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'LH3')'DWHLNDQQHOHNWURQLVFKGXUFKVXFKWZHUGHQ 9rU 5Z. W^ WISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas

herausgegeben vom Johann Gottfried Herder-Institut

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Hans-Jürgen Krüger

Die Judenschaft von Königsberg in Preußen 1700 -1812

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W A3 NR. 76 MARBURG/LAHN 1966 WISSENSCHAFTLICHE BEITRAGE zur Geschichte und Landeskunde Ost - Mitteleuropas

U. a. liegen vor:

Nr. 29 Harro Gersdorf, Der Deutsche Orden im Zeitalter der polnisch-litauischen Die Amtszeit des Hochmeisters Konrad Zöllner von Rotenstein (1382-139( 354 Seiten, 1 Abb. D Nr. 30 Rudolf U r b a n, Die Organisation der 'Wissenschaft in der Tschechoslowakei. 2. 308 Seiten. D Nr. 32 Walther Maas, Zur Siedlungskunde Westpreußens. 1466-1772. 233 Seiten, 7 D Nr. 33 Herbert R i s t e r und Hans Moritz Meyer, Schrifttum über Polen mit bes. sichtigung des Posener Landes 1954-1955 und Nachträge (Auswahl). 3727 T. 315 Seiten. D Nr. 34 Heinrich Sahm, Erinnerungen aus meinen Danziger Jahren 1919-1930. Bea u. biograph. Einleitung v. Ulrich Sahm. VI, 242 Seiten. D Nr. 35 Johannes P o 1 a c z <• k, Die Entwicklung der oberschlesischen Montanindustrie Jahren 1945-1955. XI, 180 Seiten. D Nr. 36 Kurt König, Der Steinkohlenbergbau in Oberschlesien von 1945-1955. VIII, 15 D Nr. 37 Ernst W e r m k e, Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen für c 1952-1956 nebst Nachträgen aus früheren Jahren. 4053 Titel. X, 256 Seiten D Nr. 38 Fritz G a u s e, Die Geschichte des Amtes und der Stadt Soldau. VIII, 432 Seiten, D Nr. 40 Jörg J a c o b y, Boguslaus Radziwill, der Statthalter des Großen Kurfürsten preußen. 2. Aufl. V, 312 Seiten, 1 Bildn., 1 geneal. Tafel. D Nr. 43 Herbert Rister, Schlesische Bibliographie 1956-1957 mit Nachträgen f.d. Jahre 19' X, 400 Seiten. D Nr. 44 Gustav Wagner, Die Deutschen in Litauen, ihre kulturellen und wirtschaftlic meinschaften zwischen den beiden Weltkriegen. IX, 312 Seiten, 2 Abbildungen. D Nr. 45 Rudolf U r b a n, Das Gesundheitswesen der Tschechoslowakei. VI, 197 Seiten. D Nr. 46 Robert Helwig, Die Geschichte der Stadt Pr. Holland. 2. Aufl. VII, 440 Seiten Seiten, 1 Stadtplan. D Nr. 47 Herbert R i s t e r, Schrifttum über Polen mit besonderer Berücksichtigung des Landes 1956-1958 und Nachträge (Auswahl). Teil A: Polen (ohne Posener Land). 49 XII, 432 Seiten. D Nr. 48 Robert Arthur von Lemm, Dorpater Ratslinie 1319-1889 und das Dorpater 5 1878-1918. Ratspersonen, Beamte und Angestellte des Rats und des Stadtamts von von 1319-1918. XIII, 192 Seiten, 1 Abbildung. D Nr. 49 Herbert Rist er, Schrifttum über Polen mit besonderer Berücksichtigung des Landes 1956-1958 und Nachträge (Auswahl). Teil B: Posener Land. IX, 153 Seite D Nr. 50 Marlene Kirchner, Das Görlitzer Stadttheater 1851-1898. VI, 295 Seiten, 1 Ab D Nr. 51 Karl K a r z e 1, Die deutsche Landwirtschaft in Posen in der Zeit zwischen den beid< kriegen., XII, 205 Seiten, 6 Karten, 1 Diagramm. D Nr. 52 Walther Maas. Zur Sicdlungskunde des Wärthe-Weichscllandes. Sozialgeographi trachtungen. VI, 214 Seiten, 11 Kartcnbeilagcn. D Nr. 53 Karl-Otto Ahnsehl, Thorns Scehandcl und Kaufmannschaft um 1370. IX, 27( 1 Karte. D

0 WISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE zur Geschichte und Landeskunde Os t - Mi tte leuropas herausgegeben vom Johann Gottfried Herder-Institu t

Nr. 76

Schriftleitung : Dr. Ernst Bahr Marburg (Lahn), Behringweg 7 L\'t $Z,333fa

HANS-JURGEN KRUGER

DIE JUDENSCHAFT VON KÖNIGSBERG IN PREUSSEN 1700 - 1812

Marburg (Lahn) 1966

fJot IUI MSI- Bayerische Staatsbibliothek München v .-/

D 4 INHALT

Seite

Vorwort 1

Einleitung 2

I. Der Beginn der jüdischen Ansiedlung in Königs­ berg in Preußen, die rechtliche Stellung der Ju­ den in der Monarchie und die Rolle von Bendix Jeremias 4

II. Die wirtschaftliche Bedeutung der Familie Fried­ länder - Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Stärke und Rechtsstellung 18

III. Der Königsberger jüdische Handel um 1800 und seine Finanzlage 22

IV. Der Anteil der Königsberger Juden an der Juden- gesetzgebung des Preußischen Staates 24

V. Religiöses Leben der Königsberger Judenschaft.... 29

VI. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Juden

in Königsberg 46

Zusammenfassung 67

Anmerkungen 69 Verzeichnis der jüdischen Studenten der Albertus- Universität 1712 - 1812 91 Seite

Alphabetisches Register zum Verzeichnis der jüdischen Studierenden an der Albertus-Universität 118

Geburtsortregister zum Verzeichnis der jüdischen Stu­ denten der Albertina 120

Anlagen 121

Quellen 131

Literatur 133 "Die Aufgabe des Geschichtsschreibers ist die Darstellung des Geschehenen, Je reiner und vollständiger ihm diese ge­ lingt, desto vollkommener hat er jene gelöst. Die einfache Darstellung ist zugleich die erste, unerläßliche Forderung seines Geschäfts, und das Höchste, was er zu leisten ver­ mag. Von dieser Seite betrachtet, scheint er nur auffassend und wiedergebend, nicht selbstthätig und schöpferisch."

(Wilhelm von Humboldt, Ueber die Aufgabe des Ge­ schichtsschreibers, in Abhandlungen der hist. -philo- log, Klasse d„ Kgl. Akademie der Wissenschaften zu 1820 -21, S. 305)

1

VORWORT

Herr Prof. Dr, Peter Scheibert, der diese Arbeit anregte, wachte väter­ lich über ihrem Entstehen und langsamen Voranschreiten. Zahlreiche Ge­ spräche mit den Herren Priv. -Doz, Dr. Gottfried Schramm und Wiss. -Rat Dr. Erik Amburger gaben wertvolle Anregungen und Hinweise. Diesen Her­ ren gilt mein erster und tiefer Dank. Im Jahre 1964 wurde dann diese Arbeit als Dissertation von der Philo­ sophischen Fakultät der Philipps-Universität zu Marburg angenommen. Zu danken habe ich auch dem Herder-Forschungsrat für die Drucklegung und seinem Mitarbeiter Herrn Lothar Schmidtke für seine verlegerischen Hilfen. Zu Dank verpflichtet bin ich auch den Herren Staatsarchivdirektoren Dr. Kurt Forstreuter und Dr. Hans Koeppen, sowie Herrn Archivverwal­ ter Georg Soika (alle am Staatlichen Archivlager Göttingen), die mit Rat und Tat dem unerfahrenen Benutzer zur Seite standen. Das Historische Colloquium Göttingen gewährte dem Fremdling häufig Gastrecht. Die Familie Schmiedemeister Fritz Weiershäuser, Marbach bei Marburg, gab mir eine neue Heimat, Es soll ihr nicht vergessen wer­ den. 2 EINLEITUNG

Die jüdischen Bewohner Königsbergs fanden bereits ihre Historiographien. Saalschütz veröffentlichte 1857-59 in der Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums einen großen Aufsatz "Zur Geschichte der Sy­ nagogen-Gemeinde in Königsberg". Ein Jahrzehnt später erschien die "Ge­ schichte der Juden in Königsberg i.Pr." von Heimann Jolowicz. Jolowicz übernahm zahlreiche Ergebnisse der Arbeit von Saalschütz, ohne sie be­ sonders zu kennzeichnen, Saalschütz sah nur die entwürdigende Behand­ lung der Juden in den ersten Dezennien des 18. Jahrhunderts. Sein Nach­ folger beschrieb in kräftigen Farben das allgemeine Anwachsen von Auf­ geklärtheit bis zur erfreulichen Höhe seiner Tage. Zu völlig neuen Wer­ tungen kam Selma Stern in ihrem großen Werk "Der Preußische Staat und die Juden". Ihr Buch behandelt die gesamte Monarchie, so konnten Kö­ nigsberg und Ostpreußen nur kurz gestreift werden. Die Quellen zum zwei­ ten Band, die Selma Stern aus Ostpreußen geben wollte, gingen im Wüten der Kristallnacht verloren. Die östlichen Provinzen des preußischen Staates hatten bis an die Wen­ de zum 18, Jahrhundert keine jüdischen Einwohner, Erst in dieser Zeit entstanden Gemeinden in Berlin, Königsberg und in anderen Provinzstäd­ ten. Der Monarch schloß mit einzelnen möglichst wohlhabenden Juden Privatverträge mit öffentlich-rechtlicher Wirkung, die ihren Aufenthalt legalisierten. Für die nötigen rituellen Verrichtungen wurden auch arme Juden ins Land gelassen, aber minderprivilegiert. Die Generaljudenprivi­ legien von 1730, bzw. 1750 normierten bis zum gewissen Grade dieses In- dividualverhältnis. Da in Preußen Juden nur in Königsberg wohnen durften - die Sonderprivilegierung der Familie Moses de Jonge in Memel kann unbe­ rücksichtigt bleiben - kam es hier nicht zu landtagsähnlichen Versamm­ lungen zum Zwecke der Steuerausschreibung und -Verteilung wie in ande­ ren Landesteilen der Monarchie. Jüdische Zünfte, wie wir sie aus dem be­ nachbarten Polen kennen, bildeten sich nicht wegen der geringen Zahl der handwerkstreibenden Juden. Der mosaische Kultus bedarf keiner eigentlichen gottesdienstlichen Ein­ richtungen, Der preußische Fiskus vereinigte die Judenschaft eines Ortes ungeachtet ihres heftigen Widerstrebens zu einer Zwangsgemeinde, die ei­ ne Mischung von religiösem und steuerlichem Verband darstellte. Die Juden bildeten durch ihre eigene Sprache, dem Jiddischen, ihre alt­ polnische Tracht und durch feste soziale Bindungen eine eigene, streng von der christlichen Umwelt geschiedene Kolonie. Im Verlauf des 18. Jahrhun­ derts und beim Zerfall der alten ständischen Ordnungen zerbrach auch die 3 jüdische Sonderhaltung. Aus den jüdischen Kolonisten in Preußen wurden preußische Staatsbürger mosaischen Bekenntnisses, In Grenzräumen der Ge­ sellschaft und in Ausnahmesituationen konnten Teile des Judentums Eingang in die Welt des gebildeten Bürgertums finden. Das Emanzipationsedikt vom 11. März 1812 beseitigte weitgehend die juristische Sonderstellung der Ju­ den in Preußen.

A Bayerische Staatsbibliothek j f München DER BEGINN DER JÜDISCHEN ANSIEDLUNG IN KÖNIGSBERG IN PREUS- SEN, DIE RECHTLICHE STELLUNG DER JUDEN IN DER MONARCHIE UND DIE ROLLE VON BENDIX JEREMIAS

Ständische Landesvertretungen wie auch die patrizisch geleiteten Reichs­ städte bemühten sich seit altersher, gewisse Personengruppen, die sich durch Herkunft oder Religion unterschieden, entweder ganz von ihren Territorien fernzuhalten oder sie mit Rechten geringeren Ranges zu begaben. Häufig erwirkten die Stände das ius de non tolerando Judaeis; so erlangten die Stän­ de des Herzogtums Preußen in der Landesverfassung von 1567 das Recht, weder Juden noch Arianer oder Zigeuner zu dulden(l). Der erstarkende Lan­ desherr benutzte - neben vielen anderen Mitteln - auch den Judenschutz, um ständische Rechte zu beschneiden. Dabei konnte er zumeist auf weit zurückliegende Präzedenzfälle verweisen. Der Fürst nahm die Juden in sei­ nen persönlichen Schutz auf, stattete sie zuweilen mit dem Titel eines Hofbediensteten(2) aus und wies ihnen Wohnstätten auf seinen städtischen Freiheiten oder auf seinem Domanium zu(3). Ähnlich die Entwicklung in Brandenburg-Preußen. Außer den Juden der westlichen Provinzen waren die Lande des Großen Kurfürsten ohne jüdische Einwohner. Am 21. April 1671 wurde mit dem berühmten Edikt(4) die Annahme der jüdischen vertriebenen Familien Wiens beschlossen und diesen damit gleichzeitig eine Gemeinde-Ordnung gegeben, die zumindest bis zum Erlaß des Generaljudenprivilegiums von 1730 Geltung haben sollte. Während des Nordischen Krieges suchten zahlreiche polnische Juden Wohnsitz in Preußen zu erlangen. Sie pachteten von adligen Grundbe­ sitzern Krüge oder trieben Landhandel. Nach einer umfangreichen Zähl- und Steuereinziehungsaktion im Herbst 1720 wurden sie trotz heftiger Pro­ teste ihrer Pachtherren und Schutzgeber ausgetrieben. Die Teilung der Staatsbewohner in akzisezahlende Städter und in verschiedene schoßab- gabentragende Landbevölkerung dürfte der Grund gewesen sein. Juden wä­ ren ja kaum mit einem Hufenschoß zu erfassen gewesen. Aus dieser Er­ wägung heraus wurde den meisten Handwerkern seit 1722 die Niederlas­ sung auf dem flachen Lande untersagt. So blieben die kleineren Land­ städte und Dörfer Ostpreußens bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ohne jüdische Ansiedlungen. Durch die Generalprivilegia von 1730 bzw. 1750, die eine Fülle früher erlassener Einzelbestimmungen kodifizierten, konnten die Juden folgende Rechtsstellungen in Preußen erlangen (5): 1. die eines ordentlichen Schirm- oder Schutzjuden, auch Stammjuden genannt. Diese durften sich an einem im Schutzbrief namhaft gemachten 5 Ort niederlassen und die den Juden erlaubten Gewerbe betreiben (6). Seit 1763 war es ihnen vergönnt, zwei ihrer Kinder auf den Schutz anzusetzen. Das Privileg konnte nur vom Landesherrn erteilt werden, zur Niederlas­ sung des ersten und zweiten Kindes genügte eine Konzession des General- direktoriums. 2. die eines außerordentlichen Schutzjuden. Sie erhielten ihre Aufenthalts­ erlaubnis vom Generaldirektorium, Ihr Schutz galt jedoch nur auf Lebens­ zeit, konnte also auf kein Kind übertragen werden. 3. die eines Generalprivilegierten. Sie genossen den Vorzug, alle ihre Kin­ der in Preußen ansetzen zu dürfen, Immobilien zu erwerben und an allen Orten, wo sich Juden niederlassen durften, zu wohnen. Sie hatten die Rech­ te christlicher Kaufleute in gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäf­ ten (7). 4. die eines Naturalisierten. Sie hatten die Rechte eines christlichen Staats­ bürgers erlangt, gehörten folglich nicht mehr zu den Juden und bezahlten aus diesem Grunde keine der besonderen jüdischen Abgaben (8). 5. die eines öffentlichen Bedienten der Judenschaft eines jeden Ortes. Sie durften keinen Handel und kein Gewerbe betreiben, Ihre Konzession galt nur tempus officii. Sie konnten sich jedoch verheiraten, ihren Witwen wurde der Aufenthalt am Anstellungsort gestattet. 6. die eines tolerierten oder geduldeten Juden. Diese genossen keinen ei­ genen Schutz, sondern hingen von der Konzession der Eltern ab oder er­ hielten ihn ex gratia lege im Altersfalle. Sie durften keinen Handel und kein Gewerbe betreiben. Sie konnten sich nicht untereinander verheiraten. Die Eheschließung mit einem ansetzungsberechtigten Schutzjudenkind, mit Nachkommen eines Generalprivilegierten oder gar Naturalisierten war gestattet. Sie erwarben dann die Rechtsstellung der Gruppe, in die sie ein­ heirateten. Zu den tolerierten oder geduldeten Juden gehörten: a) die übrigen Kinder der ordentlichen Schutzjuden b) die Kinder der außerordentlichen Schutzjuden c) die Kinder der Gemeindebeamten. 7. die eines jüdischen Privatdienstboten. Ihre Aufenthaltsberechtigung er­ streckte sich nur auf die Zeit ihrer Anstellung in einem Hause der Gruppen 1 - 4 . Ihre Zahl in jedem Haushalt war durch Gesetz festgelegt, um eine Erhöhung der Judenzahl zu verhindern. Juden, die sich nicht im Lande niederlassen konnten (z.B. dritte und weitere Kinder eines ordentlichen Schutz Juden), mußten Preußen verlas­ sen, brauchten aber kein Abzugsgeld zu zahlen. Juden, die auswanderten, ohne dazu durch gesetzliche Vorschriften genötigt zu sein, erlegten vom in Preußen erworbenen Vermögen, sofern es mehr als 5 000 Rthlr betrug, 6

eine gabella emigrationis. Wie wir oben zeigten, konnte der Schutz unmittelbar, d.h. durch Erst­ erwerb als Kaufmann oder Spezialhandwerker, oder mittelbar, d.h. durch nachträglichen Wechsel in den Rangklassen, Vererbung oder Heirat erlangt werden. Die Aufenthaltserlaubnis erlosch nach Ablauf der Dienstzeit (Gruppe 5 und 7 ), nach dem Tode des Schutzgebers (Gruppe 6 a - c) oder bei Ver­ stößen gegen gewisse gesetzliche Vorschriften (betrügerischer Konkurs, Falschmünzerei, Lästerung der christlichen Religion, Ausübung verbotener Gewerbe), Für den gewährten Schutz hatten die Juden in Preußen eine Reihe von Sonderabgaben zu leisten, deren wichtigste hier folgen sollen: 1. eine Ausstellungsgebühr für jeden Schutzbrief (das sog. Antrittsgeld), hinzu kam eine Zwangsabnahme von Porzellan aus der Berliner Manufak­ tur (das sog. Judenporzellan), 2. das Schutzgeld. Diese jährliche Abgabe betrug nach dem Generaljuden­ privileg von 1730 8 Rthlr pro Familie. Witwen, Ritualbeamte wie Schul- lehrer, Vorsänger, Schächter usw. zahlten die Hälfte. 3. Rekrutengelder für die Kantonsfreiheit 4. Hochzeits- und Kindergelder, die in Höhe von 300 Rthlr jährlich zur Kasse des mons pietatis abgeführt wurden, 5. die Silberlieferung in Höhe von 12 000 Mark Silber zur Berliner Münze. Seit 1763 betrug der Festpreis für das gelieferte Metall 12 Rthlr 10 sgr,, für jede nicht gelieferte Mark wurde ein Agio von 2 Rthlr erhoben. Die Positionen 4 und 5 wurden von der gesamten Judenschaft pauschal erhoben. 6. für einen Heiratskonsens 30 Rthlr, bei der zweiten Hochzeit erhöhte sich die Summe, 7. Paragraphengelder. Die Handelsbücher der Juden wurden blattweise ge- stemptelt, nach dem Geschäftsumsatz wurden zwischen 2 und 10 Rthlr ge­ fordert . Hinzu kamen noch eine Reihe örtlicher und provinzieller Abgaben und Sondersteuern, wie z.B. in Königsberg zur Akzise noch der "Judennach- schuß"(9). Fremde reisende Juden hatten beim Passieren der preußischen Grenzen einen zeitlich befristeten Paß zu lösen. Das sog. Geleitsgeld wurde in den einzelnen Provinzen nach Maßgabe der Zoll- und Akzisetarife in ver­ schiedener Höhe eingenommen. Diese Visa wurden durch die Verordnungen vom 31. Dezember 1787 bzw. 4. Juli 1788 abgeschafft, als Retorsionsmaß- nahme gegen Rußland aber am 11. September 1823 von neuem wieder ein­ geführt (10). 7 Die rechtliche Sonderstellung der Juden rief den heftigen Unwillen des Kreises um David Friedländer - des Wortführers der Emanzipationsbewegung - und später der Historiker des Judentums wie Zunz, Dubnow u, v.a.m. her­ vor. Sie erblickten hierin das Judentum speziell entwürdigende Maßnahmen, übersahen aber zumeist, daß andere und christliche Minoritäten ähnlichen Beschränkungen unterworfen waren. So bestimmte der Monarch am 10. De- zemer 1730, daß die Mennoniten vom Königsberger Bürgerrecht ausge­ schlossen blieben, neben den allgemeinen bürgerlichen Lasten hatten sie Schutzgeld zu zahlen. Gleich den Juden drohte ihnen häufig die Vertrei­ bung (11). Seit langer Zeit waren die preußischen Städte, insbesondere aber Königs­ berg, Ziel reisender Jüdischer Kaufleute, die einerseits die östlichen Lan­ desprodukte feilboten, andererseits aus Hamburg oder aus den Niederlan­ den kamen, um hier Edelsteine zu verhandeln (12) und die kostbaren Pelze wie den Zobel einzukaufen. Die Zahl der Königsbergfahrer muß recht be­ trächtlich gewesen sein, denn seit 1680 war den Juden eine ständige Bet­ stube erlaubt; die dauernde Niederlassung war - zumindest formell - ver­ boten. Es ist aber wohl kaum zu bezweifeln, daß sich einzelne Juden am Ausgange des 17. Jahrhunderts schon ständig hier aufhielten. Sie entrich­ teten je nach ihrem Wohnsitz in Königsberg Geleitsgelder an einen der Magistrate oder an den Oberburggrafen. Am 25. Oktober 1703 wurde ihnen ein eigener Friedhof bewilligt (13). Juden, die nach Preußen einreisten, hatten teilweise auf den Grenzäm­ tern, teilweise in Königsberg einen Paß für ihre Person, den sog. Geleits­ zettel zu lösen. Das Geleitsgeld betrug nach dem Erlaß vom 7. Mai 1712(14) für einen jüdischen Kaufmann 12 fl., für einen Handelsdiener 6 fl. dazu kamen 6 gr. poln. Schreibgebühren. Das Geleit galt für die Zeit von vier Wochen, beim Besuch der Königsberger Jahrmärkte wurde dje Frist auf sechs Wochen verlängert. Beim Verlassen der Stadt mußte der Paß den Behörden vorgelegt werden. Durch zusätzliche Zahlungen konnte bis zum 3, Juni 1721 die Aufenthaltsdauer in Königsberg verlängert werden. Ursprünglich hatte ein Jude an den Toren der Stadt 4 fl. zu erlegen. Gegen Entrichtung der dreifachen Summe durfte er sich sogar unbeschränkte Zeit in der Handels­ metropole aufhalten (15). Das Geleit in den Grenzämtern war an Privatpersonen verpachtet; die Pachtgelder flössen in die königlichen Kassen. In Königsberg fiel das Ge­ leit der Schloßfreiheit an den Oberburggrafen, das anderer Stadtteile an einen der Bürgermeister der Städte Königsberg und bildete einen Teil ihrer Besoldung (16). Diese Amtspersonen vergaben die Erhebung der Geleitsgel­ der gegen feste Abschlagszahlungen durch öffentliche Auktionen. Im Jahre 8 1707 hatte die Pacht Bendix Jeremias für 700 fl. auf der Schloßfreiheit, Jacob Israel die des Kneiphofs und Meier Jacobowicz für 400 fl. die der . Mit dem Erstarken der königlichen Macht und dem damit ver­ bundenen Absinken der Bedeutung des oberburggräflichen Amtes wurde die Nutznießung dieser Gelder Bürgermeistern und Oberburggrafen entzo­ gen (17). Nun floß der Ertrag dem Monarchen zu. Alle Proteste der Ge­ schädigten blieben erfolglos (18). Zunächst wurde der bisherige Subarendator Hirsch Levkowicz mit der alleinigen Einziehung der Geleitsgelder für Städte und Freiheiten Königs­ bergs zugunsten der staatlichen Kassen betraut (19). Im Jahre 1711 folgte ihm Bendix Jeremias in diesem Amte, das er mit gewissen Einschränkun­ gen und Veränderungen bis zu seinem Tode 1719 behielt. Nach seinem • Ableben kam es vermutlich zu Unstimmigkeiten, die Pächter wechselten häufig. Am 24. Mai 1723 nahm der Monarch seine Rechte, die er an Privatpersonen delegierte hatte, wieder an sich; das Königsberger Akzise­ direktorium verwaltete nun das Geleit (20). Zwischen den jüdischen Arrendatoren war es vorher zu erbitterten Kon­ kurrenzkämpfen gekommen: sie überboten sich bei den Lizitationen, schlugen Reformen zur Einnahmeerhöhung für die Staatskasse vor und be­ zichtigten sich gegenseitig der Unterschleife im Amt. Besonders tat sich darin Hirsch Levkowicz hervor (21). Die jüdischen Pächter überboten christliche Interessenten, die interne Konkurrenz unter ihnen aber stei­ gerte die Pachtsumme beträchtlich, so daß die Zahlung bei der Vergabe am 1. Mai 1714 von 3600 fl. auf 7100 fl. stieg (22). Um nicht seinen Gewinn zu schmälern, brachte der findige Bendix Je­ remias einen Kartellvertrag zustande, dessen kluge und energische Aus­ nutzung ihm das alleinige Recht der Geleitpacht eintrug. Selbst spätere Anzeigen der Geprellten bei den Behörden vermochten an dieser Tatsache nichts zu ändern. Die einschlägigen Paragraphen des Kartellvertrages lau­ teten: " § 1 Muß der. Samuel Abraham einen Schwur thun, daß er ganz und gar mit das Juden-Geleith nicht gehen oder bithen wolle, weder selbst noch durch andere, es seyen beschnittene oder unbeschnittene, in­ gleichen daß er auch niemanden das Geld dazu leihen, noch unter was für praetext und durch welcherley List, ..., es geschehen mag, solches nicht zu thun, und mit dem Königsbergschen Geleithe sich durchaus in nichts zu schaffen machen wolle; nicht selbst, auch nicht andere biethen und dinge." Und weiter: " § 4 Der Hirsch( i.e. Levkowicz ) ist schuldig, sein Bestes zu Thun, und von seinem ganzen Herzen allen Fleiß anzu­ wenden, daß er von seinem bey der Königlichen Cammer gethanen Both der 3600 fl. abkommen, und zwar in der Intention zu dem Ende, damit 9 Bendix es nehmlich das Juden-Geleithe vor weniger bekommen könne, ..."(23). Nach dem Ausscheiden seiner gefährlichen Nebenbuhler behauptete der umsichtige Bendix Jeremias unumschränkt den Platz. Seine gefestigte Po­ sition fand ihren Ausdruck in seiner Rechtsstellung: Am 5. Mai 1710 er­ hielter seinen Schutzbrief für Königsberg i, Pr. (24), drei Jahre später ( 13. November 1713 ) wurde er zum Hofjuden bestallt, nach weiteren drei Jahren( 24. Dezember 1716 ) wurde ihm als besonderer Gnadenbe­ weis gestattet, sein käuflich erworbenes Haus zunächst für drei Jahre zu behalten (25). Bedeutsam für den Aufstieg von Bendix Jeremias sind seine verwandt­ schaftlichen Beziehungen gewesen. Er entstammte einer wohlhabenden Halberstädter Familie, sein Vater Jeremias Jacob übersiedelte nach Ber­ lin und war dort so angesehen, daß ihn die dortige junge Gemeinde mit dem Vorsteheramte betraute. Sein Vetter, der ihn stets wohlwollend stützte, war der mächtige Oberlandesälteste Magnus. Bendix trieb zu­ nächst als Hauptgewerbe Handel mit Edelsteinen. Im Jahre 1704 bat er um einen Schutzbrief für Königsberg i. Pr.. Seine Bitte unterstützte Ben­ dix Jeremias durch Atteste von Standespersonen, die ihm bescheinigten, daß er stets Juwelen im Werte zwischen 10-20 000 Rthlr vorrätig habe. Einen sehr guten Kredit in Hamburg und einen bedeutenden Wechselhan­ del rühmte ihm die angesehene Firma W. Momma nach. Sein Antrag verfiel zunächst der Ablehnung. Erst in seiner Eigenschaft als Geleits­ pächter erhielt er dieses begehrte Papier, für das er 200 Rthlr Antritts­ geld zu zahlen hatte. Das jährliche Schutzgeld wurde auf 20 Rthlr fest­ gesetzt. Jeremias* Vermögensumstände waren als sehr gut zu bezeichnen. Nach seinem plötzlichen Tode zu Beginn des Jahres 1719 konnte seine Witwe innerhalb von zwei Wochen 20 304 fl. poln. an Gläubiger ihres Mannes zahlen. Um einen Illiquiditätskonkurs zu vermeiden, bat sie um ein zweijähriges Moratorium, welches - ein ganz seltener Fall bei jüdischen Firmen - auch gewährt wurde, denn Bendix hatte hohe auswärtige Forde­ rungen und einen stattlichen Juwelenfundus in Königsberg. Bendix Jere­ mias hinterließ keinen männlichen Erben. Israel Moses, ältester Sohn des Schutzjuden Moses Levin, ehelichte die vermutlich einzige Tochter Rosine, er erwarb so den Schutzbrief des verstorbenen Schwiegervaters. Er arbeitete geschickt mit der großen Mitgift und wurde nach Annahme des Namens Friedländer Mitbegründer der Königsberger Familie, die uns noch oft begegnen wird (26). 10

Bendix Jeremias wurde von der jüdischen Lokalgeschichtsschreibung (Jolowicz, Vogelstein, Birnbaum) mit Recht als Gründer der Gemeinde ge­ feiert. Mit Energie und Geschick, aber auch mit Härte prägte er der klei­ nen jüdischen Ansiedlung seinen Stempel auf. Sein Wirken kann getrost mit dem des Behrend Lehmann in Halberstadt oder mit dem des Aron Isak in Stockholm verglichen werden. Bei der Neugründung oder Umgestaltung von Gemeinden wirkten im Regelfalle wohlhabende Juden als "Lokatoren". Das erste Statut der Synagogengemeinde, das er schuf, wird später be­ sprochen werden. Sein Amt als Geleitpächter und Synagogenaufseher nahm er sehr ernst. Häufig wandte er sich an die königlichen Behörden, um ihre Hilfe gegen seine Glaubensgenossen in Anspruch zu nehmen. Bei Schläge­ reien in der Synagoge ließ er die Unruhestifter durch die Schloßwache fest­ nehmen. Mehrfach beschwerte sich Bendix über zahlungsunwillige Juden und erwirkte ihre Vertreibung. Auf sein Ansuchen hin wurde Bär Wulfowicz wegen Geleitsrückständen von der Amtskammer an das Halseisen gelegt(27). Bendix Jeremias erhielt seinen Schutzbrief, der ihn zu dauerndem Aufent­ halt in Königsberg berechtigte, weil seine Tätigkeit als Einnehmer des Ju­ dengeleits dies nötig machte. Bald traten neue Bewerber um ein solches Privileg auf, sie konnten sich auf Empfehlungen einzelner Königsberger Kaufleute oder adeliger Gutsbesitzer, die mit ihnen in guten geschäftlichen Verbindungen standen, berufen. Der fisci führte am 27. August 1705 zu dieser Frage aus (28): "... was die negotia mit den Pohlen und Lithauern anlanget, alhier im Königreiche Preußen, wenn mann sie prae- cavirt, so gar schäd- und hinderlich nicht sein, indem es bekannt ist, daß viele der hierher handelnden Pohlen und Lithauer, insonderheit was die Mag­ naten daselbst anlanget, durch die Juden, welche gleichfalls ihre Mäckler und ... (ein Wort unleserlich) im Handel sein, die meiste negotia al­ hier im Verkauff so woll, alß im Kauffen exerciren laßen, welches daher schon ehemals in denen, wegen der Juden emanirten Verordnungen, ..., dargestalt angenommen ...". Der Beamte regte an, verschiedene Spezi- alhandwerker wie Juweliere, Zobelfärber, Petschierstecher, Perlsticker und Bordierer der polnischen Mützen und Sättel im Lande zu lassen, weil sie für den Handel förderlich wären. "... Daß nun ein Jude Craam- und Gewürtz Waaren, an Cattun, Mousselin, Baumwolle, seidene Stoffen, Pflaumen, Allaun, und dergleichen, auch Materialien an Krebssteinen und sonst, wenn er sie auß Rußland, Armenien, Persien, Pohlen, Leipzig, Berlin und anderswoher anher bringt, Pack-, Stück- und Faß-weise, eben wie andere frembde, an die hiesigen Bürger absetzen und verkauffen kön­ nen, solches, weil es die hiesigen Bürger befördert, und anstat der bürger­ lichen Handlungs Nahrung bei denen Städten entgegen zu sein, auß dem 11

Recht der Niederlage dieses Königreichs und der dreien Städte Königsberg, zum Ansehen der hiesigen Negotie allerdings fließet, ist gantz unstrittig..". Der Fiscal schlug weiter vor, reiche Juden aus Hamburg, Berlin oder aus den Niederlanden in Königsberg anzusiedeln. Natürlich führe das zu hef­ tigen Beschwerden der Kaufmannschaft, aber das geschähe ja auch täg­ lich gegen die hier angesetzten Hugenotten. Die anwesenden Juden assi­ milierten sich jetzt schon, diesen Vorgang solle die Regierung unterstüt­ zen. Die Klagen der Gilde der Großbürger und Mälzenbräuer, die aufgrund des Stapelrechts allein befugt waren, mit allem "was über Scheffel und Waage geht" zu handeln, die eben auf ihre Rechtsstellung pochend, ihren Anspruch auf bürgerliche Nahrung geltend machten, beschäftigten seit eh und je die Behörden. Gegen die Schotten gerichtet erklärten sie schon um 1665: "... worin wir unglücklich und gegen Ihnen daher nicht aufkommen mögen, weil es nach unseren Zuftgesetzen strafbar ist, daß wir jemand unse­ re Wahren anbiethen solten, sondern müßten warten, bis wer an unsere Bu­ den schicket, ..." (29). Angriffe gegen die hugenottischen Kaufleute folg­ ten später. Die Betriebsamkeit der jüdischen Händler führte zu zahlreichen Be - schwerden und zu Lösungsvorschlägen durch die Königsberger Großbürger. Im Jahre 1714 wollten sie sich sogar zu erheblichen Zahlungen verpflich­ ten, wenn das Judenwesen nach ihren Vorstellungen eingerichtet werden würde (30). Die engen Beziehungen zu den polnischen und litauischen Kaufleuten, die im Regelfalle auch Juden waren, kamen den jüdischen Maklern in Königsberg sehr zustatten. Der Magistrat führte unter dem 2o. August 1718 aus: " Ferner ist bey Ew. Kgl. Maj. Gegenwarth in Preußen durch ein be­ sonderes Memorial gründtlich dargethan, daß dem Commercio die allhiro sich befindliche excessive Anzahl von Mäcklern sehr schädlich falle, und deren numerus von un an allerdings einzuschrancken wäre, sollte aber der Urias Moisesowicz ein Schutz-Patent, einen kleineren Handel zu treiben, erhalten, würden durch dessen eintzige Persohn mehr als 19 Christliche Mäckler bestellet und angenommen werden, weil dieser Jude geschickt ist, alle aus Litthauen und anderen entliegende Länder ankommende Wit­ tinnen und Waaren an sich zu reißen, ..." (31). Die ersten Schutzbriefe, die meist noch auf die Zeit von fünf Jahren be­ grenzt waren, wurden an jüdische Handwerker in nicht zünkftigen Gewer­ ben vergeben. Bestand in dem Beruf jedoch eine Zunft, so wurde der Schutzjuede als Freimeister auf der Schloßfreiheit angesetzt. So erhielt Samuel Slomke (auch Slumke, Slomcka, Slomka genannt) schon am 12 21. April 1700 ein Privileg, fünf Jahre als Litzenmacher in der Vorstadt zu leben (32). Auch Schneider, die die altpolnische Tracht anzufertigen verstanden, konnten hoffen, ein Schutzpatent zu erhalten. Die königli­ chen Behörden bescheinigten dem Elias Josephowicz am 8. Oktober 1714, daß "sonderlich dem publico gelegen, einen Schneider zu haben, der wol- che polnische Arbeit wohl zu verfertigen, geschickt sey,..." (33). Moses Samuel wollte sich 1720 als Gold- und Silbersticker in Königsberg nieder­ lassen. Das Gewerk der Posamentierer erhob Einspruch, weil sich Bordie­ rer in großer Menge am Platze befänden. Auch der Magistrat urteilte, daß "... dergleichen Bordiren zureichend ohne den Juden versehen und be­ stellt werden kannT[34). Die königlichen Beamten, die sich stets der Ju­ den wegen der Billigkeit ihrer Lieferungen und ihrer Einträglichkeit für die Staatskasse annahmen (35), stellten dagegen am 26. Februar 1720fest: " Dergleichen Leute aber, die was Hauptsächliches machen, und, wenn gantze Kleyder verlanget werden, dazu geschickt seyn solten, sind alhier nicht vorhanden ." (36) Es wurden vom König sogar Monopolprivilegien an Juden vergeben (37). Am 19. August 1736 unterzeichnete Friedrich Wilhelm I. ein Patent, "daß der Jude Joseph Marcus Wulff und dessen Gesellen eintzig und allein son- sten aber niemand die Petschier und Kupferstecher Kunst zu Königsberg in Preußen zu exerciren befugt seyn solle." (38) Der Großteil der Juden erwarb aber seinen Lebensunterhalt, wie es Jo­ seph Mendel in einer Eingabe vom 12. August 1716 bildhaft beschrieb: " .... weilen meine Lebensart diese ist, daß ich vor die hiesigen Kauff- leuthe nach Pohlen, Littauen, Rußland und derer Örter in ihren Geschaff­ ten verreise, und ihnen, wenn sie meiner benöthiget sind, so gleich alda im Kneiphofe zur Hand bin, da in zwischen, wenn ich nicht einheimisch bin, mein armes Weib ihr Stückchen Brodt mit Garkochen vor frembde Pohlnische, Russische Juden sich erwirbt." (39) Das städtische Bürgertum trachtete danach, den Fremden, den Unzünf­ tigen, den Unprivilegierten auszuschließen. Auf eben die selbe Weise ver­ teidigte die kleine Judenschaft Königsberg ihre teuer erkauften Rechte ge­ gen fremde Glaubensgenossen. Der Hofjude Bendix Jeremias bat häufig um die Hilfe der Behörden, wenn es galt, eingeschlichene Juden zu ent­ fernen. In einem Schreiben ( undatiert, vermutlich 1708 ) forderte er so­ gar Präventivmaßnahmen: " Seit dem polnischen Kriege haben sich et­ liche zwantzig Familie (sie !) polnische Juden hier niedergelassen und haben in währender Zeit ihr Schutz-Geld ad rationem abgetragen und wenn denen anhero kommenden Juden nicht in der Zeit vorgebogen wird, so würden dergleichen Gesinde mehr dann zuviel sich hier einfinden, und 13 ist auch anitzo zu besorgen, daß,weil der Bischoff, so über Schottland bey Dantzig zu gebitten hat, vor 3 Wochen über 100 Familien Juden, die sich währenden polnischen Kriege ohne dessen permission alda häuslich niedergelassen haben, mit Weib und Kindern ausgetrieben." (40) Die staatlichen Versuche, das Judenwesen zu regulieren, begannen da­ mit, daß die unteren Dienststellen aufgefordert wurden, möglichst genaue Listen der Personen, die unter ihrer Amtsgewalt saßen, anzufertigen, um einen Überblick über ihre Zahl, Berufe, Vermögensumstände usw. zu ge­ winnen. Unerwünschten Juden drohte die Vertreibung aus Preußen (41). Am 30. September 1716 hielten sich 38 jüdische Familien ständig in Kö­ nigsberg auf, von den vier Schutzjuden waren drei Handwerker (42), bei den restlichen 34 befanden sich ebenfalls noch drei Vertreter handwerk­ licher Berufe, daneben neun Kleinhändler, die mit alten Kleidern hau­ sierten. Fast alle anderen gaben an, daß sie den Kaufleuten - wohl als Makler - dienten. Die Aufenthaltszeit in der Stadt betrug in der Regel nur wenige Jahre, Ihre Vermögen bezifferten sie als niedrig, nur fünf ga­ ben an, mehr als 1000 fl. poln. zu besitzen (43). Gerade die Angaben über ihre finanziellen Verhältnisse waren aus verständlichen Gründen zu niedrig. Zwei Jahre zuvor, als eine strenge Vertreibung der Unvergleite- ten drohte, hatten sie teilweise sehr erhebliche Summen geboten, um in Preußen bleiben zu dürfen. Zwölf von 27 Impetranten waren aber auch in dieser Zwangslage nicht imstande gewesen, ein Antrittsgeld zu bie­ ten (44). Eine gewisse Zahl von Juden sollte aber auf gemeinsamen Wunsch der Kaufleute und Behörden stets geduldet werden, weil sie entweder den fremden Juden den Aufenthalt durch ihre Kultusfunktion (Kantor oder Gar­ koch) erleichterten oder beim Geleit nötig waren. Ferner rechnete man im Jahre 1714 noch sechs Handwerker hinzu, insgesamt 14 Juden sollten das Niederlassungsrecht bekommen. Diese sollten sich aber jeder Handels­ geschäfte enthalten (45). Den Magistraten der Städte Königsberg gelang es, am 7. Juli 1721 fol­ gendes Versprechen Friedrich Wilhelms I. zu erwirken: "... denen Ma­ gisträten allergnädigst versprochen, daß alle diejenigen Schutz-Briefe, welche ein oder andrer Jude auf die Städte Königsberg hinkünfftig exprac- tiren oder erhalten mögten, vor erschlichen und ungültig erklärt werden sollen, ... "(46), Ein Versprechen, das in keiner Weise erfüllt wurde, denn die Liste der Schutzjuden vom 11. Mai 1731, angefertigt nach dem Erlassen des General-Juden-Privilegs vom 29. September 1730, welches in § 1 alle bisherigen Schutzbriefe aufhob, nannte bereits 14 Familien, die ihre Aufenthalsberechtigung in der Zwischenzeit erhalten hatten(47). 14 Der letzte Satz dieses Verzeichnisses "Sonsten aber wohnen keine andere Juden in Königsberg" war irrig, weil sich immer eine ganze Reihe von ih­ nen unter allen möglichen Vorwänden in der Stadt aufhielt. Sie führten fingierte Rechtshändel gegen Glaubensgenossen (48), ließen sich an der Al­ bertina als Studenten einschreiben (49) oder traten zum Schein in denDienst eines ordentlichen Schutzjuden (50). Diesen Verhältnissen trugen auch die Statuten der Krankenpflege- und Beerdigungsbruderschaft Rechnung. In § 44 der Satzung der Chewra Kaddischa vom 23. November 1763 hieß es: " Am Rüsttage eines jeden Neumonds soll durch Ausrufen bekanntgemacht werden: Wenn einer von den Familienvätern in unserer Gemeinde eine männ­ liche oder weibliche unverheiratete Person pro forma als Bedienste­ ten in sein Haus genommen hat und dieser etwas Böses zustößt, so muß der Hausherr ihr während ihrer Krankheit alles Erforderliche gewähren". (51) Die zünftig organisierten Handwerker und Kaufleute waren nicht für die Errichtung von Manufakturen zu gewinnen. Aufgrund ihrer Rechtsstellung hatten sie ja einen Anspruch auf ihre bürgerliche Nahrung - oder modern gesprochen - am Sozialprodukt ihrer Stadt. In Königsberg genossen über­ dies die Kaufleute, die in der Gilde der Großbürger zusammengefaßt wa­ ren, den beruhigenden Schutz des Stapelrechts. Der fremde, der mobile Mensch, unbelastet von althergekommenen Rechtsordnungen, bot sich ge­ radezu an, in dieser Lücke der beginnenden Industrialisierung eingesetzt zu werden. Zunächst traten als Gruppe der Neubürger hugenottische Ein­ wanderer auf den Plan. Ihnen sollten nach Meinung des Fiskus die Juden folgen (52). Dieser Plan gelang nie recht; zu viele Widerstände boten sich dem jü­ dischen Manufakturisten(53), obgleich der Staat den Unternehmer mit al­ len Mitteln förderte. Der Entrepreneur erhielt namhafte Kredite, teilwei­ se als verlorenen Zuschuß, Monopole u.a.m. zugesprochen. Dennoch fand sich selten ein Jude bereit, sich für derartige Unternehmen zu interessieren. Die Gründe dieser ablehnenden Haltung waren darin zu suchen, daß es an Qualität der Erzeugnisse in den ersten Jahren mangelte, da es an Erfah­ rungsträgern fehlte. Überdies lehte die angesessene Kaufmannschaft häufig den Vertrieb der Waren ab (54). Letztlich bestand die Gefahr, daß der Un­ ternehmer nicht nur sein investiertes Kapital verlor, sondern auch als jüdi­ scher Bankrotteur seinen Schutzbrief, und zum Verlassen des preußischen Staates gezwungen wurde, Andere Juden - wie z. B, Simon Joseph - boten an, die preußischen Ma­ nufakturen zu fördern. Dieser verpflichtete sich am 9. Oktober 1732, acht Wollwebstühle aufzustellen und in stetem Gang zu halten. Am 31. De­ zember 1736 wurde auf sein Ansuchen hin der Kontrakt dergestalt verän- 15 dert, daß er nur noch gehalten war, jährlich für 1 000 Rthlr Waren aus ei­ ner inländischen Wollmanufaktur abzunehmen. Bei der schlechten Quali­ tät der preußischen Tuche war er allerdings am 6. Juli 1743 mit 2 732 Rthlr im Verzuge (55). Moses Samuel machte bei einem Gesuch um Er­ weiterung seines Schutzes geltend, "... daß ich zu meiner Bordir-Ar- beit die 20 Jahr her lauter Christen Kinder ohne allen Entgeld ausgelehret habe (56). In Königsberg betrieb um 1800 Abraham Rieß eine Loh- und Rotgerber­ fabrik, die zwölf Arbeiter beschäftigte. Er bezog in einem nicht näher ge­ nannten Jahr für 10 500 Rthlr Rohmaterial und veräußerte sein Saffianleder für 15 000 Rthlr. ein beträchlicher Teil seiner Produkte ging nach England. SalomonLevinlsaac unterhielt ebenfalls eine Gerberei mit zehn Arbeitern(57). Joseph Seeligmann u. Co. stellte mit zwanzig Webstühlen und über 80 Werk­ leuten Gaze her. Seide webte Koppel Meyer Benjamin auf 37 Stühlen (58). Der König belohnte ihre Bemühungen um die einheimische Industrie mit Ge­ neralprivilegien (59). Um 1788 betrug laut Baczko der jüdische Anteil an den Manufakturen der Stadt Königsberg ca. 10% (60), Der Staat förderte die Juden in zwei Funktionen, die andere Teilnehmer am Wirtschaftsleben nur schwer ausfüllen wollten: dem Manufakturwesen und dem Exporthandel mit Polen und Rußland. Den begehrten Schutzbrief zum Aufenthalt in Preußen zu erlangen, war recht schwierig, so daß die Bewerber oft darlegten, welche besonderen Ver­ dienste oder Eigenschaften sie besaßen oder welche außerordentlichen Lei­ stungen sie in Zukunft zu erbringen gedachten. So verwandte sich der Feld- marschall v. Roeder (61) in einem Schreiben vom 30, Januar 1742: "Wenn sich allhier 2 Polnische Juden, nahmens Salomon und dessen Sohn Asche­ rowitz gefunden, welche nicht allein bey Hochsei. Königes Maj. Glorwür- digsten Gedenckens verschiedene schöne große Leute vor die hiesige Regi­ menter angegeben, sondern auch jetzo bereits 4 freiwillig dienstnehmende Pohlen, so wohl aussehen und wegen ihrer considerablen Größe ins erste Glied ... gestellet werden können, hereingebracht haben; fortmehro aber wegen der Unsicherheit in Pohlen einen Schutzbrief suchen"(62). Eine recht ansehnliche Dotation erheilt 1733 der Generalmajor Graf v. Dönhoff in Ge­ staltvonsechs Schutzbriefen, die er beliebig verwenden konnte (63). Durch die Generalprivilegia von 1730 und 175o war die Ansiedlung frem­ der oder das Selbstständigwerden armer Juden außerordentlich eingeschränkt worden. Die Jahre der russischen Besetzung Ostpreußens im Siebenjährigen Kriege schufen einen Wandel; die Gouverneure erteilten großzügig Schutz­ patente, wenn glaubhaft gemacht wurde, daß der Bewerber als Heereslie­ ferant tätig war. So erhielten Abraham Samuel Goldschmidt am 13. Ok- 16

