Petra Posiege Birgitta Steinschulte-Leidig

Bürgernahe Polizeiarbeit in Deutschland

Darstellung von Konzepten und Modellen Bürgernahe Polizeiarbeit in Deutschland

BKA BKA-Forschung herausgegeben vom Bundeskriminalamt Kriminalistisches Institut

Fachbereich KI 16 - Prävention Petra Posiege Birgitta Steinschulte-Leidig

Bürgernahe Polizeiarbeit in Deutschland

Darstellung von Konzepten und Modellen

Bundeskriminalamt Wiesbaden 1999 ISSN 0947 - 028X

Nachdruck bzw. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung des Bundeskriminalamtes

Herstellung: Bundeskriminalamt Vorwort

Das Bundeskriminalamt hat in den letzten Jahren verschiedene Berichte zu Modellen bürgernaher Polizeiarbeit im Ausland sowie Dokumentationen zu Präventionsprojekten im Inland veröffentlicht. Im Rahmen diverser dienstlicher Veranstaltungen wiesen Vertreter aus Politik und Polizei mehrfach auf die Notwendigkeit einer umfassenden Erhebung und Darstellung umgesetzter Modelle bürgernaher Polizeiarbeit in Deutschland hin.

Das Kriminalistische Institut des Bundeskriminalamtes hat sich des Themas angenommen und den beigefügten Bericht „Bürgernahe Polizeiarbeit in Deutschland - Darstellung von Konzepten und Modellen“ erstellt.

Die Erhebungen zeigen, daß auf Bundes- und Landesebene vielfältige Maßnahmen bürger- naher Polizeiarbeit durchgeführt werden. Die umfangreiche Darstellung der praktizierten Maßnahmen dokumentiert, daß verschiedene Kräfte zusammenwirken und vom politischen Willen getragen werden müssen. Die Konzepte wurden problem- und lageangepaßt erarbeitet, so daß kein bundesweit einheitliches Raster erstellt werden kann.

Seitens der Bundesregierung wurde 1998 mit der Bereitstellung von zusätzlichen BGS- Kräften ein Signal zur Partnerschaft für mehr Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden gesetzt.

Rainer Hofmeyer

Abteilungspräsident Kriminalistisches Institut des Bundeskriminalamtes Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung...... 3 2. Ziele / Methodik...... 6 3. Begriffserklärungen...... 7 4. Bundesweite Maßnahmen...... 9 4. 1 Infratest Burke Sozialforschung ...... 9 4. 2 Deutscher Städtetag...... 14 4. 3 Deutsche Bundesbahn AG...... 18 4. 4 Einsatz des privaten Sicherheitsgewerbes...... 20 4. 5 ...... 23 5. Modellprojekte der Bundesregierung (Sicherheitspartnerschaften)...... 26 5. 1 ...... 28 5. 2 ...... 30 5. 3 München...... 32 5. 4 Stuttgart...... 34 5. 5 Rhein-- ...... 38 5. 6 -Hanau-Offenbach...... 41 5. 7 Hannover...... 42 5. 8 Leipzig ...... 43 6. Maßnahmen der Bundesländer...... 44 6. 1 Baden-Württemberg...... 44 6. 2 Bayern ...... 50 6. 3 Berlin...... 54 6. 4 ...... 56 6. 5 Bremen ...... 59 6. 6 ...... 59 6. 7 Hessen ...... 62 6. 8 Mecklenburg-Vorpommern...... 62 6. 9 Niedersachsen ...... 67 6.10 Nordrhein-Westfalen...... 72 6.11 Rheinland-Pfalz...... 77 6.12 Saarland ...... 80 6.13 Sachsen...... 82 6.14 Sachsen-Anhalt ...... 86 6.15 Schleswig-Holstein ...... 88 6.16 Thüringen...... 92 7. Weitere Studien/ Untersuchungen...... 95 7. 1 Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin ...... 96 7. 2 Polizeiführungsakademie Münster ...... 97 7. 3 BKA-Studie ...... 98 8. Schlußbetrachtung...... 100 9. Tabellarische Übersicht ...... 107 10. Literaturverzeichnis...... 108 Bürgernahe Polizeiarbeit in Deutschland - Darstellung von Konzepten und Modellvorhaben -

1. Einleitung

Die umfassende städtebauliche Erneuerung, die sich in den späten 50er und 60er Jahren vollzog, veränderte das Gesicht unserer Städte wie auch die Gesellschaftsstrukturen. Der Fußstreifendienst wurde durch Streifenwagen abgelöst. Dies entzog den Straßen die Polizei und legte das Fundament, auf dem sich allmählich „reaktive Polizeiarbeit“ etablierte. Zunehmende Spezialisierung, unterschiedliche Ausbildungsgänge und Professionalisierung haben die Polizei ihren Gemeinden nicht näher gebracht.1 Daneben hat die Verbesserung der materiellen Lebensumstände zu einer Zunahme der Kriminalitätsgelegenheiten geführt. Soziale Kontrollen sind aufgrund der Urbanisierung zurückgegangen, die Anonymität ist gestiegen, die Eingliederung von Ausländern hat die Bevölkerung in ihrer Zusammensetzung verändert und die Familie in ihrer klassischen Form ist praktisch nicht mehr vorhanden.

Auf der Suche nach Möglichkeiten und Wegen, den zunehmenden Kriminalitätserscheinungen begegnen zu können, beherrschen Begriffe wie z.B. community policing, zero tolerance, problem-oriented policing, Kommunale Kriminalprävention, bürgernahe Polizeiarbeit, Sicherheits- und Ordnungspartnerschaften seit Monaten die Medienlandschaft. Unabhängig von den Differenzierungen haben sie eines gemein: sie gehen von dem Ansatz und der Überlegung aus, daß in der heutigen Zeit flexible Polizeiarbeit policing)( gefordert ist und man bei den vielfältigen Ursachen ansetzen muß.

Wichtige Elemente einer bürgernahen Polizeiarbeit sind ein neues Aufgabenverständnis der Polizei, das sich mit ausgeprägter Kundenorientierung beschreiben läßt, eine dezentrale Polizeiorganisation, die Entscheidungsbefugnisse in die vorderste Linie verlagert und dort, in überschaubaren Streifenbezirken, Bürgerbeteiligung institutionalisiert vorsieht sowie eine von einem einheitlichen politischen Willen getragene enge Kooperation der städtischen Verwaltungsbehörden mit der Polizei. Diese Strategie bedarf jedoch begleitender,

1 Scraton, Phil: „Gemeindebezogene Polizeiarbeit in Großbritannien“, In: Bürgerrechte & Polizei 52 (3/95) 3 unterstützender Maßnahmen, um Erfolge erzielen zu können. (...) Gemeindenahe Polizeiarbeit oder Community Policing in den USA ist keine Alternative zu langfristig wirkenden sozialen und politischen Maßnahmen, die auf die Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zielen, sondern eine sinnvolle Ergänzung mit kurzfristiger Wirksamkeit zur Steigerung der Lebensqualität in städtischen Räumen.2

In Fortführung der bisherigen Veröffentlichungen des Bundeskriminalamtes zu der Thematik „Community Policing“3 (gemeinwesenorientierte Polizeiarbeit), die verschiedene Modelle in den USA, Schweden und Großbritannien vorstellten, werden in diesem Bericht Konzepte und Modelle dargestellt, die sich in den verschiedenen Bundesländern entwickelt haben bzw. sich in der Einführungs- und Umsetzungsphase befinden.

Die polizeilichen Gremien Projektleitung Polizeiliche Kriminalprävention (PLPK) und die Kommission Polizeiliche Kriminalprävention (KPK) haben das Thema ebenfalls aufgegriffen. Unter dem Titel „Kommunale Sicherheits- und Ordnungspartnerschaften - die Adaption von Community Policing für Deutschland“ hat die PLPK im November 1997 ein 11-seitiges Grundsatzpapier vorgelegt, das als Resümee feststellt: “Eine solche bürgernahe, problemlösungsorientierte und pro-aktive Polizeiarbeit im Rahmen einer deutschen Kommunalen Sicherheits- und Ordnungspartnerschaft ist nur dann zu realisieren, wenn sie vom politischen Willen getragen wird. Dieses setzt insbesondere einen entsprechenden Konsens zwischen Landes- und Kommunalpolitik voraus.“

Kriminalpolitik wird zumeist mit den Maßnahmen assoziiert, die direkt auf Kriminalität einwirken, so z.B. durch gesetzliche Möglichkeiten oder Maßnahmen des staatlichen Kontrollapparates. Heutzutage legt man eine ganzheitliche Betrachtungsweise zugrunde, so daß unter dem Begriff der Kriminalpolitik auch die Maßnahmen der Sozial-, Familien- oder Schulpolitik herangezogen werden.

2 Dr. Kersten, Ulrich, In: Presseerklärung des BKA vom 18.09.97

4 Dies kommt u.a. auch in dem SPD-Positionspapier - 1998 vorgelegt von Bundesinnenminister Schily - zum Thema: „Innerer Frieden und Innere Sicherheit“ wie folgt zum Ausdruck:

Ø Prävention ist eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft Ø Neben einer Optimierung des rechtlichen Instrumentariums, effektiveren und effizienteren Organisationsstrukturen, sind neue Sicherheitsstrategien gefordert, die auf strikt bürger- orientierte Polizeiarbeit und ein institutionsübergreifendes Zusammenwirken in der Kriminalitätsverhütung und -verfolgung abstellen Ø Bürgerinnen und Bürger müssen als Partner der Polizei und Beteiligte bei der Verbesserung der Sicherheitsarbeit gewonnen werden Ø Kriminalprävention muß verstärkt Gegenstand der Kriminalpolitik werden (Institutionalisierung kommunaler Kriminalprävention und gemeinsame Präventionsstrategien von Polizei und Ordnungsbehörden) Ø Die Vernetzung zwischen Institutionen (z.B. Jugendamt, Sozialamt, Ordnungsamt, Justiz, caritative Einrichtungen), Handel und Gewerbe und Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil oder in der Gemeinde, die sich gemeinsam für mehr Sicherheit im unmittelbaren Umfeld einsetzen, soll gefördert werden.4

Die obengenannten Leitlinien finden sich auszugsweise in der Koalitionsvereinbarung vom Oktober 1998 wieder, in der u.a. festgeschrieben wurde:(...) „Wir werden Sicherheits- und Ordnungspartnerschaften zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie kriminalpräventive Räte nachhaltig unterstützen.“

Dieser Bericht stellt keine einzelnen Projekte oder Akteure dar5, die sich im Rahmen bürger- orientierter Polizeiarbeit in Deutschland entwickelt haben, sondern er gibt einen Überblick über „von oben“ vorgegebene Konzepte und Empfehlungen und stellt die Umsetzung auf Landes- und kommunaler Ebene dar.

3 BKA-Publikation „Community Policing“, 1997, „Kriminalitätskontrolle in Großbritannien“, 1998 4 Schily, Otto, SPD-Positionspapier: „Innerer Frieden und innere Sicherheit“, In: Recht und Praxis 1998, S. 174 ff. 5 vgl. hierzu BKA-Publikation „Infopool Prävention - Kriminalprävention in Deutschland und Europa - Akteure, Modelle und Projekte“, 1997 5 2. Ziele / Methodik

Durch Presse- und Literaturrecherche, persönliche Informationsgespräche, Zulieferungen der einzelnen Landeskriminalämter und Innenministerien gehen wir auf folgende Fragen ein:

Ø In welchen Bundesländern, Ballungsräumen, Städten und Gemeinden werden Modelle bürgernaher Polizeiarbeit durchgeführt? Liegen diesen ein Gesamtkonzept bzw. Empfehlungen des jeweiligen Innenministeriums zugrunde? Wenn ja - welche ? Ø Wurden darüber hinaus Konzepte umgesetzt, die sich aufgrund lokaler Gegebenheiten/Bedarfslagen ergeben haben? Ø In welchen Schritten erfolgt die Umsetzung und welche Maßnahmen personeller, logistischer und finanzieller Art wurden vorgenommen?

Mit Fernschreiben vom 17.03.1999 wurden die Landeskriminalämter um Beantwortung der o.a. Fragen und um Übersendung der jeweils vorliegenden Konzepte gebeten. Nach Auswertung der eingegangenen Unterlagen wurde die Umsetzung der Modelle/Konzepte in Nordrhein-Westfalen, München und dem Ballungsraum Rhein-Main-Neckar vor Ort in Augenschein genommen.

6 3. Begriffserklärungen

In den Bundesländern haben sich verschiedene Formen der Zusammenarbeit (Runde Tische, Kriminalpräventive Räte, Sicherheitspartnerschaften, Sicherheitsnetzwerke oder Ordnungspartnerschaften) entwickelt, die dem gesamtgesellschaftlichen Ansatz bei der Lösung lokaler Probleme Rechnung tragen. Ziel dieser Maßnahmen ist, mehr Sicherheit und Ordnung in Städten und Gemeinden und damit ein Plus an Lebensqualität für die Menschen zu schaffen.

Um Irritationen beim Lesen dieses Berichtes zu vermeiden, gehen wir an dieser Stelle kurz auf die verschiedenen Begriffe ein, die sich in den letzten Monaten „entwickelt“ haben:

- Sicherheitspakt - Sicherheitsverbund - Sicherheitsoffensive - Sicherheitskonferenz - Sicherheitsvereinbarung - Sicherheitsnetz - Sicherheitspartnerschaft - Sicherheitskooperation

Bis auf die drei letztgenannten Begriffe sind die Bezeichnungen als Zusammenarbeitsvereinbarungen im kriminalpräventiven Bereich zwischen Polizei, anderen Behörden und Institutionen auf kommunaler oder Länderebene zu verstehen; teilweise werden auch diese Formen der Zusammenarbeit als Sicherheitspartnerschaften bezeichnet.

1997 wurde unter damaliger CDU-Regierung die „Aktion Sicherheitsnetz“ initiiert, die auf regionaler Ebene die Zusammenarbeit der Bundesländer mit Unterstützung des Bundesgrenzschutzes beinhaltete. Dieses Modell der Zusammenarbeit zwischen Bundesländern und der Bundesregierung wurde unter jetziger SPD-Regierung in Sicherheitspartnerschaften (Gefahr der Begriffsverwirrung s.o.) umbenannt.

7 Sicherheitspartnerschaften basieren auf dem Beschluß der IMK vom 02.02.98 und sind konkrete Modellprojekte der Zusammenarbeit auf regionaler Ebene. Es handelt sich dabei um abgestimmte bzw. gemeinsame Einsätze mit verstärktem Kräfteansatz in Kriminalitätsschwerpunkten. Sicherheitspartnerschaften bestehen derzeit zwischen dem Bundesgrenzschutz und Berlin, Bremen, München, Stuttgart sowie den Ballungsräumen Rhein-Main-Neckar und Frankfurt- Hanau-Offenbach; weitere sind in Planung.

Sicherheitskooperationen sind Regelwerke zwischen Bund und Ländern mit dem Ziel, die Zusammenarbeit ihrer Polizeien bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu intensivieren; insbesondere die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität (Schleusungskriminalität,Personen-und Sachfahndung im Grenzbereich etc.) soll so verstärkt werden. Besondere Bedeutung erhielten die Sicherheitskooperationen ab 1995 nach dem Wegfall der Grenzkontrollen (Schengen-Vereinbarung). Sicherheitskooperationen bestehen zwischen dem Bundesgrenzschutz und Baden- Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein (die Vereinbarung für die drei letztgenannten Bundesländer wurde erst vor wenigen Wochen - Stand: Juli 1999 - unterzeichnet). In Planung befinden sich Berlin, Hamburg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland (Stand: Juni 1999).6 Darüber hinaus werden auch lokal begrenzte, gemeinsame polizeiliche Maßnahmen von Länderpolizei und Bundesgrenzschutz im originären Zuständigkeitsbereich des BGS als Sicherheitskooperationen verstanden (siehe München).

6 BMI-Papier „Sicherheitskooperationsabkommen und Sicherheitspartnerschaften“ übermittelt durch BGS-Schule Lübeck einschließlich ständiger Aktualisierungen bis Juni 1999 8 4. Bundesweite Maßnahmen

4. 1 Infratest Burke Sozialforschung

Im Frühsommer 1998 beauftragte die Geschäftssstelle des Programmes „Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes“ die Infratest Burke Sozialforschung GmbH mit einer Studie zu folgenden Schwerpunkten:

Ø Image der Polizei und Akzeptanz in der Bevölkerung Ø Einschätzungen zur Sicherheitslage und Kriminalität in Deutschland Ø Bekanntheitsgrad von Werbematerialien und Beratungsangeboten Ø Aufmerksamkeits-, Kommunikations- und Medialeistungen von Werbematerialien.

Insbesondere die beiden ersten Punkte sind für das vorliegende Projekt von Bedeutung, da sie das Verhältnis Bürger-Polizei sowie die bestehende Kriminalitätsfurcht bzw. das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Deutschland widerspiegeln; sie sind mit ausschlaggebend für die Entwicklung bürgernaher Polizeimodelle in Deutschland.

Die mündliche Bevölkerungsbefragung, die vom 03. bis 24. Juni 1998 bundesweit durchgeführt wurde, umfaßte alle Personen einer zuvor getätigten Auswahl, die während des Befragungszeitraumes in Privathaushalten lebten, deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und mindestens 14 Jahre alt waren. Die Auswahl der 2.566 Befragungspersonen (West: 2053; Ost: 513) erfolgte durch eine mehrfach geschichtete, mehrstufige Zufallsstichprobe, die eine Repräsentativität der Ergebnisse gewährleistet. Hinsichtlich des Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung differierten die Aussagen nach Alter, Geschlecht, West- und Ostdeutschland sowie Größe bzw. Einwohnerzahl der Gemeinden.

9 Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung

Insgesamt 72,40% 26,80% 0,80%

Jugendliche bis 20 Jahre 74,30% 24,60% 1,20%

Ältere ab 56 Jahre 65,90% 33,10% 1,10%

Männer 77,80% 21,20% 1,00%

Frauen 67,90% 31,60% 0,60%

West 75,40% 23,70% 0,90%

Ost 60,40% 39,40% 0,20%

Unter 5000 EW 81,20% 18,90% 0,00%

Ab 5000 EW 71,00% 28,20% 0,70%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

sicher unsicher weiß nicht

n= 2.566

Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang zwischen bestehendem Sicherheitsgefühl und schulischem Bildungsabschluß sowie sozialem Status festgestellt. Befragte mit hohem Bildungsgrad und entsprechendem sozialen Status fühlen sich generell sicherer (nur 16% der Befragten mit höherem Bildungsabschluß fühlen sich unsicher).

10 Inwieweit das vorhandene (Un-)sicherheitsgefühl Rückschlüsse auf die konkrete Furcht, selber Opfer einer Straftat zu werden, zuläßt, zeigt die nachfolgende Graphik; die Befragten wurden nach ihrer Einschätzung der Wahrscheinlichkeit gefragt, in den kommenden zwei Jahren selbst Opfer einer Straftat zu werden.

Wahrscheinlichkeit, Straftatopfer zu werden

sehr wahrscheinlich sehr unwahrscheinlich 4,0 % 15,7 % eher wahrscheinlich 23,1 %

weiß nicht eher unwahrscheinlich 12,9 % 44,3 %

n = 2.566

11 Bei der Furcht, Opfer einer Straftat zu werden, ist ein Schwerpunkt bei Eigentumsdelikten (Raub, Wohnungseinbruch, Diebstahl etc.) deutlich erkennbar.

Arten von Kriminalität

Raub, Straßenkriminalität, Überfall 58,2%

Wohnungseinbruch 50,1%

Diebstahl 47,0%

Randalierertum, Straßengangs, 32,9% Körperverletzung

Sachbeschädigung 28,7%

Sexuelle Gewalt 17,4%

Betrugsdelikte 17,4%

0,00% 10,00% 20,00% 30,00% 40,00% 50,00% 60,00% 70,00%

Dies sollte eine Herausforderung für die Polizei hinsichtlich zukünftiger polizeilicher Schwerpunktaktionen darstellen.

Bei Beantwortung der Frage, wer die Verantwortung in Sicherheitsfragen in Deutschland trägt, ergab sich eine Pattsituation (44% zu 44%) zwischen Polizei und Politik. Auch hier wurden wieder unterschiedliche Einschätzungen je nach Alter, Schulabschluß, sozialer Schicht und Herkunft (Ost/West) abgegeben.

Über 8% der Bevölkerung halten in erster Linie den Bürger selbst zuständig für Sicherheitsfragen, fast zwei Drittel der Bevölkerung (64%) sehen eine Mitverantwortung und erklärten sich generell zu gemeinsamen Aktivitäten in ihrem Stadtteil oder für Nachbarn bereit.

12 Zu Image und Kompetenz der Polizei befragt, fällt auf, daß vor allem repressive Erfahrungswerte der Bevölkerung mit der Polizei vorliegen; mehr als 63 % aller Befragten erinnern sich an die Polizei bei Verkehrskontrollen und Anzeigenerstattungen. Nichtsdestotrotz stellen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung der Polizei gute Bewertungen - bezogen auf ihre Kompetenz - im Bereich Information, Vorbeugung und Beratung aus. Dieses widersprüchliche, inhomogene Bild der Polizei in der Bevölkerung ergibt sich offensichtlich aus dem persönlichen Kontakt mit der Polizei - überwiegend repressive Erfahrungen - und der allgemeinen, unpersönlichen Wahrnehmung der Polizei als Garant für Sicherheit. Die Bemühungen der Polizei, verstärkte Dienstleistungsorientierung und Bürgernähe zu zeigen sowie dem Vorsorge- statt dem Repressionsgedanken mehr Bedeutung beizumessen, müssen noch intensiviert werden.

13 4. 2 Deutscher Städtetag

Unter dem Motto „Kriminalprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ forderten die Bundesländer die Städte auf, sich aktiv an Kriminalpräventiven Räten zu beteiligen bzw. darin den Vorsitz zu übernehmen. Gegen die kommunale Federführung in diesen kriminalpräventiven Gremien haben der Deutsche Städtetag und seine Landesverbände Bedenken geäußert. Denn: Wer die Federführung hat, trägt für die Öffentlichkeit die vorrangige Verantwortung.

Die vorrangige Verantwortung für repressive und präventive Kriminalitätsbekämpfung liegt jedoch nicht bei den Städten, sondern bei den Ländern. Nach den Polizeigesetzen der Länder ist die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten Aufgabe des Staates und nicht der Städte, was vielen Bürgern bis heute nicht klar ist. Aus dieser Unkenntnis resultiert ein großer Erwartungsdruck auf die Kommunalpolitiker. Ihnen wird die Verantwortung für Sicherheitsängste der Bürger und für das „Nichtdurchgreifen“ von Polizei und Justiz zugewiesen. Ganz besonders groß ist das Unverständnis in den neuen Bundesländern - im SED-Einheitsstaat gab es keine Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen Staat und Städten. Politisch zeichnet sich in den Fragen der vorbeugenden und repressiven Kriminalitätsbekämpfung eine weitgehende Übereinstimmung von Bund und Ländern im Verhältnis zu den Kommunen ab. Beide wollen die Städte zu verstärkten Bemühungen, insbesondere bei der präventiven Kriminalitätsbekämpfung, veranlassen (Stichworte: Sicherheitspartnerschaft, Ordnungspartnerschaft). Soweit dabei ein verstärkter Einsatz des Bundesgrenzschutzes und der Polizei angeboten wird, begrüßt der Städtetag dies ausdrücklich. Nicht zu übersehen ist aber, daß es auch um die Abwälzung von Verantwortlichkeiten und Kosten geht.

Das Thema „Sicherheit und Ordnung“ geht die Städte unmittelbar an. Die Sicherheit in einer Stadt bestimmt wesentlich die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und hat große Bedeutung für die ortsansässige Wirtschaft. Bei der Bekämpfung der Ursachen und Bedingungen der Kriminalität können die Städte - neben anderen - einen wichtigen Beitrag leisten (Beispiel: Bauplanung und -gestaltung, kommunale Jugend-, Sport- und Sozialpolitik).

14 Voraussetzung für eine erfolgreiche präventive Kriminalpolitik ist das Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte. Gefordert sind neben Staat und Städten insbesondere auch Elternhäuser, Schulen, Kirchen, Vereine und die einzelnen Bürger und Bürgerinnen.7 Die Städte können und wollen sich ihrer Verantwortung nicht entziehen, dies wird unter anderem durch Einrichtungen und Projekte dokumentiert, die beispielhaft - in Schlagworten - an der Stadt Frankfurt dargestellt werden, in der die ehemalige Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Petra Roth, als Oberbürgermeisterin tätig ist.

Frankfurt/Main Im November 1995 wurde unter der Leitung des Stadtrats ein Sicherheitsdezernat eingerichtet, in dem die wichtigsten Ämter im Bereich der Sicherheit, nämlich das Ordnungsamt, die Ausländerbehörde und die Straßenverkehrsbehörde sowie das Amt für Verkehrsüberwachung und -regelung koordiniert zusammenarbeiten. Das Dezernat ist zentraler kommunaler Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger in Sachen Sicherheit. Ab Juli 1996 wurde die Geschäftsstelle des neugegründeten Präventionsrates dem Sicherheitsdezernat angegliedert.

Dem Präventionsrat gehören die Oberbürgermeisterin, der Sicherheitsdezernent, die Schuldezernentin, der Polizeipräsident und der Leiter der Staatsanwaltschaft an. Zu seinen Aufgaben zählt die Umsetzung von Entwicklungsstrategien, die der Vorbeugung von Straftaten - unter Einbindung aller gesellschaftlichen Kräfte - in der Stadt Frankfurt dienen. Der Präventionsrat ist Informationssammler und Impulsgeber, der kriminalpräventive Lagebilder aufzeichnet und Problemanalysen erarbeitet; Schwerpunktthemen bilden Drogen, Sicherheit und Jugend in Zusammenhang mit Prävention. Des weiteren wurden seit Mai 1997 in einzelnen Stadtteilen sogenannte Regionalräte gegründet (weitere sind in Planung), die als unterste Ebene der Prävention alle gesellschaftlichen Kräfte des Stadtteils an einen Tisch holen und zusammen mit der Polizei und Vertretern der verschiedenen städtischen Ämter Strategien und Projekte zur Erhöhung der Sicherheit und Verbesserung der Sozialstruktur eines Stadtteils erarbeiten.8

7 Internetseite des Deutschen Städtetages, „ Sicherheitspolitik: Kriminalprävention vorrangig Aufgabe des Staates, nicht der Städte“ 8„ Sicherheits-Partnerschaften, Zusammenarbeit von Polizei und Kommune- das Beispiel Frankfurt am Main“, In: Polizei-heute, 5/98 15 Die in Frankfurt - teilweise in Zusammenarbeit mit der Polizei - durchgeführten Projekte widmen sich lokalen Problembereichen bzw. lassen durch präventive Maßnahmen erst gar keine Problemfelder entstehen, z.B.:

Ø Gemeinsame Arbeitsgruppe „Ausländische Intensivtäter“ - GAI - (Zusammenarbeit von Polizei und Arbeitsamt) Ø Drogenpolitik - Konsumräume (Fixerstuben) - Methadonprogramm - kontrollierte Heroinabgabe Ø Bürgerservice/ Bürgersprechstunden - Kontaktbeamte und Mitarbeiter des Polizeiladens - Infoveranstaltungen zu unterschiedlichen Problembereichen Ø Ausrüstung von 40 Polizeibeamten mit Mountainbikes Ø Citystreife des Sicherheits- und Ordnungsamtes, angebunden an den Info-StützpunktZeil Ø Kampagne „Arbeit statt Sozialhilfe“ (unter dem Motto: „Sehen-Melden-Helfen“), Einsatz von 20 Sozialhilfeempfängern als Präventionshelfer Ø Kampagne „Gewalt-Sehen-Helfen“ - Förderung der Zivilcourage Ø „Anti-Gewalt-Training“ (Verein Kinder- und Jugendhilfe bietet mit Unterstützung von zwei Sozialarbeitern und ehemaligen Gewalttätern soziale Trainingskurse an) Ø Verstärkter Einsatz von Videokameras am Hauptbahnhof und an gefährdeten Plätzen Ø Programm „Innenstadtbelebung“ (Sperrzeitverkürzung bzw. teilweise -aufhebung, Reduzierung der Parkkosten) Ø Kampfhundeverordnung Ø Modifizierung der Gefahrenabwehrverordnung (Änderung des HSOG am 03.11.98, Beschlußfassung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main am 28.01.99).

