Protokoll-Nr. 18/50

18. Wahlperiode Ausschuss Digitale Agenda

Wortprotokoll der 50. Sitzung

Ausschuss Digitale Agenda Berlin, den 11. November 2015, 16:00 Uhr 11011 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1 Sitzungssaal: PLH E.200

Vorsitz: Jens Koeppen, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

Tagesordnungspunkt 1 Seite 07

Öffentliches Fachgespräch zum Thema: Digitalisierung in der Finanzwirtschaft

a) Geänderte Liste der Sachverständigen Ausschussdrucksache 18(24)SB21neu

b) Fragenkatalog

Ausschussdrucksache 18(24)SB22

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Beermann, Maik Hornhues, Bettina Durz, Hansjörg Lange, Ulrich Jarzombek, Thomas Schön (St. Wendel), Nadine Koeppen, Jens Tauber, Dr. Peter Nick, Dr. Andreas Wanderwitz, Marco Schipanski, Tankred Wendt, Marian Schwarzer, Christina Whittaker, Kai SPD Esken, Saskia Bartol, Sören Flisek, Christian Dörmann, Martin Klingbeil, Lars Heidenblut, Dirk Reichenbach, Gerold Stadler, Svenja Zimmermann, Dr. Jens Träger, Carsten DIE LINKE. Behrens, Herbert Korte, Jan Wawzyniak, Halina Pau, Petra BÜNDNIS 90/DIE Janecek, Dieter Beck (Köln), Volker GRÜNEN Notz, Dr. Konstantin von Rößner, Tabea

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Tagesordnungspunkt 1 aber gerade zu diesem Thema haben wir in dieser Woche eine sehr wichtige Entscheidung getroffen. Öffentliches Fachgespräch zum Thema: Der Vorstand des Bankenverbandes hat am Mon- Digitalisierung in der Finanzwirtschaft tag eine Satzungsänderung in die Wege geleitet, Der Vorsitzende: Die Sitzung ist eröffnet. Liebe nämlich den Verband für FinTechs zu öffnen, was Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie ganz für einen altehrwürdigen Verband eine spannende herzlich zu unserem heutigen Fachgespräch mit Sache ist. Da kann ich gleich noch etwas zu sagen. dem Titel „Digitalisierung der Finanzwirtschaft“. In der Reihe von Workshops und anderen Arbeits- Das ist gleichzeitig die 50. Sitzung des Ausschus- formen in den letzten anderthalb Jahren haben wir ses Digitale Agenda. Herzlich Willkommen hier Einiges zu besprechen gehabt. Deswegen war es im Saal und natürlich auch denjenigen, die den nur folgerichtig, irgendwann einmal zu entschei- Stream verfolgen. Ich begrüße sehr herzlich un- den, wie man diese Zusammenarbeit institutiona- sere heutigen Sachverständigen zu diesem Fach- lisieren soll. Die außerordentliche Mitgliedschaft gespräch. Zum einen Herrn Andreas Krautscheid im Bankenverband ist ein erster Schritt dahin. vom Bundesverband der Deutschen Banken, Also, wenn Sie so wollen, mehr als nur Symbolik. Herrn Stephan Czajkowski von der Fidor Bank Wir haben Ihnen sehr umfangreich die 18 Fragen AG, Herrn Dirk Elsner, Unternehmensberater IN- beantwortet. Vielleicht zum Nachlesen ganz inte- NOVECS GmbH und Herrn Karsten Wenzlaff vom ressant, weil da auch einige Entwicklungen, Stich- Institut für Kommunikation und in sozialen Me- wort Disruption im Bankensektor, etwas ausführ- dien. Herr Georg Fahrenschon vom Deutschen licher beschrieben werden. Wir haben einige Sta- Sparkassen- und Giroverband e.V. verspätet sich tistiken und Charts eingebaut, die ich hier heute etwas, da er noch im Stau steht. Ich sage noch et- nicht durchgehen will. Sie sehen, Digitalisierung was zum Verfahrensablauf. Wir werden es so hal- ist eigentlich keine besonders neue Entwicklung. ten, dass die Sachverständigen zu Anfang die Ge- Nur die Wucht und die Schnelligkeit der letzten legenheit haben, in einem fünfminütigem State- Jahre ist eben besonders beeindruckend. Ich ment ihre Positionen zum Thema darzulegen. Da- möchte Ihnen kurz beschreiben, auf welche Art nach gibt es eine Fragerunde. Anschließend wer- und Weise wir, sprich tradiertes Bankensystem, den dann der entsprechende Sachverständige oder und FinTechs uns begegnen. Das sind sehr unter- die entsprechenden Sachverständigen antworten. schiedliche Teilrollen, wenn Sie so wollen. Ich Es besteht die Möglichkeit für die Abgeordneten, stelle fest, dass sich in der Branche, aber auch bei jeweils zwei Fragen an einen Sachverständigen zu uns privaten Banken, die Körperhaltung in den stellen oder jeweils eine Frage an zwei Sachver- letzten anderthalb bis zwei Jahren doch ganz mas- ständige. Die Fragen werden in der ersten Runde siv verändert hat. Wenn man vor zwei Jahren über gesammelt. In der zweiten Runde werden die Fra- das Thema gesprochen hat, war da sehr viel Skep- gen sofort vom Sachverständigen beantwortet. sis, Vorsicht, vielleicht Angst bei dem einen oder Dazu hat der Abgeordnete dann wieder drei Minu- anderen. Viele große Banken haben mittlerweile ten und der Sachverständige ebenfalls drei Minu- eigene Labs eingerichtet. Viele FinTechs sind ten. Es wird natürlich ein Wortprotokoll angefer- mittlerweile Kooperationspartner von Banken und tigt. Dazu bitte ich Sie, dann jeweils immer die deswegen sind die zukünftigen Rollen und Aufga- Mikrofone zu öffnen und, damit es keine Rück- ben, die FinTechs im Bankensektor haben, je nach kopplung gibt, danach wieder auszuschalten. Gibt Geschäftsmodell sehr verschieden. Es können es dazu Fragen? Nein, dann werden wir so verfah- Wettbewerber sein, die sich zum Teil in unsere ren. Ich gebe als erstes das Wort an Herrn Andreas Wertschöpfungskette hineinsetzen, weil sie Krautscheid für sein fünfminütiges Statement. schneller, interessanter sind, mehr Convenience bieten. Es können aber auch FinTechs sein, die sich weiterentwickeln und dann Teil der Wertstel- SV Andreas Krautscheid: Herr Vorsitzender, ge- lungskette als Partner sind. Das ist eine sehr inte- ehrte Abgeordnete, verehrte Gäste, ich bedanke ressante, vielfältige Entwicklung. Wir haben Ihnen mich für den Bankenverband ganz herzlich, dass hier nur ein paar Beispiele genannt, wo und auf wir zu diesem spannenden Thema heute auch ein- welche Weise FinTechs heute schon in der Wert- geladen worden sind. Ich vermute, die Terminie- schöpfungskette von Banken sehr erfolgreich aktiv rung war auf beiden Seiten nicht ganz absichtlich,

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sind. Wichtig oder interessant ist vielleicht für Punkt, nämlich, neudeutsch „level playing field“. Sie, wer eigentlich was zu bieten hat, wer welche Wie geht man zum Beispiel aus Sicht der Regulie- Vorteile hat. Denn das muss man analysieren, um rung mit FinTechs um? Wir wissen, und da wer- zu wissen, wer welche Stellung in zehn Jahren in den wir heute sicherlich auch Beispiele für fin- diesem Finanzdienstleistungssektor haben kann. den, dass es eine Reihe von FinTechs gibt, die ver- Es wird gelegentlich die Bankenseite unterschätzt, suchen, ihre Geschäftsmodelle um die Regulie- die einen sehr hohen, sehr entwickelten Kunden- rung herumzubauen. Aber es gibt eben auch ei- schutzstandard, Sicherheitsstandard, und die enge nige, die sagen, ich komme doch dann irgendwo Kunde-Bank-Beziehung hat. Das ist immer noch in Regulierungskontakt und dann brauche ich etwas Besonderes. Auch wenn viele Leute mittler- eine Bank als Partner. Spannend ist für uns das weile etwas lockerer mit dem Thema umgehen. Thema: „Same risks, same rules“. Wer das Gleiche Aber wir wissen aus den Kundenbefragungen aller tut wie eine Bank, und wo es gute Gründe gibt, Banken, dass den Kunden in diesem besonderen Banken zu regulieren, Stichwort „Sicherheit der Verhältnis das Thema Datensicherheit und Um- Finanzmärkte“, da muss dann auch ein FinTech, gang mit Kundendaten, mit vertraulichen Informa- wenn es das Gleiche tut wie eine Bank, reguliert tionen, extrem wichtig ist. Es handelt sich häufig werden. Wir haben das Beispiel Robo-Advice. Ja, auch um sehr langfristige, langjährig bestehende wenn es zu viel Advice ist, dann ist es klassisches persönliche Beziehungen, die sicherlich ein Asset Beratungsgeschäft. Und da sind wir hart reguliert, sind. Das breite Produktangebot aus einer Hand ist da möchten wir natürlich Gleichbehandlung. Aber ein weiteres Asset. Aber wir sehen uns natürlich das ist ein spannender Fall und ein Thema, in das Anbietern gegenüber, die auch etwas zu bieten ha- sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- ben. Das ist die innovative Schnelligkeit, die ein- aufsicht (BaFin) auch so nach und nach hineintas- deutig höher ist als im klassischen Bankensektor. tet. Das ist auch nicht ganz einfach. Da werden Deshalb versuchen Banken, zwar unter ihrem wir alle lernen müssen. Aber wir sind sehr dafür, Dach, aber in eigenen Labs, Innovationen zu be- dass wir diese Lernkurve gemeinsam hinkriegen. fördern. Der Fokus auf dem Kundennutzen ist Wir sind offen für Kooperationen und freuen uns, ohne Zweifel häufig unschlagbar, weil die Denk- dass uns das eine oder andere FinTech nicht nur weise, die Herangehensweise, bei FinTechs oft mit Schnelligkeit begleitet und uns flott macht, eine ganz andere ist. Sie sind vielleicht, wenn sondern auch mit tollen Ideen. Vielen Dank zu- man es mit Amerika vergleicht, in Deutschland et- nächst. was weniger technologiegetrieben, mehr von den Geschäftsmodellen her denkend. Aber das Thema Kundennutzen ist absolut der primäre Treiber für Der Vorsitzende: Vielen Dank, Herr Krautscheid. FinTechs. Deswegen bieten sie häufiger das, was Herr Czajkowski, Sie haben das Wort, bitteschön. man als Convenience bezeichnet. Gemeint sind auch Schnelligkeit, mehr Handhabbarkeit, Verein- SV Stephan Czajkowski: Vielen Dank für die Ein- fachung von Prozessen, das sind alles enorme ladung, es ist das erste Mal, dass ich in einem sol- Vorteile. Spannend wird für uns eins sein: Wir se- chen Gremium sprechen darf. Ich bin beeindruckt hen ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle, von und etwas nervös. Sie sprachen von Regulierung. Kreditplattformen, Peer-to-Peer-Lending über sehr Damit beginnt das Ganze und damit beginnt auch viele Anbieter im Bereich Zahlungsverkehr. In ei- der erste Hemmschuh. Wenn wir sehen, dass Fin- nigen Bereichen wird es sehr spannend sein. Wie Techs durch die deutsche Gesetzgebung behindert halten sich diese Geschäftsmodelle, wenn die Zeit werden, ist das ein Punkt, der Beachtung finden nicht mehr so ist wie heute, wo billiges Geld un- sollte. In der Richtlinie des Europäischen Parla- endlich verfügbar ist? Wenn die Konjunktur sich ments vom 23. Juli 2014 werden die Bestimmun- dreht, wenn der Markt sich dreht, wenn die Zins- gen über die Vergleichbarkeit von Zahlungskon- situation sich dreht? Dann wird das für den ein o- toentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten der anderen eine richtige Bewährungsprobe wer- und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlie- den. Aber das wird man in ein paar Jahren sehen. genden Funktionen formuliert. Diese Bestimmun- Das ist sicherlich ein Ausleseprozess, den man gen bzw. diese Richtlinie sollte unter anderem dann auch stemmen muss. Wichtig ist für uns ein

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den Kontowechsel vereinfachen bzw. diesen kun- Kredit abholen möchte. Das ist heute schon mög- denfreundlicher gestalten. In der Umsetzung ist lich. Apple macht uns beispielsweise heute schon das eine für FinTechs absolut barrierefreie Umset- vor, wie das iPhone nicht nur zum kontaktlosen zung. Jetzt kann ich Ihnen sagen, was der Referen- Bezahlen funktioniert, sondern auch als Offline- tenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen Kasse. Das heißt, dieses Gerät ist dann die Kasse und des Bundesministeriums der Justiz und für des Shops, mit unglaublichen Möglichkeiten für Verbraucherschutz daraus gemacht hat. Das ist in die Zukunft. Was bedeutet das? Dass sich rasant der Umsetzungsbestimmung auf der Seite 21, Er- verändernde Verhalten digitaler Konsumenten mächtigung des Kontoinhabers: Eine Ermächti- muss in ihren Dienstleistungen entlang der Ver- gung zur Kontowechselhilfe bedarf der Schrift- haltensmuster der Kunden sichtbar werden. Wenn form. Meine Damen und Herren, das ist gigan- reale Objekte miteinander kommunizieren, müs- tisch. Damit ist der Kontowechsel absolut old- sen intelligente und innovative Zahlungssysteme school, der alte Weg. Es muss ein Brief mit Unter- integriert sein. Dabei spielen auch Alternativwäh- schrift geschrieben werden und der darf der Bank rungen eine Rolle. Schutz von Identitäten: Geräte, zugestellt werden bzw. dem Dienstleister. Banken wie dieses Smartphone oder diesen sogenannten erlauben heute ihren Kunden mobil, das heißt Variables, wie zum Beispiel die Smartwatch von über dieses Gerät, mittlerweile über Video-Ident Apple, sind im Grunde schon Steuerungsgeräte den Zugang zum Konto. Bei der Kündigung nicht. für das Internet der Dinge. Sie verraten aber auch Die Frage, die ich stellen möchte, ist: Wem hilft die Identität des Besitzers. Wie mit diesen Daten das? Die Innovationskraft der Banken wird ge- umgegangen werden muss, ist eine politische Auf- bremst. Vielleicht ist das auch der Grund, warum gabe, die national und international mit einheitli- die traditionellen Banken in den letzten zehn Jah- chen Standards geregelt werden sollte. Safe Har- ren eigentlich wenig Innovation nach außen ge- bor ist seit dem Urteil des EuGH offiziell für un- zeigt haben. Das mobile Internet oder vielmehr gültig erklärt worden. Europäischen Unternehmen der digitale Lebensstil geht eigentlich an den Ban- ist es nun nicht mehr gestattet, personenbezogene ken vorbei. Da ist eine App, die das Konto zeigt, Daten in die USA zu übermitteln. Das Internet be- noch keine Innovation oder keine disruptive Inno- nötigt aber neutrale Netze, den freien Zugang zu vation im Sinne des digitalen Lebensstils. 17 Jahre Inhalten. Es geht nicht darum, die Datenflut zu be- nach dem Start von PayPal mit insgesamt 160 Mil- grenzen, sondern den Umgang damit zu regeln, lionen aktiven Nutzern, gibt es noch kein deut- ohne damit Inhalte abzuschneiden. Diese Befürch- sches Pendant. Stattdessen kommen immer wei- tung haben wir. Die Gefahr, dass Datenflüsse ein- tere Unternehmen aus dem Internetumfeld auf seitig in ihren Inhalten beschränkt werden sollen, den Markt und könnten die Banken in ihrem ist natürlich sehr groß. Anstatt den Datenexport Kerngeschäft angreifen, und das werden sie si- und -import zu behindern, ist es notwendig, cherlich auch tun. Denn warum werden sie es durch Standardisierung des Umgangs mit Daten tun? Weil die Kunden der Banken schon im Inter- mehr Transparenz zu schaffen. Das gilt nicht nur net sind. Das Internet der Dinge bedeutet für Ban- für die Daten selbst, sondern natürlich auch für ken wie für alle anderen Teilnehmer auch, dass internationale Zahlungsströme. Passiert das nicht, sie ihre Dienstleistung bzw. ihre Prozesse in an- bleibt Rechtsunsicherheit. Wie kann man den dere Prozesse eingliedern müssen. Das heißt, sie Schutz von Daten garantieren? Weltweit gibt es müssen sich vernetzen. Wer in Zukunft als Bank täglich 400.000 neue Chart-Programme und drei im Privatkundenbereich eine Rolle spielen will, neue kritische Schwachstellen im Betriebssystem. der muss den Kunden in seinem neuen Verhalten Sie bedeuten ein extrem hohes Risikopotenzial für verstehen und muss auch verstehen, in welchen alle IT-Systeme, binden enormes Kapital und Res- Kontexten er die Finanzdienstleistung in An- sourcen. Das Bundesamt für Sicherheit in der In- spruch nehmen möchte. Die Kreditanfragen wer- formationstechnik muss massiv ausgebaut werden den immer mehr. Die Kreditanfrage der Zukunft und zur modernsten Anlaufstelle für Sicherheits- wird sehr wahrscheinlich in der Nähe des Waren- probleme werden. Beliebtes Mittel zur Erpressung korbs liegen, auf den der Kunde vorher geklickt sind heute Netz-DDosS (Denial of Service)-Atta- hat und im Bezahlvorgang irgendwann mal den cken, unter denen die Fidor Bank auch gelitten hat. Da werden mittels Internet Traffic Webseiten

