Christiane Vulpius Und Johann Wolfgang Von Goethe – Eine Gewissensehe Gegen Neid, Eifersucht, Diffamierung, Denunziation Und Gültige Rechtsordnung Von Gerwig Epkes

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Christiane Vulpius Und Johann Wolfgang Von Goethe – Eine Gewissensehe Gegen Neid, Eifersucht, Diffamierung, Denunziation Und Gültige Rechtsordnung Von Gerwig Epkes SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Literatur Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe – eine Gewissensehe Gegen Neid, Eifersucht, Diffamierung, Denunziation und gültige Rechtsordnung Von Gerwig Epkes Sendung: Dienstag, 23. Mai 2017 Redaktion: Gerwig Epkes Regie: Gerwig Epkes Produktion: SWR 2017 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Literatur können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/literatur.xml Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 Literatur sind auf CD erhältlich beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Bestellungen per E-Mail: [email protected] Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Christiane: Weimar, Mitte Juli 1793 Dass Dir meine Briefe Freude machen, macht mich glücklich, und da will ich Dir recht oft schreiben. Und Du bist auch recht gut, dass Du mir so oft schriebest. Ich Danke Dir von ganzem Herzen vor Deine lieben Briefe, die trösten mich noch. Weimar 19./20. April 1795 Mir wird die Zeit sehr lang. Ich wollte, ich wär noch bei Dir, ohne Dich ist doch alles nichts. Goethe: Karlsbad, den 15. Juli 1795 Dem Fuhrmann, der Herrn von Oppels Küch und Keller hergebracht hat, gebe ich diess Blatt mit. Es ist mir bisher recht wohl gegangen, der Brunnen bekommt mir gut und fegt alles Böse aus; ich hoffe, recht ausgespült zu Dir zu kommen. Die Gesellschaft ist sehr zahlreich und angenehm, es gibt manchen Spaß und Äugelchen die Menge, wobei ich mich immer mehr überzeuge: Von Osten nach Westen, Zu Hause am besten. Ein schöner Taft wird meinen kleinen Schatz erfreuen, sie sind so schön hier, dass einem die Wahl weh that. Und noch was, das Du gerne hast. Lebe wohl, grüße und küsse Gusteln. Adieu. liebe mich, wie ich am Ende aller Dinge nichts Besseres sehe, als Dich zu lieben und mit Dir zu leben. Hier kommt gleich etwas zum Vorschmack. G. O-Ton Maier 8 Was man vielleicht, weil es auch den Nimbus Goethe hat, vielleicht nicht erwartet ist, dass sie einfach beide so menschlich sind und so nachvollziehbar. Ob das jetzt ist, dass sie zusammen schwärmen, was sie ihm zu essen kocht, was er sich wünscht, oder wenn sie zusammen durch den Garten gehen und sich daran freuen, was für beide so eine Art Paradies war, also beide haben diesen Garten geliebt, oder sich dann gegenseitig in ihrer Arbeit unterstützen und er sie fragt, wie ist das Theaterstück denn gelaufen, wie ist es angekommen, jeden einzelnen Schritt finde ich sehr nachvollziehbar und sympathisch. Sprecher: Die Sachbuchautorin Katharina Maier O-Ton Frühwald 1 Das Interesse an Goethes Hochzeit liegt daran, dass es eine unglaubliche Zeit war, in der Goethe geheiratet hat. Am Tag zuvor waren in der Nähe von Weimar, wo er damals mit seiner Frau lebte, weit mehr als 40.000 Soldaten gefallen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. Und am Tag nach der Schlacht schreibt Goethe an den Pastor einen Brief, er möchte ihn doch bitte nach Möglichkeit noch in dieser Woche verheiraten, und er wollte innerhalb von zwei Tage getraut werden, nachdem er vorher achtzehn Jahre unverheiratet mit seiner Frau gelebt hat. Und urplötzlich, hoppla hopp, wollte er nicht nur heiraten, sondern wurde er auch verheiratet. Und das ist für die Zeitgenossen natürlich ein Skandalon gewesen, dass da einer wenn 2 da Tausende von Menschen sterben, heiraten möchte und etwas vollziehen, was man nur in der schönsten Zeit seines Lebens tun sollte - und dann das Ganze nochmal rückwärts aufzuspulen und zu sehen, wann haben die beiden sich kennengelernt, warum hat er nicht geheiratet, warum hat er 1806 dann trotzdem geheiratet und wie ist diese Ehe ausgegangen? 28 Jahre verheiratet sein, davon 18 Jahre ohne Zeremonie. Und zehn Jahre mit Zeremonie. Das fand ich so spannend, dass ich wissen wollte, warum. Sprecher: ... der Literaturwissenschaftler Wolfgang Frühwald. Christiane Vulpius und Johann Wolfgang Goethe – eine Gewissensehe Gegen Neid, Eifersucht, Diffamierung, Denunziation und gültige Rechtsordnung Ein Feature von Gerwig Epkes Sprecher: 1788 treffen sich Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe im Park an der Ilm. 1788 stimmt, 12. Juli stimmt auch; aber im Park an der Ilm, stimmt das? O-Ton Frühwald 2 Das ist so oft überliefert und zwar immer gleich überliefert, dass man davon ausgehen kann, dass es so gewesen ist. Und dieses ist der Hochzeitstag, den Goethe mit seiner Frau gefeiert hat. Und zwar jedes Jahr gleich als Hochzeitstag. Also, es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Und vom 12. Juli