisch ist, näm- Routineverkehre, beispielsweise bei einem Kabel- lich die Frage: Welchem Rechtsregime unterfällt zugriff, bei der Kabelerfassung erfasst - reine die Erfassung von Daten, die dort in Bad Aibling Ausland-Ausland-Verkehre -, ist dann deutsches praktiziert wird, also die Satellitenkommunika- Datenschutzrecht in seiner Gänze anwendbar tion? Insofern kann aus meinem Verständnis nach Ihrer Auffassung? heraus das, was man jetzt - es ist ja eher ein um- gangssprachlicher Begriff - als Weltraumtheorie Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn es in Deutschland bezeichnet, in einer rechtlichen Bewertung erfolgt, also im Geltungsbereich des BND-Geset- eigentlich sich auch nur auf diese Konstellation zes, ist das BND-Gesetz anwendbar und dessen beziehen. datenschutzrechtliche Spezialvorschriften, da- runter die Übermittlungsvorschrift des § 9. Christian Flisek (SPD): Gut. Dann nennen wir das in einer abgewandelten Form: Theorie des Christian Flisek (SPD): Gut. Und welche Anwen- virtuellen Auslands. Kommt nach meinem Ver- dungsfälle verbleiben denn für diesen § 9? ständnis aufs selbe raus, verfolgt denselben Zweck. Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn der Bundesnach- richtendienst Informationen gleich welcher Art Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wir prüfen dann ermittelt hat, erfasst hat im Rahmen seiner Auf- einen neuen Sachverhalt. Das heißt, wenn ich gaben innerhalb der Bundesrepublik - das muss Daten nicht im Weltraum erhebe, sondern sozu- ja nicht unbedingt aus der technischen Aufklä- sagen ein kabelgebundener Ansatz in Deutsch- rung kommen -, dann gilt der § 9. land, dann ist das aus meiner rechtlichen Bewer- tung ein Handeln in Deutschland. Christian Flisek (SPD): Gilt er nur für die nach- richtendienstlichen Meldungen, oder gilt der Christian Flisek (SPD): Wenn ich einen Kabelzu- auch für das, was man so gewöhnlich als Roh- griff in Deutschland mache, dann ist das ein Han- daten bezeichnet? deln in Deutschland. Und damit entzieht sich das nach Ihrer Auffassung nicht deutschem Recht. Zeuge Dr. Werner Ader: Das Gesetz gebraucht Habe ich Sie richtig verstanden? den Begriff der Information. Unter Information verstehe ich nicht nur eine in irgendeiner Form, Zeuge Dr. Werner Ader: Beides entzieht sich in einer formalisierten Struktur wiedergegebene nicht deutschem Recht. Das ist vielleicht ein Information, sondern es sind Informationen. Wir Missverständnis. Auch die sogenannte Satelliten- müssten jetzt einen Einzelfall bilden. Ich tue theorie - ich will sie nicht deutschem Recht ent- mich schwer damit, auf dieser abstrakten Ebene ziehen. Der Bundesnachrichtendienst ist immer zu sagen, eine andere Aussage zu treffen, außer: an bestimmte deutsche rechtliche Vorgaben ge- Das BND-Gesetz gilt, oder es gilt nicht, je nach- bunden, auch wenn die engeren fachlichen dem, ob die Voraussetzungen von § 1 Absatz 2 Voraussetzungen des BND-Gesetzes nicht greifen. erfüllt sind oder nicht. Selbstverständlich gelten Essenzialia des Rechts- staates unabhängig davon, wie wir im Einzelnen Christian Flisek (SPD): Aber Sie wissen, was bei- agieren. spielsweise - - Sie wissen ja, was eine Meldung ist. So. Christian Flisek (SPD): Na ja. Wir haben schon einige Essenzialia des Rechtsstaates, die wir für Zeuge Dr. Werner Ader: Der Begriff Meldung wird in verschiedenen Kontexten gebraucht, aber

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 121 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

ich - - Vielleicht für die Diskussion: Meldung - Was es gibt, ist, dass man unter den Juristen der eine Zusammenfassung oder eine textliche Ge- verschiedenen Bereiche miteinander Problem- staltung einer Information. Es gibt Meldungen, stellungen diskutiert. die aus der Beschaffung an die Auswertung kom- men. Es gibt Meldungen, die von der Auswertung Christian Flisek (SPD): Das heißt, auch aktuell - - weitergegeben werden. Also, Sie sagen, da müsste man auf Sie zukom- men. Wer auf Sie zukommen kann, wäre ja bei- Christian Flisek (SPD): Ich verstehe also Ihre Tä- spielsweise auch die Hausleitung, die sagen tigkeit so: Sie sind so etwas wie das juristische würde: So. Jetzt staubt‘s gerade bei uns ganz gut. Backoffice gewesen für Fragen, die im Zusam- Wäre mal eine Maßnahme, dass ihr ausschwärmt menhang mit der Übermittlung aufgetreten sind. und Schulungen macht.

Zeuge Dr. Werner Ader: Könnte man so sehen. Zeuge Dr. Werner Ader: Ja.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie Mitarbeiter, Christian Flisek (SPD): Ist aber nicht der Fall. die operativ tätig waren, jemals geschult nach rechtlichen G-10-Gesichtspunkten? Zeuge Dr. Werner Ader: Zu diesem Thema nicht.

Zeuge Dr. Werner Ader: Was verstehen Sie unter Christian Flisek (SPD): Zu anderen Themen? „operativ tätig“? Im Bereich der technischen Er- fassung? Zeuge Dr. Werner Ader: Wir sind ja auch noch mitten in der Diskussion. Christian Flisek (SPD): Na ja, die Mitarbeiter, die dann tatsächlich die Übermittlung vornehmen. Christian Flisek (SPD): Gibt es denn Schulungen zu anderen Themen? Zeuge Dr. Werner Ader: Also, im Bundesnach- richtendienst hat „operativ“ ja einen etwas ande- Zeuge Dr. Werner Ader: Grundsätzlich ja. ren Bedeutungsinhalt. Christian Flisek (SPD): Sie sind Jurist. Wenn Sie Christian Flisek (SPD): Das mag sein. „grundsätzlich“ sagen, dann ist schon immer höchste Alarmstufe. Zeuge Dr. Werner Ader: Im Sinne von: die tat- sächlich die praktische Arbeit durchgeführt ha- Zeuge Dr. Werner Ader: Na ja. Okay. Verstehen ben. Sie meine Alarmstufe? Ich weiß jetzt nicht, wie weit wir uns noch in Bereich des Untersuchungs- Christian Flisek (SPD): So verstehe ich operativ gegenstandes befinden. tätige Mitarbeiter. Ja. Christian Flisek (SPD): Also, Sie sagen, es finden Zeuge Dr. Werner Ader: Es besteht jederzeit die wenn dann Schulungen außerhalb des Untersu- Möglichkeit, dass das Rechtsreferat Schulungen chungsgegenstandes statt. durchführt. In der Zeit, seit ich Leiter des Rechts- referates bin, hat das Rechtsreferat für die Kolle- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. gen in den technischen Bereichen keine speziel- len Schulungen durchgeführt. Christian Flisek (SPD): Uns interessiert halt, in- wieweit beispielsweise auch jetzt ausgehend von Christian Flisek (SPD): Und wieso nicht? Gab es dem, was wir hier tun seit fast anderthalb Jahren, keinen Bedarf dafür? und ausgehend von dem, was ausgelöst wurde durch die Veröffentlichung der Snowden-Doku- Zeuge Dr. Werner Ader: Dafür müsste man auf mente, ob da eine höhere Sensibilisierung einge- uns zukommen. Das ist in der Zeit nicht erfolgt. treten ist in der Organisation BND und man das

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 122 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

vielleicht mal zum Anlass nimmt, gewisse nichts. Sie haben nicht, sage ich mal, einen allge- Dinge - - meinen - - Das ist kein Vorwurf jetzt im Sinne von Untätigkeit, sondern Sie haben keinen allge- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann nicht für meinen Auftrag dahin gehend, als Jurist sicherzu- den Gesamtdienst sprechen. Aber in einem Punkt stellen, dass der Bereich, den Sie verantworten, bin ich mir sehr sicher: Eine Sensibilisierung hat permanent, sage ich mal, auf - - dass die Mitar- deutlich stattgefunden, ja. Das ist noch zurück- beiter geschult sind, dass die klare Anweisungen haltend ausgedrückt. haben. Also, so einen allgemeinen Sicherstel- lungsauftrag gibt es nicht. Christian Flisek (SPD): Haben Sie denn jemals an - - Ich verwende jetzt wieder den Begriff Zeuge Dr. Werner Ader: Das würde ich so auch „operativ tätige Mitarbeiter“. Haben Sie jemals an nicht sagen. Es gibt durchaus Fälle - die haben Dienstvorschriften oder schriftlich dokumentier- aber hier mit dem Untersuchungsgegenstand ten allgemeinen Regeln mitgearbeitet, die für Mit- nichts zu tun -, wo auch das Rechtsreferat von arbeiter eine Handreichung sein können, wie sie sich aus sagt: Wir meinen, es gibt hier Bedarf. mit bestimmten Themen, die unseren Untersu- Wir sollten aus eigener Initiative einen Vorschlag chungsgegenstand betreffen, wie sie damit umzu- machen, wie man entweder mit Schulungen oder gehen haben? auch mit einer Regelung ein bestimmtes Problem zu lösen hilft. - Also, das gibt es durchaus. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wir hatten ein- gangs ja bereits das Thema der Dienstvorschrift Christian Flisek (SPD): Uns interessiert in der „Übermittlung“, die im Rechtsreferat überarbeitet Tat ja nur der Untersuchungsgegenstand, weil, wurde, zuletzt Anfang 2014. Das erfolgt bei uns. ich sage mal, die Lücken, die zumindest aus un- serer Bewertung bisher da auftauchen und auch Christian Flisek (SPD): Und über diese Dienst- nicht geschlossen werden können, eklatant sind. vorschrift „Übermittlung“ hinaus? Ich habe eine Frage zu einem Bereich, den wir Zeuge Dr. Werner Ader: Keine allgemeinen jetzt auch mittlerweile hier im Untersuchungs- Handreichungen, weil diese Dienstvorschrift die- ausschuss angehen. Das ist der Bereich „gehei- ses Problem eigentlich inhaltlich abdecken sollte. mer Krieg“, der Komplex „geheimer Krieg“. Da Ob sich in der Zukunft aus „lessons learned“ wurde uns also von einzelnen Zeugen mitgeteilt, ergibt, dass wir in dem Bereich entweder die dass es bei der Übermittlung von Geodaten an je- Dienstvorschrift erweitern, ändern müssen oder weils andere Dienste zu einer Verkürzung gekom- durch weitere allgemeine Handreichungen Re- men sei dieser Daten, eben um zu vermeiden bei- geln, Schulungen den Zustand im Dienst in ir- spielsweise, dass solche Daten eingesetzt werden gendeiner Weise optimieren oder auch verbes- können für Tötungen durch Drohnen. Ist Ihnen sern können, das kann ich jetzt noch nicht be- das bekannt? urteilen. Aber wenn dieser Auftrag an uns heran- getragen wird, werden wir es machen. Und wenn Zeuge Dr. Werner Ader: Also, aus Einsicht in wir selber entsprechenden Bedarf sehen, werden Unterlagen des Rechtsreferates: ja. Ich glaube, der wir auch von uns aus initiativ werden. Dafür Begriff, der üblicherweise dienstintern gebraucht müssen wir aber eine Informationsgrundlage ha- wird, ist eine Verunschärfung. ben, die sagt: Gut, in diese Richtung sollten wir jetzt weiter gehen. Christian Flisek (SPD): Verunschärfung? Aha.

Christian Flisek (SPD): Das heißt, das interpre- Zeuge Dr. Werner Ader: Hintergrund ist die Re- tiere ich schon so richtig: Ohne einen konkreten gelung in § 9 Absatz 2 BND-Gesetz in Verbin- Auftrag oder ein Begehr von unten - also einen dung mit § 19 Absatz 3 Bundesverfassungs- Auftrag von oben, Begehr von unten - tun Sie schutzgesetz, dass die Übermittlung von Daten zu

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 123 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

unterbleiben hat, wenn dies zum Schutz berech- Christian Flisek (SPD): Aber da haben Sie gesagt, tigter Interessen des Betroffenen erforderlich ist das wird im Einzelfall dann nicht gemacht oder oder wenn entsprechend überwiegende Interes- nur sehr selten. sen des Betroffenen entgegenstehen. Zeuge Dr. Werner Ader: Das habe ich nicht ge- Christian Flisek (SPD): Können Sie das mir jetzt sagt, ob das im Einzelfall nicht gemacht wird. Ich mal runterbrechen? Was heißt das? Also, das war habe in meiner erst knapp zweijährigen Stehzeit jetzt sicherlich juristisch korrekt. Aber was heißt im Rechtsreferat einen solchen Fall nicht erlebt. das konkret? Wann ist das der Fall? Christian Flisek (SPD): Okay. Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist - soweit ich das aus der Aktenlage habe entnehmen können - ins- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: besondere dann der Fall, wenn die Informationen Dann machen wir weiter. - Herr von Notz. unmittelbar für einen letalen Angriff nutzbar wä- ren und von dem Betroffenen kein gegenwärtiger Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Angriff - zum Beispiel auf Soldaten der Bundes- NEN): Guten Abend, Herr Dr. Ader! Was war wehr - ausgeht oder ein solcher Angriff unmittel- denn der Grund eigentlich dafür, dass Sie im bar bevorsteht. Dezember 2013 auf die Stelle gewechselt sind? Warum ist die denn frei geworden? Christian Flisek (SPD): Also, Betroffener jetzt in Ihrer Begriffsverwendung ist der, der eventuell Zeuge Dr. Werner Ader: Also, da müssen Sie un- dann getötet werden würde. ser Personalmanagement fragen oder den Leiter der Behörde. Es hat damals eine Reihe von Um- Zeuge Dr. Werner Ader: In dem Fall ja. setzungen gegeben.

Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dann wäre jetzt die Runde rum. NEN): Genau.

Christian Flisek (SPD): Eine Frage noch dazu. Zeuge Dr. Werner Ader: Eine davon war ich. Wer beurteilt das denn? Das ist ja eine hochkom- plexe Beurteilung. Die Frage ist dann, ab wann - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie haben jetzt gesagt: Verunschärfung. Wir hat- NEN): Da hat es eine Reihe von Umsetzungen ge- ten bisher von Verkürzungen gehört. Verunschär- geben; das ist uns auch schon aufgefallen. Ende fung - ich greife das jetzt mal auf -, wenn das der 2013 hat es da große Rochaden gegeben. Ist je- Fachterminus ist: Es werden Datensätze verun- mand in den Ruhestand gegangen? schärft. Wer beurteilt wann, jetzt sage ich mal, die Bedingungen, die Sie gerade genannt haben? Zeuge Dr. Werner Ader: Ich weiß nicht, ob das jetzt noch mit dem Untersuchungsgegenstand zu Zeuge Dr. Werner Ader: Natürlich kann das eine tun hat. komplexe Sache sein. Aber das ist doch eigent- lich das Typische für eine Situation, die durch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nothilfe oder Notwehrumstände geprägt ist. Das NEN): Ich frage Sie mal - - Nein, passen Sie auf: ist ja im sonstigen Bereich auch nicht anders. Das Ich formuliere es um, damit es unter dem Unter- heißt, derjenige, der eine Information bearbeitet suchungsgegenstand passt: Könnte es sein, dass und sich überlegt: „Muss ich die übermitteln? Sie auf diese Stelle gewechselt sind, weil Sie ein Sollte ich die übermitteln? Will ich die übermit- Anhänger der Weltraumtheorie sind? teln?“, muss sich auch überlegen: Gut, mit wel- chem Inhalt gebe ich sie weiter? - Und er kann Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. natürlich auch zugreifen auf juristische Beratung im Dienst.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 124 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): Herr von Notz, darf ich NEN): Nein. Warum nicht? ganz kurz? „Abwegig“ habe ich, glaube ich, zu keiner Zeit gesagt. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kannte die Welt- raumtheorie zu diesem Zeitpunkt überhaupt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch nicht. NEN): Nein. Wie würden Sie es sagen?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- RD Philipp Wolff (BK): Ich habe eine andere Mei- NEN): Und in dem Vorstellungs- - Sie haben sich nung gehabt. Aber ich halte es nicht für abwegig. auf die Stelle beworben. Man kann über juristische Meinungen diskutie- ren. „Abwegig“ war jetzt sehr weit. Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich kann noch mal gucken, was in dem NEN): Nein. Sie sind gefragt worden, ob Sie auf Vermerk stand. die Stelle - - Okay. Und dann sind sie auf die Stelle gekommen. Und frisch in der Stelle haben RD Philipp Wolff (BK): Da stand, glaube ich: Sie gesagt: Weltraumtheorie, ah, das klingt gut. nicht nachvollziehbar. Das ist ein gutes juristisches Konstrukt. Das passt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nicht nachvollziehbar; das finde ich noch Zeuge Dr. Werner Ader: So ist es nicht vom besser sogar. Denn ich halte sie auch für nicht äußeren Ablauf her gewesen. Aber was ich vor- nachvollziehbar. hin gesagt habe, gilt natürlich. Ich finde - - Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal mit RD Philipp Wolff (BK): Das hat aber jemand an- der Weltraumtheorie in ihrer Ausargumentation ders geschrieben, aus einem Telefongespräch. konfrontiert wurde. Ich finde sie nach wie vor rechtlich, fachlich überzeugend. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das mag sein. Aber die Aktenwahrheit, so Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist es halt. Und sie ist nicht nachvollziehbar. Das NEN): Ich frage nur so intensiv, weil Herr Wolff finde ich auch. Aber Sie halten sie für nachvoll- sie Ende des Jahres 2013 - - Ich halte ihn für ziehbar. Jetzt ist ja die interessante Frage: Warum einen guten Juristen. ist das eigentlich so ein Ding? Und warum bringt man das nicht einfach in Ordnung und macht ein Zeuge Dr. Werner Ader: Da stimme ich Ihnen schönes Gesetz, dass es passt? gerne zu. Es ist jetzt zwanzig vor zehn an einem Donners- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tagabend. Das ist eigentlich der Knackpunkt die- NEN): Er hielt sie für abwegig, wie viele andere ses Untersuchungsausschusses. Ich präsentiere Leute auch im BND. Und deswegen frage ich Sie. Ihnen jetzt mal meine Theorie. Die heißt: die Also, Sie hielten das von Anfang an für schlüs- Kronjuwelentheorie. Die Routineerfassung, die sig? Erfassung von Routineverkehren des Bundes- nachrichtendienstes, das sind die Kronjuwelen Zeuge Dr. Werner Ader: Ich halte das auch bis des Bundesnachrichtendienstes. Das ist das, was heute für schlüssig. der Bundesnachrichtendienst im do ut des des nachrichtendienstlichen Austausches einbringen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kann. Er meint nämlich - absurderweise - auf- NEN): Haben Sie schon mal - - grund der Weltraumtheorie, ohne jegliche recht- liche Barriere, ohne jegliche parlamentarische

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 125 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Kontrolle sogenannte Ausland-zu-Ausland-Ver- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich denke, das ist kehre - Routineverkehre ist ja auch wie die Welt- aktuell auch in der Diskussion. raumtheorie eine Erfindung des Bundesnachrich- tendienstes - erfassen zu können und damit ma- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen zu können, was man will. Muss man nicht NEN): Ja, und? Was wird da Ihnen gesagt? dem PKGr erzählen. Muss man nicht der G-10- Kommission erzählen. So. Zeuge Dr. Werner Ader: Was meinen Sie mit „was wird mir da gesagt“? Meinen Sie, da wird Könnte es sein, dass die Weltraumtheorie von mir was vorgegeben? Ihnen und von anderen Menschen so hart vertei- digt wird, damit diese Kronjuwelen nicht verlo- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren gehen, weil sonst der BND nämlich ohne die NEN): Ob das, was ich Ihnen eben ausgebreitet Erfassung von Routineverkehren in diesem do ut habe an Problematik, ob das vielleicht deckungs- des mit anderen Nachrichtendiensten einfach gleich ist mit der Argumentation, die innerhalb keine relevante Rolle mehr spielt? Ihres Haus - -

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das ist jetzt ein Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann - - Genauso gut Vorstoß weit in die subjektive Motivationslage. wie die Weltraumtheorie kann ich nachvollzie- Aus meinem Verständnis des Jobs, den ich habe, hen, dass man dieser Theorie nicht folgt. Natür- ist rechtlich zu prüfen: Unter welche Vorschrif- lich würde es Rechtsklarheit schaffen, wenn ich ten fällt das, was wir in Bad Aibling machen oder sage: Ich nehme jetzt dieses Thema in die Hand anderswo? Es mag sein, dass die sogenannte als Gesetzgeber und schaffe dazu eine Regelung. Weltraumtheorie nicht für jeden nachvollziehbar ist. Das sind beachtliche Juristen, die sie nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nachvollziehen. NEN): Und dann könnte aber der Bundesnach- richtendienst seine Kronjuwelen verlieren. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist spekulativ, weil - - Zeuge Dr. Werner Ader: Gar keine Frage. Mir er- scheint sie gut nachvollziehbar. Es ist eine völlig Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- andere Frage, darüber zu spekulieren, was die NEN): Nein, das ist nicht spekulativ. subjektive Motivation beteiligter Akteure dazu ist, eine juristische Bewertung eines Vorgangs zu Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, es entwickeln. käme darauf an, wie diese Regelung aussähe. Ich weiß auch nicht, ob das die Kronjuwelen sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich bin im Rechtsreferat tätig. Ich kann nicht NEN): Herr Dr. Ader, angesichts meiner knappen übersehen und abschätzen, auch nur annähernd Zeit - - Danach frage ich Sie. Ich weiß, Sie sind akkurat, was jetzt Kronjuwelen sein sollen. Da Jurist. Aber als Jurist in einer grundrechtssen- müssten wir uns auch mal drüber unterhalten: siblen Position, in der Sie sind, erwarte ich von Was verstehen wir denn darunter? Ihnen, dass Sie da eine Frage stellen und irgend- wie sagen: Mensch, wenn das so streitig ist: Eine Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- saubere Rechtsgrundlage, das wäre eine gute Sa- NEN): Na. che. Zeuge Dr. Werner Ader: Nach allem, was ich Und vielleicht können Sie mir jetzt mal erläu- dazu gehört habe, ist dieses Aufkommen aus der tern, ob das in der Zeit, die Sie auf dieser Stelle sogenannten Routine für die Auftragserfüllung sind und tätig sind, mal eine Diskussion war. des Bundesnachrichtendienstes ein zentrales Ele- ment.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 126 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Der Zeuge liest in den ihm NEN): Genau. vorgelegten Unterlagen)

Zeuge Dr. Werner Ader: So. Das heißt, aus mei- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, was ich hier vor- ner Sicht ist es legitim, in was auch immer man liegen habe, ist Aktenblatt 33. Das ist eine recht- sich jetzt in rechtspolitische Überlegungen liche Auffassung: hinein begibt, zu sagen: Wie können wir diese Art der Auftragserfüllung für den deutschen Aus- § 2 ... enthält die Befugnis zur landsnachrichtendienst erhalten? - Das halte ich Verarbeitung aller Informationen ... für einen normalen Vorgang. Das ist eine Rechtsauffassung. Der Ansatz der Weltraumtheorie ist, zu sagen: Das gibt bereits die geltende Gesetzeslage her. - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wenn man sagt: „Wir stellen diesen Streit ad NEN): Des Bundeskanzleramtes. acta, indem wir das mit einer gesetzlichen Neu- regelung abdecken“, dann ist es auch gut. Damit Zeuge Dr. Werner Ader: Des Bundeskanzler- habe ich sicher überhaupt kein Problem. amtes. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Nur das erfolgt eben nicht bis heute. NEN): Also uns liegt das, glaube ich, als Weisung vor. Oder würden Sie das anders - - Und ich habe Kennen Sie eine Weisung des Bundeskanzler- das Bundeskanzleramt auch so verstanden, dass amtes aus dem Jahr 1995? Grundsätze zur An- die bis heute gilt. wendung des Bundesnachrichtendienstgesetzes. MAT A BK-1/6b. Zeuge Dr. Werner Ader: Das Bundeskanzleramt kann uns anweisen zu einem bestimmten Verhal- Zeuge Dr. Werner Ader: Könnte ich es noch mal ten. kurz lesen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die haben die Rechts- und Fachaufsicht, NEN): Ja. soweit ich weiß. Es sei denn, Sie wollen das jetzt grundsätzlich infrage stellen. Das würde einiges (Dem Zeugen werden Unterlagen vorgelegt) erklären.

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe im Zuge der Also, wenn Sie eine Weisung bekommen, die da Vorbereitung auf die heutige Zeugenvernehmung vor Ihnen auf dem Tisch liegt, würden Sie sagen, dieses Papier gesehen das erste Mal. dass angesichts dieser Weisung Ihre Weltraum- theorie aufrechterhalten werden kann? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Kein Problem. Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, hier liegt vor mir ein Zettel: Zeuge Dr. Werner Ader: Sie können gerne schon weiterfragen. § 2 BNDG enthält die Befugnis zur Verarbeitung aller Informationen, unabhängig davon, ob diese im In- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder Ausland erhoben worden NEN): Nein, Sie müssen das erst lesen, bevor ich sind. das fragen kann.- Gilt die bis heute?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 127 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

So. Und das ist eine Rechtsauffassung. Ob das Das heißt, wenn ich den gesamten Vorgang auf eine Weisung ist, kann ich erst dann sehen, wenn dem Tisch habe, dann kann ich sehen: Wie hat ich das - - das Bundeskanzleramt dieses Schreiben, was im- mer es ist, eingeleitet? Steht da drin: „Weisung, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Anweisung, hiermit weise ich an“? NEN): Das Bundeskanzleramt sagt, das ist eine Weisung. Ich kann Ihnen das nächste Aktenblatt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorlegen. Das ist eine E-Mail; MAT A BK-1/6b. NEN): Herr Dr. Ader, lassen Sie es uns doch mal Aber es ist interessant, dass Sie das nicht als ganz schlicht probieren. Kennen Sie dieses Weisung erkennen als derjenige, der dafür zu- Schriftstück? ständige ist. Zeuge Dr. Werner Ader: Dieses Schriftstück habe Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, ich ich vor ein paar Tagen gelesen. kann ein Dokument - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. So. Als was ordnen Sie das denn ein? NEN): Das erklärt natürlich einiges. Zeuge Dr. Werner Ader: Das, was ich hier sehe, Zeuge Dr. Werner Ader: Ich möchte das jetzt ist eine Rechtsauffassung, die das Bundeskanzler- schon, auch weil ich hier zur vollständiger und amt - - Gibt eine Auffassung. wahrheitsgemäßer Aussage verpflichtet bin, rich- tigstellen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Eine Auffassung. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, in der Tat. Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist bis jetzt eine Auffassung. Zeuge Dr. Werner Ader: Eine Weisung sagt: Ihr verhaltet euch wie folgt. - Die kann zum Beispiel Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- darin bestehen, zu sagen: Wenn ihr in eine Be- NEN): Und würden Sie sagen, die Auffassung der sprechung geht, folgt ihr folgender Rechtsauffas- Rechts- und Fachaufsicht Ihres Hauses - sung. Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, Sie sagen mir: Die Darstellung von Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mareike - wie heißt sie? ich weiß es immer gar NEN): - bitte unterbrechen Sie mich nicht - ver- nicht, ohne dass ich das jetzt vorliegen habe -, pflichtet Sie irgendwie, sich mit dieser Rechts- von dieser Person, die die E-Mail geschrieben auffassung auseinanderzusetzen, vielleicht sogar hat, dass das eine Weisung ist, das bestreiten Sie sie einzuhalten unter bestimmten Umständen? hier? Zeuge Dr. Werner Ader: Selbstverständlich tut Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann aus dem Blatt, sie das, Herr Abgeordneter. Aber jetzt bitte noch das mir bis jetzt vorgelegt wurde, nicht erkennen, einmal: Ich kann aus diesem Zettel hier bis jetzt, was jetzt darin genau gesagt wurde. Das ist aus dieser Kopie nicht erkennen, was genau das Blatt - - Bundeskanzleramt angewiesen hat. Es ist häufig so, dass man verschiedene Rechtsauffassungen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diskutiert. NEN): Lesen Sie es doch einmal vor. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, das NEN): So. Passen Sie auf. Ich habe Ihnen ja Blatt ist erkennbar Blatt 5 eines längeren Vorgangs. 34 gegeben. Da steht - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 128 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Dr. von Notz. Kommunikationsdaten von Aus- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ländern im Ausland sowie dazu- NEN): Frau Vorsitzende, ich orientiere mich zum gehörige Metadaten erhebt der Ende. - So. Blatt 34. Und das ist Mareike Bartels, BND im Rahmen seiner Auf- tragserfüllung gemäß § 1 Abs. 2 die da schreibt. Und vielleicht können Sie das BNDG. Diese personenbezogenen mal vorlesen, was die schreibt. Daten werden gemäß § 2 BNDG entsprechend dem BNDG ver- Sehr geehrte Damen und Herren, arbeitet. … Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist die Mail vom NEN): Ja. Und dann geht‘s weiter. 5. August, 11.03 Uhr. Zeuge Dr. Werner Ader: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Korrekt. Übermittlungen auch personen- bezogener Daten von Nichtgrund- Zeuge Dr. Werner Ader: rechtsträgern (insbesondere Aus- ländern im Ausland) erfolgen an … wie mit Bezug soeben bespro- ausländische öffentliche Stellen chen, stellt sich aus Sicht des auf der Grundlage der gesetz- BKAmtes die rechtliche Situation lichen Übermittlungsbestimmun- wie folgt dar: gen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nur zu. Weiter. NEN): Und dann?