Ganz aktuell - ab dem 01. April 1999 - wird unter dem Motto „Frankfurt soll sauberer werden“ eine neue Aktion durchgeführt, in der die Bürger aufgefordert werden, wilde Sperrmüllablagerungen der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) zu melden. Dabei soll die Chance, eine Reise nach Ägypten, China oder Grönland zu gewinnen, die Bürger zum Mitmachen anreizen.

16 Zeitlich begrenzt werden zusätzlich 21 „Picker“ eingestellt, die in den innerstädtischen Bereichen Papier und Abfälle mit Zangen beseitigen. Mit der Müllaktion soll Frankfurt der Nährboden für Kriminalität entzogen werden, der durch Unordnung und Unrat entsteht und wächst. Sauberkeit und Ordnung sind wichtige Vorstufen zur öffentlichen Sicherheit.9 Im Rahmen der vielfältigen Kampagnen und Projekte werden pro Jahr 38.000 Arbeitsstunden der staatlichen Polizei durch das Ordnungsamt übernommen.

Erfolge dieser neuen Strategie sind:

Ø Niedrigste Kriminalitätsrate seit 1986 Ø Höchste Aufklärungsquote seit Verstaatlichung der Frankfurter Polizei vor 25 Jahren (über 50%) Ø Weitere Reduzierung der Gewaltkriminalität durch hohen Rückgang der Tötungsdelikte und des Straßenraubes Ø Deutliche Erfolge bei der Bekämpfung des schweren Diebstahl.10

Eine weitere Entlastung des Polizeivollzugsdienstes wird in der Einführung einer Wachpolizei sowie eines freiwilligen Polizeidienstes gesehen; beide Modellversuche werden voraussichtlich ab dem Jahr 2000 in Frankfurt realisiert werden. Die insgesamt 60 Frauen und Männer der vorgesehenen Wachpolizei sollen die Vollzugspolizei von solchen Aufgaben entlasten, die nicht unbedingt von hochqualifizierten Beamten übernommen werden müssen, dazu gehören zum Beispiel der Objektschutz zahlreicher Konsulate, der Jüdischen Schule oder Privatwohnungen von Prominenten. Hinsichtlich des Einsatzes freiwilliger Hilfspolizisten in Frankfurt gibt es noch keine konkreten Vorstellungen; die mit einem Funkgerät ausgerüsteten freiwilligen Hilfspolizisten werden voraussichtlich als Präventionsstreifen zur Unterstützung der Polizei auf die Straßen geschickt. Nach erfolgreichem Einsatz beider Modellversuche in Frankfurt ist eine Ausdehnung auf weitere hessische Regionen beabsichtigt.11

9 Pressemitteilung „Frankfurt soll sauberer werden“, In: Wiesbadener Kurier vom 26.03.1999 10 Brief der Oberbürgermeisterin Frankfurts an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt vom April 1999 11 Pressemitteilung „60 Wachpolizisten zur Entlastung“, In: Frankfurter Allgemeine vom 15.07.99 17 4. 3 Deutsche Bundesbahn AG

Bahnhöfe bieten aufgrund ihrer zentralen Lage, ihrer Funktion als Verkehrsknotenpunkt und ihres 24-stündigen Publikumverkehrs eine Vielzahl von Bedingungen, die Kriminalität begünstigen. Sie weisen zwar - im Vergleich zu anderen Innenstadtbereichen - keine höheren Kriminalitätszahlen auf, Umfragen unter Reisenden zeigen aber, daß das subjektive Bedrohungsgefühl in hartem Gegensatz zu den Fakten und Zahlen der Statistik steht. Ein neues Konzept soll die Vorstellungen und subjektiven Empfindungen der Reisenden berücksichtigen, unabhängig von der Tatsache, ob diese Vorstellungen die Realität widerspiegeln.

Um die Sicherheit für den Bürger bzw. für die Kunden zu erhöhen, hat die Deutsche Bundesbahn zahlreiche Maßnahmen initiiert, die in dem Programm „Service, Sicherheit und Sauberkeit“ (3-S-Programm) zusammengefaßt sind und in die Sicherheitskonzepte der Innenstädte eingebunden werden können. Das Programm, in das zur Zeit 1000 Mitarbeiter für den beschützenden Kundendienst, 1800 Servicemitarbeiter sowie 3-S-Zentralen eingebunden sind, wird von der Bahn Schutz & Service GmbH umgesetzt und mit Unterstützung der Bundesländer finanziert.

Einzelmaßnahmen wie z.B. mehr Servicepersonal, Sauberkeits- und Sicherheitsoffensiven, Service Points, großflächige Instandhaltungsmaßnahmen u.a. wurden von den Kunden positiv aufgenommen. In den zur Zeit 68 eingerichteten 3-S-Zentralen, die 24 Stunden besetzt sind, laufen alle Informationen, z.B. aus anderen Behörden im Rahmen von Sicherheitsnetzen oder aus Überwachungsmaßnahmen, zusammen. Modernste Informations- und Übertragungstechniken sorgen für einfache und schnelle Kommunikation auf den Bahnhöfen und entlang der Reiseketten. Interaktiv ermöglichen Informations- und Notrufsäulen den Kontakt mit dem Kunden. Videokameras in allen Publikumsbereichen eines Bahnhofes machen die schnelle Koordination von Service-, Sicherheits- und Reinigungspersonal möglich. Eingehende Informationen können unproblematisch und in kürzester Zeit weitergegeben werden.12

12 Spörl, Peter: „3-S-Programm. Service, Sicherheit, Sauberkeit“. Vortrag anläßlich des 4. Deutschen Präventionstages, 1998 18 Erforderlich ist auch hier das gemeinsame Vorgehen zwischen Kommune, Polizei sowie Handel- und Dienstleistungsunternehmen. Die Vernetzung der Einzelleistungen kann eine effiziente, kostengünstige und kundenorientierte Unternehmung und Dienstleistung insgesamt zur Folge haben. Das gemeinsame Ziel soll sein, die Anonymität aufzuheben, Plätze zu besetzen, Erreichbarkeiten sicherstellen, Präsenz zu zeigen und eine Atmosphäre von Sauberkeit, Aufklärung und Offenheit herzustellen.13

13 Ebenda 19 4. 4 Einsatz des privaten Sicherheitsgewerbes

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Recht der Wirtschaft der Universität Hamburg, Lehrstuhl Prof. Dr. Rolf Stober, und der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Lehrstuhl Prof. Dr. Rainer Pitschas, beschäftigte sich die Polizeiführungsakademie in Münster-Hiltrup in der Zeit vom 22. bis 24. Juni 1998 mit dem Thema: Kriminalitätsverhütung durch Sicherheitsvorsorge – Kriminalitätskontrolle als gemeinsame Aufgabe von Polizei, öffentlichen Institutionen und Privaten. Themenschwerpunkt bildeten - aufgrund der besonderen Problematik - die Sicherheitspartnerschaften zwischen Polizei, privatem Sicherheitsgewerbe und Kommunen.

In dem IMK-Beschluß vom 02. Februar 1998 findet der Einsatz privater Sicherheitsunternehmen wie folgt Erwähnung: „Gewerbliche Bewachungsunternehmen können Polizeiarbeit nicht ersetzen, aber wirksam unterstützen. Sie sind auf nicht hoheitliche Bereiche, soweit sie dafür qualifiziert sind, zu beschränken.“ Im Rahmen des Seminars wurden der unterstützende Einsatz an polizeilichen Maßnahmen durch private Sicherheitsdienste kontrovers diskutiert und - soweit vorhanden - Erfahrungswerte ausgetauscht.

Prof. Dr. Pitschas befürwortete grundsätzlich den Einsatz privater Sicherheitsdienste, da eine Zusammenarbeit der Polizei mit Bürgern, privaten Sicherheitsdiensten und Kommunen dringend geboten sei, allerdings müsse diese koordiniert werden. Das derzeitige Konkurrenzdenken der Beteiligten führe letztendlich nur zur Verunsicherung in der Bevölkerung. Eine positive Bewertung erhielt der Einsatz privater Sicherheitsunternehmen zur Unterstützung der Polizeiarbeit durch Frau Dr. Witte, Deutscher Städtetag Köln, Herrn Ulrich Dugas, Inspekteur der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Polizeidirektor Reinhard Paltian, Landespolizeidirektion Hamburg und Herrn Prof. Dr. RolfStober. Allerdings wurde verdeutlicht, daß eine klare Abgrenzung zum polizeilichen Aufgabenbereich (Gewaltmonopol) gewährleistet sein muß und dem privaten Sicherheitsgewerbe nur bestimmte, eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten - z.B. in innerstädtischen Einkaufs- und Geschäftszentren sowie im Bereich des öffentlichen

20 Personennahverkehrs - eingeräumt werden dürften. Auf gar keinen Fall dürfe es zu Aufgabenverlagerungen typischer Polizeiarbeit sowie zu daraus resultierenden Einsparungen bei der Polizei führen. Zur Schaffung einer größeren Rechtssicherheit (wer darf was?) wurde angeregt, ggf. einen speziellen Ausbildungsberuf im privaten Sicherheitsgewerbe zu schaffen und/oder Mitarbeiter der Sicherheitsgewerbe in den Verwaltungsorganismus als Hilfspolizisten zu integrieren und der Fachaufsicht von Polizei und Kommunen zu unterstellen. Die Erarbeitung eines Gesetzes zur Regelung von Aufgaben und Befugnissen des privaten Bewachungsgewerbes wird derzeit nicht als notwendig erachtet.14 Allerdings wird die Schaffung einer DIN-Norm als „Gütesiegel“ bei Ausschreibungen im Wach- und Sicherheitsdienstleistungsgewerbe für erforderlich gehalten.

Aufgrund der zunehmenden Verlagerung von öffentlichen Aufgaben in den privaten Bereich wird sich die Nachfrage nach aufgabengerechter und qualitativ hochwertiger Leistungserbringung ständig erhöhen. Die Anbieter von Sicherheitsdienstleistungen sollten nach festgelegten Qualitätskriterien arbeiten und dadurch die Gewähr für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung bieten. Am 10. November 1998 konstituierte sich der Arbeitsauschuß im Normenausschuß Gebrauchstauglichkeit und Dienstleistungen (NAGD) zur Erarbeitung einer DIN-Norm: „Wach- und Sicherheitsdienstleistungen“. Der Arbeitsausschuß ist repräsentativ mit Vertretern der Branchenverbände, der Unternehmen, der privaten und öffentlichen Leistungsempfänger, der Verwaltungsberufsgenossenschaft, der Schadensversicherer, der Gewerkschaft der Polizei sowie des Bundeskriminalamtes besetzt, um eine breite Akzeptanz der künftigen DIN-Norm zu erzielen. Die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft e.V. (ASW), die sich an diesem Gremium beratend beteiligt, unterstützt das Normungsvorhaben ausdrücklich und wünscht sich eine noch breitere Einbindung des ausschreibenden Bereiches, sei es aus der deutschen Wirtschaft oder der öffentlichen Hand. Nur die breitflächige Akzeptanz bzw. Anwendung dieser künftigen Norm kann langfristig einen Umkehrtrend zu höherer Qualität bewirken und damit zu höherer Seriosität der Branche beitragen.15

14 Schnekenburger, Franz, Dissertation zum Thema :“Rechtsstellung und Aufgaben des privaten Sicherheitsgewerbes“ an der juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden 15 Hoffmann, Wolfgang, 1. Vorsitzender der ASW, „DIN-Norm als Gütesiegel bei Ausschreibungen im Wach- und Sicherheitsdienstleistungsgewerbe“, In : Zeitschrift für Wirtschaft, Kriminalität und Sicherheit, Ausg.- Nr. 2, April/Mai 1999, S. 35 21 Als richtungsweisend ist der Kooperationsvertrag zwischen staatlichen und privaten Ordnungshütern anzusehen, der am 17.06.1999 in Frankfurt/Main unterzeichnet wurde und bisher in Deutschland einmalig ist.

In Hessen gibt es 176 einschlägige Firmen mit ca. 10.000 Bediensteten. In der Mainmetropole sind nach Angaben der Landesgruppe Hessen des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) rund 80 Sicherheitsfirmen tätig, die zusammen etwa 3.000 Mitarbeiter auf Streifengänge schicken und zur Bewachung von Gebäuden und Geschäften einsetzen. Den 3.000 Mitarbeitern privater Sicherheitsdienste stehen in Frankfurt 3.600 Vollzugsbeamte der Polizei gegenüber, die sich bei den Bemühungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern, sehr gut ergänzen können. Der Frankfurter Polizeipräsident erklärte hierzu : „Das Gewaltmonopol liegt weiterhin bei den Beamten. Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bleibt ausschließlich die Polizei zuständig. Der präzise Auftrag an die Mitarbeiter des Sicherheitsgewerbes lautet: beobachten, erkennen und melden.“ Die Sicherheitsdienste dürfen bei ihrer Arbeit ausschließlich auf die sogenannten Jedermannsrechte wie Notwehr, Nothilfe und die Möglichkeit der vorläufigen Festnahme auf frischer Tat zurückgreifen. In das Frankfurter Modell werden zunächst nur neun Sicherheitsdienste - allesamt Mitglieder im BDWS - einbezogen, die insgesamt mit 300 Bediensteten in der Stadt präsent sind. Von den Sicherheitsunternehmen ist eine Informations- und Ansprechstelle geschaffen worden, in der die Hinweise der Sicherheitskräfte zusammenlaufen und gefiltert werden, bevor sie an den Führungs- und Lagedienst der Polizei weiter übermittelt werden. Seitens des BDWS wurde betont, daß die Vereinbarung dem Verband zwar keinen praktischen Nutzen bringe, jedoch werde man der Verpflichtung gerecht, einen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit zu leisten; zudem sei der hohe Image-Gewinn nicht zu unterschätzen. Die Vereinbarung macht deutlich, daß die Polizei nur mit solchen Firmen zusammenarbeitet, die gut ausgebildete Mitarbeiter beschäftigen. Wer in die Sicherheits-Allianz aufgenommen werden will, der muß die Normen erfüllen und Mitglied des Verbandes werden. Damit hat die Polizei indirekt einen Beitrag für mehr Qualität in der Branche geleistet. Es führt kein Weg daran vorbei, die Sicherheitsfachkraft zum Ausbildungsberuf zu machen. Der Bundesgesetzgeber ist gefordert.16

16 Biedermann, Hans-Jürgen, „Polizei kooperiert mit Sicherheitsunternehmen“, „Aus 133 Autos Gangstern auf die Finger sehen“, „ Ausbildung hebt das Image“, „Ein Versuch lohnt“, In: Frankfurter Rundschau vom 18.06.99 22 4. 5 Bundesgrenzschutz

Neben den unter Punkt 5 dargestellten Modellprojekten der Bundesregierung (Sicherheitspartnerschaften), die die Zusammenarbeitsformen zwischen dem Bundesgrenzschutz und Städten bzw. Ballungsräumen näher beschreiben, entwickelte der Bundesgrenzschutzes eigene Initiativen hinsichtlich einer kriminalpräventiven und bürgernahen Polizeiarbeit. Die gesetzliche Grundlage für die Wahrnehmung der Aufgabe Polizeiliche Kriminalprävention im BGS ergibt sich aus § 1 Abs. 5 BGSG und § 12 Abs. 1 BGSG. Alle Maßnahmen der Polizeilichen Kriminalprävention müssen sich an der originären Zuständigkeit des BGS orientieren.

In einem „Konzept zur Verbesserung der polizeilichen Kriminalprävention und Gefahrenvorsorge im Bundesgrenzschutz“, das im August 1998 erarbeitet und im April 1999 zur „Richtlinie für die Polizeiliche Kriminalprävention im Bundesgrenzschutz“ (Entwurf) überarbeitet wurde, werden folgende Feststellungen getroffen: Prävention ist die vornehmste Aufgabe der Polizei und neben der Repression der zweite Eckpfeiler in der Gewährleistung der Inneren Sicherheit. Der Bundesgrenzschutz ist bemüht, mit diversen Gremien - Projektleitung Programm Polizeiliche Kriminalprävention (PL ProPK) und der Zentralen Geschäftsstelle des ProPK (ZGS) - zusammenzuarbeiten bzw. in der Kommission Polizeiliche Kriminalprävention (KPK) - nicht stimmberechtigt- vertreten zu sein, um BGS-spezifische Belange in die Diskussion polizeilicher kriminalpräventiver Maßnahmen einbringen zu können. Darüber hinaus wird ein intensiver Erfahrungsaustausch und eine enge Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt, den Landeskriminalämtern, Zoll, Sicherheitsorganen und den Dachverbänden angestrebt. Eine Beteiligung des BGS in Kriminalpräventiven Räten auf Landes- bzw. kommunaler Ebene ist vorgesehen, wenn Zuständigkeitsbereiche des BGS (Bahnhöfe, Flughäfen etc.) berührt sind. Eine verstärkte Zusammenarbeit in Form einer Präventionspartnerschaft mit der Deutschen Bahn AG wird aufgebaut.

23 Da die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben im BGS eine Dienstleistung für den Bürger ist, muß sie sich auch an den Interessen und Erwartungen des Bürgers und sonstiger privater Institutionen orientieren; dies erfordert bürgernahe Polizeiarbeit, die unter anderem durch Hilfsbereitschaft, sichtbare Präsenz und vorbeugende Beratung gekennzeichnet ist.

Des weiteren sind Schwerpunktaktionen in Form von Informationsveranstaltungen, Aufklärungs- und Präventionskampagnen an Großstadtbahnhöfen, Flughäfen und Grenzübergängen zu Deliktsbereichen geplant, die den Aufgabenbereich des Bundesgrenzschutz besonders prägen. Aufklärende Vorbeugung ist in den Deliktsbereichen Diebstahl (bes. Taschen- und Handgepäcksdiebstahl, Beförderungsdiebstahl), Gewalt gegen Personen (in bezug auf das Zeugen- und Helferverhalten), Straftaten gegen Sachen etc., gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr, Betrugshandlungen und Urkundenfälschung vorgesehen.

Als Servicefunktion ist beabsichtigt, Informationen aus dem Bereich der Prävention im In- und Ausland sowie aktuelle modi operandi, die für die Vorbeugungsarbeit im Bundesgrenzschutz wichtig sind, auszuwerten und zu sammeln. Dieser „Info-Pool Polizeiliche Kriminalprävention im BGS“ soll in der geplanten „Mediothek“ bei der Grenzschutzdirektion integriert werden. Weitere Maßnahmen der bürgernahen Polizeiarbeit im BGS werden im Einsatz eines „Präventionsmobils“ gesehen, das als fahrbare Beratungsstelle an Präventionskampagnen teilnimmt und somit dokumentiert, daß die Polizei zum Bürger kommt und nicht umgekehrt.

Ein erfolgversprechender Ansatz ist auch der geplante Einsatz von Bürgerkontaktbeamten, die in erster Linie als Ansprechpartner und Berater „vor Ort“ zur Verfügung stehen sollen und darüber hinaus als Uniformträger sichtbar präsent sind und das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung steigern. Bürgerkontaktbeamte wurden bereits an den Grenzen zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik eingesetzt und konnten gute Erfolge bei der Verhinderung unerlaubten Einreisens und der Bekämpfung der Schleuserkriminalität vorweisen.

24 Die Initiative zur Polizeilichen Kriminalprävention im Bundesgrenzschutz wird durch spezielle Aus- und Fortbildungsmaßnahmen unterstützt.17

17 Entwurf des Konzeptes zur Verbesserung der polizeilichen Kriminalprävention und Gefahrenvorsorge im Bundesgrenzschutz vom 28.08.98, Entwurf der Richtlinie für die polizeiliche Kriminalprävention im Bundesgrenzschutz vom 16.04.99 sowie Entwurf der Fortbildungskonzeption für den Einsatz der Bürgerkontaktbeamten (BKOB) vom 21.04.99 25 5. Modellprojekte der Bundesregierung (Sicherheitspartnerschaften)

Die Diskussion um die Innere Sicherheit (Programm Innere Sicherheit aus dem Jahre 1974 sowie Fortschreibung des Programms 1994) und die Suche nach neuen Strategien führte auch in Deutschland zur Umorientierung in der Polizeiarbeit. Ziele, Schwerpunkte und Methoden sowie das „Selbstverständnis“ der Polizei unterliegen derzeit umfassenden Veränderungen. Neben der Strafverfolgung erhalten kriminalpräventive Maßnahmen zunehmend Gewicht, sie bedürfen jedoch einer Zusammenarbeit weiterer Partner bei der Kriminalitätsverhütung.

Diese Erkenntnisse führten am 02. Februar 1998 zu einem Beschluß der Innenministerkonferenz, in dem unter dem Motto „Verstärkung der Kriminalitätsbekämpfung in Bund und Ländern“ eine Partnerschaft für mehr Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden festgeschrieben wurde. Der Beschluß sieht u.a. folgende Maßnahmen vor :

Ø Reduzierung der Kriminalitätsfurcht durch Eindämmung belästigenden Verhaltens (aggressives Betteln, Lärmen, Verunreinigung des öffentichen Verkehrsraumes etc.) Ø Weckung des Verantwortungsbewußtseins von Familien, Schulen und Kirchen zur gesellschaftlichen Wertevermittlung Ø Institutionalisierung der Bürgerbeteiligung Ø Verstärkte Präsenz aller Sicherheits- und Ordnungsbehörden (vernetzte Kooperation der Ordnungs-, Ausländer-, Jugend- und Sozialämter) Ø Gemeinsame Streifentätigkeit verschiedener Behörden Ø Kontaktbeamte (vermehrte Fußstreifen, flexible Dienstzeitregelung etc.) Ø Ergänzende Ausbildung der Polizei zur Erweiterung der Fach- und Sozialkompetenz Ø Einsatz technischer Überwachungsmöglichkeiten Ø Intensivierung des Datenaustauschs unterschiedlicher Behörden Ø Unterstützende Maßnahmen der Justiz (beschleunigtes Verfahren, geschlossene Heimunterbringung, alternative Sanktionsmaßnahmen etc.).

Darüber hinaus ist der verstärkte Einsatz des Bundesgrenzschutzes zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Landespolizeien und den kommunalen Behörden vorgesehen.

26 Der damalige Bundesminister des Innern erklärte sich bereit, zur Erreichung einer erhöhten Präsenz an Kriminalitätsbrennpunkten wie Bahnhöfen und Verkehrsmitteln den Personalbestand des Bundesgrenzschutzes auszubauen. Des weiteren wird eine Befugniserweiterung des Bundesgrenzschutzes zur Vornahme verdachts- und ereignisunabhängiger Identitätskontrollen über den Grenzbereich hinaus auf Flughäfen, Bahnhöfe, Bahnanlagen und - bei der Zugbegleitung - auf Züge angestrebt, die am 01.09.1998 im Rahmen einer Gesetzesnovellierung umgesetzt wurde.

Der Beitrag des BGS zur „Aktion Sicherheitsnetz“ ist (unter Vorbehalt vorrangiger Einsatzaufgaben) in der Unterstützung der - im Zuständigkeitsbereich von Ländern und Kommunen verankerten - politisch initiierten Sicherheitsoffensiven zu sehen. Konkrete Beteiligungsmöglichkeiten sind insbesondere die Unterstützung der Bemühungen der Polizeien der Länder und kommunalen Behörden zur Vermeidung von Straftaten und Ordnungsstörungen in gefährdeten Bahnhöfen und im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), die Teilnahme an kommunalen Präventionsräten, der Einsatz von Kontaktbeamten und gemeinsame Streifen mit anderen Sicherheits- und Ordnungsbehörden; letzteres beinhaltet die abgestimmte Planung von Einsätzen sowie die Erstellung und Bewertung gemeinsamer Lagebilder.18 Eine weitere Einbindung des BGS in die „Aktion Sicherheitsnetz“ wird in der Erarbeitung gemeinsamer Fahndungskonzepte, der Einrichtung von Koordinierungsstellen sowie einer permanenten Evaluation gesehen.19

18 Sperner, Walter, Inspekteur des BGS beim BMI anläßlich eines PFA-Seminars in der Zeit vom 22. bis 24. Juni 1998 zum Thema: „Kriminalitätsverhütung durch Sicherheitsvorsorge – Kriminalitätskontrolle als gemeinsame Aufgabe von Polizei, öffentlichen Institutionen und Privaten“ 19 BMI-Papier „Partnerschaft für mehr Sicherheit in den Städten und Gemeinden (Aktion Sicherheitsnetz) - Einbindung des Bundesgrenzschutzes-“, übermittelt durch BGS-Schule Lübeck 27 5. 1 Berlin

Der Beschluß der Innenminister-Konferenz vom 02.02.98 wurde von der Senatsverwaltung für Inneres in Berlin nicht zum Anlaß genommen, weitere Gesamtkonzepte oder Empfehlungen für eine bürgernahe Polizeiarbeit zu entwerfen, da bereits im Rahmen der Berliner Polizeistrukturreform (1975) als auch mit Einführung des Berliner Modells am 11.02.98 (siehe hierzu Pkt. 6.3) bürgernahe Polizeiarbeit praktiziert wird.20 Am 22.01.1998 wurde vom Bundesminister des Innern und dem Berliner Innensenator ein neues Konzept zur weiteren Verbesserung der Inneren Sicherheit in der Bundeshauptstadt Berlin vorgestellt. Es verknüpft die Initiative „Aktion Sicherheitsnetz“ mit bisherigen und neuen Maßnahmen der Berliner Polizei zur Erhöhung der objektiven und subjektiven Sicherheit. Ziele des Konzeptes sind Ø die Förderung einer engen Zusammenarbeit staatlicher und kommunaler Stellen im Sicherheitsbereich Ø verstärkte Präsenz von Polizei und Ordnungskräften im öffentlichen Raum Ø konsequentes Einschreiten gegen Einstiegs- und Kleinkriminalität sowie Ordnungsver- stöße Ø intensive Mitwirkung der Justiz Ø Einbindung engagierter Bürgerinnen und Bürger.