tober 1759 und Jacob Hirsch am 6. November 1758 den Schutz, obgleich der erste als überzähliges Kind, der zweite als ehemaliger Handlungsdie­ ner bei Hartog Jacobs nicht ansiedlungsberechtigt waren (64). Die ostpreußische Kammer führte in mehreren Schreiben an die russi­ schen Verwaltungschefs aus, daß die Privilegierung von Commis und Un­ vermögenden (d. h. unter 10 000 Rthlr Besitz) dem Generalprivileg von 1750 besonders unter Berücksichtigung des § V 8, 8 zuwider wäre. Diesen Protesten schloß sich auch die jüdische Gemeinde an. Im Namen aller Schutzjuden verwahrte sich der Gemeindeälteste Abraham Isaac Wallach am 2. Juli 1761 beim Gouverneur Suvorov gegen die Einlassung der Frem­ den. Er plädierte für die Beschränkung der Schutzjudenzahl und bot Aus­ gleichszahlungen an: "... auch 7. ) inhalts vorigen Jahre Verordnungen expresse verbothen, keinen fremden Juden in Schutz anzunehmen, es wä­ re denn, daß er gründlich beweisen könnte, daß er würcklich 10 000 Rthlr aus frembden Lande in dieses Reich hereingebracht, welches kein eintzi- ger von den gegenwärtigen Hausirern im stände ist maaßen viele unter denselben ihr Brodt mit Conditioniren kaum alhier erworben und nur erst aus dem Dienst gegangen , ..". Diese Juden schmälerten Nahrung und Kredit. Weiter hieß es: " 9.) bey E. Erlauchten Gouvernement mittelst insinuirten Fürstellen aus bey itzigen obgleich bedrängten Zeiten schon allenfalls anerbothen haben, ein gleiches Quantum, als die frembden Ju­ den pro Privilegio offeriren solten, aus unseren Mitteln zu bezahlen .. ..."(65). Nach den polnischen Teilungen wurden sogar politische Momente ins Spiel gebracht, indem polnische Juden Insurrektionspläne von Szlachcicen oder Waffenschmuggel in das aufständische Land verrieten. Jütke Schima- nowitz bat am 14. Dezember 1794 um ein Patent mit der Begründung, "... daß ich die große Verschwörung angezeigt, welche der Herr v. Zer- govsky in dem nur 1/2 Meilen vonPraschnitz gelegenen Gute Camnion ( ?) mit dem Adel der ganzenProvinz angesonnen, zufolge welcher einlnsurgen- ten-Corps etwa 10 000 Mann mit demCorps des Pohlnischen General v.Gra- bowsky dahin übereingekommen, daß letzteres über die Narwa herüber kom­ men, das unter Hochstdero Befehlen stehende Corps überfallen, die Magazine in Brand stecken, alle Truppen ermorden und inOstpreußen eindringen wol- ten"(66). Ähnlich hieß es in der Supplikation des Zichman Meyer vom23. April 1795: "Zur Zeit der Pohlnischen Revolution wohnte ich demPohlni- schen Grentz Städtchen Neustadt beiSchirwind und erfuhr als die Preußi­ schen Truppen teils an der Grenze, teils in Pohlen eingerückt waren, daßder Kaufmann undRathsverwandte Kadig(auch Kaddix genannt) in Schirwind nicht nur ein Pulverhandel, sondern überhaupt verschiedene Ammuntionen 17 den Pohlnischen Truppen zu führte" (67). Diese Denunzianten mußten in das Innere Preußens verbracht und dort angesiedelt werden, weil, wie der General v. Brünneck am 4. August 1795 schrieb, "die Pohlen, welche ü- ber seine Angaben aufgebracht, ihn als einen Landesverräther von ihrer Seite behandeln, sich auch seiner Person bereits bemächtigt und ihn in Ketten gelegt hatten, fielen über sein Vermögen her und plünderten ihn rein aus, und er selbst entging nur mit Mühe der Lebens Gefahr" (68). Aber nicht so sehr der Zuzug von außen, sondern der starke Geburten­ überschuß ließ die Königsberger Gemeinde von ca. 50 Personen im Jah­ re 1700(69) auf 896 Köpfe im Jahre 1804(70) anwachsen. 57 Sterbefällen in dem Zeitraum 1800-1805 standen 94 Geburten gegenüber (71). Als Beispiel diene die Familie Moses Levin-Friedländer: 1718 ein in Königs­ berg ansässiges Familienoberhaupt, seine fünf Söhne erhielten das An- siedlungsrecht in der selben Stadt (72), um 1812, als die Familie ihren wirtschaftlichen Kulminationspunkt schon überschritten hatte, lebten fast 20 selbständige Namensträger in der preußischen Hauptstadt. Das weit häufiger angewandte Mittel, das Niederlassungsrecht in Kö­ nigsberg zu erhalten, war eher die Heirat mit der Tochter eines ordent­ lichen Schutzjuden als der unmittelbare Ersterwerb eines Patentes. Durch Sonderzahlungen gelang es zumeist, zumal, wenn man über einiges Ver­ mögen verfügte, eine zusätzliche Konzession für diese Stadt zu bekom­ men. Das Bemühen der Judenschaft, fremde Eindringlinge, wenn sie nicht über die außerordentlich hohe Summe von 10 000 Rthlr verfügten, zu ver­ treiben - ein Vorgehen, das durch die solidarische Zwangshaftung der Ge­ meinde für einen Bankrotteur noch unterstützt wurde - , führte dazu, daß die Schutzjuden Königsbergs in einem ungewöhnlich starken Maße unter­ einander versippt und verschwägert waren (73). 18 II DIE WIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER FAMILIE FRIEDLÄNDER - ZUSAMMENHANG ZWISCHEN WIRTSCHAFTLICHER STÄRKE UND RECHTSSTELLUNG

In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts erhielten Juden, deren Finanz ­ kraft sie dem preußischen Fiskus interessant machte, den Titel "Hofjude", so z.B, Bendix Jeremias in Königsberg. Im weiteren Verlauf des Saeculums wurde die neue Rangklasse der "Generalprivilegierten" (1) geschaffen. Speziell für die Familie des Hofbankiers Itzig zu Berlin wurde die recht­ liche Stellung des "naturalisierten Juden", der nicht mehr dem jüdischen Rechtsverband angehörte, eingeführt (2). Moses Lewin ehelichte um 1718 die - vermutlich einzige - Tochter des Königsberger Hofjuden Bendix Jeremias, Nach Annahme des Namens Friedländer errichteten die Nachkommen aus dieser Verbindung das be­ deutende Handelshaus Joachim Moses Friedlaender et Soehne, Joachim Moses Friedländer (3) erhielt für sich und seine direkten Nach­ kommen am 23. Februar 1764 als erster Königsberger Schutzjude ein Ge­ neralprivileg, für welches er die Zahlung von 1000 Ducaten angeboten hatte (4). Bei der Erweiterung dieses Patents rühmte er seine Verdienste um den Handel der preußischen Monarchie, Die Firma exportierte 1775- 1782 an einheimischen Industrieerzeugnissen: Berliner Seidenwaren 147 284 Rthlr Baumwolle und Leinen 24 182 " Schlesi6che Leinwand 57 o82 " Berliner Wollwaren 203 531 432 079 Rthlr Aus der königlichen Gold- und Silbermanufaktur Berlin setzte die Firma 1771-1782 für über 300 000 Rthlr Edelmetall nach Polen und Rußland ab (5). Nachdem am 24. Februar 1791 Daniel Itzig die Naturalisation erlangt hatte, suchte nun David Friedländer, der durch seine Heirat mit Blüm­ chen Itzig schon den rechtlichen Status eines Juden verloren hatte, am 20. Januar 1792 für seine Königsberger Verwandten ein gleiches Patent zu erlangen. Er bat: " Die sammtlichen Descendenten des Joachim Moses Friedlaender mit einem Naturalisationspatent allerhuldreichst zu begna­ digen; dergestalt, daß die dieselben alle Rechte einer christlichen bür­ gerlichen Familie, ohne Ausnahme und Einschränkung, mit Niederschla­ gung aller gegen die Juden existirenden Gesetze und aller außerordent­ lichen Abgaben, zu genießen haben mögen; als welches zu gleicher Zeit 19 die Heraushebung dieser Familie und ihrer Descendenz aus der subsidia­ rischen Verhaftung in politischer als in christlicher Rücksicht voraussetzt. Wir versprechen dagegen feverlieh in unserem und unserer Nachkommen Na­ men, alle Pflichten und Obliegenheiten eines getreuen Bürgers, ohne Ausnahme und in gleichem Umfange wie christliche Bürger und Untertha- nen, getreulich zu erfüllen, und die Wohlfahrt des Staats mit Gut und Blut zu allen Zeiten zu befördern ... "(6). Das Generaldirektorium lehnte dieses Gesuch nach längerer Zeit mit der nicht sehr erschöpfenden Antwort ab, Naturalisationen könnten allein vom König ausgesprochen werden. Die Familie Friedländer wiederholte ihr Ansinnen unmittelbar beim Mo­ narchen, Das Generaldirektorium, vom König zur gutachterlichen Stel­ lung aufgefordert, wies auf die hohe finanzielle Einbuße hin, die durch das Ausscheiden der Friedländers aus der Zwangsgemeinschaft der Schutz­ juden entstünde: "... Was das Vermögen, den Handel, Credit und die sittliche Aufführung dieser jüdischen Familien betrifft, so stehen diesel­ ben im allgemeinen guten Ruf und dem General -Directorio ist in solcher Rücksicht nichts bekannt, was sie zum Behuf der Naturalisation von der Itzig'schen Familie unterscheiden oder sie derselben unwürdig machen möchte. Ew. Königl. Majestaet aber wollen in hohen Gnaden erlauben, allerunterthänigst vorzustellen, daß diese gesuchte Naturalisation nicht anders als mit gewißem Nachteil für höchst Dero Interesse würde bewilli­ get werden können. Denn nach der Verfassung des Judenwesens haften die Schutzjuden für ihre Abgaben in solidum, dergestalt, daß bey derselben repartition unter sich, die Armen von den Vermögenden übertragen wer­ den müßen. Die Friedlaender'sche und Isaac Benjamin Wulff'sche (7) Fa­ milie aber gehören zu den wenigen reichen und müssen daher einen höhe­ ren Beytrag liefern, welcher bei ihrer Naturalisation cessiren und also für beständig entweder am £tat der Juden Abgaben ausfallen, oder zu dem­ selben von Ew. Königl, Majestaet extraordinarie zuzuschießen seyn wür­ de. Diese Familien würden nun zwar zu einem solchen Ausfall decken­ den Aequivalent ein für alle Mal verbunden seyn. Allein, wenn sie auch zu einem Capital ä 4 pro Cent von ihren gegenwärtigen Beyträgen sich submitiren sollten, welches doch schwerlich zu erwarten ist, weil sie als­ dann einen großen Theil ihres effectiven Vermögens weggeben, und sich wurcklich schwächen müßten; so würde doch eines Theils dafern nicht mit solchem Capital eine fortwährende, sichere, dem Ausfall ihrer Abgaben gleiche Einnahme fundiert werden könnte, dadurch der Abgang von Ew. Majestaet Einküften nicht vermieden werden, und anderen Theils bey ei­ ner solchen Einrichtung noch immer die Gefahr bleiben, daß wenn diese 20

Familie reicher werden, und dagegen andre mehrere verarmen, ihr Bey- trag ungleich höher, wie die gegenwärtige, steigen, und das differirende quantum von dem Etat der Juden-Abgaben fallen würde ". (8) Am 30, Dezember 1793 erfolgte die endgültige Ablehnung des Antrags, " ,.. daß sie zwar in Ansehung ihrer sittlichen Aufführung und des Betrie­ bes ihrer Geschäfte in einem allgemein guten Ruf stehen, daß aber der Be­ willigung des von ihnen nachgesuchten Naturalisations-Patents die Verfas­ sung, nach der die Juden ihre Abgaben aufbringen, entgegenstehe. In die­ sem Betracht kann gedachten Friedlaender1'sehen Deszendenten das Natura­ lisationspatent nicht erteilt werden und S. Königl. Majestaet tragen lern General-Direktorium hierdurch auf, dieselben zu bescheiden, daß sie sich bey ihrem General-Schutz-Privilegium wohl begnügen können. Friedrich Wilhelm "(9). Die Königsberger Staatsbürgerliste, in die aufgrund des Emanzipations- edikts vomll. März 1812 (10) die Schutzjuden eingetragen wurden, um ihr Staatsbürgertum zu beurkunden, nannte bereits fünf Namensträger der Familie Friedländer, die ihr Niederlassungsrecht auf das Generalprivileg ihres Großvaters begründeten (11). 1812 lebten insgesamt zehn General­ privilegierte in Königsberg (12). Ihre Vorrecht stammten von ihren Eltern oder Großeltern, denn der König erteilte ab 1800 nur noch sehr selten der­ artige Patente, da die gesamte jüdische Rechtsstellung verändert werden sollte (13). Die mildeste Form jüdischer Sonderrechte - die Naturalisation - erreich­ ten in Königsberg nur zwei Juden. Der Danziger Simpson Levin Hirsch und der Breslauer Joseph Michel (auch Michailowitz genannt) ehelichten Enke­ linnen des Berliner Hofbankiers Daniel Itzig und erlangten durch dessen Naturalisationspatent vom 2. Mai 1791 die Gleichstellung mit den christ­ lichen Untertanen des preußischen Königs. Die Stadt Königsberg mußte sie als Bürger annehmen, die spezifischen Rechte der Großbürger wurden dadurch jedoch nicht berührt. In dem ei­ gens angelegten Judenbürgerbuch vermerkte der Magistrat am 29. Novem­ ber 1798 ausdrücklich, "... dass derselbe dadurch keineswegs berechtigt werde, eine Handlung zu führen, oder sonst ein bürgerliches Gewerbe trei­ ben zu können, ..." (14). So hatte schon Friedrich II. am 7. Februar 1784 verfügt, daß " die Rechte christlicher Banquiers und Kaufleute nicht an und für sich als sol­ che Befugnisse, welche nach den der Stadt vorgeschriebenen Handels­ und Zunftgesetzen und Ordnungen nicht einmal jeder christliche Kauf­ mann hat, sondern mittelst besonderer Qualification erlangen muß, er­ kläret und verstanden werden." (15) 21 Nur wenige Juden befaßten sich um die Wende zum 19. Jahrhundert - wie oben ausgeführt - mit dem Fabrikwesen oder mit dem Export preus- sicher Produkte in großem Stil. Diese genossen zumeist die höhere Rechts­ stellung des Generalprivilegierten. Aus dem eigentlichen Bankgewerbe suchte sie der Staat fernzuhalten. Am 2. März 1792 erhielt Abraham Friedländer, der fünfte Sohn von Joachim Moses Friedländer (16), eine Ab­ lehnung auf sein Gesuch, in Königsberg eine Lombardbank einrichten zu dürfen: " Ueberdem werden diesselben zu erwägen belieben, daß es auf eine Privatperson immer ein zweideutiges Licht wirft, sich mit einer sol­ chen Sache zu seinem eigenen Vortheil zu beschäftigen. Sollten Ew, Hoch- wohlgeboren sich aber entschließen wollen, sich mit Ihrem Vermögen in Preußen auf eine andere Art niederzulassen, und etwa eine fabrique, von welcher Art es sei, hieselbst anzulegen, welches sich gemäß sehr reich­ lich verzinsen würde ..." (17). Im Zahlungsverkehr dieser Zeit war man genötigt, bei finanziellen Transaktionen mit Wechseln zu arbeiten. Königsbergs geographische Lage machte die Stadt ohnehin zu einer Zentrale des Wechselhandels. Die grös­ seren Handelshäuser waren gezwungen, den Geld- mit ihrem Warenhan­ del zu koppeln (18). Eigentliche Bankgeschäfte im größeren Umfange, die aber nicht wie heute der Kreditschöpfung, sondern dem Finanzver­ kehr (Münzwechsel, Geldtransport u. ä.) dienten, trieben nur Isaac Cas­ par, David Isaac Friedmann und Hirsch Mendel, die bezeichnenderweise nicht zu den Generalprivilegierten zählten (19). 22 III DER KÖNIGSBERGER JÜDISCHE HANDEL UM 1800 UND SEINE FINANZLAGE

Der Großteil der selbstständig tätigen Juden befaßte sich mit Kommis­ sionshandel. Den Kaufleuten der Großbürgerzunft allein war gestattet, un­ beschränkte Kaufmannschaft im Rahmen der Gildesatzung auszuüben. Die Gilde verbot u. a. den Vorkauf (Handel vor den Toren der Stadt) und das Aufkaufen von Getreide auf dem Lande. Gildemitglieder traten häufig mit den jüdischen Vermittlern in enge Beziehungen, die die beiderseiti­ gen Geschäfte förderten. Der jüdische Makler bereiste in geheimem Auf­ trag einer Königsberger Firma die Güter und schloß gegen eine Provision für sie Lieferungskontrakte auf Korn. Trotz scharfer Strafen des Wettge­ richts auf solche "verbothene Kauffmanschaft" oder "Mascopie" setzte sich diese Handelspraktik durch und trug damit bei zum Verfall der Groß­ bürger- und Mälzenbräuerzunft, die die Hauptträger der alten städtischen Verfassung waren (1). Über den Umfang und die Gewinne der Königsberger Handelshäuser und Manufakturen ist wenig bekannt. Der Handel der Stadt hatte seinen Kul­ minationspunkt mit den polnischen Teilungen überschritten, da die rus­ sische Regierung sich bemühte, den Kommerz aus und in den ihnen zuge­ fallenen Gebieten in ihre Häfen zu ziehen (2). Durch den Anfall Danzigs an Preußen 1793 entfiel die handelspolitische Unterstützung, die Königs­ berg bisher von den preußischen Behörden genossen hatte. Diesen Rück­ gang verdeutlichte das Sinken der jüdischen Geleitsgelder; sie erbrach­ ten 1762/63 3209 Rthlr 51 gr. und fielen 1799/1800 auf 705 Rthlr 7 gr.(3). Die jüdischen Firmen, die nicht vom Stapelrecht profitierten, litten be­ sonders. Das bedeutende Haus Joachim Moses Friedlaender et Soehne mußte nach 1806 liquidieren (4). Einen Einblick in die Königsberger Vermögensverhältnisse bot die Ver­ teilung der Lasten bei der Aufbringung der Kriegskontribution 1807. Zu­ nächst schätzten sich die Bewohner der Stadt selbst ein, Als die aufge­ brachte Summe weit hinter der Forderung zurückblieb, wurde eine Zwangs- anleihe in Höhe von 6 <#> vom Kapitalvermögen und in Höhe von 2 - 3 °jo von den Gehältern ausgeschrieben (5), Zu diesem Zwecke bildete der Ma­ gistrat aus Vertretern aller Gruppen der Einwohner eine Kommission, die die Vermögen taxierte und später auch die Obligationen ausfertigte, Ihr gehörte der Makler und Schutzjude Abraham Alexander als Vertreter der­ jenigen Königsberger, welche weder Bürger noch Eximierte waren, an (6), 23 Von den 55 197 Einwohnern der Stadt (Großbürger, Kleinbürger und Exi- mierte) wurden 1 787 (ca. 3, 3 %) zu Zahlungen herangezogen, von den 653 Juden 55 (ca. 7, 7 %. 27 jüdische Zahler trugen zwischen 20-100Rthlr bei, was einem Kapital von 333 1/3 bis 1 666 2/3 Rthlr entsprach. 24 hat­ ten zwischen 100-500 Rthlr zu leisten (Vermögen 1 666 2/3 - 8 333 1/3 Rthlr). Nur vier jüdische Firmen, nämlich David Isaac Friedmann, Hirsch Mendel und Wulff Oppenheim gaben je 3 000 Rthlr (50 000 Rthlr Kapital) und David Levinson 1500 Rthlr (25 000 Rthlr). Über 90 fo der Königsberger Juden konnte wegen Armut nicht herangezogen werden (7), Für eine vorwiegend Handelsgeschäfte treibende Gruppe scheint die Kapi­ taldecke äußerst dünn. Zahlreiche Konkurse und Vergleiche in den Notjah­ ren der Napoleonischen Kriege zeugen davon. 24

IV DER ANTEIL DER KÖNIGSBERGER JUDEN AN DER JUDENGESETZGEBUNG DES PREUßISCHEN STAATES

Wenn in Preußen Gesetze erlassen werden sollten, die die Rechtsver­ hältnisse der Juden berührten, berief man in der Regel Deputierte der ein­ zelnen Gemeinden zur Begutachtung der Regierungsvorlage. So verhörten königliche Räte 1704 die jüdischen Delegierten in KUstrin, um zu erfah­ ren, ob im täglichen Gebet Alenu Christus gelästert würde (1). Als 1730 das General-Judenreglement geschaffen wurde, nahmen die Berliner Äl­ testen, alle jüdischen Gemeinden der Monarchie vertretend, in umfang­ reichen Gutachten zum Entwurf, der ihnen zugestellt worden war, Stel­ lung (2), Sie erreichten gewisse Modifikationen in Einzelpunkten des Ge­ setzes (3), Manchmal ergriffen auch einzelne Juden oder Gemeinden die Initiative und brachten Vorschläge ein. Der in Königsberg ansässige Hirsch Levko­ wicz riet 1709, hier " eine Judenstadt, wie sonsten an vielen Orten in Eu­ ropa, zu stiften ... ". Durch sie könnte das Judenwesen reguliert und die königlichen Einnahmen sehr vermehrt werden. Hirsch gedachte, die nötigen Gebäude zu errichten. Als Belohnung suchte er das einträgliche Amt des Geleitzolleinnehmers zu erhalten (4). Sein Konkurs und seine Flucht aus Preußen, sowie der energische Widerspruch der Königsberger Juden durch Bendix Jeremias ließen diesen Plan scheitern. Ungefähr ein Jahrzehnt später bat der Berliner Oberlandesälteste Mar­ cus Magnus im Namen sämtlicher Schutzjuden Königsbergs, für die dor­ tige Gemeinde ein Generalprivileg zu erlassen. Die Königsberger wünsch­ ten: 1. Handelsfreiheit auf den Immunitäten, 2. das Recht, mit Gold und Silber zu handeln, 3. die Ansetzung des zweiten Kindes, weil das zur Festigung des Kre­ dits nötig sei. Durch das Fortschicken der Kinder entzöge man den Firmen zuviel Kapital 4. das Recht, Häuser zu bauen oder zu kaufen und 5. Pässe, um die Jahrmärkte der preußischen Landstädte besuchen zu können (5), Dieser Antrag verfiel der Ablehnung. Für viele Dezennien trat die Königsberger Schutzjudenschaft wohl nicht mehr mit ähnlichen Vorschlägen hervor. Nur Bitten einzelner Ju­ den um Aufbesserung ihres individuellen Schutzes bewahrten die Archi­ ve (6). 25 Erst nach dem Tode Friedrichs II. begann die Diskussion über die Rechts­ stellung der Juden, die für lange Zeit nicht abreißen sollte, zumal die pol­ nischen Teilungen dem preußischen Staate Tausende neuer jüdischer Un­ tertanen gebracht hatten. " Die Emanzipation der Juden in Preußen ist nicht auf einmal geworden. Der Bewegung, welche erfolgreich mit dem Edikt vom 11, März 1812 abschloß, ist eine Reihe von Reformversuchen mehr oder minder umfassender Art vorangegangen: der erste in den Jah­ ren 1787-1793, der zweite 1795-1798, der dritte 1800-1801 " (7). Die Königsberger Judenschaft beteiligte sich teilweise mit großem Ei­ fer an diesem Werk. Die treibende Kraft jüdischerseits war der aus Kö­ nigsberg stammende David Friedländer (8), der 1787 zum Generaldepu­ tierten der preußischen Judenschaft gewählt wurde. In dem von ihm mit­ verfaßten "Promemoria" vom 17. Mai 1787 (9) hieß es - wohl etwas sehr einseitig - über den handelsfördernden jüdischen Wettbewerb, daß in Kö­ nigsberg "alle Zweige, bei denen die jüdische Konkurrenz zugelassen, in Blüte und Flor, die christlichen Handelshäuser wohlhabend und vermö­ gend» Alle Zweige hingegen, welche die christlichen Kaufleute ausschließ­ lich besäßen seien im Abnehmen begriffen oder gänzlich eingegangen" (10). Der Staat war nicht abgeneigt, seinen jüdischen Untertanen der alten Provinzen gewisse Erleichterungen zuzugestehen. Für die Aufhebung der solidarischen Haftung und für das Ansetzungsrecht aller Kinder forderte er die Militärpflicht. Die jüdischen Bewohner der Monarchie machten dagegen geltend, daß dies ein neues Sonderrecht begründe, da z.B. die Residenzstädte konskriptionsfrei seien. Die Aufhebung der solidarischen Haftung bedeutete nach Ansicht der numerischen Mehrheit der Königs­ berger Judenschaft geradezu eine Verschlechterung, Ihr Kredit bei den russischen und polnischen Juden sänke erheblich, wenn die Garantie durch die Gesamtgemeinde entfiele. Erst nach langen Wochen ließen sich Deputierte finden, die Königsbergs Belange in Berlin vertreten woll- ten(ll). 34 wohlhabende Juden jedoch, die zusammen mehr als die Hälfte des Steueraufkommens der Königsberger Schutzjuden leisteten, befürworte­ ten mit Wulff Friedländer an der Spitze die Neuerungen und wandten sich am 17. Januar 1793 unmittelbar an den Monarchen. Sie plädierten für die Aufhebung der solidarischen Haftung, für eine gewisse Gewerbe- freiheit und für Abschaffung der herabsetzenden amtlichen Bezeichnung "Schutzjude" oder "Jude" (12). Wulff Friedländer suchte als Abgeordne­ ter dieser Gruppe an den Verhandlungen in Berlin teilzunehmen, was ihm allerdings nicht gestattet wurde. 26 Zur Deckung eventueller Ausfälle bei den jüdischen Steuerzahlungen sollte eine Mehrsumme von 13 505 Rthlr aufgebracht werden. Da nun Wulff Friedländer nicht zu den Beratungen über die Festlegung der Steu­ ersätze zugelassen wurde, sprach er sich in einer Eingabe an Friedrich Wilhelm II gegen die Verteilung der Lasten auf diese Art aus und erklär­ te: " Bei dieser Behandlung, und bei der Gefahr, in welche meine Man­ danten gerathen seyn können, sehe ich mich nothgedrungen, Ew. Königl. Majestät allerunterthänigst zu bitten die, ohne meine Zuziehung vollzo­ gene Repartition für null und nichtig zu erklären, und das Nöthige des- fals an die Behörde allergnädigst zu verfügen. Meinem allerunterthänig- sten Gesuch füge ich noch die allerdevoteste Bitte bey, da meine dringen­ de Geschäfte mich nach Hause rufen, die Vollziehung meines Verlan­ gens allergnädigst zu beschleunigen " (13). Die "regelrechte Obstruktionspolitik der Juden" (14) brachte den Ver­ such einer Teilreform zum Scheitern. Das Generaldirektorium lehnte es ab, auf dieser Grundlage weiter zu verhandeln (15). In den ersten Jahren des 19. Jahrhuntert fochten die Königsberger Ju­ den manchen harten Strauß mit der dortigen Kammer, die versuchte, die Ansetzung des zweiten Kindes (16), später (1806) sogar des ersten Kindes (17) zu verhindern. Der Staatsminister für Ost- und Westpreußen (seit dem 13. November 1795 Freiherr Friedrich Leopold von Schröt- ter (18)),sprach sich auch gegen die Ansiedlung von Generalprivilegier­ ten in Königsberg aus. Er wollte sie nur gestatten, wenn ein Schutzjude gestorben wäre, dann sollte der Höherprivilegierte vor einem ansetzungs- berechtigten Schutzjudensohn als erstes Kind einrücken (19). Der Zusammenbruch des preußischen Staates nach der Schlacht von Jena führte die Zentralbehörden nach Königsberg. Johann Gottfried Frey, der Schöpfer der Städteordnung, suchte alle Einwohner an den städtischen Lasten zu beteiligen. Dafür sollten sie das Recht erhalten, in den kom­ munalen Repräsentationen mitarbeiten zu können. Zuerst wurde dieser Plan bei der Aufbringung der Kriegskontribution 1807 verwirklicht: aus­ ser den Großbürgern wurden auch Kleinbürger, Adlige und Schutzverwand­ te wie auch Juden zu Zahlungei herangezogen, Die Königsberger Schutz­ juden stellten so auch einei. Vertreter in dem Komitee, das die Zwangs­ anleihe ausschrieb und danach c>ie Obligationen ausfertigte (20). Die Hauptinitiative in der Re'ormfrage ging von der Berliner Gemein­ de mit ihrem Sprecher David Friedländer auf die Königsberger Juden über Dem Bankier und Gemeindeältesten Isaac Caspar (21) gelang es, Schrötter für die jüdische Sache zu gewinnen. Neben der Hilfe, die er den zerrütteten Staatsfinanzen gewährte, führte Caspar vor allem den 27

Beweis, daß die Juden durchaus brauchbare und tapfere Soldaten abgeben könnten, was bis dahin von den Militärs bestritten worden war. Er wies besonders auf die Heldentaten des Berek Joselowicz (22) und seiner Mit­ kämpfer im Kosciuszko-Aufstand hin(23). In den Jahren nach 1808 wandte sich die Königsberger Gemeinde, in deren Mehrheit sich nun der Widerstand gegen Reformen verloren hatte - die umstrittene solidarische Haftung war am 18, Juli 1801 aufgehoben worden - , mehrfach an den König oder an hohe Beamte, um eine völ­ lige Veränderung des in seinen Grundzügen noch geltenden Generalju­ denprivilegs von 1750 zu erreichen (24). Die Judenschaft bat um das An- setzungsrecht für alle Kinder, um Gewerbefreiheit und um das Recht, so­ wohl städtische als auch ländliche Immobilien erwerben zu dürfen (25). Die neue Städteordnung vom 19. November 1808 gestattete den Er­ werb des Bürgerrechts durch Juden. Nach einem Reskript des Ministeri­ ums des Innern vom 27. Februar 1809 waren Schutzjuden nach § 23 die­ ses Gesetzes sogar verpflichtet, um dieses Recht nachzusuchen (26). Die Königsberger Judenschaft zögerte, davon Gebrauch zu machen. Außer 25 Rthlr, die für den Eintrag in das Bürgerbuch zu zahlen waren, befürch­ tete sie wohl, in verstärktem Maße zu den städtischen Lasten hinzugezo­ gen zu werden, zumal die Wett- und Liegerordnung Königsbergs nicht durch die Städteordnung berührt wurde: 1808 erwarben 14, 1809 68 Juden das Königsberger Bürgerrecht, 1810 fiel die Zahl auf 13 (27). Erst nach einigen Monaten dankte die Gemeinde mit halbem Herzen dem König und erklärte zum Beschluß ihres Schreibens vom 12. Februar 1809, "... daß es Ew. Königlichen Majestät gefallen möge, über die endliche Bestimmung unseres Schicksals huldreichst zu verfügen" (28). Das "Vor­ läufige Regulativ die Verfassung der Kaufmannschaft in Königsberg be­ treffend" vorr 11. Januar 1810 beseitigte die Unterschiede zwischen Gil­ dekaufleuten ,liegerri und Fremden und machte die Juden zu Vollbürgern der Stadt (29). Aber noch mehr als zwei Jahre sollten vergehen, bis das Edikt betref­ fend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate am 11. März 1812 vom Monarchen unterzeichnet wurde. Der Staatskanz­ ler Graf Hardenberg, der an seiner Ausarbeitung großen Anteil hatte, ließ es sich nicht nehmen, am gleichen Tage den Vorstehern der Gemeinden von Berlin, Breslau und Königsberg von diesem Ereignis Mitteilung zu machen (30). Ansetzungsrecht für alle Kinder, freie Berufswahl und -ausübung, Frei­ zügigkeit, Fortfall der Sondersteuern wurde den preußischen Junden in den alten Provinzen gewährt, dafür wurden sie nun militärpflichtig. 28

Der alte und sehnsüchtige Wunsch von Männern wie David Friedländer hatte mit dem § 1 des Edikts "Die in Unsern Staaten jetzt wohnhaften, mit General-Privilegien, Naturalisations-Patenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehenen Juden und deren Familien sind für Einländer und Preußische Staatsbürger zu achten" (31) seine Erfüllung gefunden. 29 V RELIGIÖSES LEBEN DER KÖNIGSBERGER JUDENSCHAFT (1)