Zeuge Dr. Werner Ader: Zeuge Dr. Werner Ader:

Die Übermittlung von Aufkom- Dabei handelt es sich insbeson- men, das dem Geltungsbereich des dere um die Regelung des § 9 Art. 10 GG unterfällt, erfolgt durch Abs. 2 BNDG i. V. m. § 19 Abs. 3 den BND an ausländische öffent- BVerfSchG. Nach § 19 Abs. 3 liche Stellen ausschließlich auf BVerfSchG darf der BND perso- der Grundlage des G-10-Gesetzes. nenbezogene Daten an ausländi- sche Stellen übermitteln, wenn Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Übermittlung zur Erfüllung NEN): Ausschließlich. seiner Aufgaben oder zur Wah- rung erheblicher Sicherheitsinte- ressen des Empfängers erforder- Zeuge Dr. Werner Ader: Soweit wir im Bereich lich ist. In einer Weisung - des G 10 sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): In einer Weisung. NEN): Ja. Ja. Zeuge Dr. Werner Ader: - danach habe auch ich Zeuge Dr. Werner Ader: Sagt ja diese Mail expli- gesucht, Herr Abgeordneter - zit. des BKAmtes an den BNDG Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und dann geht‘s weiter.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 129 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

- hier steht BND-Gesetz, in nehme an, an den (Dr. Konstantin von Notz BND - (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So ein von 1995 ... wird explizit ausge- Schwachsinn!) führt, dass bei der Übermittlung von Informationen, unabhängig Die CDU. davon, ob diese im In- oder Aus- land erhoben wurden, stets die Nina Warken (CDU/CSU): Die ist ja leider auch §§ 9, 10 BDNG … zu beachten dem Wählerwillen geschuldet - oder zum sind. Glück -, die Zeitverteilung.

So, das ist eine Weisung - einwandfrei. Aber Sie Herr Ader19, Sie haben ja schon gesagt, dass Sie hatten mir vorhin nur diesen - - einige Sachverhalte nicht aus eigener Wahrneh- mung betrachten können; aber ich würde auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gerne die Gelegenheit nutzen, einfach einige NEN): Das ist ja das Blatt, auf das Frau Bartels Dinge mit Ihnen zu besprechen, um es auch verweist. rechtlich einordnen zu können, Ihre Auffassung noch einmal zu hören bzw. auch zu versuchen, Zeuge Dr. Werner Ader: Den Zusammenhang die, sage ich mal, Entwicklungen im August 2013 von - - noch mal zu beleuchten.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir hatten ja vorhin schon das Kurzgutachten NEN): Den haben wir ja jetzt Gott sei Dank herge- zur Weitergabe von Metadaten an AND bespro- stellt. chen, das dann im BND erstellt wurde bzw. - - Ja. Die Rechtsauffassung, die darin beschrieben Zeuge Dr. Werner Ader: Wunderbar. wurde, stieß ja im zuständigen Referat 601 des Kanzleramts auf Widerspruch. Es entstand ein Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Non-Paper im August 2013, in dem das Referat NEN): Jetzt kommt die alles entscheidende Frage, schreibt - ich zitiere -: Herr Dr. Ader. Die ... Ansicht, dass es sich bei Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: den erfassten Metadaten (Verbin- Herr Dr. - - dungsdaten, insb. auch Rufnum- mern, Mailadressen etc) nicht um Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- personenbezogene Daten handle, NEN): Nein, das darf ich jetzt bitte - - ist rechtlich nicht vertretbar. So erscheint ausgeschlossen, dass kein einziges der angefallenen Da- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Ich ten zu keinem Zeitpunkt durch würde nur noch darauf hinweisen, dass es weit den BND auf eine bestimmbare überzogen ist. Wir machen ja noch eine Runde. natürliche Person zurückgeführt werden könnte ... Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. Dann unterbrechen Sie mich. Es ist Weiter heißt es dann: sinnwidrig hoch zehn, und diese ganze Zeitver- teilung ist unfassbar, aber bitte schön. Insbesondere schließt die erforder- liche technische Aufbereitung des Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: im Kurzgutachten beschriebenen Können wir jetzt im Moment nicht ändern. - Rohdatenstroms die Bestimmbar- keit gerade nicht aus. So ist die

19) Protokoll korrigiert, siehe Anlage .

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 130 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

technische Aufbereitung nichts Das würde ich auch gar nicht bestreiten. Ich Anderes als die tatsächliche Um- denke, es kommt tatsächlich auf das einzelne setzung des rechtlichen Erforder- Datum an, und ich bleibe da bei meiner Beurtei- nisses der Bestimmbarkeit. lung, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass bei einem Großteil der Daten, aus denen sich Also im Prinzip eine konträre Auffassung zu eben nicht der Name des Betroffenen ergibt, diese dem, was man in dem Gutachten festgehalten Bestimmbarkeit nicht vorliegt. Dann ist es aller- hatte. dings nach Bundesdatenschutzgesetz so: Dann haben wir kein personenbezogenes Datum. Wie bewerten Sie die Aussage? Gehen die Mit- arbeiter des Kanzleramts da von richtigen Tat- Das stellt nicht in Abrede, dass es sehr wohl per- sachen aus, wenn sie der Auffassung sind, die sonenbezogene Daten im Einzelfall sein können; Personenbeziehbarkeit der übermittelten Daten aber das müsste man sich eben anschauen. Und könne doch gegeben sein? ich verstehe dieses Schreiben des Bundeskanzler- amtes auch nicht als Widerspruch dazu. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich will jetzt nicht Zeit schinden; ich würde trotzdem darum bitten, Nina Warken (CDU/CSU): Okay, dann verstehe dass ich den Text bekomme. ich das so, dass die Auffassung, die dann seitens des BND, auch aus Ihrem Referat oder von Ihnen, Nina Warken (CDU/CSU): Sie kriegen es natür- wenn ich es richtig verstanden habe, kundgetan lich. wurde, die ist, dass es eben mangels Bestimmbar- keit kein personenbezogenes Datum ist, wenn ich Zeuge Dr. Werner Ader: Aber wenn wir abstrakt jetzt die Erfassung in Bad Aibling und die Wei- jetzt über die Rechtsfrage diskutieren: Sicher ist tergabe an die NSA anschaue, und deswegen - - auch für mich als Juristen die Auffassung des Bundeskanzleramtes nachvollziehbar, ja. Das Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wenn ich das noch heißt nicht, dass ich sie teilen muss. - Es sei zusätzlich erläutern darf, was ich gesagt habe. denn, es ist eine Weisung; dann würde ich sie aber vertreten. Nina Warken (CDU/CSU): Ja.

(Dem Zeugen werden Zeuge Dr. Werner Ader: Ich verstehe diesen Text Unterlagen vorgelegt) aus dem Bundeskanzleramt so: Man wendet sich Nina Warken (CDU/CSU): Ich sage noch einmal dagegen, pauschal den fraglichen erfassten Meta- für die anderen die Materialnummer: Das ist daten den Charakter eines personenbezogenen MAT A BK-1/6b, Blatt 82, Non-Paper des Referats Datums abzusprechen. Das sehe ich genauso. 601. Aber man müsste sich tatsächlich für die einzel- nen Daten dann genau anschauen: Wie ist es im Zeuge Dr. Werner Ader: Na ja, wenn man sich konkreten Einzelfall? das jetzt hier genau, Wort für Wort, vornimmt, was das Bundeskanzleramt geschrieben hat, dann Nina Warken (CDU/CSU): Auch für die einzel- stellen die ja erkennbar darauf ab, dass eine Aus- nen Daten, die dann in Bad Aibling weitergege- sage - Metadaten sind niemals personenbezogene ben wurden? Weil da, dachte ich, ist die Auffas- Daten - unzutreffend ist. Das ist sicher richtig. Er sung insgesamt die, dass es keine personenbezo- schreibt ja hier: genen Daten seien. Oder würden Sie dafür auch die Unterscheidung machen wollen? So erscheint ausgeschlossen, dass kein einziges der angefallenen Da- Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn dort extra ein - so ten zu keinem Zeitpunkt ... auf habe ich es verstanden - aufwendiger Filter- eine bestimmbare natürliche Per- mechanismus installiert wird, dann versucht son zurückgeführt werden könnte. man ja gerade, einen Sicherheitsmechanismus

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 131 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

einzubauen, der es erlaubt, kritische Daten, zum solcher Daten? - Ich persönlich fand und finde Beispiel, weil sie personenbezogen sind, weil ich den § 1 Abs. 2 BNDG als die passendere Grund- also in den Daten einen Anhaltspunkt dafür lage, jedenfalls für Bad Aibling. Dass man über habe, den ich auch entsprechend erkennen kann, diesen Punkt heftig diskutiert und es viele Ideen dass es sich hier um einen Personenbezug han- gibt und viele gut nachvollziehbare, viele sehr delt, auszufiltern; also gerade kein unkritisches gut nachvollziehbare Ideen, die anderes als die Durchschieben von Daten ohne Rücksicht auf de- Weltraumtheorie beinhalten, würde ich über- ren Eigenarten. haupt nicht in Abrede stellen. Aber wenn es um die Frage geht: „Ist ein Verhalten rechtmäßig?“, Nina Warken (CDU/CSU): Ich hatte ja vorhin und ich als Jurist, auch als Jurist des Hauses schon einmal aufgeworfen, dass bei mir der Ein- BND, eine rechtliche Betrachtung finde, die sagt: druck entstanden ist, dass man da im August „Die halte ich für zutreffend“, dann halte ich es 2013 eine gewisse Betriebsamkeit an den Tag ge- auch für meine Pflicht, das zu äußern und mit zu legt hat, und sich das so ein bisschen darstellt vertreten. Das ist für mich ein ganz normaler Pro- aus den Akten, als ob man sich da eine Idee oder, zess. sage ich mal, eine Rechtsgrundlage überlegt hat. Es gibt zum Beispiel eine E-Mail des Mitarbeiters Nina Warken (CDU/CSU): Ich habe noch eine J. S., der aus dem Referat TAG kommt, vom weitere E-Mail in den Akten gelesen, die jetzt 2. August 2013, und er schreibt, dass der Lei- auch wieder eher auf eine Betriebsamkeit oder tungsstab des BND-Präsidenten die Frage stelle, Aktionismus hindeuten würde - aber vielleicht auf welcher Rechtsgrundlage Metadaten und In- können Sie auch das erläutern -, und zwar auch haltsdaten in Bad Aibling vom BND an die NSA eine E-Mail vom 5. August 2013. Das ist MAT A weitergeleitet werden. BND-1/6a, Blatt 135 ff. Der Verfasser schreibt: eine von ihm, also dem Verfasser, und dem BND- Und er schreibt dann weiter, wörtlich: Präsidenten - ich zitiere - „am Wochenende grob entwickelte Argumentationslinie“, die entspre- Die Idee ist, das Ganze auf der chend angereichert werden solle. Und diese Rechtsgrundlage des § 1 Abs. 2 grobe Linie, so wie ich es verstanden habe, bildet BNDG zu fußen und nicht auf der ja nach wie vor das Rückgrat der vom BND ver- Übermittlungsnorm des § 9 tretenen Rechtsauffassung, die auch Sie dargelegt BNDG. haben, zur Routineerfassung in Bad Aibling und zur Datenübermittlung. Also, das klingt da für mich schon wieder, als ob es eine neue Idee gewesen sei, als ob man sich da Was mir nicht ganz klar ist - immer noch nicht -, erstmals Gedanken gemacht hat oder eben einen ist, warum es nötig war, dass der Präsident mit Weg gesucht hat, wie man das darstellen kann. einem anderen Mitarbeiter am Wochenende eine Ist das richtig? War das auch Ihr Eindruck, als Sie Argumentationslinie entwickeln musste. Hätte in das Referat kamen, dass man sich da erst 2013 das nicht schon längst geklärt sein müssen durch Gedanken darüber gemacht hat, oder interpretie- die Juristen, durch Ihre Abteilung? re ich das falsch? Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann jetzt Zeuge Dr. Werner Ader: Also, auch Juristerei lebt nicht in die persönlichen Gedankengänge der ja von Ideen. Ich habe, als ich Anfang Dezember Leitung oder seines Mitarbeiters hier einsteigen. 2013 in das Rechtsreferat gekommen bin, nicht Darüber könnte ich nur spekulieren. Es ist aber einen Eindruck gehabt, der sagte: Man macht sich aus meiner Sicht auch etwas ganz Normales, jetzt plötzlich zum ersten Mal über etwas Gedan- dass, wenn man vor einem Sachverhalt steht und ken oder nicht. - Das war keine Frage, mit der ich dessen rechtliche Bewertung überlegt, zu ver- mich auseinandergesetzt habe, sondern für mich schiedenen Zeitpunkten auch verschiedene Ideen war, als das Thema aufkam, die Frage: Gut, wie dazu entwickelt werden. Ich denke, das passiert ist denn die Rechtsgrundlage für die Weitergabe überall dort, wo Dinge rechtlich bewertet werden

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 132 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

müssen, sollen. Dass nun gerade der oberste Chef ja eher für die Diskussionsfreude in der Behörde eine Idee gehabt hat, das spricht ja nun in keiner BND, wenn sich alle daran beteiligen. Weise gegen die Idee, aus meiner Sicht. Nina Warken (CDU/CSU): Ich wollte auch nicht Nina Warken (CDU/CSU): Also, Sie würden jetzt sagen, dass Betriebsamkeit generell was Schlech- meinen Eindruck nicht bestätigen, dass man da tes ist. irgendwas gesucht hat und am Wochenende ge- strickt hat und sich was überlegt hat, sondern das Aber dann hätte ich im Moment keine weiteren ist die Meinung auch schon vorher gewesen bzw. Fragen. - Vielen Dank. Sie sind jetzt davon überzeugt, dass die Rechts- auffassung richtig ist? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zu den Zeuge Dr. Werner Ader: Ich würde jetzt gern ir- Fragen der Fraktion Die Linke. Frau Kollegin gendwas dazu sagen, aber - - Das, was an diesem Renner. Wochenende in den Köpfen der Beteiligten vor- gegangen ist - -Also, dazu fühle ich mich beim Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- besten Willen nicht aussagefähig. Da bin ich jetzt zender. - Die Weltraumtheorie hängt ja ganz we- ein bisschen - - Da fühle ich mich hilflos. sentlich mit der Praxis in Bad Aibling zusam- men. Deswegen würde ich gerne noch mal dort Nina Warken (CDU/CSU): Ich will Sie auch nicht beginnen. Welche Verkehre werden denn vom irgendwie in die Enge treiben. BND mithilfe der Satellitenempfangsanlage in Bad Aibling aufgeklärt? Zeuge Dr. Werner Ader: Noch mal: Ich halte es im Grundsatz für etwas ganz Normales, dass man Zeuge Dr. Werner Ader: Also, soweit ich weiß, sagt: Wir diskutieren hier ein eminent wichtiges geht es dort um bestimmte Krisenregionen, und Thema für den Dienst, gerne auch in der Bewer- es geht darum, den Downlink von Satelliten dort tung, es geht um Kronjuwelen. Und man überlegt technisch zu erfassen. dann: Wie ist das, was wir dort machen, rechtlich zu bewerten, und gibt es Bewertungen, die viel- Martina Renner (DIE LINKE): Und wie gelangen leicht noch nicht getroffen worden sind, oder Ar- die Verkehre nach Bad Aibling? gumente? Kann da etwas Neues kommen? Ja, auch das passiert, glaube ich, gelegentlich sogar Zeuge Dr. Werner Ader: Die technische Erfas- in der Juristerei, und ganze juristische Fachzeit- sung muss ja an dem Medium ansetzen, über das schriften leben davon, dass Leute mit neuen diese Verkehre laufen. Dieses technische Me- Ideen um die Ecke kommen. Also, daran finde dium ist geprägt in seiner ganzen Gestaltung ich weder vom Verfahrensablauf noch vom Inhalt dadurch, dass Satelliten - - also im Weltraum, her etwas Bedenkliches. etwas kommuniziert wird. Davon lebt dieses Me- dium. Dementsprechend ist die Infrastruktur. Ich Vielleicht noch ein Wort zu dem Thema Betrieb- nehme an, dementsprechend sind die Betreiber- samkeit und Aktionismus. Ich habe es vorhin verträge, die Kosten und all das gestaltet. schon mal kurz angedeutet: Betriebsamkeit ist ja per se - - So sollte es sein; es sollte betriebsam zu- Martina Renner (DIE LINKE): Also, die Signale gehen. Natürlich sind auch häufig in diesen Fra- werden in Bad Aibling empfangen und aufge- gen relativ kurzfristig dann Diskussionen gefor- zeichnet? dert; oder auch noch mal der Aufruf: Bitte, wer jetzt eine Idee hat - Brainstorming -, lege sie auf Zeuge Dr. Werner Ader: Die Signale werden von den Tisch. - Das kann sich auch aktuell aus einer Bad Aibling aus beobachtet und registriert. Na- Situation heraus entwickeln. Das ist ein ganz nor- türlich steht die Anlage in Bad Aibling, in maler Vorgang, aus meiner Sicht, und es spricht Oberbayern und damit in Deutschland. Es ist

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 133 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

aber aus meiner Sicht schon eine insofern atypi- (Hans-Christian Ströbele sche Situation gegenüber einem normalen Satelli- (BÜNDNIS 90/DIE tenempfang. Wenn Sie zu Hause eine Satelliten- GRÜNEN): Das haben wir schüssel haben, dann ist halt ein Satellit relativ schon gelernt! Das ist hier schon bekannt!) direkt über uns, den jeder mit dieser Schüssel auffangen kann. In Bad Aibling haben wir eine - Es ist bekannt. Das heißt - - sehr aufwendige, sehr komplexe Technik, die es ermöglicht, gerade unter ganz anderen Umstän- Martina Renner (DIE LINKE): Es geht mir darum: den diese Signale zu erfassen. Diese Technik - so Die Erfassung findet in Bad Aibling statt. habe ich es verstanden - fokussiert sich eben auf das, was oben am Satelliten passiert, - (RA Johannes Eisenberg: Nicht alles, was bekannt Martina Renner (DIE LINKE): Ja - - ist, kann in öffentlicher Sit- zung erörtert werden!) Zeuge Dr. Werner Ader: - auf das, was normaler- weise - - - Hallo!

(Zuruf) Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich erläutere es gern, ob öffentlich oder nicht öffentlich. Martina Renner (DIE LINKE): Wir kommen jetzt dahin. - Also: Ich habe bis jetzt gedacht: Da sind (Der Zeuge blickt zu RD die Schüsseln in Bad Aibling, die empfangen die Philipp Wolff (BK)) Signale, und die werden dann in Bad Aibling aufgezeichnet. Oder gibt es am Satelliten einen RD Philipp Wolff (BK): Die grundsätzliche Erfas- Erfassungskopf, und dort werden die Daten er- sung war in öffentlicher Sitzung. Es ist schon fasst? okay.

Zeuge Dr. Werner Ader: Nein, die Anlage als sol- Zeuge Dr. Werner Ader: Das heißt, es muss zum che, in allen ihren physisch greifbaren Teilen, Beispiel überwunden werden, wenn atmosphäri- steht natürlich in Bad Aibling. sche Störungen auftreten, es muss unter Umstän- den korrigiert werden, wenn der Satellit, weil er - Martina Renner (DIE LINKE): So, damit ist doch so hat man mir das erläutert - schon lange im eigentlich klar, wo die Daten erfasst werden: Weltraum ist, nicht mehr wirklich geostationär nicht im Weltraum, sondern in Bad Aibling. Oder über einem bestimmten Fixpunkt ist, sondern liegt jetzt Bad Aibling im Weltraum? man muss ihm folgen. Also, die Satellitenschüs- sel folgt in ihrer Ausrichtung dem Signalgeber, Zeuge Dr. Werner Ader: Das würden vielleicht der Signalquelle. All das ist - aus meiner Sicht - manche Leute behaupten außerhalb Bayerns, aber in seiner Komplexität und in der technischen für mich ist Bad Aibling immer noch in Deutsch- Konfiguration etwas anderes, als wenn ich eine land; keine Frage. - Aber jetzt ganz im Ernst. normale Satellitenschüssel oder irgendeine han- delsübliche, kommerziell frei verfügbare Emp- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich meine das fangsanlage habe, wo mir das Zeug sozusagen auch ganz ernst. einfach reinfällt. Das tut es nicht, weil die Posi- tion von Bad Aibling so in Relation zum Horizont Zeuge Dr. Werner Ader: Die Anlagen dort müs- steht, dass man nur mit einer sehr, sehr an- sen technisch so konfiguriert sein, dass sie das, spruchsvollen Technik überhaupt mitbekommt was am Satelliten oben passiert, erfassen können. und auch in der verlässlichen Signalqualität die Sie müssen zum Beispiel - ich weiß nicht, ob wir Dinge dort - deshalb verstehe ich es so - am Satel- das jetzt im Bereich der öffentlichen Sitzung er- liten abholt, weil auf dem Weg dorthin sind alle läutern können; sonst bitte ich um - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 134 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

möglichen technischen Parameter zu berücksich- nisch und folgen dem, was im Weltraum stattfin- tigen, und darauf muss ich mich einstellen. det. Sonst würde dort die Erfassung nicht funk- tionieren können. Wir hätten keine - - Also, die Anlage insgesamt folgt für mich dem: Was passiert an der Signalquelle? Dass von der (Hans-Christian Ströbele Signalquelle ein Weg auf die Erdoberfläche zu- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rückgelegt werden muss, das liegt in der Natur NEN): Wo hole ich mir des Satelliten; aber die Anlage als solche unter- meinen Sonnenbrand? Auf der Erde oder in der scheidet sich eben von herkömmlicher Satelliten- Sonne? - Heiterkeit beim empfangstechnik dadurch, dass ich ganz spezi- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fisch abstelle und fokussiere auf das, was dort und bei der LINKEN) oben im Weltraum passiert. Und das prägt für mich nachher auch in der rechtlichen Bewertung - Da habe ich jetzt den rechtlichen Zusammen- den Sachverhalt. hang noch nicht richtig - -

Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe jetzt im- Martina Renner (DIE LINKE): Also, die Erfas- mer noch nicht verstanden, warum aus Ihrer Mei- sung - - nung heraus die Erfassung dann plötzlich am Sa- telliten stattfinden soll, nur weil die Schüsseln in Zeuge Dr. Werner Ader: Noch mal, Frau Abge- Bad Aibling dem Satelliten folgen. Das ist mir ordnete: Ich kann nachvollziehen, dass jemand nicht klar, weil zum Beispiel bei der Kabelerfas- sagt: Mit der Weltraumtheorie - - finde ich so sung ist es ja auch so, dass man gegebenenfalls nicht überzeugend. - Aber ich meine, wenn man modifiziert. Man sucht sich bestimmte Strecken genauer differenziert, nach dem, was wir dort heraus, man stellt dann fest: Die sind es gar machen, und eine herkömmliche Erfassung von nicht, da sind gar nicht die Verkehre drauf, die Signalen von Satelliten terrestrisch auf der Erd- ich erwartet habe. Dann wird gesagt: Die wieder oberfläche als Vergleichsmaßstab nimmt, ist das, abschalten, die wieder anschalten. - Das ist ja was in Bad Aibling passiert, schon ganz anders; nichts anderes. Wir kennen das ja von „Eikonal“ weil dort ist der Schwerpunkt wirklich darauf bis ins Detail, wie das gelaufen ist. So stelle ich ausgerichtet und die Technik und die Investitio- mir das auch da vor. Also, man sagt irgendwie: nen, die Infrastruktur, das auch zu korrigieren, Jetzt ist das Signal schwach; da müssen wir ein was auf dem Weg dorthin an Störung oder - - bisschen nachruckeln, irgendwie. Aber trotzdem 20immer hineinkommt. Das heißt, man will das, findet doch die Erfassung in Bad Aibling statt. was dort oben am Satelliten rausgeht, erfassen. Also, das Nachführen des Erfassungskopfes, sozusagen der Quelle, hat doch nichts damit zu Martina Renner (DIE LINKE): Ja, in Bad Aibling. tun, dass es plötzlich im Weltraum ist. Wie ge- sagt, das ist total abwegig. Genauso - - Wie gesagt, Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, - - beim Kabel ist es ja auch nicht statisch, sondern da führt man ja auch permanent nach. Martina Renner (DIE LINKE): Ich sehe immer noch nicht den Unterschied. Also, es gibt Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, es ist keine - - selbstverständlich Ihre Wertung, zu sagen, dass das total abwegig ist. Ich persönlich finde es mit- Zeuge Dr. Werner Ader: Dann halten wir einen nichten total abwegig, aus den gerade dargestell- Dissens fest. ten Gründen. Wir konzentrieren uns dort tech- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Also, sozusa- gen, das ist ein Medium, das im Weltraum ist,

20) Ergänzung des Zeugen: "was auch", siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 135 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

über das Signale von der Erde nach der Erde ver- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich will es mittelt werden - ja? Und ich erfasse auf der Erde nur einmal sagen. - Sie sagten eben, es geht da- diese Signale, die aber auch von der Erde stam- rum, die Praxis rechtlich nachzuvollziehen. Das men und nicht vom Mars - ja? Also, dann wäre ist, glaube ich, genau das Problem. Es geht da- ich bei Ihnen. - So. Aber das kommt von der rum, dass es eine Praxis gibt, die echt hakelig ist, Erde. Es hat also immer den terrestrischen Bezug, aber die gewollt ist, und die muss rechtlich nach- und die Verarbeitung, aber auch die Erfassung vollzogen werden. - Dann verbannt man die Er- findet in Deutschland statt. fassung in den Weltraum; dann passt es. Also: „Was nicht passt, wird passend gemacht“, ist das Zeuge Dr. Werner Ader: Das Argument überzeugt Motto. Aber es ist tatsächlich - - Die Ausgangs- mich jetzt, meinerseits, rechtlich deshalb nicht: frage, die zu beurteilen ist, ist, glaube ich: Warum Natürlich kommt alles von der Erde. Wir empfan- sind die Umstände so, dass die Praxis rechtlich gen da ja keine Signale von Außerirdischen. nachvollzogen werden muss? Man könnte ja auch die Praxis ändern. Warum wird die Praxis nicht Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das haben wir geändert? gehofft bis jetzt. Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, noch Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ein terrestrischer mal: Ich habe hier erläutert, was ich mit der For- Bezug ist immer. Der Bundesnachrichtendienst mulierung „die Praxis nachvollziehen“ - - Nur, ist eine terrestrische Behörde, ob in Pullach oder weil ich gesagt habe: „die Praxis abzubilden“. in der Chausseestraße. Das alleine kann ja recht- Das war, glaube ich, meine Formulierung. lich nicht den Unterschied machen, wenn unsere gesetzliche Grundlage ausdrücklich eine Diffe- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, rechtlich renzierung macht: im Geltungsbereich dieses Ge- nachzuvollziehen, die Praxis rechtlich nachzu- setzes, also im Territorialbereich der Bundes- vollziehen. republik, oder nicht. Und ich versuche, dieser Differenzierung, die das Gesetz trifft, auch in die- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, rechtlich nachzuvoll- sem Sachverhalt gerecht zu werden und nachzu- ziehen, was dort in der Praxis passiert. Das ist ein vollziehen: Wie könnte man sie rechtlich umset- ganz normaler juristisch-handwerklicher Prozess. zen? Dass man darüber streiten kann - noch Ich kann nichts daran erkennen, was in irgend- mal -, das ist völlig unbestritten. Ich will auch einer Weise kritikwürdig wäre; denn das ist das nicht bestreiten, dass der Bundesnachrichten- laufende Geschäft der Juristen in allen Bereichen. dienst mit dieser Weltraumtheorie eine im Mo- Ich sage: Ich habe einen bestimmten Sachverhalt, ment nicht ganz mehrheitsfähige Rechtsauffas- eine Praxis, wie auch immer. Und ich überlege sung vertritt, aber auch das ist in der Juristerei in mir: Wie ist sie rechtlich zu werten? Möglicher- keiner Weise ungewöhnlich. weise vertrete ich pro domo eine Auffassung, über die man streiten kann. - Das ist evident. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe den Aber es ist sicherlich nicht methodisch vorwerf- Eindruck, dass wir in dieser Runde noch keinen bar - aus meiner Sicht -, wenn wir zu einer Be- Konsens erreicht haben und auch nicht erreichen wertung dieser Praxis kommen, mit den darge- werden. stellten Argumenten, um dann zu sagen: Deshalb halten wir das für rechtmäßig. Martina Renner (DIE LINKE): Ich will jetzt noch mal eine Sache - - Weil vorhin der Begriff fiel: Ja, wir bewegen uns - ich weiß nicht mehr genau, wie es war - außer- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssen halb des Rechts. - Nein, auch da bewegen wir uns jetzt nur wechseln. nicht außerhalb des Rechts.21 Ob wir die dann in der Tat nicht mehr so präzise ausformulierten

21) vgl. Anmerkung des Zeugen, siehe Anlage 1.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 136 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Tatbestandsvoraussetzungen des BND-Gesetzes, Christian Flisek (SPD): Bestimmt! weil sie nicht mehr gelten, ersetzen durch eine vielleicht rechtlich schwieriger zu fassende Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn der Sachverhalt, Grundsatznorm wie das Rechtsstaatsprinzip, ist zu dem ich aus eigener Anschauung nichts sagen eine andere Frage. Damit müssen Juristen umge- kann - aber ihn abstrakt rechtlich bewerten -, so hen, tun auch wir; aber wir wollen uns mitnich- ist, dass ein Mitarbeiter eines ausländischen ten im rechtsfreien Raum bewegen. Dienstes in der Bundesrepublik ohne Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes jemanden be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen fragt, dann erhebt er dort Informationen, und der Dank. - Jetzt müssen wir aber wechseln und kom- Bundesnachrichtendienst muss sich sicher fragen men zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. lassen: Auf welcher Rechtsgrundlage kommt es dazu - so ist der Fall von Ihnen gedacht -, dass Christian Flisek (SPD): Ja. - Sie hatten - - Oder ihr zulasst, dass der Mitarbeiter des ausländi- ich fange mal anders an. Wir haben immer noch schen Dienstes das macht? den Komplex mit dem geheimen Krieg, und wir hatten hier Zeugen von diesem HBW, dem Christian Flisek (SPD): Ja, genau. Auf welcher Hauptamt für Befragungswesen, gehabt - Zeugin Rechtsgrundlage ist das denn zulässig? insbesondere. Das war alles andere als erquick- lich. Aber zumindest haben wir erfahren, dass Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bin mit dem Fall teilweise wohl Mitarbeiter von US-Diensten noch nicht befasst worden. Grundsätzlich gilt eigene Befragungen von Flüchtlingen durchfüh- dann, wenn der Bundesnachrichtendienst sich ren und es auch alleine passiert, also ohne dass das Verhalten - deshalb meine ich, es ist ein Fall ein BND-Mitarbeiter anwesend ist. Ist Ihnen das der Informationserhebung - dieses ausländischen bekannt? Mitarbeiters zurechnen lassen müsste, dann wäre es wie eine eigene Informationserhebung des Zeuge Dr. Werner Ader: Aus den Vernehmungen BND. hier im Ausschuss. Christian Flisek (SPD): Genau. Und es wäre dann Christian Flisek (SPD): Ich subsumiere das jetzt auf welcher Rechtsgrundlage? mal. Wenn bei diesen Befragungen ein Flüchtling Daten, personenbezogene Daten, mitteilt, an Zeuge Dr. Werner Ader: Das käme jetzt darauf einen Mitarbeiter eines US-Dienstes, dann ist das an, wie das gestaltet ist; aber wahrscheinlich doch eine Datenübermittlung - oder? wäre es § 3 BNDG.