In dieser neuen Sicherheitsinitiative gehen bisherige Anstrengungen der Polizei wie „Sichere S-Bahn“ und „kiezbezogene Projekte der Gewalt- und Kriminalitätsprävention“ auf und werden weiter ergänzt.

Die Sicherheit der Bürger im Bereich der Bahnhöfe und des S-Bahn-Netzes wird durch weitere Bereitstellung von BGS-Kräften und damit Erhöhung der Präsenz verbessert. Zur Koordination der deutlich intensivierten Zusammenarbeit zwischen der Berliner Polizei und dem Bundesgrenzschutz ist eine gemeinsam besetzte Koordinierungsstelle beim Berlin eingerichtet worden. Aufgrund der dort gemeinsam vorgenommenen Lagebewertungen werden anlaßbezogen gemeinsame Einsatzaktionen unter Bildung einer gemeinsamen Befehlsstelle und dem Einsatz gemeinsamer Streifen im engen

20 Zulieferung des Landeskriminalamtes Berlin vom 04.05.99 28 Umfeld der Bahnhöfe bzw. der S- und U-Bahnen durchgeführt. Darüber hinaus werden gemeinsame Ermittlungsgruppen in den Bereichen „Schleuserkriminalität“, „Scheinehe“, „Wertzeichenfälschung“ und „Graffiti“ eingerichtet bzw. weiter ausgebaut. Im Bereich der Bahnhöfe und der S-Bahnen werden vom Bundesgrenzschutz verstärkt Einsatzmaßnahmen zur Bekämpfung von Taschendiebstahl, illegalem Zigarettenhandel und Transportgutdiebstahl durchgeführt. Das Konzept sieht ergänzende gegenseitige Teilnahme/Hospitation an Fortbildungsveranstaltungen sowie einen verbesserten Datenaustausch zwischen BGS und der Berliner Polizei - unter Beachtung der Vorgaben des Datenschutzes - vor. Zur Durchführung der dargestellten Maßnahmen werden ca. 100 zusätzliche BGS-Kräfte der Bundeshauptstadt zur Verfügung gestellt.21

21 Presseinformation des Bundesministeriums des Innern zur „Aktion Sicherheitsnetz“ in Berlin vom 22.01.98 sowie BMI-Papier „Partnerschaft für mehr Sicherheit in den Städten und Gemeinden (Aktion Sicherheitsnetz) – Einbindung des Bundesgrenzschutzes“, übermittelt durch BGS-Schule Lübeck 29 5. 2 Bremen

In Bremen fungiert ein Landespräventionsrat als Dachgremium für neun weitere örtliche Präventionsräte, deren Hauptaufgabe in der Konzipierung von Präventionsprojekten und Öffentlichkeitsarbeit besteht. In den Gremien sind Angehörige verschiedener Behörden, der Polizei, von Vereinen, Wirtschaftsverbänden, Justiz, Schule, Jugendamt u.a. Institutionen vertreten. Darüber hinaus werden für einzelne Stadtteile kriminologische Regionalanalysen durchgeführt, um Kriminalitätsprobleme herauszufiltern.22

Als zweite deutsche Großstadt - nach Hannover - bewarb sich Bremen für die Teilnahme an der „Aktion Sicherheitsnetz“, um durch entsprechende Modellversuche, unterstützt durch Kräfte des Bundesgrenzschutzes, neue Methoden einer erfolgreichen Verbrechensbekämpfung zu erproben. Am 05. Juni 1998 wurde eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen unterzeichnet.

Die Vereinbarung sieht den verstärkten Einsatz uniformierter Fußstreifen, die Einrichtung von Kontaktbereichsbeamten, den Ausbau der kommunalen Kriminalprävention, die Bildung täterorientierter Ermittlungsgruppen gegen Intensivtäter, die Dezentralisierung der Polizeiorganisation, die Bildung einer Einsatzgruppe (task force), die an Kriminalitätsbrennpunkten im Zuständigkeitsbereich des Bundesgrenzschutzes eine schnelle Reaktion ermöglicht sowie die Einrichtung der „City-Crime-Control“ vor. Die letztgenannte Initiative ist ein Zusammenschluß von Vertretern der Bremer Polizei, des BGS, der Bremer Wirtschaft und des privaten Sicherheitsdienstes, die sich zum Ziel gesetzt hat, innenstadttypische Kriminalität wie Laden- und Taschendiebstahl, Raubtaten sowie Farbschmierereien zu senken und damit die Sicherheitslage zu verbessern. Durch intensive Informationsgewinnung, Austausch und Umsetzung der gewonnenen Erfahrungen sollen Einsatzräume und -maßnahmen bewertet und festgelegt werden. Zur detaillierten Abstimmung der erforderlichen Einsatzmaßnahmen wird eine gemeinsame Koordinierungsgruppe eingerichtet, die eine effektive Zusammenarbeit gewährleisten soll.

22 Fasse, D., „ Umsetzungskonzept: Rat für Kriminalitätsverhütung Bremen“, 1996 30 Der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther äußerte sich zu dem vorgestellten Konzept wie folgt:“(...)Die für den Modellversuch entwickelte Konzeption überzeugt insbesondere durch die Dezentralisierung der Polizeiorganisation, die Vernetzung aller Sicherheitsaktivitäten öffentlicher und privater Stellen und die vielfältigen Initiativen zur Verbesserung der Bürgernähe sowie Einbindung der Geschäftswelt. Besonders hervorzuheben ist das große Engagement der Stadtverwaltung, zusammen mit der Polizei konsequent gegen Störungen der öffentlichen Ordnung vorzugehen.23

Über die bereits genannten Initiativen hinaus wurde eine Kampagne unter dem Motto: „Wir schauen hin“ initiiert, die die soziale Verantwortung eines jeden Bürgers, d.h. die Bewußtmachung von Zivilcourage zum Ziel hat und in die Polizei, Schulen, Medien, Bürgerhäuser, Ortsteilbeiräte, Stadtteilinitiativen, Präventionsräte und Künstler eingebunden sind. An der Verbreitung der Kampagne beteiligen sich die Medien „Weser Kurier“ und das Fernsehen „Radio Bremen“.

Daneben bildete sich das „Bremer Sicherheitsforum“, das sich aus Vertretern des Senators für Inneres, der Wirtschaftsunternehmen, der Sicherheitsfirmen und der Polizei zusammensetzt, um Sicherheitsprobleme zu erörtern und erforderliche, gemeinsame stadtteilbezogene Maßnahmen zu koordinieren.

Im Rahmen der Beteiligung des Bundesinnenministeriums wird die Bremer Polizei durch 30 Beamte des Bundesgrenzschutzes unterstützt.24 Die Polizei Bremen beteiligt sich ausschließlich im organisatorisch/personellen Bereich.25

Angaben zu finanziellen Umstrukturierungen bzw. Mehrbelastungen liegen hiesiger Dienststelle nicht vor.

23 Informationen Freie Hansestadt Bremen - Der Senat, 3. und 5. Ausgabe vom 05. Juni 1998 sowie Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 05. Juni 1998 24 Zulieferung des Landeskriminalamtes Bremen vom 06.04.99 25 Ebenda 31 5. 3 München

Das Bayerische Staatsministerium des Innern initiierte 1998 in München zwei parallel laufende Projekte unter Beteiligung der und des Bundesgrenzschutzes. Unter der Bezeichnung Aktion Sicherheitsnetz führen das PP München und der BGS verstärkte Präventionsmaßnahmen durch sichtbar erhöhte Präsenz innerhalb des Öffentlichen- Personen-Nah-Verkehrs (ÖPNV) durch. Unter dem Begriff Sicherheitskooperation München versteht man die gemeinsamen Streifen von Landespolizei und BGS sowohl im originären Zuständigkeitsbereich des BGS mit Schwerpunkt Hauptbahnhof, als auch im Bereich der für den Hauptbahnhof zuständigen Polizeiinspektion.26 Derzeit sind 35 zusätzliche BGS-Kräfte eingesetzt.

Anläßlich eines Besuchs von Bundesinnenminister Manfred Kanther am 04. Juni 1998 am Münchner Hauptbahnhof wies dieser ausdrücklich darauf hin, daß die Sicherheitsarbeit in der Landeshauptstadt als richtungsweisend für viele Städte und Gemeinden angesehen werden könne, da sie von Beginn an durch den Bundesgrenzschutz aktiv mitgestaltet wurde und dies auch konsequent weitergeführt werde.27

Zielvorstellungen der polizeiübergreifenden Kooperation sind insbesondere - die Verbesserung des Sicherheitsempfindens der Bürger/Bahnbenutzer und ansässiger Gewerbetreibender - eine Effizienzsteigerung bei der Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere bei jugend- und gruppentypischen Gewaltdelikten, im Bereich der Rauschgiftstraßen- bzw. Bahnhofsszene, der Ausübung der illegalen Prostitution, bahnhofsmilieutypischen Straftaten - die Verhinderung/Unterbindung von Sicherheits- und Ordnungsstörungen durch Angehörige sozialer Randgruppen - die Institutionalisierung eines Sicherheitsverbundes zwischen dem Polizeipräsidium München und dem Bundesgrenzschutzamt München.

26 Zulieferung des Landeskriminalamtes München vom 16.04.99

32 Die enge Zusammenarbeit auf allen Arbeitsebenen erfordert dabei ein hohes Maß an gegenseitiger Akzeptanz und wechselseitiger Kooperationsbereitschaft.

Beamte des BGS können außerhalb der originären örtlichen Zuständigkeit Amtshandlungen vornehmen. Raum für das „unterstützende“ Einschreiten von BGS-Beamten besteht auch, wenn Kräfte des PP München zwar rechtzeitig, jedoch zahlenmäßig nicht ausreichend vor Ort sind, um erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.

Im Bereich des Gesamtbereiches Hauptbahnhof werden gemeinsame Streifen durch BGS und Kräfte des PP München durchgeführt. Das PP München und das Bundesgrenzschutzamt stimmen die wöchentlichen Streifenpläne ab.

Im S-Bahnbereich werden keine gemeinsamen Streifen durchgeführt. Die Einsätze werden jedoch in räumlicher und zeitlicher Hinsicht koordiniert, um so eine erhöhte Präsenz bzw. eine Verdoppelung der sichtbaren Präsenz zu erreichen.28

27 Hauner, Wolfgang, In: Zeitschrift des BGS, Innere Sicherheit, Aktion „Sicherheitsnetz“, Ausgabe 8/98 28 Schreiben des PP München und des Bundesgrenzschutzamtes vom August 1998 33 5. 4 Stuttgart

Am 03. März 1998 wurde das Modellprojekt in Stuttgart begonnen. Die gemeinsame neue Sicherheitskonzeption von Bund und Land weist im wesentlichen folgende Elemente auf:

Ø Ein eng vernetzes Zusammenwirken aller staatlichen und kommunalen Stellen, die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verantwortlich sind Ø Ein Ausbau des Sicherheitsverbundes zwischen Polizei und Bundesgrenzschutz Ø Eine deutlich verstärkte Präsenz von Polizei, Bundesgrenzschutz und städtischem Vollzugsdienst im öffentlichen Raum Ø Ein konsequentes Vorgehen gegen Einstiegs- und Kleinkriminalität sowie Ordnungsverstöße Ø Eine intensive Einbindung der Bürger im Rahmen der kommunalen Kriminalprävention Ø Eine Ausweitung und Nutzung des „beschleunigten Verfahrens“ in Absprache mit der Justiz.

Das Konzept knüpft nahtlos an das vom baden-württembergischen Innenministerium entwickelte 8-Punkte-Programm „Baden-Württemberg - Mit Sicherheit in Ordnung“ an.29

Der Bundesgrenzschutz ist in folgende gemeinsame Maßnahmen eingebunden: Ø Einsatz einer Koordinierungsgruppe unter Einbindung aller beteiligten Stellen zur Analyse der Sicherheitslage, Koordination der erforderlichen Maßnahmen und Abstimmung von Grundsatzfragen Ø Lageangepaßte Durchführung der in der Koordinierungsgruppe abgestimmten Maßnahmen durch den Bundesgrenzschutz und die Landespolizei im jeweiligen Zuständigkeitsbereich getrennt oder gemeinsam Ø Gemeinsame Streifentätigkeit von Bundesgrenzschutz und Landespolizei im unmittelbaren Nahfeld der Bahnanlagen Ø Kurzfristige Unterstützung von Sonderaktionen der Landespolizei aus besonderem Anlaß und auf Antrag

29 Pressereferat des Bundesministeriums des Innern, gemeinsame Presseerklärung des Bundesinnenministers, des Innenministers des Landes BW und des Oberbürgermeisters von Stuttgart zur „Aktion Sicherheitsnetz“ in Stuttgart vom 03.03.98 34 Ø Anlaßbezogene gegenseitige logistische Unterstützung zwischen dem Bundesgrenzschutz und der Landespolizei Ø Regelmäßige Einsatzbesprechungen zwischen Bundesgrenzschutz und Landespolizeidirektion Stuttgart Ø Einbindung des Bundesgrenzschutzes in den Koordinierungsausschuß „Sichere Innenstadt“.30

Der Bundesgrenzschutz unterstützt das Modellprojekt mit ca. 70 zusätzlichen Kräften. Das Projekt war zunächst für die Dauer von einem Jahr angelegt; aufgrund der positiven Resonanz in der Bevölkerung sowie dem offensichtlich erkennbaren Kriminalitätsrückgang ist im März 1999 eine Verlängerung um ein weiteres Jahr beschlossen worden.

In einem Erfahrungsbericht über die „Durchführung eines Modellprojekts zur weiteren Verbesserung der Inneren Sicherheit in der Landeshauptstadt Stuttgart“, der vom Innenministerium Baden-Württemberg - Landespolizeipräsidium - im Februar 1999 erstellt wurde, wird u.a. wie folgt bilanziert: (...) Innerhalb der Kriminalitätsstruktur sind es insbesondere die durch Polizeipräsenz präventablen Delikte, die im Vergleich zum Vorjahr durchgängig Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich verzeichnen, wie der nachfolgende Auszug aus der PKS der Landeshauptstadt Stuttgart belegt:

- Raub 257 Fälle oder 29,3 % - Taschendiebstahl 206 Fälle oder 15,4 % - Ladendiebstahl 807 Fälle oder 14,9 % - Wohnungseinbruch 324 Fälle oder 29,8 % - Kraftfahrzeugaufbruch 995 Fälle oder 19,2 % - Straßenkriminalität 1.489 Fälle oder 11,8 % - Gewaltkriminalität 222 Fälle oder 10,4 %

30 BMI-Papier „Partnerschaft für mehr Sicherheit in den Städten und Gemeinden (Aktion Sicherheitsnetz) – Einbindung des Bundesgrenzschutzes“, übermittelt durch BGS-Schule Lübeck 35 Auf ein verbessertes Sicherheitsgefühl deuten zudem das rückläufige Beschwerdeaufkommen aus dem innerstädtischen Bereich sowie zahlreiche Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern wie auch örtlicher Gewerbetreibender hin.

Die Ziele des Modellversuchs Aktion Sicherheitsnetz Stuttgart sind weitgehend erreicht worden, (...) Resultate belegen, daß

Ø die durch das Modellprojekt erheblich verstärkte Polizeipräsenz von Landespolizei und Bundesgrenzschutz eine rückläufige Kriminalität auf Straßen und Plätzen bewirkt hat; Ø die offene Drogenszene im Innenstadtbereich von Stuttgart weitgehend aufgelöst bzw. zumindest deutlich zurückgedrängt werden konnte, wodurch der Zugang von potentiellen Drogenkonsumenten zum illegalen Drogenhandel und der Erwerb von illegalen Drogen deutlich erschwert wurde; Ø das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gesteigert und Straftaten sowie Ordnungsstörungen häufig bereits im Ansatz begegnet werden konnte; Ø das Entdeckungsrisiko für gesuchte und/oder illegal aufhältliche Personen (insbesondere gilt dies für in den Rauschgifthandel verstrickte Asylbewerber) erhöht wurde.

Der im Rahmen des Modellversuchs Aktion Sicherheitsnetz in Stuttgart gewählte Kräfteansatz (werktags ca. 134 Beamtinnen und Beamte im zeitversetzten Dienst) wird als ausreichend, aber auch weiterhin erforderlich erachtet, um die Einsatzziele zu erreichen.31

Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster erklärte, daß im Rahmen des Modellprojektes auch weitere bereits bestehende Projekte wie

Ø das „Haus des Jugendrechts“, (Anmerkung : Offizielle Eröffnung am 07. Juni 1999 in Bad Cannstatt32) in dem alle für die Bearbeitung von Jugendstrafverfahren zuständigen Stellen in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht werden, um die Verfahren schneller und effektiver zu bearbeiten

31 Innenministerium Baden-Württemberg – Landespolizeipräsidium - ; Erfahrungsbericht über die Durchführung eines Modellprojekts zur weiteren Verbesserung der Inneren Sicherheit in der Landeshauptstadt Stuttgart vom 03.02.99 32 Pressemitteilung Süddeutsche Zeitung am 08.06.99 „Haus des Jugendrechts“ in Stuttgart eröffnet

36 Ø und der Einsatz „Gelber Engel“ (Langzeitarbeitslose, die als Helfer, Ansprechpartner, Beobachter und Problemmelder in der Stadt, z.B. an Spielplätzen und Grünanlagen zur Verfügung stehen) weiterentwickelt und mit neuen Maßnahmen zu einer Gesamtstrategie verbunden werden. Insbesondere geht es darum, die Zusammenarbeit zwischen Stadt, Polizei und Bundesgrenzschutz im Sicherheitsbereich sowohl bei der Planung als auch in der tägliche Praxis weiter zu verbessern. Wichtig hierbei sei die Einbindung des Bürgers und die Wahrung der Balance „Freiheitsempfinden“ - „Sicherheitsbedürfnis“.33

33 Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern, Gemeinsame Presseerklärung des Bundesministers des Innern, des Innenministers des Landes Baden-Württemberg und des Oberbürgermeisters von Stuttgart zur „Aktion Sicherheitsnetz“ in Stuttgart vom 03.03.98 sowie Vortrag des Oberbürgermeisters von Stuttgart während des Fachkongresses: „Kommunale Kriminalprävention“ am 21.07.98 in Stuttgart 37 5. 5 Rhein-Main-Neckar

Im Dezember 1997 wurde aufgrund der überörtlich verbindenden Autobahnen, Eisenbahnen und Wasserstraßen im Rhein-Main-Neckar-Raum ein gemeinsames Vorgehen der Polizeien von Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz vereinbart, um eine effektivere Verbrechensbekämpfung zu gewährleisten. Die Vereinbarung wurde am 29.03.99 von den Innenministern des Bundes sowie der beteiligten Bundesländer unterzeichnet. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr befristet und wird seitens des Bundes mit weiteren 70 BGS-Beamten (gesamter Personaleinsatz von 170 BGS-Beamten) unterstützt.

Die gemeinsame Konzeption sieht zur Bekämpfung der Kriminalität und anderer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rhein-Main-Neckar-Raum (das Gebiet umfaßt ca. 900.000 Einwohner) ein vernetztes Zusammenwirken mit allen für die Sicherheit und Ordnung wichtigen Verbänden und Institutionen vor. Unter Einbeziehung eines stets aktualisierten, detaillierten Sicherheitslagebildes soll die polizeiliche Präsenz an sicherheitsrelevanten Örtlichkeiten verstärkt und durch ein abgestimmtes Zusammenwirken von Polizei, Justiz und Bußgeldbehörden, Straf- und Bußgeldverfahren möglichst zeitnah erledigt werden. Eine Optimierung der Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Ausländerbehörden soll eine konsequente Ausweisung und Abschiebung ausländischer Intensiv- und Gewalttäter gewährleisten. Die Konzeption sieht vor, daß der Bundesgrenzschutz die Länderpolizeien bei Schwerpunktmaßnahmen zum Erkennen neuer polizeilicher Brennpunkte, zur Erhöhung der Präsenz an solchen Orten und bei Präventions- und Strafverfolgungsaufgaben unterstützt. Beabsichtigt sind beispielsweise gemeinsame Fußstreifen an lokalen Brennpunkten, die Bekämpfung von Betäubungsmitteldelikten oder die Einrichtung von gemeinsamen Fahndungskontrollen.34

34 Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums des Innern und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz vom 02.12.97 38 Zur Erlangung eines Eindrucks der praktischen Umsetzung wurden im Ballungsraum Rhein- Main-Neckar Expertengespräche geführt, die beispielhaft für Heppenheim/Bensheim dargestellt sind.

Heppenheim / Bensheim In dem Dreiländereck Hessen - Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg werden in den hessischen Städten Bensheim und Heppenheim bereits seit Jahren bürgerorientierte kriminalpräventive Maßnahmen durchgeführt. In Bensheim wird seit 1997 mit großem Erfolg die Idee eines Nachbarschaftsprogramms umgesetzt, das eine aktive Beteiligung der Bürger beinhaltet und die Selbstverantwortlichkeit stärkt (in Anlehnung an das Neighbourhood-Watch-Programm in England). Das Motto dieser Kampagne lautet: „Wachsame Nachbarn - Sicherheit verbindet!“

Die Polizeidirektion Heppenheim konzipierte aufgrund der Vorgaben der 1992 begonnenen Sicherheitsoffensive ein „4-Säulen-Konzept“ das sich aus Ø Nachbarschaftsprogrammen Ø Maßnahmen des Vereins „Bürger & Polizei Ø Sicherheitskommissionen Ø Zielgruppenprogrammen, z.B. Senioren-, Jugend-, Opferprogramm etc. zusammensetzt. Hierbei ist hervorzuheben, daß die Polizei initiiert, unterstützt, begleitet und ggf. logistische Hilfe leistet, jedoch grundsätzlich nicht die Gesamtverantwortung übernimmt.

Die mit großem Engagement durchgeführten lokalen Initiativen werden seit April 1999 durch Maßnahmen im Rahmen der „Sicherheitspartnerschaften“ ergänzt, die durch Kräfte des Bundesgrenzschutzes (z.Zt. 30 Beamte) im Raum Mannheim durchgeführt werden. Die Zusammenarbeit unterliegt dabei keiner einheitlichen Führung, Maßnahmen werden durch eine Koordinierungsstelle abgestimmt. Die Zusammenarbeit läßt sich in ein 4-Stufen- Modell einteilen, das aber noch nicht vollständig realisiert ist:

Ø Schwerpunktaktionen Die Schwerpunkte ergeben sich aufgrund der lokalen Problemlagen, z.B. Drogenbekämpfung

39 Ø Gemeinsame Kontrollen Es werden „gemischte Teams“, bestehend aus Polizei/BGS, gebildet Ø Polizei und BGS führen im eigenen Zuständigkeitsbereichzeitgleich Maßnahmen durch, z.B. im Bereich Kfz.-Diebstahl Ø Einbeziehen anderer Behörden (z.B. Ordnungsamt).

Nach einer „Erfahrungszeit“ von 3 Monaten (Stand: Juni 1999) ist festzustellen, daß durch den verstärkten Personaleinsatz zusätzliche Schwerpunktaktionen (z.B. im Rauschgift- und Diebstahlsbereich) möglich wurden und durch Präsenz auf das subjektive Sicherheitsgefühl eingewirkt werden konnte.

Bei einer erweiterten Zuständigkeit des BGS, der - wie betroffene Kollegen in Gesprächen äußerten - „den Blick immer auf die Gleise richten muß“, bestünden aber durchaus noch Möglichkeiten, die Kriminalitätsbekämpfung zu optimieren.

40 5. 6 Frankfurt-Hanau-Offenbach

Die Erkenntnis, daß in diesem infrastrukturell vernetzten Bereich von über 100 km ein Anteil von fast 45 % aller in Hessen bekanntgewordenen Delikte begangen werden, veranlaßte die politisch Verantwortlichen neue Wege zu gehen bzw. bewährte Wege (verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Kommunen, Einrichtung eines Sicherheitsdezernates in Frankfurt, Gründung von Präventions- und Sicherheitsräten, Durchführung spezieller Kampagnen wie z.B. „Nachbarn schützen Nachbarn“ etc.) zu erweitern.

Am 25. Januar 1999 unterzeichneten Bundesinnenminister Otto Schily und der hessische Innenminister - zusammen mit den Oberbürgermeister/-innen der Städte Frankfurt, Offenbach und Hanau - ein Konzept für eine Sicherheitspartnerschaft im Großraum Frankfurt- Offenbach-Hanau. Ziel dieses Projektes ist, durch verstärktes Zusammenwirken von Polizei, Justiz, Ordnungs-, Jugend-, Sozial- und Ausländerbehörden, Bundesgrenzschutz und Verkehrsbetrieben eine Kräftebündelung zu erreichen, die zur Verbesserung der objektiven Sicherheit sowie des subjektiv empfundenen Sicherheitsgefühls (verstärkte Präsenz von Polizei und Ordnungskräften vor Ort, Fußstreifen, Kontaktbereichsbeamte etc.) führt. Darüber hinaus soll auch der Bürger selbst bei der präventiven Verbrechensbekämpfung eingebunden werden. Der Bundesgrenzschutz unterstützt - zeitlich begrenzt - durch den Einsatz von 60 zusätzlichen Polizeivollzugsbeamten, die in erster Linie zur Intensivierung der Streifen- und Kontrolltätigkeit an Bahnhöfen sowie den dazu gehörenden unterirdischen S-Bahn-Stationen (in Abstimmung mit dem privaten Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn AG) eingesetzt werden sollen. Des weiteren sind gemeinsame Präventivstreifen von BGS-Beamten und Einsatzkräften der Landespolizei vorgesehen. Darüber hinaus sind - in Absprache mit der Landespolizei - Schwerpunktmaßnahmen und anlaßbezogene gemeinsame Ermittlungsgruppen geplant. Zur Abstimmung der einzelnen Maßnahmen sowie der eingebundenen Kräfte unterschiedlicher Organisationseinheiten wird eine Koordinierungsgruppe eingerichtet.35

35 Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 25. Januar 1999 41 5. 7 Hannover

Am 26.04.99 unterzeichneten der Bundesinnenminister sowie der Innenminister des Landes Niedersachsen in Hannover eine Vereinbarung über die Bildung eines gemeinsamen Sicherheitskooperationssystems zwischen ihren Polizeien.