Christliche Dissidentengruppen erreichten bis zum Ende des 18. Jahr­ hunderts nur unter großen Schwierigkeiten und Anfeindungen das Recht der stillen Religionsausübung. Je näher die Religionsverwandtschaft, desto unerbittlicher die Feindschaft (2). In Preußen umging der Souverain die Widerstände der Lutheraner gegen den Calvinismus, indem er großzügig Hofprediger seiner Konfession ernannte und sie über seine Territorien verteilte (3). Anders die jüdische Religion : Die Juden waren ja nie Mitglieder der chrichtlichen Kirchen gewesen, konnten daher auch nicht von ihr abfal­ len; sie waren eben blinde Heiden, aber keine Ketzer (4). Die ersten Schutzbriefe - eine Art standardisierter Privatverträge mit öffentlich rechtlicher Wirkung zwischen dem Monarchen und einem judi­ schen Individuum - enthielten den Passus, daß es dem Privilegierten er­ laubt sei, **... sein Gebeth nach denen Jüdischen Ceremonien mit de­ nen 10 Gebothen oder die Thora in seinem Hause zu verrichten. *• (5) Der mosaische Kultus bedarf keiner eigentlichen Gottshäuser. Fast alle rituellen Verrichtungen können von Laien vorgenommen werden. "Die Rabbiner insbesondere sind nichts weiter, als Gesetz- und Schriftkundige, von denen sich die Juden Belehrung über die Auslegung der Ceremonial- Gesetze ertheilen.auch Trauungen und andere religiöse Handlungen vor­ nehmen lassen können, ohne irgend verbunden zu sein, sich derselben zu dem einen oder dem anderen Behuf zu bedienen*1 (6). Nach der Be­ gründung von Synagogengemeinden spielten die Vorsteher und Ältesten die größere Rolle, Sie waren die eigentlichen Führer und Repräsentanten der Judenschaft. Der Berliner Vize-Oberlandrabbiner Meyer Simon Weyl definierte am 20. Januar 1817, die Funktion der Ältesten bestünde darin "ljdie Finanz-Angelegenheiten der Gemeinde, in sofern solche den kirchlichen Verein betreffen (7), zu verwalten, die Einnahmen und Aus­ gaben, welche beide nach feststehenden Prinzipien bestritten werden, durch Rendanten und Vorsteher besorgen zu lassen; 2) die Verordnungen, welche die Synagoge betreffen, um die herkömmlichen Anordnungen aufrecht zu erhalten, unter ihrer obern Leitung resp. zu erlassen und zu veranlassen; 3) die Oberaufsicht über die von der Kommune unmittelbar zu unterhaltenden Armen-Anstalten; 4) die Ertheilung ihrer (der) Geneh­ migung zu den Aufgeboten in der Synagoge; 5) die Anstellung sämmt- licher Offizianten und Kirchendiener der Gemeinde, wo jedoch, wenn es die Wahl eines Rabbiners und Ober-Kantors betrifft, die Zustimmung 30

eines Ausschusses aus der Mitte der ganzen Gemeinde erforderlich ist; 6) mit den Staatsbehören über Kommunal-Angelegenheiten unmittelbar zu korrespondier] i 7) Atteste jeder Art, welche Gemeinde-Mitglieder be­ treffen, in sofern solche bei den Königl. Behörden zu irgend einer Legiti­ mation dienen, in glaubhafter Form auszustellen; 8) bei außerordentli­ chen Fällen, sie betreffen kirchliche oder Geld-Angelegenheiten, veran­ lassen sie eine Verloosung von 27 Hausvätern aus der Gemeinde; den durchs Loos herausgekommenen wird der Fall vorgelegt und welche alsdann darü­ ber durch absolute Mehrheit der Stimmen entscheiden, " (8) Bei einer neuen Ansiedlung hielten die Juden eine Krankenpflege - und Beerdigungsbruderschaft für notwendig und ausreichend. (9) Die Versuche energischer Einzelpersonen, an ihrem Wohnort einen festen Gemeindever­ band zu schaffen, scheiterten in der Regel (10). Erst der Eingriff des preußischen Staates, der wegen der solidarischen Haftung und in Ansehung des verbotenen Alenugebets auf eine Vereini­ gung der Juden drängte, erwirkte eine jüdische Zwangskorporation, die eine eigenartige Mischung von politischer und religiöser Gemeinde dar­ stellte (11). Die eigentliche Begründung der ersten preußischen Judengemeinde - von der Ansiedlung des Moses de Jonge in Memel als Einzelfall abgesehen­ erfolgte am 25. Oktober 1703. An diesem Tage genehmigte Friedrich Wil­ helm I. auf das bittliche Ansuchen der Witwe des Berliner HofJude n Jost Liebmann den Erwerb eines jüdischen Friedhofs in Königsberg (12), Die Begräbnisstätte als soziale Einrichtung ging auch hier den anderen Ge­ meindeeinrichtungen vorab. Zunächst bildeten nur einige Familien die jüdische Kolonie Königs­ bergs (13), Der wohlhabende und tatkräftige Bendix Jeremias (14) mit sei­ nen vielfältigen Beziehungen zum offiziellen Berlin, zur dortigen Juden- schaft und zu den Großen des Landes Preußen übernahm neben obrigkeit­ lichen Aufgaben den Juden gegenüber das schwierige Amt, die geistlichen Belange seiner Glaubensgenossen zu regeln. Zunächst versuchte er, wenig­ stens äußerliche Ordnung in die Anfänge des Gemeindelebens zu bringen. Am 25. Oktober 1712 gab er an: "... muß ich Ew. Kgl. Maj. gantz de- müthigst vortragen, welcher Gestalt verwichenen 23. October, da wir umb unser gewöhnliches Lauberhüttenfest zu beschlüßen, in der Synagoge versammlet gewesen, von einigen Jüdischen so Weibern als Männer ein solch großer Lärm unternommen worden, daß selbige einander gar in die Haar gerathen, sich gerauffet, und so woll in der Frauen Synagoge alß auch folgend auf der Straße große Schlägerey Zeit währenden Gottesdien­ ste ausgeübet, Wann nun Allergnädigster König und Herr, solche Ver- 31 fahren nicht allein höchst unverantwortlich, sondern auch sehr gefährlich; allermaßen, wenn solche Frechheit weiter einreißen sollte, einer oder der andere, bey dergleichen Erbitterung der Gemüther, und woll gar ein unschuldiger seines Lebens nicht sicher, wodurch zugleich der gantzen Stadt eine schändliche Ärgernüß gegeben wird, insonderheit da unter die­ sen Leuthen einige vorhanden, welche, da sie auch nach ihrem eigenen Geständnüß wenig Vermögen und also nicht viel zu verlieren habt n, woll gar auf desperate Gedancken aus Boßheit verfallen könnten ..." (15). Am 29. Oktober 1712 wurde eine dahingehende Verfügung erlassen, daß Bendix Jeremias im Wiederholungsfalle die Unruhestifter durch die Schloß­ wache arretieren lassen sollte (16), In seinem Patent als Hofjude vom 13, November 1713 wurde ihm u.a. aufgegeben, " ... in der Synagoge daselbst ... fleißig acht zu haben, und alle schädliche Anordnungen auch allerhand verdrießlichen Streit un­ ter ihnen zu praecaviren und abzuwenden, ..." (17) Der Wunsch des Hof­ juden Bendix Jeremias, sich nun Direktor der Synagoge nennen zu dürfen, wurde jedoch am 10. Juli 1713 abschlägig beschieden (18). Als in den Jahren 1713/14 eine erneute Vertreibungsaktion, die dann aber unterblieb, drohte, erlangte der autokratisch veranlagte Bendix Je­ remias durch das Versprechen, seine Beziehungen in Berlin spielen zu las­ sen, von seinen unvergleiteten Glaubensgenossen die Unterschrift unter folgende Gemeindeordnung, die in einer beglaubigten Übersetzung erhal­ ten blieb: " Dieses seyn die Contenta und Maniren, welche tractiret seyn zwischen die Herren die hier unterschrieben seyn, und zwischen dem Herrn dei benandt ist, und ein Haupt und ein Führer, Herr Bendix, wir seyn schul­ dig von der Zeit an, als wir Privilegien bekommen von dem Könige, wel­ ches Würde allezeit erhöhet werde, uns auffzuführen, in rechten Sitten und Ordnung, gleich anderen Jüdischen Versamlungen, die unterm Schutz Unseres Königes, welches Würde allezeit erhöhet werde, wohnen. Zum An­ fang aller Dinge ist die Furcht Gotte. 1.) Eine Ordnung vom Jüdischen Recht, wie der Herr Gelehrter auffsetzen wird, mit Bewilligung Unseres Herrn des Königes, welches Würde allezeit erhöhet werde. 2.) Eine Ord­ nung, wie man sich in der Synagoge aufführen soll, es sey in Kauffungen der Ceremonien, mit den 10 Gebothen, und anderer Sachen, in diesen al­ len sollen sie sich wohl aufführen, auff dessen Mund sollen sie aus und ein­ gehen, 3.) Ordnung von dem Quell der zur Reinigung der Frauen und den­ selben zu bauen, daß er recht gemachet wird, wie der Herr Bendix wird ordnen, so soll derselbe gemacht und gebauet werden. 4.) Alle Ordnung der Versamlung, und Ordnung was jeder geben soll, nach seinem Vermö­ gen, rvieals von jedem gegeben werben, alles mit Gerechtigkeit, sollen 32

sie aufführen, wie es aus des Herrn Munde in allen puncten herausgehen wird, zum gutten zu reden, und was das Hertz dencken kan, dieses alles soll auf ordre dem geehrten Herrn Bendix Jeremias seyn, damit nicht das geringste hiervon entfallen soll, so soll derselbe der solches nicht halten wird, 2000 Rthlr in den Schatz des Königes, dessen Würde erhöhet werde, zu geben schuldig seyn, und 500 Rthlr auff unsere Synagoge, ohne einige Entlassung, und an Mangel des Geldes, soll er am Leibe leiden mit Schand und Verschmähung, welches er nicht erdulden wird, damit alle Ordnung der Versammlung auff ihren rechten Fuß bleiben, und wann jemand auff- stehen solte, es sey wer es sey, es sey von denen die hier unterschrieben seyn oder nicht hier beschrieben seyn, mit Nahmen, und wolte dieses zer­ rütten in ihre Ordnung und Sitten obige gedachte puncta, so seyn die hier unterschrieben, und alle die zu ihm gehören, beyzustehen dem Herrn Ben­ dix Jeremias, daß man gegen denselben ausgehe, und zwinge ihn, bis der­ selbe alles halten thut, wie oben stehet geschrieben. Und mit dieser expres- sen Bedingung, sie seyn schuldig zu folgen dem Hm in allem dessen, was er sagen wird, gegen den, der zuwieder ist und zu helffen mit allen Unkosten und Schaden, bis alles gehalten wird, was oben stehet, dieses alles ist ge­ schehen mit Handgebung und Eydesgestalt ... ich Hirsch Lewkowicz ich Mayer Jacubowicz ich Urias Moses ich Jacob Elias ich Elias Samuel ich Salomon Passach ich Joseph Mendel ich Hirsch Urias ich Jacob Israel ich David Jacob* (19) Bendix Jeremias,dem eigentlichen Schöpfer der jüdischen Gemeinde von Königsberg, gelang es auch, mit Hilfe der Behörden die Versorgung mit Koscherfleisch zu organisieren. Er schlug 1711 Isaak Selikowicz als Schächter vor, *\ .. damit wegen des anitzo grassirenden Viehsterbens nicht einiges Unheyl bei der Jüdischen Gemeinde durch Unvorsichtigkeit entstehe.51 (20) Nach dem frühen Tode des Hofjuden Bendix Jeremias geriet die geist­ liche Ordnung der kleinen Königsberger Kolonie wieder in Verwirrung. Um diesem Übel zu steuern, ergriff die preußische Kammer die Initia­ tive. Am 7. April 1722 erging eine Verordnung, welche die Frage der Gemeindelenkung klärte (21). Die Leitung der Gemeinde wurde der an- 33 derer Judenschaften in Preußen angepaßt. Zunächst wurden drei Vorste­ her ernannt, später kam es zu den üblichen Wahlen zu diesem Amte (22). Über die Köpfe des Vorstands hinweg verpachtete der nach immer neu­ en Geldquellen ausspähende Fiskus das Vorsänger-, Weinschenker- und Schächteramt an den Schutzjuden Elias Josephowicz. Der Gemeinde ge­ lang es erst 1732 durch einen Vergleich, einen ihr genehmen Kantor in dieses wichtige Amt zu bringen (23). Ein scharfer Eingriff in den jüdischen Kultus war am 28. August 1703 erfolgt. Getaufte Juden zeigten an, daß in dem täglichen Alenu-Gebet Christus gelästert würde. In der Denunziation durch den Proselyten Wen­ zel hieß es, die Judenschaft betete: " Wir knien, aber nicht vor dem ge­ henkten Jesu. " (24) Daraufhin wurde den Juden streng anbefohlen, sich dieser Lästerung zu enthalten. Um die Durchführung des Verbots zu über­ wachen, wurden in der ganzen Monarchie Theologen oder Orientalisten ernannt, die die Betstunden in den Synagogen zu besuchen hatten (25). Seit 1704 inspizierte der Judaeus conversus Friedrich Wilhelm Bock(26). Lektor für Hebräisch an der Albertina, die Synagoge in der Kehrwieder­ gasse (27). Seit dem 19. Juni 1705 erhielt er dafür wöchentlich einen Reichstaler. Seine Versuche, die Juden durch christliche Auslegung des Alten Testaments zur Taufe zu bewegen, erbitterten die Gemeinde, die über ihn heftig Beschwerde bei der preußischen Regierung einlegte. Ver­ mutlich führten diese Klagen zu seiner baldigen Absetzung. In der Folge­ zeit wurde immer einer der vier Professoren der Theologie der Königs­ berger Universität mit der Synagogenaufsicht betraut. Das auf 100 Rthlr erhöhte Entgeld bildete einen Teil seiner regulären Besoldung. Vom 3. November 1705 versah der Prof. theol. und Pastor vom Sackheim Chri­ stian Walther dieses Amt (28). Ihm folgten die Professoren Heinrich H. Lysius, J.H. Lysius jun., Johann Bernhard Hahn und von 1755 bis zur Auf­ hebung der Inspektion Georg David Kypke (29). Die Beaufsichtigung der kleinen Landgemeinde oblag seit dem 7. April 1722 den Erzpriestern D. Gottfried Albrecht Pauli zu Saalfeld und dem Memeler D. Johann Ar­ nold Pauli (30). Die Inspektion an anderen Orten der Monarchie wurde lässig gehand­ habt. Nach dem Tode des ersten Inhabers besetzte man den Posten nicht wieder. Anders in Königsberg. Hier erhoben die Theologen ihren An­ spruch, um ihre vollen Dienstbezüge zu erhalten. Die selbstbewußt ge­ wordene Königsberger Synagogengemeinde versuchte, ihren Aufseher Prof. D. Georg David Kypke, der dieses Amt seit dem 8. Juli 1755 ver­ sah, zu verdrängen. Sie verlegte zunächst seinen Sitz im Gotteshaus an eine andere Stelle. Bei den Unterschieden in der Geltung und in dem 34

Handelswert der Plätze, die Ostseite z. B. gilt für wertvoller, sah der in moribus iudaeis wohlerfahrene Orientalist darin eine Herabsetzung sei­ ner Person. Vielleicht befürchtete er auch eine Aufhebung dieses Amtes und damit den Wegfall der Remuneration. So beschwerte er sich unter dem 5. April 1777 beim Etatsministerium über die nachlässige Einhaltung der Verordnungen betr. der hebräischen Gebete durch die Juden und unterstrich die Bedeutsamkeit seiner Tätig­ keit (31). Kypke führte die höchst ungehörigen Gebete der Gemeinde bei offiziell verordneten Gottesdiensten an, die die Anwesenheit einer Ver­ trauensperson nötig machten. Die Juden hätten bei der Trauerfeier für die Zarin Elisabeth u.a. den 41. Psalm gesprochen, dessen 13. Versbeim Tode eines Regenten sehr unanständig sei (32). Bei einer Geburt im kö­ niglichen Hause hätten sie Psalm 17 Vers 9 f gebraucht (33), dessen Worte nach Kypke "einer sehr irrespectensen Application fähig sind." (34) Für die folgende Untersuchung erstattete Professor Kypke mit großer philologischer Sorgfalt ein Gutachten über Lesarten und rabbinische Lehr­ meinungen. Die Kultusgemeinde indessen bestellte bei Moses Mendelssohn ein Gegengutachten. Gedeckt durch die günstige Beurteilung der geistigen Autorität Mendelssohns stellten Älteste und Vorsteher am 12. April 1778 den Antrag, " daß der bisherige Inspector, dem das Amt, dem Gebete der hiesigen Judenschaft beizuwohnen, ohnehin lästig und beschwerlich zu seyn scheinet, von der Pflicht, fernerhin persönlich in der Synagoge zu seyn, entlediget und dargegen eventualiter angewiesen werde, bloß den jedesmaligen Cantor bei seiner Rezeptur, besonders dahin zu vereidigen, daß er das Gebet Alenu jederzeit nach Vorschrift des Edicts vom Jahre 1703 verlesen solle; ..." (35). Der Inspektorssitz sollte zugunsten der Chargenkasse für 3-400 Rthlr versteigert werden. Trotz vielfacher Gegenvorstellungen Kypkes wurde diesem Ansinnen am 6. Juli 1778 entsprochen. Die angebotenen 400 Rthlr wurden der Uni­ versitätskasse angewiesen, das Gehalt des Inspektors wurde als Zulage zur orientalistischen Professur - also an Kypke - weiter gezahlt (36). Diese Regelung fand sicherlich den ungeteilten Beifall beider Parteien. Um des "lästerlichen Fluchens" durch das Alenu-Gebet zu wehren, ver­ fügten die Behörden am 13. Mai 1712, daß in Königsberg nur eine Syna­ goge zu dulgen wäre (37). Einzelnen Juden war jedoch in ihren Schutzbrie­ fen erlaubt worden, Hausgottesdienste zu halten. Diese "Winkelsynago­ gen" wurden zu einem steten Quell des Ärgernisses für minderprivilegier­ te Schutzjuden und für den Synagogeninspektor (38). Der Schutzjude und Litzenmacher Nissen Marcowitz erstattete am 30. Juli 1716 gegen seinen Konkurrenten Samuel Slomka Anzeige, daß dieser öffentliche Gottes- 35 dienste in seiner Wohnung veranstalte. Der - lutherische (39) - Hofpre­ diger und Synagogeninspektor D. Lysius legte nach langen Untersuchugen dazu am 17. Oktober 1718 ein umfangreiches Gutachten vor. Darin hieß es u. a., die jüdische Religion unterscheide zwischen dem öffentlichen und dem privaten Gebet, zum ersteren wäre die Teilnahme von zehn mün­ digen Männern erforderlich. Samuel Slomka gab an, des Sabbats in der rechten Synagoge zu beten; der Gottesdienst in seinem Hause wäre Privat­ gebet, das ihm laut Privileg zustünde. Lysius bat, die Kammer möge ent­ scheiden, ob es die Intention des Gesetztgebers gewesen wäre, ein Einzel- gebet oder eine private Versammlung zu gestatten. In den Jahren 1719 und 1741 erfolgten weitere Denunziationen gegen Slomka in dieser Sache. Die ständigen Auseinandersetzungen über private oder "Winkel"-Syna­ gogen führten zu dem - in der Geschichte von Minderheiten wohl selte­ nen Fall - , daß eine derartige Gruppe von staatlicher Seite gegen ihren ausdrücklichen Willen gezwungen wurde, ein großes, öffentliches Gebäu­ de für ihren Kultus zu errichten (40). Zwar hatten unter dem 4. Januar 1736 die Königsberger Schutzjuden gebeten, ein Haus für die Synagoge käuflich erwerben zu können. Der Fiskal führte dazu am 27. Januar 1736 aus, daß die derzeitige Synagoge sich im Hause des verstorbenen Kanonikus Baron v. Euienburg(41) befände. Durch den Erbgang wäre eine Kündigung wahrscheinlich. Nach Maßgabe des § 8 des Generaljudenprivilegs von 1730 durften Juden keine Immobi­ lien erwerben. In diesem Sonderfalle könne man aber eine Ausnahme machen. Im Mai 1736, nachdem die Judenschaft bereits ein inr zu­ sagendes Gebäude auf dem gekauft hatte, mußte sie dieses Haus wieder veräußern, und "sollen sie sich selbige (i.e. die Synagoge) auf eine wüste Stelle, deren dort noch genug vorhanden sind, bauen". Der Ankauf eines Privathauses wurde nicht nur untersagt, um durch ei­ nen Neubau Lücken im Straßenzug zu schließen, sondern auch wohl ver­ mutlich, weil die Räumlichkeiten nur für die Schutzjudenschaft Platz bo­ ten. Die ungern gesehenen, unkontrollierbaren Privatsynagogen, die vor­ wiegend von den fremden Händlern besucht wurden, hätten weiter beste­ hen müssen. Bis zum erneuten Zwist um die Privatschule von Samuel Slomka 1741 ruhte die Angelegenheit. Dann erging am 21. August 1741 der Spezialbe- fehl, jüdische Privatgottesdienste wären künftig nicht mehr zu dulden. Aus gemeinsam aufzubringenden Geldern habe die Judenschaft eine Syna­ goge zu errichten. Die Preußische Regierung erstattete am 17. März 1742 Bericht über die gottesdienstlichen Verhältnisse der Königsberger Judenschaft: Zwei Pri- 36 vatschulen würden von Schutzjuden unterhalten. Die gemietete öffent­ liche Betstube wäre im Sommer, wenn die vielen fremden Handelsjuden kämen, zu klein. Die Gemeinde sollte auch veranlaßt werden, einen Rabbiner zu bestellen. Die Judenschaft erhielt nach langen Verhandlungen im Frühjahr 1743 den "Creytzschen wüsten Platz" zur Bebauung angewiesen. Die Errich­ tung der Synagoge an diesem Ort scheiterte am Wegerecht des Grund - Stücknachbarn Capitains v. Ellenbrecht. Wieder gelang es den Vorstehern und Ältesten der Gemeinde, den Tempelbau, der die kleine Judenschaft finanziell stark belastet hätte, um Jahre zu verzögern, indem sie Bauplätze in der Altstadt (1747) und in der Vorstadt (1748) in Vorschlag brachten. Die Regierung und der Magistrat sprachen sich zunächst gegen diese Wünsche aus, da die Ju­ den unter die Jurisdiktion des Oberburggrafen gehörten und außer auf der Schloßfreiheit kein Wohnrecht in Königsberg genießen sollten. Der einsichtsvolle Synagogeninspektor Professor Hahn bescheinigte der Ge­ meinde, daß kaum fremde Juden wegen des weiten Weges die Betstube auf der Burgfreiheit besuchten. Er plädierte vorsichtig für einen Platz auf dem Kneiphof. Die durch das zähe Beharren der Juden ermatteten Behörden gaben nach kurzem Zögern nach. Der Eigentümer des neues Baugrundes war Johann Georg Thegen, der am 2. November 1752 die preußische Regierung bat, seine "ruineusen Gründe" im Kneiphof an die Judenschaft veräußern zu dürfen (42). Die Königsberger Behörden berichteten am 2. Januar 1753 nach Berlin, die Juden suchten nur stets nach Ausflüchten, weil sie die Baukosten scheu­ ten; jetzt sollte man sie auf den Thegenschen Bauplatz festlegen. Die­ ses Gelände wäre außerdem sehr geeignet, da sich dort nur Speicher und solche Herbergen, in denen die polnischen und litauischen Juden abzusteigen pflegten, befänden. Allerdings dürften dann keine jüdi­ schen Händler, sondern nur noch jüdische Garköche und Gastwirte in diesem Stadtteil wohnen. Dieses Verbot dürfte ergangen sein, um Ak­ zise-Vergehen vorzubeugen. Am 15. Februar 1753 erteilte Friedrich IL den Konsens zum Grundstückserwerb (43). Die Vorsteher versprachen, Ostern 1754 mit dem Bau zu beginnen, und wurden am 23. Februar 1754 daran erinnert mit dem Bemerken, verzögere sich der Baubeginn, so habe sich die Judenschaft der Schlies­ sung der Betstuben zu vergewärtigen. Die Ältesten reichten am 24. April 1754 einen Bauvoranschlag ein: Die geplante Synagoge war 55 Fuß lang und 40 breit. Sie faßte ungefähr 350 Personen. Für die wenigen Frauen genügte eine Empore. Der Straßengiebel sollte massiv errichtet werden, 37 die übrigen Außenwände, um Geld zu sparen, aus Fachwerk. Am 14. Mai 1754 wurde der Plan im Ganzen genehmigt, nur bestanden die lokalen Be­ hörden auf völlig massiver Bauweise. Die Bauzeichnung der am 14. Juli 1811 durch ein Großfeuer vernichteten Synagoge blieb nicht erhalten, da "die Riße der Jüdischen Gemeinde in originali den 17. May 1754 remit- tiret" worden sind. Der Gemeindevorstand schloß mit dem Baudirektor Johann Heinrich Ger­ hardt am 30. Mai 1754 den Baukontrakt, der am 12. Juni 1754 von den Behörden gebilligt wurde. Das zu errichtende Gebäude wurde wie folgt beschrieben: massive Ausführung, 60 f lang, 40 f breit, 20 f hoch, darin eine Frauenabteilung in Höhe von 11 f, 40 f breit und 12 f lang. Die Be­ zahlung in Gesamthöhe von 2210 Rthlr 73 gr 6 s sollte in Raten erfolgen: 500 Rthlr sofort für Material 200 Rthlr nach Fundamentsetzung 200 Rthlr nach dem Ziehen der Mauern 100 Rthlr zum Richtfest 200 Rthlr nach dem Dachdecken 1010 Rthlr 73 gr 6 s nach der Bauabnahme (44). Der leitende Architekt Gerhardt beschwerte sich im Spätherbst (20. No­ vember 1754) über seine Auftraggeber, weil sie so zahlreiche und verteu­ ernde Änderungswünsche hätten. Endlich, am 23. Dezember 1756, konnte dann die feierliche Einwei­ hung der Synagoge, die der Gemeinderabbiner Levin Marcus Epstein (45) vornahm, stattfinden. Unter Vorantritt der Stadtmusik wurden die Thora- rollen aus der Kehrwiedergasse in den neuen Tempel in der Kneiphöfschen Vorstadt getragen. Die Kapelle begleitete auch den Gesang der Psal­ men an diesem für die Gemeinde denkwürdigen Tage. Ein Festbankett, bei dem nach altem Brauch sicherlich unzählige Betteljuden gespeist wur­ den, beschloß die Feierlichkeiten (46). Die besonderen Schwierigkeiten des Baus und seiner Finanzierung hat­ ten sich aus folgenden Gründen ergeben: 1. Der Staat hatte gegen ent­ sprechende Zahlungen die Haltung von speziellen Betstuben für fremde Handelsjuden erlaubt. Die Königsberger Schutzjuden klagten wiederholt, daß die fremden Juden versuchten, sich so in die Stadt einzuschleichen und sie in ihren teuer erworbenen Privilegien kränkten. Die zwischen den fremden Juden und der Gemeinde abgeschlossenen Vergleiche über ihren Anteil an den Baukosten wurden nicht eingehalten. Auch einzelne der Schutzjuden wie Szajowicz bereicherten sich an ihrer Privatschule Szajo- wicz bemühte sich vergebens darzulegen, daß er in den Jahrenl750-1753 210 fl. 10 gr bei seiner Betstube zugelegt habe. 2. Die kleine Schar der 38

Königsberger Stammjuden wies immer wieder darauf hin, daß für sie das gemietete Bethaus ausreiche. Für sie bedeutete der Bauzwang eine starke Belastung. Da das Ritualgesetz nicht ausdrücklich besondere An­ stalten zum Gottesdienst vorschrieb, sahen sie keinen Anlaß für solche Anstrengungen. Dementsprechend schwierig war es für die verantwortlichen Vorsteher, die Baugelder einzutreiben. Am 24. Dezember 1750 trafen die in Kö­ nigsberg ansässigen Juden eine Bauverabredung: Auf einer Grundlage von 4000 fl setze ein eigens gebildeter Ausschuß die Zahlungen für die ein­ zelnen Hausväter fest. Der Vertrag sagte in § 4 aus: " Was den Vorschuß zum Bau anlanget, so haben die von Ew. Königl. Maj. allergnädigst ap- probirten 7 Rendanten mit Zuziehung unser, als der Aeltesten, und des Rabbi, aus ihren Mitteln 5 abgesondert, welche nach Pflicht und Gewis­ sen eine billige Repartion entworfen haben, nach die hiesige Familien, eine jede nach Bewandtnis ihrer Umstände, zum Anfange des Baues ihr quot contrubuiren solle, ... ". Diese Vorschüsse galten als Anzahlung auf zu erwerbende Synagogensitze (47). Der umgelegte Anteil war bis zum September 1751 zu erlegen. Falls sich der Baubeginn verzögerte, wurden die eingelegten Gelder mit 6 "ja verzinst. Es hatten zu leisten (alles in fl.): Hartog Jacobs 600 Joachim Moses Friedländer 400 Abraham Seeligmann 300 Michael Marcus 100 Abraham Isaak Wallach 400 Jeremias David 120 a) Heymann David 150 a) Samuel Salomon 100 Mendel Levin und Sohn Zander 150 Simson Salomon 60 Joseph Seeligmann 267 a) Isaac Mendel 24 David Levin 80 Jacob Czayowitz 60 Moses Lewi 120 Leiser Lapidus 30 Zacharias Simon 30 Joel Levi 3 Moses Samuel 10 Levin Liebmann 20 39 Meyer Abraham Levi . 200 Michael Moses Goltschmidt 200 Seeligmann Wwe 100 Mosesjakob von Bartenstein 100 b) a) = zahlbar nach Erhalt eines Schutzbriefes für Königsberg b) = bei Baubeginn Verschiedentlich wurde über säumige Zahler geklagt. Am 28. Januar bat der Vorstand um gerichtliche Exekution gegen Heymann David wegen 150 Jeremias David wegen 120 Moses Mendel wegen 50 Mendel Levin wegen 150 Simson Salomon wegen 60 Jacob Czayowitz wegen 60 Moses Lewi wegen 120 Moses Samuel wegen 10 Seeligmann Wwe wegen 100 Moses Jakob von Barten­ stein wegen 100 fl Rückstandes. Die Gründe für den Zahlungsverzug waren in den meisten Fällen nicht klar zu erkennen. Heymann und Jeremias David waren noch nicht sicher, daß sie das Wohnrecht für Königsberg bekommen würden und wollten da­ her kein Geld investieren. Jacob Czayowitz, der eine eigene Betstube un­ terhielt, sah in dem Tempelbau eine Geschäftsschädigung und war des­ halb zahlungsunwillig. Moses Samuel dürfte Armut gehindert haben. Mo­ ses Jakob von Bartenstein schließlich hatte sich verpflichtet, erst beim Baubeginn zu zahlen. Die angesprochenen Behörden sagten ihre Hilfe bei der Zwangseintrei­ bung zu. Der am 30, Mai 1754 abgeschlossene Baukontrakt erforderte die Sum­ me von fast 6 600 fl. Die Gemeindevertreter entwarfen am 3. Februar 1755 folgendes Besteuerungsprojekt, das die Finanzierungslücke zwischen Bau Verabredung und den tatsächlichen Kosten schließen sollte. Dieses Vor­ haben wurde am 10. Februar 1755 von der Kammer als sozial gerecht ge­ billigt. Die Judenschaft schlug vor: Sie möchte zur Zwischenfinanzierung Kapi­ tal aufnehmen. Für den Schuldendienst sollte eine zweite Kropka (48 )in Höhe von einem Schilling pro Pfund Fleisch erhoben werden. Diese Steuer sollte von Juden, die einen Platz in der Synagoge für sich ersteigert hat- 40

ten, nicht erhoben werden. "Hingegen soll ein jeder Schutzjude von dem letzten Schilling in der Art soulagiert werden, daß wenn er Manns- und Frauenstände oder Bänke als ein Meistbiethender kauffen wird, demsel­ ben soviel vom Kaufgelde als die jährlich gezahlte 2te Kropcka an Inte­ ressen ä 5 Procent gerechnet vom Capital fällig austragen dürffte erlas­ sen werden, dergestalt daß derjenige deßen Schilling jährlich 5 fl Krop­ cka traget, für 100 fl Stände zu kaufen, die Freyheit haben soll, und so ferner wofür er kein Geld oder Capital zahlen sondern nur seine jährliche Kropcka entrichten darf, so lange bis das aufgenommene Capital zur Sy­ nagoge bezahlet ist, alsdann höret die Bezahlung des 2ten Schillings Kropcka auf und jeder behält seinen gekauften Stand für die schon ge­ zahlte Kropcka." Wollte jemand nicht soviele Stände erwerben, wie ihm nach seiner Steuerzahlung zukam, konnte er für den Rest Thorarollen oder sonstiges Zubehör zur Einrichtung kaufen. Wollte jemand mehr Stände erwerben, als seine zu 5 °!o kapitalisierte Kropka ausmachte, hatte er die verblei­ bende Summe sogleich bar zu erlegen. Ging der Fleischkonsum eines Ju­ den zurück, mußte er bar nachschießen, oder sein Stand wurde von der Gemeinde anderweitig verkauft. Gewerbliche Großverbraucher von Fleisch wie die zahlreichen rituellen Garküchen erhielten einen Sonderrabatt bei der zweiten Kropka. Der energische Bendix Jeremias scheiterte mit seinem Versuch, die jü­ dische Kultusgemeinde Königsbergs zu organisieren. Dem Wirken alt­ preußischen Beamtentums verdankte die Judenschaft die ordentliche Wahl­ verfassung nach Art der anderen jüdischen Niederlassungen in der Monar­ chie (49). Die ersten zwei Rabbiner - Salomon Fürst und später Arje Lob ben Mordechai Epstein (50) - wurden auf Betreiben der Behörden von der Gemeinde angenommen. Salomon Fürst wurde vermutlich 1666 in Polen geboren; wegen der "polnischen Troublen" kam er um 1700 nach Königsberg. Anläßlich der Krönung verfertigte er ein kabbalistisches Gedicht, in dem er die Not­ wendigkeit der Erhöhung des Kurfürsten von Brandenburg zum König in Preußen nachwies. Daß er in Königsberg verbleiben durfte und auch am 9, November 1712 in die Matrikel der Albertus-Universität aufgenom­ men wurde (51), hatte er offenbar den in dieser Zeit üblichen judaistischen Interessen der Theologen zu danken (52). Fürstens Gönner war vor allem der Oberhofprediger Johann Jacob Quandt, in dessen Nachlaß sich u. a. zwei umfangreiche Kolleghefte "Ueber die Traktate des Maimonides" befanden (53). Bei den häufigen Versuchen, die fremden unvergleiteten Juden wegzuschaffen, attestierten ihm immer wieder Professoren der AI- 41

bertina, daß er die studierende Jugend in der hebräischen Sprache infor­ miere, den Talmud der Universitätsbibliothek ergänzt habe und häufig dolmetsche. Er wäre von Nutzen für die hiesige Akademie, bescheinigte ihm der Prorektor und Synagogeninspektor Walther am 5. November 1711 (54). Am 18. Juli 1711 war verfügt worden, Fürst habe alle jüdischen Lasten zu tragen. Die 18 fl aufgelaufenes Schutzgeld wurden ihm allerdings für sein Huldigungsgedicht erlassen. Am 20. Juli 1713 wurde Fürst als civis academicus von den jüdischen Abgaben befreit. Nach der Ausweisungs­ aktion des Jahres 1317, die für Salomon Fürst nur den Zwangsumzug aus der Vorstadt auf die Burgfreiheit brachte, erhielt er am 3. August 1718 einen Schutzbrief. Er durfte auf dem Kneiphof wohnen und hatte Geleit, Freiheiten, Privilegien und Gerechtigkeiten wie andere vergleitete Ju­ den (55). Fürst war aber noch nicht im eigentlichen Sinne Rabbiner der jungen Königsberger Gemeinde. In einer Relation der Kammer vom 22. Juni 1711 hieß es :**... die hiesigen Juden vermeinen, daß weilen er nicht ihr hie­ siger Rabbi, sondern ein frembder ist, welcher sich der polnischen Troub- len halber allhier aufhält, auch nur einigemahl im Jahr in ihrer schulen predige .. .* (56). Darauf erging am 15. Juni 1712 der Spezialbefehl, die Königsberger Behörden sollten berichten, "... was es hiermit für eine Bewandtnis habe, und quo iure der Supplicant sich Rabbiner zu Könisberg in Preußen schreiben ... sich anmaßen wolle, da Er doch darzu nicht be­ stellet ist ..." (57), Eist am 7. April 1722 wurde Salomon Fürst zusammen mit den Ältesten Moses Lewin, Samuel Slomke und Moses Friedländer von den Behörden als Rabbiner offiziell eingesetzt. Ihnen wurde aufgegeben, ** ... daß sie vorfallende kleine Streitigkeiten sofort schlichten, alle Unordnungen ab- helffen, die äußerlichen Ceremonien besorgen, wenn aber eine Sache weit- läuffig.und gar zu größeren Zank- und Thätigkeiten kommen wollte, sol­ ches sodann bezeuget werden, und Euch alß Unserem Oberburggraffen zur Untersuchung anmelden, auch wenn etwa Geld Straffen fallen Unsern Par- tam dem Schloß Ambtschreiber zur Berechnung einliefern sollen. "•(58) Von 1725 - dem Todesjahr von Salomon Fürst - bis 1744 blieb der Rab­ binerstuhl unbesetzt. 1742 drängten die lokalen Behörden, wohl um die zahlreichen Streitigkeiten zwischen einheimischen und fremden Juden zu schlichten, die Gemeinde, wieder einen Rabbi anzunehmen. Im Jahre 1744 wurde dann Levin Marcus Epstein berufen und verblieb in Königs­ berg bis zu seinem Tode 1775. Er verfaßte zahlreiche theologische Schrif­ ten, u.a. ein Gebetbuch mit kabbalistischem Kommentar, das 1756 wohl 42

zur Einweihung der Synagoge erschien. Sein Ruf als Gelehrter war so groß, daß ihn 1773 - allerdings vergeblich - die bedeutende Metzer Gemeinde zum Rabbiner bestellen wollte (59). Ihm folgte bis 1791 Samuel Wigdor in diesem Amt. Der liberale Hi- storiograph der Königsberger Gemeinde - Heimann Jolowicz - nannte ihn einen "den Zeitinteressen entfremdeten lediglich den an 1 400 Jahren alten talmudischen Untersuchungen ergebenen Mann ..." Daher wäre er ohne allen bildenden Einfluß auf die Geistesrichtung seiner Gemeinde geblieben (60). Wohl wegen der heftigen Auseinandersetzungen zwischen Altgläubigen und Reformern innerhalb der Judenschaft blieb das Rabbinat acht Jahre va­ kant. Dann versah Josua Bär Herzfeld von 1799 bis 1814 dieses Amt. Ihm gelang es nicht, in Königsberg Anerkennung zu finden. Daher legte er seine Würde freiwillig nieder und begab sich nach Rawicz in der Provinz Posen, wo er noch eine festgefügte Glaubensgemeinschaft vorfand (61). Der preußische Staat hatte aus den einzelnen Schutzjudenfamilien Zwangskorporationen gebildet und auch deren Leitung geregelt (62). Die­ se Judenschaft hatte für die Steuern und Schäden, die durch Bankrotte oder Diebstähle entstanden, solidarisch zu haften (63). Den Rabbinern aber wurde ihre Hauptaufgabe - das Richteramt - weitgehend entzogen. Sie durften nur noch Strafen bis zur Höhe von 5 Rthlr zur Aufrechterhal­ tung der Ordnung in der Synagoge verhängen. In Fällen, die nach mosa­ ischem Recht entschieden wurden wie Eheverträge, Testamente u.a., wurden sie von den ordentlichen Gerichten als Sachverständige gehört (64), Ihre Bedeutung für das jüdische Leben ging folglich stark zurück. Die moralische Autorität der Rabbiner geriet überdies durch den Eibeschütz­ streit völlig in Verfall (65). Wegen der strengen Bestimmungen des Ge­ neral-Juden-Privilegs von 1750, die die Zahl der Rabbiner begrenzten(66), sank auch das Interesse an theologischen Studien,die bis dahin dem Ge­ lehrten außer äußeren Ehren auch noch stattliche Mitgiften eingetragen hatten (67). Durch das Fehlen eines geregelten Schulunterrichts (68) und durch den Druck des Staates, sich der deutschen Sprache zu bedienen (69), schwand die Kenntnis des Hebräischen in der preußischen Judenschaft mehr und mehr. Isaac Abraham Euchel beschrieb diesen Zustand in der Widmung seiner "Gebete der hochdeutschen und polnischen Juden aus dem Hebrä­ ischen übersetzt und mit Anmerkungen begleitet" (1. Aufl. Königsberg 1786): "Wie kläglich ist*s lieber Freund! daß fast das ganze weibliche und der größte Teil des männlichen Geschlechts unserer Nation, dieser Wonne nicht genießen können, wenn wir uns an die vorgeschriebenen 43