Zeuge Dr. Werner Ader: Es ist zunächst mal aus Christian Flisek (SPD): Gut. Und wenn man sich meiner Sicht eine Datenerhebung. jetzt mit diesem Gedanken anfreundet, dass der BND sich dieses Verhalten des anderen Mitarbei- Christian Flisek (SPD): Kann man machen, kann ters, des Mitarbeiters eines anderes Dienstes zu- man so sehen; aber es ist auf jeden Fall, sage ich rechnen lassen müsste, als wäre das wie eine mal, in dem Fall ein Informationskenntnisstand eigene Erhebung; jetzt hat aber der andere Mit- bei dem US-Mitarbeiter, den er ja vorher nicht ge- arbeiter diese Daten, die der BND gar nicht habt hat, und das ist etwas, was sozusagen ur- kennt - er weiß gar nicht, was der da hat -, und sprünglich ja organisatorisch im Organisations- die übermittelt er jetzt, nämlich an seinen Dienst bereich des BND stattfindet, weil ohne Zustim- in den USA. Wie bewerten Sie denn das? mung des BND oder der HBW-Leiterin oder wem auch immer hätte dieser US-Mitarbeiter ja keinen Zeuge Dr. Werner Ader: Also, abstrakt über Zugang zu dem Flüchtling. einen Sachverhalt sprechend: Dann wäre es ja eine Information, erhoben vom Bundesnachrich- Zeuge Dr. Werner Ader: Vielleicht meinen wir tendienst, die übermittelt würde. dasselbe.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 137 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Mhm. recht schlüssig geworden, wie oft das der Fall war und woran das dann eigentlich lag. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kenne den Sachver- halt so nicht. Von daher - - Zeuge Dr. Werner Ader: Also, dazu kann ich nichts sagen. Christian Flisek (SPD): Auch wenn der Bundes- nachrichtendienst gar nicht weiß, was da über- Christian Flisek (SPD): Nein, aber als zuständiger mittelt wird und wer da übermittelt? Jurist für Datenübermittlung frage ich Sie: -

Zeuge Dr. Werner Ader: Deshalb tue ich mich - - Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann nur über einen oder kann ich jetzt nicht mit vollem Enthusias- abstrakten Fall abstrakt - - mus sagen: Aha, das muss ein Fall der eigenen Informationserhebung sein. Man müsste sich jetzt Christian Flisek (SPD): - Ist das dann eine Daten- anschauen - - übermittlung des BND, oder ist das eine Daten- übermittlung des anderen Dienstes? Christian Flisek (SPD): Könnte man nicht einfach sagen: Das ist völlig rechtswidrig, dass da ein an- Zeuge Dr. Werner Ader: Noch mal: Für mich ist derer im Organisationsbereich des BND, ohne die Ausgangsfrage dabei - deshalb würde ich es dass ein BND-Mitarbeiter dabei ist, solche Befra- gar nicht unbedingt an die Frage: „Erhebung oder gungen durchführt und Daten erhebt und die Übermittlung?“, knüpfen -: Ist der ausländische dann übermittelt? Ist das - - Nachrichtendienstmitarbeiter zu diesem Verhal- ten befugt? Zeuge Dr. Werner Ader: Dafür müsste man erklä- ren: Auf welcher Rechtsgrundlage, aufgrund wel- Christian Flisek (SPD): Ich denke, von seinem cher Vereinbarungen, wie auch immer, wird eigenen Dienst ja. denn dieser Ausländischer-Dienst-Mitarbeiter tätig? Vollzieht sich das in einem rechtlich be- Zeuge Dr. Werner Ader: Gut, das wird in der gründeten Rahmen? Gibt es dazu - Bundesrepublik allein nicht zählen.

Christian Flisek (SPD): Uns nicht bekannt. Christian Flisek (SPD): Genau.

Zeuge Dr. Werner Ader: - Absprachen, Vereinba- Zeuge Dr. Werner Ader: Wir brauchen eine nach rungen? - Mir auch nicht. unserem Recht greifende Rechtsgrundlage.

Christian Flisek (SPD): Noch mal - - Sie verste- Christian Flisek (SPD): Ich frage mal umgekehrt: hen aber die - - Also, es ist ja kein leichtes Pro- Ist der BND-Mitarbeiter befugt, in seinem Organi- blem, das wir hier haben - nicht? sationsbereich einen Ausländischen-Dienst-Mit- arbeiter deutsche Flüchtlinge, also Flüchtlinge in Zeuge Dr. Werner Ader: Es ist nicht trivial. Ohne Deutschland befragen zu lassen? Frage. Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist sicher sehr pro- Christian Flisek (SPD): Nein. Und wir haben hier blematisch. Zeuginnen gehabt, aus diesem Amt für Befra- gungswesen, und die haben zumindest das - - Christian Flisek (SPD): Sie können sich nicht Sie22 haben uns nicht viel gesagt und mitgeteilt; durchringen zu sagen: „Es ist vielleicht rechts- aber das haben sie uns mitgeteilt, dass es dazu widrig“? gekommen sei, immer wieder. Wir sind nicht so

22) vgl. Anmerkung des Zeugen, siehe Anlage 2.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 138 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, da geregelt wurde und im Übrigen dann durch eine müsste ich wissen: Auf welcher zum Beispiel Weisung beendet wurde. Vereinbarungsgrundlage erfolgt das? Ist der Fall beispielsweise so gestaltet, dass ein deutscher Zeuge Dr. Werner Ader: Das spricht, wenn das so Mitarbeiter dabei ist oder dass durch irgendwel- ist, prima facie dafür, dass es einen Rechtsgrund che technischen Vorkehrungen sichergestellt ist, für diese Weisung gab, also man gesagt hat: Das weil das Ganze in einem Objekt stattfindet, auf ist in dieser Form rechtlich nicht zulässig. Ich das wir - - kann das aber nicht beurteilen, ohne Weiteres zu haben. Christian Flisek (SPD): Nein, da ist gar nichts si- chergestellt. Vielleicht einen Hinweis dazu: So, wie ich es verstanden habe, geht die Zusammenarbeit oder Zeuge Dr. Werner Ader: Aber, Herr Abgeordne- überhaupt dieses Instrument der Beschaffung ja ter, was soll ich denn - - auf eine Zeit weit vor Inkrafttreten des BND-Ge- setzes und auch des Volkszählungsurteils des Christian Flisek (SPD): Was wir wissen, ist: Die Bundesverfassungsgerichts zurück. Also, mög- gehen da sogar mit einer anderen Legende rein. licherweise hat das Ganze Anfänge genommen Die sagen ja noch nicht mal: „Hallo, wir sind hier außerhalb des Untersuchungszeitraumes, in der vom BND“, oder: „Wir sind vom Befragungs- man noch keine klare fachgesetzliche Regelung wesen, einem Amt des BND“. „Wir sind von hatte und in der man vielleicht aufgrund be- einer Organisationseinheit im Geschäftsbereich stimmter Umstände gesagt hat: Das ist eine so des Bundeskanzleramtes“, so stellt man sich da enge, auch gegenseitig kontrollierbare Zusam- vor. Das könnte Herr Altmaier auch sein oder menarbeit, dass sie keinen Bedenken begegnet, Herr Fritsche. und sie hat sich - -

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich denke, das würde Christian Flisek (SPD): Da interveniere ich inso- Herrn Altmaier auch nicht gefallen. Das würde fern, als dass ich jetzt mal sage: Ich interessiere mir als Jurist des Dienstes auch nicht gefallen. mich in der Tat auch nur für den Untersuchungs- Ich weiß nicht, welche Vereinbarungen im Vor- zeitraum und beschränke mich darauf. Und da- feld getroffen wurden. Wenn überhaupt keine ge- raufhin haben wir eben diese Aussagen des - - troffen werden, dann ist der Fall, so wie Sie ihn also, dass von 2001 bis zur Auflösung dieser abstrakt schildern, so, dass ein ausländischer Stelle eine solche Praxis wohl stattgefunden hat. Nachrichtendienst auf deutschem Territorium Und da ist ja unstreitig, dass wir eben die von eigene nachrichtendienstliche Tätigkeiten aus- Ihnen gerade geschilderten Rechtsgrundlagen übt. Dann wären wir, denke ich, abstrakt darüber verschiedenster Art - informationelle Selbstbe- nachdenkend, im Bereich: Inwieweit gibt es eine stimmung, Datenschutzgesetze und BND-Ge- Schutzpflicht des Bundesnachrichtendienstes setze - hatten, in ihren jeweiligen Ausgestaltun- oder der Bundesrepublik, vertreten durch den gen. Bundesnachrichtendienst, das zu verhindern? Jetzt müssten wir aber den Sachverhalt ein biss- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. chen näher schildern, und ich müsste wissen: Was gibt es dazu an internen Vorschriften, an Christian Flisek (SPD): Also, wir kommen schon Weisungen, vielleicht aus dem Bundeskanzler- zu dem Ergebnis: Wenn ein anderer, ein Mit- amt? arbeiter eines anderen Dienstes, eine solche Be- fragung vielleicht in Kenntnis, dass er befragt, Christian Flisek (SPD): „Weisung“ ist ein richti- aber alleine, ohne einen BND-Mitarbeiter, ohne ges Stichwort. Ich vermute, das ist eine Praxis ge- jede weitere technische Aufzeichnung und Doku- wesen, schlicht und ergreifend eine Praxis, die mentation durchführt - ja? -, dass das eine Tätig- weder durch irgendwas schriftlich oder sonst wie keit des anderen Dienstes auf deutschem Boden

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 139 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

wäre und das schon einer sehr speziellen Rechts- Christian Flisek (SPD): Nein. Moment. Ich inter- grundlage bedürfte, um das rechtmäßig auszu- veniere jetzt gerade. - Das habe ich ja alles gehört. gestalten? Das habe ich sehr wohl vernommen, und durch die Wiederholung wird es jetzt für mich - - Ich Zeuge Dr. Werner Ader: Genau so. habe Sie nach der Motivation dafür gefragt, und Sie sind als Jurist sehr wohl in diese Debatten ja Christian Flisek (SPD): Gut. - Zur Weltraumtheo- eingebunden. Sie können mir doch nicht erzäh- rie habe ich jetzt doch noch mal eine Frage. Ich len, dass Sie von den Debatten darüber, warum meine, das ist ja nicht unstrittig, auch nicht im man das jetzt tut - - Man steht doch nicht mor- Hause BND. Da gibt es Datenschutzbeauftragte, gens auf und sagt: „Jetzt machen wir eine Welt- die sind manchmal lästig, die haben eine andere raumtheorie statt irgendwas anderes“, sondern da Auffassung. Da gibt es auch Leute in den Auf- gibt es doch Gründe, und das sind eigene Wahr- sichtsbehörden; meistens ist das - - in dem Fall nehmungen, die Sie in Ihrer Arbeit als Jurist ha- die Frau Polzin zum Beispiel -, die sehen diese ben. Das ist keine subjektive Forschung dessen, Weltraumtheorie sehr kritisch. was Sie glauben oder meinen. Sondern Ihre Wahrnehmung aus den Debatten und Diskussio- Und jetzt stelle ich mir die Frage: Sie sind ja ein nen im BND zu diesem Thema, die interessieren Anhänger dieser Weltraumtheorie, oder Sie fin- mich. den Sie zumindest nachvollziehbar für die nach- richtendienstliche Praxis. Warum erfindet man Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe bereits erläu- so was? - Ich sage jetzt bewusst „erfinden“. - Wa- tert: Zu dem Zeitpunkt, als das entwickelt wurde, rum betreibt man das überhaupt im Wege der war ich noch gar nicht im Rechtsreferat. Das Auslegung und macht das nicht einfach nach § 9 heißt, ich habe einen bestimmten Meinungs- und BND-Gesetz in Verbindung mit § 19 Absatz 3 Bewertungsstand vorgefunden und habe für mich Bundesverfassungsschutzgesetz? Was sind denn überlegt: Erscheint dir das nachvollziehbar? - Das die Gründe, warum man diesen ganzen - ich sage ist es. Und ob der Ablauf in irgendeiner Weise so jetzt mal bewusst zugespitzt - Popanz betreibt, merkwürdig wäre, dass man daraus Zweifel an mit all den Problemen, den Untersuchungsaus- der Zulässigkeit der Argumentation überhaupt schüssen, wo man permanent konfrontiert wird ableiten könnte - - habe ich keinen Anlass. und sich eigentlich auch ein Großteil der Leute darüber schlapplacht, dass der BND Weltraum- Christian Flisek (SPD): Ihnen ist auch nie be- theorien entwickelt? Warum macht man das? kannt geworden, dass darüber diskutiert und de- Warum macht man das nicht einfach nach § 9 battiert wird - kritisch? BND-Gesetz in Verbindung mit § 19 Absatz 3 Bundesverfassungsschutzgesetz? Was ist die Mo- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe ja schon gesagt: tivation? Das ist mir sehr wohl bekannt geworden. Das ist aber doch kein Grund - kaum eine Rechtsfrage, Zeuge Dr. Werner Ader: Jetzt kommen wir wie- über die nicht debattiert und diskutiert wird -, der in den Bereich einer subjektiven Ursachen- deshalb zu sagen: Ich folge dem Mainstream forschung, zu dem ich mich für die beteiligten oder - - Also, das ist ja kein Kriterium, das ich als Akteure nicht äußern kann. Ich kann nur selber Jurist anwende, sondern ich frage mich: Was das wiederholen, was wir jetzt sehr, sehr ausführ- kann ich rechtlich nachvollziehen? lich diskutiert haben: Ich halte das für eine zuläs- sige rechtliche Bewertung dessen, was der BND Christian Flisek (SPD): Ich verstehe gar nicht - an technischer Erfassung in Bad Aibling prakti- ich sage es Ihnen ganz offen -, warum da so rum- ziert. geeiert wird. Warum kann mir nicht einer ganz klar erklären: „Wir machen das deswegen, weil Christian Flisek (SPD): Nein, nein, nein! wir, wenn wir § 9 in Verbindung mit dem Bun- desverfassungsschutzgesetz haben, folgende Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn Sie jetzt fragen - - Probleme haben in unserer operativen Tätigkeit:

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 140 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

eins, zwei drei; und bitte, Herr Abgeordneter, Parlament ist sie die Grundlage für eifrigste Aus- verstehen Sie jetzt: Deswegen haben wir die einandersetzungen, ob Sie das jetzt für gerecht- Weltraumtheorie kreiert“? Warum kann man fertigt halten oder nicht. Also, insofern - ich will das - - Warum wird hier permanent bei der Frage das nur geraderücken -: Pro domo kann auch ge- so rumgeeiert? Und Sie eiern auch rum. nau das Gegenteil von dem sein, was Sie vertre- ten. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe versucht, meine fachlichen Gründe zu erläutern. Das kön- Zeuge Dr. Werner Ader: Auch das habe ich in nen Sie als Rumeiern bewerten. keiner Weise bestritten.

Christian Flisek (SPD): Ja, ich bewerte das als Christian Flisek (SPD): Aber es ist für die Erfas- Rumeiern. sungsansätze quantitativ günstiger. Das ist die - - Wenn man das nach § 9 in Verbindung - - mit- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Dann eiere ich eben machen würde, Bundesverfassungsschutzgesetz, in Ihrer Bewertung herum. Aber noch mal: Ich dann wäre es schwerer und wahrscheinlich we- kann das fachlich nachvollziehen. Dazu stehe niger ertragreich. ich. Dafür können Sie auch sagen: Das ist Rumge- eiere; ich will es nicht mehr hören. - Das ist alles Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht. Man in Ordnung. Aber dann müssten doch Sie auch müsste ja sozusagen einen faktischen Vergleich bitte zur Kenntnis nehmen - es wird ja mitge- vollziehen können oder das sozusagen rechtlich schrieben -, dass ich diese Meinung vertrete und durchrechnen können. Das habe ich noch nicht fachlich auch für nachvollziehbar halte. gemacht. Ich weiß nicht, ob man das überhaupt tatsächlich machen kann. Aber ich habe den Ein- Dass sie ein Ergebnis - - zu einem Ergebnis führt, druck, wir haben dieses Problem jetzt sehr gründ- das für den Bundesnachrichtendienst und die lich aus- und durchdiskutiert. Routineerfassung nicht ungünstig ist, würde ich auch nicht bestreiten. Aber - - Christian Flisek (SPD): Wann wir das Problem verlassen, wissen Sie - - Sie wissen gar nicht, wie Christian Flisek (SPD): Ah, jetzt nähern wir uns viel Stunden wir damit schon zugebracht haben. schon mal einer anderen Aussage. Wenn Ihnen das jetzt schon auf den Nerv geht - - Glauben Sie mal, wie uns das auf den Nerv geht. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe vorhin mehr- fach gesagt: Ich argumentiere ja auch pro domo. (Heiterkeit) Das sehe ich auch als meine Aufgabe als Mit- arbeiter des Dienstes und als Leiter dessen Kommen wir zu einem anderen Thema. - Wir ha- Rechtsreferates. Von daher kann ich mich mit ben gehört, dass es teilweise bei den Datenüber- dieser Argumentation ohne Weiteres fachlich an- mittlungen sogenannte Disclaimer gäbe. Ist Ihnen freunden. das bekannt?

Christian Flisek (SPD): Ich sage nur Folgendes: Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Pro domo, würde ich auch unterstellen, ist die Argumentation der BND-Datenschutzbeauftrag- Christian Flisek (SPD): Können Sie mir mal er- ten, weil pro domo kann auch eine Argumenta- läutern - anschaulich -, wie so ein Disclaimer tion sein, dass ich mich für Rechtsgrundlagen ausschaut, wie der eingesetzt wird und was man stark mache, die eventuell geeignet sind, den damit bezwecken möchte? BND und seine Tätigkeit nicht in ein schiefes Licht zu rücken. Und die Weltraumtheorie - das Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich habe jetzt aus- müssen Sie ja zumindest, auch wenn Sie dahin- wendig vom Wortlaut her keinen parat, denke terstehen und das für nachvollziehbar und glaub- aber, in Ihren Unterlagen sind welche aufgeführt. haft halten - - Die wird ja zumindest - - Hier im Wenn nicht: Das ist ein Prozedere, bei dem man

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 141 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

schriftlich - ich glaube, im Fall der Amerikaner machen. Es kann die Leitung sagen: Fragt mal auch auf Englisch - zum Ausdruck bringt, für nach. Es kann ein Fachbereich eigeninitiativ sa- welche Zwecke aus Sicht des Bundesnachrich- gen: Wir wollen nachfragen. - Ich denke, das tendienstes diese Daten zur Verfügung gestellt wird vom Anlass abhängen, von den Umständen, werden. Das ist also eine Art Zweckbindungs- wie man - - aus denen sich dieser Wunsch ergibt. klausel, mit der der Bundesnachrichtendienst sich das Recht vorbehält, auch nach der tatsäch- Christian Flisek (SPD): Ist Ihnen denn jemals ein lichen Verwendung dieser Daten nachzufragen. Fall bekannt geworden, wo man sich zumindest Wie das im Detail, von der Formulierung her, gedacht hat, es könnte eine Vermutung bestehen, ausschaut, wie das von der textlichen Formatie- dass geliefertes Datenmaterial nicht zweckent- rung gemacht wird, das weiß ich nicht. Da sprechend vom anderen Dienst verwendet wor- müsste man aus dem Fachbereich jemanden fra- den ist? gen. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, in den knapp zwei Christian Flisek (SPD): Und hat man im BND das Jahren meiner Tätigkeit im Rechtsreferat habe ich Zutrauen, dass sich der Kooperationspartner an von so einem Fall nicht erfahren. Das ist aber solche Disclaimer auch hält, oder - - dass er sich eigentlich auch nicht unbedingt erforderlich; darüber schlapplacht? denn wenn ein Bereich nachfragt, muss er dafür nicht vorher das Rechtsreferat fragen. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich denke, die Alterna- tive ist, zu fragen: Machen wir keinen Disclaimer, Christian Flisek (SPD): Gut. Wir haben momen- unterstellend, dass, wie Sie es formuliert haben, tan keine weiteren Fragen. der ausländische Dienst sich schlapplacht? Damit wäre aus meiner Sicht rechtlich kein Vorteil ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen wonnen. Von daher - - Ich kann das nicht - - Dank. Das passt auch von der Zeit, und wir kom- men jetzt in der Runde zur letzten Fraktion: Christian Flisek (SPD): Aber Sie haben gerade in- Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Ströbele. teressanterweise gesagt, Teil des Disclaimers sei es eben auch, dass der BND sich vorbehalte, hin- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sichtlich der Verwendung sozusagen des unter NEN): Ja, Herr Zeuge Ader, ich habe zwei Fragen. diesem Disclaimer gelieferten Datenmaterials nachzufragen: Ist die von uns bestimmte Zweck- Die erste ist: Sie haben vorhin schon erklärt, dass bindung eingehalten worden? - Hat man - - Macht Sie dem Sachverständigen Herrn Dr. Graulich man das? Unterlagen zur Verfügung gestellt haben. Da ha- ben Sie, glaube ich, auch bestätigt, dass Sie - - Zeuge Dr. Werner Ader: Weiß ich nicht. dieses Kurzgutachten zur Weitergabe von Meta- daten an AND auch dabei war. Christian Flisek (SPD): Bitte? Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht mehr Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht. genau; das kann aber sein.

Christian Flisek (SPD): Wer wüsste das denn? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wer müsste das denn machen? Wer müsste denn NEN): Kann sein. - Haben Sie denn mal mit diese Fragen stellen, wenn man - - Herrn Dr. Graulich darüber gesprochen, ob er Ihre Unterlagen gut verwenden konnte oder - - Zeuge Dr. Werner Ader: Es müsste der Bereich, denke ich, zunächst mal dafür gefragt werden, Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. der solche Übermittlungen tätigt. Aber im Grunde genommen - vom System der Behörde Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- her gedacht - ist der Dienst insgesamt - - kann das NEN): Haben Sie - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 142 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Wir hatten ein einmali- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ges Gespräch und - - NEN): Nach seiner eigenen oder nach BND?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Nach BND-Darstellung. NEN): Haben Sie bis heute mal das Gutachten zur Kenntnis genommen, was er uns vorgelegt hat? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. Und bezieht sich das auch auf Ihr Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich habe die offene Kurzgutachten? Version durchgelesen, noch nicht sehr gründlich, aber - - Zeuge Dr. Werner Ader: Da müsste man jetzt eine Textanalyse machen. Also, ich bitte um Ver- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ständnis dafür, dass ich - - NEN): In der offenen Version? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Genau. NEN): Ja. Das haben wir ja vorhin schon ge- macht - mit Herrn Graulich. - Ja, also, Sie finden Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da ganze Absätze wieder aus dem BND-Gutach- NEN): Ja. Die haben wir ja auch nur. - Das haben ten und ohne Kennzeichnung, dass in Anfüh- Sie durchgelesen. Und? Ist Ihnen da aufgegangen, rungsstrichen oder mit so einem Zusatz: Jetzt re- dass ja Ihre Unterstützung sehr hilfreich war? feriere ich das, und dann - - Was sagen Sie denn dazu? Ist das dann schon teilweise ein BND-Gut- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann aus dem achten, was wir da gesehen haben? Gutachtentext nicht entnehmen, ob oder wie hilf- reich das, was wir besprochen oder eben schrift- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann diese lich zugeliefert haben, war. Er referiert dort, Aussage so weder bestätigen noch dazu Stellung wenn ich es richtig in Erinnerung habe, teilweise beziehen, weil dazu müsste ich mich jetzt wirk- das, was wir vorgetragen haben. Inwiefern das lich gründlich mit dem Text hinsetzen und das jetzt für ihn hilfreich war, müssten Sie ihn selbst eine neben das andere legen. fragen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Ja. - Ist Ihnen aufgefallen, dass ganze Passagen aus diesem Kurzgutachten in den Be- Zeuge Dr. Werner Ader: Aber ich finde jetzt mal richt des Herrn Graulich eingeflossen sind - wört- nichts Bedenkliches dabei, wenn Herr Dr. Grau- lich? lich entweder in der Darstellung oder auch in der Argumentation Argumente verwendet, die auch Zeuge Dr. Werner Ader: Das klingt so, als ob das wir verwenden. für das Gutachten spricht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Ja, ja. Also, Sie finden da - - haben da NEN): Das klingt, als wenn das für das Gutachten kein Problem gesehen. spricht, ja. Ist das denn als Zulieferung des BND gekennzeichnet oder als Auffassung des Herrn Dann komme ich zu der zweiten Frage - eine Graulich? ganz andere Frage -: Ist Ihnen bekannt, dass der AND - also CIA oder NSA, überwiegend wohl Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann mich an CIA - Listen führt, sogenannte „Capture or kill“- eine Formulierung daran erinnern, wo Herr Listen, auf die dann die USA selber, die CIA, Dr. Graulich ausdrücklich sagt: „nach eigener oder auch der Bundesnachrichtendienst oder Darstellung“ - meine ich, wäre es - „des BND“. eine militärische Stelle der Bundeswehr Namen zuliefert?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 143 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich habe aus dem Kenntnisstand, in der genau dieses Thema: „Wie offenen Material, aus Presse - - weit dürfen wir solche Informationen, die unmit- telbar zur Lokalisierung einer Person dienen kön- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen, übermitteln“ - - NEN): Bitte? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe aus offenem NEN): Ja. War das eine Diskussion oder eine Ent- Material - aus Presse - entnommen, dass es bei scheidung darüber - - zum Beispiel auch über den Amerikanern so etwas gibt. Fragen von mir, die ich an die Bundesregierung gestellt habe, wo es um die Frage ging, ob Handy- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- daten von einer Person weitergegeben werden, NEN): Dass es da so etwas gibt, ja. - Und waren von der man davon ausgeht, dass sie dann auf Sie da mal mit befasst, dass der Bundesnachrich- solch einer Liste - - auf einer solchen Liste steht tendienst für solche Listen Information gibt, also und die Handydaten dann möglicherweise zur Namen gibt oder Telefonnummern? Bekämpfung - sage ich das jetzt einmal ganz neutral - genutzt werden können? Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe keine präzise Kenntnis in dieser Art; denn aus Sicht des Zeuge Dr. Werner Ader: Die Unterlagen, an die Rechtsreferates geht es ja darum, zu überprüfen: ich mich erinnern kann, gehen das Problem von Welche Informationen dürfen wir übermitteln? der anderen Seite her an und sagen: Wir müssen aufgrund der Übermittlungsvorschriften vermei- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den, dass solche unmittelbar zur Lokalisierung NEN): Ja, genau. geeigneten Daten übermittelt werden. Welche Da- ten jetzt technisch dazu geeignet sind, jemanden Zeuge Dr. Werner Ader: Wie das jetzt genau auf unmittelbar zu lokalisieren, ist eine technische der amerikanischen Seite weiterbehandelt wird, Frage. ob das in Listen eingepflegt wird, wie das inner- halb der amerikanischen Kommandostrukturen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weitergegeben wird: Das weiß ich im Detail NEN): Ja, die haben wir ja mit dem Zeugen nicht. Ich denke, das brauchen wir auch nicht; Bryant, den wir hier gehört haben, diskutiert. - denn wir haben ja, wie vorhin dargestellt, am Wie ist das denn ausgegangen? Dürfen Handy- langen Ende die Möglichkeit gesehen, dass, daten, also zum Beispiel die Handy-Telefonnum- wenn - - dass die Gefahr besteht, dass Informatio- mer einer solchen Person, weitergegeben wer- nen genutzt werden könnten für letale Maßnah- den? Wie war da die Entscheidung des Bundes- men. nachrichtendienstes?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das, was ich NEN): Ja, das steht ja im Gesetz; das will ich von kenne, auch im Diskussionsprozess, sagt: Es darf Ihnen gar nicht wissen. Ich will von Ihnen wis- dann nicht weitergegeben werden, wenn es geeig- sen: Waren Sie mal damit befasst oder ein Kol- net ist zur unmittelbaren Lokalisierung. Ob lege oder mehrere damit befasst, mit der Frage, das - - ob Informationen, Handydaten, andere Daten zur Individualisierung oder Auffindung von Perso- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen, für eine solche „Capture or kill“-Liste zur NEN): Ja. Ist es denn geeignet nach Auffassung Verfügung gestellt wurden, ob man das darf oder des Bundesnachrichtendienstes? nicht? Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, ob Zeuge Dr. Werner Ader: Es hat eine Diskussion diese Daten dazu geeignet sind, wird wahrschein- gegeben, die vor meiner Zeit im Referat, im lich von den Daten, deren Standortpräzision ab- Rechtsreferat, geführt wurde nach meinem hängen. Das kann ich technisch nicht beurteilen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 144 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nina Warken (CDU/CSU): Ich habe keine weite- NEN): Ich will nicht, dass Sie mir immer „ob“ sa- ren Fragen. gen. Ist nach Auffassung des Bundesnachrichten- dienstes - und was ist Ihnen dazu gesagt worden Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Ich von Ihren Fachleuten - - Sind Handydaten zur merke, dass die Fraktion der CDU/CSU keine Ortung einer Person geeignet - auch zum Killen? weiteren Fragen mehr hat. - Dann kommen wir jetzt zur Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Ren- Zeuge Dr. Werner Ader: Nach dem, was ich all- ner. gemein dazu weiß, sind Handydaten geeignet, einen bestimmten Aufenthaltsraum festzulegen. Martina Renner (DIE LINKE): Ich will mal ganz grundsätzlich verstehen, was das Referat ZYF Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- macht. Sind Sie da der einzige Mitarbeiter, oder NEN): Ja. haben Sie noch Kollegen und Kolleginnen?