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virtuell entführt. Die Verursacher bleiben im Dun- auch die Qualität unserer Beratung, wo nötig, suk- keln. Auch wenn sie ermittelt werden, sind sie zessive an. 2. Digitale Angebote sind ihrer Natur nicht greifbar, wie in unserem Fall. Aufgrund der nach dezentral. Deshalb setzen wir strategisch Tatsache, dass sie noch in andere internationale stark auf mobile Angebote. Aber an dieser Stelle Cybercrime-Aktivitäten verwickelt sind, sind sie bauen wir auch immer auf den mobilen Kontakt nicht greifbar und nicht haftbar zu machen. Da zum persönlichen Berater. Wir gehen quasi nicht würden wir uns wünschen, dass wir da mehr Un- den anonymen Weg, sondern wir setzen auf die terstützung kriegen. Vielen Dank. Berater-Kunden-Beziehung, die sich in der digita- len Welt einfach auch anderer Kanäle, anderer Möglichkeiten bedienen kann. 3. Wir kooperieren SV Georg Fahrenschon: Herr Vorsitzender, meine mit FinTechs und kaufen gegebenenfalls auch ent- Damen und Herren, ich bedanke mich ganz herz- sprechend spezialisierte Lösungsanbieter. Zentral lich für die Einladung und für diese Gelegenheit. sind für uns die Aspekte Datenschutz auf der ei- Ich gratuliere dem Ausschuss auch zu der The- nen Seite und Angemessenheit der Regulierung mensetzung, weil sie die Debatte zu Recht unter- auf der anderen Seite. Entscheidend ist gerade mit streicht, die wir gesamtgesellschaftlich, politisch, Blick auf die europäische Ebene, dass alle The- im nationalen, im europäischen aber auch im in- men, die sich um die Regulierung von digitalen ternationalen Umgriff zu führen haben. Ich Leistungen drehen, also die bereits in Europa voll glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass Digi- harmonisierten Bereiche, ausgeklammert werden. talisierung ein ganz zentraler Prozess unserer Zeit Hierzu gehören der Zahlungsverkehr, das Kredit- ist, die unsere Art zu kommunizieren, und zu wesen und die Wertpapierberatung. Ansonsten wirtschaften, in erheblicher Form umkrempeln laufen wir Gefahr, dass wir Doppelwelten kriegen. wird. Daher setzt sich natürlich die Sparkassenfi- Das kann nicht im Sinne der Unterstützung und nanzgruppe als größter Marktanteilseigner auf der der Wettbewerbsfähigkeit und -gleichheit sein. Seite der deutschen Kreditwirtschaft mit dem Rechtsunsicherheiten durch Doppelungen und Thema in hohem Maße auseinander. Wir wollen Widersprüche bremsen am Ende auch Innovati- diesen Wandel durchaus auch aktiv mitgestalten. onskraft und zwar sowohl von neuen als auch von Digitalisierung wird von Seiten der Menschen, klassischen Anbietern. Der regulatorische Wel- also aus der Kundenperspektive natürlich vor al- penschutz, wenn ich das so nennen darf, für Fin- lem als technische Möglichkeit angesehen, ihr ei- Techs sollte jetzt beendet werden. Denn sie haben genes Leben noch stärker nach ihren ganz indivi- sich in den Märkten etabliert und insoweit sind duellen Gewohnheiten und Vorlieben zu formen. all diejenigen, die mehr Wettbewerb wollten, ei- Das betrifft auch alle Angelegenheiten rund um gentlich am Ziel. Dann gilt es in der nächsten ihr eigenes Geldvermögen, um das Wirtschaften Stufe auch dem Gedanken eines Level Playing mit dem Einkommen, aber auch der Vorsorge. Wir Fields gerecht zu werden. Ich will an dieser Stelle glauben, dass wir bei all unseren Überlegungen nochmal daran erinnern, dass es die G-20-Staats- durchaus Rückgriff auf eine Generallinie nehmen und Regierungschefs waren, die 2009 auf den Gip- dürfen, die auch in der Vergangenheit von großer feln in London und Pittsburgh die Devise ausgege- Bedeutung war. Nämlich, wie bringt man das ben haben. Ich zitiere „zukünftig darf kein Finanz- heute und in Zukunft technisch Mögliche mit markt, kein Finanzmarktakteur und auch kein Fi- dem Schutz jedes Einzelnen, aber auch dem Nut- nanzmarktprodukt ohne angemessene Aufsicht zen für jeden Einzelnen möglichst in Einklang. und Kontrolle sein“. Das bedeutet in der Konse- Die Sparkassenfinanzgruppe hat sich unter dieser quenz, dass jeder einzelne Akteur auch entspre- Generallinie für eine dreiteilige Strategie entschie- chend seiner Geschäftstätigkeit begleitet und regu- den. 1. Wir nutzen selbst die Möglichkeiten der liert sein sollte. Anders gesagt, aus unserer Sicht Digitalisierung, um natürlich unseren Kunden in gilt schon, gleiches Risiko, gleiche Regeln. Dies der Betreuung noch schneller und zielgerichteter gilt auch für Dienste, die im Bankbereich reguliert und vor allen Dingen immer unter der Einhaltung sind und die von Nichtbanken angeboten werden. höchstmöglicher Sicherheitsstandards noch per- Hier erwarten wir, ich glaube auch zu Recht, dass sönlicher gerecht zu werden. Dazu passen wir un- identische Regeln für alle Marktakteure gelten. sere Produkte, unsere Infrastruktur und natürlich

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Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass Re- SV Dirk Elsner: Vielen Dank für diese Einladung. gulierung die Datenhoheit der Bürger in Europa Es ist auch mein erster Besuch hier in diesem nicht verletzen darf. Das geplante elektronische Kreis. Ich steige gleich ein in meine Stellung- Kreditregister, Stichwort „AnaCredit“ (Analytical nahme, orientiere mich an meinem Blatt und habe Credit Datasets), ist aus unserer Sicht ein aktuelles keine Präsentation mitgebracht. Seit einigen Jah- Negativbeispiel für dieses Ziel. Es verlangt die ren laufen unter diesen Schlagworten Digitalisie- Weitergabe von Daten für alle Kredite ab der be- rung von Finanzgeschäften und Financial Techno- merkenswerten Summe von 25.000 Euro, inklu- logy, der Begriff ist mittlerweile wohl auch geläu- sive des Kreditzwecks, vom Namen und der Ad- fig, wie ich aus den Fragen gesehen habe, vor al- resse des Kreditnehmers abgesehen. Das ist neben- len Dingen die Bemühungen außerhalb des Fi- bei bemerkt auch ein passendes Beispiel für einen nanzsektors, in das Thema Bankgeschäft einzu- gewissen Grad von bürokratischem Overkill. An- steigen. Die Initiatoren waren vor allen große In- statt diesen Aufwand zu betreiben, würden wir ternet- und Kommunikationskonzerne und eine unsere Mittel sehr gerne in Innovationen rund um große, kaum noch zählbare Zahl von Start-ups. In digitale Entwicklungen stecken. 4. Wir glauben Deutschland sprechen wir von ungefähr 200, welt- schon, dass es aus unserer Sicht erforderlich ist, weit von ungefähr 4.000, die in diesem Bereich den Standort Europa beim Datenschutz positiv eingestiegen sind. Die Veränderung auf der Pro- vom Standort der Vereinigten Staaten abzuheben. duktseite betreffen mittlerweile nahezu alle Bank- Ich glaube, dass man in der Debatte in eine Abwä- geschäfte. Ich würde auch sagen nicht nur B2C, gung eintreten muss, ob man wirklich Geschäfts- was im Mittelpunkt steht, sondern auch B2B. Sie modelle bevorzugen will, die der Kunde nicht in haben in Ihren Fragen auch schon viele dieser Geld, sondern durch Preisgabe seiner persönli- Produkte aufgezählt. Manche FinTechs grätschen chen Daten bezahlt. Insoweit sind wir auch nicht sozusagen in die Wertschöpfungskette der klassi- zufrieden mit der Debatte über die Europäische schen Banken hinein und bieten zusätzlich ergän- Zahlungsdiensterichtlinie PSD2. Dass am Ende zende Leistungen an, beispielsweise Mobile Pay- die Träger der klassischen Kreditwirtschaft ihre ment. Es gibt Dienstleistungen, die eigentlich Infrastruktur und auch ihren Kundenzugang ohne ohne das Internet und die Digitalisierung so gar Weiteres für Wettbewerber öffnen müssen, heißt, nicht möglich wären, wie das Thema Crowdfun- dass Dritte auf die Daten unserer Kunden zugrei- ding oder Peer-to-Peer-Finanzierung. Es gibt aus- fen können, ohne dass wir den Datenschutz kon- gewählte Anbieter, die bestimmte Leistungen wie trollieren oder eine missbräuchliche Verwendung beispielsweise Beratungsdienstleistungen anbie- verhindern können. Das kann eigentlich nicht die ten, die ich Robo-Advice nenne, weil das für mich Grundlage sein, auch nicht von digitalem Wirt- keine Beratung ist. Da kommen wir nachher viel- schaften. Uns ist klar, dass es in Zukunft ähnliche leicht in der Diskussion darauf. Dann haben wir Vorstöße auch im Zuge internationaler Abkom- Dienstleister, die auch Bankdienstleistung anbie- men und durch europäische Initiativen geben ten, um einfach bestimmte Produkte und Prozesse wird. Das gilt es deshalb deutlich zu adressieren. zu erleichtern, wie beispielsweise die Identifizie- Abschließend sei gesagt, da die Sparkassen auf- rung. Es reifen völlig neue Technologien heran, grund ihrer Gemeinwohlorientierung und in der von denen wir noch nicht genau wissen, wie sie Abdeckung der Infrastruktur in allen Bereichen wirken. Das ist vor allem das Thema Blockchain- eine besondere Bedeutung haben, für sie die Technology. Das ist im Moment für mich die ein- Chancengleichheit aller Menschen bei der Digita- zige Technologie, von der ich sagen würde, dass lisierung wichtig ist. Deshalb muss durchaus mit sie das Zeug zu einer wirklichen Revolution hat. aufgerufen werden, dass sich Unternehmen und Wobei dieser Begriff eigentlich gar nicht so Bürger der Europäischen Union überall auf hoch- gefällt. Digitalisierung meint aber nicht nur Tech- leistungsfähige Netze verlassen können. Nur dann nologie. Wenn man mit Banken spricht, dann sa- können sie auch an der digitalen Welt teilhaben. gen Banken, wieso Digitalisierung? Digitalisierung Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit. hatten wir auch schon vor 20 Jahren. Digitalisie- rung meint nicht nur diesen technologischen Wandel, sondern meint häufig auch eben auch Der Vorsitzende: Vielen Dank Herr Fahrenschon. den kulturellen Wandel. Da geht es auch um eine Jetzt hat das Wort Herr Elsner, bitteschön.