Formeln halten sollen, die in einer Sprache hergebetet werden, von der wir nicht ein Wort verstehen," Bei diesem Stand des mosaischen Kultus begann in den siebziger Jah­ ren des 18. Jahrhunderts eine Taufbewegung, die durch christliche Theo­ logen und fromme Laien eifrig gefördert wurde. Gewöhnlich wurde für einen armen Täufling, der seinen bisherigen Lebensraum verließ und vom Schacher und Wucher erlöst werden sollte, eine Kollekte veranstal­ tet. Der Ertrag diente zum Einkleiden des jungen Christen, damit er den Kaftan ausziehen konnte, und zur Erlegung des Lehrgelds bei einem Hand­ werksmeister. Um sich in den Besitz dieser meist recht stattlichen Sum­ me zu setzen, kamen manchmal sogar Doppeltaufen vor. Die Regierungsbehörden betrachteten die Taufbewegung mit Mißtrauen, die jüdischen Oberen mit Schmerz und Sorge. Auf jüdische Anregung und um einen Mißbrauch des Sakraments vorzubeugen, erging am 20. Juli 1774 folgendes Edikt: * ... Da die Erfahrung vielfältig gezeigt hat, daß die zur Christlichen Religion übergegangenen Juden, nicht sowohl aus wah­ rem Triebe und lautern Absichten, als vielmehr aus unerlaubten End­ zwecken gehandelt; so haben Wir zu beschließen geruht: Daß keine Ju­ den zum Unterricht in der Christlichen Religion angenommen werden sol­ len, bis nicht von ihrem unsträflichen Wandel sichere Nachrichten einge­ zogen und darüber glaubhafte Atteste eingereichet worden ..." (70). Die nur teilweise erhaltenen Gutachten für jüdische Taufbewerber machten den Charakter des Übertritts deutlich. Es handelte sich im Re­ gelfall um Personen, die nicht fest in der jüdischen Gemeinschaft inte­ griert waren, sei es, daß sie durch Universitätsbildung aus ihrem Kreise herausgewachsen waren, sei es, daß Armut und Elend sie zu diesem Schritt, von dem sie sich ein besseres Fortkommen versprechen konnten, nötig­ ten. Zur ersten Gruppe gehörte Dr. med. Salomon Seligo. Ihm wurde be­ scheinigt, daß er "ein aufgeklärter Mann von unbescholtenem Wandel" wäre (71). Weit größer war die Zahl der Angehörigen der zweiten Gruppe : Meyer Salomon Jonas galt für ungeraten und liederlich (72), Die Dienstbotin Chaye wurde als schwangere Gassendirne gekennzeichnet (73), Nathan Salomon Lewin lebte im Konkubinat (74). Tiefe Not und bitteres Leid erfuhr Heimann Moses aus Carolitz in Litauen. "... haben die Russen alles Meinige genommen, meine Frau und Kinder ermordet, und mich selber schwer verwundet, ..." (75). Nüchtern sprach man verschiedentlich von den Vorteilen, die man von der Taufe erwartete. So Abraham "... Vornämlich zeiget er auch 44 diesen Beweggrund seines Verlangens an: weil er zufolge der Verabredung mit seinem Meister und dem Gewerbe in der Johanniszeit frey gesprochen werden sollte, dieses aber nach den Gewerksregeln-nicht geschehen könne, wenn er noch nicht ein Christ geworden und getauft wäre ... Aber haupt­ sächlich dringet ihm Mangel und Bedürfniß den Wunsch ab, daß er ehe­ stens im Stande seyn möchte, sich etwas zu erwerben, und was er an noth- dürfti gen Kleidern u. dergl. gebraucht, anzuschaffen ..."(76). Iczek aus Westgalizien führte an, daß die Juden überall verachtet und den Chri­ sten nachgestellt würden, ferner wäre die jüdische Konfession bei seiner Absicht, ein Handwerk zu erlernen, beschwerlich (77). In einigen Fällen ziehen verzweifelte Eltern ihre taufwilligen Kinder Vergehen, um ihren Übertritt zu erschweren: "Mein Sohn ist ein Böse­ wicht, er hat auf diese Art Vater und Mutter verlassen und Schulden ge­ macht, wofür ich mich verbürgt habe, er hat ein Christliches Frauenzim­ mer aus Uscz bei sich und diese ist vermudlich (sie!) die Verführerin sei­ nes Religionsbekenntnisses .. . *(78) Auch christliche Theologen erkannten die Gefahren, die in einer Taufe aus weltlichen Beweggründen lagen. Der spätere preußische Erzbischof und damalige Königsberger Pfarrer Ludwig Ernst Borowski urteilte mit den Wor­ ten des Göttinger Orientalisten Michaelis "... die Synagoge soll ja doch ihren Abtritt nicht in die christliche Kirche anlegen." (79) Weiter : "Ein getaufter Jude, sonderlich ein zur römischen Kirche Getretener, ist eine sehr verdächtige Person. Unter Hunderten, etwa Ein ehrlicher Mann. "-(80) Wohl auf Betreiben weiterer Kreise der Geistlichkeit wurde das Edikt vom 20. Juli 1774 am 26. April 1804 durch einen Spezialbefehl modifi­ ziert: "... So muß man zwar auf der einen Seite den leichtsinnigen Re- ligions-Wechsel nicht begünstigen, auf der anderen aber auch die Besse­ rung einer in der Moralität gesunkenen Person nicht erschwert werden, die vielleicht in ihrer jetzigen Lage sonst auf immer der Immoralität über­ lassen bliebe .. ."(81) Am 25. September 1810 ergingen noch einmal genaue Bestimmungen über das Taufen von Juden: "... Um allen hin und wieder bemerkten Mißbrauch bei den Juden-Taufen möglichst zu verhüten, halten Wir nicht nur für nothwendig, daß ferner wie bisher keine Prediger einen Juden oder eine Jüdin taufen dürfe, ohne dazu die Erlaubniß der Deputation der Re­ gierung, zu deren Ressort der Geistliche gehört, erhalten zu haben, sondern, indem Wir dieses aufs neue anbefehlen, setzen Wir zugleich hiemit fest, daß die geistl. Regierungs-Deputationen, ehe sie die Er­ laubniß ertheilen, zuvörderst von der Polizei-Behörde des Orts, wo sich der Proselyt aufhält, über die Qualität desselben, über dessen Lebens- 45 wandel und über dessen Absichten in Ansehung seines künftigen Brod-Er­ werbes umständliche Nachrichten einzuziehen, und in der Regel, wenn der Proselyt nicht an dem Orte wo er sich taufen lassen will, geleitet ist, ihn an seinem Geburts-Ort zurückweisen zu lassen, und nur in den Fällen, wo nach Einziehung dieser Nachrichten kein Bedenken Statt findet, die Erlaubniß zur Taufe zu ertheilen; ..." (82). Die Aufhebung der solidarischen Haftung und damit der Zwangsge­ meinde bedrohte den Fortbestand der nun hundertjährigen Kultusgemeinde Königsberg. Neuerungen um 1815 wie Orgelspiel und Chorgesang, deutsche Predigt und Konfirmation fanden nicht die Zustimmung aller Gläubigen, sondern führten zu langdauernden unerquicklichen Auseinandersetzungen. Der zeitweilige83) eingeführte Reformgottesdienst befriedigte auch nicht seine Besucher. Der aus Königsberg stammende Schriftsteller August Le- wald (84) beschrieb seine Eindrücke in der Reformsynagoge: "Ich fühlte mich mit allen Anwesenden freudig erhoben, von allen Gesichtern sah ich den Ausdruck des Wohlgefallens glänzen, man hatte sich erbaulich amüsiert, dies ist der rechte Ausdruck. Die anständige Versammlung in hübschen Festtagskleidern, der feine Ton diente den Effect des Ganzen beträchtlich zu erhöhen, Nur die Heiligkeit fehlte," (85) In den Jahren 1812-1833 wandten sich allein 160 Personen in Königs­ berg vom Judentum ab (86). So schien der Fortbestand der mosaischen Religion in Preußen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gefähr­ det. 46 VI DIE GESELLSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSE DER JUDEN IN KÖNIGSBERG

* Die Einwohnerschaft Königsbergs war 1806 in drei große Gruppen ge­ sondert : Adel, Militär und Bürgerstand. Der Bürgerstand teilte sich nach den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts von 1794 (Teil II, Tit. 8, Abschn, 1) wiederum in Eximierte, Schutzverwandte und die Bürger im eigentlichen Verstände" (1). "Die Gesamtheit der Bürgerschaft wurde „.. durch drei Zünfte gebildet, nämlich durch die beiden Gilden der Kaufleu­ te und Mälzenbräuer, die später Großbürger genannt werden, und durch die Summe aller Gewerke und Innungen, deren Mitglieder man als Kleinbür­ ger bezeichnete," (2) Ursprünglich stellten diese drei Zünfte den Magistrat und der Stadt Kö­ nigsberg, "Indessen die Stärkung der staatlichen Autorität auf Kosten der kommunalen Selbstverwaltung und die geforderte unbedingte Subordination des Magistrats unter die Kriegs- und Domänenkammer gaben der Stadtver­ waltung mehr und mehr den Charakter eines abhängigen königlichen Insti­ tuts und ließen das Interesse der Bürger für das Gemeinwesen entschlum­ mern,9' (3) Die alten ständischen Ordnungen zerfielen im Verlauf des 18, Jahrhun­ derts, Sie wurden durch das absolutistische Beamtentum ihrer eigentlichen Funktionen entkleidet. Oder aber wie in Königsberg, das in enger Verbin­ dung zu England stand, untergruben die neuen Ideen vom Freihandel und Manchestertum die alten Institutionen. Zu Füßen des deutschen Smith-An­ hängers und Königsberger Professoren Christian Jacob Kraus (4) saß neben Kaufmannssöhnen der junge Adel der Provinz (5). 1798 verwarfen die Stän­ de die alten Wirtschaftsformen. Sie forderten Aufhebung der Handelsmono­ pole, freien Handel mit Landesprodukten und Abbau der Zollgrenzen (6). Die Gilde der Großbürger verfiel völlig: Das Stapelrecht war nun eher handelshemmend als -fördernd. Dem Vorrecht, an der Verwaltung der Stadt mitzuwirken, entsagte man gern, "Es wurde Sitte,sich der Bequem­ lichkeit halber schon am Tage der Aufnahme von allen Ehrenämtern los­ zukaufen. " (7) Der Junkerhof, das Vereinshaus der ersten Gilde - einst Stätte prunkvol­ ler Festessen der Kaufherren - verödete und sank zu einem öffentlichen Vergnügungsort herab. Die sich neu bildende Gesellschaft traf sich in den Salons reicher Bankiers, die nicht aus dem alten Patriziat stammten. Da­ vid Barckley und William Motherby und ihre geistvollen Ehefrauen gaben nun den Ton an. In ihren Häusern verkehrten Adel und Offiziere, Profes- 47 soren und Beamte, Literaten und Schauspieler (8), Karl Rosenkranz (9) urteilte: "Eine gewisse Bildung, welche unbemerkt aus den gelehrten An­ stalten, den vielen Landeskollegien und mannigfachen Instituten ihre Nah­ rung zieht, hat alle Stände durchdrungen, und sie verschmelzen durch die ungezwungenste Geselligkeit und durch den gemeinsamen Umgang mitein­ ander (10)". In dieser Atmosphäre begann man, "den Schatz des Ver- nunfts- und Naturrechts auszubeuten." (11) Im Verlauf dieser Jahrzehnte erfuhren sowohl das Bild vom Juden als auch das Judentum selbst wesentliche Wandlungen, Aus dem geduldeten Juden, dem jederzeit die Vertreibung drohte, wurde der wohlprivilegier­ te Schutzjude; aus dem ansässigen Schutzjuden, dessen Handel durch über­ alterte Gesetze eingeschränkt war (12), wurde der auf sein Recht pochen­ de Staatsbürger, Von außen gesehen: der schmutzige Kaftanjude, verdäch­ tig der Gotteslästerung und des Kindesmordes, wurde das Ausnahmebei­ spiel der eigenen Aufgeklärtheit, an dem man je nach persönlicher Nei­ gung entweder Toleranz oder pädagogische Entwicklungshilfe üben konn­ te, Diese Haltung der Umwelt erzeugte ihrerseits ein mehrschichtiges Be­ wußtsein in den Juden selbst, Der jüdische Mittelstand lehnte das Neue in jeder Gestalt scharf ab, weil er den völligen Zerfall der Glaubensgemein­ schaft befürchtete, Die jüdischen Unterschichten blieben schwankend, Ihr Religionsgesetz verlangte zwar gerade von ihnen die größten Entsagungen, aber die Neuerungen auch erhebliche Leistungen wie den Militärdienst. Besonders der arme Jude profitierte von den Spenden und Almosen, von den Krankenhäusern und Schulen, die von seinen reichen Glaubensgenos­ sen gegeben oder eingerichtet worden waren. Das wohlhabende und das intellektuelle Judentum gerieten in eine zweideutige gesellschaftliche Stellung, Die Umwelt forderte von ihnen, Jude, aber nicht wie ein Jude zu sein (13), Bei seinen Versuchen, sich den christlichen Mitbürgern zu nähern, boten sich nicht-ständische Grenzräume der Gesellschaft an.Thea­ ter und literarische Zirkel, Universität und Wohltätigkeitsvereinigungen ermöglichten dem aufgeklärten Juden den Zugang zu gebildeten bürger­ lichen Kreisen, Nur stand der Jude unter dem Zwang der ständigen Sonder­ leistung, wie es sich im freiwilligen Kriegsdienst 1812 zeigen sollte, In Königsberg war nur langsam eine feste jüdische Gemeinde entstan­ den. Ebenso allmählich waren Gemeindeeinrichtungen wie Synagoge, Krankenhaus usw, gewachsen, Über die gesellschaftlichen Bedingungen des Judentums in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wurde we­ nig aktenkundig, Pejorative Äußerungen wie "Judengeschmeiß" stamm­ ten meist von Seiten der Zunft der Großbürger und Mälzenbräuer und wa- 48

ren vom Fremdenhaß diktiert. Schotten und später Hugenotten wurden ähnlich tituliert. Der Advocatus fisci Karl Friedrich Lau (14) berichtete am 27. August 1705 wohl etwas sehr wohlwollend über die Juden aus Königsberg: "„.. Daß ferner die Juden zur Unterrichtung ihrer Kinder in den Vulgar-Spra- chen, im Lesen so wohl als im Schreiben, christliche Praeceptores brau­ chen, auch ihre Kinder mit denen christlichen umgehen und spielen las­ sen, ja selbst nunmehr unsere Kirchen, wenn man sie nur nicht darinnen nieder zu knien oder das Haupt zu entblößen zwinget, unterweilen zu besuchen kein Bedenken tragen, denen Christen gleich sich kleiden, auch gar Stoffe,die von Wollen und Leinen untermenget sein, zu ihrer Klei­ dung brauchen, Wein aus der Christen Gefäße trinken, mit den Christen essen, die Barte nach christlichem Gebrauch bescheren, ihre Bücher und Gemächer mit allerhand Gemälden zieren, christliche Hebammen brau­ chen, zu ihren Beschneidungen, Hochzeiten und großen Festtagen der Ostern, Laubhütten und Purim die Christen einladen, auch wohl alsdann kostbare Gastmahl durch christliche Köche zubereiten lassen, die Chri­ sten in der hebräischen Sprache und selbst im Talmud unterrichten, auch mit hebräischen Büchern handeln und sie an Christen verkaufen etc."(15). Dr. Lau erklärte aber in seinem Gutachten offen, daß er seine Kennmis­ se aus den Schriften Johann Christoph Wagenseils (16) u.a. bezogen ha­ be (17). Als übliche Tracht der Juden galt noch die in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts der schwarze Kaftan und ein großer,runder, breikrem- piger Hut (18). Dazu kam der lange, ungeschorene Bart. Die Jugend be­ gann sich allerdings schon zur friderizianischen Zeit modisch zu klei­ den, ging glattrasiert und trug Haarbeutel und Zopf. Die jüdischen Stu­ denten führten zum Zeichen ihrer akademischen Freiheit den Degen an der Seite. Diese Neuerungen wurden von der konservativen Krankenpfle­ ge- und Beerdigungsbruderschaft scharf mißbilligt. Der Vorstand konnte zwar keine Zwangsmaßnahmen ergreifen, nötigte aber die betreffenden Mitglieder zum Austritt (19). Die Verkehrssprache untereinander war Jiddisch (20). Sogar vor den ordentlichen Gerichten hatten Urkunden und Verträge in dieser Sprache in Ostpreußen volle Rechtskraft (21). Erst das Edikt vom 11, März 1812 forderte in § 2, Abs,2 ausdrücklich, "daß sie nicht nur bei Führung ihrer Handelsbücher, sondern auch bei Abfassung ihrer Verträge und rechtlichen Willenserklärungen der deutschen oder einer andern leben­ den Sprache,und bei ihren Namens-Unterschriften keiner andern, als deutscher oder lateinischer Schriftzüge sich bedienen sollten." (22) 49

Diese Vorschrift sollte die Rechtssicherheit erhöhen, weil der Geschäfts­ partner sogleich die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts erkennen konnte. Die internen Belange der Königsberger Judenschaft waren 1730 durch die Ältesten und Vorsteher der Gemeinde geregelt. Für die Wahl zu die­ sen Ämtern galt ein Zensuswahlrecht in drei Klassen: die höchste Steuer­ klasse stellte drei Wahlmänner, die beiden niederen je zwei. Die verei­ digten Männer wählten sodann den sechsköpfigen Gemeindevorstand. Die Wähler sollten zu den Gewählten nicht in verwandtschaftlichen Beziehun­ gen stehen (23). Die letzte Forderung war in kleineren Gemeinden wie in Königsberg unerfüllbar. Ein ähnliches System fand auch bei der Rabbiner­ wahl Anwendung. Auch die Steuerhebesätze, Sonderumlagen u.a. wurden durch dieses Verfahren festgesetzt. Eine besondere und wichtige Rolle im Leben der jüdischen Gemeinde spielte die Krankenpflege- und Beerdigungsbruderschaft (Chewra Kaddi- scha). Über die Aufgabe hinaus, die ihr den Namen gegeben hatte, lei­ tete sie die gesamte Fürsorgetätigkeit der Judenschaft. In Königsberg un­ terhielt sie seit 1745 ein eigenes, wohleingerichtetes Krankenhaus, in dem mehrere Pfleger ständig tätig waren. Erst 1799 wurde von den städti­ schen Behörden ein allgemeines öffentliches Krankenhaus mit 40 Betten eröffnet (24). Täglich - bei ernsten Fällen häufiger - besuchte ein Arzt die Kranken. Bei Heimpflegefällen waren die Brüder verpflichtet, um­ schichtige Wache bei den Patienten zu halten. Sogar an ein Krankentage- geld war gedacht. Ein dankbarer Pflegling, Samuel aus Semjatitschi, be­ schrieb 1788 die Tätigkeit der Königsberger Chewra: * Es sind etwa 2 oder 3 Jahre her, daß ich an einem schweren inneren Leiden erkrankt war und hier in unseren Gegenden keine Möglichkeit zur Heilung finden konnte, weil es mir an Geld und an einem tüchtigen Arzt fehlte. Da führte mich der Allgütige nach Königsberg, und die Chewra Kaddischa für Wohltätig­ keit und Krankenpflege brachte mir Hilfe. Nahezu ein halbes Jahr gaben sie mir Bett und Tisch und Leuchter und gute Wohnung, bezahlten für mich einen tüchtigen, berühmten Arzt (Doctor) und gaben meinetwillen Hunderte aus. Die beiden derzeitigen Vorsteher, deren einer der vornehme, hochangesehene Joseph war, und zu dem Juda herantrat, d. i. der zweite Vorsteher, der vornehme, hochangesehene Juda Levin Kassel, liefen vor mir her und gönnten sich nicht Ruhe und Rast und Erholung; und ebenso ihre Hausgenossen; bis ich mit Gottes Hilfe völlig geheilt war. " (25) Dir Ausgaben deckte die Gesellschaft durch Mitgliedsbeiträge, durch freiwillige Spenden und Kollekten, vor allem aber durch die Bestattungs- gebühren. Sie konnten bis zu 10 % des Gesamtnachlasses steigen (26). 50

Fremde Juden, die zu den Jahrmärkten nach Königsberg kamen, wurden bei der Chewra zwangskrankenversichert. Die Bruderschaft war innerhalb der Gemeinde so hoch angesehen, daß sie an gewissen Festtagen, ohne Sonderzahlungen dafür zu leisten, die Ehrenfunktionen in der Synagoge erhielt. Am Zerfallen der geschlossenen Fürsorgeordnung läßt sich das Zerbre­ chen der jüdischen Gemeinschaft ablesen; So entzweite sich die Flatower Gemeinde, die wie viele andere Beiträge nach Königsberg leistete, um ihre Mitglieder bei Geschäftsreisen nach dort im Krankheitsfalle versorgt zu wissen, mit den Königsbergern in der Frage ihres Kostenanteils und gründete 1786 eine eigene Kasse. Diese jedoch hatte keinen langen Be­ stand. Schwerer wog ein anderer Streit: Die strenggläubigen Bruderschaf­ ten verweigerten ihren aufgeklärten Glaubensgenossen ihre Hilfe bei Er­ krankungen und bei der Bestattung (27). 1792 gründeten daraufhin die Berliner Aufklärer die "Gesellschaft der Freunde", deren Aufgaben und Ziele im wesentlichen denen der alten Bruderschaften entsprachen. We­ gen der geringen Mitgliedszahlen und des durchschnittlich höheren Ein­ kommens traten die persönlichen Dienstleistungen zugunsten von Geldzu­ wendungen zurück. Die "Gesellschaft der Freude" besaß in Königsberg einen Zweigverein, dem 14 Mitglieder (u.a. Dr.A. Joel, Isaac Caspar, drei Friedländer) angehörten. Die Abrechnungen zwischen Königsberg und Berlin ergaben Konflikte, der Zweigverein wünschte, stärker in der Ge­ samtleitung vertreten zu sein. Der offene Bruch erfolgte im Jahr 1804, die Berliner Zentrale erklärte ihre Filiale in Königsberg für aufgelöst. Der Königsberger Verein fiel dem Katastrophenjahr 1806 zum Opfer, und erstand später als "Wohltätige Gesellschaft" wieder. Am 7. Juni 1798 veranstalteten die Königsberger Mitglieder der "Ge­ sellschaft der Freunde" anläßlich der Huldigung Friedrich Wilhelms III. durch die Provinz eine Feier. Der damalige Sekretär Dr. Jacob Arons- son (28) hielt die Festansprache "Ueber die Pflichten des Bürgers im monarchischen Staate". (29) Von dem kantischen Satz "Der Staat ist demnach eine Verbindung freier Menschen zur Sicherung der Möglich­ keit einer sittlichen Ausbildung ihrer Anlagen" ausgehend entwickelte Aronsson die politische Forderung des fortschrittlichen Judentums: "Ver­ bannet endlich einmal das prahlerische Rühmen eurer Duldung. Die Zei­ ten sind vorüber, in welchen nur diese von euch zu erhalten für unser größtes Glück geachtet wurde. Jetzt erkennen wir unsere Ansprüche bes­ ser. Duldung darf kein Mensch fordern. Nur seine Rechte zu behaupten, gebietet ihm die Pflicht ... das Gefühl unseres Rechts ist erwacht, kein Druck, kein Leiden ist mehr im Stande es wieder einzuschläfern" (30). 51 Den bedeutensten Anteil am Eindringen der Aufklärung in das Königs­ berger Judentum hatte die Familie Friedländer. Schon Joachim Moses Friedländer (gest. 1776) beherrschte die deutsche Sprache fließend. Die Schriften Herders und Lessings waren seine Lieblingslektüre (31). Seine Kinder, von denen David der berühmte Vertreter des neuen Judentums wurde, ließ er sorgfältig erziehen. Die weiteren Söhne Meyer, Wulff und Bernhardt Friedländer, die große Handelshäuser in Königsberg leite­ ten, besaßen umfangreiche Sammlungen und Bibliotheken, die sie gern den gebildeten Reisenden und den Professoren der Albertina öffneten (32), Im Friedländerschen Hause (Brotbänkengasse Nr. 25) wohnte 1777 Moses Mendelssohn als Gast der Familie. Isaak Abraham Euchel (33) fand dort ebenfalls für längere Zeit Unterkunft. Getreu dem Wort des geistigen Erben Mendelssohns, David Friedlän­ der "Veredlung des Menschengeschlechts kann nur vermittelst Erziehung geschehen" (34) bemühte man sich, dem Glaubensgenossen den Schatz der deutschen Kultur aufzuschließen. Die Kreise um die Familie Fried­ länder mit Isaak Abraham Euchel an der Spitze, die auch alle zur "Ge­ sellschaft der Freunde" gehörten, gaben seit 1784 eine Zeitschrift "Der Sammler" (Hameaseff) heraus. Sie sollte das halb vergessene, unver­ ständlich gewordene liturgische Hebräisch beleben und wandte sich scharf gegen die verderbte Mischsprache, den "Jargon", das Jiddische. Die Mo­ tive für die Wahl des Hebräischen als Sprache des Sammlers liegen im Einzelnen im Dunkel, doch würden wir meinen, daß Herders Geist der Hebräischen Poesie dies vielleicht angeregt hat (35). Die Herder-Aus­ gabe der Familie Friedländer war zerlesen und mit zahlreichen Unter­ streichungen und Zusätzen versehen. Die Zugabe in deutscher Sprache behandelte neben der Vermittlung deutscher Literatur - etwa der Schrif­ ten Lessings oder Nicolais, die Schillers oder Goethes fehlten (36) - ak­ tuelle Fragen der Judenschaft. Die Zeitschrift trat z.B. für einen späte­ ren Bestattungszeitpunkt ein, um das Beerdigen von Scheintoten zu ver­ hindern. Am "Sammler", der sich wegen Mangel an Abonnenten müh­ selig von Jahr zu Jahr schleppte, um endlich zu erliegen, arbeiteten zahlreiche deutsch gebildete Juden. Der Kreis erstreckte sich vom Freun­ de Lessings, David Friedrichtsfeld, bis zum Brandenburger Bankier Ba- ruch Lindau (37). 1792 ging Euchel, nachdem man ihm die Anstellung als Professor der Orientalistik an der Albertina abgeschlagen hatte, als Direktor der hebräischen Druckerei der jüdischen Freischule nach Berlin. Kaum daß er und David Friedländer Königsberg verlassen hatten, um in Berlin zu wirken, verlor die Stadt ihren Charakter als Hauptsitz der li­ terarischen jüdischen Diskussion. 52 Die Frage, ob die Annäherung der Juden an die Christen freiwillig oder erzwungen, durch Erziehung oder durch Zwangstaufe erfolgen sollte, rief auch in Königsberg synkretistische Schriften in der Art des Friedländer- sehen "Sendschreiben an Propst Teller" (38) hervor. Im Jahre 1804 er­ schien dort "Ein freundliches Wort an die Christen, zur gänzlichen Beyle- gung ihres Streites mit den Juden". Der unbekannte Autor, ein getaufter Jude, führte aus : "Der Jude ist ein Bild des Kranken, der an einem hart­ näckigen Uebel leidet, der aber die beste Hoffnung zur Genesung giebt. Seyd ihr Christen die Aerzte!" (39) Er hielt strenge Maßnahmen für an­ gebracht, um die jüdische Sonderstellung zu überwinden. "Man zwinge den Juden, außer dem Handel auch andere Geschäftsarten zu wählen ... unter zwey Söhnen muß immer einer ... eine Kunst oder Handwerk ler­ nen. Unter drey Söhnen müssen zwey, unter vier Söhnen drey in Werk­ stuben untergebracht werden, und das ohne alle Widerrede. Der Jude muß auch Viehzucht, Ackerbau, Gärtnerey treiben" (40). Ferner : "Jeder Jude in unserem Staate, der mehr als eine Tochter hat, ist schuldig, wenig­ stens eine derselben der Hand eines Christen zu geben ... Alle Kinder aus einer solchen Ehe werden getauft und in der christlichen Religion er­ zogen. Doch steht es den Eltern frey, über ihre Kinder in Ansehung der Religion sich gütlich zu einigen*1 (41). Das gleiche sollte für Söhne gel­ ten. Weigerte sich ein Jude, eine derartige Mischehe zu schließen, hat­ te er ledig zu bleiben. Die Christen dagegen hätten ihre Feiertage auf die der Juden zu verlegen. "Das ist aber von den Juden schlechterdings nicht zu hoffen, da sie so steif und fest - für jetzt wenigstens noch - an dem Gesetze und dem alten Herkommen hängen. Sollte aber der Christ, der so strengen Religionszwange nicht unterworfen ist, dem Juden hierin nachgeben. " (42) Dadurch reduzierte man auch die Zahl der Feiertage. Schuld am Elend der Juden trugen die Rabbiner. "Die Rabbiner und ihre leidigen Helfershelfer, die orthodoxen Juden, sind es allein, welche ihre armen Glaubensbrüder in jenen eisernen Fesseln gefangen halten." (43) Der Autor forderte allgemeinen Schulunterricht, wie ihn die Berliner Frei­ schule erteilte,und Reformrabbiner (44). Der christliche Schwiegersohn des Verfassers veröffentlichte ein Jahr später (1805) ebenfalls anonym eine Autobiographie unter dem Titel "Unfrankirte Briefe. Enthaltend Gemälde aus dem wirklichen Leben". Er pries das Tun seines Schwiegervaters: "Komm, guter frommer Pinto! - rief der Kranke - und nimm hier einen Kuß von einem Christen, weil du ein so edler, seltener Jude bist! - Und nimm hier - rief jetzt Hanna (Tochter Pintos. Der Verf.) diesen Kuß von einer Jüdin,weil du ein so edler Christ bist, der so gern den Werth des besseren Juden anerkennt."(45) Das Wirken der Sammler und ihnen nahestehender Personen blieb nicht 53 unwidersprochen. Die konservativen Gemeindevorstände und Rabbiner verwahrten sich gegen Neuerungen. Aber auch Angehörige des Freundes kreises hielten Reformen wie deutsches Gebet und deutsche Predigt für zu weitgehend und protestierten in Streitschriften (46). Die Sammler mit ihrem starken moralischen Antrieb, bezeichnen­ derweise nannte sich der Verein der hebräischen Literaturfreunde spä­ ter "Gesellschaft zur Beförderung des Edlen und Guten", gerieten in ei­ ne höchst schwierige Zwangslage : Verwandelten sie die Synagoge in ei­ ne moralische Anstalt, so mußte im Sinne der rationalistischen Theo­ logie die deutsche Predigt zum Mittelpunkt werden. Der Schritt zum aufgeklärten Protestantismus lag dann nahe (47). Oder man ließ die al­ ten, nur noch zeremoniellen Formen des Gottesdienstes weiter bestehen. Dann wurde nach dem Fortfall der magischen Wirkung der hebräischen Liturgie die Gottesverehrung zu einem reinen Wort- und Formelkult, da die deutsche und moralische Bildung außerhalb der Synagoge blieb. , zu dessen Schülerkreis die jüdischen Aufklärer ge­ hörten,wies ausdrücklich auf diese speziell jüdische Problematik hin : "Denn ein Gott, der bloß die Befolgung solcher Gebote will, dazu gar keine gebesserten moralische Gesinnung erfordert wird, ist doch eigent­ lich nicht dasjenige moralische Wesen, dessen Begriff wir zu einer Re­ ligion nötig haben" (48). Er urteilte: "Der Wahn, durch religiöse Hand­ lungen des Cultus etwas in Ansehung der Rechtfertigung vor Gott auszu­ richten, ist der religiöse Aberglaube, ..." (49) Kant ermutigte förm­ lich zu Reformen im mosaischen Kultus: "Der allem Religionswahn ab­ helfende oder vorbeugende Grundsatz eines Kirchenglaubens ist also : daß dieser neben den statuarischen Sätzen, deren er vorjetzt nicht gänz­ lich entbehren kann, doch zugleich ein Prinzip in sich enthalten müsse, die Religion des guten Lebenswandels, als das eigentliche Ziel, um je­ ner dereinst gar entbehren zu können, herbeizuführen" (50). Außerhalb der sich bildenden bürgerlichen Geselligkeit neuen Stils blieben zunächst die von den Bürgern nicht sehr geschätzten Offiziere und die Juden. Sie trafen sich an einem neutralen Ort - dem Theater. Um 1790 hieß es, Militär und Judenschaft geben den Ton im Parterre an. Allerdings konnten und wollten sich ihre Absichten nicht vereini­ gen (51). Selbst als Theaterautoren traten früh Königsberger Juden auf: Marcus Herz (52) veröffentlichte 1772 anonym in Berlin die Posse "Frey- müthige Kaffeegespräche zweyer jüdischer Zuschauerinnen über den Ju­ den Pinkus". 1795 wurde das Stück "Bestrafte Eitelkeit" von der Gattin des Kaufmanns Seligmann in Königsberg mit Erfolg auf die Bühne ge­ bracht (53). 54 Um 1805 stifteten Max von Schenkendorf und Freiherr Friedrich Leo­ pold von Schrötter zu Königsberg einen Dichterbund. Zunächst "Vesta", später "Blumenkranz des baltischen Meeres" genannt, wollte er der re­ ligiös-nationalen Erneuerung dienen (54). Er durfte höchstens zwölf Mit­ glieder zählen. Ihm gehörten außer einigen Adligen (z.B. Graf Karl von der Groben), Schauspieler (z.B. Carnier) auch zwei Juden, näm­ lich Hermann (vor der Taufe 1812 Samuel) Friedländer (55) und David Assur (später Assing) (56) an (57). Nicht nur Literatur, auch die Musen begannen ihre Pflegestätte in jü­ dischen Häusern zu finden. Friedländers trieben Hausmusik, und Bern­ hard Friedländer konzertierte sogar öffentlich auf der Viola (58). Man ließ sich porträtieren und legte Kupferstichsammlungen an. Wohl aus der alten jüdischen Stechertradition wuchs Moses Samuel Löwe, der sich später, ohne getauft zu sein, Johann Michael Lowe nannte. Er wur­ de 1756 in Königsberg als Sohn armer Eltern geboren, als Kind von der Familie Friedländer gefördert; um 1780 lebte er als erfolgreicher Maler in Petersburg, er malte u.a. Immanuel Kant(59). Wider Erwarten gelang es den Königsberger Juden nicht, sogleich Zu­ gang zu den Freimauerlogen zu finden. 1789 wollte der Logenbruder Levin (Loge Urania zu Petersburg), der sich auf der Durchreise befand, in der Johannis-Loge zu den drei Kronen maurerisch arbeiten. Trotz vor­ züglicher Empfehlungen wurde ihm der Zutritt verweigert. Den jüdi­ schen Maurern wurde allerdings zugestanden, "daß sie von der alten jü­ dischen Orthodoxie befreit, ganz genau nach den Gesetzen des Ordens leben, ihren Eid auf das Evangelium St. Johannis geleistet haben, auch Christum so verehren und ihn dafür achten, als derselbe von jedem wahren Maurer geachtet und verehrt wird, und nur Familienverhältnis­ se samt der Gefahr, den beträchtlichsten Verlust ihres ansehnlichen Ver­ mögens zu leiden, sie verhindern, sich der öffentlichen Taufhandlung nach christlichem Gebrauch zu unterziehen. "(60) Zeitgenössische Bildung war das Zauberwort, das den Juden bisher verschlossene Türen öffnete. Kenntnis der deutschen und französischen Sprache, Vertrautsein mit den Tagesfragen der Literatur und der Wis­ senschaft brachte den Eintritt in die Gesellschaft. Der weitaus größte Teil des Judentums wurde davon kaum erfaßt. Über jene "Kaftanjuden" goß man die Schale seines Spotts aus. Ludwig von Baczko vergnügte sich, jüdische Hausierer zu elektrisieren, um sich an ihrem panischen Schrek- ken zu weiden (61). Die jüdischen Studenten der Albertus-Universität sahen hochmütig auf ihre unaufgeklärten Glaubensgenossen herab. Sie bedienten sich auch untereinander der deutschen Sprache und taten viel- 55 fach so, als ob sie Jiddisch gar nicht verstünden (62). Aus diesem Grunde schenkten die jüdischen Bürger Königsbergs dem weltlichen Schulunterricht ihrer Kinder besonderes Augenmerk. Da das Staatsbürgergesetz von 1812 bindend den Gebrauch der deutschen oder einer anderen lebenden Sprache, zu denen natürlich nicht das Jiddische gerechnet wurde, vorschrieb, sandten die Eltern ihre Kinder auf christ­ liche Schulen, die darüber hinaus wegen ihrer Subventionierung durch die öffentliche Hand geringeres Schulgeld erhoben und zumeist besser gelei­ tet und ausgestattet waren als die jüdischen Privatschulen. Im Jahre 1825 besuchten von den 257 jüdischen Kindern 180, im Jahre 1829 bereits von 285 226 christliche Lehranstalten. 28 Schüler erhielten 1825 Unterwei­ sung in der christlichen Religion (63). Der Pestalozzi-Schüler Karl August Zeller schuf 1809 in Königsberg eine Freischule, in der nach den Metho­ den des großen Pädagogen unterrichtet wurde. Sein Bemühen unterstützte mit reichlichen Spenden Frau Stadtrat Friedländer (64). Besondere Beachtung verdient die Albertus-Universität zu Königsberg mit ihren 112 jüdischen Immatrikulanden in der Zeit von 1731 bis 1812 (65). Zu den Freiheiten, die eine Universität genoß, gehörte u.a. das Recht, Buchdrucker, Buchhändler, Sprachlehrer, Tanz- und Fechtmeister als cives academici zu admittieren. Darüber hinaus konnte der Dekan der philosophischen Faultät, dem die Immatrikalation oblag, gegen Sonder- Zahlungen auch andere Personen als akademische Bürger aufnehmen. Der akademische Bürger jener Tage erfreute sich - im Gegensatz zu heute - wesentlicher Privilegien: Er war zunächst einmal vom Militärdienst, der im 18. Jahrhundert keine Wertschätzung genoß, befreit. Sein Hausstand war von der Akzise ausgenommen. Die niedere Gerichtsbarkeit nahm ein Beauftragter des Senats wahr. In allen anderen Gerichtsfällen war ein Judicium mixtum zu bilden. Ferner erwarb der Universitätsbürger das Aufenthaltsrecht am Hochschulort. Aus diesen Gründen traten im moder­ nen Sinne universitätsfremde Personen unter das akademische Gericht. Sie wurden meist ohne Studienfachangabe immatrikuliert. Einzelne Pro­ rektoren erfaßten sie am Semesterende summarisch. So Ende Sommerse­ mester 1805: "Inter nos sunt II Comites, VII Nobiles, XXXI Studiosi, XIX non Studiosi et I Nobilis non Studiosus." (66) Nach den Generaljudenprivilegien unterlagen die Juden erheblichen Niederlassungsbeschränkungen in der preußischen Monarchie. Ein ordent­ licher Schutzjude konnte nur zwei seiner Kinder auf sein Privileg anset­ zen. Fremde Juden erhielten, wie gesagt, den begehrten Schutzbrief nur gegen Zahlung erheblicher Summen oder für das Versprechen, eine Ma- 56