Zeuge Dr. Werner Ader: Wie groß dieser Aufent- Zeuge Dr. Werner Ader: Nein, das ist ein Referat. haltsraum ist und ob er damit unmittelbar dazu Dieses Referat - ich glaube, Herr Wolff, das kann geeignet ist, für - - Anlass zu geben für einen An- ich sagen - hat 20 Dienstposten - plus der Bereich griff, etwa über eine Drohne, auf diese Person, des Datenschutzes, der aber rechtlich unabhängig hängt von diesen betreffenden Daten ab, das agiert. Das heißt, ich habe noch 19 Mitarbeiter - hängt von der Größe der Funkzellen usw. ab. im Moment nicht ganz; aber wir haben einen Be- setzungsgrad von derzeit etwas über 90 Prozent. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Und wer ist Ihnen vorgesetzt? Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist ein ausgespro- chen technisches Problem. Dazu fühle ich mich Zeuge Dr. Werner Ader: Mein Vorgesetzter ist nicht kompetent - - der Abteilungsleiter der Abteilung ZY.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Martina Renner (DIE LINKE): Und die ist für was NEN): Jetzt haben wir mit dem Zeugen Bryant - zuständig? Für Grundsatzfragen? das ist einer dieser - - Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist eine klassische Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssen Zentralabteilung, das heißt, dort sind insbeson- wir aber erst, Herr Kollege Ströbele, wechseln, dere die Bereiche Personalmanagement, Haushalt weil: Die Zeit ist schon deutlich überschritten. - und das Rechtsreferat. Wir müssten jetzt erst zur Fraktion der CDU/CSU wieder kommen, und gleich sind wir dann wie- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Es war ja der auch bei Bündnis 90/Die Grünen. schon die Frage gestellt worden, warum nicht § 9 in Verbindung mit § 19 Absatz 3 Bundesverfas- (Hans-Christian Ströbele sungsschutzgesetz einschlägig wäre. Wenn § 19 (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Absatz 3 einschlägig sein müsste, dann müssten NEN): Aber nur, wenn die ja auch die überwiegenden schutzwürdigen Inte- Kollegin mir die Wähler ressen der Betroffenen geprüft werden. Ist das nennt, die das entschieden richtig? - Neben den Interessen der Bundes- - haben! Sie haben gesagt, die Wähler hätten entschie- den, dass unsere Befragung Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn, dann ja. immer so abgekürzt wird! Da können Sie mir sicher ein paar Namen zukommen lassen!)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 145 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Würde denn Wenn Sie auf Entführung im Sinne von „rendi- zu diesen überwiegenden schutzwürdigen Inte- tions“, glaube ich, haben die Amerikaner dazu ressen der Betroffenen auch gehören, nicht Opfer gesagt - - sich darauf beziehen: Das ist weit vor einer Entführung oder Hinrichtung zu werden? meiner Zeit gewesen. Insofern verwundert es mich auch nicht, dass das in den Unterlagen, die Zeuge Dr. Werner Ader: Abstrakt würde ich dem ich bis jetzt einsehen konnte, nach meiner Erin- zustimmen, ja. nerung nicht aufgetaucht ist.

Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, wenn Martina Renner (DIE LINKE): Aber solche Fragen § 9 in Verbindung mit Bundesverfassungsschutz- muss man sich dann bei der Weltraumtheorie gesetz einschlägig wäre, müsste man das we- nicht stellen? nigstens prüfen, dass die Daten, die an die NSA, aber auch an andere US-amerikanische Geheim- Zeuge Dr. Werner Ader: Das würde ich so pau- dienste - CIA, DIA usw. - übergeben werden, schal auch nicht sagen. Ich habe ja schon gesagt: nicht zu diesem Zweck eingesetzt werden? Ich bin der Meinung - nicht nur ich, sondern der Bundesnachrichtendienst -, dass wir uns nie im Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, möglicherweise ein- rechtsfreien Raum bewegen, aber der Fachbe- gesetzt werden können aufgrund der Art, der De- reich, also die Abteilung „Technische Aufklä- tailtiefe, was auch immer der Daten. rung“, hat ja ein aufwendiges Filtersystem instal- liert, um im Grunde genommen auszufiltern: Martina Renner (DIE LINKE): Könnte das eine Können hier Daten weitergegeben werden, die - - mögliche Antwort auf die Frage von Herrn Flisek deren Weitergabe ein so tiefer Eingriff wäre, dass sein, warum man genau diese rechtliche Kon- Gefahren für die Betreffenden drohen? struktion nicht gewählt hat? Noch mal: Wir müssen ja überlegen: Haben diese Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann da nur Daten einen Detaillierungsgrad, eine Schärfe, die auf meine vorher gegebenen Antworten verwei- solche Maßnahmen erlaubt? Und wenn wir Daten sen. komplett ausfiltern, wie das hier erfolgt ist, dann, meine ich, ist das sehr wohl ein effektiver Martina Renner (DIE LINKE): Hat man diese Schutzmechanismus. Frage mal erörtert, inwieweit „renditions“-Pro- gramm - - Martina Renner (DIE LINKE): Wir wissen ja nun einiges über das Filtersystem. Da gibt es viele Zeuge Dr. Werner Ader: Die Frage, ob schutz- Kriterien: G10-Bezüge, deutsche Interessen, euro- würdige Interessen eines Betroffenen entgegen- päische Interessen. Aber potenzielles Opfer einer stehen, ist, soweit ich die Unterlagen im Kopf Geheimdienstoperation aus den USA zu werden: habe und mich daran erinnern kann, in erster Li- Dieses Kriterium kannten wir bisher noch nicht. nie diskutiert worden im Zusammenhang mit der Frage: Sind diese Daten geeignet, letale Aktionen Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann mir relativ gut gegen die Betroffenen zu tragen? - So. „Entfüh- vorstellen, dass man auch das unter den sehr rung“ habe ich jetzt verstanden als eine rechts- weiten Begriff der deutschen Interessen fassen widrige Freiheitsberaubung. kann.

Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Martina Renner (DIE LINKE): Okay.

Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist mir jetzt konkret Zeuge Dr. Werner Ader: Ob man das im Einzel- nicht bekannt als Diskussionspunkt, wäre aber si- fall getan hat, was da für Überlegungen konkret cher ein Gesichtspunkt, auf den man abstellen eine Rolle gespielt haben, das weiß ich nicht. Ich könnte. kann mich jetzt hier nur sehr abstrakt zu diesen Rechtsfragen äußern.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 146 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Ob man das kon- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, Frau Abgeordnete, kret bei der Filterung der Daten durchgeführt hat, ich freue mich natürlich, dass ein Buch von wissen Sie nicht. Aber wenn man § 19 Absatz 3 nahezu rechtshistorischem Alter hier noch Ihre angewandt hätte, hätte man es prüfen müssen? Aufmerksamkeit gefunden hat. Ich darf darauf hinweisen: Das ist ein Thema, das ein ganz ande- Zeuge Dr. Werner Ader: Die Frage ist doch - - Ja, res ist, nämlich die Frage, ob gewaltsame Ret- natürlich muss ich - - muss ich Gesichtspunkte, tungsaktionen wie damals 1977 in Mogadischu die sich als eine erhebliche Auswirkung auf ein oder 1976 in Entebbe völkerrechtlich - wir reden Individuum darstellen, mit prüfen. Die Frage ist: nicht über BND-Gesetz, - Wie mache ich das? Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Wie macht man denn das im DAFIS-Filter? Zeuge Dr. Werner Ader: - wir reden überhaupt nicht über die deutsche Rechtslage - zulässig Zeuge Dr. Werner Ader: Da müssten Sie die Kol- sind. legen aus dem Fachbereich fragen. Wie der DAFIS-Filter nun im Einzelnen konstruiert ist, Das ist auch kein Problem der technischen Erfas- das weiß ich nicht. sung, sondern es geht um Maßnahmen mit un- mittelbarer Gefahr für Leib und Leben von ent- Martina Renner (DIE LINKE): Kann es sein, dass führten deutschen Staatsangehörigen oder gene- Sie Autor eines Buches sind, was 1988 erschie- rell von eigenen Staatsangehörigen im Ausland. nen wurde: Gewaltsame Rettungsaktionen - und Ich kann daher keinen inhaltlichen Zusammen- fortlaufender Titel? hang hier mit dem Beweisgegenstand erkennen. Aber ich diskutiere gerne über das Buch; ich Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist definitiv offenes habe das gerne geschrieben und stehe da natür- Material, ja. lich zur Verfügung.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Da geht es ja, Martina Renner (DIE LINKE): Nein, wir versu- wenn ich das ganz kurz jetzt mir angesehen habe, chen ja, herauszufinden, wie methodisch Ihr Re- darum - - um eine rechtliche Bewertung - waren ferat aufgestellt ist und in welchem Verhältnis es Sie ja schon in der Materie - zu Rettungsaktionen zum behördlichen Datenschutz steht. in fremden Staaten, wo die Frage von Ihnen erör- tert wird, inwieweit das Völkerrecht verletzt ist Zeuge Dr. Werner Ader: Also, es ist keine oder inwieweit man doch diese Rettungsaktionen Pflichtlektüre bei mir im Referat, dass jemand die im Geltungsgebiet eines anderen Souveräns ollen Kamellen des Chefs lesen muss. rechtlich darstellen kann. Martina Renner (DIE LINKE): Was machen Sie, Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. wenn es - - Oder andersherum: Es gibt ja nicht nur den behördlichen Datenschutz, sondern auch Martina Renner (DIE LINKE): Also schon eine et- die BfDI. Was machen Sie, wenn Ihnen rechtliche was vergleichbare Situation: etwas, was rechtlich Auffassungen vorgelegt werden, die abweichen ziemlich grenzläufig ist und wenigstens im Ver- von Ihren getroffenen Festlegungen? Wie ist dann dacht steht - also, es geht hier ja um konkrete Ge- der Entscheidungsweg? Wie muss ich mir das schichten -, dass sie völkerrechtswidrig waren, vorstellen? doch noch im Nachhinein rechtlich darstellen zu können. Also, da sind wir wieder bei: die Rechts- Zeuge Dr. Werner Ader: Man wird diese Auffas- auslegung an die Praxis anzupassen. - Ist das so sung diskutieren. Der Bundesnachrichtendienst eine Qualifikation, die man mitbringen muss in als Behörde ist hierarchisch strukturiert, das diesem Referat ZYF? heißt, wir als Rechtsreferat sind ein Teil dieser

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 147 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hierarchie. Das gilt nicht für die behördliche Da- Akten so ein bisschen beschäftigt: Warum ent- tenschutzbeauftragte. Die untersteht direkt der stand eigentlich im Jahr 2013 das Bedürfnis, ir- Leitung und ist fachlich in keiner Weise gebun- gendwie von dem § 9 wegzukommen? den. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich meine - - Das heißt, wenn es rechtlich Meinungsverschie- denheiten, unterschiedliche Bewertungen gibt, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann werden, so war mein Eindruck aus den letz- NEN): Und jetzt darf ich Ihnen ganz kurz sagen, ten knapp zwei Jahren, diese Auffassungen in ir- weil Sie das jetzt zum vierten Mal, glaube ich, so gendeiner Weise entweder diskutiert - - und ge- beantworten wollen, wie Sie das bisher beant- sagt: Sind wir nicht doch einer Meinung? - Ganz wortet haben: Also, Sie sind hier als Zeuge und normal ein Dialog unter Kollegen. Und dann nicht als Jurist, der irgendwie uns so seine muss sich jeder festlegen: Kann ich das mittragen Rechtsauffassung darlegt, sondern es geht auch oder nicht? Wenn es dann bei einem Dissens darum, was Sie wissen aus Ihrem Haus. Und jetzt bleibt, dann wird man diesen Dissens in der In- weiß ich irgendwie: „Need to know“ und so. stanz höher tragen, und dann muss gegebenen- Aber Sie machen ja den Eindruck, zu verstehen, falls entschieden werden, welcher Meinung sich in was für Sachzusammenhängen Sie leben und das Haus anschließt. arbeiten, und deswegen: Danach befrage ich Sie.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten Also: Was gab es denn 2013, dass innerhalb des wir - - Bundesnachrichtendienstes sehr eilig die Not- wendigkeit gesehen wurde, irgendwie das alles Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Nur kurz: Da rechtlich neu aufzustellen? Denn bis 2013 hatte ja die Datenschutzbeauftragte unabhängig ist, man mit § 9 überhaupt kein Problem. muss ja da die Behördenleitung entscheiden - in diesen Fällen des Dissenses. Das ist richtig? Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, wie Sie gesagt haben, ist diese Frage jetzt schon ein Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Ja, aber es könnte paar Mal vorgebracht worden, und ich kann nur auch mein Abteilungsleiter sagen: „Also, was der darauf verweisen: Ich war zu diesem Zeitpunkt Ader da gesagt hat, das trage ich schon mal nicht noch nicht im Rechtsreferat. mit“, und dadurch kommt das gar nicht hoch. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. NEN): Ja.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe diese Diskus- Dank. - Wenn ich es richtig verstanden habe, hat sion auch in verschrifteten - - also in Unterlagen die Fraktion der SPD derzeit keine Fragen, sodass vorgefunden. wir direkt zur Fraktion von Bündnis 90/Die Grü- nen kommen könnten. Herr Kollege von Notz. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bitte beantworten Sie: Wissen Sie das, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder wissen Sie das nicht? Dass Sie da noch NEN): Herr Ader, ich will anknüpfen an den nicht waren, das weiß ich. Punkt, an dem wir vor anderthalb Stunden unge- fähr waren, nämlich wie mit Weisungen aus dem Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann vermuten, dass Bundeskanzleramt beim BND umgegangen wird. ein Zusammenhang mit der Snowden- - Wir haben ja so einen Augenblick gebraucht, uns das zu erarbeiten, dass es sich hier um eine Wei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sung handelt - von 1995. Und der interessante NEN): Nein! Haben Sie davon gehört, was der Punkt ist jetzt für denjenigen, der sich mit den Grund war dafür?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 148 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann das nur vom diese Diskussion bei Ihnen ausgelöst hat, im rechtlichen Komplex her sagen. Ich weiß nicht, Haus. Davon hören Sie gerade zum ersten Mal? ob es - - Zeuge Dr. Werner Ader: Also, die Kausalität Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eines Spiegel-Berichtes zu der Diskussion im NEN): Nein! Nein! Haben Sie gehört im Haus, Haus: Die höre ich zum ersten Mal. Ich halte was der Grund dafür war, dass man das neu auf- es - - stellen musste? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Alles, was ich kenne, NEN): Tatsächlich? sind die rechtlichen Argumentationen, und rechtliche Argumentationen sind ein äußerst gu- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, tatsächlich. ter Grund. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aus den Akten geht es - - Na ja, gut. Also, NEN): Also, das heißt: Sie kennen keine andere okay. - So. Und was ist jetzt das Problem? Wenn als eine rechtliche Argumentation? Sie kennen man 500 Millionen Metadaten weiterleitet und keinen Sachzusammenhang? man beruft sich auf § 9: Was ist das Problem?

Zeuge Dr. Werner Ader: Moment! Rechtliche Ar- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter - - gumentationen sind ein Sachzusammenhang. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, Herr Zeuge? NEN): Also, Herr Ader, wir versuchen das jetzt hier, damit Sie die Wahrheitspflicht auch einhal- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann - - Wenn ich ten: Haben Sie Kenntnis darüber, was der Aus- wahrheitsgemäß und vollständig antworten soll, löser für dieses Bedürfnis war, im Jahr 2013, im kann ich nur das Ihnen hier sagen und werde das Herbst, nach Edward Snowden, das auf rechtlich auch nur sagen, was mir aus eigener Erkenntnis neue Füße zu stellen? dazu bekannt ist.

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kenne keinen Aus- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- löser im Sinne eines einzelnen, das Ganze trig- NEN): Ja. gernden Ereignisses. Es spricht, wie gesagt, Plau- sibilität dafür, dass es Überlegungen waren im Zeuge Dr. Werner Ader: So. Und aus eigener Er- Zusammenhang mit der Snowden-Affäre, und kenntnis sind mir dieser rechtliche Zusammen- der Sachzusammenhang ist eine rechtliche Be- hang und die rechtliche Bewertung bekannt. Ob trachtung. es, wenn ich - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich helfe Ihnen: 500 Millionen Metadaten, NEN): Tatsachen werden Ihnen nicht zugetragen? die der BND weiterleitet: Was war die Rechts- grundlage? Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bin mir in diesem Fall nicht sicher, ob Sie nach Tatsachen oder Zeuge Dr. Werner Ader: Wann hat der Bundes- nach Spekulationen fragen. nachrichtendienst - zu welchem Zeitpunkt genau - diese 500 Millionen weitergeleitet? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich frage Sie nach Tatsachen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gab einen Spiegel-Bericht, 2013, der

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 149 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Die Spekulation ist dann Zeuge Dr. Werner Ader: So. Das heißt, es bleibt eine Tatsache, wenn sie mir in dieser Form zuge- für mich auch bei der rechtlichen Betrachtung, tragen worden wäre. Sonst wäre auch die Tat- dass natürlich überlegt wird: Was hat welche sache, dass ich von einer Spekulation gehört Konsequenzen? Aber ich habe eine Situation, habe. Das ist aber nicht der Fall gewesen. auch in der rechtlichen Bewertung, vorgefunden, die gesagt hat: Wir können das, was wir dort tun, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ohne Weiteres abstützen auf § 1 Absatz 2 bzw. NEN): Was ist das Problem, Herr Ader? Was ist sind außerhalb des Anwendungsbereichs des das Problem bei der Weiterleitung von 500 Mil- Bundesnachrichtendienstgesetzes wegen § 1 Ab- lionen Metadaten vom BND? Was entsteht da für satz 2. Das ist eine rechtliche Bewertung. ein Problem - rechtlich? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Das rechtliche Problem NEN): Ja. bei 500 Millionen Metadaten - oder überhaupt bei großen Mengen; ob es 500 oder 100, sicher Zeuge Dr. Werner Ader: Dass diese rechtliche noch bei weniger, sind - ist, die rechtlichen Vo- Bewertung - - raussetzungen einzuhalten. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): War in Ihrer Bewertung der Sachumstand, NEN): Die da heißen? der Fakt, dieses Problem, Thema? Wurde das er- örtert? Das ist eine Frage, die man mit Ja oder Zeuge Dr. Werner Ader: So. Und die rechtlichen Nein beantworten kann. - Wenn Sie sagen: „Ich Voraussetzungen heißen nach meinem Dafürhal- höre das hier heute zum ersten Mal“, okay, aber ten § 1 Absatz 2 BND-Gesetz. Wir bewegen uns ja sagen Sie mir jetzt nicht: irgendwie rechtlich außerhalb des Bereichs des Bundesnachrichten- oder so. - Der Sachumstand: War der Ihnen be- dienstes. kannt, ja oder nein? Ist der Ihnen bekannt?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Sie meinen jetzt den NEN): § 19 Absatz 3, die Einzelfallprüfung, Sachumstand, dass in sehr großem Umfang - an §§ 23, 24 Bundesverfassungsschutzgesetz: - die Zahl 500 Millionen kann ich mich konkret nicht erinnern, aber in einem sehr, sehr großen Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter - - Umfang - Daten weitergeleitet wurden. - Ja, klar.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - Das sind die Probleme, die Sie hatten, die NEN): Und dass es Probleme mit § 9 gibt - seit Ihr Haus hatte. Und Sie stellen das hier so dar - 2013. widersprechen Sie mir; nur, damit wir bei der Wahrheit dann bleiben; ich fasse jetzt zusam- Zeuge Dr. Werner Ader: Aber das ändert doch men -: Davon haben Sie nichts gehört. Von die- nichts daran, dass ich - - sen Sachumständen haben Sie nichts gehört, ob- wohl Sie in dieser heiklen Phase, Ende 2013, auf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diese Stelle gesetzt wurden? NEN): Nein! Nein, nein, nein, nein! Das - - Ich stelle gleich einen Antrag, dass wir ein Ord- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, Sie haben gerade nungsgeld verhängen oder so, wenn Sie diese selber gesagt, dass diese Diskussion vorher gelau- Frage jetzt nicht beantworten. - Es ist schön, dass fen ist. Sie jetzt alle aufwachen. Guten Morgen! 23 Uhr!

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Also bitte beantworten Sie meine Frage: War NEN): Genau. Ihnen das bekannt, ja oder nein?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 150 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(RA Johannes Eisenberg: Zeuge Dr. Werner Ader: Ich möchte einen Antrag Herr Vorsitzender, ich hätte stellen. Den formulieren wird mein Zeugenbei- gerne mal eine Pause! Ich stand. muss eine Beanstandung mit dem Zeugen erörtern! - (RA Johannes Eisenberg: Martina Renner (DIE Darf ich das, Herr LINKE): Ach! Sie? Für Vorsitzender?) Herrn Eisenberg gibt es gar keine Pausen! - RA Johan- nes Eisenberg: Wenn er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, doch, das hier bedroht wird, wird dürfen Sie. man das wohl besprechen dürfen!) RA Johannes Eisenberg: Das ist nett. - Ich bitte Sie, die Frage des Abgeordneten Dr. von Notz zu Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage mal beanstanden. Ich habe sie so verstanden: Wenn den Zeugen. Ich frage mal - - der Zeuge nicht eine Antwort gibt, die Herrn Dr. von Notz gefällt, dann soll er wegen mangelnden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugengehorsams mit einem Ordnungsgeld be- NEN): Ich beantrage, dass diese Frage beantwor- legt werden. Das halte ich für einen Versuch, ein tet wird, und sonst beantrage ich, ein Ordnungs- bestimmtes Beweisergebnis zu erzwingen. Das ist geld gegen den Zeugen zu verhängen, weil er eine unzulässige Vernehmungsmethode, und des- meine Frage nicht beantwortet. wegen ist das zurückzuweisen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt wollen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- wir mal alle um kurz vor zwölf nicht panisch lichen Dank für den Hinweis. Dem folge ich werden. - Ich frage jetzt erst mal den Zeugen: nicht. Ich habe das als Hinweis verstanden, den Brauchen Sie eine Pause? Zeugen an die Wahrheitspflicht zu erinnern. Das gilt grundsätzlich so. Und ich bin auch davon Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich würde der An- ausgegangen, dass der Zeuge bisher wahrheits- regung meines Zeugenbeistandes gerne folgen pflichtig geantwortet hat, und konnte seinen Aus- und beantrage eine Pause von führungen immer gut folgen.

(RA Johannes Eisenberg: Von daher machen wir jetzt mit der Befragung Drei Minuten!) weiter.

- drei Minuten. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Zeuge, ich bitte Sie um Beantwortung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Machen wir meiner Frage: War Ihnen dieser Sachumstand, drei Minuten Pause. Das ist im Bereich des Mög- dass die Weiterleitung von Millionen von Meta- lichen. daten dazu geführt hat, dass man eine neue recht- liche Grundlage für dieses Prozedere innerhalb Die Sitzung ist für drei Minuten unterbrochen. des BND brauchte, Ende 2013 als Umstand be- kannt, ja oder nein? (Unterbrechung von 22.59 bis 23.01 Uhr) Zeuge Dr. Werner Ader: Dieser Umstand formu- liert eine Kausalität, und diese Kausalität kann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So. Wir set- ich nicht beurteilen. Ich kann nur wiedergeben, zen die unterbrochene Sitzung des Untersu- was mir als Diskussionsstand bekannt wurde, chungsausschusses fort. und in dieser Diskussion, die eine rechtliche Dis- kussion war, ist selbstverständlich auch darüber

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 151 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

gesprochen worden: Gut, wir haben hier ein Ver- Metadaten, die automatisiert weitergeleitet wer- fahren, ein automatisiertes Verfahren, ein Verfah- den -, und justament parallel, synchron sozusa- ren von vielen Daten - es schwirrten ja alle mögli- gen, zum Auftauchen dieses Problems brauchte chen Größenordnungen rum -, jedenfalls giganti- der Bundesnachrichtendienst eine neue Gesetzes- scher Mengen, und wie können wir dieses Ver- grundlage; Sie haben das aber nicht miteinander fahren rechtlich zutreffend würdigen. verbunden, und auch niemand in Ihrem Umfeld hat diese Kausalität hergestellt? Das war die Diskussion. In dieser Diskussion war ich. Ich habe vorhin und mehrfach und ausführ- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, Sie lich erläutert, wie ich auch selber rechtlich dazu formulieren erneut einen tatsächlichen Zusam- stehe. Aber was in welchem Kopf kausal dafür menhang, zu dem ich nichts sagen kann; denn war, welche Argumente zu präsentieren oder Sie haben - ich darf jetzt noch mal Ihre Aussage Ideen zu entwickeln, kann ich beim besten zitieren - eine neue Rechtsgrundlage. Wenn wir Willen nicht sagen. Ich kann nur für mich selber verschiedene Rechtsgrundlagen in den gesetz- sprechen. lichen Regelungen haben und in der Würdigung eines Sachverhaltes sagen: „Wir stellen auf fol- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- gende Argumentation ab“, dann ist das keine lichen Dank. Wir müssten jetzt von der Zeit her neue Rechtsgrundlage. Die Rechtsgrundlage war wechseln. - Die Fraktion der CDU/CSU hat keine von Anfang an da. Es mag sich eine Argumenta- weiteren Fragen. - Dann kommen wir zur Frak- tion verschoben haben; aber ich kann nicht hier tion Die Linke. Frau Kollegin Renner. sagen: Wir haben eine neue Rechtsgrundlage ge- sucht. - Das ist ja schon an sich aus der juristi- Martina Renner (DIE LINKE): Ich gebe gleich an schen Bewertung heraus nicht plausibel. Die ju- die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weiter. ristische Bewertung ist eine juristische Bewer- tung. Es soll ja schon in einem dreiinstanzlichen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, dann Gerichtszug vorgekommen sein, dass sich die Ar- müssten wir kurz vorher die Fraktion der SPD gumente und Bewertungen von Instanz zu In- fragen, ob noch Fragen aufgetreten sind. stanz verschoben haben und auch oberste Ge- richte irgendwann ihre Bewertung geändert ha- Susanne Mittag (SPD): Nein. ben und die rechtliche Beurteilung eines Sach- verhaltes auf eine andere rechtliche Basis, einen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist nicht anderen Paragrafen, stützen. der Fall. - Dann ist genau das der Fall: Die Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen kann weiterfragen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Kollege von Notz. NEN): Das sind hochinteressante Ausführungen, Herr Ader; aber es geht darum, dass bis zu die- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sem Zeitpunkt, bis zum Herbst 2013, die Argu- NEN): Also, Sie sagen, dass Sie keine Kausali- mentation des Bundesnachrichtendienstes und tät - - sozusagen zwingend Ihnen bewusst ist. des Bundeskanzleramtes § 9 war, und im unmit- Wurde es denn so in Ihrer Abteilung besprochen: telbaren Zusammenhang mit den Snowden-Ver- „Wir haben da dieses Problem gehabt, im Nach- öffentlichungen ging auf einmal § 9 nicht mehr. klapp zu Snowden;“ - ob Sie jetzt von der Der ging nicht mehr, und man hat mit heißester Spiegel-Geschichte wussten oder nicht, weiß ich Nadel und schnell ein neues Konstrukt geschaf- nicht - „dieser Umstand, dass wir diese Daten fen. Das erfinde ich ja nicht, sondern das steht in weiterleiten, hat dazu geführt, dass wir eine neue den Akten hier drin. Mir geht es darum, ob Sie Rechtsgrundlage brauchen“? Oder sagen Sie mir, davon wissen oder nicht, und Sie beantworten Sie wussten von dem Umstand, der bekannt ge- diese Frage nicht. Und ich sage Ihnen, Herr Ader: worden ist im Zusammenhang mit den Snowden- Es macht einen schlechten Eindruck, weil man Veröffentlichungen - gigantische Mengen von das Gefühl hat, Sie versuchen hier sozusagen, an