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neue Form der Offenheit. Wobei sich auch nicht auch mit Banken als Dienstleister zusammen. Sie alle FinTechs öffnen. Es geht auch um ein Verhal- versuchen auf jeden Fall diesen regulatorischen ten zwischen Kunden und Instituten oder Anbie- Anforderungen gerecht zu werden und nehmen tern auf Augenhöhe. Das vermitteln zumindest die das auch sehr ernst, wie ich das immer wieder aus FinTechs häufig eher als manche Bank. Ich be- den Kreisen höre. Bei vielen Regulierungsmaß- obachte das Umfeld der FinTechs seit ungefähr nahmen muss man sich fragen, ob die Regulierung sechs Jahren. Am Anfang haben die Banken das eigentlich an allen Stellen zielgerichtet ist. Es gibt Thema sehr ignoriert, das haben wir aus den Stel- Regulierungsmaßnahmen, die aus meiner Sicht lungnahmen eben schon gehört. Die Banken ha- das Risiko im Finanzsektor eher erhöht haben, als ben sich des Themas angenommen. Sie sind auf vermindert. Wenn man sich die Regulierungs- den Zug über verschiedene Maßnahmen aufge- werke anschaut und die technische Durchfüh- sprungen. Sie suchen die direkten Gespräche mit rungsverordnung zu Regulierungsmaßnahmen, den FinTechs. Es gibt Innovations-Workshops o- dann haben wir mittlerweile eine Komplexität er- der Innovation Labs. Das machen vor allem auch reicht, mit der die Banken selbst mittlerweile die internationalen Banken. Sie gründen speziali- große Probleme haben, diesen zu folgen. Und das sierte Beteiligungsgesellschaften und Inkubatoren. ist für FinTechs natürlich auch ein Problem. Sie kooperieren im Front und im Back Office-Be- Große Institute haben einen Riesenstab. Die kön- reich. Sind auch Dienstleister für die FinTechs nen sich damit befassen. Die haben ihre Spezialis- und tauschen sich rege über Fachkonferenzen und ten und können ihre Kanzleien einschalten. Das Verbandsaktivitäten aus. Ich denke schon, dass haben FinTechs in der Regel nicht. Das ist für sie die Banken begriffen haben, dass hier etwas her- vergleichsweise teuer. Es gab vor einem Jahr die anwächst. Man muss aber auch sagen, dass auch Diskussion im Zusammenhang mit dem Kleinan- so viel über die Financial Technology – FinTechs legerschutzgesetz, das dann zum Glück auch für - gesprochen wird. Das Thema ist, wenn man sich das Thema FinTechs, für das Crowdfunding und die Umsätze, die Beträge oder die Kundendurch- Crowdinvesting entschärft wurde. Bei der Diskus- dringung anguckt, noch nicht so in der breiten sion haben viele um ihre Geschäftsmodelle ge- Masse angekommen. Viele Kunden bleiben im fürchtet. Da muss man schon sehr genau hingu- Moment eher noch ihren Banken treu. Probieren cken und vielleicht auch mit den FinTechs selbst auch gerne einmal die FinTechs aus, aber sind direkt reden. Ich kann derzeit nicht erkennen, auch noch bei traditionellen Banken Kunde. Das dass von FinTechs eine Gefahr für die Finanz- hat aus meiner Sicht verschiedene Gründe. Ein- marktstabilität ausgeht. Ich glaube eher, dass die mal beschränken sich viele, der neuen Anbieter Digitalisierung eine Chance bietet, neue Player zu auf ganz wenige Produkte. Es gibt Banken wie die schaffen, mehr Wettbewerb, mehr kleinere Einhei- Fidor Bank, die aggregieren verschiedene Dienst- ten. Mehr kleinere Einheiten bedeutet für mich leistungen. Das ist ein sehr spannendes Modell. immer, dass das Risiko besser verteilt wird auf Viele Kunden sind noch nicht so wirklich über- viele Player und dann ist es auch nicht so tra- zeugt vom Nachhaltigen und dem Überleben der gisch, wenn einer pleitegeht. Ein kleiner Player FinTechs. Im Finanzbereich ist es sehr wichtig, reißt nicht die ganze Wirtschaft mit. dass das Unternehmen, dem ich meine Finanzen in welcher Form auch immer anvertraue, auch nachhaltig am Markt besteht. Oft mangelt es ein- Der Vorsitzende: Vielen Dank, Herr Elsner. Jetzt fach an Kenntnis dieser Unternehmen. So intelli- hat als letzter das Wort Herr Wenzlaff, bitteschön. gent ich manche Lösungen finde, sie sind häufig für Kunden zu komplex. Denn die möchten sich SV Karsten Wenzlaff: Herzlichen Dank für die häufig nicht mit den Details der Technik befassen. Einladung und Danke auch an die Ausschussmit- Bedarf es einer besonderen Regulierung? Ich habe glieder, dass Sie sich dieses wichtigen Themas der von der Bankenseite gehört, dass es einer beson- Digitalisierung in den Finanzkreisläufen anneh- deren Regulierung bedarf. Mein Eindruck ist, dass men. Wir beraten und entwickeln mit vielen Fin- die FinTechs nicht im regulierungsfreien Raum Techs zusammen die Geschäftsmodelle, aber ver- arbeiten, sondern sehr wohl auf die Regulierung suchen auch auf europäischer Ebene zu gucken, achten. Sie arbeiten auf der Regulierungsseite

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wie man Regulierung und Marktwachstum sinn- schon den kompletten Markt in einzelnen sehr in- voll analysieren und dort geeignete Maßnahmen novativen Teilaspekten übernommen. Insofern ist vorschlagen kann. In meinem Eingangsstatement da ein sehr großes Wachstum. Das ist jetzt nur für werde ich eben deswegen das Thema Level den Bereich des Crowdfundings, des Equity-ba- Playing Field explizit noch einmal aufrufen und sed-Crowdfundings und Lending-based-Crowd- gucken, was andere Länder in dem Bereich ma- fundings aus dem letzten Jahr eines Reports von chen. Man sieht an dieser Übersichtsgrafik, die der University of Cambridge, wo wir auch von von Payment Banking, also einem Branchenblock deutscher Seite versucht haben, so viele Daten erarbeitet worden ist, dass fast alle FinTechs mit wie möglich dazuzugeben. Da sieht man, stellver- einer Bank zusammenarbeiten oder mit einem voll tretend für alle FinTechs-Sektoren, wie die Reali- durch das Gesetz über Kreditwesen regulierten tät in Deutschland oder europaweit aussieht. Institut. Teilweise haben die FinTechs selber Voll- Großbritannien ist ein deutlicher Marktführer in banklizenzen oder Teilbanklizenzen. Man sieht fast allen Bereichen. Man kann sehen, mit wel- hier die Fidor Bank, die mit einer Reihe Start-ups, chen anderen Ländern wir kooperieren. Man sieht Plattformen etc. zusammenarbeitet. Das Span- das übrigens auch hier in der Verteilung, wie groß nende ist natürlich, dass die Fidor Bank nicht nur die, in diesem Fall die Crowdfunding-Märkte, die Technologie mitbringt sondern auch eine sind. Da sieht man schon einmal, dass wir nicht große Community an Leuten, die sich aktiv mit di- mit Großbritannien direkt konkurrieren, sondern gitalen Transaktionsprozessen, also mit Investiti- eher mit anderen Ländern, wie Frankreich, onsmöglichkeiten, beschäftigen. Das ist gerade für Schweden, den Niederlanden etc. Wenn man sich die meisten FinTechs eine Herausforderung, über- das anguckt für die Prokopfentwicklung im Be- haupt erstmal eine Größe zu entwickeln. Deswe- reich Crowdfunding, dann sieht man, dass die, die gen gibt es die Zusammenarbeit an dieser Stelle, uns auf die Füße treten werden, langfristig eher aber auch mit den anderen Banken, die dort ge- die kleineren Länder sind, die baltischen oder nannt werden können. Meine Erfahrung ist auch, skandinavischen Länder, die unglaublich viel in da gebe ich Herrn Elsner Recht, dass für die meis- ihrem FinTech-Markt machen. Was machen die ten FinTechs das Thema Regulierung nicht ir- konkret? Vielleicht noch ein Beispiel. In diesem gendwie ein Tabuwort ist und man sich auch Teilbereich des Crowdfunding sieht man, dass wir nicht außerhalb eines Regulierungsrahmens bewe- de facto mit den Regulierungsrahmen in Frank- gen will, sondern im Gegenteil. Man möchte den reich und den Niederlanden konkurrieren. Deswe- Regulierungsrahmen über eine verlässliche Zeit gen möchte ich aus diesen beiden Ländern ein kalkulieren können, um die Geschäftsmodelle auf- Beispiel bringen, wie diese versuchen, ihre zubauen. Es ist nicht so schwer eine Vollbankli- Märkte zu puschen. In der Regel gibt es drei Vari- zenz zu bekommen. Klar, man muss da auch dran anten. Eine Variante ist, dass man sich eines der arbeiten, aber es ist keine Sache der Unmöglich- FinTech-Geschäftsmodelle nimmt, dieses in ei- keit. Insofern sehe ich nicht, dass FinTechs versu- nem eigenständigen Gesetz definiert, ganz klare chen, die Regulierung massenweise zu umgehen. Rechte und Pflichten an dieses Geschäftsmodell Das ist sicherlich nicht der Fall. Die Bank Gold- knüpft und dann Ausnahmetatbestände für diese man Sachs hat für einen ganz kleinen Teil der Geschäftsmodelle definiert. Im Bereich Crowdfun- FinTechs, nämlich wo Social Finance geleistet ding zeige ich gleich ein Beispiel, wie das in wird, dazu gehört dann Crowdfunding, Peer-to- Frankreich gemacht wird. Die zweite Variante ist, Peer-Lendings und Social Banking, versucht sie dass man versucht, FinTech-Modelle zwar den zu extrapolieren, wo die FinTechs gerade welt- gleichen Regularien, wie zum Beispiel den Ge- weit stehen und welche Märkte noch möglich schäftsbanken zu unterwerfen, aber sagt, dass sind. Das sind nur ein paar Übersichten. Sie sagen diese erst ab einer bestimmen Marktgröße gelten, zum Beispiel, dass im Bereich Vermögensmanage- sowohl des Gesamtmarkts als auch der Teil- ment der Markt noch unglaublich groß ist. Dort märkte, um diesen Firmen die Möglichkeit des kann noch viel gemacht werden und dort kann Wachstums zu geben. Die dritte Variante ist dieser noch in die Geschäftsmodelle der klassischen regulative Sandkasten, der in England gerade er- Banken eingebrochen werden. In anderen Berei- probt wird. Ich gehe da nicht im Einzelnen drauf chen haben die FinTechs im Grunde genommen ein. In Frankreich war es so, dass dort im Gesetz

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für das Thema Crowdfunding, Equity Crowdfun- Ausführungen bei den Sachverständigen und er- ding und Lending-based-Crowdfunding reinge- öffne jetzt die Fraktionsrunde. Die Abgeordneten schrieben worden ist, was diese Plattformen zu er- signalisieren, an wen die Fragen dann gehen. Als füllen haben. Da wurde auch sehr klar gesagt, was erstes Dr. Andreas Nick für die CDU/CSU-Frak- das für den Verbraucherschutz heißt. Dafür haben tion. sie zum Beispiel Ausnahmen bei den Vermögens- anlagenprospekten erhalten. Es sind sehr harte Kriterien bei Einsatz für eine Plattform definiert Abg. Dr. Andreas Nick (CDU/CSU): Zunächst ein- worden, andererseits aber auch sehr weitgehende mal herzlichen Dank an alle Sachverständigen für Ausnahmetatbestände. Das führte dazu, dass die die gute Einführung ins Thema. Ich freue mich, einheimischen Plattformen in Frankreich sehr dass wir unserer Schnittstellenfunktion als Aus- stark wuchsen. Das sieht man an den Daten. Sie schuss hier gerecht werden. Ich darf die Kollegen expandieren europaweit, weil sie auf der Basis Alexander Ratwan und Philipp Murmann aus dieses fruchtbaren Gartens der Regulierung in dem Finanzausschuss auch sehr herzlich hier be- Frankreich, wie sie dort ist, sehr gut arbeiten kön- grüßen, da wir das Thema auch ausschussüber- nen und sehr teure Auflagen zumindest in einer greifend betreiben. Ich würde gerne zwei Themen- gewissen Weise abgedämpft sind. Wie ist das in blöcke herausgreifen: Das eine ist die Frage des den Niederlanden? Da gilt dieses Level Playing Schwerpunkts der FinTech-Aktivitäten, die mei- Field grundsätzlich für alle Modelle, FinTech und nes Erachtens in den Bereich der Disintermedia- Banken. Aber man beginnt dort gerade zu überle- tion fallen. Also, die grundlegende Veränderung gen, die Auflagen in bestimmten Bereichen ein der Interaktion von Kunden und Finanzmarkt- bisschen zu reduzieren, Verfahren zu vereinfa- Playern. Die Frage geht, genauso wie die zweite chen, wenn FinTech-Unternehmen eine be- Frage, primär an Herrn Krautscheid und Herrn stimmte Marktgröße nicht überschreiten. Durch Fahrenschon. Das führt sehr stark zu einem Re- die Regulatory Sand Box in Großbritannien, die Engineering auch der Wertschöpfungskette, wo auch im nächsten Jahr entstehen wird, hat die teilweise der Kundenzugang, der Kundenkontakt Aufsichtsbehörde FCA (Financial Conduct Autho- von dem eigentlichen Produkt auch etwas abge- rity) gesagt, wir schaffen eine Möglichkeit, dass grenzt wird. Sie haben teilweise auch zu Recht da- ein FinTech-Unternehmen sich bei der FCA mel- rauf hingewiesen, dass es nicht um die Frage geht, det und dort bestimmte Ausnahmen geschaffen ob ein regulierter oder ein nichtregulierter Player werden. Man vereinbart das, aber auch Verbrau- größtenteils einem Re-Engineering unterworfen cherschutzmaßnahmen. Wenn ein Verbraucher ist, sondern dass die Wertschöpfungskette größ- auf diese Plattform geht, dann ist ganz klar ge- tenteils einem Re-Engineering unterworfen ist, kennzeichnet, dass das noch ein Sandkasten ist, dass dann aber möglicherweise den regulierten in dem noch nicht der volle Schutz gilt. Das sind und den nichtregulierten Teil voneinander ein die drei Möglichkeiten. Langfristig haben alle drei Stück weit abtrennt, mit einem Player, der den Länder erkannt, dass, wenn man innovative Fin- Kundenzugang kontrolliert. Am Ende ist dann Techs fördert, es vor allen Dingen der Banken- doch irgendwo eine regulierte Bankeinheit darin. branche zu Gute kommt. Es macht die Banken- Die spannende Frage für die Weiterentwicklung branche selber innovativer. Es ist nicht so, wie in der Kreditwirtschaft in Deutschland ist, wo die Deutschland, wo man sagt, die FinTechs müssen Hauptwertschöpfung auf dieser Kette am Ende an- sich langsam anpassen und müssten auf den glei- fallen wird und wie hoch ist der Hauptertrag. Ist chen Ebenen, wie eine Bank, spielen. Man sagt die regulierte Bankeinheit dann möglicherweise von der Regierung und den Aufsichtsbehörden nur noch die Booking Entity, während das eigent- her, dass es sinnvoll ist für den gesamten Finanz- liche Geschäftsmodell von dem Player getragen markt, wenn wir Ausnahmen schaffen für die Fin- wird, der den Kundenzugang kontrolliert, aber Techs, die dann auch schneller wachsen können, möglicherweise selbst nicht reguliert ist? Das ist und man dann lernt, wie die FinTechs digitalen auch eine Frage des Level Playing Fields. Das ist Verbraucherschutz machen. Dankeschön. aus Sicht der Marktteilnehmer eine wichtige Frage. Aber es ist auch schon aus Sicht der Fi- nanzmarktregulierung angesprochen worden, die Der Vorsitzende: Ich bedanke mich für die ersten