nufaktur einzurichten (67). Da die Universität ihren Bürgern nicht nur Wohnrecht gewährte, sondern sogar die Residenzpflicht verlangte, mel­ deten sich gerade Juden unter dem Vorwand, sie gedächten zu studie­ ren, zum akademischen Bürgerrecht. Viele jüdische Väter versuchten einen Sohn, der nach dem Privilegium überzählig war, zu immatriku­ lieren, um seinen Aufenthalt in Preußen zu legalisieren. So stammten 27 jüdische Immatrikulanden aus Königsberg selbst (ca. 24 °/6), aus Dan- zig einschließlich Altfahrwasser und Altschottland kamen 14 ( ca. 12 %). Bei einigen Bewerbern (Nr. 76 und Nr. 113) wurde die Absicht, nur das Aufenthaltsrecht zu gewinnen, ausdrücklich in der Matrikel festgehal­ ten: "mercator Judaeus, absque privilegio foris". In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts hatten einzelne Hochschulen hebräische Druckereien eingerichtet. Sie bedienten sich dabei jüdischer Drucker, denen die Universität das akademische Bürgerrecht verlieh (68). Aus ähnlichen Gründen dürfte der erste Rabbiner der jungen Königsber­ ger Gemeinde Salomon Fürst (Nr. 1) am 9. November 1712 seine In­ skription an der Albertina erlangt haben. Er vervollständigte das Talmud- exemplar der Universitätsbibliothek und diente lange Jahre als Lektor für Hebräisch. Der Ruhm, die Albertina jüdischen Studierenden zugänglich gemacht zu haben, gebührt der schon oft genannten Familie Friedländer. Moses Levin ließ seinen Sohn Abraham Moses Levin am 31. Oktober 1731 ein­ tragen (69). Statt des sonst üblichen Eides verpflichtete er sich durch Handschlag. Die Annahme als akademischer Bürger durch den Dekan der philosophischen Fakultät erfolgte anstandslos. Als Abraham Moses Levin (Nr. 2) sich als Student der Medizin in die Liste der Betreffenden Fakultät einschreiben wollte, bereitete ihm diese erhebliche Schwierig­ keiten (70). In einer Immediatseingabe vom 18. November 1732 klagte Levin, daß die medizinische Fakultät von ihm für die Aufnahme in ihre Reihen 50 Rthlr verlangte. Er wäre bereit, zwei Dukaten zu erlegen, ob­ wohl man nur 1/2 fl von dem Impetranten fordern könne. Schon unter dem 20. November 1732 wurde verfügt, daß sich die Mediziner mit ei­ ner Zahlung in der gewöhnlichen Höhe begnügen sollten. In einem län­ geren Antwortschreiben der medizinischen Fakultät verteidigten der De­ kan und sämtliche Professoren ihre Forderung. Es hieß darin u.a. : " ... Umb ihn dadurch (d.h. die hohe Summe. Der Verf.) von derge- faßten Lust zum Studio Medico zurückzuhalten, indem es unserer Fa- cultaet gar nicht renomirlich seyn würde, daß wir mit Juden umbgehen. undt diesselbe mit unter die Christen nehmen möchten; Zu geschwei- gen, daß wir dadurch unsere Auditores, und die dem Studio Medico 57 sich gewidmete Studiosos, wenn sie in denen Collegiis mit Juden zu­ sammen sitzen solten, in ihrem Fleiß stöhren, undt ihnen gar wohl zu unterschiedenen inconvenientien Gelegenheit geben würden ..." Die Fakultät stellte weiter vor, "... daß wir bey Erwegung des menschli­ chen Cörpers undt bevor ab dessen anatomischen Abhandlungen, die All­ macht Gottes bewundern, auch unsere praelectiones im Nahmen der Hey­ ligen Dreyfaltigkeit anfangen undt vollenden, wodurch ein Jude leicht ein Gespött, zum öffentlichen Scandal zu excitiren, Anlaß nehmen dörf- te ... Mit seinen Glaubens-Genoßen in die Synagoge zu gehen, undt Academische Wißenschaften zu erlernen, (ist) ein großer Unterscheidt." Am 13. Januar 1733 verfügte der Vorsitzende der Judenkommission Schlippenbach (71), daß Levin angenommen werden müsse. Die medi­ zinische Fakultät verzögerte aber seine Eintragung. Daher reichte Abra­ ham Moses Levins Vater am 26. Januar 1733 ein neues Bittgesuch ein, dem er ein Attest des Hallenser Prorektors Böhme über die Möglichkeit der Annahme von Juden in die dortige medizinische Fakultät beifügte. Am 26. März 1733 erging ein scharfer Befehl an die Königsberger Kriegs- und Domänenkammer. Sie hätte darauf zu sehen, daß Levin auf­ genommen werde, und die Fakultät "gehörige parition" leistete. Über Levins weiteres Geschick an der Albertina wurde nichts aktenkundig. Fünfunddreißig Jahre später hatte sich die Einstellung der Universität gegenüber den Juden grundlegend gewandelt. Der aus Prag gebürtige Dok­ tor der Medizin Jacob Hirschberg (Nr.5), der einige Jahre in Hamburg praktiziert hatte, bewarb sich im Frühsommer 1768 um eine Niederlas­ sung als praktischer Arzt in Königsberg (72). Die medizinische Fakultät erstattete am 25. Juni 1768 ihr pflichtgemäßes Gutachten, in dem es u.a. hieß: "Wir haben nun destoweniger diesem Med. Doctorem Hirsch­ berg qua talem und als den ersten Jüdischen Doctorem zu erkennen und seinem Vorhaben Hinderniße entgegen zu wältzen, Bedencken getragen; da nicht nur die Hallische Universitaet denselben als Doctorem 1751 pro- clamiret hatte, auch auf anderen Universitaeten Juden von Geburt, wie in Franckfurth an der Oder, Goettingen und sonsten, in und ausser Deutsch­ land proclamiret werden, ... sondern auch eben itzo auf unserer Kö- nigsbergschen Universitaet drey Jüdische cives medici, als Marcus Hertz (Nr. 4), Berolin., Moses Marcus Slovino-Polonus (Nr. 3) und Samuel Vidall Bischeim-Alsatus(Nr.6) ihre studiahumaniora und medica trei­ ben und sich zur gemeinnützigen öffentlichen Wollfahrt habilitiren, zu geschweigen, daß die Gelehrsamkeit und Menschenliebe sich auf keine Nation besonders einschräncket." 58 Rektor und Senat setzten am 9. Juli 1768 hinzu, daß sie hofften, "daß es Ew„ Königlichen Majestaet allergnädigst gefallen sollte, besagten Dr. Hirschberg das etablissement, nebst der praxi medica allhier zu verstat­ ten."- Die medizinische Fakultät hatte sich 1732 gegen die Annahme von Ju­ den zum Medizinstudium ausgesprochen, ''indem ein Jude, allenfalß er hieselbst studieren könnte, weder die Theologie, noch die Philosophie dereinst zu seinem Nutzen zu erlernen capabel ist, daher eintzig die Me- dicin übrig ..." (73). Nach dem Musterprozeß Levins (s.o.) gegen die Fakultät bewahrheitete sich einige Jahrzehnte später die Prognose der be­ klagten Partei. "Ein großer Teil der Medizinstudierenden in den neunzi­ ger Jahren waren Juden." (74) Die medizinische Fakultät hatte 1732 richtig gesehen: Das Studium der Theologie schied für Juden aus verständlichen Gründen aus, das glei­ che galt auch weitgehend für die Philosophie. Das juristische Studium war kaum möglich, da ein weiter Teil der Ausbildung dem kanonischen Recht gewidmet war. Außerdem konnte ein Jude nicht in den Staatsdienst eingestellt werden und das Auskultatorexamen ablegen. Die hohe Zahl der jüdischen Medizinstudenten erklärte sich ferner da­ raus, daß noch um 1800 die ärztliche Betreuung der Bevölkerung meist durch Bader erfolgte. Diese waren zünftig organisiert (75). Die Zünfte als christliche Institutionen nehmen keine Juden an, so daß der jüdische Schüler Äskulaps sich schon zur Universitätsausbildung bequemen muß­ te. Jüdische Studenten waren aber noch einigen Sonderbestimmungen un­ terworfen. Bei der Annahme als akademischer Bürger leisteten sie kei­ nen Eid, sondern nur ein Gelöbnis (76). Außerdem hatten sie wie Adlige die doppelte Gebühr zu erlegen. Wohl um diese erhöhten Sportein ab­ rechnen zu können, setzte der Dekan der philosophischen Fakultät,dem die Einschreibungen oblag, zum Namen hinzu "Judaeus", "gente Jud." oder "natione Jud.". Als Studenten jedoch hatten sie sich völlig an das renomistische Bur­ schenleben jener Zeit angepaßt. Sie trugen den Degen (77), benutzten ihn zuweilen und die Strafe, ihn ablegen zu müssen, traf den jüdischen Musensohn sicherlich schwer (78). Bei den üblichen Disputationen konn­ ten sie zu Opponenten gewählt werden, wie aus den Beleglisten bezeugt ist. Immanuel Kant erkor sich 1770 den jüdischen Studenten Marcus Hertz als Respondenten (79). Nur die Promotion war mit gewissen Schwierigkeiten verknüpft. Zu­ nächst benötigte der jüdische Doktorand in Preußen eine besondere Pro- 59 motionserlaubnis aus Berlin (80). Das eigentliche Doktorexamen war dann gewissermaßen eine Privatpromotion, d.h. ohne öffentliche Dis­ putation. In Frankfurt an der Oder wurden Juden bis 1784 extra cathe- dram promoviert (81). In Heidelberg gab es für Juden die "Promotion sine solemnitate" (82). Die Albertus-Universität rezipierte zwar jüdische Dok­ toren (s.o.), vergab aber bis 1781 nicht selbst den Titel.Bis dahin pfleg­ ten jüdische Studenten der Albertina in oder in Frankfurt an der Oder zu promovieren. Jehuda Jacob Hirschberg (Nr. 21), der Sohn des Dr. med. Jacob Hirschberg,wurde als erster Jude Doctor Medicinae der Al­ bertina. Dafür wurde der christliche Eid durch die medizinische Fakul­ tät geändert (83). Vom 5. September 1782 bis zum Erlaß des Emanzipationsedikts am 11. März 1812 unterlagen jüdische Immatrikulanden einer weiteren Son­ derbestimmung: Sie hatten dem Dekan der philosophischen Fakultät vor ihrer Aufnahme in die Universität ein Attest der Königsberger Gemeinde­ ältesten über ihre Finanzlage vorzuweisen (84). Unter dem 28.Juni 1782 wandten sich die Vorsteher und Ältesten der Gemeinde in einer Imme- diatseingabe an den König Friedrich II. und stellten ihm vor, "... es giebt schon ietz viele jüdische Studenten auf der hiesigen Academie...". Gekündigte Handlungsdiener ließen sich bei der Universität einschrei­ ben und erhielten so ferneres Aufenthaltsrecht wie z.B. Salomon Seli- go (Nr. 11), der als civis academicus eine Pfandleihe betrieb. Die mo­ saischen Religionsgrundsätze schrieben vor, daß man Armen - vor allem aber in Krankheitsfällen wie bei dem geistesgestörten Studiosus Elchanan (Nr. 13) - Unterhalt gewähren müßte. Auch aus geschäftlichen Gründen wäre man zu einer derartigen Hilfe gezwungen. Das führte zu einer star­ ken finanziellen Belastung. Die Gemeinde bat um Abhilfe. Sie schlug obengenannte Atteste vor. Der dazu befragte Senat erklärte am 14. August 1782, daß die Ge­ meinde bei einer Verweigerung den genauen Grund anzugeben hätte. Überdies besäße die Albertus-Universität das volle ius immatriculandi, welches sie sich ungeschmälert zu erhalten gedächte. Aus diesem Grun­ de behielt sich die Hochschule die letzte Entscheidung vor. In einem weiteren Schreiben vom 3. September 1782 verteidigte die Universität ihren Angehörigen Salomon Seligo. Er betriebe zwar Handelsgeschäfte, um zu existieren, hätte aber Fleißzeugnisse seiner Professoren. Die Be­ legliste des Sommersemesters 1779 widersprach zum Teil dieser Behaup­ tung. Dort hieß es über Seligo: " 5 1/2 Jahre auf der Academie, studi- ret aber nur 1/2 Jahr Medicin." 60 Am 5. September 1782 erging das Reskript, die Albertus-Universität hät­ te fürderhin keinen jüdischen Studenten bei sich aufzunehmen, der nicht ein Attest der Gemeindevorsteher über seine finanziellen Mittel vorwiese. Knapp zwei Monate später, am 25.Oktober 1782, beschwerten sich die Re­ präsentanten der Gemeinde beim König. Am 25. September wäre Nathan Salomon (Nr. 28) lediglich aufgrund eines Zeugnisses vom oben erwähn­ ten Salomon Seligo immatrikuliert worden. Der Senat versuchte am 27. November 1782 noch einmal, seine Rechte als akademische Korporation zu verteidigen. Er führte aus, es handele sich um ein Versehen des Dekans der philosophischen Fakultät, aber auch sonst wäre es ein Fall ihres Vorbe­ halts. Nach einer beigefügten Referenz des Königsberger Schutzjuden Mar­ cus Salomon Levin hatte der Studiosus Nathan Salomon persönlich genügend Mittel, um ordnungsgemäß studieren zu können. Im Krankheitsfalle wollte der Bürge die Kosten übernehmen (85). Die Königsberger Kriegs- und Do­ mänenkammer verwies am 16. Dezember 1782 den Senat auf die Attest­ pflicht, beließ aber Nathan Salomon an der Universität. Das Recht der letzten Entscheidung über die Immatrikulation als ihr Kor­ porationsprivileg ließ sich jedoch die Universität nicht nehmen. Der jüdi­ sche Kunstmaler Aaron Michelson (Nr, 62) erhielt am 10. November 1792 die Matrikel "secundum testimonium artis periti Springen (86)honorificum, quod post specimen exhibitum dedit". So schützten Rektor und Senat die alten Rechte der Albertina auch gegen einen ausdrücklichen königlichen Befehl. Bevor das eigentliche Fachstudium begann, waren die sogenannten hu- maniora zu absolvieren. Das Anfangssemester hatte neuere Sprachen, Phi­ losophie und Mathematik zu treiben. Da außerdem das Fach Medizin als synonym mit Naturwissenschaften im allgemeineren Sinne zu verstehen war, nahmen mathematische oder philosophische Studien oft einen be­ trächtlichen Teil des Universitätsaufenthaltes in Anspruch. Zahlreiche jüdische Mediziner nützten die Möglichkeiten, die gerade die Albertus-Universität bot, und wurden zu eifrigen Schülern und Anhän­ gern Immanuel Kants. Die Vorlesungen Kants brachten gerade für einen Studenten der Heilkunde viel Interessantes, denn dieser beschäftigte sich dauernd mit medizinischen Fragen und flocht häufig naturwissenschaftli­ che Exkurse in seine Lektionen ein (87). Den weitgehenden Beziehungen zwischen Kant und Moses Mendelssohn nachzugehen, ist hier nicht der Ort; das gleiche gilt für das Verhältnis Salomon Maimons zu Kant, zumal die­ se beiden hervorragenden Denker ihrer Zeit nicht zu Kants unmittelbaren Hörern zählten (88). Hier soll nur der Einfluß Immanuel Kants auf den jü­ dischen Teil seiner regulären Königsberger Schüler untersucht werden (89). 61 Der erste jüdische Jünger Kants, der später in Berlin im eigenen Salon, aber auch im Kreise der Rahel Levin die neuen Ideen aus Königsberg ver­ breitete, war Marcus Hertz (Nr. 4). Den 23jährigen Studenten der Medi­ zin erwählte sich Kant 1770 zum Respondenten seiner Dissertation "De mundi sensibilis forma et principiis" (90). Ein Jahr später erschienen be­ reits in Königsberg Hertzens "Betrachtungen aus der spekulativen Welt­ weisheit", in denen er die Lehrendes Meisters verteidigte. Kant stand bis an sein Lebensende mit ihm in regem philosophischen Briefwechsel. Der etwas hypochondrisch veranlagte Königsberger Professor erbat und erhielt auch häufig seinen medizinischen Rat (91). Dr. med. Aaron Isaac Joel(Nr. 10) wurde nach 1780 Kants Hausarzt. "Herr Joel sagt, daß er mich gesund gelassen." (92) David Salomon Theodor (Nr. 17), den Ludwig von Baczko einen "fleis- sigen, nicht ungeschickten Mann, Jüdischer Nation" (93) nannte, Micha­ el Friedländer (Nr. 30), Sproß der bekannten Königsberger-Berliner Fa­ milie, Lazar Friedmann (Nr. 33), Heymann Goldtschmidt (Nr. 34), ein Nachfahre der Glückl von Hameln, und Isaac Abraham Euchel (Nr. 22) unterzeichneten 1786 einen Glückwunsch zu Kants Rektoratsantritt (94). Durchreisende jüdische Studenten machten dem Königsberger Philoso­ phen einen Besuchund erhielten Stammbucheinträge (95). Zum Schluß eines Semesters ließen einmal die dankbaren Hörer, unter denen sich auch einige Juden befanden, eine Medaille mit der Umschrift "Perscrua- tis fundamentis stabilitur veritas" für ihren akademischen Lehrer prägen. Einen Teil der Unkosten übernahm das Handlungshaus Friedländer (96), Tragisch war das Geschick des Kantschülers Rüben Elchanan, auch Elkana genannt (Nr. 13). Sein Verstand war dem alles zermalmenden Geist des Lehrers nichtgewachsen. Über ihn berichtete Hamann an Her­ der am 9. Juni 1782: "Ein jüdischer Student, Namens Elkana, einer der besten Zuhörer des Kant, ist kürzlich von Sinnen gekommen. Man be­ schuldigt seinen Lehrer, den unordentlichen Fleiß oder vielmehr die Ei­ telkeit dieses unglücklichen jungen Mannes zu viel genährt zu haben."(97) Hamann bezeichnete ihn auch am 3. Januar 1787 als "... der gestörte Kantianer ... " (98). Immanuel Kant schlug am 20. Februar 1786 Isaac Abraham Euchel (Nr. 22) zur Interimsverwaltung des orientalischen Lehrstuhls vor(99). Er hätte gründliche Sprachkenntnisse und sollte keine Exegese treiben (100) "Nach dem meinigen Urteil, der ich diesen geschickten jungen Mann als meinen Auditoren kenne, könnte ihm als Sprachmeistern diese Un­ terweisung nicht gehindert, ja, damit er sie desto leichter zur notice 62

der Studirenden bringen könne, auch gar wohl erlaubt werden, in dersel­ ben Qualitaet, nämlich der eines Sprachmeisters, solche vom schwarzen Brette bekannt zu machen." Das Ungewöhnliche wäre kein Einwand, da die unbesetzte Professur für Orientalistik auch ungewöhnlich wäre. Als die Fakultät diesen Antrag Kants verwarf, weil sein Kandidat sich nicht eidlich zur christlichen Religion bekannte, mußte Kant als Rektor Euchel absagen (101). Die Universität schlug Euchel zur Entschädigung für den ebenfalls vakanten Posten des vereidigten Dolmetschers für Jiddisch und Hebräisch vor. Dieses Amt hatte Euchel wohl von 1786 bis zu seiner Über­ siedlung nach Berlin inne (102). Die zeitgenössischen Kant-Biographien behandelten kaum Kants Ver­ hältnis zu seinen jüdischen Schülern. Denn sie meinten, "daß seine Phi­ losophie unter den Gelehrten der jüdischen Nation viele an sich gezogen, ist bekannt: aber es belohnt sich nicht, davon so viel Redens zu machen, als Denina (103) in seinem mehrmals angeführten Werke thut. Warum sollte des Juden Auge anders sehen, als das Auge irgend eines Andern, wenn beide es nicht muthwillig blenden" (104). Die Wirkung des größ­ ten Lehrers der Albertina auf das Judentum nicht nur seiner Zeit ist na­ türlich damit nur angedeutet. Die "Sammler", die "Gesellschaft der Freunde", die Salons der eleganten jüdischen Welt, des politischen Ju­ dentum des Vormärz, sie alle wurden geprägt durch Immanuel Kant. Der Großteil der jüdischen Studenten, nämlich 69 von 114 (ca. 61 °/o) widmeten sich dem Studium der Heilkunde. Dazu kam, daß ein Teil der Studenten, die zunächst ohne nähere Fachangabe eingetragen worden wa­ ren, später als Mediziner nachweisbar waren. Zwei Philologen (Nr. 30 und Nr. 58) promovierten zum Doktor der Medizin. Nahezu 80 °!o aller jüdischen Studenten der Albertina ergriffen Heilberufe. Die meisten der jüdischen Heilkundigen ließen sich nach der Universi­ tätsausbildung als praktische Ärzte nieder. Einige von ihnen waren neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit angestellte Ärzte der Krankenpflegebru­ derschaft ihres Wohnortes (Nr. 5, Nr. 10 und Nr. 36 in Königsberg, Nr. 15 in Lissa, Nr. 100 in Breslau). Mehrere Doctores medicinae der Albertina ließen sich teils evangelisch, teils orthodox taufen und gingen in den rus­ sischen Sanitätsdienst, nachdem sie die Approbation durch das Obermedi­ zinalkollegium in Petersburg erhalten hatten. Nach längerer Dienstzeit in der Stabsarztlaufbahn wurden sie in höherem Alter in die zivile Me­ dizinalverwaltung übernommen. Aufgrund des erreichten Dienstranges oder durch Ordensverleihung wurden zwei von ihnen nobilitiert (Nr. 58 und Nr. 92). Der medizinische Doktorgrad bedeutete nicht immer, daß sein Träger den Heilberuf auch ausübte. Der Titel galt oft nur als aka- 63 demische Legitimation (105). Marcus Hertz lebte von seinem Vermögen und seinen naturwissenschaftlichen Neigungen. Seine beachtliche Samm­ lung physikalischer Instrumente vermachte er testamentarisch der Alberti­ na. Der Dr. med. Julius Leo (Nr. 114) eröffnete in Berlin eine Buchhand­ lung. Die wenigen Juristen (Nr. 47, Nr. 48, Nr. 51, Nr. 90, Nr. 102 und Nr. 107) schlössen anscheinend ihre Studien nicht ab. Als praktizieren­ der Anwalt o.a. war keiner nachzuweisen. Als Glaubensjude erreichte einzig Dr. med. Heymann Goldtschmidt (Nr. 34) unter Dalberg in Frank­ furt/Main eine behördliche Anstellung. Sechs Juden erwarben das akademische Bürgerrecht als Sprachlehrer. Salomon Fürst (Nr. 1) und Isaac (Nr. 22) lehrten Hebräisch, Grodzinski (Nr. 67) am Gymnasium Friedericianum in Königsberg Französisch und Polnisch, Cerf(Nr. 56) Französisch und Englisch. Heinrich Friedländer (Nr. 104) erteilte Unterricht in der englischen und deutschen Sprache. Die Akademiker, die sich als Gruppe wohl am weitesten von den tra­ ditionellen Formen des Judentums getrennt hatten, suchten auch ohne Taufe, den hebräischen Vor- und Vaters- oder Geschlechtsnamen gegen einen festen Familiennamen einzutauschen. Nach § 2 des Emanzipations­ edikts war der jüdische Staatsbürger sogar verpflichtet, einen solchen an­ zunehmen. Bei der Namenswahl vermied man gern allzu starke Anklänge an das Alte Testament. David Assur (Nr. 87) als Hamburger Arzt nannte sich gut hanseatisch Assing. Der jüngste Sohn Meyer Joachim Friedlän­ der Heimann wählte den deutschtümelnden Namen Maximilian Fried- holm(106). Selbst der akademisch gebildete,reformistische Gemeinde­ rabbiner vertauschte den Namen Cohn gegen Francolm (107). Dennoch alles in allem: der assimilierte Jude, der Jude, der sich um die städtische Gesellschaft kümmerte und von dieser auch zu ihr gerech­ net wurde, blieb die Ausnahme. Seine Aufnahme in den Kreis der bür­ gerlich-geistigen Welt mußte er stets aufs Neue bezahlen. Die Jahre der Not von 1806 bis 1812 und die beflügelte Zeit der Auferstehung Preußens boten reichlich Gelegenheit, diese Leistungen zu erbringen. In diesen Jahren fehlte ja alles: nicht nur Geld und Brot, sondern auch Hingabe,Glau­ be, Mut und Opfersinh. Nun schlug jene große Stunde, in der die jüdi­ schen Kreise, von denen wir oben sprachen, sich bewähren durften und konnten. Durch ihren Einsatz meldeten sie nachdrücklich ihren Anspruch auf das volle Staatsbürgerrecht an. Deutlich wandelte sich das jüdische Selbstverständnis in diesen Jahren. Aus den "jüdischen Colonisten in Preußen" wurden "preußische Staatsbürger mosaischer Confession". (108) 64

Die Errichtung der Kontinentalsperre brachte Königsbergs Handel fast ganz zum Erliegen. Die Not der Arbeitslosen war drückend. Im Jahre 1808 wurde eine Armenspeisung geschaffen, die 640 Personen ernährte. Die Bürgerschaft gab wenig, die Juden mehr (109). Das Ehepaar Dr. med. Levin Joseph Hirsch (Nr. 36) regte die Gründung dieser Volksküche an und übernahm auch deren Leitung. In Anerkennung seiner Verdienste wur­ de Dr. Hirsch am 6. Mai 1808 zum Medizinalrat ernannt (110). 1813 bil­ dete sich der "Frauenverein zur Unterstützung der Frauen und Kinder der im Feld stehenden Militairpersonen". Ihm standen vor Frau Kanzlerin von Schrötter, Frau Landhofmeisterin von Auerswaldt, Frau Stadtrat Hagedorn und Frau Medizinalrat Hirsch. Seine Sammlungen ergaben die ungewöhn­ lich hohe Summe von 21 475 Rthlr (111). Der älteste Sohn des Ehepaars Hirsch zog siebzehnjährig als Freiwilli­ ger Jäger aus und fiel im ersten Gefecht (112). Frau Hirsch erhielt nach dem Kried den Luisenorden. Weil die Behörden jedoch in zarter Rück­ sichtnahme vermeiden wollten, daß die so Ausgezeichnete an der Kreuz- form Anstoß nähme, wurde eine Sonderform geschaffen: die goldene Me­ daille des Allgemeinen Ehrenzeichens I. Kl. am Bande des Luisenordens. In einem Dankesbrief an das Ordenskapitel bekundete diese ungewöhnliche Dame ihren Unmut. Die Verleihung einer Sonderform aus religiösen Grün­ den wäre eine herabsetzende Trennung des Israeliten von der Nation (113). Ihr Gatte empfing für seine Leistungen bei der Ausstattung der Kriegsfrei­ willigen und Lazarette, sowie für seine selbstlose Pflege der Verwundeten einen Brillantring aus der Hand des Monarchen (114). Die jüdische Gemeinde Königsberg soll in den Jahren 1812-15 fünfzehn Kriegsfreiwillige gestellt haben (115). Die Listen der Freiwilligen wurden äußerst nachlässig geführt, für Ostpreußen blieben sie darüber hinaus kaum erhalten (116). Die wahren Zahlen dürften noch höher liegen, denn al­ lein von der Albertina nahmen elf Studenten oder ehemalige Angehöri­ ge der Universität an den Befreiungskriegen teil (117). Außer JosephHirsch fiel noch der sutd. phil. Marcus Lipmann Grüneberg (Nr. 110). Dr. med. David Assur-Assing empfing für seine russischen bzw. preußischen Dien­ ste als Feldarzt das Georgskreuz und das Eiserne Kreuz II. Kl. John Fried- länder (Nr. 113) wurde wegen Tapferkeit vor dem Feinde zum Leutnant befördert, auch ihm wurde das Eiserne Kreuz II. Kl. verliehen. August Lewald, der spätere Hoftheaterdirektor von Stuttgart, der dem Jungen Deutschland nahestand, diente in der russischen Armee dem Baron von Rosen als Sekretär. Sogar der spätere Rabbiner von Königsberg Dr. Cohn- Francolm hat sich in Schlesien als Krieger bewährt. Von den elf jüdi- 65 sehen Kriegsteilnehmern der Albertina nahmen später sieben die Tau­ fe (118). In den Jahren des Aufbruchs, die die alten Grenzen hinwegspülten, in diesen Jahren der Wandlung brachen auch die alten Familienbande. Zahl­ reiche Königsberger Juden heirateten in christliche Bürger- oder Adels­ familien (119). Durch das Edikt vom 11. März 1812 war den neuen Staats­ bürgern der Erwerb von Grundbesitz gestattet worden. Der Zusammenbruch des Agrarmarkts ließ die Güterpreise in diesen Jahren beträchtlich fallen(120). Aus diesem Grund und aus dem Gefühl heraus, den Hendelsstand als betrü­ gerisches Gewerbe verlassen zu müssen, erwarben die wohlhabendsten Fa­ milien Domänen oder Rittergüter (121). Im Verlauf weniger Generationen erlosch bei ihnen meist völlig das Bewußtsein der jüdischen Abkunft. Am 19. April 1815 vergaß die Gemeinde einmal allen Hader um Re­ form oder Orthodoxie, der seit Jahren das religiöse Leben vergiftete. Bei der Einweihung der aus der Asche neu erstandenen Synagoge segnete der Vizerabbiner Saalschütz die ausziehender Krieger ein und rief ihnen zu j "Laß den gerechten, beliebten König noch lange unter uns wandeln, um­ gürte ihn mit Kraft und Stärke, mache seinen Ruhm und seine Macht so groß als sein Herz ist und seine Tugend. Erhalte den Kronerben und die Kinder des Königlichen Hauses und beschirme und beschütze sie mit Dei­ ner Gnade. Erhalte die Führer und die Lenker des Staates und der Städte, leite sie mit Deiner Weisheit und gieb ihnen Kraft und Muth das schwere und beglückende Amt, das Wohl und das Glück der Unterthanen zu befrie­ digen, noch lange auszuführen. Erhalte unsere Brüder, wes Glaubens sie auch sind, denn alle sind wir Kinder eines liebenden Vaters.... Die Kriegs-Fackel ist wieder angezündet. Zum zweiten male wird Deutsch­ lands Grenze bedroht. Die Deutschen erheben sich schaarenweis und eine Stimme,ein Wille,ein Gefühl beseelt das Ganze. Auch Preußens alte Kraft, neu bewährt, bestätigt sich von Neuem. Aus allen Provinzen, von allen En­ den kommen nicht nur, nein,drängen sich, Männer und Jünglinge zu den Fahnen des gerechtesten, geliebtesten Königes. Preußens Jünglinge und Männer durchglüht das Gefühl für Recht, für König und Vaterland ... Auch Euch, hochherzige Jünglinge, ergreift ein mächtiger Drang, dem tapferen Heere Euch anzuschließen. Unaufgefordert, aus freyer Wahl habt Ihr Euch entschlossen, Euren Arm, Eure Kraft, dem Könige, dem Vaterlande zu weihen .... Es ist ein Herz erhebender Anblick, nicht Untertan und Herrscher, sondern Kind und Vater zu sehen, der Vater ruft kaum und schon sammeln sich die Kinder um ihn. Wir seine jung- 66 sten Kinder. (Gott segne den König, der uns Freyheit und Recht wie allen seinen übrigen Kindern so mildväterlich angedeihen läßt, und uns ihnen gleich stellt) wir seine jüngsten Kinder, blieben im vorigen heiligen Krie­ ge nicht zurück; und aufs Neue, auch jetzt zeigt sich kindlicher Sinn, un­ sere Anhänglichkeit, unsere Liebe zu unserem Vater durch unsere Bereit­ willigkeit Gut und Blut für das Vaterland, für unser Vaterland hinzugeben. Rührend ist der Abschied von Euch, aber es ist die Rührung einer wohlthuen - den Freude, Euch tapfere Söhne, so willig, so freudig, hingehen zu sehen im Kampf für Recht und deutsche Freiheit." (122) 67

ZUSAMMENFASSUNG

In Königsberg, wo bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts keine jüdische Gemeinde betand, übernahm Bendix Jeremias die Rolle eines Locators. Zwischen dem Monarchen und einem jüdischen Individuum wurde ein Ver­ trag mit öffentlich-rechtlicher Wirkung geschlossen, der den Aufenthalt des Juden an dem ihm zugewiesenen Wohnorte legalisierte (Schutzbrief). Erst die Generalprivilegia von 1730 bzw. 1750 gaben einen allgemeinen gesetzlichen Rahmen. Der preußische Staat nahm zuerst jüdische Spezial- handwerker, später jüdische Manufakturisten in seinen Schutz, trotzdem beschäftigte sich der Großteil der Königsberger Juden mit Kommissionsge­ schäften. Bis in die achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts wurde die Juden- frage rein vom Standpunkt der wirtschaftlichen Nützlichkeit behandelt, seit dieser Zeit überschwemmten Emotionen der Aufklärer die klaren Ver­ waltungsvorstellungen des preußischen Beamtentums. Zur Überwachung des mosaischen Gottesdienstes wurde eine Einheits­ gemeinde gebildet. Diesem Verband wurde auch die Steuereinziehung und -Verteilung übertragen. Für Ausfälle hatte die Judenschaft solidarisch zu haften. Der Zwangskorporation, die eine Mischung von fiskalischer und religiöser Gemeinschaft darstellte, wurde im Zuge der Vereinheitli­ chung der Verwaltung die interne Rechtsprechung bis auf Rudimente ge­ nommen. Das geistige Leben der Judenschaft verarmte durch die Zurückdrängung der theologischen Studien und durch die Bevorzugung der deutschen Spra­ che. Die Königsberger Familie Friedländer versuchte,ihren Glaubensge­ nossen eine deutsche und moralische Bildung zu vermitteln. Da die Mehr­ zahl der Juden sich weigerte,Reformen des Gottesdienstes zu billigen, tra­ ten zahlreiche gebildete Juden zum Protestantismus über. Die Taufbewe­ gung bei den Armen entstand meist aus dem Wunsch,ein Handwerk zu erlernen. Bildung wurde zum Zauberwort der Assimilation. Zahlreiche Juden be­ suchten die Albertus-Universität von Königsberg, häufig wurden sie zu eifrigen Schülern und Anhängern Immanuel Kants. In der Franzosenzeit übten besonders die jüdischen Bewohner Königs­ bergs große Mildtätigkeit. Schon vor der Städteordnung von 1808 wurden sie bei der Aufbringung der Kriegskontrubution von 1807 zu Akten der städtischen Verwaltung hinzugezogen. Eine Reihe von Studenten zog freiwillig 1812 ins Feld. Das Emanzipationsedikt für die Juden vom 12. März 1812 beschloß den jahrzehntelangen Kampf der kleinen fortschrittlichen Gruppe des Juden- 68 tums um die Gleichberechtigung. Diese Kreise verließen den Handel, der mit dem Odium des Schachers und Betrugs behaftet war, erwarben ländliche Besitzungen oder widmeten sich wissenschaftlichen Berufen. 69

ANMERKUNGEN

I. Der Beginn der jüdischen Ansiedlung ( S. 4 bis 17)

(1) Mennoniten und Arianer genossen aber "faktische Toleranz" in Preußen. Sie bildeten "aufgenommene,konzessionierte nicht pri­ vilegierte Kirchengesellschaften" (H.F. Jacobson,Ueber die Arten der Religions-Gesellschaften und die religiösen Rechtsverhältnisse der Dissidenten in Preußen,in ;Zeitschrift für Kirchenrecht 1.1861, S. 392-443, bes. S. 392,394 f.).Zu beachten sind auch die Bemü­ hungen der Berliner Zentralbehörden,im Interesse der Verwal- tungsintensität Rechtsgleichheit zu schaffen. (2) Hofjude. (3) Vgl. Ottmar Weber, Die Entwicklung der Judenemanzipation in Württemberg bis zum Judengesetz von 1828, Stuttgart 1940, S. 61 et passim. (4) Mylius, CCM, Bd 5 Abt. 5 Kap. 3 § 121 ff. (5) Mylius, CCM, Bd 5 Abt. 5 Kap. 3 § 193 ff. und NCCM, Bd 2, S. 117 ff. Zur jüdischen Rechtsstellung folgen wir Köhlers Gut­ achten in • Mathis Allg. juristischer Monatsschrift für die pr. Staa­ ten 8. 1809, S. 86 ff., abgedr. : In Christian Friedrich Koch, Die Juden im Preußischen Staate, Marienwerder 1833, S. 32 ff. (6) Formular eines Schutzbriefes: Selma Stern, Der Preußische Staat und die Juden, Tübingen 1962, I, 2 Nr. 207. Ein Schutzpatent für Königsberg s. Anlage Nr.l. (7) Generalprivileg für Joachim Moses Friedländer vom 28. Juni 1775: "... daß gedachter Schutzjude Joachim Moses Friedländer und des­ sen sämtliche Descendenten gleiche Freyheiten.wie solche Christ­ lichen Banquiers und Kaufleuten in und außer Gerichte,inngleichen im Handel und Wandel, sie mögen Namen haben wie sie wollen, zu stehen,zu genießen haben sollen,können und mögen,innglei­ chen, daß ihnen freystehe,sich in Sr. Koenigl. Majestaet Resident- zen, auch sämtlichen Landen und Provintzien.in allen Städten und Orten, wo Juden wohnen dürffen, zu etabliren, und mit Häusern in den orten und Straßen, wo es ihrem Handel und Absätze am zuträg­ lichsten seyn mögte, possessionirt zu machen; inngleichen mit allem, was christlichen Kaufleuten erlaubt ist.zuhandeln.. .Weshalb denn alles dasjenige, so in den Juden-Reglements und sonst ihrer Nation, sowohl wegen Ankaufung der Immobilien und des Commercii, als 70

aller Rechtshandlungen verbothen ist, dem oftgemeldeten Joachim Moses Friedländer und seinen Descedenten instistinct gleich andern christlichen Kaufleuthen und Banquiers zuzulaßen und zu gestatten, ...". Vgl. Ernst Friedländer, Das Handlungshaus Joachim Moses Friedlaender et Soehne zu Königsberg i.Pr. .Hamburg 1913,S.25. ( 8) Naturalisationspatent, s. Ludwig Geiger,Geschichte der Juden in Berlin, Berlin 1871, Bd 1. S. 147-151. ( 9) Heimann Jolowicz, Geschichte der Juden in Königsberg i. Pr., Po­ sen 1867, S. 96. (10) Ludwig v. Rönne u. Heinrich Simon, Die früheren und gegenwärtigen Verhältnisse der Juden in den sammtlichen Landestheilen des Preu­ ßischen Staates,Breslau 1843, S. 212 u. 444. (11) Mennonitisches Lexikon,Bd 2, S. 538.Gleich den Juden füllten sie Lücken im Erwerbsleben,so Branntweindestillation,Bortenwirkerei, später Tuchmanufakturen. Sie hatten vorzügliche Armenanstalten in Königsberg. Vgl. dazu Erich Rand t, Die Mennoniten in Ostpreußen und Litauen bis zum Jahre 1722, Phil. Diss. Königsberg 1912, S. 38, 41,56, 60 und 99. Zur Stellung der Juden s. Erich Botzenhart, Der politische Aufstieg des Judentums von der Emanzipation bis zur Re­ volution 1848, in : Forschungen zur Judenfrage 3.1938, S. 61-104, bes. S. 62 f. :"Die Juden haben im propagandistischen Kampf um die Emanzipation die Ansicht verbreitet,... ,daß das Judentum sich gegen Ende des 18,Jhdts im Zustande rechtloser Unterdrückung be­ funden habe. Die Betrachtung der tatsächlich bestehenden Verhält­ nisse gibt ein wesentlich anderes Bild. Die angebliche Unterdrückung des Judentums im absoluten Staat dieser Zeit bedeutet gar nichts an­ deres als seine Einordnung in das feste Gefüge einer korporativ straff gegliederten staatlichen und wirtschaftlichen Organisation, die es eben im Gegensatz zum liberalen 19.Jhdt nicht dem Willen des ein­ zelnen überließ,sich seinen Platz in der Gesellschaft nach eigenen Ermessen auszusuchen, die ihn vielmehr in die schwer zu durchbre­ chenden Schranken berufsständischer und geburtsständischer Ordnun- wies". Ähnlich auch Stern, Der Preußische Staat I.l.S.VIII: " Die Emanzipationsdekrete waren nicht so sehr das Ergebnis der Reform­ ideen des Rationalismus als der Judenpolitik der absolutistischen Herr­ scher in der Epoche des Merkantilismus,die aus rein machtpoliti­ schen, finanzpolitischen, bevölkerungspolitischen, vor allem wirt­ schaftspolitischen Motiven klar und bewußt in dem kunstvollen Me­ chanismus ihres Staates den Juden einen Platz anwiesen". Vgl. auch 71

Einleitung des Generaljudenprivilegs von 1750 : "Alle . . . Unter- thanen,sowohl Christen als Juden, in beständigem guten Wesen und Flor ihre Nahrung soviel als immer möglich gesetzet und er­ halten wissen wollen" (zit.nach v. Rönne/Simon S.241). (12) Erinnerungen der Glückl von Hameln, passim. (13) Jolowicz, S. 30. (14) Etatsmin. 142 e. (15) Stern, Der Preußische Staat, I, 2 Nr. 493. (16) Stern, Der Preußische Staat, I, 2 Nr. 510: "Judengelder als par- tem salarii genossen.. . " (17) Stern, Der Preußische Staat, I, 1, S. 98. (18) Vorstellung der Stadt Kneiphof (undatiert, verm. 1709) "Wegen der vielen und mannigfaltigen Mühe, Arbeit und Verdrießlichkeit, die Sie, die Bürgermeister in den Städten,mit den Klagen der Bür­ ger gegen die Juden, und der Juden hinwieder gegen die Bürger, er­ dulden müssen , ,..". Etatsmin. 142 e. (19) Stern, Der Preußische Staat, I, 2, Nr. 508. (20) Stern, Der Preußische Staat, II, 1, S. 52. (21) Stern, Der Preußische Staat, 1,2,Nr. 509. (22) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 87-92. (23) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (24) Hierzu und zu folgendem Etatsmin. 74 a Bdl 2300 u. 2302. (25) Nicht ohne Reiz dürfte sein, daß der Verkäufer dieses Hauses hin­ ter der Münze der Hofrat Johann Heinrich Piper war. Piper war namhaftes Mitglied der Judenkommission. Der horrende Kaufpreis von 5 000 fl. für ein altes Haus dürfte seine amtlichen Bedenken nachhaltig beschwichtigt haben. Für Jahrzehnte blieb dieses Ge­ bäude der einzige private jüdische Grundbesitz in Preußen. (26) Friedländer, Das Handlungshaus J. M. Friedlaender, S. 13. (27) Etatsmin. 142 e oder auch Etatsmin. 38 d 4 Nr. 88: "Ich habe durch schwere Execution die hiesigen Juden auferlegten 200 fl. beytrei- ben lassen, welche zwar über den Bendix nach den Klageliedern Jeremias sehr lamentiren, aber allem ihrem Heulen ungeachtet,daß Gold hergeben mußten." (28) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 84, gedruckt Stern, Der Preußische Staat, I, 2, Nr. 473. (29) Etatsmin. 74 a Bdl 2297. (30) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 7v. 10. Januar 1714; "Indeßen beschweren sich die hiesigen Cramer überaus,daß durch diese allhier gegen 72

die Alte Landesverfassung und so vielfältiger Verordnungen subsisti- rende Juden ihnen die Nahrung benommen wird, wie sie denn uns allhier Reglement laut welchem sie sich beschwören wollen, 1/2 u/o von ihren Crahm waren zum bestände der Accise zu entrichten un­ ter anderem expresse reserviren beyde erste Sorte (i.e.reisende Han­ delsjuden) nicht länger als höchstens 4 Wochen sich in Königsberg aufhalten mögen und dann die Abschaffung derer, die sich des Han­ dels und Mäcklens annehmen." (31) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. (32) Ostpr. Fol. 1262 S. 329 rev., die Ausweitung seines Privilegs s. Stern, Der Preußische Staat, I, 2, Nr. 511. (33) Etatsmin. 74 a Bdl. 2300. (34) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. (35) Felix Priebatsch, Die Judenpolitik des fürstlichen Absolutismus im 17. und 18. Jhdt. in ; Forschungen und Versuche zur Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Festschrift für Dietrich Schäfer, Jena 1915, S. 590 u. 615. (36) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. (37) Samt-Monopol für David Hirsch in Potsdam s. Stern, Der Preußische Staat, II, 2, Nr. 248. (38) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. (39) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. (40) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (41) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 7. (42) Deutlich ist die Bevorzugung der Handwerker vor den Kaufleuten . (43) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 84, s.a.Anlage 2. (44) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 84, s.a. Anlage 3, (45) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 84, s.a. Anlage 4, (46) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (47) Etatsmin. 74 a Bdl 2300 s. a. Anlage 5. (48) Aus diesem Grunde erging am 22.November 1728 eine Verfügung, die bestimmte, "wer einen fremden Juden (in Königsberg) arretiren lassen wolle, müsse zuvor 50 bis 100 Rthlr deponiren, daß der Arrest nicht in verbotener Absicht angelegt werde". (Jolowicz, S.64). (49) s.Kap. Jüdische Studenten an der Albertina. (50) Etatsmin. 74 a Bdl 2300 v. 20. März 1758. Bedienstete benötigten ein Attest der Vorsteher, daß es sich nicht um ein fiktives Dienstverhält­ nis handele. (51) Hermann Vogelstein und Eduard Birnbaum, Festschrift ... .Königsberg 1904, Anlage 1, ähnlich auch in den Satzungen von 1779 § 14, eben- 73 da, Anlage 2. (52) Stern, Der Preußische Staat, II, 1, S. 95. - "Die jüdischen Unter­ nehmer wurden also nicht nur ausgenutzt, ihre Tätigkeit wurde be­ wußt in eine bestimmte Richtung gelenkt". (Horst Krüger, Zur Ge­ schichte der Manufakturen und der Manufakturarbeiter in Preußen, Berlin 1958, S. 255.) (53) Stern, Der Preußische Staat, 1,1,S. 131, faßte den Begriff der Manufaktur wohl zu weit. Auch die Tätigkeit eines einzelnen Hand­ werkers Samuel Slomka wird erfaßt. (54) Stern, Der Preußische Staat, II, 1, S.98. (55) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (56) Etatsmin. 74 a Bdl 2301 v. 22.Februar 1745. (57) Ludwig v. Baczko, Versuch einer Geschichte und Beschreibung Kö­ nigsbergs. 2.Aufl. .Königsberg 1804, S. 395-96. (58) Jolowicz,S. 101-Die viel weitergehenden Angaben von Hanns Gehrmann , Die Städte und Freiheiten Königsberg i. Pr. im Jahre 1806, phil.Diss. Königsberg 1916, S. 28, blieben ohne Beleg. (59) s.Kap. IS.5. Gen.-Priv.f.Fam.Seeligmann v. 20. Januar 1774; Gen. -Priv.f.Fam.Rieß v. 5. September 1787 (Rep.17 Nr.24 a Staatsbürgerliste von 1812 Nr. 15, 545 u.663). (60) v.Baczko, Versuch, S.513-514, 526-528. (61) Erhard Ernst v.Roeder, seit 1739 preußischer Feldmarschall (Altpr. Biographie,S. 563). (62) Etatsmin. 74 a Bdl 2301. (63) Etatsmin. 74 a Bdl 2299. Gesamtwert schätzungsweise 3 000 Rthlr. (64) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (65) Etatsmin. 74 a Bdl 2300. (66) Schröttersche Reg. ,Rep. 1 Nr. 89 vol 2 S. 51 f. (67) Schröttersche Reg. , Rep. 1 Nr 89 vol. 2 S. 71 f. (68) Schröttersche Reg., Rep. 1 Nr. 89 vol. 2 S. 131 f. (69) Jolowicz, S. 189. (70) Gehrmann, S. 20 Anmkg 9. (71) Ebd. S. 21, Anmkg l.-Bei der christlichen Bevölkerung der Stadt dagegen "Überwogen seit 1796 die Todesfälle die Geburten durch­ schnittlich jährlich um 283 Personen". (Ebd. , S. 6). Ähnlich bei den Hugenotten in Königsberg, 1795-1806 97 Geburten, dagegen 115 Sterbefälle (Ebd. , S, 11 Anmkg 5). (72) Friedländer, Das Handlungshaus J. M. Friedlaender, S. 13-14. (73) Zahlreiche Belege bei Gerhard Kessler judentaufen und Judenchrist- 74

liehe Familien in Ostpreußen, in: Familiengeschichtliche Blätter/ Deutscher Herold 36.1938 u. der Staatsbürgerliste von 1812 (Rep. 17 Nr. 24 a).