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 152 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

den Kausalitäten, die bestehen und an denen die- Zeuge Dr. Werner Ader: Das müssen Sie meinen ser Ausschuss Interesse hat, vorbei zu argumen- Vorgänger fragen. Das weiß ich nicht. tieren. Deswegen frage ich Sie als für den Bereich juristisch Verantwortlichen, als der Sie hier gela- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den sind: Ist Ihnen der Zusammenhang dieser NEN): Sie wissen es nicht? Problematik bewusst gewesen, die letzten Jahre, oder ist es heute hier im Ausschuss das erste Zeuge Dr. Werner Ader: Ich weiß nicht, wozu Mal, dass Sie sagen: „Ja, gibt es denn das? Der mein Vorgänger bereit war, Herr Abgeordneter. Snowden im August 2013, und seitdem haben wir die Problematik erst. Das gibt es doch gar Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht! Der Notz hat mich darauf aufmerksam ge- NEN): Nein. Hat er es so gesehen? Hat er diese macht; ich habe das nie zusammengebracht“? - Auffassung geteilt? Sagen Sie mir mal: Wie ist das in Ihrer - - Ich er- lebe Sie ja als vernünftigen Juristen, der gut argu- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, Sie mentiert und so. Das haben Sie nicht zusammen- haben mir doch gerade - oder Frau Warken hat gebracht? mir die Dokumente vorgehalten. Die stammen aus der Zeit meines Vorgängers. Also nehme ich Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, Sie an, er hat die Argumente, die damals zu Papier haben gerade meine Position in einer Weise para- gebracht wurden, geteilt. Das weiß ich aber nicht. phrasiert, die nicht annähernd dem entspricht, Ich kann nicht darüber spekulieren, was er sub- was ich nach meiner Erinnerung hier im Aus- jektiv gedacht, empfunden oder an Argumenta- schuss vorhin gesagt habe. tionen im Kopf hat ablaufen lassen, sondern ich kann nur das beurteilen, was, schriftlich fixiert, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- in den Unterlagen ist. Das ist die Entscheidungs- NEN): Ich habe gefragt, ob das so ist. Sie können findung, zu der der Bundesnachrichtendienst das gerne - - Sie können sagen: So war es nicht; und das Rechtsreferat zu stehen hat. ich wusste es schon vorher. - Oder Sie sagen: Ich glaube bis heute nicht, dass eine Kausalität be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- steht. - Aber ich kann das einfach nicht glauben. NEN): Haben Sie mit Ihrem Vorgänger gespro- chen? Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter, ich habe darauf hingewiesen - ich wiederhole das Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. jetzt noch einmal -, dass ich mir sehr gut vorstel- len kann, dass im Zuge der Snowden-Affäre man Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Dinge bewertet hat, und man hat dann unter NEN): War die Stelle eine Zeit lang unbesetzt? den verfügbaren, unter den theoretisch verfügba- ren Rechtsgrundlagen eine Argumentation ge- Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Die Stelle ist mit wählt, die aus meiner Sicht rechtlich passt. So. Tageswechsel durch mich neu besetzt worden. Es ist meine Aufgabe als Jurist, Argumentationen daraufhin zu überprüfen oder auch gegebenen- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- falls selber Argumentationen zu entwickeln, die NEN): Tageswechsel? Und eine Übergabe erfolgte den Rahmen des rechtlich Zulässigen für das, nicht? was sachlich zweckmäßig ist, umreißen. Das ist ganz normales Behördenhandeln. Das ist auch - - Zeuge Dr. Werner Ader: Es erfolgte eine normale Übergabe. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): War Ihr Vorgänger bereit, das genauso zu Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehen? NEN): Ah! Also haben Sie mit ihm gesprochen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 153 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe auch nicht be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stritten, dass ich mit ihm gesprochen habe. Ich NEN): Nein, das tun Sie nicht. Ich habe Sie doch habe gesagt: Über dieses Problem habe ich mit vorhin befragt, und Sie haben gesagt: Das ist eine ihm nicht gesprochen. - Danach war Ihre Frage. Rechtsmeinung. - Und dann mussten wir uns das Stückchen für Stückchen für Stückchen erarbei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten. Und dann haben Sie gesagt: Nein, stimmt. NEN): Meine Frage ist: Wissen Sie, welche Auf- Das ist eine Weisung seit 1995; aber ich halte fassung er vertreten hat? mich nicht dran. Ich lege das anders aus. - Das Bundeskanzleramt hat gesagt - - Zeuge Dr. Werner Ader: Das habe ich schon ge- sagt. Ich vermute - ich weiß es nicht; ich kann Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe - - nur das sagen, was in den Akten steht, und ich nehme an, das, was in den Akten steht, ent- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spricht auch seiner Auffassung -, dass das, was NEN): Herr Ader, bitte! - Das Bundeskanzleramt dort fixiert ist, seine Auffassung war. - Herr Ab- hat gesagt: Diese Weisung gilt bis heute - Und Sie geordneter, was soll ich denn noch sagen an wei- halten sich heute nicht an diese Weisung. Und teren Details? Sie haben mir nicht dargelegt, warum das so ist.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt meldet NEN): Sie sollen das sagen, was offensichtlich ist sich das Bundeskanzleramt. Herr Wolff. und was bei Ihnen Thema gewesen sein muss. RD Philipp Wolff (BK): Das, was Sie gerade aus- Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter - - geführt haben, Herr Notz, ist ja eigentlich ein Vorhalt, und den sollte man dann auch komplett Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- machen; denn die Entwicklung endet nicht mit NEN): Wenn Sie nicht bereit sind, darüber zu dieser Mail und dieser Weisung, die Sie zitiert sprechen, dann nehme ich das zur Kenntnis. Ich haben, sondern sie setzt sich fort, auch, soweit sehe auch, dass das Bundeskanzleramt Ihnen mir erinnerlich, in Vorzeiten von Herrn Ader. Weisungen erteilt, um die sich niemand in Ihrem Haus kümmert. Da gehe ich auch nicht davon Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aus, dass Sie sozusagen auf einen Abgeordneten NEN): Das würde ich gerne hören von dem Zeu- irgendwie positiv reagieren, indem Sie die Fra- gen, wie die sich fortsetzt. gen beantworten, die wir stellen, wenn Sie auf die Weisungen Ihrer Fach- und Rechtsaufsicht RD Philipp Wolff (BK): Da war aber Her Ader - nicht hören. Nur, es macht sich der Eindruck das hat er versucht zu erklären - meiner Kenntnis breit, dass der BND schlicht nicht irgendwie nach auch noch nicht Referatsleiter. Und diese steuerbar ist, und - - Fortsetzung findet sich auch in den Akten. Da findet sich ein Vermerk, soweit mir erinnerlich, - Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Abgeordneter - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege, NEN): Das ist korrekt. der Zeuge hat ja auf viele Fragen geantwortet, die gestellt worden sind. RD Philipp Wolff (BK): - des Abteilungsleiters 6 des Bundeskanzleramtes, der wiederum diese Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Weisung, die von 1995 stammt, relativiert bzw. NEN): Na ja. einen anderen Inhalt hat.

Zeuge Dr. Werner Ader: Und ich lege Wert auf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Feststellung: Wir beachten die Weisungen NEN): Von der scheint Herr Ader nichts zu wis- des Bundeskanzleramtes. sen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 154 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

RD Philipp Wolff (BK): Dann kann man Herrn RD Philipp Wolff (BK): Der Zeuge macht auf Ader aber wirklich nicht vorwerfen, dass er sich mich in keinerlei Weise einen verängstigten Ein- nicht an eine Weisung von 1995 halten würde, druck. wenn die zu dem Zeitpunkt, als er das Referat übernommen hat, meiner Kenntnis nach - ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kenne es jetzt auch nur aus den Akten - so nicht NEN): Gut, dass Sie das nicht beurteilen müssen. mehr Gültigkeit besaß. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das macht er (RA Johannes Eisenberg: auf mich auch nicht. Der Vorhalt ist zumindest Aha! Dann ist das doch ein jetzt komplett. Aber auch die Redezeit und Frage- falscher Vorhalt!) zeit in dieser Runde ist um, und wir kommen jetzt, wenn ich mal in die Reihen schaue, zur Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Renner. NEN): Ja, dass Herr Heiß sich sozusagen um Ihrer aller Rechtsmeinung nicht gekümmert hat, das Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Vorsitzender, es mag ja sein. wäre mir wichtig, noch einen Punkt klarzustel- len. RD Philipp Wolff (BK): Aber dann kann man ihm doch nicht vorhalten, dass er sich nicht an eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Weisung hält, die - - Zeuge Dr. Werner Ader: Der Abgeordnete Dr. von Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Notz hat gerade formuliert, ich hätte gesagt, ich NEN): Nein, dann kann er mir sagen: Ach, wissen halte mich nicht an die Weisung aus dem Bun- Sie was, Herr von Notz, das war damals alles so; deskanzleramt. Das ist nicht korrekt. Das habe aber Herr Heiß, der meinte es besser zu wissen ich zu keinem Zeitpunkt gesagt, sondern wir ha- als alle anderen, und der hat einfach das Ganze ben uns zunächst einmal damit beschäftigt: Liegt „overruled“, weil man so in Not war. Aber das hier überhaupt eine Weisung vor? Das war aus sagt der Zeuge halt nicht. dem mir vorgelegten ersten Blatt so nicht ersicht- lich. Das und nichts anderes habe ich gesagt. Ich (Martina Renner (DIE bitte darum, dass das korrekt festgehalten wird. LINKE): Hallo!) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Da RD Philipp Wolff (BK): Dann sollten Sie auch müssten wir dann in der nächsten Runde weiter vollständig vorhalten, Herr von Notz. Sie haben drauf eingehen. insofern nicht einen vollständigen Vorhalt ge- macht. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (RA Johannes Eisenberg: NEN): Nein! - Zuruf von Genau! Ein unkorrekter RA Johannes Eisenberg) Vorhalt!) - Doch, doch. Die Redezeit ist jetzt um. Darauf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kann man ja gleich wieder eingehen. Frau Kolle- NEN): Der Zeuge kann auch sozusagen einfach gin Renner ist dran, und dann ist ja auch die Dinge, die er weiß, erzählen. Nur, Ihre BND-Zeu- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wieder dran. gen sind so verängstigt, hier irgendetwas preiszu- Frau Kollegin Renner. geben, dass man ihnen immer die Akte vorhalten muss, damit sie dann sagen: Ach ja, stimmt. Martina Renner (DIE LINKE): Diese Übergabe im Nein, so war es. Herbst 2013, tagesaktuell, erfolgte die zu einem Ersten des Monats?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 155 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich hatte Dienst- sechste Referat in dieser Abteilung. - Das zu dem antritt mit Beginn, also, wenn man so will, mit Namen. dem 1. Dezember 2013. Ich glaube, ich war mor- gens um 8 Uhr in der Dienststelle. Martina Renner (DIE LINKE): Es ist für uns manchmal schwer, sich die Sachen zu merken. - Martina Renner (DIE LINKE): Jetzt haben Sie ja Also: Gab es da eine Ausschreibung? vorher etwas ganz anderes gemacht. Sie waren im operativen Bereich tätig, im Ausland - Beschaf- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bin, wie es dienst- fungen -, und wechseln dann an den Schreib- rechtlich heißt, ämtergleich umgesetzt worden. tisch. Kann man das so sagen? Das heißt, es musste nicht ausgeschrieben wer- den. Zeuge Dr. Werner Ader: Dazu möchte ich eigent- lich überhaupt nichts sagen. Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben sich aber darauf beworben? Martina Renner (DIE LINKE): Wieso möchten Sie das nicht sagen? Zeuge Dr. Werner Ader: Nein.

Zeuge Dr. Werner Ader: Hat das was mit dem Martina Renner (DIE LINKE): Ah, man hat Sie Untersuchungsgegenstand zu tun? geholt.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Wir versuchen Zeuge Dr. Werner Ader: Sie haben mich das ganz gerade, zu klären, wie dieser Wechsel von Ihrem zu Anfang schon gefragt. Nein, ich habe mich Vorgänger zu Ihnen zustande kam und warum nicht darauf beworben. Sie auf diese Stelle kamen, auf der Ihr Vorgänger nicht mehr war. Sie haben vorher nicht in diesem Martina Renner (DIE LINKE): Ja, also dann: Was Bereich sozusagen Ihr Tätigkeitsfeld gefunden, in gibt es noch für Möglichkeiten? Ich bin keine Be- dem Sie seit 2013 eingesetzt werden, sondern amtin; ich war es nie. Also, erklären Sie es mir. waren in einem komplett anderen Tätigkeits- bereich des Bundesnachrichtendienstes einge- Zeuge Dr. Werner Ader: Noch mal: Der Bundes- setzt. nachrichtendienst als Behörde ist hierarchisch strukturiert. Das heißt, es kann entweder gesagt Zeuge Dr. Werner Ader: Dazu kann ich - - Das werden: Sie übernehmen diese Funktion ab kann ich nicht mehr kommentieren. dem … Man kann sprechen und sagen: Hätten Sie Interesse an dieser Position? Man kann sagen, Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Gab es man bildet einen Bewerberkreis, den man durch denn da so eine Art Ausschreibung, dass man ge- eine Interessenfeststellung feststellt. Das ist etwas sagt hat: „Wir brauchen jetzt einen Referatsleiter Ähnliches - wenngleich auch nicht im Rechts- ZYF“? - Ich würde gerne wissen, was das eigent- sinne - wie eine Ausschreibung. All diese Mög- lich heißt. Zentrale - - lichkeiten gibt es.

Zeuge Dr. Werner Ader: Seit der Umgliederung Martina Renner (DIE LINKE): Und wie war es des Bundesnachrichtendienstes 2008 hat der jetzt: a, b oder c? Bundesnachrichtendienst 13 Abteilungen. Jede dieser Abteilungen hat zwei Buchstaben als Ab- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da bin ich teilungskürzel, und an der dritten Stelle sind jetzt selber nicht sicher, was das zum Untersu- dann in der Regel einfach in alphabetischer Rei- chungs- - henfolge nacheinander die Referate durchdekli- niert. Also: ZY, die Zentralabteilung. Man hätte Martina Renner (DIE LINKE): Ich sage es Ihnen: auch ZE oder ich weiß nicht was nehmen kön- weil, wenn es sozusagen einen Konflikt mit dem nen; man hat ZY genommen. ZYF ist dann das Vorgänger gab, Herrn J. P., und man hat gesagt:

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 156 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Der soll das nicht mehr machen, weil, der will wenn es ein nahe liegendes Beweismittel, näm- nicht in den Weltraum fliegen. lich den anderen Zeugen, gibt.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Verstehe. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, klar. Aber wir bilden hier Thesen. Das ist nun mal hier der Martina Renner (DIE LINKE): Holen wir den Kol- Job. - Okay. Sie sind geholt worden. Jetzt haben legen. Der hat im Ausland sozusagen den Kopf wir ein breites Spektrum: Herr J. P. hatte keine für alles hingehalten, und der macht auch alles Lust mehr, oder Herr J. P. wollte das nicht mehr mit; den holen wir jetzt da drauf. - Darum geht es machen. Was hat man Ihnen denn gesagt, warum mir - ja? Sie Ihre bisherige Tätigkeit, die ganz anders war, aufgeben sollen und jetzt plötzlich in dieses Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Verstanden. Referat sollen?

Martina Renner (DIE LINKE): Danke. Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann in der Frage keinen Bezug zum Untersuchungsgegen- Zeuge Dr. Werner Ader: Das würde ich nachvoll- stand erkennen, auch wenn ich das Gespräch, ziehen, wenn Sie das meinen Vorgänger fragen, das meiner Umsetzung vorausging, mir in Erinne- aber - - rung rufe.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, Sie wissen Martina Renner (DIE LINKE): Ja, doch. Ich sage doch, ob Sie geholt wurden oder ob Sie aus Ihnen jetzt noch mal den Bezug zum Untersu- einem Bewerberkreis ausgewählt wurden. Also, chungsgegenstand. Wir versuchen ja, zu klären, Sie wissen doch noch, wie es war. ob in einer Situation nach den Snowden-Doku- menten man festgestellt hat, dass man auf recht- Zeuge Dr. Werner Ader: Es gab keinen Bewerber- lich fragwürdige Art und Weise anlasslose Mas- kreis; aber es gab möglicherweise eine Reihe von senüberwachung im Ausland organisiert, und wir infrage kommenden Kandidaten. Das weiß ich gehen dann der Frage nach, welche organisatori- nicht. schen Vorkehrungen man im BND getroffen hat, um diese Rechtspraxis - ich sage jetzt mal ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht Wort - zu - - also, man kann jetzt ein breites kann Herr Wolff dazu was sagen. Spektrum zwischen legalisieren bis abdecken sa- gen - darzustellen. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist jetzt Ihre Inter- RD Philipp Wolff (BK): Also, es gibt für diese pretation. Das kann man so darstellen. Ja, natür- Frage ein sehr, sehr nahe liegendes Beweismittel, lich. und das ist sicher nicht die Frage, ob der Zeuge gefragt wurde oder nicht gefragt oder umgesetzt Martina Renner (DIE LINKE): Genau, deswegen wurde. sitzen wir ja hier. Wir versuchen ja, herauszufin- den, wie es dazu kommt, dass man eben aus un- Martina Renner (DIE LINKE): Machen wir jetzt serer Sicht ohne entsprechende Rechtsgrund- Rätselstunde? lage - das haben auch hier sachverständige Ver- fassungsrechtler vorgetragen - diese anlasslose RD Philipp Wolff (BK): Der Zeuge hat das schon Massenüberwachung im Ausland organisiert hat. gesagt. Man kann den anderen ja einfach fragen. Dazu hat man anscheinend auch dieses Referat Aber aus der Tatsache, wie er auf die andere benötigt, das in einer bestimmten Situation eine Stelle gelangt ist, zu schließen, welche Rechts- bestimmte Theorie gesponnen hat, und dazu hat meinung ein potenziell anderer Zeuge vorher ver- man vielleicht auch die entsprechenden Mit- treten hat, das halte ich für zumindest gewagt, arbeiter gebraucht, die dafür den Kopf hinhalten.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 157 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann mich beim bes- Zeuge Dr. Werner Ader: - Personalentscheidun- ten Willen zu dem zweiten Teil der Frage nicht gen zu finden. Dazu kann ich mich nicht äußern. äußern. Wozu ich mich aber sehr wohl äußern Dann müssen Sie diejenigen fragen, die diese will, ist Ihre Aussage, dass wir ohne Rechts- Entscheidungen treffen. grundlage massenhaft Daten erhoben und gespei- chert hätten. Ich habe bereits dargestellt - das ist Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Dann versu- jetzt nicht nur eine Frage, die für Bad Aibling che ich doch noch mal, Sie dahin zu kriegen, gilt -: Wenn wir mit technischen Mitteln im Aus- dass Sie mir meine Frage beantworten und dass land erfassen oder jedenfalls außerhalb der Bun- wir nicht weiter diskutieren. Und dann kann ja desrepublik, dann ist das nicht ohne Rechts- die Frage beanstandet werden. - Was hat man grundlage; aber es ist nicht die Rechtsgrundlage, Ihnen damals gesagt, was die Gründe sind dafür, die für Inlandsfälle vorgesehen ist. dass Sie dieses Referat übernehmen sollen?

Wenn Sie anspielen auf das, was hier die Sach- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich verweise auf das, verständigen im Juni letzten Jahres ausgeführt was ich zuvor gesagt habe. haben - Martina Renner (DIE LINKE): Sie kennen die Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Gründe nicht? Sie sagen mir nichts?

Zeuge Dr. Werner Ader: - zur Geltungsreichweite Zeuge Dr. Werner Ader: Diese Gründe haben mit von Artikel 10 Grundgesetz: Diese Ansicht ist in dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun. der rechtswissenschaftlichen Literatur sehr wohl Über den weiteren Inhalt der Gespräche, die mei- bestritten, und sie ist mitnichten unumstritten. ner Umsetzung vorausgegangen sind, sehe ich Wir können aber gern darauf einsteigen. mich daher nicht verpflichtet Auskünfte zu ge- ben. Die haben mit dem Untersuchungsgegen- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber ich kann stand nichts zu tun. mir ja auch das eine zu eigen machen und das andere für weniger einschlägig halten. Das ist ja Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie bei mein Recht. Ihren Verwendungen vor 2013 mit solchen Fra- gen befasst, wie wir sie vorhin auch schon mal Zeuge Dr. Werner Ader: Natürlich. Genau. versucht haben anklingen zu lassen, inwieweit Daten, die an Five-Eyes-Geheimdienste übermit- Martina Renner (DIE LINKE): Deswegen ist es ja telt wurden, geeignet sind, Aktionen durchzufüh- auch interessant, mal zu fragen - vor dem Hinter- ren, die sich gegen das Selbstbestimmungsrecht grund, dass es verschiedene Rechtsmeinungen oder auch gegen das Unversehrtheitsprinzip rich- gibt -, wie man eine bestimmte Auffassung im ten? BND möglicherweise durchgesetzt hat, auch mit- hilfe von Personalentscheidungen. Zeuge Dr. Werner Ader: Das war ich nicht. Aber nachdem Sie aus meiner 1988 erschienenen Ar- Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, aber beit versucht haben abzuleiten, - Sie versuchen doch jetzt mit quasinachrichten- dienstlichen Mitteln eine Ursachenforschung Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein! zwischen dem Finden von Rechtsmeinungen und - Zeuge Dr. Werner Ader: - dass ich damals schon prädisponiert wurde für meine jetzige Rechtsauf- Martina Renner (DIE LINKE): Sie wissen gar fassung, weiß ich nicht, ob Ihnen meine Aus- nicht, wie es ist, wenn ich nachrichtendienst- kunft weiterhilft. liche Mittel anwende. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müss- ten - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 158 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie hatten in Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihren vormaligen Verwendungen keine Berüh- NEN): Gut. Aber jemand kannte Sie? rungspunkte zu solchen Fragen? Zeuge Dr. Werner Ader: Na ja, wie gesagt, ich bin Zeuge Dr. Werner Ader: Ich hatte zu - - Was seit 1989 im Dienst. heißt „zu solchen Fragen“? Ich hatte keine Berüh- rungspunkte zu den Themen, die wir bis jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hier diskutiert haben, in dem Sinne, dass ich ir- NEN): Klar. Wer hat denn das sozusagen - - Wer gendeine fachliche Zuständigkeit dafür gehabt hat gesagt: „Der Ader soll das machen“? hätte. Also, ich habe - - Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht. Kon- Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie zum kret verfügt wird es vom Personalmanagement. Beispiel in einem Land eingesetzt, in dem - - Die schreiben eine Personalverfügung. Ich kenne die Verfügung; ich kenne nicht die Akte, die an Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kollegin Ren- dieser Verfügung hängt, ob sich aus der irgend- ner, gönnen Sie dem Kollegen von Notz auch etwas ergibt. Das interessiert mich eigentlich noch Fragen? auch nicht.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber wir würden uns überlegen, die bei- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt ehrlich? zuziehen, einfach weil diese Frage interessant ist und weil diese Befragung so unerfreulich abläuft. Martina Renner (DIE LINKE): Also ganz einfach: Und wir müssen Ihren Vorgänger hören und die- Waren Sie in einem Land eingesetzt, in dem zum sen Dingen auf den Grund gehen. Ich finde, man Beispiel Drohneneinsätze stattfinden? Das meine könnte es einfach beantworten; aber das scheint ich mit „Berührungspunkte“. ja irgendwie schwer möglich zu sein.

Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Jetzt haben Sie eben noch mal gemeint, das sozu- sagen korrigieren zu müssen. Deswegen beschäf- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. tige ich mich jetzt noch mal mit dieser Weisung. Wir sind uns ja inzwischen einig, dass das von Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Herr 1995, was ich Ihnen vorhin vorgelegt habe, eine Kollege von Notz. Weisung ist.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, wobei noch einmal: NEN): Wer hat Sie denn gefragt, ob Sie auf diese Mir ist hier an diesem Tisch vorgelegt worden Stelle gehen? das Blatt 2. Das ist ein Auszug offensichtlich aus einem längeren Dokument, aus dessen Einleitung Zeuge Dr. Werner Ader: Was ist da jetzt der Be- oder Gesamtkontext sich der Weisungscharakter, zug zum Untersuchungsgegenstand? - Die Lei- auch mit dem, was konkret verlangt wird an Ver- tung. haltensweisen - das ist der Inhalt einer Wei- sung -, ergeben könnte. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Leitung. - Und wer ist das? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe Ihnen zuerst die Weisung selbst Zeuge Dr. Werner Ader: Die Leitung besteht aus vorgelegt aus dem Jahr 1995, und Sie sagen, Sie dem Präsidenten und mehreren Vizepräsidenten, haben das nicht als Weisung, als solche erkannt. und da haben mehrere Gespräche stattgefunden. Aber im Zusammenhang mit der E-Mail, die wir dann gemeinsam gelesen haben, hat sich das für Sie ergeben, dass das eine Weisung ist.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 159 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. das, was durch die Filtermechanismen der Abtei- lung TA gemacht wird, in Grenzen dessen, was Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- § 9 Absatz 2 und der § 19 Absatz 3 festschreiben, NEN): So. - Und diese Weisung gilt bis heute. eingehalten wird. Das hatte ich schon gesagt. Oder ist die aufgehoben worden? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Dr. Werner Ader: Das weiß ich nicht. NEN): Sie sagen, obwohl Sie sich auf die Welt- raumtheorie stützen, bei dem, was Sie heute Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- machen, halten Sie sich an diese Weisung? NEN): Das wissen Sie nicht? Als verantwortlicher Jurist wissen Sie nicht, ob diese Weisung noch Zeuge Dr. Werner Ader: Ihre Frage unterstellt gilt? einen kausalen Zusammenhang. Ich sage - -

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kannte diese Wei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sung bis jetzt nicht. Ich habe sie vor wenigen Ta- NEN): Nein. Passen Sie auf; dann lassen Sie mich gen zum ersten Mal gesehen im Zuge der Vorbe- umformulieren, damit wir ein bisschen Zeit spa- reitung auf diese Ausschusssitzung und habe ren. - Hält der BND diese Weisung mit dem Pro- seither nicht herausbringen können, ob sie in ir- zedere heute ein, ja oder nein? gendeiner Form geändert, aufgehoben - was auch immer - worden ist. Zeuge Dr. Werner Ader: Ob der BND diese Wei- sung einhält in allen Details, das weiß ich nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das Sachverständigengutachten von Dr. Graulich NEN): Also, Sie sagen, es könnte sein, dass diese hat ja Rechtsverstöße aufgezeigt. Die Frage für Weisung noch gilt, aber Sie wissen es nicht ge- mich als Leiter des Rechtsreferates ist - die stelle nau? ich mir dann in meiner Funktion -: Wenn wir die §§ 9 Absatz 2 und 19 Absatz 3 anwenden wür- Zeuge Dr. Werner Ader: Solange ich nichts Ge- den, entspricht das der Praxis? Oder: Entspricht genteiliges weiß, gehe ich davon aus, dass eine unsere Praxis den Vorgaben dieser gesetzlichen erteilte Weisung auch weiter gilt. Vorschriften? - Nach dem, was ich darüber weiß - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So. - Und entspricht diese Weisung der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Praxis, die heute stattfindet innerhalb des Bun- NEN): Nicht den gesetzlichen Vorschriften, der desnachrichtendienstes? Weisung, Herr Zeuge. Entspricht die Praxis - die Frage ist doch nicht so schwer - - Vor allen Din- Zeuge Dr. Werner Ader: Sie haben ja selber hier gen, weil Sie eben gesagt haben, Sie halten sich zitiert und mir auch vorgelegt die Mail aus dem an die Weisung. Bundeskanzleramt vom August 2013, also - noch einmal - vor dem Zeitpunkt, deutlich vor dem Zeuge Dr. Werner Ader: Aus meiner Sicht ent- Zeitpunkt, bevor ich das Rechtsreferat übernom- spricht das, was wir praktizieren, auch der Wei- men habe. Dieser Mail entnehme ich, dass man sung. jedenfalls an dem, was 1995 geschrieben wurde, gewiesen wurde, weiter festhalten will. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist gut. Sie sagen als der verantwort- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- liche Jurist: „Diese Weisung von 1995 entspricht NEN): Das beantwortet meine Frage nicht. der Praxis heute beim Bundesnachrichtendienst, bei der automatisierten Weitergabe von Daten“? Zeuge Dr. Werner Ader: Das heißt, ich bin auch unter Berücksichtigung dessen, dass diese Wei- sung weiter gilt, durchaus der Auffassung, dass

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 160 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kenne nicht alle De- eben nicht mit dieser Weisung in Einklang steht. tails dieser technischen Umsetzung, sondern für Das sollte Ihnen auch bekannt sein. mich - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. NEN): Das habe ich ja sowieso nicht verstanden in Ihrer Argumentation. Wenn Sie nicht verste- RD Philipp Wolff (BK): Ja, warum sagen Sie das hen, wie die Technik läuft, sich aber auf die dem Zeugen nicht? Technik berufen, dafür, dass das rechtmäßig ist, was passiert, da habe ich irgendwie das Gefühl, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass da ein gewisses Kontrolldefizit besteht. NEN): Warum soll ich ihm das sagen? Wenn er Also, entweder Sie kümmern sich darum, zu ver- nicht weiß, was Heiß sagt - - stehen, wie die Technik funktioniert, oder Sie können halt nicht sagen, ob das rechtmäßig ist, RD Philipp Wolff (BK): Weil Sie einen Vorhalt was passiert. machen -

Das führt mich nämlich zu der nächsten Frage. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie haben sich vorhin darauf - - Also, mit der NEN): Ich halte es ihm vor. Ich finde es sowieso Weisung, das steht jetzt so im Protokoll. Da bin gut, wenn - - ich mal gespannt, wie das läuft. - Herr Wolff hat dazu auch eine Meinung. - Aber ich wollte noch RD Philipp Wolff (BK): - der eine falsche Sach- einmal fragen, weil Sie vorhin darauf verwiesen lage - - haben - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wollen wir NEN): Nein, nein! Da haben Sie völlig recht, Herr denn die Meinung von Herrn Wolff kurz hören? Wolff. Das sollte die Öffentlichkeit hören. - Das Wir halten auch die Zeit an. ist MAT A BK-1/6b, Blatt 62. Da schreibt der Ab- teilungsleiter 6 an den „Herrn Chef des Bundes- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kanzleramtes“. NEN): Ich weiß nicht, aber - - (RA Johannes Eisenberg: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War etwas Wann?) rhetorisch, die Frage. - Herr Wolff. - Am 7. August 2013. - Das könnte ich jetzt lang- RD Philipp Wolff (BK): Herr von Notz, wenn man atmig vorlesen. Ich lese aber den entscheidenden einem Zeugen Fragen stellt und einen Sachver- Satz vor; da geht es um den Sachverhalt: halt darstellt, dann kann man ihm nicht darüber hinausgehende relevante Beweismittel vorenthal- Alle vom BND an die NSA in Bad ten. Sie führen den Zeugen meines Erachtens Aibling weitergegebenen Daten werden G10-bereinigt. Eine Über- ganz bewusst auf eine falsche Fährte, um ihn zu mittlung von Daten von deutschen einer Aussage zu führen, die Sie hören wollen. Telekommunikationsverkehren, die dem Fernmeldegeheimnis (Dr. Konstantin von Notz nach Art. 10 GG unterliegen, wird (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- damit verhindert. NEN): Nein!) Und dann: Ich habe vorhin schon mal darauf hingewiesen, dass es im Nachgang zu der Mail von Frau Bar- Diese Daten werden, wie nach- tels meiner Kenntnis nach in der Akte ein stehend darzulegen sein wird, im Schriftstück des Abteilungsleiters 6 gibt, das Ausland erhoben.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 161 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

In Klammern: Weltraumtheorie. Kripo machen würde, würde ich laut werden!) Und unterfallen damit nicht den speziellen Übermittlungsvor- - Ach, jetzt - - Ja, Herr Eisenberg. schriften des BNDG. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kommen wir (RA Johannes Eisenberg: doch zum Punkt der Befragung! Besser kann man es doch nicht ausdrücken!) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, der Punkt der Befragung ist: Diese Wei- Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist aber, glaube ich, sung aus dem Bundeskanzleramt, die bis heute genau das, was ich auch gesagt habe. gilt, wird nicht beachtet. Sie haben das nicht al- leine entschieden - Gott sei Dank, kann man sa- (RA Johannes Eisenberg: gen -, sondern Herr Heiß hat das entschieden. Warum sagen Sie das jetzt erst?) Aber es bleibt dabei, dass diese Weisung nicht eingehalten wird und dass man sich stattdessen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eben auf das Konstrukt der Weltraumtheorie be- NEN): Ach! ruft, die selbst Herr Wolff rechtsirrig fand oder - wie? - nicht schlüssig, nein, abwegig. (RA Johannes Eisenberg: Das ist doch nicht fair!) RD Philipp Wolff (BK): Herr von Notz, Sie be- haupten jetzt nicht ernsthaft - - - Was heißt „ist doch nicht fair“? Wenn er nicht erklären kann, worauf er sich beruft bei dem, was Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, er hier vertritt - - Heiß sagt halt - das ist Ihr Chef; da ist immer noch eine Lücke, die Herr Wolff das gebe ich gern zu -, jetzt noch mal probiert zu schließen, wenn ich es richtig sehe. (RA Johannes Eisenberg: Er ist erst am 1. Dezember da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eingestiegen!) NEN): Die Lücke, Herr Wolff!