Hierzu erklärten beide Minister: „(...) Die heute abgeschlossene Vereinbarung ergänzt die Bestrebungen, den Binnengrenzbereich durch eine intensivere Koordinierung der Bundes- und der Länderpolizei verstärkt zu sichern und grenzbezogene Straftaten zu unterbinden. (...)Die seit Jahren bewährte praktische Zusammenarbeit der einzelnen Dienststellen wird heute auf eine ausdrückliche Vereinbarungsgrundlage gestellt, die gleichzeitig bestimmte Formen des gemeinsamen Tätigwerdens institutionalisiert (z.B. Austausch von Informationen und Daten, Erstellung gemeinsamer Lage- und Fahndungsbilder, Durchführung und Koordinierung gemeinsamer operativer Einsätze, anlaßbezogene Einrichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen). Für die Zukunft ist auch eine ressortübergreifende Vernetzung aller an der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität beteiligten Behörden geplant. (...) Im letzten Sommer wurden bereits „Leitlinien für eine Sicherheitspartnerschaft“ in Hannover beschlossen. Im Vorgriff auf die heute unterzeichnete Kooperationsvereinbarung hat sich auch der Bundesgrenzschutz an dieser Partnerschaft beteiligt, (...) so daß großstadttypische Erscheinungen wie Vandalismus und Straßenkriminalität, die das Sicherheitsempfinden der Bürger besonders beeinträchtigen, bereits auf niedriger Eingriffsschwelle unterbunden werden. (...) Auch das heute vormittag vorgestellte EXPO-Sicherheitskonzept gehört in diesen Gesamtzusammenhang, denn die Aufgaben, die mit der Weltausstellung auf die Polizeien von Land und Bund zukommen, sind enorm. Der Bundesgrenzschutz wird - neben dem Unterstützungsbedarf im eigenen originären Zuständigkeitsbereich - mit dauerhaften und temporären Verstärkungskräften auch die Einsatzmaßnahmen der niedersächsischen Polizei unterstützen. Die nun geschlossene Sicherheitskooperationsvereinbarung bildet die Grundlage dieses Zusammenwirkens und wird mit ihren konkreten Inhalten die Einsatzbewältigung ganz entscheidend fördern.“36

42 5. 8 Leipzig

Zwischen den zuständigen Staatssekretären des Bundesinnenministeriums und des Sächsischen Innenministeriums wurde eine Absichtserklärung formuliert, die einen erhöhten Einsatz von BGS-Kräften sowie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Bundesgrenzschutz und der Landespolizei vorsieht. Zum jetzigen Zeitpunkt (Juni 1999) sind die jeweiligen Präsidien des Bundesgrenzschutzes und der Landespolizei Sachsen aufgefordert, konkrete Konzepte zu erarbeiten. Leipzig wurde als Modellstadt gewählt.37

36 Pressereferat im Bundesministerium des Innern, Gemeinsame Presseerklärung des Bundesministeriums des Innern und des Niedersächsischen Innenministeriums vom 26. April 1999 37 Fernmündliche Mitteilung des Landeskriminalamtes Dresden vom 10.06.99 43 6. Maßnahmen der Bundesländer

Im Oktober 1997 wurde die „Aktion Sicherheitsnetz“ initiiert, die zur Steigerung der Sicherheit und Ordnung in Städten und Gemeinden beitragen soll. Diese zunächst nur von einigen Innenministern und -senatoren mitgetragene Initiative wurde im Rahmen der Innenministerkonferenz vom 02. Februar 1998 in Form eines Beschlusses festgeschrieben.

In den einzelnen Bundesländern stellt sich die Umsetzung des IMK-Beschlusses wie folgt dar:

6. 1 Baden-Württemberg

Am 24.09.97 stellte der Innenminister von Baden-Württemberg, Dr. Thomas Schäuble, unter der Leitlinie „Baden-Württemberg - Mit Sicherheit in Ordnung“, eine neue Initiative zur Inneren Sicherheit vor. Das 8-Punkte-Programm setzt dahingehend Akzente, daß das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung mehr Berücksichtigung findet und die Präsenz der Polizei gesteigert wird:

1. Konsequente Fortführung der Kommunalen Kriminalprävention; damit ist das vernetzte Zusammenwirken aller für die Sicherheit und Ordnung verantwortlichen Behörden und Institutionen gemeint. So soll ferner das Interesse der Bürger an Sicherheit und Ordnung gestärkt und ihr Engagement koordiniert werden 2. Gezieltes Vorgehen gegen Ordnungsstörungen: Ordnungsstörungen beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Bürger und müssen deshalb noch konsequenter unterbunden und verfolgt werden. Eine enge Zusammenarbeit von Ortspolizeibehörden und Polizei ist zwingend notwendig 3. Zeitnahe Sanktionen: Der Weg des beschleunigten Verfahrens soll weiter verfolgt und ausgebaut werden 4. Schnellere Abschiebung: Ausländische Intensiv- und Gewalttäter sind konsequent auszuweisen und abzuschieben. Die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs- und Ausländerbehörden ist weiter zu optimieren 5. Stärkung der operativen Verantwortung der Polizeiführung durch das Steuerungsinstrument der Zielvereinbarung mit anschließender Zielkontrolle

44 6. Lagebildorientierte Präsenz: Die polizeiliche Präsenz an sicherheitsrelevanten Örtlichkeiten und zu tatrelevanten Zeiten muß erhöht werden, eine Voraussetzung sind umfassend auswertbare Lagebilder 7. Sicherheitsverbund: Der Bundesgrenzschutz ist mit seinen grenz- und bahnpolizeilichen Aufgaben Partner der Polizei bei der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die bereits vereinbarte Sicherheitskooperation zwischen BGS und Polizei im Grenzgebiet zu Frankreich und zur Schweiz ist auf die Bahnhofsbereiche in den Städten und Kontrollen in den Zügen der Deutschen Bundesbahn zu erweitern.Anlaßbezogen sind für polizeiliche Schwerpunktmaßnahmen auch Beamte des BGS einzusetzen 8. Durchführung strategischer Kriminalitätsanalysen, um Kriminalitätsentwicklungen und – brennpunkte frühzeitiger erkennen und durch präventive Maßnahmen rechtzeitig reagieren zu können.

Baden-Württemberg hat aufgrund aktueller Entwicklungen mit dem Projekt „Kommunale Kriminalprävention“ und dem o.a. 8-Punkte-Programm Maßnahmen initiiert. Eine optimale Wirkung der Konzepte ist jedoch nur durch enge und abgestimmte Zusammenarbeit von kommunalen und staatlichen Behörden sowie der Einbindung der Bevölkerung möglich.

Freiwilliger Polizeidienst 1963 wurde die Gesetzesgrundlage für den Freiwilligen Polizeidienst geschaffen. Die ehrenamtlich tätigen Hilfspolizisten (z.Zt. ca. 1300) erhalten eine Aufwandsentschädigung. Der freiwillige Polizeidienst wird als wirksames Instrument zur Einbindung der Bürger in die Kriminalitätsbekämpfung angesehen, das gerade für Maßnahmen der Kommunalen Kriminalprävention und den Ausbau der polizeilichen Präsenz genutzt werden kann. Mit dieser Zielrichtung sollen verstärkt neue Zielgruppen - insbesondere jüngere Personen und Frauen - als Polizeifreiwillige geworben werden.38

Im Haushalt des Landes Baden-Württemberg sind für den freiwilligen Polizeidienst ca. 5 Millionen Mark vorgesehen. Die Ausbildungskosten für neue Polizeihelfer belaufen sich auf 400.000 Mark; die jährlichen Folgekosten für ihren Einsatz liegen nach Angaben des Innenministeriums bei 360.000 Mark im Jahr.39

38 Zulieferung des Landeskriminalamtes Stuttgart vom 19.04.99 39 Artikel „Polizeihelfer in Zivil“, In: Frankfurter Allgemeine vom 08.06.99 45 Aufgrund eines Ministerratsbeschlusses vom 26.01.98 wird die Polizei des Landes Baden- Württemberg reorganisiert. Die Reorganisation verfolgt vor allem das Ziel einer weiteren Stärkung der operativen Polizeiarbeit und damit der Ausweitung der polizeilichen Präsenz. (...) Primäre Aufgabe der Polizei ist dabei die umfassende und kontinuierliche Aus- und Bewertung des örtlichen Kriminalitätsgeschehens, die Empfehlung aus polizeilicher Sicht geeigneter und erforderlicher Maßnahmen sowie die Mitwirkung in Gremien und bei der Umsetzung kriminalpräventiver Maßnahmen.40 Folgenden Organisationsmaßnahmen wurde zugestimmt:

Ø Die bürgernahe Polizeipräsenz ist stärker an sicherheitsrelevanten Örtlichkeiten und tatrelevanten Zeiten auszurichten. Dazu ist ein computergestütztes Steuerungsinstrument einzuführen und die Arbeitszeiten weiter zu flexibilisieren Ø Zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung konzentrieren sich die Polizeireviere auf die orts-, zeit- und bürgernah zu bearbeitende Kriminalität. Die spezialisiert sich auf die Kriminalitätsformen, die besondere Anforderungen an die Ermittlungsarbeit stellen. Hierzu ist die Aufbauorganisation der Kriminalpolizei durch Bündelung in vier Schwerpunktermittlungsbereiche zuverschlanken Ø Die Führungsorganisationen der Landespolizeidirektionen, der Polizeipräsidien und der Polizeidirektionen sind unter Einrichtung eines gemeinsamen Stabes von Schutz- und Kriminalpolizei zuverschlanken Ø Zur Stärkung der Eigenverantwortung der Polizeipräsidien und -direktionen sind umfassend Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung (...) von den Regierungspräsidien auf die nachgeordneten Dienststellen zu delegieren Durch die Straffung der Führungs-, Stabs- und Verwaltungsstrukturen (...) sowie durch den Abbau von Hierarchieebenen sollen die Basisdienststellen personell verstärkt und die Präsenz gesteigert werden.41

Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG Ab 01.04.98 dürfen Polizeibeamte in Uniform alle Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn AG sowie die Interregio und D-Züge unentgeltlich benutzen. Dies gilt nicht nur für die Wege vom und zum Dienst. Eine entsprechende Vereinbarung - für zunächst 2 Jahre- wurde vom Land Baden-Württemberg und der Deutschen Bahn AG getroffen. Die erforderliche Genehmigung

40 Zulieferung des Landeskriminalamtes Stuttgart vom 19.04.99 41 Ebenda 46 zum Tragen der Uniform außerhalb der Dienstzeit wurde vom Innenministerium erteilt. Durch die Steigerung der polizeilichen Präsenz soll die subjektive und objektive Sicherheit der Fahrgäste verbessert werden. Die Polizeibeamten schreiten in den Zügen nach Maßgabe der landespolizeirechtlichen Vorschriften bzw. Strafprozeßordnung ein.42

Kosten Die Bereitstellung einer Anschubfinanzierung für Projekte hat sich als günstig herausgestellt. Nachdem sich abzeichnet, daß zur Gewährleistung einer langfristig und kontinuierlich durchzuführenden Präventionsarbeit ein zunehmender Bedarf an Geldmitteln aufkommt und Finanzierungsprobleme entstehen können, die nicht durch staatliche Mittel abgedeckt werden können, hat sich die Gründung von „gemeinnützigen Fördervereinen“ als zweckmäßig erwiesen. Derzeit arbeiten in Baden-Württemberg sieben Fördervereine zur Unterstützung der Kommunalen Kriminalprävention. Durch die Fördervereine erfolgt die Beschaffung von Geldmitteln durch Benefizkonzerte, Mitgliedsbeiträge, Spenden, Veranstaltungsgewinne und andere finanzmittelbeschaffende Maßnahmen. Daneben werden den Kommunen über das Landeskriminalamt durch das Innenministerium Zuschüsse für bestimmte, förderungswürdige und richtungsweisende Projekte kommunaler Kriminalprävention gewährt.43

„Das Mannheimer Modell“ Im Stadtkreis Mannheim wurden im Jahr 1996 insgesamt 40.260 Straftaten bekannt und kriminalstatistisch erfaßt. Ein Vergleich der Häufigkeitszahl der Stadt Mannheim mit allen anderen baden-württembergischen Städten zeigte, daß Mannheim seit Jahren mit die höchsten Straftatenbelastungen aufwies. Die Polizei ist den unterschiedlichen Delikten mit entsprechenden Konzepten entgegengetreten und hat bereits 1995 durch eine Strukturreform der Schutzpolizeiorganisation eine Kräftebündelung an Arbeitsschwerpunkten vorgenommen. Parallel zu den polizeilichen Bemühungen machten sich einige Bürger gemeinsam stark, um etwas gegen die Verfallserscheinungen ihrer Stadt zu unternehmen. 1996 wurde der „Bürgerverein Östliche Innenstadt e.V.“ gegründet. Mit Überschriften wie „Mit einem Wir- Gefühl gegen den Verfall“ und „Bürger zeigen Mut: Wir schauen nicht mehr weg“ trug man die innerstädtische Problematik in die Öffentlichkeit.

42 Artikel „Mehr Sicherheit auch in Zügen und auf Bahnhöfen“, In: Die Polizei-Zeitung Baden-Württemberg Nr. 2/98 43 Zulieferung des Landeskriminalamtes Stuttgart vom 19.04.99 47 Im Oktober 1997 wurde die Einsatzkonzeption „Sichere Stadt“ entwickelt und dem Innenministerium BW vorgelegt. Hintergrund war eine Verbesserung der Inneren Sicherheit durch ein bundesweit initiiertes Sicherheitsnetz, bei dem BGS-Kräfte gemeinsam mit der Landespolizei zum Einsatz kommen sollten. Da diese Sicherheitspartnerschaft zunächst im Rhein-Main-Neckar-Raum nicht zustande kam, wurde in Mannheim zur Zielerfüllung eine „Besondere Aufbau Organisation (BAO)“ gebildet. Das Polizeipräsidium Mannheim stellte an eigenen Kräften den Einsatzzug Mannheim, die Reiter- und Diensthundeführerstaffel sowie für ein halbes Jahr eine Radstaffel.

Es wurde eine neue Polizeiverordnung erlassen, in die als neue Tatbestände aufgenommen wurde: Ø Aufdringliches oder bedrängendes Betteln Ø Das Verunreinigen von Gehwegen, Straßen, Grün- und Freizeitanlagen und unterirdischen Anlagen durch Hunde bzw. die Verpflichtung des Halters oder Führers von Hunden, verursachte Verunreinigungen zu beseitigen Ø Das Sich-Niederlassen zum Genuß von Alkohol außerhalb zugelassener Freischankflächen (Biergärten, Straßencafes).

Der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg hatte nach Erlaß der Polizeiverordnung ein Alkoholverbot auf Straßen und Plätzen in Ravensburg für nichtig erklärt. Für die praktische Verfahrensweise in Mannheim bedeutet dies, daß zu dem genannten Tatbestand weitere Umstände wie Belästigungen von Passanten oder Verkehrsbehinderungen hinzukommen müssen. Die Stadt Mannheim hat 1998 zwölf uniformierte Ordnungshüter im Kommunalen Ordnungsdienst eingestellt, die Freizeitanlagen, Spielplätze u.a. überwachen. Sie können Personalien feststellen und Platzverweise aussprechen.

1998 hat sich die objektive Sicherheitslage - die durch die Fallzahlen der polizeilichen Statistik gemessen wird - zum Teil erheblich verbessert. Beim Straßenraub ergaben sich Rückgänge um 43%, beim Taschendiebstahl um 36%.44

44 Häffner, Manfred, Referat „Das Mannheimer Modell“ anläßlich einer Tagung vom 26.-28.03.99 an der Evangelischen Akademie in Bad Boll 48 Calw, Freiburg, Ravensburg/Weingarten

Die drei Städte beteiligten sich von 1993-1996 an einem Pilotprojekt zur Kommunalen Kriminalprävention, das vom Innenministeriumintiiert wurde. Das Projekt wurde von einer Forschungsgruppe evaluiert, die sich aus Wissenschaftlern des Instituts für Kriminologie der Universität Heidelberg, der Forschungsgruppe Kriminologie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, des Instituts für Rechtstatsachenforschung der Universität Konstanz und der Fachhochschule Villingen- Schwenningen - Hochschule für Polizei - zusammensetzte. Letzterer oblag die Forschungskoordination. In den Projektstädten wurden kommunalpräventive Gremien gegründet, die wiederum Arbeitsgruppen mit gezieltem Handlungsauftrag zu konkreten Themen einsetzten (z.B. „Ladendiebstahl“, „Gewalt und Jugend“ u.a.). 1997 empfahl das Innenministerium eine landesweite Umsetzung.45

45 vgl. hierzu BKA-Publikation „Infopool Prävention -Kriminalprävention in Deutschland und Europa -Akteure, Modelle und Projekte, 1997 49 6. 2 Bayern

Der Freistaat Bayern hatte 1997 mit 64,3% die höchste Aufklärungsrate46 im Bundesgebiet, was unter anderem darauf zurückgeführt wird, daß man seit Jahren nach dem Motto „Wehret den Anfängen“ verfährt. Dies bedeutet auch konsequentes Vorgehen gegen Ordnungsstörungen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit.47

Das Bayerische Kabinett hat am 12.05.98 ein Maßnahmenpaket „Initiative Bayern Sicherheit“ beschlossen. Dabei wurde eine Konzeption zur bayernweiten Einführung von Kontakt,-Jugend- und Schulverbindungsbeamten erarbeitet. Ferner sind Maßnahmen zur Ø Steigerung der polizeilichen Präsenz und Präventionstätigkeit Ø Eindämmung der Kinder- und Jugendkriminalität Ø Verbesserungen im Strafverfahren durch den Ausbau von Opferschutz und Zeugenbetreuung sowie beschleunigte Strafverfahren vorgesehen.

In einer gemeinsamen Erklärung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und der kommunalen Spitzenverbände vom 21.12.98 wird zum Ausdruck gebracht, daß der Zusammenarbeit aller mit Sicherheitsaufgaben betrauten staatlichen und kommunalen Stellen, aber auch von Bürgern und Bürgerinnen vor Ort, entscheidende Bedeutung bei der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten zukommt. Gleichzeitig werden die Polizeipräsidien sowie die staatlichen und kommunalen Behörden aufgefordert, auf die Umsetzung dieser Erklärung hinzuwirken.48

Auf kommunaler Ebene haben sich zahlreiche Einzelprojekte entwickelt, die in der BKA- Dokumentation „Infopool Prävention - Kriminalprävention in Deutschland - Akteure, Modelle und Projekte“ (ab 1999 unter dem neuen Titel: Kriminalprävention in Deutschland, Länder-Bund-Projektsammlung) ausführlich dargestellt sind.

46 Polizeiliche Kriminalstatistik 1997, Seite 64 47 Gemeinsame Presseerklärung von BMI Kanther und IM Beckstein am 04.06.98 48 Zulieferung des Landeskriminalamtes München vom 16.04.99 50 Beispielhaft seien an dieser Stelle erwähnt: Die „Mobile Polizeiwache“, die in Augsburg zum Einsatz kommt und das Sicherheitsgefühl stärken soll und der 1998 in Nürnberg geschlossene „Sicherheitspakt“ zwischen Polizei, Justiz, der Stadt Nürnberg und ihren Bürgern.

Zu den Modellen bzw. Maßnahmen, die im Rahmen einer Gesamtkonzeption umgesetzt wurden, gehören: Ø Einrichtungen der kommunalen Kriminalprävention (Sicherheitsbeiräte) Ø die Sicherheitswacht und Ø Sicherheitsberater für Senioren.

Der Zentrale Psychologische Dienst (ZPD) des PP München führte 1997 eine Untersuchung/Bürgerbefragung zum Sicherheitsempfinden der Bevölkerung durch, deren wichtigste Ergebnisse nachfolgend kurz zusammengefaßt sind: Ø In ihrer Wohnung und in ihrem Viertel fühlen sich die meisten der befragten Bürger sicher. Ein Viertel der Befragten gibt jedoch an, sich in der Stadt nicht sicher zu fühlen Ø Etwa jeder Fünfte gibt zu, Angst vor Verbrechen zu haben. Dabei sind es auffallend viele junge Leute und daneben überproportional viele Frauen, die Angst haben, Opfer einer Straftat zu werden Ø Aus der Sicht des Bürgers findet Kriminalität (...) im öffentlichen Raum statt Ø Mutmaßungen zu potentiellen Tätern konzentrieren sich auf Bevölkerungsgruppen wie z.B. Ausländer, Jugendliche oder Drogenabhängige Ø Beeinträchtigungen im öffentlichen Leben, Dinge also, die als störend empfunden werden, wenn man durch die Stadt geht, haben vor allem mit Straßenverkehr, mit herumlungernden Obdachlosen und mit Verunreinigungen wie Müll und Hundedreck zu tun.

51 Aufgrund dieser - nur auszugsweise dargestellten - Ergebnisse wurde ein Maßnahmenkonzept erarbeitet, dessen vielfältige Einzelmaßnahmen sich unter fünf Oberbegriffen darstellen lassen: a) KOB (Kontaktbereich)

- Sachbearbeiter Prävention, flexible und verstärkte Dienstzeiten der Kontaktbereichsbeamten

- Bürgersprechstunde: So soll erreicht werden, daß die Polizei dem Bürger vermehrt für Gespräche zur Verfügung steht. Die Sprechstunde kann auch - mobil - in Bussen durchgeführt werden

- Sicherheitsbegehung: Bürgern, die sich intensiv mit ihrem Stadtteil beschäftigen, soll die Möglichkeit gegeben werden, ihnen bekannte Sicherheitsmängel und andere Anliegen der Polizei vor Ort darzulegen und ggf. Abhilfemöglichkeiten zu erörtern

- Opfernachsorge: In Fällen, in denen der Bürger als Opfer in seiner Privatsphäre besonders beeinträchtigt ist (z.B. Wohnungseinbruch), soll der Kontaktbeamte nach Anzeigenerstattung Kontakt mit dem Geschädigten aufnehmen. Dem Bürger soll vermittelt werden, daß er einen festen Ansprechpartner bei der Polizei hat und nicht allein gelassen wird. b) Streifen/Präsenz

- Präsenzstreifen, Solostreifen, MVV-(Bahnhofs-)Streifen, Radstreifen, Fußstreifen

- Hinweiszettel, Anhaltungen/persönliche Verwarnungen. c) Presse/Medien/Kommunikationsmittel

- Polizeikolumne, Präventionsbeiträge im Pressebericht, Darstellung polizeilicher Erfolge, Internet/e-Mail, Servicetelefon, Infoscreen, Werbung für die Telefonnummern der Polizei. d) Sonstiges

- Tragen von Uniformen, Hinweisschilder auf Polizeidienststellen, VHS-Kurse durch Polizeibeamte, Polizeiladen

- Sicherheitstraining für Bürger bestehend aus psychologischem Rahmenprogramm, körperlicher Selbstverteidigung und praktischen Übungen

52 - Einsatz von Videoüberwachungsanlagen

- Verkehrsaufklärungsgespräche im Rahmen von Verkehrskontrollen, Schwerpunktaktionen, Info-Ständen u.ä. e) Kontrolle

- Wiederholung der Bürgerbefragung nach 1-2 Jahren

- Kurzerhebung über die Bürgerzufriedenheit nach einem Polizeikontakt

- Kontrollen der Präventionsaktivitäten durch Polizeiführung.

Die einzelnen Direktionen haben die Umsetzung der Konzeption weitestgehend in die Verantwortlichkeiten ihrer Inspektionen delegiert, wo die Maßnahmen entsprechend der jeweiligen Aufgabenschwerpunkte und des jeweiligen Personalstandes umgesetzt werden. Die Resonanz in der Bevölkerung ist positiv.49

Sicherheitsbeiräte Bei den Sicherheitsbeiräten handelt es sich um kriminalpräventive Einrichtungen, die auf unterster Ebene Kriminalitätsprobleme erkennen und Lösungsvorschläge erarbeiten sollen. 1998 existierten 16 derartige Gremien. Aufgabe der Beiräte ist es , das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken und ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an präventiver Verbrechensbekämpfung zu fördern. Die Polizei ist in den Gremien vertreten, hat aber kein Stimmrecht, sondern eine eher beratende, informatorische Funktion.50

Sicherheitswacht Am 01.01.1994 trat das Sicherheitswachterprobungsgesetz in Kraft (seit Januar 1997 Sicherheitswachtgesetz). Dabei handelt es sich um derzeit 350 ehrenamtlich tätige Bürger, die uniformiert, aber unbewaffnet sind und deren Aufgabe es ist, die Polizei bei der Bekämpfung der Straßenkriminalität zu unterstützen.51

49 Zulieferung des Polizeipräsidiums München vom 12.02.99, „PP München – Bürgerbefragung und Konzeption zur Steigerung des Sicherheitsempfindens“ 50 Van Elsbergen, Gisbert, „Die BRD im Spiegel ihrer Präventionsaktivitäten“, In: Die Kriminalprävention, Zeitschrift des Europäischen Zentrums für Kriminalprävention, Ausgabe 3/99 51 BKA-Publikation „Infopool Prävention - Kriminalprävention in Deutschland und Europa - Akteure, Modelle und Projekte, 1997 53 Die Angehörigen der Sicherheitswacht werden von der örtlichen Polizei ausgewählt und ausgebildet, bedarfsorientiert eingesetzt, angeleitet und betreut. Sie sind ehrenamtlich tätig und erhalten für ihren Aufwand eine pauschale Entschädigung. Sie tragen Zivilkleidung mit einer Kennzeichnung, die ihre Eigenschaft deutlich macht und erhalten einen Dienstausweis.

Sicherheitsberater für Senioren Mit dem landesweiten Projekt Sicherheitsberater für Senioren sollen u.a. - speziell bei älteren Menschen - das Sicherheitsgefühl gestärkt, Verhaltenstips gegeben und so Kriminalitätsängste abgebaut werden. Die zuständigen Polizeidirektionen bilden die Seniorenberater für ihre Aufgabe aus und unterstützen sie logistisch.52

Die Umsetzung der bestehenden Konzeptionen und Modelle erfolgt personalneutral, zusätzliche Finanzmittel stehen nicht zur Verfügung. Entstehende Aufwendungen werden im Rahmen der Budgetierung durch Umschichtungen aufgefangen.