an liebten sich die beiden und bekamen im Laufe ihres Lebens auch fünf Kinder miteinander. Sprecher: Es beginnt also, wie ein Märchen. Eine arme junge, attraktive Frau, 23 Jahre, passt einen berühmten, mächtigen und weithin geachteten Mann, der kurz vor seinem 40. Geburtstag steht, im Park an der Ilm ab, um ihm eine Bittschrift ihres Bruders zu übergeben. Und wohl keineswegs schüchtern: O-Ton Maier 1 Das kann schon sein, dass sie da nicht gerade schüchtern aufgetreten ist. Also ich kann mir vorstellen, sie war zu dem Zeitpunkt 23, hat also seit 5 Jahren auch eben in der Manufaktur gearbeitet, dass sie da vielleicht ganz selbstbewusst aufgetreten ist. Und das war vielleicht das, was ihn gerade angesprochen hat, kann man jetzt spekulieren. Sie war schon noch aus dem Bürgertum, aber so an der alleruntersten Ebene, aus dem Kleinbürgertum. Ihr Vater war am Weimarer Hof tätig, aber sehr viel Geld hat diese Stellung nicht gebracht. Dann hat er auch wegen eines Missverständnisses sein Amt verloren, als Christiane 17 war und dann hat Christiane ja was Ungewöhnliches gemacht, sie ist nämlich in eine Manufaktur gegangen und hat dort als Putzmacherin angefangen. Und das war für ein Mädchen aus dieser Schicht doch sehr ungewöhnlich. Aber Christiane hat eben diesen Schritt gemacht, um mit der Konvention zu brechen und Geld für die Familie ranzuschaffen. Ihr Bruder war Christian August Vulpius und der sollte später Bestsellerautor werden mit dem Buch Rinaldo Rinaldini, - hat sich dann später teilweise besser verkauft als Bücher von Goethe. Er hat also zu der Zeit in Jena studiert und wollte Theaterdichter werden 3 und da musste natürlich auch irgendwo Geld her, um das Studium zu finanzieren und das war eigentlich brotlose Kunst. Sprecher: Wie sich das Zusammenleben von Christiane Vulpius und Johann Wolfgang Goethe im Haus am Frauenplan, im Gartenhaus oder für ein paar Jahre im Jägerhaus vor den Toren Weimars, also nach dem 12. Juli 1788 gestaltete, darüber gibt es kaum direkte private Zeugnisse. Goethe hatte 1797 alle Briefe verbrannt, die sich Christiane und er während seiner längeren Reisen und Arbeitsabwesenheiten in den ersten 5 Jahren schrieben. Die Goetheforscherin Sigrid Damm erwähnt aber eine Rechnung aus dieser Zeit von Johann Christian Spangenberg, einem Schlosser, in dem er Honorare für Reparaturen von mehrmals gebrochenen Betten forderte. Also begnügen wir uns mit der Aussagekraft der Rechnung über das Liebesleben von Christiane Vulpius und Goethe. O-Ton Frühwald (6) Goethe war jemand, der seinen Ruhm fein säuberlich vorbereitet hat. Und dazu gehörte eben nicht, dass man in sein Intimleben Einblick haben sollte. Das war sehr poetisch darüber, sagt er, zum Beispiel in den Römischen Elegien zum Beispiel oder in den Venezianischen Epigrammen. Das hat er zugelassenen. Aber das was sozusagen von Mensch zu Mensch von Mund zu Ohr gegangen ist zwischen seiner Frau und ihm, das wollte er, dass die Nachwelt davon keine Kenntnis nimmt. Und die Nachwelt war natürlich vor allem dann daran interessiert. Sprecher: Aber, da 601 Briefe erhalten blieben, kann die Nachwelt doch noch manches erfahren. Von Christiane Vulpius sind sie vom Mai 1793 erhalten. Von Goethe vom September 1792 an. 247 von Christiane, 354 von Johann Wolfgang. Sie erzählen, wie Christiane Vulpius und Johann Wolfgang Goethe lebten - zumindest wie Goethe es durch die aufbewahrten Briefe vermittelt und vor allen Dingen, was für eine Frau Christiane Vulpius war. O-Ton Maier 2 Grundsätzlich stellt sie sich als jemand dar, der sehr lebenslustig ist, der auch frei von der Leber schreibt; in dem Fall auch als jemand, der sehr, sehr arbeitsam ist, dass sie ständig beschreibt, was sie zu arbeiten hat, was sie heute im Garten gemacht hat, oder im Haus. Aber auch sehr viel über das Theater schreibt, also auch diese Lust am Kulturellen hat, am Kulinarischen auch, also jemand, der das Leben genießt, und auf der anderen Seite mehr so zwischen den Zeilen sieht man auch, dass da, ja, immer wieder große Sorgen aus den Briefen sprechen. Das mögen für die damaligen Verhältnisse Alltagssorgen gewesen sein, vier von ihren Kindern sind ja gestorben kurz nach der Geburt. Sie macht sich Sorgen um ihren Bruder, dessen finanzielle Situation sein ganzes Leben nicht besonders gut ist. Sie macht sich auch Sorgen um Goethe, wenn er viel unterwegs ist. Und leidet unter der Einsamkeit und unter ihrer Situation in Weimar. Sie war ja gesellschaftlich als die Geliebte Goethes nicht gerade gut angesehen. Aber, das merkt man mehr so zwischen den Zeilen oder in einzelnen Sätzen. Der überbordende Eindruck, den man von ihr bekommt ist, dass sie sehr lebenslustig ist. Und das Leben genießt. Vielleicht sogar wenn es ihr auch niemand gönnt. Sie genießt es trotzdem. Sie setzt sich hin und schreibt diese Briefe, soweit man das nachvollziehen kann, fast jeden Abend.
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