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nicht nur Wettbewerbsregulierung ist sondern ins- Zeit bekannt, dass sich da massiv etwas verändert, besondere die Finanzmarktstabilität sicherstellen aber die Branche wurde doch ziemlich kalt er- soll. Es stellen sich da möglicherweise auch noch wischt und hat heute noch mit den Folgen zu andere Fragen. Den zweiten Komplex, den ich an- kämpfen. Da ist es für mich aus Ihrer Sicht, nicht sprechen möchte, ist vor allen Dingen der Bereich direkt aus der Sicht des Bankenmenschen, son- der virtuellen Zahlungssysteme. Hier haben wir es dern des Unternehmensberaters interessant, wie mit einer etwas anderen Wettbewerberkonstella- Sie die Situation einschätzen. In welchem Maße tion zu tun, als beim Thema FinTech-Disinterme- ist der Bankensektor heute auf den digitalen Wan- diation, nämlich vor allen Dingen mit der Frage del vorbereitet, sowohl als zeitliche Einstufung als des Markteintritts von großen Marktteilnehmern, auch hinsichtlich des Ausmaßes im Vergleich zu die Kundenzugänge kontrollieren, wie Apple, anderen Branchen. Zweite Frage: Ist sich der tra- Amazon, Google etc. Die sich dann rückwärts ditionelle Bankensektor aus Ihrer Sicht dieses auch in den Finanzmarkt integrieren, indem sie Wandels ausreichend bewusst oder sehen Sie an ihren Kundenzugang nutzen, um Zahlungsver- der einen oder anderen Stelle noch Blindstellen? kehrsdienstleistung anzubieten und entspre- Was müsste aus Ihrer Sicht auf Seiten der Banken chende Produkte sicherzustellen. Ich will noch getan werden, um wirklich in einem veränderten ganz kurz auf das Thema Bitcoin und Blockchain Wettbewerbsumfeld bestehen zu können? zu sprechen kommen. Auch hier stellen sich Fra- gen, je nachdem über welche Funktion einer Wäh- rung ich rede. Ob ich über Recheneinheit, Zah- Abg. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Vielen Dank. lungsmittel oder das Instrument der Wertaufbe- Ich würde auch nochmal bei dem Thema Regulie- wahrung mit entsprechendem Risikopotenzial rung einsteigen. Da haben wir in Ihren Statements rede. Ich würde die Frage zur Einschätzung der unterschiedliche Gewichtungen und unterschied- Marktbedeutung von Bitcoins, aber auch von der liche Einschätzungen gehört. Mich würde interes- dahinterstehenden Blockchain-Technologie auch sieren, wie Sie die Rolle der BaFin einschätzen. für andere Anwendungsfelder noch einmal vor- Die Frage würde ich an Herrn Fahrenschon, aber rangig in den Raum werfen und auch dort die auch an Herrn Wenzlaff und Herrn Elsner richten. Frage stellen: Was haben wir möglicherweise in Ich höre auf der einen Seite von FinTechs, dass Deutschland noch an Handlungsbedarf, um als es, wenn sie zur BaFin gehen, dort teilweise auch FinTechs-Standort auch in diesen Bereichen tätig recht kompliziert ist. Von der BaFin höre ich um- werden zu können. Das betrifft auch Fragen, die gekehrt, es sei auch manchmal schwierig mit den man möglicherweise gar nicht vorrangig im Blick FinTechs, weil die kommen und noch gar nicht hat, wenn man sich mit Playern in diesem Bereich genau wissen, wie ihr Geschäftsmodell eigentlich unterhält. Auch die Frage der Energiekosten für tatsächlich aussieht. Also, eine Erlaubnis für ein Datenrechenzentren spielen eine entscheidende Modell, das sich erst entwickelt, wir kennen das Rolle. aus der Start-up-Welt, ist nachvollziehbar. Aber deswegen würden mich da dezidiert Ihre Ein- schätzung interessieren. Mein Eindruck ist eigent- Abg. Herbert Behrens (DIE LINKE.): Meine beiden lich, dass wir zumindest in Deutschland nicht so Fragen richten sich an Herrn Elsner. Wir haben sehr an dem Punkt sind, dass die FinTechs sehr nun von den Bankenvertretern, die direkt im Ge- unreguliert wären, sondern eher im Gegenteil, schäft sind, gehört, dass sie sich der Folgen und dass Regulierung schon ein Hemmschuh ist, wenn der Herausforderung der Digitalisierung bewusst ich ein kleines Start-up bin und dann erstmal den sind und sie haben ansatzweise nachgewiesen, an juristischen Beistand brauche, um überhaupt bei welchen Stellen sie bereits eigene Strategien und der BaFin vorstellig zu werden. Das würde mich Organisationsformen, hinsichtlich der FinTechs interessieren. Zweiter Punkt: Zahlungsverkehr, umwandeln. Nun wissen wir auch, dass unter Zahlungsdienste. Wir sind in Berlin eine „Near- Umständen ein bestimmter Zeitpunkt da sein Field-Communication-City“. Da würde mich vom muss, an dem ich entscheiden muss, in welche Deutschen Sparkassen- und Giroverband und vom Richtung ich gehe. Da interessiert mich insbeson- Bankenverband mal interessieren, wie Ihre Ein- dere Ihre Sicht, auch mit der Erfahrung in der Mu- schätzungen sind. Wie sich dieses Thema entwi- sikindustrie im Hinterkopf. Dort war auch lange

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ckelt? Ich weiß sehr wohl, dass Sie die Technolo- Netz? Wir haben die klassische Beratung in der Fi- gien teilweise auf den Karten, die neu ausgegeben liale. Da kann man vielleicht auch digital darauf werden, schon unterbringen. Aber, ich glaube, wir zugreifen. Aber am Ende stehen immer die Berate- laufen auch alle immer noch mit der Geldkarten- rin und der Berater. Es gibt auch ein ganz anderes technologie rum. Das allein wird wahrscheinlich Modell. Sie haben in Ihrem Verband auch Direkt- am Ende nicht zum Durchbruch verhelfen. Dritter banken. Da bin ich im Grunde genommen meine Punkt wären die digitalen Währungen, Krypto- eigene Beraterin, greife auf Informationen der technologie. Da haben wir durchaus 12 bis 18 be- Banken zu, vielleicht noch auf die Information wegte Monate hinter uns, gerade was das Thema Dritter und versuche mir dann selber ein Bild zu Bitcoin angeht. Im letzten Jahr mit einem sehr gro- machen, welcher Kredit von welcher Bank, wel- ßen Hype, jetzt mit einer Fokussierung eher auf che Riesterrente denn für mich sinnvoll ist. Die Blockchain-Technologie. Dennoch würde mich Beratung in der Filiale hat verschiedene Regulie- Ihre Einschätzung interessieren, wie an der Stelle rungsschritte in den vergangenen Jahren mitge- die Entwicklung weitergehen wird. Gerade auch macht, zur Dokumentation usw., wollen wir alles in Verbindung mit dem Potenzial großer Player, nicht ausführen. Diese Selbstinformation, wie soll der Kollege Nick hatte darauf hingewiesen. Was man als Regulierer da heran gehen? Muss man da passiert eigentlich, wenn Facebook morgen ein einfach sagen, so wie im Kleinanlegerschutzge- Bitcoin-Äquivalent einführt und das für X-Milliar- setz, wir wollen von dir eine Selbstauskunft, wie- den Nutzer zur Verfügung stellt. Da würde mich viel Vermögen hast du? Wieviel glaubst du, Ihre Einschätzung interessieren. kannst du dir leisten? Oder gibt es da noch andere Mechanismen und Anforderungen an die Informa- tionen, die mir als Kundin gegeben werden? Gibt Der Vorsitzende: Jetzt ist das System ein wenig es mehr Informationen für die Entscheidung für durcheinander gekommen. Es sind jeweils zwei diese Kundengruppe, die sagt, ich brauche den Fragen an einen Sachverständigen oder jeweils Bankberater nicht mehr in der Filiale oder viel- eine Frage an zwei Sachverständige möglich. Aber leicht auch nicht mehr als virtuelles Gegenüber? wir versuchen, das zu regeln. Wir haben ja noch weitere Runden. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilen sich die ersten drei Minu- Der Vorsitzende: Herr Krautscheid und Herr Fah- ten die Kollegin Maisch und der Kollege Janecek, renschon antworten bitte auf die Fragen von wobei Herr Kollege Janecek anfängt. Herrn Dr. Nick.

Abg. Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): SV Georg Fahrenschon: Vielen Dank für die Wir müssen dann bei der SPD eine Frage abzie- Frage. Erster Punkt: Wie bewerten wir das Zusam- hen. Wir teilen uns das im Sinne des Sharings. menspiel zwischen dem Kunden auf der einen Meine Frage geht an Herrn Wenzlaff zum Thema Seite und den Anbietern von Finanzdienstleistun- Crowdfunding. Ich war letztes Jahr auch in New gen auf der anderen, auch im Hinblick auf neue York, habe mir da eine Menge Start-ups ange- Wettbewerber, die Potenziale und Möglichkeiten, schaut, die durchaus auf dem Markt auch schon die die Digitalisierung mit sich bringt? Ich hatte es etwas bewegt haben. Wie ist diesbezüglich die gesagt, da kommen wir zum selben Ergebnis. 1. Lage in Deutschland? Was sind das für Projekte? Der individuelle Anspruch des Kunden nimmt Vielleicht können Sie auch eine Anzahl von Pro- deutlich zu. Das heißt, die Zeiten sind vorbei, in jekten nennen? Wer sind typischerweise Nutzer, denen man quasi als Finanzdienstleister Kunden- Anleger? Was genau passiert da? Wie sind die ströme kanalisieren kann. Sie erinnern sich viel- Rahmenbedingungen, die wir brauchen, um die- leicht noch an Zeiten, wo man gesagt hat, wir ge- ses Segment auch weiter zu befördern? ben aus dem Dienstleistungsbereich heraus die Öffnungszeiten vor, als einfaches Beispiel. Diese Kanalisierung wirkt nicht mehr. 2. Sie haben die Abg. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wertschöpfungsketten angesprochen. Da ist ganz Meine Frage geht an Herrn Krautscheid: Was ist klar. Wir haben heute, vor allen Dingen im klassi- eigentlich die Zukunft von Finanzberatung im schen Kreditgewerbe Anbieter, die die komplette

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Wertschöpfungskette abdecken. Also von dem Re- sind Kreditanbieter und wir treten an im volks- search, der Aufbereitung von Daten, über die Be- wirtschaftlichen Kreislauf. Die Risiken, die Inves- ratung, den Abschluss, die Umsetzung und das titionen und die Innovationen sind über Kredite Nachhalten. Das Interessante ist, dass die über- aufzunehmen, zu diversifizieren. Über die richtige wiegende Anzahl von neuen Wettbewerbern gar Risikoeinschätzung und die richtigen Rahmenbe- nicht den Antritt hat, die komplette Wertschöp- dingungen der Kreditvergabe, kommen wir zu un- fungskette aufzunehmen, sondern nur Teile über- serem Ertrag. Wir gehen nicht in andere Bereiche nimmt. Dazu gibt es faszinierende Arbeiten von hinein. Vor dem Hintergrund glauben wir, dass acatech unter der Überschrift „Digitalisierung 4.0“ wir uns in dieser Besonderheit, dass man weiß, und die treffen die Automobilindustrie genauso was man an seiner Sparkasse, an seiner Regional- wie die Kreditwirtschaft. Der zentrale Unterschied bank vor Ort hat, auch entsprechend abgrenzen. der Herangehensweise europäischer Anbieter, vor Das ist am Ende auch meine Antwort auf die allen Dingen deutscher Anbieter, ist, die Digitali- Frage: Wie reagieren wir auf Markteintritte von sierung zu nutzen, um die dahinterliegenden Pro- großen Globalplayern, Stichwort „“? zesse zu optimieren. Anbieter aus den Vereinigten Natürlich wird man nicht verhindern können, Staaten setzen sich weniger mit den Abwicklungs- dass es auch Kunden gibt, die sich, weil sie sich prozessen auseinander, sondern mit der Oberflä- der gesamten Apple-Philosophie mehr zugewandt che. Wie mache ich es dem Kunden noch ange- fühlen, dieser Systeme bedienen. Das ist auch am nehmer. Wie kann ich noch mehr Komfort anbie- Ende unser Verständnis von Wettbewerb. Wir ten, damit er über meinen Weg die Dienstleistung glauben aber, dass man an dieser Stelle gar nicht will. Amerikanische Wettbewerber gehen eher da- die Herausforderung auf diesem Spielfeld so an- von aus, dass nicht mehr Geld im Geldbeutel des nehmen kann, weil man besser beraten ist, in sei- Kunden ist und wenn ich es mit meiner Dienst- ner eigentlichen Kernkompetenz zu arbeiten. Letz- leistung dem Kunden einfacher mache, sein Geld ter Punkt Bitcoin: Das ist eine ganz faszinierende da abzugeben, dann habe ich ihn da schon abge- Frage. Weil an dieser Stelle vor allem die Noten- schöpft. Denn ein Mehr an Konsum wird er nicht banken dieser Technologie sehr zurückhaltend ge- ertragen können. Insoweit nehmen wir auch stär- genüber stehen. Das liegt an schwankenden Kur- ker wahr, dass es vor allen Dingen um die Oberflä- sen. Das liegt an der Fragestellung, wie man Geld- che geht, also um die Ansprache, um die Möglich- wäschevorwürfe und auch die entsprechende keiten auch Selbsteinschätzungen durchzuführen, Steuerung organisieren kann. Sie haben zurecht über Regelsysteme in unterschiedlichen Elemen- darauf hingewiesen, dass Bitcoin allerdings auch ten. Man muss, aus unserer Sicht versuchen, beim einen Umwelt- und damit auch einen ökologi- Angebot über die gesamte Wertschöpfungskette, schen Aspekt hat. Wir reden hier über höchst sich klar zu positionieren, um sichere und stabile energieintensive Systeme. Vor dem Hintergrund Systeme anzubieten und trotzdem versuchen, es muss man sich im Klaren sein, dass solange im dem Kunden aus seiner Sicht, so einfach und so Kern die Geldmengensteuerung durch die Noten- angenehm wie möglich zu machen. Damit sind banken nicht stattfindet, man sich in einem Be- wir bei der eigenen Dimension, wo der Wettbe- reich mit allen Unsicherheiten von Parallelwäh- werb stattfindet. Im Wesentlichen unterscheiden rungen und nicht hinterlegten Wertwährungen be- sich die Geschäftsmodelle dadurch, dass die klas- wegt. Da gilt es klug abzuwägen. Insoweit wird es sischen Vollanbieter sagen, wir bieten den Pro- Sie nicht wundern, dass wir Debatten über Um- zess, den Zahlungsverkehr, um bei dem Beispiel satzsteuerbefreiungen an dieser Stelle sehr kri- zu bleiben, sicher und stabil über die komplette tisch gegenüber stehen. Denn man muss sich im Prozesskette an. Was einen Vorteil hat, wenn man Klaren darüber sein, dass die Steuerung, die Kon- nicht wechseln muss. Aber gegen Gebühr. Andere trolle und das Nachhalten rund um solche Wäh- bieten das kostenlos an, auch möglichst umfang- rungskreisläufe, schlicht und einfach unmöglich reich, aber unter Preisgabe der persönlichen Da- sind. ten. Das ist eine andere Währung. Die Frage, wo ist eher Ertrag zu machen, die muss ich Ihnen so beantworten, dass für die Sparkassen klar ist, wir SV Andreas Krautscheid: Digitalisierung führt zu einer, in fast allen Branchen, kompletten Zerle- gung der Wertschöpfungsketten oder zu neuen