52 Schreiben des Landeskriminalamtes München vom 30.11.98 54 6. 3 Berlin

In den Jahren 1997/98 wurden 13 Sicherheitsbeiräte für Aufgaben der kommunalen Kriminalprävention eingerichtet, in denen die örtliche Schutz- und/oder Kriminalpolizei vertreten ist. Bereits 1975 wurde im Rahmen der Berliner Polizeistrukturreform ein dichtes Netz von Kontaktbereichsbeamten (durchschnittlich ein Kontaktbereichsbeamter pro 3.500 Einwohner oder pro 0,5 Quadratkilometer) mit einem jährlichen individuellen Beratungsaufkommen von 12.000 Bürgerinnen und Bürgern geschaffen. Am 11.02.98 wurde das Berliner Modell eingeführt, das unter anderem die Bildung von Dienstgruppen mit bedarfsorientierten Personalstärken unter Abkehr vom starren Schichtdienst, eine durchgehende eigenständige Bearbeitung der kleinen Kriminalität sowie die Verstärkung von Präsenzdiensten vorsieht.53 Die Konzeption des Berliner Modells, die den Grundgedanken der organisatorischen Straffung und Effizienzsteigerung des Personaleinsatzes der Berliner Polizei durch die verstärkte Einbindung der in die Kriminalitätsbekämpfung verfolgt, sieht folgende Maßnahmen vor:

Ø Effizienter Kräfte- und Mitteleinsatz durch Ausnutzung technischer Möglichkeiten Ø Reduzierung der hohen Funkwageneinsatzzahlen auf tatsächlich eilbedürftige Einsätze Ø Bildung von Dienstgruppen unter Einbeziehung des Kontaktbereichsdienstes und der Vorgangsbearbeitung Ø Abschließende Bearbeitung „in einer Hand“ Ø Dienstzeitenregelung orientiert an den Bedürfnissen der Bürger Ø Aufgabenwahrnehmung der Dienstgruppen möglichst in Form von Fuß- oder Fahrradstreifen Ø Einrichten eines Bürgertelefones - permanente Auswertung von Beschwerden und Hinweisen

53 Zulieferung des Landeskriminalamtes Berlin vom 04.05.1999 55 Ø Verstärkte Bürgerbeteiligung bei der Lösung lokaler Probleme Ø Einbinden der Ordnungsbehörden auf Bezirksebene, um Maßnahmen koordiniert treffen zu können Ø Situationsbedingte Einbindung anderer Institutionen, Ämter etc. Ø Entwicklung lokaler Konzepte Ø Offensive Öffentlichkeitsarbeit.54

Das Berliner Modell, das ohne zusätzliches Personal, aber mit erheblichem logistischen Aufwand (Bürokommunikation, Gebäudeaussstattung etc.) umgesetzt wird, erstreckt sich derzeit auf eine der sieben Polizeidirektionen , soll jedoch im Sommer/Herbst 1999 auf eine weitere Polizeidirektion ausgedehnt werden. Der insgesamt erforderliche finanzielle Aufwand zur vollständigen Umsetzung desBerliner Modells auf ganz Berlin läßt sich - auch nach dem gut einjährigen Probelauf in der Direktion 5 - noch nicht abschließend beziffern.55

Neben diesen Strukturreformen neueren Datums ist festzustellen, daß in Berlin bereits seit 1961 eine Einbindung des Bürgers in polizeiliche Belange in Form einer „Freiwilligen Polizeireserve“gegeben ist. Nach einer Ausbildungsdauer von 14 Tagen in verschiedenen Fachbereichen wird die „ Freiwillige Polizeireserve“ für Aufgaben des Objektschutzes, allgemeine Polizeiunterstützungsmaßnahmen bei Großveranstaltungen, Demonstrationen etc. eingesetzt. Für ihr Engagement erhalten die „Polizeireservisten“ eine finanzielle Entlohnung.56

54 Senatsverwaltung für Inneres, „Initiativen zur Verbesserung der Sicherheit in Berlin“ und gemeinsame Presseerklärung von Bundesinnenminister Manfred Kanther und Innensenator Jörg Schönbohm zur „Aktion Sicherheitsnetz“ in Berlin vom 22.01.98 55 Zulieferung des Landeskriminalamtes Berlin vom 04.05.1999 56 Artikel „Freizeitpolizisten in Berlin und Baden-Württemberg“, In: Bürgerrechte & Polizei, 13, 1982 56 6. 4 Brandenburg

In Brandenburg gibt es derzeit 65 Gremien auf lokaler Ebene, die sich bestimmter Sicherheitsthemen annehmen. Seit 1994 läuft das Projekt „Sicherheitspartner“, das den Bürgern die Möglichkeit bietet im Sicherheitsbereich als Sicherheitspartner teilzunehmen; die Tätigkeit besteht im wesentlichen im Patrouillendienst, wobei - im Unterschied zu den bayerischen Sicherheitswächtern - zwar auch die Jedermannsrechte ausgeübt, jedoch keine Ausweispapiere abverlangt werden können. Somit haben die Sicherheitspartner keine hoheitlichen Rechte und können nicht dem öffentlichen Dienst zugerechnet werden.57 Zur Zeit beteiligen sich ca. 30 Städte und Gemeinden am Einsatz und der Ausbildung von „Sicherheitspartnern“.58

In wurde 1995 die „Sicherheitskonferenz“ ins Leben gerufen, in der Stadtplaner, Pastoren, Polizeibeamte, Ausländerbeauftragte, Vertreter der Industrie-und Handelskammer sowie Vertreter der Medien an einem „runden Tisch“ die Probleme Potsdams erörtern und schließlich neue Ideen für die Umsetzung in der Präventionsarbeit konzipieren. Der Innenminister von Brandenburg konstatiert, daß viele Fortschritte im Bezug auf die Bekämpfung der alltäglichen Kriminalität nicht unbedingt in Zahlen meßbar sind, es aber auf die Richtung ankomme. Viele konkrete Projekte ebnen hier den Weg. Die Schaffung von Freizeitaktivitäten für Jugendliche, zum Beispiel „Mitternachtsbasketball“ oder die Errichtung einer Begegnungsstätte für die Nachbarschaft. Jugendliche werden von der Straße ferngehalten und anderen Formen der Freizeitgestaltung zugeführt. Die „Sicherheitskonferenz“ wird als vorbildhaft in der präventiven kommunal wirkenden Sicherheitslandschaft gehandelt.59

Im Jahr 1997 wurde - aufgrund einer Zunahme von Raub- und Körperverletzungsdelikten begangen von Straftätern unter 21 Jahren im Schutzbereich Fürstenwalde - eine Konzeption für eine neue Polizeieinsatzform entwickelt, die der wachsenden objektiven und subjektiv

57 Newiger,G., Modellversuch „Sicherheitspartner“ in Brandenburg, In: Bürgerrechte & Polizei, 51, Nr. 2, 1995 58 Dittfeld, H., Lob vom Innenminister für Potsdams Sicherheitskonzept.Gellenbeck, „Die Delikte sind definitiv zurückgegangen“, In: Potsdamer Neueste Nachrichten, 08.08.96 59 Gaserow, V., „Einmischen erwünscht. Wie die Sicherheitskonferenz der Gewalt vorbeugt“, In: Die Zeit, 04.04.97 57 empfundenen Gewalt begegnen und insbesondere die Zielgruppe Kinder und Jugendliche erreichen sollte. Ziele und Inhalt der neuen Polizeieinsatzform, der Präventions-Jugendstreife, sind eine Erhöhung der Polizeipräsenz (ausschließlich durch Fußstreifentätigkeit an Schwerpunktorten und -zeiten von jugendlichen Aufenthalten), Erhöhung des Sicherheitsgefühls unter der Bevölkerung und Aufgreifen jugendspezifischer Probleme.60 Des weiteren hat sich zur Bekämpfung von Jugendgruppengewalt die besondere Aufbauorganisation „MEGA“ bewährt, die durch operative Maßnahmen wie schlagartige Personen- und Fahrzeugkontrollen, potenziell rechte, fremdenfeindliche oder sonst gewaltbereite Täter an ihren Treffpunkten aufspürt und kontrolliert. Dies hat zum Ziel, deren Anonymität zu beseitigen, Tatgelegenheiten aufzubrechen, die Szene zu verunsichern und Grundlagen für die Aufklärung von Straftaten zu schaffen.61 Seit der Beschlußfassung der Innenministerkonferenz vom Februar 1998 wurden mehrfach Einzelerlasse des Innenministeriums , insbesondere zum Thema Jugendkriminalität, delegiert.62 Mit der Öffnung der Polizei für jugendtypische Probleme ist die zwingende Forderung erwachsen, bereits vernetzte Strukturen der Sozialarbeit noch enger zu verflechten und ständig im Gespräch zu bleiben.63 Einer Mitteilung der Katholischen Nachrichten Agentur vom 12.04.99 ist zu entnehmen, daß sich - auch ohne Unterstützung der Polizei - Präventionsmodelle problemorientiert und anlaßbezogen entwickeln. Es wurde ein Netzwerk „Beratungssytem Schule“ gegründet, das künftig Brandenburgs Schulen in Fragen der Bekämpfung von Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit berät. Diesem Netzwerk schlossen sich 70 Lehrkräfte, Schulräte, Schulpsychologen und Mitarbeiter der regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule an. Die Initiative wird von Brandenburgs Bildungsministerin unterstützt. Vor dem Hintergrund der vielfältigen obengenannten Aktivitäten ist Brandenburgs Entscheidung, sich an Modellversuchen des proklamierten „Sicherheitsnetzes“ IMK-( Beschluß vom 02.02.98) nicht zu beteiligen, nachvollziehbar. Allerdings besteht eine Sicherheitskooperation zwischen der brandenburgischen Polizei und dem Bundesgrenzschutz, die eine enge Zusammenarbeit insbesondere an der brandenburgisch-polnischen Grenze vorsieht, um die dortige grenzüberschreitende

60 Zulieferung des LandeskriminalamtesBasdorf vom 12.04.99 61 Zulieferung des LandeskriminalamtesBasdorf vom 11.03.99 62 Zulieferung des LandeskriminalamtesBasdorf vom 14.04.99

58 Kriminalität zu reduzieren. Im Rahmen dieser Sicherheitskooperation befindet sich eine gemeinsame Dienststelle von Polizei und Bundesgrenzschutz auf dem neuen Großflughafen Berlin-Schönefeld in Vorbereitung.64 Zur ständigen Weiterentwicklung und Aktualisierung ihrer kriminalpräventiven Maßnahmen wurde anläßlich eines Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg im Zeitraum 1997/1998 eine Expertenbefragung zum „Subjektiven Sicherheitslagebild“ durchgeführt. Landesweit wurden ca. 1600 Experten (hierunter wurden herausragende Persönlichkeiten, Politiker etc. eines Regierungsbezirkes verstanden) nach ihrer Einschätzung der subjektiven Sicherheitslage in ihren Zuständigkeitsbereichen befragt. Als Ergebnis der Expertenbefragung ist die Aufdeckung von Angsträumen sowie die Darlegung von Lösungsvorschlägen und die Einschätzung der polizeilichen Arbeit festzustellen. Die durch die Befragung gewonnenen Erkenntnisse sind sowohl Führungsinstrument der Polizei, als auch Grundlage der Erörterungen mit vorhandenen Bürgergremien. Zudem soll die Einbeziehung der Experten eine Erhöhung des Problembewußtseins in der Bevölkerung bewirken. Die Befragung soll in drei bis vier Jahren - voraussichtlich unter Einbeziehung der Fachhochschule der Polizei Brandenburg bzw. einer universitären Einrichtung - wiederholt werden.65

Hinsichtlich durchgeführter Umstrukturierungsmaßnahmen personeller, logistischer oder finanzieller Art wurden seitens des LKA Brandenburg keine Aussagen getroffen.

63 Zulieferung des LandeskriminalamtesBasdorf vom 12.04.99 64 Pressemeldung der Berliner Morgenpost „Brandenburgs Polizei und der BGS wollen eng kooperieren“ vom 08. Juni 1999 65 Zulieferung des LandeskriminalamtesBasdorf vom 12.04.99 59 6. 5 Bremen

Siehe „Modellprojekte der Bundesregierung (Sicherheitspartnerschaften)“ Ø Bremen (Pkt. 5.3).

6. 6 Hamburg

Aufgrund der seit den 80er Jahren verfolgten Strategie, eine bürgernahe gemeinwesenorientierte Ausrichtung der polizeilichen Arbeit einzuführen und umzusetzen, was sich in den Sicherheitspartnerschaften seit 1995, dem Orientierungsrahmen seit 1996 und diversen Einzelprojekten widerspiegelt, wurde die Initiative des IMK-Beschlusses vom 02. Februar 1998 ausdrücklich befürwortet, führte jedoch nicht zur Erarbeitung neuer Hamburger Konzepte.

Die Idee einer Sicherheitspartnerschaft wurde zunächst mit dem Begriff „ Stadtteilforum Sicherheit“ bezeichnet. In Hamburg gibt es derzeit (Stand: März 1999) 68 „Gruppierungen“, in denen je nach Problemstellung Mitglieder der Polizei, anderer Behörden und Institutionen, Wirtschaftsunternehmen, Kirchenverbänden, Privatpersonen etc. vertreten sind. Sie werden als „Gesprächskreise“, „Stadtteilkonferenzen“, „Arbeitskreise“ oder auch „Runde Tische“ bezeichnet und arbeiten gezielt, problemorientiert und anlaßbezogen zusammen. Diese Zusammenschlüsse sind kurzfristig angelegt und lösen sich nach Lösung des Problems in der Regel wieder auf. Am 11.01.1995 stellte die Polizei alle Initiativen, die zu einer Verbesserung der Kommunikation, der Zusammenarbeit hinsichtlich durchzuführender Präventionsmaßnahmen und zu mehr Nähe zu den betroffenen Bürgern führen sollten, unter das Rubrum „ Sicherheitspartnerschaften Bürger und Polizei“. Drei Polizeireviere wurden als Pilotbereiche ausgewiesen. Die positive Resonanz, die sich aus der Arbeit der drei „Pilotreviere“ ergab, führte zu einer generellen Bemühung , den Gedanken der „Bürgernähe“ zu intensivieren.

60 Gemeinwesenorientierte Polizeiarbeit erfordert die Bereitschaft, sich unter Berücksichtigung der lokalen Strukturen neue Wege in der inner- und außerbehördlichen Zusammenarbeit, der Problemerkennung und -erfassung zu erschließen.

Am 10.09.1996 wurde der Orientierungsrahmen zur Stärkung einer bürgernahen Polizeiarbeit und zur Weiterentwicklung von Sicherheitspartnerschaften im örtlichen Bereich in Kraft gesetzt. Dieser Orientierungsrahmen geht auf die grundlegenden Situationen der Sicherheit der Bürger im Wohnumfeld und im weiteren Lebensbereich ein und bezieht sich auf die kriminologischen Regionalanalysen von Hamburg. Ziele, Arbeitsschwerpunkte und mögliche Probleme der Sicherheitspartnerschaften werden herausgearbeitet; es werden beispielhaft Handlungsmöglichkeiten zur Förderung der Bürgernähe beschrieben. Der Orientierungsrahmen richtet sich an alle Bediensteten, Vorgesetzten und die Dienststellen. Im Orientierungsrahmen werden wichtige Elemente der „bürgernahen Polizeiarbeit“ berücksichtigt, wie:

Ø Ortsspezifische Analysen zur Maßnahmenplanung Ø Problemorientierte, an den Bürgerinteressen ausgerichtete Handlungsansätze im Zuständigkeitsgebiet statt zentral festgelegter Maßnahmen Ø Auswertung und Förderung der Polizeiarbeit vor Ort Ø Erhöhte sichtbare polizeiliche Präsenz Ø Stärkung der Problemlösungskompetenz der Polizeibeamten Ø Prävention, Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Aufklärung Ø Erfolgskontrolle, die sich nicht nur an Fallzahlen orientiert, sondern auch Wahrnehmungen der Bürgerinnen und Bürger einbezieht.

Sicherheitspartnerschaften werden bei Vorliegen eines lokalen Problems initiiert. Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden und Institutionen werden problemorientiert bei der Problemlösung miteingebunden. Häufig sind entstehende Beschwerdelagen bei den Behörden Auslöser der Zusammenarbeit. Darüber hinaus gibt es Aktivitäten, die nicht von Bürgerinnen und Bürgern, sondern von Verantwortungsträgern - aufgrund bestehender Problemlagen - initiiert werden, wie z.B. das

61 Projekt „Sichere Nachbarschaften“. Ausgehend von Gesprächen zwischen der Leitung der Behörde für Inneres und Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Wohnungsunternehmen über Sicherheitsbelange in Großsiedlungen, kam es im Juli 1998 zur Einrichtung von Patenschaften unter dem Motto „Sichere Nachbarschaften“. Jeweils ein Vertreter der Wohnungsgesellschaften und ein Vertreter aus der Behörde für Inneres übernahmen gemeinsam die Verantwortung für einen bestimmten örtlichen Bereich, um dort Problemlösungsprozesse zu initiieren. Diese „Sicheren Nachbarschaften“ mit Pilotcharakter haben das Ziel, unter Einbeziehung quartiersbezogener Initiativen die Bürgerinteressen vor Ort zu aktivieren, um örtlichen Problemlagen entgegenzuwirken bzw. ihnen vorzubeugen.

Über die oben beschriebenen anlaßbezogenen und problemorientierten Sicherheitspartnerschaften hinaus, wurden von einigen Bezirksämtern „Sicherheitskonferenzen“ eingerichtet, die unabhängig von einem konkreten Problem, Strukturen für kooperative Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bürgern, Bürgerinitiativen, gesellschaftlichen Institutionen und betroffenen Behörden anregen, um Probleme eines Stadtteils zu reduzieren. Es bestehen derzeit zwei Pilotmodelle dieser Art in Altona und Harburg.

Die oben dargestellten Aktivitäten wurden ohne zusätzliche Mittel personeller, logistischer oder finanzieller Art durchgeführt; strukturelle Umorganisationen wurden nicht vorgenommen.66

66 Zulieferung des Landeskriminalamtes Hamburg vom 19.04.99 62 6. 7 Hessen

Seit 1992 existieren Gremien, die sich mit Kriminalprävention auf kommunaler Ebene auseinandersetzen. Als Dachorganisation fungiert der Landespräventionsrat, der in Hessen den Namen „Sachverständigenkommission für Kriminalprävention der Hessischen Landesregierung“ trägt; in ihm sind Angehörige aus allen hessischen Ministerien wie aus allen übrigen gesellschaftlichen Bereichen vertreten. Bei der Themenauswahl nimmt „Gewalt“ (Gewalt gegen Minderheiten, Gewalt im sozialen Nahbereich und städtische - öffentliche - Gewaltsituationen) eine exponierte Stellung ein.67 Hessen verfügt über 75 lokale Präventionsräte.68

Vor dem Hintergrund des IMK-Beschlusses vom 02.02.98 sowie in Anknüpfung an die Fortschreibung des Programms für Innere Sicherheit 1994, das Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, die Bundesratsentschließung zur Inneren Sicherheit vom 26. September 1997 und die Koalitionsvereinbarung für die 14. Wahlperiode (1995 - 1999) des Hessischen Landtags wurde mit Erlaß des Hessischen Ministeriums des Innern, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz (HMdILFN) vom 17. März 1998 eine Arbeitsgruppe mit der Feststellung von Möglichkeiten zur Steigerung der polizeilichen Präsenz (AG Präsenz) beauftragt. Die verstärkt sichtbare Präsenz soll den Bürgerinnen und Bürgern wieder ein stärkeres Gefühl der Sicherheit vermitteln. Wichtig ist hierbei auch, zu einer Begriffserklärung „Präsenz“ zu kommen und das Verständnis dafür zu wecken, daß „Präsenzarbeit“ ein eigenes Tätigkeitsfeld darstellt und eröffnet. Der Bericht der AG Präsenz ist bewußt nicht als Konzeption gestaltet, die den Dienststellen ohne Berücksichtigung spezifischer Gegebenheiten und bereits eingeleiteter Maßnahmen quasi aufgezwungen wird. Vielmehr sollen Anregungen gegeben werden, um die Diskussion zu unterstützen, zu einem verbesserten Überblick beizutragen und Entscheidungshilfen zu geben.69

67 Van Elsbergen, Gisbert, „Die Bundesrepublik Deutschland im Spiegel ihrer Präventionsaktivitäten“, In: Europäisches Zentrum für Kriminalprävention, Ausgabe 3/1998 68 Schmitt, Robert, „Kriminalprävention - aber wie ?“, In: Hessische Polizei Rundschau 3/99 69 Abschlußbericht der Arbeitsgruppe „Steigerung der polizeilichen Präsenz“, November 1998 63 Hessische Polizeidienststellen führen bereits eine Vielzahl an Modellen bürgernaher Polizeiarbeit durch; die Bereitschaft der Kommunen zur Kooperation und damit zur gemeinsamen Kriminalprävention nimmt zu. In einer Druckschrift vom 15.10.1998 hat der Hessische Städte- und Gemeindebund die Sicherheit in Städten und Gemeinden thematisiert und Informationen sowie Lösungsvorschläge zur kommunalen Kriminalprävention erarbeitet.

Diese Druckschrift und der Arbeitsgruppenbericht zur Steigerung der polizeilichen Präsenz wurden den hessischen Dienststellen mit Erlaß vom 13.01.1999 in der Absicht übermittelt, die Anregungen und Handlungsvorschläge auf die örtlichen Gegebenheiten zu transformieren. Eine zusammenfassende Darstellung gemeinwesenorientierter Aktionen und Aktivitäten aufgrund lokaler Gegebenheiten und Bedarfslagen sind im INFO-POOL des HLKA enthalten. Hervorzuheben sind hierbei zwei Projekte der PD Friedberg, die bundesweite Beachtung finden, und zwar:

Ø Sicherheitsberater für Senioren - ältere Menschen beraten ältere Menschen in Fragen ihrer persönlichen Sicherheit (1995 mit dem KPVP-Präventionspreis ausgezeichnet). Ø „FEIN“-Codierung, ein System, mit dem über einen Buchenstaben-Zahlencode auf den jeweiligen Eigentümer eines Wertgegenstandes geschlossen werden kann.

Neben kommunalen und bereichsorientierten Aktivitäten hinaus wurden landesweit in Hessen von Oktober 1997 bis Februar 1999 insgesamt 15 sogenannte Landesaktionstage mit dem Ziel durchgeführt, die Bevölkerung bezüglich aktueller Probleme und gesellschaftlicher Themen zu sensibilisieren und zu informieren. Themen dieser Landesaktionstage waren: „Sicheres Haus“, „Rückhaltesysteme im Pkw“, „Sicher Einkaufen in der Vorweihnachtszeit“, „Alkohol im Straßenverkehr“, „Senioren“, „Tag der offenen Tür“, „Skater und Radfahrer“, „Disco“, „Freizeit-Diebstahl“, „Schulwegsicherung“, „Jugend“, „Auto winterfit“, „Sicherer Einkauf“, „Betrug an der Haustür“, „Alkohol am Steuer“.

Für die Umsetzung der lokalen Konzeptionen sind grundsätzlich die Dienststellen selbst verantwortlich. Bei der Mehrheit der Aktionen geschieht dies in Zusammenarbeit (auch finanziell) mit Kommunen und anderen Trägern der Kriminalprävention, z.B. mit den Vereinen „Bürger und Polizei“.

64 Unterstützt werden die Dienststellen hierbei insbesondere durch die Zentralstelle für Öffentlichkeitsarbeit, Prävention und Beratung des HLKA.

Die landesweiten Aktionstage erforderten einen erheblichen Personal- und Sachmittelaufwand (1000 bis 1500 Beamtinnen und Beamte). Für die Logistik war eine Lenkungsgruppe beim HMdILFN verantwortlich.70 Strukturelle Veränderungen (neue Steuerungsmodelle) im Bereich der Polizei werden mit der allgemeinen Verwaltungsmodernisierung „Verwaltungsreform 2000“ einhergehen.71

70 Schreiben des Landeskriminalamtes Wiesbaden vom 15.04.99 71 Erlaß HMdILFN vom 31.01.95, Staatsanzeiger für das Land Hessen 7/1995 65 6. 8 Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern bestehen 43 kommunale Präventionsräte, die aufgrund lokaler Problemlagen Projekte initiieren (Stand: 07.05.99). Die Koordinierung der landesweiten Maßnahmen obliegt dem Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung (LfK), dem als freiwillige Mitglieder Vertreter von staatlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und privaten Einrichtungen angehören. Am 20.02.99 stellte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern ein neues „Präventionskonzept“ vor; wesentlicher Bestandteil dieses Konzepts ist der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Präventionsräten zur Kriminalitätseindämmung. Repression und Prävention sollen gleichrangig behandelt werden. Ein Landespräventionsrat wird für die Koordinierung der kommunalen Räte und für die Förderung von Projekten zuständig sein. Das Gremium soll eine feste Geschäftsstelle erhalten. Der Etat des Präventionsrates wurde für die nächsten zwei Jahre auf 650.000 DM aufgestockt.72

Erstmalig wird in der Zeit vom 10.05. bis 12.09.99 ein Projekt durchgeführt, das durch Personalverstärkung ausgewählter Dienststellen die Einrichtung von zusätzlichen Bäderdienstwachen ermöglicht. Zielrichtung dieser Bäderdienstwachen, die überwiegend in Urlaubsorten der Ostsee (z.B. Rügen, Usedom etc.) eingesetzt werden und durch verstärkte Fußstreifentätigkeit Präsenz zeigen, ist die Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung und der Urlaubsgäste. Darüber hinaus ist die Bildung von „Saisonräten“ Gegenstand dieses Projektes; die aus Polizei, Kommunen und anderen Verantwortungsträgern gegründeten Saisonräte erarbeiten gemeinsame detaillierte Sicherheitskonzeptionen, die sich schwerpunktmäßig auf die Verbesserung des Sicherheitsstandards auf Campingplätzen ausrichten. Dieses Projekt wird durch die Abordnung von insgesamt 124 Beamtinnen und Beamten der , Landespolizeischule, sowie kommunalen Verantwortungsträgern realisiert. Ein weiteres Projekt besteht in der Durchführung von landesweiten Verkehrskontrollen, Realisierung von Verkehrssicherheitswochen sowie schwerpunktmäßiger Verkehrsüberwachung unter Einbeziehung verdachtsunabhängiger Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen.

66 Im Rahmen der Verkehrssicherheitswochen wird den Bürgern die Möglichkeit gegeben, aktiv an Verkehrsaktionen mitzuwirken. Der Gedanke der bürgernahen Polizeiarbeit findet sich unter anderem in einer grundsätzlichen Erhöhung der polizeilichen Präsenz durch vermehrte Fußstreifendienste und dem Einsatz von Kontaktbereichsbeamten wieder. Je nach Einsatzort werden von einem Kontaktbereichsbeamten ca. 10.000 Einwohner (Stadtbereich) oder 5.000 Einwohner (ländlicher Bereich) betreut. Besondere Maßnahmenkonzepte beinhalten die Erhöhung der polizeilichen Präsenz an Feiertagen bzw. zu besonderen Anlässsen (z.B. Weihnachten, Jahreswechsel etc.). Kernpunkt dieses Maßnahmenkonzeptes bildet die am 18.06.1998 in Greifswaldunterzeicnete Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Mecklenburg- Vorpommern über die Bildung eines gemeinsamen Sicherheitskooperationssystems zwischen ihren Polizeien.

Die genannten Projekte werden durch eine Schwerpunktsetzung innerhalb der Aufbaustruktur der Landespolizei bzw. mit Hilfe von kommunalen Einrichtungen, ohne zusätzliche personelle oder finanzielle Zuweisungen, umgesetzt.73

72 Volgmann,Thomas, „Innenminister will mit Räten gegen Kriminalität vorgehen“, In: Schweriner Volkszeitung, 20.02.99 73 Zulieferung des Landeskriminalamtes Schwerin vom 07.05.99 67 6. 9 Niedersachsen

1996 wurde in Niedersachsen ein Landespräventionsrat gegründet, dessen Aufgaben in einer Geschäftsordnung festgelegt sind. Zu diesen Aufgaben gehören u.a. die Beratung der Landesregierung bzw. auf kommunaler Ebene die Unterstützung bei der Einrichtung kriminalpräventiver Gremien. Im Landespräventionsrat sind Angehörige der obersten Landesbehörden, des Landeskriminalamtes, Landesjugendamtes, Institutionen des öffentlichen Lebens sowie Wissenschaftler vertreten. Anfang 1999 wurden für Niedersachsen 71 kommunale Präventionsgremien gemeldet.

Per Runderlaß des Innenministeriums ging allen Polizeibehörden und -einrichtungen im Juli 1998 die Bitte zu, bürgerorientierte Polizeiarbeit verstärkt zu thematisieren. Aus diesem Erlaß werden nachfolgend die wichtigsten Punkte auszugsweise dargestellt:

Ø Nach einleitenden Ausführungen zum Sicherheitsgefühl wird darauf eingegangen, daß die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine Aufgabe ist, die nicht allein von der Polizei erfüllt werden kann. Erst koordiniertes Zusammenwirken von staatlichen und kommunalen Institutionen, z.B. in Sicherheitspartnerschaften oder Präventionsräten, führt zu dem gemeinsamen Ziel, Kriminalität einzudämmen.