Heiß sagt: „Mich interessiert die Weisung nicht“, RD Philipp Wolff (BK): Die Lücke. Ich versuche und Sie hätten wunderbar sagen können: Ich es noch mal. - Herr Heiß ist doch der zuständige sage, mich interessiert die Weisung auch nicht, Abteilungsleiter 6 im Bundeskanzleramt. Wenn weil der Abteilungsleiter 6, Herr Heiß, hat gesagt, der sagt, dass die Weltraumtheorie gilt und nicht dass Weisungen aus dem Bundeskanzleramt die Weisung aus 1995, dann sagt das der zustän- nicht interessieren. - Es ist insofern schön, dass dige Abteilungsleiter 6 so. Herr Wolff das noch einmal so herausarbeitet. (RA Johannes Eisenberg: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das war jetzt Junges Recht bricht altes aber nicht Gegenstand. Dass Weisungen aus dem Recht!) Bundeskanzleramt nicht interessieren, das stand da jetzt nicht; habe ich nicht gehört. Das sollte man dem Zeugen kommunizieren, wenn ihm möglicherweise der vorangegangene Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sachverhalt nicht bekannt ist, weil er ihn auch NEN): Nein. gar nicht kennen muss, weil er erst im Dezember 2013 in sein Amt gelangt ist. - Das ist das, was (RA Johannes Eisenberg: ich zum Ausdruck bringen - - Das ist einfach eine ganz unfaire Vernehmung! Wenn das einer bei der

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 162 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu einer fiktiven historischen Rechtslage. Ich NEN): Dann muss er das nicht kennen? habe mich abstrakt dazu geäußert, ich habe auch die aktuell aus Sicht des Bundesnachrichten- RD Philipp Wolff (BK): Wenn das nicht mehr dienstes zutreffende rechtliche Bewertung wie- gilt - - derholt - Stichwort „Weltraumtheorie“ -, und im Übrigen habe ich eine weitere rechtliche Bewer- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tung abstrakt abgegeben, was wäre, wenn wir der NEN): Na ja. Ich sage das nur so, Herr Wolff: Über Weltraumtheorie nicht folgen. Punkt. Von daher die Rolle der Abteilung 6, ob das sozusagen der kann ich die innere Logik der Argumentation des BND im Bundeskanzleramt ist oder umgekehrt - Abgeordneten Dr. von Notz so nicht nachvollzie- dem werden wir versuchen noch auf den Grund hen. Insbesondere wehre ich mich dagegen, dass zu gehen. hier Unkenntnis einer nicht relevanten Weisung zu einem Zeitpunkt vorgeworfen wird, zu dem Aber jetzt wollte ich noch eine andere Frage stel- sie offensichtlich schon aufgehoben war, nämlich len. als ich das Amt übernommen habe.

(RA Johannes Eisenberg: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber trotzdem, richtig war NEN): Die Weisung von Herrn Heiß ist nicht rele- das nicht! Das muss er ja vant, sagen Sie? nicht wissen! Er muss doch nicht die 95er Weisung, die (RA Johannes Eisenberg: korrigiert ist, kennen!) Die andere!)

- Ich sage mal: Es ist erstaunlich genug - wenn Zeuge Dr. Werner Ader: Die andere, die aufgeho- wir das festhalten, ist es doch eine super Sache -, bene. dass heute, im Jahr 2015, der in diesem megasen- siblen Bereich verantwortliche BND-Mitarbeiter, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der sozusagen die Verantwortung dafür trägt, NEN): Ach so. Aber Sie kannten die - - Sie haben dass man rechtlich okay vorgeht, nicht weiß - doch gerade gesagt - - Nein, jetzt wirklich. Jetzt und weil es offensichtlich nicht dem „Need to wollen wir doch mal, - know“-Gehabe im Bundeskanzleramt und im BND entspricht -, dass Herr Heiß entgegen aller Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ihre Zeit ist Meinungen innerhalb des Bundeskanzleramts abgelaufen! und des BND am 7. August 2013 sozusagen alles overruled hat. Das kann er nicht selbst formulie- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren. NEN): - auch weil Eisenberg so echauffiert ist und sich gerade so für Bürgerrechte einsetzt - - (RA Johannes Eisenberg: Den Moment wollen wir mal festhalten. Das hat er ja gar nicht gesagt!) (Zuruf von RA Johannes Eisenberg) Zeuge Dr. Werner Ader: Herr Vorsitzender, dazu möchte ich eine Kommentierung abgeben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wollen wir denn mal ganz kurz die Frau Kollegin Renner fra- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen, ob sie noch Fragen hat? Sonst könnten wir NEN): Ja, bitte. direkt hier weitermachen, wenn Sie keine Fragen mehr hätten. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gerne.

Zeuge Dr. Werner Ader: Denn so, wie sich die Rechtslage darstellt, bin ich hier befragt worden

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 163 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Wir machen da Weisungen drin sind, die Sie total verunsichern, erst mal weiter. Ich habe dann eine Frage, wenn und dann dieses Schriftstück von Herrn Heiß der Komplex durch ist. Ihnen vorenthalten. - Das, was jetzt aufgeschla- gen ist, ist der Brief von Herrn Heiß. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe das gehofft. Deswegen können wir direkt weiterma- (Dem Zeugen werden chen. Unterlagen vorgelegt - Er blättert in diesen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Unterlagen) NEN): Herr Zeuge, Sie haben gesagt, Sie haben diese Weisung erst bei der Vorbereitung auf diese Hatte der Ordner die Dicke, oder waren das ein- Sitzung zur Kenntnis genommen und wüssten zelne oder - - nicht, ob sie noch gilt oder nicht. Dann frage ich Sie mal: In welchem Zusammenhang haben Sie Zeuge Dr. Werner Ader: Dieses Schreiben des sie denn zur Kenntnis genommen? Wie haben Sie Abteilungsleiters 6 vom 7. August 2013 kannte sich denn vorbereitet? Haben Sie vielleicht den ich bis jetzt nicht. Aktenordner MAT A BK-1/6a, 6b, 6c bis 6g gele- sen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wer hat Ihnen denn die Akten zur Verfü- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich weiß nicht mehr, gung gestellt zur Vorbereitung? welches Rückenschild ein Aktenordner getragen hat, den ich zur Vorbereitung gelesen habe. Ich Zeuge Dr. Werner Ader: Der Dienst hat dafür habe in der Hand gehabt zur Vorbereitung einen eine Organisationseinheit, die sich mit der Arbeit Aktenordner, in dem waren die verschiedenen hier im Untersuchungsausschuss und dessen Be- Fassungen der Dienstvorschrift „Übermittlung“ gleitung beschäftigt, und die haben mir die Un- enthalten. Es gibt einen weiteren Aktenordner; da terlagen zur Verfügung gestellt. sind unter anderem - darauf habe ich mich ja auch bezogen - Korrespondenz und Überlegun- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen, ich glaube, aus dem August 2013 enthalten, NEN): Wo haben Sie die eingesehen? wo es um die rechtlichen Möglichkeiten ging, zum Beispiel das mit der Weltraumtheorie zu be- Zeuge Dr. Werner Ader: In der Liegenschaft in gründen. In diesem Zusammenhang ist dort auch der Garde-Schützen-Kaserne. dieses Papier aus dem Bundeskanzleramt. Also, die Weisung von 95 habe ich dort gefunden, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht deren sozusagen weitere Behandlung im NEN): Kann das vielleicht jemand aufklären? Bundeskanzleramt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich vermute, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Wolff kann das aufklären. NEN): Also: Haben Sie die Akte vielleicht gehabt und nicht zur Kenntnis genommen, oder haben RD Philipp Wolff (BK): Das kann ich gerne auf- Sie sie nicht gehabt? - Soll ich Sie Ihnen einmal klären. Grundsätzlich ist es so - da mag es im vorlegen lassen? Einzelfall Ausnahmen geben -, dass den Zeugen des BND die Akten des BND zur Verfügung ge- Zeuge Dr. Werner Ader: Dann müssen Sie mir stellt werden, weil wir nicht davon ausgehen, die komplette Akte einmal vorlegen. Ja. dass Schriftstücke des Bundeskanzleramtes für die Zeugen des BND von Bedeutung sind. Soweit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mir das nach Aktenkenntnis geläufig ist, wurde NEN): Genau. Das machen wir. - Denn eigent- das damalige Schriftstück des AL 6 im Bundes- lich - - Das wäre ja total unfair vom Bundeskanz- kanzleramt umgesetzt sowohl in einem Gespräch leramt, wenn die Ihnen Akten geben, wo solche

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 164 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

mit dem Präsidenten des BND, das dann wiede- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rum - davon gehe ich aus - im BND den Weg NEN): Aha! Also, der 7. August, dieses Schreiben nach unten gefunden hat - hat diese Weisung aus dem Jahr 1995 praktisch für ungültig erklärt? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ah! (RA Johannes Eisenberg: Neue Erkenntnis!) RD Philipp Wolff (BK): - in den Arbeitsbereich. RD Philipp Wolff (BK): Davon gehe ich aus. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber dann bin nicht ich der Böse, der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herrn Ader diese Akte und dieses Schriftstück NEN): Das ist interessant. Das ist wirklich inte- vorenthalten hat, wie Sie mir das eben vorgewor- ressant. fen haben, sondern Sie haben es ihm nicht zur Verfügung gestellt. (RA Johannes Eisenberg: Das haben Sie nicht erkannt?) (RA Johannes Eisenberg: Sie haben doch vorgehalten!) Und das ist auch so möglich? Also - jetzt mal von den Abläufen -: Ein Schreiben des AL 6 reicht, RD Philipp Wolff (BK): Ich muss es doch gar um sozusagen diese Weisung von 1995 für ungül- nicht vorhalten. Herr Ader kennt doch die Wei- tig zu erklären? - Das ist so? sungslage. Die hat er ja geschildert. RD Philipp Wolff (BK): So ist es. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Er hat ja nicht darauf Bezug genommen. Er Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hätte ja eben - - NEN): Okay. Das ist sehr interessant. Vielen Dank. RD Philipp Wolff (BK): Er hat die ganze Zeit auf die Weltraumtheorie Bezug genommen. So, jetzt komme ich aber noch mal zur Filterung. Da haben Sie vorhin gesagt, diese Weiterleitung (RA Johannes Eisenberg: sei ja insofern legitimiert, weil ordentlich gefil- Sie müssen fair vernehmen tert würde. Jetzt frage ich Sie einmal: Wonach und nicht einen falschen werden denn die Selektoren gefiltert, nach wel- Vorhalt machen!) chen Kriterien? Also, wird da nach Personen- bezogenheit und Nicht-Personenbezogenheit zum Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Beispiel gefiltert, oder nach welchen Kriterien NEN): Er wusste nicht, ob diese Weisung noch wird, bevor man diese Daten weiterleitet, eigent- gilt oder nicht. Jetzt frage ich Sie mal, Herr Wolff, lich aussortiert? wenn Sie hier schon so darauf beharren und wir so interessante Rechtsgespräche führen: Gilt Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kann ja nur aussor- diese Weisung aus dem Jahr 1995 noch, oder gilt tieren nach den Kriterien, nach den Anknüp- sie nicht mehr? fungspunkten, die aus der betreffenden Informa- tion, den Daten erkennbar sind. Wenn solche Da- RD Philipp Wolff (BK): Nach meiner Kenntnis ten nicht einmal drin sind, weil es an der Perso- nach der Aktenlage nicht; denn ich kenne die nenbezogenheit fehlt, ist eigentlich auch kein Aktenlage vom Bundeskanzleramt, und da gehe Eingriff in ein Recht denkbar. Dann kann das ich davon aus, dass das, was der Abteilungslei- Problem, das Sie skizzieren, aus meiner Sicht ter 6 2013 geschrieben hat, auch gilt. - So wurde eigentlich nicht auftreten. Näheres wäre einer es mir kommuniziert. einzelfallbezogenen Prüfung dieser Selektoren

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 165 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

vorbehalten. Sie müssten sich das wirklich an- Anzahl von einzelnen Einsteuerungen übrig ge- schauen - in Stichproben, wie auch immer -, um blieben ist, demzufolge möglicherweise auch Er- das zu prüfen. fassungen und Übermittlungen, die rechtswidrig waren, ist eine andere Frage. Das ist sicher etwas, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- worüber ständig weiter nachgedacht wird: Wie NEN): Und tut man das? kann man das optimieren? - Dazu wird sicher auch dieser Ausschuss Wichtiges beitragen. Aber Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bin damit bis jetzt prima facie ist für mich die Aussage aus dem nicht beauftragt worden; aber noch mal: Wenn Gutachten, dass - - Ich glaube, die Formulierung ich einen Filtermechanismus schaffe, der genau ist: Im niedrigen Promillebereich sind rechtswid- darauf abstellt, über drei Stufen, dann, würde ich rige Selektoren zur Verfügung gestellt worden. sagen, stellt sich das für mich so dar, als ob man das tut. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie sich denn - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber passiert es denn tatsächlich? Wenn Zeuge Dr. Werner Ader: Da habe ich als Rechts- Sie sagen - - referat erst recht keinen Anlass, zu sagen: Hier läuft etwas grundsätzlich falsch. Zeuge Dr. Werner Ader: Aus dem - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt möchte Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich ganz kurz, lieber Kollege - weil wir die Frau NEN): Wenn ich ganz kurz noch formulieren Kollegin Renner übergangen haben und nicht darf. - Wenn Sie sagen: „Das sind die Kriterien, einmal mehr 15 Minuten haben -, noch der Frau nach denen das rechtskonform passieren kann“, Kollegin die Chance geben, wenn sie denn noch haben Sie dann nicht auch in Ihrer Funktion eine Fragen hat, die zu äußern. Wir haben sie einmal Verantwortung, zumindest zu überprüfen oder ir- übergangen. Wenn die Frau Kollegin Renner gendwo schriftlich hinzumelden, dass diese tech- noch Fragen hat, möchte ich ihr auch noch die nische Umsetzung dann auch richtig zu erfolgen Gelegenheit geben. Sonst wäre sie übergangen hat, und können Sie mir sagen, dass diese techni- und hatte gar keine Möglichkeit, Fragen zu stel- sche Umsetzung heute richtig erfolgt? len.

Zeuge Dr. Werner Ader: Es macht doch keinen Martina Renner (DIE LINKE): Ich hätte eigentlich Sinn, dass das Rechtsreferat an den Fachbereich noch zu fragen, was mit der Datenübermittlung meldet: Die technische Umsetzung dessen, was von kryptierten oder anonymisierten Daten ist. ihr vorhabt, hat auch zu erfolgen. - Das ist ja das, Aber das ist ein so weites Feld. Wenn wir das was die entwickeln. Die sind für die technischen jetzt hier aufmachen, glaube ich, kommen wir Fragen die Fachleute. Die können das Rechtsrefe- weg von dem Thema, das wir gerade haben. Des- rat jederzeit fragen: Haben wir auch die rechtlich wegen - relevanten Dinge berücksichtigt? - Das ist nach meiner Auffassung der Fall, und damit ist das, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - kann dann was das Rechtsreferat in diesem Prozess leisten der Kollege von Notz seine zu Ende stellen? kann, auch im Wesentlichen tatsächlich geleistet. Aber dass jetzt der Fachbereich das dann auch Martina Renner (DIE LINKE): - kann der Kollege umsetzt, das ist - - Das kann auch niemand ande- von Notz einfach weiterfragen in seinem Kontext. rer als der Fachbereich. Wenn das, was ich dem Sachverständigengutachten von Dr. Graulich ent- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klasse. Dann nommen habe, zutrifft, dann ist das ja auch in machen wir das so. sehr hohem Maße und außerordentlich effizient erfolgt. Dass trotzdem noch eine beträchtliche

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 166 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nach welchen Kriterien wird denn tat- NEN): Da will ich Ihnen einen geben: Das Bun- sächlich gefiltert? - Ich sage Ihnen ganz kurz, nur deskanzleramt hat im Mai 2015 beschlossen, Mil- weil Sie darauf jetzt Bezug genommen haben: lionen von IP-Selektoren nicht mehr einzu- Dieses Gutachten von Herrn Graulich - - Ich steuern, weil man schlicht nicht wusste, was möchte es eigentlich nicht „Gutachten“ nennen; man einsteuert. Haben Sie davon was mitbekom- er selbst sprach von einem Behördenbericht. Ich men? würde auch eher BND-Bericht sagen. Das fände ich jetzt selbstreferenziell, wenn Sie jetzt darauf Zeuge Dr. Werner Ader: Nein, das kenne ich im verweisen. Dieses Kurzgutachten zur Weltraum- Detail nicht. theorie hat eins zu eins Eingang gefunden in die- ses Kurzgutachten, und wenn Sie sagen: „Na gut, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- so ist es“, dann bestätigt sozusagen der BND, was NEN): Ja, im Detail! Davon haben Sie nichts ge- der BND sagt. Das ist mir etwas zu wenig. Und hört, dass man keine IP-Selektoren mehr ein- bei der Analyse, also bei Ihren Schlussfolgerun- steuert? gen, die Sie sich hier offensichtlich auch zu eigen machen, dass man anhand einer Liste von 40 000 Zeuge Dr. Werner Ader: Zu welchem Zeitpunkt aussortierten Begriffen - - Wenn man die war das? 13 960 000 anderen Begriffe nicht anschauen kann, von denen man nicht weiß, was da einge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- steuert wird, dann kann man auch nicht sagen: NEN): Mai 2015. War in der Zeitung. Es hat nur im Promillebereich falsche Einsteue- rungen gegeben. - Wir wissen es schlicht nicht. Zeuge Dr. Werner Ader: Das wäre dann aber Es sei denn, Sie können mir jetzt darlegen, wie außerhalb des Untersuchungszeitraums. die anderen 13 960 000 Selektoren technisch per- fekt gefiltert worden sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ach so! Das ist ja super. Und in Ihrer Dar- Zeuge Dr. Werner Ader: Ihre Frage unterstellt stellung eben „Sie haben keinerlei Anlass“, da eine Plausibilität, die ich rechtlich nicht nach- denken Sie dann immer nur im Untersuchungs- vollziehen kann; denn das einzige mir bekannte, zeitraum, und die Anlässe, die das Bundeskanz- sozusagen empirisch fundierte Zahlenmaterial ist leramt und Herr Altmaier gesehen haben, um das aus diesen Ablehnungslisten usw., was Herr diese Rechtspraxis zu beenden, die unter Ihrer Dr. Graulich untersucht hat. Das ist eine im Ver- Federführung über Jahre lief, von der das Bun- gleich zu den gesamten Selektoren und zu den deskanzleramt gesagt hat: „Um Gottes willen! gesamten erfassten Informationen sicherlich Wir haben zu all diesen Selektoren, die wir nicht kleine Zahl; aber es ist eine über einen längeren verstehen, keine Deutungen. Wir hören lieber Zeitraum erhobene und aus meiner Sicht ange- auf, mit den Amerikanern da zu kooperieren, wir sichts der puren Größenordnung - immerhin ziehen die Notleine“, das ist für Sie kein Anlass, fünfstellig - durchaus statistisch valide Grund- und Sie verweisen hier und tun so, als wären das lage. Das heißt, ich habe keinen Anlass zu sagen: nur Dinge im Promillebereich und Graulich hat Das ist nur die Spitze des Eisbergs oder ein win- recht? Also, Herr Zeuge, ich sage Ihnen: Das hat ziger Bruchteil. - Das ist das Einzige, was faktisch im günstigsten Fall eine verzerrende Art, wie Sie feststeht. Daran orientiere ich mich. Und darüber die Dinge darstellen, und dass Sie solche Infor- zu spekulieren, wie viele in der Differenz zwi- mationen hier weglassen, das irritiert mich. schen 13 960 000 und 40 000 andere, möglicher- weise rechtswidrige Selektoren noch enthalten Man muss wirklich sagen - ich meine, das sind, verbietet sich für mich, weil ich keinerlei scheint ja im BND irgendwie möglich zu sein -: Anhaltspunkt dafür habe, dass das passiert. Dass das Bundeskanzleramt dann beschließt, Mil- lionen von Selektoren herauszunehmen, die un-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 167 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

ter Ihrer Verantwortung eben eingesteuert wur- und Ähnliches sind in dem Bereich eigentlich den, obwohl man nicht verstanden hat, worum es technisch ausgeschlossen. geht, obwohl offensichtlich die Filter nicht funk- tioniert haben - sonst würde das Bundeskanzler- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- amt das ja niemals machen - - Sie tragen immer NEN): Es ist kurios, dass Sie das sagen, weil Ihr noch die Verantwortung dafür. - Okay, das ist so, Präsident hier gesagt hat, dass diese Umstellung nehme ich zur Kenntnis; aber im Hinblick auf die auf automatisierte Filterung ein kardinaler Fehler Fragen, die ich Ihnen stelle, fühle ich sie nicht gewesen ist im Jahr 2008. Wenn Sie das jetzt ex- richtig beantwortet. plizit positiv sehen, ist das interessant. Aber, Herr Ader, ich verstehe nicht, dass Sie jetzt wie- Zeuge Dr. Werner Ader: Und ich teile nicht Ihre der darauf rekurrieren, ohne zu sagen, dass Sie Bewertung des gesamten Vorgangs. Insofern hal- schlicht genauso wenig wie ich über die ten wir da wohl wieder einen Dissens fest. 13 960 000 anderen Selektoren eine valide Aus- sage treffen können. Und das Bundeskanzleramt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sah das halt genauso. Und während Sie fröhlich NEN): Dann sagen sie mal: Wie bewerten Sie den eingesteuert haben über Jahre, hat man dann auf- Vorgang? grund unseres Beschlusses hier - BND-26 - gesagt: Um Gottes willen, wir hören lieber auf! - Insofern Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bewerte den Vorgang habe ich den Eindruck, dass Sie mir zumindest so, wie ihn Herr Dr. Graulich dargestellt hat. Das versuchen einen anderen als den tatsächlichen heißt, das ist das Zahlenmaterial, weil es - so Eindruck zu vermitteln, und das stimmt mich habe ich das Gutachten verstanden oder den Be- traurig. richt; es ist mir gleich, wie wir ihn bezeichnen - wirklich einzeln geprüft wurde. Das ist also eine Damit habe ich keine weiteren Fragen mehr an hohe Belastbarkeit. Daran halte ich mich. Ob man Sie. in anderem Zusammenhang zu einem anderen Zeitpunkt andere Selektoren herausnimmt, weil Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Auch man sich unsicher fühlt, ist davon eine getrennte aufgrund der Zeit gibt es wohl keine weiteren Frage. Das bedeutet ja mitnichten, dass die Fragen mehr, was nicht heißt, dass wir zum Ende rechtswidrig sein müssen. der Befragung auf Dauer kommen, aber auf jeden Fall am Ende des heutigen Tages. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, Herr Dr. Ader, dass Sie uns für die vielen Fragen Zeuge Dr. Werner Ader: Im Übrigen ist ja auch zur Verfügung gestanden haben. Nach seiner Fer- die Liste, die Herr Dr. Graulich geprüft hat - - tigstellung wird Ihnen vom Sekretariat das Steno- sind ja abgelehnte Selektoren. Das spricht ja da- grafische Protokoll übersandt. Sie haben dann, für, dass der Bundesnachrichtendienst in diesem wie ich es anfangs angekündigt habe, zwei Wo- Kontext richtig funktioniert hat. Er hat eben abge- chen Zeit, Korrekturen an der Übertragung vorzu- lehnt. nehmen oder Richtigstellungen oder Ergänzun- gen Ihrer Aussage. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber Sie können doch nicht aus - - Nochmals herzlichen Dank. Möglicherweise wer- den Sie noch einmal geladen für eine eingestufte Zeuge Dr. Werner Ader: Immerhin handelt es Befragung oder einen nichtöffentlichen Teil. Für sich - das sehe ich durchaus auch als Vorteil an - heute wünsche ich Ihnen aber erst mal eine gute um eine automatisiert stattfindende Prüfung. Das Heimreise und noch einen schönen Restabend. - heißt, Unsicherheitsfaktoren, Schwächen wie Danke schön. menschliche Übermüdung, Arbeitsüberlastung

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 168 von 169

Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Die Sitzung ist geschlossen. Einen schönen Abend auch allen Anwesenden, der Öffentlich- keit und den Pressevertretern, die heute so lange ausgeharrt haben. Schönen Abend an alle!