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Zusammensetzungen. Wir arbeiten gerade mit fragt, wenn ich Bitcoin in „echtes Geld“ umtau- dem Berufsverband der Deutschen Industrie e.V. sche, fällt da eigentlich eine Steuer an? Ja, wenn an einem spannenden Projekt. Da geht es um die es eine Währung ist. Dann war die Frage der Wäh- Frage: Wie finanziert sich eigentlich Industrie 4.0? rung, das ist die Kernfrage, zu beantworten. EuGH Weil wir da genau das sehen, was uns auch erei- hat da drum herum geredet und gesagt, ja, es len wird, nämlich dass bei Industrie 4.0 sehr ver- kommt darauf an, ob es hinreichende Akzeptanz schiedene Player aus ganz verschiedenen Län- im Markt gibt. Die Frage wird rund um Palo Alto dern, aus unterschiedlichen Zahlungs- und Kul- anders beantwortet als bei uns. Das ist auch eine tursystemen in einer Wertschöpfungskette neu zu- kulturelle Frage. Aber die ganz wichtige Frage da- sammenkommen. Das hat Folgen für die Finanzie- hinter ist, wer steuert Währungsströme und den rung. Das hat Folgen zum Beispiel für Hermes, Wert von Währungen. Da sind wir an Banken, wie man so ein Projekt überhaupt noch hinbe- Bundesbank, Europäischer Zentralbank und sol- kommt, wenn soundso viele Auslandsanteile drin chen Institutionen orientiert, weil auch eine Kon- sind. Das heißt für uns, für Banken wird auch in trollfunktion dahinter ist. Wenn ich die nicht ver- Zukunft nicht mehr jeder alles machen und nicht lieren will, muss ich auch im Bitcoin-System be- alles jeder selber machen. Auch unsere Wert- stimmte Mechanismen einführen, die im Moment schöpfungsketten werden sich sehr stark an den, nicht da sind. Da sind offene Fragen. Blockchain wie wir glauben, deutlich fokussierten und schär- ist für uns sehr spannend. Finden wir sehr inte- fer zugeschnittenen Geschäftsmodellen aus unter- ressant. Viele unserer Banken beschäftigen sich schiedlichen Partnern zusammensetzen. Das wird sehr intensiv damit. Da stellen sich natürlich so- dann nicht in allen Teilen eine Bank sein und fort enorme Datenschutzfragen. Weil, wenn man eine Bank wird nicht jede Funktion selber steu- die Ketten entsprechend abbilden will über be- ern. Aber sie muss am Schluss, am Kundenende, stimmte Historien, dann auch Datenschutz sicher- ein Produkt sicherstellen. Die spannende Frage ist gestellt sein muss. Wer hat wann Zugriff auf was? dann auch, wer in solchen zergliederten Wert- Aber nochmal die Technologie als solche wird für schöpfungsketten welche Haftung übernimmt. Da unsere Themen spannend und interessanter und interessiert sich dann hoffentlich auch die BaFin wichtiger werden. Deswegen beschäftigen wir uns dafür, wer welche Verantwortung bei Daten- damit sehr intensiv. Die Frage: Welche Player schutz, Verbraucherschutz etc. trägt. Das ist eine spielen welche Rolle in Zukunft? Ja, natürlich sehr spannende Frage, die wir gerade versuchen, glauben auch wir, dass die großen Player aus dem ein bisschen aufzuknacken, weil sich da regulato- IT-Sektor sehr massiv versuchen werden, sich risch, aber auch von der Finanzierung her, neue dort weiter breit zu machen. Das tun sie jetzt zum Fragen stellen. Herr Abgeordneter Nick, die Frage Teil schon durch Tochterunternehmen. Zahlungs- Kundenbindung in der digitalen Welt, ist eine verkehr ist ein Beispiel dafür. Interessant ist, dass ganz spezielle. Die Direktbanken, unsere Direkt- sie bislang nicht ins Kerngeschäft reingehen. All banken zeigen, das geht. Es ist schwierig. Man das, was mit dem Thema Risikoeinschätzungri- muss sehr gut sein. Man muss einen sehr guten siko, Vermittlungsrisiko, Bepreisung zu tun hat, Service bieten. Aber das ist die große Herausforde- wird eher umfahren. Das hat wohl auch mit der rung in einer digitalen Welt - da kommt man hohen Dichte an Regulierung in dem Bereich zu gleich auf die Vergleichsportale und die Möglich- tun, dem man sich nicht unnötig aussetzen will. keiten, die die Kunden heute haben, um sich Aber wir haben eben ein schönes Beispiel dafür vorab zu informieren, bevor sie überhaupt auf gehört, wie schwierig es ist, ein Interessenaus- eine Bank zugehen. Da die Kundenbindung nicht gleich zu finden. PSD2, die Zahlungsdienstericht- zu verlieren und in Beliebigkeit zu enden, ist in linie ist eben erwähnt worden. Die Frage, inwie- einer sehr wettbewerbsintensiven Branche, wie weit die bisherigen Player auf Wunsch ihrer Kun- der unseren, eine der Kernherausforderungen, die den, die einen Dienstleister beauftragen, das wir haben. Blockchain und Bitcoin: Bitcoin, der Konto öffnen muss für Dritte, also PIN und TAN eine oder andere hat es vielleicht mitbekommen. herausgeben etc. Man hat dann einen vernünfti- Die Kernfrage hat das EuGH ein bisschen um- gen Weg gefunden und gesagt, ja, wir wollen, dass schifft. Urteil: Ein Mensch aus Schweden hat ge- diese neuen Player da heran können, wenn der Kunde zustimmt und sich dessen bewusst ist,

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dass er mit Daten bezahlt. Außerdem muss der dem Thema, gründen sogar Beteiligungsgesell- Zahlungsdienstleister eine Lizenz von der BaFin schaften. Die Commerzbank hat letztes Jahr zwei bekommen, die ihn als Zahlungsdiensteanbieter Beteiligungsgesellschaften gegründet. Wenn man lizensiert, um eine gewisse Qualität, etwa auch den Vorlauf bedenkt, schätzungsweise 12 bis 24 beim Datenschutz, sicherstellen zu können. Das Monate, werden die sich auch schon länger damit ist bei uns wichtig, da sind wir dann im Bereich befasst haben. Das heißt, das Thema ist aus mei- Bürokratie. Das sind die Versuche, diese neuen ner Sicht angekommen. Ob es ausreicht, ist die Anbieter in eine angemessene Regulierungsumge- andere Frage. Die erste Frage war, die folgt ein bung zu bringen. Denn Regulierung ist in den bisschen daraus: Sollen sich die Banken verän- meisten Fällen nicht Selbstzweck, sondern man dern oder müssen sich die Banken verändern? Ich hat in der Regel Kundenschutz, Datenschutz und glaube, die Banken erkennen durch das Befassen die Sicherheit des Finanzdienstleistungsverkehrs mit der Digitalisierung sogar, dass sie sich verän- im Auge. Das ist, glaube ich, der Schlüssel zu den dern wollen. Weil sie jetzt so langsam sehen, wel- drei Modellen, die Sie eben vorgestellt haben. che Chancen dieses Thema bietet. Chancen aus Man macht einen generellen Welpenschutz oder bestehenden Geschäftsmodellen, eigenen Ge- einen themenbezogenen Welpenschutz. Man muss schäftsmodellen, auch aus der Niedrigzinsphase sich immer überlegen, wen schützt diese Regulie- vielleicht, neue Lösungen, neue Ansätze zu fin- rung und ist sie in diesem Stadium erforderlich, den. Ich hatte vorhin in meiner Stellungnahme ge- hilfreich oder bremst sie eher. Deswegen haben sagt, dass die Geschäftsmodelle, große Beträge zu wir großen Spaß durchaus an allem, was es rund generieren, im Moment noch nicht wirklich herge- um das Thema Crowdfinancing gibt. Denn das ben. Das kann sich aber ändern. Das kann sich Geld, das da eingesammelt wird, verwaltet meis- auch sehr schnell ändern. Ich weise da mal auf tens eine Bank und legt es auch an. Das ist auch die Entwicklung in China hin. In China gab es vor für uns „Kundschaft“. Aber Sie haben beim zwei, zweieinhalb Jahren eine sehr rasante Ent- Thema Kleinanlegerschutzgesetz auch kräftig mit- wicklung im Bereich FinTech. Da haben die drei gewirkt. Gott sei Dank, ist es der Ausschuss gewe- großen Konzerne Baidu, und Alibaba den sen, kein Unterausschuss von irgendwem, son- Banken über Finanzdienstleistung, die sie in ihre dern ein Ausschuss, der da Einfluss genommen Messenger-Systeme beispielsweise integriert ha- hat. Aber nach Procon wussten wir, die Leute soll- ben, richtig große Summen - wir sprechen von ten wissen, wenn es um einen Totalverlust gehen zweistelligen Milliarden Dollar Beträgen - in der kann. Bei aller Liebe zu schnellen, neuen, flotten Geldanlage abgenommen. Das hat sogar dazu ge- Modellen, man sollte schon wissen, wo man an- führt, dass es Intervention gab, ich glaube seitens legt. der Chinesischen Zentralbank. Ich bin jetzt nicht in in allen Details rechtlich firm, aber da war die Bankenwelt sehr überrascht. Ich schließe eine sol- Der Vorsitzende: Herr Elsner, Sie beantworten che Entwicklung hier in Deutschland und Europa bitte die Frage vom Kollegen Behrens. nicht aus. Da können wir möglicherweise noch die eine oder andere Überraschung sehen. Der SV Dirk Elsner: Ich würde die Reihenfolge der zweite Punkt, warum das auch für Banken wichtig Antworten gerne ändern. Die zweite Frage war: ist: Banken haben ein Kostenthema in ihren Back Sind sich die Banken des digitalen Wandels be- Office-Einheiten, in ihren IT-Einheiten. Ich wusst? Also, wenn Sie mich vor zwei Jahren ge- glaube, wir reden meistens bei Financial Techno- fragt hätten, hätte ich eher nein gesagt. Ich spre- logy über den Business-to-Comsumer-Bereich, che viel mit Banken über das Thema Digitalisie- also über das Consumer-Geschäft. Ich glaube, für rung. Bis vor zweieinhalb, drei Jahren, war das Banken ist im Moment noch das Business-to-Busi- kein großes Thema. Einige Kreise haben be- ness-Geschäft und auch Dienstleistungsprozesse, stimmte Aktivitäten wahrgenommen, aber nicht in die sie dadurch in ihren Organisationseinheiten dem Ausmaß, wie vielleicht in den Vereinigten verändern können, interessanter. Banken erken- Staaten oder England. Das hat sich gefühlt seit ca. nen mittlerweile, dass sie da eine ganze Menge an zwei Jahren geändert. Die Banken sind sehr stark Kosten sparen. Das ist im Moment für Banken ein interessiert, befassen sich in Arbeitsgruppen mit noch viel größeres Thema als zusätzliche Erträge,

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zum Beispiel aus Crowdfunding, zu generieren. den. Ich glaube aber, dass es aus Sicht des Ver- brauchers, im Übrigen auch aus Sicht der Volks- wirtschaft, auch seine Vorteile hat. Denn bitte ver- Der Vorsitzende: Vielen Dank. Die Fragen vom gessen Sie nicht, welche zentrale Rolle die Ak- Kollegen Dr. Zimmermann gehen an Herrn Fah- teure in der Kreditwirtschaft, was die Risikoüber- renschon und Herrn Wenzlaff. Herr Fahrenschon, nahme, die Risikodiversifizierung für unsere Ge- bitteschön sellschaft und arbeitsteilige Wirtschaft betrifft, ha- ben. Die zweite Frage war, wie die Einstellung zu SV Georg Fahrenschon: Herr Dr. Zimmermann, Near-Field-Communication ist. Dazu sei ganz kurz Sie hatten nach der Rolle der BaFin gegenüber gesagt: Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, FinTechs gefragt. Am Ende muss man erstmal dass im Kern die überwiegende Anzahl der im festhalten, dass die BaFin mit FinTechs nur auf Verkehr befindlichen Geldkarten, klassische Debi- der Basis der bestehenden gesetzlichen Grundla- tkarten und in Teilen auch Kreditkarten mittler- gen umgehen kann. Das heißt, es gibt zwei große weile über die Fähigkeit verfügen, kontaktlos zu Gruppen: Es gibt einmal die Zahlungsverkehrs- zahlen. Aber das ist natürlich nur die eine Seite grundlage und die kreditwirtschaftliche Grund- der Medaille, wenn Sie auf der anderen Seite vom lage. Bezogen auf eine Vollbanken- oder Teilban- Anbieter, insbesondere vom Handel, nicht darauf kenlizenz muss man sich darüber im Klaren sein, hingewiesen werden. Da ist interessant, dass wir dass auch ein FinTech alle drei Dimensionen er- aus Sicht der Sparkassenfinanzgruppe sehr posi- füllen muss. Da ist einmal die Fragestellung: Sind tive Erfahrungen in speziellen Anwendungssitua- die führenden verantwortlichen Personen, die Ge- tionen machen, vor allen Dingen dann, wenn viele schäftsführer, im Besitz einer Banklizenz? Ohne Leute schnelle kleine Beträge zahlen sollen. Wo diese Fähigkeit, dem sogenannten Führerschein, kommt das vor? An Samstagen in den Fußballsta- wird auch ein FinTech nicht antreten können, dien der Republik. Dort erleben wir, dass viele wenn man eine Banklizenz erhalten will. Zum Menschen schnell in der Halbzeitpause Kleinstbe- zweiten: Ist das entsprechende aus der Sicht des träge zahlen wollen und da wird das kontaktlose KWGs notwendige Kapital dar, und zwar hartes Zahlen auch im hohen Maße angewandt. Es wird Eigenkapital? Das Kapital darf nicht erst aufgebaut oftmals noch verbunden mit speziellen Vereins- werden, sondern es muss für den Fall einer Kre- karten oder Kooperationen zwischen den Fußball- ditvergabe zur Risikoabdeckung auch vorhanden vereinen in den Stadien und den Akteuren der sein. Auch da gibt es kein vorbeikommen. Nicht Kreditwirtschaft. Das System ist dann angebracht, weniger wichtig, der institutionelle Rahmen, d.h. wird gerne verwandt und ist ideal. An der klassi- die Verfahren, die Prozesse, der komplette institu- schen Kasse erleben wir diese Nutzung nicht. Dies tionelle Sicherheitenschutz, der für den Fall einer liegt auch daran, dass aus unserer Sicht der Han- Kreditvergabe auch über die Zeit und den zeitli- del den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den chen Ablauf eines Kreditprozesses gewährleistet Kassenstellen diese Möglichkeit zu wenig erklärt sein muss. Insoweit muss sich jemand, der heute hat. Es ist kein selbst erklärendes Element. Man aus einer neuen Geschäftsidee heraus in eine muss sich an dieser Stelle überlegen, ob man dem Banklizenz oder eine Zahlungsverkehrslizenz ge- Kunden auch erklären kann, du musst gar nicht hen will, darüber im Klaren sein, dass an dieser nach den Cents suchen sondern kannst kontakt- Stelle aus gutem Grunde das klassische „try and los, einfach und schnell zahlen. Dann glauben error“ nicht in Frage kommt. Soweit die rechtli- wir, geht das auch. Wir sind jetzt seit 2012, was chen Grundlagen. Ich glaube auch, dass das sei- die Sparkassenfinanzgruppe angeht, mit Stand nen Sinn und Zweck hat. Das führt am Ende dazu, heute mit 45 Millionen Debitkarten geldlos- und dass es zwar immer mehr Zahlungsverkehrsli- kontaktlos unterwegs und machen da eigentlich zenznehmer gibt, aber es tatsächlich, angesichts gute Erfahrungen. Auf jeden Fall ist dieses Know- der Qualität und der Professionalität der leitenden how von großer Bedeutung, um auch Anbietern Personen, aber auch der Verfahren, der Prozesse und neuen Wettbewerbern in der Frage, beherr- und des dafür notwendigen Grundkapitals, dann schen Sie den Zahlungsverkehrsprozess, entge- doch nicht so ganz einfach ist, eine Bank zu grün- genzutreten. Denn am Ende bleibt sich völlig gleich, ob sie diese prozessuale Technik auf einer