- Unter Sicherheitspartnerschaft versteht man die problem- und projektbezogene Zusammenarbeit aller staatlichen und kommunalen Kräfte. Dazu gehören vor allem Ordnungs-, Ausländer-, Jugend- und Sozialämter. Kooperationsmöglichkeiten ergeben sich aber auch für Polizei und BGS. Erforderlich ist darüber hinaus, die polizeiliche Schwerpunktsetzung auf örtlicher Ebene mit der Justiz abzustimmen und insbesondere Jugendgerichtsbarkeit, Bewährungshilfe, Haftrecht und Beschleunigung der Verfahren in gemeinsame Erörterungen einzubeziehen

- Da Polizei und Justiz in erster Linie strafverfolgende Aufgaben haben, ist eine Veränderung im Sicherheitsgefühl der Bürger nur bei gleichzeitiger Intensivierung ursachenorientierter kriminalpräventiver Bemühungen zu erreichen. Ein gemeinsames Forum für die konzeptionelle Erarbeitung gemeinsam getragener und zu verantwortender Präventionsstrategien stellen die örtlichen Präventionsräte dar. Soweit in Kommunen noch keine Präventionsräte bestehen, soll die Polizei deren Gründung anregen und fördern

68 - Auch gewerbliche Bewachungsunternehmen können einen Beitrag zur objektiven und subjektiven Sicherheit leisten. Abstimmungen zwischen gewerblichen Unternehmen und Polizei sind jedoch angezeigt.

Ø Danach wird die Schwerpunktsetzung der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung beschrieben. Die Polizei sollte sich als Dienstleistungsunternehmen verstehen, das den Interessen der Bevölkerung Rechnung tragen muß und das bei seiner Aufgabenerfüllung auf Unterstützung und Vertrauen angewiesen ist. Der Kontakt zu den Bürgern muß daher gepflegt werden. Mit einer grundsätzlich dezentral ausgerichteten Organisationsstruktur und kompetenten, eigenverantwortlichen Dienststellen sind die Voraussetzungen für eine bürgernahe Polizeiarbeit geschaffen worden. (...) Der Verhütung und Verfolgung der alltäglich erlebbaren Massenkriminalität und Ordnungsverstöße muß ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

- Zur bürgerorientierten Polizeiarbeit gehört die - über den Kontakt im täglichen Dienst hinausgehende - Einbeziehung der Bevölkerung. Eine nach Abstimmung mit Kommune und örtlichem Präventionsrat von der Polizei initiierte Bürgerbeteiligung beispielsweise in Form regelmäßiger Treffen auf Nachbarschafts-, Wohngebiets- oder Stadtteilebene kann einen geeigneten Ansatz darstellen und bietet die Möglichkeit der unmittelbaren Problemerkennung, -analyse und -lösung.

- Den Erwartungen der Bevölkerung ist durch Verstärkung der sichtbaren polizeilichen Präsenz Rechnung zu tragen. Dazu sind sämtliche Möglichkeiten der Freisetzung personeller Ressourcen zu nutzen.

- Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Erwartungen der Bevölkerung hat die Polizei nicht nur Straftaten zu verfolgen, sondern zur Verhinderung der Verwahrlosung des öffentlichen Raumes künftig auch bei Ordnungsverstößen frühzeitig und konsequent einzuschreiten. Dabei haben sich alle Polizeibeamtinnen und -beamte eine deutlich geringere Einschreitschwelle zu setzen. Von den Möglichkeiten des Ordnungswidrigkeitenrechts - von der Ermahnung bis hin zur Anzeige - und des Polizeirechts ist einzelfallbezogen unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit Gebrauch zu machen.

Ø Über die Öffentlichkeitsarbeit soll die Polizei auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung einwirken.(...) Durch Transparenz der polizeilichen Maßnahmen wird die

69 Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung erhöht und deren Mitwirkungsbereitschaft gefördert.

Ø Polizeiintern ist es erforderlich, die zugrunde liegenden Überlegungen und die beabsichtigten Maßnahmen in allen Dienstbereichen und auf allen Ebenen zu erörtern und um Verständnis und Akzeptanz zu werben. In der polizeilichen Ausbildung ist bürgerorientierte Polizeiarbeit und ihre vielfältigen Elemente verstärkt zu thematisieren.74

Zur Vermittlung von Umsetzungsstrategien des auszugsweise zitierten Runderlasses wurde vom 07.- 09.10.98 in Braunlage ein „Strategie-Workshop“ durchgeführt. Dabei wurde deutlich, daß für einzelne Handlungsfelder vor allem regionale Lösungskonzepte mit transparenter Mitarbeiterbeteiligung zu erstellen und durchzuführen sind. Eine Vernetzung der Polizeibehörden und -einrichtungen im Rahmen ihrer Aktivitäten bei der Umsetzung des Erlasses wird jedoch für erforderlich angesehen und soll durch eine Koordinierungsgruppe „Controlling“ erfolgen.75 Controller und Einsatzdezernenten werden dabei nicht als unmittelbare „Umsetzer“ des Erlasses angesehen; Direktoren als auch nachgeordnete Führungskräfte in den Polizeiinspektionen und Polizeikommissariaten müssen den Gedanken der neuen Strategien mittragen und weitervermitteln.76 Nach ca. zwei Jahren ist ein Erfahrungsaustausch vorgesehen. Der Workshop wurde durch die Fa. AOP (Arbeitsgemeinschaft, Organisation und Personal) im Auftrag des Innen-ministeriums durchgeführt.

Drei Analysegruppen (Großstädte und ländlicher Raum) arbeiteten an vier Grundfragestellungen:

Ø Wie wird der Erlaß in Ihrem Handlungsfeld diskutiert?

Ø Welche neuen Entwicklungsansätze gibt es in Ihrem Bereich?

Ø Wie werden sie umgesetzt?

Ø Welche Akzeptanz gibt es in den jeweiligen Handlungsfeldern?

74 Zitiert aus Runderlaß des Innenministeriums Niedersachsen vom 24.07.98, übersandt mit Schreiben vom 19.03.99 75 Schreiben des Innenministeriums Niedersachsen vom 07.12.98 76 Ergebnisdokumentation der Fa. AOP zum Workshop 70 Es wurde festgestellt, daß die Teilnehmer des Workshops eine hohe Akzeptanz für die Inhalte des Erlasses haben und ein hohes Engagement für die Konkretisierung und die weitere Umsetzung vorliegt.

Die Ergebnisse von öffentlicher Reflexion und gemeinsamer Deutung der Ausgangssituation der Strategieentwicklung in der ersten Phase wurden wie folgt dargestellt:77

Ø Es gibt drei Veränderungsfelder: „innerhalb der Polizei“, zu anderen Organisationen und zum Bürger. Der Runderlaß thematisiert vor allem die Felder „Organisationen“ und „Bürger“. Dabei ist offenkundig, daß sich nach außen nur etwas verändern kann, wenn sich innerhalb der Organisation auch (zuerst) etwas verändert

Ø In jedem Veränderungsfeld geht es um Veränderung in der Organisationsstruktur und im Verhalten

Ø Es gibt bereits zahlreiche strukturelle Veränderungen im Sinne des Erlasses. Auf Verhaltensveränderungen (z.B. im Verhältnis Bürger-Polizei) wird jedoch kaum eingegangen

Ø Ihr Verhalten ändern Menschen nur, wenn sie mit dem neuen Verhalten erfolgreich sind.78

Braunschweig

Beispielhaft werden nachfolgend die Maßnahmen und Umsetzungsstrategien der PD Braunschweig vorgestellt. Bereits vor Erscheinen des Erlasses wurden durch Zielvereinbarungen mit den Dienststellenleitern räumliche und deliktische Schwerpunkte festgelegt, Aufgaben neu verteilt, Maßnahmen gebündelt und autonome Dienstbereiche geschaffen.

Ø Sicherheitspartnerschaften/Patenschaften: für einzelne Bereiche (z.B. Schulen, Einkaufszentren o.ä.) wurden Betreuungsbereiche bzw. Patenschaften gebildet und in den Polizeikommissariaten Ansprechpartner benannt

- Die problem- und projektbezogene Zusammenarbeit mit Stadt, Justiz und dem BGS wird von namentlich benannten Dienststellenleitern wahrgenommen

71 Ø Präventionsrat: in Zusammenarbeit mit bestehenden Arbeitskreisen werden weitere Maßnahmen und Aktionen initiiert und unterstützt

Ø Durch regionale und deliktische Schwerpunktsetzung ergaben sich z.T. neue Aufgabenverteilungen

Ø Bürgerorientierte Polizeiarbeit:

- Es wurden zusätzlich Kontaktbereichsbeamte eingesetzt

- Bei gravierenden Straftaten findet eine Opferbetreuung statt

- Hinweisgeber/Zeugen werden persönlich angeschrieben, wenn durch ihre Unterstützung und Mithilfe eine Straftat aufgeklärt werden konnte

- In Stadtteilkonferenzen u.ä. werden Problembereiche angesprochen, analysiert und gemeinsam gelöst

Ø Präsenz

- Die Anzahl der uniformierten Fußstreifen wurde erhöht

- Es werden Mountainbike-Streifen und Inline-Skates-Streifen eingesetzt

- Ein Wohnwagen wurde zu einer mobilen Polizeiwache umgerüstet und unter dem Motto „Nicht Repression sondern Prävention“ öffentlichkeitswirksam eingesetzt

- Uniformierte Beamte dürfen öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen (Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls)

Ø Niedrige Einschreitschwelle

- Bei Ordnungsverstößen soll frühzeitig und konsequent eingeschritten werden (ein Maßnahmenkatalog wurde erarbeitet)

- Die Dienstellen haben im Rahmen der vereinbarten Ziele die Orte der „Unordnung“ herauszufiltern und durch Kontrollen, Überwachungen und Bestreifungen zu betreuen

Ø Öffentlichkeitsarbeit.79

77 ebenda 78 Ergebnisdokumentation der Fa. AOP zu dem o.a. Workshop 79 Auszug aus einem Bericht der PD Braunschweig vom November 1998 zu Umsetzungsstrategien 72 Angaben zu Umstrukturierungsmaßnahmen personeller, logistischer oder finanzieller Art im Bereich Niedersachsen liegen hiesiger Dienststelle nicht vor.

73 6.10 Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen wurde 1992 die „Interministerielle Arbeitsgruppe Kriminalitätsvorbeugung“ (IAK) gegründet. Sie steht als Landespräventionsrat organisatorisch den derzeit 562 kriminalpräventiven Gremien vor.80 Bürgernahe Polizeiarbeit wird auf verschiedenen Ebenen durchgeführt. Neben der Einrichtung kriminalpräventiver Räte und anderer kriminalpräventiver Gremien, in denen die Polizei regelmäßig mitarbeitet, ist es Aufgabe von Bezirksbeamtinnen und -beamten, in den Kreispolizeibehörden des Landes ständig als Ansprechpartner für den Bürger zur Verfügung zu stehen und aktiv den Kontakt zu suchen(...).81

Neben diesen Maßnahmen wurde am 24.09.97 der erste Schritt zur Bildung von Ordnungspartnerschaften getan. Auf Einladung des Innenministeriums fand eine Konferenz statt, an der die Polizeipräsidenten und Vertreter der Großstädte, der Deutschen Bahn AG, der Verkehrsverbände, des Verkehrsministeriums und des Bundesgrenzschutz/ teilnahmen und die Grundlagen der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Sicherheit in Bahnen und Bahnhöfen besprachen.82

In Ordnungspartnerschaften arbeitet jeder Beteiligte im Rahmen seiner Zuständigkeit, d.h. mit eigenen Kräften und Mitteln, an dem gemeinsamen Ziel der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Wo kriminalpräventive Gremien bestehen, sollen sie nach Möglichkeit in die Ordnungspartnerschaften einbezogen werden83. Um die Möglichkeiten der verbesserten Zusammenarbeit verschiedener Behörden und Institutionen modellhaft zu erproben, wurden zunächst in den Städten Bielefeld, Dortmund, Hagen, Düsseldorf, Krefeld und Köln Projekte durchgeführt; aktuell gibt es 399 Ordnungspartnerschaften.84

80 Van Elsbergen, Gisbert, „Die Bundesrepublik Deutschland im Spiegel ihrer Präventionsaktivitäten“, In: „Europäisches Zentrum für Kriminalprävention“, Ausgabe 3/1998 81 Zulieferung des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen vom April 1999 82 Dr. Behrens, Fritz, „Ordnungspartnerschaften in Nordrhein-Westfalen - ein erfolgreiches Projekt zur Verbesserung von Sicherheit und Ordnung in Städten und Gemeinden“, In: „Die Kriminalprävention“, Ausgabe 2/1999 83 Schreiben des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 09.01.98 zu Ordnungspartnerschaften 84 Rede des IM Dr. Behrens am 26.02.99 in Krefeld zu dem Thema „Ordnungspartnerschaften in Nordrhein-Westfalen“ 74 Grundmaxime des polizeilichen Tätigwerdens ist der Gedanke der kundenorientierten Dienstleistung. Dabei ist u.a. von folgenden Rahmenbedingungen auszugehen (Auszug):

Ø Bürgerorientierte Polizeiarbeit zeichnet sich vor allem durch sichtbare Präsenz und einen engen, vertrauensvollen Kontakt zur Bevölkerung aus. Im Wach- und Bezirksdienst bestehen die größten Potentiale für bürgerorientierte Polizeiarbeit Ø Mit polizeilicher Präsenz verbinden die Bürger die Erwartung, daß bei Rechtsverletzungen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit konsequent eingeschritten wird Ø Verständnis für die Situation ethnischer Minderheiten und Sensibilität gegenüber sozial Benachteiligten sind - wie die Identifizierung der Mitarbeiter der Polizei mit ihrer Aufgabe als Dienst am Bürger - unverzichtbare Voraussetzungen bürgerorientierter Polizeiarbeit.

Rahmenvorgaben für die Polizei Ø Es ist davon auszugehen, daß Ordnungspartnerschaften zunächst durch die Polizei initiiert werden. Danach ist die polizeiliche Mitwirkung ständige Aufgabe der Führungskräfte der Ebene, auf der die Partnerschaft besteht Ø Bezirksbeamte sollen durch sichtbare Präsenz und engen, vertrauensvollen Kontakt zur Bevölkerung das Verhältnis zur Polizei positiv beeinflussen, die Akzeptanz polizeilichen Handelns erhöhen und das Sicherheitsgefühl steigern. Größe und Struktur der Bezirke sind deshalb darauf zu prüfen, ob sie den spezifischen Bedürfnissen bürgerorientierter Polizeiarbeit entsprechen (1998 wurden 83 zusätzliche Bezirke geschaffen und mit Beamten besetzt) Ø Im Rahmen von Sicherheitsbesprechungen (z.b. Wohnblock, Stadtteil) soll der Bezirksbeamte die Bürger in die Sicherheitsarbeit einbeziehen Ø Opfer von Straftaten sollen zeitnah durch den Bezirksbeamten aufgesucht werden Ø Für den Wachdienst wird empfohlen, daß Teile des Dienstbezirkes unter Berücksichtigung des Lagebildes Polizeibeamten als Betreuungsbereich fest zugewiesen wird Ø Die von der Bevölkerung gewünschte stärkere Präsenz und Ansprechbarkeit der Polizei läßt sich insbesondere durch den verstärkten Einsatz von Fuß- und Radstreifen realisieren Ø Die zeitnahe Information von Geschädigten über den zuständigen Sachbearbeiter, die Tagebuchnummer und - in geeigneten Fällen (z.B.Vermißtensachen) - über den Stand der Ermittlungen kann dazu beitragen, das Vertrauen der Bürger in die polizeiliche Arbeit zu stärken

75 Ø Die Bereitschaftspolizei ist im Rahmen der Unterstützungseinsätze vorrangig zur Erhöhung der sichtbaren polizeilichen Präsenz im Rahmen von Ordnungspartnerschaften einzusetzen Ø Die Fortbildungseinrichtungen der Polizei unterstützen die Konzepte bürgerorientierter Polizeiarbeit durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen.

Maßnahmen anderer Beteiligter Die Aktivitäten anderer Beteiligter sind jeweils vor Ort abzustimmen und festzulegen. So können z.B. Ordnungsbehörden Ø Für den Bürger erkennbare eigene Vollzugsdienstkräfte einsetzen Ø Sich an der Erstellung eines gemeinsamen Lagebildes beteiligen Ø Ihr Vorgehen mit der Polizei enger abstimmen Ø In Absprache mit der Polizei Maßnahmen in eigener Zuständigkeit treffen, um Einsatzkonzeptionen der Polizei zu unterstützen Ø Dafür sorgen, daß Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen möglichst schnell beseitigt werden.85

Beispiel Dortmund Das Polizeipräsidium Dortmund hat Ende 1997 unter dem Titel „Ordnungspartner für Dortmund“ Vereinbarungen mit zahlreichen Behörden und Institutionen getroffen und sie als Partner eingebunden. Eine ständige, intensive Zusammenarbeit besteht in den Bereichen

- Drogenberatung, Suchtprävention

- Schwarzhandel mit Eintrittskarten bei Großveranstaltungen

- Überwachung des ruhenden Verkehrs bei Großveranstaltungen

- Ausländerrechtliche Verstöße

- Jugendschutz

- Verfolgung von Umweltverstößen

- Schulen (z.B. Deeskalationstraining).

Mit Vertretern der Stadt Dortmund wurde eine gemeinsame Konzeption zur Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen der „Ordnungspartnerschaft Polizei - Stadt Dortmund“ erarbeitet. Wesentliche Grundlagen sind gemeinsame Streifen und Aktionen, die durch eine

85 Schreiben des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen vom 09.01.98 zu Ordnungspartnerschaften 76 Koordinierungsstelle organisiert und seit dem 02.06.98 durchgeführt werden. Zur Zeit sind sechs Teams von montags bis samstags in der Innenstadt auf Streife, sechs weitere sind in Vorbereitung. In fünf Polizeiinspektionen wurden Kriminalpräventive Räte eingerichtet, weitere sind geplant. Im Rahmen der bürgerorientierten Polizeiarbeit erfolgt - gemäß den Empfehlungen des Innenministeriums - eine intensive Opferbetreuung, was sich als wirkungsvolle Maßnahme zur Verbesserung des Verhältnisses Bürger-Polizei und zur Stärkung des Sicherheitsempfindens erwiesen hat.

Die Polizei veranstaltet regelmäßig Sicherheitsbesprechungen. Dabei werden die Bürger über aktuelle polizeiliche Entwicklungen in ihrem Ortsteil informiert. Die Termine werden über die Medien bekanntgegeben. Die Resonanz ist positiv.

In den Polizeiinspektionen sind Jugendkontaktbeamte tätig, die beim Bezirksdienst angesiedelt sind. Sie bauen Kontakte zu gefährdeten Minderjährigen auf und sollen so deliktische Aktivitäten frühzeitig erkennen. Die Beamten arbeiten eng mit dem städtischen Jugendamt und anderen Institutionen zusammen. Die bisherigen Ergebnisse sind positiv.86

Beispiel Bielefeld In Bielefeld wurde - gemeinsam von Ordnungsamt und Polizeipräsidium - zum 10.06.98 die „Stadtwache Bielefeld“ eingerichtet. Sie ist eine gemeinsame Anlaufstelle der Stadt Bielefeld als Ordnungsbehörde und der Polizei. Ein Betreuungsteam mit insgesamt sieben Polizeibeamten und fünf Mitarbeitern der Stadt versieht in der Stadtwache seinen Dienst. Durch eine interne Nachersatzregelung bei der Polizei ist sichergestellt, daß mindestens drei Polizeibeamte pro Schicht im Dienst sind. Von diesen werden in der Regel zwei als Einzelfußstreifen oder im Team mit einem Mitarbeiter der Stadt im Betreuungsgebiet eingesetzt. Die Außen- und Vollzugsdienstkräfte des Ordnungsamtes versehen ihren Dienst erkennbar in einer Dienstkleidung. Durch die insgesamt zwölf für Passanten sichtbaren Mitarbeiter beider Institutionen ist ein deutliches Plus an Präsenz im Innenstadtbereich festzustellen.

86 Internetseite der Stadt Dortmund: „Ordnungspartnerschaften in Dortmund“, Beitrag vom 21.12.98 77 Seit Anfang September 1998 wird das Projekt durch die Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung in Bielefeld begleitet. Diese hat den Auftrag erhalten, die Effektivität und die Effizienz des Projektes „Stadtwache“ zu untersuchen.87

87 Kubera, Thomas, „Die Stadtwache Bielefeld“, In: Die Polizei, Ausgabe 2/99 78 6.11 Rheinland-Pfalz

Aktuell haben sich bis heute 47 kriminalpräventive Gremien gebildet, weitere sind im Aufbau bzw. in Planung. Diese kommunalen Gremien werden durch die bereits 1997 beim Ministerium des Innern und für Sport eingerichtete „Leitstelle Kriminalprävention“ initiiert, gefördert und beraten. Der Minister des Innern und für Sport wurde beauftragt, unter Beteiligung anderer Ressorts die Rahmenbedingungen für die Einrichtung eines Landespräventionsrates zu schaffen und dessen Mitglieder zu berufen. Die Leitstelle nimmt die Funktion der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates wahr.88 Auf der Grundlage des IMK-Beschlusses vom 02.02.98 wurde die Rahmenkonzeption „Partnerschaft für mehr Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden“ erlassen, die durch die Polizeipräsidien in eigener Verantwortung umgesetzt wird. Sie ist durch folgende drei Kernbereiche gekennzeichnet:

Ø Enges und vernetztes Zusammenwirken aller mit Sicherheits- und Ordnungsfragen befaßten Behörden, Institutionen und privaten Initiativen, hierfür steht z.B. die Initiative „Sichere und saubere Innenstädte“ Ø Stärkere Orientierung der Sicherheitsarbeit an den Bedürfnissen der Bürger Ø Ursachenorientierte Kriminalitätsbekämpfung durch Prävention auf kommunaler Ebene, auch im Zusammenwirken aller in Frage kommenden Behörden, Institutionen und privater Initiativen.

Die Umsetzungsempfehlungen des Innenministeriums beinhalten (auszugsweise) folgende Einzelmaßnahmen: Ø Information und Motivation auf Führungs- und Ausführungsebene Ø Kontaktaufnahme auf allen Ebenen, d.h., der Schwerpunkt hinsichtlich der Realisierung von Konzepten problem- und projektorientiert liegt auf kommunaler Ebene Ø Erkenntnisgewinnung über örtliche oder regionale Problemlagen durch Erstellung aktueller Lagebilder und Feststellung der Erwartungen der Bürger Ø Erarbeitung konkreter Problemlösungsansätze gemeinsam mit anderen Behörden und Institutionen sowie, soweit möglich, unter Einbindung der Bürger

88 Pressemitteilung „Nicht die Angst vor Kriminalität schüren“ - Regierungserklärung von Innenminister Zuber, In: General Anzeiger vom 10.07.98 79 Ø Einbindung der Medien Ø Verstärkter Einsatz von Maßnahmen mit hoher Akzeptanz beim Bürger und positiver Auswirkung auf das Sicherheitsgefühl, so z.B. durch Fuß- und Fahrradstreifen, Einsatz der Sicherheitsmobile, Bezirksbeamte Ø Einsatzunterstützung durch Kräfte der Bereitschaftspolizei, der Diensthundestaffeln und Spezialeinheiten Ø Enge Kooperation mit dem BGS (Bahnpolizei) im Rahmen der Zuständigkeiten Ø Durchführung gemeinsamer Streifen und Kontrollen mit Mitarbeitern aus Ordnungs- Jugend-, Ausländer-, Arbeits-, Sozial- und Gewerbeaufsichtsämtern Ø Prüfung und evtl. Einbeziehung weiterer Ideen und Diskussionsansätze wie z.B. Bürgertelefone, Bürgerbüros, Präventionsläden, Plakataktionen u.a.89

Realisierte Maßnahmen: Ø Seit 1990 wurde die rheinland-pfälzische Polizei deutlich personell verstärkt, die Ausstattung mit Führungs- und Einsatzmitteln verbessert und die Ausbildung reformiert Ø Die Reform der Organisation des Einzeldienstes 1993 und deren Fortentwicklung 1997; die Reform der Bereitschaftspolizei sowie die Einrichtung von Sachgebieten für Jugendkriminalität bei den Polizeiinspektionen haben erkennbar dazu beigetragen, für Rheinland-Pfalz angepaßte bürgerorientierte Strukturen der Sicherheitsarbeit zu entwickeln. Personelle Verstärkung einzelner Dienststellen erfolgt anlaßbezogen durch Kräfte der Bereitschaftspolizei90 Ø Die vermehrte Anwendung des Täter-Opfer-Ausgleiches und des Diversionsverfahrens bei minderjährigen Straftätern sowie die Forcierung des beschleunigten Verfahrens im Bereich der Justiz sowie die Durchführung brennpunktorientierter Schwerpunktmaßnahmen der Polizei auf lokaler Ebene haben zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung beigetragen Ø Präventive Akzente werden durch den vermehrten Einsatz von Sicherheitsmobilen und der Beteiligung am „Programm Polizeiliche Kriminalprävention“ gesetzt. Sicherheitsmobile sollen sich zu einer vertrauten Informations- und Beratungsstelle für den Bürger in allen Sicherheitsfragen entwickeln; darüber hinaus können sie auch für andere polizeiliche Aufgaben (z.B. Hinweisaufnahmestellen) eingesetzt werden

89 Ministerium des Innern und für Sport: Rahmenkonzeption „Partnerschaft für mehr Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden“ vom 26.02.98, Fax vom 28.04.99 90 Schreiben des Ministerium des Innern und für Sport vom 19.04.99 80 Ø Erhöhung/Steigerung der polizeilichen Präsenz durch Vereinbarungen über die freie Fahrt von uniformierten Polizeibeamten in den Zügen der Deutschen Bahn AG sowie die deutliche Erhöhung der Anzahl von Fußstreifen

Ø Am 18.11.97 wurde durch Innenminister Zuber zusammen mit den Bürgermeistern der fünf rheinland-pfälzischen Großstädte sowie den Polizeipräsidenten und dem Einzelhandel die „Initiative für sichere und saubere Innenstädte“ ins Leben gerufen. In , , , und Kaiserslautern arbeiten die Stadtverwaltungen in enger Kooperation mit der Polizei, Wirtschaft und in erster Linie mit dem Einzelhandel und den Bürgern darauf hin, daß in den Innenstädten mehr Sicherheit, ein ansprechendes Erscheinungsbild und so mehr Lebensqualität geschaffen wird.91

Angaben zu Umstrukturierungsmaßnahmen personeller oder finanzieller Art liegen hiesiger Dienststelle nicht vor.