II. Die wirtschaftliche Bedeutung der Familie Friedländer - Zusammen­ hang zwischen wirtschaftlicher Stärke und Rechtsstellung.(S. 18 bis 21). (1) Definition s. Kap. I. (2) Definition s. Kap. I. (3) Nähere Angaben über die Familie Friedländer bei Ernst Friedländer, Das Handlungshaus J. M.Friedlaender; u. Gerhard Kessler, Judentau­ fen und judenchristliche Familien. - In Königsberg lebten mehrere Familien Friedländer. Die bekannte Familie dieses Namens führte sich auf Moses Levin aus Zülz/Schles. zurück. Moses Levin lebte vor sei­ ner Niederlassung in Königsberg viele Jahre in Danzig (Etatsmin. 74 a Bdl 2299). Juden,die aus Preußisch- oder Märkisch Friedland stamm­ ten und daher den Namen Friedländer führten, waren nicht mit ihr verwandt, so z.B. Joseph Hirsch Friedländer imm. an der Albertina 13. April 1807 kam aus Märkisch Friedland, Heinrich Friedländer imm. 5. Oktober 1809 aus Preuß. Friedland. Drei Brüder Friedländer aus Zempelburg wurden 1834 in Königsberg wegen Taschendiebstahls verurteilt (A.F.Thiele, Die jüdischen Gauner in Deutschland, Berlin 1843, Bd 2, S. 173). (4) Friedländer, Das Handlungshaus J. M. Friedlaender, S. 21-22. (5) Friedländer, Das Handlungshaus J.M. Friedlaender, S. 35. (6) Wir folgen hier Friedländer, Das Handlungshaus J. M. Friedlaender, S.40 ff. (7) Isaac Benjamin Wulff Friedländer war der älteste Sohn von Joachim Moses Friedländer, s. Stammtafel bei Friedländer, Das Handlungs­ haus J. M.Friedlaender, Anhang. (8) Friedländer, Das Handlungshaus J. M. Friedlaender, S. 46-47. (9) Friedländer, Das Handlungshaus J. M.Friedlaender, S.47. (10) § 3 des Edikts, betr. die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate,vom 11. März 1812 zit nach v.Rönne/Simon, S.264. (11) Nr. 18 Samuel Wulff Friedländer, Nr. 22 Abraham Wulff Friedländer, Nr. 238 Simon Joachim Friedländer, Nr. 262 Wulff Joachim Fried­ länder u.Nr.644 David Meyer Friedländer der Staatsbürgerliste von 1812 (Rep. 17 Nr. 24 a). (12) Nr. 15 Joseph Seligmann, Nr. 171 Hirsch Minden, Nr.545 Liepmann Ries, Nr. 579 Meyer Bernhard, Nr. 663 Hanna Ries der Staatsbürger­ liste von 1812 (Rep. 17 Nr. 24 a). 75 (13) Hanns Gehrmanns Vorwurf in "Die Städte und Freiheiten.. .", S. 24 und S. 24 Anmkg 4 der ungerechtfertigten Bereicherung trifft nicht zu. Die von ihm genannten Juden waren keine General privilegierten, (14) s.Kap. I,S.5, Jacob Jacobson, der verdienstvolle Bearbeiter der Berliner Judenbürgerbücher, fertigte vor dem Kriege eine Abschrift des "Verzeichnis derer zum Bürger Recht admittirten Schutzjuden" an. Das Magistratsarchiv Königsberg ist völlig vernichtet. Herrn Ja­ cobson sei an dieser Stelle ausdrücklich für die hochherzige Über­ lassung dieses Materials gedankt. (15) Friedländer, Das Handlungshaus J.M. Friedlaender, S.48. (16) s. Anmkg. 3. (17) Rep. 1, Nr. 12. (18) Stephan Skalweit, Die Berliner Wirtschaftskrise von 1763 und ihre Hindergründe, Stuttgart 1937, S. 11. (19) über jüdische Bankiers in Königsberg, allerdings ohne Namensnen­ nung s.Leopold Krug, Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sammtlichen preußischen Staaten,Halle 1796-1803, 13 Bde, Bd 5, S.350. - Über die staatliche Bevorzugung des Unter­ nehmers vor dem Kaufmann s. Skalweit, S. 6-7.

III. Der Königsberger jüdische Handel um 1800 und seine Finanzlage. (S. 22-23).

(1) Gehrmann, S. 54 u. S.54Anmkg3. (2) Rep. 2 Tit4 W. 2 vol. 2 S. 259 f. v. 31. Juli 1819. (3) Gehrmann, S. 52 u.S. 52 Anmkg 3. (4) Friedländer, Das Handlungshaus J. M.Friedlaender, S. 49 gibt den Zeitraum 1804-1812 an, 1807 findet sich die Fa. Joachim Moses Friedlaender et Soehne nicht mehr in der Kriegskontributionsliste (Rep. 2 Tit. 37 Nr. 37). (5) Adolf Schaff, Die Königsberger Kriegsschuldobligationen, Königs­ berg 1901, S. 7 Anmkg 2. (6) Schaff, S. 11. Erstmals nahmen hier Juden an einem Akt der städti­ schen Verwaltung teil. (7) Verzeichnis der Zahler unter Rep. 2 Tit. 37 Nr. 37. Ein echter Ver­ gleich von Bevölkerungsgruppen war nicht möglich, da Personenkrei­ se wie z.B. die Großbürger nicht besonders in den Listen aufgeführt werden.Buchhändler Unzer zahlte 50, Prof. Ludwig v. Baczko 20 Rthlr. Die Vermögensumstände der Familie Friedländer waren sehr zurückgegangen :Wulff Friedländer erlegte 250, David Meyer Fried- 76

länder, Abraham Wulff Friedländer, Samuel Wulff Friedländer je 200 und H. M.( ?) Friedländer 20 Rthlr.

IV. Der Anteil der Königsberger Juden an der Judengesetzgebung des Preußischen Staates. ( S.24-28).

(1) Anton Balthasar König, Annalen der Juden, besonders in der Mark Brandenburg, Berlin 1790, S. 143 f. (2) Stern, Der Preußische Staat, II, 2 Nr. 191 u. 211. (3) Stern, Der Preußische Staat, II, 2 Nr. 215. (4) Stern, Der Preußische Staat, I, 2 Nr. 501 S.490. (5) Etatsmin. 38 d 4. (6) vgl. Kap. II über Farn. Friedländer. Möglicherweise befinden sich im Zentralarchiv Merseburg noch Bestände, durch die eine Beteili­ gung Königsberger Juden am Zustandekommen des Generaljudenpri­ vilegs von 1750 nachweisbar wäre. (7) Ismar Freund, Die Emanzipation der Juden in Preußen unter beson­ derer Berücksichtigung des Gesetzes vom 11. März 1812, 2 vols, Berlin 1912, I S. 16. Auf dieses grundlegende Werk verweisen wir für den Verlauf der Reform. (8) über ihn : Encyclopaedia Judaica, Bd 6, Sp.1080 f. (9) Ismar Freund, Die Emanzipation der Juden in Preußen unter beson­ derer Berücksichtigung des Gesetzes vom 11. März 1812, 2 Bde, Berlin 1912, Bd 1, S. 37 ff. (10) zit. nach Freund, Die Emanzipation der Juden,Bd. 1, S. 43-44. (11) Freund, Die Emanzipation der Juden. Bd 1. S.60. (12) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bd 2, S. 91. (13) Ismar Freund, David Friedländer und die politische Emanzipation der Juden in Preußen,in : Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, 6, 1936. S. 77-92 Anhang 2 und 5. (14) Freund, David Friedländer, S. 81. (15) Freund, David Friedländer, S. 82. (16) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bdl, S.95. (17) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bd 1, S.96 f. (18) Altpreußische Biographie, S. 638. (19) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bdl, S.109. (20) Theodor Winkler, Johann Gottfried Frey und die Entstehung der Preu­ ßischen Selbstverwaltung,2.Aufl. .Stuttgart 1957,S. 90 u.93. (21) Zur Familie S.Kessler Sp. 7 f. Isaac Caspar zog auf Wunsch des Fi­ nanzministers 1810 Wechsel in Höhe von 1 Million ffrcs.ohne eine 77 Provision zu verlangen (Rep. II Tit. 37 Nr. 12). Schon 1807 war er mit 118 600 ffrcs eingesprungen (Rep. II Tit. 37 Nr. 9 vol. 2). (22) Evrejskaja Encyklopedija, Bd 4, Sp. 218 f. (23) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bd 1, S. 118, (24) Die ältere Auffassung, das Edikt von 1812 wäre durch die Konzes­ sionsangelegenheit des Hirsch Pollak für Königsberg, so z.B.Jolowicz, S.118 f., angeregt, wurde durch Freund, Die Emanzipation der Ju­ den, Bd 1, S. 126, überzeugend widerlegt, (25) Freund, Die Emanzipation der Juden, Bd 2.S.401, 403, 411 u. 420, (26) v. Rönne/Simon, S. 277. (27) Freundliche Mitteilung von Herrn Jacob Jacobson aus dem "Verzeich­ nis derer zum Bürger-Recht admittirten hiesigen Schutz-Juden". Sa­ muel Wulff Friedländer, der älteste Sohn von Wulff Friedländer, am­ tierte vom 9. März 1809 drei Jahre als unbesoldeter Stadtrat in Kö­ nigsberg, (Friedländer, Das Handlungshaus J.M.Friedlaender,S.49). (28) zit. nach Freund, Die Emanzipation der Juden, Bd 2.S.406. (29) Jolowicz, S„ 121. (30) zit. nach v.Rönne/Simon, S. 264. Dort auch S.264-266 der Text des Edikts. V. Religiöses Leben der Königsberger Judenschaft ( S. 29=45). (1) Behandelt nur die eigentlichen gottesdienstlichen Einrichtungen und die Taufbewegung. Die Krankenpflege- und Beerdigungsbruderschaft folgt im nächsten Kapitel. (2) Carl Wilhelm Hering, Geschichte der kirchlichen Unionsversuche seit der Reformation bis auf unsere Zeit, 2 Bde, Leipzig 1836-38, Bd 2, S. 347 ff. (3) Rudolf v. Thadden, Die brandenburgisch-preußischen Hofprediger im 17. und 18. Jahrhundert, Berlin 1959, S. 60 f. (4) vgl. Leo Baeck, Von Moses Mendelssohn zu Franz Rosenzweig, Stutt­ gart 1958, S. 18 u. S. 54 Anmkg 5. (5) z.B. Schutzbrief für Joseph Mendel und Jacob Urias vom 31.August 1717 (Etatsmin. 48 d 4 Nr. 100). (6) Reskript des Ministeriums des Innern (Köhler) vom 24. April 1821 an die Regierung zu Bromberg, zit. nach v.Rönne/Simon,S. 146-147. (7) Vor dem Erlassen des Reglements wegen Aufhebung der Verpflichtung der jüdischen Gemeinden, den durch Vergehungen einzelner Mitglie- 78

der zugefügten Schaden zu ersetzen, und der dagegen zur Erhal­ tung der öffentlichen Sicherheit zu treffenden Veranstaltungen vom 18. Juli 1801 hatten die Ältesten und Vorsteher auch die staatli­ chen Steuern zu repartieren und einzutreiben. (8) zit, nach v. Rönne/Simon, S. 144-145. (9) Stern, Der Preußische Staat, I, 1, S. 109. (10) vgl. Stern, Der Preußische Staat, I, 1. S. 103 f. und Z.Holm (ed.), Denkwürdigkeiten des Aron Isak 1730-1817,Berlin 1930, S, 174 f. (11) Die Aufhebung der solidarischen Haftung bedeutete das Ende der jüdischen Gemeinde alten Stils, vgl. Anmkg 7. (12) Text der Konzession zum Grundstückserwerb bei Jolowicz, S.30 Anmkg 1. (13) s.Anlage 2. (14) über ihn Kap. IS. 9 ff „ (15) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 79. (16) ebenda, (17) Etatsmin. 74aBdl 2300. (18) Dazu und zu folgendem Etatsmin, 74 a Bdl 2303. (19) Beglaubigte Übersetzung vom 10. Dezember 1714. (20) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 76. (21) teilweise abgedruckt bei Jolowicz, S. 55-56. (22) s.Anlage 6 : Wahlprotokoll von 1739, (23) s.Anlage 7 : Vergleich zwischen Elias Josephowicz und der Ge­ meinde, (24) zit. nach Ludwig Ernst Borowski (ed.), Moses Mendelssohns und Georg David Kypke Aufsätze über jüdische Gebete und Festfeiern, Königsberg 1791, S. 25-26. - Isaac Abraham Euchel, Gebete der hochdeutschen und polnischen Juden aus dem Hebräischen übersetzt und mit Anmerkungen begleitet, Königsberg 1786, S. 123, über­ setzt die fragliche Stelle: "Sie knien vor unwürdige und eitle Din­ ge und beten hülflose Götter an". (25) Mylius, CCM, V Abt. 5 Kap. III Nr. XV S. 142. (26) Zur Person : Kessler, Sp. 6-7, u.a. "ein notorischer Extrakt von Bösewicht", 1696 erhielt er einen Freitisch im Convictorium der Albertina (Stern, Der Preußische Staat, I, 2, Nr. 447). (27) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 35, (28) Etatsmin. 38 d 4 Nr, 37. - Christian Walther, geb. 31. Juli 1655 zu Norkitten, gest. 17, Januar 1717 zu Königsberg als Rektor der Universität.stud.theol. Jena, dann Pfarrer in Norkitten,seit 1680 79

Pfarrer auf dem Sackheim, 1702D. theol. Frankfurt/Oder, 1703 Prof. theol. Königsberg, seit 1705 Synagogeninspektor, Mitglied der Akademie der Wissenschaften Berlin (Daniel Heinrich Arnoldt, Kurzgefaßte Nachrichten..., Königsberg 1777, I, S. 21 u. II, S. 105). (29) Jolowicz, S. 33. - a) Heinrich H. Lysius, geb. 24.Oktober 1670 zu Flensburg als Pfarrerssohn, studierte in Jena, Leipzig und Königs­ berg Theologie, klassische und orientalische Sprachen, Anatomie, Astronomie, Geometrie und Befestigungskunst, 1691 Adjunkt seines Vaters, 1702 auf Empfehlung Speners zum Inspektor des Collegium Friedericianum ernannt, D, theol. Halle ,a.o. Prof. theol, ander Albertina, 1709 4. o.Prof, theol., 1715 Hofprediger, 1717 Kon- sistorialrat und Inspektor der Kirchen und Schulen in Litauen, 1721 1. o.Prof. theol, u. Pfarrer an der Löbenichtschen Kirche, 1718- 22 Leiter der litauischen Schulkommission, gest. 16. Oktober 1731 zu Königsberg (Altpreußische Biographie, I S.414). - b) Johann Heinrich Lysius, geb. 29, Juni 1704 in Königsberg als Sohn von a), 1725 Magister in Halle, 1726 a.o.Prof. der Orientalistik in Kö­ nigsberg, 1729 Adjunkt seines Vaters, 1730 a. o.Prof. theol., 1731 Konsistorialrat und 7. o. Prof. theol., gest. 29. März 1745 zu Kö­ nigsberg (Hartwig Notbohm, Das evangelische Kirchen- und Schul­ wesen. .., Heidelberg 1959,S. 13 Anmkg 8).-c) keine näheren An­ gaben, - d) keine näheren Angaben. (30) a) Gottfried Albrecht Pauli, geb. April 1685 in Karschau bei Kö­ nigsberg, D. theol. 1717 Greifswald, (Arnold, I,S. 389 u.423),seit 1717 Erzpriester in Saalfeld, Assessor beim Pomesanischen Kon­ sistorium, gest.26.Januar 1745 in Saalfeld (Ernst Deegen,Geschich­ te der Stadt Saalfeld Ostpr., Mohrungen 1905,S. 229 u. 251). - b) Johann Arnold Pauli, geb. 21.Februar 1682 zu Johannisburg,1703 Rektor daselbst, 1705 Feldprediger beim Regiment des polnischen Feldmarschalls v.Steinau, 1708 Inspekteur aller evangelischen Feld­ prediger in der russischen Armee, versah auch zeitweise die Amts- geschäfte bei der Petersburger lutherischen Gemeinde, 1712 D„ theol. Frankfurt/Oder, einen Ruf als a,o.Prof. theol. nach Königsberg lehnte er ab,Erzpriester in Memel,gest. 13,März 1741 daselbst (Johannes Sembritzki,Geschichte der Königlich Preußischen See- und Handelsstadt Memel, Memel 1900, S. 159), (31) Borowski ,S. 46 f. (32) "Dennoch kann ein Mensch nicht bleiben in solchem Ansehen, son­ dern muß davon wie ein Vieh". 80 (33) "9. Vor den Gottlosen, die mich verstören, vor meinen Feinden,die um und um nach meiner Seele stehen; 10. Ihr Herz schließen sie zu, mit ihrem Munde reden sie stolz; 11, Wo wir gehen, so umgeben sie uns; ihre Augen richten sie dahin, daß sie uns zur Erde stürzen; 12, Gleichwie ein Löwe, der des Raubs begehrt, wie ein junger Lö­ we, der in der Höhle sitzt; 13, Herr, mache dich auf, überwältige ihn, und demütige ihn; errette meine Seele von dem Gottlosen mit deinem Schwert," (34) Borowski, S, 49. (35) Borowski, S, 95-96. (36) Borowski, S. 105, (37) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 100. (38) hierzu und zu folgendem Etatsmin. 38 d 4 Nr. 100. (39) v.Thadden, S, 21. (40) vgl, die Streitigkeiten um den Berliner Synagogenbau bei Stern, Der Preußische Staat, I, 2 Nr. 322,323 u, 327, Der umfangreiche Schrift­ verkehr zum Königsberger Tempelbau,der sich von 1736 bis 1756 hinzog und den wir zu folgendem benutzen, findet sich unter Etats­ min. 38 d 4 Nr. 85 u. Rep. 5 Tit. 15 I Nr. 33. (41) Freiherr Gottfried Heinrich zu Eulenburg, geb. in Gallingen 21. April 1670, in Rom zum Katholizismus konvertiert, Priester, Kanonikus von Kamieniec/Podolien, 1712 Erzpriester in Braunsberg, seit 1713 Domherr in Frauenburg, gest, daselbst 24, Juni 1734 (Altpreußische Biographie, I, S. 170), (42) weitere Einzelheiten des Grundstückserwerbs bei Jolowicz, S, 90 f„ (43) Ein Plan des Grundstücks befindet sich noch im Staatlichen Archiv- lager Göttingen. (44) Die Kosten verteilten sich auf ca 2/3 für Material, 1/3 für Löhne. (45) s.u. (46) Jolowicz, S, 91. (47) Nach jüdischem Recht wurde der Synagogensitz wie eine Immobilie behandelt, Der preußische Staat machte sich diese Ansicht in der Zeit vom 18, Mai 1804 bis 5. Januar 1813 zu eigen, Vgl. v.Rönne/ Simon, S. 156-157;"Diese Stände sind als Immobilien zu betrach­ ten und als solche eintragungsfähig in das Hypothekenbuch". (48) Jüdische Konsumsteuer. Die erste Kropka in gleicher Höhe deckte die Besoldung der Gemeindebediensteten. - Kropka allgemein, s. Evrejskaja Encyklopedija, Bd 9, Sp, 758 ff. (49) s,o, 81 (50) s.u. (51) Georg Erler ( Hrsg.), Die Matrikel der Universität Königsberg i.Pr., 3 Bde, Leipzig 1908-17, WS 1712/13. (52) vgl. Priebatsch, S. 606 "In den evangelischen Städten hatte bald jeder Pastor, der etwas auf sich hielt,seinen Juden, bei dem er he­ bräisch lernte." - Vgl. auch Hermann Dalton, Daniel Ernst Jablons- ki, Berlin 1903, S, 192. (53) Luise Gilde, Beiträge zur Lebensgeschichte des Königsberger Ober- hofpredigers Johann Jacob Quandt, phil. Diss. Königsberg 1933, S XVIII. (54) Etatsmin. 74 a Bdl 2303. (55) Text d.Schutzpatents gedruckt bei Jolowicz, Anl.V. (56) Etatsmin. 74 a Bdl 2303. (57) ebenda. (58) Jolowicz, S. 55-56. (59) Evrejskaja Encyklopedija, Bd 16, Sp. 282. Encyklopedia Judaica, Bd 6, Sp. 693-94. (60) Jolowicz, S. 91. (61) Jolowicz, S. 112 Anmkg 1. (62) Generaljudenprivileg von 1750 § XXXI. (63) ebenda § VIII. (64) ebenda § XXXI. (65) Ismar Elbogen, Geschichte der Juden in Deutschland, Berlin 1935, S. 176 f. Der Hamburger Rabbiner Eibeschütz wurde von Rabbinats- kollegen des Sabbataismus bezichtigt. Die jüdischen Glaubenslehrer entzweiten sich, die einzelnen Parteiungen mißbrauchten gegen­ einander bis zur Sinnentleerung ihre Banngewalt. (66) Generaljudenprivileg von 1750 § III. (67) Jakob Fromer (ed.), Salomon Maimons Lebensgeschichte,München, 3. Aufl., München 1911, passim, (68) Jolowicz, S. 39. (69) Stern, Der Preußische Staat, II, 1, S. 149, auch Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate vom 11.März 1812, § 2 Abs. 2" „.. daß sie nicht nur bei Führung ihrer Handelsbücher, sondern auch bei Abfassung ihrer Verträge und rechtlichen Willenserklärungen der deutschen oder einer anderen le­ benden Sprache, und bei ihren Namens-Unterschriften keiner ande­ ren, als deutscher oder lateinischer Schriftzüge sich bedienen sol­ len". Zit. nach v.Rönne/Simon, S. 264. 82 (70) Rep. 2 Oberpräsidium Tit. 16 vol 1. (71) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 227. (72) Etatsmin. 38 d 4 Nr, 209, (73) Etatsmin. 38 d 4 Nr, 220. (74) Etatsmin. 38 d 4 Nr. 223. (75) Rep. 2 Oberpräsidium Tit, 16 vol. 1. (76) ebenda. (77) Rep, 2 Oberpräsidium Tit. 16 vol. 2. (78) ebenda, (79) Borowski, S. 7. (80) Borowski, S. 8. (81) Rep. 2 Oberpräsidium Tit. 16 vol. 2. (82) Jolowicz, S„ 122, Anmkg 1. (83) Die preußischen Behörden suchten offenbar durch ein Verbot, Neue­ rungen im Kultus einzuführen, das Judentum geistig zu töten. Vgl. Kabinettsordre vom 9.Dezember 1823",.., bestimme ich hier­ durch wiederholentlich, daß der Gottesdienst der Juden nur in der hiesigen Synagoge und nur nach dem herbebrachten Ritus, ohne die geringste Neuerung in der Sprache und in der Ceremonie, Gebete und Gesänge, ganz nach altem Herkommen gehalten werden soll." Zit, nach v,Rönne/Simon, S„ 93. So wurde dem Königsberger Rabbiner Dr, Francolm aufgrund einer Denunziation orthodoxer Gläubiger 1820 untersagt, sich Prediger zu nennen und Konfirma­ tionen vorzunehmen (Jolowicz, S, 130=131). (84) August Lewald, geb. Königsberg 14.Oktober 1792, besuchte das Altstädtsche Gymnasium, 1813 Kriegsfreiwilliger, Sekretär des Gou­ verneurs von Frankfurt/Main Baron Rosen, überaus fruchtbarer Schrift­ steller,dem Jungen Deutschland nahestehend, Schauspieler, später Oberregisseur in Stuttgart, zunächst in der Jugend protestantisch ge­ tauft, 1860 katholisch, gest. München 10, März 1871. Über die Kö­ nigsberger Familie Lewald s„ Kessler,Sp, 27 = 29. Er und seine Schwester Fanny Lewald schrieben zahlreiche Romane, deren Ort Königsberg war. (85) August Lewald, Memoiren eines Banquiers, Stuttgart 1836, S. 189, (86) Jolowicz, S. 138, Übertritte zum mosaischen Bekenntnis kamen da­ gegen nur sehr selten vor, Konvertiten sollten als fremde Juden be­ handelt, d„h, ausgewiesen werden. Anlage 8 : Vernehmungspro­ tokoll der zur jüdischen Konfession übergetretenen Witwe Scholl. 83

VI. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Juden in Königsberg ( S, 46 - 66), (1) Gehrmann, S, 8, (2) Gehrmann, S, 33, (3) Gehrmann, S. 112-113, (4) bedeutender Volkswirtschaftslehrer des ausgehenden 18, Jh, Seine Autobiographie : Christian Jacob Kraus, Vermischte Schriften, Bd 8, Königsberg 1819, (5) Marie Scholz-Babisch. Die politische, soziale und wirtschaftliche Ideenwelt in Ostpreußen vor 1806, phil. Diss. Breslau 1924,S, 13, (6) Scholz-Babisch, S. 87, (7) Gehrmann, S, 62, (8) Ludwig Friedländer, Erinnerungen, Reden und Studien, Teil 1, Straßburg 1905, S, 3. (9) bedeutender Professor der Albertus-Universität. Gemäßigter Libe­ raler, Nach 1848 im Kultusministerium tätig, 1849 Mitglied der ersten Kammer, Über sein Wirken s, Lotte Esau, Karl Rosenkranz als Politiker, Königsberg 1936, (10) Karl Rosenkranz, Königsberger Skizzen, Danzig 1842, Bd2,S.269, Ähnlich bei Wilhelm Dilthey, Erlebnis und Dichtung, S. 134 "Die­ ses neue Ideal (i„e, die Aufklärung, Der Verf.) schuf, wohin es drang, eine Verbindung der freien Geister untereinander; es gab jetzt eine Stelle, an der die äußeren Unterschiede der ständischen Gliederung aufgehoben waren", (11) Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsraison, Berlin u„ Leipzig 1924, S. 431, (12) s, Kap, I und II, (13) Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 2.Aufl. Frankfurt/Main 1957, S„ 90. (14) 1684 Dr, iur Leiden, 1690 a.o, Professor und Hofgerichtsadvokat in Königsberg, 1695 Advocatus fisci, 1696 Tribunalsrat, 1701 Hof­ rat (Stern, Der Preußische Staat, I, 2, S, 427 Anmkg 3). (15) Stern, Der Preußische Staat, I, 2 Nr. 473. (16) Polyhistor, geb. 26,11,1633 in Nürnberg, gest. 9,10.1705 zu Lei­ den, zunächst Professor in Altdorf, später in Leiden, daselbst zwei­ mal Rektor, Von ihm erschien 1699 in Königsberg die "Belehrung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart". ( ADB, Bd 40, S. 481- 483), 84 (17) Jolowicz, S. 36, irrte, indem er eine Beschreibung der Königsber­ ger Verhältnisse annahm. (18) Rosenkranz, Bd 2, S. 143, oder auch Max Jacobson, Erinnerungen an Alt-Königsberg, in : Festschrift zum fünfzigjährigen Doctorjubi- läum Ludwig Friedländer dargebracht, Leipzig 1895, S. 142. (19) Am 17.10.1773 Beschluß des Vorstandes der Chewra Kaddischa, "daß von heute ab niemand in der Chewra zur Wahl kommen soll, wenn er nicht deutlich sichtbar einen Bart trägt." Oder erneuter Beschluß am 22.2.1784: "Daß, wenn die Chewra sollte beschlie­ ßen, daß niemand von der Chewra kein Haarbeutel und Zopf tragen, daß diejenige, welche anjetzo tragen, sagen können; Wir wollen das nichts eingehen, sondern wir gehen aus der Chewra araus und geben keine Strafe. Dieses soll sie zu keine Verantwortung dienen, sondern sie haben jetzo den Willen und können araus gehen ohne einzige Streitigkeiten, sondern die Chewra gestattet es ihnen, ohne Einschränkung,"(Vogelstein/Birnbaum, S.61 f.) (20) Ludwig v. Baczko, Geschichte meines Lebens, Königsberg 1824, Bd 1, S. 224 oder Jacobson, Erinnerungen, S. 142. (21) Philipp Bloch, Der Mamran, der jüdisch-polnische Wechselbrief, in :Festschrift zum 70.Geburtstag A.Berliners,Frankfurt/Main 1903, S. 50-64 passim. - Aus diesem Grunde waren bei den Königs­ berger Gerichten auch vereidigte Dolmetscher für Jiddisch und Hebrä­ isch bestellt. In der Regel handelte es sich um getaufte Juden, die so ihr Auskommen fanden. (Heinrich Blank, Die Übersetzer für He­ bräisch und Jiddisch in Königsberg in der zweiten Hälfte des 18,Jhdts, in : Mitteilungen des Vereins für die Geschichte von Ost- und West­ preußen, 15. 1940, S. 1-7). (22) Text des Edikts bei v.Rönne/Simon, S. 264 f. (23) Generaljudenprivileg von 1750 § 29. (24) Max Meyhöfer, Königsberg Stadtwirtschaft seit 1724 bis zur Ein­ führung der Selbstverwaltung, Königsberg 1924, S. 164. (25) zit, nach Hermann Vogelstein, Als Gegenstück :Der Osten Deutsch­ lands, in : Hygiene und Judentum, Dresden 1930, S. 76. (26) § 11 der Statuten der Chewra Kaddischa vom 23.11.1763, § 25 der Statuten der Chewra Kaddischa vom 17.1.1779. Satzungen der Bruderschaft als Anlage gedruckt bei Vogelstein/Birnbaum. (27) Ludwig Lesser, Chronik der Gesellschaft der Freunde in Berlin, Ber­ lin 1842, S. 4 ff. (28) über ihn s,Studentenregister Nr. 65. (29) Jolowicz, S. 110. (30) Auszüge aus der Rede gedruckt bei Jolowicz, Anl. XV. 85

(31) Friedländer, Das Handlungshaus Joachim Moses Friedlaender,S. 19 ff. (32) "Herr Meyer Friedländer besitzt eine Sammlung von Englischen Kupferstichen und eine Bibliothek, worin sich viele Reisebeschrei­ bungen und verschiedene kostbare Werke über Geschichte und Na­ turgeschichte und auch viele "Bücher in englischer und hebräischer Sprache befinden. Z.B. Somerset's und Cook' Reisen; die allgemei­ ne Weltgeschichte, Dury's Illustrations of the Natural History.die Holländische Ausgabe des Talmud u.s. f. Auch einige Seltenheiten worunter eine Huka,oder die in Ives Reisen in Kupfer gestochene, Im Orient übliche Tabackspfeife befindlich." (v.Baczko,Versuch, S.451), (33) über ihn s. Studentenregister Nr. 22. (34) David Friedländer, Über die Verbesserung der Israeliten im Kö­ nigreich Polen, Berlin 1819, S. 2. (35) vgl. Herbert Schöffler, Johann Gottfried Herder aus Mohrungen, Göttingen 1944, S, 21. (36) vgl, Max Wiener, Jüdische Religion im Zeitalter der Emanzipa­ tion, Berlin 1933, S. 44, (37) Verzeichnis der Mitarbeiter bei Gustav Karpeles.Geschichte der jüdischen Literatur. 2 Bde, 2, Aufl. , Berlin 1909. Bd 2, S. 403.

(38) David Friedländer veröffentlichte 1799 in Berlin sein "Sendschrei­ ben an Seine Hochwürden Herrn Oberkonsistorialrat und Probst Teller zu Berlin, von einigen Hausvätern jüdischer Religion". Ent­ täuscht über das langsame Fortschreiten der politischen Emanzipa­ tion und zurückgestoßen von den orthodoxen Juden wollte er "die große christliche protestantische Gesellschaft zum Zufluchtsorte erwählen", wenn es ohne Beeinträchtigung der Vernunft und Ver­ letzung des moralischen Gefühls geschehen könnte.(Encyklopaedia judaica, Bd VI, Sp. 1180 f.) (39) anonym, Freundliche Worte an die Christen, zur gänzlichen Beyle- gung ihres Streites mit den Juden. Von einem Juden, Königsberg 1804, S. 27-28. (40) ehenda, S. 30. (41) ebenda, S. 45 f. (42) ebenda, S. 35 f. (43) ebenda, S. 49. (44) ebenda,S. 55. (45) anonym, Unfrankirte Briefe. Enthaltend Gemälde aus dem wirk­ lichen Leben, Königsberg 1805, S. 125. 86

(46) Louis Lewin, Geschichte der Juden in Lissa, Pinne 1904, S. 238. (47) vgl, z.B, das Friedländersche Sendschreiben an Probst Teller. (48) Immanuel Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, zit. nach Immanuel Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. v.C.W, Weischedel, Darmstadt 1956, Bd 4, S. 792, (49) ebenda, S„ 846. (50) ebenda, S, 847. Bei der Bedeutung Kants für die jüdische Aufklä­ rung entstand schon zu seinen Lebzeiten das Gerücht, der Königs­ berger Professor erläutere den Juden schwierige Talmudstellen (Car­ lo Denina, La Prusse litteraire sous Frederic II, Berlin 1790, Bd 2, S. 308 oder J.Ch. Mortzfeldt, Fragmente aus Kants Leben, Königs­ berg 1802, S. 109). Diese Behauptung wurde u.a. widerlegt von Karl Vorländer, Die ältesten Kant-Biographien,Berlin 1918,S. 12. (51) E„A„ Hagen, Geschichte des Theaters in Preußen vornehmlich der Bühnen in Königsberg und Danzig, Königsberg 1854, S„ 513. (52) über ihn s. Studentenregister Nr.4. (53) Hagen, Geschichte des Theaters, S, 500 Anmkg 2, (54) Josef Nadler, Geistiges Leben Ost- und Westpreußens, in : Deutsche Staatenbildung und deutsche Kultur im Preußenlande, Königsberg 1931, S. 536-570, S. 540 f. (55) über ihn s. Studentenregister Nr. 91. (56) über ihn s. Studentenregister Nr. 87. (57) Friedländer, Erinnerungen, Teil 1, S. 1. (58) Joseph Müller-Blattau, Die Musik im 18. Jhdt, in ; Deutsche Staa­ tenbildung ..., S, 337-383, S. 361. (59) E.A. Hagen, Der Maler und Kupferstecher Lowe, in : Preußische Provinzialblätter NF 3. 1853, S. 327-29 oder Thieme-Becker, Bd23,S. 421-22. (60) Richard Fischer, Geschichte der Johannisloge zu den drei Kronen 1760-1910, Königsberg 1910, S. 138. (61) v.Baczko, Geschichte, Bd 2, S. 74. (62) Fromer, S. 212. (63) Rep. 10 Tit. 18 Nr. 2. (64) Emil Hollak u. Friedrich Tromnau, Geschichte des Schulwesens der königlichen Haupt- und Residenzstadt Königsberg i. Pr. mit be­ sonderer Berücksichtigung der niederen Schulen, Königsberg 1899, S. 467 f., besonders 472. 87

(65) vgl. Götz von Seile, Geschichte der Albertus-Universität zu Königs­ berg!. Ft. .l.Aufl,,Königsberg 1954.S,185 oder 2,Aufl.,Würzburg 1956, S, 197, besonders aber Georg Erler, Die Matrikel der Universität Königsberg i.Pr., 3 Bde, Leipzig 1908-1917, In die Matrikel wur­ den gewöhnlich eingetragen : Name, Vorname, Heimatort,bei An­ dersgläubigen z.B. Juden oder Katholiken das Bekenntnis und häu­ fig das Fach, das der Student gewählt hatte. In Sonderfällen kamen noch Bemerkungen über erneute Immatrikulation, bestandene Examina, widrige Vermögensumstände u. dergl, hinzu. - Am Ende des Kapitels VI befindet sich ein Verzeichnis der jüdischen Studen­ ten der Albertina 1712-1812. Das Register ist nach der zeitlichen Folge Folge der Einschreibung aufgebaut, Die eingeklammerte Zahl hinter dem Namen eines Studenten bezeichnet seinen Platz im Register, Es werden nur Juden erfaßt, die sich z, Z. der Immatrikulation zum mosaischen Glauben bekannten. (66) Erler, Bd 2, S. 678. (67) s. Kap. I und II. (68) Universität Halle s.Selma Stern, Der Preußische Staat, I, 2, Nr. 409-410 a. - Universität Frankfurt/Oder s, Selma Stern, Der Preu­ ßische Staat, II, 2, Nr. 9. (69) Im Schriftwechsel gab Abraham Moses Lewin als Geburtsort Ham­ burg an. Das Schrifttum (Jolowicz, Friedländer, Das Handlungs­ haus J.M.Friedlaender) gab bisher Zülz/Schlesien als Heimatort der Familie Lewin-Friedländer an. Die gutinformierten Vogelstein/ Birnbaum, S. 10 : "Die Königsberger Gemeinde hat sich von An­ fang an naturgemäß zum größten Teile aus den Gebieten des frü­ heren polnischen Reiches (Litauen, Posen, Westpreußen) rekrutiert; die führenden Elemente aber waren ebenso von Anfang an meist westdeutsche Juden," Die bisherigen Angaben über die Herkunft der Friedländer bedürfen wohl einer Überprüfung. (70) zu folgendem : Etatsmin. 139 c III 9. (71) Geheimer Rat. Über die Tätigkeit der Judenkommission s.Selma Stern,Der Preußische Staat, II, 1, S. 13 f. (72) Zu folgendem : Etatsmin. 109 c III 119. (73) Etatsmin. 139 c III 9, (74) v,Seile,Geschichte, 2, Aufl., Würzburg 1956, S. 197. (75) Wolfram Fischer, Handwerksrecht und Handwerkswirtschaft um 1800, Berlin 1955. 88

(76) Erler, Bd 1, Vorwort (77) s.a. Holm, S, 52. (78) Rep. 17 II 63 c 2. (79) Jolowicz, S. 92 (80) Guido Kisch, Universität Frankfurt/Oder und das zugehörige Kon- zessionsreskript gedruckt bei Guido Kisch, Die Prager Universität und die Juden 1348-1848, Mährisch-Ostrau 1935,Urkunden 10 III und IV, (81) Kisch, Die Prager Universität , S. 28. (82) P.Rieger, Deutsche Juden als Heidelberger Studenten im 18.Jhdt, in : Festschrift für Martin Philippson, Leipzig 1916, S. 178-183. (83) Jolowicz, S. 102-103. (84) Zu folgendem : Etatsmin. 38 d 4 Nr. 211. (85) gemäß § 25 Abs. 14 der Statuten der Chewra Kaddischa vom 14.1. 1779, gedruckt bei Vogelstein/Birnbaum, Anlage. (86) Friedrich Wilhelm Springer, 1760-1805 in Königsberg als Miniaturen- maler( Thieme-Becker, Bd 31, S. 411). (87) Ernst König, Arzt und Ärztliches bei Kant,:in : Jahrbuch der Alber­ tus-Universität zu Königsberg i,Pr,5„ 1954,S. 113-154,passim. (88) Mendelssohns Besuch bei Kant, s, Jolowicz, S, 96. (89) Für die allgemeine Bedeutung Kants für die geistige Welt zahlrei­ che Arbeiten, jüngst Heinz Moshe Graupe, Kant und das Judentum, in:Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 13.1961, S, 308-333, (90) Jolowicz, S. 92. (91) Kant-Akademie-Ausgabe , Bd 10, (92) Kant-Akademie-Ausgabe , Bd 10, S.225,s.a.Bd 10, S. 216,233, 241. (93) v. Baczko, Geschichte, Bd 2, S. 130. (94) Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 12, S.432. (95) Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 12, S. 441. (96) Rudolph Reicke.Kantiana, Beiträge zu Immanuel Kants Leben und Schriften, Königsberg 1860,S, 54 u. 63. (97) Hamanns Schriften, Bd 6, S. 254. (98) Hamanns Schriften, Bd 7, S. 349. (99) Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 12, Amtlicher Schriftverkehr Nr, 6 oder v.Seile,Geschichte,2,Aufl. .Würzburg 1956,S. 197. (100) Für ein Verbot der Exegese durch den jüdischen Orientalisten Wesse - ly sprach sich noch 1846 der Prager Theologie -Professor Maran aus. 89

(Kisch, Die Prager Universität, Anlage 33/XI). (101) Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 12, Amtlicher Schriftverkehr Nr. 8. (102) Blank, S. 6. (103) Carlo Denina, La Prusse litteraire sous Frederic II, Berlin 1790. (104) Ludwig Ernst Borowski, Darstellung des Lebens und Charakters Immanuel Kant's, Königsberg 1804, S, 94, (105) Kauf des Titels durch Varnhagen von Ense aus diesem Grunde, (106) Kessler, Sp. 15, (107) Jolowicz, S. 134 Anmkg 1, (108) Benno Offenburg, Das Erwachen des deutschen Nationalbewußt­ seins in der preußischen Judenheit, phil. Diss. Hamburg 1933, passim. (109) v. Baczko, Geschichte meines Lebens, Bd 3, S. 12. (110) Die jüdischen Aufklärer Königsbergs hatten 1787 und 1798 Samm­ lungen veranstaltet, die den Bedürftigen aller Bekenntnisse zugute kamen (Jolowicz, S. 110 u. S. 208)„ Alexander Moses hinterließ 1795 ein Legat von 50 Rthlr für christliche Arme, Der Bankier Da­ vid Levienson bestimmte 1813 jährlich 100 Rthlr je zur Hälfte für christliche und jüdische Notleidende (Ludwig von Baczko, Noti­ zen über die milden Stiftungen älterer und neuerer Zeit in Kö­ nigsberg, in : Beiträge zur Kunde Preußens, 5. 1822, S. 431 u„ S. 443). Jolowicz, S. 117 Anmkg 1. (111) August Seraphim, August Wilhelm Heidemann - Oberbürgermei­ ster von Königsberg i. Pr., Königsberg 1913, Anhang S. XXIV. (112) Theodor Zlocisti, Mitwirkung der Juden an der freiwilligen Kran­ kenpflege in den Befreiungskriegen, Berlin 1893, S. 5. (113) Friedländer, Erinnerungen, Teil 1, S. 94. (114) Jolowicz, S. 118. (115) Martin Philippson, Der Anteil der jüdischen Freiwilligen an dem Befreiungskriege 1813 und 1814, in : Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, NF 14. 1906, S. 1-21 und S, 220-247, S. 3. (116) Moritz Stern, Aus der Zeit der deutschen Befreiungskriege 1813- 15, Berlin 1918, S. 8. (117) s. Studentenregister. (118) s. Studentenregister. (119) zahlreiche Belege bei Gerhard Kessler, Judentaufen und juden­ christliche Familien in Ostpreußen. 90 (120) Friedrich Meusel,Friedrich August von der Marwitz, Berlin 1908, Bd 1, S. 535. (121) Fam. Caspar die Domäne Laptau, Fam. Lipschitz das Gut Bönkeim bei Domnau im Kreis Pr.-Eylau, ferner Fam, Friedländer, Magnus, Minden und Oppenheim (Kessler, Sp. 41). Michael Reichenau er­ warb das Gut Groß-Watkowitz Kr. Stuhm (Eduard Reichenau, Er­ innerungen aus dem Leben eines Westpreußen, Gotha 1890, passim). (122) nach Konzept der Rede zit. aus den Akten der Synagogen-Gemeinde zu Königsberg ( IV - 330 ), welches Herr von Sierakowski freund­ licherweise zur Verfügung stellte. Gedruckt im Anhang bei Moritz Stern, Aus der Zeit der deutschen Befreiungskriege 1813-15, Ber­ lin 1918. 91 VERZEICHNIS DER JÜDISCHEN STUDENTEN DER ALBERTUS-UNIVERSITÄT 1712-1812

1. Fürst, Salomon imm. 9.11.1712. Judaeus. geb. um 1660 in Polen, kommt um 1701 nach Königsberg, ver­ faßte kabbalistisches Huldigungsgedicht "Salomons Güldene Schil­ de" , in dem die Notwendigkeit der Erhöhung des Herrscherhauses nachgewiesen wurde, Lektor für Hebräisch an der Albertina und Dolmetscher für Hebräisch und Jiddisch, handelte außerdem mit Antiquitäten, Lebte in bescheidenen Vermögensumständen, Ab 1722 Gemeinderabbiner, Um 1725 gest. Quellen : Etatsmin. 74 a Bdl 2303. Literatur : Jolowicz, S. 45 u. S. 194; Hermann Vogelstein u. Edu­ ard Birnbaum, Festschrift, Gräberliste Nr. 375,

2. Levin, Abraham Moses imm. 31.10.1731. Judaeus. manu stip. Sohn von Moses Levin, dem Begründer der Königsberger Familie Friedländer, geb. in Hamburg. Streit um seine Einschreibung in die medizinische Fakultät (s. Kap. VI S. 56-57). Quellen ; Etatsmin. 139 c III 9. Literatur : Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift S. 20.