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Plastikkarte haben oder auf einem Mobile Phone und im zweiten Schritt dazu geführt hat, dass Fra- oder in einer Uhr oder wo auch immer. Insoweit gen schneller beantwortet worden sind. Dann hat will ich an dieser Stelle noch einmal sagen, darf man überlegt, wie kann man noch weiter gehen. man nicht unterschätzen, wie breit alle Akteure Dieser Prozess ist in dieser Sandbox dargestellt. der deutschen Kreditwirtschaft selbstverständlich Man versucht innerhalb von Innovate-Finance im Online Payment und auch im eCommerce un- dort Ausnahmen zu machen. Noch zu der Block- terwegs sind. Allein die Sparkassenfinanzgruppe chain-Frage, die man ganz kurz beantworten kann: führt 18 Millionen Online-Konten, wo unsere Ich glaube, der wesentliche Wertschöpfungsaspekt Kunden sich nur im Netz bewegen. Das ist verteilt der Blockchain-Technologie ist überhaupt nicht auf 413 Sparkassen und Landesbanken. Aber die das Zahlmittel. Das wird keine große Rolle spie- Summe ist der größte Anteil an onlinegeführten len, sondern als virtuelles Register. Ich kann Konten, die wir in Deutschland haben. Herrn Fahrenschon mein Auto mit einem Klick überweisen, ohne ihm meinen Schlüssel zu geben und er kann mir sein Haus geben, ohne dass er SV Karsten Wenzlaff: Danke, Herr Dr. Zimmer- mir seinen Wohnungsschlüssel gibt. Ich will Sie mann, für die Frage zur Rolle der BaFin. Grund- nicht dazu animieren, aber es würde theoretisch sätzlich ist es sicher nicht so, dass die BaFin bei gehen. Der Punkt ist der: Wir haben eine rechtssi- den FinTechs als großer Gegner oder Blockierer chere Möglichkeit, virtuelle aber auch reale Güter wahrgenommen wird. Sondern in den Anfragen, über das Internet zu transferieren. Jetzt ist die die die FinTechs haben, erhält man durch die Frage, wie kriegen wir diese Technologien in Auskunft durch die BaFin, gute und schnelle Ant- Deutschland zum Wachsen. Es gibt in Deutsch- worten, eine Begleitung im Rahmen dessen, was land Plattformen wie Bitbond, die sozusagen Len- auch gesetzlich für die BaFin möglich ist. Durch ding über Blockchains machen. Es gibt in London das Kleinanlegerschutzgesetz wurde der kollek- einen Start-up, das heißt Crowd-Ower, die ma- tive Verbraucherschutz nochmal gebündelt. Da chen Emissionen von Wertpapieren über Block- muss man jetzt sehen, wie sich das konkret aus- chain-Technologie. Damit greifen sie natürlich die wirkt. Aber das sind alles Punkte, die sinnvoll Börsen an. Dadurch greifen sie aber auch die Ban- sind. Man muss aber schon sagen, dass die BaFin, ken an, die die Registerfunktion haben. Ich auch politisch gewollt, keine Rechtsberatung glaube, das müssen wir versuchen hinzukriegen. macht. Wir kommen in Deutschland nicht um die Ich würde mir wünschen, dass z. B. die Sparkas- Debatte herum, ob die Aufsichtsbehörden eine sen die Blockchain-Technologie als Möglichkeit stärkere befähigende Rolle für die FinTechs über- in der digitalen Transferierung von Gütern aktiv nehmen sollen. Nochmal das Beispiel Federal anwenden. Competition Authority (FCA). Dort wurde durch die britische Regierung ein Innovate-Finance-Lab innerhalb der britischen Aufsichtsbehörde gegrün- Der Vorsitzende: Es sind noch zwei Fragen offen, det. Die haben im letzten Jahr knapp 150 Fin- vom Kollegen Janecek für Herrn Wenzlaff und von Techs aktiv beraten, ihnen sozusagen gezeigt, wie Kollegin Maisch für Herrn Krautscheid. man Lizensierungen und Autorisierung bekommt. Die haben den Kontakt zu anderen Marktteilneh- mern hergestellt, also eine ganz aktive Rolle über- SV Karsten Wenzlaff: Vielen Dank, Herr Janecek, nommen. Ich bin mir sicher, dass die deutsche für die Frage zum Thema Crowdfunding. Als wir BaFin darüber diskutieren muss. Aber natürlich das Kleinanlegerschutzgesetz diskutiert haben, ist das auch bei den anderen europäischen Län- war die Frage einerseits Procon im Hintergrund, dern so, in denen man gerade eine Debatte dar- anderseits hat man gesehen, dass das Crowdfun- über führt, wie man die Aufsichtsbehörden und ding natürlich sehr stark im Bereich der Kreativ- die FinTechs besser zusammenbringen kann. Ich wirtschaft der Start-ups genutzt wird. Dann kam glaube, ein erster Punkt wäre die interne Organi- auch die sehr gute Begleitung durch den Bundes- sation der BaFin. Ich glaube, es ist sinnvoll, für tag, die es geschafft hat, Ausnahmen zu schaffen. einzelne FinTechs-Segmente ganz klare Ansprech- Man sieht jetzt am Markt, dass eine unglaubliche partner zu definieren. Das merkt man auch bei der Diversifizierung stattfindet. Es gibt auch Crowd- FCA, dass das als erster Schritt sehr wichtig war funding für Energiegenossenschaften, erneuerbare

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Energieprojekte, mittelständische Unternehmen wie die anderen Länder das gemacht haben, die- usw. Der große Vorteil all dieser Technologien ist, ses klar zu definieren und einfach auch zu ermög- dass man sich mit Risk-Pooling, aus Sicht des An- lichen, dass eine Bank mit dem unglaublichen legers, sehr stark von einzelnen Instrumenten - ge- Kundenpotenzial und ihrer Filialdichte in der macht hat. Dieses Risk-Pooling kann man vermei- Lage ist, diese Technologien selber anzubieten den, indem man über die Crowdinvesting-, Crow- und nicht nur im Hintergrund als Abwickler der dlending-Plattformen als Kleinanleger kleine Payment zu sein. Eine Bank sollte sich nicht da- Summen streut. Die Automatisierung schafft in rauf beschränken, die Konten zu führen. Das ist Zukunft die Wertschöpfung, weil das Wissen da- doch nicht das Interessante an diesem ganzen rum, wie man diese Sachen sinnvoll ausgestaltet, Markt, sondern das Interessante ist zu verstehen, die Plattformen eben haben, auch wenn sie mit wie eine Plattform wie Auxmoney, die digitalen Banken zusammenarbeiten. Das Kleinanleger- Verbraucherschutz macht, funktioniert. schutzgesetz hat dazu geführt, dass die Plattform alle ihre Prozesse überarbeiten musste. Das war ein teurer Prozess, was auch zu einer Marktberei- SV Andreas Krautscheid: Frau Maisch, Finanzbe- nigung geführt hat. Man sieht zum Beispiel, dass ratung im Netz: 1. Die Anforderung an die Bera- die Plattform Bergfürst, die vorher eine Voll- tung, glaube ich, sind durch das Netz schon deut- banklizenz hatte und Wertpapiere angeboten lich höher geworden, bzgl. der Vorinformation hatte, einen Teil dieser Lizenzen zurückgegeben und durch Vergleichsportale. Da ist der Kunde in hat und jetzt sozusagen nur noch Mittlerinstru- aller Regel schon sehr gut über die Marktsituation mente anbietet. Das ist sicherlich nicht im Sinne und das, was er will informiert. Bzgl. der Beratung des Crowdfunding-Standorts. Eigentlich wäre es ist die spannende Frage, ob wir gleiche Maßstäbe sinnvoll, wenn die Plattformen in Deutschland im anlegen. Wir haben das schöne Wort Beratungs- Eigenkapital und Fremdkapital Instrumente anbie- protokoll genannt. Das wird jetzt ersetzt. Da sind ten, die europaweit kompatibel sind. Aber wir ha- wir gerade mittendrin. Durch die Geeignetheits- ben in Deutschland dieses Gold Plating. Die Um- prüfung, die übrigens eine positive Sache für setzung der Richtlinie über Märkte für Finanzin- diese Form der Kommunikation in unserer Wert- strumente und Durchführungsbestimmungen (Mi- papierrichtlinie MiFID II ist, ist z. B. auch eine hö- FID-Richtlinie) führte dazu, dass es sehr schwer here Anforderung an die Beschreibung des Pro- ist, in Deutschland im Bereich Crowdfunding ein dukts und des Zielkunden und der Zielmärkte Instrument anzubieten, das auch europaweit kom- enthalten. Für wen ist das hier ein taugliches Pro- patibel ist und führt auch dazu, dass wir sozusa- dukt? Also müssen die Banken intern, wenn sie gen ein bisschen vom Markt abgeschnitten wer- solche Produkte erstellen, sehr genau überlegen, den. Vor zwei Wochen wurde gerade in den USA welchen Kunden habe ich damit im Blick. Aber das Crowdinvesting durch die State Corporation bitte auch daran denken, wenn Sie das jetzt im In- Commission (SCC) erlaubt. Die bereiten sich dort ternet machen wollen, dass Sie für diesen Zweck alle darauf vor, aus ihrem europäischen Markt sehr viele, sehr persönliche Daten liefern müssen. heraus in die USA zu gehen und dort diese Nicht nur die finanzielle Situation, die familiäre, Dienstleistung anzubieten. Ich glaube, das wird si- die berufliche. Wo haben Sie vielleicht wie viele cherlich auch hier in Deutschland sein. Aber es Schulden. Da haben wir Datenschutzanforderun- sollte zumindest unser Ziel sein, dass diese Crow- gen, die extrem hoch sind. Das ist der eine Be- dfunding-Plattformen hier in Deutschland gut reich. Der zweite Bereich ist, wir haben Regulie- wachsen können, und dass wir diese dann euro- rung, wenn es um Beratung geht. Die reine Präsen- paweit sehr schnell anbieten können. Da sehe ich tation von Produkten aufgrund von bestimmten das größte Potenzial für Kooperationen zwischen groben Kennziffern ist nach aktueller Entschei- Plattformen einerseits und FinTechs andererseits. dung durch die BaFin noch keine Beratung. Aber Was würde dagegen sprechen, wenn z. B. eine das ist ein fließender Bereich. Da tastet sich die Bank selber eine Crowdlending-, Crowdinvesting- BaFin jetzt langsam hinein, weil wir natürlich Plattform anbieten könnte. Aus jetziger Sicht na- auch sagen, wir wollen das auf jeden Fall machen türlich Haftungsfragen vor allem in der Anlage. Da können. Robo-Advice ist schon angesprochen muss man überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, so worden. Die Frage ist, wie weit kann man da über- haupt automatisieren. Wie weit ist es kulturell

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vom Kunden akzeptiert? Aber wir glauben, dass Abg. Thomas Jarzombek (CDU/CSU): Herr Vorsit- das tiefer und weiter gehen wird in Zukunft. Da- zender, in der Obleuterunde waren drei Minuten tenschutz und Beratung sind auch Fragen der verabredet und dafür, dass es zu Beginn solange Wertung. Diese muss kontrollierbar und nachprüf- gewesen ist, dürfen nicht noch die bestraft wer- bar sein. Da ist sozusagen eine graue Fläche, da den, die jetzt eine Frage stellen wollen. Da möchte tastet sich die BaFin gerade in Gesprächen auch ich darum bitten. Ich möchte Herrn Krautscheid mit FinTechs hinein und versucht zu definieren, gerne fragen. Ich stelle die Frage etwas provokant. wo Regulierung greift und ab wo ein erhöhter Das Geschäftsmodell von Google sieht so aus, dass Kundenschutz nötig ist. Das ist auch in unserem ziemlich genaue Profile von Menschen existieren Interesse, Stichwort „level playing field“. Die und wenn die einen Kreditwunsch haben, kann in BaFin sagt den FinTechs zu Recht aufgrund ihres Echtzeit entschieden werden, ob er den Kredit gesetzlichen Auftrags, wir sind keine Beratungs- kriegt und zu welchem Zinssatz. Wie sieht denn firma. Wir können euch digital sagen ja oder nein, da das Gegenmodell der Banken aus? Oder kann wenn ihr einen Antrag zu diesem Thema stellt, man das am Ende adaptieren oder wird man dann kriegt ihr die Lizenz oder nicht. Aber daneben vielleicht sogar die Daten von Google dafür kau- dürfen wir eben keine Rechtsberatung oder Markt- fen? In dem Zusammenhang auch meine Frage, analyse betreiben. Das ist übrigens einer der wie Sie das Thema Datenschutz bewerten? Auch Gründe, warum die jetzt auch bei uns vor der Tür gerade das, was wir in Deutschland an sehr strik- stehen und Mitglied werden wollen. Wir haben ten Regelungen haben und vielleicht noch strik- extrem viel BaFin-Erfahrung und in den Work- tere Regelungen bekommen. Können Sie sicher shops, die wir mit FinTechs machen, kommt im- sein, dass nicht die Gefahr besteht, dass am Ende mer wieder heraus, dass sie sagen, vielleicht ist Google einen Service anbietet, mit dem deutsche bei einem Verband, wie dem unseren, der sehr Unternehmen nicht mehr konkurrieren können? stark mit im Wettbewerb stehenden Banken arbei- Müssen dann deutsche Unternehmen schlussend- tet, die viel mit BaFin zu tun haben, das Know- lich Scoring-Daten und Ähnliches von Google ein- how da. So nach dem Motto „Ihr könnt uns zu- kaufen, und deren Marktposition noch weiter da- mindest schon mal helfen, wie man sowas vorbe- mit stärken. Falls dann noch Luft übrig bleibt, ist reitet, wie man damit umgeht. Dann haben wir die die Frage, wie sieht eigentlich das Filialnetz aus. ein oder andere Anwaltskanzlei gespart“. Viel- Wie sehen Sie denn gerade bei jungen Menschen leicht auch ein ganz guter Effekt, den Verbände noch die tatsächliche Nutzung von Filialen? Dar- als Beratungsinstitution erfüllen können. Wir aus kann man ja auch eine Ableitung machen und glauben aber, dass wir auch davon profitieren. speziell bei den Älteren ist aufgrund von körperli- Weil sie Fragen stellen, die wir uns demnächst chen Einschränkungen die Nutzung von Filialen auch stellen werden. Also lösen wir sie zusam- vielleicht auch nicht mehr so gegeben. men.