(Schluss: 23.56 Uhr)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 169 von 169

Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss zur d Venveildung

Auf die kommt es für meine Lösung nur marginal Scherer und Graulich - ich bin also Mitheraus- an. Die Arbeit habe ich vor dem Hintergrund ge- geber und Mitautor -,4st gerade in diesem Som- macht, dass ja die G-10-Konunission einige Fra- mer neu erschienen. Ih habe da relativ umfang- gen an mich gestellt hat und diese Fragen etwas reich kommentiert, auch in der Bezugnahme auf leichter vor dem Hintergrund dieses Rechtsver- das Bundesverfassungsgericht, und wichtig ist: ständnisses unterzubringen waren. Also, eine Die Daten, die Verkehrsdaten, zu denen die Be- Übernahme der einen oder anderen Theorie liegt standsdaten hier im Inland müssen auch , mir völlig fern, weil ich eine völlig eigene juristi- hier im Inland vorgehalten Werden, weil sonst sche Lösung vertrete, die ich dann auch erläutern einfach das ganze Abrufsystem nicht stattfindet - werde. können Sie da nachlesen. Beratung durch den Bundesnachrichtendienst war da nicht erforder- Der zweite Punkt betrifft einen interessanten Un- lich. terpunkt zu der Frage, wann Verkehrs- oder Ver- bindungsdaten wegen ihrer Nähe zu Bestands- Die Frage, wie das mit den im Ausland befind- daten als personenbezogene Daten anzusehen lichen Bestandsdaten aussieht, habe ich relativ sind oder nicht. Diese Materie ist insgesamt in ausführlich in einem Spiegel-Interview beantwor- der juristischen Literatur sehr reichhaltig doku- tet, und zwar bevor ich meine Arbeit hier für das mentiert. Hier betraf es nur einen ganz bestimm- Bundeskanzleramt aufgenommen habe - ein In- ten Aspekt, und ich habe eine Position vertreten terview mit Frau Meiritz. Ich zitiere aus den Ant- oder eine schriftliche Version eines Textes vertre- worten. Meine Antwort: ten, die sehr gut das zusammenschrieb, was für den Zweck, um den es hier ging, taugt, nämlich Wahrscheinlich werde ich eine die Frage: Wie sind solche Bestandsdaten oder Reihe sogenannter Verbindungs- wie sind solche Verkehrs- und Verbindungsklaten daten vorfinden, wie E-Mail- zu werten, wenn die Bestandsdaten im Inland zu Adressen und Telefonnummern. Sie ergeben für den Aufklärungs- erreichen sind, und wie sind sie zu werten, wenn auftrag vermutlich nur Sinn, wenn die Bestandsdaten im Ausland nur zu erreichen man die dazugehörigen Bestands- sind? Es hat jemand jetzt unternommen, einen daten hat, beispielsweise den Na- geheimen oder VS-eingestuften Bericht mit die- men und Wohnsitz einer Person. sem abzugleichen und daraus abzuleiten, ich Es besteht das Risiko, 40.000 Se- hätte mir eine Position des Bundesnachrichten- lektoren zu finden, die in keinem dienstes zu eigen gemacht. Ich musste, wie ich offensichtlichen Zusammenhang das zum ersten Mal gelesen habe, herzlich la- stehen. Dies bedeutet viel Arbeit chen. Ich bin Abiturjahrgang 1968, und beim am Detail. nächsten Kommilitonentreffen werde ich die Frage ansprechen, ob es schon mal einer getoppt Dann hat sie noch mal nachgefragt Dann habe hätte, aus einer geheimen Sache abzuschreiben, ich da ergänzt: sozusagen unerkannt. Wahrscheinlich hat das Innerhalb des deutschen Rechts- noch keiner geschafft Wer sich inhaltlich mit kreises kann man diese Informa- diesen Dingen auseinandergesetzt hätte, wäre tionen über die Bestandsdatenaus- übrigens gar nicht in Verlegenheit gewesen, ohne kunft erfahren. Wobei ich auch in auf indiskrete Quellen zurückzugreifen, meine dieser Hinsicht den Arbeitsauf- Stellungnahme zu diesen beiden Punkten nach- wand noch nicht einschätzen lesen zu können. Ich gebe sie Ihnen nachher auch kann. Schwierig wird es, wenn ich zu Protokoll. Verkehrs- und Verbindungsdaten außerhalb der deutschen Tele- Die eine Stellungnahme, nämlich die Frage zu kommunikationsanbieter prüfen müsste. Diese Daten können nicht den im Inland vorgehaltenen Bestandsdaten, fin- einfach angefordert werden. den Sie unter § 112 des Kommentars zum Tele- kommunikationsgesetz von Arndt, Fetzer,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 7 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss Nur z icnstlichen lerwendun.g

Und dann geht das noch weiter. - So, wie ich mir Presse noch der Bundesnachrichtendienst noch das heute Morgen - - Das heißt also, die Positio- Fragen des Parlaments. Ich mache mir meine nen, die in dieser Textpassage enthalten sind, eigenständige Meinung, und über die streiten wir sind nicht mir vom BND eingegeben worden, uns gegebenenfalls. Also, mich konnte auch die sondern ich habe sie bereits vor dieser Zeit ver- Zusammenarbeit in der Chausseestraße nicht in treten, aber - und das hat mich jetzt überrascht - Punkten umstimmen, wo ich nun mal eine in dieser 441erschiitzunfj liegt ein Rechtsfehler. andere Auffassung hatte. Und dieser Rechtsfehler ist mir erst heute Mor- gen aufgefallen, weshalb ich auch so dankbar bin Ich gehe dann zum zweiten Punkt über, in dem für diese Erwähnung in der Presse. Aber es hat ich jetzt Ihnen darstelle die technischen Grund- offenbar auch von den TK-Kollegen keiner den lagen der Kooperation in Bad Aibling, die zum gesehen, und zwar: Ich bin davon ausgegangen, Entstehen dieser Selektoren geführt haben. Die dass im deutschen Bereich die Möglichkeit für Dienststelle in Bad Aibling, die - jedenfalls in eine Bestandsdatenabfrage bestehen könnte. Das den letzten Jahren - vom BND betrieben wird, die ist aber falsch. Denn wir haben ja das Doppel- eine Vorgeschichte hat, die teils deutsch, teils türenmodell des Bundesverfassungsgerichts. Das amerikanisch ist, mit der ich Sie jetzt hier nicht heißt also, allein der § 112 oder § 113 öffnet aufhalten will, dient der Fernmeldeaufklärung nicht die Tür zum Paradies, sondern man braucht von Satelliten. Das ist im Grunde genommen - eine Befugnisnorm - wissen wir aus dem Be- wenn ich das mal etwas salopp sagen darf - eine standsdatenurteil des Bundesverfassungsgerichts veraltete Angelegenheit, weil, wie Sie alle wis- von 2012 und von Ihrem Gesetzgebungsakt aus sen, seit über zehn Jahren der interkontinentale 2013. Die Befugnisnorm für den BND...wäre poten- Telefonverkehr nicht mehr über Satelliten geht, ziell § 2 b des BND-Gesetzes. Mit § 21BND-Gesetz sondern in der Masse über Glasfaser. Es gibt aber kann man aber keine Bestandsdatenabfrage ma- eben noch Reste, und zwar in interessanten Ge- chen, die auf einen amerikanischen Selektor zu- genden, nämlich mit zerstörter Infrastruktur, rückgeht; denn ein amerikanischer Selektor ist Failing States usw., also, wo es mitunter Ereig- natürlich nie der Prüfung unterzogen worden, ob nisse gibt, die für Nachrichtendienste von Inte- er etwa ein Gefahrenmoment aufklären will, für resse sind. Was man ausschließen kann, ist, dass das der BND zuständig ist. Das werde ich Ihnen Telefonverkehre hier erfasst werden, die, sagen hinterher noch ausführlicher erklären, wenn ich wir mal, zwischen Montparnasse und Mont- Ihnen mein Verständnis von diesem MoA dar- martre oder zwischen Neukölln und Moabit ge- legen werde. Das heißt also, auch im deutschen führt werden, weil keine Situation denkbar ist, Bereich wäre - das war mir also in dem Zeit- wo ein solcher Verkehr über Satellit geht, es sei punkt, als ich diesen Text hier abgesegnet habe, denn, es hätte einer den extravaganten Einfall, nicht klar - eine Bestandsdatenauskunft rechtlich hier mitten in Berlin mit einem Satellitentelefon nicht möglich. Tatsächlich kommen da weitere telefonieren zu wollen. Das dürfte aber die Aus- Hindernisse hinzu. Auf die werde ich noch gege- nahme sein. benenfalls im Gespräch mit Ihnen eingehen. So. Die Fernmeldeaufklärung begann dort aufgrund Die Fährnisse dieses Berichtes liegen darin, dass einer Vereinbarung, die in den Jahren 2002 bis ich Ihnen zum Teil Texte andienen musste, wo 2004 geschlossen wurde. Das kennen Sie auch. tz'4,4-ich die Quelle nicht zitieren durfte. Es gibt Das ist dieses MoA, Memorandum of Agreement, eine ganze Reihe von Definitionen im MoA, die plus Annexe, die dann eben ungefähr zwei Jahre wunderbar juristisch klar sind. Sie sind aber gebraucht haben, bis sie formuliert waren. Und in nicht zitierfähig im offenen Bericht, weil sie eben dieser Zeit hat sich dort eine Zusammenarbeit er- Verschlusssachen sind. geben, die unter der Bezeichnung JSA lief. Diese Zusammenarbeit wurde beendet in der ursprüng- Die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen lichen Form 2012. Da zogen nämlich die Ameri- dem BND und mir ansonsten ist: Ich darf Ihnen kaner ihr Personal, das für JSA bestimmt war, ab, versichern: Mich beeindrucken weder schlechte sodass dort nur noch deutsches Personal diese

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 8 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

Die zweite Filterstufe wird vom BND als G-pos- Merkmale auf der zweiten oder dritten Stufe im- Liste bezeichnet. Das ist ein Begriff, an den ich plementiert wurden, die zu einer Herausnahme mich auch erst gewöhnen musste, weil der ir- führten. Das macht dann auch später die Bewer- gendwie nicht so besonders eingängig ist. Diese tung etwas kompliziert. Wir haben es natürlich Filterstufe ist erfahrungswissenschaftlich; das dann mit einem MoA-Verstoß zu tun. Aber es ist heißt, hier sind die ganzen Prüffälle eingegeben eben kein MoA-Verstoß vom selben Härtegrad, worden, von denen der Bundesnachrichtendienst wie wenn gegen die erste Stufe verstoßen wird, in irgendwelchen Zusammenhängen erfahren bei der auf alle Fälle zu erwarten war, dass hat, dass dahinter deutsche Rechtsträger stehen, kein - - nicht der Versuch unternommen wird, und dann setzt er sie auf „Schutz". Das heißt einen - in Anführungszeichen - „deutschen Se- also, sie werden dann als schützenswerte Gruppe lektor" überhaupt anzukelteii. angesehen und bei der zweiten Filterstufe ausge- 1 sondert. Dann komme ich in einer dritten Bemerkung - das ist dann so Seite 100 f.; für diejenigen, die Die dritte Filterstufe - das ist die, die hier mit das mitverfolgen wollen - zur Struktur der Se- diesem Begriff „deutsche Interessen" verbunden lektorenlisten. Diese Selektorenlisten - oder die ist - ist die, ja, letzten Endes am schwierigsten zu Selektorenliste; es tauchen immer verschiedene beschreibende. Historisch ist sie entstanden, weil Begriffe auf - sind zum Teil historisch-genetisch Mitarbeiter des BND schon seit Jahren immer entstanden bei der Arbeit in Bad Aibling. Zum wieder mal Fälle gesehen hatten, die weder unter Teil sind sie aber akzidentiell, also zufällig ent- die erste noch unter die zweite Stufe passten, wo standen oder auch erst aufgefunden worden und sie aber der Auffassung waren, dass man das haben dann nicht zuletzt im Rahmen der Arbeit nicht einfach für einen fremden Partnerdienst dieses Untersuchungsausschusses Namen bekom- steuern dürfte. Und dann wurde eben diese men, die aber keine wirklich schlüssige Systema- Gruppe, die den Arbeitstitel „deutsche Interes- tik ausdrücken. Aber lassen Sie mich kurz etwas sen" hat, angereichert. Sie wissen, dass die spek- dazu sagen. takulärste Anreicherung im Spätsommer 2013 stattgefunden hatte. Nachdem also evident ge- Der größte Teil der Selektoren, also so etwas we- worden war, dass sich eine sehr große Anzahl niger als 40 000, sind Teile der sogenannten Ab- von europäischen Regierungsadressen unter den lehnungsliste. Diese Ablehnungsliste ist konti- Selektoren gefunden hatte, hat man diese deut- nuierlich generiert worden, seitdem das Projekt schen Interessen erweitert um EU-Interessen, also in Bad Aibling betrieben wird. Das heißt, es sind EU-Staaten-Interessen, und hat dann zu einem immer die Selektoren, die angehalten wurden, noch späteren Zeitpunkt dann sogar erweitert auf insbesondere wegen der ersten Filterungsstufe, NATO-Staaten, wobei da natürlich eine große abfragbar gewesen. Deshalb konnte jetzt auch, Koinzidenz besteht. nachdem das gewünscht war, aus dem dort noch vorhandenen Selektorenvorrat diese Liste extra- Diese drei Stufen machen zugleich deutlich, dass hiert werden. es sich, zumindest bei der dritten Stufe, um eine Methodenstufe handelt. Also, hier gibt es keine Es gibt - das spielt dann im Detail noch gelegent- von vornherein festliegenden Definitionsmerk- lich eine Rolle - - Es gab zwei verschiedene Zeit- male, sondern das, was in diese Filterstufe einge- punkte, wo die Datenbanken, die diesen Selekto- stellt wird, ist Work in Progress, reichert sich renlisten zugrunde liegen, neu aufgestellt worden ständig an. Ein Teil der erst zu einem späteren sind: einmal 2008, einmal 2011. Da ist es zum Zeitpunkt herausgenommenen Selektoren - das Teil zu Datenverlusten gekommen. Ich habe das ist ja im Einzelnen kreuz und quer vorgerechnet an einer Stelle beschrieben: Eine Datenbank ist worden - - bei einem Teil dieser Selektoren ist eben kein Grundbuch, sondern sie geht kon- die längere Steuerungsdauer darauf zurückzu- sumtiv vor. Im Grundbuch haben wir dio totale führen, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt Kontinuität. Und hier, bei einem neuen das kennt jeder von uns aus seinem PC -: Das k

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 10 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

N 97;7799,e

Sie keinen technischen Sachverstand mitbrin- hätten, würde mich natürlich interessieren, wel- gen? Das ist nicht schlimm; den bringe ich auch che Auffassung Sie in dem Zusammenhang ver- nicht mit, aber ich schreibe auch nicht so ein treten. Gutachten. Also sozusagen: Wie können Sie sa- gen, DAFIS funktioniert, ohne die 13 960 000 Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Vielen anderen Selektoren anzuschauen? Dank für die Frage. - Ich fange erst mal mit dem Negatorischen an. Die Weltraumtheorie ist in der Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also Sie Tat natürlich eine Sache, die auf sehr vielen un- kennen ja das berühmte Beispiel: Der Schotte terschiedlichen Komponenten aufgebaut ist, und kauft sich keinen Kühlschrank, weil er sich nicht deshalb kann man sie da auch immer angreifen. sicher ist, ob das Licht darin ausgeht. - Das ist die Aber ich habe nicht auf sie abgehoben; deshalb Antwort. will ich jetzt auch nicht irgendwie einfach auf sie einhauen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das habe ich mir gedacht. Mit der Theorie der universellen Grundrechts- geltung habe ich meine Schwierigkeiten, einmal, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist zum weil sie in dem wichtigsten Feld hier ohnehin Nachdenken sicherlich gut. Wir müssten jetzt nicht greift, das ist nämlich die Aufklärung staat- wechseln, wir haben die Zeit schon überschrit- 'f licher Einrichtungen. Die genießeneinen Grund- ten. rechtsschutz; da kann man noch soviel diskutie- ren. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja dann, wir haben ja viel Zeit. Ich habe aber den anderen Einwand: Im Grunde genommen ist das ein Grundrechtsimp9rialis-

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Wir mus, der sich nur freundlich gewancleft hat. kommen jetzt zur Fraktion der CDU/CSU. Frau Nämlich das, was ja passiert bei dem, wie die Kollegin Warken beginnt Anwender daherkommen, ist: Es wird einem Ausländer, der von seinem Glück nichts weiß, Nina Warken (CDU/CSU): Guten Tag, Herr ein deutsches Grundrecht umgehängt, und dann Dr. Graulich, auch von unserer Seite! - Sie hatten kommt das deutsche Grundrechtseinschrän- ja sowohl in Ihrem Gutachten als auch eben ge- kungssystem und kassiert dieses Grundrecht wie- wisse rechtliche Grundannahmen ausgeführt der ein, und das war es dann Er erfährt weder oder im Gutachten auch vorangestellt; das wurde was von dem einen noch von dem anderen. von den Kollegen auch teilweise schon themati- Wenn ich mir jetzt vorstelle, diese Vorgehens- siert. Sie haben die beiden im Streit befindlichen weise projiziert auf zwei afghanische oder zwei Theorien genannt, also die Weltraumtheorie zum pakistanische Personen, die von all ihrem Glück einen und dann die Theorie des deutschen nichts wissen, dann lehnt sich der deutsche Grundrechtsuniversalismus. Sie haben auch, Grundrechtsuniversalist zurück und sagt: „Also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt, wenn der Dienst jetzt unser Go hat, dann ist doch dass es im Ergebnis nicht darauf ankommt, wel- die Welt in Ordnung", da ist überhaupt nichts in che dieser Theorien man nun unterstütze. Viel- Ordnung. Ich meine also, das ist ohnehin eine leicht können Sie das noch mal für uns konkret Landschaft der Idylle in einer Welt von Erwach- ausführen, warum das so ist, vielleicht auch mit senen, die mich überhaupt nicht überzeugt. Das, einem kurzen Aufriss zu den beiden Theorien. was da eigentlich gemeint ist, wenn also insbe- sondere Artikel 1 Absatz 3 festgemacht wird, ist Und dann haben Sie ausgeführt, dass Sie eine die Gesetzesbindung; es ist gar nicht die Grund- ganz andere Theorie vertreten würden. Nachdem rechtserstreckung, sondern die Gesetzesbindung. jetzt auch schon der Vorhalt kam, warum Sie Da meine ich allerdings - das ist das, was Herr denn Ihre eigene Meinung nicht mit eingebracht Flisek völlig zu Recht noch mal nachgefragt hatte -, da müsste man was machen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 40 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

RD Philipp Wolff (BK): Ich finde es allerdings (Dr. Konstantin von Notz auch so ein bisschen albern, jetzt hier lauter Fra- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen zu stellen. Sie hätten zu diesen Gesprächen NEN): So weit kommt das sogar kommen können, Frau Renner. Wir wären noch, dass wir hier Ihr Irrsinnsverfahren - -) auch gerne zu Ihnen gekommen. Ich kann verste- hen - - Martina Reimer (DIE LINKE): Nein, wir sind nicht für die Kosmetik an einem fraglichen Ver- (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fahren zuständig. - Sie haben ja ausgeführt, dass NEN): Ja, das wollten wir BND-Mitarbeiter wohl auch Teile Texte zuge- nicht!) arbeitet haben, und dann haben Sie erwähnt, dass Sie sich mit Mitarbeitern der Fraktionen ge- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, Herr Wolff, Sie troffen haben. Gab es auch Zuarbeiten von Mit- wissen, dass wir das Verfahren grundsätzlich ab- arbeitern der Fraktionen? lehnen. Sie haben heute unsere Stellungnahme gelesen. Wir werden uns da nicht - - zum Teil Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, Zuar- eines Verfahrens machen, das wir auch in Karls- beiten nicht. Das waren sinnvolle, für mich auch ruhe überprüfen lassen, also - - häufig anstoßgebende Gespräche; aber jetzt Zu- arbeiten in einem vergleichbaren Sinn wie das, RD Philipp Wolff (BK): Dann finde ich es aber wie gesagt, „ein Prozent Bundeskanzleramt und auch wieder seltsam - - der Rest aus dem BND raus" nicht, nein.

Martina Reimer (DIE LINKE): Nein. Martina Reimer (DIE LINKE): Also, es gab nur Gespräche? RD Philipp Wolff (BK): Man hätte das Verfah- ren - - Es war ergebnisoffen. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Ja.

(Dr. Konstantin von Notz Martina Reimer (DIE LINKE): Keinen - - (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir beklagen es in Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Keinen Karlsruhe, Herr Wolff!) Papieraustausch.

Martina Reimer (DIE LINKE): Genau. Martina Reimer (DIE LINKE): Keinen Papieraus- tausch. - Hatten Sie denn eigentlich, bevor Sie RD Philipp Wolff (BK): Das ist mir völlig klar. jetzt in der Chausseestraße dort vier Monate ver- bracht haben, vorher schon einmal Kontakt mit (Dr. Konstantin von Notz dem Bundesnachrichtendienst? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau!) Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, der Dann ist es aber ein bisschen seltsam, dass man Bundesnachrichtendienst war ja sozusagen 15 das Verfahren oder den Verfahrensablauf im Jahre lang Grunde meines Senates gewesen, weil Nachgang kritisiert, wenn man ihn hätte selber wir der erstinstanzlich zuständige Spruchkörper beeinflussen können. Also, da kommen wir ir- sind. Von daher kannte ich auch eine ganze An- gendwie nicht so ganz zusammen. Ich hätte auch zahl von Leuten, die ich dann irgendwo in die Fragen, die Sie stellen - - die hätte man na- Pullach, meistens in Pullach, wiedergesehen türlich sinnvoll in den Prozess einbringen kön- habe. So jetzt von diesen eigentlichen, ich sage nen. Dann hätte man vielleicht auch jetzt Ant- jetzt mal, nachrichtendienstlichen Praktikern worten auf diese Fragen. kannte ich keinen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 47 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

'1\1 0 ZU! • \%er-wendti_i)g

Delete-Taste bei mir drücke, das angeblich auch nicht den Vorwurf machen, wie wenn sie einen nicht richtig gelöscht ist. Also, ich kann das nur 049er-Selektor steuern. so referieren, wie die das ausgedrückt haben. Ich bin kein Techniker. Martina Renner (DIE LINKE): Mhm - Haben Ihnen die BND-Mitarbeiter etwas dazu gesagt, Martina Renner (DIE LINKE): Auch mal wieder wie hoch der Anteil der Telekommunikations- eingestellt worden? merkmale war, die vom BND verstanden wurden, also zu denen - wir reden jetzt von der Millionen- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, das liste der NSA-Selektoren -, und wie hoch war der Thema keimen wir aus dieser EADS-Liste. Also, Anteil der Telekommunikationsmerkmale, die da ist ja beobachtet worden, dass es unternom- für den BND lesbar war? men wurde, herausgenommene oder „disap- proved" gestellte Selektoren wieder einzu- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich steuern. kann es jetzt ja nur aus der Menge von den 40 000 sagen. Da waren es die Telefonselektoren. Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten, unter Also, mit „lesbar" - da gehe ich jetzt von aus - den angelieferten NSA-Selektoren sei ein un- meinen Sie, die Begründung lesbar. wesentlicher Teil- ich muss jetzt gerade noch mal nach Ihrer Formulierung nachsehen - - Ach Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau, ob man so: Es wurde überwiegend nicht G-10-Bezug an- dazu eine Begründung hatte. gedient. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jaja, genau. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Wenn Sie mir jetzt helfen. Ich habe den - - Martina Renner (DIE LINKE): Und zu der Ge- samtzahl der Selektoren: Haben Sie da mal nach- Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben das gefragt? Weil wir reden hier von Millionen von heute gesagt: überwiegend nichts angedient mit Selektoren. G-10-Bezug. - Ich würde gerne mal was zur Quan- tifizierung wissen, was „überwiegend nichts an- Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Jaja, klar gedient" heißt. Also, wieweit diese 40 000 repräsentativ sind, kann ich jetzt nicht beurteilen. Aber ich habe ja Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Na ja, die schon gesagt: Da geht es um so ein ungefähr Eins- Zahl der Verstöße ist ja überwiegend im europäi- zu-zehn-Verhältnis, also von den Telefonieselek- schen Bereich passiert, jedenfalls wenn man toren zu den anderen. Wenn das repräsentativ ist, diese 40 000 betrachtet. Und von den Teilen, die können Sie es entsprechend aufteilen. jetzt deutschen Bezug hatten, waren ja überwie- gend Fälle betroffen, die auf der zweiten oder Martina Renner (DIE LINKE): Das heißt, von den dritten Stufe herausfielen. Und das waren jetzt 7 Millionen Selektoren hat man 700 000 verstan- diese Fälle, wo ich ja schon heute Morgen ein- den. gangs erklärt hatte, wo man natürlich nicht bei den Amerikanern ohne Weiteres unterstellen Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Konnte sie kann, dass die über diese Dinge Bescheid wuss- verstehen, wenn man es wollte, ja. ten, weil diese Selektoren waren ja dann keine Selektoren mit - was weiß ich - 04er-Vorwahl, de- Martina Renner (DIE LINKE): Von den 6 Millio-

Domain oder so irgendetwas, sondern die fielen nen, zu denen man - - ja am Ende nur heraus wegen deutscher Zusatz- kenntnisse, die aber die Amerikaner nicht hatten. Sachverständiger Dr. Kurt Graulich: Also, ich Also, deshalb habe ich das da auch weicher for- sage jetzt zu Ihrer Millionenzahl, bevor Sie jetzt muliert. Man kann den Amerikanern in dem Be- hier wieder - - reich jetzt - europäisch ist wieder ein anderer -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 87 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist nicht einer Umorganisationen redaktionelle Anpassun- der Fall. - Dann darf ich Sie bitten, sich zu Be- gen erforderlich sind, weil man einfach Organisa- ginn Ihrer Ausführungen dem Ausschuss mit tionsbezeichnungen austauschen muss oder sich Name, Alter, Beruf und einer ladungsfähigen An- aus irgendwelchen Änderungen, beispielsweise schrift vorzustellen. durch gesetzliche neue Rahmenbedingungen, An- passungszwang inhaltlicher Art für eine Dienst- Zeuge Dr. Werner Ader: Meine Name ist Werner vorschrift ergibt. Genauso ist es hier auch. Ader. Ich bin 56 Jahre alt, Jurist, seit 1989 im Bundesnachrichtendienst in verschiedenen Ver- Nina Warken (CDU/CSU): Also, es gab keine be- wendungen und seit dem 1. Dezember 2013 Lei- sonderen Anlässe, sondern lediglich redaktionel- ter des Rechtsreferates; zu laden über den Bun- len Anpassungsbedarf oder Gesetzesänderungen. desnachrichtendienst. Oder gab es auch andere Anlässe, weswegen dann die Dienstvorschrift aktualisiert werden Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- musste? Was hat man denn daraufhin geändert? lichen Dank. - Dann möchte ich Ihnen, wie ich es gerade schon gesagt habe, nach § 24 Absatz 4 die Zeuge Dr. Werner Ader: Also, mir ist jetzt nichts Gelegenheit geben, ein sogenanntes Eingangs- bekannt. Die letzte Fassung ist ja die vom Januar statement zu halten, also im Zusammenhang, 2014. Und das waren, soweit ich es in Erinne- ohne durch Fragen unterbrochen zu werden, zum rung habe, eigentlich nur redaktionelle Dinge. Beweisthema vorzutragen. Möchten Sie hiervon Gebrauch machen? Nina Warken (CDU/CSU): Und nach Januar 2014 gab es also keine Revision mehr? Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Kein Eingangs- statement. Zeuge Dr. Werner Ader: Kenne ich nicht. Nein.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Müssen Nina Warken (CDU/CSU): Existierte eine der Sie natürlich auch nicht. - Dann kämen wir di- heutigen Dienstvorschrift „Übermittlung" ver- rekt zu den Fragen. Und wenn Sie so schnell gleichbare Regelung auch schon vor November sind, denke ich mir, ich beschleunige das auch 2005? etwas und verzichte auf meine Fragen, sodass wir direkt mit den Fragen der Fraktionen einsteigen Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kenne nicht können. Ich kann ja dann immer wieder bei den die Genesis der Dienstvorschrift insgesamt. Wie Fraktionen mich auch einklinken Dann würde weit die jetzt in den Vorgängerversionen zurück- als Erstes die Fraktion der CDU/CSU beginnen. reicht, weiß ich nic t. Müsste man nachschauen. Und Frau Kollegin Warken beginnt. Soweit ich weiß, is Ihnen vorgelegt worden eigentlich ab der sten in Kraft gesetzten Fas- Nina Warken (CDU/CSU): Vielen Dank. - Herr sung. Das kann ich aber aus eigener Anschauung Dr. Ader, Sie wurden uns als Leiter des Justizia- nicht beurteilen. riats in der Zentralabteilung des BND benannt und sind damit zuständig für eine Dienstvor- Nina Warken (CDU/CSU): Die Fassung vom schrift „Übermittlung", die uns als Ausschuss 22. Januar 2014 - entnehme ich dem Vorblatt - vorliegt. Uns liegt die Version vor vom 28. No- haben ja Sie gezeichnet als Leiter des Justizia- vember 2005 bzw. mit den regelmäßigen Aktua- riats. lisierungen und dem Stand 22. Januar 2014. Wie regelmäßig wird denn diese Dienstvorschrift ak- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. tualisiert? Nina Warken (CDU/CSU): Wer hat die Dienstvor- Zeuge Dr. Werner Ader: Da gibt es keinen vorge- schrift „Übermittlung" denn erlassen? Waren das schriebenen periodischen Abstand. Das ergibt Sie oder Ihr Vorgänger, der im Jahr 2005 ja noch sich meist, dass entweder zum Beispiel nach unter der Bezeichnung 47A auftrat, aus eigenem

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 108 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Antrieb? Oder gab es einen Leitungsvorbehalt Nina Warken (CDU/CSU): Aber wenn ich Sie oder Ähnliches? richtig verstanden habe, war diese Dienstvor- schrift dann schon für die gesamte Behörde bin- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das weiß ich nicht dend. mehr, was damals genau die Initialzündung dafür war, diese Dienstvorschrift überhaupt zu erlas- Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. sen. Üblicherweise ist dann, wenn man einen dienstweiten Regelungsbedarf erkennt aus ir- Nina Warken (CDU/CSU): Sie haben es gerade gendeinem Grund - kann im Grunde genommen schon gesagt. Sie haben eine beratende Funktion, aus jedem Bereich er Vorstoß kommen/das in Ihr Referat, das Justiziariat, insbesondere dann, einer Dienstvorschrift zu regeln. Es gibt genauso wenn ich das richtig verstanden habe, wenn im gut die Fälle, dass die Leitung des Dienstes sagt: BND Zweifel daran entstehen, ob und unter wel- Das wird jetzt in einer Dienstvorschrift zusam- chen Bedingungen Daten an ausländische Part- mengefasst und klargestellt oder geregelt. - Das nerdienste weitergegeben werden dürfen. Ist das ist wahrscheinlich so unterschiedlich, wie es so zutreffend? Dienstvorschriften gibt. Also, ich weiß zu dieser konkreten Dienstvorschrift nicht mehr, was da- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, die Dienstvor- mals der Auslöser war. schrift sagt - -

Nina Warken (CDU/CSU): Und zu der, die Sie Nina Warken (CDU/CSU): Ihr Referat. gezeichnet haben, haben Sie die dann auch aus Ihrer Sicht erlassen, oder ist das dann lediglich Zeuge Dr. Werner Ader: Die Dienstvorschrift sagt eine Fortschreibung? zur Rolle meines Referates, dass es in Zweifels- fällen hinzuzuziehen ist. Das heißt, der jeweilige Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist eine Fortschrei- Fachbereich entscheidet für sich, ob er Zweifel bung, aber natürlich in einer geänderten Fassung, hat, und muss dann - keine Kannvorschrift - auf und für die ist das Rechtsreferat verantwortlich. uns zugehen. Ob der Fachbereich Zweifel hat, muss der Fachbereich selber entscheiden. Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Welchen normhierarchischen Rang nimmt denn eine sol- Nina Warken (CDU/CSU): Und wie regelmäßig che BND-interne Dienstvorschrift ein? kommt es denn dazu, dass solche Zweifelsfälle an Sie herangetragen werden? Waren Sie auch Zeuge Dr. Werner Ader: Das ist eine untergesetz- persönlich schon mit solchen Fällen befasst? liche Regelung, die innerhalb der Behörde ver- bindlich ist und die formell in Kraft gesetzt wird Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich kann mich aus durch den Präsidenten. Denn nur der kann ver- meiner Zeit im Rechtsreferat nicht daran erin- bindlich etwas für die Gesamtbehörde regeln. Sie nern, dass man wegen einer einzelnen Informa- gilt für die gesamte Behörde. tionsübermittlung auf das Rechtsreferat zugekom- men wäre. Ich weiß nicht, wie weit in den Fach- Vielleicht zur Erläuterung: Das Aktenzeichen, bereichen diese Dinge diskutiert worden sind. \käs da steht, ein Aktenzeichen des Rechtsrefe- Was es aber natürlich sehr wohl gibt, ist, dass rates, bedeutet nicht, dass das Rechtsreferat man allgemein über Übermittlung, Grenzen einer dienstweit geltende Vorschriften erlassen könnte. Übermittlung im abstrakten Sinne diskutiert im Das Rechtsreferat hat einen Beratungsauftrag all- Zusammenhang mit welchen Anlässen auch im- gemeiner Art und hat in bestimmten Einzelfällen mer, zum Beispiel natürlich mit Übermittlungen natürlich auch Entscheidungsbefugnisse bis hin an die NSA. zum Beispiel zur Widerspruchsstelle. Wenn je- mand gegen eine Reisekostenregelung Wider- Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie diskutiert? spruch einlegt, dann erlässt den Widerspruchs- Oder in den Fachbereichen? Das habe ich jetzt bescheid das Rechtsreferat. nicht richtig verstanden.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 109 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Die Anfragen. Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben ja heute Herrn Graulich als Sachverständigen gehört, der Zeuge Dr. Werner Ader: Okay Dann habe ich das als sachverständige Vertrauensperson ja einen missverstanden. umfassenden Bericht erstellt hat, der auch eine offene Version hat; 263 Seiten lang. Und die Nina Warken (CDU/CSU): Also die Anfragen rechtliche Argumentation des BND zu den ange- bzw. schon auch die rechtliche Diskussion, aber sprochenen Rechtsfragen wird in dem Bericht insbesondere zunächst die Anfragen. etwa auf den Seiten 62 bis 64 zusammengefasst. Kennen Sie den Bericht? Zeuge Dr. Werner Ader: Dann habe ich das miss- verstanden Dann bitte ich, meine Antwort wie Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe die offene Ver- folgt zu korrigieren: Für die Anfragen der BfDI ist sion noch nicht im Detail durchlesen, durch- die behördliche Datenschutzbeauftragte zustän- arbeiten können; aber ich habe es einmal ver- dig. Mir ist nicht bekannt, dass wir als Rechts- sucht, zügig zu lesen. referat zu diesen Anfragen eigens Stellung ge- nommen hätten, sondern das müsste bei der be- Nina Warken (CDU/CSU): Und wird die recht- hördlichen Datenschutzbeauftragten gelaufen liche Argumentation des BND aus Ihrer Sicht sein. dort vollständig wiedergegeben, oder hätten Sie noch was hinzuzufügen aus dem, was Sie schon Nina Warken (CDU/CSU): Und die rechtliche gelesen haben? Diskussion an sich, die ich zunächst geschildert hatte, in die waren Sie oder in die war Ihr Refe- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, da müssten wir rat - damals waren Sie ja da noch nicht - auch jetzt den Text wirklich noch mal Seite für Seite eingebunden. durchgehen. Aber ich glaube, so wie ich es in Er- innerung habe, ist es ungefähr, wenn auch nur Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. ganz kurz, korrekt angerissen.