91 Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 19.04.99 81 6.12 Saarland

Im Saarland wurde 1995 begonnen, die Idee einer gesamtgesellschaftlichen und ursachenorientierten Kriminalitätsverhütung auf lokaler Ebene in zwei Städten (Saarlouis, Neunkirchen) und einer Gemeinde (Freisen) umzusetzen. Nachdem die drei Pilotprojektkommunen eine positive Zwischenbilanz gezogen haben, wird die Idee fortgeführt und ausgebaut, zwischenzeitlich haben insgesamt zwölf saarländische Städte und Gemeinden ein gesamtgesellschaftliches Forum zur ursachenorientierten Kriminalitätsverhütung gebildet bzw. in den Kommunalparlamenten die Gründung formell beschlossen.92

Neben diesen Bemühungen wurde aufgrund einer Empfehlung des Ministeriums des Innern im Saarland das Projekt „Bürgernahe Polizeiarbeit - Vertrauen in unsere Kompetenz und Leistungsfähigkeit“ initiiert. Aufgrund der Empfehlung sind bei den Polizeiinspektionen der Polizeidirektion Ost, West und Mitte unter mittelbarer Beteiligung der Mitarbeiter des Wachdienstes Qualitätszirkel gegründet worden. Dabei wird auf die freiwillige Mitarbeit gesetzt. Es wird Wert darauf gelegt, daß sich Ideen von der Basis aus entwickeln („bottom-up“). Die Qualitätszirkel erarbeiten unter Anleitung speziell ausgebildeter Moderatoren zunächst eine Ist-Stand- Analyse für ihren eigenen regionalen Bereich. Danach erfolgt eine Schwachstellenanalyse, der sich eine Ideensammlung und -bewertung anschließt. Der Prozeß endet mit der Entwicklung von lokalen bzw. dienststellenspezifischen Konzepten, in die vorhandene Aktivitäten eingebunden werden.

Geht die Umsetzung eines Vorschlages über den Zuständigkeitsbereich und die Kompetenz einer Polizeiinspektion hinaus, wird er an eine in der jeweiligen Polizeidirektion eingerichteten Steuerungsgruppe herangetragen. Bei landesweiten Umsetzungserfordernissen geht der Vorschlag zunächst an die Steuerungsgruppe Land.

92 Schreiben des saarländischen Ministeriums des Innern vom 08.03.99 82 Die Steuerungsgruppen sind dafür verantwortlich, Ideen zu bündeln, abzugleichen bzw. an andere Qualitätszirkel weiterzugeben. Es wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, der u.a. folgende Einzelpunkte enthält:

Ø Patenschaften von Polizeibeamten für Parkanlagen oder Schulen Ø Fest zugeteilte Fußstreifenbezirke Ø Initiativen für den Öffentlichen Personen-Nahverkehr Ø Initiativen für Randgruppen (z.B. Obdachlose) Ø Behindertengerechter Umbau von Polizeigebäuden Ø Verhalten von Polizeibeamten am Telefon Ø Umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit.

Die Abteilung „Öffentlichkeitsarbeit Saarland“ der Staatskanzlei hat 20.000 DM zur Herstellung von Broschüren zur Verfügung gestellt, in denen der Bevölkerung ihre Polizeidienststelle vorgestellt wird. Für die Moderatorenausbildung und -ausstattung wurden bisher ca. 7.000 DM aufgewendet.

Personelle Umschichtungen wurden bisher nicht vorgenommen.93

93 Zulieferung des Landeskriminalamtes Saarbrücken vom 04.05.99 83 6.13 Sachsen

In Sachsen existieren bislang 60 kommunale kriminalpräventive Gremien. Nach Ansicht der sächsischen Staatsregierung bleibt der Erfolg der Kriminalprävention begrenzt, wenn nicht im sozialen Umfeld der Menschen die Entstehungsbedingungen von Kriminalität verändert werden. Gefordert ist daher eine ganzheitliche Präventionsstrategie, die insbesondere im kommunalen Bereich ansetzt. Die kriminalpräventiven Gremien haben sich auf Anregung der Sächsischen Staatsregierung gebildet. Ihre Aufgabe ist es, gesamtgesellschaftliche Ressourcen zu erschließen sowie erforderliche Aktivitäten entsprechend lokaler Schwerpunkte zu bündeln und strategisch auszurichten. Insbesondere sollen über ein solches Gremium Bürger und private Einrichtungen aktiv beteiligt und eingebunden werden.

Die Erkenntnisse und Arbeitsergebnisse der kommunalen kriminalpräventiven Gremien werden den Verantwortungs- und Entscheidungsträgern der Verwaltung und anderer betroffener Stellen zugänglich gemacht und fließen in konkrete Konzepte und Maßnahmen der Stadtverwaltungen und Polizei ein. Zur Begleitung der Arbeit dieser Gremien ist im Staatsministerium des Innern, Landespolizeipräsidium, eine Koordinierungsstelle Prävention eingerichtet worden. Als Anlauf- und Gesprächsstelle soll sie dazu beitragen, Erfahrungen und Aktivitäten zu verallgemeinern bzw. weitergehend zu entwickeln.

Auf Initiative des Sächsischen Staatsministeriums des Innern wurde das „Aktionsbündnis – Sichere Sächsische Städte“ gegründet. Im Rahmen eines Modellprojektes wurde durch die Polizei und die Stadtverwaltungen Dresden, Leipzig, Görlitz, Hoyerswerda und Aue ein Handlungskonzept erarbeitet, das schrittweise in allen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern umgesetzt werden soll. In der Zusammenarbeit zwischen den Stadtverwaltungen, dem Polizeivollzugsdienst, den örtlichen zuständigen Organen der Justiz als auch den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Verkehrsbetrieben wurden so Anregungen für ein die regionalen Besonderheiten der jeweiligen Stadt berücksichtigendes Maßnahmenpaket auf kommunaler Ebene geschaffen.

84 Das Rahmenkonzept stellt verallgemeinerungswürdige Handlungsansätze dar, die unter Beachtung der jeweiligen Spezifik auf örtlicher Ebene umgesetzt werden sollen. Es berücksichtigt neben neuen Lösungsansätzen auch bislang bewährte Maßnahmen und Formen der Zusammenarbeit. Beispielhaft seien die Fortführung bereits begonnener verstärkter Fußstreifenpräsenz, der Einsatz von Bürgerpolizisten bzw. das Projekt „Sächsische Sicherheitswacht“ genannt.94

1. Gemeinsame Handlungsansätze Ø Auf der Ebene der Städte wird eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aller mit Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung befaßten staatlichen und kommunalen Stellen betrieben. Um eine übergreifende Lageanalyse sowie Koordinierung von Maßnahmen zu realisieren, werden unter Federführung der Stadtverwaltung Koordinierungsstellen oder -gremien eingerichtet Ø Um die Zusammenarbeit ziel- und schwerpunktorientiert zu gestalten wird empfohlen, Zielvereinbarungen zwischen Stadtverwaltung und Polizei zu erarbeiten. Diese sollten die örtlichen Schwerpunkte und Maßnahmenfelder der Zusammenarbeit enthalten Ø Polizei und Stadtverwaltung erarbeiten gemeinsam Lagebilder zur örtlichen Straßenkriminalität, zum Vandalismus sowie zu Schwerpunkten der Unordnung im öffentlichen Stadtbild und schreiben diese aktuell fort. Nach Möglichkeit sollten eine Kartierung der örtlichen Schwerpunkte erfolgen sowie relevante Tatzeiten herausgearbeitet werden Ø Um Defizite im subjektiven Sicherheitsgefühl zu ermitteln, werden Bürgerbefragungen bzw. empirische Erhebungen empfohlen Ø Eingetretene Vandalismusschäden sollen, insbesondere im öffentlichen Stadtbild, möglichst schnell nach Tatausführung beseitigt werden Ø In den Stadtverwaltungen sollen Bürgertelefone eingerichtet und möglichst durchgängig betrieben werden Ø Entsprechend örtlicher Schwerpunkte werden gemeinsame Fußstreifen von Polizeivollzugsdienst und gemeindlichem Vollzugsdienst durchgeführt Ø In dem örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizeireviere und Ordnungsämter wird ein enges Zusammenwirken zwischen Bürgerpolizisten, den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sowie den Bediensteten des gemeindlichen Vollzugsdienstes organisiert. Mit der Präsenz in der Öffentlichkeit wird ein enger Kontakt zu den Bürgern gesucht

94 Zulieferung des Landeskriminalamtes Dresden vom 29.03.99 85 Ø Die Bürger sollten, orientiert an sozialen Strukturen (Wohngebiete, Stadtteile u.a.), in die Sicherheitsarbeit einbezogen werden. Dazu sind regelmäßige Gesprächsrunden von Polizeivollzugsdienst und Ordnungsamt vorgesehen.

2. Spezifische Maßnahmen des Polizeivollzugsdienstes Ø Um eine effektive Strafverfolgung im Bereich des Vandalismus und insbesondere der Sachbeschädigungen durch illegale Graffiti zu ermöglichen, sind speziell geschulte Sachbearbeiter einzusetzen Ø Mit dem Ziel größerer Bürgernähe wird angeregt, auf der Ebene der Reviere „Betreuungsbereiche“ einzuführen. Den Bediensteten des Streifendienstes sollte ein örtlich klar umrissener Bereich zugeordnet werden, in dem sie regelmäßig Präsenz zeigen Ø Zur Verstärkung der Polizeipräsenz an Kriminalitätsbrennpunkten werden in Verantwortung der Polizeidirektionen Kräfte der Bereitschaftspolizei zur Unterstützung eingesetzt Ø Mobile Einsatz- und Fahndungsgruppen der Polizeipräsidien sind in die Bekämpfung der Straßenkriminalität einzubeziehen.

3. Maßnahmen der Stadtverwaltungen Ø Den Stadtverwaltungen wird vorgeschlagen, „Servicemitarbeiter“ im Rahmen gemeinnütziger Arbeit zu etablieren, die u.a. für das Feststellen und Entfernen von Vandalismusschäden, Entgegennahme und Weiterleitung von Bürgerhinweisen, Erteilen von Auskünften und sonstige Hilfestellungen für den Bürger zuständig sind. Es wird angeregt, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Arbeits- und Sozialämtern, geeignete Sozialhilfeempfänger bzw. Langzeitarbeitslose für diese Tätigkeiten zu gewinnen Ø Die Dienstzeiten des gemeindlichen Vollzugsdienstes sowie anderer Außendienstmitarbeiter sollten flexibler gestaltet werden. Unter dem Aspekt, zur Verhinderung bzw. Ahndung von Verstößen gegen Rechtsvorschriften zeitnah tätig zu werden, sind Dienstzeiten, die Abend- und Wochenstunden einschließen, unabdingbar Ø Um die Mitarbeit der Bürger am Erhalt einer sauberen Stadt zu fördern, ist es denkbar, „Auslobungen“ für sachdienliche Hinweise zu Verursachern von Vandalismusschäden zu veranlassen.

4. Maßnahmen der Zusammenarbeit mit der Justiz

86 Ø Staatsanwaltschaften und Gerichte arbeiten mit dem Ziel einer möglichst zeitnahen und nachhaltigen Bestrafung überführter Täter eng mit dem Polizeivollzugsdienst zusammen. In geeigneten Fällen soll das beschleunigte Verfahren nach §§ 417 ff. StPO bzw. das vereinfachte Verfahren im Jugendstrafrecht nach §§ 76 ff. JGG zur Anwendung gelangen Ø Unter dem Aspekt der Wiedergutmachung verursachten Schadens und der Rückfallvermeidung sind die Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleiches verstärkt zu nutzen Ø Es wird angeregt, verstärkt darauf hinzuwirken, daß jugendliche Straftäter über Weisungen bzw. Auflagen nach dem Jugendgerichtsgesetz zu Arbeitsleistungen bzw. zur Wiedergutmachung des durch sie verursachten Schadens verpflichtet werden.

5. Begleitende Maßnahmen Ø Mit dem Ziel einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Polizeivollzugsdienst und gemeindlichem Vollzugsdienst werden gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt Ø Um gemeinsame Maßnahmen (Polizei/Stadt) zu optimieren, sollte eine gegenseitige Unterstützung mit erforderlicher Einsatztechnik erfolgen. Ø Für die Optimierung der im Konzept vorgesehenen Maßnahmen und deren spezifischer Umsetzung in den Kommunen sollte ein gegenseitiger Erfahrungsaustausch zwischen den Städten und auf Ebene des Regierungsbezirkes stattfinden Ø Die Umsetzung des Rahmenkonzeptes wird durch eine zwischen den beteiligten Stellen abgestimmte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf kommunaler Ebene begleitet.95

Die Sächsische Sicherheitswacht Gemäß des Sächsischen Sicherheitswachterprobungsgesetzes (SächSWEG) vom 12.12.97 haben die Angehörigen der Sicherheitswacht den Polizeivollzugsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Sie sollen vor allem Präsenz auf der Straße zeigen und so das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken. Bei den Angehörigen der Sicherheitswacht handelt es sich um ehrenamtlich tätige Bürger, die in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis stehen. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und derzeit auf die Städte Weißwasser, Görlitz, Pirna und Leipzig beschränkt.96

95 Karwinkel, Georg, „Das Aktionsbündnis Sichere Sächsische Städte - Bedeutung und Anwendung der Gedanken in der Kreisfreien Stadt Hoyerswerda aus praktischer Sicht“, In:“Die Kriminalprävention“, 2/1999 96 Artikel „Sächsische Bürger auf Sicherheitswacht“, In: „Die Welt“ vom 02.04.98 87 6.14 Sachsen-Anhalt

Mit Empfehlungsschreiben vom 10.02.94 regte das Ministerium des Innern an, kommunale Gremien der Sicherheitspartnerschaft in Form von „Runden Tischen“ zur Kriminalitätsvorbeugung einzurichten. Trotz intensiver Begleitung dieses Projektes durch das LKA ist dies nur in einigen Einzelfällen gelungen; in Sachsen-Anhalt existierten Ende 1998 - 13- derartiger Foren. Über eine Kabinettsvorlage soll die Einrichtung eines Landespräventionsrates initiiert werden, um so der gemeinwesenorientierten Kriminalitätsvorbeugung weitere Impulse und Unterstützung geben zu können. Das Vorhaben wird derzeit (Mai 1999) in den kommunalen Spitzenverbänden diskutiert.

Seit April 1998 führt die Landespolizei eine Aktion unter dem Motto „Zivilcourage – ich bin dabei“ durch. Mit unterschiedlichsten Maßnahmen soll das Opfer- und Helferverhalten, aber auch die Einstellung, sich selbst als Zeuge zu melden, verbessert werden. Die Kampagne soll gleichzeitig eine bürgernahe Polizeiarbeit vermitteln und die Institution Polizei als aktiven Dienstleister darstellen. Ein weiteres Landesvorhaben ist das seit Herbst 1997 durchgeführte „Seniorenschutzprogramm der Polizei Sachsen-Anhalts“.

Neben diesen Aktionen werden in den Polizeibehörden und -einrichtungen eigene Konzepte, die sich aufgrund lokaler Lageeinschätzungen zu Schwerpunktthemen ergeben, umgesetzt. Beispielhaft sind zu nennen: Ø „Auch ohne Drogen oben“ - eine Gemeinschaftsaktion des LKA mit dem Landessportbund, der Volksstimme und dem mitteldeutschen Rundfunk Ø Projekttag mit Lehrern, Erziehern, Eltern und Schülern zum Thema „Zivilcourage“ Ø Ausschreibung eines Landespräventionspreises 1998 Ø Einrichtung eines „Netzwerkes gegen Drogen“ in Halle

88 Ø Als ressortübergreifendes Kooperationsprojekt entstand unter Federführung des LKA ein Hausaufgabenheft für Schüler der 3. und 4. Klassen, das sich neben der Gefahrenvermeidung im Alltag auch mit Themen der Kriminalitätsvorbeugung befaßt.

Die Koordinierung der Landesvorhaben erfolgt unter Verantwortung des Landeskriminalamtes als Zentralstelle für die Kriminalitätsvorbeugung, wobei in Abstimmung mit den Polizeibehörden und -einrichtungen jeweils kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen geplant werden.

Dabei wird einer dezentralen Ressourcenverantwortung im Rahmen der Umsetzung neuer Steuerungsmodelle in der Landespolizei und der damit verbundenen Erhöhung der Eigenverantwortung und Effizienz der Polizeibehörden Rechnung getragen.97

Angaben zu personellen und/oder finanziellen Umstrukturierungen liegen hiesieger Dienststelle nicht vor.

97 Zulieferung des Landeskriminalamtes Magdeburg vom 19.04.99 89 6.15 Schleswig-Holstein

Das Land Schleswig-Holstein hat eine lange Tradition im Bereich der Kriminalprävention. Seit 1990 gibt es kriminalpräventive Räte, die sich vorrangig mit den gesellschaftlichen Ursachen und Problemen befassen, die zur Kriminalität führen. Die Zielerreichung ist in der Regel mittel- oder langfristig angelegt. Derzeit gibt es 51 Kriminalpräventive Räte.

Im Auftrag des Innenministeriums wurde 1998 begonnen, in den Kommunen und Gemeinden Sicherheitspartnerschaften aufzubauen. Im Sommer 1999 soll ein Erlaß „Sicherheitspartnerschaften in Schleswig-Holstein“ an alle Polizeidienststellen herausgegeben werden, der deutlich macht, in welchem Zusammenhang kommunale Präventionsräte und kommunale Sicherheitspartnerschaften stehen und wie sie organisatorisch angebunden sind. Des weiteren werden die Polizeibehörden aufgefordert, unter Beteiligung der Kommunen Regionalkonferenzen durchzuführen. Das Innenministerium erfaßt jede neue kommunale Sicherheitspartnerschaft nach einem Raster und aktualisiert eine Gesamtübersicht.

Der Begriff Sicherheitspartnerschaft umschreibt die partnerschaftliche Zusammenarbeit örtlich zuständiger Organisationen und Gremien mit dem Ziel der Lösung bestimmter örtlicher Sicherheitsprobleme. Dabei geht es vorrangig um die kurzfristig koordinierte Zusammenarbeit bereits zuständiger Organisationen, um schnell wirkende Maßnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Kriminalität und sozialer Unordnung einzuleiten. Überschneidungen zwischen den Aktivitäten von Präventionsräten und Sicherheitspartnerschaften, insbesondere bei der Durchführung von Projekten, sind möglich.

Die Organisation und Anbindung des fachkundigen und möglichst hochrangig besetzten Koordinationsgremiums unter Federführung des Bürgermeisters muß den regionalen Erfordernissen und Gegebenheiten angepaßt sein. Es können bestehende, neu zu schaffende oder bereits zuständige Organisationseinheiten beauftragt werden, z.B. der Polizeirat oder ein kommunaler Präventionsrat. Im Vorfeld veranstaltete der Innenminister im März 1999 eine Konferenz, an der Landräte, Bürgermeister der Städte über 20.000 Einwohner, Vertreter der kommunalen Landesverbände und die Leiter der Polizeidirektionen und -inspektionen teilnahmen. Es wurde Einvernehmen

90 darüber erzielt, daß kommunale Sicherheitspartnerschaften erfolgreich gegen regionale Probleme der Kriminalität und sozialen Unordnung eingesetzt werden sollen.

Die Polizeibehörden sorgen für die Information und Sensibilisierung der nachgeordneten Dienststellen. Die Polizeiinspektionen führen nach eigener Planung - möglichst unter Beteiligung der kommunalen Seite - Regionalkonferenzen durch, in denen über die Grundsätze, das Verfahren und die Anlässe von Sicherheitspartnerschaften informiert wird. Das Thema „Kommunale Sicherheitspartnerschaft ist in die Lehrpläne der Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Polizei aufzunehmen.98

Beispiel der Stadt Heide Zwischen der Stadt Heide und der Polizeizentralstation Heide wurde eine Vereinbarung getroffen, die zum 01.07.98 in Kraft getreten ist und der Stärkung der öffentlichen Sicherheit und der Erhöhung des individuellen Sicherheitsgefühls der Heider Bevölkerung dienen soll.

1. Gemeinsame Maßnahmen Ø Die Stadt Heide und die Polizeizentralstation Heide legen die Schwerpunkte ihrer Zusammenarbeit fest Ø Sie planen und führen bei Bedarf gemeinsame Kontrollen in erkannten Problembereichen durch Ø Die Öffentlichkeitsarbeit über die Sicherheitspartnerschaft findet in enger Abstimmung zwischen den Parteien statt.

2. Maßnahmen der Stadt Heide Ø Schaffung ordnungsrechtlicher Grundlagen für den polizeilichen Einsatz Ø Unverzügliche Beseitigung von Verunreinigungen im Stadtbild nach Meldung durch die Polizei.

3. Maßnahmen durch die Polizeizentralstation Ø Überprüfung von erkannten Schwerpunkten bei hoher Sensibilität für Erscheinungen der öffentlichen Unordnung

98 Zulieferung des Landeskriminalamtes Kiel vom 16.04.99 91 Ø Konsequentes und niedrigschwelliges Einschreiten zur Durchsetzung ordnungsrechtlicher Bestimmungen. Hierzu wurde ein Maßnahmenkatalog für Standardfälle der abstrakten Gefahrenabwehr erarbeitet.99

Projekt „Kompetent & Bürgernah - Qualitätsverbesserung unserer Polizeiarbeit“ Am 06.05.98 wurde das Projekt „Kompetent & Bürgernah - Qualitätsverbesserung unserer Polizeiarbeit“ begonnen, das Ende 2000 abgeschlossen sein soll. Mit Unterstützung der Unternehmensberatung Zuendel & Partner sowie der Bertelsmann- Stiftung soll dieses Vergleichsprojekt die Polizeiarbeit der Länder Saarland und Schleswig- Holstein betrachten, um so zählbare Ergebnisse zur Optimierung der Arbeit unter Berücksichtigung der vier gleichberechtigten Ziele

Ø Erfüllung des gesetzlichen Auftrages Ø Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger Ø Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Ø Wirtschaftlichkeit zu erhalten.

Für das Projekt steht ein Etat von 1,87 Millionen DM zur Verfügung. Davon finanzieren die beiden Bundesländer jeweils 560.000 DM, die Bertelsmann-Stiftung stellt 750.000 DM zur Verfügung und engagiert sich darüber hinaus auch personell.

In Schleswig-Holstein werden ca. 900 Mitarbeiter der PD SH Nord mit den Polizeiinspektionen Flensburg, Schleswig, Neumünster und Heide teilnehmen. Für das Projekt wurden die Leistungsbereiche „Polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit“ und „Kriminalitätskontrolle“ ausgewählt. Neben einer Lenkungsgruppe, in der Staatssekretäre beider Länder und Vertreter der Bertelsmann-Stiftung sitzen, gibt es eine länderübergreifende Projektgruppe und jeweils eine Landesprojektgruppe. Darunter sind „zwischenbehördliche Fachteams“ (ZBFT) angesiedelt. Es sollen objektive und meßbare Kriterien erarbeitet werden, an denen abgelesen werden kann, wie gut oder schlecht die gesteckten Ziele in den einzelnen Bereichen erreicht werden konnten. So hat man ein Steuerungsinstrument in der Hand, mit dem sich größere Effektivität und Effizienz polizeilicher Arbeit erreichen läßt.

99 Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Heide und der Polizei Heide vom Juni 1998 92 Die landesweite Umsetzung der Ergebnisse, insbesondere der zukünftige Einsatz von sich als tauglich erwiesenen Steuerungsmöglichkeiten, ist vorgesehen und soll durch besonders ausgebildete Moderatoren (Polizeibeamte) erfolgen.100

100 Schreiben des Innenministeriums Schleswig-Holstein vom 25.02.99 93 6.16 Thüringen

Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist nicht nur Aufgabe der Polizei, sondern auch der Ordnungsbehörden. Beide haben dabei eine Vielzahl spezieller Aufgaben zu erfüllen, die sich oft überschneiden. Der einzelne Bürger erwartet, daß Polizei wie auch andere Ordnungskräfte stärker vor Ort präsent sind, gegen Rechtsverstöße einschreiten und so verstärkt Einfluß auf die Erhöhung von Sicherheit und Ordnung nehmen.101

Aufgrund eines Erlasses des Innenministeriums Thüringen wurde nach einer Erprobungsphase begonnen, sukzessive und flächendeckend Kontaktbereichsbeamte KoBB)( besonders aufgrund territorialer Schwerpunkte in Großgemeinden bzw. Städten in unmittelbarer Bürgernähe einzusetzen.

Der Einsatz der KoBB ist Bestandteil des polizeilichen Einzeldienstes der Polizeiinspektionen/-reviere und dient - unter Beachtung des polizeilichen Lagebildes - Ø der Erhöhung der sichtbaren Präsenz der Polizei in allen Zuständigkeitsbereichen Ø der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polizei und anderen Behörden Ø der Verbesserung des Verhältnisses zwischen Polizei und Bürger Ø und somit der Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bürger.

Daneben werden in den Polizeiinspektionen/-revieren auf örtlicher Ebene eigenständig Initiativen zur Verbesserung der Bürger-Polizei-Beziehungen entwickelt. Dies umfaßt u.a.: Ø gemeinsame Fußstreifen von Ordnungsamt und Polizei Ø Schulungsmaßnahmen im Rahmen des Dienstunterrichts durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes Ø Enge Zusammenarbeit zwischen KoBB und Kommunalbehörden Ø Regelmäßig stattfindende Beratungen zwischen Bürgermeister/Ordnungsamt und Polizei zu aktuell anstehenden Problemen/ Fragen der Ordnung und Sicherheit Ø Mitarbeit und Unterstützung zu Sicherheitsfragen bei regional bedeutsamen Ereignissen bzw. Veranstaltungen durch die Polizei Ø Gegenseitiger Austausch zwischen Kommunalbehörden und Polizei.

94 Beispiel Erfurt Die Zusammenarbeit der Ordnungsbehörde Erfurt und der Polizei hat sich seit 1991 kontinuierlich entwickelt und verbessert. Das gegenseitige Verständnis ist gewachsen und führte im Laufe der Zeit zu einer zielgerichteten und konstruktiven Zusammenarbeit. So ist es gelungen, gegen Einstiegs- und Kleinkriminalität sowie Ordnungsverstöße konsequenter vorzugehen. Dies ist deshalb wichtig, weil eine scheinbare Toleranz und Nichtverfolgung eine der Ursachen für die Verschlechterung des Ordnungszustandes ist und eine scheinbare Toleranz bzw. Nichtverfolgung bei der Bevölkerung auf Unverständnis stößt. In die Bemühungen der Ordnungsbehörden wurde die Bevölkerung einbezogen. Durch gezielte Präventivmaßnahmen von Polizei und Stadtverwaltung wurde Straftaten vorgebeugt und Einfluß auf das Verhalten der Bürger genommen.

Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind:

- Kriminalitätsbekämpfung

- Verkehrssicherheit

- Veranstaltungsschutz

- Katastrophenschutz.

In Bereichen, in denen sich Aufgaben von Ordnungsamt und Polizei überschneiden, ist eine einheitliche Vorgehensweise bzw. ein Vermitteln einheitlicher Bewertungsmaßstäbe herauszuarbeiten. Gemeinsame Aktionen zu festgelegten Schwerpunkten dienen der Erreichung dieses Zieles und stärken die Autorität der Behörden.