SV Andreas Krautscheid: Zum letzten Punkt: Es Der Vorsitzende: Jetzt haben wir in der ersten ist nicht nur eine Altersfrage, es ist auch eine Runde sehr viele Ausführungen, sehr viel Interes- Frage des Themas. Es gibt Dinge, derentwegen santes gehört. Aber auch von der Zeit her war das auch junge Menschen noch in eine Filiale gehen. sehr umfangreich. Darum bekommen Sie in der Aber es gibt zunehmend ganz eindeutig die Ten- zweiten Fragerunde nur noch zwei Minuten zur denz hin ins Netz. Das müssen die Banken in ir- Beantwortung der Fragen. Damit wir ein bisschen gendeiner Weise abbilden. Das passiert auch im nach vorne kommen. Ich habe drei Wortmeldun- Moment. Alle bauen ab und müssen sich sehr ge- gen in der zweiten Fragerunde, Kollege Jarzom- nau überlegen, wo und wieviel. Das hängt auch bek, Kollege Radwan und Kollege Murmann. Gibt mit der Kundschaft vor Ort zusammen, wie eben es weitere Wortmeldungen? Herr Dr. Zimmer- gesagt. Was haben die für Interessen, warum ge- mann noch. Der Kollege Jarzombek beginnt, bitte- hen die in die Filiale? Aber wir haben genügend schön, und bitte gleich sagen, an wen die Frage Kundengruppen, die maximal einmal im Jahr auf- geht. tauchen. Deswegen muss sich wegen des Kosten- faktors jeder Teil des Bankensektors überlegen, wieviel Fläche will er haben. Das ist bei uns von

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Bank zu Bank völlig verschieden. Aber auch da Wenn wir die Frage der Player stellen, und wir re- muss man den Kostenfaktor im Blick haben. Aber den über die ganz großen, so denken Sie, wenn es wird, nehmen Sie den Bereich Private Wealth Sie FinTechs fördern wollen, auch immer an das und sowas, immer wieder Themen geben, wo Thema Europa. Uns sagen alle Venture-Capital- Menschen sagen, das möchte ich mit einem Men- Leute, wir gehen mittlerweile hin und kaufen schen besprechen. Aber es werden weniger. Das euch die guten Ideen raus, weil die über den deut- ist eindeutig. Deswegen werden die Filialen abge- schen Markt nicht genug Größe erreichen. Die baut. Das ist völlig klar. Zweiter Punkt: Daten- brauchen Skaleneffekte. Lieber holen wir die nach schutz, Google, Big Data und die Frage Data Mi- Amerika und lassen die da vor 500 Millionen ning und Nutzung von Daten. Zwei Sätze, die sich agieren, als nur im deutschen Markt. Denkt bitte nur scheinbar widersprüchlich anhören: Ja, daran, die FinTechs brauchen ein größeres Publi- Google weiß wahrscheinlich über unsere Kunden kum, nicht nur Deutschland. sehr viel mehr, als wir wissen. Gleichzeitig wissen wir über unsere Kunden viel mehr, als wir nutzen und nutzen dürfen. Auch wir könnten natürlich Abg. Alexander Radwan (CDU/CSU): Das, was im Scoring mal gucken, wo war wer einkaufen, Herr Krautscheid jetzt am Schluss gesagt hat, be- was sind die Vorlieben, wo wird wie bezahlt. Ja, trifft in einen Teil meiner Frage. Die würde ich das könnte jede Bank erfassen. Das ist ein Daten- gerne splitten. Was im Vordergrund bisher steht, schatz. Aber, da sind wir uns in der Kreditwirt- ist immer die Regulierungsfrage, inwieweit exis- schaft vollkommen einig, wir haben in den letzten tierende Regulierung Wettbewerbsungleichheiten Monaten immer wieder Situationen gesehen, regu- bringt, gerade klassisch der Verbraucherschutz. Da latorisch, aber auch in den Märkten, wo uns noch- müsste man das ein Stück weit mehr aufrollen mal sehr klar geworden ist, wie wichtig ihnen der und die Frage stellen, wie weit existierende Regu- Schutz ihrer Daten durch ihre Bank ist. Und un- lierung vielleicht zu viel war. Dann könnte man sere Kunden sagen uns das in jeder Befragung, auch deregulieren. Mich interessiert primär, in- deswegen hatte ich eben das Thema PSD II Zah- wieweit für diese neue Entwicklung die existie- lungsdiensterichtlinie, Öffnung der Kunden- rende Regulierung gesetzgebend passt. Ich schaue schnittstelle, angesprochen. Ganz heikle Ge- mir die Portale im Bereich des Tourismus an. Es schichte, um den Kunden nicht zu verlieren, wurde gerade über den Wertpapierbereich gere- wenn einer dazwischen kommt. Beispiel Paydi- det. Man muss unter den ersten beiden sein, um rekt, das ist einer der wesentlichen Treiber, ein am Markt erfolgreich zu sein. Passt dafür das exis- PayPal-Äquivalent in Deutschland zu haben. Dem tierende Wettbewerbsrecht oder passt es nicht? liegt die Überlegung zu Grunde, dass unsere Kun- Das ist jetzt keine finanzbereichsspezifische Frage. den uns immer wieder sagen, ich möchte ein Sys- Aber ist für diese Neuentwicklung die existie- tem haben, wo ich ohne meine Daten einem Drit- rende Gesetzeslage ausreichend? Dazu kommt das, ten preiszugeben, mit meiner Bank im Netz bezah- was Sie gesagt haben, Herr Krautscheid, mit den len kann. Jetzt sind wir da spät dran. Das ist gut so großen Märkten. Ich habe das Gefühl, wir disku- und richtig so. Aber auf irgendeiner Internetseite tieren das hier in Deutschland und die Marktteil- dieser Welt bezahlen zu können, und es taucht nehmer finden so langsam in Deutschland zur das Logo meiner örtlichen Bank, mit der ich im- Standardisierung zusammen. Europa ist bis jetzt mer zu tun habe, auf und nicht irgendein Dienst- noch nicht so im Blickwinkel. In der gleichen Zeit leister, der erst zu meiner Bank geht und sagt, lass werden in den USA Standards gesetzt. Da hat man mich reingucken. Lass mich in das Konto gucken, den großen Markt. Irgendwie kommen wir aus was da so passiert. Man kann bei diesem reingu- diesem Hase-Igel-Thema gar nicht mehr raus. cken viel erfahren. Das war unser Treiber zu sa- Wenn sie mit ihrer entsprechenden Marktmacht gen, unsere Kunden sollen mit uns im Netz bezah- und den entsprechenden Margen, die sie dort ver- len können. Das Ding geht auch weiter. Natürlich dienen, dann auf unseren Markt kommen, können reden wir auch da über mobile Varianten in den wir nur noch hinterher hecheln. Jetzt ist meine nächsten Jahren. Ich will einen Punkt ansprechen, Frage, ob wir von der deutschen Seite eigentlich der hat mit beiden Themen von eben noch zu tun: da professionell genug herangehen, um überhaupt reagieren zu können.

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SV Georg Fahrenschon: Wir haben schon den Ein- uns unterentwickelt und sie haben die City of druck, dass wir an dieser Stelle auf der europäi- London, die in großen Tickets denkt, aber nicht in schen Dimension unter Federführung des dafür kleinen. Das sind am Ende Unterschiede, wo ich zuständigen neugesetzten Kommissars für Digita- aus Sicht der Sparkassenfinanzgruppe wenig dazu lisierung und digitales Wirtschaften das Thema sagen kann. Bzgl. der Fragestellung, wie auch die sehr wohl auf breite Füße stellen. Klar ist natür- international tätigen Banken die europäische Ba- lich, dass wir anders, als in den Vereinigten Staa- sis einschätzen, würde ich bitten, die Frage an ten - das sind einfach strukturelle Unterschiede - Herrn Krautscheid weitergeben zu dürfen. eine völlig andere Herangehensweise haben. Wir haben in den Vereinigten Staaten das, was wir in Europa so nicht vorfinden, nämlich einen gemein- SV Andreas Krautscheid: Das blöde Wort „Ger- samen großen Markt, bei dem ein einheitliches many is overbanked“ stimmt. Wir haben extrem Steuerrecht, ein einheitliches Unternehmensfüh- harten Wettbewerb. Wenn Sie vergleichen, mit rungsrecht und ein einheitlicher Kapitalmarkt welchem Aufwand und mit welchen Kosten Sie vorhanden sind. Das ist ein struktureller Unter- als Kunde Finanzdienstleistungen in anderen eu- schied. Das darf man bei der Betrachtung aber ropäischen Ländern einkaufen, dann ist das so. Da auch nicht unterschätzen. Um nochmal auf eine sind wir hier schon in einer günstigen Situation, Folie von Herrn Wenzlaff hinzuweisen: Warum ist die es natürlich FinTechs dann mit manchen die Bubble in Großbritannien so groß? Das hat na- Dienstleistungen schwer bis unmöglich macht. türlich unterschiedliche Hintergründe. Erstmal, Das muss man auch klar sagen. Wenn da kein jeder der aus den Vereinigten Staaten Richtung Markt ist, dann funktioniert das in Deutschland Europa geht, geht erstmal den Schritt über Groß- nicht. Andere Dinge leben, das muss man auch britannien. Das heißt, alle Akteure, die sich aus ganz offen sagen, sicherlich davon, dass über den Vereinigten Staaten Europa erschließen wol- Plattformen Risiken vermittelt werden, die Ban- len, machen die ersten Versuche in Großbritan- ken gar nicht eingehen dürfen. Da sind wir wieder nien. Zweitens: Die Kreditversorgungsstruktur in beim Verbraucherschutz. Das muss man auch Großbritannien ist mitnichten mit der in Deutsch- dazu sagen, das ist ok wenn das gemacht wird, land zu vergleichen. Sie haben in Großbritannien wenn der Kunde weiß, was er für ein Risiko ein- keine mittelständisch geprägte Kreditwirtschaft. geht. Deswegen glaube ich auch, dass die Marktsi- Das heißt, es gibt in weiten Teilen Schottlands tuation damit zu tun hat, was offensichtlich keine und Wales weder Genossenschaftsbanken noch re- große Rolle bei Investoren spielt. Wir haben im- gional ausgerichtete kleine Privatbanken oder gar mer wieder das Thema der steuerlichen Behand- Sparkassen. Die sind vor mehr als zehn Jahren lung. Jetzt hatten wir gerade Streubesitzdividende dort mit Absicht abgewickelt worden. Das führt zu und ähnliche Themen. Gerade die Venture-Capi- dem Ergebnis, dass es in Großbritannien das nicht tal-Leute sagen, das ist nicht der absolute Punkt, gibt, was wir in Deutschland und in weiten Teilen warum wir vorsichtig sind. Wir wissen alle, da Europas haben, nämlich ein Zusammenspiel zwi- gibt es hinreichende Untersuchungen und Aktivi- schen dem Mittelstand, auch den Unternehmens- täten auch aus diesem Ausschuss. Wir haben gründern und ihrer Hausbank. Dass wir in nicht in der ersten Phase der Finanzierung ein Deutschland Sparkassen, Volks- und Raiffeisen- Problem, sondern in der zweiten. Wenn eine be- banken 95 Prozent der Handwerkerkreditfinanzie- stimmte Marktgröße erreicht ist, wenn ein be- rung klassisch machen, ist am Ende ein Teil unse- stimmter Reifefortschritt des FinTech erreicht ist rer Stabilität. Führt natürlich auch zu unserer und dann aber sehr viel Geld gebraucht wird, um Stärke und Stabilität an dieser Stelle. Das ist in ein Rollout zu machen. Der Rollout muss sich Großbritannien nicht so, d.h. die Fragestellung, rechnen, sonst fehlt er bei der Marktgröße. Ja, Herr gibt es hier überhaupt ein Marktversagen, muss in Fahrenschon hat Recht, wir haben keinen europäi- Deutschland völlig anders bewertet werden als in schen Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen. Großbritannien. In Großbritannien gibt es keine Ich weiß nicht, wer von Ihnen bei ausländischen Mittelstandsbanken, also müssen sie sich auch Banken mit irgendwas aktiv ist, keiner wahr- neue Wege herstellen. In Großbritannien haben sie scheinlich. Das hat etwas mit immer noch zer- dafür den ausgeprägten Kapitalmarkt. Der ist bei splitterter Gesetzgebung beim Datenschutz zu tun, beim Verbraucherschutz usw. Solange das nicht

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einheitlich ist, werden FinTechs es schwer haben, geht jetzt an Herrn Krautscheid und Herrn Wenz- ein genügend großes Kundenfeld für diesen laff-, nehme ich jetzt mal exemplarisch, mit Paydi- Rollout in der zweiten Phase zu finden. rect etwas auf den Markt gebracht. Wir haben vor einem Jahr schon mal darüber gesprochen, und da hatten Sie es schon erzählt. Ich hatte das wahrge- Abg. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ich hätte noch nommen als Alternative zu PayPal. Was verspre- eine Frage an die Fidor Bank zu dem Thema Cy- chen Sie sich davon? Herr Wenzlaff, wie ist das ber Security. Sie hatten vorhin angesprochen, dass dann in der breiten Szene? Auch die müssen da- Ihr Unternehmen da auch schon einer Attacke mit umgehen, dass am Ende die Kunden sichere ausgesetzt war. Vielleicht könnten Sie noch etwas Geschäfte machen wollen. mehr dazu ausführen, wo Sie insgesamt die Her- ausforderung für ein Bankensystem sehen, das diesen großen Veränderungen, die wir in den letz- SV Andreas Krautscheid: Also Datensicherheit als ten anderthalb Stunden skizziert haben, unter- Alleinstellungsmerkmal sozusagen, ist völlig rich- liegt. Also etwas konkreter, als Sie das in Ihren tig. Trotzdem muss man von Geschäftsmodell zu Ausführungen gemacht hatten. Geschäftsmodell überlegen, wo Datenschutz eben auch Möglichkeiten in unangemessener Weise bremst. Es ist immer wieder eine Einzelabwägung. SV Stephan Czajkowski: Es beginnt beim Know- Paydirect ist in der Tat stark von der Idee Kun- how der Ermittlungsbehörden. Wir sind angegrif- denbindung durch Datenschutz getrieben. Weil fen worden an einem Freitagnachmittag. Herr Krö- wir immer wieder in den Befragungen gehört ha- ner, der heute nicht kommen konnte, hat die Poli- ben, eigentlich würde ich lieber mit meiner Bank zei angerufen. Das war sein erster Impuls und die im Internet bezahlen. So ein Projekt hat einen Antwort war: Nennen Sie uns Ihre Adresse, wir Vorlauf. Wir haben vor über zwei Jahren damit an- schicken einen Wagen. Das ist die Realität. Da- gefangen. Es ist gut, dass es jetzt über alle Säulen nach haben wir nichts mehr gehört. Das ging in der Kreditwirtschaft läuft. Wir haben die ersten den Hierarchien der Polizei nach oben. Das hat Marken, die sozusagen im scharfen Betrieb sind. dann eine ganze Woche gedauert, bis wir ein Gleichzeitig läuft die Akquise auf der Händler- Feedback bekommen haben und nach weiteren seite. Sie müssen im Internet eine gewisse Markt- vier Wochen hatten wir erste Informationen zum abdeckung anbieten können, damit das Ding auch Täter. Das heißt, es sind keine Ressourcen da. Er- fliegt. Das heißt, man muss bei möglichst vielen mittlungsbehörden sind komplett blank aus unse- Händlern damit bezahlen können und das heißt, rer Sicht. Sie haben nicht die Mittel, um zu ermit- immer wieder Verträge schließen, tausende von teln. Das heißt, hier ist Aufbauarbeit zu leisten. Verträgen. Wenn Sie auf der anderen Seite meh- Das muss in den nächsten Jahren sehr schnell pas- rere tausend Banken haben, dann ist das relativ sieren. viel Arbeit, und zwar juristische Arbeit, Marke- tingarbeit, aber vor allen Dingen auch technische Abg. Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Arbeit. Denn Sie müssen die Schnittstellen bauen. Thema Sicherheit, Datenschutz. Ich würde das Ar- Das nimmt jetzt so nach und nach seinen Lauf. gument vom Kollegen Jarzombek eher umdrehen Wir haben ganz bewusst gesagt ein „soft entry“ und sagen, wenn der deutsche Bankensektor und mit einzelnen Banken. Die sind unterschiedlich auch die FinTechs auf eine Stärke setzen sollten, weit. Bei uns sind die ersten Privaten dabei. Ihr dann ist das doch die Frage, dass das bei uns si- fangt im Februar, März an, das Ding scharf zu cher ist und woanders nicht. Ich glaube nicht, schalten. Die Volksbanken sind schon relativ weit. dass der Kunde Google gerne haben möchte, um Dann wird man sehen. Dann muss man sich auf sein Bankengeschäft zu machen. Wenn, dann hat dem Markt durchsetzen. Das ist völlig normal, er vielleicht eine sehr kundenorientierte Anwen- dass wir dann entsprechend auch Erfolg haben dung und das möchte er gerne haben. Da sind die wollen, indem unsere Kunden das nutzen. Wenn Banken bisher in der Wahrnehmung noch nicht so Sie etwas anderes nutzen, müssen wir das auch stark. Aber die Frage ist eben, wie kann man das akzeptieren. Aber wir glauben, dass wir einen gewährleisten. Sie haben jetzt auch - die Frage Mehrwert herstellen können. Auch die Befürch- tungen, die mit der Eröffnung, dem Herausgeben