3. Marcus, Moses imm. 13.1.1766. Slonim - Polon. Jud. med. geb. 1743 (lt. Belegliste 1768). Aufklärer und Reformator des Judentums, Schriftsteller bes. z.Z, des Großen polnischen Sejm, Dr. med^ Literatur : Ignacy Schiper, Dzieje handlu Zydowskiego na ziemi- ach Polskich, S. 272 u. 282; Ignacy Schiper, Zydzi w Polsce odrodzonej, I, S. 73. 4. Hertz, Marcus imm. 21.4.1766. Berolin. March. ( = Berlin). Jud, med. geb. Berlin 17,1,1747, gest. daselbst 19.1.1803, Kantschüler und Verehrer, Verbreiter seiner Lehre, fruchtbarer Schriftsteller, 1766- 1770 stud. med, Königsberg, 1774 Dr,med, Halle, 1785 Fürstl, Waldeckscher Hofrat und Leibarzt, 1788 preuß, Titularprofessor, Mitarbeiter am Sammler, verheiratet mit Henriette de Lemos, Glänzender Salon in Berlin, hielt dort physikalische Vorlesungen für die Gesellschaft, verkehrte mit allen Größen seiner Zeit. Literatur :u,a, ADB, Hirsch-Gurlt, Jolowicz, S. 92. Hirschberg, Jacob imm. 24.7.1767. Prägens. ( = Prag), gente Jud, Ius Academicum, quod iam in Academia Fridericiana, ut medici- nae Doctor obtinuit, in nostro repetiit. stud. med, in Frankfurt/Oder,Berlin und Halle, dort 13.8.1751 Dr. med. mit der Dissertation "De sanguinis motu progressiva tam regu- lari quam irregulari indeque pendente cachexia", ärztliche Praxis in Hamburg, ab 1768 Arzt am Krankenhaus der Chewra Kaddischa zu Königsberg, gest. Königsberg 17.3.1795. Vater von Nr. 21, Über seine Rezeption bei der Albertina s. Kap. VI S. 5 7-58. Literatur : Guido Kisch, Die Prager Universität und die Juden, S.29 und S„ 95; Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift, S. 48 f. Vidall, Samuel imm. 16.1.1767. Judaeus. 2. imm. 28.11.1767. Bischeim, Elsaß. Belegliste 1770 "hält sich nicht mehr in Preußen auf", angesehene Arztfamilie. Literatur : Samuel Krauss, Geschichte der jüdischen Ärzte vom frühsten Mittelalter bis zur Gleichberechtigung, Wien 1930, S. 65. Jacob, Joachim imm. 3.8.1768. Darg. Polen ( = Dargau). Judaeus. 93

8. Mendel, Levin imm. 18.9.1769, Curon, (=Kurland), Jud, med.cult.

23,10.1775 imm. in Straßburg.dort am 20.2.1776 in die Liste der cand.med. aufgenommen. Ging nach Rußland,dort sicherlich ge­ tauft, erhielt 1778 die Approbation durch das Petersburger Oberme­ dizinalkollegium, Arzt des Seekadettenkorps.

Literatur : Straßburger Matrikel, I S. 117, Evrejskaja Enciklopedija, Bd 10, Sp. 859.

9. Marcus, Samuel imm. 2.5.1771. Regiomont. (= Königsberg). gente Jud. med. stud. ließ sich am 29.2.1781 zwecks Promotion in Frankfurt/Oder imm., Promotionsreskript für ihn am 22.1.1782. Quellen : Rep. 17 II 63 c 2 ( in S. ... Plaumannin gegen den stu- direnden Juden Marcus... Schlägerey betr,). Literatur : Guido Kisch, Universitätsgeschichte und jüdische Fami­ lienforschung, S. 598 f. 10. Joel, Aaron Isaac imm. 16.4.1773. Halberstad. (= Halberstadt). gente Jud. 2. Imm. 14.7. 1780 ; Joel Aaron, Halberstad., gente Jud., med. Dr. Ius Academicum, quod anno 1773 obtinuerat, repetiit. geb. 25.5.1747 in Halberstadt, Kantschüler, Promotion zum Dr. med. in Frankfurt/Oder mit der Dissertation "De hernia umblicata", Approbation des preußischen Medizinaloberkollegiums am 20.7.1780, Arzt am Krankenhaus der Chewra Kaddischa zu Königsberg, auch Hausarzt Kants, Zweitimm., um des akademischen Gerichtsstands willen, vermutl. gest. 1813 zu Königsberg.

Quelle : Rep. 17 Nr. 24 a Staatsbürgerliste. Literatur : Jolowicz, S. 103; Hermann Vogelstein u. Eduard Birn­ baum, Festschrift, S. 50; Guido Kisch,Universitätsgeschichte und jüdische Familienforschung, S. 598 f„;, Kant-Akademie-Ausgabe Bd 10, S„ 225. Seligo, Salomon imm. 4.1.1774. Postampio - Mesomarch. ( • Potsdam), gente Jud. med. geb. 1751 (lt. Belegliste SS 1779), stand 13 1/2 Jahre im Dienste der Fa. Seeligmanns Witwen Sohn & Co. Die jüdische Gemeinde beschwerte sich über die Handelsgeschäfte, die er als Student tä­ tigte. Er verbrachte 5 Jahre auf der Universität, ohne zu studieren, erst dann nahm er das Studium der Medizin auf. 1799 trat er mit Frau und drei Kindern zum Christentum über. Gest. Königsberg 20.12.1816. Sohn Ludwig Selig Seligo imm. Königsberg 22. 9.1802 starb 1850 in Berlin als Geheimer Obertribunalsrat. Die Töchter heirateten in die alte Pastorenfamilie Boretius. Quellen : Etatsmin. 38 d 4 Nr. 211 (Beschwerde der Gemeinde über seine Handelsgeschäfte), Etatsmin. 38 d 4 Nr. 227 (Taufe). Literatur ; Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien..., Sp. 36-37. Lachmann, Joseph imm. 17.3.1777 Druia Lithunia (= Druga). a gente iudea. stud. med, geb. 1756, Dr. med. Königsberg 1782, zunächst Arzt in Bauske, später in Hasenpoth, Emanzipationsvorkämpfer, veröffentlichte "Beantwortung der Bemerkungen über die Duldung der Juden in den Herzogtümern Kurland und Semgallen", Mitau 1787. 1803-1806 Arzt am Militärwaisenhaus in Petersburg, 1809 Leibchi­ rurg, 1812 Stadtphysikus in Narwa, 1815 in Petersburg mit dem Titel Wirklicher Staatsrat (freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen). Literatur : Encyclopaedia Judaica, Bd 10, Sp. 543-44; Rüben Joseph Wunderbar,Geschichte der Juden in den Provinzen Liv- und Kur­ land, Mitau 1853, S. 31 und S. 71; Gessen, Evrej v Rossii,S.389. Elchanan, Rüben imm. 25.5.1778. Halberstad. (=Halberstadt). Judaeus. med. cult. 95 auch gen. Elkana oder Elckana. kam bei Kantstudien von Sinnen, reiste nach England zu Priestley, danach getauft vermutl. durch den Wernigeroder Oberhofprediger Plessing, galt aber zu dieser Zeit als geistesgestört. Die Kranken­ pflegebruderschaft betreute ihn weiterhin, s. Kap. VIS. 61.

Quellen : Etatsmin. 38 d 4 Nr. 211 (Fürsorge durch die Bruderschaft für Krankenpflege). Literatur : Hamanns Schriften, Bd 6, S.254 u. Bd 7, S. 349.

14. Accord, Abraham Samuel imm. 9.10.1778. Mohilov. Russ. (= Mogilov). Judaeus. geb. 1757 (lt. Belegliste SS 1779), aufgenommen ins Collegium med. Chirurg, zu Berlin am 1.11.1782,hier als Heimatort Wilna angegeben. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

15. Magnus, Alexander imm. 3.8,1778. Regiomont. (=Königsberg). Judaeus. med. stud. Arzt in Inowrazfaw-Hohensalza, später in Lissa, starb 1812 in Je- matice. Seine Söhne : Nr. 90 und Nr. 92. Literatur : Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien, „ „, Sp, 30-31; Louis Lewin, Geschichte der Juden in Lissa, Pinne 1904, S. 157. 16. Isaac, Naphtali Levi imm. 19.8.1778. Regiomont. (=Königsberg). Judaeus. med. stud. 17. Theodor, Dav.Sal. imm. 5.8.1779. Schottl, Boruss. (=Alt-Schottland bei Danzig). Judaeus. Kantschüler,soll später als Landbesitzer in Rußland ansässig gewe­ sen sein. Ludwig von Baczko nannte ihn geschickt und fleißig, nach seinen Angaben u.U. nicht Student, sondern Kaufmann unter aka­ demischem Schutz. Literatur : Ludwig von Baczko, Geschichte meines Lebens, Bd 2, S. 130; Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 13, S. 576. Loeser, Moses imm. 13.4.1780. Friedeberg March. (=Friedberg/Neumark). Judaeus. Friedländer, Mendel Joachim imm. 5.4.1780. Regiomont. (= Königsberg). Jud. Franckenstein, Sam. imm. 19.3.1781. ad Argentoratum Alsatiae (=Straßburg i. Elsaß), natione Jud. Hirschberg, Jehuda Jacob imm. 10.4.1781. Hamburg med. stud. e schola cathedrali dimissus. geb. 15.10.1757 zu Hamburg, seit 1768 in Königsberg, 1781 als erster Jude an der Albertina mit der Dissertation "De nephritide" Dr. med., Approbation des preußischen Obermedizinalkollegiums vom 24.9.1784, seit 1793 Arzt am Krankenhaus der Chewra Kaddischa zu Königsberg, gest. daselbst 15.1.1829. Quellen : Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). Literatur : Jolowicz, S. 102-103; Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift, S. 50-51. Eichel, Isaac imm. 2.4.1782. Kopenhagen Danus. gente Jud. geb. 1756, lebte eine Zeit lang bei seinem Bruder in Hasenpoth, dann Hauslehrer bei dei Fam. Friedländer in Königsberg, Kantschü­ ler, Kant schlug ihn zur Verwaltung des orientalistischen Lehrstuhls vor, (1786), von 1786 bis 1789 Übersetzer für Hebräisch und Jiddisch, Übersiedlung nach Berlin, dort Direktor der Buchdruckerei der jü­ dischen Freischule, Herausgeber des Sammlers, erster Sekretär der Gesellschaft der Freunde, gest. 14.6.1804 in Berlin. 9^ Überaus fruchtbarer Schriftsteller, Neubeieber der hebräischen Spra­ che, Reformator des Gottesdienstes. Literatur: u.a. Dansk Biografisk Leksikon, Bd 7, S. 470; Encyclo­ paedia Judaica, Bd 6, S. 828-829; Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 14, Amtlicher Schriftverkehr Nr. 6 und Nr. 8. Ludwig Lesser, Chronik der Gesellschaft der Freunde, passim; Götz von Seile, Geschichte der Albertus-Universität, 1, Aufl. Königsberg 1944, S. 185; Johs. Sembritzki, Die ostpreußische Dichtung, S. 415; derselbe, Nachträ­ ge zur ostpreußischen Dichtung. .., S. 519; Salomon Winninger, Große Jüdische National-Biographie, Bd 2, S. 205.

23. Hirschel, Joseph imm. 31.5.1782. Francofurt ad Viadrum ( = Frankfurt/Oder). Jud. 24. Günther, David imm. 5.6.1782. Treptau Pomer. ( = Treptow/Pom.). Judaeus. Dr. med. Königsberg, 21. 9.1789 Approbation des Obermedizinal- kollegiums Petersburg, Militärarzt, 1795 Divisionsarzt, 1815 Hof­ rat und Medizinal-Inspektor von Cernigov (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

25. Hirsch, Magnus David imm. 16.7.1782. Gedan. ( = Danzig). Judaeus. 26. Acord, Joseph imm. 26.8.1782. Weisskirch. Polon. gente Jud. med.

aus Belaja Cerkov bei Kiev ? Josef Samuel Ackord mit dem Beinamen Weiskirchen, beendigte sei­ ne medizinischen Studien mit der Dissertation " De pneumonia pu- trida", Königsberg 1791. Er gelangte zu großem Ansehen als prakt. Arzt in der Umgebung von Augustöw, wo er lange Zeit lebte.

Literatur: Stanislaw Kos'minski,, Stownik lekarzöw polskich, Wars- zawa 1888, S. 2. 27. Wolff, Samuel imm. 7.9.1782. Mohilov. Polon. ( = Mogilov). gente Jud. 28. Salomon, Nathan imm. 25.9.1782. Tempelburg Boruss. natione Judaeus. Beschwerde der Königsberger Gemeinde, daß er ohne ordnungsge­ mäßes Attest über seine Finanzlage immatrikuliert worden wäre. (Kap. VIS. 60). Promotionsreskript für ihn am 17.1.1792.

Quellen: Etatsmin. 38 d 4 Nr. 211. Literatur: Guido Kisch, Universitätsgeschichte und jüdische Fami­ lienforschung, S. 598 f. 29. Blumenberg, Esaias Meier imm. 25.9.1782. Neostad. Polon. ( = Nowe Miasto ?). gente Jud. 30. Friedländer, Michael imm. 15.10.1782 Regiomont ( = Königsberg). gente Jud. elegantiorum litterrarum cult.

geb. 1767 oder 1769 zu Königsberg, seit 1787 stud. med. in Berlin, später Göttingen, 1791 Dr. med. Halle, dreijährige Europareise, 1799 impfte er Pocken in Berlin, siedelte um 1800 nach Paris über, dort Hausarzt der Madame de Stael, gest. Paris April 1824, veröf­ fentlichte zahlreiche medizinische und naturwissenschaftliche Auf­ sätze.

Literatur: Hirsch-Gurlt, II, S. 444; Jolowicz, S. 93-94; Ernst Fried- länder, Das Handlungshaus Joachim Moses Friedlaender . .., S. 50.

31. Prentzleniecke, Eman. Magn. imm. 17.3.1783. gente Jud. med. stud. 32. Lachmann, Salomon imm. 6.11.1783. Druja Russ. gente Jud. Chirurg, cult. 99 2. Imm. 10.12.1790; Ius Acad. repetiit.stud. med. 33. Fridmann, Lazar. imm. 29.3.1784. gente Jud. Gedanen. ( = Danzig). Kantschüler. Zeitweilig Arzt in London? gest. 1808 Königsberg ?

Literatur: Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 13, S. 625; Hermann Vogel- stein u. Eduard Birnbaum, Festschrift..., Anhang, S. XV. 34. Goldtschmidt, Heymann imm. 29.3.1784. Peversdorf ad Erlangen. gente Jud.

geb. 1761, Nachkomme der Glückl von Hameln - ihr Enkel Cha- jim Hameln lebte bis 1788 in Königsberg - , vielleicht deshalb Studium an der Albertina, Kantschüler, Dr. med., Arzt in Frank­ furt/Main, bat 1795 zweimal vergeblich um die Erlaubnis außer­ halb des Gettos wohnen zu dürfen, da er seine Kinder dort nicht zu "brauchbaren Menschen" erziehen könnte, hielt Vorträge über die Kantsche Philosophie und besaß eine umfangreiche Bibliothek, z.Z. Dalbergs beamtet, später wieder entlassen, katholisch ge­ tauft mit den Vornamen Johann Baptist, gest. 1835.

Literaturs Kant-Akademie-Ausgabe, Bd 12, S„ 432 u. Bd 13, S. 629. Isidor Kracauer, Geschichte der Juden in Frankfurt/Main, Frankfurt/M. 1927, S. 462 u. s. 502; Samuel Krauss, Geschichte der jüdischen Ärzte .'.., S. 138.

35. Loewenthal, Eliaser Elias imm. 23.9.1784. Tuccumo-Curon. ( = Tuckum/Kurland). gente Jud. chirurg. cult. geb. 1763 zu Tuckum, Schulbesuch in Wilna, 1784-1791 Studium an der Albertina, daselbst 1791 Dr. med., bis 1818 - mit Unter­ brechung durch die Jahre 1807-1813, wo er in Odessa war, Arzt in Bauske, 1799 getauft mit den Vornamen Johann Theophil, ver­ heiratet mit Katharina Elisabeth Schmidt, Tochter des Kronsförsters Christian Laurentius Schm. 100

Literatur: Isidor Brennsohn, Die Ärzte Kurlands . .., S. 283.

36. Hirsch, Levin Joseph imm. 28.9,1784. ad Gedan. Schottlandien. ( = Altschottland b. Danzig). gente Jud. Chirurg, cult.

geb. 15.10.1758, in seiner Jugend armer Hausierer, entbehrungs­ reiche Studienjahre, 1792 Examen, 1793-1819 Arzt der Chewra Kaddischa in Königsberg, seit 1805 Direktor des Königsberger Heb- ammeninstituts, 1808 zum Medizinalrat ernannt, sehr wohltätig, für seine Verdienste in den Befreiungskriegen erhielt er von Fried­ rich Wilhelm III. einen Brillantring, seine Frau den Luisenorden, der älteste siebzehnjährige Sohn fiel als freiwilliger Jäger, gest. Königsberg 29.5.1823.

Literatur: Ludwig von Baczko, Geschichte meines Lebens, Bd 3, S. 264; Jolowicz, S. 117; Theodor Zlocisti, Mitwirkung der Juden an der freiwilligen Krankenpflege in den Befreiungskriegen, Berlin 1898, S. 5 u. S. 42; Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift, S. 50.

37. Behrends, Levin imm. 28.9.1784. ad Gedanum Schottlandien. (Alt-Schottland b. Danzig). gente Jud. chirurg. cult.

38. Wolfsheimer, Abraham imm. 12.10.1784. Norimberg ( = Nürnberg). gente Jud. med. stud. mercatoris filius.

geb. 2.2.1750, seit 1779 in Königsberg, Student und Privatlehrer. Quelle: Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste).

39. Levin, Samuel imm. 22.12.1784. Potsdam March. gente Jud. testimonium a sovietate Judaeorum, qui hie degunt, ex praescripto regio requisitum, ut ipse de hoc interrogatus asseruit, spectabili De - cano philosophico exhibuit. 101 40. Wallach, Elieser Abr. imm. 22.11.1785. Regiomonte - Boruss. ( = Königsberg). gente Jud. med. cult. Sein Vater Abraham Rintel, der sich in Königsberg Wallach nannte, und aus Hamburg stammte, erhielt am 5.12.1782 als Schwiegersohn von Seligmann Abraham, dessen Tochter Perle er geheiratet hatte, einen Schutzbrief für Königsberg. Perle starb nach kurzer Ehe am 29.7.1743. Elieser Abr. Wallach entsproß einer zweiten unbekann­ ten Ehe. Die Angaben bei Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien. .., Sp. 39 sind dahingehend zu ergänzen. Quelle: Etatsmin. 74 a Bdl 2301. Literatur: Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien.. ., Sp. 39. 41. Daniels, Dav. Elcan imm. 30.1.1786. Regiomonte - Boruss. ( = Königsberg). gente Judaeus. med. cult. Dr. med. in Berlin Quelle: Adress-Calender Berlin 1807.

42. Michaelson, Bernhard imm. 23.3.1786. Tilsa - Boruss. ( = Tilsit). med. practicus apud Caunenses. gente Jud. Doctorandus. 1801 Operateur in Minsk, Arzt der Medizinal-Verwaltung, 1809 Medizinal-Inspektor in Grodno, 1826 in Mogilov mit dem Titel Staatsrat. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger- Gießen).

43. Friedländer, David Joachim imm. 28.9.1786. Regiomont,( = Königsberg). gente Jud. geb. 20. 8.1769 in Königsberg, 3.7. 1793 Dr. med. der Universität Wien, prakt. Arzt in Galizien, publ. u.a. "Medizinische Topogra­ phie der Stadt Brody" in "Beobachtungen österr. Ärzte" 1828, 102 lebte noch 1840. Literatur: Hirsch-Gurlt, Bd 2, S. 444; Salomon Winniger, Große Jüdische National-Biographie, Bd 2, S. 333.

44. Israel, Isaac imm. 14.5.1787. Cracoviens. Polon. (=Krakau). gente Jud.

45. Schlesinger, Veivesch Salomon imm. 12.11.1787. Silesius (=Schlesien). gente Jud. imm. Frankfurt/Oder 11.8.1784, um 1798 in Kowno, 1809 prak­ tischer Arzt, 1822 Dr. med. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

46. Assur, Levi Abraham imm. 19.3.1788. Regiomonte Boruss. (=Königsberg). med. cult. gente Jud. geb. 28.1.1773, Approbation als Arzt vom 4. 9.1794, praktischer Arzt in Königsberg, dort gest. 1834. Quelle: Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). Literatur: (G.F. Härtung), Akademisches Erinnerungsbuch für die, welche in den Jahren 1787 bis 1817 die Königsberger Universität bezogen haben, Königsberg 1825, S. 20; Gerhard Kessler, Juden­ taufen und judenchristliche Familien, Sp. 6.

47. Salomo, Meyer imm. 18.6.1788. Auricen. (=Aurich). iur. cult.

48. Salomon, Hirsch imm. 3.10.1788. Dessavien. (=Dessau). gente Jud. iur. cult. 49. Lindau, Lion imm. 4.10.1788. Berolin. (=Berlin). gente Jud. med. cult. 103 23. 5.1794 Hertz Lindau in Frankfurt/Oder imm., Vater Hertz Lion Lindau, mercator, Brandenburg. Quelle: Matrikel der Universität Frankfurt/Oder.

50. Seeligmann, Jonas Wulff imm. 22.7.1789. Regiomonte Baruss. ( = Königsberg). gente Jud. med. cult. geb. 1772, 1797 imm. Frankfurt/Oder unter dem Namen Karl Sturt- zer, später relegiert, 1824 bereits tot. Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch, S. 29; Gerhard Kessler Judentaufen und judenchristliche Familien..., Sp. 39.

51. Simonsohn, Michael imm. 13.10.1789. Friedland. Boruss. occident. ( = Pr. Friedland). gente Jud. iur. cult.

52. Mendel, Sim. Aaron imm. 13.10.1789. Berolinens. ( = Berlin). gente Jud. med. cult. 53. Naumburg, Isaac imm. 21.12.1789. ex Friedland Boruss. occident. ( = Pr. Friedland). gente Jud. med. cult. 54. Baerssohn,Nathan imm. 22.3.1790. gente Jud. ex Posen Polon. med. cult. 1.5.1794 promoviert zum Dr. med. mit der Dissertation "De gang- raena eiusque speciebus".

Literatur: Preußisches Archiv, 1794, S. 899. 55. Hirsch, Simonides imm. 23.3.1790. Schoenlanken Boruss. occident. ( = Schönlanke). gente Jud. med. cult. 104

56. Simson, Samuel imm. 8.7.1790. Judaeus ex Warsovia natus ( = Warschau). stud. iur. Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 36. 57. Lemos, Daniel imm. 17.5.1791. Berolinens. ( = Berlin). Judaeus. med. cult.

vermutl. Mitglied der bekannten Familie de Lemos zu Berlin. 58. Salomon, Gottlieb imm. 6.7.1791. Gedanens. ( = Danzig). phil. cult.

geb. 1774 in Danzig, 1797 Dr. med. in Königsberg, Hebammen­ lehrer in Amsterdam und später in Leiden, dort gest. 1864, zahl­ reiche verdienstvolle geburtsmedizinische Schriften.

Literatur: Hirsch-Gurlt, Bd 5, S. 156.

59. Berens, Elias imm. 26.9.1791. gente Jud. Gedanens. ( = Danzig). med. cult. in russischen Diensten mit den Vornamen II' ja Borisovic' 1822 Stabsarzt und Titularrat, 1832 geadelt durch Verleihung des Annen- ordens III. KL, Inspektor der Medizinalverwaltung von Bialystok. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

60. Sobernheim, Levi imm. 23.8.1792. Sülz - Siles. ( = Zülz). gente Jud. med. stud. Doctore Mezgero deprecante non nisi simplum solvit. Vater vermutl. Dr. med. Samuel Sobernheim in Zülz, Levi So­ bernheim war um 1800 Stadtphysikus in Posen, erstattete 1797 ei­ nen sehr fortschrittlichen Bericht über die sanitäre Lage Posens, Angehöriger der bekannten jüdischen Ärztefamilie. 105 Literatur: Joseph Landsberger, Aus der Medizinal Verwaltung Posens am Ende des vorigen Jahrhunderts, in: Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, 8. 1893., S. 324 f; Louis Lewin Jüdische Ärzte in Großpolen, S. 26-27; Samuel Krauss, Geschichte der jüdischen Ärzte, S. 157.

61. Poppen, Wulff imm. 5.10.1792. Praga Bohem. ( = Prag). gente Jud. med. cult. 62. Michelson, Aaron imm. 10.11.1792. Regiomontan. Boruss, ( = Königsberg). gente Jud. artis pictoriae überaus cultor, secundum testimonium artis periti Springeri honorificum, quod post specimen exhibitum dedit, re- ceptus. Vielleicht identisch mit: Moses Michael Leser genannt Michel- söhn, der 1793-1797 in Posen als Petschierstecher arbeitete. Literatur: Ignacy Schiper Zydzi w Polsce ..., Bdl, S. 330. 63. Mendel, Marcus Hirsch imm. 16.3.1794. Regiomont, ( = Königsberg). gente Jud. med. cult. 1824 schon tot, starb als Professor der Geburtshilfe in Breslaus, Schriftsteller. Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 61. 64. Levin, Meyer imm. 8.4.1794. Holmin. ( = Stockholm). Judaeus. med. cult. aus Stockholm, ging nach dem Studium wieder nach Schweden.

Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 61. 65. Aronsson, Jacob imm. 27.9.1794. Berolin. ( = Berlin). Judaeus. med. cult. 106 geb. 1774, 1792 Gründungsmitglied der Gesellschaft der Freunde in Berlin, 1798 Sekretär der Königsberger Sektion dieses Vereins, hielt 1798 eine Huldigungsrede "Ueber die Pflichten des Bürgers im monarchischen Staat", 1800 Dr. med. Königsberg, prakt. Arzt in Berlin, zum Dozenten ernannt, gest. Berlin 1807, zahlreiche med. Schriften, u.a. "Rechtfertigung der Schutzblattern" 1801, "Die Kunst des Zahnarztes" 1803.

Literatur: Evrejskaja Encyklopedija, Bd 3, Sp. 183; Jolowicz, S. 110 u. Anlage 15; Ludwig Lesser, Chronik der Gesellschaft der Freunde, S. 18; Winninger, Große Jüdische National-Biographie, Bd 1, S. 154.

66. Polonus, Samuel imm. 8,10.1794. Vilna Lithun. ( = Wilna). Judaeus, med. cult. wohl Sohn des berühmten jüdischen Reformers Dr. Samuel Polonus aus Wilna, starb als Student. Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 66.

67. Grodzinski, Joseph imm. 27.1.1795. Wolpi Polon. gente Jud. stud. med. Vermutl. Lehrer der französischen und polnischen Sprache am Gymnasium Fridericianum in Königsberg, 1799 reichte er einen Plan zur Verbesserung des jüdischen Schulwesens ein. Literatur: Ingeburg Charlotte Bussenius, Die preußische Verwaltung, S. 251 f; Bussenius/Hubatsch, Urkunden und Akten..., S. 441.

68. Mendel, Behrend imm. 11.6.1795. Regiomont ( = Königsberg). Judaeus.

ging später nach London. Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 72.

69. Reichenau, Michael imm. 7.9.1795. Reichenau - Bohem. gente Jud. math. cult. 107 1824 Medizinalrat in Marienwerder, getauft, Besitzer von Groß- Watkowitz Kr. Stuhm, gest. 1.1.1834. seine Sohnes Eduard R., starb 1895 in Berlin als Leiter des Provin- zialschulkollegiums, Rudolf R., Senior der Bonner Borussen, Jurist und später Schriftsteller, gest. Berlin 1879.

Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 73; Altpreußische Biographie, S. 545; Eduard Reichenau, Erinnerungen aus dem Le - ben eines Westpreußen, Gotha 1890, passim. 70. Dann, Caspar imm. 15.10.1796. Margonin ad Schneidemühl, Boruss. gente Jud. med. seit 1802 prakt. Arzt und Geburtshelfer in Danzig, verheiratet mit Veigel Ephraim Friedländer, 1.12.1805 mit seiner Frau in Nassen- huben reformiert getauft, neue Vornamens Caspar Gottfried D. und Fanny Wilhelmine.

Quelles Rep. 2 Oberpräs. Tit. 16 Nr. 5 vol. 2 (Taufakten). Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch..., S 84.

71. Börnstein, Nay Lippmann imm. 17.5.1797. Mitau Curon. Judaeus. Linguarum professor, magister. 72. Wulff, Nathan imm. 7.6.1797. Judaeus. artifex, 73. Mendel, Joel Hirsch imm. 19.9.1797. Regiom. ( = Königsberg). Judaeus. med. privatisierte 1824 in Berlin.

Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 89. 74. Levy, Moses Joseph imm. 2.7.1798. Gedan. ( = Danzig). gente Jud. med. cult. 108

75. Heymann, Gabriel imm. 18.7.1798. Kargau - Pruss. Judaeus. med. cult.

76. Meier, Levin Benedikt imm. 19.3.1799. Kargau in Boruss. meridionali, gente Jud. med.

77. Frideburger, Jacob imm. 5.8.1799. mercator Judaeus, absque privilegio foris, quo ipsi liceret praelec= tionibus interesse, ius academicum petiit. 78. Isaac, Laser imm. 29.4.1800. ex Curonia. Jud. med. geb. Oktober 1782 in Hasenpoth, besuchte das Collegium Friede- ricianum in Königsberg, 1805 Dr. med. der Universität Dorpat, Arzt in Libau, heiratete 1825 die Wwe Elisabeth von der Osten gen. Sacken verw. Henckhusen, ab 1824 nannte er sich Seume (getauft), die Söhne wurden Gerneäle in russischen Diensten, 1874 geadelt. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

Literatur: Isidor Brennsohn, Die Ärzte Kurlands..., S. 231.

79. Hartog, Emanuel imm. 2.5.1800. aus Königsberg. Jud. med. 1824 Arzt in Rußland, Hofrat, sicherl. getauft, Vater: Königsber­ ger Schutzjude Joseph Hartog, geb. Königsberg 1735, nach sorg­ fältiger Erziehung und langen Reisen erst 1769 geheiratet, gest. Königsberg 7. 5.1811, eine Schwester Emanuel H.s. ehelichte 1800 Wilhelm von Wertheimstein in Wien, nach dem Tode Joseph H.s traten Teile der Familie sofort zum Christentum über.

Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 110; Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift..., S. 42 f. 109 80. Heymann, Abraham imm. 2.5.1800. aus Exin bei Bromberg. Jud. med.

81. Hirsch, David imm. 2.5.1800. aus Altschottland. Jud. med.

82. Lewi, Philipp imm. 1.4.1801. Regiomont. Boruss. ( = Königsberg). Jud. stud. med.

geb. 5.11.1782 zu Königsberg, 1824 Arzt in Rußland, alte Königs­ berger Schutzjudenfamilie, Vaters Joseph Levy, Konzession vom 11.11.1779 auf das Privileg seines Vaters. Quelle: Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 126. 83. Friedburg, Ephraim imm. 30.8.1802. Regiomont. ( = Königsberg). Jud. med. cult. Mediziner, Familie aus Hamburg zugewandert.

Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch, S. 128; Hermann Vogel- stein u. Eduard Birnbaum, Festschrift..., S. 55. 84. Hirschsohn, Heinemann imm. 7.10.1802. Muehlhusa Thuring. ( = Mühlhausen). Jud. med. 1824 prakt. Arzt in Mühlhausen/Th. Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 131.

85. Moses, Joseph Samuel imm. 11.10.1802. Alt-Schottland Gedanen. Judaeus. med. 110

86. Cerf, David imm. 2.1.1803. Liebewald ad Berolinum March. ( = Liebenwalde b. Berlin), linguae Gallicae et Anglicae magister. Judaeus. geb. 28.8.1764, seit 1799 in Königsberg, betrieb in Königsberg eine Leihbiliothek, ehelichte am 1.2.1801 Eleonore, Tocher des verstorbenen Königsberger Schutzjuden Joseph Moses Bartenstein aus Danzig, Konzession für Cerf vom 23.10.1800 auf das Privileg sei­ nes Schwiegervaters als erstes Kind.

Quellen: Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste) ; Etatsmin. 74 a Bdl 2301. Literatur: Frieda Magnus-Unzer, Beiträge zur Geschichte des Königs­ berger Buchhandels, Königsberg 1929, S. 47.

87. Assur, David imm. 21.3.1803. Regiomont Boruss. ( = Königsberg). med. Judaeus.

geb. 12.12.1787 in Königsberg, stud. med. in Königsberg - hier Mitglied des Schenkendorfschen Dichterbunds - , Halle, Tübingen und Göttingen, dort 1807 Dr. med., 1812 russischer Hospitalarzt (Georgskreuz), dann preußischer Feldarzt (Eisernes Kreuz II. Kl.), 1816 oder 1819 getauft, nannt sich Assing, prakt. Arzt bis zu sei­ nem Tode am 25.4.1842 in Hamburg, verheiratet mit Rosa Maria Varnhagen von Ense, Vater von Ludmilla A.

Literaturs Ludwig Friedländer, Erinnerungen, Reden und Studien, Bd 1, S. 1; Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fa­ milien..., Sp. 6; Winninger, Große Jüdische National-Biographie, Bd 1, S. 175; Theodor Zlocisti, Mitwirkung der Juden an der frei­ willigen Krankenpflege in den Befreiungskriegen, S. 17. 88. Hirsch, Joseph imm. 2.4.1803. Gedanen. Boruss. ( = Danzig). med. Jud. geb. 28. 9.1778 in Altfahrwasser bei Danzig, 1803-1808 stud. med. der Albertina, 1808 Dr. med., 1807 Volontärarzt, nach der Schlacht von Eylau in russischem Hospital, Ökonomiearzt in Preekuln, appro- 111

biert vom Petersburger Medizinalkollegium, getauft, nun Karl Ernst Julius Josef Hirsch, heiratete 1814 Wilhelmine Luise von Heyking, ab 1812 Praxis in Libau, daselbst gest. 3.5.1839.

Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 134; Isidor Brenn­ sohn, Die Ärzte Kurlands. . ., S. 211; Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Familien..., Sp. 44. 89. Wulff, Sigmund imm. 18.10.1803. Hasenpoth Curon. gente Jud, med.

vielleicht identisch mit: Simon Levin Wulf, geb. Hasenpoth 1782, 1811-1816 stud. iur. in Dorpat, gest. 24.12.1829 in Petersburg als Konsulent beim Reichsjustizkollegium. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Erik Amburger - Gießen).

90. Magnus, Alexander Zebe imm. 30.11.1803. Boruss. occident. ( = Westpreußen). iur. cult. Francoforto ad Viadrum advena, gente Jud. Sohn von Nr. 15, geb. 1786 in Hohensalza, kurze Zeit Besuch des Joachimsthaler Gymnasiums in Berlin, studierte zunächst in Frank­ furt/Oder, bewirtschaftete dann später das Gut Holstein bei Königs­ berg, seit 1835 dessen Eigentümer, unter dem Namen Ferdinand Adolf Gottfried Magnus 13.10.1806 in Königsberg reformiert ge­ tauft, heiratete eine Tochter der Fam. Caspar, gest. Königsberg 1863. Literaturs Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien. ... Sp. 31. 91. Friedländer, Samuel imm. 31.3.1804. Regiomont. Boruss. ( = Königsberg). gente Jud. mathem. cult. geb. 1790 zu Königsberg, später getauft unter dem Namen Ludwig Hermann Friedländer, Kriegsfreiwilliger als Oberarzt in einem preu­ ßischen Lazarett, gehörte in Königsberg zum Schenkendorfschen Dich­ terbund, am 6.11.1811 Erweckungsbrief der Frau von Krüdener an ihn, 112

später in Wien reger Verkehr mit Friedrich Schlegel, Italienreise, verkehrte in Rom im Kreise der Nazarener, veröffentlichte "Ansich­ ten von Italien", 2 Bde 1819/20, 1817 Dr. med. habil. Halle, seit 1823 o. Prof. der Theoretischen Medizin, Mitarbeiter der "Jenaer allgemeinen Literaturzeitung", gest. Halle Dezember 1851.

Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 145; Ludwig Fried- länder, Erinnerungen, Reden und Studien.Bd l.S.lff;Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Familien ..., Sp. 19.

92. Magnus, Alexander Montesquieu imm. 4.5.1804. Boruss. occident. ( = Westpreußen). Judaeus. med.

Sohn von Nr. 15 und Bruder von Nr. 90, getauft unter dem Namen Karl Alexander Magnus, Dr. med., Arzt in Rußland, geadelt, ver­ heiratet mit Sophie von Leukfeld, gest. in Odessa.

Literaturs Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien .... Sp. 30.

93. Mayer, Car. imm. 14.5.1804. Judaeus. Gross Glogau Siles. med. cult. Hat schon den 29. September 1803 vom Decano Schultz das Signum depositionis erhalten und holte jetzt die Matricul. 94. Hanius, Benjamin imm. 2.10.1804. Schottland. - Boruss. ( = Alt-Schottland b. Danzig). Jud. med. cult. 95. Jacobi, Gottlieb imm. 12.10.1804. Gedanens. ( = Danzig). Jud. stud. med. 96. Japha, Hirsch Mendel imm. 7.3.1805. Regiomont. ( = Königsberg). Jud. lingua Gallicae magister. 113

30.9,1806 Eintragung eines Japha Hirsch Mendel als iur, cult,

97, Mosevius, Marcus Moses imm, 21,3,1806, Regiomont, (= Königsberg), Jud. med. cult.

1824 prakt. Arzt in Rußland, Vater vermutlich der Königsberger Fleischverteiler Moses Mosovius. Quelle : Rep, 17 Nr, 24 a (Staatsbürgerliste), Literatur • Akademisches Erinnerungsbuch..., S. 162.

98. Mendelsohn, Hirsch David imm. 27.3.1806. Neustadt - Boruss. Jud. med. cult, geb. 7.4,1777, 13,3,1812 Attest der Albertus-Universität, daß er studiere, 1813 Kaufmann, am 26,12.1821 mit seiner Familie ge­ tauft, führte den Namen Heinrich Milfort,

Quellen : Rep, 17 Nr, 24 a (Staatsbürgerliste), Judenbürgerbuch der Stadt Königsberg. Literatur : Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Fami­ lien .,., Sp. 33, 99, Blumenthal, Salomo Abraham imm, 28,3,1806, Lubraniez - Boruss, Jud.

100. Gutentag, Samuel Simon imm, 16,5.1806. Vratislavien. Siles (= Breslau), Jud, med, cult, schon Vater Dr.med. in Breslau, Samuel Simon Gutentag leistete in den Befreiungskriegen dort Lazarettdienste, Primärarzt der Bres­ lauer Chewra Kaddischa, 1815 Priv.-Doz., gest. Breslau 5.7.1850. Literatur : Louis Lewin, Krankenverpflegungsanstalt zu Breslau ..., S. 96; Theodor Zlocisti, Mitwirkung der Juden an der freiwilligen Krankenpflege in den Befreiungskriegen, S. 7, 114

101. Sachs, Levin Wolf imm. 24.10.1806. Regiomont. ( = Königsberg ). Jud. med. cult.

geb. 29.12,1787 in Glogau, stud. med. in Königsberg, Berlin und Göttingen, dort 1812 Dr. med., als Oberarzt in den Kriegshospi­ tälern Königsbergs 1812-1814 tätig, vermutl. schon getauft unter dem Namen Ludwig Wilhelm Sachs, 1816 Dr. med. habil., 1826 o. Prof. med., 1838 Dr. phil. h.c, gest. 17.6.1848 zu Königs­ berg.

Literaturs ADB, Bd 30,S. 128-129; Altpreußische Biographie, S.580; Hirsch-Gurlt, Bd 5, S. 140; Gerhard Kessler, Judentaufen und ju­ denchristliche Familien .... Sp. 35.

102. Lehmus, Samuel Raphael imm. 18.2.1806. Gedan. ( = Danzig). Jud. iur. cult. 103. Friedländer, Joseph Hirsch imm. 13.4.1807. Maerkisch Friedland. Jud. litt. cult. sed immaturus, absque privilegio fori, sed cum hanc matriculam accipere noluit, pro non inscripto habendus.

2. Imm.: 26.4.1808 als artifex. 104. Jacobi, Bernhard imm. 13.11.1808. e Lissa. Jud. med. cult. in der Vorstadt beim Saffian Fabricanten Levin Isaak. 1816 ließ sich ein Dr. med. Bernhard, der aus Lissa stammte, als Arzt in Lissa nieder. Literaturs Louis Lewin, Geschichte der Juden in Lissa, S, 156. 105. Japha, Meyer Mendel imm. 13.4.1809. Regiomont. ( = Königsberg). Jud. med. cult. 115 geb. 19.1.1792, hielt sich 1812 als stud. med. in Berlin auf, 1824 bezeugt als Dr. med.

Quelles Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 187.

106. Friedländer, Heinrich imm. 5.10.1809. Friedland Boruss. Orient. ( = Preußisch Friedland). Jud. Linguarum anglicae et germanicae lector academicus, dimidium solvit ob paupertatem. geb. 14.7.1760.

Quelles Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). 107. Wedel, Menahem imm. 7.9.1810. Regiomont. ( = Königsberg). Jud. iur. cult. 22.4.1823 imm. in Göttingen als Mathematiker mit den Vorna­ men Martin Heinrich, sicherl. getauft, Vater Kaufmann in Königs berg. Literaturs Göttinger Matrikel Nr. 30 140.

108. Salmson, Leopold Levin imm. 21.9.1810. Regiomont. ( = Königsberg), Jud. med. cult. 1824 prakt. Arzt. Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 197.

109. Meyrowitz, Simon imm. 17.4.1811. Georgenburg - Polon. Jud. med. cult. geb. 1794, vermutl. Dr. med., 1834 ev. getauft. Literaturs Akademisches Erinnerungsbuch .... S. 202. 116

110. Grüneberg, Marcus Lipmann imm. 11.10.1811. Glogau Siles. Jud. philolog. cult.

fiel 1813 als freiwilliger Jäger, Ehrentafel in der Albertina, Literatur : Akademisches Erinnerungsbuch ..., S.205; August Se­ raphim, August Wilhelm Heidemann, Oberbürgermeister von Kö­ nigsberg i.Pr., Königsberg 1913, Anhang S. LIV.

111. Jacobson, Ludov. imm. 11.10.1811. Regiomont. Boruss. (= Königsberg). Jud. med. cult. geb. 4.11.1795 in Königsberg, 1818 Dr.med. der Albertina, Habi­ litation geplant für 20.12.1822, aber am 4.12.1822 war jedoch die Zulassung von Juden zu akad. Lehrämtern aufgehoben worden, grün­ dete in Königsberg ein orthopädisches Institut, zahlreiche med. Schriften, von denen zwei von der Akademie zu Amsterdam preis­ gekrönt wurden, seit 8.12.1819 Arzt der Königsberger Chewra Kad­ discha, gest. Königsberg 4,3.1841, Söhne ließen sich dann taufen.

Quelle : Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste). Literatur : Hirsch-Gurlt, Bd 3, S. 365; Jolowicz, S. 135 f.; Ger­ hard Kessler, Judentaufen und judenchristliche Familien .„,, Sp.26; Hermann Vogelstein u. Eduard Birnbaum, Festschrift zum 200 jäh­ rigen Bestehen ,,. , S. 48.

112. Meyer, Hirsch Bened. imm. 7.1.1812. Karge Ducatus Warsoviensis. gente Jud. med. stud. academiae Berolinensi adsriptus dimidium solvit. geb. 28.2.1785, seit 1801 in Königsberg. Quelle: Rep. 17 Nr. 24 a (Staatsbürgerliste).

113. Friedländer, Joh. imm. 17.5.1812. Regiomont. (= Königsberg). Jud. iur. cult. 117 1793-1863, Teilnehmer der Befreiungskriege, Leutnant und Rit­ ter des Eisernen Kreuzes II. Kl., Gutsbesitzer, seit 1821 verhei­ ratet mit Amalie Heine aus Hamburg. Literatur: Akademisches Erinnerungsbuch ..., S. 207; Ernst Fried­ länder, Das Handlungshaus Joachim Moses Friedlaender ..., S. 52 (Bild von Joh. F.); Gerhard Kessler, Judentaufen und judenchrist­ liche Familien ..., Sp. 13. 114. Leo, Julius Regiomont. ( = Königsberg). mercatoris filius, absque privilegio fori academici. geb. 14.4.1793 als Sohn des sp. Gutsbesitzers Salomon Leo, 1820 Dr. med. der Albertina mit der Dissertation "Dissertatio de struc- tura lumbrici terrestris", prakt. Arzt und Operateur in Berlin, Mit­ glied der physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Königsberg, veröffentlichte 1824 in Berlin "Instrumentum chirurgicum oder Be­ schreibung mit Abbildungen der gebräuchlichsten chirurgischen und geburtshülflichen Instrumente", Berliner Bürgerrecht als Buch­ händler vom 27.3.1849. Literatur: Julius Eduard Hirsch, Gelehrtes Berlin im Jahre 1825, Berlin 1826, S, 150; Jacob Jacobson, Die Judenbürgerbücher der Stadt Berlin, Nr. 2872. 118

ALPHABETISCHES REGISTER ZUM VERZEICHNIS DER JÜDISCHEN STUDIERENDEN AN DER ALBERTUS-UNIVERSITÄT

Accord, Abraham Samuel 14 Heymann, Gabriel 75 Acord, Joseph 26 Hirsch, David 81 Aronsson, Jacob 63 Hirsch, Joseph 88 Assur, David 87 Hirsch, Levin Joseph 36 Assur, Levi Abraham 46 Hirsch, Magnus David 25 Baerssohn.Nathan 54 Hirsch, Simonides 55 Behrends, Levin 37 Hirschberg, Jacob 5 Berens, Elias 59 Hirschberg, Jehuda Jacob 21 Blumenberg, Esaias Meier 29 Hirschel, Joseph 23 Blumenthal, Salomo Abraham 99 Hirschsohn, Heinemann 84 Börnstein, Nay Lipmann 71 Isaac, Laser 78 Cerf, David 86 Isaac, Naphtali Levi 16 Daniels, Dav. Elcan 41 Israel, Isaac 43 Dann, Caspar 70 Jacob, Joachim 7 Eichel, Isaac 22 Jacobi, Bernhard 104 Elchanan, Rüben 13 Jacobi, Gottlieb 95 Franckenstein, Sam. 20 Jacobson, Ludov. 111 Frideburger, Jacob 77 Japha, Hirsch Mendel 96 Fridmann, Lazar 33 Japha, Meyer Mendel 105 Friedburg, Ephraim 83 Joel, Aaron Isaac 10 Friedländer, David Joachim 42 Lachmann, Joseph 12 Friedländer, Heinrich 106 Lachmann, Salomon 32 Friedländer, Joh. 113 Lehmus, Samuel Raphael 102 Friedländer, Joseph Hirsch 103 Lemos, Daniel 57 Friedländer, Mendel Joachim 19 Leo, Julius 114 Friedländer, Michael 30 Levin, Abraham Moses 2 Friedländer, Samuel 91 Levin, Meyer 64 Fürst, Salomon 1 Levin, Samuel 39 Goldtschmidt, Heymann 34 Levy, Moses Joseph 74 Grodzinski, Joseph 67 Lewi, Philipp 82 Grüneberg, Marcus Lipmann 110 Lindau, Lion 49 Günther. David 24 Loeser, Moses 18 Gutentag, Samuel Simon 100 Loewental, Eliaser Elias 35 Hanius, Benjamin 94 Magnus, Alexander 15 Hartog, Emanuel 79 Magnus, Alexander Montesquieu 92 Hertz, Marcus 4 Magnus, Alexander Zebe 90 Heymann, Abraham 80 Marcus, Moses 3 119 Marcus, Samuel 9 Sachs, Levin Wolf 101 Mayer, Car. 93 Salmson, Leopold Levin 108 Meier, Levin Bendikt 76 Salomo, Meyer 47 Mendel, Behrend 68 Salomon, Gottlieb 58 Mendel, Joel Hirsch 73 Salomon, Hirsch 48 Mendel, Levin 8 Salomon, Nathan 28 Mendel, Marcus Hirsch 63 Schlesinger, Veivesch Salomon 45 Mendel, Simon Aaron 52 Seeligmann, Jonas Wulff 50 Mendelsohn, Hirsch David 98 Seligo, Salomon 11 Meyer, Hirsch Benedikt 112 Simonsohn, Michael 51 Meyrowitz, Simon 109 Simson, Samuel 56 Michaelson, Bernhard 42 Sobernheim, Levi 60 Michelson, Aaron 62 Theodor, David Salomon 17 Moses, Joseph Samuel 85 Vidall, Samuel 6 Mosevius, Marcus Moses 97 Wallach, Elieser Abraham 40 Naumburg, Isaac 53 Wedel, Menahem 107 Polonus, Samuel 66 Wolff, Samuel 27 Poppen, Wulff 61 Wolfsheimer, Abraham 38 Prentzleniecke, Emanuel Magnus Wulff, Nathan 72 Reichenau, Michael 69 Wulff, Sigmund 89 120

GEBURTSORTREGISTER ZUM VERZEICHNIS DER JÜDISCHEN STUDENDEN DER ALBERTINA

Aurich 47 Mogilov 14, 27 Belaja Cerkov 26 Mühlhausen/Thür. 84 Berlin 4, 49, 52, 57, 65 Neustadt/Westpr. 98 Breslau 100 Nowe Miasto 29 Bischheim/Elsaß 6 Nürnberg 38 Danzig mit Altschottland 17, 25, Pewersdorf b. Erlangen 34 33, 36, 37, 58, 59, 74, Posen 54 81, 85, 88, 94, 95, 102 Potsdam 11, 39 Darga 7 Prag 5, 61 Dessau 48 Preuß. Friedland 51, 53, 106 Druja/Lit. 12, 32 Reichenau/Böhmen 69 Exin b. Bromberg 80 Schlesien 45 Frankfurt/Oder 23 Schönlanke 55 Friedeberg/Neumark 18 Slonim/Polen 3 Georgenburg 109 Stockholm 64 Glogau/Schles. 93, 110 Straßburg/Elsaß 20 Halberstadt 10, 13 Tempelburg 28 Hamburg 2, 21 Tilsit 42 Hasenpoth/Kurl. 78, 89 Treptow/Pommern 24 Hohensalza 90, 92 Tuckum/Kurland 35 Kargowa/Unruhstadt 75, 76, 112 Warschau 56 Königsberg i. Pr. 9, 15, 16, 19, Wilna 66 30, 40, 41, 43, 46, 50, Wolpa/Pol. 67 62, 63, 68, 73, 79, 82, Zülz/Schles. 60 83, 87, 91, 96, 97, 101, unbekannt 1, 31, 72, 77 105, 107, 108, 111, 113, 114 Kopenhagen 22 Krakau 44 Kurland 8 Liebenwalde b. Berlin 86 Lissa 104 Lubraniec 97 Mark. Friedland 103 Margonin b.Schneidemühl 70 Mitau 71 121

ANLAGEN

1. Muster eines Schutzbriefes für Königsberg

"Schutz-Brief vor den Hoff-Juden Marcus Magnus Vettern Sohn, Rüben Moses zu Königsberg in Preußen Wir ... thun kund und fügen hiermit zu wissen, welcher gestalt Wir auff das bey Uns, von Unserem Hoff-Juden und Ober-Ältesten, Marcus Magnus, besehenes allerunterthänigstes Suppliciren, demselben die Gnade erwiesen, Seinen Vettern, Moses Levins Sohn, Nahmens Rüben Moses, in Unseren Schutz, Schirm uprt Geleit allergnädigst auf- und anzunehmen . Thun das auch hirmit, und in Krafft dieses, also und dergestalt daß ge­ dachter Rüben Moses mit Weib, Kindern und Haus-Gesinde, zu Königsberg, unter Unserem Schutz und Geleith, sich häuslich niederlaßen, nach Jüdi­ scher Ordnung und Sitten daselbst leben, seine Negotia, Handel, Wandel und Handthierung ungehindert treiben in specie, auf allen Wochen- und Jahr-Maerckten in Unseren Preußischen Städten, öffentlich seine Wahren feil haben, auch selbe in gantzen und mit Ellen verkauffen, aber alles sonst verbothenen Kauffens und Verkauffens, sonderlich gestohlener Sa­ chen sich gäntzlich enthalten solle. Er und die Seinigen sollen auch in Handel und Wandel Niemand beleidigen, wie Er und Sie dann auch, wenn jemand gestohlen Silber bei Ihnen zu Kauffe bringen möchte, nicht allein solch Silber, sondern auch die Leuthe, welche es verkauffen wollen, also- fort anzumelden, und sich deren unmittelst zu bemächtigen haben. Son­ sten mit Ihnen, wegen erkauffter gestohlener Sachen, gleich in Unseren anderen Landen, denen Rechten gemäß, verfahren werden soll. Er muß auch mit seinen Geldern nicht unbilligen Wucher treiben, sondern sich mit dem Zins genügen laßen, so der Judenschafft zugelaßen worden, auch es Unseren desfalß ausgelaßenen Edicten gemäß ist. Die Zölle, Accise und andere dergleichen Imposten muß Er, gleich anderen dortigen Untertha- nen, ohne einige Vervortheilung, entrichten. Von dem Leib-Zoll; wel­ chen sonst alle durchreisenden Juden geben müßen, soll Er in Unserem Königreich befryet sein, jedoch Uns an Schutz -Geldt Jährlich fünffzehn Rthlr entrichten. Ferner soll ihm, in seinem Hause zu schlachten, und was er zu seiner Nothdurfft und denen Jüdischen Gesetzen nach, von dem Geschlachteten nicht bedürfftig, zu verkauffen verstattet und zugelaßen seyn. Im übrigen soll Er Rüben Moses sich allenthalben Erbahr, Friedt- lich, und geleitlich verhalten, vor allen Dingen aber soll, so woll Er, alß die Seinigen, sich alles Lästerns, blasphemirens, Unseres Erlösers 122 und Herrn Jesu Christi, oder auch Unseres Christlichen Glaubens, bey Verlust alles seines Vermögens, auch nach Befinden Leib- und Lebens- Straffe, gäntzlich enthalten, und Unserem Edict wegen des Gebethes Alenu nachleben, auch sich in allen Stücken nach Unseren Edicten und Verordnungen gebührendt und geleitlich bezeigen. In Civil- und Crimi- nal Sachen, soll Er gleich denen zu Königsberg wohnenden Juden, vor Unserem Ober-Burggräfflichen Ambts oder Unserem dortigen Hoff Ge­ richt, belanget werden. Wir befehlen hiermit männiglich, obgedachten Rüben Moses .wider diesen Ihm wohlbedächtiglich allergnädigst ertheilten Schutz-Brief, im geringsten nicht zu turbiren. Sondern es hatt vielmehr Unsere Preußi­ sche Regierung Ihn dabey jedesmahl und gebührendt und nachrücklich zu schützen. Urkundtlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrifft und aufgedruck­ tem Königlichen Gnaden-Siegel. Gegeben zu Berlin, den 26. Decem- bris 1726". Etatsmin. 74 a Bdl 2303.

2. " Liste der Juden in der Stadt Königsberg in Preußen. Gefertiget und Eingesandt den 30. Sept.1716

1. Nissen Marcowicz, 4 Kinder/3 Bediente, Litzenmacher von keinem Vermögen, 5 Jahr in Königsberg, vorausbezahlt bis 1. Martio 1717 15 Thlr. 2. Samuel Schlomka, 5 Kinder / 4 Bediente, Litzenmacher hat bezahlt 300 Rthlr, 15 Jahre in Königsberg, 15 Thlr vorausbezahlt bis 1. Mar­ tio 1717 3. Elias Josephowicz, 3 Kinder / 1 Bedienter, 5 Jahr in Königsberg, Schneider, hat nichts, 2 Thlr 4. Meyer Jacobowitz, keine Kinder / 2 Bediente, 17 Jahr in Königsberg, handele hier und da, habe aber nichts, 6 Thlr

Folgende Juden haben keine Schutz-Briefe:

5. David Jacob, 2 Kinder / 2 Bediente, 3 Jahr in Königsberg, dient den Kauffleuten und habe bey 600 Thlr, 6 Thlr, letzte Quittung von 1714 6. Sophia Mendelin, Witwe, bey 30 Jahr in Königsberg, Gehe vor Leu- the mit Verkauffung Sachen herumb, 2 Thlr 123 7. Philip Samuel, 5 Kinder, 7 Jahr in Königsberg, Handelt mit alten Kleidern, hat nichts, 2 Thlr 8. Bendix Hirsch, 3 Kinder, 5 Jahr in Königsberg, Handelt wenig und schenkt Brandtwein, hat nichts, 4 Thlr 9. Elias Samulowitz, 4 Kinder / 3 Bediente, 8 Jahr in Königsberg, Han­ delt und hat bey 800 Thlr, 6 Thlr, die Quittungen aber hat er verlo­ ren 10. Hirsch Aron, 3 Kinder / 1 Bedienter, 4 Jahr in Königsberg, Zobelfär­ ber und dient den Kaufleuthen, habe nichts, 6 Thlr 11. Hirsch Joseph, 3 Kinder, 7 Jahr in Königsberg, Spielmann, hat nichts 4 Thlr 12. Hirsch Urias, 5 Kinder / 1 Bedienter, 11 Jahr in Königsberg, Handeln, habe bey 300 Thlr 13. Salomon Betreut, 2 Kinder, 4 Jahr in Königsberg, Handeln mit alten Kleidern, hat nichts. 4 Thlr 14. Jacob Israel, 1 Kind/ I Bedienter, 11 Jahr in Königsberg, ist ein Ge- leith Bedienter und hat nichts, 2 Thlr 15. Simon Salomon, 5 Kinder, 8 Jahr in Königsberg, ist bey dem Hoff- Juden ein Geleiths Bedienter, aber nichts im Vermögen, 2 Thlr 16. Jacob Elias, 4 Kinder / 2 Bediente, 13 Jahr in Königsberg, Handeln mit Pohlen und anderen, habe etwa 400 Thlr, 6 Thlr 17. Israel Meyer, 1 Kind, 3 Jahr in Königsberg, Gehet mit alten Klei­ dern herumb, hat nichts, 2 Thlr 18. Marcus Israel, 1 Kind, 8 Jahr in Königsberg, ist vorhin Schul-Klöpper gewesen, jetzo in Dantzig Schulmeister, hat nichts, 2 Thlr 19. Levin Uten, 6 Kinder, 10 Jahr in Königsberg, Handeln und habe unge- fehr 2 000 fl., 6 Thlr 20. Coppel Frenckel, 3 Kinder, 7 Jahr in Königsberg, Handelt mit Kleinig­ keiten, 6 Rthlr 21. Wolff Samuel, 5 Kinder, 1 Jahr in Königsberg, keine, seine Töchter nähren sich von Nähen, zahlt nichts 22. Meyer Simson, 6 Kinder / 1 Bedienter, 1 1/2 Jahr in Königsberg, ist Schulmeister und Cantor, zahlt nichts 23. Jacob Elias jun., 2 Kinder 5 Jahr in Königsberg, diene den Kauffleu- then und habe nichts, 3 Thrl 24. Hirsch Leffkowitz, 6 Kinder, 22 Jahr in Königsberg, Reise und diene den Kauffleuthen und habe nichts, 3 Thlr 25. Joachim Salomon, 2 Kinder, 12 Jahr in Königsberg, Handelt mit alten Kleidern, hat nichts, zahlt nichts 124

26. Salomon Forsch (i.e. Fürst. Der Verf. ), 5 Kinder, 9 Jahr in Königsberg, Ein Rabbiner, habe nichts, dann Bücher, Habe von hiesiger Regierung Erlaubnis, als ein civis academicus hie zu leben, weil studiosos in- formiret, zahlt nichts 27. Urias Moses, 5 Kinder / 2 Bediente, 15 Jahr in Königsberg, diene den Kauffleuthen, habe keine 2 000 fl., 6 Thlr 28. Jacob Urias, 3 Kinder / 1 Bedienter, 8 Jahr in Königsberg, Bediene Kauffleuthe und habe bey 100 fl., 6 Thlr 29. Levin Isaac, 3 Kinder, 10 Jahr in Königsberg, Handelt mit alten Kleidern und hat nichts im Vermögen, 4 Rthlr 30. Salomon Pessach, 15 Jahr in Königsberg, Pittschir—Stecher, habe nichts im Vermögen, 4 Rthlr 31. Levin Paretz, 2 Kinder, 6 Jahr in Königsberg, Litzenmacher, habe nichts im Vermögen, 2 Thlr 32. Jacob Leffkowitz, 10 Jahr in Königsberg, Diene den Kauffleuthen, habe nichts, 2 Thlr 33. Gabriel Levin, 3 Kinder, 1/4 Jahr in Königsberg, Garkoch, habe nichts, nichts 34. Israel Jacob, 5 Kinder, 5 Jahr in Königsberg, Garkoch, habe nichts, 3 Thlr 35. Joseph Mendel, 3 Kinder / 1 Bedienter, 9 Jahr in Königsberg, Dient den Kauffleuthen und habe bey 500 fl., 4 Thlr 36. Wolff Moses Wwe, 5 Kinder, 19 Jahr in Königsberg, Garköchin und habe nichts, nichts 37. Abraham Jacob, 1/2 Jahr in Königsberg, Handeln mit alten Kleidern und habe nichts, nichts 38. Abrahem Fischel, 2 Kinder, 8 Tage in Königsberg, noch nichts, habe im Vermögen ohngefehr 100 fl.." Etatsmin. 38. d 4 Nr. 84. 125 3. Als im Jahre 1714 die Vertreibung drohte, bo­ ten die Königsberger folgende Zahlungen an, um bleiben zu dürfen

zum Antritt/Schutzgeld in fl.

Jakob Elias (Anlage 2 Nr. 16) 600/30 Urias Moses (Anlage 2 Nr. 27) 600/30 Elias Samuelowitz (Anlage 2 Nr. 9) 600/30 David Jacob (Anlage 2 Nr. 5) 600/30 Joseph Mendel (Anlage 2 Nr. 35) 600/30 Meyer Jacobowitz (Anlage 2 Nr. 4) 400/30 Hirsch Urias (Anlage 2 Nr. 12) 250/24 Hirsch Aron (Anlage 2 Nr. 10) 300/30 Hirsch Moses (Anlage 2 Nr. — ) 200/24 Salomon Petschirstecher (Anlage 2 Nr. 30) 100/18 Hirsch Spielmann (Anlage 2 Nr. 11) 100/18 Levin Pärtz (Anlage 2 Nr. 31) 150/18 Salomon Fürst (Anlage 2 Nr. 26) —/18 Philip Samuel (Anlage 2 Nr. 7) 50/18 Jacob Levkowitz (Anlage 2 Nr. 32) —/18 Jacob Urias (Anlage 2 Nr. 28) 150/20 Mendelin Wwe (Anlage 2 Nr. —) —/18 Simon Salomon (Anlage 2 Nr. 15) --/18 Jacob Israel (Anlage 2 Nr. 14) —/18 Jacob Elias (Anlage 2 Nr. 23) ---718 Israel Jacob (Anlage 2 Nr. 34) 30/18 Israel Meyer (Anlage 2 Nr. —) —/18 Elias Joseph (Anlage 2 Nr. —) —/15 Seligman Bernd (Anlage 2 Nr. --) —/18 Samuel Slomke (Anlage 2 Nr. 2) hat concession biß 1717 Nissen Marcowitz (Anlage 2 Nr. 1) dito Wolff Wwe (Anlage 2 Nr. 36) Marcus Wwe (Anlage 2 Nr. --) arme Leuthe Marcus Israel Cantor (Anlage 2 Nr. 18) Etatsmin. 38. d 4 Nr. 84. 126

4. S pecif ic a tion derer Juden, so oh nma ßgeblich in Königsberg können geduldet werden:

"1. Samuel Slomke, Schutz-Jude, ist ein polnischer Litzenmacher und treibt dabey einen kleinen Handel vor dem Kauffmann Jacob Porr 2. Nissen Marcowitz, Schutz-Jude, auch ein Litzenmacher 3. Jacob Israel, ein jüdischer Gar Koch, und Bedienter bei dem Juden- Geleith 4. Israel Jacob, Jüdischer Gar Koch 5. Israel Meyer, Jüdischer Gar Koch 6. Marcus Moses, ein Zobelfärber 7. Wolff Moses Wwe, eine Zobelfärberin 8. Mendelsche, eine alte Jüdische Witwe 9. Salomon, Pitschierstecher 10. Elias, Pohlnischer Schneider 11. Isaac Israel, Jüdischer Cantor und Schlachter 12. Marcus Israel, Schul-Bedienter 13. Liebmann Moses, Buchhalter des Hoff-Juden Bendix Jeremias

Diese obbenannten Juden treiben, außer dem Samuel Slomke, keinen Handel; jedoch aber, wenn sie in Königsberg bleiben wollen, müßen sie eydlich angehalten werden, daß sie zum praejuditz der Kauff-Leuthe keinen Handel oder Mäcklerey treiben, widrigenfalls sie alsofort aus der Stadt gejagt werden sollen; ausgenommen des Hoff-Juden Bendix Jeremias sein Buchhalter Libmann Moses, der zum Eyde nicht angehalten werden kann, weil er for dessen Conto negociiren muß. " undatiert, um 1714.

Etatsmin. 38 d 4 Nr. 84.

5. Liste der Königsberger Schutz Juden vom 11. Mai 1731 "1. Moses Lew in 2. Seligmann Abraham 3. Joel Lewi 4. Wittib Bendix, Hof-Jude, und derselben Schwiegersohn Moses Fried - länder Diese haben alle 4 nebst ihren Weibern und Kindern nur ein Privi­ legium vom 4. Nov. 1722. Ingleichen der erstere die Freyheit, seinen 127 2ten Sohn auf seinen Schutz-Brief zu nehmen, jedoch, daß er, solange der Vater Handlung treibet, keine besondere Handlung treiben soll, vom 26. Jan. 1730.

5. Samuel Schlomka vor sich und sein Weib, Kinder und Haus-Gesin­ de nebst 6. Jacob Urias 7. Joseph Mendel mit ihren beiderseitigen Familien

Diese 3 haben auch nur 1 Privilegium vom 11. Decbr 1723. 8. Rüben Moses Lewin mit Weib, Kindern und Haus-Gesinde hat ein eigenes Patent vom 26. Decbr 1726 9. Herz Moses Lewin Ist durch das General-Privilegium auf seines Vaters des Moses Lewi­ nen Schutz-Brief als erster Sohn auffgenommen, wie oben ad Nr. 1 notiret, vom 26. Jan. 1730 10. Hartog Jacobs Ist vermöge des Protectorii vom 22. Febr. 1730 und des Rescripti Regni 4. Marti ejusd. a. gleich den anderen vergleiteten Juden in Königsberg zu wohnen, und sein Verkehr zu treiben 11. Elias Josephowicz Hat seinen eigenen Schutz-Brief vom 8. Aug. 1730 auff sich, sei­ nen verheiratheten Sohn und Schwiegersohn, auch übrige Familie, desgleichen einen Pacht-Contract auff die Jüdische Gahr-Küche vom 7. Martiy 1731 12. Moses Samuel Hat auch ein Schutz-Patend, und adjunction auff den alten Schul - Klepper und Todtengräber Meyer Jacobowycz vom 18. May 1725 ferner Israel Jacob des Schutz-Juden Jacob Urias Schwieger-Sohn, lebet zur Zeit laut Concession vom 18. Febr. 1729 auff jenes Schutz-Brief, und nach dem General-Privilegio deren von Urias in seinem Memorial vom 26. Jan. 1731 allegirten Declaratio wegen seines Weibes, als erster Tochter des Urias, und suchet jetzt nach dem General-Privilegio ge­ gen Bezahlung der 50 Rthlr auffgenommen zu werden,

Meyer Jacobowicz Ist ehedem auff des Schutz-Juden Elias Josephowicz Schutz-Brief ge­ standen, lebet jetzo als ein alter Mann, den Angaben nach von 90 128 Jahren als Jüdischer Klepper und Todtengräber von den Allmosen der Schutz-Juden.

Sonsten aber wohnen keine andere Juden in Königsberg."

Etatsmin. 74 a Bdl 2300

6. Wahlprotokoll von Ostern 1739

"Folgendes darauff ist durch meiste Stimmen geregelt worden ein elster auf zwey Jahr und Vorsteher auf 1 Jahr

Zu den Wahlen hatten der Seligman 10 Stimmen Levin Fischel 1 t» tt Sam. Schlomcke 1 (t rt Elias 1 t» •• Zum Vorsteher Fried lender 6 rt tt Rüben Mos. 3 rt tt D. Jacob 8 tt ii S. Joseph 7 tt tt H. Jacob 5 tt tt Elias 3 tt tt M. Lew in 2 tt tt Also bleibet Seligman Abr. eltester und David Jacob u. S. Joseph Vorsteher". Etatsmin. 74 a Bdl 2301.

7. Elias Josephowicz hatte das Vorsänger-, Weinschen­ ker- und Schächteramt gepachtet. Er gab diese Ämter an seinen Hauslehrer Aaron David weiter, die Juden­ schaft stellte Benjamin Wolff Haas als Kantor ein. Am 9. November 1732 schloßen beide einen Vergleich:

"Ich Endesbenandter thue euch lassen wissen, weil die gantze Gemei­ ne von den Schutz Juden hier aus Königsberg haben mich aufgenommen für einen Vorsinger in ihrer Schul, in diesen Punct, daß es da das gering­ ste nicht schaden, welches an den Elias Josephowitz sein Contract laut der von Ihro Kgl. Maj. auf seine Pflicht, und weil die gantze hiesige Gemeine Juden mir befohlen haben, daß ich Endesbenandter soll dem Elias Josepho­ witz geben eine Versicherung eine Schrift mit meiner eigenen Handt un- 129 terschrieben, daß es soll gehalten werden laut dieser Schrift, so verbinde ich mich mit meiner eigenen Handschrift mit meinem guten Willen,son­ der Zwang, welches 2 Zeugen unterschreiben sollen, daß es meine eige­ ne Hand sey, und darauf thue ich einen großen wahren Eyd zu Gott, wel­ chen mir kein Mensch, es sey Rabbiner oder gelehrter Jude oder was es auch immermehr seyn solte, verzeihen und vergeben, sondern der Schwur kräfftig und heilig gehalten werden soll, aufrichtig und unwiderruflich, daß ich mich nicht darf unterstehen ein Schlachtmesser herauszuziehen hier in Königsberg hier für kein so wohl hiesige als frembde Juden zu schlach­ ten Vieh, Gänse, Hüner, etcet., so lange als ich hier Vorsinger werden seyn und sich nicht zu meliren in der Schlachtung. Er Elias mag sich einen Schlächter halten, wem er immer wolle, und wowieder ich kein Wort re­ den, oder wiederspenstig mich in keiner Weise erzeigen werde, weder ge­ gen den Elias oder seinen Schlächter, auch gar nicht etwa von Ihro Kgl. Maj. wieder mein Versprechen, so dem Elias und seinen Contract zuwieder seyn könte.in keine Wege suchen will, und solches verbinde mich bey 100 Ducaten Fiscal, wenn ich es nicht alles halte, wie mich hier in dieser Schrift verbunden habe. Bin auch ferner zufrieden, daß die anderen Juden mich unterhalten und darf Elias Josephowitz mir keinen Schilling dazu ge­ ben, welches ich auch von ihm gar nicht fordern darf, weder durch mich noch durch einen frembden. Und weil der Aaron David Vorsinger und Schlachter anitzo in Königsberg ist, so will ich ihm auch dem andern,der nach ihm kommen solte, doch keines weges verstoßen, oder davon abdren- gen, sondern wir wollen uns dabey nicht allein gut betragen, sondern auch beyde mit dem Vorsingen wechseln, so daß wenn er einen Sabbath oder Feyertag vorgesungen, ich den andern Tag darauff folgen werde, welches denn so wohl an den Feyer- als Wochen Tagen und Sabbath gehalten wer­ den soll, so daß Sabbath umb Sabbath, Feyer Tag umb Feyer Tag, oder Tag umb Tag, solches geschehen muß. Was ich aber aus der Collecte einbekommen von den Juden als Vor­ singer, will ich umb die Helfte mit ihm vertheilen, so wohl was umb Fest­ gaben einkombt, als auch sonsten, was als Vorsinger einkommen kan, fer­ ner mach ich mich anheischig so wohl von Verlobnüßen und Trauungen, als auch alles, was dem Vorsinger zugehöret, alles mit ihm auff die Helf­ te zu vertheilen. Alle Woche wenn das Fleisch partiret wird, von dem Fleischer die Lage .... (ein Wort unleserlich) zu hohlen, dem Aaron Da­ vid davon Nachricht zu geben, und bey Verpartirung des Fleisches dabey zu stehen, daß es gleich partiret wird, so daß die Stücker wohl gleich ein- getheilt werden. Dieses alles wohl zu halten, verbinde mich mit einem 130 schweren Eyd, so wie ich mich in allen Stücken verbunden und verspro­ chen habe. Königsberg, d. 9. Nov. 1732 Benjamin Wolff Haas Bachhem aus Wildau. als Zeugen Sam. Schlomcka Moises Judeleib Lew in". Etatsmin. 74 a Bdl 2301.

8. Verhör der zum Judentum übergetretenen Wwe Scholl

"aktum Königsberg, den 20. July 1824

Die Witten Scholl läßt sich nachstehend aus: ich bin von hier gebürtig und 47 Jahr alt. Mein Vater war der Helfer Schwarz. In der Löbenichtschen Kirche bin ich getauft. Vor 22 Jahren lernte ich den Juden Scholl kennen und da ich ihn gern heirathen wollte; so ging ich zum Judenthum über. Damals hier anwesen­ de polnische Juden verrichteten die dabey übliche Cermonie, auch war die verstorbene Hirschin eine Mutter des Herrn Doctor Hirsch zugegen und gab mir das Bad. Nachdem ich hier getraut war, gleichfalls von polni­ schen Juden, so ging ich nach Christburg, wohnte daselbst 8 Jahre und nach dem vor 12 Jahren erfolgten Absterben meines Mannes ging ich hier her. Seit dieser Zeit halte ich mich hier auf und erwerbe meinen Unter­ halt durch Aufwarten bey jüdischen Herrschaften. Mein Mann war Staatsbürger . . .. " Bei der Fortsetzung der Vernehmung am 14. August 1824 unterzeichne­ te Sara Scholl nicht das Protokoll mit ihrem Handzeichen, da Sabbath war. Acta betr. die Fortschaffung der fremden Juden aus der Stadt Königs­ berg. Rep. 10 Regierung Königsberg Tit. 33 XV Nr. 7.

j Bayerische | Staatsbibliothek München 131

QUELLEN

Quellenlage Die Archivalien zur Geschichte der Königsberger Judenschaft blieben nur sehr lückenhaft erhalten. Das älteste Archiv der Synagogengemeinde wurde zusammen mit dem Gotteshaus 1811 ein Raub der Flammen. Das neue Gemeindearchiv (Bestände 1811-1938) wurde im Rahmen eines deutsch-israelischen Abkommens in den fünfziger Jahren nach Jerusalem abgegeben. Der letzte Krieg dezimierte die reichen Bestand an Verwal­ tungsakten zu unserem Thema. Das Magistratsarchiv der Stadt Königs­ berg, aus dem frühere Bearbeiter wie Heimann Jolowicz oder Selma Stern schöpften, ging 1945 gänzlich verloren. Die Bestände des Staats­ archivs Königsberg gelangten nach mancherlei Umwegen und Verlusten in das Staatliche Archivlager Göttingen. Etatsministerium Königsberg 38 d 4 und 74 a (letzteres noch ungeordnet) enthalten zahlreiche Vorgän­ ge, die die ostpreußischen Juden betreffen. Sie dienten vorwiegend als Quellen der vorliegenden Arbeit. Akten, die nach 1750 entstanden, blie­ ben kaum erhalten. Das gleiche gilt für die Königsberger Zeitungen und Zeitschriften des 18. Jh., wie z.B. die Hartungsche Zeitung. Der Zwei­ te Weltkrieg schlug auch hier unausfüllbare Lücken.

Benutzte Quellen sämtlich aus dem Staatlichen Archivlager Göttingen

Ostpreußischer Foliant 1262 S. 329 rev. Schröttersche Registratur Rep. 1 Nr. 12. Schröttersche Registratur Rep. 1 Nr. 89 vol. 2. Rep. 2 Tit. 4 Nr. 2 vol. 2. Rep. 2 Tit. 37 Nr. 9 vol. 2. Rep. 2 Tit. 37 Nr. 37. Rep. 2 Oberpräs. 16 vol. 1. u. 2. Rep. 5 Tit. 15, I Nr. 33. Rep. 10 Tit. 18 Nr. 2 Rep. 10 Regierung Königsberg Tit. 33 XV Nr. 7. Rep. 17 II 63 c 2. Rep. 17 Nr. 24 a. Etatsmin. 38 d 4 Nr. 7, 35, 37, 79, 84, 85, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 100, 209, 211, 220, 223, 227. Etatsmin. 74 a Bdl 2297, 2299, 2300, 2301, 2303. 132

Etatsmin. 142 e. Etatsmin. 139 c III 9. Synagogengemeinde Königsberg IV - 330. Verzeichnis der zum Bürger-Recht admittirten hiesigen Schutz-Juden ge­ führt bey dem Magistrat zu Königsberg seit dem Jahre 1798 (unsigniert). 133

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