Nachfolgend aufgeführte Maßnahmen sind in Vorbereitung: Ø Durchsetzung der Grünanlagensatzung der Stadt Erfurt in bezug auf die Anleinpflicht von Hunden Ø Komplexe Gewerbekontrollen unter Einbeziehung des Brandschutzamtes, der Ausländerbehörde, des Amtes für Arbeitsschutz u.a. Ø Überprüfung der Verkehrsschilder dahingehend, ob sie sinnvoll und praxisgerecht aufgestellt sind Ø Überprüfung der Schulwegkonzeptionen in Vorbereitung des neuen Schuljahres Ø Fahrradcodieraktionen

101 Zulieferung des Landeskriminalamtes Erfurt vom 22.04.99 95 Ø Koordinierte Maßnahmen gegen illegale Bordelle bzw. Wohnungsprostitution.

Durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit soll die gemeinsame Tätigkeit von Stadtverwaltung und Polizei öffentlich dargestellt werden, präventiv wirken und die Akzeptanz stärken. Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden wird als fließender Prozeß angesehen, der immer wieder auf Sinnhaftigkeit zu prüfen ist. Dabei sind erfolgreiche Maßnahmen auszubauen, neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu suchen und Maßnahmen, die nicht den gewünschten Erfolg brachten, einzustellen.102

Angaben zu personellen und/oder finanziellen Umstrukturierungen liegen hiesiger Dienststelle nicht vor.

102 Anlage zur Zulieferung des Landeskriminalamtes Erfurt vom 22.04.99 „Polizei und Ordnungsbehörde Erfurt - gemeinsam für die weitere Stabilisierung von Sicherheit und Ordnung“ 96 7. Weitere Studien/ Untersuchungen

7. 1 Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin

Die Freie Universität Berlin führt seit April 1999 unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Narr ein Forschungsprojekt zum Thema „Kommunale Kriminalpolitik zwischen Informalisierung und verstärkter Rechtsdurchsetzung“ durch. Das Forschungsprojekt wird im Rahmen der „Arbeitsgruppe Bürgerrechte“ erarbeitet. Diese Gruppe beschäftigt sich seit den 70er Jahren mit der Entwicklung von Polizei und Innerer Sicherheit. In den 70er Jahren wurde eine Professionalisierung der Polizei unter gleichzeitiger Novellierung rechtlicher Normen favorisiert, um bundesweit ein gleiches Niveau an Sicherheitsleistungen erbringen zu können. Derzeit findet eine Abwendung von verbindlichen Standards und eine Hinwendung zu lokalen Strategien statt. Koordiniertes Zusammenwirken von Behörden, Institutionen, Gruppen und einzelnen Bürgern sowie flexible Strategien und Handlungsrahmen sind jetzt gefordert. Neben der Beteiligung einzelner Bürger sollen im Rahmen kommunaler Kriminalpolitik sowohl unterschiedliche Fachbehörden als auch private Zusammenschlüsse beteiligt werden. Durch die behördliche Koordination und Kooperation (Vernetzung) sollen die jeweils vorhandenen Zuständigkeiten, Kompetenzen und Ressourcen genutzt werden, um lokale Sicherheits- und Kriminalitätsprobleme zu öl sen.

Das Forschungsprojekt besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird eine Strukturanalyse gegenwärtiger kommunaler Kriminalpolitik unternommen. Im zweiten Teil werden Programme, Akteure, Strategien, Voraussetzungen und Folgen untersucht. Insbesondere wird auf die Rolle der Polizei in der kommunalen Kriminal- bzw. Sicherheitspoliktik eingegangen. Die neuen Modelle lokaler Sicherheitswahrung wenden sich gegen den Monopolanspruch der Polizei in Kriminalitäts- und Sicherheitsfragen. Sie unterstellen Kompetenzen bei anderen Behörden, einzelnen Bürgern und deren Zusammenschlüssen. Konzeptionell erscheint die Polizei als eine unter vielen Akteuren. Das Forschungsprojekt setzt sich zum Ziel, bestehende lokale Interventionsprojekte in der Bundesrepublik abschließend zu erheben und mit einer exemplarischen Analyse einzelner Modelle zu verbinden. Gleichzeitig soll die Gesamterhebung ermöglichen, kommunale Kriminal- bzw. Sicherheitspolitik als gesamtgesellschaftliches Phänomen erfassen und beurteilen zu können.

97 Die Erhebung wird mittels eines halbstandardisierten Fragebogens erfolgen. Weitere Bewertungsgrundlagen bilden die

Ø Auswertung der schriftlichen Unterlagen der Modelle (Satzung, Protokolle, Beschlüsse, Richtlinien etc.) Ø Experteninterviews mit Vorstand/Geschäftsführung/(hauptamtlichem) Personal des Projekts; mit Vertretern der Gemeindeverwaltung, des Stadt-/Gemeinderates Ø Auswertung der örtlichen Polizeidaten, um die Entwicklung der registrierten Kriminalität beurteilen zu können Ø Analyse der Berichterstattung lokaler Medien über die Modellaktivitäten, um allgemeine Wirkungen und Resonanz der Projekte abschätzen zu können.

Das Forschungsprojekt ist für die Dauer von 36 Monaten angelegt.

98 7. 2 Polizeiführungsakademie Münster

In Zusammenarbeit mit der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und der Universität Hamburg wurde an der Polizeiführungsakademie in Münster in der Zeit vom 23.06.- 25.06.99 das internationale Seminar „Kriminalprävention durch Sicherheitspartnerschaften“ durchgeführt. Der Teilnehmerkreis setzte sich aus Führungskräften der Polizei sowie aus Vertreterinnen und Vertretern der Innen- und Justizministerien/-senatoren, der Hochschulen, der kommunalen Spitzenverbände und des Sicherheitsgewerbes zusammen.

Ziel der Veranstaltung war es, rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten und Grenzen der Kriminalprävention durch Sicherheitspartnerschaften von Polizei, anderen Behörden, sonstigen Institutionen, Sicherheitsgewerbe und Bürger im europäischen Zusammenhang zu vermitteln bzw. zu diskutieren.

Die Redebeiträge werden in einem Seminarband veröffentlicht.

99 7. 3 BKA-Studie

Das Bundeskriminalamt beauftragte das Meinungsforschungsinstitut Emnid mit einer Bevölkerungsbefragung, in der unter anderem

- das Sicherheitsgefühl

- die Polizeiakzeptanz

- und eine Kriminalitätsbewertung eruiert werden.

Es handelt sich hierbei um eine Studie, die bisher in einem Zeitabstand von jeweils vier Jahren (1990, 1994, 1998) wiederholt wurde.103

Im April 1999 stellte das BMI die 2. Erweiterte Replikationsstudie vor. Danach ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei gestiegen. Das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, wird 1998 erheblich geringer eingeschätzt als 1994. Mittlerweile fühlen sich nach der repräsentativen Umfrage - 4000 Personen wurden in der Zeit von Oktober bis November 1998 befragt - 80 % der Befragten im Osten und 83 % der Befragten im Westen in ihrer Umgebung „ziemlich bis sehr sicher“. 1994 hatten diese Bewertung im Osten nur 68 % und im Westen 81 % der Befragten abgegeben. Das Bundesinnenministerium erklärte hierzu, daß die Akzeptanz der Polizei und die Bewertung der von ihr geleisteten Arbeit sich in Ost und West weiter angenähert habe. Nach Auffassung der Befragten könnten verstärkte polizeiliche Fußstreifen zu einer weiteren Verbesserung des Sicherheitsgefühls beitragen. Die bürgerorientierte Polizeiarbeit habe einen wesentlichen Anteil an dem positiven Umfrageergebnis. Nach den Worten von Bundesinnenminister Otto Schily zeige die Studie, daß der „von der Bundesregierung in der Kriminalitätsbekämpfung eingeschlagene Weg, neben den repressiven verstärkt auf präventive Maßnahmen zu setzen, richtig ist“.

103 Dörmann, Uwe, „Wie sicher fühlen sich die Deutschen“, In: BKA-Forschungsreihe (rot), Nr. 40 100 So seien beispielsweise die in vielen Städten praktizierten Sicherheits- und Ordnungspartnerschaften geeignet, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu verbessern.104

Es ist beabsichtigt, eine Auswertung der Studie in der BKA-Forschungsreihe zu veröffentlichen.

104 DPA-Mitteilung, „Kriminalität/ Innere Sicherheit/ Studie: Bürger fühlen sich immer sicherer“ vom 28.04.99 sowie APD-Mitteilung, „ Kriminalität/ Studie: Bürger fühlen sich sicherer“ vom 28.04.99 sowie ADN-Mitteilung, „ Inneres/Sicherheit/Studie: Sicherheitsgefühl der Deutschen verbessert" vom 28.04.99 101 8. Schlußbetrachtung

Neben der repressiven Kriminalitätsbekämpfung, die - so wichtig sie auch ist - immer nur Reaktion auf begangenes Unrecht ist und darum kaum dessen Ursache als „Wurzel des Übels“ erreicht, gilt unverändert als wichtiger Grundsatz für die polizeiliche Schwerpunktsetzung: „Die Gefahrenabwehr ist die vornehmste Aufgabe der Polizei.“ Dieser Leitsatz stammt von Carl Severing - preußischer Innenminister in der Weimarer Republik - und begleitet die Polizei seit den Anfängen ihrer Demokratisierung in den 20er Jahren. Jahrzehnte war er eine „Leerformel“, die in den Polizeischulen ebenso selbstverständlich vermittelt, wie sie in der Ausübung der praktischen Arbeit ignoriert wurde.105 Der Grundgedanke, der sich hinter diesem Leitsatz verbirgt, hat in keinster Weise an Aktualität verloren, sondern wird heute - mehr denn je - intensiv verfolgt.

Bei den Recherchen und Erhebungen zu diesem Bericht wurde deutlich, daß sich bundesweit innerhalb „der Polizei“ ein Wandel vollzieht. Dies betrifft sowohl das Selbstverständnis der Polizei - hin zur Dienstleistung am Bürger- als auch eine Schwerpunktsetzung zur Ursachenorientierung. Die Erkenntnis, daß die Verhinderung von Straftaten ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Polizeiarbeit ist, führt zu einem „Umdenkungsprozeß“ bei der Polizei, der sich in diversen Konzepten und Strategien widerspiegelt, die im vorliegenden Auswertebericht erhoben wurden.

Diese Umorientierung der polizeilichen Arbeit trifft sowohl bei Führungskräften als auch bei der Basis häufig noch auf mangelnde Akzeptanz ; so sind Aussagen wie Ø „zur Prävention gehe ich, wenn ich kurz vor der Pensionierung stehe und eine soziale Nische suche“ oder Ø „wenn ich diese Arbeit verrichten wollte, wäre ich Sozialarbeiter und nicht Polizist geworden“ keine Seltenheit.

105 Wiedemann, Uwe, Bezirksregierung Hannover, anläßlich der Veranstaltung „Gesellschaft macht Prävention“, Internationales Präventionsforum am 06.05.99 im Bildungsinstitut der Polizei Niedersachsen,Hann. Münden 102 Tätigkeiten einer bürgernahen Polizeiarbeit, z.B. Erhöhung der sichtbaren polizeilichen Präsenz auf den Straßen durch Fußstreifen, wurden noch vor Jahren von hohen Polizeibeamten als Strafmaßnahmen eingesetzt.106

(...) Die Polizei kann ihr Handeln heute zunehmend weniger aus ihrer Autorität begründen, sondern muß im Dialog um das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger werben. Es gilt, den Modernisierungsprozeß systematisch weiterzuentwickeln. Dieser Entwicklungsprozeß besteht u.a. in der Einführung neuer Steuerungsinstrumente sowie selbstgesteuerter Qualitätsprozesse zur Steigerung von Effektivität und Effizienz und in der Optimierung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, um neben der fachlichen auch die methodische und soziale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken.107

Wie Erfahrungen aus Pilotprojekten zeigen, sind langfristige Veränderungen nicht nur durch Konzepte und Umstrukturierungen zu erreichen. Die Ausdehnung eines Pilotprojektes in Berlin wird zur Zeit kontrovers diskutiert, da sich in der Praxis - aufgrund unzureichender Ausbildung - Überforderungen bei der Bewältigung der neuen Aufgabenstellungen zeigten.108

Als Grundlage zu diesem Bericht wurde eine Erhebung zu den Umsetzungsmaßnahmen - ggf. „von oben“ vorgegebener Empfehlungen und Konzepte - aufgrund des IMK-Beschlusses vom 02. Februar 1998 durchgeführt. Ein Vergleich der 16 Bundesländer sowie des Bundesgrenzschutzes läßt erkennen, daß - in unterschiedlichen Umsetzungsphasen - allen aktuellen Konzepten und Strategien Einzelmaßnahmen wie

Ø Kooperation mit anderen Behörden, Institutionen, privaten Initiativen etc. Ø Einrichtung spezieller Präventionsdienststellen Ø Einsatz von Präventionsbeamten, Kontaktsbereichsbeamten u.ä. Ø Aktive Einbindung der Bürger Ø Steigerung der sichtbaren Präsenz Ø Beseitigung öffentlicher Unordnung

106 Kruse, Horst, „Verbrechensbekämpfung vor Ort – Ein Weg zu mehr Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger“, Vortrag vor dem Gesprächskreis Politik und Wissenschaft des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung am 26. Mai 1994 in Bonn 107 Schily, Otto, „Modernisierung und Professionalisierung der Polizeiarbeit“, In: SPD-Positionspapier 108 Rieffenstahl, Detlef, stellvertretender Landesbezirksvorsitzender der GdP, „Berliner Modell erfüllt Erwartungen nicht“ (Umfrage der Polizeigewerkschaft), In: Tagesspiegel vom 07.04.99 103 Ø Konsequentes niedrigschwelliges Einschreiten zur Durchsetzung ordnungsrechtlicher Be- stimmungen Ø Stärkere Orientierung der Sicherheitsarbeit an den Bedürfnissen der Bürger Ø Aktive Öffentlichkeitsarbeit, z.B. -Aufklärungskampagnen in allen Kriminalitätsbereichen, teilweise unter Einbeziehung spezieller Trainingsprogramme -Einrichtung von Polizeiläden, Informationsständen etc., insbesondere außerhalb der Polizeidienststellen -Mobile Polizeiwachen -Nutzung aller Medien (Printmedien, Radio- bzw. Fernsehsendungen, Internet etc.) Ø Einrichtung von Bürgertelefonen; veränderte, bürgerfreundliche Dienstzeiten Ø Schulung/Ausbildung in kundenorientiertem, bürgernahem Verhalten Ø Verbesserungen im Strafverfahren durch den Ausbau von Opferschutz, Zeugenbetreuung sowie beschleunigten Verfahren zugrunde liegen.

Daneben haben sich folgende Maßnahmen als besonders hilfreich erwiesen: Ø Aktive Einbindung des Oberbürgermeisters Ø Innenstadtbelebung (z.B. durch Sperrzeitverkürzung, Reduzierung/Aufhebung der Park- kosten) Ø Zeitnahe, flexible Modifizierung bestehender Verordnungen Ø Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für Präventionsprojekte.

Besonders hervorzuheben ist, daß - sämtliche Bundesländer betreffend - der Grad der Akzeptanz und der positiven Resonanz an der Basis hinsichtlich bürgernaher Polizeiarbeit maßgebend von der Überzeugung und dem Engagement der Führung abhängig ist. Je mehr Führungskräfte die Idee der gemeinwesenorientierten Polizeiarbeit verinnerlicht haben desto erfolgreicher sind die Umsetzungsmaßnahmen; dieser Erfolg motiviert zu weiteren Aktivitäten, so daß eine Wechselwirkung gegeben ist.

104 Grundsätzlich zu befürworten und von den Bürgern gewünscht sind alle Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Präsenz einer „Ordnungsmacht“, die in Gestalt von Bediensteten des Ordnungsamtes, Vertretern des privaten Sicherheitsgewerbes, polizeiähnlichen Hilfsdiensten (Sicherheitswacht, Sicherheitspartnern, Freiwillige Polizeireserve etc.) oder Polizei/Bundesgrenzschutz auftreten kann, führen. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß bundesweit den derzeit 230.000 Mitarbeitern des privaten Sicherheitsgewerbes ca. 200.000 Polizeivollzugsbeamte gegenüberstehen.

Ein weiteres wichtiges Element stellt die „Öffnung“ der Polizei dar. Die Polizei ist keine „geschlossene Gesellschaft“, deren Entscheidungen und Maßnahmen nicht nachvollziehbar, dafür aber immer rechtens sind. Die Polizei des 21. Jahrhunderts stellt sich als (Gesprächs-) Partner zur Verfügung, sie versteht sich als Dienstleistungsunternehmen für den Bürger (Kundenorientierung), bindet diesen aktiv in die Planung von kommunalen Sicherheitsstrategien und Maßnahmen ein und macht ihre Entscheidungen transparent.

Die Grundideen zur Etablierung einer bürgernahen Polizei erfordern jedoch vor allem Veränderungen der Studieninhalte an den Polizei-Fachhochschulen. Dort sind gezielte Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Bereich der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sowie der Konflikt- und Streßbewältigung zu intensivieren. Nur ein fach- und sachkompetenter Polizist kann die Akzeptanz durch den Bürger fördern. Eine Vielzahl von Polizisten in den Straßen, die unzufrieden und unfreundlich sind und sich aggressiv und/oder distanziert verhalten, werden den Erwartungen der heutigen Gesellschaft nicht gerecht.

Präsenz und Bürgernähe fordern entsprechend kompetentes, geschultes Personal sowie flexible Arbeitszeitregelungen (Aufkommen von Mehrarbeit), Logistik Mountain-Bikes,( Inline-Skater u.ä.), was sich insbesondere auch in den Kosten niederschlägt. Konzepte und Vorgaben bringen keinen Erfolg, wenn sie nur als Absichtserklärungen zu Papier gebracht werden. Die Tatsache, daß unsere Frage nach den jeweiligen personellen, finanziellen und logistischen Umstrukturierungen größtenteils nicht oder nur bedingt beantwortet wurde, läßt die Vermutung zu, daß Maßnahmen der bürgernahen Polizeiarbeit den derzeitigen Nerv der

105 Gesellschaft treffen und sich medienwirksam „verkaufen“ lassen, ohne daß an übergeordneter Stelle der dementsprechende Wille, mit der damit verbundenen Finanzkraft, dahinter steht. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, daß Großbritannien allein für das Präventionsprojekt „Videoüberwachung“ 170 Millionen Pfund zur Verfügung stellt.

Alle Umsetzungsmaßnahmen finden fast ausschließlich regional statt und belasten damit die kommunalen Haushalte. Die zukunftsweisenden Empfehlungen der Innenminister bezüglich einer zeitgemäßen Polizei in Bund und Ländern erfordern jedoch - neben den Bemühungen auf lokaler Ebene – intensive Unterstützung durch die Politik. Politische Willenserklärungen müssen finanziell, personell und ggf. auch gesetzlich angereichert werden.

Unabhängig der finanziellen und ggf. gesetzlichen Aspekte ist festzuhalten, daß trotz der Übereinstimmung vieler Einzelelemente, kein „Patentrezept“ für eine bürgernahe Polizeiarbeit entwickelt und als Resultat des hier vorliegenden Berichtes empfohlen werden kann. Festzuhalten bleibt ferner, daß Prävention nicht allein Aufgabe der Polizei ist. In Deutschland haben sich auf allen Ebenen Gremien (z.Zt. etwa 1400) gebildet, die - vor allem in Form kriminalpräventiver Räte - Kriminalprävention betreiben.

Das Polizeipräsidium Gießen hat in einem Positionspapier im Juni 1999 allerdings stark kritisiert, daß kriminalpräventive Gremien häufig in „Laberrunden“ ausarten und Probleme zerredet werden. Häufig scheitern praxistaugliche, präventive Ansätze bereits an der Undifferenziertheit des Begriffs bzw. des Phänomens; so versteht ein Schulpolitiker oder Sozialpädagoge unter „Jugendkriminalität“ etwas ganz anderes als z.B. die Polizei. Zudem treten in der Praxis Einzelursachen zutage, das Phänomen als ganzes ist nicht greifbar. Kriminalität entsteht aus einem Ursachengeflecht, deren Ursprünge den unterschiedlichsten Verantwortungsbereichen von Institutionen zuzuordnen sind. Die Einzelressorts sind häufig mit der Kriminalprävention überfordert - insofern ist der interdisziplinäre Zusammenschluß der praktikabelste Ansatz - allerdings besteht größtenteils eine Unsicherheit hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen, die sich teilweise in blindem Aktionismus äußert. Gefordert wird ein zentrales Steuerungsinstrument als Lenkungsgremium, das vom Bürgermeister geleitet werden sollte. (...) „Die Orientierung an konkreten, kleinen Projekten

106 bedeute aber einen Verzicht auf medienwirksamen Aktionismus, der sich weitgehend in Selbstdarstellung erschöpft.“109

Kritisch anzumerken ist, daß derzeit bundesweit erfolgversprechende Präventionsprojekte lediglich erhoben und interessierten Dienststellen, Institutionen etc. zur Verfügung gestellt werden, eine Bewertung dieser polizeibezogenen Präventionsaktivitäten in Deutschland jedoch nur partiell durchgeführt wird. Durch begleitende, wissenschaftlich fundierte Evaluationen könnten die „ständige Neuerfindung des Rades“ verhindert und Zeit bzw. Ressourcen gespart werden. In der Übernahme dieser Aufgabe für Deutschland insgesamt liegt eine Chance für ein unabhängiges, übergeordnetes Forum, das dann als Ansprechpartner für nationale und internationale Akteure hinsichtlich erfolgreicher Präventionsaktivitäten auskunftsfähig wäre.

Die Bundesregierung hat durch die Bereitstellung und den Einsatz von Beamten des Bundesgrenzschutzes im Rahmen der Aktion Sicherheitsnetz einen ersten Schritt getan.

Das im Rahmen des IMK-Beschlusses festgeschriebene Unterstützungsangebot von dem damaligen Bundesinnenminister Kanther wurde von der Folgeregierung durch Bundesinnenminister Schily konsequent weiterverfolgt und fand große Zustimmung bei den Bundesländern. Sicherheitspartnerschaften ist die Bundesregierung derzeit mit fünf Großstädten und zwei Ballungsräumen eingegangen, sie werden mit insgesamt 505 zusätzlichen BGS-Beamten durchgeführt.

Trotz der positiven Reaktionen auf diese Bund-Länder-Sicherheitspartnerschaften ist festzuhalten, daß diese Initiative nicht als Dauereinrichtung gedacht ist. Sie ist als „Anschub- Idee“, als „Initialzündung“ zu verstehen, die im weiteren Verlauf durch Maßnahmen der Bundesländer ersetzt werden muß.

In Gesprächen mit Angehörigen von Polizei und Bundesgrenzschutz wurde deutlich, daß die gemeinsamen Einsätze von beiden Seiten positiv gesehen werden. Berührungsängste konnten abgebaut und das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche vertieft

109 Meise, Manfred, Maier,Kurt, Roth, Siegward: „Kriminalprävention in interdisziplinären Runden“, Polizeipräsidium Gießen, Juni 1999 107 werden. Die Zusammenführung der Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen führt daneben zur Optimierung der Kriminalitätslagebilder.

Die sich ergebenden Probleme in der alltäglichen Zusammenarbeit liegen zum Teil am Festhalten von Kompetenzen (wer wird wem unterstellt), an unterschiedlichen Zugriffsmöglichkeiten auf EDV-Systeme (aus Datenschutzgründen), an unterschiedlichen Dienstanweisungen die Sachbearbeitung betreffend (z.B. WE-Meldungen) sowie an dem vorbehaltlichen Einsatz der BGS-Kräfte, die aufgrund sich ergebender Sonderlagen (z.B. in Zusammenhang mit PKK-Aktionen) jederzeit „abgezogen“ werden können.. Ungeachtet dieser Probleme, für die pragmatische Lösungen gefunden wurden, sind „eingespielte Teams“ entstanden, die gezielt eingesetzt werden, um erfolgreiche Arbeit zu leisten.

Anzumerken ist jedoch, daß eine „Erfolgsmessung“ im Bereich der Prävention nur bedingt statistisch belegbar ist (z.B. Rate des Kriminalitätsaufkommens). Kriminalität, die z.B. aufgrund erhöhter Streifentätigkeit, Präsenzsteigerung u.ä. nicht begangen wird, ist dem hypothetischen Bereich zuzuordnen; eine Erhöhung des Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung sowie der damit verbundenen Lebensqualität ist nur durch gezielte Befragungen erkenn- und meßbar.

Die in diesem Bericht vorgestellten Maßnahmen und Konzepte stellen lediglich einenSchritt in die richtige Richtung dar. Die Intensität der Durchführung und Schwerpunktsetzung muß immer problem- und lageangepaßt „vor Ort“ entschieden werden, sie ist nicht 1:1 übertragbar. Die Erarbeitung eines landes- oder sogar bundesweiten Rasters zur Durchsetzung einer bürgernahen Polizeiarbeit würde die darin inbegriffene Flexibilität und „Öffnung“ der Polizei ad absurdum führen.

Die Modelle bürgernaher Polizeiarbeit, die seit einigen Jahren die polizeilichen Arbeitsmethoden in Deutschland beeinflussen bzw. prägen, sind unter anderem das Resultat gesellschaftlicher Veränderungen und in ähnlicher Form im europäischen Ausland festzuzstellen.

108 9. Tabellarische Übersicht

Bundesland / Gremien (Anzahl) Polizeiähnliche BGS Ballungsräume Hilfsdienste (Formen) (Personalstärke) Baden-Württemberg 335 Freiwilliger Polizeidienst Stuttgart 70 Rhein-Main-Neckar 170 Bayern 16 Sicherheitswacht

München 35 Berlin 1 Freiwillige 100 Polizeireserve Brandenburg 65 Sicherheitspartner Bremen 10 70 Hamburg 1 Hessen 76 In Planung (ab 2000): Wachpolizei, Frankfurt - Hanau - Freiwillige Hilfspolizei 60 Offenbach Mecklenburg- 40 Vorpommern Niedersachsen 71

Hannover Nordrhein-Westfalen 562 Rheinland-Pfalz 38

Rhein-Main-Neckar s.o. (BW) Saarland 5 Sachsen 52 Sächsische Sicherheitswacht Sachsen-Anhalt 13 Schleswig-Holstein 51 Thüringen 9

109 10. Literaturverzeichnis

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BMI-Papier „Partnerschaft für mehr Sicherheit in den Städten und Gemeinden (Aktion Sicherheitsnetz) - Einbindung des Bundesgrenzschutzes - “, übermittelt durch BGS-Schule Lübeck

BMI-Papier „Sicherheitskooperationsabkommen und Sicherheitspartnerschaften“ übermittelt durch BGS-Schule Lübeck

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Sperner, Walter,Inspekteur des BGS beim BMI anläßlich eines PFA-Seminars in der Zeit vom 22. bis 24. Juni 1998 zum Thema: „Kriminalitätsverhütung durch Sicherheitsvorsorge - Kriminalitätskontrolle als gemeinsame Aufgabe von Polizei, öffentlichen Institutionen und Privaten“

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115 Zitiert aus Runderlaß des Innenministeriums Niedersachsen vom 24.07.98, übersandt mit Schreiben vom 19.03.99

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