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von Kundendaten verbunden sind, die sitzt schon SV Georg Fahrenschon: Zum einen ist es eine relativ tief bei den Leuten. Wenn Sie so wollen, Stärke der dezentralen deutschen Kreditwirtschaft drehen wir dann einmal digital das Geschäftsmo- Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen und re- dell herum und versuchen für uns einen Vorteil gional ausgerichtete Privatbanken, dass sie die aus unserer Kundennähe und der Sicherheit ihrer Kunden und vor allen Dingen die örtlichen Gege- Daten zu generieren. benheiten kennen. Es ist nicht so, dass nicht auch wir in sehr schneller Zeit Kreditentscheidungen abwickeln können. Wir sind natürlich auch auf Abg. Thomas Jarzombek (CDU/CSU): Ich würde der anderen Seite als Teil der durch das Deutsche die Diskussion gerne an der Stelle weiter führen, Kreditwesengesetz regulierten Branche entspre- weil ich dies ganz interessant finde. Wir haben in chenden Regularien unterworfen. Was aber nicht verschiedenen Bereichen erlebt, dass Kunden im- heißt, dass wir nicht auch an Projekten arbeiten, mer wieder sagen, wir wollen mehr Datenschutz ähnlich wie die Wettbewerber, die versprechen, haben. Aber wenn man jetzt z. B. FreeMore oder binnen 26 Stunden eine Kontoeröffnung zu orga- WhatsApp vergleicht, dann sehen wir in nisieren. Vor dem Hintergrund sehe ich uns dazu FreeMore eine Lösung, die deutlich datenschutz- sehr wohl in der Lage. Weil es am Ende in der freundlicher ist, die aber kaum Akzeptanz im Mehrzahl der kreditwirtschaftlichen Entscheidun- Markt findet. Weil offensichtlich, wenn alle ande- gen immer darum geht, dass der Berater den Kun- ren das haben, das einfacher, schneller und preis- den, seine Aufstellung, seine individuelle Risiko- werter ist und der Kunde sich eben doch anders bereitschaft, vor allem aber seine Bonität und entscheidet. Wir sehen das bei Facebook, wir se- seine Leistungsfähigkeit kennt. hen das bei anderen Dingen von Google, was so- Da ist am Ende das Netz nur vornehmlich eine weit führt, dass bei bestimmten Datenschutzre- Möglichkeit, wenn am Ende kein persönlicher gimes deutsche Anbieter keine Profile mehr bauen Kontakt dahinter steht. Vor dem Hintergrund dürfen. Aber um die Kunden immer wieder zu er- kann ich mir nicht vorstellen, dass Sparkassen kennen, können sie das dann bei Google einkau- Google-Daten einkaufen, um sich dieser Dienst- fen, was eigentlich eine Perversion ist, weil es leistung zu bedienen, weil wir am Ende unsere dazu führt, unsere Unternehmen zu schwächen Kunden kennen und auch über lange Zeit hinweg und deren Position zu stärken. Am Ende bietet ein ihre Beraterinnen und Berater sind. Das Interes- neuer FinTech den Service an, Kreditentscheidun- sante ist, dass man in der verkürzten Darstellung gen innerhalb von 60 Sekunden vorzunehmen immer sagt, Crowdfunding kann wesentliche Teile und die Daten kommen auch noch von Google, ei- übernehmen. Wenn Sie sich mit dem deutschen ner Marke, der die Kunden am Ende schon ver- Mittelstand auseinandersetzen, dann geht es da- trauen, denn ihre Emails und alles Mögliche ver- rum, dass dort Unternehmenseigentümer teilweise trauen sie Google an. Dann bin ich mir nicht so in der zweiten, dritten und vierten Generation o- ganz sicher, wenn man dann eben bei der Bank der aber Unternehmensgründer in der zweiten, erstmal zum Schalter gehen muss. Man muss dritten, vierten oder fünften Finanzierungssitua- dann erst einmal Unterlagen übersenden und be- tion einen Partner brauchen. Ein mittelständi- kommt Wochen später ein Angebot gemacht. Für sches Unternehmen über fünf Finanzierungsrun- eine Immobilienfinanzierung zum Beispiel. Ob den zu begleiten, das kann Crowdfunding nicht. der Kunde dann nicht doch sagt, ich drücke jetzt Insoweit muss man an dieser Stelle einfach unter- einfach auf den Knopf und dann habe ich es ent- scheiden. Wir werden Fälle haben, wo wir in be- schieden und fertig. Zumindest werden diejeni- sonderen Projektfragen über Crowdfunding Lö- gen, die dann auch noch günstige Konditionen be- sungen anbieten können. Wir werden Fälle haben, kommen, sich dafür entscheiden. Deshalb möchte wo wir bezogen auf besondere Geschäftsmodelle ich vielleicht nochmal Herrn Fahrenschon mit in schnelles Aufwachsen an Umsatz und Mitarbeiter- die Diskussion einbeziehen. Ihre Meinung zu dem kapazitäten, ohne auf Rentabilitäten zu sehen, wo Thema und die Frage, was denn passiert, wenn Venture Capital eine wesentliche Rolle spielt. Da dann nur noch die, die von Google ein schlechtes ist dann am Ende auch die klassische Hausbank Rating kriegen, am Ende bei den Sparkassen übrig nicht der Richtige. Weil, wenn es nur um Größe bleiben. und Schnelligkeit geht und nicht um Rentabilität,

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dann dürfen wir das gar nicht. Wir werden nach dann müssen Sie in der Lage sein zu verstehen, meinem Dafürhalten in der überwiegenden An- wie z. B. eine Plattform, die pro Tag ein paar Mil- zahl der Fälle Fragestellungen haben, bezogen auf lionen Visits bekommt, die in der Lage ist bei den Altersvorsorge, auf klassische Unternehmensfi- paar Millionen Visits, die 20.000 herauszufiltern, nanzierungen, auch bezogen auf klassische private die offensichtlich einen Betrugsversuch auf der Finanzierungen, wo die Hausbank, die Sparkasse Plattform starten wollen. Das können die Fin- um die Ecke weit im Vorteil ist. Ich kann Herrn Techs wesentlich besser. Dieses Wissen funktio- Krautscheid nur zustimmen. Wir erleben das in niert nur dann, wenn Sie aktiv z. B. mit Mittel- weiten Teilen der individuellen Entscheidungen, stands-Crowdfunding-Plattformen zusammen ar- wenn es um das eigene Geld geht, wenn es um beiten. Wir bringen die Mittelstandskontakte mit Renten- und Altersvorsorgekonzepte, wenn es um und wir finanzieren das über die Plattform mit. Unternehmensgründungen geht, um Familien- Das stärkt unser Eigenkapital und wir machen die und innerhalb der Familien um Finanzierung Fremdkredite dazu. Nur so wird das funktionieren geht, da ist der direkte Kontakt, das Wissen und und so wird das in allen anderen Ländern passie- das gegenseitige Kennen nach wie vor das aus- ren. Es reicht einfach nicht aus meines Erachtens schlaggebende Element. Das geht über Online-An- zu sagen, wir sind am Markt aktiv und wir haben wendungen, wo Taschengeld untereinander aus- ein gutes Image. Ich würde es andersherum versu- getauscht wird und Pizzabeträge finanziert wer- chen zu formulieren. Sie müssen sagen, was kön- den, weit hinaus. nen wir mit unserem guten Image, unserer Filial- dichte unserem Kundennetzwerk machen, um diese FinTechs richtig groß heraus zu bringen und Der Vorsitzende: Herr Wenzlaff bitte zu der Frage denen richtig das Geschäft aufzubauen. Nur dann von Herrn Janecek. können wir davon lernen.

SV Karsten Wenzlaff: Die Ursprungsfrage war Der Vorsitzende: Vielen Dank, wir haben jetzt noch zu Paydirekt. Der Grund, warum Paydirekt noch fünf Minuten. Es sind fünf Sachverständige überhaupt erfolgreich sein kann, ist, weil dort hier. Sie haben nun eine Minute Zeit zu sagen, auch FinTechs sehr kleines IT-Knowledge mit welche Handlungsempfehlung Sie an den Aus- hineinbringen. Das ist keine komplett eigene Ent- schuss Digitale Agenda geben. Das wäre meine wicklung der Banken, sondern da sind Start-ups, Empfehlung für die Abschlussrunde. Herr Wenz- wie Paymill usw. angesiedelt. Das zeigt, die Ban- laff, Sie beginnen, bitte. ken könnten eigentlich dazu sagen, das Thema PayPal ist eigentlich seit zehn Jahren akut. Die ha- ben auch einen guten Markt-Rollout hier gemacht, SV Karsten Wenzlaff: Ich habe schon viele Hand- trotz aller Schwierigkeiten, wie z. B. für ein Unter- lungsempfehlungen gegeben. Ich glaube, das nehmen dort irgendwie einen ordentlichen Sup- Wichtigste wäre, dass die Bundesregierung und port zu bekommen zum Teil, also als Anwender, das Parlament eine FinTechs-Strategie entwi- als Entwickler. Insofern ist das ein gutes Beispiel. ckeln, die als Teil natürlich die Frage der Regulie- Aber leider ist es so, dass Paydirekt wahrschein- rung hat, aber vielmehr auch, was kann man an lich erstmal nur in Deutschland funktionieren ergänzenden flankierenden Maßnahmen machen. wird. Aber immerhin kann es da einen gewissen Das wird sicherlich eine Auseinandersetzung im Wettbewerb schaffen. Ich glaube, dass das Wissen Wahlkampf werden. Ich glaube, das merkt man darum, wo Wertschöpfungsketten passieren davon auch bei allen anderen Ländern in Europa, dass abhängt ob man versteht, wie Algorithmen funkti- diese FinTechs-Strategie diskutiert und weiterent- onieren. Das bedeutet, wenn man als Bank in Zu- wickelt wird. Das wäre meine Empfehlung an den kunft, die nächsten zehn bis zwanzig Jahre, wett- Ausschuss und an die Ausschussmitglieder. bewerbsfähig sein will, , dann kann man sich nicht auf das Argument stützen, wir haben den di- rekten Zugang zu unseren Kunden und die ken- SV Dirk Elsner: Gerade was das Thema Regulie- nen uns. Weil das zählt überhaupt nicht. Wenn rung betrifft, da haben wir das heute mehrfach Sie Wertschöpfungsketten digital anbieten wollen,

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schon gesagt. Die FinTechs brauchen da mehr Sta- dieser Debatte schon verschiedene Schwerpunkte bilität, d. h. nicht zusätzliche Regulierung, viel- herausnehmen könnte. Ich würde festhalten wol- leicht sogar etwas weniger Regulierung. Ich finde len: Wodurch zeichnet sich Deutschland aus? Ich diese Ansätze aus England und Frankreich sehr glaube es ist die Breite. Insoweit würde ich die spannend, darüber nachzudenken, die auf diese Breite der Bedürfnisse der Menschen nicht verges- Weise zu fördern. Aber nicht immer strengere Re- sen. Deutschland zeichnet sich dadurch aus, dass gulierungen und auch nicht gleichsetzen mit Ban- wir eben nicht nur groß, sondern wir große und ken. Das wäre das eine. Das andere wäre, sich tat- kleine Ballungsräume und Flächen haben sowie sächlich Gedanken zu machen, wie kann man ei- international und regional sind. Vor diesem Hin- gentlich die Entwicklung noch weiter fördern. tergrund würde ich das als einen wesentlichen Auch da haben wir jetzt einige Ansätze gehört Teil festhalten wollen. Zweitens stellt sich für über einen proaktiven Ansatz von der BaFin. Je- mich die Frage in der Schwerpunktsetzung. Ist es denfalls kann man über diesen Weg die Rahmen- gegebenenfalls wichtiger die Digitalisierung des bedingungen für den Standort Deutschland, für Rückgrats der deutschen Wirtschaft und damit den FinTechs-Standort Deutschland gut fördern. auch der deutschen Gesellschaft, d. h. des Mittel- Das wären meine beiden Hauptpunkte an den standes in den Mittelpunkt zu setzen. Ich glaube Ausschuss. drittens, dass europäisch, vor allen Dingen konti- nentaleuropäisch, das Grundverständnis, wie die persönlichen Daten auch zum Kunden gehören, SV Stephan Czajkowski: Ich habe eingangs den uns von dem Grundverständnis in anderen Regio- Referentenentwurf zu dem Gesetz hier zitiert. Uns nen dieser Welt elementar unterscheidet. Ich wäre wichtig, dass auch andere Interessengruppen würde Ihnen viertens immer als Leitlinie empfeh- bei der Umsetzung von europäischen Richtlinien len, sich über die Differenzierung zu informieren in deutsches Recht Zugang bekommen und da und damit sich auch mit der Aufstellung der Risi- auch mitschauen können, insbesondere aus dem ken auseinanderzusetzen. Gleiches Risiko muss FinTech-Bereich. Dass diese Gesetze auch so auf- am Ende auch mit gleicher Regulierung begleitet gebaut werden, dass sie FinTechs nicht von An- werden. Denn sonst laufen Sie Gefahr, dass Sie fang an ausschließen. sich neue große Risiken durch Fehlanreize und Fehlsignalstellungen ins Haus holen. SV Andreas Krautscheid: Es gibt tonnenweise gute Ratschläge. Ich nehme ein ganz anderes Der Vorsitzende: Vielen herzlichen Dank. Damit Thema als Wunsch. Ich habe mir gemerkt, so vor sind wir am Ende des heutigen Fachgesprächs. Es zwei, drei Wochen sagte ein sehr erfolgreicher war aus meiner Sicht eine sehr interessante FinTech-Unternehmer, da war ich zu Besuch in Runde. Wir konnten nicht alles abdecken, das ist den USA: „It’s not regulation, it’s not about taxa- völlig klar. Ich darf auch daran erinnern, dass jetzt tion, it’s about mindset“. Damit meine ich jetzt der große Zapfenstreich auf dem Platz der Repub- nicht die Unternehmer dort, die Hunderte, die un- lik stattfindet. Deswegen hatten wir auch die mu- heimlich engagiert unterwegs sind und tolle Ideen sikalische Untermalung zwischenzeitlich. Vielen haben, sondern ich wünsche mir, dass Sie, als die- Dank an die Sachverständigen für die umfangrei- jenigen, die am nächsten dran sind in diesem chen Ausführungen, vielen Dank an die Zuhörer Hause, weiterhin den Einfluss vergrößern und hier im Saal und natürlich auch an diejenigen, die vielleicht auch mit unserer Hilfe den anderen, die den Stream verfolgt haben, an die Abgeordneten auch sehr viel mit der Gesetzgebung in ganz vie- für die guten Fragen und auch Dank an die Tech- len Bereichen zu tun haben, diesen Mindset, diese nik, die dafür gesorgt hat, dass das überhaupt zu Offenheit mit solchen Themen, die manchmal so sehen ist. Ich beende die heutige Sitzung, vielen kleine Nebensätze sind, wo dann draußen junge Dank. Unternehmen dran scheitern. Mehr Power für die- sen Ausschuss in der allgemeinen Gesetzgebung.

SV Georg Fahrenschon: Ich glaube, dass man aus

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Schluss der Sitzung: 18.01 Uhr

Jens Koeppen, MdB Vorsitzender

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