Nina Warken (CDU/CSU): Wie stellte sich - ge- Nina Warken (CDU/CSU): Dem Bericht ist aber gebenenfalls wissen Sie es auch nicht aus eigener auch zu entnehmen auf Seite 16, dass Herr Anschauung - denn Ihrer Ansicht nach die Dr. Graulich ein Gespräch mit dem zentralen Jus- Rechtsauffassung innerhalb des BND und insbe- tiziariats hat, also Referat ZYF, an dem Sie auch sondere auch im Justiziariat in Ihrem Fachbe- teilgenommen haben. Und in diesem Gespräch reich vor den sogenannten Snowden-Enthüllun- habe der BND seine rechtliche Einordnung von gen und den BfDI-Anfragen dar? Gab es schon rfassungen in Bad Aibling und die Weitergabe immer unterschiedliche Ansichten innerhalb des von dort erfasstem Rohmaterial an die NSA dar- BND oder auch im Verhältnis zum Kanzleramt? gestellt. Hatten Sie denn den Eindruck, dass Herr Graulich die von Ihnen vorgetragene Argumenta- Zeuge Dr. Werner Ader: Also, das weiß ich leider tion nachvollziehen konnte? nicht. Ich kenne natürlich die wesentlichen Ar- gumente, die, ich glaube, im Sommer 2013 ausge- Zeuge Dr. Werner Ader: Also nachvollziehen in tauscht wurden, aus Kenntnis von eigenen Akten dem Sinne, dass er die innere Schlüssigkeit und des Rechtsreferates. Ich halte die Auffassung, die Plausibilität nachvollziehen konnte, ja. Ob er sie damals vertreten wurde, dass wir an den Satelli- in der rechtlichen Bewertung für zutreffend hielt, ten die Informationen erheben, auch fachlich- das weiß ich nicht. Er hat das aufgenommen. Wir rechtlich für zutreffend. Wie weit sich das aber haben kurz darüber diskutiert. Aber es war im dann noch vor diesen Zeitpunkt hinaus als Dis- Wesentlichen so, wie ich es in Erinnerung habe, kussion im Dienst entwickelt hat, das weiß ich dass tie44 die Auffassung des Dienstes und auch nicht. des Rechtsreferates dazu, wie wir diese Satel- litenerfassung in Bad Aibling bewerten, rezeptiv aufgenommen hatf

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 111 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

auch in der Dienstvorschrift konkretisiert ist, Zeuge Dr. Werner Ader: Also, dem kann ich auch durchaus für die Anwendung innerhalb des mich jetzt nur nähern, weil wir das nur hypothe- Dienstes umzusetzen. Das heißt, wir müssten in tisch diskutieren. Ich vermute mal - und so ver- irgendeiner Form sicherstellen, dass die Voraus- stehe ich auch das Gutachten von Herrn Grau- setzungen dieser gesetzlichen Vorschriften einge- lich -, dass das schon erfolgt. Denn es ist ein halten werden. Also insbesondere müsste in ir- mehrstufiges Filterverfahren vorgeschaltet, und gendeiner Form subsumiert werden, dass die dieses Filterverfahren ist im Laufe der Zeit ver- Übermittlung entweder zur Wahrung außen- und bessert worden. Man kann sich sicher darüber sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepu- unterhalten - dazu kenne ich mich aber zu wenig blik erforderlich ist und dann weiter die einzel- aus -, ab welchem Zeitpunkt es so gegriffen hat, nen Voraussetzungen des § 19 Absatz 3. Das dass alle Voraussetzungen, die das Gesetz dazu heißt, wir wären an den hinreichend bekannten aufgestellt hat, erfüllt sind. Aber in Summe Prüfungspunkten. Sie müsste entweder zur Wah- würde ich es rechtlich so bewerten, wenn man rung erheblicher Sicherheitsinteressen des Emp- dieser hypothetischen Diskussion folgt, dass das fängers erforderlich sein oder zur Erfüllung der passiert, ja. BND-Aufgaben. Dann wäre da die Gegenaus- nahme: Sie hätte zu unterbleiben, wenn auswär- Nina Warken (CDU/CSU): Es entstand ja aus- tige Belange der Bundesrepublik betroffen sind weislich der Akten Anfang August 2013 eine oder überwiegende schutzwürdige Interessen des sozusagen hektische Betriebsamkeit im BND. Es Betroffenen. gibt da eine Mail vom 4. August 2013 aus dem Leitungsstab des BND-Präsidenten mit dem Be- Nina Warken (CDU/CSU): Erfüllt das Handeln treff - ich zitiere -: des BND in Bad Aibling bei der Datenübermitt- lung an die NSA vielleicht ohnehin die Vor- EILT SEHR! Bitte um Erstellung schriften im neu n Absatz 2 BND-Gesetz in Ver- eines Kurzgutachtens zu einer bindung mit § 1 Absatz 3 Bundesverfassungs- Frage der Datenweiterleitung schutzgesetz, sodass die Diskussion vielleicht auch nur akademischer Natur wäre? Unter anderem in MAT A BND-1/6a, VS-NfD.

Zeuge Dr. Werner Ader: Also, wenn man sich Die Mail gibt schon grob die heute schon bereits sozusagen in diese akademische Diskussion erörterte Argumentationslinie des BND zur Rou- hineinbegibt, könnte ich mir das schon vorstel- tineerfassung und die Datenübermittlung in Bad len. Die Besonderheit müsste rechtlich darin be- Aibling vor. War denn Ihr Referat - das können stehen, dass wir es ja hier mit einem, so wie ich Sie jetzt auch nicht aus eigener Erfahrung sagen, es verstanden habe, weitgehend automatisierten aber vielleicht haben Sie Kenntnis darüber - an Verfahren zu tun haben. Das heißt, fraglich wäre: dieser eilig zu klärenden Rechtsfrage beteiligt? Ist durch das, was konkret passiert, auch tatsäch- Wurde das an Sie herangetragen, an Ihr Referat? lich erst möglich, gewährleistet, dass diese ge- Oder wollte man das Thema erst mal innerhalb setzlichen Voraussetzungen eingehalten werden? der Abteilung TA halten?

Nina Warken (CDU/CSU): Aber ob sie tatsächlich Zeuge Dr. Werner Ader: Könnte ich die Unter- eingehalten werden, darüber haben Sie sich lage kurz einsehen? Ich will nicht kneifen vor der keine Gedanken gemacht, keine Kenntnis? Oder Antwort. wäre dann nur sich zu überlegen, wenn Sie ande- rer Rechtsauffassung wären? Also ob es tatsäch- (Dem Zeugen werden Unterlagen vorgelegt) lich jetzt schon so ist, dass das automatisierte Verfahren die Vorschriften einhält: Können Sie Also, das Referat war beteiligt. Dass ein Vorgang dazu was sagen? „eilig" eingesteuert wird, ist nichts Ungewöhn- liches. Das passiert eigentlich am laufenden Band

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 113 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

abschließt. Dazu wurden dann Herrn Dr. Grau- Also, es käme auch da wieder sicher auf alle Um- lich auch entsprechende Unterlagen zur Verfü- stände der betreffenden Konstellation an. gung gestellt. Martina Renner (DIE LINKE): Dann bleiben wir Martina Renner (DIE LINKE): Rechtliche Bewer- mal in Bad Aibling. Dort ist ja auch Rohmaterial tungen oder - - weitergegeben worden. Wie ist das einzuordnen?

Zeuge Dr. Werner Ader: Ja. Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe vom Recht- lichen her ein bisschen Schwierigkeiten mit der Martina Renner (DIE LINKE): Der Gutachten? Aussage: Dort ist Rohmaterial weitergegeben wor- Auch des MoA? den. - So, wie ich es verstanden habe: Ja, aber nachdem es gefiltert wurde. Wie gut, ist ein zwei- Zeuge Dr. Werner Ader: Nein. Ich denke nicht, tes Thema. Das heißt, dort ist nicht einfach - - dass das rechtliche Bewertungen des MoA waren. Rohmaterial klingt ja nach völlig unbearbeitet. Das war unsere Auffassung zu, ich meine, diesen Dort ist nicht einfach unbearbeitet etwas weiter- drei Themen. Wenn man jetzt noch einmal genau geschoben worden, sondern man hat sich um ein hineinschauen wollte - das kann ich so aus der Verfahren bemüht, wie dieses Material so be- Erinnerung nicht sagen -, müsste man die ent- arbeitet, wenn man so will, gesichtet werden sprechenden Unterlagen beiziehen. kann, dass die Weitergabe den gesetzlichen Vo- raussetzungen entspricht. Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben ja jetzt schon einiges ausgeführt zur Datenweitergabe im Martina Renner (DIE LINKE): Und nach welchen Zusammenhang mit der Kooperation in Bad Aib- Kriterien hat man dann diese Bearbeitung durch- ling. Ich will mal etwas allgemeiner fragen: Wie geführt? bewerten Sie insgesamt eine automatisierte Da- tenübermittlung von Rohmaterial durch den BND Zeuge Dr. Werner Ader: Soweit ich es verstan- aus Telekommunikationsverkehren an einen den habe, hat der zuständige Fachbereich Krite- AND, hier insbesondere die NSA? Also Rohmate- rien über mehrere Prüfstufen entwickelt, die die rial, müssen wir uns jetzt nicht mehr darüber ver- Voraussetzungen insbesondere aus dem § 19 Ab- ständigen, was gemeint ist. satz 3 Bundesverfassungsschutzgesetz abbilden, also diese drei Filterstufen. Wichtig. Die erste Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn der Bundesnach- Stufe - zentral -, dass man Grundrechtsträger aus- richtendienst übermittelt, dann ist es eigenes filtert, und dann die weiteren Stufen. Ich glaube, Tun, und eigenes Tun muss selbstverständlich das ist hier aber bekannt. den rechtlichen Vorgaben entsprechen. Das heißt, 17 im Einzelfall ist zu prüfen: Wie sehen diese Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und hat das L rechtlichen Vorgaben aus, und genügt das funktioniert? was wir tun? Da unterscheidet sich die eiter gabe an die NSA oder an einen anderen Dienst Zeuge Dr. Werner Ader: Ich habe diese Filte- im Prinzip nicht voneinander. Natürlich könnten rungsergebnisse im Einzelnen nicht überprüfen sich, wenn man die Tatbestandsvoraussetzungen, können. Das hat der Sachverständige Dr. Grau- gerade des § 19 Absatz 3 Bundesverfassungs- lich, glaube ich, in großer Gründlichkeit und schutzgeset prüft, sagen: Gut, ergeben sich aus Akribie getan. Und der hat festgestellt, dass es zu der spezifischen Natur des Empfängers irgend- Rechtsverstößen gekommen ist in diesem Pro- welche Dinge, die besonders zu beachten sind. - zess. Wobei ich es so verstanden habe - beim ers- Das wäre ein denkbarer Ansatzpunkt. ten Durchlesen des Gutachtens -, dass diese Rechtsverstöße sich im Wesentlichen daraus er- Aber ich muss jetzt noch mal allgemein spekulie- geben, dass die Amerikaner entgegen den Inhal- ren. Sie haben die Frage sehr allgemein gestellt.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 117 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- erscheint ausgeschlossen, dass NEN): Nein, das darf ich jetzt bitte - - kein einziges der angefallenen Da- ten zu keinem Zeitpunkt durch Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Ich den BND auf eine bestimmbare würde nur noch darauf hinweisen, dass es weit natürliche Person zurückgeführt werden könnte ... überzogen ist. Wir machen ja noch eine Runde. Weiter heißt es dann: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay Dann unterbrechen Sie mich. Es ist Insbesondere schließt die erforder- sinnwidrig hoch zehn, und diese ganze Zeitver- liche technische Aufbereitung des teilung ist unfassbar, aber bitte schön. im Kurzgutachten beschriebenen Rohdatenstroms die Bestimmbar- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: keit gerade nicht aus. So ist die Können wir jetzt im Moment nicht ändern. - technische Aufbereitung nichts Anderes als die tatsächliche Um- (Dr. Konstantin von Notz setzung des rechtlichen Erforder- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nisses der Bestimmbarkeit. NEN): So ein Schwachsinn!) Also im Prinzip eine konträre Auffassung zu dem, was man in dem Gutachten festgehalten Die CDU. hatte.

Nina Warken (CDU/CSU): Die ist ja leider auch Wie bewerten Sie die Aussage? Gehen die Mit- dem Wählerwillen geschuldet - oder zum arbeiter des Kanzleramts da von richtigen Tat- Glück -, die Zeitverteilung. sachen aus, wenn sie der Auffassung sind, die Personenbeziehbarkeit der übermittelten Daten Herr Adfri, Sie haben ja schon gesagt, dass Sie könne doch gegeben sein? einige Sachverhalte nicht aus eigener Wahrneh- mung betrachten können; aber ich würde auch Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ich will jetzt nicht gerne die Gelegenheit nutzen, einfach einige Zeit schinden; ich würde trotzdem darum bitten, Dinge mit Ihnen zu besprechen, um es auch dass ich den Text bekomme. rechtlich einordnen zu können, Ihre Auffassung noch einmal zu hören bzw. auch zu versuchen, Nina Warken (CDU/CSU): Sie kriegen es natür- die, sage ich mal, Entwicklungen im August 2013 lich. noch mal zu beleuchten. Zeuge Dr. Werner Ader: Aber wenn wir abstrakt Wir hatten ja vorhin schon das Kurzgutachten jetzt über die Rechtsfrage diskutieren: Sicher ist zur Weitergabe von Metadaten an AND bespro- auch für mich als Juristen die Auffassung des chen, das dann im BND erstellt wurde bzw. - - Ja. Bundeskanzleramtes nachvollziehbar, ja. Das Die Rechtsauffassung, die darin beschrieben heißt nicht, dass ich sie teilen muss. - Es sei wurde, stieß ja im zuständigen Referat 601 des denn, es ist eine Weisung; dann würde ich sie Kanzleramts auf Widerspruch. Es entstand ein aber vertreten. Non-Paper im August 2013, in dem das Referat schreibt - ich zitiere -: (Dem Zeugen werden Unterlagen vorgelegt) Die ... Ansicht, dass es sich bei den erfassten Metadaten (Verbin- Nina Warken (CDU/CSU): Ich sage noch einmal dungsdaten, insb. auch Rufnum- für die anderen die Materialnummer: Das ist mern, Mailadressen etc) nicht um MAT A BK-1/6b, Blatt 82, Non-Paper des Referats personenbezogene Daten handle, 601. ist rechtlich nicht vertretbar. So

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 129 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

tun, dass es plötzlich im Weltraum ist. Wie ge- Martina Renner (DIE LINKE): Ich sehe immer sagt, das ist total abwegig. Genauso - - Wie gesagt, noch nicht den Unterschied. Also, es gibt beim Kabel ist es ja auch nicht statisch, sondern keine - - da führt man ja auch permanent nach. Zeuge Dr. Werner Ader Dann halten wir einen Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, es ist Dissens fest. selbstverständlich Ihre Wertung, zu sagen, dass das total abwegig ist. Ich persönlich finde es mit- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Also, sozusa- nichten total abwegig, aus den gerade dargestell- gen, das ist ein Medium, das im Weltraum ist, ten Gründen. Wir konzentrieren uns dort tech- über das Signale von der Erde nach der Erde ver- nisch und folgen dem, was im Weltraum stattfin- mittelt werden - ja? Und ich erfasse auf der Erde det. Sonst würde dort die Erfassung nicht funk- diese Signale, die aber auch von der Erde stam- tionieren können. Wir hätten keine - - men und nicht vom Mars - ja? Also, dann wäre ich bei Ihnen. - So. Aber das kommt von der (Hans-Christian Ströbele Erde. Es hat also immer den terrestrischen Bezug, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und die Verarbeitung, aber auch die Erfassung NEN): Wo hole ich mir findet in Deutschland statt. meinen Sonnenbrand? Auf der Erde oder in der Sonne? - Heiterkeit beim Zeuge Dr. Werner Ader: Das Argument überzeugt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mich jetzt, meinerseits, rechtlich deshalb nicht: und bei der LINKEN) Natürlich kommt alles von der Erde. Wir empfan- gen da ja keine Signale von Außerirdischen. - Da habe ich jetzt den rechtlichen Zusammen- hang noch nicht richtig - - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das haben wir gehofft bis jetzt. Martina Renner (DIE LINKE): Also, die Erfas- sung - - Zeuge Dr. Werner Ader: Also, ein terrestrischer Bezug ist immer. Der Bundesnachrichtendienst Zeuge Dr. Werner Ader: Noch mal, Frau Abge- ist eine terrestrische Behörde, ob in Pullach oder ordnete: Ich kann nachvollziehen, dass jemand in der Chausseestraße. Das alleine kann ja recht- sagt: Mit der Weltraumtheorie - - finde ich so lich nicht den Unterschied machen, wenn unsere nicht überzeugend. - Aber ich meine, wenn man gesetzliche Grundlage ausdrücklich eine Diffe- genauer differenziert, nach dem, was wir dort renzierung macht: im Geltungsbereich dieses Ge- machen, und eine herkömmliche Erfassung von setzes, also im Territorialbereich der Bundes- Signalen von Satelliten terrestrisch auf der Erd- republik, oder nicht. Und ich versuche, dieser oberfläche als Vergleichsmaßstab nimmt, ist das, Differenzierung, die das Gesetz trifft, auch in die- was in Bad Aibling passiert, schon ganz anders; sem Sachverhalt gerecht zu werden und nachzu- weil dort ist der Schwerpunkt wirklich darauf vollziehen: Wie könnte man sie rechtlich umset- ausgerichtet und die Technik und die Investitio- zen? Dass man darüber streiten kann - noch nen, die Infrastruktur, das auch zu korrigieren, mal -, das ist völlig unbestritten. Ich will auch was auf dem Weg dorthin an Störung oder hi im- nicht bestreiten, dass der Bundesnachrichten- mer hineinkommt. Das heißt, man will das, was dienst mit dieser Weltraumtheorie eine im Mo- dort oben am Satelliten rausgeht, erfassen. ment nicht ganz mehrheitsfähige Rechtsauffas- sung vertritt, aber auch das ist in der Juristerei in Martina Renner (DIE LINKE): Ja, in Bad Aibling. keiner Weise ungewöhnlich.

Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe den Eindruck, dass wir in dieser Runde noch keinen Konsens erreicht haben und auch nicht erreichen werden.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 134 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I • 1. Untersuchungsausschuss

Martina Renner (DIE LINKE): Ich will jetzt noch Weil vorhin der Begriff fiel: Jia, wir bewegen uns'- mal eine Sache - - ich weiß nicht mehr genau/wie es war - iußer-f halb des Recht Nein, auch da bewegen wir uns Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssen nicht außerhalb des Rechts. Ob wir die dann in jetzt nur wechseln. der Tat nicht mehr so präzise ausformulierten Tatbestandsvoraussetzungen des BND-Gesetzes, Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich will es weil sie nicht mehr gelten, ersetzen durch eine nur einmal sagen. - Sie sagten eben, es geht da- vielleicht rechtlich schwieriger zu fassende rum, die Praxis rechtlich nachzuvollziehen. Das Grundsatznorm wie das Rechtsstaatsprinzip, ist ist, glaube ich, genau das Problem. Es geht da- eine andere Frage Damit müssen Juristen umge- rum, dass es eine Praxis gibt, die echt hakelig ist, hen, tun auch wir; aber wir wollen uns mitnich- aber die gewollt ist, und die muss rechtlich nach- ten im rechtsfreien Raum bewegen. vollzogen werden. - Dann verbannt man die Er- fassung in den Weltraum; dann passt es. Also: Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen „Was nicht passt, wird passend gemacht", ist das Dank. - Jetzt müssen wir aber wechseln und kom- Motto. Aber es ist tatsächlich - - Die Ausgangs- men zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. frage, die zu beurteilen ist, ist, glaube ich: Warum sind die Umstände so, dass die Praxis rechtlich Christian Flisek (SPD): Ja. - Sie hatten - - Oder nachvollzogen werden muss? Man könnte ja auch ich fange mal anders an. Wir haben immer noch die Praxis ändern. Warum wird die Praxis nicht den Komplex mit dem geheimen Krieg, und wir geändert? hatten hier Zeugen von diesem HBW, dem Hauptamt für Befragungswesen, gehabt - Zeugin Zeuge Dr. Werner Ader: Frau Abgeordnete, noch insbesondere. Das war alles andere als erquick- mal: Ich habe hier erläutert, was ich mit der For- lich. Aber zumindest haben wir erfahren, dass mulierung „die Praxis nachvollziehen" - - Nur, teilweise wohl Mitarbeiter von US-Diensten weil ich gesagt habe: „die Praxis abzubilden". eigene Befragungen von Flüchtlingen durchfüh- Das war, glaube ich, meine Formulierung. ren und es auch alleine passiert, also ohne dass ein BND-Mitarbeiter anwesend ist. Ist Ihnen das Martina Renner (DIE LINKE): Nein, rechtlich bekannt? nachzuvollziehen, die Praxis rechtlich nachzu- vollziehen. Zeuge Dr. Werner Ader: Aus den Vernehmungen hier im Ausschuss. Zeuge Dr. Werner Ader: Ja, rechtlich nachzuvoll- ziehen, was dort in der Praxis passiert. Das ist ein Christian Flisek (SPD): Ich subsumiere das jetzt ganz normaler juristisch-handwerklicher Prozess. mal Wenn bei diesen Befragungen ein Flüchtling Ich kann nichts daran erkennen, was in irgend- Daten, personenbezogene Daten, mitteilt, an einer Weise kritikwürdig wäre; denn das ist das einen Mitarbeiter eines US-Dienstes, dann ist das laufende Geschäft der Juristen in allen Bereichen. doch eine Datenübermittlung - oder? Ich sage: Ich habe einen bestimmten Sachverhalt, eine Praxis, wie auch immer. Und ich überlege Zeuge Dr. Werner Ader: Es ist zunächst mal aus mir: Wie ist sie rechtlich zu werten? Möglicher- meiner Sicht eine Datenerhebung. weise vertrete ich pro domo eine Auffassung, über die man streiten kann. - Das ist evident. Christian Flisek (SPD)• Kann man machen, kann Aber es ist sicherlich nicht methodisch vorwerf- man so sehen; aber es ist auf jeden Fall, sage ich bar - aus meiner Sicht -, wenn wir zu einer Be- mal, in dem Fall ein Informationskenntnisstand wertung dieser Praxis kommen, mit den darge- bei dem US-Mitarbeiter, den er ja vorher nicht ge- stellten Argumenten, um dann zu sagen: Deshalb habt hat, und das ist etwas, was sozusagen ur- halten wir das für rechtmäßig. sprünglich ja organisatorisch im Organisations- bereich des BND stattfindet, weil ohne Zustim- mung des BND oder der HBW-Leiterin oder wem

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 135 von 167 Vorläufiges Stenografisches Protokoll 69 I

1. Untersuchungsausschuss

auch immer hätte dieser US-Mitarbeiter ja keinen Zeuge Dr. Werner Ader: Also, abstrakt über Zugang zu dem Flüchtling. einen Sachverhalt sprechend. Dann wäre es ja eine Information, erhoben vom Bundesnachrich- Zeuge Dr. Werner Ader: Vielleicht meinen wir tendienst, die übermittelt würde. dasselbe. Christian Flisek (SPD): Mhm. Christian Flisek (SPD): Bestimmt! Zeuge Dr. Werner Ader: Ich kenne den Sachver- Zeuge Dr. Werner Ader: Wenn der Sachverhalt, halt so nicht. Von daher - - zu dem ich aus eigener Anschauung nichts sagen kann - aber ihn abstrakt rechtlich bewerten -, so Christian Flisek (SPD): Auch wenn der Bundes- ist, dass ein Mitarbeiter eines ausländischen nachrichtendienst gar nicht weiß, was da über- Dienstes in der Bundesrepublik ohne Beteiligung mittelt wird und wer da übermittelt? des Bundesnachrichtendienstes jemanden be- fragt, dann erhebt er dort Informationen, und der Zeuge Dr. Werner Ader: Deshalb tue ich mich - - Bundesnachrichtendienst muss sich sicher fragen oder kann ich jetzt nicht mit vollem Enthusias- lassen: Auf welcher Rechtsgrundlage kommt es mus sagen: Aha, das muss ein Fall der eigenen dazu - so ist der Fall von Ihnen gedacht -, dass Informationserhebung sein. Man müsste sich jetzt ihr zulasst, dass der Mitarbeiter des ausländi- anschauen - - schen Dienstes das macht? Christian Flisek (SPD): Könnte man nicht einfach Christian Flisek (SPD): Ja, genau. Auf welcher sagen: Das ist völlig rechtswidrig, dass da ein an- Rechtsgrundlage ist das denn zulässig? derer im Organisationsbereich des BND, ohne dass ein BND-Mitarbeiter dabei ist, solche Befra- Zeuge Dr. Werner Ader: Ich bin mit dem Fall gungen durchführt und Daten erhebt und die noch nicht befasst worden. Grundsätzlich gilt dann übermittelt? Ist das - - dann, wenn der Bundesnachrichtendienst sich das Verhalten - deshalb meine ich, es ist ein Fall Zeuge Dr. Werner Ader: Dafür müsste man erklä- der Informationserhebung - dieses ausländischen ren: Auf welcher Rechtsgrundlage, aufgrund wel- Mitarbeiters zurechnen lassen müsste, dann wäre cher Vereinbarungen, wie auch immer, wird es wie eine eigene Informationserhebung des denn dieser Ausländischer-Dienst-Mitarbeiter BND. tätig? Vollzieht sich das in einem rechtlich be- gründeten Rahmen? Gibt es dazu - Christian Flisek (SPD): Genau. Und es wäre dann auf welcher Rechtsgrundlage? Christian Flisek (SPD): Uns nicht bekannt.

Zeuge Dr. Werner Ader: Das käme jetzt darauf Zeuge Dr. Werner Ader: - Absprachen, Vereinba- an, wie das gestaltet ist; aber wahrscheinlich rungen? - Mir auch nicht. wäre es § 3 BNDG. Christian Flisek (SPD): Noch mal - - Sie verste- Christian Flisek (SPD): Gut. Und wenn man sich hen aber die - - Also, es ist ja kein leichtes Pro- jetzt mit diesem Gedanken anfreundet, dass der blem, das wir hier haben - nicht? BND sich dieses Verhalten des anderen Mitarbei- ters, des Mitarbeiters eines anderes Dienstes zu- Zeuge Dr. Werner Ader: Es ist nicht trivial. Ohne rechnen lassen müsste, als wäre das wie eine Frage. eigene Erhebung; jetzt hat aber der andere Mit- arbeiter diese Daten, die der BND gar nicht Christian Flisek (SPD): Nein. Und wir haben hier kennt - er weiß gar nicht, was der da hat -, und Zeuginnen gehabt, aus diesem Amt für Befra- die übermittelt er jetzt, nämlich an seinen Dienst gungswesen, und die haben zumindest das - - ie in den USA. Wie bewerten Sie denn das? haben uns nicht viel gesagt und mitgeteilt; abe

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 136 von 167